Die Weiterentwicklung des formellen Völkerstrafrechts: Von den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen zum ständigen Internationalen Strafgerichtshof unter besonderer Berücksichtigung des Ermittlungsverfahrens [1 ed.] 9783428521449, 9783428121441

Mit Errichtung der ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen zur Verfolgung völkerrechtlicher Verbrechen im ehemaligen Jug

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German Pages 759 Year 2006

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Die Weiterentwicklung des formellen Völkerstrafrechts: Von den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen zum ständigen Internationalen Strafgerichtshof unter besonderer Berücksichtigung des Ermittlungsverfahrens [1 ed.]
 9783428521449, 9783428121441

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Schriften zum Völkerrecht Band 168

Die Weiterentwicklung des formellen Völkerstrafrechts Von den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen zum ständigen Internationalen Strafgerichtshof unter besonderer Berücksichtigung des Ermittlungsverfahrens

Von

Stefan van Heeck

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

STEFAN VAN HEECK

Die Weiterentwicklung des formellen Völkerstrafrechts

Schriften zum Völkerrecht Band 168

Die Weiterentwicklung des formellen Völkerstrafrechts Von den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen zum ständigen Internationalen Strafgerichtshof unter besonderer Berücksichtigung des Ermittlungsverfahrens

Von

Stefan van Heeck

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ruhr Universität Bochum hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 3-428-12144-9 978-3-428-12144-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Sommersemester 2005 als Dissertation angenommen. Sie entstand im Rahmen meiner Tätigkeit am Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Horst Fischer. Die Teilnahme an vielfältigen Veranstaltungen und Symposien des Deutschen Roten Kreuzes, des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, der Ruhr-Universität Bochum sowie ihrer Partneruniversitäten im Ausland, des Auswärtigen Amtes, des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien usw. ermöglichte mir, vertiefte Einblicke in den Untersuchungsgegenstand der Arbeit zu erlangen. Generell hätte diese Arbeit ohne die wertvolle Hilfe und Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht nicht zustande kommen können. Ihnen gilt mein besonderer Dank. Besonderen Dank schulde ich selbstverständlich auch meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Knut Ipsen LLD h.c. für seine fachliche sowie menschliche Leitung. Herrn Prof. Dr. Joachim Wolf gilt mein Dank für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Vielfältige Diskussionen und Anregungen, die in den Untersuchungen ihren Niederschlag gefunden haben, verdanke ich Frau Dr. Heike Spieker, Teamleiterin für Internationales Recht und Internationale Institutionen im DRK-Generalsekretariat, sowie Herrn Prof. Dr. Claus Kreß, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozeßrecht, Europäisches Strafrecht und Völkerstrafrecht an der Universität zu Köln. Gleiches gilt für Herrn Dr. Sebastian Seidel und Herrn Dr. Sascha Rolf Lüder. Auch Frau Angeliki Makri danke ich für ihren wissenschaftlichen Rat und ihre Unterstützung bei den Korrekturarbeiten. Bedanken möchte ich mich weiterhin bei meiner Familie für die mir gewährte Hilfe und vor allem für die mir zuteil gewordene Geduld. Ich widme die Arbeit meinen Eltern. Düsseldorf, im Juni 2006

Stefan van Heeck

Inhaltsverzeichnis Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

1. Teil Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

26

1. Kapitel Begriff des (materiellen) Völkerstrafrechts

26

A. Der Terminus „Völkerstrafrecht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

B. Definitionen des Völkerstrafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

C. Einzelne Begriffsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur des Völkerstrafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutzgüter des Völkerstrafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Individualbezogenheit des Völkerstrafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Unmittelbarkeit des Völkerstrafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgrundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung zu Weltverbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 30 30 31 32 32

2. Kapitel Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts

35

A. Völkermord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

B. Kriegsverbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kriegsverbrechen internationaler bewaffneter Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kriegsverbrechen nicht-internationaler bewaffneter Konflikte . . . . . . . . . . .

37 37 41

C. Verbrechen gegen die Menschlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

D. Verbrechen der Aggression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

8

Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel Durchsetzungsmechanismen des (materiellen) Völkerstrafrechts

48

A. Ausgangspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

B. Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch staatliche Strafgerichte, sog. indirect enforcement model . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kontinentaleuropäischer Rechtskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Angloamerikanischer Rechtskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 49 51 53

C. Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch internationale Strafgerichte, sog. direct enforcement model . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

D. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

4. Kapitel Internationale Strafgerichte

56

A. Internationale Strafgerichte des historischen Völkerstrafrechts . . . . . . . . . . I. Der Internationale Militärgerichtshof Nürnberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Internationale Militärgerichtshof für den Fernen Osten . . . . . . . . . . . . .

56 57 59

B. Internationale Strafgerichte des modernen Völkerstrafrechts . . . . . . . . . . . . I. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien . . . 2. Der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Internationale Strafgerichtshof nach dem Römischen Statut . . . . . . . . 1. Ad hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Staatenkonferenz in Rom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Preparatory Commission for the International Criminal Court . . . . . . . 5. Erste Schritte nach Inkrafttreten des Statuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61 62 62 64 66 68 68 69 70 70

Inhaltsverzeichnis

9

2. Teil Strafverfahren und Gerichtsorganisation im modernen Völkerstrafrecht

72

1. Kapitel Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

72

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Statut des ICTY bzw. ICTR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensordnung des ICTY bzw. ICTR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonstige Vorschriften der ad hoc Tribunale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Staatliches Strafverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73 73 77 81 82 88

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Statut des ICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensordnung des ICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonstige Vorschriften des ICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Staatliches Strafverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89 89 91 94 95 97

2. Kapitel Gerichtsorganisation

98

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Richterplenum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelner Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Strafkammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Berufungskammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Präsident . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Büro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ankläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kanzlei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98 99 102 103 103 104 105 106 107 108

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Richterplenum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorverfahrenskammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hauptverfahrenskammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109 110 112 113 114

10

Inhaltsverzeichnis 4. Berufungskammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Präsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anklagebehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kanzlei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Versammlung der Vertragsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115 115 116 117 118

3. Kapitel Ablauf des Strafverfahrens

119

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ermittlungsverfahren (investigations) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gerichtliches Vorverfahren (pre-trial proceedings) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Hauptverhandlung (proceedings before trial chambers) . . . . . . . . . . . . . . . .

119 121 121 126

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ermittlungsverfahren (investigations) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bestätigung der Anklage (confirmation of charges before trial) . . . . . . . . . III. Hauptverfahren (trial) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

130 130 132 134

3. Teil Einleitung des Ermittlungsverfahrens

139

1. Kapitel Vorermittlungen

139

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Informationsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorermittlungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vorermittlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140 141 143 144

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Auslösemechanismen für Vorermittlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verweisung durch einen Vertragsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verweisung durch den Sicherheitsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Initiative des Anklägers proprio motu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Informationsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vorermittlungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vorermittlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145 145 146 148 149 152 153 154

Inhaltsverzeichnis

11

2. Kapitel Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

155

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zuständigkeit ratione temporis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zuständigkeit ratione loci . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zuständigkeit ratione personae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zuständigkeit ratione materiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Konkurrierende Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Vorrangprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) ICTY . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) ICTR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ne bis in idem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bedeutung von Vorrangprinzip und ne bis in idem für die Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verdachtsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

155 156 156 156 157 157 158 158 161 162

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zuständigkeit ratione temporis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zuständigkeit ratione loci . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zuständigkeit ratione personae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zuständigkeit ratione materiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Konkurrierende Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Komplementaritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundkonstellationen des Komplementaritätsprinzips . . . . . . . . . . . . b) Besondere Konstellationen des Komplementaritätsprinzips . . . . . . . aa) Mangelnder Wille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schutz der Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ungerechtfertigte Verzögerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Mangelnde Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit . . . . . . . . bb) Unfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Derogation des Komplementaritätsprinzips durch den Sicherheitsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ne bis in idem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mangelnde Schwere der Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verdachtsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166 166 167 170 170 171 171 172 173 175 175 175 176 178

163 164

179 180 181 181

12

Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens

183

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 I. Opportunitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 II. Entscheidungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Legalitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 II. Ermittlungen im Interesse der Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

4. Teil Durchführung des Ermittlungsverfahrens

193

1. Kapitel Herrschaft über das Ermittlungsverfahren

193

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ankläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ermittlungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vernehmung von Verdächtigen, Opfern und Zeugen, Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sammlung von Beweismitteln, Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Untersuchungen an Ort und Stelle, Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ersuchen um Kooperation von Staaten und internationalen Organisationen, Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTRStatut i. V. m. Regel 39 iii) der Verfahrensordnungen . . . . . . . . . . . . e) Maßnahmen zur Ergänzung der Ermittlungen, Regel 39 ii) der Verfahrensordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Vorläufige Maßnahmen, Regel 40 der Verfahrensordnungen . . . . . 2. Verpflichtungen bei Durchführung der Ermittlungen . . . . . . . . . . . . . . . II. Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

194 195 195

196 197 197 199 201

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ankläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ermittlungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Untersuchungen an Ort und Stelle, Art. 54 Abs. 2 ICC-Statut . . . . b) Sammlung von Beweismitteln, Art. 54 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut . .

202 202 202 202 203

195 195 196

196

Inhaltsverzeichnis c) Anwesenheit von Personen, gegen die ermittelt wird, von Opfern und Zeugen verlangen und diese vernehmen, Art. 54 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ersuchen um Kooperation von Staaten und internationalen Organisationen, Art. 54 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Maßnahmen zur Erleichterung der Zusammenarbeit, zur Gewährleistung der Vertraulichkeit und zum Schutze einer Person, Art. 54 Abs. 3 lit. d)–f) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Maßnahmen zur Beweissicherung, Art. 54 Abs. 3 lit. f) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verpflichtungen bei Durchführung der Ermittlungen . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorverfahrenskammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anordnungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Befugnisse bei einmaliger Gelegenheit zu Ermittlungsmaßnahmen, Art. 56 ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Befugnisse zu Ermittlungsmaßnahmen aus eigener Initiative, Art. 57 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ermächtigung zu Untersuchungen an Ort und Stelle, Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

203 204

204 205 206 207 207 209 211 211 212

2. Kapitel Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

213

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Adressaten staatlicher Kooperationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kooperation gegenüber der Richterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kooperationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kooperation gegenüber dem Ankläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kooperationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einwendungen der Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Durchsetzungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kooperation internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

214 215 216 216 217 219 219 219 222 224 226

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Adressaten staatlicher Kooperationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kooperation gegenüber der Vorverfahrenskammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kooperationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227 229 230 230 230

14

Inhaltsverzeichnis III. Kooperation gegenüber dem Ankläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kooperationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einwendungen der Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Durchsetzungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kooperation internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

231 231 232 233 235 238

3. Kapitel Untersuchungen an Ort und Stelle

238

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zulässigkeit der Untersuchungen an Ort und Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Reichweite der Befugnis zu Untersuchungen an Ort und Stelle . . . . . . . . . 1. Unterstützung durch staatliche Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unabhängigkeit von staatlichen Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwangsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239 240 241 242 243 244

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zulässigkeit der Untersuchungen an Ort und Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorgehen im Wege der Rechtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorgehen mittels Ermächtigung durch die Vorverfahrenskammer . . . . . II. Reichweite der Befugnis zu Untersuchungen an Ort und Stelle . . . . . . . . . 1. Unterstützung durch staatliche Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unabhängigkeit von staatlichen Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwangsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

247 247 247 249 251 252 253 254

4. Kapitel Vernehmung A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ladung zur Vernehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kontaktaufnahme mit der zu vernehmenden Person . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Androhung von Zwangsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vernehmung des Verdächtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechte des Verdächtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht auf Rechtsbeistand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Recht auf einen Dolmetscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Recht zu schweigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Recht auf Belehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

255 256 256 257 259 261 262 263 264 264 265

Inhaltsverzeichnis

15

2. Modalitäten und Ablauf der Vernehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vernehmung von Zeugen und Opfern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechte der Zeugen und Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeugen- und Opferschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewährung von Immunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beweisrechtliche Bedeutung der erlangten Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beweisrechtliche Konsequenzen bei rechtsfehlerhafter Vernehmung durch den Ankläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweisrechtliche Konsequenzen bei rechtsfehlerhafer Vernehmung durch staatliche Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

265 266 267 267 268 269

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ladung zur Vernehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kontaktaufnahme mit der zu vernehmenden Person . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Androhung von Zwangsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vernehmung der Person, gegen die ermittelt wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechte der Person, gegen die ermittelt wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht auf Rechtsbeistand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Recht auf einen Dolmetscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Recht zu schweigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Recht auf Belehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Modalitäten und Ablauf der Vernehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vernehmung von Zeugen und Opfern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechte der Zeugen und Opfern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeugen- und Opferschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewährung von Immunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beweisrechtliche Bedeutung der erlangten Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beweisrechtliche Konsequenzen bei rechtsfehlerhafter Vernehmung durch den Ankläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweisrechtliche Konsequenzen bei rechtsfehlerhafer Vernehmung durch staatliche Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

274 275 275 276 277 278 279 280 281 281 281 282 283 283 284 285

272 273

287 288

5. Kapitel Festnahme und Überstellung A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verdächtige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Festnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Richterlicher Haftbefehl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ersuchen des Anklägers um vorläufige Festnahme . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen des Ersuchens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

289 290 290 291 291 293 293

16

Inhaltsverzeichnis bb) Vereinbarkeit mit dem Statut des ICTY bzw. ICTR . . . . . . . . . 294 cc) Vereinbarkeit mit dem Internationalen Menschenrechtsschutz 295 2. Überstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 a) Antrag des Anklägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 b) Erfolgte Festnahme und Inhaftierung auf dem Staatsgebiet . . . . . . . 298 c) Verdachtsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 d) Gründe für die Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 3. Ausführung von Festnahme und Überstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 4. Rechtsschutz des Verdächtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 II. Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 I. Person, gegen die ermittelt wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 1. Festnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 a) Antrag des Anklägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Verdachtsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 c) Festnahmegrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 2. Überstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 3. Ausführung von Festnahme und Überstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 4. Rechtsschutz der Person, gegen die ermittelt wird . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 II. Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

5. Teil Beendigung des Ermittlungsverfahrens

323

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 I. Einstellung des Ermittlungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 II. Erhebung der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 B. Der Internationale Strafgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 I. Einstellung des Ermittlungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 1. Einstellung durch den Ankläger proprio motu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 2. Aufschub der Ermittlungen wegen Resolution des Sicherheitsrates . . . 330 3. Zurückstellung und Aussetzung wegen des Verfahrens der vorläufigen Entscheidung und des Anfechtungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 a) Verfahren der vorläufigen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 b) Anfechtungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 II. Erhebung der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340

Inhaltsverzeichnis

17

6. Teil Zusammenfassung und Bewertung

344

Anhang A: ICTY-Statute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Anhang B: ICTY-Rules of Procedure and Evidence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 Anhang C: ICTR-Statute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Anhang D: ICTR-Rules of Procedure and Evidence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 Anhang E: ICC-Statute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 Anhang F: ICC-Rules of Procedure and Evidence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 Literatur- und Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. Abs. Add. AdV AI AIDP AJIL arg. Art. ASIL AT AUILR Bd. BGBl. BGH BR BT BVerfG BVerfGE BYIL bzw. ca. CCPR CICR ders. d.h. dies. Diss. DJCIL doc. DÖV DriZ Drs. EJIL

andere Auffassung am angegebenen Ort Absatz Addendum Archiv des Völkerrechts Amnesty International Association Internationale de Droit Pénal American Journal of International Law Argument(um) Artikel American Society of International Law Allgemeiner Teil American University International Law Review Band Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesrat Bundestag Bundesverfassungsgericht Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts British Yearbook of International Law beziehungsweise zirka Covenant on Civil and Political Rights Comité International de la Croix Rouge derselbe das heißt dieselbe Dissertation Duke Journal of Comparative and International Law Document Die Öffentliche Verwaltung Deutsche Richterzeitung Drucksache European Journal of International Law

Abkürzungsverzeichnis EMRK EPIL et al. EU EuGRZ f. FAZ ff. Fn. FS Bernhardt

FS Bilfinger

FS Bos

FS BoutrosBoutros Ghali FS Brownlie FS Jescheck FS Oehler FS Skubiszewski

FS Suy FS de Waart

GA GA gem. GG ggf. HLKO HRLJ Hrsg.

19

Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Encyclopedia of Public International Law et alii Europäische Union Europäische Grundrechte-Zeitschrift folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende Fußnote Beyerlin, Ulrich (Hrsg.), Recht zwischen Umbruch und Bewahrung: Völkerrecht, Europarecht, Staatsrecht; Festschrift für Rudolf Bernhardt, Berlin 1995 Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Heidelberg (Hrsg.), Völkerrechtliche und staatsrechtliche Abhandlungen; Carl Bilfinger zum 75. Geburtstag am 21. Januar 1954, Köln 1954 Von Hebel, Herman A. M./Lammers, Johan G./Schukking, Jolien (Hrsg.), Reflections on the International Criminal Court; Essays in Honour of Adriaan Bos, Den Haag 1999 Boutros-Boutros Ghali Amicorum Discipulorumque Liber Paix, Développement, Démocratie, Brüssel 1998 Goodwin-Gill, Guy S./Talmon, Stefan (Hrsg.), The Reality of International Law; Essays in Honour of Ian Brownlie, Oxford 1999 Vogler, Theo (Hrsg.), Festschrift für Hans-Heinrich Jescheck zum 70. Geburtstag, Berlin 1985 Herzberg, Rolf Dietrich (Hrsg.), Festschrift für Dietrich Oehler zum 70. Geburtstag, Köln/Berlin/Bonn/München 1985 Makarczyk, Jerzy (Hrsg.), Theory of International Law at the Threshold of the 21st Century; Essays in Honour of Krzysztof Skubiszewski, Den Haag 1996 Wellens, Karel C. (Hrsg.), International Law – Theory and Practice; Essays in Honour of Eric Suy, Den Haag 1998 Denters, Erik/Schrijver, Nico (Hrsg.), Reflections on International Law from the Low Countries; Essays in Honour of Paul de Waart, Den Haag 1998 General Assembly Goldtammers Archiv gemäß Grundgesetz gegebenenfalls Haager Landkriegsordnung Human Rights Law Journal Herausgeber

20 HuV-I ICC ICC-Statut ICC-VerfO ICLQ ICRC ICTR ICTR-Statut ICTR-VerfO ICTY ICTY-Statut ICTY-VerfO i. e. S. IFOR IGH IGH-Statut IHL IKRK ILC IMT IMTFE IMTFE-Statut IMTFE-VerfO IMT-Statut IMT-VerfO IPbpR IRG IRPL IRRC i. S. i. V. m. i. w. S. JA JR JURA JuS JZ Kap.

Abkürzungsverzeichnis Humanitäres Völkerrecht – Informationsschriften International Criminal Court Statut des International Criminal Court Verfahrensordnung und Beweisregeln des International Criminal Court International and Comparative Law Quarterly International Committee of the Red Cross International Criminal Tribunal for Rwanda Statut des International Criminal Tribunal for Rwanda Verfahrensordnung und Beweisregeln des International Criminal Tribunal for Rwanda International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia Statut des International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia Verfahrensordnung und Beweisregeln des International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia im engeren Sinne Implementation Force Internationaler Gerichtshof Statut des Internationalen Gerichtshofs International Humanitarian Law Internationales Komitee vom Roten Kreuz International Law Commission International Military Tribunal International Military Tribunal for the Far East Statut des International Military Tribunal for the Far East Verfahrensordnung des International Military Tribunal for the Far East Statut des International Military Tribunal Verfahrensordnung des International Military Tribunal Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen International Review of Penal Law International Review of the Red Cross im Sinne in Verbindung mit im weiteren Sinne Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitel

Abkürzungsverzeichnis KFOR KJ LCP lit. LJIL MDR MPYUNL m. w. N. NATO NGO NILR NJ NJIL NJW NQHR Nr. NStZ-RR NZWehrr. ÖJZ ONG OSCE OSZE Res. RGBl. RGDIP RIDP Rn. S. S. S+F SFOR sog. Suppl. SZ u. a. UN UN-Charta UNO UNTAES UNWCC US USA

Kosovo Force Kritische Justiz Law and Contemporary Problems littera Leiden Journal of International Law Monatsschrift für Deutsches Recht Max Planck Yearbook of United Nations Law mit weiteren Nachweisen North Atlantic Treaty Organisation Non-Governmental Organisation Netherlands International Law Review Neue Justiz Nordic Journal of International Law Neue Juristische Wochenschrift Netherlands Quarterly of Human Rights Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht-Rechtsprechungsreport Neue Zeitschrift für Wehrrecht Österreichische Juristenzeitschrift Organisation Non Gouvernementale Organisation for Security and Cooperation in Europe Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Resolution Reichsgesetzblatt Revue Générale de Droit International Public Revue International de Droit Pénal Randnummer Satz Seite Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden Stabilization Force sogenannt Supplement Süddeutsche Zeitung unter anderem United Nations Charta der United Nations United Nations Organisation United Nations Transitional Administration of East Slavonia United Nations War Crimes Commission United States United States of America

21

22 usw. v. vgl. VN YIHL ZaöRV z. B. ZfRV ZStW

Abkürzungsverzeichnis und so weiter versus vergleiche Vereinte Nationen Yearbook of International Humanitarian Law Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Vorbemerkungen Durch die Rechtsprechung des Internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg wurde dem Grundsatz der individuellen Verantwortlichkeit nach Völkerrecht zum Durchbruch verholfen. Die maßgebliche Passage des Urteils im Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher lautet: „Verbrechen gegen das Völkerrecht werden von Menschen und nicht von abstrakten Wesen begangen und nur durch Bestrafung jener Einzelpersonen, die solche Verbrechen begehen, kann den Bestimmungen des Völkerrechts Geltung verschafft werden.“1

Mit Errichtung der ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen zur Verfolgung völkerrechtlicher Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien und in Ruanda zu Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts entschloß sich die Staatengemeinschaft erstmalig in neuerer Zeit zur Einsetzung internationaler Strafgerichte. Der Grundsatz der individuellen Verantwortlichkeit nach Völkerrecht fand damit nach langem erneut eine Bestätigung auf internationaler Ebene. Mit dem Verfahren gegen den früheren jugoslawischen Regierungschef Milosevic vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag und dem Verfahren gegen den früheren ruandischen Regierungschef Kambanda vor dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda, sind zum ersten Mal in der Geschichte Staatsoberhäupter vor ein internationales Strafgericht gestellt worden. Insgesamt läßt sich nach dem ersten Jahrzehnt der Errichtung des Jugoslawien-Tribunals feststellen, daß diesem international sowohl von seiten der Politik als auch der Wissenschaft überwiegend Anerkennung für seine Arbeit zum Zweck der Wiederherstellung des Friedens und der Aussöhnung zwischen den Konfliktparteien entgegengebracht wird.2 Gleiches gilt grundsätzlich auch für den Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda in Arusha, wenn auch zu bemerken ist, daß dieser weitaus weniger Beachtung in der Weltöffentlichkeit genießt als sein Adäquat in Den Haag.3 Am 17. Juli 1998 wurde auf der Staatenkonferenz in Rom das Statut des ständigen Internationalen Strafgerichtshofs mit überwältigender Mehrheit von 1

Urteil vom 1. Oktober 1946, abgedruckt in: IMT, Band I, S. 189 (249). Vgl. Akhavan, Can International Criminal Justice Prevent Future Atrocities?, S. 9 ff. m. w. N.; Ulrich, Sühne für Srebrenica – Das Haager Tribunal zieht die serbischen Verantwortlichen für das Massaker zur Rechenschaft, in der SZ vom 11. April 2002, S. 2. 3 Vgl. auch die kritische Berichterstattung von Ulrich, Ruhekissen fürs Weltgewissen – Das UN-Tribunal in Arusha, in der SZ vom 7. April 2004, S. 2. 2

24

Vorbemerkungen

120 zu 7 Stimmen angenommen. Der UN Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan führte in seiner Rede zum Festakt der Konferenz am 18. Juli 1998 aus: „The establishment of the Court is still a gift of hope to future generations, and a giant step forward in the march towards universal human rights and the rule of law. It is an achievement which, only a few years ago, nobody would have thought possible.“4

Überschattet wurde die Freude über den erzielten Konsens allerdings durch den Umstand, daß gerade die USA zu den wenigen Staaten zählten, die bei der Annahme gegen das Statut votierten. Bereits am 1. Juli 2002 konnte das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, nachdem der erforderliche Ratifikationsstand von sechzig Ratifikationsurkunden erreicht war, in Kraft treten. Mittlerweile hat der Internationale Strafgerichtshof seine Arbeit aufgenommen und erste Verfahren sind eingeleitet worden. Nun steht der Gerichtshof vor der schwierigen Aufgabe, den hohen Erwartungen, die seitens der Weltöffentlichkeit an ihn gestellt werden, gerecht zu werden. Schließlich kann er dabei nach wie vor nicht mit der Unterstützung der USA rechnen. Allgemein herrscht zumindest in Deutschland die Hoffnung vor, daß dem ständigen Internationalen Strafgerichtshof diese Aufgabe gelingen wird. In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, ob diese Hoffnung eine Chance hat, Wirklichkeit zu werden. Für die Beantwortung dieser Frage ist maßgeblich, inwieweit sich die rechtlichen Vorgaben für den ständigen Internationalen Strafgerichtshof von denen der ad hoc Tribunale unterscheiden bzw. inwieweit sie übereinstimmen. Die Wissenschaft hat sich in diesem Zusammenhang bislang vornehmlich der Weiterentwicklung des materiellen Völkerstrafrechts gewidmet und dabei das formelle Völkerstrafrecht vernachlässigt. Aspekte der Durchsetzung eines völkerrechtlichen Strafanspruchs sind jedoch genauso wichtig wie die Entstehung des Strafanspruchs als solchem. Aus diesen Gründen werden in den folgenden Untersuchungen die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen und der Internationale Strafgerichtshof einander gegenübergestellt und anhand dieser Gegenüberstellung die Weiterentwicklung des formellen Völkerstrafrechts analysiert. Zu diesem Zweck erfolgen nach einer Einführung in die Grundlagen des Völkerstrafrechts, in der Begriff, Regelungsgegenstände und Durchsetzungsmechanismen des (materiellen) Völkerstrafrechts sowie die Entwicklung internationaler Strafgerichte behandelt werden, zunächst Betrachtungen zu den Rechtsgrundlagen und dem Ablauf des Strafverfahrens sowie der Gerichtsorganisation. Für die Durchsetzung eines völkerrechtlichen Strafanspruchs sind die rechtlichen Vorgaben für das Ermittlungsverfahren von herausragender Bedeutung, 4 Statement by Secretary General in Ceremony on Adoption of Court’s Statute, 18 July 1998, UN-Press Release L/ROM/23.

Vorbemerkungen

25

denn zum einen kann selbstverständlich auch vor einem internationalen Strafgericht weder Anklage erhoben bzw. eine Hauptverhandlung durchgeführt werden, wenn keine Beweismittel vorliegen. Zum anderen besteht die Schwierigkeit bei Ermittlungen auf internationaler Ebene darin, daß internationale Strafgerichte über keine eigenen Vollzugsorgane verfügen und fernab vom Tatort in einem anderen Staat ihren Sitz haben. Deshalb findet das Ermittlungsverfahren im Rahmen der folgenden Untersuchungen eine besondere Berücksichtigung. Dabei werden zunächst Fragestellungen hinsichtlich der Einleitung des Ermittlungsverfahrens erörtert. Im einzelnen ist festzustellen, ob und inwieweit Aspekte der Vorermittlungen, der Zulässigkeit und der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und im Verfahrensrecht des ICC eine unterschiedliche oder übereinstimmende Regelung erfahren haben. Es folgen Erörterungen zur Durchführung des Ermittlungsverfahrens. Gegenstand der Betrachtungen ist in diesem Zusammenhang zunächst die Frage nach der Kompetenzverteilung zwischen den Verfahrensbeteiligten, d.h. nach der Herrschaft über das Ermittlungsverfahren, sowie nach der staatlichen Kooperation im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Sodann werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Gerichten hinsichtlich einzelner Ermittlungsmaßnahmen, wie den Untersuchungen an Ort und Stelle, der Vernehmung sowie der Festnahme und Überstellung herausgearbeitet. Schließlich wird die Beendigung des Ermittlungsverfahrens, d.h. die Einstellung und die Anklageerhebung, vergleichsweise dargestellt. Im Rahmen einer Zusammenfassung kann festgestellt werden, welche Abweichungen von den Regelungen der ad hoc Tribunale die Weiterentwicklung des formellen Völkerstrafrechts in erster Linie kennzeichnen. Daraufhin läßt sich bewerten, ob von einer Weiterentwicklung des formellen Völkerstrafrechts ohne weitreichende Veränderungen auszugehen ist oder ob die Unterschiede zwischen den Strafgerichten vielmehr derart gravierend sind, daß nunmehr mit dem Internationalen Strafgerichtshof eine neue Ära beginnt, in der möglicherweise eine effektive Durchsetzung des Strafanspruchs wesentlich schwieriger erscheint als bei den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen.

1. Teil

Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts Der 1. Teil der Untersuchungen ist grundlegenden Aspekten des Völkerstrafrechts gewidmet. Zunächst geht es im 1. Kapitel darum, den Begriff des (materiellen) Völkerstrafrechts zu bestimmen. Im 2. Kapitel wird ein Überblick über die verschiedenen Regelungsgegenstände des Völkerstrafrechts gegeben. Sodann erfolgt im 3. Kapitel eine Erläuterung der Durchsetzungsmechanismen des Völkerstrafrechts. Schließlich wird im 4. Kapitel die Entwicklung der internationalen Strafgerichtsbarkeit analysiert. 1. Kapitel

Begriff des (materiellen) Völkerstrafrechts Im folgenden Kapitel wird der Begriff des (materiellen) Völkerstrafrechts bestimmt. Es erfolgt eine Abgrenzung des Völkerstrafrechts zu anderen Rechtsmaterien. Zu diesem Zweck wird zunächst auf den Terminus „Völkerstrafrecht“ eingegangen. Sodann werden verschiedene Definitionen dargestellt und die wesentlichen Merkmale des Völkerstrafrechts herausgearbeitet.

A. Der Terminus „Völkerstrafrecht“ In der Rechtswissenschaft werden verschiedene Termini zur Bezeichnung des Völkerstrafrechts herangezogen. So werden insbesondere auch die Ausdrücke „Völkerrechtliches Strafrecht“1 und „Internationales materielles Strafrecht“2 gewählt. Die Bevorzugung dieser Ausdrücke wird damit gerechtfertigt, daß sich damit im Vergleich zum Terminus „Völkerstrafrecht“ eine bessere Abgrenzung zum Rechtsinstitut der Kollektivschuld im Sinne der Brandmarkung eines Volkes in seiner Gesamtheit ergebe.3 Für den Terminus „Internationales materielles 1 Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortlichkeit im Völkerrecht, S. 21 ff.; Gornig, Verantwortlichkeit politischer Funktionsträger, S. 7; Kimminich, Völkerrecht, S. 508 ff. 2 Gardocki, Begriff des Internationalen Strafrechts, S. 714 ff.; Oehler, Internationales Strafrecht – Geltungsbereich des Strafrechts, Rdnr. 1 ff., Rdnr. 995 ff.; ders., Internationales Strafrecht, S. 158 ff.; Roggemann, Die internationalen Strafgerichtshöfe, S. 26.

1. Kap.: Begriff des (materiellen) Völkerstrafrechts

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Strafrecht“ wird insbesondere angeführt, daß insoweit die Interdependenzen zwischen strafbegründenden Völkerrechtsnormen und den Rechtsnormen des staatlichen Strafrechts im Sinne des internationalen Strafrechts besser zum Ausdruck gebracht werden.4 Letztlich erfolge insoweit auch eine Annäherung an den angloamerikanischen Begriff des international criminal law.5 Tatsächlich werden nach angloamerikanischem Verständnis seit jeher sowohl strafrechtliche Aspekte des Völkerrechts als auch internationale Aspekte des staatlichen Strafrechts unter dem Begriff international criminal law zusammengefaßt.6 Auch in der französischen Rechtssprache erfolgt insoweit überwiegend keine terminologische Differenzierung. Einheitlich wird für beide Rechtsgebiete die Bezeichnung droit pénal international verwendet.7 Insbesondere im neueren französischen Schrifttum werden die strafbegründenden Normen des Völkerrechts jedoch zunehmend als droit international pénal bezeichnet und insoweit vom droit pénal international im Sinne des staatlichen internationalen Strafrechts exakt abgegrenzt.8 Gerade rechtswissenschaftliche Beiträge im deutschsprachigen Schrifttum aus neuerer Zeit belegen, daß sich die Termini „Völkerrechtliches Strafrecht“ und „Internationales materielles Strafrecht“ in der deutschen Rechtssprache nicht durchsetzen konnten. Der Begriff „Völkerstrafrecht“ ist mittlerweile die weitverbreitetste Bezeichnung der Rechtsmaterie. Anders als im Englischen oder Französischen erfolgt in der deutschen Rechtssprache damit eine strikte Differenzierung zwischen strafbegründenden Normen des Völkerrechts und internationalen Aspekten staatlichen Strafrechts. Unter dem Begriff des internationalen Strafrechts werden nur diejenigen Rechtsnormen zusammengefaßt, die den Anwendungsbereich des staatlichen Strafrechts festlegen. Die Normen des internationalen Strafrechts stellen als innerstaatliches Strafanwendungsrecht lediglich klar, ob ein Sachverhalt, der internationale Bezüge aufweist, von dem inländischen Gericht bzw. nach inländischem Recht abgeurteilt werden kann.9 Da jeder Staat über sein eigenes internationales Strafrecht verfügt, stellt das internationale Strafrecht ein einseitiges Kollisionsrecht dar, dessen rechtliche Verbindlichkeit auf die Rechtsordnung eines einzelnen Staates begrenzt ist.10 Dagegen 3

Kimminich, Völkerrecht, S. 508. Gardocki, Begriff des Internationalen Strafrechts, S. 718 f.; Oehler, Internationales Strafrecht – Geltungsbereich des Strafrechts, Rdnr. 3. 5 Oehler, Internationales Strafrecht – Geltungsbereich des Strafrechts, Rdnr. 2. 6 Bassiouni et al., International Criminal Law, – Cases and Materials, S. 3. 7 Lescure, Tribunal Pénal International pour l’Ex Yougoslavie, S. 22 m. w. N. 8 Glaser, Droit International Pénal Conventionnel, S. 23; Lanotte, Répression de Crimes de Guerre, S. 7 f. m. w. N.; vereinzelt werden in der französischen Rechtssprache auch die Termini Droit Pénal des Peuples oder Droit Pénal Iuris Gentium verwendet. 9 Ipsen, Völkerrecht, § 42 Rdnr. 6. 4

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

spricht man in bezug auf strafbegründende Normen des Völkerrechts von Völkerstrafrecht. Das Völkerstrafrecht ist im Hinblick auf seine rechtliche Bindungswirkung grundsätzlich nicht auf einzelne Staaten beschränkt. Eine Annäherung an den angloamerikanischen Terminus des international criminal law im Wege einer Zusammenfassung von Völkerstrafrecht und internationalem Strafrecht mittels eines gemeinsamen Oberbegriffs ist in der deutschen Rechtssprache demnach nicht erkennbar.

B. Definitionen des Völkerstrafrechts Eine erste Definition des Völkerstrafrechts aus dem Jahre 1896 findet sich bei Beling, der darunter „die völkerrechtlichen Normen“ versteht, „die strafrechtlichen Charakter besitzen und ohne Dazwischentreten des nationalen Rechts anwendbar sind.“11 Dahm definiert das Völkerstrafrecht als „ein Recht, das den Begriff und die Tatbestände des Verbrechens gegen die internationale Ordnung und die sich daran anschließenden Rechtsfolgen als einen Teil des Völkerrechts“ regelt.12 Ipsen versteht unter dem Begriff Völkerstrafrecht „die aus völkerrechtlichen (insbes. aus völkerrechtlichem Vertrag) entstandenen Normen, die unmittelbar (d.h. ohne Vermittlung durch staatliches Gesetz) die Strafbarkeit natürlicher Personen wegen Verletzung international geschützter Rechtsgüter begründen.“13 Jescheck faßt unter dem Begriff Völkerstrafrecht „die Gesamtheit aller Normen strafrechtlicher Natur, die dem Völkerrecht angehören“ zusammen.14 Triffterer betrachtet das Völkerstrafrecht als „die Gesamtheit aller völkerrechtlichen Normen strafrechtlicher Natur, die an ein bestimmtes Verhalten – das internationale Verbrechen – bestimmte, typischerweise dem Strafrecht vor-

10

Jescheck/Weigend, Strafrecht-AT, S. 119, 123. Beling, Strafrechtliche Bedeutung der Exterritorialität, S. 41: „Die Normen des Völkerrechts können daher an Niemand sonst gerichtet sein, Niemanden sonst verpflichten, als die der Gemeinschaft angehörigen Staaten, und folgeweise droht auch das Völkerrecht nicht selbst den Einzelindividuen Strafen an, sondern weist die ihm unterthanen Staaten nur zum Erlass von Strafgesetzen an. (. . .) Diesen Normen zuwiderhandeln können aber augenscheinlich nur die Adressaten, die Staaten, dadurch, daß sie ihrerseits die erforderlichen Gesetze nicht erlassen. Die Einzelindividuen können sich nur gegen die an sie adressirten einzelstaatlichen Normen verfehlen, begehen also niemals delicta contra jus inter gentes, sondern Delikte gegen das Recht des einen oder anderen oder aller Staaten. Ein die einzelnen Menschen beherrschendes Völkerstrafrecht giebt es nicht.“ – Nach Jescheck ist Beling der Schöpfer des Begriffs Völkerstrafrecht, Jescheck, Verantwortlichkeit nach Völkerstrafrecht, S. 8. 12 Dahm, Problematik des Völkerstrafrechts, S. 47. 13 Ipsen, Völkerrecht, § 42 Rdnr. 1. 14 Jescheck, Verantwortlichkeit nach Völkerstrafrecht, S. 9. 11

1. Kap.: Begriff des (materiellen) Völkerstrafrechts

29

behaltene Rechtsfolgen knüpfen und die als solche unmittelbar anwendbar sind.“15 An anderer Stelle definiert Triffterer den Begriff des Völkerstrafrechts als „das Strafrecht der Völkergemeinschaft, das diese als Teil ihrer eigenständigen Rechtsordnung des Völkerrechts im Rahmen ihrer Rechtssetzungskompetenz zum Schutze ihrer Rechtsgüter gegen besonders schwerwiegende Verletzungen schaffen und einsetzen kann. Da es von seinem Gegenstand her Strafrecht ist, begründen seine Normen eine unmittelbare individuelle Verantwortlichkeit nach Völkerrecht.“16 Diese Definitionen enthalten unterschiedliche sprachliche Präzisierungen. Auf eine einheitliche Definition des Völkerstrafrechts im Sinne einer allgemein anerkannten Umschreibung des gemeinten Phänomens konnte man sich bislang noch nicht einigen. Erkennbar ist jedoch, daß in der Rechtswissenschaft weitestgehend Einigkeit im Hinblick auf die wesentlichen Merkmale des Begriffs Völkerstrafrecht besteht.

C. Einzelne Begriffsmerkmale Zum Zweck der Erläuterung der einzelnen Begriffsmerkmale läßt sich zwischen Aspekten betreffend die Rechtsnatur, die Schutzgüter, die Individualbezogenheit sowie die Unmittelbarkeit des Völkerstrafrechts differenzieren. I. Rechtsnatur des Völkerstrafrechts Von grundlegender Bedeutung für den Begriff des Völkerstrafrechts ist zunächst, daß völkerstrafrechtliche Normen nicht durch staatliche Rechtserzeugung, sondern ausschließlich aus völkerrechtlichen Rechtsquellen entstehen.17 Zumindest theoretisch können völkerstrafrechtliche Normen aus allen drei anerkannten Rechtsquellen des Völkerrechts, d.h. dem Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht als auch den anerkannten Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden.18 15

Triffterer, Entwicklung des materiellen Völkerstrafrechts, S. 34. Triffterer, Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 172. 17 Zu den völkerrechtlichen Rechtsquellen zählen nach Art. 38 Abs. I lit. a–c des Statuts des Internationalen Gerichtshofs (IGH-Statut), BGBl. 1973 II, 505–531: a) internationale Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen von den streitenden Staaten ausdrücklich anerkannte Regeln festgelegt sind; b) das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer allgemeinen, als Recht anerkannten Übung; c) die von den Kulturvölkern anerkannten Rechtsgrundsätze. 18 Triffterer, Entwicklung des materiellen Völkerstrafrechts, S. 35 ff.; ders., Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 172 f. 16

30

1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

II. Schutzgüter des Völkerstrafrechts Ziel und Zweck des Völkerstrafrechts ist der Schutz solcher Rechtsgüter, an deren Erhaltung die gesamte Menschheit ein allgemeines Interesse hat.19 Das Völkerstrafrecht soll also die Sanktionierung solcher Verbrechen gewährleisten, die aufgrund der Art, des Ranges und der Schutzwürdigkeit des gefährdeten Rechtsgutes qualitativ eines besonderen, d.h. über die reguläre Zusammenarbeit zwischen den Staaten hinausgehenden strafrechtlichen Schutzes durch das Völkerrecht bedürfen.20 Es soll den Verstoß gegen bestimmte zentrale Normen des Völkerrechts,21 insbesondere des Humanitären Völkerrechts und des internationalen Menschenrechtsschutzes, sanktionieren.22 III. Individualbezogenheit des Völkerstrafrechts Charakteristisch für das Völkerstrafrecht ist im weiteren, daß durch seine Normen ein tatsächliches Geschehen als kriminelles, natürlichen Personen vorwerfbares Unrecht gekennzeichnet wird.23 Als Adressat der völkerstrafrechtlichen Norm ist somit, abweichend vom Grundprinzip des Völkerrechts, nicht der Staat, sondern das Individuum anzusehen. Prägendes Merkmal des Völkerstrafrechts ist mithin seine Individualbezogenheit. Hieraus ergibt sich eine strikte Trennung zwischen dem Völkerstrafrecht auf der einen Seite und dem Recht der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit, international responsibility, responsabilité internationale, auf der anderen. Entwickelt hat sich das Recht der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit aus dem Grundsatz, dass die Verletzung des Völkerrechts durch einen Staat dessen Verantwortlichkeit begründet, sog. Staatenverantwortlichkeit bzw. Staatenhaftung. Als Rechtsfolgen einer Tatbestandsverwirklichung kommen Wiederherstellung des vorherigen Zustandes, Schadensersatz oder gar Genugtuung in Betracht.24 Mit der Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte im modernen Völkerrecht, insbesondere aufgrund des Hinzutretens der Internationalen Organisationen, gilt nunmehr allgemein, daß die Verletzung des Völkerrechts durch ein Völkerrechtssubjekt dessen Verantwortlichkeit auslöst.25 Problematisch erscheint eine Abgrenzung zum Völkerstrafrecht mitunter deshalb, weil in neuerer Zeit auch die Völkerrechtssubjektivität von natürlichen Personen disku-

19 20 21 22 23 24 25

Oehler, Internationales Strafrecht – Geltungsbereich des Strafrechts, Rdnr. 995. Wilkitzki, Die völkerrechtlichen Verbrechen und das staatliche Strafrecht, S. 459. Jescheck/Weigend, Strafrecht-AT, S. 119. Vgl. Stahn, Internationaler Menschenrechtsschutz und Völkerstrafrecht, S. 343 ff. Ipsen, Völkerrecht, 9. Kap. Rdnr. 3. Kunig, Das völkerrechtliche Delikt, S. 351. Ipsen, Völkerrecht, § 39 Rdnr. 4.

1. Kap.: Begriff des (materiellen) Völkerstrafrechts

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tiert wird26 und insoweit auch das Verhalten von Privatpersonen von der Definition des völkerrechtlichen Delikts erfaßt werden könnte. So wird heute insbesondere im Bereich des Humanitären Völkerrechts und des Völkerstrafrechts dem Individuum eine partielle Völkerrechtssubjektivität zugesprochen.27 Aus terminologischer Sicht ergibt sich auch deshalb eine Schwierigkeit, weil der Begründungstatbestand der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit klassischerweise als völkerrechtliches Delikt bezeichnet wurde.28 Zeitweise wurde sogar eine Unterscheidung zwischen völkerrechtlichem Delikt und völkerrechtlichem Verbrechen vorgenommen,29 was eine noch größere Überschneidung mit der Terminologie des Völkerstrafrecht mit sich brachte. Zu begrüßen ist deshalb der aktuelle Vertragsentwurf der ILC zum Recht der Staatenverantwortlichkeit aus dem Jahre 2001, in dem diese Begrifflichkeiten zugunsten der Formulierung eines schweren Bruchs einer zwingenden Völkerrechtsnorm aufgegeben wurden.30 Zur generellen Klarstellung empfiehlt es sich, das Recht der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit auf die Normen zu beschränken, die haftungsbegründendes Unrecht eines als Verbandseinheit strukturierten Völkerrechtssubjekts betreffen.31 Natürliche Personen sind für das Recht der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit nur von Bedeutung, soweit es um die Frage einer Zurechnung ihres Verhaltens gegenüber dem als Verbandseinheit strukturierten Völkerrechtssubjekt geht, oder soweit ein haftender Staat im Rahmen der Wiedergutmachung dazu verpflichtet ist, die schuldigen Privatpersonen nach innerstaatlichem Recht abzustrafen.32 In umgekehrter Richtung knüpft das Völkerstrafrecht ausschließlich an die Verantwortlichkeit natürlicher Personen an. IV. Unmittelbarkeit des Völkerstrafrechts Untrennbar mit dem Begriffsmerkmal der Individualbezogenheit des Völkerstrafrechts verknüpft ist als weiteres Begriffsmerkmal dessen unmittelbare 26

Partsch, Individuals in International Law, S. 957 ff. Ipsen-Epping, Völkerrecht, § 7 Rdnr. 5 ff. 28 von Münch, Völkerrecht, S. 194; Kunig, Das völkerrechtliche Delikt, S. 344 f. 29 Vgl. Art. 19 des ILC-Entwurfes zur völkerrechtlichen Verantwortlichkeit aus dem Jahre 1996, Draft Articles on State Responsibility, UN Doc. A/51/10, wonach zwischen International Delict und International Crime zur Bezeichnung besonders schwerer Verletzungen des Völkerrechts unterschieden wird. 30 Vgl. Kap. III des ILC-Entwurfes zur völkerrechtlichen Verantwortlichkeit aus dem Jahre 2001, Draft Articles on the Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts, UN Doc. A/56/10, wonach nunmehr von Breach of an International Obligation bzw. Serious Breaches of Obligations under Peremptory Norms of General International Law gesprochen wird. 31 Ipsen, Völkerrecht, 9. Kap. Rdnr. 3. 32 Kimminich, Völkerrecht, S. 499. 27

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

Rechtswirkung gegenüber dem Individuum. Da durch das Völkerstrafrecht ein bestimmtes Verhalten einer natürlichen Person mit einem kriminellen Unwertgehalt belegt wird, folgt daraus im weiteren, daß sich die Strafbarkeit eines Täters auch unmittelbar aus dem Völkerrecht ergibt, d.h. ohne daß es einer Vermittlung durch ein staatliches Gesetz im Sinne einer Transformation der völkerstrafrechtlichen Norm in die nationale Rechtsordnung bedarf. 1. Rechtsgrundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege Dogmatische Schwierigkeiten bereitet das Merkmal der Unmittelbarkeit der Rechtswissenschaft zunächst deshalb, weil zumindest für kontinentaleuropäische Strafrechtsordnungen aufgrund des Rechtsgrundsatzes nullum crimen, nulla poena sine lege kennzeichnend ist, daß sich die Strafbarkeit natürlicher Personen ausschließlich aus den staatlichen Gesetzen ergeben kann.33 Entsprechende daraus herzuleitende Einwände gegen ein parallel zum staatlichen materiellen Strafrecht existentes materielles Völkerstrafrecht sind jedoch nur im historischen Völkerstrafrecht im Zusammenhang mit den Prozessen vor dem IMT und dem IMTFE vorgebracht worden.34 Im modernen Völkerstrafrecht sind grundsätzliche dogmatische Bedenken dieser Art gegenüber der Existenz eines unmittelbar geltenden Völkerstrafrechts und somit gegenüber dem Prinzip unmittelbarer strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach Völkerrecht nicht mehr zu finden.35 2. Abgrenzung zu Weltverbrechen Doch auch im modernen Völkerstrafrecht hat das Begriffsmerkmal der Unmittelbarkeit im völkerrechtlichen Schrifttum eine gewisse Aufmerksamkeit erfahren. Dahinter verbirgt sich allerdings lediglich ein engeres bzw. weitreichenderes Verständnis des Begriffs Völkerstrafrecht und keine grundsätzliche Infragestellung des Völkerstrafrechts.36 Vereinzelt wird von seiten des Schrifttums die Auffassung vertreten, daß es für die Zurechnung einer völkerrechtlichen Norm zum Völkerstrafrecht genügt, wenn diese Norm lediglich einen Staat verpflichtet, bestimmte Handlungen in seinem staatlichen Strafrecht unter Strafe zu stellen. Ohne Belang ist es danach, ob die Vertragsnorm selbst bereits eine unmittelbare Strafbarkeit des Indivi33 Vgl. zu den Auswirkungen des Rechtsgrundsatzes nullum crimen, nulla poena sine lege auf die Durchsetzung des (materiellen) Völkerstrafrechts durch die staatliche Strafgerichtsbarkeit: unten 3. Kapitel, B. I. 34 Vgl. zur Diskussion im historischen Völkerstrafrecht: Jung, Rechtsprobleme der Nürnberger Prozesse, S. 177 ff. und S. 137 ff. 35 Werle, Menschenrechtsschutz durch Völkerstrafrecht, S. 813. 36 Fastenrath, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 633.

1. Kap.: Begriff des (materiellen) Völkerstrafrechts

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duums begründete oder ob sie sich lediglich an den Staat richtete, eine entsprechende Norm in sein staatliches Strafrecht aufzunehmen. Selbst dann, wenn also eine völkerrechtliche Norm lediglich vorsieht, daß eine strafrechtliche Verantwortlichkeit erst zu dem Zeitpunkt entstehen soll, wenn ein entsprechender Straftatbestand in das staatliche Strafrecht aufgenommen wurde, soll es sich um Völkerstrafrecht handeln.37 Das Kriterium der Unmittelbarkeit wird insoweit letztlich in Abrede gestellt. Nach überwiegender Auffassung in der Rechtswissenschaft wird demgegenüber einem engeren Verständnis des Begriffs Völkerstrafrecht gefolgt. Danach sind nur solche völkerrechtlichen Normen dem Völkerstrafrecht zuzuordnen, die unmittelbar ein bestimmtes Verhalten für strafbar erklären. Um von Völkerstrafrecht zu sprechen, muß also die Auslegung der jeweiligen völkerrechtlichen Norm zu dem Ergebnis führen, daß im Falle der Tatbestandsverwirklichung per se eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Individuums nach dem Völkerrecht besteht. Nur dann handelt es sich um „echtes“ Völkerstrafrecht.38 Im Hinblick auf die einzelnen materiellen Tatbestände ergibt sich aufgrund des Kriteriums der Unmittelbarkeit eine Differenzierung zwischen den sog. Weltverbrechen als den Tatbeständen des staatlichen Strafrechts einerseits und den völkerrechtlichen Verbrechen, delictum iuris gentium,39 als den Tatbeständen des Völkerstrafrechts andererseits. Unter einem Weltverbrechen sind demnach all solche Tatbestände des staatlichen Strafrechts zu verstehen, die zumeist einen grenzüberschreitenden Sachverhalt bedingen, und somit die Solidarität der Staaten bei der Strafverfolgung erfordern. Dazu zählen u. a. der Sklaven-, Kinder-, Frauenhandel, der Handel mit Rauschgift und mit unzüchtigen Veröffentlichungen, die Verletzung von Überseekabel, Luftpiraterie, Geiselnahme, Terrorismus sowie Münz- und Sprengstoffverbrechen.40 Durch entsprechende völkerrechtliche Verträge haben sich die Staaten auf eine gemeinsame Definition des jeweiligen Weltverbrechens geeinigt und sich dazu verpflichtet, bestimmte Handlungen in ihrem staatlichen Strafrecht unter Strafe zu stellen. Aus völkerrechtlicher Perspektive wird die Strafverfolgung der völkervertraglich definierten Weltverbrechen zumeist mittels Gewährung des Weltrechtsprinzips gegenüber einem Staat abgesichert.41 Mittels des Weltrechtsprinzips kann

37 Teilweise wird dieses Völkervertragsrecht als Völkerstrafrecht im weiteren Sinne bezeichnet: Fastenrath, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 633; Vitzthum-Schröder, Völkerrecht, S. 544 Rdnr. 36; Jescheck, International Crimes, S. 1122. 38 Vgl. zum Begriff „echtes“ Völkerstrafrecht: Triffterer, Entwicklung des materiellen Völkerstrafrechts, S. 31 ff.; Jescheck/Weigend, Strafrecht-AT, S. 123 f.; Jescheck, Verantwortlichkeit nach Völkerstrafrecht, S. 19 ff. 39 Vgl. zum englischen Ausdruck des International Crime bzw. Crime against the Law of Nations: Schindler, Crimes against the Law of Nations, S. 877. 40 Vgl. Auflistung bei Oehler, Internationales Strafrecht – Geltungsbereich des Strafrechts, Rdnr. 1004.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

ein staatlicher Strafanspruch einzig aus dem Umstand hergeleitet werden, daß das betroffene Rechtsgut nach dem Völkervertrags- bzw. Völkergewohnheitsrecht als entsprechend schutzwürdig angesehen wird. Der staatliche Strafanspruch ist also internationalbezogen und besteht folglich unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit Täter oder Opfer haben bzw. auf welchem Territorium die Tat begangen wurde.42 Dadurch wird der Umstand reflektiert, daß bestimmte Taten so schwerwiegend sind, daß der Täter als hostis humani generis zu betrachten ist, eine strafrechtliche Ahndung also im Interesse aller Staaten liegt, so daß aus völkerrechtlicher Perspektive auf eine darüber hinausgehende besondere Beziehung zwischen der Tat und dem Ergreifungsstaat verzichtet werden kann.43 Da das Völkerrecht einem Staat grundsätzlich verbietet, sich in fremde Jurisdiktionsbereiche einzumischen,44 muß sich der aus dem Weltrechtsprinzip hergeleitete staatliche Strafanspruch auf eine entsprechende völkerrechtliche Ermächtigung stützen lassen. Soweit diese vorhanden ist, kann ein Staat mit der Strafgewalt anderer Staaten, die z. B. aufgrund des Territorial- oder Personalitätsprinzips zunächst zuständig wären, in völkerrechtlich zulässiger Weise konkurrieren.45 Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch das Prinzip aut dedere aut punire.46 Dieses Prinzip knüpft an die Rechtslage an, daß es grundsätzlich weder eine pauschale Auslieferungspflicht noch eine Pflicht zur strafrechtlichen Ahndung für einen Staat im Völkerrecht gibt.47 Diesem Umstand wirkt das Völkerrecht dadurch entgegen, daß ein Staat entweder zur Auslieferung des Täters an den Staat, der aufgrund des Territorialitäts- oder Personalitätsprinzips zuständig ist, oder aber, wenn die Auslieferung nicht stattfindet, zur Anwendung seines staatlichen Strafrechts im Hinblick auf das jeweilige Weltverbrechen verpflichtet wird. Doch aus den völkerrechtlichen Normen, die einen Staat zu einer entsprechenden Anwendung seines Strafrechts mittels des Weltrechtsprinzips oder des 41 Schindler, Crimes Against the Law of Nations, S. 876; Triffterer, Entwicklung des materiellen Völkerstrafrechts, S. 176 f. 42 Vgl. Ipsen, Völkerrecht, § 42 Rdnr. 7. 43 Joyner, Universal Jurisdiction, S. 165. 44 Oehler, Internationales Strafrecht – Geltungsbereich des Strafrechts, Rdnr. 111, unter Verweis auf die Friendly Relations Declaration – Erklärung über völkerrechtliche Grundsätze für freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Sinne der Charta der Vereinten Nationen vom 24. Oktober 1970, Anhang der Resolution der UNO Generalversammlung Nr. 2625 (XXV) vom 24.10.1970; vgl. auch Weller, Foreign Travels for Dictators and other International Criminals, S. 603 ff. 45 Vgl. van Heeck, Anwendbarkeit deutschen Strafrechts auf Balkankriegsverbrechen, S. 29 ff. m. w. N. 46 Vgl. Doehring, Völkerrecht, Rdnr. 1150; Oehler, Criminal Law, International, S. 878. 47 Shachor-Landau, Extra-Territorial Penal Jurisdiction, S. 275 f.

2. Kap.: Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts

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Prinzips aut dedere aut punire auf die völkervertraglich fixierten Tatbestände der Weltverbrechen ermächtigen bzw. verpflichten, läßt sich nicht zugleich auch eine unmittelbare strafrechtliche Verantwortlichkeit des einzelnen herleiten wie im Falle der völkerrechtlichen Verbrechen. Adressat dieser völkerrechtlichen Normen ist vielmehr ausschließlich der Staat im Hinblick auf die Ausgestaltung seines materiellen Strafrechts bzw. Internationalen Strafrechts, nicht aber das Individuum. Erst dann jedenfalls, wenn das Weltverbrechen durch ein staatliches Gesetz Eingang in eine nationale Strafrechtsordnung gefunden hat, kann eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Individuums überhaupt entstehen. Unter den Begriff des Völkerstrafrechts sind die Tatbestände der Weltverbrechen folglich nicht zu subsumieren. 2. Kapitel

Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts Im 1. Kapitel wurde der Begriff des Völkerstrafrechts in abstrakter Hinsicht erläutert. In diesem Kapitel geht es nunmehr darum, einen Überblick über die inhaltliche Reichweite des Völkerstrafrechts zu verschaffen. Es ist der Frage nachzugehen, welche Gegenstände in sachlicher Hinsicht einer Regelung durch das materielle Völkerstrafrecht unterworfen sind, d.h. mit anderen Worten, welches Verhalten natürlicher Personen kraft geltendem Völkervertragsrechts bzw. -gewohnheitsrechts als völkerrechtliches Verbrechen zu kennzeichnen ist. Zu differenzieren ist zwischen vier verschiedenen Kategorien von Tatbestandsgruppen, die unzweifelhaft dem Kernbereich des modernen Völkerstrafrechts, sog. core crimes, zuzuordnen sind. Im einzelnen handelt es sich um Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Verbrechen der Aggression.

A. Völkermord Völkerrechtliche Verträge, die in ihren Vorschriften per se die Strafbarkeit eines bestimmten Verhaltens natürlicher Personen festlegen und somit dem Kriterium der Unmittelbarkeit des Völkerstrafrechts entsprechen, sind äußerst selten. Auch bei der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9.12.194948 führt eine Auslegung in diesem Zusammenhang zu48 Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948, BGBl. 1954 II, S. 730; die Definition des Völkermordes ergibt sich aus Art. II der Konvention: „In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

mindest zu keinem eindeutigen Ergebnis.49 So wird in Art. I–III der Konvention zwar einerseits konkret festgelegt, welche Handlungen natürlicher Personen tatbestandlich als Völkermord, genocide, génocide, anzusehen sind.50 Andererseits werden die vertragsschließenden Parteien jedoch mittels Art. V der Konvention ausdrücklich dazu verpflichtet, die entsprechenden notwendigen Gesetzgebungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Anwendung der Bestimmungen sicherzustellen.51 Ginge man im Falle des Völkermordes von einer unmittelbaren Strafbarkeit nach Völkerrecht aus, so bedürfte es streng genommen aber keiner weiteren gesetzgeberischen bzw. transformatorischen Akte, so daß sich die Konvention inhaltlich wohl eher auf die Kodifikation sog. Weltverbrechen beschränkt.52

a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; b) Verursachung von schwerem körperlichen oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.“ 49 Die Schaffung eines völkerrechtlichen Verbrechens war ursprünglich das Hauptanliegen während der Travaux Préparatoires: Jörgensen, State Responsibility and Genocide, S. 275 ff. 50 In der Präambel und Art. I heißt es, daß „Völkermord ein Verbrechen gemäß internationalem Recht ist.“ Die Definition des Völkermordes ergibt sich aus Art. II der Konvention: „In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; b) Verursachung von schwerem körperlichen oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.“ Art. III der Konvention: „Die folgenden Handlungen sind zu bestrafen: a) Völkermord, b) Verschwörung, c) unmittelbare und öffentliche Anreizung zur Begehung von Völkermord, d) Versuch, Völkermord zu begehen, e) Teilnahme am Völkermord“. 51 In Art. V der Konvention regelt hinsichtlich der Verpflichtung zu gesetzgeberischen Maßnahmen: „Die Vertragschließenden Parteien verpflichten sich, in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Verfassungen die notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendung der Bestimmungen dieser Konvention sicherzustellen und insbesondere wirksame Strafen für Personen vorzusehen, die sich des Völkermordes oder einer der sonstigen in Artikel III aufgeführten Handlungen schuldig machen.“ 52 So auch die Einschätzung von Doehring, Völkerrecht, Rdnr. 1148; Ipsen, Völkerrecht, § 42 Rdnr. 9; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, S. 118; anders hingegen Triffte-

2. Kap.: Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts

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Jedenfalls hat der Internationale Gerichtshof bereits im Jahre 1951 festgestellt, daß der Völkermord eine entsprechende Anerkennung als völkerrechtliches Verbrechen auf der Grundlage des Völkergewohnheitsrechts erfährt.53 Im Hinblick auf die Einbeziehung des Völkermordes in die Straftatbestände der ad hoc Tribunale heißt es im Bericht des Generalsekretärs anläßlich der Errichtung des ICTY: „The 1948 Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide confirms that genocide, whether committed in time of peace or in time of war, is a crime under international law for which individuals shall be tried and punished. The Convention is today considered part of international customary law as evidenced by the International Court of Justice in its Advisory Opinion on Reservations to the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide, 1951.“54

Auch für den ICC übernahm man wortgetreu den Tatbestand des Völkermordes, wie er sich aus der Konvention von 1948 ergibt, Art. 6 ICC-Statut.55

B. Kriegsverbrechen Hinsichtlich der Kriegsverbrechen, war crimes; crimes de guerre, als weiterer Kategorie völkerrechtlicher Verbrechen ergibt sich zunächst ein kompliziertes Geflecht aus Rechtsnormen des Völkervertragsrechts einerseits und des Völkergewohnheitsrechts andererseits. In sachlicher Hinsicht ist zwischen Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit internationalen bewaffneten Konflikten und nicht-internationalen bewaffneten Konflikten zu differenzieren. I. Kriegsverbrechen internationaler bewaffneter Konflikte Wie die Völkermordkonvention sind auch die Bestimmungen der vier Genfer Abkommen vom 12. August 194956 hinsichtlich des Kriteriums der Unmittelrer, Dogmatische Untersuchungen, S. 193; vgl. zu den Weltverbrechen oben 1. Kapitel, C. IV. 2. 53 Internationaler Gerichtshof, Advisory Opinion on Reservations to the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide, 28 May 1951, ICJ Reports 1951, S. 23. 54 Report of the Secretary General pursuant to Paragraph 2 of the Security Council Resolution 808 (1993), UN-Doc. S/25704 Rdnr. 45; vgl. dazu Cassese, International Criminal Law, in: Evans (Hrsg.), International Law, S. 744. 55 Vgl. Gil Gil, Tatbestände der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und des Völkermordes im Römischen Statut, S. 392 ff. 56 I. Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II, S. 781; II. Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II, S. 781; III. Genfer

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

barkeit nicht eindeutig. So werden zwar bestimmte verbotene Handlungen eines Individuums im Rahmen eines internationalen bewaffneten Konflikts als sog. Schwere Verletzungen, grave breaches; infractions graves, bezeichnet,57 andererseits wird diesbezüglich aber auch eine Pflicht der Staaten festgelegt, entsprechende Strafbestimmungen zu erlassen.58 Die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Individuums könnte also auch hier von einer vorherigen Transformation in das staatliche Strafrecht abhängen und sich nicht unmittelbar aus der völkerrechtlichen Norm selbst herleiten lassen.59 Nur vereinzelt werden die Bestimmungen der Genfer Abkommen so ausgelegt, daß eine unmittelbare strafrechtliche Verantwortlichkeit des Individuums nach Völkervertragsrecht besteht. Unabhängig vom Ergebnis einer Auslegung der Konventionen kann hinsichtlich der Schweren Verletzungen der Genfer Abkommen allerdings von einer entsprechenden völkergewohnheitsrechtlichen Anerkennung ausgegangen werden, so dass die kodifizierten Handlungen als völkerrechtliche Verbrechen zu qualifizieren und folglich dem materiellen Völkerstrafrecht zuzuordnen sind.60 Das erste Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte vom 8. Juni 197761 (Erstes Zusatzprotokoll) erweitert den Kreis der Schweren VerletzunAbkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II, S. 838; IV. Genfer Abkommen zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II, S. 1586. 57 Art. 50 des I. Genfer Abkommens; Art. 51 des II. Genfer Abkommens; Art. 130 des III. Genfer Abkommens und Art. 147 des IV. Genfer Abkommens. Art. 147 des IV. Genfer Abkommens lautet: „Als schwere Verletzungen im Sinne des vorstehenden Artikels gilt jede der folgenden Handlungen, sofern sie gegen durch das Abkommen geschützte Personen oder Güter begangen wird: vorsätzliche Tötung, Folterung oder unmenschliche Behandlung einschließlich biologischer Versuche, vorsätzliche Verursachung großer Leiden oder schwerer Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit, rechtswidrige Verschleppung oder rechtswidrige Verschickung, rechtswidrige Gefangenhaltung, Nötigung einer geschützten Person zur Dienstleistung in den Streitkräften der feindlichen Macht oder Entzug ihres Anrechts auf ein ordentliches und unparteiisches, den Vorschriften des vorliegenden Abkommens entsprechendes Gerichtsverfahren, das Festnehmen von Geiseln, sowie Zerstörung und Aneignung von Eigentum, die durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigt sind und in großem Ausmaß rechtswidrig und willkürlich vorgenommen werden.“ 58 So heißt es in Art. 146 Absatz I des IV. Genfer Abkommens: „Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Festsetzung von angemessenen Strafbestimmungen für solche Personen zu treffen, die irgendeine der im folgenden Artikel umschriebenen schweren Verletzungen des vorliegenden Abkommens begehen oder zu einer solchen Verletzung den Befehl erteilen.“ 59 Bothe, IHL and War Crimes Tribunals, S. 587; Werle, Völkerstrafrecht, Rdnr. 791 f. m. w. N. 60 Vgl. Triffterer, Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 177 f. m. w. N.; Schindler, Crimes against the Law of Nations, S. 876 f. 61 Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I) vom 8. Juni 1977, BGBl. 1991 II, S. 968.

2. Kap.: Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts

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gen62 und bezeichnet diese nunmehr ausdrücklich als Kriegsverbrechen.63 Auch im Hinblick auf diese Normen des Genfer Rechts wird vereinzelt vertreten, daß sich aus ihnen eine unmittelbare strafrechtliche Verantwortlichkeit des Individuums nach Völkerrecht ergibt.64 Im Gegensatz zu den Schweren Verletzungen der Genfer Abkommen ist hinsichtlich der Schweren Verletzungen des Ersten Zusatzprotokolls umstritten, inwieweit diese völkerrechtlichen Verbrechen als Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts zu qualifizieren sind.65 Das ICC-Statut knüpft dennoch in seinem Art. 8 Absatz 2 lit. b, insbesondere in Nr. i, ii, iv, vii, viii, x, xxi, teilweise an die Bestimmungen des Art. 85 Erstes Zusatzprotokoll an. Inwieweit sich daraus für die Zukunft eine völkergewohnheitsrechtliche Anerkennung dieser Tatbestände und eine entsprechende Zuordnung zum Kernbereich des materiellen Völkerstrafrechts ergibt, bleibt abzuwarten.66 Betrachtet man die übrigen Tatbestände des im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt anwendbaren Völkerstrafrechts, so erscheint es im Vergleich zu den Schweren Verletzungen der Genfer Abkommen 62 Vgl. insbesondere Art. 85 Absatz 3 des Ersten Zusatzprotokolls: „Als schwere Verletzungen dieses Protokolls gelten außer den in Artikel 11 bezeichneten schweren Verletzungen folgende Handlungen, wenn sie vorsätzlich unter Verletzung der einschlägigen Bestimmungen des Protokolls begangen werden und den Tod oder eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit zur Folge haben: a) gegen die Zivilbevölkerung oder einzelne Zivilpersonen gerichtete Angriffe; b) Führen eines unterschiedslos wirkenden, die Zivilbevölkerung oder zivile Objekte in Mitleidenschaft ziehenden Angriffs in Kenntnis davon, daß der Angriff Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte zur Folge haben wird, die im Sinne des Artikels 57 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer iii unverhältnismäßig sind; c) Führen eines Angriffs gegen gefährliche Kräfte enthaltende Anlagen oder Einrichtungen in Kenntnis davon, daß der Angriff Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte zur Folge haben wird, die im Sinne des Artikels 57 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer iii unverhältnismäßig sind; d) gegen unverteidigte Orte und entmilitarisierte Zonen gerichtete Angriffe; e) gegen eine Person gerichtete Angriffe in Kenntnis davon, daß die Person außer Gefecht befindlich ist; f) heimtückische gegen Artikel 37 verstoßende Benutzung des Schutzzeichens des roten Kreuzes, des roten Halbmonds oder des roten Löwen mit roter Sonne oder anderer durch die Abkommen oder dieses Protokoll anerkannter Schutzzeichen.“ 63 Art. 85 Absatz 5 des Ersten Zusatzprotokolls lautet: „Unbeschadet der Anwendung der Abkommen und dieses Protokolls gelten Schwere Verletzungen dieser Übereinkünfte als Kriegsverbrechen.“ 64 Vgl. Triffterer, Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 177 m. w. N.; Schindler, Crimes against the Law of Nations, S. 876 f. 65 Vgl. dazu Bassiouni, International Criminal Law, S. 968 ff. m. w. N.; vgl. auch Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 832. 66 Vgl. unten 4. Kapitel, B. II. 2.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

bzw. des Ersten Zusatzprotokolls noch schwieriger, die unmittelbare Strafbarkeit natürlicher Personen anhand des Wortlauts völkervertragsrechtlicher Bestimmungen nachzuweisen. Dies gilt insbesondere für die auf der Grundlage der Bestimmungen des Haager Rechts, insbesondere der Haager Landkriegsordnung,67 entwickelten Kriegsverbrechen. Eine unmittelbare Strafbarkeit läßt sich insoweit ausschließlich unter Rückgriff auf das Völkergewohnheitsrecht begründen. Für die Frage, welches individuelle Verhalten unter Heranziehung des Haager Rechts ein völkerrechtliches Verbrechen darstellt, läßt sich auf Art. 3 ICTY-Statut verweisen. Die in dort als Verstöße gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges kodifizierten Tatbestände geben deklaratorisch das Völkergewohnheitsrecht in geschriebener Form wieder.68 Nunmehr nimmt auch das ICC-Statut als völkerrechtlicher Vertrag diese Straftatbestände in sich auf, wie es sich insbesondere anhand Art. 8 Abs. 2 lit. b) Nr. v, ix, xvi und xvii ICC-Statut erkennen läßt.69 Grundsätzlich ist damit festzustellen, daß dem Völkergewohnheitsrecht mangels expliziter Festlegung einer unmittelbaren strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Individuums für das materielle Völkerstrafrecht eine wesentliche Bedeutung zukommt.70 Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß sich aus völkerrechtlichen Verträgen zunächst nur eine rechtliche Bindung inter partes ergibt. Gerade eine universale Geltung ist jedoch für die Rechtsmaterie des Völkerstrafrechts von Vorteil.71 Es könnte ansonsten, insbesondere von seiten der Nicht-Vertragsparteien, eingewendet werden, daß die Anwendung einer völkerstrafrechtlichen Norm vertraglichen Charakters gegen das auch im Völkerstrafrecht anerkannte Prinzip nullum crimen sine lege verstößt.72 Das Völkergewohnheitsrecht bindet hingegen grundsätzlich universell.73 Ein entsprechender Einwand ist somit ausgeschlossen. 67 Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (IV. Haager Abkommen) mit Anlage zum Abkommen: Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 18.10.1907, RGBl. 1910, S. 107 ff. 68 Report of the Secretary General pursuant to Paragraph 2 of Security Council Resolution 808 (1993), UN-Doc. S/25704 Rdnr. 41 ff. 69 Vgl. Meron, Crimes under the Jurisdiction of the ICC, S. 52 f. 70 Ahlbrecht, Völkerrechtliche Strafgerichtsbarkeit, S. 10; Glaser, Gesetzlichkeit im Völkerstrafrecht, S. 517; Triffterer, Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 175. 71 Schröder spricht insoweit von einem breiten Konsens als wesentliches Kriterium des Völkerstrafrechts, Vitzthum-Schröder, Völkerrecht, S. 544 f., Rdnr. 38. 72 Roberge, Compétence des Tribunaux ad hoc, S. 696 ff.; Tomuschat, Precedent of Nuremberg Confirmed, S. 22 ff.; Trautwein, Das Internationale Jugoslawien-Tribunal, S. 88; Jescheck-Weigend begründen das Erfordernis universaler Geltung mit dem Grundsatz des Vorrangs des Völkerstrafrechts gegenüber dem staatlichen Recht, Jescheck-Weigend, Strafrecht-AT, S. 123. 73 Vgl. zur Bindungswirkung des Völkergewohnheitsrechts: Ipsen-Heintschel von Heinegg, Völkerrecht, § 16 Rdnr. 25 ff.

2. Kap.: Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts

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Im Bericht des Generalsekretärs zur Errichtung des ICTY wird in diesem Zusammenhang ausgeführt: „In the view of the Secretary-General, the application of the principle nullum crimen sine lege requires that the international tribunals should apply rules of international humanitarian law which are beyond any doubt part of customary law so that the problem of adherence of some but not all States to specific conventions does not arise. This would appear to be particularly important in the context of an international tribunal prosecuting persons responsible for serious violations of international humanitarian law.“74

II. Kriegsverbrechen nicht-internationaler bewaffneter Konflikte Anders als im Falle der völkerrechtlichen Verbrechen im Zusammenhang mit internationalen bewaffneten Konflikten fehlten dem Völkervertragsrecht bislang generell strafrechtliche Bestimmungen im Falle nicht-internationaler bewaffneter Konflikte. Der gemeinsame Art. 3 der Genfer Abkommen und das zweite Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte vom 8. Juni 1977 (Zweites Zusatzprotokoll) normieren zwar Verbote für bestimmte Handlungen innerhalb eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts, enthalten hingegen aber keinerlei Anhaltspunkte für eine entsprechende Strafbarkeit des Individuums im Falle der Zuwiderhandlung. Gerade im Bereich der Kriegsverbrechen des nicht-internationalen bewaffneten Konflikts zeigt sich somit deutlich die entscheidende Bedeutung des Völkergewohnheitsrechts für das geltende materielle Völkerstrafrecht.75 In Art. 4 ICTR-Statut wird von einer Zuständigkeit des ICTR zur Verfolgung von Personen, die schwere Verstöße gegen den gemeinsamen Art. 3 der Genfer Abkommen oder gegen das Zweite Zusatzprotokoll begangen haben, ausgegangen.76 Das ICTR geht in seiner Rechtsprechung von der völkergewohnheitsrechtlichen Geltung dieser völkerrechtlichen Verbrechen aus: „For the purpose of an international criminal Tribunal which is trying individuals, it is not sufficient merely to affirm that Common Article 3 and parts of Article 4 of Additional Protocol II – which comprise the subject-matter jurisdiction of Article 4 of the Statute – form part of international customary law. (. . .) It must also be shown that an individual committing serious violations of these customary norms incurs, as a matter of custom, individual criminal responsibility thereby. Otherwise it might be argued that these instruments only state norms applicable to States and 74 Vgl. Report of the Secretary General pursuant to Paragraph 2 of Security Council Resolution 808 (1993), UN-Doc. S/25704 Rdnr. 34; vgl. dazu Meron, War Crimes in Yugoslavia, S. 79 f. 75 Meron, Is International Law Moving against Criminalization?, S. 28. 76 Vgl. Akhavan, ICTR: Politics and Pragmatics of Punishment, S. 503 f.; Meron, International Criminalization of Internal Atrocities, S. 558 f.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts Parties to a conflict, and that they do not create crimes for which individuals may be tried.“77

Teilweise ist die gewohnheitsrechtliche Geltung dieser Straftatbestände dennoch bestritten worden. Die Kritik richtete sich dabei nicht gegen die aus dem gemeinsamen Art. 3 der Genfer Abkommen entwickelten Strafnormen, sondern vielmehr gegen eine entsprechende Berücksichtigung des Zweiten Zusatzprotokolls.78 Auch das ICC-Statut knüpft in seinem Art. 8 Abs. 2 lit. c) Nr. i–iv direkt lediglich an den gemeinsamen Art. 3 der Genfer Abkommen an und bezieht entsprechende Zuwiderhandlungen in den Katalog der Kriegsverbrechen ein.79 Das ICTY erweiterte den Kreis der im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt anwendbaren Straftatbestände durch seine Rechtsprechung im sog. Tadic-Urteil.80 In diesem Urteil legten die Richter der Berufungskammer fest, daß die in Art. 3 ICTY-Statut aufgeführten Tatbestände hinsichtlich der Verstöße gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges sowohl im internationalen als auch im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt unterschiedslos anwendbar seien: „In the light of the intent of the Security Council and the logical and systematic interpretation of Article 3 as well as customary international law, the Appeals Chamber concludes that, under Article 3, the International Tribunal has jurisdiction over the acts alleged in the indictment, regardless of whether they occurred within an internal or an international armed conflict.“81

Auch diese Tatbestände stellen demnach völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Kriegsverbrechen im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt dar.82 Auch das ICC-Statut folgt in seiner grundlegenden Tendenz dieser durch die Rechtsprechung des ICTY vorgezeichneten Vereinheitlichung bzw. Annäherung 77

Prosecutor v. Akayesu, Judgement, Trial Chamber 1, 2 September 1998, Para.

610. 78 Vgl. Johnson, ICTR, S. 221 f.; Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 166. 79 Vgl. Momtaz, War Crimes in Non-International Armed Conflicts under the Statute of the ICC, S. 183 ff. 80 Prosecutor v. Tadic (IT-94-1), Decision on the Defence Motion for Interlocutory Appeal on Jurisdiction, 2 October 1995; vgl. Graditzky, Criminal Responsibility in Non-International Armed Conflicts, S. 52 f. 81 Prosecutor v. Tadic (IT-94-1), Decision on the Defence Motion for Interlocutory Appeal on Jurisdiction, 2 October 1995, para. 137. 82 Vgl. die Besprechungen des Urteils bei: Aldrich, Jurisdiction of the ICTY, S. 65 ff.; Arnold, Notion of War Crimes in Non-International Conflicts, S. 135 ff.; Fenrick, Application of the Geneva Conventions, S. 317 ff.; Graditzky, Criminal Responsibility in Non-International Armed Conflicts, S. 52 ff.; Kreß, Urteil des Internationalen Straftribunals für das ehemalige Jugoslawien (Appeals Chamber) im Fall Tadic vom 2. Oktober 1995, S. 644 ff.

2. Kap.: Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts

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der Straftaten im Zusammenhang mit internationalen und mit nicht-internationalen bewaffneten Konflikten.83 So entspricht der Katalog des Art. 8 Abs. 2 lit. e) ICC-Statut, der Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit nicht-internationalen bewaffneten Konflikten auflistet, in weiten Teilen der entsprechenden Normierung der im internationalen bewaffneten Konflikt anwendbaren Strafbestimmungen des Art. 8 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut.

C. Verbrechen gegen die Menschlichkeit Hinsichtlich der dritten Kategorie völkerrechtlicher Verbrechen, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, läßt sich allein anhand des Völkervertragsrechts eine entsprechende unmittelbare Strafbarkeit natürlicher Personen nicht nachweisen. Lediglich für das Internationale Übereinkommen über die Bekämpfung und Bestrafung des Verbrechens der Apartheid vom 30.11.197384 ist feststellbar, daß eine unmittelbare Strafbarkeit nach Völkerrecht gegeben sein soll. Das Übereinkommen über die Nichtanwendbarkeit gesetzlicher Verjährungsfristen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vom 26. November 1968 bestätigt überdies die Anerkennung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit als völkerrechtliche Verbrechen.85 83

Robinson/von Hebel, Art. 8 of the ICC-Statute, S. 196 f. Internationales Übereinkommen über die Bekämpfung und Ahndung des Verbrechens der Apartheid vom 30. November 1973, UNTS Bd. 1015, S. 243 (deutsche Übersetzung: VN 1975, S. 57 ff.). In Art. II des Übereinkommens erfolgt zunächst eine Definition des Verbrechens der Apartheid: „Im Sinne dieses Übereinkommens gilt der Ausdruck „das Verbrechen der Apartheid“, der auch ähnliche Politiken und Praktiken der Rassentrennung und -diskriminierung, wie sie in Südafrika angewendet werden, mit einschließt, für die folgenden unmenschlichen Handlungen, die zum Zweck der Errichtung und Aufrechthaltung der Herrschaft einer Rassengruppe über eine andere Rassengruppe begangen werden und diese systematisch unterdrücken: a) Wenn einem Mitglied oder Mitgliedern einer Rassengruppe oder von Rassengruppen das Recht auf Leben und Freiheit der Person verweigert wird: (i) durch die Ermordung von Mitgliedern einer Rassengruppe oder von Rassengruppen; (ii) (. . .)“; aus Art. III des Übereinkommens läßt sich die unmittelbare Strafbarkeit einer Person nach Völkerrecht herleiten: „Die internationale strafrechtliche Verantwortlichkeit gilt, ungeachtet des zugrundeliegenden Beweggrundes, für Einzelpersonen, Mitglieder von Organisationen und Einrichtungen sowie für Vertreter des Staates, gleichgültig, ob sie ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Staates haben, in dem die Handlungen begangen werden, oder in einem anderen Staat, wenn sie a) die in Art. II dieses Übereinkommens aufgeführten Handlungen begehen, sich daran beteiligen, unmittelbar dazu aufreizen oder sich dazu verabreden; b) die Begehung des Verbrechens der Apartheid unmittelbar begünstigen, fördern oder daran mitarbeiten.“ 85 Übereinkommen über die Nichtanwendbarkeit gesetzlicher Verjährungsfristen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vom 26. November 1968, UNTS Bd. 754, S. 73 (deutsche Übersetzung: Vereinte Nationen 1969, S. 28 ff.); in 84

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

Es existieren eine Reihe weiterer, vornehmlich dem Internationalen Menschenrechtsschutz zuzurechnende Verträge, wie u. a. das Übereinkommen betreffend die Sklaverei vom 26. September 1926,86 die Konvention zur Unterdrückung des Menschenhandels und der Ausbeutung von Prostituierten vom 21. März 1950,87 das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vom 10. Dezember 198488 usw.89 Diese Verträge knüpfen aber explizit an eine vorherige Transformation der definierten Tatbestände in das staatliche Strafrecht an. Auch die Verbrechen des Drogenhandels und des Terrorismus, deren Aufnahme in das ICC-Statut als sog. treaty based crimes anfänglich erwogen wurde,90 sind Gegenstand entsprechend ausgestalteter völkerrechtlicher Verträge. Bezüglich dieser kodifizierten Tatbestände läßt sich jedoch keine unmittelbare strafrechtliche Verantwortlichkeit des Individuums nach Völkerrecht nachweisen.91 Dieses Völkervertragsder Präambel heißt es: „In der Erwägung, daß Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu den schwersten Verbrechen des Völkerrechts gehören, (. . .).“ Die Formulierung des Art. I weist noch deutlicher auf die unmittelbare strafrechtliche Verantwortlichkeit bzgl. der genannten Verbrechen hin: „Keine gesetzliche Verjährung findet auf folgende Verbrechen Anwendung, ungeachtet des Zeitpunktes ihrer Begehung: a) Kriegsverbrechen, wie sie im Statut des Internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg vom 8. August 1945 bestimmt und durch die Entschließungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen 3 (I) vom 13. Februar 1946 und 95 (I) vom 11. Dezember 1946 bestätigt worden sind, insbesondere die in den Genfer Konventionen zum Schutze der Kriegsopfer vom 12. August 1949 aufgezählten ,schweren Abkommensverletzungen‘; b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gleich ob im Kriege oder in Friedenszeiten begangen, wie sie im Statut des Internationalen Militärgerichtshofs Nürnberg vom 8. August 1945 bestimmt und durch die Entschließungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen 3 (I) vom 13. Februar 1946 und 95 (I) vom 11. Dezember 1946 bestätigt worden sind, Vertreibung durch bewaffneten Angriff oder Besetzung sowie unmenschliche Handlungen als Folge der Politik der Apartheid, ferner das Verbrechen des Völkermordes wie bestimmt im Übereinkommen zur Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes von 1948, selbst wenn solche Handlungen keine Verletzungen des innerstaatlichen Rechts des Landes, in dem sie begangen worden sind, darstellen.“ 86 Übereinkommen betreffend die Sklaverei vom 25. September 1926, BGBl. 1972 II, S. 1473; Zusatzübereinkommen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken vom 7. September 1956, BGBl. 1958 II, S. 205. 87 Konvention zur Unterdrückung des Menschenhandels und der Ausbeutung von Prostituierten vom 21. März 1950, Gesetzblatt der DDR 1975 II, S. 2. 88 Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984, BGBl. 1990 II, S. 247. 89 Vgl. weitere Aufzählung bei: Oehler, Internationales Strafrecht – Geltungsbereich des Strafrechts, Rdnr. 845 ff. 90 Draft Statute for an International Criminal Court, Report of the International Law Commission on the work of its forty-sixth session, UN Doc. A/49/10 (1994). Vgl. Stahn, Gerichtsbarkeit des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs, S. 579 f.

2. Kap.: Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts

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recht ist demnach der Rechtsmaterie der Weltverbrechen, nicht aber dem materiellen Völkerstrafrecht zuzuordnen.92 Im Hinblick auf das Völkergewohnheitsrecht, läßt sich zunächst auf das Statut und die Rechtsprechung des Internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg verweisen, wonach eine Strafbarkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit erstmalig anerkannt wurde.93 Auch das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs für den Fernen Osten, sowie verschiedene Konventionsentwürfe der ILC beinhalteten Verbrechen gegen die Menschlichkeit.94 Allerdings war die Praxis der Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit Ausnahme einiger weniger Verfahren auf staatlicher Ebene schwächer ausgeprägt.95 Der Nachweis von Völkergewohnheitsrecht setzt allerdings eine allgemeine Übung als objektives Element und zum anderen die Anerkennung der Übung als Recht – opinio iure sive necessitate – als subjektives Element voraus. Inwieweit diese Voraussetzungen bei Errichtung der ad hoc Tribunale bereits von einer unmittelbaren strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Individuums für Verbrechen gegen die Menschlichkeit kraft Völkergewohnheitsrechts auszugehen war, läßt sich zumindest hinterfragen. Im Bericht des Generalsekretärs zur Errichtung des ICTY wird in diesem Zusammenhang auf die Anerkennung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die Rechtsprechung des Internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg Bezug genommen: „Crimes against humanity were first recognized in the Charter and Judgement of the Nürnberg Tribunal, as well as in Law No. 10 of the Control Council for Germany. Crimes against humanity are aimed at any civilian population and are prohibited regardless of whether they are committed in an armed conflict, international or internal in character.“96

91 Triffterer-Zimmermann, Commentary on the Rome Statute, Art. 5 Rdnr. 1 ff.; Zimmermann, Creation of a Permanent ICC, S. 204 ff. 92 In Art. 6 lit. c) IMT-Statut, abgedruckt in: IMT-Band I, S. 10–18, heißt es: „Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Nämlich: Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation oder andere unmenschliche Handlungen, begangen an irgendeiner Zivilbevölkerung vor oder während des Krieges, Verfolgung aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen, begangen in Ausführung eines Verbrechens oder in Verbindung mit einem Verbrechen, für das der Gerichtshof zuständig ist, und zwar unabhängig davon, ob die Handlung gegen das Recht des Landes verstieß, in dem sie begangen wurde, oder nicht.“ 93 Dazu ausführlich Clark, Crimes Against Humanity at Nuremberg, S. 177 ff. 94 Vgl. insbesondere Draft Code of the Crimes Against Peace and Security of Mankind 1954, UN Doc. Suppl. Nr. 9 (A/2693); Draft Code of the Crimes Against Peace and Security of Mankind 1996, UN Doc. A/CN.4/L. 532. 95 Werle, Völkerstrafrecht, Rdnr. 622 m. w. N.; vgl. auch die Beispiele für die Praxis bei Bassiouni et al., International Criminal Law, S. 1027 ff. 96 Report of the Secretary General pursuant to Paragraph 2 of Security Council Resolution 808 (1993), UN-Doc. S/25704 Rdnr. 47.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

In einem weiteren Schritt stellt sich die Frage nach der exakten tatbestandlichen Reichweite der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Diese läßt sich, wie im Falle der lediglich gewohnheitsrechtlich anerkannten Kriegsverbrechen, abschließend nicht beantworten. Aufschlußreich ist insoweit aber ein Urteil des ICTY, worin ausgeführt wird: „Generally speaking, crimes against humanity are recognised as very grave crimes which shock the collective conscience. The indictment supporting the charges against the accused at the Nuremberg Trial specified that the crimes against humanity constituted breaches of international conventions, domestic law, and the general principles of criminal law as derived from the criminal law of all civilised nations. The Secretary-General of the United Nations, in his report which proposed the Statute of the International Tribunal, considered that „crimes against humanity refer to inhumane acts of extreme gravity, such as wilful killing, torture or rape, committed as part of a widespread or systematic attack against any civilian population on national, political, ethnic, racial or religious grounds“ (S/27704, paragraph 48). In 1994, the International Law Commission asserted that the definition of crimes against humanity encompasses inhumane acts of a very serious character involving widespread or systematic violations aimed at the civilian population in whole or in part (Report of the ILC 1994, Supplement No. 10 (A/49/10), commentary on the draft statute for an international criminal court). Crimes against humanity are serious acts of violence which harm human beings by striking what is most essential to them: their life, liberty, physical welfare, health, and or dignity. They are inhumane acts that by their extent and gravity go beyond the limits tolerable to the international community, which must perforce demand their punishment.“97

Übereinstimmung besteht nunmehr darin, daß die Rechtsprechung der ad hoc Tribunale auf der Grundlage von Art. 5 ICTY-Statut und Art. 3 ICTR-Statut den Tatbeständen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schärfere Konturen verliehen hat.98 Im ICC-Statut werden die einzelnen Tatbestandsvarianten präzisiert und als selbständige Tatbestände das Verschwindenlassen von Personen und das Verbrechen der Apartheid ergänzt. Tatbestandliche Erweiterungen erfahren auch die Kategorien des Freiheitsentzugs, der Vergewaltigung sowie die Verfolgung. Nach dem ICC-Statut ist überdies das Vorliegen eines bewaffneten Konflikt nicht als objektive Strafbarkeitsbedingung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgestaltet worden. Damit wurde ein wesentlicher Streitpunkt des Völkerstrafrechts beseitigt.99 Andererseits knüpft das ICC-Statut nunmehr daran an, 97 Prosecutor v. Drazen Erdemovic (IT-96-22), Sentencing Judgement, 29 November 1996, para. 27 f. 98 Ascensio, Tribunaux ad hoc, S. 720. 99 Hermsdörfer, Historischer Schritt im Völkerstrafrecht, S. 56; Schabas, Introduction to the ICC, S. 35; vgl. zu den Hintergründen dieses Streits: Jia, War Crimes and Crimes against Humanity, S. 255 ff. m. w. N.

2. Kap.: Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts

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daß die Tatbestandsverwirklichung „als Teil eines groß angelegten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung in Kenntnis des Angriffs“ erfolgt, sog. Schwellenklausel.100

D. Verbrechen der Aggression Das Verbrechen der Aggression war tatbestandlich bereits in den Statuten der Internationalen Militärgerichtshöfe von Nürnberg und Tokio in Gestalt des Verbrechens gegen den Frieden enthalten.101 Seine völkergewohnheitsrechtliche Geltung war jedoch zumindest damals umstritten. So ließ sich nach damaligem Völkerrecht zwar insbesondere ein Verbot des Angriffskrieges nachweisen. Dieses Verbot richtete sich aber an den Staat bzw. die Staaten und nicht an natürliche Personen. Um dennoch die unmittelbare Strafbarkeit von Individuen für dieses Verbrechen zu rechtfertigen, führte der Internationale Militärgerichtshof von Nürnberg aus: „Verbrechen gegen das Völkerrecht werden von Menschen und nicht von abstrakten Wesen begangen, und nur durch Bestrafung jener Einzelpersonen, die solche Verbrechen begehen, kann den Bestimmungen des Völkerrechts Geltung verschafft werden.“102

Eine juristische Argumentation, die insbesondere im Hinblick auf den Rechtsgrundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege verständlicherweise vielfacher Kritik ausgesetzt war.103 In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zwar der Begriff der Angriffshandlung i. S. d. Art. 39 der UN-Charta104 im Anhang der Resolution 3314 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974 definiert.105 Damit ist jedoch wiederum nur die Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat erfaßt, jedoch noch keine Aussage zur Strafbarkeit 100 Vgl. Bassiouni, Cour Pénale Internationale, S. 12 f.; Gil Gil, Tatbestände der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und des Völkermordes im Römischen Statut, S. 385 ff. 101 In Art. 6 lit. a) IMT-Statut, abgedruckt in: IMT-Band I, S. 10–18, heißt es: „Verbrechen gegen den Frieden: Nämlich: Planen, Vorbereitung, Einleitung oder Durchführung eines Angriffskrieges oder eines Krieges unter Verletzungen internationaler Verträge, Abkommen oder Zusicherungen oder Beteiligung an einem gemeinsamen Plan oder an einer Verschwörung zur Ausführung einer der vorgenannten Handlungen.“ 102 Urteil des IMT, abgedruckt in: IMT-Band I, S. 189 (249). 103 Vgl. insbesondere Ahlbrecht, Völkerrechtliche Strafgerichtsbarkeit, S. 84; Ipsen, Völkerrecht, § 42 Rdnr. 22; Jung, Rechtsprobleme der Nürnberger Prozesse, S. 137 ff. m. w. N.; vgl. auch oben 1. Kapitel, C. IV. 1. und unten 3. Kapitel, B. I. 104 Charta der Vereinten Nationen, BGBl. 1980 II, S. 1252 ff. (bereinigte Fassung). 105 Resolution on the Definition of Aggression, UN Doc. A/9631 (1974), sog. Aggressionsdefinition, deutsche Übersetzung aus Vereinte Nationen Heft 4/1975, S. 120.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

natürlicher Personen im Zusammenhang mit den Angriffshandlungen getroffen. Im modernen Völkerstrafrecht wird demnach auch lediglich dem Grunde nach anerkannt, daß ein solches völkerrechtliches Verbrechen existiert, seine exakte normative Reichweite ist dagegen trotz der Aggressionsdefinition weiterhin unklar.106 So hat es seit Nürnberg keine Verfahren wegen der Führung von Angriffskriegen mehr gegeben.107 Auch die Statuten der ad hoc Tribunale sehen entsprechende Tatbestände nicht vor.108 Die Verhandlungen zum ICC-Statut machten einmal mehr deutlich, daß man sich auf keine gemeinsame Formulierung einer entsprechenden Strafbestimmung einigen konnte.109 Im Bericht des Preparatory Committee heißt es in diesem Zusammenhang: „Still other delegations were of the view that it should not be included because there was no generally accepted definition of aggression for the purpose of determining individual criminal responsibility; (. . .); it would be difficult and inappropriate to attempt to elaborate a sufficiently clear, precise and comprehensive definition of aggression.“110

Man verständigte sich folglich darauf, zu einem späteren Zeitpunkt erneut über eine Definition des Verbrechens der Aggression zu verhandeln, und diese ggf. nachträglich in die materiellrechtlichen Bestimmungen des Statuts einzufügen, Art. 5 Abs. 2 ICC-Statut.111 Eine Zurechnung dieser Kategorie zum Kernbereich des materiellen Völkerstrafrechts steht demnach unter einem gewissem Vorbehalt. 3. Kapitel

Durchsetzungsmechanismen des (materiellen) Völkerstrafrechts Zum Wesen des Völkerstrafrechts gehört es, daß sich die Strafbarkeit eines Individuums im Falle der Begehung eines völkerrechtlichen Verbrechens unmittelbar aus dem Völkerrecht ergibt. Davon strikt zu unterscheiden ist die Proble106

Vgl. Bassiouni et al., International Criminal Law, S. 861 ff. m. w. N. Werle, Völkerstrafrecht, Rdnr. 1155. 108 Vgl. zu den Hintergründen: Wolny, Aggressionsverbrechen nach heutigem Völkerrecht, S. 59. 109 Vgl. Kherad, Définition du Crime d’Agression dans le Statut de Rome, 344 ff.; Triffterer-Zimmermann, Commentary on the Rome Statute, Art. 5 Rdnr. 17 ff. 110 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 68. 111 Vgl. zu diesem Vorhaben: Nsereko, Aggression under the Rome Statute, 504 ff. 107

3. Kap.: Durchsetzungsmechanismen des (materiellen) Völkerstrafrechts

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matik, welche Mechanismen greifen, um den einmal entstandenen völkerstrafrechtlichen Strafanspruch auch tatsächlich durchzusetzen. Im folgenden Kapitel werden diese Durchsetzungsmechanismen genauer betrachtet.

A. Ausgangspositionen Die dogmatische Konzeption eines unmittelbar geltenden Völkerstrafrechts wurzelt im angloamerikanischen Rechtsdenken. Folge dieser angloamerikanischen Prägung war unter anderem, daß ursprünglich nicht nur internationale, sondern auch staatliche Strafgerichte, und zwar unterschiedslos, zu einer unmittelbaren Anwendung der materiellrechtlichen Vorschriften des Völkerstrafrechts berufen sein sollten.112 Im Laufe der Entwicklung des Völkerstrafrechts ergab sich jedoch, nicht zuletzt aufgrund der von kontinentaleuropäischer Seite vorgebrachten rechts-technischen Schwierigkeiten bei der unmittelbaren Anwendung des Völkerstrafrechts durch staatliche Strafgerichte, eine Differenzierung zwischen zwei verschiedenen Durchsetzungsmodellen. Das erste Modell wird als sog. indirect enforcement model bezeichnet. Es entspricht der Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch staatliche Strafgerichte. Das zweite, das sog. direct enforcement model, bezieht sich auf die Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch internationale Strafgerichte.113

B. Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch staatliche Strafgerichte, sog. indirect enforcement model Im Falle der Anwendung des Völkerstrafrechts durch staatliche Strafgerichte bestehen weitgehende dogmatische Unterschiede zwischen dem kontinentaleuropäischen und dem angloamerikanischen Rechtskreis. I. Kontinentaleuropäischer Rechtskreis Prägend für die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen ist der Rechtsgrundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege. Dieser in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen, wenn auch in den verschiedenen Rechtsordnungen nicht durchgehend in gleicher Weise verankerte Rechtsgrundsatz weist in seiner reinsten Form vier einzelne Elemente auf, die sich sowohl auf die rechtliche

112

Ipsen, Völkerrecht, § 42 Rdnr. 12. Vgl. u. a. Bassiouni et al., International Criminal law, S. 8; Jescheck, Vorbereitung des XIV. Internationalen Strafrechtskongresses der AIDP, S. 250 f.; Seidel/Stahn, Statut des Weltstrafgerichtshofs, S. 14; Tallgren, Notion of Complementarity, S. 112 f.; Triffterer, Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 246 ff. 113

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

Ausgestaltung der tatbestandlichen Voraussetzungen als auch auf die Rechtsfolgen kriminellen Unrechts beziehen.114 Das erste Element nullum crimen, nulla poena sine lege praevia bestimmt, daß die Strafbarkeit einer Tat gesetzlich bestimmt sein muß, bevor die Tat begangen wird. Insofern wird also das Verbot einer Rückwirkung von Strafgesetzen garantiert. Zweitens ergibt sich aufgrund des Elementes nullum crimen, nulla poena sine lege scripta, daß als Strafgesetze nur solche Normen in Betracht kommen, die geschriebenem Recht zuzuordnen sind. Das Gewohnheitsrecht eignet sich damit nicht zur Begründung einer Strafbarkeit. Drittens muß ein Strafgesetz die kriminalisierte Tat und deren Folgen mit hinreichender Bestimmtheit beschreiben, nullum crimen, nulla poena sine lege certa. Letztlich ist es aufgrund des vierten Elementes des Rechtssatzes nullum crimen, nulla poena sine lege stricta auch verwehrt, die Strafbarkeit im Wege einer Analogie zu begründen, sog. Analogieverbot. Eine unmittelbare Anwendung völkerstrafrechtlicher Tatbestände durch die staatliche Strafgerichtsbarkeit des kontinentaleuropäischen Rechtskreises läßt sich nur schwerlich mit dem Rechtsgrundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege in Einklang bringen. So fehlen völkerstrafrechtlichen Normen zunächst konkrete Strafandrohungen. Das Element nulla poena sine lege bleibt also gänzlich unberücksichtigt.115 Darüber hinaus sind völkerstrafrechtliche Tatbestände bislang vornehmlich dem Völkergewohnheitsrecht zuzurechnen, so daß insbesondere die Gefahr einer Kollision mit den Erfordernissen des Rechtsgrundsatzes wegen seiner Ausformungen im Sinne nullum crimen, nulla poena sine lege scripta bzw. certa besteht.116 Für die Bundesrepublik Deutschland kommt dem Rechtsgrundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege sogar Verfassungsrang zu, Art. 103 Abs. 2 GG. Nach Art. 103 Abs. 2 GG bedürfen selbst solche völkerstrafrechtlichen Normen, denen die Qualität allgemeiner Regeln des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG zukommt, ausnahmslos einer Transformation in eine staatliche Strafrechtsnorm. Eine unmittelbare Anwendung strafbegründender Normen des Völkerrechts parallel zu deutschen Strafvorschriften ist somit für die staatlichen Strafgerichte von vornherein ausgeschlossen.117 Diese Rechtslage entspricht auch anderen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen.118 114 Vgl. zu den vier Elementen des Rechtsgrundsatzes nullum crimen, nulla poena sine lege u. a. Schönke/Schröder-Eser, Strafgesetzbuch, § 1 Rdnr. 6 ff. 115 Vgl. zu den Schwierigkeiten einer Harmonisierung zwischen dem Rechtsgrundsatz nulla poena sine lege und dem Völkerstrafrecht: Schabas, Nulla Poena Principle: National Practice and the Ad hoc Tribunals, S. 530 ff.; ders., Sentencing by International Tribunals, S. 468 ff. 116 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 268 f. 117 Jescheck/Weigend, Strafrecht-AT, S. 119; Wilkitzki, Die völkerrechtlichen Verbrechen und das staatliche Strafrecht, S. 461. 118 Vgl. u. a. Vandermeersch, Répression en Droit Belge des Crimes de Droit International, S. 145 ff.

3. Kap.: Durchsetzungsmechanismen des (materiellen) Völkerstrafrechts

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Im kontinentaleuropäischen Rechtskreis kann den staatlichen Strafgerichten folglich nur mittelbar die Funktion eines Vollzugsorgans materiellen Völkerstrafrechts zukommen. Ein staatliches Strafgericht kann somit lediglich staatliches Strafrecht anwenden, das materiellrechtlich gesehen transformiertes Völkerstrafrecht darstellt.119 Eine in das staatliche Strafrecht transformierte Norm des Völkerstrafrechts ist aber formell einer anderen Rechtsquelle zuzuordnen, denn durch die Transformation verliert die völkerrechtliche Norm auch ihre Rechtsnatur. Im Falle der strafgerichtlichen Aburteilung einer Tat aufgrund dieser transformierten Norm, handelt es sich also ausschließlich um die Anwendung staatlichen Strafrechts und somit letztlich auch um die Realisierung eines staatlichen, nicht aber eines völkerstrafrechtlichen Strafanspruchs. Im Ergebnis sind damit kaum Unterschiede zwischen der Strafverfolgung der Weltverbrechen und der völkerrechtlichen Verbrechen festzustellen.120 Aufgrund des erga omnes Charakters zumindest solcher völkerrechtlicher Verbrechen, die dem Kernbereich des materiellen Völkerstrafrechts zuzurechnen sind, wird ein Staat jedoch zur Anwendung des Weltrechtsprinzips im Hinblick auf den transformierten Straftatbestand, auch ohne eine ausdrückliche völkervertragliche Bestimmung, als ermächtigt, und zwar per se als ermächtigt angesehen.121 Die staatliche Strafverfolgung von Weltverbrechen aufgrund des Weltrechtsprinzips bedarf insoweit hingegen einer ausdrücklichen völkervertraglichen Festlegung. II. Angloamerikanischer Rechtskreis Im angloamerikanischen Rechtsraum läßt sich grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Rechtsmassen des staatlichen Strafrechts unterscheiden. Zum einen existiert das sog. statute law. Dabei handelt es sich um das auf der Grundlage eines formellen Rechtserzeugungsprozesses durch das Gesetzgebungsorgan geschaffene geschriebene Strafrecht. Zum anderen gibt es das common law, das als Gewohnheitsrecht bzw. Richterrecht nicht-kodifiziertes Strafrecht darstellt.122 Das common law beruht meist als sog. case law auf Entscheidungen höherer Gerichte, sog. precedents, die für untere Gerichte bindend sind, sog. Doktrin der stare decisis.123 Wenn auch in den letzten Jahrzehnten weite Teile des common law kodifiziert wurden und somit das statute law gegenüber dem 119 Jescheck, Entwicklung des internationalen Strafrechts, S. 56; Triffterer, Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 212. 120 Triffterer, Entwicklung des materiellen Völkerstrafrechts, S. 178; vgl. oben 1. Kapitel, C. IV. 2. 121 Bassiouni, International Crimes: Jus Cogens and Obligatio Erga Omnes, S. 66; ders., Réprimer des Crimes Internationaux, S. 41. 122 Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 266; vgl. Hay, U.S.-Amerikanisches Recht, S. 1 ff. 123 Vgl. Ehrenzweig, Common Law, S. 147 f.; Schmid, Strafverfahren und Strafrecht in den Vereinigten Staaten, S. 24 f.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

common law stetig an Bedeutung gewann, so verblieb dem common law dennoch eine Bedeutung für solche Rechtsbereiche, die von dieser Entwicklung noch nicht erfaßt wurden, oder in seiner Funktion als Interpretationshilfe oder Rechtsfortbildung des geschriebenen Rechts im Sinne des Richterrechts.124 Betrachtet man die Konzeption des common law, so wird deutlich, daß es dem angloamerikanischen Rechtsdenken zumindest nicht fremd ist, wenn die Strafbarkeit einer Person nicht auf ein formelles Strafgesetz gestützt wird, sondern auf ungeschriebene, aus Präzedentien und aus der rechtlichen Weiterentwicklung des positiven Rechts sich ergebende strafrechtliche Tatbestände.125 Auch der Rechtsgrundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege existiert im angloamerikanischen Rechtskreis nicht in der Form wie er der kontinentaleuropäischen Rechtsfamilie eigen ist, sondern findet seine Anerkennung vor allem im Verbot des ex post facto law. Dadurch ergibt sich jedoch lediglich das Verbot einer Rückwirkung i. S. d. nullum crimen sine lege praevia.126 Vor diesem dogmatischen Hintergrund erscheint es somit nicht ausgeschlossen, daß staatliche Strafgerichte mittels des sog. common law mitunter auch völkerstrafrechtliche Tatbestände unmittelbar aus dem Völkerrecht, d.h. ohne ein Dazwischentreten des staatlichen Gesetzgebers, anwenden.127 Vereinzelt wird im Hinblick auf den angloamerikanischen Rechtskreis deshalb auch nicht von einer Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts mittels des indirect enforcement model gesprochen, sondern von einer Durchsetzung mittels des direct enforcement model.128 Die neuere Entwicklung der angloamerikanischen Strafrechtsdogmatik zeigt jedoch, daß zumindest neue Straftatbestände nunmehr ausschließlich auf der Grundlage des statute law entstehen können, das common law insoweit also als nicht ausreichend erachtet wird.129 Eine unmittelbare Anwendung sämtlicher, d.h. einschließlich sich neu entwickelnder Straftatbestände des materiellen Völkerstrafrechts erscheint damit auch für die staatlichen Strafgerichte des angloamerikanischen Rechtskreises problematisch. Außerdem knüpft das common law grundsätzlich nur an das Territorialitätsprinzip an.130 Soweit demnach ein Sachverhalt mit extraterritorialem Bezug vorliegt, bedarf es zwangsläufig einer 124 Liebscher, Amerikanisches Strafrecht, S. 43; Waldron et al., Criminal Justice System, S. 9 f. 125 Ashworth, Sanktionenrecht – England, S. 465. 126 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 278; Glaser, Gesetzlichkeit im Völkerstrafrecht, S. 176. 127 Oehler, Internationales Strafrecht – Geltungsbereich des Strafrechts, Rdnr. 2 und 994 ff.; Triffterer, Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 246 ff.; Villalpando, L’Affaire Pinochet, S. 403; vgl. Paulus, Triumph und Tragik des Völkerstrafrechts, S. 2645 m. w. N.; vgl. zur Vertiefung der Thematik: O’Keefe, Customary International Crimes in English Courts, S. 293 ff. m. w. N. 128 Triffterer, Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 246; ders., Commentary on the Rome Statute, Part I Preliminary Remarks, Rdnr. 49 f. 129 Schmid, Strafverfahren und Strafrecht in den Vereinigten Staaten, S. 26 m. w. N.; Watzek, Rechtfertigung und Entschuldigung im englischen Strafrecht, S. 20 f. m. w. N.

3. Kap.: Durchsetzungsmechanismen des (materiellen) Völkerstrafrechts

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entsprechenden gesetzlichen Bestimmung im Sinne des statute law, um die Tat verfolgen zu können.131 Deshalb wird insoweit auch in diesem Rechtskreis mittlerweile für erforderlich gehalten, daß das völkerrechtliche Verbrechen zuvor in Form des statute law in das staatliche Strafrecht transformiert wurde.132 Auch die Praxis zeigt, daß Verurteilungen völkerrechtlicher Verbrechen durch staatliche Strafgerichte des angloamerikanischen Rechtskreises nur dann stattfanden bzw. stattfinden, wenn eine entsprechende Strafbestimmung in das staatliche Strafrecht mittels des statute law transformiert wurde.133 Entsprechende Gesetze wurden demzufolge in vielen Staaten der angloamerikanischen Rechtsfamilie mittlerweile erlassen.134 III. Gesamtbetrachtung Trotz erheblicher dogmatischer Unterschiede zwischen den beiden großen Rechtsfamilien hat sich gezeigt, daß die Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch staatliche Strafgerichte grundsätzlich eine Transformation der jeweiligen Norm in das staatliche Strafrecht bedingt. Dies rechtfertigt die Bezeichnung indirect enforcement model im Hinblick auf beide Rechtskreise. Dem indirect enforcement model ist es zu eigen, daß im Ergebnis eine Verquickung des jeweiligen staatlichen Strafrechts und des Völkerstrafrechts unvermeidbar erscheint. Je nach der Ausgestaltung der Transformationsnorm bleiben weite Teile des Allgemeinen Teils des staatlichen Strafrechts, wie beispielsweise allgemeine Grundsätze der Beteiligung und der Rechtfertigung, anwendbar.135 Eine einheitliche Anwendung des Völkerstrafrechts durch die Strafgerichte verschiedener Strafrechtsordnungen ist somit von vornherein ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine einheitliche Strafzumessung. Auch für 130 Shachor-Landau, Extra-Territorial Penal Jurisdiction, S. 294; vgl. zu den rechtshistorischen und -philosophischen Hintergründen: Hirsch-Ballin, Territoriality Principle, S. 278 ff. 131 van den Wyngaert, War Crimes, Genocide and Crimes against Humanity – National Prosecutions, S. 230. 132 Triggs, National Prosecutions of War Crimes, S. 188. 133 Komarow, Individual Responsibility under International Law, S. 26 m. w. N. 134 Australien: War Crimes Act, 1945; War Crimes Amendment Act 1988, vgl. Triggs, Australia’s War Crimes Trials, S. 127 ff. – Großbritannien: Geneva Conventions Act 1957, vgl. Beckett, UK Domestic Implementation of the Geneva Conventions, S. 210 ff.; Genocide Act 1969; War Crimes Act 1991, vgl. Greenwood, War Crimes Act 1991, S. 215 ff.; vgl. zum britischen Recht insgesamt: Marschik, European National Approaches to War Crimes, S. 87 ff. – Kanada: Criminal Code Amendment Act 1987, vgl. Williams, Prosecution of War Criminals in Canada, S. 159 ff. – USA: War Crimes Act 1996; War Crimes Act Amendment 1997, vgl. Zaid, US War Crimes Act of 1996, S. 331 ff. 135 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 269; Green, International Crimes, S. 571.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

verfahrensrechtliche Fragen gilt im Falle des indirect enforcement model ausschließlich das staatliche Strafverfahrensrecht. Die Entwicklung völkerrechtlicher Normen zur Vereinheitlichung formellrechtlicher Aspekte für die Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch staatliche Strafgerichte steht noch aus. Bis zur Errichtung des ICTY wurde von der Völkerrechtswissenschaft weitgehend ein Scheitern des indirect enforcement model beklagt.136 Die Bereitschaft der Staaten entsprechende Transformationsnormen im Hinblick auf Straftatbestände des Völkerstrafrechts zu erlassen und aufgrund des Weltrechtsprinzips unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Täters und des Tatorts für anwendbar zu erklären, war gering.137 Daneben blieben Verstöße gegen das materielle Völkerstrafrecht auch aus politischen Gründen aufgrund einer Amnestierung entsprechender Taten oder aber schlichter Untätigkeit staatlicher Strafverfolgungsorgane unbestraft.138 Seit der Errichtung des ICTY hat allerdings auch dieses Modell neue Impulse erfahren, was insbesondere dazu führte, daß Balkankriegsverbrechen auch von Staaten außerhalb des Territoriums des ehemaligen Jugoslawiens strafrechtlich verfolgt wurden bzw. werden.139

C. Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch internationale Strafgerichte, sog. direct enforcement model Im Falle der Anwendung materiellen Völkerstrafrechts durch internationale Strafgerichte ergeben sich kaum nennenswerte dogmatische Unterschiede zwischen angloamerikanischen und kontinentaleuropäischen Rechtsauffassungen. Soweit internationale Strafgerichte fungieren, werden also auch von kontinentaleuropäischer Seite keine Einwände im Zusammenhang mit dem Rechtsgrundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege geltend gemacht.140 Internationalen Strafgerichten wird damit übereinstimmend die Funktion des unmittelbaren Vollzugsorgans für das materielle Völkerstrafrecht zuerkannt, sog. direct enforcement model. Das direct enforcement model zeichnet sich dadurch aus, daß es grundsätzlich zu keiner Verquickung staatlicher und völkerrechtlicher Normen kommt. Sowohl das gesamte materielle als auch das formelle Recht, insbe136

Vgl. insbesondere Cassese, Criminal Prosecution and Punishment, S. 5 f. Van den Wyngaert, War Crimes, Genocide and Crimes Against Humanity – National Prosecutions, S. 230 f. 138 Vgl. Ambos, Straflosigkeit und Völkerstrafrecht, S. 251 ff. 139 Meron, Is International Law Moving Towards Criminalization?, S. 27 f.; vgl. insbesondere zur Praxis in Deutschland: Ambos, Deutsche Verfolgung von Kriegsverbrechen, S. 226 ff.; Bungenberg, Extraterritoriale Strafrechtsanwendung, S. 170 ff.; Fischer, German State Practice concerning IHL, S. 380 ff.; van Heeck, Anwendbarkeit deutschen Strafrechts auf Balkankriegsverbrechen, S. 27 ff. 140 Vgl. oben 1. Kapitel, C. IV. 1. 137

3. Kap.: Durchsetzungsmechanismen des (materiellen) Völkerstrafrechts

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sondere das Strafverfahrensrecht gehören ausschließlich dem Völkerrecht an. In Abgrenzung zum indirect enforcement model ergibt sich im Falle der Durchsetzung materiellen Völkerstrafrechts durch internationale Strafgerichte insoweit ein komplementäres Gegenüber von materiellrechtlichen und formellrechtlichen Vorschriften des Völkerstrafrechts. Das Völkerstrafrecht stellt also im Hinblick auf das direct enforcement model eine eigenständige Strafrechtsordnung dar, in der materielle und formelle Rechtsnormen in einem notwendigen Ergänzungsverhältnis zueinander stehen.

D. Ausblick Mit der Errichtung des ICC soll dem direct enforcement model nun endgültig der Durchbruch gelingen. Dennoch darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch in Zukunft staatlichen Strafgerichten und somit dem indirect enforcement model erhebliche Bedeutung zukommen wird. Bereits aus tatsächlichen Gründen, d.h. aufgrund der beschränkten personellen und finanziellen Ressourcen, wird der ICC nicht in der Lage sein, sämtliche weltweit begangene Verstöße gegen das materielle Völkerstrafrecht zu verfolgen. Auch in rechtlicher Hinsicht ergibt sich auf der Grundlage des ICC-Statuts, daß staatlichen Strafgerichten und somit dem indirect enforcement model weiterhin erhebliche Bedeutung beigemessen wird. So soll der ICC nach dem im Statut verankerten Komplementaritätsprinzip grundsätzlich nur dann tätig werden, soweit eine ernsthafte Strafverfolgung auf staatlicher Ebene aufgrund entsprechender Unfähigkeit oder aufgrund mangelnden Willens unterbleibt.141 Es ist zu erwarten, daß sich mit dem Inkrafttreten des ICC-Statuts die Unterschiede zwischen beiden Modellen relativieren. Viele Staaten beabsichtigen, die materiellrechtlichen Normen des ICC-Statuts in Form eines staatlichen „Kriegsstrafgesetzbuches“ komplett oder zumindest in weiten Teilen zu übernehmen.142 Dann wird es den staatlichen Strafgerichten möglich sein, wenn schon nicht Völkerstrafrecht unmittelbar, so aber zumindest in materiellrechtlicher Hinsicht weitgehend identisches staatliches Strafrecht anzuwenden.143

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Vgl. dazu unten 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. 1. Vgl. für Deutschland: Gesetz zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BGBl. 2002 I, S. 2254 ff.; dazu Kreß, Nutzen eines deutschen Völkerstrafgesetzbuches, S. 1 ff.; Zimmermann, Weg zu einem deutschen Völkerstrafgesetzbuch, S. 97 ff.; Werle/Nerlich, Strafbarkeit von Kriegsverbrechen nach deutschem Recht, S. 124 ff.; vgl. für Großbritannien: O’Keefe, Customary International Crimes in English Courts, S. 297 f.; vgl. für die Niederlande: Swaak-Goldman, Developments in International Law, S. 698 m. w. N. 143 Hermsdörfer, Anpassungsbedarf des deutschen Strafrechts an das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 22 ff.; Meron, Crimes under the jurisdiction of the ICC, S. 48; Schabas, Preparing for Entry into Force of the ICC Statute, S. 160. 142

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

4. Kapitel

Internationale Strafgerichte Im folgenden Kapitel wird die Entwicklung der internationalen Strafgerichtsbarkeit dargestellt. Es ist zwischen den internationalen Strafgerichten des historischen Völkerstrafrechts, wie den Internationalen Militärgerichtshöfen von Nürnberg und Tokio, und den internationalen Strafgerichten des modernen Völkerstrafrechts, wie den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen und dem Internationalen Strafgerichtshof nach dem Römischen Statut zu unterscheiden.

A. Internationale Strafgerichte des historischen Völkerstrafrechts Ein erster praktischer Ansatz für die Errichtung eines internationalen Strafgerichts findet sich nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Im Jahre 1919 einigten sich die Delegierten der 27 Siegerstaaten auf der Friedenskonferenz in Paris auf den Abschluß des Versailler Friedensvertrages.144 Dieser sah die Gründung eines Tribunals, zusammengesetzt aus je einem Richter aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan, vor. Dieses internationale Strafgericht sollte zur Aburteilung des deutschen Kaisers Wilhelm II. von Hohenzollern wegen des Verbrechens gegen die internationale Moral und gegen die Heiligkeit der Verträge berufen sein. Zusätzlich sollten, soweit Personen Kriegsverbrechen gegen Staatsangehörige mehrerer Alliierter begangen haben, durch die jeweils betroffenen Alliierten internationale Militärtribunale zum Zweck entsprechender Strafverfolgung gegründet werden.145 Diese ersten Ansätze der Schaffung einer internationalen Strafgerichtsbarkeit zur Aburteilung völkerrechtlicher Verbrechen scheiterten jedoch zum einen mangels Auslieferung des Kaisers durch die Niederlande sowie der übrigen Personen durch das Deutsche Reich.146 Man verständigte sich darauf, daß das Deutsche Reich die Verfahren selbst durchführen sollte. Dies führte zu den sog. Leipziger Prozessen.147 Auch der Friedensvertrag mit der Türkei,148 der am 10. August 1920 in Sèvres angenommen wurde, sah die Gründung eines internationalen Militärtribunals zur Aburteilung von Kriegsverbrechen vor. Die Zusammensetzung der Richter144 Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919, RGBl. 1919, S. 687 ff.; Treaty of Peace with Germany, June 28, 1919, AJIL Suppl. 13 (1919), S.150 ff.; vgl. Lansing, Peace Conference, S. 644 ff.; von Puttkamer, Versailles Peace Treaty, S. 1277 ff. 145 Vgl. Garner, Punishment of Offenders, S. 70–94. 146 Vgl. Niehoff, Normen des Völkerstrafrechts, S. 22 f. 147 Vgl. Ahlbrecht, Völkerrechtliche Strafgerichtsbarkeit, S. 41 ff. m. w. N. 148 Treaty of Peace between the Allied and Associated Powers and Turkey, August 10, 1920, AJIL Suppl. 15 (1921), S. 1 ff.

4. Kap.: Internationale Strafgerichte

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schaft sollte sich auch hier nach der Staatsangehörigkeit der jeweils betroffenen Tatopfer richten. Doch auch dieser Versuch, eine internationale Strafgerichtsbarkeit zu etablieren, scheiterte schließlich aufgrund der am 24. Juli 1923 vorgenommenen Amnestiedeklaration durch die Alliierten auf der Staatenkonferenz in Lausanne.149 I. Der Internationale Militärgerichtshof Nürnberg Die erste praktische Umsetzung einer Strafverfolgung auf internationaler Ebene erfolgte durch die Einsetzung des Internationalen Militärgerichtshofs bzw. Militärtribunals von Nürnberg (IMT). Bereits im Oktober 1942 war unter Beteiligung von 17 Staaten die United Nations War Crimes Commission (UNWCC) entstanden, die zum Zweck einer späteren Strafverfolgung begangene Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit dokumentieren sollte.150 In der Moskauer Deklaration vom 30. Oktober 1943 erklärten die Außenminister Großbritanniens, der Sowjetunion und der USA ihre Absicht, deutsche Kriegsverbrecher dem jeweiligen Tatortstaat zum Zweck strafrechtlicher Verfolgung zuzuführen. Im Hinblick auf die Hauptkriegsverbrecher, für deren Verbrechen ein geographisch bestimmbarer Ort nicht vorhanden war, unterzeichneten die USA, Großbritannien, die Sowjetunion und Frankreich nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges sodann das Londoner Viermächte-Abkommen vom 8. August 1945 über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der Europäischen Achse.151 Dem Abkommen war das Statut für den Internationalen Militärgerichtshof152 (IMT-Statut) angefügt. Bis zur Beendigung des Prozesses traten dem Abkommen 19 weitere Staaten bei. Das Deutsche Reich wurde allerdings nicht Vertragspartei, was dazu führte, daß sich ein gewisser Widerspruch zum völkerrechtlichen Prinzip des pacta tertiis nec prosunt nec nocent ergab.153 Insbesondere deshalb wurde das IMT von einigen Autoren des damaligen Schrifttums nicht als internationales Strafgericht, sondern als Besatzungsgericht bezeichnet.154 Von anderen Autoren wurde dem entgegengehal149 Treaty with Turkey and other Instruments Signed at Lausanne, July 24, 1923, AJIL Suppl. 18 (1924), S. 92 ff. 150 Vgl. zu dieser Kommission Jescheck, Verantwortlichkeit nach Völkerstrafrecht, S. 128 m. w. N.; Schwelb, Work of the UNWCC, S. 363 ff. 151 Londoner Viermächte-Abkommen vom 8. August 1945 (Londoner Abkommen), abgedruckt in: IMT-Band I, S. 7–9. 152 Statut für den Internationalen Militärgerichtshof, abgedruckt in: IMT-Band I, S. 10–18. 153 Dahm, Problematik des Völkerstrafrechts, S. 18; Jescheck, Verantwortlichkeit nach Völkerstrafrecht, S. 151. 154 Jescheck, Die Verantwortlichkeit der Staatsorgane nach Völkerstrafrecht, S. 156 und S. 283 f.; Kaufmann, Aburteilung von Kriegsverbrechen, S. 126 ff.; vgl. Jung, Rechtsprobleme der Nürnberger Prozesse, S. 109 ff. m. w. N.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

ten, die Bezeichnung als internationales Strafgericht rechtfertige sich bereits daraus, daß Errichtung und Zuständigkeit des IMT auf einer völkerrechtlichen Rechtsquelle, nämlich dem Londoner Abkommen beruhten155 bzw. daß das IMT ausschließlich auf der Grundlage des Völkerrechts, d.h. des materiellen Völkerstrafrechts urteilte.156 Im Schrifttum neuerer Zeit folgte man diesem Begriffsverständnis.157 Der Gerichtshof bestand aus je einem Richter der vier Signatare, Art. 1 IMTStatut. Die Anklage war dem Ausschuß für die Untersuchung von Kriegsverbrechen und die Verfolgung von Hauptkriegsverbrechern überantwortet. Dieser Ausschuß setzte sich aus vier Generalstaatsanwälten zusammen, die jeweils von einem der Signatare ernannt wurden. Die mangelnde Beteiligung von Richtern oder Anklägern noch weiterer Staatsangehörigkeiten nährte im damaligen Schrifttum wiederum Bedenken hinsichtlich der Internationalität des IMT.158 Selbst im ersten Jahresbericht des ICTY wurden diese Bedenken aufgegriffen: „First, unlike the Nürnberg and Tokyo Tribunals, the Tribunal is truly international. It has rightly been stated that the Nürnberg and Tokyo Tribunals were multi-national tribunals, but not international tribunals in the strict sense, in that they represented only one segment of the world community: the victors. (. . .) By contrast, the Tribunal is not the organ of a group of States; it is an organ of the whole international community. The judges of the Tribunal come from all parts of the world, bringing with them the breadth of vision and experience needed for this complex task. The Tribunal is not bound by national rules either to its procedure or its jurisdiction. Even the Detention Unit where persons will be held while awaiting trial is international in nature and is not within the control and supervision of the host State.“159

Der Jurisdiktion des Gerichts unterlagen vier Straftatbestände: Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Organisationsverbrechen, Art. 6 IMT-Statut.160 Schwierig erschien es, we155 Vgl. insbesondere die Kritik von Dahm, Problematik des Völkerstrafrechts, S. 17 ff. 156 Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortung im Völkerrecht, S. 160; Kraus, Kontrollratsgesetz Nr. 10, S. 18; Woetzel, Nuremberg Trials, S. 97 ff.; vgl. zu weiteren Literaturhinweisen insbesondere der ausländischen Völkerrechtswissenschaft: Meyrowitz, Répression par les Tribunaux Allemands, S. 187 ff. 157 Vgl. Bassiouni, Vermächtnis von Nürnberg, S. 18 f.; Fastenrath, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 632; Ferencz, International Criminal Court, S. 1123 ff. (1124); Niehoff, Normen des Völkerstrafrechts, S. 39; Rigaux, Internationale Tribunale nach den Nürnberger Prozessen, S. 142 ff. 158 Vgl. Descheemaeker, Tribunal Militaire International, S. 218; Kaufmann, Aburteilung von Kriegsverbrechen, S. 132; Merle, Procès de Nuremberg, S. 88; Pompe, Aggressive War and International Crime, S. 240 ff.; Sottile, Création d’une Cour Pénale Internationale Permanente, S. 22 ff.; Woetzel, Nuremberg Trials, S. 57. 159 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 10. 160 Vgl. zu den Straftatbeständen: Finch, Nuremberg Trial, S. 20–37.

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gen der erstmaligen Verurteilung eines Individuums aufgrund materiellen Völkerstrafrechts bereits die völkergewohnheitsrechtliche Geltung der Straftatbestände zu begründen und Einwänden aufgrund des Rechtsgrundsatzes nullum crimen, nulla poena sine lege bzw. des Verbots des ex post facto law zu begegnen. Im Urteil des Internationalen Militärtribunals heißt es: „Das Statut ist keine willkürliche Ausübung der Macht seitens der siegreichen Nationen, sondern ist nach Ansicht des Gerichts, wie noch gezeigt werden wird, der Ausdruck des zur Zeit der Schaffung des Statuts bestehenden Völkerrechts, und insoweit ist das Statut selbst ein Beitrag zum Völkerrecht.“161

Die Richter argumentierten also, daß die Straftatbestände gerade in der Entstehung begriffenes Völkergewohnheitsrecht darstellten.162 Das Verfahren gegen 24 bedeutende Nazikriegsverbrecher, unter anderem gegen Göring, Heß und von Ribbentrop, begann am 18. November 1945 und endete am 1. Oktober 1946. Es ergingen 12 Todesurteile, siebenmal wurden Freiheitsstrafen verhängt.163

II. Der Internationale Militärgerichtshof für den Fernen Osten Eine weitere Etappe für die Entwicklung der internationalen Strafgerichtsbarkeit war das Verfahren des Internationalen Militärgerichtshofs bzw. Militärtribunals für den Fernen Osten (IMTFE). Dieses Verfahren diente der Strafverfolgung der Kriegsverbrechen, die von Japan auf dem asiatischen Kriegsschauplatz begangen wurden.164 Bereits vor Ende des Krieges mit Japan äußerten die Vereinigten Staaten, Großbritannien und China in einer Proklamation am Rande der Potsdam-Konferenz vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 die Absicht, japanische Kriegsverbrecher strafrechtlich zu verfolgen.165 Die Sowjetunion schloß sich dem nachträglich an. Japan akzeptierte dies ausdrücklich in seiner Kapitulationsurkunde vom 2. September 1945.166 Auf der Moskau-Konferenz vom 16. bis zum 26. Dezem161

Urteil des IMT, abgedruckt in: IMT-Band I, S. 189–386 (244). Ferencz, Weg zu einem Internationalen Strafgerichtshof, S. 81. 163 Vgl. Tabelle der Strafaussprüche, IMT – Band I, S. 414; Kastner, Nürnberger Prozeß, S. 809 f. 164 Vgl. zum IMTFE insbesondere: Cassese/Röling, Tokyo Trial, S. 78 ff.; Horwitz, The Tokyo Trial, S. 473 ff.; Ipsen, Das Tokyo Trial im Lichte des seinerzeit geltenden Völkerrechts, S. 505–516; ders., Review of the Main Legal Aspects of the Tokyo Trial, S. 37–45. 165 Proclamation Defining Terms for Japanese Surrender, July 26, 1945, abgedruckt in: Department of State Bulletin, Vol. XIII, No. 318 (July 29, 1945, p. 137). 166 Vgl. Kapitulationsurkunde vom 2. September 1945, abgedruckt in: AJIL Suppl. 39 (1945), S. 264 ff. 162

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

ber 1945167 einigten sich die oben genannten Siegerstaaten darauf, den amerikanischen General MacArthur als Oberbefehlshaber der Alliierten in Japan zur Ausarbeitung der rechtlichen Grundlagen für die strafrechtliche Verfolgung zu ermächtigen.168 Dieser proklamierte am 19. Januar 1946 die Einsetzung und das Statut des IMTFE in Form eines ausführenden Befehls.169 Um jedoch stärker den internationalen Charakter der Strafverfahren zu gewährleisten und dem Vorwurf einseitiger amerikanischer Intervention zu entgehen, beschäftigte sich im folgenden die Kommission für den Fernen Osten, Far Eastern Commission, in der insgesamt elf Staaten repräsentiert waren, mit dem Statut und erarbeitete einige Änderungsvorschläge.170 Im Vergleich zum Statut, das zuvor von General MacArthur erlassen wurde, erfolgte insbesondere eine Änderung der Richterwahl. Entsprechend den der Kommission für den Fernen Osten zugestandenen Befugnissen171 wurde dieser Statutsentwurf in Gestalt einer Richtlinie am 23. April 1946 durch die USA an den Oberbefehlshaber in Japan, General MacArthur, weitergeleitet, der daraufhin ebenfalls in Form eines ausführenden Befehls das ursprüngliche Statut gemäß den Vorschlägen der Kommission berichtigte.172

167 Interim Meeting of Foreign Ministers of the United States, The United Kingdom, and the Union of Soviet Socialist Republics, Moscow, December 16–26, 1945, Report, abgedruckt in: U.S. Department of State Bulletin, Vol. XIII, No. 340 (December 27, 1945, p. 1027 ff.). 168 Im Report zur Moskau Konferenz vom 16.–26. Dezember 1945, a. a. O., heißt es: „The following agreement was also reached, with the concurrence of China: (. . .) The Supreme Commander shall issue all orders for the implementation of the Terms of Surrender, the occupation and control of Japan, and directives thereto. In all cases action will be carried out under and through the Supreme Commander who is the sole executiveauthority for the Allied Powers in Japan.“ 169 General Orders No. 1, General Headquarters, Supreme Commander for the Allied Powers, 19 January 1946, Special Proclamation – Establishment of an International Military Tribunal for the Far East, abgedruckt in: Pritchard/Zaide, Tokyo War Crimes Trial – Vol. I, S. 1 f. 170 Im Report zur Moskau-Konferenz vom 16.–26. Dezember 1945, a. a. O., wird ausgeführt: „A Far Eastern Commission is hereby established composed of the representatives of the Union of Soviet Socialist Republics, United Kingdom, United States, China, France, the Netherlands, Canada, Australia, New Zealand, India, and the Philippine Commonwealth.“ 171 Im Report zur Moskau-Konferenz vom 16.–26. Dezember 1945, a. a. O., heißt es: „The functions of the Far Eastern Commission shall be: To formulate the policies, principles, and standards in conformity with which the fulfillment by Japan of its obligations under the Terms of Surrender may be accomplished. (. . .) The United States Government shall prepare directives in accordance with policy decisions of the Commission and shall transmit them to the Supreme Commander through the appropriate United States Government agency. The Supreme Commander shall be charged with the implementation of the directives which express the policy decisions of the Commission.“ 172 General Orders No. 20, General Headquarters, Supreme Commander for the Allied Powers, 26 April 1946, Special Proclamation – Establishment of an International

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Das Statut des IMTFE ähnelt in weiten Teilen dem Statut des IMT. In materiellrechtlicher Hinsicht sollte das Gericht über Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit befinden.173 Das Organisationsverbrechen fand allerdings keine Berücksichtigung mehr. Die Richterschaft bestand bei diesem internationalen Strafgericht aus elf Personen, die jeweils auf Vorschlag der Regierungen von Australien, Kanada, China, Frankreich, Großbritannien, Indien, den Niederlanden, Neuseeland, den Philippinen, der Sowjetunion und den USA vom Oberbefehlshaber ernannt wurden. Auch der Hauptankläger wurde durch den Oberbefehlshaber bestimmt. Die einzelnen Staaten waren lediglich befugt, einen untergeordneten Ankläger zu entsenden. Insgesamt wurden in dem vom 3. Mai 1946 bis zum 12. November 1946 dauernden Verfahren 28 Personen von hohem militärischen oder politischen Rang angeklagt. Da zwei Angeklagte verstarben und einer wegen Krankheit ausschied, ergingen letztendlich 25 Urteile, von denen sieben die Todesstrafe, sechzehn lebenslängliche Freiheitsstrafen und zwei zeitige Freiheitsstrafen aussprachen.174

B. Internationale Strafgerichte des modernen Völkerstrafrechts Nach Beendigung der Verfahren durch die Internationalen Militärgerichtshöfe von Nürnberg und Tokio erfolgte über eine Zeitspanne von ca. 48 Jahren keine weitere Errichtung eines internationalen Strafgerichts. Erst in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts setzt sich nicht zuletzt als Folge der Beendigung des Kalten Krieges und der damit einhergehenden Überwindung der Blockgegensätze die Staatenpraxis hinsichtlich der Errichtung internationaler Strafgerichte fort.175

Military Tribunal for the Far East, in: Pritchard/Zaide, Tokyo War Crimes Trial – Vol. I, S. 3–9. 173 Artikel 5 des Tokio-Statuts, abgedruckt in: Pritchard/Zaide, Tokyo War Crimes Trial – Vol. I, S. 4. 174 Vgl. Tabelle der Strafaussprüche in: Pritchard/Zaide, Tokyo War Crimes Trial – Vol. XXII. 175 Vgl. zur völkerrechtspolitischen Entwicklung: Kreß, Staat und Individuum in Krieg und Bürgerkrieg, S. 3077 ff.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

I. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen 1. Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte seit 1991 in mehreren Resolutionen seiner Besorgnis über Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht im Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens Ausdruck verliehen.176 Mit Resolution 771 vom 13. August 1992 forderte er die Staaten und internationalen Organisationen, insbesondere auch Hilfsorganisationen auf, Informationen über diese Rechtsverstöße zu sammeln und den Vereinten Nationen zur Verfügung zu stellen. Er entschied in der Resolution 780 vom 6. Oktober 1992, daß eine unabhängige Expertenkommission zur Untersuchung und Auswertung des erhaltenen Informationsmaterials eingesetzt wird.177 Diese Expertenkommission schlug in ihrem Zwischenbericht178 die Einsetzung eines internationalen Strafgerichts zur Ahndung der festgestellten Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht vor. So entschied der Sicherheitsrat mit Resolution 808 vom 22. Februar 1993,179 daß ein internationales Strafgericht errichtet werden soll.180 Zu diesem Zweck wurde der Generalsekretär der Vereinten Nationen aufgefordert, einen Bericht zu verfassen, der einen Entwurf zum Zweck der Umsetzung der Entscheidung enthalten sollte. Die Staaten wurden aufgefordert ihrerseits den Generalsekretär mittels Einreichung entsprechender Vorschläge zu unterstützen.181 Am 3. Mai 1993 legte der Generalsekretär seinen Bericht vor.182 Dem Bericht war als Anhang das Statut des ICTY beigefügt.183 Am 25. Mai 1993 erließ der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen daraufhin die Resolution 827 (1993).184 Diese 176 UN Doc. S/RES/713(1991); UN Doc. S/RES/721 (1991); UN Doc. S/RES/724 (1991); UN Doc. S/RES/727 (1992); UN Doc. S/RES/740 (1992); UN Doc. S/RES/ 743 (1992); UN Doc. S/RES/749 (1992); UN Doc. S/RES/752 (1992); UN Doc. S/ RES/755 (1992); UN Doc. S/RES/760 (1992); UN Doc. S/RES/764 (1992); UN Doc. S/RES/777 (1992). 177 Vgl. Bassiouni, Commission of Experts, S. 61 ff. 178 UN Doc. S/25274; vgl. Lescure, Tribunal Pénal International pour l’Ex-Yougoslavie, S. 70. 179 UN Doc. S/RES/808 (1993). 180 Paragraph 1 der Resolution 808 (1993): „Decides that an international tribunal shall be established for the prosecution of persons responsible for serious violations of international humanitarian law committed in the territory of the former Yugoslavia since 1991“. 181 Paragraph 2 der Resolution 808 (1993): „Requests the Secretary General to submit for consideration by the Council at the earliest possible date, and if possible no later than 60 days after the adoption of the present resolution, a report on all aspects of this matter, including specific proposals and where appropriate options for the effective and expeditious implementation of the decision contained in paragraph 1 above, taking into account suggestions put forward in this regard by Member States.“; vgl. dazu Hollweg, Vom Jugoslawientribunal zum Strafgerichtshof, S. 257. 182 Report of the Secretary-General pursuant to Paragraph 2 of Security Council Resolution 808 (1993), UN Doc. S/25704.

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Resolution erklärt das dem o. g. Bericht des Generalsekretärs beigefügte Statut für angenommen und errichtet somit das ICTY.185 Der Sicherheitsrat beruft sich dabei auf Kapitel VII der UN-Charta.186 Er stellt fest, daß der im ehemaligen Jugoslawien ausgebrochene Konflikt eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt und rechtfertigt die Errichtung des Gerichts sowohl dem Gegenstande als auch dem Zweck nach als friedenssichernde Zwangsmaßnahme.187 Institutionell kommt dem Tribunal die Bedeutung eines Nebenorgans im Sinne des Art. 29 der Charta der Vereinten Nationen zu. Diesbezüglich heißt es im Bericht des Generalsekretärs vom 3. Mai 1993:188 „In this particular case, the Security Council would be establishing, as an enforcement measure under Chapter VII, a subsidiary organ within the terms of Article 29 of the Charter, but one of a judicial nature.“189

Bedenken wurden seinerzeit geltend gemacht, daß der Sicherheitsrat damit eine über seine in Kap. VII der UN-Charta zugestandenen Exekutivbefugnisse hinausgehende, nicht verliehene Legislativbefugnis im Rahmen der Strafrechtssetzung beanspruche. Er könne auch keine judikativen Kompetenzen an ein Nebenorgan delegieren, über die er selbst nicht verfüge.190 Dadurch entstünde ein Widerspruch zum Grundsatz der Nichteinmischung aus Art. 2 Ziff. 7 der UNCharta und somit ein Eingriff in die Souveränitätsrechte der Staaten.191 Überwiegend wurden diese Einwände jedoch widerlegt und von einer Rechtfertigung dieser Maßnahme aufgrund der Vorschriften des Kap. VII der UN-Charta ausgegangen.192 Neben die in Art. 41 der Charta der Vereinten Nationen nicht abschließend aufgezählten Sanktionsmaßnahmen tritt somit durch die Einsetzung 183 Statute of the International Tribunal, UN Doc. S/25704 Add. I; Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, BT-Drs. 13/57 vom 29. November 1994. 184 UN Doc. S/RES/827(1993). 185 Paragraph 2 der Resolution 827 (1993): „Decides hereby to establish an international tribunal for the sole purpose of prosecuting persons responsible for serious violations of international humanitarian law committed in the territory of the former Yugoslavia between 1 January 1991 and a date to be determined by the Security Council upon the restoration of peace and to this end to adopt the Statute of the International Tribunal annexed to the above-mentioned report.“ 186 Charta der Vereinten Nationen, BGBl. 1980 II, S. 1252 ff. (bereinigte Fassung). 187 Paragraph 4 und 11 der Resolution 827 (1993). 188 Report of the Secretary-General pursuant to Paragraph 2 of Security Council Resolution 808 (1993), UN Doc. S/25704. 189 Report of the Secretary-General pursuant to Paragraph 2 of Security Council Resolution 808 (1993), UN Doc. S/25704, Para. 28. 190 Graefrath, Jugoslawientribunal – Rechtsgrundlage, S. 434 f. 191 Graefrath, Jugoslawientribunal – Rechtsgrundlage, S. 436; vgl. dazu aber die Widerlegung von Hollweg, Das neue Internationale Tribunal der UNO, S. 983. 192 Heintschel v. Heinegg, Zulässigkeit der Errichtung des Jugoslawien-Strafgerichtshofs durch Resolution 827 (1993), S. 80 ff.; Hollweg, Auslieferung an das UNTribunal, S. 414; Oellers-Frahm, Einsetzung des Internationalen Tribunals über

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

des internationalen Strafgerichts eine juristische Intervention als weitere Gangart zum Bestand friedenssichernder Zwangsmaßnahmen.193 Das ICTY führt in einer Entscheidung dazu aus: „The argument that the Security Council, not being endowed with judicial powers, cannot establish a subsidiary organ possessed of such powers is untenable: it results from a fundamental misunderstanding of the constitutional set-up of the Charter. Plainly, the Security Council is not a judicial organ and is not provided with judicial powers (though it may incidentally perform certain quasi-judicial activities such as effecting determinations or findings). The principal function of the Security Council is the maintenance of international peace and security, in the discharge of which the Security Council exercises both decision-making and executive power. The establishment of the International Tribunal by the Security Council does not signify, however, that the Security Council has delegated to it some of its own functions or the exercise of some of its own powers. Nor does it mean, in reverse, that the Security Council was usurping for itself part of a judicial function which does not belong to it but to other organs of the United Nations according to the Charter. The Security Council has resorted to the establishment of a judicial organ in the form of an international criminal tribunal as an instrument for the exercise of its own principal function of maintenance of peace and security, i. e., as a measure contributing to the restoration and maintenance of peace in the former Yugoslavia.“194

Nach dem Statut des ICTY unterliegen der Zuständigkeit des Gerichts vier verschiedene Kategorien völkerrechtlicher Verbrechen. Dazu zählen die Schweren Verletzungen der Genfer Abkommen von 1949, Art. 2 ICTY-Statut, die Verstöße gegen die Gesetze oder Gebräuche des Krieges, Art. 3 ICTY-Statut, der Völkermord, Art. 4 ICTY-Statut, und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. 5 ICTY-Statut. Das Statut gibt insoweit lediglich deklaratorisch völkergewohnheitsrechtlich anerkanntes materielles Völkerstrafrecht wieder.195 2. Der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda Mit Resolution 955 (1994)196 beschloß der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 8. November 1994 die Einsetzung eines internationalen Strafgerichts für die Verfolgung der während des ruandischen Bürgerkrieges zwischen Januar Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien, S. 736 ff.; Partsch, Sicherheitsrat als Gerichtsgründer, S. 11 ff.; Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 829. 193 Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 80 f. 194 Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Defence Motion for Interlocutory Appeal on Jurisdiction, 2 October 1995, para. 37 f.; vgl. dazu: Kreß, Urteil des Internationalen Straftribunals für das ehemalige Jugoslawien (Appeals Chamber) im Fall Tadic vom 2. Oktober 1995, S. 638 ff. 195 Vgl. dazu oben 2. Kapitel, B. I. 196 UN Doc. S/RES/955 (1994), abgedruckt in: HuV-I 7 (1994), S. 212 ff.

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und Dezember 1994 begangenen völkerrechtlichen Verbrechen.197 Dieser Resolution war das ICTR-Statut als Anlage beigefügt.198 Obwohl die Kampfhandlungen zwischen den Bürgerkriegsparteien in Ruanda zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend beendet waren, stellte der Sicherheitsrat fest, daß die Situation eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit im Sinne des Kapitels VII der UN-Charta darstellt. Wie im Falle des ICTY erfolgte somit die Errichtung des ICTR als friedenssichernde Zwangsmaßnahme auf der Grundlage von Kap. VII der UN-Charta. Auch das ICTR stellt institutionell ein Nebenorgan des Sicherheitsrates i. S. d. Art. 29 der UN-Charta dar. Vorausgegangen war der Beschlußfassung, ähnlich wie im Falle des ICTY, die Einsetzung einer unabhängigen Expertenkommission zur Untersuchung schwerer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht auf dem Territorium Ruandas.199 Außerdem übermittelte der Ständige Vertreter Ruandas bei den Vereinten Nationen dem Präsidenten des Sicherheitsrates am 28. September 1994 ein förmliches Gesuch der ruandischen Regierung, in dem eindringlich um die Errichtung eines für die Verfolgung ruandischer Kriegsverbrecher zuständigen internationalen Strafgerichts gebeten wurde.200 Anders als im Falle des ICTY wurde das Statut des ICTR nicht vom Generalsekretär erarbeitet, sondern vom Sicherheitsrat selbst.201 Es ähnelt inhaltlich in vielerlei Hinsicht dem ICTY-Statut. So wurden fast wortgetreu die Regelungen des ICTY-Statuts übernommen. Dies gilt grundsätzlich auch für die materiellen Straftatbestände, Art. 2–4 ICTR-Statut. Inhaltliche Unterschiede ergeben sich jedoch im Hinblick auf den Tatbestand der Kriegsverbrechen, Art. 4 Ruanda Statut. Hier wurden Verletzungen des gemeinsamen Artikel 3 der Genfer Abkommen vom 12. August 1949 und des zweiten Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen vom 8. Juni 1977 und insoweit lediglich Verstöße gegen das Recht nicht-internationaler bewaffneter Konflikte als Kriegsverbrechen mit Strafen bewährt.202 Als Sitz des Gerichts wurde gemäß der späteren Resolution 977 (1995) vom 22. Februar 1995 Arusha in Tansania bestimmt.203

197 Vgl. zu den Hintergründen des Konflikts: Akhavan, Justice and Reconciliation in the Great Lakes Region of Africa, S. 328 m. w. N.; Muna, Rwanda Tribunal and its Relationship to National Trials, S. 1480 f.; Nsereko, Genocidal Conflict in Rwanda and the ICTR, S. 33 ff.; Maogoto, ICTR, S. 191 ff. 198 Statute of the International Criminal Tribunal for Rwanda, UN Doc. S/RES/955 (1994), Add.; deutsche Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda, BT-Drs. 13/7953, S. 18 ff. 199 UN Doc. S/RES/935 (1994). 200 Gesuch Ruandas vom 28. September 1994, UN-Doc. S/1994/1115. 201 Vgl. Johnson, ICTR, S. 217. 202 Vgl. Harhoff, Tribunal International pour le Rwanda, S. 711 ff. 203 UN Doc. S/RES/977 (1995).

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

II. Der Internationale Strafgerichtshof nach dem Römischen Statut Die Bemühungen um einen ständigen Internationalen Strafgerichtshof prägten die Arbeit der Organisation der Vereinten Nationen seit ihrer Gründung im Jahre 1945.204 Noch unter dem Eindruck der Greueltaten des Zweiten Weltkrieges stehend, hatte die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Völkerrechtskommission (ILC)205 bereits im Jahre 1947 mit der Ausarbeitung eines Völkerstrafgesetzbuchs und eines Statuts für eine internationale Strafgerichtsbarkeit beauftragt.206 Die Arbeiten der Kommission scheiterten jedoch zunächst aufgrund erheblicher Meinungsverschiedenheiten zwischen den Kommissionsmitgliedern.207 Man entschied sich dafür, das bislang einheitliche Mandat der ILC aufzuspalten und zunächst für die Definition der völkerrechtlichen Aggression und für den Entwurf eines Statuts für den internationalen Strafgerichtshof jeweils ein gesondertes Komitee zu schaffen.208 Nur der Auftrag zu einem Entwurf des Völkerstrafgesetzbuchs verblieb somit bei der ILC. Das Komitee für den internationalen Strafgerichtshof legte im Jahre 1951 seinen ersten Statutsentwurf209 vor. Die Vorlage eines zweiten, erneut überarbeiteten Entwurfs210 folgte im Jahre 1953. Bislang waren allerdings die Fragen des materiellen Rechts nicht geklärt.211 Die ILC legte ihren Entwurf eines Völkerstrafgesetzbuchs, sog. Draft Code of Offences Against the Peace and Security of Mankind, erst 1954 vor.212 Diese Vorlage wiederum hielt die Generalversammlung nun jedoch für verfrüht, da das Komitee für die Aggressionsdefinition ihre Arbeiten noch nicht beendet hatte, somit keine zufriedenstellende Einarbeitung des Verbrechens der Aggression möglich gewesen war. Schuld an diesen Verzögerungen war sicherlich nicht zuletzt die politische Weltlage. Mit Ausbruch des Kalten Krieges war die Bereitschaft zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts im Hinblick auf die

204 Vgl. zur Vertiefung bzgl. der Entstehungsgeschichte: Badinter, Cour Criminelle Internationale, S. 109 ff.; Bassiouni, Historical Survey, S. 1 ff.; ders., Journey to a Permanent ICC, S. 151 ff.; von Hebel, ICC-Historical Perspective, S. 13 ff. 205 Vgl. Ipsen-Heintschel von Heinegg, Völkerrecht, § 16 Rz. 50 ff. 206 UN Doc. A/519 (1947). 207 Vgl. zu den Hintergründen des Scheiterns: Badinter, Cour Criminelle Internationale, S. 113 f. 208 Vgl. dazu: Bassiouni, Journey to a Permanent ICC, S. 163 f. 209 Report of the Committee on International Criminal Court Jurisdiction, UN Doc. A/2136 (1952). 210 Report of the Committee on International Criminal Court Jurisdiction, UN Doc. A/2645 (1954). 211 Vgl. Ipsen, Völkerrecht, § 42 Rz. 28. 212 Draft Code of Offences Against the Peace and Security of Mankind, UN Doc. A/2693 (1954).

4. Kap.: Internationale Strafgerichte

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Schaffung eines internationalen Strafgerichtshofs, womit automatisch ein Verzicht staatlicher Souveränität in dem sensiblen Bereich des Strafrechts bzw. der Strafrechtspflege einhergeht,213 eher gering.214 Erst eine Entspannung der amerikanisch-sowjetischen Beziehungen führte 1974 dazu, daß man sich eine allgemein akzeptierte Aggressionsdefinition verständigte.215 Jetzt konnten auch die Arbeiten der ILC zur Schaffung eines Völkerstrafgesetzbuchs wieder aufgenommen werden. Ein entsprechendes Mandat wurde der ILC 1978 per Resolution 3379 (XXXIII) vom 16.12.1978 von der Generalversammlung erteilt. Tatsächlich begann die ILC jedoch erst vier Jahre später diese Materie erneut zu behandeln. Einhergehend mit der Überwindung des Ost-West Gegensatzes und dem weltweiten Entsetzen über Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien konnte die ILC schließlich im Jahre 1991 einen Entwurf zum Völkerstrafgesetzbuch, sog. Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind,216 vorlegen, der allerdings sowohl von den Regierungen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen als auch von Völkerrechtsexperten heftig kritisiert wurde. Die Vorlage eines weniger kontroversen Entwurfes erfolgte 1996.217 Die Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshofs wiederum war derweil die ganzen Jahre über mangels Verständigung auf die materiellen Normen des Völkerstrafrechts vernachlässigt worden. Nach dem Scheitern der Bemühungen in den fünfziger Jahren, mandatierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen die ILC erst im Jahre 1989 erneut mit der Wiederaufnahme der Arbeiten zum Statut eines Internationalen Strafgerichtshofs.218 Ein entsprechender Bericht, der zunächst sämtliche Aspekte des Vorhabens katalogisierte, konnte 1992 der Generalversammlung vorgelegt werden.219 Diese beauftragte schließlich noch in demselben Jahr die ILC mit der Ausarbeitung des Entwurfs eines Statuts für einen internationalen Strafgerichtshof. Ein entsprechender Statutsentwurf wurde von der ILC zwei Jahre später, d.h. 1994 vorgelegt.220

213 Hoyer, Internationaler Strafgerichtshof und nationalstaatliche Souveränität, S. 324 f. 214 Bassiouni, Journey to a Permanent ICC, S. 164; von Hebel, ICC-Historical Perspective, S. 26 f. 215 Resolution on the Definition of Aggression, UN Doc. A/9631 (1974), sog. Aggressionsdefinition, deutsche Übersetzung aus Vereinte Nationen Heft 4/1975, S. 120; Ferencz, Von Nürnberg nach Rom, S. 83. 216 Yearbook of the ILC 1994 – Vol. II, Part Two, S. 94 ff.; vgl. zu dem Einfluß der politischen Lage auf die Arbeiten zu dem Entwurf: Triffterer, Weg zu einer internationalen Strafgerichtsbarkeit, S. 351 f. 217 Report of the ILC on the Work of its forty-eighth Session, 6 May–26 July 1996, UN Doc. A/51/10; UN Doc. A/CN.4/L.532; vgl. dazu: Tomuschat, Strafgesetzbuch der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit, S. 1 ff. 218 GA Resolution, UN Doc. A/44/39; vgl. dazu: Graefrath Völkerrechtskommission zur Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshofs, S. 190 ff. 219 Report of the ILC, UN Doc. A/47/10.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

Mittlerweile war die Errichtung des ICTY durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bereits erfolgt. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen forcierte nun ihre Bemühungen zu diesem Projekt.221 So wurde noch 1994 ein ad hoc Komitee mit der Aufgabe betraut, sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung eines ständigen internationalen Strafgerichtshofs zu klären, sog. ad hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court.222 1. Ad hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court Die Mitarbeit in diesem Komitee stand allen Vertragsstaaten und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen offen. Als Grundlage für die Beratungen diente der Entwurf eines Statuts für einen Internationalen Strafgerichtshof, den die ILC im Jahre 1994 vorgelegt hatte. Nach zwei Sitzungsperioden vom 3. bis zum 13. April und vom 14. bis zum 25. August 1995 legte das ad hoc Komitee am 6. September 1995 einen Bericht vor, der Aufschluß über den derzeitigen Diskussionsstand bei der Schaffung eines internationalen Strafgerichtshofs gab.223 2. Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court Die Generalversammlung der Vereinten Nationen errichtete sodann per Resolution vom 11. Dezember 1995 das Preparatory Committee. Dieser Institution wurde entsprechend den Vorschlägen des ad hoc Committee das Mandat erteilt, den Entwurf eines Statuts für den Internationalen Strafgerichtshof als Diskussionsgrundlage für eine Staatenkonferenz zu erarbeiten.224 Dabei sollten sowohl der ursprüngliche Vorschlag der ILC als auch der Bericht des ad hoc Committee Berücksichtigung finden. Ein erster Bericht des Preparatory Committee an die Generalversammlung der Vereinten Nationen erfolgte am 13. September 1996.225 220 Report of the ILC on the Work of its forty-sixth Session, 2 May–22 July 1994, UN Doc. A/49/10; vgl. zu diesem Entwurf: Blanke, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 145 ff.; Suikkari, ILC’s Draft for an ICC, S. 205 ff. 221 Vgl. zu den parallel verlaufenden Aktivitäten der nichtregierungsamtlichen Organisationen während der Vorarbeiten: Pace, Relationship between ICC and NonGovernmental Organisations, S. 189 ff. 222 GA Resolution, UN Doc. A/49/53. 223 Report of the Ad Hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. A/50/22. 224 GA Resolution, UN Doc. A/50/46.

4. Kap.: Internationale Strafgerichte

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Im Dezember 1996 erweiterte die Generalversammlung das Mandat des Preparatory Committee.226 Fast zeitgleich wurde zu der im Juni und Juli 1998 in Rom stattfindenden Staatenkonferenz eingeladen. Die Mandatserweiterung sollte das Preparatory Committee dazu ermächtigen, weiter zu verhandeln, um schließlich den endgültigen Statutsentwurf für die Verhandlungen der Konferenz fertigzustellen. Die Annahme dieses Textes erfolgte daraufhin in der letzten Sitzung des Komitees am 14. April 1998.227 Zum Zweck der Vorbereitung eines verhandelbaren Entwurfstextes war dieser letzten ordentlichen Sitzung des Preparatory Committee eine außerordentliche Sitzung in Zutphen vom 19. bis zum 30. Januar 1998 vorausgegangen. Es wurden ausschließlich bestimmte Mitglieder des Komitees, wie beispielsweise die Vorsitzenden der verschiedenen Arbeitsgruppen, nach Zutphen geladen. Ergebnis dieser außerordentlichen Sitzung war der sog. Zutphen-Entwurf, ZutphenDraft.228 3. Staatenkonferenz in Rom Die Staatenkonferenz der Vereinten Nationen vom 15. Juni bis zum 18. Juli 1998 in Rom führte schließlich zur Annahme des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC-Statut).229 Mit 120 Ja-Stimmen, 7 Nein-Stimmen, darunter die USA,230 und 21 Enthaltungen einigten sich die Staatenvertreter am 17. Juli 1998 auf ein umfangreiches Regelungswerk, das sowohl die Verfassung des zukünftigen Internationalen Strafgerichtshofs als auch eine Kodifikation des materiellen Völkerstrafrechts und des Strafverfahrensrechts umfaßt.231

225 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22; vgl. Hall, First Two Sessions of the UN Preparatory Committee, S. 177 ff. 226 GA Resolution, UN Doc. A/51/49; dazu Kaul, Weg zum Weltstrafgerichtshof, S. 177 ff. 227 Draft Statute for the International Criminal Court, UN Doc. A/CONF. 183/2/ Add. 1; vgl. Zimmermann, Creation of a Permanent ICC, S. 47 ff. 228 Report of the Intersessional Meeting from 19 to 30 January 1998 in Zutphen, the Netherlands, UN Doc. A/AC.249/1998/L.13. 229 Vgl. zum Ablauf der Konferenz: Kirsch, Road to Rome, S. 2 ff; Leanza, Rome Conference, S. 10 ff.; Zumach, Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 136 ff. 230 Vgl. die Auflistung der Nein-Stimmen: Kaul, Internationaler Strafgerichtshof – Ein bedeutender Anfang in Rom, S. 273. 231 Vgl. im Überblick u. a.: Condorelli, Cour Pénale Internationale, S. 7 ff.; Stahn, Gerichtsbarkeit des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs S. 590 f.

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1. Teil: Grundlegende Aspekte des Völkerstrafrechts

Anders als bei den vorangegangenen internationalen Strafgerichten enthält das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs neben völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Straftatbeständen auch solche, die völkergewohnheitsrechtlich bisher nicht anerkannt sind.232 Insoweit wird nicht lediglich deklaratorisch völkergewohnheitsrechtlich anerkanntes materielles Völkerstrafrecht wiedergegeben, sondern das vom ICC anzuwendende materielle Recht konstitutiv festgelegt.233 In detaillierten Regelungen werden die Straftatbestände des Völkermordes, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Kriegsverbrechen kodifiziert, Art. 6–8 ICC-Statut. Das Verbrechen der Aggression soll später eingefügt werden, Art. 5 Abs. 2 ICC-Statut.234 Zudem erfahren die für den Gerichtshof verbindlichen materiellrechtlichen Grundsätze im Sinne eines Allgemeinen Teils des modernen Völkerstrafrechts eine Niederlegung in den Vorschriften der Art. 22–33 ICC-Statut.235 4. Preparatory Commission for the International Criminal Court Entsprechend der Schlußakte der Rom-Konferenz236 setzte die UN-Generalversammlung eine Kommission ein, die mit sämtlichen Arbeiten zur Vorbereitung des Inkrafttretens des ICC-Statuts betraut war, die sog. Preparatory Commission for the International Criminal Court.237 Die Mitarbeit in dieser Kommission, die neben der Verfahrens- und Beweisordnung auch die weiteren erforderlichen Rechtsinstrumente ausarbeitete, wie z. B. die Verbrechenselemente, sog. elements of crimes, das Sitzabkommen mit den Niederlanden und den Vertrag betreffend das vertragliche Verhältnis zwischen dem ICC und der UNO,238 stand sämtlichen Staaten offen.239 5. Erste Schritte nach Inkrafttreten des Statuts Nach Art. 126 ICC-Statut tritt das ICC-Statut am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den sechzigsten Tag nach Hinterlegung der sechzigsten Ratifika232

Ahlbrecht, Völkerrechtliche Strafgerichtsbarkeit, S. 366. Vgl. oben 2. Kapitel, B. I. 234 Vgl. oben 2. Kapitel, D. 235 Vgl. Zakr, Responsabilité Pénale Individuelle dans le Droit International, S. 39. 236 Final Act of the United Nations Diplomatic Conference of Plenipotentiaries on the Establishment of an International Criminal Court, Done at Rome on 17 July 1998, UN Doc. A/CONF. 183/10. 237 Resolution der GA vom 8. Dezember 1998, UN Doc. A/53/105; vgl. Dörmann, Preparatory Commission, S. 304 ff. 238 Vgl. den Überblick zu sämtlichen Nebeninstrumenten: Jarasch, Errichtung, Organisation und Finanzierung des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 17; vgl. auch unten 2. Teil, 1. Kapitel, B. II. und III. 239 Vgl. Broomhall, ICC: Cooperation with States, S. 50 ff. 233

4. Kap.: Internationale Strafgerichte

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tionsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen folgt. Dieser Ratifikationsstand wurde am 11.04.2002 erreicht, das ICC-Statut trat somit am 01.07.2002 in Kraft. Auf einer ersten Sitzung der Staatenversammlung im September 2002 wurden die oben genannten weiteren Rechtsakte, wie insbesondere die Verfahrensordnung und die Verbrechenselemente angenommen. Die Vereidigung der Richter erfolgte am 11.03.2003 und die des Anklägers am 16.06.2003.240 Mittlerweile sind die ersten Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.241

240

Vgl. dazu Abline, Désignation des Juges et du Procureur de la Cour Pénale Internationale, S. 465 ff.; vgl. auch unten 2. Teil, 2. Kapitel, B. I. und II. 241 Dabei handelt es sich um das Ermittlungsverfahren wegen Verbrechen, die sich seit dem 1. Juli 2002 auf dem Territorium der Demokratischen Republik Kongo ereigneten: The Office of the Prosecutor of the International Criminal Court opens its first Investigation, The Hague 23 June 2004, ICC-Press Release 26; das Ermittlungsverfahren wegen Verbrechen im Norden von Uganda: Prosecutor of the International Criminal Court opens an Investigation into Northern Uganda, The Hague 29 July 2004, ICC-Press Release 33; und das Ermittlungsverfahren wegen Verbrechen, die sich in Darfur, Sudan ereigneten, The Hague 6 June 2005, ICC-Press Release 107.

2. Teil

Strafverfahren und Gerichtsorganisation im modernen Völkerstrafrecht In der deutschen Rechtssprache werden solche Rechtsnormen, die das bei der Durchsetzung eines staatlichen Strafanspruchs anzuwendende Verfahren festlegen, als Strafprozeß- oder Strafverfahrensrecht bezeichnet.1 Auch für die Strafverfolgung auf internationaler Ebene werden vom deutschsprachigen Schrifttum entsprechende Begriffe, wie der des internationalen Strafprozeßrechts2 bzw. des internationalen Strafverfahrensrechts3 verwendet. Im englischsprachigen Schrifttum wird insoweit von international criminal procedure law4 oder procedural international criminal law gesprochen.5 In der französischen Rechtssprache kommt dem Begriff der procédure pénale internationale eine vergleichbare Bedeutung zu.6 Der folgende Teil der Untersuchungen ist der Erläuterung wesentlicher Grundzüge dieses Rechtsbereichs gewidmet. Zunächst werden im 1. Kapitel die Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens im modernen Völkerstrafrecht betrachtet. Im 2. Kapitel wird sodann der Ablauf des Strafverfahrens dargestellt. Schließlich erfolgt im 3. Kapitel ein Überblick über die Gerichtsorganisation. Jeweilige Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen einerseits und dem ICC andererseits sind dabei zu erarbeiten. 1. Kapitel

Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens Im folgenden Kapitel werden die verschiedenen Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens im modernen Völkerstrafrecht untersucht. Dabei gilt das Augenmerk zunächst den speziellen Rechtsgrundlagen der internationalen Strafgerichte, d.h. solchen Normen, deren Geltung ausschließlich auf das jeweilige internationale 1 2 3 4 5 6

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Definition des Strafverfahrensrechts bei: Roxin, Strafverfahrensrecht, S. 5. Graefrath, Jugoslawien und die internationale Strafgerichtsbarkeit, S. 313. Roggemann, Die internationalen Strafgerichtshöfe, S. 141. Murphy, International Criminal Procedure Law, S. 61 ff. Cassese, Statute of the ICC, S. 144 ff. Champy, Inquisitoire – Accusatoire, S. 149 ff.

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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Strafgericht beschränkt ist. Diesbezüglich ist insbesondere nach der Rechtsnatur, der Kompetenz zur Rechtssetzung in diesem Bereich sowie dem hierarchischen Verhältnis der jeweiligen Rechtsgrundlagen untereinander zu fragen. Dabei sind Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen einerseits und dem ICC andererseits zu ermitteln. Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob auch anderen Rechtsquellen bzw. Rechtsmassen, wie insbesondere den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes oder dem staatlichen Strafverfahrensrecht, Geltung für das Strafverfahren vor den ad hoc Tribunalen bzw. dem ICC zuzusprechen ist.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Hinsichtlich solcher Normen, deren Geltung ausschließlich auf das Strafverfahren vor dem ICTY bzw. ICTR beschränkt ist, läßt sich zwischen den Statuten, den Verfahrensordnungen sowie sonstigen speziellen Vorschriften unterscheiden. I. Statut des ICTY bzw. ICTR Das ICTY wurde durch Resolution 827 des Sicherheitsrats vom 25. Mai 19937 und das ICTR durch Resolution 955 vom 8. November 19948 als friedenssichernde Maßnahme auf der Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta errichtet. Die auf diese Weise in Kraft gesetzten Statuten verpflichten das ICTY bzw. ICTR gleich in ihrem ersten Satz dazu, ihre Aufgaben nach Maßgabe des jeweiligen Statuts wahrzunehmen. Auch das Strafverfahren ist somit zu allererst den Vorgaben des Statuts unterworfen. Explizite verfahrensrechtliche Regelungen sind in den Vorschriften allerdings nur in geringem Umfange zu finden. So sind weite Teile der insgesamt nur 34 Artikel des ICTY-Statuts und der insgesamt nur 32 Artikel des ICTR-Statuts der Regelung anderer Aspekte der Strafverfolgung vorbehalten, wie unter anderem der Zuständigkeit der Gerichte bzw. dem materiellen Recht,9 der internen Organisation10 und des Verhältnisses zwischen den ad hoc Tribunalen und den Staaten.11 Nur die Art. 18–26 ICTY-Statut bzw. die Art. 17–25 ICTR-Statut weisen explizite Regelungen für das einzuhaltende Strafverfahren im engeren Sinne auf. So werden in den Art. 18–20 ICTY-Statut bzw. Art. 17–19 ICTR-Statut der Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens, in Art. 21 ICTY-Statut bzw. Art. 20 ICTR-Statut die Rechte des Ange7

UN Doc. S/RES/827 (1993); vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. I. 1. UN Doc. S/RES/955 (1994); vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. I. 2. 9 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, und unten 3. Teil, 2. Kapitel, A. IV. 10 Vgl. unten 2. Kapitel, A. 11 Vgl. unten 4. Teil, 2. Kapitel, A. 8

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

klagten und in Art. 22 ICTY-Statut bzw. Art. 21 ICTR-Statut der Schutz der Opfer und Zeugen festgelegt. Es folgen Vorschriften über das Urteil und die Strafen sowie das Rechtsmittel- und das Wiederaufnahmeverfahren, Art. 21–26 ICTY-Statut bzw. Art. 20–25 ICTR-Statut. Doch beschränken sich selbst diese Vorschriften lediglich auf eine verbindliche Festlegung bestimmter Eckpunkte für das Strafverfahren. Die notwendige Ausformung dieser rudimentären Regelungen des Strafverfahrens bleibt vielmehr den Richtern des jeweiligen Strafgerichts durch den Erlaß einer entsprechenden Verfahrens- und Beweisordnung selbst überlassen, Art. 15 ICTY- bzw. Art. 14 ICTR-Statut. Zu den vom Sicherheitsrat selbst mittels der Statuten festgelegten Eckpunkte des Strafverfahrens ist beispielsweise zu zählen, daß die Ermittlungen nicht von einem Richter, was dem juge d’instruction nach französischem Recht entsprochen hätte,12 sondern allein vom Ankläger durchgeführt werden, Art. 16 ICTYbzw. Art. 15 ICTR-Statut. Außerdem werden verschiedene Ermittlungsbefugnisse des Anklägers aufgeführt, Art. 18 Abs. 2 ICTY- bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut. Im übrigen wird die Kompetenz des Gerichts zum Erlaß von Anordnungen und Beschlüssen zur Festnahme, Verhaftung, Herbeischaffung, Überstellung sowie von Haftbefehlen festgelegt, Art. 19 Abs. 2, 20 Abs. 2 ICTYbzw. Art. 18 Abs. 2, 19 Abs. 2 ICTR-Statut. Auch die Rechte des Verdächtigen bzw. des Angeklagten wurden vom Sicherheitsrat bereits normiert, Art. 18 Abs. 3 und Art. 21 ICTY- bzw. Art. 17 Abs. 3 und Art. 20 ICTR-Statut.13 Zweifel bestehen, ob sich für die Schaffung des Strafverfahrensrechts eine entsprechende Ermächtigung aus der UN-Charta herleiten läßt oder ob vielmehr eine Überschreitung der Kompetenzen des Sicherheitsrates und somit ein Handeln ultra vires vorliegt. Es steht fest, daß sich die Rechtsprechungsgewalt der ad hoc Tribunale nach dem Willen des Sicherheitsrates ausschließlich auf solche Straftatbestände beziehen sollte, die gewohnheitsrechtlich anerkannt sind. Der Sicherheitsrat vermied es, materielles Völkerstrafrecht zu schaffen.14 Für das Strafverfahrensrecht ist die Ausgangslage allerdings nicht mit derjenigen für das materielle Völkerstrafrecht vergleichbar. Völkergewohnheitsrechtlich anerkanntes Strafverfahrensrecht ist allenfalls noch im Hinblick auf die Garantien des Angeklagten, wie sie sich aus den Normen des internationalen Menschenrechtsschutzes ergeben, nachweisbar.15 Für alle sonstigen, zumindest aber den 12 Vgl. zum juge d’instruction im französischen Recht: Stefani/Levasseur, Procédure Pénale, S. 626 ff.; Guimezanes, Introduction au Droit Français, S. 181 ff. 13 Vgl. zur Orientierung am angloamerikanischen Strafverfahren bereits bei der Formulierung des ICTY-Statuts: Cassese, International Criminal Law, S. 384 f.; Tavernier, Expérience des Tribunaux Pénaux Internationaux, S. 654 f. 14 Vgl. Report of the Secretary General pursuant to Paragraph 2 of Security Council Resolution 808 (1993), 3 May 1993, UN Doc. S/25704 para. 29; vgl. auch oben 1. Teil, 2. Kapitel, B. I.

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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größten Teil strafverfahrensrechtlicher Aspekte fehlten indes völkerrechtliche Rechtsnormen zum Zeitpunkt der Errichtung des ICTY. Insbesondere eigneten sich nicht die strafverfahrensrechtlichen Normen des IMT und des IMTFE für einen entsprechenden Nachweis von Völkergewohnheitsrecht.16 Diese internationalen Strafgerichte hatten gerade hinsichtlich des Strafverfahrens unter dem Gebot des fair trial bzw. der Waffengleichheit von Verteidigung und Anklage erhebliche Kritik erfahren.17 Im ersten Jahresbericht des ICTY wurde demnach auch festgestellt, daß sich das Strafverfahren wie es vor dem IMT und dem IMTFE Anwendung fand, nicht als Vorbild für das Strafverfahren des modernen Völkerstrafrechts eignete: „As a body of unique character in international law, the Tribunal has had little by way of precedent to guide it. The two other international criminal tribunals that preceded it, at Nürnberg and Tokyo, both had very rudimentary rules of procedure: the rules of procedure of the Nürnberg Tribunal scarcely covered three and a half pages, with a total of 11 rules, and all procedural problems were resolved by individual decisions of the Tribunal; at Tokyo, there were only nine rules of procedure, which formed part of the statute of the Tribunal. Again, all matters were left to the case-by-case ruling of the Tribunal.“18

Das Strafverfahrensrecht der einzelnen Staaten wiederum war aufgrund der mannigfachen gravierenden Unterschiede zwischen den einzelnen staatlichen Systemen, insbesondere wegen der Gegensätzlichkeiten zwischen dem angloamerikanischen und kontinentaleuropäischen Strafverfahren,19 allenfalls bezüglich einzelner Aspekte geeignet, mittels der Allgemeinen Rechtsgrundsätze im Sinne des Art. 38 Abs. 1 lit. c) IGH-Statut in das Völkerrecht transferiert zu werden.20 Von bereits existentem völkerrechtlichen Strafverfahrensrecht konnte folglich nicht ausgegangen werden. Der Sicherheitsrat hat demnach mit Erlaß des ICTY- bzw. ICTR-Statuts zumindest die Grundzüge des Strafverfahrens15

Warbrick, International Crimes, S. 264. Vgl. zum IMT und zum IMTFE: oben 1. Teil, 4. Kapitel, A. I. und II. 17 Vgl. u. a. Cassese/Röling, Tokyo Trial, S. 39; LaRosa, Procédure Equitable, S. 678 f.; Meron, War Crimes in Yugoslavia, S. 83 f.; Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 175 f. m. w. N.; O’Brien, International Tribunal for Violations of IHL in the Former Yugoslavia, S. 654 ff.; Warbrick, International Criminal Courts and Fair Trial, S. 46. 18 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 54; vgl. dazu: McDonald, Trial Procedures and Practices, S. 551. 19 Kurzer Überblick zum angloamerikanischen Strafverfahren: Huber, Strafverfahrensrecht England und Wales, S. 23 ff.; Kühne, Strafprozeßrecht, Rdnr. 1149 ff.; Paulsen, Grundzüge des amerikanischen Strafprozesses, S. 141 ff.; Reynold, Der englische Strafprozeß, S. 74 ff.; Roxin, Strafverfahrensrecht, S. 542 ff.; Thaman, Strafverfahrensrecht USA, S. 498 ff.; kurzer Überblick zum kontinentaleuropäischen (französischen) Strafverfahren: Barth, Strafverfahrensrecht Frankreich, S. 96 ff.; Kühne, Strafprozeßrecht, Rdnr. 1206 ff.; Roskothen, Französisches Strafverfahrensrecht, S. 22 ff.; Roxin, Strafverfahrensrecht, S. 545 ff. 20 Vgl. ausführlich: Findlay, Synthesis in Trial Procedures, S. 28 ff. 16

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

rechts einer konstitutiven Regelung unterzogen und insoweit auch modernes Völkerstrafverfahrensrecht geschaffen. Eine Beschränkung der Kompetenz des Sicherheitsrates, die sich in der Wiedergabe bereits anerkannten Völkerrechts erschöpft, konnte sich demnach ausschließlich auf das materielle, nicht aber auf das formelle Völkerstrafrecht beziehen. Diese Auffassung teilt auch das ICTY in seiner Rechtsprechung: „It is clear from the statements of members of the Security Council voting on resolutions 808 and 827, and from the Secretary-General’s Report, that the International Tribunal was intended to apply existing international law and not to create new norms. However, it is also evident from these documents that this limitation was solely concerned with the subject-matter jurisdiction of the International Tribunal. In other words, the International Tribunal is not empowered to ,create‘ new norms. However, it is also evident from these documents that this limitation was solely concerned with the subject-matter jurisdiction of the International Tribunal. In other words, the International Tribunal is not empowered to ,create‘ the crimes over which it has jurisdiction, but simply to prosecute serious violations of existing customary international humanitarian law. Article 15 of the Statute is not, however, so constrained. It reads: (. . .). The Judges are empowered to adopt rules of procedure and evidence and, while these cannot go beyond the boundaries of the International Tribunal’s jurisdiction, a judicial body which combines elements of common and civil law traditions will naturally create procedures for which there is no analogue.“21

Auszugehen ist allerdings davon, daß die UN-Charta dem Sicherheitsrat als Exekutivorgan grundsätzlich überhaupt keine Rechtssetzungsbefugnisse zugesteht.22 Generell läßt sich eine Kompetenz des Sicherheitsrates zur unmittelbaren Begründung von Rechten und Pflichten gegenüber dem Individuum bislang nicht nachweisen.23 Dieser Umstand stellt mithin auch die Angriffsfläche für die Kritik einzelner Autoren im Schrifttum dar. Danach steht dem Sicherheitsrat keine originäre Kompetenz und der Richterschaft der ad hoc Tribunale auf der Grundlage des Art. 15 ICTY bzw. Art. 14 ICTR-Statut folglich keine derivative Kompetenz zur Schaffung des Strafverfahrensrechts, einschließlich der Ausgestaltung prozessualer Rechte und Pflichten des Individuums, zu.24 Weder von Seiten der Vereinten Nationen noch von den ad hoc Tribunalen ist zu dieser Kritik allerdings bislang explizit Stellung genommen worden. Auch im Schrifttum finden sich, wie bereits gesagt, nur vereinzelt kritische Stimmen. Dies läßt sich nur damit erklären, daß dem Verfahrensrecht im angloamerikanischen Rechtsdenken grundsätzlich großzügig begegnet wird.25 Soweit der Sicherheits21 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Decision on the Objection of the Republic of Croatia to the Issuance of Subpoena Duces Tecum, 18 July 1997, para. 43. 22 Graefrath, Jugoslawientribunal – Rechtsgrundlage, S. 434. 23 Simma-Frowein, Charta der Vereinten Nationen, Art. 41 Rdnr. 14. 24 Vgl. dazu Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 148 ff. 25 Vgl. unten II.

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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rat verfahrensrechtliche Normen festlegt bzw. deren Schaffung delegiert, wird dies, anders als im Bereich des materiellen Rechts, nach angloamerikanischem Rechtsverständnis eben nicht als Ausübung bzw. Anmaßung legislativer Befugnisse im engeren Sinne wahrgenommen. Schließlich läßt sich der Kritik einer Kompetenzüberschreitung auch das pragmatische Argument entgegenhalten, daß dem Sicherheitsrat, soweit ihm grundsätzlich die Kompetenz zur Errichtung des ICTY bzw. ICTR aus Kapitel VII der UN-Charta zugesprochen wird,26 mangels Alternativen auch eine Kompetenz im Bereich des Verfahrensrechts zuzugestehen ist.27 Daß sich der Sicherheitsrat bei Wahrnehmung dieser Kompetenz gemäß Art. 15 ICTY-Statut und Art. 14 ICTR-Statut für eine weitgehende Delegation an die Richterschaft entschied, indiziert außerdem, daß es ihm ausschließlich um eine praktische Lösung ging, nicht aber um die Ausübung legislativer Befugnisse mit dem Ziel, eine Rechtsmaterie einer gesetzlichen Regelung nach seinen Vorstellungen zu unterziehen. II. Verfahrensordnung des ICTY bzw. ICTR Art. 15 ICTY-Statut und Art. 14 ICTR-Statut ermächtigen die Richter im einzelnen zum Erlaß einer Verfahrensordnung und von Beweisregeln für die Durchführung der Voruntersuchungen, der Verhandlungen und Berufungen, für die Zulassung von Beweismitteln, den Schutz der Opfer und Zeugen sowie sämtlicher anderer in Betracht kommender Angelegenheiten. Im französischen Text des Statuts wird ausschließlich von einer Ermächtigung zum Erlaß einer Verfahrensordnung, règlement, ausgegangen; die Beweisregeln werden als deren integraler Bestandteil verstanden.28 Die Erteilung einer solchen Befugnis an die Richterschaft ist dem angloamerikanischem Rechtsdenken nicht fremd,29 aus kontinentaleuropäischer Sicht lassen sich hingegen aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit Bedenken gegenüber einem solchen judge made law anmelden.30 So gehört zu den Quellen des angloamerikanischen Strafverfahrensrechts traditionell auch das common law als ein von Richtern geschaffenes Recht.31 Auf dem europäischen Kontinent ist der Strafprozeß hingegen grundsätzlich in einer gesetzlichen Kodifikation in Gestalt einer Strafprozeßordnung geregelt.32 Nach deutschem Verfassungsrecht ist der 26

Vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. I. 1. Vgl. Hafner, Procedural Powers of the ICTY, S. 656 f. 28 Vgl. Moreillon, Procédure des Tribunaux Pénaux Internationaux, S. 180. 29 Blakesley, Comparing the ad hoc Tribunal and the Project for an ICC, S. 191. 30 Champy, Inquisitoire – Accusatoire, S. 150; Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 146 ff.; Wäspi, Arbeit der Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 2450. 31 Kühne, Strafprozeßrecht, Rdnr. 1149; Roxin, Strafverfahrensrecht, S. 542; vgl. auch oben 1. Teil, 2. Kapitel, B. II. 27

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Gesetzgeber gemäß dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes aus Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet, in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen.33 Strafprozeßrechtliche Normen, die fraglos die Ausübung von Grundrechten betreffen, müssen somit vom Gesetzgeber und können nicht von einer anderen Gewalt erlassen werden. Soweit auch ein gewisser Spielraum im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung zuzugestehen ist, so ist es einem Richter dennoch nicht erlaubt, sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz zu begeben.34 Genau dies haben die Richter der ad hoc Tribunale bei Erlaß der Verfahrensordnung jedoch getan. Auch nach dem Verfassungsrecht anderer kontinentaleuropäischer Staaten ist für die Festlegung von Rechten und Pflichten der Beteiligten eines Strafverfahrens im allgemeinen ein parlamentarischer Rechtsakt erforderlich.35 Richterliche Normen zur Gestaltung des Strafverfahrens würden aus kontinentaleuropäischer Sicht somit gegen grundlegende verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen. Andererseits ist bei der Kritik an den richterlichen Rechtssetzungsbefugnissen aus Art. 15 ICTYbzw. Art. 14 ICTR-Statut zu beachten, daß die speziellen Umstände bei Errichtung der ad hoc Tribunale wohl kaum eine Alternative boten. So fehlte es insbesondere an der Zeit um eine völkervertragliche Lösung zu erarbeiten. Der Ermächtigungsnorm aus Art. 15 ICTY-Statut entsprachen die Richter des ICTY am 11. Februar 1994 mit der Annahme einer Verfahrensordnung und Beweisregeln.36 Vorausgegangen waren der Annahme kurze und intensive Verhandlungen, die im November 1993 begonnen hatten.37 Dabei wurden zahlreiche Vorschläge von Staaten, regierungsamtlichen- und nichtregierungsamtlichen internationalen Organisationen einbezogen.38 Besonderer Einfluß auf die letztendliche Fassung wird rückblickend einem von seiten der USA unterbreiteten Vorschlagswerk zugesprochen.39 Gleichzeitig waren die beschließenden Richter 32 Vgl. z. B. Frankreich: Code Procédure Pénale; Italien: Codice Procedura Penale; Belgien: Code d’Instruction Criminelle. 33 BVerfGE 49, 89 (126 f.), 88, 103 (116); Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 20 Rdnr. 94 ff. 34 Vgl. BVerfGE 87, 273 (280); 98, 49 (59 f.); Sommermann, in: Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20 Abs. 3 Rdnr. 276. 35 Vgl. auch Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 825; Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 146 f. 36 UN Doc. IT/32. 37 Vgl. zum Entstehungsprozeß ausführlich: Deschênes, International Criminal Justice, S. 48 ff. 38 Vgl. Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 177. 39 Suggestions made by the Government of the United States of America for Rules of Procedure and Evidence for the Prosecution of Persons Responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Former Yugoslavia, IT/14, 17 November 1993, abgedruckt in: Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY Vol. II, S. 509–564.

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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überwiegend Angehörige von Staaten des angloamerikanischen Rechtskreises, was insgesamt zu einer tendenziell stärkeren Anlehnung an das angloamerikanische als an das kontinentaleuropäische Strafverfahren führte.40 Seit dem Inkrafttreten der Verfahrensordnung und Beweisregeln am 14. März 1994 sind wiederholt Änderungen und Ergänzungen vorgenommen worden. Eine entsprechende Befugnis ist in Regel 6 der ICTY-VerfO ausdrücklich geregelt. Vorschläge zur Revision können danach von seiten eines Richters, des Anklägers oder des Kanzlers unterbreitet werden, und bedürfen mindestens der Zustimmung von neun Richtern, um in Kraft zu treten, Regel 6 (A) ICTY-VerfO. Auch diese Befugnis der Richter über den erstmaligen Erlaß der Verfahrensordnungen hinaus jederzeit eigenmächtig Änderungen und Ergänzungen der Vorschriften vornehmen zu können, läßt sich mit angloamerikanischem Rechtsdenken vereinbaren. Seitens der Wissenschaft kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen wurde hingegen gerade wegen dieser Unbeschränktheit der richterlichen Befugnis zur Rechtsschöpfung Kritik geäußert.41 Das ICTY führt allerdings in seinem dritten Jahresbericht von 1996 dazu aus: „The Rules constituted the first international criminal procedural and evidentiary code ever adopted; given that the Statute was not sufficiently detailed to be a guide to the conduct of proceedings, it was necessary to adopt these Rules to govern all the various aspects of criminal trials. It was, of course, not possible at the outset to anticipate every eventuality which would arise; accordingly the Rules have been amended from time to time, by a plenary of the Judges, to take account of various eventualities.“42

Zum Zweck der Rechtsstaatlichkeit bzw. Rechtssicherheit des Strafverfahrens bestimmt Regel 6 (D) ICTY-VerfO jedoch, daß eine Änderung oder Ergänzung der Regeln in einem schwebenden Verfahren immer dann unbeachtlich bleibt, wenn dadurch die Rechte eines Angeklagten eingeschränkt würden.43 Die mittlerweile insgesamt 127 einzelnen Regeln der ICTY-VerfO sind in zehn verschiedene Abschnitte unterteilt: Der 1. Teil ist der Klärung allgemeiner Fragen vorbehalten, wie insbesondere der Definition verfahrensrechtlicher Begriffe. Im 2. Teil wird sodann das Verhältnis zwischen dem ICTY und der staatlichen Strafgerichtsbarkeit geregelt. Es folgen die Regeln des 3. Teils, die sich mit der internen Organisation des ICTY beschäftigen. Im weiteren erfolgt eine Regelung des Strafverfahrens im engeren Sinne. So trägt insbesondere der 40 Ellis, Challenges for the Defense Counsel, S. 524; Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 96; Laborde, Apports des Institutions et Instruments Internationaux, S. 142 ff.; Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 835; vgl. auch unten 3. Kapitel, A. II. und III. 41 Vgl. Lüder, Das Internationale Straftribunal, S. 209. 42 Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 66. 43 Vgl. Prosecutor v. Delalic et al. (IT-96-21), Decision on the Prosecution’s Alternative Request to Reopen the Prosecution’s Case, 19 August 1998.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

4. Teil der ICTY-VerfO die Überschrift Ermittlungen und Rechte des Verdächtigen.44 Der 5. Teil legt das gerichtliche Vorverfahren fest45 und der 6. Teil das Verfahren vor den Strafkammern.46 In diesem 6. Teil sind in einem einzelnen Unterabschnitt die für das Verfahren vor den Strafkammern verbindlichen Beweisregeln kodifiziert. Weitere Bezüge zum Beweisrecht finden sich im übrigen jeweils gesondert in den verschiedenen Abschnitten. Im 7. und 8. Teil der Verfahrensordnung und Beweisregeln werden Aspekte des Berufungs- und Wiederaufnahmeverfahrens geregelt. Der 9. Teil regelt das Gnadenrecht bezüglich der Strafurteile des ICTY. Im nachträglich eingefügten 10. und letzten Teil werden sodann Regelungen bezüglich der Fristen getroffen. Insgesamt läßt sich bestätigen, daß sich das Strafverfahrensrecht des ICTY abgesehen von einigen wenigen Vorgaben durch das ICTY-Statut vornehmlich aus der ICTY-VerfO ergibt. Dieser Rechtsgrundlage kommt also im Detail die größte Bedeutung für das Strafverfahren zu, wenn sie auch von der Normenhierarchie dem ICTY-Statut gegenüber nachrangig sind.47 Die ICTR-VerfO wurde von den Richtern des ICTR am 29. Juni 1995 angenommen. Dabei bediente man sich weitgehend, d.h. mit Ausnahme weniger Vorschriften, die den rechtlichen und tatsächlichen Unterschieden zwischen dem ICTY und dem ICTR Rechnung trugen, der zu jenem Zeitpunkt bereits in Kraft getretenen und sogar schon achtmalig überarbeiteten ICTY-VerfO.48 Somit entstand eine Übereinstimmung zwischen dem Verfahrensrecht des ICTY und des ICTR. Wenn auch vom Grundsatz her die Richter des ICTR selbständig und unabhängig über die weitere Entwicklung ihres Verfahrensrechts in Form von Änderungen und Ergänzungen der ICTR-VerfO entscheiden, Regel 6 ICTRVerfO, so ist tatsächlich auch dahingehend eine gewisse Orientierung an den von Seiten des ICTY gemachten Vorgaben zu erkennen. Dies hat zur Folge, daß eine Revision der ICTY-VerfO nach ihrem Inkrafttreten zumeist auch eine entsprechende Revision der ICTR-VerfO nach sich zieht.49 Ihrer Rechtsnatur nach sind die Verfahrensordnungen anders als die Statuten des ICTY bzw. des ICTR offensichtlich nicht als Resolution des Sicherheitsrats aufgrund von Kapitel VII der UN-Charta zu qualifizieren. Sie ergingen allerdings jeweils aufgrund der in dem Statut enthaltenen Ermächtigungsnorm, d.h. aufgrund einer Ermächtigung durch den Sicherheitsrat. Berücksichtigt man, daß sowohl das ICTY als auch das ICTR Nebenorgane des Sicherheitsrates i. S. d.

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Vgl. Vgl. 46 Vgl. 47 Vgl. S. 655 f. 48 Vgl. 49 Vgl. 45

unten 3. Kapitel, A. I. unten 3. Kapitel, A. II. unten 3. Kapitel, A. III. zur Normenhierarchie insbesondere: Hafner, Procedural Powers of the ICTY, Morris/Scharf, ICTR, S. 418. dazu Morris/Scharf, ICTR, S. 423 ff.

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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Art. 29 der Charta der Vereinten Nationen sind und Beschlüssen dieser Nebenorgane, die im Rahmen ihrer durch den Sicherheitsrat erteilten Ermächtigung ergehen, auch eine entsprechende Bindungswirkung gegenüber den Staaten nach Art. 25 der UN-Charta zukommt,50 so ergibt sich grundsätzlich kein Unterschied zwischen den Statuten einerseits und den Verfahrensordnungen andererseits. Es erfolgte lediglich eine Delegation der vom Sicherheitsrat bei der Verabschiedung des Statuts originär in Anspruch genommenen Befugnisse aus Kapitel VII der UN-Charta an die Richterschaft des jeweiligen Tribunals. III. Sonstige Vorschriften der ad hoc Tribunale Neben den Statuten und den Verfahrensordnungen gelten für das ICTY bzw. ICTR weitere spezielle Vorschriften.51 Für das Strafverfahren im engeren Sinne läßt sich hinsichtlich dieser Vorschriften der ad hoc Tribunale jedoch allenfalls von einer mittelbaren Wirkung ausgehen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang zunächst die Haftordnungen, rules of detention. Diese Regeln beziehen sich auf den von den niederländischen bzw. den tansanischen Behörden überlassenen Haftbereich der Tribunale, detention unit. Diese Haftordnungen wurden wie die Verfahrensordnungen gemäß Art. 15 ICTY-Statut bzw. Art. 14 ICTR-Statut durch das Richterplenum angenommen, Regel 24 iv) der Verfahrensordnungen.52 In den Haftordnungen werden unter anderem die Rechte der Inhaftierten, wie beispielsweise das des ungehinderten Verkehrs und der Beratung durch den Verteidiger geregelt, Regel 67 ICTY-Haftordnung.53 Bei der Normierung orientierten sich die Richter an den Standards, wie sie sich aus dem Internationalen Menschenrechtsschutz, insbesondere aus den United Nations Standard Minimum Rules for the Treatment of Prisoners herleiten ließen.54 Im weiteren gelten spezielle Rechtsgrundlagen im Zusammenhang mit der Verteidigung. So beschlossen die Richter auf Vorschlag 50 Simma-Hilf, Charter of the United Nations, Art. 29 Rdnr. 30; Simma-Hilf, Charta der Vereinten Nationen, Art. 29 Rdnr. 29. 51 Vgl. dazu die Auflistung bei: Hafner, Procedural Powers of the ICTY, S. 655; Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 17. 52 ICTY-Rules Governing the Detention of Persons awaiting Trial or Appeal before the Tribunal or otherwise Detained on the Authority of the Tribunal, Adopted on 5 May 1994, UN Doc. IT/38; ICTR-Rules Covering the Detention of Persons awaiting Trial or Appeal before the Tribunal or otherwise Detained on the Authority of the Tribunal, Adopted on 9 January 1996. 53 Vgl. auch ICTY-Regulations to Govern the Supervision of Visits to and Communications with Detainees, UN Doc. IT/98. 54 Insbesondere United Nations Standard Minimum Rules for the Treatment of Prisoners, UN-Doc. A/CONF/6/1, Annex I-A; United Nations Standard Minimum Body of Principles for the Protection of All Persons under any Form of Detention or Imprisonment, UN-Doc. A/43/49 (1988). Vgl. auch First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 99.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

des Kanzlers nach Regel 45 der Verfahrensordnungen die sog. Richtlinie zur Verteidigerbestellung, Directive on Assignment of Defence Counsel,55 und der Kanzler erließ den sog. Verhaltenskodex für Verteidiger, Code of Professional Conduct for Defence Counsel.56 Einen entsprechenden Verhaltenskodex gibt es auch für die beim ICTY beschäftigten Dolmetscher und Übersetzer.57 IV. Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes Bereits im Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 3. Mai 1993 zur Vorlage eines Statutsentwurfs für das ICTY an den Sicherheitsrat58 wurde hervorgehoben, daß die Garantien des Internationalen Menschenrechtsschutzes auch im Rahmen der Strafverfahren vor dem ICTY zu respektieren sind: „It is axiomatic that the International Tribunal must fully respect internationally recognized standards regarding the rights of the accused at all stages of its proceedings. In the view of the Secretary-General, such internationally standards are, in particular, contained in article 14 of the International Covenant on Civil and Political Rights.“59

Besondere Bedeutung erlangt dabei aufgrund seiner universellen Verbreitung Art. 14 IPbpR.60 Der Einfluß der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 55 ICTY-Directive on Assignment of Defence Counsel, UN Doc. IT/73/Rev.8; vgl. Ambos, Stellung von Verteidiger und Beschuldigtem, S. 124; Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 884 ff.; ICTR-Directive on Assignment of Defence Counsel, 9 January 1996. 56 ICTY-Code of Professional Conduct for Defence Counsel, UN Doc. IT/125; vgl. dazu Ambos, Stellung von Verteidiger und Beschuldigtem, S. 125 f.; ICTR-Code of Professional Conduct for Defence Counsel, 8 June 1998. 57 Code of Ethics for Interpreters and Translators Employed by the ICTY, UN Doc. IT/144. 58 Vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. I. 1. 59 UN Doc. S/25704, para. 106; vgl. zur Auslegung des Begriffs international standards auch: Warbrick, International Criminal Courts and a Fair Trial, S. 46 ff. 60 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II S. 1534 ff.: „Art. 14 (1) Alle Menschen sind vor Gericht gleich. Jedermann hat Anspruch darauf, daß über eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. Aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft oder wenn es im Interesse des Privatlebens der Parteien erforderlich ist oder – soweit dies nach Auffassung des Gerichts unbedingt erforderlich ist – unter besonderen Umständen, in denen die Öffentlichkeit des Verfahrens die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würde, können Presse und Öffentlichkeit während der ganzen oder eines Teils der Verhandlung ausgeschlossen werden; jedes Urteil in einer Straf- oder Zivilsache ist jedoch öffentlich zu verkünden, sofern nicht die Interessen Jugendlicher dem entgegenstehen oder das Verfahren Ehestreitigkeiten oder die Vormundschaft über Kinder betrifft.

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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vom 10. Dezember 194861 auf die rechtliche Ausgestaltung des Strafverfahrens vor den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen wurde im ersten Jahresbericht des ICTY herausgestellt.62 (2) Jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte hat Anspruch darauf, bis zu dem im gesetzlichen Verfahren erbrachten Nachweis seiner Schuld als unschuldig zu gelten. (3) Jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte hat in gleicher Weise im Verfahren Anspruch auf folgende Mindestgarantien: a) Er ist unverzüglich und im einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten; b) er muß hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben; c) es muß ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen; d) er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; e) er darf Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter den für die Belastungszeugen geltenden Bedingungen erwirken; f) er kann die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen, wenn er die Verhandlungssprache nicht versteht oder spricht; g) er darf nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen. (4) Gegen Jugendliche ist das Verfahren in einer Weise zu führen, die ihrem Alter entspricht und die Wiedereingliederung in die Gesellschaft fördert. (5) Jeder, der wegen einer strafbaren Handlung verurteilt worden ist, hat das Recht, das Urteil entsprechend dem Gesetz durch ein höheres Gericht nachprüfen zu lassen. (6) Ist jemand wegen einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und ist das Urteil später aufgehoben oder der Verurteilte begnadigt worden, weil neue oder eine neu bekannt gewordene Tatsache schlüssig beweist, daß ein Fehlurteil vorlag, so ist derjenige, der auf Grund eines solchen Urteils eine Strafe verbüßt hat, entsprechend dem Gesetz zu entschädigen, sofern nicht nachgewiesen wird, daß das nicht rechtzeitige Bekanntwerden der betreffenden Tatsache ganz oder teilweise ihm zuzuschreiben ist. (7) Niemand darf wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des jeweiligen Landes rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, erneut verfolgt oder bestraft werden.“ 61 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948, Resolution 217 (III) der Generalversammlung der Vereinten Nationen, G.A. Res. 217A(III), UN Doc. A/810 (1948): „Art. 8 Anspruch auf Rechtsschutz Jeder Mensch hat Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz vor den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen alle Handlungen, die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzen. Art. 9 Schutz vor Verhaftung und Ausweisung Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden. Art. 10 Anspruch auf rechtliches Gehör Jeder Mensch hat in voller Gleichberechtigung Anspruch auf ein der Billigkeit entsprechendes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Während den strafverfahrensrechtlichen Bezügen des Internationalen Menschenrechtsschutzes somit im Rahmen des Rechtssetzungsprozesses damit Bedeutung zuerkannt wurde, so existiert hingegen weder in den Statuten noch in den Verfahrensordnungen eine Vorschrift, die das Verhältnis zwischen den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes und dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale explizit regelt. Das ICTY hat in einer Entscheidung festgestellt, daß diesen Normen für das Strafverfahren vor den ad hoc Tribunalen zumindest keine unmittelbare Geltung zukommt: „As such the interpretation given by other judicial bodies to Art. 14 ICCPR and Art. 6 of the ECHR is only of limited relevance in applying the provisions of the Statute and Rules of the International Tribunal, as these bodies interpret their provisions in the context of their legal framework, which do not contain the same considerations. In interpreting the provisions which are applicable to the International Tribunal (. . .) the judges must do so within the context of its own unique legal framework.“63

Dem Individuum ist es mithin verwehrt, seine Rechte gegenüber dem ICTY bzw. ICTR unmittelbar aus den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes einzufordern.64 Diese Rechtsauffassung des ICTY vermag insbesondere deshalb nicht überzeugen, da den Beteiligten eines Verfahrens vor den ad hoc Tribunalen damit im Ergebnis weniger Rechte zuteil werden als den Beteiligten eines Verfahrens vor staatlichen Gerichten. So ist insbesondere im Hinblick auf Art. 6 EMRK65 Gericht, das über seine Rechte und Verpflichtungen oder aber über irgendeine gegen ihn erhobene strafrechtliche Beschuldigung zu entscheiden hat. Art. 11 Quivis censetur innocens; nulla poena sine lege Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist so lange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist. Niemand kann wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die im Zeitpunkt, da sie erfolgte, auf Grund des nationalen oder internationalen Rechts nicht strafbar war. Desgleichen kann keine schwerere Strafe verhängt werden als die, welche im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung anwendbar war. Art. 12 Freiheitssphäre des Einzelnen Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, sein Heim oder seinen Briefwechsel noch Angriffen auf seine Ehre und seinen Beruf ausgesetzt werden. Jeder Mensch hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen derartige Eingriffe oder Anschläge.“ 62 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 22. 63 Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Prosecutors Motion Requesting Protective Measures for Victims and Witnesses, 10 August 1995, para. 27; vgl. dazu Sluiter, Obtaining Evidence for the ICTY, S. 105; Wladimiroff, Rights of Suspects and Accused, S. 430. 64 Sluiter, Obtaining Evidence for the ICTY, S. 105. 65 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. 1952 II, S. 685 ff.:

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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europaweit anerkannt, daß entsprechende Verletzungen vor den staatlichen Strafgerichten gerügt werden können.66 In Deutschland kann sich jedermann auf die in der Konvention verbürgten Garantien berufen.67 Das Ratifikations- bzw. Transformationsgesetz wird in diesem Zusammenhang als ausreichende Rechtsgrundlage angesehen. Möglichen Kollisionen mit anderem Bundesrecht, sei es einfachgesetzlicher oder gar verfassungsrechtlicher Natur, wird mittels einer konventionskonformen Auslegung vorgebeugt. Faktisch führt das sogar zu einem Vorrang der EMRK vor deutschem Recht.68 Anhand einer Entscheidung des BVerfG läßt sich dies nachvollziehen: „Die Unschuldsvermutung ist eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und hat damit Verfassungsrang. Sie ist auch kraft Art. 6 Abs. 2 EMRK Bestandteil des positiven Rechts der Bundesrepublik Deutschland im Range eines Bundesgesetzes. Wenn das Bundesverfassungsgericht sich zur Definition der Unschuldsvermutung auf den Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 EMRK bezogen hat, der in der Bundesrepublik den Rang von Verfassungsrecht nicht genießt, so beruht dies auf der rechtlichen Wirkung, die das Inkrafttreten der Konvention auf das Verhältnis zwischen „Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren (1) Jede Person hat ein Recht darauf, daß über Streitigkeiten in bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muß öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozeßparteien es verlangen oder – soweit das Gericht es für erforderlich hält – wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. (2) Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig. (3) Jede angeklagte Person hat mindestens folgende Rechte: a) innerhalb möglichst kurzer Frist und in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden; b) ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben; c) sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger Ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zu Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; d) Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten; e) unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.“ 66 Vgl. Schweizerisches Bundesgericht, Lausanne (Urteil v. 2. Dezember 1998), EuGRZ 20 (1999), S. 134 ff.; High Court, Queen’s Bench Division, London (Urteil vom 9. November 1999), EuGRZ 20 (1999), S. 227; vgl. auch zur Rechtslage in Großbritannien: Guinchard, Boundaries of the Concept of Crime, S. 723 ff. 67 Kühne, Strafprozeßrecht, Rdnr. 29 m. w. N. 68 Beulke, Strafprozessrecht, S. 5 f. m. w. N.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation den Grundrechten des Grundgesetzes und ihnen verwandten Menschenrechten der Konvention hat. Bei der Auslegungen des Grundgesetzes sind auch Inhalt und Entwicklungsstand der Europäischen Menschenrechtskonvention in Betracht zu ziehen, sofern dies nicht zu einer Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt, eine Wirkung die die Konvention indes selbst ausgeschlossen wissen will (Art. 60 EMRK). Deshalb dient insoweit auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes. Auch Gesetze – hier die Strafprozeßordnung – sind im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auszulegen und anzuwenden, selbst wenn sie zeitlich später erlassen worden sind als ein geltender völkerrechtlicher Vertrag; denn es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet hat, von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland abweichen oder die Verletzung solcher Verpflichtungen ermöglichen will.“69

Auch bei den ad hoc Tribunalen erlangen die Vorgaben des Internationalen Menschenrechtsschutzes bei der richterlichen Auslegung des Statuts und der Verfahrensordnungen eine weiterreichende Anerkennung. So wird in den Vorschriften der Verfahrensordnungen zunächst implizit auf den Internationalen Menschenrechtsschutz Bezug genommen.70 Besonders deutlich wird dies in Regel 95 der Verfahrensordnungen, wonach ein Beweismittel, das der Integrität des Verfahrens schaden könnte, zurückgewiesen werden kann.71 In der ursprünglichen Fassung der Vorschrift war festgelegt, daß ein im Widerspruch zu völkerrechtlich geschützten Menschenrechten beschafftes Beweismittel als unzulässig gilt.72 Durch die Änderung der Vorschrift sollte diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr der normative Anwendungsbereich erweitert werden.73 Auch im übrigen greifen die Richter der ad hoc Tribunale im Rahmen der Auslegung ihres Verfahrensrechts vielfach auf Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes und entsprechende Urteile bzw. Entscheidungen der jeweiligen Menschenrechtsgerichtshöfe und sonstigen zur Interpretation dieser Normen berufenen Institutionen zurück.74 Im Wege einer komparativen Methode 69

BVerfGE 74, 358 (370); vgl. auch BGH JR 2002, 121 (123). Vgl. u. a. Regel 5 lit. c) ICTY-VerfO bzw. ICTR-VerfO. 71 Vgl. May, Evidence before the ICTY, S. 199 f. 72 Nsereko, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 329 f. 73 Second Annual Report of the ICTY, 23 August 1995, UN Doc. A/50/365, para. 26 Fn. 9; Jones, Practice of the International Criminal Tribunals, S. 427 f. m. w. N.; Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 47. 74 Vgl. u. a. Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision on Zdravko Mucic’s Motion for the Exclusion of Evidence, 2 September 1997, para. 50 f.; Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Decision on the Objection of the Republic of Croatia to the Issuance of Subpoena Duces Tecum, 18 Juli 1997, para. 118 ff.; Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Prosecutor’s Motion Requesting Protective Measures for Victims and Witnesses, 10 August 1995, para. 28 f. 70

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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wird dabei geprüft, inwieweit der Regelungsgehalt der jeweiligen Norm auf die Interessenlage im Strafverfahren vor dem ICTY bzw. ICTR übertragbar ist.75 Ggf. erfolgt dann eine Berücksichtigung im Wege einer ergänzenden oder berichtigenden Auslegung des unmittelbar geltenden Strafverfahrensrechts in Gestalt der Statuten bzw. Verfahrensordnungen.76 Infolge dieser Auslegungsmethode wird grundsätzlich sichergestellt, daß die grundlegenden menschenrechtlichen Garantien im Strafverfahren vor den ad hoc Tribunalen Berücksichtigung finden.77 Problematisch erscheint es jedoch, diese Auslegungsmethode dogmatisch zu begründen.78 Das ICTY hat in einer Entscheidung ausdrücklich auf Art. 31 der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK) Bezug genommen und entschieden, daß diese Vorschrift auch für die Auslegung des ICTY-Statuts verbindlich sein soll.79 Diese Auffassung wird auch seitens der Richter des ICTR vertreten: „Although the Statute is not a treaty, it is a sui generis international legal instrument resembling a treaty. Adopted by the Security Council, an organ to which Member States of the United Nations have vested legal responsibility, the Statute shares with treaties fundamental similarities. Because the Vienna Convention codifies logical and practical norms that are consistent with domestic law, it is applicable under customary international law to international instruments which are not treaties. Thus recourse by analogy is appropriate to Article 31 of the Vienna Convention in interpreting the provisions of the Statute.“80

Eine Einbeziehung der Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes ließe sich dann konsequenterweise auf eine entsprechende Anwendung des Art. 31 Abs. 3 lit. c) WVK zurückführen.81 Grundlegende Voraussetzung wäre dann aber eine unmittelbare Geltung der Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes.82 Diese Lösung läßt sich wiederum nur schwerlich mit der insoweit ablehnenden Haltung in der Rechtsprechung der ad hoc Tribunale gegenüber einer unmittelbaren Geltung menschenrechtlichen Vertrags- und Gewohnheitsrechts vereinbaren. Eine exakte dogmatische Begründung für das Verhältnis zwischen den Statuten und den Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale ei-

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Vgl. Hafner, Procedural Powers of the ICTY, S. 668. Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 153. 77 Brady, Evidence in the Statute of the ICC, S. 282. 78 Robinson, Fair and Expeditious Trials at the ICTY, S. 572 f. 79 Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Prosecutor’s Motion Requesting Protective Measures for Victims and Witnesses, 10 August 1995, para. 18. 80 Prosecutor v. Joseph Kanyabashi (ICTR-96-15), Joint and Separate Opinion of Judge McDonald and Judge Vohrah, 3 June 1999, para. 15. 81 Vgl. zu Art. 31 Abs. 3 lit. c) WVK: Sinclair, Vienna Convention and the Law of Treaties, S. 138 ff. 82 Gallant, Individual Human Rights, S. 700 f.; Triffterer-McAuliffe de Guzman, Commentary on the Rome Statute, Art. 21 Rdnr. 6. 76

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

nerseits und den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes andererseits steht somit noch aus. Im Schrifttum herrscht insoweit Übereinstimmung, als daß zumindest den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes, denen der Charakter des ius cogens zukommt, eine unmittelbare Bindungswirkung gegenüber den ad hoc Tribunalen bzw. eine unmittelbare Geltung im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht verneint werden kann.83 Folgte die Rechtsprechung der ad hoc Tribunale dieser Rechtsauffassung, so könnte möglichen Kollisionen zwischen menschenrechtlichen Vorgaben einerseits und den Vorschriften der Statuten und Verfahrensordnungen andererseits wie auf staatlicher Ebene mittels der Methode einer menschenrechtsfreundlichen Auslegung begegnet werden. V. Staatliches Strafverfahrensrecht Für das Verhältnis zwischen den speziellen Rechtsgrundlagen der ad hoc Tribunale und dem staatlichen Strafverfahrensrecht ergeben sich ähnliche Problemkreise wie bei den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes. Eine mangelnde unmittelbare Bindungswirkung staatlichen Strafverfahrensrechts wird zunächst im Beweisrecht der Tribunale offensichtlich. So heißt es jeweils in Regel 89 (A) der Verfahrensordnungen, daß die Strafkammern nicht durch nationale Beweisregeln gebunden sind. Ausdrücklich stellte das ICTY in einer Entscheidung fest, daß die Richter weder an das Strafverfahrensrecht angloamerikanischer noch kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen gebunden sind. „In adopting the Rules, the Judges recognized procedures from both the common law and continental legal systems, but considered that they were bound by neither, although the Statute – and thus, the Rules – tends towards the adversarial system in many respects.“84

Doch auch staatlichem Verfahrensrecht wird im Rahmen der richterlichen Auslegung von verfahrensrechtlichen Vorschriften Bedeutung zuerkannt.85 Die Auslegungsmethode entspricht insoweit derjenigen im Falle der Berücksichtigung des Internationalen Menschenrechtsschutzes. Auch staatliches Strafverfahrensrecht wird hinsichtlich einzelner Regelungskomplexe zunächst vergleichend 83

Wladimiroff, Rights of Supects and Accused, S. 430. Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Decision on the Objection of the Republic of Croatia to the Issuance of Subpoena Duces Tecum, 18 Juli 1997, para. 60; vgl. auch Prosecutor v. Drazen Erdemovic (IT-96-22), Seperate and Dissenting Opinion of Judge Cassese, 7 October 1997, para. 2 ff. mit Besprechung der relevanten Urteilspassage bei Shaw, Procedural and Evidential Issues, S. 67 ff. 85 Prosecutor v. Drazen Erdemovic, (IT-96-22), Joint Seperate Opinion of Judge McDonald and Judge Vohrah, 7 October 1997, para. 6; Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Decision on the Objection of the Republic of Croatia to the Issuance of Subpoena Duces Tecum, 18 Juli 1997, para. 124 ff. 84

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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untersucht und ggf. im Wege einer berichtigenden oder ergänzenden Auslegung der Statuten und der Verfahrensordnungen von seiten des ICTY bzw. ICTR berücksichtigt.86 Auch hier fehlt es insoweit bisher an einer allseits anerkannten dogmatischen Begründung. Im Schrifttum wird vereinzelt vertreten, daß insoweit im Ergebnis eine subsidiäre Anwendung staatlichen Strafverfahrensrechts in Form der allgemeinen Rechtsgrundsätze im Sinne des Art. 38 Abs. 1 lit. c) IGH-Statut erfolgt.87 Stützen läßt sich diese Auffassung auf eine Entscheidung des ICTY, in der es heißt: „Due to the unique nature of the Tribunal, there is no international analogue to provide direct precedent. Therefore, resort to recognized procedures of other international tribunals and national courts in both common and civil law systems was necessary to ascertain general principles of law which comport with the nature and purposes of the International Tribunal.“88

Dem widerspricht allerdings wiederum die seitens des ICTY zitierte Auffassung, daß staatliches Strafverfahrensrecht generell keine Bindungswirkung gegenüber dem Gericht entfaltet. Sicher feststellen läßt sich in diesem Zusammenhang somit lediglich, daß zumindest die Möglichkeit einer Anwendung strafverfahrensrechtlicher Regelungen oder Grundsätze nur einer einzelnen Rechtsordnung bzw. einer der beiden großen Rechtsfamilien als ausgeschlossen zu betrachten ist.

B. Der Internationale Strafgerichtshof Auch beim ICC läßt sich im Hinblick auf die speziell für das Strafverfahren vor dem Gerichtshof geltenden Rechtsgrundlagen zunächst zwischen dem Statut, der Verfahrensordnung sowie sonstigen Vorschriften unterscheiden. I. Statut des ICC Das ICC-Statut wurde als völkerrechtlicher Vertrag am 17. Juli 1998 auf der Staatenkonferenz der Vereinten Nationen angenommen. Am 1. Juli 2002 ist das Statut nach Hinterlegung der sechzigsten Ratifikationsurkunde in Kraft getreten.89 Während es im Falle der ad hoc Tribunale durchaus nicht unproblematisch erscheint, eine Kompetenz des Sicherheitsrates bzw. aufgrund des Art. 15 ICTY-Statut bzw. Art. 14 ICTR-Statut eine Kompetenz der Richterschaft zur 86 Kolodkin, Ad Hoc Tribunals for the Prosecution of Serious Violations of IHL, S. 183; Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 153. 87 Hafner, Procedural Powers of the ICTY, S. 668 f.; Oellers-Frahm/Specht, Erdemovic-Rechtsprechung des Jugoslawien-Tribunals, S. 401. 88 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Decision on the Objection of the Republic of Croatia to the Issuance of Subpoena Duces Tecum, 18 Juli 1997, para. 152. 89 Vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. II. 5.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Schaffung von Strafverfahrensrecht zu begründen, ergeben sich in diesem Zusammenhang beim ICC keinerlei Schwierigkeiten. Gegenüber einer Rechtssetzung mittels völkerrechtlichem Vertrag im Sinne des Art. 38 Abs. 1 lit. a) IGHStatut lassen sich keine vergleichbaren Bedenken geltend machen. Während das Strafverfahren der ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen lediglich ansatzweise in den Statuten, im wesentlichen hingegen in der nachrangigen Verfahrensordnung geregelt ist, erfolgte im Falle des ICC eine vergleichsweise detaillierte Regelung des Strafverfahrens bereits unmittelbar im Statut. Dieser Unterschied hinsichtlich der Regelung des Strafverfahrens zeichnete sich bereits während der Verhandlungen des Preparatory Committee ab. In seinem Bericht heißt es in diesem Zusammenhang: „Furthermore, a number of delegations suggested that, in order to satisfy the requirements of fairness, transparency, consistency and equality in criminal proceedings, not only the fundamental principles of criminal law, but also the general and most important rules of procedure and evidence should be articulated in the Statute. It was also suggested that the principle of procedural legality and its consequences should be firmly established in the Statute itself.“90

Während die Delegierten angloamerikanischer Rechtsordnungen, insbesondere der USA, bis zuletzt für eine möglichst weitgehende Normierung des Strafverfahrens in einer nachrangigen Verfahrensordnung eintraten, befürworteten die Delegierten kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen, insbesondere Frankreichs,91 eine komplette Einbeziehung des Verfahrensrechts in das Statut.92 Die letztlich getroffene Entscheidung, das Strafverfahren einerseits einer mitunter detaillierten Regelung im ICC-Statut zu unterziehen, andererseits aber auch verschiedene verfahrensrechtliche Aspekte der Regelung durch eine nachrangige Verfahrensordnung zu überlassen, stellt damit den Kompromiß zwischen diesen beiden Standpunkten dar. Bedenkt man, daß jeder Delegierte bei den Vorarbeiten und den Verhandlungen zum ICC-Statut selbstverständlich bestrebt war, seine aus dem staatlichen Strafverfahrensrecht erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen mit einzubringen, so läßt sich erklären, daß gerade diese Vorgehensweise zu einer Gleichgewichtung der beiden großen Rechtsfamilien führte.93 Eine tendenziell stärkere Anlehnung an das angloamerikanische Strafverfahren, wie sie im Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen festzustellen ist, konnte somit beim ICC weitgehend vermieden werden.94 90 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 185. 91 UN Doc. A/AC.249/L.3. 92 Behrens, Verfahren des internationalen Strafgerichtshofes, S. 145. 93 Vgl. Report of the Ad Hoc Commmittee on the International Criminal Court, UN Doc. A/50/22, Para. 130.

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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Von den 13 Teilen bzw. 128 Artikeln des ICC-Statuts beziehen sich bereits 3 Teile bzw. 29 Artikel unmittelbar auf das Strafverfahren im engeren Sinne. So regelt der 5. Teil bzw. Art. 53–61 das Ermittlungsverfahren und die Bestätigung der Anklage,95 der 6. Teil bzw. Art. 62–76 das Hauptverfahren96 und der 8. Teil bzw. Art. 81–85 die Berufung und die Wiederaufnahme. Den übrigen Teilen bzw. Artikeln des ICC-Statuts ist zumindest eine mittelbare Wirkung auf verschiedene Aspekte des Strafverfahrens zuzusprechen. Es ergeben sich insbesondere aus dem 2. Teil bzw. Art. 5–21 ICC-Statut unter anderem die Regelungen betreffend der Zuständigkeiten des ICC, denen zwangsläufig Bedeutung für die Frage der Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens bzw. Strafverfahrens zuzusprechen ist.97 Der 4. Teil bzw. Art. 34–52 ICC-Statut ist der Zusammensetzung und Verwaltung des Gerichtshof, d.h. der Organisation des Gerichtshofs gewidmet. Auch insoweit ist eine Ausstrahlung der Vorschriften auf das Strafverfahren nicht zu bezweifeln.98 Schließlich ergeben sich zumindest mittelbare Wirkungen auf das Strafverfahren auch durch den 9. Teil bzw. Art. 86–102 ICCStatut zur Regelung der internationalen Zusammenarbeit und Rechtshilfe. Insbesondere die Durchführung des Ermittlungsverfahrens bzw. verschiedener Ermittlungmaßnahmen sind von der Kooperation der Staaten nach diesen Vorschriften abhängig.99 II. Verfahrensordnung des ICC Die Verfahrens- und Beweisordnung des ICC (ICC-VerfO) stellt neben dem ICC-Statut die wichtigste Rechsgrundlage für das Strafverfahren vor dem Gerichtshof dar. Zahlreiche Bestimmungen des ICC-Statuts verweisen auf diese Verfahrensordnung. Insgesamt lassen sich den Vorschriften der verschiedenen Teile des ICC-Statuts 45 explizite Bezugnahmen entnehmen.100 Im Falle einer Kollision zwischen den Normen des ICC-Statuts und der ICC-VerfO ist letztere nachrangig, Art. 51 Abs. 4 und 5 ICC-Statut. Dies entspricht der Rechtslage beim ICTY bzw. ICTR. Ein wesentlicher Unterschied gegenüber den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen besteht aber darin, daß die ICC-VerfO nicht von den Richtern des ICC 94

Vgl. Cassese, Statute of the ICC, S. 168 f. Vgl. unten 3. Kapitel, B. I. und II. 96 Vgl. unten 3. Kapitel, B. III. 97 Vgl. unten 3. Teil, 2. Kapitel, B. I.–V. 98 Vgl. unten 2. Kapitel, B. 99 Vgl. unten 4. Teil, 2. Kapitel, B. 100 Note by the Secretariat – References to Rules of Procedure and Evidence found in the Rome Statute of the International Criminal Court and in relevant documents of the United Nations Diplomatic Conference of Pleniptentiaries for the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. PCNICC/1999/L.2. 95

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

erlassen wird, sondern von der Versammlung der Vertragsstaaten, in die jeder Vertragsstaat einen Vertreter entsendet, Art. 112 Abs. 1 ICC-Statut.101 Für das Inkrafttreten der ICC-VerfO ist eine Zweidrittelmehrheit der Delegierten erforderlich, Art. 51 Abs. 1 ICC-Statut. Bereits im Bericht des Preparatory Committee wird zur Zuständigkeit für den Erlaß der ICC-VerfO ausgeführt: „The view was generally expressed that the method used for the statutes of the International Tribunal for the former Yugoslavia and of the International Tribunal for Rwanda, which left it to the judges to elaborate and adopt substantive rules of procedure and evidence, was not an appropriate model for the elaboration of such rules for a permanent court to be established by on a consensual basis by States parties to its Statute.“102

Auch die Befugnis zu Änderungen der ICC-VerfO steht grundsätzlich nicht den Richtern des ICC, sondern den Delegierten der Versammlung der Vertragsstaaten zu. Die Annahme einer Änderung setzt wie beim Erlaß eine Zweidrittelmehrheit unter den Mitgliedern der Versammlung der Vertragsstaaten voraus, Art. 51 Abs. 2 S. 2 ICC-Statut. Den Richtern verbleibt aber zunächst neben jedem Vertragsstaat und dem Ankläger das Recht, Änderungen der ICC-VerfO vorzuschlagen, Art. 51 Abs. 2 ICC-Statut. Erforderlich ist dazu die absolute Stimmenmehrheit der Richter, Art. 51 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut. Im weiteren können die Richter Änderungen im Sinne vorläufiger Regeln aufstellen, die lediglich bis zur nächsten Tagung der Versammlung der Vertragsstaaten Geltung entfalten. Auf der jeweiligen Tagung entscheidet die Versammlung der Vertragsstaaten über die endgültige Annahme, Änderung oder Ablehnung dieser Regeln. Die Voraussetzungen für den Erlaß solcher vorläufigen Regeln sind jedoch gemäß Art. 51 Abs. 3 ICC-Statut äußerst streng. So muß der Erlaß einer vorläufigen Regel dringend erforderlich sein. Es bedarf insoweit auch einer Regelungslücke in der ICC-VerfO und letztlich muß sich unter den Richtern eine Mehrheit von zwei Dritteln für den Erlaß der vorläufigen Regel finden.103 Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit bzw. Rechtssicherheit gilt sowohl im Falle einer Änderung der ICC-VerfO als auch beim Erlaß einer vorläufigen Regel, daß diese nicht rückwirkend zum Nachteil einer Person in einem schwebenden Verfahren angewendet werden kann, Art. 51 Abs. 4 S. 2 ICC-Statut. Eine entsprechende Garantie wurde auch einem Angeklagten vor dem ICTY bzw. ICTR zugesprochen. Insoweit ergibt sich folglich eine Übereinstimmung des Strafverfahrensrechts. Die Kommission, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen entsprechend dem Schlußakt der Rom Konferenz mit sämtlichen Arbeiten zur 101

Vgl. unten 2. Kapitel, B. IV. Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 186. 103 Vgl. Triffterer-Broomhall, Commentary on the Rome Statute, Art. 51 Rdnr. 29. 102

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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Vorbereitung des Inkrafttretens des ICC-Statuts betraut worden ist,104 die Preparatory Commission,105 hat im Jahre 2000 bereits einen Entwurf für die ICCVerfO vorgelegt.106 Dieser umfangreiche Entwurf besteht aus insgesamt 12 Kapiteln und 225 Regeln. Besonders erläutert wird in einer einleitenden Erklärung der Kommission das Verhältnis zwischen der ICC-VerfO und dem ICC-Statut. „The Rules of Procedure and Evidence are an instrument for the application of the Rome Statute of the International Criminal Court, to which they are subordinated in all cases. In elaborating the Rules of Procedure and Evidence, care has been taken to avoid rephrasing and, to the extent possible, repeating the provisions of the Statute. Direct references to the Statute have been included in the Rules, where appropriate, in order to emphasize the relationship between the Rules and the Rome Statute, as provided for in Article 51, in particular, paragraphs 4 and 5. In all the cases, the Rules of Procedure and Evidence should be read in conjunction with and subject to the provisions of the Statute.“107

Die Staatenversammlung hat diesen Entwurf im September 2002 auf ihrer ersten Sitzung angenommen und damit als verbindliche Verfahrensordnung des ICC in Kraft gesetzt.108 Bereits die Struktur der Verfahrensordnung läßt eine starke Orientierung am ICC-Statut deutlich werden. Das 1. Kapitel enthält noch allgemeine Vorschriften, wie insbesondere verschiedene Begriffsbestimmungen, Regel 1 ICC-VerfO. Das 2. Kapitel aber ist der Zusammensetzung und Verwaltung des Gerichtshofs gewidmet109 und ergänzt damit direkt die Vorschriften des gleichnamigen 4. Teils des ICC-Statuts. Im 3. Kapitel sind Zuständigkeit und Zulässsigkeit, jurisdiction and admissibility, geregelt,110 wodurch der Bezug zum 2. Teil des ICCStatuts zum Ausdruck kommt. Das 4. Kapitel beinhaltet allerdings allgemeine Vorschriften für sämtliche Verfahrensstadien und läßt insoweit keinen Bezug zu einem bestimmten einzelnen Teil des ICC-Statuts erkennen. Die nachfolgenden Kapitel lassen sich hingegen wieder den in Numerierung und Überschriften übereinstimmenden, einzelnen Teilen des ICC-Statuts zuordnen. So behandelt das 5. Kapitel das Ermittlungsverfahren111 und die Bestätigung der Anklage,112 104

UN GA Res. 53/105 of 8 December 1998. Vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. II. 4.; Dörmann, Preparatory Commission, S. 304 ff. 106 Report of the Preparatory Commission for the International Criminal Court – Addendum – Finalized Draft Text of the Rules of Procedure and Evidence, UN Doc. PCNICC/2000/INF/3/Add. 1. 107 Report of the Preparatory Commission for the International Criminal Court – Addendum – Finalized Draft Text of the Rules of Procedure and Evidence – Explanatory Note, UN Doc. PCNICC/2000/INF/3/Add. 1. 108 ICC-ASP/1/3; vgl. unten 2. Kapitel, B. IV. 109 Vgl. Jarasch, Rules Concerning the Composition and Administration of the ICC, S. 155 ff. 110 Vgl. Lindenmann, Rules on Jurisdiction and Admissibility, S. 173 ff. 111 Vgl. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 191 ff. 105

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

das 6. Kapitel das Hauptverfahren, das. 7. Kapitel die Strafen113 und das 8. Kapitel die Berufung und Wiederaufnahme.114 Es folgt ein Kapitel über Straftaten gegen die Rechtspflege und ordnungswidriges Verhalten vor Gericht, welches insoweit die Art. 70 und 71 ICC-Statut ergänzt. Auch das 10. Kapitel, das die Entschädigung rechtswidrig Festgenommener oder Verurteilter regelt, komplementiert nicht einen Teil des ICC-Statuts, sondern lediglich einen einzelnen Artikel, nämlich Art. 85 ICC-Statut. Das 11. Kapitel entspricht dem 9. Teil des ICC-Statut zur Regelung der Internationalen Zusammenarbeit und Rechtshilfe. Das 12. und letzte Kapitel umfaßt die Regeln zur Vollstreckung der Strafen und bezieht sich folglich auf den 10. Teil des ICC-Statuts. III. Sonstige Vorschriften des ICC Genauso wie im Falle der ad hoc Tribunale gelten auch für den ICC neben dem Statut und der Verfahrensordnung weitere spezielle Rechtsgrundlagen.115 So sieht die Verfahrensordnung insbesondere auch den Erlaß eines Verhaltenskodexes für Verteidiger vor, Regel 8 ICC-VerfO.116 Für den Erlaß zuständig ist beim ICC allerdings nicht der Kanzler, sondern die Versammlung der Vertragsstaaten.117 Im weiteren läßt sich den Vorschriften nicht entnehmen, daß auch für den ICC wie bei den ad hoc Tribunalen eine eigenständige Haftordnung in Kraft gesetzt werden soll. Vielmehr erscheint die Normierung des ICC-Statuts bzw. der ICC-VerfO als ausreichend angesehen zu werden. Ebenfalls neuartig im Vergleich zu den ad hoc Tribunalen ist auch die Unterteilung zwischen der Verfahrensordnung einerseits und der sog. Geschäftsordnung des ICC andererseits.118 So wird in Art. 52 ICC-Statut den Richtern des ICC die Befugnis zugesprochen, den normalen Geschäftsgang des Gerichts durch den Erlaß einer Geschäftsordnung selbst zu regeln. Im Unterschied zur Verfahrensordnung des ICC dürfen von der Geschäftsordnung allerdings ausschließlich Fragen der internen Organisation und Funktionsweise erfaßt werden.119 Letztlich läßt sich dieser Geschäftsordnung des ICC zumindest eine mittelbare Auswirkung auf das Strafverfahren nicht absprechen. 112

Vgl. Lewis, Rules: Confirmation Hearing to Trial, S. 219 ff. Vgl. Peglau, Penalties and the Determination of the Sentence in the Rules, S. 141 ff. 114 Vgl. Brady, Rules on the Appeal, S. 235 ff. 115 Vgl. Auflistung im einzelnen: Final Act of the United Nations Dipolmatic Conference of Plenipotentiaries on the Establishment of an International Criminal Court, Done at Rome On 17 July 1998, para. F. 5. (a)–(h), UN Doc. A/CONF. 183/10. 116 Jarasch, Rules Concerning the Composition and Administration, S. 158. 117 Vgl. unten 2. Kapitel, B. IV. 118 Vgl. dazu bereits oben II. 119 Triffterer-Behrens, Commentary on the Rome Statute, Art. 52 Rdnr. 8. 113

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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Im Unterschied zu den ad hoc Tribunalen sieht Art. 21 Abs. 1 lit. a) ICCStatut als weitere Kategorie von Vorschriften die sog. Verbrechenselemente vor.120 Dabei handelt es sich gemäß Art. 9 Abs. 1 ICC-Statut um Regeln zum Zweck der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts, d.h. der in Art. 6–8 ICC-Statut niedergelegten Tatbestände.121 Die Auswirkungen dieser Regeln auf das Verfahrensrecht sind demnach als gering einzuschätzen. Gleiches gilt für die sonstigen Nebeninstrumente zum ICC-Statut, wie das Abkommen zwischen ICC und den Vereinten Nationen, Art. 2 ICC-Statut, oder das Sitzabkommen, Art. 3 ICC-Statut.122 IV. Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes Bei den Vorarbeiten zum ICC verständigten sich die Delegierten bereits von Anbeginn an übereinstimmend darauf, die Garantien des Internationalen Menschenrechtsschutzes bei der Regelung des Strafverfahrens zu berücksichtigen.123 Im Bericht des Preparatory Committee wird diesbezüglich ausgeführt: „It was recognized that respect for the rights of the accused were fundamental and reflected the credibility of the Court and that there was already a large body of international law on the subject, as contained in such instruments as the Universal Declaration of Human Rights, the International Covenant on Civil and Political Rights, standard minimum rules for the treatment of prisoners and the statutes of the Yugoslavia and Rwanda tribunals, which should be elaborated in the Statute.“124

Nunmehr legt Art. 21 Abs. 3 ICC-Statut explizit fest, daß eine Auslegung des Rechts des ICC mit den international anerkannten Menschenrechten vereinbar sein muß. Eine solche Norm fehlt im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale. Es ergibt sich jedoch eine Übereinstimmung mit der von den ad hoc Tribunalen bei der Auslegung ihrer Statuten und Verfahrensordnungen geübten Praxis. Auch für das Beweisrecht ergibt sich eine Übereinstimmung. So sind nach Art. 69 Abs. 7 ICC-Statut die Beweismittel, die unter Verletzung anerkannter Menschenrechte erlangt wurden, ebenfalls unzulässig und damit zurückzuweisen.

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Vgl. dazu Ambos, Verfahrens- und Beweisregeln, S. 405 ff. Vgl. zur mangelnden Bindungswirkung dieser sog. Verbrechenselemente: Dörmann, Elements of War Crimes, S. 8. 122 Vgl. den Überblick zu sämtlichen Nebeninstrumenten: Jarasch, Errichtung, Organisation und Finanzierung des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 17. 123 Triffterer-Schabas, Commentary on the Rome Statute, Art. 67 Rdnr. 6. 124 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 270. 121

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale wird in Art. 21 Abs. 1 ICC-Statut im weiteren aber auch das für den ICC unmittelbar anwendbare Recht abschließend festgelegt.125 Danach ergibt sich aus Art. 21 Abs. 1 lit. a) und b) ICC-Statut, daß der ICC in erster Linie zwar die Vorschriften des Statuts, der Verfahrensordnung sowie der Verbrechenselemente, im weiteren jedoch auch sonstige völkerrechtliche Verträge sowie Grundsätze und Regeln des Völkerrechts anwendet. Sämtlichen völkerrechtlichen Normen kann somit grundsätzlich auch eine subsidiäre Bindungswirkung gegenüber dem ICC zugesprochen werden.126 Art. 21 ICC-Statut differenziert insoweit auch nicht zwischen materiellem Recht und Verfahrensrecht, so daß die Anwendbarkeit bzw. Bindungswirkung völkerrechtlicher Normen in beiderlei Hinsicht gegeben ist.127 Andererseits verbleibt den Richtern des ICC insoweit ein Ermessen, als daß die Anwendbarkeit völkerrechtlicher Normen nur soweit erfolgen soll, wie es angebracht erscheint. Welche völkerrechtlichen Normen damit im einzelnen letztendlich von Art. 21 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut erfaßt werden sollen, läßt sich nicht eindeutig feststellen und ist deshalb der zukünftigen richterlichen Auslegung überantwortet.128 Im Zusammenhang mit den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes läßt sich jedoch zumindest für die universellen Verträge, insbesondere für den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Verträge vom 19. Dezember 1966,129 von einer Einbeziehung ausgehen.130 Da Art. 21 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut dem Wortlaut zufolge im übrigen nicht zwischen völkerrechtlichen Verträgen mit weltweiter und regionaler Verbreitung differenziert, lassen sich auch weitere menschenrechtliche Verträge, wie insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950,131 unter den Tatbestand subsumieren.132 Zusätzlich erfaßt der Begriff der Regeln des Völkerrechts im Sinne des Art. 21 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut das gesamte Völkergewohnheitsrecht,133 so daß grundsätzlich auch eine Berücksichtigung gewohnheitsrechtlicher Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes gewährleistet ist. 125

Vgl. unten 4. Teil, 4. Kapitel, B. IV. 1. Triffterer-McAuliffe de Guzman, Commentary on the Rome Statute, Art. 21 Rdnr. 2. 127 Bos, Universal Declaration of Human Rights and the Statute of the ICC, S. 234; Gallant, Individual Human Rights, S. 702. 128 Caracciolo, Applicable Law, S. 226 f. 129 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II S. 1534 ff. 130 Triffterer-McAuliffe de Guzman, Commentary on the Rome Statute, Art. 21 Rdnr. 10. 131 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950, BGBl. 1952 II S. 686, 953; 1968 II S. 1116, 1120; 1989 II S. 547. 132 Schabas, Introduction to the ICC, S. 74. 126

1. Kap.: Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens

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Insgesamt läßt sich infolge des Art. 21 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut somit eindeutig feststellen, daß die Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes grundsätzlich eine subsidiär anwendbare Rechtsgrundlage für das Strafverfahren des ICC darstellen. Daraus ergibt sich eine Klarstellung gegenüber der nicht eindeutigen Rechtslage im Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale. V. Staatliches Strafverfahrensrecht Hinsichtlich der Bedeutung staatlichen Strafverfahrensrechts als weiterer Rechtsgrundlage des Strafverfahrens läßt sich auf Art. 21 Abs. 1 lit. c) ICCStatut verweisen. Danach kann staatliches Recht zumindest zum Zweck der Ableitung allgemeiner Rechtsgrundsätze im Sinne des Art. 38 Abs. 1 lit. c) IGHStatut berücksichtigt werden.134 Die Anwendbarkeit der auf diese Weise vom ICC ermittelten allgemeinen Rechtsgrundsätze ist nachrangig gegenüber sämtlichen anderen Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens. Außerdem muß die Anwendbarkeit mit dem ICC-Statut, dem Völkerrecht und den international anerkannten Regeln und Normen vereinbar sein, Art. 21 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut. In diesem Zusammenhang ergibt sich wiederum eine Klarstellung gegenüber der nicht eindeutigen Rechtslage im Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale. Deren praktische Vorgehensweise läßt sich hingegen durchaus mit der Formulierung in Art. 21 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut in Einklang bringen.135 Problematisch erscheint im weiteren, inwieweit vom ICC einzelstaatliches Strafverfahrensrecht auch isoliert bzw. unabhängig von dessen Qualität als allgemeiner Rechtsgrundsatz angewendet werden kann. Im Zutphen-Entwurf war ein entsprechender Vorschlag, der die Möglichkeit der unmittelbaren Anwendung einzelstaatlichen Rechts vorsah, noch explizit enthalten: „Proposal 1 1. The Court shall apply this Statute. 2. When the Court cannot find the necessary provision to be applied, the Court may apply: (a) The national law of the State where the crime was committed; (b) If the crime was committed in the territories of more than one State, the national law of the State where the substantial part of the crime was committed; (c) If the laws of the States mentioned in a) and b) do not exist, the national law of the State of nationality of the accused, or if the accused does not have any nationality, the national law of the State of permanent residence of the accused;

133 Triffterer-McAuliffe de Guzman, Commentary on the Rome Statute, Art. 21 Rdnr. 14. 134 Vgl. Caracciolo, Applicable Law, S. 228. 135 Triffterer-McAuliffe de Guzman, Commentary on the Rome Statute, Art. 21 Rdnr. 16.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation (d) If the laws of the States mentioned in a), b) and c) do not exist, the national law of the State which had custody of the accused, as far as these law are consistent with the objectives and purposes of this Statute.“136

Aufgrund der nunmehr in Art. 21 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut gewählten Formulierung ist jedoch davon auszugehen, daß einzelstaatliches Recht ausschließlich bei der Herleitung der allgemeinen Rechtsgrundsätze zu berücksichtigen sein soll.137 Die Möglichkeit der unmittelbaren Anwendung von Normen lediglich einer Rechtsordnung besteht für den ICC somit nicht. Insofern ergibt sich zwischen dem Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale einerseits und dem ICC andererseits eine Übereinstimmung. 2. Kapitel

Gerichtsorganisation Im folgenden werden die Grundzüge der Organisation internationaler Strafgerichte im modernen Völkerstrafrecht erörtert. Dabei werden zunächst die einzelnen Organe bzw. Unterorgane identifiziert. Sodann werden Aufbau bzw. Struktur der jeweiligen Organisationseinheiten näher betrachtet. Schließlich sind Aspekte der Kompetenzverteilung zwischen den einzelnen Organen bzw. Unterorganen zu analysieren. Hierbei stellt sich die Frage, ob hinsichtlich der Gerichtsorganisation Abweichungen zwischen den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen und dem ICC festgestellt werden können.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Als Organe der ad hoc Tribunale werden gemäß Artikel 11 ICTY-Statut bzw. Art. 10 ICTR-Statut erstens die richterlichen Kammern, d.h. die Strafkammern und die Berufungskammer, zweitens der Ankläger und drittens die Kanzlei bezeichnet. Insbesondere hinsichtlich der Richterschaft läßt sich über die Einteilung in die verschiedenen Kammern hinaus noch zwischen weiteren verschiedenen Organisationseinheiten differenzieren: So kann man Art. 15 ICTY-Statut bzw. Art. 14 ICTR-Statut entnehmen, daß den Richtern in ihrer Gesamtheit, d.h. dem Richterplenum als Organisationseinheit bestimmte Aufgaben, wie insbesondere der Erlaß der Verfahrensordnungen, übertragen sind. In Art. 14 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. 13 Abs. 1 ICTR-Statut wird außerdem ausgeführt, daß die Richter einen Präsidenten wählen. Dieser ist unter anderem mit der Zuweisung 136 Report of the Intersessional Meeting from 19 to 30 January 1998 in Zutphen, the Netherlands, UN Doc. A/AC.249/1998/L.13, Art. 14 (33); vgl. dazu Shaw, Procedural and Evidential Issues, S. 67 f. 137 Triffterer-McAuliffe de Guzman, Commentary on the Rome Statute, Art. 21 Rdnr. 19.

2. Kap.: Gerichtsorganisation

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der einzelnen Richter an die verschiedenen Kammern betraut, Art. 14 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 13 Abs. 3 ICTR-Statut. Der Präsident des ICTY bzw. ICTR ist somit als weitere Organisationseinheit zu berücksichtigen. Aus Art. 19 ICTY-Statut bzw. Art. 18 ICTR-Statut ergibt sich überdies, daß auch einem einzelnen Richter selbständige Funktionen, wie die Überprüfung der Anklageschrift sowie der Erlaß der erforderlichen richterlichen Anordnungen und Beschlüsse, zugewiesen sind. Betrachtet man die Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale, werden weitere Organisationseinheiten identifizierbar, wie insbesondere das Büro, Regel 23 der Verfahrensordnungen. Im einzelnen ergibt sich folgendes: I. Richter ICTY und ICTR bestanden ursprünglich jeweils aus zwei Strafkammern und einer Berufungskammer. Im November 1998 änderte der Sicherheitsrat die organisationsrechtlichen Vorschriften in den Statuten der ad hoc Tribunale.138 Seither sind drei Strafkammern bei jedem Gericht angesiedelt, Art. 11 lit. a) ICTY-Statut bzw. Art. 10 lit. a) ICTR-Statut.139 Beide Gerichte verfügen über eine gemeinsame Berufungskammer, Art. 13 Abs. 4 ICTR-Statut. Ursprünglich wurde diese Funktion ausschließlich durch die Berufungskammer des ICTY wahrgenommen.140 Eine einzelne Strafkammer bestand ursprünglich aus drei, die Berufungskammer aus fünf Richtern, Art. 12 ICTY-Statut bzw. Art. 11 ICTR-Statut. Im November 2000 und im August 2002 änderte der Sicherheitsrat auf Initiative des Generalsekretärs bzw. der Präsidenten des ICTY und des ICTR abermals die organisationsrechtlichen Vorschriften in den Statuten der ad hoc Tribunale.141 In einer Resolution des Sicherheitsrates heißt es: „The Security Council, (. . .) Having considered the letter from the Secretary General to the President of the Security Council dated 7 September 2000 (S/2000/865) and the annexed letters from the President of the International Tribunal for the Former Yugoslavia addressed to 138 Für das ICTR: UN Doc. S/RES/1165 (1998); für das ICTY: UN Doc. S/RES/ 1166 (1998); weitere Änderungen der organisationsrechtlichen Vorgaben bzgl. der Richterschaft der ad hoc Tribunale erfolgten durch folgende Resolutionen: UN Doc. S/RES/1329 (2000); UN Doc. S/RES/1411 (2002); UN Doc. S/RES/1431 (2002); UN Doc. S/RES/1512 (2003). 139 Vgl. Sixth Annual Report of the ICTY, 25 August 1999, UN Doc. A/54/187, para. 2. 140 Vgl. zur Kritik daran: Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 165 ff., Ahlbrecht, Völkerrechtliche Strafgerichtsbarkeit, S. 324 ff. 141 Für das ICTY: UN Doc. S/RES/1329 (2000); für das ICTR: UN Doc. S/RES/ 1431 (2002).

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

the Secretary General dated 12 May 2000 and from the President of the International Tribunal for Rwanda dated 14 June 2000, Convinced of the need to establish a pool of ad litem judges in the International Tribunal for the Former Yugoslavia and to increase the number of judges in the Appeals Chambers of the International Tribunals in order to enable the International Tribunals to expedite the conclusion of their work at the earliest possible date, (. . .) 1. Decides to establish a pool of ad litem judges in the International Tribunal for the Former Yugoslavia and to enlarge the membership of the Appeals Chamber of the International Tribunal for the Former Yugoslavia and the International Tribunal for Rwanda (. . .).“142

Zum einen wurde zur Entlastung der ständigen Richter, permanent judges, der Strafkammern die Einsetzung zusätzlicher sog. ad litem Richter, ad litem judges, ermöglicht. Diese ad litem Richter können zeitweilig zum Zweck der Durchführung eines oder mehrerer bestimmter Verfahren herangezogen werden, Art. 13 ter Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 12 ter Abs. 2 ICTR-Statut. Jede der drei Strafkammern des ICTY bzw. ICTR besteht somit nunmehr aus drei ständigen Richtern und maximal sechs ad litem Richtern beim ICTY, Art. 12 Abs. 2 ICTY-Statut, bzw. maximal vier ad litem Richtern beim ICTR, Art. 11 Abs. 2 ICTR-Statut. Für die Durchführung eines bestimmten Verfahrens kann sodann innerhalb einer Strafkammer eine Einheit von drei Richtern, section, bestehend aus sowohl ständigen als auch ad litem Richtern, eingerichtet werden, Art. 12 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 11 Abs. 2 ICTR-Statut. Jede dieser Einheiten nimmt letztlich die Funktion wahr, die ursprünglich allein einer Strafkammer mit drei ständigen Richtern zugeteilt war. Dies hat den Effekt, daß sich die Spruchkörper nunmehr vervielfachen lassen. Zum anderen wurde die Zahl der Richter der gemeinsamen Berufungskammer des ICTY und des ICTR von fünf auf sieben erhöht, Art. 12 Abs. 3 ICTYStatut bzw. Art. 11 Abs. 3 ICTR-Statut. Diese zwei zusätzlichen Richter werden gemäß Art. 13 Abs. 3 ICTR-Statut als Richter des ICTR gewählt. Während die Berufungskammer zuvor ausschließlich mit Richtern des ICTY besetzt war, ist nunmehr auch das ICTR personell vertreten.143 Aufgrund dieser Organisationsstruktur ergibt sich für das ICTY ein Bedarf von 14 und für das ICTR von 11 ständigen Richtern. Das für die Wahl der ständigen Richter vorgesehene Verfahren ergibt sich aus Art. 13 bis ICTY-Statut bzw. Art. 12 bis ICTR-Statut.144 Danach soll der Generalsekretär zunächst die Staaten dazu auffordern, die Kandidaten für das Rich142 143 144

S. 72.

UN Doc. S/RES/1329 (2000), preambular and para. 1. UN Doc. S/RES/1329 (2000), preambular and para. 2 f. Vgl. dazu die Übersicht bei: Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe,

2. Kap.: Gerichtsorganisation

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teramt zu nominieren, Art. 13 bis Abs. 1 lit a) ICTY-Statut bzw. Art. 12 Abs. 1 lit. a) ICTR-Statut. Ein einzelner Staat kann während einer Frist von sechzig Tagen maximal zwei Kandidaten benennen. Diese zwei Kandidaten sollen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit sein. Sie sollen auch nicht dieselbe Staatsangehörigkeit wie ein anderer an dem jeweiligen Gericht bereits tätiger Richter bzw. wie ein der gemeinsamen Berufungskammer angehörender Richter haben, Art. 13 bis Abs. 1 lit. b) ICTY-Statut bzw. Art. 12 bis Abs. 1 lit. b) ICTRStatut. Diese Nominierungen leitet der Generalsekretär dem Sicherheitsrat zu. Der Sicherheitsrat nimmt daraufhin eine erste Auswahl vor. Dabei soll auf eine Repräsentanz der hauptsächlichen Rechtssysteme der Welt geachtet werden. Soweit das ICTY betroffen ist, erstellt er aus der Gesamtheit der Benennungen eine Liste mit nicht weniger als 28 und nicht mehr als 42 Bewerbern, Art. 13 bis Abs. 1 lit. c) ICTY-Statut. Soweit das ICTR betroffen ist, umfaßt diese Liste nicht weniger als 22 und nicht mehr als 33 Bewerber, Art. 12 bis Abs. 1 lit. c) ICTR-Statut. Sodann wird diese Liste der Generalversammlung zugeleitet, die daraufhin die Richter der ad hoc Tribunale wählt, Art. 13 bis Abs. 1 lit. d) ICTY-Statut bzw. Art. 12 bis Abs. 1 lit. d) ICTR-Statut. Eine Wiederwahl der Richter nach abgelaufener Amtszeit von vier Jahren ist gemäß Art. 13 bis Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 12 bis Abs. 3 ICTR-Statut zulässig. Soweit während einer laufenden Amtsperiode eine Richterstelle vakant wird, erfolgt eine Nachfolge mittels Ernennung einer Person zum Richter des ICTY bzw. ICTR durch den Generalsekretär der Vereinten Nationen. Dieser hat zuvor die Präsidenten des Sicherheitsrates und der Generalversammlung zu konsultieren, Art. 13 bis Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 12 bis Abs. 2 ICTR-Statut. In dem gesamten Verfahren soll gem. Art. 13 ICTY-Statut bzw. Art. 12 ICTR-Statut darauf geachtet werden, daß nur Personen mit hohem sittlichen Ansehen, Unparteilichkeit und Ehrenhaftigkeit zu Richtern ernannt werden. Gleichsam sollen die Personen zur Wahrnehmung der höchsten richterlichen Ämter in ihrem Staat befähigt sein. Erfahrungen auf dem Gebiet des Strafrechts oder des Völkerrechts, einschließlich des humanitären Völkerrechts und des Internationalen Menschenrechtsschutzes, sollen gleichermaßen berücksichtigt werden. Wie bereits ausgeführt, können neben den ständigen Richtern auch ad litem Richter für die Durchführung eines oder mehrerer bestimmter Verfahren herangezogen werden können, Art. 13 ter Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 12 ter Abs. 2 ICTR-Statut. Das Wahlverfahren für diese ad litem Richter ähnelt weitgehend dem Wahlverfahren für die ständigen Richter. So erfolgt auch hier zunächst eine Aufforderung des Generalsekretärs gegenüber den Staaten, Kandidatenvorschläge zu unterbreiten, Art. 13 ter Abs. 1 lit. a) ICTY-Statut bzw. Art. 12 ter Abs. 1 lit. a) ICTR-Statut. Ein Staat kann dann binnen einer Frist von sechzig Tagen bis zu vier Personen nominieren, Art. 13 ter Abs. 1 lit. b) ICTY-Statut bzw. Art. 12 ter Abs. 1 lit. b) ICTR-Statut. Diese Nominierungen werden dem Sicherheitsrat zugeleitet, der sodann eine Liste mit nicht weniger als 54 Kandi-

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

daten erstellt, wobei wie im Falle der ständigen Richter auf die Repräsentanz der hauptsächlichen Rechtssysteme der Welt geachtet werden soll, Art. 13 ter Abs. 1 lit. c) ICTY-Statut bzw. Art. 12 ter Abs. 1 lit. c) ICTR-Statut. Auf der Grundlage dieser Liste erfolgt sodann die Wahl von 27 ad litem Richtern beim ICTY bzw. 18 ad litem Richtern beim ICTR durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen, Art. 13 ter Abs. 1 lit. d) ICTY-Statut bzw. Art. 12 ter Abs. 1 lit. d) ICTR-Statut. Eine Amtsperiode beträgt vier Jahre. Eine Wiederwahl ist unzulässig, Art. 13 ter Abs. 1 lit. e) ICTY-Statut bzw. Art. 12 ter Abs. 1 lit. e) ICTR-Statut. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, daß die gewählten ad litem Richter ihr Amt erst dann antreten, wenn der Präsident des jeweiligen Tribunals gemäß Art. 13 ter Abs. 2 S. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 12 ter Abs. 2 s. 1 ICTR-Statut ein Gesuch an den Generalsekretär der Vereinten Nationen richtet, in dem um die Ernennung bzw. Zuweisung eines ad litem Richters gebeten wird, und der Generalsekretär diesem Gesuch entsprochen hat. Ggf. kann seitens des Präsidenten des jeweiligen Tribunals sogar um die Ernennung bzw. Zuweisung nur bestimmter Personen aus dem Kreis der Gewählten ersucht werden, Art. 13 ter Abs. 2 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 12 ter Abs. 2 S. 2 ICTRStatut. 1. Richterplenum Die Richter des ICTY bzw. ICTR bilden jeweils in ihrer Gesamtheit das Richterplenum. Dem Richterplenum obliegt gemäß Art. 15 ICTY-Statut bzw. Art. 14 ICTR-Statut insbesondere die Annahme bzw. Änderung der Verfahrensordnung.145 Außerdem wählt das Richterplenum den Präsidenten des jeweiligen internationalen Strafgerichts, Art. 14 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 13 Abs. 1 ICTR-Statut. Weitere Funktionen des Richterplenums sind in Regel 24 der Verfahrensordnungen festgelegt. Aus Regel 26 der Verfahrensordnungen ergibt sich, daß, soweit sich aus den speziellen Ermächtigungsnormen nicht explizit etwas anderes ergibt, für eine Entscheidung grundsätzlich die Mehrheit der Stimmen ausreicht. Für die ad litem Richter ergibt sich die Besonderheit, daß sie zwar an den Plenarsitzungen grundsätzlich teilnehmen dürfen, in ihren Stimmbefugnissen jedoch weitgehenden Beschränkungen unterworfen sind. So ist es ihnen im Vergleich zu den ständigen Richtern beispielsweise verwehrt, über die Annahme bzw. Änderung der Verfahrensordnung oder die Wahl des Präsidenten des ICTY zu entscheiden, Art. 13 quater Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 12 quater Abs. 2 ICTR-Statut.

145

Vgl. oben 1. Kapitel, A. II.

2. Kap.: Gerichtsorganisation

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2. Einzelner Richter Anhand der Statuten der ad hoc Tribunale läßt sich bereits erkennen, daß die Überprüfung der vom Ankläger eingereichten Anklageschrift sowie der in diesem Zusammenhang ggf. erforderliche Erlaß von Anordnungen einem einzelnen Richter zugewiesen ist, Art. 19 ICTY-Statut bzw. Art. 18 ICTR-Statut.146 Erfaßt werden von dieser Zuweisung ausschließlich die Richter, die in einer der Strafkammern tätig sind, nicht aber die Richter, die der Berufungskammer angehören. Auch die sog. ad litem Richter sind gemäß Art. 13 quater Abs. 2 lit. b) ICTY-Statut bzw. Art. 12 quater Abs. 2 lit. b) ICTR-Statut von der Wahrnehmung dieser Funktionen ausgeschlossen. In Regel 28 der Verfahrensordnungen werden die Funktionen eines einzelnen Richters weiter konkretisiert: Im einzelnen ergeben sich Unterschiede zwischen dem ICTY und dem ICTR. So erfolgt die Bestimmung des jeweils zuständigen Richters im Zusammenhang mit der Überprüfung der Anklage bzw. der ggf. erforderlichen Anordnungen, reviewing judge, beim ICTY durch den Präsidenten, Regel 28 (A) ICTY-VerfO. In anderen Angelegenheiten hingegen, soweit noch keine Zuweisung der Rechtssache an eine Strafkammer erfolgte, insbesondere also bei richterlichen Anordnungen während des Ermittlungsverfahrens, ist die Zuständigkeit eines nach Maßgabe einer vom Präsidenten angefertigten Liste abrufbereiten Einzelrichters, duty judge, eröffnet, Regel 28 (B) ICTY-VerfO.147 Eine entsprechende Zuständigkeit dieses abrufbereiten einzelnen Richters ergibt sich in Fällen der Dringlichkeit bzw. der Gerichtsferien mitunter selbst dann, wenn eine Zuweisung bereits stattfand, Regel 28 (B)–(E) ICTY-VerfO. In Regel 28 ICTR-VerfO erfolgt eine solche Differenzierung hingegen nicht. Beim ICTR ist der nach Maßgabe der vom Präsidenten angefertigen Liste abrufbereiter Richter, duty judge, mit sämtlichen Angelegenheiten vor Zuweisung einer Rechtssache an eine Strafkammer, insbesondere also während des Ermittlungsverfahrens, betraut.148 Eine davon abgesonderte Zuständigkeit für die Überprüfung der Anklage bzw. der in diesem Zusammenhang erforderlichen Anordnungen besteht nicht, Regel 47 (A) ICTR-VerfO. 3. Strafkammern Jede der drei Strafkammern des ICTY bzw. des ICTR setzt sich aus drei ständigen Richtern sowie ggf. aus bis zu sechs zusätzlichen ad litem Richtern beim ICTY, Art. 12 Abs. 2 ICTY-Statut, bzw. aus bis zu vier zusätzlichen 146

Vgl. dazu unten 3. Kapitel, A. II. Champy, Inquisitoire – Accusatoire, S. 172; Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 37. 148 Morris/Scharf, ICTR, S. 457. 147

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Richtern beim ICTR, Art. 11 Abs. 2 ICTR-Statut, zusammen. Die ständigen Mitglieder einer jeden Kammer wählen einen Vorsitzenden, der die gesamte Tätigkeit der Kammer überwacht, Art. 14 Abs. 7 ICTY-Statut bzw. Art. 13 Abs. 7 ICTR-Statut. Ist anläßlich des ersten Erscheinens des Angeklagten, initial appearance, nach Regel 62 der Verfahrensordnungen die Sache einer der drei Strafkammern des ICTY bzw. ICTR zugewiesen, so obliegt dieser Kammer grundsätzlich die weitere Durchführung des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens, d.h. sowohl des gerichtlichen Vorverfahrens, pre-trial proceedings, als auch des Hauptverfahrens, trial proceedings.149 Es kann gemäß Art. 12 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 11 Abs. 2 ICTR-Statut auch eine einzelne Einheit der Strafkammer, section, bestehend aus ständigen Richtern und ad litem Richtern, mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben betraut werden. Es besteht im weiteren beim ICTY die Möglichkeit, bestimmte Funktionen der Strafkammer im Rahmen des gerichtlichen Vorverfahrens an einen der ständigen Richter, pre-trial judge, zu delegieren, Regel 65 ter ICTYVerfO.150 4. Berufungskammer Der gemeinsamen Berufungskammer der ad hoc Tribunale mit Sitz in Den Haag gehören insgesamt sieben Richter an, wobei an jedem einzelnen Verfahren lediglich fünf dieser sieben Richter teilnehmen, Art. 12 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 13 Abs. 3 ICTR-Statut. Eine Besonderheit ergibt sich daraus, daß der Präsident des ICTY automatisch den Vorsitz in der Berufungskammer ausübt, Art. 14 Abs. 2 ICTY-Statut. Von den verbleibenden Richtern werden vier Richter seitens des ICTY und zwei Richter seitens des ICTR bestimmt, Art. 14 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 13 Abs. 3 ICTR-Statut. Ein Rechtsmittelverfahren wird gemäß Art. 25 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 24 Abs. 1 ICTR-Statut auf Antrag von Personen, die von den Strafkammern verurteilt worden sind, oder auf Antrag des Anklägers durchgeführt. Die Berufungskammer kann Entscheidungen der Strafkammern im Falle eines Rechtsirrtums, der die Entscheidung ungültig macht, oder im Falle eines Tatsachenirrtums, der zu einem Fehlurteil führte, bestätigen, aufheben oder abändern, Art. 25 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 24 Abs. 2 ICTR-Statut. Primär entscheidet die Berufungskammer somit über Berufungen des Anklägers oder des Angeklagten gegen Urteile einer Strafkammer.151 149 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 509; vgl. dazu unten 3. Kapitel, A. II. und III. 150 Vgl. Prosecutor v. Biljana Plavsic (IT-00-40), Order Appointing a Pre-Trial Judge, 24 January 2001; im Verfahrensrecht des ICTR fehlt eine entsprechende Regelung.

2. Kap.: Gerichtsorganisation

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Darüber hinaus sind nach Maßgabe der Verfahrensordnungen auch weitere Entscheidungen, die während des erstinstanzlichen Verfahrens ergehen, durch Rechtsmittel angreifbar. In diesen Fällen findet gemäß Regel 116 bis ICTYVerfO bzw. Regel 117 ICTR-VerfO ein beschleunigtes Rechtsmittelverfahren statt. Voraussetzung ist aber gemäß der ständigen Rechtsprechung des ICTY und des ICTR, daß die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die jeweilige Entscheidung explizit im Verfahrensrecht vorgesehen ist.152 Dies ist beispielsweise bei Entscheidungen einer Strafkammer über die vorläufige Freilassung eines inhaftierten Angeklagten der Fall, Regel 65 der Verfahrensordnungen. Gleichsam können gegen die Entscheidungen über Vorabanträge unter den Voraussetzungen der Regel 72 der Verfahrensordnungen und gegen sonstige Entscheidungen über Anträge unter den Voraussetzungen der Regel 73 der Verfahrensordnungen Rechtsmittel eingelegt werden.153 Im Falle des ICTY steht auch einem Staat, der unmittelbar durch solche Entscheidungen betroffen ist, unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zur Einlegung von Rechtsmitteln zu, Regel 108 bis ICTY-VerfO. Dies gilt insbesondere auch in den Fällen, in denen ein Staat zur Vorlage bestimmter Dokumente seitens des ICTY verpflichtet wird, Regel 54 bis (C) ICTY-VerfO.154 Auch gegen die Verurteilung einer natürlichen Person als Folge der Mißachtung des Gerichts bzw. einer Straftat gegen die Rechtspflege, contempt of court, kann gemäß Regel 77 der Verfahrensordnungen Rechtsmittel eingelegt werden. Gleiches gilt im Falle einer Verurteilung wegen Falschaussage trotz feierlicher Erklärung, Regel 91 der Verfahrensordnungen. 5. Präsident Die Amtszeit des vom Richterplenum gewählten Präsidenten beträgt zwei Jahre. Eine einmalige Wiederwahl ist zulässig, Regel 18 (A) der Verfahrensordnungen. Für den Fall seiner Abwesenheit oder Verhinderung wählt das Richterplenum einen stellvertretenden Präsidenten, Regel 20 f. der Verfahrensordnungen. Der Präsident des ICTY übernimmt automatisch den Vorsitz der gemeinsamen Berufungskammer der ad hoc Tribunale, Art. 14 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 12 Abs. 2 ICTR-Statut. Die Präsidentschaft beim ICTR ist hingegen nicht

151

Vgl. Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 979 ff. Prosecutor v. Dragan Opacic (IT-95-7), Decision on Application for Leave to Appeal, Appeals Chamber, 3 June 1997; Prosecutor v. Nyiramasuhuko and Ntahobila (ICTR-97-21), Order Dismissing Appeal, Appeals Chamber, 28 Oct. 1998; TrifftererStaker, Commentary on the Rome Statute, Art. 81 Rdnr. 27 ff. 153 Vgl. Prosecutor v. Delalic et al. (IT-96-21), Decision on Application for Leave to Appeal (Separate Trials), 14 October 1996; Prosecutor v. Delalic et al. (IT-96-21) Decision on Application for Leave to Appeal (Provisional Release by Dezim Delic), 22 November 1995. 154 Vgl. oben 1. Kapitel, A. II. 152

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

einmal an den Vorsitz in einer Strafkammer gekoppelt, Art. 13 Abs. 2 ICTRStatut.155 Aufgabe des Präsidenten ist zunächst, die einzelnen Richter den Kammern zuzuweisen, Art. 14 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 13 Abs. 3 ICTR-Statut. Er ist gemäß Art. 32 ICTY-Statut bzw. Art. 31 ICTR-Statut zur Vorlage des Jahresberichts des ICTY bzw. des ICTR an den Sicherheitsrat und die Generalversammlung berufen. Weitere Funktionen des Präsidenten ergeben sich aus den Vorschriften der Verfahrensordnungen. So obliegt es dem Präsidenten über den turnusmäßigen Wechsel der einzelnen Richter zwischen den Kammern eines jeden Tribunals zu verfügen, Regel 27 der Verfahrensordnungen. Im weiteren trägt der Präsident Verantwortung über Angelegenheiten der Geschäftsverteilung, Regel 19 (A) der Verfahrensordnungen. Er bestimmt, welcher Strafkammer eine Sache zuzuweisen ist, Regel 28 der Verfahrensordnungen. Außerdem führt er den Vorsitz bei den Sitzungen des Richterplenums. Er kann auch praktische Anweisungen allgemeiner Art hinsichtlich der Behandlung einzelner Aspekte des Verfahrens erteilen,156 Regel 19 (B) der Verfahrensordnungen.157 Ggf. erfolgt in wichtigen Fragen im Zusammenhang mit der Arbeitsweise des ICTY bzw. ICTR eine Absprache mit dem Büro, Regel 23 (B) der Verfahrensordnungen.158 Aus Regel 33 (A) der Verfahrensordnungen ergibt sich außerdem, daß der Präsident die Aufsicht über den Kanzler ausübt. Obwohl dies nicht explizit festgelegt ist, erwächst dem Präsidenten insgesamt die Funktion des Repräsentativorgans des ICTY bzw. ICTR. Er dient damit den Gerichten als Sprachrohr gegenüber den Vereinten Nationen bzw. der Völkergemeinschaft.159 6. Büro Das Büro besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und den vorsitzenden Richtern der Strafkammern des ICTY bzw. ICTR, Regel 23 (A) der Verfahrensordnungen. Diese Organisationseinheit nimmt teilweise Rechtsprechungsfunktionen wahr, wie im Falle der Entscheidung der Richterablehnung gemäß Regel 15 (B) ICTR-VerfO, vor allem aber erfüllt es beratende Funktio155

Vgl. zur Kritik an dieser Rechtslage: Morris/Scharf, ICTR, S. 374. Practice Direction on the Procedure for the International Tribunal’s Designation of the State in which Convicted Person is to Serve his/her Sentence of Imprisonment, 9 July 1998; Practice Direction on Procedure for the Proposal, Consideration of and Publication of Amendments to the Rules of Procedure and Evidence of the International Tribunal, 24 January 2002, UN Doc. IT/143/Rev.2; Practice Direction on Procedure for the Filing of Written Submissions in Appeal Proceedings Before the International Tribunal, 7 March 2002, UN Doc. IT/155/Rev.1. 157 ICTY: Eingefügt auf der 13. Plenarsitzung am 25. Juli 1997; Fourth Annual Report of the ICTY, 18 September 1997, UN Doc. A/52/375, para. 56. 158 Morris/Scharf, ICTR, S. 511. 159 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 818. 156

2. Kap.: Gerichtsorganisation

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nen gegenüber dem Präsidenten bzw. dem Kanzler, Regel 23 (B) bzw. Regel 31 der Verfahrensordnungen.160 II. Ankläger Nach Maßgabe beider Statuten handelt der Ankläger unabhängig als eigenständiges Organ des jeweiligen Tribunals, Art. 16 Abs. 2 S. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 15 Abs. 2 S. 1 ICTR-Statut. Er darf weder von einer Regierung noch von einer anderen Stelle Weisungen einholen oder entgegennehmen, Art. 16 Abs. 2 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 15 Abs. 2 S. 2 ICTR-Statut. Der Ankläger des ICTY wird auf Vorschlag des Generalsekretärs vom Sicherheitsrat für eine Amtszeit von vier Jahren ernannt.161 Seine Wiederernennung ist zulässig, Art. 16 Abs. 4 ICTY-Statut bzw. Art. 15 Abs. 4 ICTR-Statut. Ursprünglich war eine personelle Union zwischen dem Ankläger beider ad hoc Tribunale festgelegt, d.h. daß der Ankläger beim ICTY zugleich auch die Funktion des Anklägers beim ICTR wahrnahm.162 Um eine effizientere Arbeitsweise der Anklagebehörde zu erreichen, hob der Sicherheitsrat im August 2003 diese Doppelfunktion auf und wies dem ICTR einen eigenen Chefankläger zu.163 Dem Ankläger obliegt es, einerseits die Ermittlungen durchzuführen und andererseits die Anklage im Hauptverfahren vor Gericht zu vertreten, investigations and prosecution. Er erfüllt somit eine doppelte Funktion, nämlich die des Ermittlungsorgans des Tribunals und die der Partei im Strafverfahren vor dem Tribunal.164 Zur Bewältigung dieser Aufgaben steht dem Ankläger bei jedem der ad hoc Tribunale ein stellvertretender Ankläger zur Seite, Regel 38 der Verfahrensordnungen. Sowohl der stellvertretende Ankläger als auch das übrige Personal der Anklagebehörde beim ICTY bzw. ICTR werden vom Generalsekretär der Vereinten Nationen auf Vorschlag des Anklägers ernannt, Art. 16 Abs. 5 ICTY-Statut bzw. Art. 15 Abs. 5 ICTR-Statut. In Regel 37 (B) der Verfahrensordnungen wird der Ankläger ausdrücklich dazu ermächtigt, seine Befugnisse an Angehörige des Personals der Anklagebehörden oder an sonstige unter seiner Leitung handelnde Personen zu delegieren. Die Organisationsstruktur der Anklagebehörde in Den Haag läßt sich in fünf verschiedene Abteilungen untergliedern,

160 Vgl. auch zur Funktion des Büros: Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 68. 161 Vgl. zur Praxis bei der Ernennung des Anklägers: Roggemann, Der Internationale Strafgerichtshof der VN, S. 298 f. 162 Vgl. Aptel, Tribunal Pénal International pour le Rwanda, S. 722. 163 S/RES/1503 (2003). 164 Prosecutor v. Kupreskic (IT-95-16), Decision on the Communication between the Parties and their Witnesses, 21 September 1998.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

nämlich das Sekretariat, die Ermittlungsabteilung, investigation section,165 die Anklageabteilung, prosecution section, die Rechtsberaterabteilung, legal advisory section, und die Informations- und Beweismittelabteilung, information and evidence section.166 Außerdem sind zwischenzeitlich Büros in verschiedenen Städten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens, wie in Sarajewo, Zagreb und Belgrad, insbesondere um die Durchführung von Ermittlungen an Ort und Stelle zu erleichtern, eingerichtet worden.167 Für die Anklagebehörde beim ICTR wurde ein Büro in Kigali errichtet. Aus praktischen Gründen wurden somit bereits vor der Zuweisung eines eigenen Chefanklägers an das ICTR die wesentlichen Funktionen der Anklagebehörde nicht von Den Haag, sondern von Kigali aus wahrgenommen.168 Dieses Büro in Kigali, dem ursprünglich der stellvertretende Ankläger beim ICTR vorstand,169 verfügt wie die eigentliche Anklagebehörde in Den Haag über eine Ermittlungsabteilung, investigation section, eine Rechtsberaterabteilung, legal advisory section, und eine Informations- und Beweismittelabteilung, information and evidence section. Am Sitz des ICTR in Arusha ist demgegenüber die Anklageabteilung, d.h. die Organisationseinheit der Anklagebehörde, die unmittelbar mit der Durchführung der gerichtlichen Verfahren betraut ist, prosecution section, eingerichtet worden.170 III. Kanzlei Die Kanzlei besteht aus dem Kanzler, der nach Beratung mit dem Präsidenten des ICTY bzw. ICTR vom Generalsekretär der Vereinten Nationen ernannt wird, sowie dem weiteren Personal, das auf Empfehlung des Kanzlers ebenfalls vom Generalsekretär ernannt wird, Art. 17 Abs. 2–4 ICTY-Statut bzw. Art. 16 Abs. 2–4 ICTR-Statut. In Regel 31 der Verfahrensordnungen ist im weiteren die Ernennung des stellvertretenden Kanzlers durch den Generalsekretär geregelt. Der Kanzlei obliegen gemäß Art. 17 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 16 Abs. 1 ICTR-Statut die Verwaltung und Unterstützung des Gerichts. Dabei steht der Kanzler gemäß Regel 33 der Verfahrensordnungen unter der Aufsicht des Präsi165 Zur Unterstützung der Ermittlungsabteilung wurde das sog. Fugitive Intelligence Support Team eingerichtet: Yearbook of the ICTY 1996, Chapter IV, para. 85. 166 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 150 ff.; vgl. dazu Getti/Lescure, Tribunal Pénal International pour l’ex-Yougoslavie, S. 247. 167 Yearbook of the ICTY 1996, Chapter II. B. 1. c. 168 Ahlbrecht, Völkerrechtliche Strafgerichtsbarkeit, S. 324; Johnson, ICTR, S. 231. 169 Third Annual Report of the ICTR, 23 September 1998, UN Doc. S/1998/857, para. 48 ff. 170 Fifth Annual Report of the ICTR, 2 October 2000, UN Doc. A/55/435, para. 123 ff.

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denten.171 In derselben Vorschrift wird im einzelnen aufgeführt, daß der Kanzler sowohl den Kammern, dem Richterplenum, den einzelnen Richtern als auch dem Ankläger gegenüber zur Unterstützung verpflichtet ist. Unter anderem wird bestimmt, daß der gesamte Geschäftsverkehr über den Kanzler geleitet wird, Regel 33 der Verfahrensordnungen. Außerdem ist er mit der Protokollführung und der Führung einer Registratur betraut, Regel 35 f. der Verfahrensordnungen. Gemäß Regel 34 der Verfahrensordnungen übt der Kanzler die Aufsicht über die Abteilung für Opfer und Zeugen, victims and witnesses unit, aus. Diese spezielle Organisationseinheit ist insbesondere dazu berufen, spezielle Schutzmaßnahmen für Opfer und Zeugen im Sinne des Art. 22 ICTY-Statut bzw. Art. 21 ICTR-Statut zu empfehlen, Regel 34 (A) i) der Verfahrensordnungen.

B. Der Internationale Strafgerichtshof Art. 34 ICC-Statut bestimmt, daß sich der Gerichtshof aus vier verschiedenen Organen zusammensetzt. Es handelt sich dabei um das Präsidium, die verschiedenen richterlichen Kammern, die Anklagebehörde und die Kanzlei. Daneben werden wie bei den ad hoc Tribunalen auch beim ICC den Richtern in ihrer Gesamtheit, d.h. dem Richterplenum, bestimmte Aufgaben übertragen, wie z. B. die Wahl des Präsidenten, Art. 38 Abs. 1 ICC-Statut. Im einzelnen lassen sich jedoch bereits anhand eines ersten Vergleichs der Organisationsstrukturen des ICTY bzw. ICTR einerseits und des ICC andererseits gewisse Unterschiede feststellen. Während bei den ad hoc Tribunalen beispielsweise das Amt des Präsidenten und das Büro als eigenständige Organisationseinheiten unterschiedliche Funktionen wahrnehmen, ergibt sich diesbezüglich beim ICC grundsätzlich eine Zusammenfassung dieser Funktionen in Form des Kollektivorgans des Präsidiums, Art. 38 Abs. 3 ICC-Statut. Im Unterschied zu den ad hoc Tribunalen differenziert man auch hinsichtlich der Kammern nicht mehr nur zwischen der Strafkammer und der Berufungskammer, sondern vielmehr zwischen drei verschiedenen Kammern, nämlich der Vorverfahrenskammer, der Hauptverfahrenskammer und der Berufungskammer. Beim ICC ist auch nicht erkennbar, daß einem einzelnen Richter originäre Befugnisse zugewiesen sind. Es verbleibt lediglich die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben und Befugnisse der jeweiligen Abteilungen auf einen einzelnen, dem Spruchkörper zugehörigen Richter zu übertragen, wie dies z. B. in Art. 57 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut für das Vorverfahren vorgesehen ist. Von selbständiger Organqualität läßt sich insoweit aber nicht sprechen.172 171 Vgl. zur Reichweite dieses Aufsichtsrechts: Prosecutor v. Delalic et al. (IT-9621), Decision on the Prosecutor’s Motion for the Production of Notes Exchanged Between Zejnil Delalic and Zdravko Mucic, 31 October 1996. 172 Triffterer-Guariglia/Harris, Commentary on the Rome Statute, Art. 57 Rdnr. 6.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Ein weiterer, wesentlicher Unterschied zwischen den Organisationsstrukturen der ad hoc Tribunale und des ICC ergibt sich daraus, daß beim ICC bestimmte Funktionen der Versammlung der Vertragsstaaten zugewiesen sind, Art. 112 ICC-Statut. Ein vergleichbares Organ existierte bei den ad hoc Tribunalen nicht. I. Richter Ausgegangen wird in Art. 36 Abs. 1 ICC-Statut davon, daß dem ICC 18 Richter angehören. Soweit sich ein höherer Bedarf ergibt, ist in Art. 36 Abs. 2 ICC-Statut ein besonderes Verfahren zum Zweck der Erhöhung der Richterstellen vorgesehen. Danach bedarf es zunächst eines entsprechenden Vorschlages des Präsidiums des ICC, wobei die Gründe für den höheren Bedarf darzulegen sind. Dieser Vorschlag wird sodann der Versammlung der Vertragsstaaten zugeleitet, Art. 36 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut. Zur Annahme des Vorschlags muß ein Quorum von zwei Dritteln der Stimmen der Mitglieder der Versammlung erreicht werden, Art. 36 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut. Wird dieses Quorum erreicht, so erfolgt die Wahl der zusätzlichen Richter nach dem allgemeinen für die Richterwahl vorgesehenen Verfahren, Art. 36 Abs. 3–9 ICC-Statut. Wie bei den ad hoc Tribunalen wird in Art. 36 Abs. 3 ICC-Statut festgelegt, daß sich als Richter des ICC nur solche Personen eignen, die sich durch Unparteilichkeit und Ehrenhaftigkeit auszeichnen und die in ihrem Staat die erforderlichen Voraussetzungen für die höchsten richterlichen Ämter erfüllen. Dabei soll ein Bewerber um das Richteramt entweder über einschlägige Erfahrungen auf dem Gebiet des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts oder aber auf dem Gebiet des Völkerrechts, insbesondere des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte verfügen.173 Eine entsprechende Klausel enthalten bereits die Statuten der ad hoc Tribunale. Vergleichsweise neuartig ist die Voraussetzung des Art. 36 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut, wonach ein Bewerber über ausgezeichnete Kenntnisse in zumindest einer Arbeitssprache, d.h. im Englischen oder Französischen, verfügen muß. Die Benennung der Bewerber erfolgt durch die einzelnen Vertragsstaaten. Jeder Vertragsstaat kann einen Bewerber, der gemäß Art. 36 Abs. 4 lit. b) ICC-Statut entweder über seine oder aber die Staatsangehörigkeit eines anderen Vertragsstaates verfügen muß, vorschlagen. Dabei sind die Staaten verpflichtet, entweder das Verfahren für die Bewerbung zu den höchsten richterlichen Ämtern in ihrer Rechtsordnung oder aber das Verfahren für die Bewerbung für eine Richterstelle beim Internationalen Gerichtshof anzuwenden, Art. 36 Abs. 4 lit. a) ICC-Statut. Insofern soll erreicht werden, daß bei der Auswahl der Kandidaten größtmögliche Transparenz bzw. Diskussion auf einzel173 Jarasch, Errichtung, Organisation und Finanzierung des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 12.

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staatlicher Ebene gewährleistet wird und politisch motivierte Entscheidungen, insbesondere ausschließlich seitens der Exekutive getroffene Entscheidungen, verhindert werden.174 An einer vergleichbaren Bestimmung fehlte es in den Statuten der ad hoc Tribunale. Die folgende Wahl der Richter obliegt der Versammlung der Vertragsstaaten.175 Gewählt ist derjenige Kandidat, der die meisten Stimmen und mindestens die Zweidrittelmehrheit der Stimmen auf sich vereinigt. Ggf. sind mehrere Wahlgänge erforderlich, Art. 36 Abs. 5 lit. b) ICC-Statut. Ausgeschlossen ist die Wahl von Richtern derselben Staatsangehörigkeit, Art. 36 Abs. 7 ICC-Statut. Zum Zweck dieser Wahl werden zwei Listen erstellt, und zwar eine Liste mit den Kandidaten, die schwerpunktmäßig über Kenntnisse im Strafrecht bzw. im Strafverfahrensrecht sowie eine weitere Liste mit den Kandidaten, die schwerpunktmäßig über Kenntnisse im Völkerrecht verfügen. Von der ersten Liste sind mindestens neun und von der zweiten Liste mindestens fünf Kandidaten zu wählen. Für weitere Richterstellen soll zu gleichen Teilen auf beide Listen zurückgegriffen werden, Art. 36 Abs. 5 ICC-Statut.176 Eine entsprechende Ausgestaltung des Wahlverfahrens zum Zweck einer gleichmäßigen Verteilung der juristischen Qualifikationen innerhalb der Richterschaft sehen die Statuten der ad hoc Tribunale nicht vor. Bereits während der Sitzungen des Preparatory Committee wurde diese Thematik kontrovers erörtert. Im Bericht des Komitees heißt es dazu: „The view was expressed that all judges should have criminal law experience, which does not necessarily imply criminal trial experience but may include the experience of a lawyer or a prosecutor. Doubts were expressed as to the advisability of establishing for the Court’s composition a strict separation between judges with criminal trial experience and those recognized competence in international law, as this might unduly complicate the election process. Persons competent in both areas were considered ideally suited for such positions.“177

Im weiteren sollen die Vertragsstaaten bei der Wahl, ohne daß diesbezüglich eine weitere verfahrensmäßige Absicherung eingreift, darauf achten, daß die hauptsächlichen Rechtssysteme der Welt repräsentiert sind sowie eine ausgewogene geographische Vertretung und eine faire Vertretung von weiblichen und männlichen Richtern gewährleistet ist, Art. 36 Abs. 8 ICC-Statut.

174

Triffterer-Wen-qi, Commentary on the Rome Statute, Art. 36 Rdnr. 7. Vgl. zu den Hintergründen bei der ersten Richterwahl: Abline, Désignation des Juges et du Procureur de la Cour Pénale Internationale, S. 465 ff. 176 Vgl. zu diesem Verfahren: Jarasch, Errichtung, Organisation und Finanzierung des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 13. 177 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), Un Doc. A/51/22, para. 35. 175

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Nach der Wahl der Richter bildet der Gerichtshof drei verschiedene Abteilungen, nämlich die Vorverfahrensabteilung, die Hauptverfahrensabteilung und die Berufungsabteilung.178 Es erfolgt nach Maßgabe eines in der Geschäftsordnung geregelten Verfahrens wiederum unter Berücksichtigung der verschiedenen Qualifikationen der einzelnen Personen eine Zuweisung von mindestens sechs Richtern an die Vorverfahrensabteilung, von mindestens sechs Richtern an die Hauptverfahrensabteilung sowie von vier Richtern zuzüglich des Präsidenten an die Berufungsabteilung, Art. 39 Abs. 1 ICC-Statut. Die verbleibenden drei Richter werden entweder der Vorverfahrens- oder aber der Hauptverfahrensabteilung zugewiesen. Innerhalb der jeweiligen Abteilungen werden sodann aus allen Richtern der Berufungsabteilung eine Berufungskammer, aus jeweils drei Richtern der Hauptverfahrensabteilung eine Hauptverfahrenskammer sowie aus jeweils drei Richtern der Vorverfahrensabteilung eine Vorverfahrenskammer gebildet, Art. 39 Abs. 2 ICC-Statut. Die Amtszeit eines Richters beträgt grundsätzlich neun Jahre, Art. 36 Abs. 9 lit. a) ICC-Statut. Lediglich bei der ersten Wahl der Richter werden, um zu einem gleichmäßigen Turnus zu gelangen, ein Drittel der Richter durch Losentscheid für eine Amtszeit von drei Jahren und ein weiteres Drittel für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt, Art. 36 Abs. 9 lit. b) ICC-Statut. Anders als bei den Richtern der ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen ist eine Wiederwahl unzulässig, Art. 36 Abs. 9 lit. a) ICC-Statut. 1. Richterplenum Das ICC-Statut weist den Richtern in ihrer Gesamtheit, d.h. dem Richterplenum verschiedene Aufgaben zu. So wählt das Plenum insbesondere den Präsidenten sowie die beiden Vizepräsidenten des ICC, Art. 38 Abs. 1 ICC-Statut. Eine Zuständigkeit dieses Kollektivorgans besteht auch für die Annahme der Geschäftsordnung des Gerichts, Art. 52 Abs. 1 ICC-Statut.179 Ferner entscheidet das Plenum nach Maßgabe des Art. 39 ICC-Statut über die Zuteilung der einzelnen Richter an die verschiedenen Spruchkörper des ICC. Darüber hinaus erwachsen diesem Organ Befugnisse im Falle der Befreiung und Ausschließung von Richtern, also bei Besorgnis der Befangenheit eines Richters, Art. 41 ICCStatut. Über diese und weitere der verstreuten Vorschriften des ICC-Statuts hinaus, ist Regel 4 ICC-VerfO im Zusammenhang mit den Plenarsitzungen von Bedeutung.180 Danach soll die erste Plenarsitzung innerhalb der ersten zwei 178 Vgl. dazu die Übersicht bei: Wexler, Rome Statute for the Permanent ICC, S. 682. 179 Vgl. oben 1. Kapitel, B. II. und III. 180 Vgl. dazu Jarasch, Rules Concerning the Composition and Administration of the ICC, S. 157.

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Monate nach Errichtung des ICC abgehalten werden, Regel 4 Abs. 1 ICCVerfO. Das Plenum soll mindestens einmal jährlich zusammentreffen, Regel 4 Abs. 2 ICC-VErfO. Beschlußfähig ist das Organ bei Anwesenheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder, Regel 4 Abs. 3 ICC-VerfO. Eine Entscheidung setzt, soweit das ICC-Statut nicht eine qualifizierte Mehrheit vorschreibt, grundsätzlich lediglich Stimmenmehrheit voraus, Regel 4 Abs. 4 ICC-VerfO. Vergleicht man abschließend die Regelungen im Zusammenhang mit dem Richterplenum beim ICC mit denen der ad hoc Tribunale, so ergibt sich im Hinblick auf die Befugnisse dieses Organs ein wesentlicher Unterschied. Während das Richterplenum des ICTY bzw. des ICTR über die Annahme bzw. Änderung der Verfahrensordnung entscheidet, fehlt eine entsprechende Ermächtigung beim ICC.181 Die Kompetenzen hinsichtlich der Verfahrensordnung sind vielmehr der Versammlung der Vertragsstaaten zugewiesen, Art. 51 Abs. 1 ICC-Statut. Insoweit ist die Bedeutung dieses Organs beim ICC insgesamt als erheblich geringer einzuschätzen. 2. Vorverfahrenskammer Die Vorverfahrenskammer ist mit der Wahrnehmung sämtlicher richterlicher Funktionen zwischen der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bis zur Bestätigung der Anklage betraut.182 Insbesondere entscheidet die Vorverfahrenskammer über die Anordnung bzw. Durchführung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen, Art. 56 f. ICC-Statut.183 Zu diesem Zweck kann sie gemäß Art. 39 Abs. 2 lit. b) iii) ICC-Statut soweit dies im Einklang mit dem sonstigen Verfahrensrecht steht, namentlich mit Art. 57 Abs. 2 ICC-Statut sowie Regel 7 ICC-VerfO ihre Aufgaben und Befugnisse an eines ihrer drei Mitglieder delegieren.184 Bei den ad hoc Tribunalen fehlt eine der Vorverfahrenskammer vergleichbare Organisationseinheit. Dort werden die Aufgaben, die durch das ICC-Statut nunmehr der Vorverfahrenskammer zugewiesen sind, soweit in diesem Zusammenhang überhaupt entsprechende richterliche Kompetenzen bestehen,185 grundsätzlich von einem einzelnen Richter als selbständigem Organ wahrgenommen.186 Auch während der Vorarbeiten zum ICC wurde die Notwendigkeit der Schaf-

181

Vgl. unten 3. Kapitel, B. II. und III. Vgl. im einzelnen: Wexler, Rome Statute for the Permanent ICC, S. 671 f.; vgl. auch unten 3. Kapitel, B. I. und II. 183 Vgl. dazu unten 4. Teil, 1. Kapitel, B. II. 184 Vgl. Jarasch, Rules Concerning the Composition and Administration of the ICC, S. 157 f. 185 Vgl. dazu unten 4. Teil, 1. Kapitel, A. II. 186 Triffterer-Bergsmo/Harhoff, Commentary on the Rome Statute, Art. 42 Rdnr. 6. 182

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

fung einer Vorverfahrenskammer diskutiert. Im Bericht des Preparatory Committee heißt es dazu: „With regard to article 5 dealing with organs of the Court, the view was expressed that an indictment or an investigations chamber for pre-trail procedures should be added and that it should be composed of three judges with the necessary authority to monitor preliminary investigative matters. A view was also expressed that a pretrial chamber should be established to carry out such pre-trial procedures as issuing warrants and deciding upon indictment and admissibility. Other questioned the need for this, preferring the structure established in the draft by the International Law Commission. Another suggestion was made that there should be no rotation of judges between the various chambers so as to avoid the possibility of having any judge sit on the same case more than once.“187

Für die Schaffung dieser neuartigen Organisationseinheit beim ICC lassen sich jedoch insbesondere zwei Gründe anführen. Zum einen ist das Ermittlungsverfahren beim ICC im Vergleich zum Ermittlungsverfahren bei den ad hoc Tribunalen einer wesentlich stärkeren richterlichen Einflußnahme bzw. Kontrolle unterworfen.188 Insoweit bedurfte es bereits aufgrund des zu erwartenden erhöhten Arbeitsaufwands einer veränderten Organisationsstruktur. Zum anderen kann so in vollkommenerer Weise als bei den ad hoc Tribunalen gewährleistet werden, daß ein Richter, der bereits in einem früheren Stadium des Verfahrens mitwirkte, von der späteren Hauptverhandlung bzw. Urteilsfindung wegen seiner zu befürchtenden Parteilichkeit ausgeschlossen ist.189 3. Hauptverfahrenskammer Soweit die Vorverfahrenskammer im Verfahren zur Bestätigung der Anklage zu der Überzeugung gelangt, daß ausreichende Beweise vorliegen, verweist sie die Sache an eine Hauptverfahrenskammer, Art. 61 Abs. 7 lit. a) ICC-Statut. Ab diesem Zeitpunkt bis zur Verkündung der Strafe ist die Hauptverfahrenskammer grundsätzlich für die Durchführung sämtlicher Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem jeweiligen Strafverfahren zuständig.190 Die Hauptverfahrenskammer setzt sich aus drei Richtern zusammen, Art. 39 Abs. 2 lit. b) ii) ICC-Statut. Die gerichtsinterne Zuständigkeit sowie die kammerinterne Organisation wird durch die gemäß Art. 52 ICC-Statut zu erlassende Geschäftsordnung geregelt.

187 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 33. 188 Behrens, Verfahren des internationalen Strafgerichtshofes, S. 147; vgl. dazu unten 4. Teil, 1. Kapitel, B. II. 189 Triffterer-Khan, Commentary on the Rome Statute, Art. 34 Rdnr. 7. 190 Vgl. unten 3. Kapitel, B. III.

2. Kap.: Gerichtsorganisation

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Auch im Hinblick auf die Hauptverfahrenskammer zeigt sich der Unterschied zwischen der Organisationsstruktur der ad hoc Tribunale und dem ICC. Während die Strafkammer der ad hoc Tribunale mangels Existenz einer Vorverfahrenskammer bereits im Rahmen des gerichtlichen Vorverfahrens,191 d.h. in Verfahrensabschnitten vor der Hauptverhandlung tätig wird, ist die Hauptverfahrenskammer des ICC grundsätzlich nur mit der Durchführung der Hauptverhandlung betraut.192 In Art. 64 Abs. 4 ICC-Statut ist diesbezüglich sogar die Möglichkeit vorgesehen, daß die Hauptverfahrenskammer selbst nach Eintritt in das Hauptverfahren sog. Vorfragen, die sich inhaltlich eher auf das Ermittlungsverfahren oder das Verfahren zur Bestätigung der Anklage als auf das Hauptverfahren beziehen, an die Vorverfahrenskammer verweist.193 4. Berufungskammer Der ICC verfügt über eine Berufungskammer, die sich aus dem Präsidenten und vier weiteren Richtern, also. sämtlichen Richtern der Berufungsabteilung zusammensetzt, Art. 39 Abs. 2 lit. b) ii) ICC-Statut. Die Berufungskammer entscheidet in erster Linie über Berufungen gegen den Frei- oder Schuldspruch und gegen den Strafausspruch, Art. 81 ICC-Statut. Im weiteren entscheidet die Berufungskammer nach Art. 82 ICC-Statut über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vorverfahrens- und Hauptverfahrenskammer. Während Entscheidungen der Strafkammern der ad hoc Tribunale nur dann mit Rechtsmitteln angefochten werden können, wenn das Verfahrensrecht eine entsprechende Möglichkeit explizit vorsieht, findet mit Art. 82 Abs. 1 lit. d) ICC-Statut für den ICC in diesem Zusammenhang eine generalklauselartige Regelung Anwendung. Danach sind mit Zustimmung der jeweiligen Vorverfahrens- oder Hauptverfahrenskammer sämtliche Entscheidungen anfechtbar, wenn Fragen betroffen sind, die die faire und zügige Durchführung des Verfahrens oder das Ergebnis des Hauptverfahrens maßgeblich beeinflussen würden.194 5. Präsidium Das Präsidium setzt sich aus dem Präsidenten sowie dem Ersten und Zweiten Vizepräsidenten des ICC zusammen. Sämtliche Mitglieder des Präsidiums werden mit der absoluten Mehrheit der Richter des ICC gewählt. Grundsätzlich beträgt die Amtszeit des Präsidenten und der Vizepräsidenten drei Jahre, Art. 38 191

Vgl. unten 3. Kapitel, A. II. Vgl. unten 3. Kapitel, B. III. 193 Vgl. Triffterer-Bitti, Commentary on the Rome Statute, Art. 64 Rdnr. 18. 194 Behrens, Verfahren des internationalen Strafgerichtshofes, S. 150; Brady, Rules on the Appeal, S. 250; Triffterer-Staker, Commentary on the Rome Statute, Art. 82 Rdnr. 11. 192

116

2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Abs. 1 ICC-Statut. Während die Organisationsstruktur der ad hoc Tribunale zwischen dem Präsidenten einerseits und dem Büro andererseits unterscheidet, besteht beim ICC stattdessen das Kollektivorgan des Präsidiums. Insoweit vereinigen sich in Gestalt des Präsidiums des ICC grundsätzlich sämtliche Befugnisse, die beim ICTY bzw. ICTR von verschiedenen Organen wahrgenommen werden. Im Einzelfall werden jedoch auch auf der Grundlage des ICC-Statuts dem Präsidenten ausschließliche Befugnisse zugewiesen. So übt er beispielsweise allein die Aufsicht über den Kanzler aus, Art. 43 Abs. 2 ICC-Statut. Gemäß Art. 38 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut obliegt dem Präsidium, die ordnungsgemäße Verwaltung des Gerichtshofs mit Ausnahme der Anklagebehörde zu gewährleisten.195 Inwieweit dem Präsidium insbesondere bei der Geschäftsverteilung bzw. der Zuweisung der einzelnen Richter an die jeweiligen Abteilungen und Kammern des ICC besondere Befugnisse zustehen, wird abschließend erst nach Erlaß einer Geschäftsordnung gemäß Art. 52 ICC-Statut zu beurteilen sein. Während dem Präsidenten des ICTY bzw. ICTR jedoch insbesondere im Zusammenhang mit der turnusmäßigen Rotation der Richter zwischen den einzelnen Kammern Bedeutung zukommt, beschränkt sich diese Befugnis für das Präsidium des ICC darauf, über eine zeitweilige Abordnung von Richtern der Hauptverfahrensabteilung an die Vorverfahrensabteilung oder umgekehrt zu entscheiden. Anders als bei den ad hoc Tribunalen ergibt sich nunmehr nämlich aus Art. 39 Abs. 4 ICC-Statut, daß eine Rotation grundsätzlich nicht stattfinden soll.196 II. Anklagebehörde Während in der Terminologie der Statuten der ad hoc Tribunale dem Begriff des Anklägers, prosecutor, der Vorzug gegeben wird, verwendete man im Rahmen des ICC-Statuts den Begriff der Anklagebehörde, office of the prosecutor, zur Bezeichnung des Organs. Daß sich sich daraus rechtliche Unterschiede hinsichtlich der Organisationsstrukur herleiten ließen, ist allerdings nicht ersichtlich. Wie bei den ad hoc Tribunalen leitet der Ankläger die Anklagebehörde und besitzt die volle Dienstaufsicht über alle Mitarbeiter seiner Behörde, Art. 42 Abs. 2 ICC-Statut. Auch beim ICC handelt die Anklagebehörde unabhängig als eigenständiges Organ des ICC, Art. 42 Abs. 1 S. 1 ICC-Statut. Der Anklagebehörde obliegt es in gleicher Weise sowohl die Ermittlungen durchzuführen als auch die Partei der Anklage vor Gericht zu vertreten, Art. 42 Abs. 1 S. 2 ICCStatut. Den Mitgliedern der Anklagebehörde ist es verwehrt, Weisungen von einer Stelle außerhalb des Gerichtshofs einzuholen oder zu befolgen, Art. 42 Abs. 1 S. 3 ICC-Statut. 195 196

Vgl. Nesi, Organs of the ICC, S. 237 f. Triffterer-Deschênes, Commentary on the Rome Statute, Art. 39 Rdnr. 5.

2. Kap.: Gerichtsorganisation

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Der Ankläger des ICC wird allerdings, insoweit im Unterschied zum Ankläger bei den ad hoc Tribunalen, der vom Sicherheitsrat ernannt wird, in geheimer Abstimmung von der absoluten Mehrheit der Mitglieder der Vertragsstaaten gewählt, Art. 42 Abs. 4 S. 1 ICC-Statut.197 Nach seiner Wahl werden wiederum von der Staatenversammlung in gleicher Weise ein oder mehrere Stellvertreter des Anklägers aus einer vom Ankläger erstellten Liste gewählt. Die Amtszeit des Anklägers und der Stellvertretenden Ankläger beträgt neun Jahre, wobei eine Wiederwahl ausgeschlossen ist, Art. 42 Abs. 4 S. 4 ICC-Statut. Das übrige Personal der Anklagebehörde kann hingegen vom Ankläger eigenmächtig eingestellt werden, Art. 44 ICC-Statut. Die Funktionen des Anklägers können genauso wie bei den ad hoc Tribunalen auf die Mitglieder des Personals der Anklagebehörde delegiert werden, Regel 11 ICC-VerfO. Hinsichtlich der Leitung und Verwaltung der Anklagebehörde soll der Ankläger gemäß Regel 9 ICCVerfO entsprechende behördeninterne Vorschriften erlassen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Anklagebehörde bei den ad hoc Tribunalen und der Anklagebehörde beim ICC besteht darin, daß erstmalig beim ICC institutionelle Vorkehrungen für den Fall getroffen worden sind, daß aus den in Art. 42 Abs. 7 ICC-Statut festgelegten Gründen Zweifel an der Unparteilichkeit des Anklägers oder einem seiner Stellvertreter in einer Sache bestehen.198 In diesem Fall kann der Ankläger oder einer seiner Stellvertreter entweder auf sein eigenes Ersuchen vom Präsidium des ICC oder aber auf Antrag der Person, gegen die sich die Ermittlungen oder die Strafverfolgung richtet, durch Entscheidung der Berufungskammer von der Wahrnehmung seiner amtlichen Funktionen in einer bestimmten Sache entbunden werden, Art. 42 Abs. 6– 8 ICC-Statut. III. Kanzlei Die Kanzlei setzt sich aus dem Kanzler und bei Bedarf ggf. einem Stellvertretenden Kanzler sowie dem weiteren Personal zusammen, Art. 42 Abs. 2, 4 sowie Art. 44 Absatz 1 ICC-Statut. Der Kanzlei obliegt die Verwaltung und Unterstützung des Gerichtshofs, Art. 43 Abs. 1 ICC-Statut. Der Präsident des ICC übt die Dienstaufsicht über den Kanzler aus, Art. 43 Abs. 2 ICC-Statut. Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zu den ad hoc Tribunalen. Insbesondere ergeben sich für den Kanzler des ICC vergleichbare Aufgaben im Zusammenhang mit der Abteilung für Opfer und Zeugen, Art. 43 Abs. 6 ICC-Statut. Anders als bei den ad hoc Tribunalen jedoch, bei denen der Generalsekretär der 197 Vgl. zu den Hintergründen bei der ersten Wahl des Anklägers: Abline, Désignation des Juges et du Procureur de la Cour Pénale Internationale, S. 465 ff. 198 Triffterer-Bergsmo/Harhoff, Commentary on the Rome Statute, Art. 42 Rdnr. 24.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Vereinten Nationen den Kanzler auf Vorschlag des Präsidenten ernennt, wird der Kanzler des ICC sowie ggf. der Stellvertretende Kanzler vom Richterplenum gewählt, Art. 43 Abs. 4 ICC-Statut. Eine einmalige Wiederwahl ist überdies zulässig. Aufgrund dieses organisationsrechtlichen Unterschieds zwischen den ad hoc Tribunalen und dem ICC entsteht somit ein noch engeres Verhältnis zwischen der Richterschaft und der Kanzlei.199 IV. Versammlung der Vertragsstaaten Gemäß Art. 112 ICC-Statut verfügt der ICC über ein weiteres Organ,200 die Versammlung der Vertragsstaaten. Die Versammlung der Vertragsstaaten ist eine Art politisches Kontrollorgan des Gerichts und zugleich die Interessenvertretung der Vertragsstaaten.201 Zu dieser Versammlung entsendet jeder Vertragsstaat des ICC-Statut einen Vertreter, Art. 112 Abs. 1 S. 1 ICC-Statut. Staaten, die lediglich das Statut oder die Schlußakte unterzeichnet haben, genießen Beobachterstatus, Art. 112 Abs. 1 S. 2 ICC-Statut. Jeder Vertragsstaat hat eine Stimme, Art. 112 Abs. 7 ICC-Statut. Der Versammlung steht ein Vorstand, bestehend aus einem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten sowie 18 weiteren Mitgliedern, vor, Art. 112 Abs. 3 ICC-Statut. Dieser Versammlung obliegt die Annahme bzw. Änderung der Nebeninstrumente zum ICC-Statut, Art. 112 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut. Dazu gehört202 insbesondere die Verfahrens- und Beweisordnung, Art. 51 ICC-Statut.203 Die Versammlung übt im weiteren die Dienstaufsicht über das Präsidium, den Ankläger und den Kanzler aus, Art. 112 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut, prüft die Berichte und Tätigkeiten des Vorstandes und entscheidet über entsprechende Maßnahmen, Art. 112 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut, und beschließt den Haushalt des ICC, Art. 112 Abs. 2 lit. d) ICC-Statut.204 Weitere Funktionen ergeben sich für die Versammlung der Vertragsstaaten unter anderem im Zusammenhang mit den Entscheidungen zur Anzahl bzw. zur Wahl der Richter, Art. 36 ICC-Statut, mit der Kooperation der Staaten gegenüber dem ICC, Art. 87 Abs. 5, 7 ICC-Statut,205 sowie der Änderung bzw. Überprüfung des Vertragswerkes, Art. 121 ff. ICC-Statut, usw.

199

Triffterer-Tolbert, Commentary on the Rome Statute, Art. 43 Rdnr. 9. Vgl. die Ausführungen zur Organqualität der Versammlung der Vertragsstaaten bei: Lüder, Legal Nature of the ICC, S. 52. 201 Ambos, Zum neuen Internationalen Strafgerichtshof, S. 988. 202 Vgl. oben 1. Kapitel, B. III. 203 Jarasch, Errichtung, Organisation und Finanzierung des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 17; vgl. oben 1. Kapitel, B. II. 204 Vgl. Nesi, Organs of the ICC, S. 247. 205 Vgl. unten 4. Teil, 2. Kapitel, B. V. 200

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

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Bei den ad hoc Tribunalen findet man ein solches Organ nicht. Dies läßt sich darauf zurückführen, daß die ad hoc Tribunale jeweils als Nebenorgane des Sicherheitsrates im Sinne des Art. 29 der UN-Charta eingesetzt wurden. Die Kompetenzen, die beim ICC der Versammlung der Vertragsstaaten zugewiesen sind, werden bei den ad hoc Tribunalen von den jeweiligen Organen der Vereinten Nationen wahrgenommen. So entscheidet bei den ad hoc Tribunalen beispielsweise der Sicherheitsrat über Änderungen der Statuten sowie über Fragen im Zusammenhang mit der Kooperation der Staaten gegenüber den Gerichten.206 Wie sich insbesondere anhand des Wahlverfahrens für die Richterschaft der ad hoc Tribunale gezeigt hat, bestehen auch für die Generalversammlung der Vereinten Nationen Kompetenzen. Zum anderen entscheidet bei den ad hoc Tribunalen das Richterplenum über die Annahme bzw. Änderung des Verfahrensrechts in Form der Verfahrensordnungen. Beim ICC kommt es nunmehr zu einer Bündelung dieser Befugnisse in Gestalt der Versammlung der Vertragsstaaten.207 3. Kapitel

Ablauf des Strafverfahrens Dieses Kapitel ist dem Ablauf des Strafverfahrens im modernen Völkerstrafrecht gewidmet. Es werden die einzelnen Stationen des erstinstanzlichen Verfahrens erläutert. Herauszuarbeiten sind in diesem Zusammenhang die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den ad hoc Tribunalen einerseits und dem ICC andererseits.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Im Hinblick auf eine Einteilung des erstinstanzlichen Strafverfahrens in einzelne Abschnitte lassen sich zwischen der Regelungsstruktur der Statuten208 und der Regelungsstruktur der Verfahrensordnungen209 Unterschiede feststellen. So werden in Art. 18 ICTY-Statut bzw. Art. 17 ICTR-Statut als erstem Abschnitt zunächst die Ermittlungen, investigations, sowie die Ausarbeitung einer Anklageschrift, preparation of indictment, normiert. Sodann ist als zweiter Verfahrensabschnitt in Art. 19 ICTY-Statut bzw. Art. 18 ICTR-Statut die richterliche Prüfung der Anklageschrift, review of indictment, vorgesehen. Es erfolgt in Art. 20 ICTY-Statut bzw. Art. 19 ICTR-Statut die Regelung des Hauptverfah206 207 208 209

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

unten 4. Teil, 2. Kapitel, A. V. Seidel/Stahn, Statut des Weltstrafgerichtshofs, S. 15. oben 1. Kapitel, A. I. oben 1. Kapitel, A. II.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

rens, commencement and conduct of trial proceedings, als drittem Abschnitt des erstinstanzlichen Strafverfahrens. Das Hauptverfahren beginnt bereits mit dem der Hauptverhandlung vorgelagerten Termin der Anklageverlesung. Die Regelungsstruktur der Verfahrensordnungen geht hingegen von folgender Gliederung des Verfahrens aus: Im 4. Teil der Verfahrensordnungen wird als erstem Abschnitt zunächst das Ermittlungsverfahren, investigations, geregelt. Im 5. Teil der Verfahrensordnungen ist der zweite Abschnitt des erstinstanzlichen Strafverfahrens, pre-trial proceedings, normiert. Dieser Abschnitt läßt sich in der deutschen Übersetzung am besten mit dem Begriff des gerichtlichen Vorverfahrens erfassen.210 Das gerichtliche Vorverfahren beginnt mit der Einreichung einer Anklageschrift durch den Ankläger und endet erst mit der Eröffnung der Hauptverhandlung. Es deckt in zeitlicher Hinsicht somit den gesamten Ablauf des Strafverfahrens zwischen Anklageerhebung und dem Beginn der Hauptverhandlung ab. Der 6. Teil der Verfahrensordnungen ist ausschließlich Fragestellungen im Zusammenhang mit der Hauptverhandlung, proceedings before trial chambers, als drittem Abschnitt des erstinstanzlichen Verfahrens gewidmet. Während also die Regelungsstruktur der Statuten den mittleren Verfahrensabschnitt lediglich als richterliche Prüfung der Anklageschrift darstellt, werden aufgrund der Regelungsstruktur der Verfahrensordnungen insoweit sämtliche Vorgänge zwischen der Einreichung der Anklageschrift und der Eröffnung der Hauptverhandlung einbezogen. Es wird erkennbar, daß die Richter der ad hoc Tribunale bei Erlaß der Verfahrensordnungen aufgrund ihrer Ermächtigung aus Art. 15 ICTY-Statut bzw. Art. 14 ICTR-Statut211 einer abweichenden, ihrer Auffassung zufolge wohl praxisgerechteren Einteilung des Verfahrens den Vorzug gaben. Auch das Schrifttum geht in seinen Abhandlungen überwiegend von einer Gliederung des erstinstanzlichen Strafverfahrens entsprechend der Regelungsstruktur der Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale aus.212 Das Verfahren vor dem ICTY bzw. ICTR ist demnach auch im folgenden in die Abschnitte des Ermittlungsverfahrens, investigations, des umfassenden gerichtlichen Vorverfahrens, pre-trial proceedings, sowie der Hauptverhandlung, proceedings before trial chambers, gegliedert.213 210 Verfahrensordnung und Beweisregeln des internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien, UN Doc. IT/32, Übersetzung durch Petra Hildebrandt, 1997, abgedruckt in: Fischer/Lüder (Hrsg.), Völkerrechtliche Verbrechen, S. 239 ff. 211 Vgl. oben 1. Kapitel, A. II. 212 Vgl. u. a. die Einteilung bei: Ahlbrecht, Völkerrechtliche Strafgerichtsbarkeit, S. 292; Nsereko, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 292 ff.; McDonald, Trial Procedures and Practices, S. 551; Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 485 ff. 213 Nach Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens vor den ad hoc Tribunalen folgen ggf. weitere Verfahrensabschnitte, wie das Rechtsmittel- und Wiederaufnahmeverfahren, Art. 25–26 ICTY-Statut bzw. Art. 24–25 ICTR-Statut sowie dem 7. und 8. Teil der Verfahrensordnungen; vgl. zu diesen Abschnitten: Karibi-Whyte, Appeal Pro-

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

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I. Ermittlungsverfahren (investigations) Nach Art. 18 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 ICTR-Statut entscheidet der Ankläger darüber, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Zum Zweck dieser Entscheidungsfindung wertet der Ankläger zunächst das ihm von seiten der Staaten, regierungsamtlichen oder nicht-regierungsamtlichen internationalen Organisationen dargebrachte oder aber das aufgrund eigener Tätigkeit erlangte Informationsmaterial aus.214 Gelangt der Ankläger schließlich nach Abschluß dieser Vorermittlungen zu der Überzeugung, daß eine Strafverfolgung zulässig und gerechtfertigt ist, so erfolgt die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne.215 Im Rahmen der Durchführung des Ermittlungsverfahrens ist der Ankläger befugt, bestimmte Ermittlungsmaßnahmen vorzunehmen, Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut sowie Regel 39 ff. der Verfahrensordnungen.216 Er kann insbesondere Staaten und internationale Organisationen um Unterstützung bei den Ermittlungen ersuchen, Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut sowie Regel 39 iii), 40 der Verfahrensordnungen.217 Außerdem ist der Ankläger gemäß Regel 39 iv) der Verfahrensordnungen befugt, die für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens erforderlichen richterlichen Anordnungen zu beantragen.218 Dem Verdächtigen andererseits werden bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens bestimmte Rechte eingeräumt, wie insbesondere das Recht auf Rechtsbeistand sowie auf Übersetzung in eine ihm geläufige Sprache für den Fall seiner Vernehmung durch den Ankläger, Art. 18 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 3 ICTRStatut sowie Regel 42 f. der Verfahrensordnungen.219 II. Gerichtliches Vorverfahren (pre-trial proceedings) Führen die Ermittlungen schließlich zu dem Ergebnis, daß ein sog. prima facie-Fall vorliegt, so arbeitet der Ankläger eine Anklageschrift aus und leitet diese gemäß Regel 28 der Verfahrensordnungen dem Gericht zu.220 Die Anklageschrift muß die wesentlichen Darlegungen zum jeweiligen Sachverhalt und zum anwendbaren Straftatbestand des Statuts enthalten, Art. 18 Abs. 4 ICTYStatut bzw. Art. 17 Abs. 4 ICTR-Statut. Nach Erhalt der Anklageschrift prüft cedures and Practices, S. 623 ff.; Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 839. 214 Vgl. unten 3. Teil, 1. Kapitel, A. 215 Vgl. unten 3. Teil, 2. Kapitel, A. und 3. Kapitel, A. 216 Vgl. unten 4. Teil, 1. Kapitel, A. I. 1. 217 Vgl. unten 4. Teil, 2. Kapitel, A. III. 218 Vgl. unten 4. Teil, 1. Kapitel, A. II. 219 Vgl. unten 4. Teil, 4. Kapitel, A. II. 1. 220 Vgl. unten 2. Kapitel, A. I. 2.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

der zuständige Richter, ob ein prima facie-Fall vom Ankläger tatsächlich glaubhaft gemacht wurde, Art. 19 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 18 Abs. 1 ICTRStatut.221 Eine Beteiligung des Verdächtigen an diesem Verfahren ist ausgeschlossen. Je nach dem Ergebnis der richterlichen Bewertung erfolgt sodann eine Bestätigung der Anklage oder aber eine Zurückweisung der Anklage, Art. 19 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 18 Abs. 1 ICTR-Statut. Im Falle einer Abweisung der Anklage kann der Ankläger eine neue Anklageschrift nur aufgrund zusätzlicher Beweise einreichen, Regel 47 (I) der Verfahrensordnungen. Im Falle der Bestätigung der Anklage wird das gerichtliche Vorverfahren fortgeführt. Der Verdächtige erhält dann den Status eines Angeklagten, Regel 2 i. V. m. Regel 47 (H) ii) der Verfahrensordnungen. Grundsätzlich erfolgt eine Veröffentlichung und Bekanntmachung der Anklageschrift, Regel 52 der Verfahrensordnungen. In den Ausnahmefällen der Regel 53 der Verfahrensordnungen wird, soweit dies zum Schutze vertraulicher Informationen oder sonstigen Interessen der Rechtspflege erforderlich ist, eine Anklageschrift nicht offengelegt.222 Auf Antrag des Anklägers kann der zuständige Richter weitere erforderliche Anordnungen und Beschlüsse zur Durchführung des Verfahrens erlassen, Art. 19 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 18 Abs. 2 ICTR-Statut. Insbesondere wird in der Regel ein richterlicher Haftbefehl und eine richterliche Anordnung auf Überstellung des Angeklagten gegenüber dem jeweiligen Staat, in dessen Hoheitsgebiet der Angeklagte sich aufhält oder sein Aufenthaltsort vermutet wird, erlassen, Art. 19 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 18 Abs. 2 ICTR-Statut i. V. m. Regel 47 (H) und Regel 54 ff. der Verfahrensordnungen.223 Bleibt der Haftbefehl letztlich mangels Auffindbarkeit des Angeklagten bzw. mangels entsprechender Kooperationsbereitschaft des jeweiligen Staates erfolglos, so daß die Anwesenheit des Angeklagten am Sitz des ICTY bzw. ICTR ausbleibt, findet Regel 61 der Verfahrensordnungen Anwendung.224 Die Sache geht über in die Zuständigkeit derjenigen Strafkammer, welcher der bislang nach Regel 28 der Verfahrensordnung allein zuständige Richter angehört. Unter dem Titel des Verfahrens der nicht erfolgten Ausführung des Haftbefehls kann der Ankläger auf diese Weise in öffentlicher Verhandlung seine Beweismittel unterbreiten. Zulässig ist es für den Ankläger dabei auch, auf Vernehmungsprotokolle zurückzugreifen.225 Eine Beteiligung des Angeklagten bzw. eines von 221

Vgl. unten 5. Teil, A. II. Vgl. dazu Morris/Scharf, ICTR, S. 482 ff. 223 Ascensio, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 471. Vgl. zum Ausnahmefall der Festnahme und Überstellung im Ermittlungsverfahren, unten 4. Teil, 5. Kapitel, A. I. 224 Vgl. ausführlich zu diesem Verfahren: Niang, Tribunal Pénal International pour le Rwanda. Et si la Contumace était possible, S. 384 ff.; Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 504 ff.; LaRosa, Droit à un Procès Èquitable, S. 949 ff. 222

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

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ihm entsendeten Verteidigers ist im Verfahren nach Regel 61 der Verfahrensordnungen nicht vorgesehen. Dennoch kann in diesem Zusammenhang nicht von einem Strafverfahren in Abwesenheit gesprochen werden, da letztlich auch kein Strafurteil ergeht.226 Vorschläge, die darauf abzielten, ggf. auch ein Strafverfahren in Abwesenheit für die ad hoc Tribunale zu ermöglichen, wie einerseits der Vorschlag Frankreichs anläßlich der Ausarbeitung des ICTY-Statuts227 und andererseits ein entsprechender Vorschlag anläßlich der Ausarbeitung der ICTYVerfO,228 wurden mehrheitlich, insbesondere von den Repräsentanten angloamerikanischer Rechtsordnungen jeweils abgelehnt.229 Sinn und Zweck des Verfahrens nach Regel 61 der Verfahrensordnungen erschöpft sich vielmehr darin, die Weltöffentlichkeit über die begangenen Verbrechen zu informieren.230 Außerdem kann nach Durchführung des Verfahrens von der Strafkammer ein internationaler Haftbefehl bezüglich des Angeklagten erlassen werden, der dann sämtlichen Staaten zur Ausführung übermittelt wird.231 Wird der Angeklagte hingegen an das ICTY bzw. ICTR überstellt, so wird er unverzüglich der zuständigen Strafkammer vorgeführt, initial appearance, Art. 20 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 19 Abs. 3 ICTR-Statut i. V. m. Regel 62 der Verfahrensordnungen. Im Rahmen dieses ersten Erscheinens des Angeklagten erfolgt mittels Verlesung der Anklageschrift durch die Strafkammer die förmliche Erhebung der Anklage. Von diesem Zeitpunkt an geht das Verfahren in die Zuständigkeit einer vom Präsidenten zu bestimmenden Strafkammer über. Grundsätzlich ist dies in der Praxis eine Strafkammer, welcher der bislang zuständige einzelne Richter nicht angehört.232 Obligatorisch ist dies aus rechtlicher Sicht jedoch nicht, wie die Vorschriften über den Ausschluß eines Richters wegen Befangenheit zeigen, Regel 15 (C) der Verfahrensordnungen. Der Angeklagte wird aufgefordert, sich zu jedem Anklagepunkt für schuldig oder nicht schuldig zu erklären, guilty plea, Regel 62 iii) der Verfahrensordnungen. Erklärt er sich für schuldig und ist diese Erklärung unter den Voraussetzungen der Re225

Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 506. Ascensio, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 471. 227 Letter from the Permanent Representative of France to the Secretary-General, 10 February 1993, UN Doc. S/25266 (1993). 228 Proposal by Antonio Cassese, Second Plenary Session meeting (17 Jan.–11 Feb. 1994), The Hague 21 January 1994, UN Doc. IT/25. 229 Burns, Union of Principles and Politics, S. 154; McDonald, Trial Procedures and Practices, S. 554. 230 Vgl. Prosecutor v. Ivica Rajic (IT-95-12), Rule 61 Decision, 13 September 1996, para. 2; Prosecutor v. Ivica Rajic, Rule 61 Decision – Separate Opinion of Judge Sidhwa, 13 September 1996, para. 7. 231 Greenwood, Development of IHL, S. 113; vgl. zum internationalen Haftbefehl: Maison, La Décision dans l’Affaire Nikolic, S. 287 ff. 232 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 509; vgl. zu den Zuständigkeiten der Strafkammer: unten 2. Kapitel, A. I. 3. 226

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

gel 62 bis i)–iv) der Verfahrensordnungen als wirksam zu betrachten, so bedarf es in der Regel keiner weiteren Verfahrensschritte. Vielmehr wird von der Strafkammer unverzüglich die Schuld des Angeklagten festgestellt und ein Termin für das Anhörungsverfahren zum Zweck der Entscheidung über die Strafe anberaumt, Regel 62 bis der Verfahrensordnungen. Dies entspricht den Grundsätzen des angloamerikanischen Strafverfahrensrechts,233 dem kontinentaleuropäischen Strafverfahrensrecht ist das Institut des guilty plea hingegen fremd.234 Die Berufungskammer des ICTY führt dazu in einem Urteil aus: „The vague and imprecise language of Art. 20, paragraph 3, may at first glance suggest that a trial shall be held even if the accused pleads guilty. However, Art. 15 of the Statute directs the Judges of the International Tribunal to draft rules of procedure and evidence for the conduct of proceedings before the International Tribunal. Rule 62 explicitly incorporates the common law adversarial trial procedure.“235

Noch vor Beginn der Hauptverhandlung bestehen weitreichende Verpflichtungen der Anklage bzw. der Verteidigung zur gegenseitigen Offenlegung der Beweismaterialien, Regel 66 ff. der Verfahrensordnungen.236 Insbesondere ist der Ankläger zur Offenlegung von entlastenden Beweismitteln verpflichtet, Regel 68 der Verfahrensordnungen. Insoweit folgte man nicht dem U.S.-amerikanischen Strafverfahrensrecht, das eine entsprechende Verpflichtung der Parteien zur Offenlegung nur in geringerem Maße anerkennt.237 Begründend wurde bei Erlaß der ICTY-VerfO auf die internationalen Strafgerichte des historischen Völkerstrafrechts hingewiesen. Dort wurde das Fehlen einer entsprechenden Offenlegungspflicht der Anklage teilweise als mangelnde Chancengleichheit für die Verteidigung angesehen.238 Im ersten Jahresbericht des ICTY heißt es dazu: „The statute of the Tribunal has adopted a largely adversarial approach to its procedures, rather than the inquisitorial system prevailing in continental Europe and elsewhere. However, at the trial, the prosecution and the defence have been put on the same footing: after confirmation of the indictment, the defence is entitled to collect and to have access to all relevant evidence; and both the prosecution and the defence are reciprocally bound to disclose all documents and witnesses presented by the other party. (. . .) One can discern in the statute and the rules a conscious effort to avoid some of the often-mentioned flaws of Nürnberg and Tokyo.“239 233 Vgl. u. a. für das englische Strafverfahrensrecht: Sprack, Emmins on Criminal Procedure, S. 238. 234 Tochilovsky, Legal Systems and Cultures in the ICC: The Experience from the ICTY, S. 638 f. 235 Prosecutor v. Drazen Erdemovic (IT-96-22), Judgement – Joint Separate Opinion of Judge McDonald and Judge Vohrah, 7 October 1997, para. 6; vgl. dazu die Besprechung des Urteils: Swaak-Goldman, Prosecutor v. Erdemovic, S. 282 ff. 236 Murphy, Progress and Jurisprudence of the ICTY, S. 82. 237 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 516; vgl. zur Entwicklung des U.S.-amerikanischen Strafverfahrensrecht zu einer Offenlegungspflicht der Anklage: Schmid, Strafverfahren und Strafrecht in den Vereinigten Staaten, S. 58 f. 238 Vgl. oben 1. Kapitel, A. I.

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

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Während des gesamten gerichtlichen Vorverfahrens können der zuständige Richter bzw. die Strafkammer auf Antrag der Parteien oder proprio motu die für die weiteren Ermittlungen oder für die Vorbereitung oder Durchführung der Hauptverhandlung erforderlichen Anordnungen erteilen, Regel 54 der Verfahrensordnungen. Insbesondere für den Angeklagten und seinen Rechtsbeistand ergibt sich somit die Möglichkeit, seine Verteidigung vorzubereiten, indem beispielsweise Zeugen mittels richterlicher Ladung im Sinne eines subpoena ad testificandum-Befehls einbestellt werden.240 In gleicher Weise kann der Erlaß eines richterlichen subpoena ad duces tecum-Befehls zur Vorlage bestimmter Dokumente beantragt werden.241 Auf Antrag einer Partei oder auf Anordnung der Strafkammer proprio motu kann im Falle außergewöhnlicher Umstände eine Zeugenaussage zum Zweck der Beweissicherung bzw. zum Zweck späterer Verwendung in der Hauptverhandlung von einem Richter zu Protokoll genommen werden, Regel 71 der Verfahrensordnungen.242 Im übrigen wird jeder Partei im Rahmen des gerichtlichen Vorverfahrens bzw. nach dem ersten Erscheinen des Angeklagten das Recht zuteil, Vorabanträge, preliminary motions, zu stellen, Regel 72 f. der Verfahrensordnungen.243 Besondere Bedeutung erlangen in der Praxis der ad hoc Tribunale insbesondere solche Vorabanträge in denen von der Verteidigung noch vor der Hauptverhandlung eine Entscheidung der Strafkammer über Aspekte der Zuständigkeit oder der Form der Anklageschrift begehrt werden.244 Außerdem finden bereits während des gerichtlichen Vorverfahrens Gespräche bzw. Konferenzen zwischen den Richtern der Strafkammer und den Parteien zur frühzeitigen Klärung verschiedener für die Hauptverhandlung relevanter Aspekte statt, Regel 73 bis f. der Verfahrensordnungen.245 Es soll insofern zum Zweck der Beschleunigung des Verfahrens sichergestellt werden, daß zwischen den Parteien zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein Einverständnis über die tatsächlichen und rechtlichen Fragen des Falles erzielt wird.246 Diese Regeln 73 bis f. wurden erst später in die Verfahrensordnungen eingefügt.247 239

First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 71. Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 526 f.; vgl. die Ausführungen zum subpoena-Befehl: 4. Teil, 4. Kapitel, A. II. 2. 241 Wird ein subpoeana ad duces tecum-Befehl an einen Staat gerichtet, so sind zugunsten staatlicher Interessen an einer Geheimhaltung bestimmter behördlicher Dokumente die strengen Voraussetzungen der Regel 54 bis der Verfahrensordnungen zu beachten. 242 Vgl. Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 924; zum Ausnahmecharakter der Protokollverlesung in der Hauptverhandlung: unten 4. Teil, 4. Kapitel, A. IV. 243 Vgl. zu den Vorabanträgen ausführlich: Murphy, Progress and Jurisprudence of the ICTY, S. 77. 244 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 537 f. m. w. N. 245 Abweichend von der Verfahrensordnung des ICTY werden diese Regeln beim ICTR nicht mehr den Vorschriften über das gerichtliche Vorverfahren, sondern den Vorschriften über das Hauptverfahren zugerechnet, Regel 73 bis f. ICTR-VerfO. 246 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 542. 240

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

Letztlich können die Strafkammern infolge der Änderungen nun den Ablauf des Verfahrens stärker beeinflussen als zuvor. Diese Einbindung der Strafkammern wird im Schrifttum als Abkehr vom adversatorischen Strafverfahren, wie es dem angloamerikanischen Strafverfahrensrecht zu eigen ist, angesehen.248 III. Hauptverhandlung (proceedings before trial chambers) Die Hauptverhandlung wird im 6. Teil der Verfahrensordnungen geregelt. In Anlehnung an das angloamerikanische Strafverfahrensrecht diente die Hauptverhandlung der ursprünglichen Fassung der Verfahrensordnungen zufolge dem Erlaß zweier verschiedener Urteile, zum einen des Urteils hinsichtlich der Schuldfrage, verdict bzw. judgement, und zum anderen des Urteils hinsichtlich der Strafe, sentence judgement. Demnach wurde nach der Verhandlung über die Schuld des Angeklagten noch ein Anhörungsverfahren zum Zweck der Entscheidung über die Strafe durchgeführt.249 Nunmehr erfolgt aufgrund der revidierten Fassung der Verfahrensordnungen250 lediglich ein einziger Richterspruch aufgrund einer einheitlichen Hauptverhandlung, in der abschließend sämtliche Aspekte einer Sache behandelt werden, Regel 87 (C) der Verfahrensordnungen. Zu dieser Veränderung im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale führen die Richter des ICTY in einer Entscheidung aus: „At the Eighteenth Plenary Session of the International Tribunal, on 9 and 10 July 1998, the Judges, sitting in plenary, adopted several amendments to the rules pertaining to the Tribunal’s procedure for sentencing where necessary, only after the judgement had been rendered as to the accused’s guilt or innocence, the amended Rules provide for simultaneous judgement and sentencing. (. . .) This Judgement its divided into six sections, each constituting an integral part of the whole. (. . .) Finally, in Section VI, the Judgement of the Trial Chamber on the guilt or innocence of each of the accused in relation to each of the charges against them, is laid out and the sentence for each accused in relation to those counts of which they are found guilty is imposed.“251

Nur für den Fall, daß sich der Angeklagte hinsichtlich eines Tatvorwurfs für schuldig erklärt, guilty plea, und es somit keiner weiteren Klärung der Schuld247 Fifth Annual Report of the ICTY, 10 August 1998, UN Doc. A/53/219, para. 106 f. 248 Triffterer-Bitti, Commentary on the Rome Statute, Art. 64 Rdnr. 12. 249 Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Sentencing Judgement, 14 July 1997; Prosecutor v. Jean Paul Akayesu (ICTR-96-4), Sentencing Judgement, 2 October 1998. 250 ICTY, Eighteenth Plenary Session on 9–10 July 1998; vgl. Fifth Annual Report of the ICTY, 10 August 1998, UN Doc. A/53/219, para. 108; ICTR, Fifth Plenary Session on 8 June 1998; vgl. Third Annual Report of the ICTR, 23 September 1998, UN Doc. S/1998/857, para. 15. 251 Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Judgement 16 November 1998, para. 83 ff.

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

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frage bedarf, schreibt Regel 100 der Verfahrensordnungen noch vor, daß dann ein gesondertes Anhörungsverfahren zum Zweck der Entscheidung über die Strafe durchzuführen ist, Regel 62 bis i. V. m. Regel 100 der Verfahrensordnungen.252 Zu Beginn der nach Art. 18 Abs. 4 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 4 ICTRStatut öffentlich abzuhaltenden Hauptverhandlung halten der Ankläger und die Verteidigung ihre Eröffnungsplädoyers, opening statements, Regel 84 der Verfahrensordnungen. Der Verteidigung steht es frei, erst nachdem der Ankläger seine Beweismittel vorgelegt hat, zu plädieren. Der Angeklagte kann gemäß Regel 84 bis der Verfahrensordnungen eine Erklärung, statement of the accused, abgeben. Wesentliches Element der Hauptverhandlung ist die Beweisaufnahme. Die Beibringung der Beweismittel obliegt grundsätzlich den Parteien, Regel 85 der Verfahrensordnungen. Insoweit wird zunächst dem für das angloamerikanische Strafverfahrensrecht typischen Beibringungsgrundsatz gefolgt.253 Andererseits sind die Strafkammern befugt, gegenüber den Parteien die Vorlage weiterer Beweismittel anzuordnen und sogar eigenmächtig Zeugen zu laden, Regel 98 der Verfahrensordnungen.254 Besondere Bedeutung kommt auch der Befugnis der Strafkammern zu, zur Klärung von Sach- und Rechtsfragen einen Staat, eine Organisation oder eine einzelne Person als amicus curiae einzubestellen und zu befragen, Regel 74 der Verfahrensordnungen.255 Diese einzelnen Befugnisse der Strafkammern entsprechen eher dem kontinentaleuropäischen Strafverfahrensrecht. Andererseits läßt sich anhand der Vorschriften nicht feststellen, daß primärer Zweck des Strafverfahrens die Wahrheitsfindung sein soll, wie es gerade im kontinentaleuropäischen Strafverfahrensrecht der Fall ist.256 Im ersten Jahresbericht des ICTY wird in diesem Zusammenhang ausgeführt: „The Statute of the Tribunal has adopted a largely adversarial approach to its procedures, rather than the inquisitorial system prevailing in continental Europe and elsewhere. (. . .) However there are three important deviations from some adversarial systems. (. . .) Secondly, while the normally, in the adversarial system, the court must be content with the evidence produced by the parties, the Tribunal may order the production of additional or new evidence proprio motu (rule 98). This will enable the Tribunal to ensure that it is fully satisfied with the evidence on which its final decisions are based. It was felt that, in the international sphere, the interests of

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Vgl. Robert, Procédure du Jugement, S. 837. Vgl. zu den Unterschieden der staatlichen Strafrechtsordnungen im Zusammenhang mit der Beweisaufnahme: Tochilovsky, Legal Systems and Cultures in the ICC: The Experience from the ICTY, S. 633 ff. 254 Vgl. Nsereko, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 338. 255 Jones, Practice of the International Criminal Tribunals, S. 381 ff. 256 Tochilovsky, Legal Systems and Cultures in the ICC: The Experience from the ICTY, S. 630. 253

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

justice are best served by such a provision and that diminution, if any, of the parties’ rights is minimal by comparison.“257

Demnach läßt sich feststellen, daß das Hauptverfahren dem Grundsatz nach dem adversatorischen Modell des angloamerikanischen Strafverfahrensrechts entspricht und lediglich einzelne Elemente aus dem kontinentaleuropäischen Strafverfahrensrecht sozusagen als Ausnahmen dieser Grundausrichtung nachrangig einbezogen sind.258 Der Ablauf der Beweisaufnahme unterliegt strikten Regeln und gestaltet sich folgendermaßen: Gemäß Regel 85 (A) der Verfahrensordnungen ist zunächst die Anklage zur Vorlage ihrer Beweismittel berufen, sodann erfolgt die Vorlegung durch die Verteidigung und ggf. die Einwendung der Anklage, sog. Replik, sowie die Einwendung der Verteidigung, sog. Duplik.259 Schließlich werden die Beweismittel der Strafkammer vorgelegt. Ist die Verteidigung bereits schon nach Vorlage der Beweismittel durch den Ankläger der Auffassung, daß die Beweislage für die Strafkammer nicht ausreicht, um eine Verurteilung des Angeklagten zu rechtfertigen, so beantragt sie noch vor der Vorlage ihrer eigenen Beweismittel, den Angeklagten freizusprechen. Soweit die Strafkammer diese Auffassung teilt, bedarf es dann keiner Vorlage entlastender Beweismittel seitens der Verteidigung, Regel 98 bis der Verfahrensordnungen. Die Zeugenvernehmung gliedert sich grundsätzlich in eine Hauptvernehmung durch die Partei, die den Zeugen benannt hat, in ein Kreuzverhör durch die Gegenpartei und ggf. eine erneute Vernehmung durch erstere Partei, Regel 85 (B) der Verfahrensordnungen.260 Jedem Richter der Strafkammer steht jederzeit die Befugnis zu, Fragen an den Zeugen zu richten. Auch dies wird als Element bzw. Einfluß kontinentaleuropäischen Strafverfahrensrechts gewertet.261 Das Gericht besitzt gemäß Regel 89 der Verfahrensordnungen die Entscheidung darüber, inwieweit es ein Beweismittel zuläßt oder ablehnt. So kann die Strafkammer grundsätzlich jedes Beweismittel zulassen, das sie für beweiskräftig hält, Regel 89 (C) der Verfahrensordnungen. Sie kann andererseits aber auch ein Beweismittel ausschließen, wenn bei lediglich geringem Beweiswert eine Zulassung des Beweismittels das Gebot des gerechten Verfahrens, fair trial, beeinträchtigen könnte, Regel 89 (D) ICTY-VerfO.262 Im weiteren kann ein Be257 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 71 ff. 258 Vgl. Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 955. 259 Vgl. First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 65. 260 Vgl. ausführlich zur Zeugenvernehmung: Kazazi/Shifman, Evidence before the International Tribunals, S. 193 ff. 261 Brown, ICTY, S. 510; Harhoff, Role of the Parties Before the ICTR, S. 653; Pakes, ICTY – the Role of the Judge, S. 528. 262 In Regel 89 ICTR-VerfO fehlt eine entsprechende Vorschrift.

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

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weismittel gemäß Regel 95 der Verfahrensordnungen ausgeschlossen werden, wenn es durch Methoden erlangt wurde, die erhebliche Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit aufkommen lassen oder aber wenn eine Zulassung des Beweismittels die Integrität des Verfahrens erheblich beeinträchtigen würde.263 Bei ihrer Entscheidung über die Zulassung bzw. Zurückweisung eines Beweismittels sind die Richter nicht an Beweisregeln, wie sie im staatlichen Verfahrensrecht Anwendung finden, insbesondere im angloamerikanischen Strafverfahrensrecht zum Zweck der Abwehr einer unzulässigen Einflußnahme seitens der Parteien auf die Geschworenen,264 gebunden.265 Es sollen vielmehr solche Beweisregeln angewendet werden, die einer gerechten Entscheidung am besten dienen und mit dem Statut und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen vereinbar sind, Regel 89 (B). Vom Schrifttum wird vertreten, daß diese weitgehende Entscheidungsfreiheit des Gerichts dem kontinentaleuropäischen Strafverfahrensrecht entlehnt ist.266 Von seiten des ICTY wurde in diesem Zusammenhang ausgeführt: „The International Tribunal has ten rules of evidence which are designated only to provide the framework for the conduct of the proceedings. Certainly our Rules could not anticipate every trial procedure that litigants from a variety of countries may expect to utilise and the International Tribunal did not establish hyper-technical rules typical of a jury system to cover every such possibility. In civil law systems technical rules are not available, and all evidence that aids in the search for truth is allowed. Our Rules provide for Judges with the power to review all relevant evidence, and when necessary, to make further rulings to aid in the adjudication before the trial Chamber. Because of the absence of specific rules, the Trial Chamber has made rulings which it considered would best facilitate the process.“267

Nach erfolgter Beweisaufnahme geben die Parteien ihre Schlußanträge ab, Regel 86 der Verfahrensordnungen. Eine Verurteilung des Angeklagten erfolgt nur dann, wenn die Mehrheit der Richter der Strafkammer davon überzeugt ist, daß die Schuld des Angeklagten ohne berechtigten Zweifel, beyond reasonable doubt, erwiesen ist, Regel 87 (A) der Verfahrensordnungen.268 Das Urteil wird 263 Vgl. ausführlich zum Beweisrecht: Ascensio, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 467 ff.; zum Ausschlußgrund aus Regel 95 der Verfahrensordnungen: oben 1. Kapitel, A. IV. und unten 4. Teil, 4. Kapitel, IV. 1. 264 Vgl. zu den Beweisregeln beispielsweise im englischen Strafverfahrensrecht: Huber, Strafverfahrensrecht England und Wales, S. 44 ff.; Kühne, Strafprozeßrecht, Rdnr. 1182 ff. 265 Vgl. zur Gegenüberstellung des Beweisrechts der ad hoc Tribunale und des angloamerikanischen Beweisrechts: Bryan/Rowe, Evidence in War Crimes Trials, S. 318 ff. 266 Harhoff, Parties Before the ICTR, S. 654; vgl. zum Grundsatz des Freibeweises im französischen Strafverfahrensrecht: Barth, Strafverfahrensrecht Frankreich, S. 107 ff.; Hübner/Constaninesco, Einführung in das französische Recht, S. 135. 267 Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Separate an Dissenting Opinion of Judge McDonald on Prosecution Motion for Production of Defence Witness Statements, 27 November 1996, para. 34.

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2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

schließlich in öffentlicher Sitzung verkündet, Regel 98 ter (A) ICTY-VerfO bzw. Regel 88 (A) ICTR-VerfO.

B. Der Internationale Strafgerichtshof Auf der Grundlage der Regelungsstruktur des ICC-Statuts läßt sich zunächst zwischen dem Ermittlungsverfahren, investigations, das im 5. Teil des ICC-Statuts geregelt ist, und dem Hauptverfahren, trial, das im 6. Teil des ICC-Statuts geregelt ist, differenzieren.269 Der Übergang zwischen dem Ermittlungsverfahren und dem Hauptverfahren vollzieht sich durch das in Art. 61 ICC-Statut normierte Verfahren der Bestätigung der Anklage, confirmation of the charges before trial. Dabei handelt es sich um ein neues Verfahrensstadium, so daß insgesamt von einem dreigliedrigem Ablauf des erstinstanzlichen Strafverfahrens vor dem ICC auszugehen ist.270 Ein erster Vergleich zwischen dem ICC und den ad hoc Tribunalen macht deutlich, daß ein umfangreiches gerichtliches Vorverfahren, wie es in den Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale vorgesehen ist, beim ICC nicht stattfindet. Vielmehr werden wesentliche Bereiche dieses Zwischenverfahrens beim ICC nunmehr einerseits dem Ermittlungsverfahren und andererseits dem Hauptverfahren zugewiesen. Im weiteren läßt sich im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale feststellen, daß die Regelungsstrukturen des ICCStatuts und der ICC-VerfO übereinstimmend dieselbe Gliederung des Verfahrens zugrunde legen.271 I. Ermittlungsverfahren (investigations) Anders als bei den ad hoc Tribunalen kann ein Tätigwerden des ICC mittels drei unterschiedlicher Mechanismen erreicht werden. Zum ersten aufgrund der Verweisung einer Situation durch einen Vertragsstaat, Art. 13 lit. a) ICC-Statut i. V. m. Art. 14 ICC-Statut,272 zum zweiten aufgrund der Verweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, Art. 13 lit. b) ICC-Statut273 und zum dritten auf Initiative des Anklägers proprio motu, Art. 13 lit. c)

268

Vgl. Robert, Procédure du Jugement, S. 826 ff. Im 8. Teil des ICC-Statuts sowie im 8. Kapitel der ICC-VerfO sind das Berufungs- und das Wiederaufnahmeverfahren geregelt; vgl. zu diesem Verfahren: Brady, Rules on the Appeal, S. 235 ff. 270 Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 145. 271 Vgl. zur Kongruenz der systematischen Struktur der ICC-VerfO mit der Struktur des ICC-Statuts: oben 1. Kapitel, B. II. 272 Vgl. unten 3. Teil, 1. Kapitel, B. I. 1. 273 Vgl. unten 3. Teil, 1. Kapitel, B. I. 2. 269

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

131

ICC-Statut i. V. m. Art. 15 ICC-Statut.274 Soweit einer dieser Auslösemechanismen greift, führt der Ankläger erste Untersuchungen durch.275 Der Ankläger leitet nach Abschluß dieser Vorermittlungen ein Ermittlungsverfahren im engeren Sinne ein, soweit er feststellt, daß es dafür aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Informationen eine hinreichende Grundlage gibt, reasonable basis to proceed, Art. 53 Abs. 1 ICC-Statut.276 Das setzt insbesondere voraus, daß der ICC gemäß des in Art. 17 ICC-Statut normierten Komplementaritätsprinzips im Verhältnis zu den vorrangig zuständigen staatlichen Strafverfolgungsorganen die konkurrierende Zuständigkeit in der Sache innehat.277 Der Ankläger des ICC verfügt bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens über die in Art. 54 ICC-Statut niedergelegten Befugnisse.278 Er ist insbesondere wie der Ankläger der ad hoc Tribunale dazu ermächtigt, Staaten um Zusammenarbeit zu ersuchen, Art. 54 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut.279 Sämtliche Personen, die von den Ermittlungen berührt werden, verfügen über die in Art. 55 Abs. 1 ICC-Statut normierten Rechte. Personen, gegen die sich die Ermittlungen richten, verfügen im Falle ihrer Vernehmung zusätzlich über die in Art. 55 Abs. 2 ICC-Statut normierten Rechte.280 Im Vergleich zum Ermittlungsverfahren vor den ad hoc Tribunalen können die Richter des ICC einen größeren Einfluß auf den Gang der Ermittlungen ausüben. So kommt der für das Ermittlungsverfahren zuständigen Vorverfahrenskammer neben ihrer allgemeinen Anordnungskompetenz aus Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut z. B. eine besondere Funktion im Falle einer einmaligen Gelegenheit zur Sammlung bzw. Sicherung von Beweismitteln zu, Art. 56 ICC-Statut.281 Außerdem erfolgt grundsätzlich noch während des Ermittlungsverfahrens der Erlaß eines Haftbefehls, Art. 58 ICC-Statut.282 Darin besteht ein weiterer Unterschied zum Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale. Dieses geht vielmehr davon aus, daß ein Haftbefehl grundsätzlich erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich während des gerichtlichen Vorverfahrens und somit nach der richterlichen Bestätigung der Anklage, erlassen wird. Nach der Überstellung der Person an den Sitz des ICC, wird der Festgenommene der Vorverfahrenskammer vorgeführt. Anders als im Termin des ersten Erscheinens vor den ad hoc Tribunalen dient diese Vorführung nicht der Einlassung zur Sache. Die Vorverfahrenskammer überzeugt sich primär lediglich davon, daß die Person über die 274 275 276 277 278 279 280 281 282

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

unten unten unten unten unten unten unten unten unten

3. 3. 3. 3. 4. 4. 4. 4. 4.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

1. 1. 2. 2. 1. 2. 4. 1. 5.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

B. B. B. B. B. B. B. B. B.

I. 3.

V. 1. I. 1. II. II. 1. II. I. 1.

132

2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

ihr zur Last gelegten Verbrechen sowie über ihre Rechte belehrt worden ist, Art. 60 Abs. 1 ICC-Statut. Während es dem Verdächtigen bei den ad hoc Tribunalen nicht zuletzt infolge mangelnder Anwesenheit nicht möglich ist, am Ermittlungsverfahren teilzuhaben, wird eine Person, gegen die seitens des ICC ermittelt wird, zumindest nach ihrer Festnahme und Überstellung am Ermittlungsverfahren beteiligt.283 Dies gilt zunächst für die Fälle einer einmaligen Gelegenheit zur Sammlung bzw. Sicherung von Beweismitteln, Art. 56 ICC-Statut. Aus Art. 57 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut ergibt sich im übrigen, daß die Person noch während des Ermittlungsverfahrens mit der Vorbereitung ihrer Verteidigung beginnen und zu diesem Zweck die notwendigen richterlichen Anordnungen beantragen kann.284 II. Bestätigung der Anklage (confirmation of charges before trial) Während im Falle der ad hoc Tribunale eine Bestätigung der Anklage lediglich durch Prüfung der vom Ankläger gefertigten Anklageschrift durch einen einzelnen Richter erfolgt, findet im Falle des ICC insoweit eine mündliche Verhandlung unter Anwesenheit beider Parteien statt, Art. 61 Abs. 1 ICC-Statut.285 Bereits bei den Arbeiten des Preparatory Committee wurde ein entsprechender Vorschlag unterbreitet: „It was proposed that a pre-trial, indictment or investigations chamber be established to examine the indictment and to hold confirmation hearings, which would provide the accused with further necessary guarantees considering the very public nature of an indictment for serious crimes.“286

Für den Angeschuldigten ergibt sich insoweit bereits anläßlich der Bestätigung der Anklage die Gelegenheit, sich gegen die seitens des Anklägers erhobenen Vorwürfe zu verteidigen. Er verfügt insoweit über eine wesentlich stärkere Rechtsposition als dies auf der Grundlage des Verfahrensrechts der ad hoc Tribunale der Fall ist. Lediglich in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn der Angeschuldigte auf sein Anwesenheitsrecht ausdrücklich verzichtet hat, Art. 61 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut, oder wenn er flüchtig oder unauffindbar ist, Art. 61 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut findet die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Angeschuldigten statt.287 Ein vergleichbares Verfahren sehen die Verfahrensord283

Vgl. unten 4. Teil, 1. Kapitel, B. III. Vgl. unten 4. Teil, 1. Kapitel, B. III. 285 Vgl. unten 5. Teil, B. II. 286 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 233. 287 Triffterer-Shibaharu, Commentary on the Rome Statute, Art. 61 Rdnr. 13. 284

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

133

nungen der ad hoc Tribunale in dem Fall vor, daß ein Haftbefehl mangels Auffindbarkeit des Angeklagten bzw. mangels Kooperationsbereitschaft des jeweiligen Staates erfolglos blieb.288 Voraussetzung der Anklagebestätigung bei den ad hoc Tribunalen ist, daß der Ankläger dem zuständigen Richter eine Anklageschrift zuleitet. Über den Zeitpunkt der Einreichung einer Anklageschrift konnte der Ankläger selbständig und unabhängig entscheiden. Dagegen heißt es nunmehr in Art. 61 Abs. 1 ICCStatut für das Verfahren der Bestätigung der Anklage beim ICC, daß die Vorverfahrenskammer innerhalb einer angemessenen Frist nach Überstellung der Person oder ihrem freiwilligen Erscheinen verhandelt. Die vorherige Einreichung einer Anklageschrift durch den Ankläger wird hingegen nicht vorausgesetzt. Der Ankläger kann somit seitens der Richterschaft einem gewissen Zeitdruck bei seinen Ermittlungen ausgesetzt werden.289 In der mündlichen Verhandlung obliegt es dem Ankläger sodann, die Vorverfahrenskammer davon zu überzeugen, daß der Angeschuldigte der ihm zur Last gelegten Verbrechen verdächtig ist, Art. 61 Abs. 5 ICC-Statut. Dies erfordert die Begründung eines dringenden Tatverdachts, substantial grounds, Art. 61 Abs. 5 S. 1 ICC-Statut.290 Dabei kann sich der Ankläger auf schriftliche oder summarische Beweise stützen. Auf eine unmittelbare Zeugenvernehmung soll hingegen grundsätzlich verzichtet werden.291 Gemäß Art. 61 Abs. 6 ICC-Statut kann der Angeschuldigte die gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe bestreiten, die beigebrachten Beweismittel anfechten und eigene Beweise vorlegen. Nach der Prüfung der einzelnen Tatvorwürfe bzw. Anklagepunkte auf der Grundlage der vom Ankläger und gegebenfalls vom Angeschuldigten vorgelegten Beweise hat die Vorverfahrenskammer nach Art. 61 Abs. 7 ICC-Statut drei Möglichkeiten. Sie kann nach Art. 61 Abs. 7 lit. c) ICC-Statut die Verhandlung vertagen und den Ankläger zur Vorlage neuer Beweise oder zur Änderung eines Anklagepunktes auffordern. Sie kann die Anklagepunkte mangels ausreichender Beweise aber auch zurückweisen, Art. 61 Abs. 7 lit. b) ICC-Statut. Im Falle der Zurückweisung eines Anklagepunktes ist es dem Ankläger unbenommen, eine Bestätigung mittels des Verfahrens nach Art. 61 ICC-Statut erneut zu beantragen, sofern er in der Lage ist, zusätzliche Beweismittel beizubringen. Schließlich kann sie gemäß Art. 61 Abs. 7 lit. a) ICC-Statut die Anklagepunkte insgesamt oder teilweise bestätigen und die Sache einer bestimmten Hauptverfahrenskammer zuweisen, die dann das Hauptverfahren in den bestätigten Anklagepunkten durchführt. Der Angeschuldigte erhält dann den Status eines Angeklagten im Sinne 288

Laucci, L’Accusation, S. 760. Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 147. 290 Vgl. unten 5. Teil, B. II. 291 Ambos, Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 198; Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 147. 289

134

2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

des Art. 67 ICC-Statut. Hinsichtlich dieser Aspekte bestehen weitgehende Übereinstimmungen zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale. III. Hauptverfahren (trial) Im Gegensatz zur revidierten Fassung der Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale unterscheidet das ICC-Statut, dem angloamerikanischen Recht entsprechend, zwischen dem Schuldausspruch, geregelt in Art. 74 ICC-Statut, und dem Strafausspruch, geregelt in Art. 76 ICC-Statut, als zwei unterschiedlichen Kategorien richterlicher Entscheidungen.292 Dennoch liegt dem ICC-Statut kein echtes zweistufiges Hauptverfahren zugrunde,293 wie es überwiegend im angloamerikanischen Recht vorzufinden ist.294 Es findet vielmehr eine einheitliche Hauptverhandlung statt, ein selbständiges Anhörungsverfahren zum Zweck der Entscheidung über die Strafe ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Diese Entscheidung soll auf der Grundlage der während der einheitlichen Hauptverhandlung vorgebrachten Beweismittel und Anträge erfolgen, Art. 76 Abs. 1 ICC-Statut. Lediglich ausnahmsweise, soweit zusätzliche und ansonsten unberücksichtigte Beweismittel oder Anträge für die Strafzumessung von Bedeutung sind, soll die Hauptverfahrenskammer eine gesonderte mündliche Verhandlung im Sinne eines Termins innerhalb der Hauptverhandlung auf Antrag einer der Parteien durchführen.295 Sie kann die Durchführung eines solchen Termins ggf. auch von Amts wegen, proprio motu, anordnen, Art. 76 Abs. 2 ICC-Statut. Eine solche Ausgestaltung des Hauptverfahrens in Abweichung vom Verfahrensrecht angloamerikanischer Prägung läßt sich auf einen bereits im Preparatory Committee unterbreiteten Vorschlag zurückführen: „The view was expressed that there was no need to hold two separate hearings – one for the conviction or acquittal of the accused, and one for the sentence, since no jury trial was envisaged and both issues would be decided by judges.“296

Vergleichbar mit den Gesprächen bzw. Konferenzen zwischen den Richtern und den Parteien während des gerichtlichen Vorverfahrens vor den ad hoc Tribunalen erfolgt auch beim ICC zunächst eine Vorbereitung der Hauptverhandlung mittels sog. Beratungen zwischen den Richtern der Hauptverfahrenskammer und den Parteien, Art. 64 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut.297 Die Hauptverfahrenskammer 292

Bruer-Schäfer, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 270 f. Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 149; vgl. auch Robert, Procédure du Jugement, S. 837 f. 294 Vgl. oben 1. Kapitel, A. I. 1. c) und 2. c). 295 King/LaRosa, Penalties under the ICC-Statute, S. 316. 296 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 292. 297 Triffterer-Bitti, Commentary on the Rome Statute, Art. 64 Rdnr. 12. 293

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

135

beschließt im übrigen über die im Hauptverfahren zu verwendenden Sprachen, Art. 64 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut, sowie die Offenlegung zuvor nicht offengelegter Schriftstücke oder Informationen, Art. 64 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut. Die gemäß Art. 64 Abs. 7 ICC-Statut grundsätzlich öffentliche Hauptverhandlung findet unter Anwesenheit des Angeklagten statt, Art. 63 Abs. 1 ICCStatut. Lediglich wiederholte Störungen der Verhandlung durch den Angeklagten, rechtfertigen dessen Entfernung, Art. 63 Abs. 2 ICC-Statut. Die Hauptverhandlung beginnt mit der Verlesung der zuvor von der Vorverfahrenskammer bestätigten Anklage. Die Hauptverfahrenskammer gibt dem Angeklagten sodann Gelegenheit, entweder ein Schuldbekenntnis, admission of guilt, abzulegen oder sich für nicht schuldig zu erklären, Art. 64 Abs. 8 lit. a) ICC-Statut. Bei den ad hoc Tribunalen findet ein entsprechender Vorgang bereits während des gerichtlichen Vorverfahrens, d.h. im unmittelbaren Zusammenhang mit seinem ersten Erscheinen statt. Im Falle eines Schuldbekenntnisses wird von der Hauptverfahrenskammer geprüft, ob dieses den in Art. 65 Abs. 1 ICC-Statut niedergelegten Voraussetzungen entspricht, die für die Wirksamkeit eines Bekenntnisses gelten. Insoweit ergeben sich zwischen dem Institut des Schuldbekenntnisses nach Art. 65 Abs. 1 ICC-Statut und dem entsprechenden Institut des guilty plea im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale keine wesentlichen Unterschiede. Insbesondere orientierte man sich bei der Formulierung der Wirksamkeitsvoraussetzungen des Art. 65 Abs. 1 ICC-Statut am Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale.298 Betrachtet man jedoch die Bindungswirkung dieser Erklärungen des Angeklagten gegenüber den Richtern, so fällt auf, daß in den Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale dem Grundsatz nach davon ausgegangen wird, daß nach Abgabe einer wirksamen Erklärung des Angeklagten lediglich noch die Schuld festgestellt und sodann ein Termin für das Anhörungsverfahren zum Zweck der Entscheidung über die Strafe anberaumt wird. Die Richter sind somit grundsätzlich nicht befugt bei einer wirksamen Erklärung das Verfahren weiterzuführen. In Art. 65 Abs. 4 ICC-Statut wird der Hauptverfahrenskammer in diesem Zusammenhang hingegen zugestanden, auch in den Fällen, in denen ein wirksames Schuldbekenntis vorliegt, entweder gemäß Art. 65 Abs. 4 lit. a) ICC-Statut den Ankläger zu ersuchen, zumindest seine Beweismittel beizubringen, oder gemäß Art. 65 Abs. 4 lit. b) ICC-Statut eine reguläre Fortsetzung des Hauptverfahrens anzuordnen. Vorausgesetzt wird dabei, daß eine vollständigere Tatsachendarstellung im Interesse der Gerechtigkeit und insbesondere im Interesse der Opfer liegt. Während also im Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale durch die Erklärung des Angeklagten, daß er schuldig sei, für die Strafkammer des ICTY bzw. ICTR grundsätzlich eine Bindungswirkung entsteht, bleibt die Hauptverfahrenskammer des ICC in ihrer Entscheidung über die prozessualen Folgen 298

Triffterer-Guariglia, Commentary on the Rome Statute, Art. 65 Rdnr. 5.

136

2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

eines Schuldbekenntnisses des Angeklagten weitgehend frei.299 Insgesamt zeigt sich anhand dieser mangelnden Bindungswirkung des Schuldbekenntnisses eine erhebliche Abweichung vom angloamerikanischen Verständis des Instituts des guilty plea. Danach wäre es generell ausgeschlossen, im Falle einer entsprechenden Erklärung des Angeklagten noch eine Beweisaufnahme durchzuführen.300 Für den Fall, daß ein nach Art. 65 Abs. 1 ICC-Statut wirksames Schuldbekenntnis vorliegt und die Hauptverfahrenskammer beabsichtigt, den Angeklagten gemäß Art. 65 Abs. 2 ICC-Statut zu verurteilen, stellt sich die Frage auf welcher Grundlage eine Entscheidung über die Strafe zu treffen ist. Art. 76 Abs. 2 ICC-Statut schließt insoweit die Anberaumung einer weiteren mündlichen Verhandlung aus. Dies wird im Schrifttum teilweise als redaktioneller Fehler angesehen, da grundsätzlich gerade derjenige Angeklagte, der zu einem frühen Zeitpunkt seine Schuld bekennt, keine Chance hat, etwaige strafmildernd zu berücksichtigende Tatsachen dem Gericht mitzuteilen. 301 Dies läßt sich nur vermeiden, indem den Parteien vor der Entscheidung der Hauptverfahrenskammer zu einer Verurteilung nach Art. 65 Abs. 2 ICC-Statut Gelegenheit gegeben wird, entsprechende Beweismittel und Anträge hinsichtlich der Strafe beizubringen. Ein solches Vorgehen ließe sich auch infolge der expliziten Erwähnung der Strafe in Art. 65 Abs. 5 ICC-Statut rechtfertigen, wonach – wenn auch inhaltlich betrachtet in einem anderem Zusammenhang – erkennbar wird, daß Erwägungen hinsichtlich der Strafe bereits im Verfahren nach Art. 65 ICC-Statut eine Rolle spielen können.302 Der weitere Ablauf der Hauptverhandlung und insbesondere der Ablauf der Beweisaufnahme wird in erster Linie durch die prozeßleitenden Verfügungen des vorsitzenden Richters festgelegt, Art. 64 Abs. 8 lit. b) ICC-Statut. Liegen solche Verfügungen nicht vor, so ist es Angelegenheit der Parteien, sich über die Art und Weise der Beweisaufnahme zu einigen. Soweit eine dahingehende Einigung zwischen den Parteien nicht erzielt wird, so muß schließlich doch eine prozeßleitende Verfügung ergehen, Regel 140 Abs. 1 ICC-VerfO. Während der Ablauf der Beweisaufnahme im Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale dem adversatorischen Modell des angloamerikanischen Strafverfahrens nachgebildet ist und bereits in den Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale eine strikte Regelung fand, überläßt das Strafverfahrensrecht des ICC den Ablauf des Strafverfahrens insoweit vorrangig richterlichen Entscheidungen im Einzelfall.303 Bereits im Preparatory Committee wurde in diesem Zusammenhang ausgeführt: 299 300 301 302

Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 149. Triffterer-Guariglia, Commentary on the Rome Statute, Art. 65 Rdnr. 6. Triffterer-Schabas, Commentary on the Rome Statute, Art. 76 Rdnr. 7. Vgl. Triffterer-Schabas, Commentary on the Rome Statute, Art. 76 Rdnr. 7.

3. Kap.: Ablauf des Strafverfahrens

137

„The view was expressed that the President of the chamber should play an active role in guiding the trial proceedings by conducting the debate and monitoring the manner in which evidence for or against the accused was reported.“304

Durch diese Aufwertung der richterlichen Position im Zusammenhang mit dem Ablauf des Strafverfahrens bzw. der Beweisaufnahme entsteht letztlich eine Übereinstimmung mit dem kontinentaleuropäischen Strafverfahrensrecht.305 Noch deutlicher wird eine Orientierung an den Grundsätzen kontinentaleuropäischen Strafverfahrensrechts durch Art. 69 Abs. 3 ICC-Statut für das Beweisrecht. Danach ist die Hauptverfahrenskammer befugt, die Vorlage sämtlicher Beweismittel zu verlangen, die es zur Ermittlung der Wahrheit, determination of the truth, für erforderlich hält. Damit gilt im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale, der für das kontinentaleuropäische Strafverfahrensrecht charakteristische Ermittlungsgrundsatz.306 Nach Art. 64 Abs. 6 lit. d) ICC-Statut wird im weiteren klargestellt, daß die Hauptverfahrenskammer zusätzlich zu den von den Parteien vor dem Hauptverfahren gesammelten bzw. während des Hauptverfahrens vorgelegten Beweismitteln die Beibringung weiterer Beweismittel anordnen kann.307 Speziell für die Zeugenvernehmung läßt sich in diesem Zusammenhang auch auf Regel 140 Abs. 2 lit. c) ICC-VerfO hinweisen, wonach den Richtern der Hauptverfahrenskammer das Recht zugestanden wird, einen Zeugen jederzeit während seiner Vernehmung durch die Parteien zu befragen, was wiederum kontinentaleuropäischem, nicht aber angloamerikanischem Strafverfahrensrecht entspricht. Insgesamt läßt sich demnach feststellen, daß – während das Hauptverfahren vor den ad hoc Tribunale grundsätzlich dem angloamerikanischen Modell des adversatorischen Prozesses folgt und einzelne richterliche Befugnisse, wie sie typischerweise dem kontinentaleuropäischem Strafverfahren zu eigen sind, als Ausnahmen dieser grundlegenden Ausrichtung einbezogen werden – das Hauptverfahren des ICC bereits in seinen Grundsätzen eine starke Orientierung am kontinentaleuropäischen Strafverfahrensrecht aufweist.308 Dieser Unterschied zwischen den ad hoc Tribunalen und dem ICC wird auch deutlich, wenn man die Rechte des Angeklagten betrachtet. So billigt Art. 67 Abs. 1 lit. h) ICCStatut, wie es vielerlei Strafprozeßordnungen kontinentaleuropäischer Rechts303

Vgl. dazu Cassese, Statute of the ICC, S. 169 f. Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 265. 305 Triffterer-Bitti, Commentary on the Rome Statute, Art. 64 Rdnr. 30. 306 Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 148. 307 Cassese, Statute of the ICC, S. 169. 308 Vgl. dazu Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 148; Triffterer-Behrens/Piragoff, Commentary on the Rome Statute, Art. 69 Rdnr. 4 ff.; Cassese, Statute of the ICC, S. 168. 304

138

2. Teil: Strafverfahren und Gerichtsorganisation

ordnungen tun, das Recht zu, unbeeidigte Erklärungen in mündlicher oder schriftlicher Form zu seiner Verteidigung abzugeben und als Beweismittel in die Verhandlung einzuführen. Im angloamerikanischem Strafverfahrensrecht ist es für den Angeklagten hingegen nur möglich unter Eid als Zeuge in eigener Sache auszusagen, wodurch er dann aber zwangsläufig auch dem Nachteil des Kreuzverhörs ausgesetzt ist.309 Hinsichtlich der Vorschriften über die Zulässigkeit von Beweismitteln sind mit denen der ad hoc Tribunale überwiegend Übereinstimmungen festzustellen. So wird insbesondere in gleicher Weise wie in den Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale in Regel 63 Abs. 5 ICC-VerfO festgelegt, daß eine unmittelbare Bindung an Beweisregeln, wie sie in staatlichen Rechtsordnungen gelten, insbesondere an die strengen Beweisregeln des angloamerikanischen Strafverfahrensrechts, nicht besteht. Aus der Generalklausel des Art. 69 Abs. 4 ICC-Statut ergibt sich vielmehr, genauso wie bei den ad hoc Tribunalen, eine weitgehende Freiheit des Gerichts bei seinen Entscheidungen über die Erheblichkeit und Zulässigkeit eines Beweismittels. Als maßgebliche Entscheidungskriterien werden wiederum die Beweiskraft des Beweismittels sowie etwaige Nachteile für ein faires Verfahren beispielhaft genannt. Genauso wie im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale kann auch ein Beweismittel, das durch unlautere Methoden erlangt wurde, mangels Zulässigkeit zurückgewiesen werden, Art. 69 Abs. 7 ICCStatut.310 Nachdem der Vorsitzende der Hauptverfahrenskammer die Beweisaufnahme für beendet erklärt hat, stellen die Parteien ihre Schlußanträge, Regel 141 Abs. 1 ICC-VerfO. Der Verteidigung steht das letzte Wort in der Sache zu, Regel 141 Abs. 2 ICC-VerfO. Die Kammer entscheidet sodann mittels Bewertung des gesamten Verfahrens, d.h. unter Berücksichtigung aller Beweismittel, die während der Hauptverhandlung vorgebracht und erörtert wurden, Art. 74 Abs. 2 ICCStatut, über die Schuld des Angeklagten. Gemäß Art. 66 Abs. 3 ICC-Statut muß die Hauptverfahrenskammer von der Schuld des Angeklagten so überzeugt sein, daß keine berechtigten Zweifel bestehen, beyond reasonable doubt. Eine Verurteilung muß zumindest die Zustimmung der Mehrheit der Richter finden, Art. 74 Abs. 3 ICC-Statut. Das Urteil ist in öffentlicher Sitzung zu verkünden, Art. 74 Abs. 5 ICC-Statut. Sodann befindet die Hauptverfahrenskammer über die zu verhängende angemessene Strafe, Art. 76 Abs. 1 ICC-Statut.311 Auch die Strafe wird schließlich in öffentlicher Sitzung verkündet, Art. 76 Abs. 4 ICCStatut. 309 Cassese, Statute of the ICC, S. 169; Triffterer-Schabas, Commentary on the Rome Statute, Art. 67 Rdnr. 49 f. 310 Vgl. zum Ausschlußgrund des Art. 69 Abs. 7 ICC-Statut: oben 1. Kapitel, B. IV. und unten 4. Teil, 4. Kapitel, B. IV. 1. 311 Zur Vertiefung dieser Thematik: Henham, Sentencing in the ICC, S. 100 ff.

3. Teil

Einleitung des Ermittlungsverfahrens Der 3. Teil der Untersuchungen ist der Erörterung von Aspekten im Zusammenhang mit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens gewidmet. Es stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Ermittlungsverfahren vor den ad hoc Tribunalen und dem ICC eingeleitet werden kann bzw. eingeleitet werden muß. Dabei ist zunächst zu analysieren, auf welche Art und Weise sich der erste Schritt einer Befassung des Anklägers mit einem völkerstrafrechtlich relevanten Tatgeschehen bei den ad hoc Tribunalen bzw. beim ICC vollzieht. Dieser Fragestellung ist das 1. Kapitel unter dem Titel der Vorermittlungen gewidmet. Sodann sind im 2. Kapitel die einzelnen materiellen und formellen Voraussetzungen zu betrachten, die nach dem jeweiligen Verfahrensrecht erfüllt sein müssen, damit die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zulässig ist. Schließlich wird im 3. Kapitel untersucht, ob und ggf. inwieweit dem Ankläger ein Spielraum hinsichtlich der Entscheidung verbleibt, ein den Voraussetzungen nach zunächst zulässiges Ermittlungsverfahren aufgrund anderweitiger Überlegungen nicht aufzunehmen. 1. Kapitel

Vorermittlungen Ermittlungsverfahren auf staatlicher Ebene, gleich innerhalb welcher staatlichen Rechtsordnung man sich bewegt, werden in aller Regel durch Erstattung einer Strafanzeige bzw. Stellen eines Strafantrags durch das Opfer oder einen Zeugen der Tat ausgelöst. Erhält das Ermittlungsorgan im Ausnahmefall aufgrund eigener Wahrnehmung Kenntnis von der Begehung einer Straftat, so wird ein Ermittlungsverfahren unmittelbar von seiten des Ermittlungsorgans aufgenommen. Die Durchführung sog. Vorermittlungen, d.h. von solchen Maßnahmen der Ermittlungsorgane, die darauf abzielen, einen Anfangsverdacht für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zunächst erst noch zu begründen,1 erscheint grundsätzlich nicht erforderlich.

1

Kramer, Grundbegriffe des Strafverfahrensrechts, S. 145.

140

3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Im folgenden ist der Frage nachzugehen, wie sich dieser erste Schritt der Befassung mit einem relevanten Tatgeschehen bei den internationalen Strafgerichten, d.h. den ad hoc Tribunalen einerseits und dem ICC andererseits, vergleichsweise vollzieht.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Die Erstattung einer Strafanzeige bzw. eines Strafantrags gegenüber dem Ankläger durch das Opfer oder einen Zeugen ist im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht explizit vorgesehen. In dem ersten Jahresbericht des ICTY wird in diesem Zusammenhang ausgeführt: „The only person who may commence proceedings is the Prosecutor or the Deputy Prosecutor acting in his absence or expressly delegated by him. Proceedings before the Tribunal cannot be initiated by the alleged victim or his representative, or by an NGO or a Government. The Prosecutor sets the judicial process in motion after collecting evidence on his own initiative or based on complaints, information or reports received from individuals (including the alleged victim), Governments, nongovernmental organizations and other sources.“2

Es läßt sich feststellen, daß Mitteilungen von dritter Seite, gleichgültig ob es sich um Mitteilungen von natürlichen Personen oder von den in Art. 18 Abs. 1 S. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 1 ICTR-Statut explizit bezeichneten Stellen handelt, grundsätzlich nicht per se die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bewirken. In Art. 18 Abs. 1 S. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 1 ICTR-Statut heißt es folglich auch nur, daß die von Regierungen, Organen der Vereinten Nationen, zwischenstaatlichen und nichtstaatlichen Organisationen sowie sonstigen Stellen übermittelten Informationen als Grundlage für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens herangezogen werden können. Von einer Strafanzeige bzw. einem Strafantrag im herkömmlichen Sinne läßt sich in diesem Zusammenhang folglich nicht sprechen.3 Das den ad hoc Tribunalen zugrunde gelegte Ermittlungskonzept geht vielmehr davon aus, daß der Ankläger zunächst sämtliche Informationen über die Gesamtsituation im ehemaligen Jugoslawien bzw. in Ruanda zum Zweck der Identifizierung einzelner Taten bzw. Tatkomplexe sammelt.4 Es ist notwendig, Widersprüche zwischen den unterschiedlichen Informationsmaterialien zu beseitigen, um schließlich zu einer systematischen Aufschlüsselung des Kriegsgeschehens in seine einzelnen Bestandteile zu gelangen. Der Ankläger soll im Idealfall zunächst ein klares Bild von 2

First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 62. Nsereko, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 306 f.; Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 835. 4 Griesbaum, Verfahrensgrundsätze des Jugoslawien-Strafgerichtshofes, S. 135; Nizich, Tribunal Justice, S. 1545 f.; Uertz-Retzlaff, Praktische Arbeit des JugoslawienStrafgerichtshofes, S. 96. 3

1. Kap.: Vorermittlungen

141

sämtlichen einzelnen Ereignissen auf dem jeweiligen Territorium samt der politischen und militärischen Hintergründe erhalten.5 Soweit sich dann nach einer solchen Auswertung der verschiedenen Informationen ein konkreter Anfangsverdacht hinsichtlich eines bestimmten Verbrechens ergibt, entscheidet er gemäß Art. 18 Abs. 1 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 2 ICTR-Statut über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne. Insofern läßt sich demnach für das Strafverfahren vor den ad hoc Tribunalen implizit zwischen den Vorermittlungen und dem Ermittlungsverfahren im engeren Sinne unterscheiden.6 Besonders anschaulich wurde diese Zweiteilung im Falle der Untersuchungen wegen angeblich begangener völkerrechtlicher Verbrechen der NATO beim Kosovo-Einsatz vom 24. März bis zum 9. Juni 1999. Dort erfolgten die Vorermittlungen zwecks Gewährleistung größtmöglicher Objektivität durch ein gesondert eingesetztes Komitee. Je nach dem Ergebnis dieser Vorermittlungen sollte sodann der Ankläger das Ermittlungsverfahren im engeren Sinne durchführen, wozu es letztendlich mangels Bejahung eines Anfangsverdachts durch das Komitee allerdings nicht gekommen ist.7 I. Informationsquellen In Art. 18 Abs. 1 S. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 1 ICTR-Statut heißt es, daß der Ankläger ein Ermittlungsverfahren entweder ex officio oder aber auf der Grundlage der von dritter Seite bereitgestellten Informationen einleitet. Diese Formulierung läßt sich nur so verstehen, daß der Ankläger im Rahmen seiner Vorermittlungen neben den Informationen, die er infolge eigener Tätigkeit erhält, auch auf solche Informationen zurückgreifen kann, die ihm von dritter Seite zur Verfügung gestellt werden.8 In der Praxis der ad hoc Tribunale läßt sich allerdings feststellen, daß den aufgrund fremder Tätigkeit erlangten Informationen vorrangige Bedeutung für den ersten Schritt der Identifizierung bzw. Konkretisierung einzelner Taten bzw. Tatkomplexe und somit für die Vorermittlungen des Anklägers der ad hoc Tribunale zukommt.9 Unmittelbare Tätigkeiten des Anklägers bzw. seines Personals, wie insbesondere Unter5

Nizich, Tribunal Justice, S. 1545. Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 191 ff.; Morris/Scharf, ICTR, S. 431 ff. 7 Final Report to the Prosecutor by the Committee Established to Review the NATO Bombing Campaign Against the Federal Republic of Yugoslavia, The Hague 13 June 2000, ICTY-Press Release PR/P.I.S./510-E; vgl. dazu Benvenuti, NATO Bombing Campaign, S. 503 ff.; Bothe, NATO Bombing on Yugoslavia, S. 531 ff.; Fischer, Kommissionsbericht, Bo-Fax Nr. 220. 8 Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 186. 9 Uertz-Retzlaff, Praktische Arbeit des Jugoslawien-Strafgerichtshofes, S. 96. 6

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

suchungen an Ort und Stelle,10 erfolgen hingegen im Regelfall erst im zweiten Schritt, d.h. nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne.11 Im Falle des ICTY erfolgte bislang bereits eine Auswertung von über 100.000 Dokumenten, die der Anklagebehörde in Den Haag von dritter Seite übergeben wurden.12 Wie bereits anhand des obigen Zitats deutlich wurde,13 steht es dem Ankläger grundsätzlich frei, welcher Informationsquellen er sich im Rahmen der Vorermittlungen bedient. In Art. 18 Abs. 1 S. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 1 ICTR-Statut wird ausdrücklich auf Regierungen, Organe der Vereinten Nationen sowie zwischenstaatliche und nichtstaatliche Organisationen als potentielle Informanten Bezug genommen. Aufgrund dieser ausdrücklichen Erwähnung läßt sich schlußfolgern, daß diesen Informationsquellen zumindest zum Zeitpunkt der Errichtung der ad hoc Tribunale eine vorrangige Bedeutung zuerkannt wurde. Dies gilt zunächst für die vor Errichtung der ad hoc Tribunale vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen jeweils eingesetzten Expertenkommissionen zur Untersuchung schwerer Verletzungen der Genfer Abkommen und anderer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht.14 Deren Dokumentationen stellten seinerzeit den Ausgangspunkt für die ersten Aktivitäten des Anklägers des ICTY bzw. ICTR dar.15 Für die Vereinten Nationen sind in diesem Zusammenhang auch die Berichte der von der Menschenrechtskommission eingesetzten besonderen Berichterstatter für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda zu erwähnen.16 Schließlich erfolgt während der gesamten Zeit der Tätigkeit des ICTY bzw. ICTR eine Übermittlung von Informationen an die Anklagebehörde durch die jeweils von den Vereinten Nationen in den Krisengebieten eingesetzten peace keeping-Einheiten.17 Daneben zeigt sich in der Praxis des ICTY, daß eine umfangreiche Weitergabe von Informationen durch verschiedene Staaten, zwischenstaatliche Organisationen, wie beispielsweise die EU, die OSZE und die NATO, sowie nicht-regierungsamtliche Organisationen, wie beispielsweise Amnesty International oder Helsinki Watch, erfolgte.18 Bereits im ersten Jahresbericht des ICTY heißt es im Hinblick auf nicht-regierungsamtliche Organisationen: 10

Vgl. dazu unten 4. Teil, 3. Kapitel, A. Yearbook of the ICTY 1996, Chapter II. B. 2. a. 12 Griesbaum, Verfahrensgrundsätze des Jugoslawien-Strafgerichtshofes, S. 135. 13 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 62. 14 UN S/RES/780 (1992); UN S/RES/935 (1994). 15 Bassiouni, Commission of Experts, S. 65 und 119 f. 16 Commission on Human Rights, Report on the First Special Session 13–14 August 1992, UN Doc. E/1992/22/Add. 1; Commission on Human Rights on its Third Special Session 25 May 1994, UN Doc. E/1994/24/Add. 2. 17 Vgl. dazu Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 187 ff.; Morris/Scharf, ICTR, S. 440 ff. 18 Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 186. 11

1. Kap.: Vorermittlungen

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„One area where NGOs can be of immediate assistance is in the provision of information. NGOs can be invaluable in identifying incidents that fall within the jurisdiction of the Tribunal, tracing witnesses and, where possible, providing direct evidence for use by the Prosecutor.“19

Entsprechendes gilt grundsätzlich auch im Falle des ICTR mit der Ausnahme, daß zwischenstaatlichen Organisationen, wie beispielsweise der OAU, im Vergleich zu den übrigen Informanten keine allzu wesentliche Bedeutung zugesprochen werden kann.20 Keine besondere Erwähnung finden in Art. 18 Abs. 1 S. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 1 ICTR-Statut die Informationen, die dem Ankläger durch die Medien oder durch die Mitteilungen privater Personen zum Zweck der Vorermittlungen zukommen. Tatsächlich bediente sich der Ankläger in der Praxis aber auch dieser Informationsquellen.21 Es zeigte sich allerdings, daß insbesondere den Mitteilungen privater Personen oftmals nicht das gebotene Maß an Objektivität zugesprochen werden kann, ihr Wert für die Vorermittlungen des Anklägers somit hinter dem anderer Informationsquellen zurückbleibt.22 II. Vorermittlungsbefugnisse Über welche spezifischen Befugnisse der Ankläger bei Durchführung der Vorermittlungen verfügt, ergibt sich nicht ausdrücklich aus den Vorschriften der Statuten bzw. Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale. Durch Regel 2 der Verfahrensordnungen wird im Rahmen einer Begriffsbestimmung allerdings festgelegt, daß unter Ermittlungen alle vom Ankläger im Rahmen des Statuts und der Regeln durchgeführten Handlungen zur Beschaffung von Informationen und Beweismitteln zu verstehen sind. Es läßt sich schlußfolgern, daß dem Ankläger grundsätzlich bereits im Rahmen der Vorermittlungen dieselben Befugnisse zustehen sollen wie später bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne.23 Diese Auslegung stimmt auch mit Art. 18 Abs. 1 S. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 1 ICTY-Statut überein. Wenn dem Ankläger ausdrücklich die Kompetenz zuteil wird, ein Ermittlungsverfahren nicht nur auf der Grundlage der von dritter Seite bereitgestellten Informationen, sondern auch ex officio, d.h. auf der Grundlage der durch eigene Tätigkeit erlangten Informationen einzuleiten,24 dann bedarf er zwangsläufig entsprechender Befug19

First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 95. Morris/Scharf, ICTR, S. 448; Aptel, Tribunal Pénal International pour le Rwanda, S. 725. 21 Vgl. zur Mitteilung privater Personen: Hollweg, Vom Jugoslawientribunal zum Internationalen Strafgerichtshof, S. 259; Wohlfahrt, Poursuites, S. 750. 22 Nsereko, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 307. 23 Vgl. dazu unten 4. Teil, 1. Kapitel, A. I. 1. und die weiteren Kapitel des 4. Teils. 24 Vgl. dazu oben I. 20

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

nisse, um selbständig an entsprechende Informationen zu gelangen. So kann der Ankläger unmittelbare Maßnahmen im Rahmen der Vorermittlungen auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens oder Ruandas durchführen, so wie z. B. informatorische Befragungen der Bevölkerung zur Erlangung allgemeiner Hinweise auf die Begehung völkerrechtlicher Verbrechen oder die Erkundung der geographischen Gegebenheiten in einer Region.25 Daneben ist der Ankläger bereits im Rahmen der Vorermittlungen befugt, beispielsweise ein Ersuchen an die in Art. 18 Abs. 1 S. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 1 ICTR-Statut bezeichneten potentiellen Informanten zu richten, um die Herausgabe von Materialien allgemeiner Relevanz zu erreichen.26 III. Vorermittlungspflicht Eine allgemeine Pflicht des Anklägers, Vorermittlungen überhaupt durchzuführen, läßt sich anhand des Verfahrensrechts der ad hoc Tribunale damit begründen, daß Vorermittlungen zwangsläufig eine notwendige Voraussetzung der Strafverfolgung darstellen. Zweifelsohne obliegt dem Ankläger die Aufgabe der Strafverfolgung, Art. 16 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 15 Abs. 1 ICTR-Statut. In Art. 18 Abs. 1 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 2 ICTR-Statut heißt es überdies, daß der Ankläger die erhaltenen oder eingeholten Informationen „prüft“, shall assess. Aufgrund dieses Wortlauts wird vereinzelt im Schrifttum sogar vertreten, daß der Ankläger sämtliche ihm zur Verfügung gestellten Informationen im einzelnen zu berücksichtigen hat.27 Es läßt sich letztendlich aber nicht annehmen, daß für den Ankläger der ad hoc Tribunale eine Pflicht zu konkreten Vorermittlungen hinsichtlich bestimmter Ereignisse von dritter Seite begründet werden kann. Es zeigte sich bereits, daß im Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale zugunsten der Entscheidungsfreiheit des Anklägers gerade keine Strafanzeige bzw. kein Strafantrag im herkömmlichen Sinne geregelt wurde. Soweit für den Ankläger aber keine Pflicht besteht, ein Ermittlungsverfahren auf Anzeige oder auf Antrag eines Dritten zu eröffnen, so kann auch nicht von der Pflicht des Anklägers ausgegangen werden, jedem Hinweis, wie er sich ggf. aus den zur Verfügung gestellten Informationsmaterialien ergibt, im Rahmen von Vorermittlungen nachzugehen. Dies wäre der Anklagebehörde auch in praktischer Hinsicht aufgrund der beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen nicht möglich.28 Entscheidend ist vor allem der Umstand, daß für den jeweiligen Informanten selbst dann, wenn bestimmte Informationen 25

Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 192; Morris/Scharf, ICTR, S. 449. Vgl. zu den Ersuchen um Herausgabe gegenüber Kroatien, Statement by Justice Louise Arbour, Prosecutor of the ICTY during her visit to Zagreb, Croatia, The Hague 20 Juli 1999, ICTY-Press Release TH/P.I.S./420-e. 27 Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 191; Morris/Scharf, ICTR, S. 449. 28 Nizich, Tribunbal Justice, S. 1545. 26

1. Kap.: Vorermittlungen

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gänzlich unberücksichtigt bleiben, nicht die rechtliche Möglichkeit besteht, eine Berücksichtigung seiner dargebrachten Informationen bzw. die Aufnahme von Vorermittlungen gegenüber dem Ankläger zu erzwingen. Außerdem ist der Ankläger nicht verpflichtet, einen Informanten über den Stand des Verfahrens im Zusammenhang mit den jeweiligen Informationen zu unterrichten.

B. Der Internationale Strafgerichtshof Anders als im Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen wurde im ICC-Statut ein Vorermittlungsverfahren im Sinne eines formalen Verfahrensabschnitts ausdrücklich normiert. Systematisch läßt sich für den ICC demzufolge zwischen einem Vorermittlungsverfahren, preliminary investigations, und einem Ermittlungsverfahren im engeren Sinne, full investigations, differenzieren.29 So regelt Art. 53 Abs. 1 ICC-Statut als erste Vorschrift des 5. Teils des Statuts, daß der Ankläger nach Auswertung der ihm zur Verfügung gestellten Informationen ggf. ein Ermittlungsverfahren in einer Sache einleitet. Das Vorermittlungsverfahren im Sinne einer ersten Befassung des Anklägers mit einem völkerstrafrechtlich relevanten Tatgeschehen bzw. der Verfahrensabschnitt zum Zweck der Erlangung der ermittlungsauslösenden Informationen findet seine normative Grundlage hingegen in Art. 13 ff. ICC-Statut, also im 2. Teil des ICC-Statuts, in dem zunächst die grundlegenden Aspekte der Gerichtsbarkeit, der Zulässigkeit und des anwendbaren Rechts geregelt sind. I. Auslösemechanismen für Vorermittlungen Während die ad hoc Tribunale zum Zweck der Strafverfolgung im Zusammenhang mit bestimmten bewaffneten Konflikten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens seit 1991 bzw. auf dem Territorium Ruandas im Jahre 1994 errichtet wurden, soll der ICC grundsätzlich weltweit operieren.30 Anders als bei den ad hoc Tribunalen bedurfte es für den ICC somit einer Regelung der Frage, auf welche Art und Weise ein einzelnes der zahlreichen, weltweit sich ereignenden Geschehen mit völkerstrafrechtlicher Relevanz überhaupt zum Gegenstand einer ersten Befassung des ICC werden soll. Art. 13 ICC-Statut sieht demzufolge, anders als das ICTY- bzw. ICTR-Statut, drei unterschiedliche Mechanismen vor, durch die eine erste Befassung des ICC mit einer bestimmten Situation in Gestalt der Vorermittlungen des Anklägers ausgelöst werden kann, trigger mechanisms.31 Dies sind zum einen die Verwei29 Vgl. Triffterer-Bergsmo/Pejic, Commentary on the Rome Statute, Art. 15 Rdnr. 10 und 21; Hoffmeister/Knoke, Vorermittlungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 786 f.; Tomuschat, Statut von Rom, S. 343. 30 Vgl. aber auch unten 2. Kapitel, B. II.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

sung einer Situation mittels Anzeige durch einen Vertragsstaat, Art. 13 lit. a) i. V. m. Art. 14 ICC-Statut, die Verweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, Art. 13 lit. b) ICC-Statut, und zum anderen das Tätigwerden auf Initiative des Anklägers proprio motu, Art. 13 lit. c) i. V. m. Art. 15 ICC-Statut. 1. Verweisung durch einen Vertragsstaat Voraussetzung für ein Tätigwerden des ICC auf Initiative eines Vertragsstaates ist gemäß Art. 13 lit. a) i. V. m. Art. 14 ICC-Statut, daß nach der Beurteilung dieses Staates eine Situation gegeben ist, die dem Anschein nach, appears, auf die Begehung eines der Zuständigkeit des ICC unterliegenden Verbrechens hinweist. Der Begriff des Anscheins deutet an, daß von einem Staat nicht zu verlangen ist, eine etwaige Tatbegehung tatsächlich zu beweisen. Ausreichend ist vielmehr ein begründeter Verdacht. Dieser Verdacht muß sich auf ein der Zuständigkeit des ICC unterliegendes Verbrechen beziehen.32 Diesbezüglich bleibt festzustellen, daß im Falle der Verweisung einer Situation durch einen Staat insbesondere die Voraussetzungen des Art. 12 ICC-Statut aller Voraussicht nach erfüllt sein müssen, d.h. der Täter- oder der Tatortstaat muß entweder Vertragspartei des ICC-Statuts sein, Art. 12 Abs. 2 ICC-Statut, oder die Gerichtsbarkeit durch den ICC zumindest ad hoc anerkannt haben, Art. 12 Abs. 3 ICC-Statut.33 Nicht erforderlich ist demgegenüber, daß der verweisende Staat selbst durch das jeweilige Geschehen in irgendeiner Weise tangiert wird.34 Die Formulierung in Art. 13 lit. a) und Art. 14 ICC-Statut, daß ein Staat nicht eine einzelne Tat anzeigt, sondern eine Situation an den Ankläger verweist, referral of a situation, legt ihrem Wortlaut zufolge den Schluß nahe, daß es einem Staat verwehrt ist, konkrete Ermittlungen zu beantragen. Unklar erscheint in diesem Zusammenhang auf den ersten Blick aber die Formulierung in Art. 14 Abs. 1 ICC-Statut, wonach der verweisende Staat den Ankläger um die Feststellung, ob eine oder mehrere bestimmte Personen angeklagt werden sollen, ersuchen kann. Bereits während des Verhandlungsprozesses bestand über diesen Punkt der etwaigen Konkretisierung einer Verweisung auf bestimmte Ta-

31 Vgl. Überblick zum sog. „Trigger Mechanism“: Ambos, Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 181 f.; ders., Zum Internationalen Strafgerichtshof, S. 990; Kaul, Der Internationale Strafgerichtshof: Das Ringen um seine Zuständigkeit, S. 138 f.; Sluiter, An ICC is Hereby Established, S. 416 f. 32 Vgl. unten 2. Kapitel, B. 33 Latanzi, Compétence de la Cour Pénale Internationale et Consentement des Etats, S. 436 ff.; vgl. unten 2. Kapitel, B. II. 34 Triffterer-Williams, Commentary on the Rome Statute, Art. 17 Rdnr. 15.

1. Kap.: Vorermittlungen

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ten bzw. bestimmte Personen Uneinigkeit zwischen den Verhandlungsteilnehmern.35 Im Bericht des Preparatory Committee wird dazu ausgeführt: „Some delegations were uneasy with a regime that allowed any State party to select individual suspects and lodge complaints with the Prosecutor with respect to them, for this could encourage politicisation of the complaint procedure. Instead, according to these delegations, States Parties should be empowered to refer ,situations‘ to the Prosecutor in a manner similar to the way provided for the Security Council in article 23 para. 1. Once a situation was referred to the Prosecutor, it was noted, he or she could initiate a case against an individual.“36

Anhand der endgültigen Fassung der Vorschriften des ICC-Statuts wird erkennbar, daß sich die Auffassung derjenigen Delegierten, die sich gegen die Anrufung des ICC zwecks konkreter Ermittlungen stellte, durchgesetzt hat.37 So wechselte man zunächst den Terminus der Staatenanzeige, state complaint, der zwangsläufig eine Aufforderung zu konkreten Ermittlungen im Sinne des herkömmlichen Begriffes der Strafanzeige nahelegen könnte, durch den in diesem Zusammenhang neutraleren Terminus der Verweisung, referral. Gleichsam wird gemäß Art. 13 ICC-Statut sowohl im Falle der Einschaltung des ICC durch einen Staat als auch durch den Sicherheitsrat der Begriff der Situation, situation, verwendet. Folglich soll mittels des Auslösemechanismus des Art. 13 lit. a) i. V. m. Art. 14 ICC-Statut grundsätzlich nur erreicht werden, daß der Ankläger durch einen Staat über das jeweilige Gesamtgeschehen aufmerksam und gemäß Art. 14 Abs. 2 ICC-Statut entsprechend informiert wird. Ein Staat kann also erreichen, daß sich der Ankläger im Rahmen der Vorermittlungen mit der Gesamtsituation als solcher befaßt, nicht aber, daß er konkrete oder gar auf einzelne Personen bezogene Ermittlungen in einer Sache aufnimmt.38 Aufgrund der Normierung dieses Auslösemechanismus entsteht für einen Staat damit erstmalig im Völkerstrafrecht überhaupt die Kompetenz, im Falle einer völkerstrafrechtlich relevanten Situation zum Zweck der Strafverfolgung die internationale Strafgerichtsbarkeit einzuschalten.39 35

Zimmermann, Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshofes, S. 93. Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 146. 37 Triffterer-Marchesi, Commentary on the Rome Statute, Art. 14 Rdnr. 11. 38 Arsanjani, Jurisdiction and Trigger Mechanism of the ICC, S. 65; Bassiouni, Cour Pénale Internationale, S. 18 f.; Hoffmeister/Knoke, Vorermittlungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 788 f. 39 Vgl. zu den ersten Anwendungsfällen des Auslösemechanismus nach Art. 13 lit. a) i. V. m. Art. 14 ICC-Statut durch Uganda und die Demokratische Republik Kongo: President of Uganda refers Situation concerning the Lord’s Resistance Army (LRA) to the ICC, The Hague 29 January 2004, ICC-Press Release 16; The Office of the Prosecutor of the International Criminal Court opens its first Investigation, The Hague 23 June 2004, ICC-Press Release 26; vgl. auch Stahn, Momentaufnahme des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 172 f. 36

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Bei den ad hoc Tribunalen wurde hingegen allein von seiten des Sicherheitsrates festgelegt, daß einerseits die Situation im ehemaligen Jugoslawien seit 1991 und andererseits die Situation in Ruanda während des Jahres 1994 Gegenstand einer Strafverfolgung sein sollen. Übereinstimmend ergibt sich, daß weder im Falle der ad hoc Tribunale noch im Falle des ICC ein Staat konkrete Ermittlungen des Anklägers in Gang zu setzen vermag. In beiden Fällen kann ein Staat vielmehr mittels Übergabe seiner Informationen lediglich mittelbar Einfluß auf die Vorermittlungen des Anklägers nehmen.40 2. Verweisung durch den Sicherheitsrat Von den drei genannten Auslösemechanismen für ein Tätigwerden des ICC ist die Überweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gemäß Artikel 13 lit. b) ICC-Statut zumindest für die nahe Zukunft der wohl wichtigste.41 Dies erklärt sich daraus, daß nur im Falle dieses Auslösemechanismus nicht zur Voraussetzung gehört, daß ein Staat – entweder der Tatortoder der Täterstaat – das ICC-Statut ratifiziert hat, Art. 12 Abs. 2 ICC-Statut, oder ggf. die Ausübung der Gerichtsbarkeit für ein bestimmtes Verbrechen ad hoc anerkannt hat, Art. 12 Abs. 3 ICC-Statut.42 Solange also noch nicht von einem allzu hohen Ratifikationsstand auszugehen ist, verbleibt nur die Überweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat als effektiver Auslösemechanismus.43 Wendet man sich Art. 13 lit. b) ICC-Statut genauer zu, so könnte auf den ersten Blick geschlußfolgert werden, daß das ICC-Statut dem Sicherheitsrat die spezielle Kompetenz verleiht, den ICC anzurufen, wenn sich für ihn der Verdacht eines Verbrechens im Sinne der Art. 5–8 ICC-Statut ergibt. Andererseits widerspräche das dem Rechtsregime der Vereinten Nationen, wonach der Sicherheitsrat ausschließlich aufgrund seiner Kompetenzen aus der UN-Charta handelt.44 Diese Bindung des Sicherheitsrates wird bei näherer Betrachtung allerdings gar nicht in Abrede gestellt. In Art. 13 lit. b) ICC-Statut wird ausdrücklich festlegt, daß im Falle der Verweisung einer Situation der Sicherheitsrat nach Kapitel VII der UN-Charta tätig wird.45 Die Delegierten der Staaten40

Vgl. oben A. Bergsmo, Jurisdictional Reach of the ICC, S. 109; Berman, Relationship between the ICC and the Security Council, S. 180. 42 Kaul, Der Internationale Strafgerichtshof: Das Ringen um seine Zuständigkeit, S. 139; Oosthuizen, Relationship between the Envisaged ICC and the UN Security Council, S. 317; vgl. unten 2. Kapitel, B. II. 43 Fife, ICC, S. 73; Lee, Procedures and Compromises, S. 151. 44 Arbour/Bergsmo, Jurisdictional Overreach, S. 139 f. 45 Berman, Relationship between the ICC and the Security Council, S. 174 und 176. 41

1. Kap.: Vorermittlungen

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konferenz brachten insoweit also zum Ausdruck, daß – im Einklang mit der neueren Praxis des Sicherheitsrates – die massive und planmäßige Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, wie sie den Tatbeständen der Art. 5–8 ICC-Statut zugrunde liegt, in den sachlichen Geltungsbereich der Art. 39 ff. der UN-Charta fällt.46 Eine spezielle bzw. zusätzliche Kompetenz des Sicherheitsrates wird aber nicht begründet. Ein entsprechender Verweisungsbeschluß des Sicherheitsrates bedarf gemäß Art. 23 Abs. 3 der UN-Charta der Zustimmung sämtlicher ständigen Mitglieder. Voraussetzung einer Beschlußfassung bzw. einer Anrufung des ICC durch den Sicherheitsrat ist dann gemäß Art. 39 der UN-Charta die Feststellung, daß der Weltfriede bedroht oder gebrochen worden ist.47 Letztlich wird in Art. 13 lit. b) ICC-Statut damit bestätigt, daß der Sicherheitsrat sich auch zukünftig, zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit, des Völkerstrafrechts bzw. der internationalen Strafgerichtsbarkeit bedienen kann.48 Während er im Falle der gewaltsamen Konflikte auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens bzw. Ruandas allerdings zunächst über die Errichtung des ICTY bzw. ICTR zu entscheiden hatte, bedarf es nunmehr lediglich eines Verweisungsbeschlusses an den bereits eingerichteten ICC.49 3. Initiative des Anklägers proprio motu Als dritten Mechanismus regelt Art. 13 lit. c) i. V. m. Art. 15 ICC-Statut das Tätigwerden des ICC auf Initiative des Anklägers proprio motu. Danach ist es dem Ankläger möglich, auch in solchen Fällen, in denen keine Verweisung durch einen Vertragsstaat bzw. den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vorliegt, Vorermittlungen im Zusammenhang mit einer völkerstrafrechtlich relevanten Situation aufzunehmen. Für den Ankläger und somit für den ICC insgesamt entsteht somit eine weitgehende institutionelle Unabhängigkeit.50 Diese Befugnis des Anklägers gehörte zu den umstrittensten Aspekten bei den Verhandlungen zum ICC-Statut.51 Insbesondere seitens der USA wurden dahingehend Einwände erhoben.52 Im Bericht des Preparatory Committees heißt es dazu: 46 Bergsmo, Jurisdictional Reach of the ICC, S. 94; Tomuschat, Statut von Rom, S. 342 f. 47 Vgl. dazu Simma-Frowein, Charta der Vereinten Nationen, Art. 39 Rdnr. 5 ff. 48 Vgl. zum ersten Anwendungsfall des Auslösemechanismus nach Art. 13 lit. b) ICC-Statut wegen der Situation in Dafur, Sudan: Resolution des Sicherheitsrates vom 31. März 2005, UN Doc. S/RES/1593 (2005); The Prosecutor of the ICC opens Investigation in Darfur, The Hague 6 June 2005, ICC-Press Release 107. 49 Condorelli, Cour Pénale Internationale, S. 17; Seidel/Stahn, Statut des Weltstrafgerichtshofs, S. 16. 50 Caflish, Création d’une Cour Criminelle Internationale, S. 886. 51 David, ICC: What is the Point?, S. 637 f.; Kaul, Weg zu einem Weltstrafgerichtshof, S. 178; Schabas, United States Hostility to the ICC, S. 714 f.; vgl. auch die Posi-

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

„Different views were expressed as to whether the Prosecutor should be authorized to initiate investigations ex officio. It was suggested that he or she should be authorized to do so on sufficient, verifiable information received from any reliable source, with a view to strengthening the independence of the Prosecutor and the effectiveness of the Court.“53

Während also der Ankläger der ad hoc Tribunale an das vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erteilte Mandat gebunden ist und sich folglich ausschließlich auf das Geschehen im ehemaligen Jugoslawien seit 1991 bzw. in Ruanda während des Jahres 1994 konzentriert, kann der Ankläger des ICC seine Aufmerksamkeit im Rahmen des Vorermittlungsverfahrens grundsätzlich sämtlichen der weltweit auftretenden Situationen mit völkerstrafrechtlicher Relevanz widmen. Auch auf welche Art und Weise der Ankläger von der jeweiligen Situation eine erste Kenntnis erhält, ist unerheblich.54 In Art. 15 Abs. 1 ICC-Statut werden in diesem Zusammenhang keine bestimmten Informanten genannt. Andererseits wird im Falle der Auslösung von Vorermittlungen auf Initiative des Anklägers gemäß Art. 13 lit. c) i. V. m. Art. 15 ICC-Statut wie im Falle der Verweisung einer Situation durch einen Staat vorausgesetzt, daß der betroffene Täter- oder der Tatortstaat entweder Vertragspartei des ICC-Statuts ist, Art. 12 Abs. 2 ICC-Statut, oder die Gerichtsbarkeit durch den ICC ad hoc anerkennt, Art. 12 Abs. 3 ICC-Statut.55 Ein aus der Perspektive des Anklägers wesentlicher Nachteil für Vorermittlungen aus eigener Initiative ergibt sich Art. 15 Abs. 3–5 ICC-Statut. Danach wird vorausgesetzt, daß eine Genehmigung der Vorverfahrenskammer vorliegt. Im Vergleich zu staatlichen Strafrechtsordnungen unterliegt der Ankläger des ICC als Ermittlungsorgan somit bereits in einem sehr frühen Stadium des Verfahrens einer gerichtlichen Kontrolle.56 Unklar ist insoweit jedoch, zu welchem genauen Zeitpunkt der Ankläger um diese Genehmigung ersuchen muß. Art. 15 Abs. 3 ICC-Statut legt in diesem Zusammenhang fest, daß der Antrag dann zu stellen ist, wenn der Ankläger zu dem Schluß gelangt, es gebe eine hinreichende Grundlage für die Aufnahme von Ermittlungen, reasonable basis to protion der NGOs zugunsten eines weitgehend unabhängig operierenden Ermittlungsorgans: Human Rights Watch, Recommendations for an ICC, S. 64 ff. 52 Scheffer, U.S. and the ICC, S. 15; vgl. auch die teilweise nach wie vor ablehnenden Positionen im U.S.-amerikanischen Schrifttum: McNermey, ICC: Issues for Considerations by the US, S. 185 f. 53 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 225. 54 Ambos, Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 182. 55 Lattanzi, Compétence de la Cour Pénale Internationale et Consentement des Etats, S. 436 ff.; vgl. unten 2. Kapitel, B. II. 56 Ambos, Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 182.

1. Kap.: Vorermittlungen

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ceed with an investigation. In Art. 53 Abs. 1 ICC-Statut wird diese Formulierung jedoch auch im Zusammenhang mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne verwendet.57 Es besteht demnach entweder die Möglichkeit, daß der Ankläger bereits seine Tätigkeit im Sinne der Vorermittlungen bezüglich der gesamten Situation genehmigen läßt oder aber, daß eine Genehmigung erst unmittelbar vor Übergang in das Ermittlungsverfahren im engeren Sinne, d.h. nach Begründung eines konkreten Anfangsverdachts hinsichtlich bestimmter Taten bzw. Personen, zu beantragen ist. Diese Unklarheiten wurden anläßlich der Ausarbeitung der Verfahrensordnung von den Staatenvertretern diskutiert, jedoch letztendlich nicht behoben, sondern der zukünftigen Praxis des ICC selbst überlassen.58 Für die Auslegung, daß der Ankläger bereits seine Tätigkeit im Sinne der Vorermittlungen von der Vorverfahrenskammer genehmigen lassen muß, sprechen jedoch gewichtige Argumente. So ist Art. 15 ICCStatut aufgrund seiner systematischen Stellung dem Vorermittlungsverfahren zuzurechnen, nicht aber dem Ermittlungsverfahren im engeren Sinne, das den Vorschriften des Art. 53 ff. ICC-Statut unterstellt ist. Es erschiene zudem als zu großer Eingriff in die Unabhängigkeit des Anklägers, wenn die Durchführung jedes einzelnen Ermittlungsverfahrens nach Art. 53 ICC-Statut zunächst einer Genehmigung durch die Vorverfahrenskammer bedürfte. Dem widerspräche auch, daß die Entscheidung des Anklägers, eine Genehmigung nach Art. 15 Abs. 3 ICC-Statut nicht einzuholen, eben nicht einer Überprüfung der Vorverfahrenskammer nach Art. 53 Abs. 3 ICC-Statut zugewiesen ist. Zudem wird in Art. 15 Abs. 3 ICC-Statut insbesondere auf eine Prüfung der Zulässigkeit nach dem Komplementaritätsprinzip aus Art. 17 ICC-Statut verzichtet. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne müssen die Voraussetzungen dieses Prinzips jedoch erfüllt sein, Art. 53 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut.59 Im weiteren wird durch das Genehmigungserfordernis in Art. 15 Abs. 3 ICCStatut zumindest auch der Zweck verfolgt, den Ankläger von seiner politischen Verantwortung zu entlasten,60 was allerdings bereits dann erreicht werden kann, wenn eine Genehmigung hinsichtlich des Vorermittlungsverfahrens erteilt wird. Demnach stellt der Ankläger den Antrag nach Art. 15 Abs. 3 ICC-Statut in zeitlicher Hinsicht, unmittelbar nachdem er von der jeweiligen Situation aufgrund erster Informationen Kenntnis genommen hat, um sich so mit dem jeweiligen Geschehen im Rahmen eines Vorermittlungsverfahrens vertiefter befassen zu können.61

57

Vgl. Lindenmann, Rules on Jurisdiction and Admissibility, S. 183. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 193. 59 Vgl. unten 2. Kapitel, B. V. 1. 60 Tomuschat, Statut von Rom, S. 343. 61 Vgl. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 194; Lindenmann, Rules on Jurisdiction and Admissibility, S. 177 f. m. w. N. 58

152

3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Soweit einem solchen Antrag nach einer entsprechenden Prüfung durch die Vorverfahrenskammer, Art. 15 Abs. 4 ICC-Statut, nicht stattgegeben wird, schließt dies einen auf neue Tatsachen oder Beweise gestützten, späteren Antrag des Anklägers in bezug auf dieselbe Situation nicht aus, Art. 15 Abs. 5 ICCStatut.62 II. Informationsquellen Je nachdem welcher Auslösemechanismus das Vorermittlungsverfahren in Gang gesetzt hat, ist maßgeblich dafür, welche Informationsquellen den Ausgangspunkt für die Vorermittlungen des Anklägers darstellen. Erfolgt die Verweisung einer Situation gemäß Art. 13 lit. a) i. V. m. Art. 14 ICC-Statut durch einen Vertragsstaat, so besteht für den verweisenden Staat gemäß Art. 14 Abs. 2 ICC-Statut die Verpflichtung, die maßgeblichen Umstände anzugeben und die ihm zur Verfügung stehenden Dokumente zu übermitteln. Auch im Falle der Verweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gemäß Art. 13 lit. b) ICC-Statut läßt sich auch ohne eine ausdrückliche Normierung davon ausgehen, daß entsprechende, den Vereinten Nationen zur Verfügung stehende Informationsmaterialien dem Ankläger überreicht werden.63 Erfolgen die Vorermittlungen auf Initiative des Anklägers proprio motu gemäß Art. 13 lit. c) i. V. m. Art. 15 Abs. 1 ICC-Statut, so können mangels Beschränkung auf bestimmte Informanten sämtliche der im Einzelfall erlangten Informationen den Ausgangspunkt für die Vorermittlungen darstellen. Im weiteren Verlauf des Vorermittlungsverfahrens kann der Ankläger gemäß Art. 15 Abs. 2 ICC-Statut von jeder ihm als geeignet erachteten zuverlässigen Stelle Auskünfte einholen. Beispielhaft wird in diesem Zusammenhang auf Staaten, Organe der Vereinten Nationen und zwischenstaatliche oder nichtstaatliche Organisationen als potentielle Informanten verwiesen. Gleichsam ist der Ankläger befugt, sich auch natürlicher Personen als Informationsquelle zu bedienen, indem er schriftliche und mündliche Zeugenaussagen entgegennimmt. Systematisch ist Art. 15 Abs. 2 ICC-Statut allerdings den Vorschriften zuzurechnen, die sich auf das Vorermittlungsverfahren auf Initiative des Anklägers gemäß Art. 13 lit. c) i. V. m. Art. 15 ICC-Statut beziehen. Es fragt sich folglich, welche Informationsquellen der Ankläger in den Fällen heranziehen soll, in denen die Verweisung einer Situation durch einen Vertragsstaat bzw. den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das Vorermittlungsverfahren ausgelöst hat. Be62 Vgl. dazu die kritische Einschätzung: Rubin, ICC: Possibilities for Prosecutorial Abuse, S. 158. 63 Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 53 Rdnr. 8.

1. Kap.: Vorermittlungen

153

denken, daß dem Ankläger in diesen Fällen die in Art. 15 Abs. 2 ICC-Statut genannten Informationsquellen versagt bleiben sollen, erscheinen allerdings nicht plausibel, so daß die Vorschrift bei sämtlichen Vorermittlungen, gleichgültig welcher Auslösemechanismus zugrunde liegt, Anwendung findet.64 Bestätigt wird diese Auslegung auch durch Regel 104 Abs. 2 ICC-VerfO.65 Im Vergleich zu den ad hoc Tribunalen lassen sich hinsichtlich der Informationsquellen, derer sich der Ankläger im Rahmen der Vorermittlungen bedienen kann, demnach keine nennenswerten Unterschiede feststellen. Selbst der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften ist weitgehend identisch. Lediglich die schriftlichen und mündlichen Zeugenaussagen erfahren im ICC-Statut nunmehr eine explizite Berücksichtigung auf normativer Ebene. Insgesamt steht es damit dem Ankläger sämtlicher Strafgerichte des modernen Völkerstrafrechts grundsätzlich frei, welcher Informationsquellen er sich im Rahmen der Vorermittlungen bedient. III. Vorermittlungsbefugnisse Während der Ankläger der ad hoc Tribunale grundsätzlich bereits im Stadium der Vorermittlungen über dieselben Befugnisse verfügt, wie im Stadium des Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne, ergibt sich für den Ankläger beim ICC insoweit eine Differenzierung. So ergeben sich die Befugnisse des Anklägers nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens aus dem 5. Teil des ICC-Statuts, insbesondere aus Art. 54 ICC-Statut,66 die Vorermittlungsbefugnisse sind hingegen abschließend in Art. 15 Abs. 2 ICC-Statut geregelt.67 Infolgedessen ist dem Ankläger während der Durchführung eines Vorermittlungsverfahrens die Anwendung von Zwangsmitteln generell versagt.68 Der Ankläger ist vielmehr ausschließlich darauf verwiesen, eine Stelle im Sinne des Art. 15 Abs. 2 ICC-Statut, also Staaten, Organe der Vereinten Nationen, zwischenstaatliche und nicht-staatliche Organisationen, um Auskünfte zu ersuchen. Zeugenaussagen kann er im übrigen gemäß Art. 15 Abs. 2 ICC-Statut nur am Sitz des Gerichtshofs entgegennehmen. Während der Ankläger der ad hoc Tribunale generell dazu befugt ist, Maßnahmen im Rahmen der Vorermittlungen auch unmittelbar auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens bzw. Ruandas vorzunehmen, besteht eine entsprechende Kompetenz für den Ankläger des ICC nicht. Dem Ankläger des ICC 64

Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 15 Rdnr. 9. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 194. 66 Vgl. unten 4. Teil, 1. Kapitel, B. I. 1. 67 Triffterer-Bergsmo/Pejic, Commentary on the Rome Statute, Art. 15 Rdnr. 17; Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 193. 68 Triffterer-Bergsmo/Pejic, Commentary on the Rome Statute, Art. 15 Rdnr. 16. 65

154

3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

verbleibt bei der Durchführung des Vorermittlungsverfahrens ein vergleichsweise geringer Handlungsspielraum. IV. Vorermittlungspflicht Bereits durch Art. 42 Abs. 1 ICC-Statut wird im Zusammenhang mit der Organisation der Anklagebehörde ausdrücklich festgelegt, daß es dem Ankläger obliegt, shall be responsible, Verweisungen und substantiierte Informationen entgegenzunehmen und zu prüfen. Diese Formulierung spricht bereits dafür, daß der Ankläger des ICC, anders als der Ankläger der ad hoc Tribunale, der Pflicht unterliegt, ein Vorermittlungsverfahren einzuleiten. Je nachdem welcher der drei Auslösemechanismen betroffen ist, lassen sich weitere Argumente für eine Vorermittlungspflicht des Anklägers anführen. So wird für den Fall des Tätigwerdens des Anklägers auf eigene Initiative bestimmt, daß er die Gewichtigkeit der eingegangenen Informationen „analysiert“, shall analyse, Art. 15 Abs. 2 ICC-Statut. Diese Vorschrift wird im Schrifttum so interpretiert, daß der Ankläger verpflichtet ist, sämtliche der eingehenden Informationen zu berücksichtigen.69 Schließlich ist in Art. 15 Abs. 6 ICC-Statut normiert, daß der Ankläger die jeweiligen Informanten über den Ausgang des Vorermittlungsverfahrens zu bescheiden hat. Eine solche Vorschrift ist im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht zu finden. Wenn einer der beiden anderen Auslösemechanismen greift, d.h. entweder die Verweisung einer Situation durch einen Vertragsstaat gemäß Art. 13 lit. a) i. V. m. Art. 14 ICC-Statut oder den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gemäß Art. 13 lit. b) ICC-Statut, läßt sich von einer Vorermittlungspflicht des Anklägers bereits deshalb auszugehen, weil diese Verweisungsbefugnisse ansonsten weitgehend leerliefen.70 Zum anderen ist anzuführen, daß die spätere Entscheidung des Anklägers, ggf. kein Ermittlungsverfahren im engeren Sinne aufzunehmen oder aber ein Ermittlungsverfahren einzustellen, nach Art. 53 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut auf Ersuchen des verweisenden Staates oder des Sicherheitsrates von der Vorverfahrenskammer nachgeprüft werden kann. Der Ankläger kann unter den Voraussetzungen des Art. 53 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut sogar ohne einen solchen Antrag von der Vorverfahrenskammer aufgefordert werden, seine Entscheidung zu überprüfen.71 Diese Verfahren wären weitgehend belanglos, wenn für den Ankläger nicht die vorgeschaltete Pflicht bestünde, im Falle der Verweisung einer Situation durch einen Staat oder den Sicherheitsrat zumindest ein Vorermittlungsverfahren durchzuführen. Daß er dabei nicht verpflichtet werden kann, konkrete Vorermittlungen ggf. sogar gegen bestimmte Personen 69 70 71

Triffterer-Bergsmo/Pejic, Commentary on the Rome Statute, Art. 15 Rdnr. 13. Tomuschat, Statut von Rom, S. 343. Vgl. zu diesen Verfahren auch: unten 3. Kapitel, B. I. und 5. Teil, B. I. 1.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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bzw. wegen bestimmter Taten durchzuführen, ist bereits im Zusammenhang mit dem Begriff der Situation erörtert worden. Insgesamt ist mithin im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale beim ICC von einer Vorermittlungspflicht des Anklägers auszugehen. 2. Kapitel

Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens Gemäß der Struktur des Verfahrensablaufs erfolgt nach Durchführung der Vorermittlungen die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne. Dies gilt sowohl für die ad hoc Tribunale als auch für den ICC.72 Es fragt sich, welche rechtlichen Voraussetzungen im einzelnen erfüllt sein müssen, damit ein solcher Übergang überhaupt stattfinden kann. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den ad hoc Tribunalen und dem ICC hinsichtlich der Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens werden im folgenden untersucht.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen legte bei seiner Beschlußfassung zur Errichtung des ICTY bzw. des ICTR auf der Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta das Mandat und somit die Gerichtsbarkeit, jurisdiction, für jedes der ad hoc Tribunale abschließend fest.73 Dies erfolgte in erster Linie durch die Normierung der Art. 1–8 ICTY-Statut bzw. Art. 1–7 ICTR-Statut. Man unterscheidet insoweit zunächst zwischen der Zuständigkeit ratione temporis, ratione loci, ratione personae und ratione materiae.74 Die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens unter Mißachtung diesbezüglicher Regelungen ist unzulässig und stellt seitens des Anklägers zwangsläufig ein Handeln ultra vires dar. Schwieriger ist hingegen zu beurteilen, ob auch dem Verhältnis zwischen der internationalen und der staatlichen Strafgerichtsbarkeit, d.h. den Voraussetzungen der konkurrierenden Zuständigkeit nach Art. 9–10 ICTY-Statut bzw. 8–9 ICTR-Statut für die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens Bedeutung zukommt. Im weiteren stellt sich die Frage, ob die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens vor den ad hoc Tribunalen an das Erreichen eines bestimmten Verdachtsgrades gebunden ist.

72

Vgl. Vgl. 74 Vgl. ragraph 2 73

oben 1. Kapitel, A. und B. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. II. 1. und. 2. zu dieser Einteilung bereits Report of the Secretary-General Pursuant to Paof the Security Council Resoultion 808 (1993), UN Doc. S/25704, para. 31.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

I. Zuständigkeit ratione temporis Die Zuständigkeit ratione temporis ist in Art. 8 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 7 S. 2 ICTR-Statut geregelt. Für das ICTY erstreckt sich die zeitliche Zuständigkeit auf den Zeitraum seit dem 1. Januar 1991. Die Festlegung eines Endzeitpunktes erfolgte nicht. Vielmehr ist der zukünftige Endzeitpunkt für die zeitliche Zuständigkeit in das Ermessen des Sicherheitsrates gestellt.75 Für das ICTR bezieht sich die zeitliche Zuständigkeit hingegen von vornherein ausschließlich auf das Jahr 1994. II. Zuständigkeit ratione loci In räumlicher Hinsicht ist das ICTY zuständig für das gesamte Hoheitsgebiet der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawiens, einschließlich ihres Landgebietes, ihres Luftraumes und ihrer Hoheitsgewässer, Art. 8 S. 2 ICTY-Statut. Für das ICTR gilt eine entsprechende räumliche Zuständigkeit zunächst für das Hoheitsgebiet Ruandas, Art. 7 S. 1 ICTR-Statut. Im weiteren ist festgelegt, daß von der Zuständigkeit ratione loci auch das Territorium der Nachbarstaaten Ruandas erfaßt wird, soweit dort von ruandischen Staatsangehörigen Verbrechen begangen wurden, für die in sachlicher Hinsicht, d.h. ratione materiae, eine Zuständigkeit des ICTR besteht.76 III. Zuständigkeit ratione personae Art. 6 ICTY-Statut bzw. Art. 7 ICTR-Statut bestimmt, daß sich die Zuständigkeit ratione personae auf natürliche Personen beschränkt. Damit ist klargestellt, daß keine Strafverfolgung von verbrecherischen Gruppen oder Organisationen im ganzen erfolgen kann.77 Andererseits sind gemäß dieser Vorschriften sämtliche natürliche Personen erfaßt, und zwar unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer politischen bzw. militärischen Funktion oder sonstiger subjektiver Merkmale.78 Diese weitreichende Zuständigkeit ratione personae wird in einer Entscheidung des ICTY ausdrücklich bestätigt: „The Trial Chamber considers that individual responsibilty is based on Articles 1 and 7 I of the Statute which grant to the International Tribunal full jurisdiction not 75

Vgl. Ahlbrecht, Völkerrechtliche Strafgerichtsbarkeit, S. 281 m. w. N. Vgl. zu den Hintergründen dieser Ausweitung der territorialen Zuständigkeit: Shraga/Zacklin, ICTR, S. 506. 77 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 21; Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 832. 78 Vgl. Dupuy, Crimes et Immunités, S. 291 ff.; vgl. auch unten 3. Kapitel, A. II. 76

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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only over ,great criminals‘ like the Nuremberg – as counsel for the accused maintains (Closing Statement of Defence at the hearing of 20 November 1996) – but also over executors.“79

IV. Zuständigkeit ratione materiae Die Zuständigkeit ratione materiae findet bereits in Art. 1 der Statuten der ad hoc Tribunale eine erste Regelung. Danach sind das ICTY und das ICTR in materieller Hinsicht zuständig für die Verfolgung schwerer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Im einzelnen wird im Falle des ICTY eine Zuständigkeit für die Verfolgung Schwerer Verletzungen der Genfer Abkommen vom 12. August 1949,80 Art. 2 ICTY-Statut, von Verstößen gegen die Gesetze oder Gebräuche des Krieges,81 Art. 3 ICTY-Statut, von Völkermord,82 Art. 4 ICTY-Statut, und von Verbrechen gegen die Menschlichkeit,83 Art. 5 ICTY-Statut, bestimmt. Davon abweichend besteht für das ICTR in materieller Hinsicht eine Zuständigkeit zur Verfolgung von Völkermord,84 Art. 2 ICTR-Statut, von Verbrechen gegen die Menschlichkeit,85 Art. 3 ICTR-Statut, und von Verletzungen des gemeinsamen Artikel 3 der Genfer Abkommen und des Zweiten Zusatzprotokolls,86 Art. 4 ICTR-Statut. Die Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeit ratione materiae zwischen den beiden ad hoc Tribunalen lassen sich insbesondere dadurch erklären, daß beim ICTY vom Vorliegen eines internationalen bewaffneten Konfliktes und beim ICTR vom Vorliegen eines nicht-internationalen bewaffenten Konfliktes ausgegangen wurde.87 V. Konkurrierende Zuständigkeit In Art. 9 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 8 Abs. 1 ICTR-Statut wird grundlegend festgelegt, daß die internationale und die staatliche Strafgerichtsbarkeit bei der strafrechtlichen Verfolgung von Personen, die für schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich sind, konkurrierend zuständig sind. 79 Prosecutor v. Erdemovic (IT-96-22), Sentencing Judgement, 29 November 1996, para. 83. 80 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, B. I. 81 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, B. I. und II. 82 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, A. 83 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, C. 84 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, A. 85 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, C. 86 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, B. II. 87 Vgl. Johnson, ICTR, S. 221 f.; Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 166.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Zugrunde gelegt wird also, daß für die Strafverfolgung der im jeweiligen Konflikt begangenen Verbrechen zunächst zwei Zuständigkeiten parallel zueinander eröffnet sind. 1. Vorrangprinzip Für Fälle, in denen wegen einer Sache tatsächlich auf beiden Ebenen zugleich eine Strafverfolgung stattfindet, wird sodann im folgenden Absatz, also in Art. 9 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 8 Abs. 2 ICTR-Statut, der Vorrang des ICTY bzw. des ICTR vor staatlichen Gerichten bestimmt.88 Sinn und Zweck dieses Vorrangprinzips werden von Richter Sidhwa in seiner abweichenden Entscheidung zum Tadic-Urteil wie folgt erläutert: „At the root of primacy is a demand for justice at the international level by all States and constitutes the first step towards implementation of international judicial competence. The rule enhances the role of the Prosecutor in giving him a right to move for transfer of competence and to the International Tribunal the option whether to exercise its discretion to secure competence for itself. The rule obliges States to accede to and accept requests for deferral on the ground of suspension of their sovereign rights to try accused themselves and compels States to accept the fact that certain domestic crimes are really international in character and endanger international peace and that such international crimes should be tried by an international tribunal, that being an appropriate and competent legal body duly established by law. The rule cuts national borders to bring to justice persons of serious international crimes, as they concern all States and require to be dealt with for the benefit of all civilized nations.89

Um diesen Vorrang rechtlich durchsetzen zu können, werden das ICTY gemäß Art. 9 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. das ICTR gemäß Art. 8 Abs. 2 ICTRStatut ermächtigt, die staatlichen Strafgerichte zu ersuchen, ein laufendes Verfahren zugunsten der Strafverfolgung auf internationaler Ebene zurückzustellen. a) ICTY Unverzüglich nach Annahme der Resolution 827 (1993) und somit des ICTYStatuts durch den Sicherheitsrat90 wurde allerdings mittels einer Interpretationserklärung von seiten des französischen und des U.S.-amerikanischen Botschaf88 Vgl. zu den Nachteilen dieses Vorrangprinzips: Kritz, Accountability Mechanisms for Mass Violations of Human Rights, S. 144 ff.; Oellers-Frahm, Statut des Internationalen Strafgerichtshofes zur Verfolgung von Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien, S. 428. 89 Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Defence Motion for Interlocutory Appeal on Jurisdiction – Separate Opinion of Judge Sidhwa, 2 October 1995, para. 83. 90 UN Doc. S/RES/827 (1993); vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. I. 1.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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ters bei den Vereinten Nationen angezeigt, daß der in Art. 9 Abs. 2 gewährte Vorrang des ICTY nicht schrankenlos bestehe, sondern vielmehr auch bei laufenden Strafverfahren nur für die in Art. 10 Abs. 2 lit. a) und b) ICTY-Statut niedergelegten Fälle gelte.91 Diese Vorschrift legt als Ausformung des Grundsatzes ne bis in idem fest, daß nach Abschluß eines staatlichen Verfahrens eine Strafverfolgung durch das ICTY nur in Ausnahmefällen erfolgen dürfe. Zum einen soll ein solcher Ausnahmefall gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. a) ICTY-Statut gegeben sein, wenn die Handlung, wegen derer verhandelt wurde, als gewöhnliches Verbrechen bezeichnet wurde, wie beispielsweise die Verfolgung von Völkermord als Mord im Sinne des staatlichen materiellen Strafrechts.92 Zum anderen liegt ein Ausnahmefall gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. b) ICTY-Statut dann vor, wenn das staatliche Verfahren entweder nicht unabhängig und unparteiisch war, wenn es dem Schutz des Angeklagten vor der internationalen Strafgewalt diente oder wenn der Fall nicht mit der erforderlichen Sorgfältigkeit geführt wurde. Von seiten Großbritanniens wurde erklärt, daß eine solche Einschränkung des Vorrangs des ICTY mittels einer Anwendung des Art. 10 Abs. 2 ICTY-Statut auch gegenüber noch nicht rechtskräftig entschiedenen staatlichen Strafverfahren nur dann gegeben sei, wenn Staaten außerhalb des Territoriums des ehemaligen Jugoslawiens betroffen seien. Gegenüber Staaten auf dem Territorium gelte hingegen der uneingeschränkte Vorrang des ICTY.93 Der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen wiederum erklärte, daß für keinen Staat eine Pflicht zur Überleitung eines Strafverfahrens aufgrund des Art. 9 Abs. 2 ICTY-Statut entstünde, sondern lediglich die Pflicht eine Überleitung zu überdenken.94 Unabhängig von der Frage nach den rechtlichen Wirkungen solcher Interpretationserklärungen der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates,95 insbesondere im Falle erheblicher Widersprüche zwischen den einzelnen Erklärungen, wird 91 Statements made by the representatives of France and the USA to the UN Security Council, immediately after the adoption of resolution 827 (1993) establishing the International Tribunal. From Verbatim Record of the Three Thousand Two Hundred and Seventeenth Meeting held at Headquarters, New York, on Thuesday, 25 May 1993 at 9 PM; UN Doc. S/PV.3217. 92 Vgl. Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 133. 93 Statements made by the representative of the United Kingdom to the UN Security Council, immediately after the adoption of resolution 827 (1993) establishing the International Tribunal. From Verbatim Record of the Three Thousand Two Hundred and Seventeenth Meeting held at Headquarters, New York, on Thuesday, 25 May 1993 at 9 PM, UN Doc. S/PV.3217. 94 Statements made by the representative of the Russian Federation to the UN Security Council, immediately after the adoption of resolution 827 (1993) establishing the International Tribunal. From Verbatim Record of the Three Thousand Two Hundred and Seventeenth Meeting held at Headquarters, New York, on Thuesday, 25 May 1993 at 9 PM, UN Doc. S/PV.3217.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

doch deutlich, daß der Vorrang des ICTY vor der staatlichen Strafverfolgung aus Art. 9 Abs. 2 ICTY-Statut äußerst problematisch erscheint.96 Aufschlußreich sind in diesem Zusammenhang auch die Regeln 8 ff. ICTYVerfO, in denen der Vorrang des ICTY verfahrensrechtlich ausgestaltet wurde. Danach genießt der Ankläger des ICTY zunächst das Recht, einen Staat um Informationen zu ersuchen, sobald er davon Kenntnis nimmt, daß auf staatlicher Ebene wegen eines der Zuständigkeit des internationalen Strafgerichts unterliegenden Verbrechens ein Strafverfahren, gleichgültig in welchem Stadium, stattfindet oder stattfand, Regel 8 ICTY-VerfO.97 Der jeweilige Staat ist gemäß Art. 29 ICTY-Statut zur Übermittlung der Informationen verpflichtet. Daraufhin entscheidet der Ankläger über eine Verweisung der Sache an das ICTY. Gemäß Regel 9 ICTY-VerfO kann diese Entscheidung nur auf folgende Gründe gestützt werden. Einerseits gelten auch für die Verweisung laufender Strafverfahren die bereits in Art. 10 Abs. 2 ICTY-Statut für den Rechtsgrundsatz ne bis in idem niedergelegten Ausnahmegründe, was zunächst auf eine Berücksichtigung der oben genannten restriktiven Interpretationserklärungen schließen lassen könnte. Andererseits wird aber zusätzlich eine Verweisung dann für zulässig erachtet, wenn die Sache in engem Zusammenhang mit wesentlichen sachlichen oder rechtlichen Fragen steht, die Auswirkungen auf Ermittlungen oder Verfahren vor dem ICTY haben können, Regel 9 iii) ICTY-VerfO. Das ICTY führt in einer Entscheidung in diesem Zusammenhang aus: „Appellant insists repeatedly on impartial and independent proceedings diligently pursued and not designed to shield the accused from international criminal responsibility. One recognizes at once that this vocabulary is borrowed from Article 10, para. 2, of the Statute. This provision has nothing to do with the present case. This is not an instance of an accused being tried anew by this International Tribunal, under the exceptional circumstances described under in Article 10 of the Statute. Actually, the proceedings against Appellant were deferred to the International Tribunal on the strength of Article 9 of the Statute which provides that a request for deferral may be made at any stage of the procedure. (. . .) Deferral of the proceedings against Appellant was requested in accordance with the procedure set down in Rule 9 (iii). After the Trial Chamber had found that that condition was satisfied, the request for deferral followed automatically. The conditions alleged by Appellant in his Brief were irrelevant.“98

In der Praxis des ICTY wurde bei Verweisungen laufender Strafverfahren bislang beinahe ausschließlich auf diese Bestimmung rekurriert,99 und zwar nicht 95 Vgl. O’Brien, International Tribunal for Violations of IHL in the Former Yugoslavia, S. 657. 96 Vgl. Brown, ICTY, S. 504 ff. 97 Vgl. Spieker, Fall Djajic, Bo-Fax Nr. 165. 98 Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Defence Motion for Interlocutory Appeal on Jurisdiction, 2 October 1995, para. 52. 99 Jones, Practice of the International Criminal Tribunals, S. 232.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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nur im Falle von Strafverfahren durch die Staaten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens, sondern auch von Strafverfahren durch andere Staaten, wie insbesondere Deutschland.100 Für laufende Strafverfahren auf einzelstaatlicher Ebene erscheint aufgrund des in Regel 9 iii) ICTY-VerfO vorgesehenen und extensiv auslegbaren Verweisungsgrundes kaum ein Fall denkbar, in dem sich der Vorrang des ICTY nicht begründen ließe. Entscheidet sich der Ankläger schließlich für die Verweisung eines laufenden Verfahrens, so schlägt er der vom Präsidenten des ICTY für diesen Zweck für zuständig erklärten Strafkammer den Erlaß eines förmlichen Verweisungsgesuches gegenüber dem betreffenden Staat vor. Folgt die Strafkammer nach einer entsprechenden Überprüfung, ggf. nach Durchführung eines entsprechenden Anhörungsverfahrens unter Beteiligung des betroffenen Staates,101 diesem Vorschlag des Anklägers, so begründet das daraufhin zu erlassende Gesuch zugleich die völkerrechtliche Pflicht des betroffenen Staates zur Verweisung der Strafsache, Regel 10 (A) ICTYVerfO Zugleich sind die Ermittlungsergebnisse, die Gerichtsakten und ggf. bereits ergangene Urteile an das ICTY zu übermitteln, Regel 10 (B) ICTYVerfO.102 Kommt der jeweilige Staat seinen Pflichten im Zusammenhang mit der Verweisung nicht nach, so kann schließlich der Sicherheitsrat eingeschaltet werden, Regel 11 ICTY-VerfO.103 Insgesamt läßt sich insoweit feststellen, daß der Vorrang des ICTY vor staatlicher Strafverfolgung in der Verfahrensordnung eine großzügige normative Grundlage gefunden hat.104 Den restriktiven Interpretationserklärungen der Mitglieder des Sicherheitsrates wurde insoweit nicht Folge geleistet. b) ICTR Für das ICTR ergibt sich lediglich insoweit eine Besonderheit gegenüber der Rechtslage beim ICTY, als die Gründe für eine Verweisung im Zuge einer Revision der Regel 9 ICTR-VerfO neu gefaßt wurden.105 Die ursprünglich mit der Regel 9 ICTY-VerfO gleichlautenden Vorschriften regeln nunmehr, daß der An100 Vgl. Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Application for Deferral by the Federal Republic of Germany in the Matter of Dusko Tadic – Submissions by the Prosecutor, 8 November 1994; Prosecutor v. Radovan Karadzic et al. (IT-95-5), Decision in the Matter of a Propsal for a Formal Request for Deferral to the Competence of the Tribunal Addressed to the Republic of Bosnia and Herzegowina in Respect of Radovan Karadzic, Ratko Mladic and Mirco Stanisic, 16 May 1995. 101 Vgl. dazu das Verfahren Prosecutor v. Drazen Erdemovic (IT-96-22), Deferral Hearing, 14 May 1996; Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 28 f. 102 Yearbook of the ICTY 1996, Chapter III. 2. b. 103 Vgl. dazu Benvenuti, Complementarity of the ICC, S. 37 f.; unten 4. Teil, 2. Kapitel, A. V. 104 Zur Kritik daran: Lambert-Abdelgawad, Dessaisissement des Tribunaux Nationaux au Profit des Tribunaux Pénaux Internationaux, S. 407 ff. m. w. N.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

kläger seine Entscheidung zur Verweisung einer Sache auf folgende Gründe stützen kann: Zum einen soll ein solcher Verweisungsgrund gegeben sein, wenn die jeweilige Tat bereits Gegenstand der Ermittlungen oder gar einer Anklage des ICTR ist, Regel 9 (i) und (iii) ICTR-VerfO. Zum anderen soll selbst dann, wenn noch keine Strafverfolgung und noch nicht einmal ein Ermittlungsverfahren des ICTR in der Sache bislang eingeleitet wurde, eine Verweisung zulässig sein, wenn sich dies aufgrund der Schwere des Verbrechens, des Status des Verfolgten zum Zeitpunkt der Tat oder der allgemeinen Bedeutung der mit der Sache zusammenhängenden Rechtsfragen rechtfertigen läßt, Regel 9 (ii) lit. a)–c) ICTR-VerfO. 2. Ne bis in idem Soweit ein auf staatlicher Ebene durchgeführtes Strafverfahren bereits abgeschlossen worden ist, sind die Voraussetzungen für eine erneute Strafverfolgung durch die ad hoc Tribunale wegen des Grundsatzes ne bis in idem strenger als im Falle der Verweisung eines laufenden Strafverfahrens. Eine erneute Verhandlung der Sache kann vor den ad hoc Tribunalen nur dann stattfinden, wenn die Handlung wegen derer vor einem staatlichen Gericht verhandelt wurde als gewöhnliches Verbrechen bezeichnet wurde, Art. 10 Abs. 2 lit. a) ICTY-Statut bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. a) ICTY-Statut, oder wenn das auf staatlicher Ebene durchgeführte Verfahren nicht unparteiisch oder unabhängig war, Art. 10 Abs. 2 lit. b) ICTY-Statut bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. b) ICTY-Statut. Inwieweit für das Verfahren im Falle eines bereits abgeschlossenen Strafverfahrens die Regeln 8 ff. der Verfahrensordnungen Anwendung finden, die unmittelbar lediglich das Verfahren der Verweisung eines laufenden Strafverfahrens regeln, erscheint fraglich. Aufgrund der vergleichbaren Interessenlage läßt sich jedoch zumindest von einer entsprechenden Anwendung der Regeln 8 ff. der Verfahrensordnungen ausgehen. Es obliegt dann folglich dem Ankläger, die zuständige Strafkammer in entsprechender Anwendung der Regel 9 der Verfahrensordnungen mittels eines Antrages davon zu überzeugen, daß ein Ausnahmetatbestand des Art. 10 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 9 Abs. 2 ICTR-Statut vorliegt. Ggf. erläßt die Strafkammer daraufhin ein dem Verweisungsgesuch im Sinne der Regel 10 der Verfahrensordnungen entsprechendes Gesuch an den betroffenen Staat.106 Aus der Praxis der ad hoc Tribunale ist bislang allerdings in keinem Fall ein bereits auf staatlicher Ebene abgeschlossenes Strafverfahren aufgrund der Aus105 Fourth Plenary Session, held in Arusha from 1–5 June 1997; Third Annual Report of the ICTR, 23 September 1998, UN Doc. A/53/429, para. 13; vgl. dazu Morris/Scharf, ICTR, S. 320. 106 Morris/Scharf, ICTR, S. 345; Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 134.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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nahmetatbestände des Grundsatzes ne bis in idem gemäß Art. 10 Abs. 2 ICTYStatut bzw. Art. 9 Abs. 2 ICTR-Statut aufgenommen worden. 3. Bedeutung von Vorrangprinzip und ne bis in idem für die Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens Liegt ein Konkurrenzfall zwischen einzelstaatlichem und internationalem Strafverfolgungsinteresse vor, so finden sich in den Vorschriften der Statuten und Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale keinerlei explizite Hinweise darauf, wie sich dieser Umstand auf die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens auswirkt. Denkbar erscheint, daß die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens davon abhängt, daß die Voraussetzungen für die Verweisung bzw. einer erneuten Verhandlung der Sache unter Berücksichtigung des Grundsatzes ne bis in idem erfüllt sind. Dafür spricht insbesondere auch die Formulierung in Regel 9 (ii) ICTR-VerfO, wonach der Ankläger gehalten ist, die einzelnen dort aufgeführten Voraussetzungen für eine Verweisung dahingehend zu prüfen, ob die jeweilige Sache überhaupt Gegenstand seiner Ermittlungen werden soll. Anhand der Praxis der ad hoc Tribunale läßt sich indes feststellen, daß die Entscheidungen der zuständigen Strafkammer über die Verweisung nach Regel 10 der Verfahrensordnungen zumeist erst im Zusammenhang mit der Anklageerhebung ergehen. Entweder findet das Verfahren über den Verweisungsantrag des Anklägers unmittelbar vor oder unmittelbar nach Einreichung der Anklageschrift statt.107 Das Ermittlungsverfahren kann vom Ankläger also auch dann eingeleitet bzw. durchgeführt werden, wenn das entsprechende Verweisungsverfahren noch gar nicht stattgefunden hat. So heißt es in einer Entscheidung des ICTY, daß der Zeitpunkt für die Stellung eines Verweisungsantrages in das Ermessen des Anklägers gestellt ist.108 Im Jahresbericht des ICTY von 1996 wird dazu ausgeführt: „Djordje Dukic made his first appearance before a Trial Chamber of the Tribunal, composed of Judges Jorda, Odio-Benito and Riad, on 1 March 1996 and pleaded not guilty. The accused filed several pre-trial motions. The Chamber issued a Decision on these motions on 26 April 1996. The defence had contended that the indictment against Djukic was invalid because the Prosecutor had not sought a deferral in the courts of Bosnia and Herzegowina of the proceedings against Djukic. The Chambers rejected this argument, ruling that it was up to the Prosecutor to assess the suitability and timing for submitting a proposal for deferral to the Chamber, but cautioning that the Prosecutor must take care not to place the defence in a position that might prejudice its rights.“109 107

Jones, Practice of the International Criminal Tribunals, S. 231 f. Prosecutor v. Djordje Djukic (IT-96-20), Decision on the Preliminary Motions of the Accused, 26 April 1996, para. 7 f. 109 Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 44. 108

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Überdies läßt sich der Rechtsprechung der ad hoc Tribunale entnehmen, daß sie generell das Ermittlungsverfahren vom Anwendungsbereich des Grundsatzes ne bis in idem ausklammert,110 wodurch selbst in Fällen, die letztlich nicht erneut verhandelt werden dürfte, die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens doch rechtmäßig ist. Aus praktischer Sicht wird der Ankläger allerdings, sobald er Kenntnis von einer konkurrierenden staatlichen Strafverfolgung nimmt, sorgfältig prüfen, ob das ICTY bzw. ICTR in der jeweiligen Sache eine vorrangige Zuständigkeit geltend machen kann. Ansonsten würden Ressourcen für eine Ermittlungstätigkeit verbraucht werden, ohne daß ggf. eine förmliche Verweisung der Sache überhaupt stattfinden kann bzw. nach Abschluß des staatlichen Strafverfahrens wegen des Rechtsgrundsatzes ne bis in idem eine erneute Verhandlung der Sache vor dem ICTY bzw. ICTR zulässig ist. Erfährt er noch vor Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens durch seine Behörde von dem staatlichen Verfahren und liegen die Voraussetzung einer Verweisung bzw. einer erneuten Verhandlung nicht vor, so wird er schließlich aus praktischen Gründen von der Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens absehen. Erfährt er zu einem späteren Zeitpunkt davon, wird er eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens erwägen.111 VI. Verdachtsgrad Es stellt sich die Frage, ob die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens davon abhängt, daß ein bestimmter Verdachtsgrad erreicht wird. Dies hätte zur Folge, daß nur in solchen Fällen ein Ermittlungsverfahren des Anklägers der ad hoc Tribunale aufgenommen werden darf, in denen sich im Zuge der Vorermittlungen die Hinweise dafür, daß ein Verbrechen begangen wurde, besonders verdichtet haben, während in den übrigen Fällen ein Ermittlungsverfahren unzulässig wäre. Zu berücksichtigen ist, daß auch in einigen staatlichen Rechtsordnungen, wie beispielsweise in den USA, nicht die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens als solche, sondern nur die Vornahme bestimmter einzelner Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vom Vorliegen eines bestimmten Verdachtsgrades im technischen Sinne abhängt.112 Betrachtet man die normativen Vorgaben hinsichtlich der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, so ergibt sich anhand der deutschen Übersetzung aus Art. 18 Abs. 1 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 2 ICTR-Statut, daß es dem Ankläger nach Prüfung der erhaltenen oder eingeholten Informationen ob110 Prosecutor versus Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Defence Motion for Interlocutory Appeal on Jurisdiction, Appeals Chamber, 2 October 1995, para. 52. 111 Vgl. Morris/Scharf, ICTR, S. 319; vgl. auch unten 5. Teil, A. I. 112 Lützner, Strafprozessuale Zwangs- und Überwachungsmaßnahmen im Recht der USA, S. 36 und 293 f.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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liegt zu entscheiden, ob eine Strafverfolgung „gerechtfertigt“ ist.113 Deutlicher ist in diesem Zusammenhang der englische Text, in dem vorausgesetzt wird, daß eine hinreichende Grundlage für die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens, sufficient basis to proceed, gegeben ist. Die Vorermittlungen müssen also zu einer gewissen Verdichtung der Hinweise auf die Begehung einer Straftat geführt haben, letztlich muß damit also ein bestimmter Verdachtsgrad erreicht werden. Wann dieser Verdachtsgrad allerdings im einzelnen erreicht bzw. nicht erreicht ist, wird in den Rechtsgrundlagen der ad hoc Tribunale nicht näher bestimmt. Seitens des Anklägers der ad hoc Tribunale wurde anläßlich der Einsetzung des Komitees zur Untersuchung angeblicher Verbrechen der NATO beim Kosovo-Einsatz vom 24. März bis zum 9. Juni 1999 geäußert, daß eine hinreichende Grundlage für die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens nur dann besteht, wenn sich glaubwürdige Hinweise dafür ergäben, daß ein der Zuständigkeit des Gerichts unterliegendes Verbrechen möglicherweise begangen wurde. Anderenfalls sei die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens als Willkür zu bewerten und folglich zu unterlassen. Es heißt in dem Bericht des Komitees: „In the course of its review, the committee has applied the same criteria to NATO activities that the Office of the Prosecutor (OTP) has applied to the activities of other actors in the territory of the former Yugoslavia. The committee paid particular heed to the following questions: a) Are the prohibitions alleged sufficiently well-established as violations of international humanitarian law (. . .)? and b) upon the reasoned evaluation of the information by the committee, is the information credible and does it tend to show that crimes within the jurisdiction of the Tribunal may have been committed by individuals during the NATO bombing campaign? This latter question reflects the earlier approach in relation to Article 18 I of the Statute taken by the Prosecutor when asserting her right to investigate allegations of crimes committed (. . .). The threshold test expressed therein by the Prosecutor was that of credible evidence tending to show that crimes within the jurisdiction of the Tribunal may have been committed (. . .). That test was advanced to explain in what situations the Prosecutor would consider, for jurisdiction purposes, that she had a legal entitlement to investigate. As a corollary, any investigation failing to meet that test could be said to be arbitrary and capricious, and to fall outside the Prosecutor’s mandate. Thus formulated, the test represents a negative cut-off point for investigations. The Prosecutor may, in her discretion require that a higher 113 ICTY-Statut, deutsche Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz), BT-Drs. 13/57 vom 29. November 1994; ICTRStatut, deutsche Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (Ruanda-Strafgerichtshof-Gesetz), BT-Drs. 13/7953 vom 12. Juni 1997.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

threshold be met before making a positive decision that there is a sufficient basis to proceed under Article 18 I.“114

Damit ist zumindest klargestellt, daß sich ein Anfangsverdacht nur dann ergeben kann, wenn die herangezogenen Informationsquellen glaubwürdig erscheinen und auch eine Prüfung der Informationen unter rechtlichen Gesichtspunkten positiv ausfällt. Bei der Prüfung dieser rechtlichen Gesichtspunkte ist zu eruieren, ob es sich bei dem möglicherweise begangenen Verbrechen um ein von den Zuständigkeiten ratione temporis, ratione loci, ratione personae und ratione materiae des ICTY bzw. ICTR erfaßtes Verbrechen handelt.115 Fällt schließlich das Ergebnis der Prüfung anhand dieser Kriterien positiv aus, so ist ein Anfangsverdacht gegeben, die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens gemäß Art. 18 Abs. 1 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 2 ICTR-Statut zulässig.

B. Der Internationale Strafgerichtshof Auch beim ICC ist für die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens gemäß Art. 53 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut zunächst maßgeblich, ob die jeweilige Sache der Gerichtsbarkeit, jurisdiction, des ICC unterliegt. Wie bei den ad hoc Tribunalen der Vereinten Nationen läßt sich insoweit zwischen einer Zuständigkeit ratione temporis, ratione loci, ratione personae und ratione materiae unterscheiden. Anders als im Falle der ad hoc Tribunale ist die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens vor dem ICC nunmehr jedoch ausdrücklich davon abhängig, daß der ICC nach Maßgabe des Art. 17 ICC-Statut über die konkurrierende Zuständigkeit in einer Sache verfügt, Art. 53 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut. Neben diesen Aspekten stellt sich schließlich auch beim ICC die Frage, inwieweit die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens gemäß Art. 53 Abs. 1 ICC-Statut an das Erreichen eines bestimmten Verdachtsgrades gebunden ist. I. Zuständigkeit ratione temporis Art. 11 ICC-Statut regelt die Zuständigkeit des ICC in zeitlicher Hinsicht. Danach erstreckt sich die Gerichtsbarkeit des ICC nur auf solche Verbrechen, die nach dem Inkrafttreten des ICC-Statuts begangen wurden, Art. 11 Abs. 1 ICC-Statut. Für den Fall, daß ein Staat das Statut erst nach seinem Inkrafttreten 114 Final Report to the Prosecutor by the Committee Established to Review the NATO Bombing Campaign Against the Federal Republic of Yugoslavia, The Hague 13 June 2000, ICTY-Press Release PR/P.I.S./510-E; vgl. dazu Benvenuti, NATO Bombing Campaign, S. 503 ff.; Bothe, NATO Bombing on Yugoslavia, S. 531 ff.; Fischer, Kommissionsbericht, BO-Fax Nr. 220. 115 Vgl. auch Morris/Scharf, ICTR, S. 431 f.; Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 191.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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ratifiziert, besteht die Zuständigkeit ratione temporis vom Zeitpunkt der Ratifikation an, Art. 11 Abs. 2 ICC-Statut.116 Gemäß Art. 124 ICC-Statut kann ein Staat bei seiner Ratifikation allerdings festlegen, daß in den ersten sieben Jahren nach Ratifikation keine Zuständigkeit des ICC im Hinblick auf Kriegsverbrechen im Sinne des Art. 8 ICC-Statut gegeben sein soll.117 Ein Staat erhält somit die Möglichkeit, die Strafverfolgung durch den ICC für solche Kriegsverbrechen, die entweder auf seinem Territorium oder von seinen Staatsangehörigen begangen wurden, zeitweilig auszuschließen. Mittels dieser Übergangsbestimmung, sog. opting out-Klausel, sollte den Staaten die grundlegende Entscheidung für eine Ratifikation des ICC-Statuts erleichtert werden.118 Ausnahmsweise ergibt sich eine Zuständigkeit ratione temporis von dem Zeitpunkt an, in dem ein Staat das ICC-Statut zwar nicht ratifiziert, aber mittels einer Erklärung gemäß Art. 12 Abs. 3 ICC-Statut die Ausübung der Gerichtsbarkeit durch den ICC in einer bestimmten Sache ad hoc anerkennt. Unabhängig von der Ratifikation oder ad hoc Anerkennung eines Staates kann eine Zuständigkeit in zeitlicher Hinsicht auch dann bestehen, wenn in einer Sache ermittelt werden soll, die auf den Auslösemechanismus gemäß Art. 13 lit. b) ICC-Statut, d.h. auf die Verweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat zurückzuführen ist.119 Maßgeblich sind dann allein die in der jeweiligen Resolution vorgegebenen Zeitabschnitte. In diesem Fall entspricht die Rechtslage dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale, deren Zuständigkeit ratione temporis ebenfalls durch Resolution des Sicherheitsrates festgelegt wurde. II. Zuständigkeit ratione loci Die Zuständigkeit ratione loci bzw. die Regelungen des Art. 12 ICC-Statut sind während der Vorarbeiten und Verhandlungen zum ICC-Statut Gegenstand kontroverser Diskussionen gewesen. Insbesondere Deutschland setzte sich dafür ein, den Zuständigkeitsregeln des ICC das weitreichende Weltrechtsprinzip120 zugrunde zu legen: „Under current international law, all States may exercise universal criminal jurisdiction concerning acts of genocide, crimes against humanity and war crimes, regardless of the nationality of the offender, the nationality of the victims and the place where the crime was committed. This means that, in a given case of genocide, crimes against humanity or war crimes, each and every State can exercise its own 116 Vgl. zum Verhältnis der Zuständigkeit ratione temporis zum Rückwirkungsverbot in Art. 24 ICC-Statut: Bassiouni, Cour Pénale Internationale, S. 9. 117 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, B. 118 Venturini, War Crimes, S. 171; vgl. zu dieser Klausel auch: Marler, ICC: Assessing the Jurisdictional Loopholes, S. 833 ff.; Wedgwood, Irresolution of Rome, S. 208. 119 Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 2. 120 Vgl. oben 1. Teil, 1. Kapitel, C. III. 2.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

national criminal jurisdiction, regardless of whether the custodial State, the territorial State or any other State has consented to the exercise of such jurisdiction beforehand. This is confirmed by extensive practice (. . .). There is no reason why the ICC – established on the basis of a Treaty concluded by the largest possible number of States – should not be in the very same position to exercise universal jurisdiction for genocide, crimes against humanity and war crimes in the same manner as the Contracting Parties themselves. By ratifying the Statute of the ICC, State Parties accept in an official and formal manner that the ICC can also exercise criminal jurisdiction with regard to these core crimes.“121

Danach wäre die Zuständigkeit des ICC unabhängig von der Zustimmung bzw. Ratifikation des jeweils betroffenen Tatort- oder Täterstaates gewesen. Dieser Vorschlag fand jedoch nicht die mehrheitliche Zustimmung der Staatenvertreter. Vielmehr setzte sich ein restriktiverer Ansatz durch.122 So besteht nunmehr gemäß Art. 12 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut eine Zuständigkeit ratione loci des ICC nur für das Hoheitsgebiet eines jeden Vertragsstaates. Hinzugerechnet werden Schiffe und Luftfahrzeuge, wenn sie bei einem Vertragsstaat registriert sind. Unabhängig vom Tatort bzw. der Zuständigkeit ratione loci kann der ICC seine Gerichtsbarkeit im weiteren allerdings auch dann ausüben, wenn der Angeklagte die Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates besitzt, Art. 12 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut. In beiden Fällen wird die ad hoc Anerkennung der Gerichtsbarkeit des ICC hinsichtlich eines einzelnen Verbrechens durch einen NichtVertragsstaat der Ratifikation des ICC-Statuts durch einen Vertragsstaat gleichgestellt, Art. 12 Abs. 3 ICC-Statut.123 Ausdrücklich gelten diese Regelungen nur für die Fälle in denen als Auslösemechanismus eine Verweisung durch einen Staat oder eine Initiative des Anklägers proprio motu zugrunde liegt, Art. 12 Abs. 2 ICC-Statut.124 Soweit nämlich die Verweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat gemäß Art. 13 lit. b) ICC-Statut das Vorermittlungsverfahren in Gang setzte, ist hingegen wie bei der Zuständigkeit ratione temporis auch für die Zuständigkeit ratione loci allein die Resolution des Sicherheitsrates maßgeblich.125 Insoweit ergibt sich dann im Hinblick auf die Zuständigkeit ratione loci ausnahmsweise eine vergleichbare Rechtslage zwischen den ad hoc Tribunalen und dem ICC. Problematisch erscheint die Regelung der Zuständigkeit ratione loci in einer Konstellation, in der Verbrechen durch Staatsangehörige einer Nicht-Vertrags121

German Proposal, Discussion Paper Submitted to the Preparatory Committee on 23 March 1998, UN Doc. A/AC.249/1998/DP.2. 122 Vgl. zu den Diskussionen während der Verhandlungen: LaHaye, Jurisdiction of the ICC, S. 5 ff.; Kaul, Der Internationale Strafgerichtshof: Das Ringen um seine Zuständigkeit, S. 139 ff.; Scharf, ICC’s Jurisdiction over the Nationals of Non-Party States, S. 76 ff. 123 Vgl. dazu auch die Kritik von: David, American Objections to the ICC, S. 370 f. 124 Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 1 und 3. 125 Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 2.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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partei auf dem Territorium einer Vertragspartei begangen werden.126 Insbesondere die USA äußerten diesbezüglich bereits während der Verhandlungen zum ICC-Statut Bedenken: „The fundamental question is this, will the Court be able to prosecute even the officials and personnel of a government without the government having joined the treaty or otherwise submitted to the jurisdiction of the Court? This is a form of extraterritorial jurisdiction which would be quite unorthodox in treaty practice – to apply a treaty regime to a country without its consent.“127

Entsprechende Gegenvorschläge der USA, die darauf abzielten, eine Zuständigkeit des ICC in Fällen dieser Konstellation auszuschließen, wenn entweder der Täterstaat sein Einverständnis zur Strafverfolgung durch den ICC nicht erklärt hat128 oder aber wenn es sich um Täter handelt, die sich zur Erfüllung eines öffentlichen Auftrags in dem Tatortstaat aufgehalten haben, wie beispielsweise peace keeping- oder peace enforcement-Soldaten,129 wurden dennoch von der überragenden Mehrheit der Staaten abgelehnt.130 Der ICC kann damit aufgrund seiner Zuständigkeit ratione loci gemäß Art. 12 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut ggf. auch Staatsangehörige einer Nichtvertragspartei strafrechtlich verfolgen, soweit sie auf dem Territorium einer Vertragspartei Täter eines Verbrechens im Sinne der Art. 5–8 ICC-Statut geworden sind.131 Von den USA wird diese Regelung für völkerrechtswidrig gehalten, da sie gegen den völkerrechtlichen Grundsatz pacta tertiis nec prosunt nec nocent verstoße. Vornehmlich mit diesem Argument begründen die USA auch ihre ablehnende Haltung gegenüber dem ICC bzw. ihre mangelnde Bereitschaft zur Ratifikation des ICC-Statuts.132 Auch im Schrifttum wird in diesem Zusammenhang eine kontroverse Diskussion geführt.133 Schließlich vermag die Auffassung, die einen Völkerrechtsverstoß bejaht, jedoch nicht zu überzeugen. Selbst wenn man die völkerrechtliche Rechtmäßigkeit des weitreichenden Ansatzes in Form des Weltrechtsprinzips nicht anerkennen will, so erscheint es dennoch nicht plausibel, einem souveränen Staat zu 126

Vgl. dazu Arbour/Bergsmo, Jurisdictional Overreach, S. 135 f. Statement of the U.S. Delegation on 9 July 1998 in the Committee of the Whole, UN Doc. A/CONF.183/C.1/L.53. 128 U.S. Proposal, UN Doc. A/CONF.183/C.1/L.79 (1998); vgl. dazu Scheffer, U.S. and the ICC, S. 20. 129 U.S. Proposal, UN Doc. A/CONF.183/C.1/L.90 (1998); vgl. dazu Lietzau, Concerns from a U.S. Military Perspective, S. 126 f.; Scheffer, U.S. and the ICC, S. 20. 130 Arsanjani, Rome Statute, S. 26. 131 Rosenne, Jurisdiction of the ICC, S. 127 f. 132 Scheffer, U.S. and the ICC, S. 18; Scheffer, Address at the Annual Meeting of the American Society of International Law, Washington DC, 26 March 1999; vgl. die Kritik an der U.S.-amerikanischen Haltung: Kaul, Continuing Struggle on the Jurisdiction of the ICC, S. 23 ff.; Kirsch, ICC: Current Issues and Perspectives, S. 10 f. 133 Vgl. Mégret, ICC’s Third Party Jurisdiction, S. 248 m. w. N. 127

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

verwehren, seinen infolge des Territorialitätsprinzips zweifelsohne bestehenden Strafanspruch gegenüber dem Täter eines völkerrechtlichen Verbrechens unter bestimmten Bedingungen auf den ICC zu übertragen. Nichts anderes als eine solche Übertragung des Strafanspruchs liegt den Fällen zugrunde, in denen seitens des ICC Staatsangehörige einer Nichtvertragspartei strafrechtlich verfolgt werden, die auf dem Territorium einer Vertragspartei Täter eines Verbrechens im Sinne der Art. 5–8 ICC-Statut geworden sind. Die Rechte des Täterstaates können insoweit zwangsläufig auch nicht in unrechtmäßiger Weise beeinträchtigt werden.134 Im Vergleich dazu besteht auch bei den ad hoc Tribunalen eine Kompetenz zur Strafverfolgung unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Täters, soweit nur der Tatort der Zuständigkeit ratione loci unterfällt. Dennoch werden dagegen mangels völkervertragsrechtlicher Natur des ICTY- bzw. des ICTR-Statuts keine Einwendungen geltend gemacht. III. Zuständigkeit ratione personae Die Zuständigkeit ratione personae des ICC bezieht sich ausschließlich auf natürliche Personen, Art. 25 Abs. 1 ICC-Statut. Erfaßt sind sämtliche natürliche Personen, und zwar unabhängig von ihren subjektiven Merkmalen. Art. 26 ICCStatut beschränkt den Personenkreis allerdings auf Erwachsene, d.h. Personen, die zum Tatzeitpunkt über achtzehn Jahre alt waren. Ein entsprechender Vorschlag, auch die Strafverfolgung verbrecherischer Gruppen bzw. Organisationen in die Zuständigkeit ratione personae des ICC aufzunehmen, fand während der Verhandlungen zum ICC-Statut keine Zustimmung.135 Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale. Der Zuständigkeit ratione personae kommt insofern eine besondere Bedeutung zu, als daß der ICC seine Gerichtsbarkeit über ein Verbrechen selbst dann ausüben kann, wenn zwar eine Zuständigkeit ratione loci nicht gegeben ist, der Angeklagte aber über die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei verfügt, Art. 12 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut. Die Zuständigkeit des ICC wird demnach über das Territorialitätsprinzip hinaus durch das Personalitätsprinzip erweitert. Eine solch weitreichende Zuständigkeit völlig unabhängig vom Tatort, läßt sich im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht nachweisen. IV. Zuständigkeit ratione materiae Die Zuständigkeit ratione materiae des ICC ergibt sich aus den Art. 5 ff. ICC-Statut. Grundlegend wird in Art. 5 Abs. 1 ICC-Statut festgelegt, daß ledig134 Hafner et al., Response to the American View, S. 117; Morris, ICC and NonParty States, S. 43 ff. 135 Triffterer-Ambos, Commentary on the Rome Statute, Art. 25 Rdnr. 4.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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lich schwerste Verbrechen, die die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren, dem Internationalen Strafgerichtshof zugewiesen sind.136 Im einzelnen besteht in materiellrechtlicher Hinsicht eine Zuständigkeit für die Verfolgung von Völkermord gemäß Art. 6 ICC-Statut,137 von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß Art. 7 ICC-Statut138 und von Kriegsverbrechen gemäß Art. 8 ICC-Statut.139 Für das Verbrechen der Aggression konnte man sich bislang auf keine konsensfähige Formulierung einigen. Eine Einbeziehung dieses Verbrechens soll aber zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, Art. 5 Abs. 2 ICCStatut.140 V. Konkurrierende Zuständigkeit Im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ergibt sich aus Art. 53 Abs. 1 lit. b) i. V. m. Art. 17 ICC-Statut nunmehr ausdrücklich, daß die konkurrierende Zuständigkeit des ICC zu den unabdingbaren Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zählt. Der Ankläger hat bereits bei seiner Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu prüfen, ob die konkurrierende Zuständigkeit des ICC gegeben ist bzw. wäre, Art. 53 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut. Anders als bei den ad hoc Tribunalen liegen den Regelungen der konkurrierenden Zuständigkeit des ICC allerdings nicht das Vorrangprinzip, sondern das Komplementaritätsprinzip zugrunde, Art. 53 Abs. 1 lit. b) i. V. m. Art. 17 und der Präambel des ICC-Statuts. 1. Komplementaritätsprinzip Im wesentlichen besagt das Komplementaritätsprinzip, daß der ICC nur dann tätig werden soll, wenn die staatliche Strafrechtspflege bei der Verfolgung der in Art. 5 ff. ICC-Statut normierten Verbrechen versagt.141 Im Gegensatz zu den ad hoc Tribunalen wird im Verfahrensrecht des ICC also grundsätzlich nicht der internationalen, sondern der staatlichen Strafgewalt der Vorrang eingeräumt. Darauf verständigte man sich bereits im Preparatory Committee: „From this perspective, it is not a question of the Court having primary or even concurrent jurisdiction. Rather, its jurisdiction should be understood as having an 136

Vgl. Ambos, Establishing an ICC, S. 523 ff.; Roberge, New ICC, S. 677 ff. Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, A. 138 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, C. 139 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, B. 140 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, D. 141 Vgl. Bos, Principle of Complementarity, S. 254 f.; David, ICC: What is the Point, S. 633 ff.; Kaul, Der Internationale Strafgerichtshof: Das Ringen um seine Zuständigkeit, S. 138 f.; Sur, Convention de Rome entre les ONG et le Conseil de Securité, S. 42 f. 137

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exceptional character. There may be instances where the Court could obtain jurisdiction quickly over a case because no good-faith effort was under way at the national level to investigate or prosecute the case, or no credible national system even existed to consider the case. But as long as the relevant national system was investigating or prosecuting a case in good faith, according to this view, the Court’s jurisdiction should not come into operation.“142

Durch dieses Zugeständnis an die staatliche Strafgerichtsbarkeit und somit schließlich an die Souveränität der Staaten soll eine stärkere Akzeptanz des ICC in der Staatengemeinschaft bewirkt werden.143 a) Grundkonstellationen des Komplementaritätsprinzips Betrachtet man zunächst die für das Verhältnis zwischen staatlicher und internationaler Strafgewalt niedergelegten Grundkonstellationen des Komplementaritätsprinzips, so ergibt sich folgendes Bild. Eine Zuständigkeit des ICC besteht zunächst einwandfrei dann, wenn Tätigkeiten eines Staates zum Zweck der Strafverfolgung überhaupt nicht, d.h. nicht einmal in Ansätzen wie in Form von Ermittlungen, erfolgen. In umgekehrter Richtung besteht eine Zuständigkeit des ICC dann nicht, wenn entsprechende Tätigkeiten von einem Staat ernsthaft durchgeführt werden. Dabei macht es dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 1 ICCStatut zufolge keinen Unterschied, ob dieser Staat Vertragspartei ist oder nicht. Der staatlichen Strafverfolgung soll mittels des Komplementaritätsprinzips vielmehr genereller Vorrang eingeräumt werden.144 Der Auffassung im Schrifttum, die eine Strafverfolgung durch Nicht-Vertragsstaaten vom Anwendungsbereich und damit vom Schutz des Komplementaritätsprinzips ausnimmt,145 kann deshalb nicht gefolgt werden. Andererseits sind nach dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 1 lit. a) und b) ICC-Statut lediglich solche Staaten erfaßt, denen die Gerichtsbarkeit in der Sache zusteht. Dies läßt sich nur so verstehen, daß lediglich die aufgrund des Territorialitäts- oder Personalitätsprinzips zur Strafverfolgung berechtigten Staaten einbezogen werden. Eine allein auf das Weltrechtsprinzip gestützte Zuständigkeit ist hingegen nicht ausreichend.146

142 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 154. 143 Benvenuti, Complementarity of the ICC, S. 39; Lattanzi, Complementary Character of the Jurisdiction of the Court, S. 9 ff. 144 Bergsmo, Jurisdictional Reach of the ICC, S. 96; Cassese, Statute of the ICC, S. 159. 145 Bassiouni, Cour Pénale Internationale, S. 5. 146 Benvenuti, Complementarity of the ICC, S. 48; Bos, Principle of Complementarity, S. 258; Lattanzi, Compétence de la Cour Pénale Internationale et Consentement des Etats, S. 431.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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Systematisch orientiert sich das ICC-Statut bei der Regelung des Komplementaritätsprinzips an dem Stadium, in welchem sich das staatliche Strafverfahren zum Zeitpunkt einer etwaigen Übernahme befindet. Unterschieden wird dabei zwischen laufenden und abgeschlossenen Verfahren, d.h. zwischen solchen, in denen die Durchführung des Strafverfahrens noch andauert, Art. 17 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut, und solchen, in denen bereits endgültig entschieden wurde, die Sache nicht weiter strafrechtlich zu verfolgen, Art. 17 Abs. 1 lit. b) ICCStatut.147 Hinsichtlich der laufenden Strafverfahren bestimmt Art. 17 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut zunächst, daß eine Übernahme durch den ICC dann nicht zulässig ist, wenn die Ermittlungen, investigations, oder die Strafverfolgung, prosecution, auf staatlicher Ebene ernsthaft durchgeführt werden. Aus der Gegenüberstellung von Ermittlungen einerseits und der Strafverfolgung andererseits wird erkennbar, daß der Begriff der Strafverfolgung in einem engeren Sinne verstanden wird und sich insofern auf die Tätigkeit nach der Erhebung der Anklage bezieht.148 Daraus folgt, daß Art. 17 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut unabhängig davon, welchen Abschnitt das Strafverfahren auf staatlicher Ebene gerade durchläuft, Anwendung findet. Bereits eine durch das staatliche Ermittlungsorgan nach dem jeweiligen staatlichen Recht aufgenommene und insoweit nachweisbare Ermittlungstätigkeit genügt folglich, um eine Zuständigkeit des ICC zur Verfolgung der völkerrechtlichen Verbrechen auszuschließen. Die Zuständigkeit des ICC soll des weiteren gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut auch dann ausgeschlossen sein, wenn eine nach den Vorschriften des staatlichen Rechts ergangene Entscheidung besagt, daß eine Person nicht weiter strafrechtlich zu verfolgen ist. Vorausgesetzt wird, daß der Entscheidung zumindest ein Ermittlungsverfahren vorausgegangen ist. Insofern kann also bereits einer letztlich ergebnislosen Durchführung von Ermittlungen der Gehalt einer Zuständigkeitssperre für den ICC zukommen.149 b) Besondere Konstellationen des Komplementaritätsprinzips Schwieriger gestaltet sich die Rechtslage, soweit ein Staat in einer Sache zwar tätig wird bzw. wurde, aber nicht in dem nach Art. 17 ICC-Statut für eine ernsthafte Durchführung von Ermittlungen oder Strafverfolgung gebotenen Maße und deshalb ausnahmsweise eine Übernahme der betreffenden Sache durch den ICC erforderlich ist. Formuliert werden die Fälle, in denen der jewei147 Vgl. Arsanjani, Jurisdiction and Trigger Mechanism of the ICC, S. 68 ff.; Stahn, Gerichtsbarkeit des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs, S. 589. 148 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. und B. II. 149 LaHaye, Jurisdiction of the ICC, S. 10; Seidel/Stahn, Statut des Weltstrafgerichtshofs, S. 16; Triffterer-Williams, Commentary on the Rome Statute, Art. 17 Rdnr. 23.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

lige Staat entweder infolge mangelnden Willens oder infolge Unfähigkeit die Ermittlungen bzw. die Strafverfolgung nicht ernsthaft betreibt, Art. 17 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut, bzw. in denen der Einstellung des Strafverfahrens eine Entscheidung zugrunde liegt, die entweder auf den mangelnden Willen oder die Unfähigkeit des Staates zu einer ernsthaften Durchführung der Strafverfolgung zurückzuführen ist, Art. 17 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut. Diese Ausnahmetatbestände waren bereits im Vorfeld der Staatenkonferenz von Rom ausgiebig diskutiert worden.150 Zugestanden wurde zunächst, daß es letztendlich dem ICC obliegen müsse, über das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen zum Komplementaritätsprinzip selbst zu entscheiden.151 Aufgrund dieser Entscheidungsbefugnis entsteht für den ICC allerdings zwangsläufig die Möglichkeit, über die Durchführung staatlicher Strafverfahren zu urteilen. Letztendlich kommt einer internationalen Institution damit mittelbar die Befugnis zu, die einzelnen staatlichen Justizsysteme zu bewerten.152 Es entstehen somit Berührungspunkte mit empfindlichen Bereichen der staatlichen Souveränität. Deshalb sollten dieser Befugnis soweit wie möglich Grenzen gezogen werden.153 Man verständigte sich bereits im Preparatory Committee darauf, die Ausnahmetatbestände im einzelnen präzise festzulegen: „A number of delegations agreed that while the preambular reference to complementarity should remain, a more explicit definition of the concept, enumerating its constituent elements, should also be embodied in an article of the Statute. In this context it was noted that the words ,unavailable‘ [inable] or ,ineffective‘ [unwilling] should be further defined; (. . .). It was noted that while the determination of ,availability‘ of national criminal systems was more factual, the determination of whether such a system was ,ineffective‘ was too subjective. Such a determination would place the court in the position of passing judgement on the penal system of a State. That would impinge on the sovereignty of national legal sytems and might be embarrassing to that State to the extent that it might impede its eventual cooperation with the Court.“154

Die diplomatischen Bevollmächtigten der Staatenkonferenz von Rom einigten sich schließlich auf die Definitionen des mangelnden Willens und der Unfähigkeit eines Staates zur ernsthaften Strafverfolgung in Gestalt des Art. 17 Abs. 2 und 3 ICC-Statut. Bei der Abfassung bediente man sich nicht der Regelbeispielstechnik, die den zukünftigen Richtern zumindest in gewisser Weise erlaubt hätte, ausgehend von den kodifizierten Fallgruppen auch ähnliche, im wesentli150

Vgl. Kaul, Weg zum Weltstrafgerichtshof, S. 179. Benvenuti, Complementarity of the ICC, S. 42. 152 Triffterer-Williams, Commentary on the Rome Statute, Art. 17 Rdnr. 26. 153 Lattanzi, Compétence de la Cour Pénale Internationale et Consentement des Etats, S. 428 ff. 154 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 161. 151

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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chen aber gleich gelagerte Fälle einzubeziehen. Vielmehr sollte den Richtern so wenig Auslegungsspielraum wie möglich verbleiben. Die im ICC-Statut abgefaßte Liste von Situationen, die auf einen mangelnden Willen oder die Unfähigkeit eines Staates zu einer ernsthaften Strafverfolgung schließen lassen, stellt vielmehr eine verbindliche und abschließende Regelung dar.155 aa) Mangelnder Wille In Art. 17 Abs. 2 ICC-Statut ist die Definition des mangelnden Willens, unwillingness, eines Staates zur ernsthaften Durchführung einer Strafverfolgung festgelegt worden. Im einzelnen handelt es sich um folgende Varianten: (1) Schutz der Person Das Kriterium des mangelnden Willens soll zunächst immer dann erfüllt sein, wenn das staatliche Strafverfahren allein dem Zweck dient, den Straftäter vor seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu schützen, Art. 17 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut. Diese Vorschrift läßt sich als notwendige Absicherung des Komplementaritätsprinzips begreifen. Einschlägig ist diese Fallgruppe nämlich immer dann, wenn ein Staat zwar pro forma ein Strafverfahren aufnimmt, aber dennoch in tatsächlicher Hinsicht nicht die Absicht verfolgt, den Täter wegen eines völkerrechtlichen Verbrechens im Sinne der Art. 5 ff. ICC-Statut zu belangen. Der Staat handelt vielmehr in der Absicht, seine Bereitschaft zu einer ernsthaften Durchführung eines Strafverfahrens vorzutäuschen, um so den Täter vor dem Zugriff des ICC zu schützen.156 Um dem entgegenzuwirken, bestimmt Art. 17 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut, daß diese Fälle auf den mangelnden Willen eines Staates zu einer ernsthaften Strafverfolgung schließen lassen. Dies führt dazu, daß trotz der Aufnahme eines staatlichen Strafverfahrens eine Zuständigkeit des ICC in bezug auf die jeweilige Sache besteht. Die entsprechende Täuschungsabsicht eines Staates geht dadurch letztlich fehl. Schwierigkeiten wird es der Praxis nach Einschätzungen im Schrifttum allerdings bereiten, dem betreffenden Staat eine solche Täuschungsabsicht im Einzelfall überhaupt nachzuweisen.157 (2) Ungerechtfertigte Verzögerung Im weiteren regelt das ICC-Statut, daß eine nicht gerechtfertigte Verfahrensverzögerung, die unter den gegebenen Umständen mit der Absicht unvereinbar 155 156 157

Triffterer-Williams, Commentary on the Rome Statute, Art. 17 Rdnr. 22. Stahn, Gerichtsbarkeit des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs, S. 589 f. Arbour/Bergsmo, Jurisdictional Overreach, S. 131.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

ist, die betreffende Person vor Gericht zu stellen, als Ausdruck des mangelnden Willens eines Staates zu betrachten ist, Art. 17 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut. Auch in dieser Fallgruppe wird wiederum darauf abgestellt, daß ein Staat zwar ein Strafverfahren aufgenommen hat, aber letztendlich nicht die Absicht verfolgt, die zugrunde liegenden völkerrechtlichen Verbrechen im Sinne der Art. 5 ff. ICC-Statut tatsächlich abzuurteilen. Dem Grunde nach handelt es sich insoweit um einen Unterfall der ersten Fallgruppe i. S. d. Art. 17 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut. Auch hier soll einem Staat die Möglichkeit genommen werden, mittels der Aufnahme eines Strafverfahrens die Mechanismen des Komplementaritätsprinzips auszulösen und den ICC von seiner Zuständigkeit zur Strafverfolgung der betroffenen völkerrechtlichen Verbrechen zu verdrängen. Während erstere Fallgruppe jedoch ausschließlich an die zugrunde liegende subjektive Gesinnung, d.h. die Täuschungsabsicht des Staates anknüpft, wird nun auch dem objektiven Element der Verfahrensverzögerung Bedeutung beigemessen. Hinsichtlich des Nachweises ergibt sich insoweit eine Erleichterung, daß immer dann, wenn eine ungerechtfertigte Verfahrensverzögerung vorliegt, auch eine entsprechende Täuschungsabsicht vermutet werden kann.158 In diesem Zusammenhang heißt es im Bericht des Preparatory Committee: „Other delegations recalled once again the difficulties in assessing when procedures were ineffective and pointed out the essentially subjective character of the proposed criteria. It was felt that more stringent and objective criteria, possible included in the text of the Statute itself, would be needed for the purposes of greater clarity and security. The efficiency of national proceedings (as juxtaposed to the intention to shield the accused) was one such criterion: several delegations noted that notions such as absence of good faith and unconscionable delay in the conduct of the proceeding on the part of national authorities would be useful tools for the clarification of this issue.“159

Schwierig erscheint es jedoch weiterhin, im einzelnen festzulegen, ab wann eine Verfahrensverzögerung soweit fortgeschritten ist, daß sie nicht mehr gerechtfertigt werden kann.160 Das ICC-Statut entbehrt diesbezüglich einer Konkretisierung und überläßt eine entsprechende Begriffsbestimmung somit der Praxis. (3) Mangelnde Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit Als letzte Variante des mangelnden Willens wurde die Fallgruppe des abhängigen bzw. des parteiischen Verfahrens normiert. Die Durchführung dieses ab158

Triffterer-Williams, Commentary on the Rome Statute, Art. 17 Rdnr. 28. Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 166. 160 Seidel/Stahn, Statut des Weltstrafgerichtshofs, S. 16. 159

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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hängigen bzw. parteiischen Verfahrens muß dabei unter den gegebenen Umständen mit der Absicht, den Verdächtigen strafrechtlich zu belangen, als unvereinbar zu bewerten sein, Art. 17 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut. Zugrunde gelegt wird also die Situation, daß ein Staat ein Strafverfahren einleitet, jedoch mangels einer unabhängigen oder unparteiischen Durchführung des Strafverfahrens nicht zu einer ernsthaften Strafverfolgung bereit ist. Auch hier verfolgt der Staat mitunter die Absicht, den Mechanismus des Komplementaritätsprinzips zum Schutze des Täters auszulösen.161 Diese Fallgruppe knüpft rechtstechnisch wiederum daran an, daß bestimmte objektive Merkmale auf eine Täuschungsabsicht des Staates schließen lassen und stellt sich insoweit erneut als Unterfall des Art. 17 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut dar.162 Welche konkreten Umstände im einzelnen auf die mangelnde Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bei der Verfahrensdurchführung schließen lassen, bleibt wiederum der Bewertung durch den ICC überlassen. Selbstverständlich erscheint es, daß eine Bewertung nicht an die Maßstäbe einzelner staatlicher Strafprozeßordnungen anknüpfen darf. So dürfen wohl insbesondere nicht einseitig die Verfahrensregeln nur einer der beiden großen Rechtsfamilien, also entweder des angloamerikanischen oder des kontinentaleuropäischen Rechtskreises, zugrunde gelegt werden. Gleichzeitig dürfen auch nicht allzu hohe Anforderungen an die Durchführung von Strafverfahren gestellt werden, wenn der entsprechende Staat insgesamt noch erst im Begriff ist, rechtsstaatliche Strukturen zu entwickeln. Als Minimalkonsens könnten in diesem Fall zunächst die völkerrechtlich universell anerkannten Verfahrensgarantien gelten.163 Diese Auslegung läßt sich auch auf den Wortlaut des Art. 17 Abs. 2 ICC-Statut stützen, wonach der Gerichtshof generell bei der Feststellung des mangelnden Willens die völkerrechtlich anerkannten Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu berücksichtigen hat. Andererseits dienen diese menschenrechtlichen Verfahrensgarantien ausschließlich dem Schutz des Individuums vor der willkürlichen Ausübung staatlicher Strafgewalt. Dem ICC-Statut liegt jedoch eine andere Konstellation zugrunde. Hier mangelt es am Willen des Staates, die betreffende Person tatsächlich abzuurteilen. Das Individuum soll durch die vorgetäuschte Ausübung staatlicher Strafgewalt nicht zuletzt vor einem Zugriff des ICC geschützt werden. Es handelt sich somit um Fälle der mangelnden Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zugunsten des potentiellen

161

Arbour/Bergsmo, Jurisdictional Overreach, S. 131. Vgl. zum Entstehungsprozeß der Vorschrift: Lattanzi, Complementary Character of the Jurisdiction of the Court, S. 13. 163 Triffterer-Tallgren, Commentary on the Rome Statute, Art. 20 Rdnr. 29; vgl. dazu u. a.: Art. 10 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948, Resolution 217 (III) der Generalversammlung der Vereinten Nationen, GA Res. 217A(III), UN Doc. A/810 (1948) sowie Art. 14 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II, S. 1534 ff.: zitiert oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. IV. 162

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Straftäters. Wie der ICC diese Problematik zukünftig handhaben wird, bleibt schließlich abzuwarten. bb) Unfähigkeit Der zweite Ausnahmetatbestand des Komplementaritätsprinzips, der Fall der Unfähigkeit eines Staates, ein Strafverfahren ernsthaft durchzuführen, ist in Art. 17 Abs. 3 ICC-Statut definiert worden. Danach ist eine entsprechende Unfähigkeit zur Durchführung eines Strafverfahrens dann gegeben, wenn das innerstaatliche Justizsystem völlig oder teilweise zusammengebrochen bzw. generell nicht verfügbar ist. Grundlegend für diesen Tatbestand war während der Verhandlungen des ICC-Statuts der völkerrechtliche Begriff des failed state.164 Unter einem failed state versteht man einen Staat, bei dem es vornehmlich als Folge eines Bürgerkrieges zum Wegfall effektiver Staatsgewalt gekommen ist.165 Der Wortlaut des Art. 20 Abs. 3 ICC-Statut deutet jedoch an, daß der Anwendungsbereich der Vorschrift weiter gefaßt ist. So soll sich der Kollaps des staatlichen Justizsystems bereits darin manifestieren, daß es den staatlichen Behörden nicht möglich ist, des mutmaßlichen Täters habhaft zu werden oder die erforderlichen Beweismittel und Zeugenaussagen zu erlangen. Die Anforderungen an die staatliche Strafverfolgung dürfen insoweit jedoch nicht allzu hoch sein, so daß beispielsweise nicht auf die Beibringung sämtlicher Beweise bestanden werden kann. Außerdem ist nicht anzunehmen, daß solche Justizsysteme, die ihrer Struktur nach grundsätzlich vollkommen intakt sind, im Einzelfall jedoch aus praktischen Gründen ebenfalls eines mutmaßlichen Täters nicht habhaft werden oder die erforderlichen Beweismittel oder Zeugenaussagen nicht erlangen können, vom Anwendungsbereich des Art. 17 Abs. 3 ICC-Statut erfaßt werden. Dies läßt sich insbesondere damit begründen, daß im Laufe des Verhandlungsprozesses die entsprechenden Formulierungen verändert wurden. Während ursprünglich auch ein teilweiser Zusammenbruch, partial collapse, des innerstaatlichen Justizsystems ausreichen sollte,166 wird nunmehr vorausgesetzt, daß ein völliger oder weitgehender Zusammenbruch, total or substantial collapse, des innerstaatlichen Justizsystems vorliegt. Insoweit fehlte es überdies an der dem Wortlaut zufolge gebotenen Kausalität, da nicht die Schwäche des Justizsystems zu dem Mißerfolg der Strafverfolgung führte.

164 Stahn, Gerichtsbarkeit des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs, S. 589; Triffterer-Williams, Commentary on the Rome Statute, Art. 17 Rdnr. 30; Zimmermann, Schaffung eines ständigen Internationalen Strafgerichtshofes, S. 97. 165 Vgl. Ipsen-Epping, Völkerrecht, § 5 Rdnr. 2 ff. 166 Vgl. noch Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, 14 April 1998, Draft Statute of the International Criminal Court, Article 15 No. 3, UN Doc. A/CONF. 183/2/Add. 1.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

179

c) Derogation des Komplementaritätsprinzips durch den Sicherheitsrat Dem Wortlaut des Art. 53 Abs. 1 lit. b) bzw. Art. 17 ICC-Statut zufolge müssen die Voraussetzungen des Komplementaritätsprinzips aller Voraussicht nach erfüllt sein, damit die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zulässig ist. Welcher Auslösemechanismus ein Tätigwerden des ICC ursprünglich in Gang gesetzt hat,167 ist in diesem Zusammenhang zunächst irrelevant. Im Falle der Verweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat gemäß Art. 13 lit. b) ICC-Statut168 stellt sich allerdings die Frage, ob es dem Sicherheitsrat möglich ist, den ICC durch entsprechende Resolutionen von den Voraussetzungen des Komplementaritätsprinzips zu befreien. Anders als im Falle der Zuständigkeiten des ICC ratione temporis und ratione loci, für die sich die Befugnis des Sicherheitsrates zur Derogation des ICC-Statuts bereits dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 2 ICC-Statut entnehmen läßt, ergeben sich aus dem Text des ICC-Statuts in diesem Zusammenhang keine direkten Anknüpfungspunkte. Teilweise wird im Schrifttum vertreten, daß der Sicherheitsrat kraft seiner Kompetenzen aus Kapitel VII der UN-Charta über diese Befugnis verfügt.169 Soweit der Sicherheitsrat anerkanntermaßen selbständig ad hoc Tribunale wie das ICTY bzw. ICTR errichten könne, so sei er hinsichtlich des ICC auch befugt, zum Zweck effektiver Strafverfolgung auf internationaler Ebene das Komplementaritätsprinzip des ICC-Statuts ggf. im Hinblick auf eine von ihm verwiesene Situation außer Kraft zu setzen.170 Dem ist jedoch mit der Mehrheit der Autoren im Schrifttum entgegenzuhalten,171 daß das Komplementaritätsprinzip zu den konstitutiven Merkmalen des ICC zählt. Der Sicherheitsrat kann sich zwar des ICC mittels der Verweisung einer Situation gem Art. 13 lit. b) ICCStatut bedienen, jedoch nicht die konstitutiven Merkmale des ICC verändern. Die Strafhoheit des ICC legitimiert sich infolge der völkervertraglichen Rechtsgrundlage ausschließlich durch die Zustimmung der Staaten. Diese Zustimmung ist aber eindeutig und im wesentlichen nur für den Fall erteilt, daß die Bedingungen des Komplementaritätsprinzips berücksichtigt werden. Der Ankläger 167

Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 2. 169 Weckel, Cour Pénale Internationale, S. 990; Zimmermann, Creation of a Permanent ICC, S. 216. 170 Arbour/Bergsmo, Jurisdictional Overreach, S. 139 f.; vgl. zur Möglichkeit der Errichtung weiterer ad hoc Tribunale auch parallel zum ICC: Staker, International Criminal Tribunals after the Establishment of an ICC, S. 16 ff. 171 Benvenuti, Complementarity of the ICC, S. 41 f.; Gargiulo, Relationship between the ICC and the Security Council, S. 84; Hoffmeister/Knoke, Vorermittlungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 798; Lattanzi, Compétence de la Cour Pénale Internationale et Consentement des Etats, S. 440 f.; Oosthuizen, Relationship between the Envisaged ICC and the UN Security Council, S. 329 f. 168

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

müßte deshalb gemäß Art. 53 Abs. 1 lit. b) i. V. m. Art. 17 ICC-Statut ggf. auch im Widerspruch zu einer Resolution des Sicherheitsrates von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Abstand nehmen, wenn die Voraussetzungen des Komplementaritätsprinzips aller Voraussicht nach nicht erfüllt sind.172 2. Ne bis in idem Im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ist im Falle des ICC gemäß Art. 53 Abs. 1 lit. b) i. V. m. Art. 17 Abs. 1 lit. c) i. V. m. Art. 20 Abs. 3 ICC-Statut ausdrücklich bestimmt, daß ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden kann, wenn dem Rechtsgrundsatz ne bis in idem genügt wird. Art. 20 Abs. 3 ICC-Statut besagt, daß niemand, der wegen eines verbotenen Verhaltens bereits vor ein staatliches Gericht gestellt wurde, vom ICC erneut belangt werden darf. Bei der Normierung des Art. 20 Abs. 3 ICC-Statut wurde der Grundsatz ne bis in idem zu Lasten der internationalen Strafgewalt weit ausgelegt. Während in den überwiegenden staatlichen Rechtsordnungen173 und völkerrechtlichen Abkommen aus dem Bereich des Internationalen Menschenrechtsschutzes festgelegt wird, daß die Anwendung des Rechtsgrundsatzes ne bis in idem ein rechtskräftiges Strafurteil, sei es nun ein Freispruch oder eine Verurteilung, voraussetzt,174 werden vom Anwendungsbereich des Grundsatzes ne bis in idem nach Maßgabe des Art. 20 Abs. 3 ICC-Statut vielmehr auch solche Fälle erfaßt, in denen nur eine Entscheidung zur Einstellung des Verfahrens, zum Beispiel aus Mangel an Beweisen, erging.175 Entscheidend ist im Hinblick auf eine Abgrenzung zum Anwendungsbereich des Art. 17 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut lediglich, daß eine Entscheidung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens und nicht lediglich eine vorgelagerte Entscheidung der Ermittlungsorgane während bzw. nach der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens vorliegt.176 Allerdings gilt auch dieser Rechtsgrundsatz nicht absolut. Vorgesehen sind vielmehr zwei Ausnahmetatbestände, Art. 20 Abs. 3 lit. a) und b) ICC-Statut, wonach eine erneute Verfolgung der Sache auf internationaler Ebene zulässig

172 Lattanzi, Compétence de la Cour Pénale Internationale et Consentement des Etats, S. 440 f. 173 Vgl. Morosin, Double Jeopardy and International Law, S. 263. 174 Vgl. insbesondere Art. 14 (7) des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II, S. 1534 ff.: „Niemand darf wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des jeweiligen Landes rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, erneut verfolgt oder bestraft werden.“ Vgl. dazu: Nowak, CCPR-Kommentar, Art. 14 Rdnr. 79 ff. 175 Triffterer-Tallgren, Commentary on the Rome Statute, Art. 20 Rdnr. 26. 176 Bassiouni, Cour Pénale Internationale, S. 21 ff.

2. Kap.: Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens

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ist. Diese Ausnahmetatbestände korrespondieren mit den Vorschriften zur Definition des mangelnden Willens im Rahmen des Komplementaritätsprinzips in Art. 17 Abs. 2 lit. a) und c) ICC-Statut.177 So wird auch hier der Fall angeführt, daß das Strafverfahren vor dem staatlichen Gericht dem Zweck diente, den Internationalen Strafgerichtshof von einer entsprechenden Strafverfolgung der Sache auszuschließen, um somit den Täter zu schützen, Art. 20 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut. Auch hier ist also auf eine entsprechende Täuschungsabsicht des Staates abzustellen. Der zweite Ausnahmetatbestand des Rechtsgrundsatzes ne bis in idem findet immer dann Anwendung, wenn es auf staatlicher Ebene an einem unabhängigen und unparteiischen Verfahren mangelt, Art. 20 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut. Insoweit wird durch das Vorliegen objektiver Merkmale eine entsprechende Täuschungsabsicht indiziert. 3. Mangelnde Schwere der Tat Art. 17 Abs. 1 lit. d) ICC-Statut legt als letzten Tatbestand des Komplementaritätsprinzips fest, daß einer Strafverfolgung auf staatlicher Ebene auch dann Vorrang zukommt, wenn die Sache nicht schwerwiegend genug ist, um eine weitere Befassung des ICC zu rechtfertigen. Diese Vorschrift wiederholt lediglich die Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens, wie sie sich primär bereits aus den Vorschriften über die Zuständigkeit ratione materiae herleiten läßt.178 So heißt es in Art. 5 Abs. 1 ICC-Statut für die Zuständigkeit ratione materiae, daß die Gerichtsbarkeit des ICC auf die schwersten Verbrechen beschränkt ist, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren. Zum anderen prüft der Ankläger im Rahmen seiner Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut ohnehin, ob die Durchführung des Ermittlungsverfahrens ggf. nicht im Interesse der Gerechtigkeit liegt.179 Eine eigenständige Bedeutung kommt der Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 lit. d) ICC-Statut nicht zu.180 VI. Verdachtsgrad Nach Art. 53 Abs. 1 S. 1 ICC-Statut leitet der Ankläger des ICC ein Ermittlungsverfahren ein, sofern er nicht feststellt, daß es für die Verfahrensaufnahme keine hinreichende Grundlage, sufficient basis to proceed, gibt. Umgekehrt hängt die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens demnach davon ab, ob die dem Ankläger zur Verfügung stehenden Informationen eine hinreichende 177 178 179 180

Stahn, Gerichtsbarkeit des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs, S. 589. Triffterer-Williams, Commentary on the Rome Statute, Art. 17 Rdnr. 25. Vgl. unten 3. Kapitel, B. II. Rosenne, Jurisdiction of the ICC, S. 130.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Grundlage darstellen.181 Insoweit ergibt sich, nicht zuletzt aufgrund der identischen Wortwahl eine Übereinstimmung zwischen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und dem Verfahrensrecht des ICC.182 In beiden Fällen ist zum Zweck der Feststellung einer hinreichenden Grundlage zunächst die Glaubwürdigkeit der Informationsquellen ausschlaggebend. Im weiteren ist zu prüfen, ob aller Voraussicht nach ein von den Zuständigkeiten des jeweiligen Gerichts erfaßtes Verbrechen vorliegt. Im letzteren Falle ergibt sich allerdings ein wesentlicher Unterschied. Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale kommt es lediglich darauf an, ob die Zuständigkeiten ratione temporis, ratione loci, ratione personae und ratione materiae gegeben sind. Aspekte der konkurrierenden Zuständigkeit haben hingegen grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens bzw. die Begründung des Anfangsverdachts.183 Im Verfahrensrecht des ICC wird hingegen überdies ausdrücklich festgelegt, daß der Ankläger bei seiner Entscheidung, ob eine hinreichende Grundlage für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht, zum einen nach Art. 53 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut prüft, ob die Zuständigkeiten ratione temporis, ratione loci, ratione personae und ratione materiae gegeben sind,184 und zum anderen nach Art. 53 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut untersucht, ob die Sache nach Art. 17 ICC-Statut zulässig ist. Die Regelungen der konkurrierenden Zuständigkeit, d.h. das Komplementaritätsprinzip des Art. 17 ICC-Statut sind demnach auch für die Begründung des Anfangsverdachtes von Relevanz.185 Da eine Prüfung dieser Voraussetzungen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Komplementaritätsprinzip infolge seiner Bezogenheit auf bestimmte einzelne Taten bzw. Personen, eine vergleichsweise hohe Spezifizierung der Taten erfordert, läßt sich schlußfolgern, daß die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens beim ICC zwangsläufig auch an einen vergleichsweise höheren Verdachtsgrad anknüpft als dies im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale der Fall ist.186

181

Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 142. Vgl. oben A. VI. 183 Vgl. oben A. V. 3. 184 Vgl. Hoffmeister/Knoke, Vorermittlungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 794 ff. 185 Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 53 Rdnr. 17. 186 Vgl. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 193 f. 182

3. Kap.: Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens

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3. Kapitel

Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens Im vorangegangenen Kapitel wurde untersucht, welche rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens seitens des Anklägers der ad hoc Tribunale bzw. des ICC überhaupt zulässig erscheint. Ist die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach Maßgabe des jeweiligen Verfahrensrechts zulässig, so stellt sich daran anknüpfend die Frage, ob und inwieweit dem Ankläger ein darüber hinausgehender Entscheidungsspielraum hinsichtlich einer Verfahrensaufnahme verbleibt. Im allgemeinen läßt sich in diesem Zusammenhang entweder von der Geltung des Legalitätsprinzips, wonach der Ankläger grundsätzlich zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens verpflichtet ist,187 oder aber von der Geltung des Opportunitätsprinzips, das die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens grundsätzlich in das Ermessen der Strafverfolgungsorgane stellt,188 ausgehen. Es läßt sich feststellen, daß in angloamerikanischen Rechtsordnungen eher das Opportunitätsprinzip und in kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen eher das Legalitätsprinzip vorherrscht.189 Welches dieser Prinzipien dem Strafverfahren der ad hoc Tribunale bzw. des ICC zugrunde gelegt wurde, ist im folgenden zu untersuchen. Unterschiede hinsichtlich der Entscheidungsgewalt des Anklägers zwischen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und dem ICC sind dabei herauszuarbeiten.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Weder in den Statuten noch in den Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale finden sich Vorschriften, die ausdrücklich regeln, ob der Ankläger im Falle der Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens verpflichtet ist, die Ermittlungen aufzunehmen, oder ob ihm diesbezüglich ein Entscheidungsspielraum verbleibt.190 I. Opportunitätsprinzip Betrachtet man die normativen Vorgaben hinsichtlich der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens einmal genauer, ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 S. 1 ICTYStatut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 1 ICTR-Statut zunächst, daß der Ankläger entwe187

Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 770. Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 896. 189 Nsereko, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 304; Sweeney, International Standards of Fairness, S. 240; Wedgwood, ICC: An American View, S. 96. 190 Vgl. Nsereko, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 304 f. 188

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

der ex officio oder aber auf der Grundlage der von dritter Seite bereitgestellten Informationen die Ermittlungen einleitet, shall initiate investigations. Außerdem heißt es in Art. 18 Abs. 1 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 2 ICTRStatut, daß es dem Ankläger nach Prüfung der im Rahmen der Vorermittlungen191 erhaltenen oder eingeholten Informationen obliegt, zu entscheiden, shall decide, ob eine hinreichende Grundlage für die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne gegeben ist. Zunächst könnte man aufgrund des Wortlauts der Vorschriften somit eine entsprechende Pflicht des Anklägers zur Ermittlungseinleitung und die Geltung des Legalitätsprinzips in diesem Zusammenhang zumindest vermuten.192 Mittels der gewählten Formulierungen sollte bei Errichtung der ad hoc Tribunale jedoch in erster Linie zum Ausdruck gebracht werden, daß der Ankläger insoweit keiner gerichtlichen Kontrolle, insbesondere nicht mittels entsprechender Vorschriften in den später von den Richtern zu erlassenden Verfahrensordnungen,193 unterworfen werden darf.194 Für die Geltung des Opportunitätsprinzips und damit für einen Entscheidungsspielraum des Anklägers hinsichtlich der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens lassen sich indes gewichtigere Argumente anführen. So fehlt es im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale zunächst an Mechanismen zur richterlichen Kontrolle der Entscheidung des Anklägers. Eine Ermittlungserzwingung ist nicht möglich. Bestünde demnach eine Pflicht des Anklägers, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, so wäre diese zumindest weder kontrollierbar noch durchsetzbar. Im weiteren läßt sich dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale auch im Falle der Vorermittlungen und der Anklageerhebung nicht entnehmen, daß in diesen Zusammenhängen eine entsprechende Pflicht des Anklägers besteht.195 Aufschlußreich erweist sich in diesem Zusammenhang der gleichermaßen verbindliche Wortlaut der französischen Fassung der Statuten der ad hoc Tribunale. Es heißt in Art. 18 Abs. 1 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 S. 2 ICTR-Statut französischer Fassung: „Il (Le procureur) (. . .) se prononce sur l’opportunité ou non d’engager les poursuites.“ Insoweit legt der französische Wortlaut der Vorschrift die Geltung des Opportunitätsprinzips für die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zumindest nahe.196 Als weiteres Argument für die Geltung des Opportunitätsprinzips läßt sich anfüh191

Vgl. oben 1. Kapitel. Im Schrifttum werden vereinzelt weitere Argumente für die Geltung des Legalitätsprinzips vorgebracht, wie z. B. daß aufgrund der Tatschwere keinerlei Ermessen für die Strafverfolgungsorgane bestehen könne: Nsereko, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 305. 193 Vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. II. und 4. Kapitel, A. I. 1. 194 Report of the Secretary General pursuant to Paragraph 2 of Security Council Resolution 808 (1993), 3 May 1993, UN Doc. S/25704, para. 93 ff.; Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 53 Rdnr. 4. 195 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 488; vgl. oben 1. Kapitel, A. III. und unten 5. Teil, A. II. 192

3. Kap.: Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens

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ren, daß bereits im Zeitpunkt der Errichtung der ad hoc Tribunale in beiden Konfliktfällen davon ausgegangen wurde, daß eine Vielzahl völkerrechtlicher Verbrechen begangen worden ist.197 Von einer Pflicht des Anklägers wegen sämtlicher Verbrechen ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, wie es dem Legalitätsprinzip entspräche, konnte also mangels entsprechender finanzieller und personeller Ausstattung ernsthaft ohnehin nicht ausgegangen werden.198 Für die Entscheidung darüber, ob ein Ermittlungsverfahren aufgenommen wird oder nicht, gilt für die ad hoc Tribunale folglich das Opportunitätsprinzip, die Entscheidung steht demnach im Ermessen des Anklägers. Aus rechtlicher Sicht ergibt sich somit die Situation, daß immer dann, wenn ein Anfangsverdacht hinsichtlich eines den Zuständigkeiten des Gerichts unterliegenden Verbrechens begründet wurde, der Ankläger über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dennoch frei nach seinem Ermessen entscheidet. II. Entscheidungskriterien Als mögliche Entscheidungskriterien für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kommen in diesem Zusammenhang verschiedene Aspekte in Betracht. Im einzelnen sind Aspekte wie die Rechtsnatur und Schwere des Verbrechens, der militärische Rang bzw. die politische Bedeutung des mutmaßlichen Täters, die Bedeutung der mit der Tat zusammenhängenden rechtlichen Fragen, die Glaubwürdigkeit und die Stichhaltigkeit der bereits im Rahmen der Vorermittlungen erlangten Informationen sowie die Aussicht auf Erfolg der vorzunehmenden Ermittlungen zu nennen.199 In der Praxis der ad hoc Tribunale hat sich im Laufe der Zeit insbesondere der Aspekt der täterbezogenen Merkmale wie der militärische Rang oder die politische Bedeutung des Täters als maßgebendes Entscheidungskriterium herauskristallisiert.200 In einer Presseerklärung aus dem Jahre 1998 wurde vom Ankläger der ad hoc Tribunale geäußert. „Over recent months there has been a steady increase in the number of accused who have either been arrested or who have surrendered voluntarily to the jurisdiction of the Tribunal. (. . .) In light of that situation I have re-evaluated all outstanding indictments vis-à-vis the overall investigative and prosecutorial strategies of my 196

Vgl. Champy, Inquisitoire – Accusatoire, S. 159 f.; David, Droit des Conflits Armés, S. 688; Wohlfahrt, Poursuites, S. 750. 197 Forsythe, Politics and the ICTY, S. 191 f.; vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. II. 1. und 2. 198 Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 135. 199 Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 192; Morris/Scharf, ICTR, S. 432. 200 Blewitt, International Tribunals, S. 70; Bothe, IHL and War Crimes Tribunals, S. 589; Nizich, Tribunbal Justice, S. 1547 und 1554.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Office. Consistent with those strategies, which involve maintaining an investigative focus on persons holding higher levels of responsibility, or on those who have been personally responsible for the exceptionally brutal or otherwise extremely serious offences, I decided that it was appropriate to withdraw the charges against a number of accused.“201

Diese Strategie der Selektion seitens des Anklägers läßt sich demnach auch als zwangsläufige Folge der beschränkten personellen und finanziellen Ressourcen begreifen.202 Je mehr mutmaßlicher Täter man habhaft werden konnte, desto enger wurde auch eine Fokussierung der Ermittlungen auf die völkerrechtlichen Verbrechen besonders bedeutsamer Personen des Militärs und der Politik. Ausnahmsweise soll der Aspekt des Ranges eines mutmaßlichen Täters jedoch dann keine Rolle spielen, wenn eine besonders brutale Tatausführung bzw. eine ansonsten extrem schwere Tat gegeben ist. Auch in der Rechtsprechung des ICTY wurde auf diese Ausnahme Bezug genommen: „The Defence for Mr. Landzo also raises once again the argument that he was merely an ordinary soldier and, as such, should not be subject to the jurisdiction of the International Tribunal, which is limited to persons in positions of superior authority. This argument has been considered and dismissed above and the Trial Chamber finds no reason to revisit it in detail. It does, however, note that the statement issued in May of this year (1998) by the Tribunal Prosecutor concerning the withdrawal of charges against several indicted persons, quoted by the Defence, indicates that an exception to the new policy of maintaining the investigation and indictment only of persons in positions of some military or political authority, is made for those responsible for exceptionally brutal or otherwise extremely serious offences.“203

Damit ist implizit nochmals klargestellt, daß die Strategie der Selektion seitens des Anklägers lediglich interne Bindungswirkung für die Anklagebehörde zu begründen vermag, jedoch keinerlei Rechtswirkungen nach außen entfaltet.204 Für das ICTR läßt sich eine vergleichbare Entwicklung erkennen. Auch hier fokussierte man die Ermittlungstätigkeit mehr und mehr auf solche Verbrechen, deren mutmaßliche Täter hohe Staatsämter bekleideten.205 Im Jahresbericht des ICTR aus dem Jahre 2000 heißt es in diesem Zusammenhang: 201 Statement by the Prosecutor following the Withdrawal of the Charges against 14 Accused, The Hague 8 May 1998, ICTY-Press Release CC/PIU/314-E. 202 Murphy, Progress and Jurisprudence of the ICTY, S. 59 ff.; vgl. auch den sog. Paschke Report, 6 February 1997, UN Doc. A/51/789, para. 56. 203 Prosecutor v. Delalic et al. (IT-96-21), Judgement, 16 November 1998, para. 1280. 204 Der Zuständigkeit ratione personae unterliegen nämlich sämtliche Personen, und zwar unabhängig von ihrem militärischen Rang oder politischen Bedeutung zum Tatzeitpunkt: oben 2. Kapitel, A. III. 205 Cissé, Impunity in Rwanda, S. 170; Morris, Concurrent Jurisdiction: Case of Rwanda, S. 363 m. w. N.

3. Kap.: Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens

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„During the period under review, the Office of the Prosecutor continued to implement and to consolidate a strategy that was initially set out in May 1997. According to the Prosecutor, this strategy is two-pronged, consisting essentially in (a) investigations of persons wielding authority of State during the genocide – more precisely, targeting political and military officials at the highest level and attempting to elicit proof that they conspired among themselves to organize and execute genocide; and (b) organizing trials on the basis of multi-defendant joint indictments.“206

Es läßt sich für beide ad hoc Tribunale abschließend feststellen, daß der Ankläger nach Maßgabe des Opportunitätsprinzips über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens frei nach seinem Ermessen entscheiden kann, wobei in der Praxis der Anklagebehörde der hierarchische Rang des mutmaßlichen Täters in Militär und Politik das maßgebliche Kriterium darstellt. Eine gewisse Einschränkung hat diese Freiheit der Anklagebehörde nunmehr jedoch durch die Resolution 1503 des Sicherheitsrates aus dem Jahre 2003 erfahren. Im Hinblick darauf, daß das ICTY und das ICTR in einigen Jahren im Rahmen der sog. completion strategy ihre Arbeiten abgeschlossen haben sollen, formulierte der Sicherheitsrat: „Recalling and reaffirming in the strongest terms the statement of 23 July 2002 made by the President of the Security Council (S/PRST/2002/21), which endorsed the ICTY’s strategy for completing investigations by the end of 2004, all trial activities at first instance by the end of 2008, and all of its work in 2010 (ICTY Completion Strategy) (S/2002/678), by concentrating on the prosecution and trial of the most senior leaders suspected of being most responsible for crimes within the ICTY’s jurisdiction and transferring cases involving those who may not bear this level of responsibility to competent national jurisdictions, as appropriate, as well as the strengthening of the capacity of such jurisdictions, urging the ICTR to formalize a detailed strategy, modelled on the ICTY Completion Strategy, to transfer cases involving intermediate- and lower-rank accused to competent national jurisdictions, as appropriate, including Rwanda, in order to allow the ICTR to achieve its objective of completing investigations by the end of 2004, all trial activities at first instance by the end of 2008, and all of its work in 2010 (ICTR Completion Strategy).“207

Damit fordert der Sicherheitsrat letztendlich eine Konzentration auf solche Fälle, wie sie der Praxis der Anklagebehörden ohnehin entsprechen.208 Hält sich der Ankläger nicht an diese Vorgabe in der Resolution, so ist nunmehr jedoch ggf. sogar vorstellbar, daß seine Anklage im Rahmen der richterlichen Überprüfung nach Regel 28 der Verfahrensordnungen zurückgewiesen wird.209 206 Fifth Annual Report of the ICTR, 2 October 2000, UN Doc. A/55/435, para. 120. 207 Resolution vom 28. August 2003, UN Doc. S/RES/1503 (2003); vgl. auch die Resolution vom 26. März 2004, UN Doc. S/RES/1534 (2004). 208 Vgl. Johnson, Closing an International Criminal Tribunal, S. 162 ff.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

B. Der Internationale Strafgerichtshof Im Verfahrensrecht des ICC finden sich gleich mehrere Vorschriften, die zumindest Rückschlüsse auf die Entscheidungsgewalt des Anklägers hinsichtlich der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zulassen. Zum einen ist in diesem Zusammenhang auf Art. 53 Abs. 1 und 3 ICC-Statut und zum anderen auf die Regeln 104 ff. ICC-VerfO zu verweisen. I. Legalitätsprinzip Aus Art. 53 Abs. 1 ICC-Statut ergibt sich, daß der Ankläger die Ermittlungen einleitet, shall initiate an investigation, sofern er als Ergebnis seiner Vorermittlungen nicht feststellt, daß es für die Verfahrensaufnahme keine hinreichende Grundlage gibt.210 Dies läßt sich dem Wortlaut zufolge so verstehen, daß der Ankläger zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens verpflichtet ist, wenn die verschiedenen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens gegeben sind.211 Anders als im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale sprechen im Falle des ICC tatsächlich eine Vielzahl von Argumenten für die Geltung des Legalitätsprinzips und somit für eine entsprechende Pflicht des Anklägers zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Im sog. Zutphen-Entwurf war zunächst noch offengelassen worden, ob der Ankläger im Falle gegebener Zulässigkeit ein Ermittlungsverfahren einleiten soll, shall, oder lediglich kann, may.212 Die Delegierten entschieden sich schließlich mehrheitlich für die Einfügung einer Soll-Vorschrift anstelle einer Kann-Vorschrift. Im weiteren unterliegt die Entscheidung des Anklägers, ob ein Ermittlungsverfahren in einer Sache einzuleiten ist oder nicht, zwar keiner umfassenden, jedoch einer recht weitgehenden richterlichen Kontrolle. Entscheidet sich der Ankläger gegen die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, kann die Vorverfahrenskammer mittels der Verfahren nach Art. 53 Abs. 3 lit. a) und b) ICC-Statut die Entscheidung nachprüfen. Diese Verfahren sind über den Wortlaut der Vorschriften hinaus nicht nur im Falle einer Entscheidung zur Einstellung, sondern auch im Falle der vorgeschalteten Entscheidung über die Nichteinleitung von Ermittlungen statthaft.213 209 Johnson, Closing an International Criminal Tribunal, S. 164 ff. m. w. N.; vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. 210 Vgl. oben 2. Kapitel, B. VI. 211 Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 53 Rdnr. 7; Hoffmeister/Knoke, Vorermittlungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 800. 212 Report of the Intersessional Meeting from 19 to 30 January 1998 in Zutphen, the Netherlands, UN Doc. A/AC.249/1998/L.13, Article 46 (25 bis)/4.; vgl. zum Zutphen-Entwurf: oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. II. 2. 213 Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 53 Rdnr. 32; vgl. unten 5. Teil, B. I. 1.

3. Kap.: Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens

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Voraussetzung des Verfahrens nach Art. 53 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut i. V. m. Regel 107 f. ICC-VerfO ist zunächst, daß ein entsprechendes Ersuchen an die Vorverfahrenskammer gerichtet wird. Berechtigt sind dazu entweder der Staat, der die zugrunde liegende Situation gemäß Art. 13 lit. a) ICC-Statut i. V. m. Art. 15 ICC-Statut an den Ankläger verwiesen hat,214 oder der Sicherheitsrat, soweit eine Verweisung durch ihn gemäß Art. 13 lit. b) ICC-Statut vorliegt.215 Maßgeblich ist demnach welcher der drei Mechanismen ursprünglich die Vorermittlungen des Anklägers ausgelöst hat.216 Regel 105 ICC-VerfO legt ergänzend fest, daß der Ankläger dazu verpflichtet ist, seine Entscheidung über die Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens dem betreffenden Staat bzw. dem Sicherheitsrat schriftlich mitzuteilen und mit einer entsprechenden Begründung zu versehen.217 Bestätigt die Vorverfahrenskammer infolge dieses Verfahrens die Entscheidung des Anklägers, so bleibt es bei einer Nichteinleitung des Ermittlungsverfahrens. Gelangt die Vorverfahrenskammer jedoch zu dem Ergebnis, daß die Entscheidung des Anklägers zu beanstanden ist, so ist dieser verpflichtet, seine Entscheidung erneut zu überprüfen. Für die daraufhin ergehende Schlußentscheidung des Anklägers ist wiederum eine schriftliche und begründete Mitteilung an sämtliche der Verfahrensbeteiligten erforderlich, Regel 108 ICC-VerfO. Letztlich kann mittels des Verfahrens nach Art. 53 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut zwar keine Ermittlungserzwingung im engeren Sinne bewirkt werden,218 insgesamt entsteht jedoch ein erheblicher, nicht zuletzt politischer Druck für den Ankläger, wenn er ein seitens des Gerichts für geboten erachtetes Ermittlungsverfahren nicht einzuleiten vermag. Weiterhin regelt Art. 53 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut i. V. m. Regel 109 f. ICCVerfO, daß die Entscheidung des Anklägers, ein Ermittlungsverfahren nicht einzuleiten, unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne ein entsprechendes Ersuchen eigenmächtig von der Vorverfahrenskammer proprio motu nachzuprüfen ist.219 Dieses Verfahren ist immer dann statthaft, wenn die Entscheidung des Anklägers ausschließlich auf Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut beruht, d.h. wenn der Ankläger die Nichteinleitung damit rechtfertigt, daß die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens nicht im Interesse der Gerechtigkeit liegen würde. Dabei ist unerheblich, welcher Auslösemechanismus ursprünglich zu der Befassung des Anklägers mit der Sache geführt hat.220 Auch in diesem Zusammenhang besteht zunächst eine entsprechende Mitteilungspflicht des Anklägers gegenüber 214

Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 1. Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 2. 216 Vgl. Hoffmeister/Knoke, Vorermittlungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 801 f. 217 Vgl. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 194. 218 Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 146. 219 Vgl. Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 137. 220 Arsanjani, Rome Statute, S. 38. 215

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

der Vorverfahrenskammer. Bestätigt die Vorverfahrenskammer die Entscheidung des Anklägers nicht, kommt dieser keine Wirksamkeit zu und der Ankläger ist entgegen seiner eigenen Auffassung verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, Regel 110 ICC-VerfO.221 Insofern kann von einem Fall der Ermittlungserzwingung im engeren Sinne ausgegangen werden. Insgesamt läßt sich infolge der weitgehenden richterlichen Kontrolle schlußfolgern, daß dem Verfahrensrecht des ICC das Legalitätsprinzip zugrunde gelegt ist.222 Danach ist der Ankläger grundsätzlich zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens verpflichtet. Ein Ermessen des Anklägers hinsichtlich der Opportunität von Ermittlungen, wie es das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale vorsieht, ist nicht gegeben.223 Daraus ergibt sich bereits ein erheblicher Unterschied zwischen der Entscheidungsgewalt des Anklägers bei den ad hoc Tribunalen und dem ICC. II. Ermittlungen im Interesse der Gerechtigkeit Beabsichtigt der Ankläger allerdings entgegen seiner grundsätzlichen Pflicht ein den Voraussetzungen des Art. 53 Abs. 1 lit. a) und b) ICC-Statut nach zulässiges Ermittlungsverfahren nicht einzuleiten, verbleibt ihm die Möglichkeit auf den Ausschlußgrund des Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut zurückzugreifen. Mittels dieser Vorschrift läßt sich die Entscheidung einer Nichteinleitung damit rechtfertigen, daß die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens nicht im Interesse der Gerechtigkeit, interests of justice, liegen würde. Unklar ist jedoch, welche materiellen Gründe im Rahmen der Beurteilung, ob die Ermittlungen in einem bestimmten Fall im Interesse der Gerechtigkeit liegen oder nicht, überhaupt herangezogen werden dürfen. So stellt sich insbesondere die Frage, ob nur die Aspekte relevant sein sollen, die an die konkrete Tat anknüpfen, oder ob vielmehr auch solche Aspekte, die zwar keinen direkten Bezug zur konkreten Tat aufweisen, sondern sich vielmehr aus Gründen der politischen Gesamtlage oder der Verfahrensökonomie ergeben, berücksichtigt werden können. Die Formulierungen des ICC-Statuts sind in diesem Zusammenhang, nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Abfassung des Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut hinsichtlich der Einleitung und des Art. 53 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut hinsichtlich der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens,224 nicht eindeutig. In Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut heißt es, der Ankläger prüft, ob nach Berücksichtigung der Schwere des Verbrechens und der Interessen der Opfer „dennoch“ dringende Gründe für die Annahme vorliegen, daß die Durchführung von Ermittlungen 221 222 223 224

Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 53 Rdnr. 38. Tomuschat, Statut von Rom, S. 344. Vgl. David, Droit des Conflits Armés, S. 688. Vgl. unten 5. Teil, B. I. 1.

3. Kap.: Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens

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nicht im Interesse der Gerechtigkeit liegt. Dieser Wortlaut legt den Schluß nahe, daß die Beurteilung des Interesses der Gerechtigkeit eine Abwägung bedingt, in der die Tatschwere und die Opferinteressen sämtlichen sonstigen Aspekten, einschließlich politischer und verfahrensökonomischer Erwägungen gegenübergestellt werden.225 Diese Erwägungen müssen dann so gewichtig sein, daß trotz der Tatschwere und der Opferinteressen, eine Ermittlungseinleitung nicht gerechtfertigt erscheint, sie müssen also schwerer wiegen. Dieses weitreichendere Verständnis vom Begriff des Interesses der Gerechtigkeit entspricht auch der Entstehungsgeschichte des Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut, wonach dem Ankläger als Gegengewicht zum Legalitätsprinzip ein gewisser Spielraum eröffnet werden sollte. Im Bericht des Preparatory Committee heißt es in diesem Zusammenhang: „Attention was drawn to the need to consider further and clarify the standard to be applied by the prosecutor in deciding whether to initiate an investigation or to file an indictment. It was suggested that the prosecutor should, for example, have broad discretion to decide not to initiate or to discontinue an investigation or prosecution in the interests of justice owing the age or illness of an individual or a national investigation or prosecution, or to have the authority to decline to investigate or to prosecute certain cases which were not of sufficient gravity and to select the most important cases when crimes were committed on a massive scale.“226

Als eine besondere Kategorie relevanter Aspekte im Rahmen der Abwägung nach Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut läßt sich auch an den Erlaß staatlicher Amnestien bzw. Begnadigungen denken.227 Im Rahmen der Vorarbeiten und der Verhandlungen des ICC-Statuts konnte man sich nicht auf eine normative Regelung zur Behandlung dieser staatlichen Rechtsakte einigen.228 Dies hat zur Folge, daß zumindest im Falle einer staatlichen Amnestie, infolge derer keinerlei Ermittlungen bzw. Strafverfolgungen auf staatlicher Ebene durchgeführt werden, die Beschränkungen des Komplementaritätsprinzips nach Art. 17 ICC-Statut nicht eingreifen.229 Vielmehr ist insofern von einer Kompetenz des ICC zur Verfolgung der amnestierten Verbrechen auszugehen.230 Seitens der Staaten 225 Vgl. Ambos, Legal Basis of the ICC, S. 23; Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 147. 226 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 229. 227 Vgl. auch für den Fall der Einsetzung einer Wahrheitskommission: Bartelt, Zulässigkeit von Wahrheitskommissionen im Lichte des neuen Internationalen Strafgerichtshofs, S. 211 ff. 228 Vgl. Draft Statute of the International Criminal Court, 14 April 1998, UN Doc. 183/2/Add. 1, Fn. 41. 229 Vgl. oben 2. Kapitel, B. V. 1. a). 230 Arsanjani, Jurisdiction and Trigger Mechanism of the ICC, S. 75; LaHaye, Jurisdiction of the ICC, S. 10; Meintjes/Mendez, Reconciling Amnesties with Universal Jurisdiction, S. 83 f.

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3. Teil: Einleitung des Ermittlungsverfahrens

werden in diesem Zusammenhang Bedenken im Sinne eines allzu starken Eingriffs in die staatliche Souveränität angemeldet.231 So heißt es in dem Urteil des französischen Conseil Constitutionnel über die Vereinbarkeit des ICC-Statuts mit der französischen Verfassung: „Considérant, en revanche, qu’il résulte du statut que la Cour pénale internationale pourrait être valablement saisie du seul fait de l’application d’une loi d’amnistie ou des règles internes en matière de prescription; qu’en pareil cas, la France, en dehors de tout manque de volonté ou d’indisponibilité de l’Etat, pourrait être conduite à arrêter et à remettre à la Cour une personne à raisons de faits couverts, selon la loi française, par l’amnistie ou la prescription; qu’il serait, dans ces conditions, porté atteinte aux conditions essentielles d’exercise de la souveraineté nationale.“232

Gegen diese Bedenken läßt sich jedoch einwenden, daß eine staatliche Amnestie hinsichtlich der in Art. 5–8 ICC-Statut kodifizierten Verbrechen ohnehin grundsätzlich völkerrechtswidrig wäre.233 Außerdem verfügt der Ankläger mittels des Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut, d.h. bei der Abwägung, ob ein Ermittlungsverfahren im Interesse der Gerechtigkeit liegen würde, über einen ausreichenden Spielraum, den Aspekten einer staatlichen Amnestie bzw. der staatlichen Souveränität ausreichend Rechnung zu tragen.234 Abschließend ist erneut darauf hinzuweisen, daß, auch wenn sich in sachlicher Hinsicht ein weiter Anwendungsbereich für den Ausschlußgrund des Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut vermuten läßt, jede Entscheidung des Anklägers, die sich ausschließlich auf diesen Ausschlußgrund stützt, nur dann wirksam wird, wenn eine entsprechende Bestätigung durch die Vorverfahrenskammer erfolgt, Art. 53 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut. Inwieweit diese in der Praxis ihre Kompetenz zur Nachprüfung ausschöpft bzw. inwieweit diese dem Ankläger eine Einschätzungsprärogative bzw. einen Beurteilungsspielraum zugesteht, ist entscheidend für die Frage, wie groß sich der Entscheidungsspielraum des Anklägers bei der Nichteinleitung von Ermittlungen darstellen wird. Letztlich ist davon auch abhängig, wie groß die diesbezüglichen Unterschiede zwischen dem Ankläger des ICC und dem Ankläger der ad hoc Tribunale tatsächlich ausfallen werden.

231

Vgl. Wedgwood, ICC: An American View, S. 95 ff. Conseil Constitutionnel, Decision nº 98-408 DC du 22 janvier 1999, Traité portant Statut de la Cour Pénale Internationale, abgedruckt in: Revue Générale de Droit International Public 1999, S. 276 (286), para. 33; vgl. die Urteilsbesprechung: Rudolf, Statute of the ICC, S. 393 f. 233 Hafner et al., Response to the American View, S. 111. 234 Arsanjani, Rome Statute, S. 38; ders., Jurisdiction and Trigger Mechanism of the ICC, S. 76; Hafner et al., Response to the American View, S. 112 f. 232

4. Teil

Durchführung des Ermittlungsverfahrens Im vorangegangenen 3. Teil wurden die verschiedenen Aspekte der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens behandelt. Ist ein Ermittlungsverfahren auf internationaler Ebene eingeleitet worden, fragt sich, welchen rechtlichen Vorgaben die Durchführung des Ermittlungsverfahrens nach Maßgabe des Verfahrensrechts der ad hoc Tribunale bzw. des ICC im einzelnen zu folgen hat. Dieser Fragestellung ist der folgende 4. Teil gewidmet. Im 1. Kapitel wird unter dem Titel der Herrschaft über das Ermittlungsverfahren die Kompetenzverteilung zwischen den verschiedenen Verfahrensbeteiligten, d.h. dem Ankläger, der Richterschaft und der Verteidigung untersucht. Das 2. Kapitel beschäftigt sich mit der Thematik der staatlichen Kooperation im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Des weiteren werden die verschiedenen auf internationaler Ebene zur Verfügung stehenden Ermittlungsmaßnahmen im einzelnen erörtert. Das 3. Kapitel bezieht sich auf die Befugnis des Anklägers zu Untersuchungen an Ort und Stelle. Die Vernehmung ist Gegenstand des 4. Kapitels. Im 5. Kapitel werden sodann die freiheitsentziehenden Maßnahmen wie die Festnahme und Überstellung erläutert. Hinsichtlich sämtlicher dieser einzelnen Aspekte sind die Unterschiede und Gemeinsamkeiten für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens zwischen den ad hoc Tribunalen und dem ICC zu erarbeiten. 1. Kapitel

Herrschaft über das Ermittlungsverfahren Das folgende Kapitel ist den Fragestellungen bezüglich der Herrschaft über das Ermittlungsverfahren gewidmet. In angloamerikanischen Rechtsordnungen, insbesondere im englischen und U.S.-amerikanischen Strafverfahrensrecht, erlangt in diesem Zusammenhang die Frage nach der Kompetenzverteilung zwischen der Staatsanwaltschaft und der Polizei Bedeutung.1 Aufgrund der Organisationsstruktur der internationalen Strafgerichte, die allesamt über keine vom Ankläger gesonderte Polizeibehörde verfügen,2 stellt sich diese Frage im Völ1 Lützner, Strafprozessuale Zwangs- und Überwachungsmaßnahmen im Recht der USA, S. 43 ff.; Sanders, National Reports – England and Wales (United Kingdom), S. 301 f.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

kerstrafrecht nicht.3 Im französischen Strafverfahrensrecht wiederum kommt dem Untersuchungsrichter eine bedeutende Rolle bei der Durchführung der Ermittlungen zu.4 Generell läßt sich feststellen, daß es der kontinentaleuropäischen Rechtstradition entspricht, das Ermittlungsverfahren einer stärkeren richterlichen Überwachung und Einflußnahme zuzuführen, als dies in angloamerikanischen Rechtsordnungen allgemein üblich ist.5 Auch im Zusammenhang mit der Herrschaft über die Durchführung des Ermittlungsverfahrens bei den ad hoc Tribunalen bzw. dem ICC ist die Frage nach der Kompetenzverteilung zwischen dem Ankläger und der Richterschaft von Bedeutung. Deshalb wird im folgenden zunächst geklärt, welche verschiedenen Befugnisse dem Ankläger als zuständigem Ermittlungsorgan durch das Verfahrensrecht des jeweiligen internationalen Strafgerichts zugewiesen werden und welchen grundsätzlichen Verpflichtungen der Ankläger bei der Ausübung seiner Befugnisse unterworfen ist. Sodann ist zu untersuchen, in welchem Ausmaß der Ankläger in seinen Entscheidungen über einzelne Ermittlungsmaßnahmen einem richterlichen Anordnungsvorbehalt und somit einer entsprechenden richterlichen Überwachung unterliegt. Gleichsam ist zu klären, inwieweit die Richter internationaler Strafgerichte ggf. sogar befugt sind, Ermittlungsmaßnahmen aus eigener Initiative unmittelbar zu ergreifen. Schließlich gilt die Aufmerksamkeit der Frage, welche Rolle der Verteidigung bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens zugewiesen wird. Hinsichtlich dieser Aspekte der Herrschaft über die Durchführung des Ermittlungsverfahrens ist das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale dem Verfahrensrecht des ICC gegenüberzustellen.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen In den Vorschriften der Statuten der ad hoc Tribunale findet im Zusammenhang mit der Durchführung von Ermittlungen zunächst ausschließlich der Ankläger eine Erwähnung, Art. 16 und 18 ICTY-Statut bzw. Art. 15 und 17 ICTR-Statut. Dies deutet bereits darauf hin, daß sowohl dem Richter als auch der Verteidigung nach dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale lediglich eine untergeordnete Rolle bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens zukommt.

2

Vgl. oben 2. Teil, 2. Kapitel, A. III. Vgl. Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 144 ff. 4 Vgl. zum juge d’instruction im französischen Strafverfahren bereits oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. I. 5 Behrens, Verfahren des internationalen Strafgerichtshofes, S. 146; Bitti, Contention Between Civil and Common Law, S. 275 f.; Fife, ICC, S. 74; vgl. auch Ambos, Role of the Prosecutor, S. 50 ff. 3

1. Kap.: Herrschaft über das Ermittlungsverfahren

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I. Ankläger Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut und die korrespondierenden Regeln 39 ff. der Verfahrensordnungen weisen dem Ankläger bestimmte verschiedene Befugnisse für die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zu. Diese Befugnisse werden im folgenden näher betrachtet. 1. Ermittlungsbefugnisse a) Vernehmung von Verdächtigen, Opfern und Zeugen, Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut legt an erster Stelle fest, daß der Ankläger befugt ist, Verdächtige, Opfer und Zeugen zu vernehmen. In Regel 39 i) der Verfahrensordnungen wird überdies geregelt, daß der Ankläger ermächtigt ist, die zu vernehmenden Personen zu laden und ihre Aussagen zu protokollieren.6 b) Sammlung von Beweismitteln, Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut Der Ankläger ist gemäß Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut deutscher Fassung befugt, Beweis zu erheben.7 Diese Befugnis wird in Regel 39 i) der Verfahrensordnungen wiederholt festgelegt.8 Im englischen authentischen Text der Statuten bzw. der Verfahrensordnungen wird insoweit von einer Befugnis, Beweismittel zu sammeln, collect evidence, gesprochen. Darunter wird in Abgrenzung zur Erlangung von Aussagen infolge von Vernehmungen verstanden, daß der Ankläger im Rahmen der Ermittlungen zur Sammlung von Dokumenten und anderen körperlichen Gegenständen befugt ist.9

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Vgl. unten 4. Kapitel, A. ICTY-Statut, deutsche Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz), BT-Drs. 13/57 vom 29. November 1994; ICTRStatut, deutsche Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (Ruanda-Strafgerichtshof-Gesetz), BT-Drs. 13/7953 vom 12. Juni 1997. 8 Verfahrensordnung und Beweisregeln des internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien, UN Doc. IT/32, Übersetzung durch Petra Hildebrandt, 1997, abgedruckt in: Fischer/Lüder (Hrsg.), Völkerrechtliche Verbrechen, S. 239 ff. 9 Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 192; Morris/Scharf, ICTR, S. 453. 7

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

c) Untersuchungen an Ort und Stelle, Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. 17 Abs. 2 ICTR-Statut Als dritte Kategorie von Ermittlungsmaßnahmen nennt Art. 18 Abs. 2 ICTYStatut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut und die entsprechende Vorschrift in Regel 39 i) der Verfahrensordnungen die Befugnis zur Augenscheinseinnahme bzw. zu Untersuchungen an Ort und Stelle, on site investigations. Daraus ergibt sich für den Ankläger allerdings weniger eine Erweiterung seiner Ermittlungsbefugnisse in sachlicher Hinsicht – es bleibt insoweit bei der Befugnis zur Vernehmung und zur Sammlung von Beweismitteln – als vielmehr eine Erweiterung seines territorialen Handlungsbereichs über seinen Amtssitz in Den Haag hinaus.10 d) Ersuchen um Kooperation von Staaten und internationalen Organisationen, Art 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut i. V. m. Regel 39 iii) der Verfahrensordnungen Gemäß Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut kann der Ankläger staatliche Behörden um Mithilfe bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben ersuchen.11 Die entsprechende Regel 39 iii) der Verfahrensordnungen legt zusätzlich fest, daß der Ankläger im Rahmen seiner Ermittlungen auch befugt ist, internationale Einrichtungen wie INTERPOL um Mithilfe zu ersuchen.12 e) Maßnahmen zur Ergänzung der Ermittlungen, Regel 39 ii) der Verfahrensordnungen In Regel 39 ii) der Verfahrensordnungen findet sich eine Generalklausel, wonach der Ankläger neben den explizit festgelegten Befugnissen auch andere Maßnahmen ergreifen kann, die zur Ergänzung der Ermittlungen erforderlich erscheinen. Diese Vorschrift läßt sich allerdings nicht als Ermächtigungsnorm im engeren Sinne verstehen. Durch sie wird lediglich klargestellt, daß der Ankläger über die explizit in den Statuten bzw. den Verfahrensordnungen niedergelegten Ermittlungsbefugnisse hinaus auch über implizite Befugnisse im Sinne der implied-powers Lehre verfügt.13 Eigenständige Kompetenzen zugunsten des Anklägers werden insoweit also nicht begründet, die bestehenden Kompetenzen 10

Vgl. unten 3. Kapitel, A. Vgl. zur staatlichen Kooperation gegenüber Ersuchen des Anklägers: unten 2. Kapitel, A. III. 12 Vgl. zur Kooperation internationaler Organisationen: unten 2. Kapitel, A. VI. 13 Morris/Scharf, ICTR, S. 454; vgl. zur implied powers-Lehre: oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. I. 11

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werden vielmehr lediglich abgerundet. Der zweite Unterabschnitt dieser Vorschrift ermächtigt den Ankläger insoweit insbesondere zur Vornahme spezieller Maßnahmen zum Schutze von Zeugen und Informanten.14 f) Vorläufige Maßnahmen, Regel 40 der Verfahrensordnungen Als besondere Ausformung der Befugnis des Anklägers, Staaten gemäß Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut um Mithilfe bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens zu ersuchen,15 legt Regel 40 der Verfahrensordnungen die sog. Eilkompetenzen des Anklägers fest.16 Gemäß dieser Vorschrift ist der Ankläger in dringenden Fällen dazu ermächtigt, einen Staat um die Durchführung sog. vorläufiger Maßnahmen, provisional measures, zu ersuchen. Diese Maßnahmen können sich zunächst darauf beziehen, einen Verdächtigen vorläufig festzunehmen oder Beweismaterial zu beschlagnahmen, Regel 40 i) und ii) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 (A) i) und ii) ICTR-VerfO.17 In Regel 40 iii) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 (A) iii) ICTR-VerfO wird dem Ankläger darüber hinaus die generelle Ermächtigung erteilt, um alle notwendigen Maßnahmen zu ersuchen, die sich aus Gründen der Fluchtgefahr, des Opfersund Zeugenschutzes oder der Gefahr einer Vernichtung von Beweismaterial ergeben. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Regel 40 der Verfahrensordnungen auf dringende Fälle deutet an, daß der Ankläger grundsätzlich im Rahmen seiner Ermittlungen auf ein Ersuchen um Maßnahmen der bezeichneten Art verzichten und nur ausnahmsweise darauf zurückgreifen soll.18 Weitere Anhaltspunkte dafür, daß ein Ersuchen des Anklägers um vorläufige Maßnahmen im Sinne der Regel 40 der Verfahrensordnungen bestimmten Voraussetzungen unterworfen ist, ergeben sich zumindest dem Wortlaut der Vorschrift nach zunächst allerdings nicht.19 2. Verpflichtungen bei Durchführung der Ermittlungen Welchen grundsätzlichen Verpflichtungen der Ankläger bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens unterworfen ist, ergibt sich nicht explizit aus den Vorschriften der Statuten und Verfahrensordnungen. Anerkannt ist jedenfalls, 14 Vgl. zum Zeugen- und Opferschutz im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens: unten 4. Kapitel, A III. 2. 15 Gallant, Presence of Defendants before the ICTY, S. 369. 16 Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 837. 17 Vgl. unten 5. Kapitel, A. I. 1. b) m. w. N. 18 Vgl. u. a. Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 874. 19 Vgl. zur Kritik infolge der Unbestimmtheit der Norm u. a.: Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 692.

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daß der Ankläger bei der Ausübung seiner Befugnisse dem Willkürverbot unterliegt.20 Dieses Verbot findet nach Auffassung des Schrifttums als allgemeiner Rechtsgrundsatz Eingang in das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale.21 Besondere Bedeutung ist hinsichtlich der Verpflichtungen im Ermittlungsverfahren der Frage beizumessen, inwieweit der Ankläger der ad hoc Tribunale zur Objektivität der Ermittlungen verpflichtet ist. Dann müßten ggf. nämlich nicht allein belastende, sondern auch entlastende Umstände der jeweiligen Tat erforscht werden. In diesem Zusammenhang läßt sich auf eine Entscheidung des ICTY Bezug nehmen: „The Prosecutor of the Tribunal is not, or not only, a party to adversarial proceedings but is an organ of the Tribunal and an organ of international criminal justice whose object is not simply to secure a conviction but to present the case for the Prosecution, which includes not only inculpatory, but also exculpatory evidence, in order to assist the Chamber to discover the truth in a judicial setting.“22

Diese Entscheidung betrifft unmittelbar jedoch nur die Verpflichtung des Anklägers zur Beibringung entlastender Beweise anläßlich der Beweisaufnahme im Rahmen des Hauptverfahrens.23 Auch aus Regel 68 der Verfahrensordnungen ergibt sich, daß der Ankläger während des gerichtlichen Vorverfahrens die entlastenden Beweismittel gegenüber der Verteidigung offenzulegen hat.24 Andererseits läßt sich damit nicht zwangsläufig davon ausgehen, daß der Ankläger der ad hoc Tribunale auch zur Erforschung der entlastenden Umstände bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens verpflichtet ist. Im Schrifttum wird deshalb überwiegend vertreten, daß eine entsprechende Verpflichtung des Anklägers nicht besteht.25 Dieser Auffassung ist recht zu geben. Das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale insgesamt folgt grundsätzlich dem Konzept angloamerikanischer Rechtsordnungen.26 Diesem Konzept in seiner traditionellen Prägung zufolge obliegt es grundsätzlich jeder Partei selbst, die jeweils zum Vorteil gereichenden Beweise zu sammeln.27 Die Anklage ist im Rahmen des Ermittlungsverfahrens auch nicht zur Wahrheitsfindung verpflichtet. Es läßt 20

Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 693. Vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. V. 22 Prosecutor v. Kupreskic (IT-95-16), Decision on the Communication between the Parties and their Witnesses, 21 September 1998. 23 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. III. 24 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. 25 Dubois, Juridictions Pénales Nationales du Rwanda, S. 768; Tochilovsky, Legal Systems and Cultures in the ICC: The Experience from the ICTY, S. 632; ders., Rules of Procedure for the ICC, S. 350 f.; Wäspi, Arbeit der Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 2450; Wladimiroff, Rights of Suspects and Accused, S. 441. 26 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 71; Vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. II. 27 Vgl. Huber, Strafverfahrensrecht England und Wales, S. 24 ff.; Kühne, Strafprozeßrecht, Rdnr. 1154; Thaman, Strafverfahrensrecht USA, S. 524. 21

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sich nicht begründen, warum das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale dann gerade in diesem einzelnen Punkt von dem Konzept angloamerikanischer Rechtsordnungen abweichen sollte, wenn eine entsprechende normative Regelung fehlt.28 II. Richter Aufgrund des Organisationsrechts der ad hoc Tribunale ergibt sich für sämtliche Angelegenheiten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, eine Zuständigkeit des Einzelrichters.29 In Regel 39 iv) der Verfahrensordnungen wird grundsätzlich bestimmt, daß der Ankläger einen Richter um ggf. erforderliche Anordnungen ersuchen kann. Explizit geregelt wird in den Verfahrensordnungen, daß der Ankläger Ermittlungsmaßnahmen wie die Anordnung auf Überstellung und vorläufige Inhaftierung eines Verdächtigen gemäß Regel 40 bis der Verfahrensordnungen30 und Regel 40 (B) der ICTR-VerfO beantragen kann.31 Im allgemeinen wird Regel 39 iv) der Verfahrensordnungen darüber hinaus als Verweis auf Regel 54 der Verfahrensordnungen verstanden.32 So wird in Regel 54 der Verfahrensordnungen auch bestimmt, daß die dort aufgeführten richterlichen Anordnungen, wie Ladungen, subpoenas, Befehle und Anordnungen zur Überstellung, zum Zweck der Ermittlungen erlassen werden können. Dennoch ist zu berücksichtigen, daß Regel 54 der Verfahrensordnungen aufgrund ihrer systematischen Stellung innerhalb des 5. Teils der Verfahrensordnungen eine unmittelbare Anwendung erst in dem Verfahrensabschnitt nach der Bestätigung der Anklage, d.h. im Rahmen des gerichtlichen Vorverfahrens erfährt.33 Für das Ermittlungsverfahren läßt sich insoweit lediglich von einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift ausgehen mit der Folge, daß mitunter ggf. nicht sämt28 Tochilovsky, Legal Systems and Cultures in the ICC: The Experience from the ICTY, S. 631 f. 29 Champy, Inquisitoire – Accusatoire, S. 172; vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. I. 2. 30 ICTY: Eingefügt durch Beschluß auf der Plenarsitzung vom 23.04.1996; vgl. Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 69. ICTR: Eingefügt durch Beschluß auf der Plenarsitzung vom 15.05.1996; vgl. First Annual Report of the ICTY, 30 August 1996, UN Doc. A/51/399, para. 9. 31 Vgl. unten 5. Kapitel, A. I. 2. 32 Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision of the President on the Prosecutor’s Motion for the Production of Notes Exchanged Between Zejnil Delalic and Zdravko Mucic, 11 November 1996, para. 38; Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision on the Prosecution’s Oral Requests for the Admission of Exhibit 155 into Evidence and for an Order to Compel the Accused, Zdravko Mucic, to Provide a Handwriting Sample, 19 January 1998, para. 38; Jones, Practice of the International Tribunals, S. 254 f.; Morris/Scharf, ICTR, S. 457 f.; Safferling, International Criminal Procedure, S. 118. 33 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 497; vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II.

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liche der in Regel 54 der Verfahrensordnungen aufgeführten Rechtsakte vom Ankläger beantragt bzw. vom Richter erlassen werden können.34 Anhand der Praxis der ad hoc Tribunale läßt sich jedoch feststellen, daß zunächst Ermittlungsmaßnahmen, die einen schweren Eingriff in die Rechte natürlicher Personen darstellen, sog. Zwangsmaßnahmen wie beispielsweise die Durchsuchung und Beschlagnahme,35 einen entsprechenden richterlichen Befehl im Sinne der Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen bedingen.36 Im weiteren werden richterliche Anordnungen im Sinne der Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen gegenüber einem Staat erlassen, soweit ein vorheriges Rechtshilfeersuchen des Anklägers gegenüber dem jeweiligen Staat erfolglos blieb.37 Generell muß ein entsprechender Antrag des Anklägers auf Erlaß der Anordnung den Richter von dessen Erforderlichkeit überzeugen. Das ICTY hat in einer Entscheidung in diesem Zusammenhang ausgeführt: „Rule 39 iv) refers to ,such orders as may be necessary . . .‘, and Rule 54 refers to ,such . . . orders as may be necessary for the puposes of an investigation or of the preparation or conduct of the trial‘ (emphasis added). In the light of these two Rules, I find that the appropriate test is: is it necessary (not simply useful or helpful) for the purposes of the investigation or for the preparation or conduct of the trial (. . .). The test entails two parts: (a) an order of the International Tribunal must be necessary for the Prosecutor to obtain such material; and (b) the material being sought must be relevant to an investigation or prosecution being conducted by the Prosecutor. As with any search or seizure warrant, the Prosecutor cannot simply conduct a ,fishing expedition‘ (. . .).“38

Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale wurde im übrigen auf die abstrakte Festlegung normativer Merkmale in diesem Zusammenhang allerdings verzichtet. Unklar bleibt letztlich, welche Ermittlungsmaßnahmen konkret einer richterlichen Anordnung bedürfen bzw. für welche Ermittlungsmaßnahmen die Rechtsmacht des Anklägers unmittelbar ausreicht. Auf einer zweiten Ebene fehlt die Festlegung von Voraussetzungen für den Erlaß einer etwaig erforder34 Vgl. insbesondere zum subpoena-Befehl im Ermittlungsverfahren: unten 4. Kapitel, A. I. 2.; zum Haftbefehl im Ermittlungsverfahren: unten 5. Kapitel, A. I. 1. a). 35 Vgl. First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 63; Fifth Annual Report of the ICTY, 10 August 1998, UN Doc. A/53/219, para. 121; Sixth Annual Report of the ICTY, 25 August 1999, UN Doc. A/54/187, para. 133; vgl. unten 3. Kapitel, A. II. 3. 36 Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 148; Champy, Inquisitoire – Accusatoire, S. 172; Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 37; Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 695. 37 Vgl. unten 2. Kapitel, A. III. 2. 38 Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision of the President on the Prosecutor’s Motion for the Production of Notes Exchanged Between Zejnil Delalic and Zdravko Mucic, 11 November 1996, para. 38 f.

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lichen richterlichen Anordnung, insbesondere die Festlegung bestimmter Verdachtsgrade im Falle eingriffsintensiver Maßnahmen gegenüber Individuen, so daß der jeweils zuständige Richter letztendlich je nach Lage des Einzelfalls entscheiden könnte.39 Die richterliche Kontrolle der Ermittlungsbefugnisse des Anklägers erscheint mithin im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale eine unzureichende normative Regelung erfahren zu haben.40 Eine Vorschrift aus der sich weitere richterliche Befugnisse hinsichtlich der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens ergeben, fehlt in den Statuten und den Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale. Eine richterliche Befugnis, Ermittlungsmaßnahmen unmittelbar zu ergreifen bzw. aus eigener Initiative anzuordnen, besteht demnach nicht. Dem französischen Modell des Untersuchungsrichters wurde mithin nicht gefolgt.41 Die Rolle des Richters bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens ist vielmehr auf die Anordnung einzelner Ermittlungsmaßnahmen auf Antrag des Anklägers beschränkt. III. Verteidigung Der Verdächtige kann im Falle seiner Vernehmung durch den Ankläger gemäß Regel 42 der Verfahrensordnungen bzw. im Falle seiner Überstellung und vorläufigen Inhaftierung am Sitz des ICTY bzw. des ICTR gemäß Regel 40 bis und Regel 45 bis der Verfahrensordnungen, die Dienste eines Verteidigers in Anspruch nehmen.42 Aus den Vorschriften der Statuten und Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale lassen sich indes keine Anhaltspunkte dahingehend erkennen, daß der Verteidigung bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens eine aktive Rolle zugedacht wird.43 Andererseits erscheint es nicht ausgeschlossen, daß bereits in diesem Stadium des Verfahrens von seiten der Verteidigung nach entlastenden Beweismitteln geforscht wird. Die Möglichkeit für die Verteidigung, zu diesem Zweck die Autorität des ICTY bzw. ICTR gegenüber Staaten oder Individuen einzusetzen, wenn ihr eine entsprechende freiwillige Kooperation verweigert wird, ergibt sich allerdings erst ab dem Zeitpunkt der Bestätigung der Anklage, d.h. nach Beginn des gerichtlichen Vorverfahrens.44 Dann erhält der Verdächtige den Status eines Angeklagten, Regel 47 (D) ii) der Verfahrensordnungen, und gilt somit 39

Morris/Scharf, ICTR, S. 457; Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 872 f. Gallant, Presence of Defendants before the ICTY, S. 361. 41 Vgl. zum juge d’instruction im französischen Strafverfahren bereits oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. I. 42 Vgl. dazu 4. Kapitel, A. II. 1. a) und 5. Kapitel, A. I. 4. 43 Tochilovsky, Rules of Procedure for the ICC, S. 356. 44 Vgl. Sinopoli, Droits de la Défense, S. 804. 40

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

als Partei im Sinne der Regel 2 der Verfahrensordnungen. Als Partei kann der Angeklagte bzw. sein Verteidiger gemäß Regel 54 der Verfahrensordnungen die richterlichen Rechtsakte beantragen, die jeweils zur Erlangung entlastender Beweismittel erforderlich sind.45

B. Der Internationale Strafgerichtshof Grundlegend bestimmt Art. 42 Abs. 1 ICC-Statut im Hinblick auf die Organisation des ICC, daß die Durchführung des Ermittlungsverfahrens der Kompetenz der Anklagebehörde unterliegt.46 Auch die Vorschriften des 5. Teils des ICC-Statuts, welcher der Regelung des Ermittlungsverfahrens gewidmet ist,47 beziehen sich überwiegend auf die Rechte und Pflichten der Anklägers. Insoweit wird auf den ersten Blick erkennbar, daß beim ICC genauso wie bei den ad hoc Tribunalen dem Ankläger grundsätzlich vor der Richterschaft und der Verteidigung die Herrschaft über die Durchführung des Ermittlungsverfahrens zukommt. Dagegen werden beim ICC auch der Vorverfahrenskammer bei der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zumindest einzelne Befugnisse ausdrücklich zugesprochen, Art. 56 f. ICC-Statut.48 Genauso findet die Vorbereitung der Verteidigung, anders als in den Statuten und Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale, in den Vorschriften zum Ermittlungsverfahren nunmehr eine ausdrückliche Berücksichtigung, Art. 57 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut. I. Ankläger Zum Zweck der Ausführung seiner Pflicht zur Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden dem Ankläger in Art. 54 Abs. 2 und 3 ICC-Statut verschiedene Ermittlungsbefugnisse zugestanden.49 1. Ermittlungsbefugnisse a) Untersuchungen an Ort und Stelle, Art. 54 Abs. 2 ICC-Statut Der Ankläger wird gemäß Art. 54 Abs. 2 ICC-Statut ermächtigt, Ermittlungen unmittelbar im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates durchzuführen.

45 Prosecutor v. Blagoje Simic et al. (IT-95-9), Order on Defence Requests for Judicial Assistance for the Production of Information, 7 March 2000; Ellis, Challenges for the Defense Counsel, S. 533 f.; Wladimiroff, Rights of Suspects and Accused, S. 445. 46 Vgl. oben 2. Teil, 2. Kapitel, B. III. 47 Vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, B. I. 48 Vgl. oben 2. Teil, 2. Kapitel, B. I. 2. 49 Vgl. oben 3. Teil, 3. Kapitel, B. I.

1. Kap.: Herrschaft über das Ermittlungsverfahren

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Für den Ankläger besteht einerseits die Möglichkeit, nach Maßgabe des 9. Teils des ICC-Statuts, insbesondere gemäß Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut, im Wege der Rechtshilfe vorzugehen, Art. 54 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut. Insoweit ist der Ankläger grundsätzlich darauf angewiesen, ein Einvernehmen hinsichtlich der Art und Weise einer Durchführung von Untersuchungen an Ort und Stelle mit dem jeweils betroffenen Staat herzustellen.50 Eine solche Beschränkung seiner Befugnisse gegenüber den Staaten besteht für den Ankläger der ad hoc Tribunale hingegen nicht. Schließlich kann der Ankläger die Vorverfahrenskammer unter den engen Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut ersuchen, ihn selbständig, d.h. unabhängig von der Rechtshilfe des jeweiligen Staates nach dem 9. Teil des ICC-Statuts, zur Vornahme bestimmter Ermittlungsmaßnahmen an Ort und Stelle zu ermächtigen, Art. 54 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut.51 Im Vergleich zu der Befugnis des Anklägers der ad hoc Tribunale zu Untersuchungen an Ort und Stelle ergibt sich in diesem Falle dann eine Beschränkung seiner Kompetenz zugunsten der Richterschaft. b) Sammlung von Beweismitteln, Art. 54 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut Die Befugnis des Anklägers, Beweismittel zu sammeln und zu prüfen, Art. 54 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut, entspricht wortgetreu der des Anklägers der ad hoc Tribunale.52 Folglich ist davon auszugehen, daß sich diese Ermittlungsbefugnis des Anklägers auch im Falle des ICC auf die Sammlung von Dokumenten und anderen körperlichen Gegenständen bezieht. c) Anwesenheit von Personen, gegen die ermittelt wird, von Opfern und Zeugen verlangen und diese vernehmen, Art. 54 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut So wie der Ankläger der ad hoc Tribunale gilt auch der Ankläger des ICC als ermächtigt, Personen, gegen die ermittelt wird, Opfer und Zeugen zu vernehmen, Art. 54 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut.53 Zu diesem Zweck wird ihm auch durch das ICC-Statut ausdrücklich die Befugnis zugewiesen, die Anwesenheit von Personen zu verlangen.54

50 51 52 53 54

Vgl. unten 3. Kapitel, B. I. 1. Vgl. unten 3. Kapitel, B. I. 2. Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 54 Rdnr. 24. Vgl. unten 4. Kapitel, B. Vgl. unten 4. Kapitel, B. I.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

d) Ersuchen um Kooperation von Staaten und internationalen Organisationen, Art. 54 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut Gemäß Art. 54 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut ist der Ankläger bei der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens dazu befugt, einen Staat oder eine internationale Organisation oder Stelle entsprechend ihrem Mandat um Zusammenarbeit zu ersuchen.55 Insoweit ergibt sich zunächst eine Übereinstimmung zu der entsprechenden Befugnis des Anklägers bei den ad hoc Tribunalen. Das ICC-Statut weist dem Ankläger jedoch nicht die besondere Befugnis zu, einen Staat um Durchführung vorläufiger Maßnahmen zum Zweck der Abwendung dringender Gefahren für den Erfolg der Ermittlungen zu ersuchen. Der Ankläger verfügt mithin nicht über die Eilkompetenzen, wie sie für den Ankläger bei den ad hoc Tribunalen in Regel 40 der Verfahrensordnungen festgelegt sind.56 Dies hat zur Folge, daß der Ankläger des ICC insbesondere nicht über die Befugnis verfügt, entsprechende Zwangsmaßnahmen im Falle der Dringlichkeit ggf. ohne eine entsprechende richterliche Anordnung durchzuführen. Es ergibt sich insoweit für den Ankläger des ICC eine schwächere Position als für den Ankläger der ad hoc Tribunale. e) Maßnahmen zur Erleichterung der Zusammenarbeit, zur Gewährleistung der Vertraulichkeit und zum Schutze einer Person, Art. 54 Abs. 3 lit. d)–f) ICC-Statut Gemäß Art. 54 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut ist der Ankläger ausdrücklich dazu ermächtigt, Abmachungen und Übereinkünfte einzugehen, um die Zusammenarbeit mit einem Staat, einer internationalen Organisation oder einer natürlichen Person zu erleichtern. Zusätzlich kann er einwilligen, bestimmte Informationen oder Dokumente während des gesamten Verfahrens geheimzuhalten und allein zum Zweck der Erlangung neuer Beweismittel zu verwenden, Art. 54 Abs. 3 lit. e) ICC-Statut. Er kann die zum Zweck der Vertraulichkeit erforderlichen Maßnahmen treffen, Art. 54 Abs. 3 lit. f) ICC-Statut. Im Hinblick auf den Schutz natürlicher Personen, ist der Ankläger gemäß Art. 54 Abs. 3 lit. f) i. V. m. Art. 68 Abs. 1 ICC-Statut befugt, die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Diese verschiedenen Ermächtigungen des Anklägers des ICC lassen sich weitgehend mit der Befugnis des Anklägers der ad hoc Tribunale, Maßnahmen zur Ergänzung der Ermittlungen zu ergreifen, vergleichen. Auch beim ICC werden keine originären Ermittlungsbefugnisse des Anklägers begründet, sondern bestehende Kompetenzen lediglich abgerundet.57 55 56

Vgl. unten 2. Kapitel, B. III. Wohlfahrt, Poursuites, S. 751.

1. Kap.: Herrschaft über das Ermittlungsverfahren

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f) Maßnahmen zur Beweissicherung, Art. 54 Abs. 3 lit. f) ICC-Statut Anders als im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale finden sich im ICC-Statut gleich mehrere Vorschriften, die sich auf Fälle der Beweissicherung beziehen. In diesem Zusammenhang sind zunächst Art. 18 Abs. 6 und Art. 19 Abs. 8 ICC-Statut zu nennen. Anwendung finden diese Vorschriften im Falle des Verfahrens der vorläufigen Entscheidung und des Anfechtungsverfahrens, mittels derer insbesondere seitens eines Staates entweder eine Zurückstellung oder eine Aussetzung der Ermittlungen auf internationaler Ebene bewirkt werden kann.58 Der Ankläger kann in diesen Fällen die Vorverfahrenskammer um die Genehmigung von Maßnahmen zum Zweck der Sicherung von Beweisen beantragen, wenn eine einmalige Gelegenheit zur Beschaffung wichtiger Beweismittel oder die Gefahr besteht, daß diese Beweismittel später nicht mehr zur Verfügung stehen.59 Daneben ist der Ankläger grundsätzlich bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens verpflichtet, das spezielle Verfahren des Art. 56 ICC-Statut im Falle einer einmaligen Gelegenheit zu Ermittlungsmaßnahmen, also zum Zweck der Beweissicherung in Gang zu setzen. Grundsätzlich ist dann die Vorverfahrenskammer befugt, auf Antrag des Anklägers entsprechende Maßnahmen zum Zweck der Beweissicherung zu ergreifen bzw. anzuordnen, Art. 56 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut. Die Befugnis des Anklägers nach Art. 54 Abs. 3 lit. f) ICCStatut, Maßnahmen zur Beweissicherung unabhängig von diesen speziellen Vorschriften der Art. 18, 19 und 56 ICC-Statut und somit ohne Einflußmöglichkeit der Vorverfahrenskammer zu treffen, ist insoweit als subsidiär anzusehen. Nur dann, wenn sich die Einschaltung der Vorverfahrenskammer ausnahmsweise verbietet, wie insbesondere im Falle der Zurückstellung von Ermittlungen wegen eines entsprechenden Ersuchens des Sicherheitsrates gemäß Art. 16 ICCStatut,60 findet Art. 54 Abs. 3 lit. f) ICC-Statut Anwendung und ermächtigt den Ankläger, von sich aus Maßnahmen zur Beweissicherung zu ergreifen.61 Letztendlich erklärt sich insoweit, daß mangels einer von dritter Seite bewirkten Zurückstellung bzw. Aussetzung der Ermittlungen bzw. mangels einer richterlichen Befugnis zur Beweissicherung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens für das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale keine Notwendigkeit bestand, entsprechende Vorschriften bzw. eine entsprechende Befugnis des Anklägers festzulegen. Die Entscheidung des Anklägers der ad hoc Tribunale, Maßnahmen zur Beweissicherung zu treffen, unterliegt vielmehr von vornherein keinerlei Restriktionen. 57

Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 54 Rdnr. 29. Vgl. unten 5. Teil, B. I. 3. 59 Vgl. dazu Triffterer-Nsereko, Commentary on the Rome Statute, Art. 18 Rdnr. 25; Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 19 Rdnr. 23 f. 60 Vgl. 5. Teil, B. I. 2. 61 Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 54 Rdnr. 31. 58

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

2. Verpflichtungen bei Durchführung der Ermittlungen Im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale werden in Art. 54 Abs. 1 ICC-Statut grundsätzliche Verpflichtungen, denen der Ankläger bei Ausübung seiner Ermittlungsbefugnisse unterworfen ist, ausdrücklich normiert. In Art. 54 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut wird bestimmt, daß der Ankläger sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu erforschen hat. Er ist ausdrücklich der Wahrheitsfindung verpflichtet. Insoweit zeigt sich eine deutliche Abkehr vom traditionellen Konzept angloamerikanischer Rechtsordnungen. Das ICCStatut folgt hier vielmehr dem Vorbild kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen, in welchen eine entsprechende Bindung der Staatsanwaltschaft bzw. des Ermittlungsrichters generell besteht.62 Bereits während der Vorarbeiten zum ICC-Statut wurde die Forderung, daß die Anklagebehörde als ein objektives Organ der Rechtspflege amtieren soll, aufgestellt.63 Im Bericht des Preparatory Committee findet sich folgende Passage: „With respect to the role of the Prosecutor, a spectrum of views were expressed: the Prosecutor should conduct an independent and impartial investigation on behalf of the international community and should collect incriminating and exonerating information to determine the truth of charges and to protect the interests of justice.“64

Daraus ergibt sich ein erheblicher Unterschied zwischem dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und dem Verfahrensrecht des ICC. Zumindest werden entsprechende Unklarheiten wie sie mangels expliziter normativer Vorgaben bezüglich des Anklägers bei den ad hoc Tribunalen bestehen, für den Ankläger des ICC ausgeschlossen. Des weiteren soll der Ankläger gemäß Art. 54 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut ausschließlich auf solche Ermittlungsmaßnahmen zurückgreifen, die unter Achtung der Interessen und persönlichen Lebensumstände von Opfern und Zeugen angemessen sind.65 In Art. 54 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut wird schließlich die allgemeine Verpflichtung festgelegt, die Rechte der Personen, wie sie sich aus dem Statut ergeben, zu achten. Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale fehlen diesbezüglich zumindest ausdrückliche Regelungen dieser Pflichten.

62 Cassese, Statute of the ICC, S. 168; Rubin, ICC: Possibilities for Prosecutorial Abuse, S. 157 f.; Tochilovsky, Legal Systems and Cultures in the ICC: The Experience from the ICTY, S. 631; ders., Rules of Procedure for the ICC, S. 350. 63 Behrens, Verfahren des internationalen Strafgerichtshofes, S. 146. 64 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 226. 65 Vgl. Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 54 Rdnr. 11 ff.

1. Kap.: Herrschaft über das Ermittlungsverfahren

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II. Vorverfahrenskammer Während das Organisationsrecht der ad hoc Tribunale ausschließlich einen einzelnen Richter für Entscheidungen im Zusammenhang mit der Durchführung des Ermittlungsverfahrens für zuständig erklärt, besteht insoweit beim ICC eine Zuständigkeit der Vorverfahrenskammer, Art. 57 Abs. 1 ICC-Statut.66 Sofern eine Angelegenheit allerdings nicht ausdrücklich der Entscheidung durch die gesamte Vorverfahrenskammer bzw. die Mehrheit der drei Richter bedarf, können die Durchführung von Verfahrenshandlungen und der Erlaß von Entscheidungen per delegationem im bestimmten Umfang auch einem einzelnen Richter der Kammer übertragen werden, Art. 57 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut.67 Hinsichtlich der Kompetenzen der Vorverfahrenskammer im Ermittlungsverfahren läßt sich zwischen Anordnungsbefugnissen, Befugnissen bei einer einmaligen Gelegenheit zu Ermittlungsmaßnahmen, Befugnissen zu Ermittlungsmaßnahmen aus eigener Initiative und Befugnissen im Zusammenhang mit der Ermächtigung zu Untersuchungen an Ort und Stelle differenzieren. 1. Anordnungsbefugnisse Richterliche Anordnungen, wie insbesondere Befehle, warrants, die auf Antrag des Anklägers im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens erlassen werden, finden in verschiedenen Vorschriften des ICC-Statuts eine Regelung. So steht der Vorverfahrenskammer gemäß Art. 58 Abs. 1 ICC-Statut die Befugnis zu, auf Antrag des Anklägers bereits während der Durchführung des Ermittlungsverfahrens einen Haftbefehl, arrest warrant, gegen eine Person, gegen die ermittelt wird, zu erlassen.68 Auf der Grundlage des erlassenen Haftbefehls ergeht schließlich ein Ersuchen um vorläufige Festnahme oder Festnahme und Überstellung der Person gegenüber dem betreffenden Staat gemäß den Vorschriften des 9.Teils des ICC-Statuts, Art. 58 Abs. 5 ICC-Statut.69 Besondere Bedeutung erlangt im Zusammenhang mit den Anordnungsbefugnissen der Vorverfahrenskammer bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens die Generalklausel des Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut. Danach kann die Vorverfahrenskammer auf Antrag des Anklägers die für die Zweck der Ermittlungen erforderlichen Anordnungen, orders, und Befehle, warrants, erlassen. Unklar bleibt indes die exakte terminologische Abgrenzung zwischen beiden Begriffen. In welchen Fällen der Ankläger auf den Erlaß dieser richterlichen

66

Vgl. Vgl. Rdnr. 6. 68 Vgl. 69 Vgl. 67

oben 2. Teil, 2. Kapitel, B. I. 2. Triffterer-Guariglia/Harris, Commentary on the Rome Statute, Art. 57 unten 5. Kapitel, B. I. 1. unten 5. Kapitel, B. I. 3.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Entscheidungen im einzelnen angewiesen ist, ergibt sich ebenfalls nicht ausdrücklich aus den Vorschriften des Statuts oder der Verfahrensordnung. Anhaltspunkte dafür, daß richterliche Anordnungen im Sinne des Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut entsprechend der Praxis der ad hoc Tribunale gegenüber einem Staat erlassen werden sollen, soweit dieser gegenüber dem Ankläger seine Kooperation bei den Ermittlungen verweigert, lassen sich nicht finden.70 Davon auszugehen ist allerdings, daß Ermittlungsmaßnahmen, die einen intensiven Eingriff gegenüber einem betroffenen Individuum darstellen, d.h. sog. Zwangsmaßnahmen, diesem Richtervorbehalt unterliegen.71 Dies läßt sich bereits damit begründen, daß das Verfahrensrecht dem Ankläger selbst keinerlei Zwangsbefugnisse zugesteht. Außerdem setzen auch freiheitsentziehende Maßnahmen nach Art. 58 ICC-Statut einen richterlichen Rechtsakt in Gestalt des Haftbefehls voraus. Als sonstige richterliche Anordnungen, die dann dem Anwendungsbereich des Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut unterfallen, können damit insbesondere der Durchsuchungsbefehl und die Beschlagnahmeanordnung, search and seizure warrant, angeführt werden.72 Welche Voraussetzungen im einzelnen für eine richterliche Entscheidung im Sinne des Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut erfüllt sein müssen, ergibt sich weder aus den Vorschriften des Statuts noch aus der Verfahrensordnung des ICC. Im Entwurf des ICC-Statuts vom 14. April 1998 waren die Voraussetzungen für die Beantragung bzw. Anordnung von Zwangsmaßnahmen noch genauer formuliert: „The right of all persons to be secure in their homes and to secure their papers and effects against entries, searches and seizures shall not be impaired by the Court except upon warrant issued by the [Court] [Pre-Trial Chamber], on the request of the Prosecutor, in accordance with Part 9 or the Rules of the Court, for adequate cause and particularly describing the place to be searched and things to be seized, or except on such grounds and in accordance with such procedures as are established by the Rules of the Court.“73

Auf der Staatenkonferenz in Rom sowie bei der folgenden Ausarbeitung der Verfahrensordnung entschied man sich jedoch gegen eine entsprechende Normierung.74 Dieselben Unzulänglichkeiten, wie sie aufgrund mangelnder Regelungsdichte bzw. Bestimmtheit bereits im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale bestehen, setzen sich demnach auch beim ICC fort.75 70

Vgl. unten 2. Kapitel, B. III. 2. Vgl. Ambos, Legal Basis of the ICC, S. 24; ders., Der neue Internationale Strafgerichtshof, S. 3745; Blanke/Molitor, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 159; Wexler, Rome Statute for a Permanent ICC, S. 671 f. 72 Triffterer-Guariglia/Harris, Commentary on the Rome Statute, Art. 57 Rdnr. 10. 73 Draft Statute for the International Criminal Court, 14 April 1998, UN-Doc. A/ CONF.183/2/Add.1 S. 107. 74 Triffterer-Schabas, Commentary on the Rome Statute, Art. 67 Rdnr. 58. 71

1. Kap.: Herrschaft über das Ermittlungsverfahren

209

In Anbetracht der Kompetenzverteilung zwischen Ankläger und Richter bei den ad hoc Tribunalen einerseits und beim ICC andererseits ergeben sich jedoch insoweit gewisse Unterschiede, als daß nach Maßgabe des ICC-Statuts sämtliche freiheitsentziehenden sowie andere eingriffsintensiven Maßnahmen bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens nach Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut ausnahmslos einer richterlichen Anordnung bedürfen. Entsprechende Eilkompetenzen des Anklägers, wie sie sich bei den ad hoc Tribunalen aus Regel 40 der Verfahrensordnungen ergeben, existieren als Ausnahme dieses Richtervorbehalts nicht. Insoweit läßt sich feststellen, daß sich die Kompetenzverteilung im Zusammenhang mit richterlichen Anordnungsbefugnissen nach Maßgabe des ICC-Statuts zu Lasten des Anklägers und zugunsten der Richter entwickelt hat. 2. Befugnisse bei einmaliger Gelegenheit zu Ermittlungsmaßnahmen, Art. 56 ICC-Statut Art. 56 ICC-Statut regelt ein besonderes Verfahren der Beweissicherung. Es bezieht sich auf Ermittlungsmaßnahmen, für deren Ergreifung eine einmalige Gelegenheit besteht, weil die betroffenen Beweismittel nachfolgend zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung möglicherweise nicht mehr verfügbar sind. Bei der Normierung orientierte man sich weitgehend an den entsprechenden Verfahren einer antizipierten Beweisaufnahme, wie sie im Strafverfahren kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen vorgesehen ist.76 Im einzelnen wird in Art. 56 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut zunächst die einmalige Gelegenheit, mündliche oder schriftliche Zeugenaussagen zu erhalten, genannt.77 Zum anderen wird auf die einmalige Gelegenheit, Beweismittel im Sinne von körperlichen Gegenständen zu prüfen, zu sammeln oder auf ihre Beweiskraft zu prüfen, verwiesen. Ein wichtiger Fall könnte in diesem Zusammenhang beispielsweise die Exhumierung von Massengräbern darstellen.78 Nach Art. 56 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut besteht für den Ankläger die Pflicht, die Vorverfahrenskammer von der einmaligen Gelegenheit zu Ermittlungsmaßnahmen zu unterrichten. Der Ankläger kann gemäß Art. 56 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut bei der Vorverfahrenskammer beantragen, bestimmte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beweissicherung zu ergreifen, um die Integrität des Verfahrens, insbesondere die Rechte der Verteidigung, zu gewährleisten.79 Eine nicht ab75

Gallant, Individual Human Rights, S. 701 und 706 ff. Bassiouni, Cour Pénale Internationale, S. 25. 77 Vgl. zur Auslegung des Begriffs der einmaligen Gelegenheit: Kreß, Witnesses in Proceedings before the ICC, S. 362. 78 Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 146. 79 Vgl. Sinopoli, Droits de la Défense, S. 800. 76

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

schließende Liste möglicher Maßnahmen findet sich in Art. 56 Abs. 2 ICC-Statut.80 Diese beschränken sich darauf, die Art und Weise der Ausführung einer einzelnen Ermittlungsmaßnahme durch den Ankläger festzulegen, nicht aber dessen Entscheidung über das Ob der Ermittlungsmaßnahme zu beeinflussen. Die Vorverfahrenskammer ist damit nicht befugt, Ermittlungsmaßnahmen selbst, d.h. unmittelbar durchzuführen. Auch hier verbietet sich folglich ein Vergleich zu dem Ermittlungsrichter im französischen Strafverfahrensrecht.81 Art. 56 Abs 3 ICC-Statut erweitert die Befugnisse der Vorverfahrenskammer nur ausnahmsweise für den Fall, in dem es um Beweismittel geht, die für die Verteidigung im Hauptverfahren als wesentlich zu erachten sind. Dann können entsprechende Maßnahmen auch ohne eine Beantragung durch den Ankläger von der Vorverfahrenskammer selbst und unmittelbar ergriffen werden. Vorausgesetzt wird allerdings, daß zuvor Konsultationen mit dem Ankläger stattfinden und die Nichtbeantragung durch den Ankläger als nicht gerechtfertigt zu beurteilen ist. Gegen solche Entscheidungen der Vorverfahrenskammer nach Art. 56 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut kann der Ankläger Beschwerde einlegen, Art. 56 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut. Führt der Ankläger die jeweiligen Ermittlungsmaßnahmen in Übereinstimmung mit den seitens der Vorverfahrenskammer im Verfahren nach Art. 56 ICC-Statut festgelegten Modalitäten aus, so vermindert er dadurch die Gefahr, daß erlangte Beweismittel von einer Beweisaufnahme wegen Unzulässigkeit, insbesondere aus Gründen der Mißachtung der Rechte der Verteidigung, ausgeschlossen werden.82 Eine entsprechende Entscheidung über die Zulässigkeit der Beweise ergeht letztendlich jedoch erst durch die Hauptverfahrenskammer im Rahmen der Hauptverhandlung, Art. 56 Abs. 4 i. V. m. Art. 69 Abs. 4 und 7 ICC-Statut. Eine Garantie für die Zulässigkeit vermittelt das Verfahren des Art. 56 ICC-Statut mithin nicht. Insgesamt ergibt sich im Vergleich zu der Rolle des Richters im Ermittlungsverfahren vor den ad hoc Tribunalen, wo eine dem Verfahren nach Art. 56 ICCStatut entsprechende Verfahrensart gänzlich fehlt, erneut eine zusätzliche richterliche Einflußmöglichkeit auf die Durchführung des Ermittlungsverfahrens zu Lasten der Kompetenzen des Anklägers.

80

Triffterer-Guariglia, Commentary on the Rome Statute, Art. 56 Rdnr. 7 ff. Triffterer-Guariglia, Commentary on the Rome Statute, Art. 56 Rdnr. 5. 82 Triffterer-Guariglia, Commentary on the Rome Statute, Art. 56 Rdnr. 13; Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 196. 81

1. Kap.: Herrschaft über das Ermittlungsverfahren

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3. Befugnisse zu Ermittlungsmaßnahmen aus eigener Initiative, Art. 57 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut Nach Art. 57 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut können seitens der Vorverfahrenskammer bestimmte Maßnahmen zum Schutz von Opfern und Zeugen, zum Schutz von Festgenommenen bzw. aufgrund einer Ladung i. S. d. Art. 58 Abs. 7 ICCStatut Erschienenen und zum Schutz von Informationen, welche die nationale Sicherheit berühren, ergriffen werden. Dem Wortlaut zufolge kann die Vorverfahrenskammer diesen Interessen erforderlichenfalls Sorge tragen, was darauf schließen läßt, daß der Vorverfahrenskammer insoweit die Befugnis zuteil wird, ggf. ex officio, also auch ohne einen entsprechenden Antrag des Anklägers zu handeln. Andererseits ermächtigt Art. 57 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut die Vorverfahrenskammer aber auch für die Sicherung von Beweismitteln zu sorgen. Berücksichtigt man, daß nach Art. 56 Abs. 3 ICC-Statut der Vorverfahrenskammer nur in engen Grenzen das Recht zusteht, Maßnahmen zum Zweck der Beweissicherung ohne vorherigen Antrag des Anklägers zu ergreifen, und auch die Beweissicherung im Rahmen des Verfahrens der vorläufigen Entscheidung nach Art. 18 Abs. 6 ICC-Statut bzw. des Anfechtungsverfahrens nach 19 Abs. 8 ICC-Statut einen entsprechenden Antrag des Anklägers voraussetzt,83 so erschiene es systemwidrig nunmehr in Art. 57 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut auf dieses Antragserfordernis zu verzichten. Von einer ex officio Befugnis der Vorverfahrenskammer läßt sich insoweit nicht ausgehen.84 Insgesamt ergibt sich damit aus Art. 57 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut für die Vorverfahrenskammer wiederum eine Möglichkeit, die Durchführung des Ermittlungsverfahrens zu beeinflussen.85 Eine entsprechende Vorschrift findet sich im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht. 4. Ermächtigung zu Untersuchungen an Ort und Stelle, Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut Die Vorverfahrenskammer ist schließlich befugt, den Ankläger unter den engen Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut zu Untersuchungen an Ort und Stelle zu ermächtigen.86 Dabei hat die Vorverfahrenskammer festzustellen, daß der jeweilig betroffene Staat eindeutig unfähig ist, die entsprechenden Maßnahmen selbständig im Wege eines darauf gerichteten Ersuchens des Anklägers nach dem 9. Teil des ICC-Statuts vorzunehmen.87 Regel 115 ICCVerfO legt konkretisierend fest, daß die Ermächtigung des Anklägers durch die 83 84 85 86 87

Vgl. unten 5. Teil, 1. Kapitel, B. I. 2. Triffterer-Guariglia/Harris, Commentary on the Rome Statute, Art. 57 Rdnr. 15. Wexler, Rome Statute for the Permanent ICC, S. 671 f. Vgl. unten 3. Kapitel, B. I. 2. Vgl. Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 143 f.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Vorverfahrenskammer nur auf bestimmte, aus einem schriftlichen Antrag des Anklägers explizit hervorgehende Maßnahmen bezogen sein kann, Regel 115 Abs. 1 ICC-VerfO.88 Der Ankläger der ad hoc Tribunale bedarf im Falle der Untersuchungen an Ort und Stelle hingegen keiner besonderen Ermächtigung. Erneut ist die Vorverfahrenskammer des ICC in der Lage auf die Durchführung des Ermittlungsverfahrens Einfluß zu nehmen. III. Verteidigung Eine Person, gegen die ermittelt wird, hat im Falle ihrer Vernehmung gemäß Art. 55 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen.89 Aus Regel 117 Abs. 2 ICC-VerfO läßt sich überdies entnehmen, daß bereits zum Zeitpunkt der Verhaftung einer Person auf dem Hoheitsgebiet eines Staates, ein Verteidiger für das Verfahren vor dem ICC bestellt werden kann.90 Besondere Befugnisse im Hinblick auf die Vorbereitung seiner Verteidigung werden dem aufgrund eines Haftbefehls nach Art. 58 Abs. 1 ICC-Statut Festgenommenen oder aber dem aufgrund einer Ladung nach Art. 58 Abs. 7 ICCStatut Erschienenen gemäß Art. 57 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut zuteil. So erhält er die Befugnis, bei der Vorverfahrenskammer den Erlaß notwendiger Anordnungen zu beantragen. Diese Anordnungen können sich insbesondere auf solche Maßnahmen beziehen, wie sie gemäß Art. 56 ICC-Statut für Fälle einmaliger Gelegenheit zu Ermittlungsmaßnahmen vorgesehen sind. Der Person, gegen die ermittelt wird, ist es dementsprechend möglich, insbesondere die Art und Weise der Durchführung einzelner Ermittlungsmaßnahmen zu beeinflussen. Des weiteren kann sie mittels eines Antrags gegenüber der Vorverfahrenskammer bzw. dem Richter bewirken, daß ein richterliches Ersuchen um entsprechende Rechtshilfe gegenüber einem Staat gemäß dem 9. Teil des ICC-Statuts ergeht. Regel 116 ICC-VerfO räumt der Vorverfahrenskammer die Möglichkeit ein, den Ankläger in der Angelegenheit zu hören, bevor sie ihre Entscheidung trifft. Mittels der Normierung dieser Vorschriften wollte man eine Stärkung der Verteidigung bzw. die Gewähr einer entsprechenden Waffengleichheit zwischen dem Ankläger und der Verteidigung herstellen.91 Im Bericht des Preparatory Committee heißt es in diesem Zusammenhang:

88

Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 196 f. Vgl. unten 4. Kapitel, B. II. 1. a). 90 Vgl. unten 5. Kapitel, B. I. 4. 91 Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 199; Tochilovsky, Rules of Procedure for the ICC, S. 350 f. 89

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

213

„It was suggested that an investigations chamber should monitor the investigative activities of the Prosecutor (. . .) to ensure equality between the prosecution and the defence and to enable the suspect to request that certain investigations be carried out.“92

Verglichen mit dem Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale, in dem entsprechende Befugnisse der Verteidigung bei der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens nicht vorgesehen sind, ergibt sich für die Verteidigung vor dem ICC mithin eine weitaus stärkere Position.93 Zwangsläufig vermindert sich durch diesen Zuwachs bei der Verteidigung die Herrschaft des Anklägers über die Durchführung des Ermittlungsverfahrens.

2. Kapitel

Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren Während sich ein Ermittlungsverfahren auf staatlicher Ebene grundsätzlich darauf beschränkt, ein Rechtsverhältnis zwischen dem Ermittlungsorgan und der betroffenen natürlichen Personen zu begründen, entsteht mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens vor den ad hoc Tribunalen oder dem ICC grundsätzlich ein weiteres Rechtsverhältnis, und zwar das gegenüber dem jeweils betroffenen Staat. Da internationale Strafgerichte über keine eigenen Vollzugsorgane verfügen, sind sie in weitem Maße von der Kooperation der Staaten abhängig. Insoweit kommt diesem Rechtsverhältnis allergrößte Bedeutung für die praktische Durchführung des Ermittlungsverfahrens zu.94 In einer Ansprache vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen führte der Präsident des ICTY dazu aus: „Thus, the Tribunal was not endowed with direct enforcement powers: it has no law enforcement agents at its disposal entitled to carry out investigations, subpoena witnesses, or serve arrest warrants in the territories of States Members of the United Nations. To fulfill all these tasks, the Tribunal must rely upon the domestic legal system and the enforcement machinery of each State. Consequently, all requests from the Tribunal for arrest, search, surrender or transfer of persons are addressed to, and processed by, the municipal system of the relevant state.“95

92 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 228. 93 Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 199 f.; Sinopoli, Droits de la Défense, S. 804. 94 Cassese, Statute of the ICC, S. 164; Harhoff, International Prosecution of Individuals, S. 58; Kaul/Kreß, Jurisdiction and Cooperation in the Statute of the ICC, S. 157; Wäspi, Arbeit der Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 2451.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Besteht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eine solche Abhängigkeit internationaler Strafgerichte von der Kooperation eines Staates, stellt sich zwangsläufig die Frage, inwieweit ein Staat völkerrechtlich verpflichtet ist, diese Kooperation zu gewähren und seine innerstaatliche Rechtsordnung zum Zweck der Erfüllung dieser Pflicht entsprechend auszugestalten hat.96 Dabei ist zunächst von grundlegender Bedeutung, welche Staaten den ad hoc Tribunalen bzw. dem ICC gegenüber überhaupt zur Kooperation verpflichtet sind. Des weiteren ist unter Zugrundelegung der internen Kompetenzverteilung zwischen Ankläger und Richterschaft zu klären, inwieweit staatliche Kooperationspflichten anläßlich der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens durch ein Ersuchen des Anklägers begründet werden können bzw. inwieweit die Begründung solcher Pflichten einen richterlichen Rechtsakt voraussetzt. Im Gegenzug ist zu untersuchen, welche Einwendungen ein Staat in zulässiger Weise gegenüber einem Ersuchen um Kooperation geltend machen kann. Besondere Aufmerksamkeit bedürfen auch die jeweiligen Durchsetzungsmechanismen für den Fall der ungerechtfertigten Kooperationsverweigerung eines Staates. Schließlich stellt sich die Frage, ob parallel zu den Staaten auch internationale Organisationen bestimmten Kooperationspflichten gegenüber der internationalen Strafgerichtsbarkeit unterworfen sind. Hinsichtlich sämtlicher der genannten Aspekte ist im Ergebnis festzustellen, wie sich das Rechtsregime der staatlichen Kooperation bei der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens vor den ad hoc Tribunalen einerseits und dem ICC andererseits vergleichsweise darstellt.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Daß ein Staat den ad hoc Tribunalen gegenüber zur Zusammenarbeit und Rechtshilfe verpflichtet ist, ergibt sich ausdrücklich aus Art. 29 ICTY-Statut bzw. Art. 28 ICTR-Statut. Diese Kooperationspflicht eines Staates besteht zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens, also auch bereits während der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens.97 Hinsichtlich der Liste einzelner Maßnahmen, zu deren Durchführung ein Staat verpflichtet werden kann, bestimmt Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut ausdrücklich, daß diese Liste nicht abschließender Natur ist, so daß sich die staatliche Kooperationspflicht

95 Address of Antonio Cassese, President of the ICTY, to the General Assembly of the United Nations, 14 November 1994, Annex to the First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342. 96 Vgl. zum Gestaltungsspielraum eines Staates bei den völkerrechtlichen Kooperationspflichten gegenüber internationalen Strafgerichten u. a.: Arbour/Bergsmo, Jurisdictional Overreach, S. 137. 97 Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 312; Morris/Scharf, ICTR, S. 457.

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

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grundsätzlich auf sämtliche, seitens der ad hoc Tribunale für notwendig erachtete Maßnahmen beziehen kann. Erfaßt werden in sachlicher Hinsicht grundsätzlich sowohl Maßnahmen, zu denen ein Staat selbst und unmittelbar als Subjekt verpflichtet werden kann, wie beispielsweise bei der Herausgabe behördlicher Dokumente, als auch Maßnahmen, bei denen der Staat als ausführendes Organ gegenüber natürlichen Personen vorzugehen hat, wie beispielsweise bei der Festnahme eines Verdächtigen.98 In der Entscheidung der Berufungskammer des ICTY im Blaskic-Verfahren vom 29. Oktober 1997 wird diesbezüglich ausgeführt: „The obligation under consideration concerns both action States may take only and exclusively through their organs (this, for instance, happens in case of an order enjoining a State to produce documents in the possession of one of its officials) and also action that states may be requested to take with regard to individuals subject to their jurisdiction (this is the case when the International Tribunal orders that individuals be arrested, or be compelled under threat of a national penalty to surrender evidence, or be brought to The Hague to testify.)“99

Gemessen an diesem weiten Anwendungsbereich der staatlichen Kooperation weist das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale lediglich eine geringe normative Regelungsdichte in diesem Zusammenhang auf. Es läßt sich feststellen, daß es weitgehend den Richtern der ad hoc Tribunale überlassen blieb, die Reichweite bzw. die Grenzen staatlicher Kooperationspflichten zu definieren bzw. zu konturieren.100 I. Adressaten staatlicher Kooperationspflichten Zum Adressatenkreis staatlicher Kooperationspflichten gegenüber den ad hoc Tribunalen gehören nicht nur die Staaten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens oder Ruanda, sondern sämtliche Staaten,101 und zwar gleichgültig, ob es sich um Mitglied- oder Nicht-Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen handelt. In Paragraph 4 der Resolution 827 (1993) zur Errichtung des ICTY bestimmt der Sicherheitsrat, daß alle Staaten nach Maßgabe der Resolution und des Statuts zur Kooperation verpflichtet sind:

98 Vgl. Morris/Scharf, ICTR, S. 645; Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 312. 99 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 27. 100 Cassese, Statute of the ICC, S. 165. 101 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 29; vgl. Malanczuk, Note on the Judgement of Issuance of Subpoena Duces Tecum, S. 235 f.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

„The Security Council decides that all states shall cooperate fully with the International Tribunal and its organs in accordance with the present resolution and the Statute of the International Tribunal and that consequently all States shall take any measures necessary under their domestic law to implement the provisions of the present resolution and the Statute, including the obligation of States to comply with requests for assistance or orders issued by a Trial Chamber under Article 29 of the Statute.“102

Paragraph 2 der Resolution 955 (1994) zur Errichtung des ICTR ist dem Wortlaut und Inhalt nach mit dem Zitat weitgehend identisch.103 Die Bindungswirkung ergibt sich für die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen aus Art. 25 der UN-Charta.104 Für Nicht-Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, zeitweilig war der Status der Republik Jugoslawien ungewiß,105 läßt sich unter Rückgriff auf Art. 2 Abs. 6 der UN-Charta eine entsprechende Bindungswirkung herleiten.106 Im Falle des ICTY ergibt sich darüber hinaus die Besonderheit, daß gemäß Regel 2 ICTY-VerfO107 auch eine selbsterklärte Einheit, die tatsächlich Regierungsaufgaben wahrnimmt, als Staat betrachtet wird, und zwar unabhängig davon, ob diese Einheit als Staat anerkannt ist oder nicht. Im einzelnen handelte es sich dabei seinerzeit um die Republik Srpska, die Republik Bosnien-Herzegowina und die Serbische Republik Krajina.108 Die Kooperationspflicht dieser Einheiten gegenüber dem ICTY ergibt sich nun insbesondere aus dem Dayton-Abkommen vom 14. Dezember 1995.109 II. Kooperation gegenüber der Richterschaft 1. Anwendungsbereich Die Untersuchungen bezüglich der Herrschaft über die Durchführung des Ermittlungsverfahrens haben bereits gezeigt, daß insbesondere im Falle einer Überstellung und vorläufigen Inhaftierung eines Verdächtigen am Sitz des ICTY bzw. ICTR nach Regel 40 bis der Verfahrensordnungen und Regel 40 (B) ICTR-VerfO eine richterliche Anordnung ergeht. Zudem bedingen Ermittlungs102

UN Doc. S/RES/827 (1993), para. 4. UN Doc. S/RES/955 (1994), para. 2. 104 Vgl. Bank, Cooperation with the ICTY, S. 238 m. w. N. 105 Boelaert-Suominen, ICTY and the Kosovo Conflict, S. 231 f. 106 Morris/Scharf, ICTR, S. 638. 107 Vgl. Second Annual Report of the ICTY, 23 August 1995, UN Doc. A/50/365, para. 23. 108 Boelaert-Suominen, ICTY and the Kosovo Conflict, S. 240. 109 Prosecutor v. Radislav Krstic (IT-98-33), Binding Order to the Republika Srpska for the Production of Documents, 1 March 1999; vgl. Jones, Implications of the Peace Agreement for the ICTY, S. 229 f.; Roggemann, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 138. 103

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

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maßnahmen, die einen schweren Eingriff in die Rechte natürlicher Personen darstellen, sog. Zwangsmaßnahmen, grundsätzlich einen richterlichen Befehl im Sinne der Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen.110 Soweit eine solche Kompetenz der Richter bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens gegeben ist, entsteht mithin die Situation, daß ein Staat nicht aufgrund eines Ersuchens des Anklägers, sondern ausschließlich als Folge eines richterlichen Rechtsaktes tätig wird. 2. Kooperationspflicht Aus Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut ergibt sich, daß ein Staat verpflichtet ist, allen von den Strafkammern erlassenen Rechtshilfeersuchen, request for assistance, und Anordnungen, order, unverzüglich nachzukommen. Anwendung findet diese Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus auch im Falle von Rechtshilfeersuchen bzw. Anordnungen, die nicht von einer Strafkammer, sondern als Folge der internen Organisationsstruktur der ad hoc Tribunale lediglich von einem einzelnen Richter erlassen werden.111 Hinsichtlich der begrifflichen Differenzierung zwischen Rechtshilfeersuchen und Anordnungen in Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut war im Bericht des Generalsekretärs festgelegt worden: „In practical terms, this means that all States would be under an obligation to cooperate with the International Tribunal and to assist it in all stages of the proceedings to ensure compliance with requests for assistance in identification and location of persons and the service of documents. Effect shall be given to orders issued by the Trial Chambers, such as warrants of arrest, search warrants, warrants for surrender or transfer of persons, and any other orders necessary for the conduct of trial.“112

Staaten sind demnach zur Erfüllung, to ensure compliance, von Rechtshilfeersuchen und zur Umsetzung, to give effect, von Anordnungen verpflichtet. Diese Differenzierung reflektiert den Umstand, daß nach herkömmlichem Verständnis im Rahmen des zwischenstaatlichen Rechtshilferechts ein Staat unmittelbar lediglich um die Vornahme bestimmter Maßnahmen „ersucht“ werden kann. Anordnungen, wie insbesondere der Haft- oder Durchsuchungsbefehl, ergehen hingegen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen. Der ersuchte

110

Vgl. oben 1. Kapitel, A. II. Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Decision on the Objection of the Republic of Croatia to the Issuance of Subpoena Duces Tecum, 18 July 1997, para. 73; Frowein/Nolte/Oellers-Frahm/Zimmermann, Investigating Powers of the ICTY, S. 356 f.; Harhoff, Efforts to Prosecute War Crimes in National and International Tribunals, S. 577 f.; Morris/Scharf, ICTR, S. 457. 112 Report of the Secretary-General Pursuant to Paragraph 2 of Security Council Resolution 808 (1993), UN Doc. S/25704, 3 May 1993, Para. 125. 111

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Staat ist insoweit nur mittelbar in seiner Funktion als Vollzugsorgan betroffen.113 Das ICTY geht in seiner Rechtsprechung allerdings davon aus, daß auch Staaten unmittelbare Adressaten einer sog. bindenden Anordnung, binding order, sein können. Diese Anordnung darf aber gegenüber einem Staat nicht mit der Androhung irgendwelcher Strafen für den Fall der Nichterfüllung verbunden werden, wie beim Erlaß eines subpoena-Befehls gegenüber natürlichen Personen.114 Diese Abkehr vom herkömmlichen Begriffsverständnis läßt sich dem Grunde nach nur damit rechtfertigen, daß der staatlichen Kooperationspflicht im Falle einer Anordnung bzw. bindenden Anordnung ein größeres Gewicht zugesprochen wird als im Falle eines Rechtshilfeersuchens.115 Dabei scheint gerade die Rechtsprechung des ICTY selbst Anhaltspunkte dafür zu liefern, daß hinsichtlich der staatlichen Kooperationspflicht, wie sie einerseits durch eine bindende Anordnung und andererseits durch ein Rechtshilfeersuchen der Richterschaft entsteht, in rechtstechnischer Hinsicht wohl kaum unterschieden werden kann: „With regard to States affected by Article 29, the International Tribunal (. . .) only possesses the power to issue binding orders or requests. To avoid any confusion in terminology that would result in a conceptual confusion, when considering Article 29 it is probably more accurate to speak of the International Tribunal’s ancillary (or incidental) mandatory powers vis-à-vis States.“116

Anhand des Wortlauts des Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut läßt sich ebenfalls eine entsprechende Unterscheidung nicht treffen. Deshalb ist ein Staat zu sämtlichen seitens der Richterschaft eingeforderten Maßnahmen bei der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens gleichermaßen verpflichtet, gleichgültig, ob es sich bei dem zugrunde liegenden Rechtsakt um ein Rechtshilfeersuchen oder eine Anordnung bzw. bindende Anordnung handelt.117

113 Frowein/Nolte/Oellers-Frahm/Zimmermann, Investigating Powers of the ICTY, S. 357. 114 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 25; vgl. zum subpoena-Befehl: oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II., oben 1. Kapitel, A. II., unten 4. Kapitel, A. I. 2. m. w. N. 115 Vgl. Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 704; Morris/Scharf, ICTR, S. 645. 116 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 28 and Disposition, para. 1; vgl. Henquet, Mandatory Compliance Powers vis à vis States, S. 976. 117 Morris/Scharf, ICTR, S. 645; Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 706.

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

219

III. Kooperation gegenüber dem Ankläger 1. Anwendungsbereich Soweit Ermittlungsmaßnahmen keine richterliche Entscheidung voraussetzen, sondern allein der Rechtsmacht des Anklägers unterstellt sind, findet staatliche Kooperation bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens zunächst auf Initiative des Anklägers und somit ausschließlich gegenüber dem Ankläger statt. Art. 18 Abs. 2 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 S. 2 ICTR-Statut weist dem Ankläger insoweit die Befugnis zu, zum Zweck der Ermittlungen staatliche Behörden um Mithilfe zu ersuchen. In den Verfahrensordnungen des ICTY bzw. ICTR wird diese Befugnis des Anklägers in zwei Vorschriften, Regel 39 iii) und Regel 40 der Verfahrensordnungen, konkretisiert. Gemäß der speziellen Regel 40 der Verfahrensordnungen kann der Ankläger aufgrund seiner sog. Eilkompetenzen einen Staat um die Ausführung vorläufiger Maßnahmen ersuchen. Erfaßt sind mitunter bestimmte eingriffsintensive Maßnahmen gegenüber natürlichen Personen, sog. Zwangsmaßnahmen.118 Demgegenüber verleiht Regel 39 iii) der Verfahrensordnungen dem Ankläger die allgemeine Befugnis, einen Staat bei der Ausführung sämtlicher anderer Ermittlungsmaßnahmen um Kooperation zu ersuchen.119 2. Kooperationspflicht Schwierig erscheint es aufgrund des Wortlauts des Art. 29 ICTY-Statut bzw. Art. 28 ICTR-Statut, die Verpflichtung eines Staates speziell den Ersuchen des Anklägers Folge leisten zu müssen, zu begründen. Grundlegend ergibt sich aus Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut für einen Staat die Pflicht bei der Ermittlung und Verfolgung von Personen, die schwerer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht beschuldigt werden, mit dem ICTY bzw. ICTR zusammenzuarbeiten. Daraus könnte sich zwar auch eine staatliche Kooperationspflicht gegenüber sämtlichen einzelnen Organen der ad hoc Tribunale, insbesondere also auch gegenüber dem Ankläger, begründen lassen. Andererseits regelt Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut wiederum, daß Staaten verpflichtet sind, allen richterlichen Rechtshilfeersuchen und Anordnungen unverzüglich nachzukommen, ohne auf eine entsprechende Verpflichtung gegenüber den Ersuchen des Anklägers Bezug zu nehmen. Von der Wissenschaft wird deshalb folgende Auslegung der Vorschriften erwogen. Die Pflicht eines Staates, den Ersuchen des Anklägers zu entsprechen, wird auf Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut gestützt, 118 119

Vgl. oben 1. Kapitel, A. I. 1. f). Vgl. oben 1. Kapitel, A. I. 1. e).

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

indem zwischen Rechtshilfeersuchen einerseits und Anordnungen andererseits differenziert wird. Während Rechtshilfeersuchen sowohl von seiten der Richterschaft als auch von seiten des Anklägers ergehen können, stellen Anordnungen i. S. d. Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut ausschließlich richterliche Rechtsakte dar.120 Diese Auslegung scheint mit der deutschen Übersetzung der Vorschrift übereinzustimmen, in der es heißt: „Die Staaten kommen allen Rechtshilfeersuchen und allen von den Strafkammern erlassenen Anordnungen unverzüglich nach (. . .).“121 In der englischen Fassung lautet es allerdings: „States shall comply without undue delay with any request for assistance or an order issued by a Trial Chamber (. . .)“. Demnach ist wegen des Wortes „oder“, or, aufgrund der englischen Fassung eher davon auszugehen, daß sowohl Rechtshilfeersuchen als auch Anordnungen im Sinne des Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut auf richterliche Rechtsakte beschränkt sind. Auch in der Rechtsprechung der ad hoc Tribunale findet Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut auf den Fall der staatlichen Kooperationspflicht gegenüber den Ersuchen des Anklägers keine Anwendung. Vielmehr unterscheidet die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang zwischen einer kooperativen und einer zwangsweisen Pflicht zur Zusammenarbeit und Rechtshilfe eines Staates, cooperative and mandatory compliance.122 Während ein Staat gegenüber einem Rechtshilfeersuchen des Anklägers lediglich einer kooperativen Pflicht unterliegt, führt eine bindende Anordnung der Richterschaft gemäß Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut zu einer zwangsweisen Pflicht des Staates. Die Rechtsprechung führt in diesem Zusammenhang aus: „Having clarified the scope and purport of Article 29, the Appeals Chamber feels it necessary to add that it also shares the Prosecutors contention that a distinction should be made between two modes of interaction with the International Tribunal: the cooperative and the mandatory compliance. The Appeals Chamber endorses the Prosecution’s contention that: As a matter of sound policy and in order to foster good relations to States, cooperative processes should wherever possible be used, . . . they should be used first, and

120

Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 147. ICTY-Statut, deutsche Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz), BT-Drs. 13/57 vom 29. November 1994; ICTRStatut, deutsche Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (Ruanda-Strafgerichtshof-Gesetz), BT-Drs. 13/7953 vom 12. Juni 1997. 122 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 31. 121

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

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. . . resort to mandatory compliance powers expressly given by Article 29 (2) should be reserved for cases in which they are really necessary. In the final analysis, the International Tribunal may discharge its functions only if it can count on the bona fide assistance and cooperation of sovereign States. It is therefore to be regarded as sound policy for the Prosecutor, as well as defence counsel, first to seek, through cooperative means, the assistance of States, and only if they decline to lend support, then to request a Judge or a Trial Chamber to have recourse to the mandatory action provided for in Article 29.“123

Zu beachten ist allerdings, daß durch dieses Urteil der spezielle Fall entschieden wurde, inwieweit ein Staat aufgrund eines subpoena duces tecum-Befehls zur Herausgabe behördlicher Dokumente verpflichtet ist. Demnach könnten die im Urteil entwickelten Grundsätze eines abgestuften Systems staatlicher Kooperationspflichten auf diesen speziellen Fall beschränkt sein, wohingegen sie in den übrigen Fällen, in denen ein Staat um die Ausführung sonstiger Maßnahmen durch den Ankläger ersucht wird, nicht anwendbar wären. Für die allgemeine Geltung dieser Grundsätze spricht aber, daß die relevanten Passagen des Berufungsurteils eine solche Differenzierung nicht zu erkennen geben. Außerdem läßt sich ein entsprechendes Vorgehen des Anklägers, nämlich zunächst selbständig mittels eines eigenen Ersuchens, einen Staat zur Durchführung bestimmter Maßnahmen zu bewegen, und im Falle der Verweigerung durch den Staat gemäß Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen, den Erlaß einer richterlichen Anordnung gegenüber dem Staat zu beantragen, auch in anderen Zusammenhängen in der Praxis der ad hoc Tribunale nachweisen, wie z. B. bei der Ermittlung von Personen und ihres Aufenthaltsortes.124 Festzustellen ist, daß mit diesem Mechanismus zwangsläufig ein politischer Vorteil verbunden ist, und zwar weil dem Ankläger für den Fall, daß der ersuchte Staat ihm gegenüber die Kooperation verweigert, die Möglichkeit verbleibt, mit der Autorität des Gerichts bzw. einer richterlichen Entscheidung weiteren Druck auf einen Staat auszuüben. Wie im Falle einer etwaigen Differenzierung zwischen richterlichen Rechtshilfeersuchen und richterlichen Anordnungen bzw. bindenden Anordnungen innerhalb des Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut läßt sich letztlich aber auch hier die divergierende Kooperationspflicht eines Staates gegenüber einem Ersuchen des Anklägers einerseits und gegenüber einer bindenden Anordnung der Richterschaft andererseits in rechtstechnischer Hinsicht nur schwerlich nachvollziehen. Ausgeschlossen er123 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 31; vgl. Bank, Cooperation with the ICTY, S. 239. 124 Prosecutor v. Radovan Karadzic et al. (IT-95-5), Order requesting States to Assist in the Arrest of Radovan Karadzic, Ratko Mladic, Milan Martic by Providing Information as to their Movements and Locations, 2 August 1995; vgl. Henquet, Mandatory Compliance Powers vis à vis States, S. 979; Jones, Practice of the International Tribunals, S. 254; Morris/Scharf, ICTR, S. 645.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

scheint es, daß ein Staat gegenüber den Ersuchen des Anklägers völkerrechtlich nicht bzw. weniger zur Erfüllung verpflichtet sei als gegenüber einer bindenden Anordnung der Richterschaft im Sinne des Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut.125 Dagegen spricht insbesondere, daß die Verweigerung eines Staates nach Regel 7 der Verfahrensordnungen grundsätzlich in beiden Fällen gleich behandelt wird.126 Zur Begründung dieser völkerrechtlichen Pflicht eines Staates, ein Rechtshilfeersuchen des Anklägers erfüllen zu müssen, reichen dann Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTRStatut sowie die entsprechenden Passagen in den Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen als normative Grundlage aus.127 So heißt es beispielsweise in Resolution 1207 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 17. November 1998: „1. Reiterates its decision that all States shall cooperate fully with the Tribunal and its organs in accordance with resolution 827 (1993) and the Statute of the Tribunal, including the obligation of States to comply with requests for assistance and orders issued by a Trial Chamber under Art. 29 of the Statute, to execute arrest warrants transmitted to them by the Tribunal, and to comply with its requests for information and investigations. (. . .) 4. Reiterates its call upon the authorities of the FRY (. . .) and all others concerned to cooperate fully with the Prosecutor in the investigation of all possible violations within the jurisdiction of the Tribunal.“128

Dem ggf. bei einem verweigerten Ersuchen des Anklägers nachfolgenden Erlaß eines richterlichen Rechtsaktes auf der Grundlage des Art. 29 Abs. 2 ICTYStatut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut kommt insoweit aus rechtlicher Sicht also keinerlei konstitutive bzw. verstärkende Wirkung hinsichtlich der staatlichen Kooperationspflicht zu, sondern ist primär als praktischer bzw. politischer Mechanismus zur Durchsetzung dieser völkerrechtlichen Pflicht zu qualifizieren. IV. Einwendungen der Staaten Zunächst läßt sich feststellen, daß es einem Staat generell verwehrt ist, der Erfüllung seiner Kooperationspflicht gegenüber den ad hoc Tribunalen aus Gründen staatlichen Rechts zu widersprechen. Dies hat das ICTY in einer Entscheidung klargestellt: „There exists in international law a universally recognized principle whereby a gap or deficiency in municipal law, or any lack of necessary national legislation, does not relieve States and other international subjects from their international obliga125 126 127 128

Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 707. Shaw, Procedural and Evidential Issues, S. 81. Vgl. UN Doc. S/RES/1166 (1998), UN Doc. S/RES/1207 (1998). UN Doc. S/RES/1207 (1998), para. 1 and 4.

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

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tions; consequently, no international legal subject can plead provisions of national legislation, or lacunae in that legislation, to be absolved of its obligations; when they do so, they are in breach of those obligations.“129

Vielmehr hat ein Staat mittels seiner Gesetzgebung die normativen Voraussetzungen zu schaffen, um sämtlichen Kooperationspflichten gegenüber den ad hoc Tribunalen in hinreichendem Maße nachkommen zu können.130 Im zwischenstaatlichen Rechtshilferecht werden allerdings, je nach dem spezifischen völkervertraglichen oder völkergewohnheitsrechtlichen Rechtsverhältnis einem ersuchten Staat zumindest einzelne Einwendungen gegen ein Rechtshilfeersuchen des ersuchenden Staates zugestanden. So kann ein Staat z. B. die Auslieferung seiner eigenen Staatsangehörigen und die Auslieferung eines Ausländers im Falle politischer, militärischer oder fiskalischer Straftaten verweigern.131 Zum anderen ist anerkannt, daß sich Auslieferungsgegenrechte ggf. auch aus Gründen des menschenrechtlichen Individualschutzes im Einzelfall ergeben.132 Sämtliche Maßnahmen der Rechtshilfe können aus Gründen der Souveränität, der Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, ordre public, oder anderer wesentlicher Interessen eines Staates verweigert werden.133 Anders als im zwischenstaatlichen Rechtshilferecht bestehen solche Ausnahmetatbestände für die Kooperationspflicht eines Staates gegenüber den ad hoc Tribunalen grundsätzlich nicht. In einem Urteil des ICTY heißt es: „Secondly, a plain reading of Article 29 of the Statute makes it clear that it does not envisage any exception to the obligation of States to comply with requests and orders (. . .). It follows that it would be unwarranted to read into Article 29 limitations or restrictions on the International Criminal Tribunal not expressly envisaged either in Article 29 or in other provisions of the Statute.“134

Gerechtfertigt wird dies mit der Kompetenz des Sicherheitsrates aus Kapitel VII der UN-Charta.135 Insbesondere deshalb wird das Kooperationsregime der ad hoc Tribunale als vertikales Rechtshilfemodell bezeichnet, während auf zwischenstaatlicher Ebene vom horizontalen Rechtshilfemodell gesprochen wird.136 129 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Decision of the President on the Defence Motion Filed Pursuant to Rule 64, 3 April 1996. 130 Vgl. UN Doc. S/RES/827 (1993), para. 4; UN Doc. S/RES/955 (1994), para. 2; Gallant, Presence of Defendants before the ICTY, S. 361. 131 Vgl. Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, § 2 IRG Rdnr. 17 f. 132 Scholz, Zulieferung an den Jugoslawien-Strafgerichtshof, S. 30 ff. 133 Vgl. dazu Art. 2 b) des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen, BGBl. 1964 II, 1369; 1976 II, 1799; 1982 II, 2071. 134 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 63.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Andererseits zeigt sich in der Praxis der ad hoc Tribunale ein stetiges Bemühen, auch staatlichen Interessen Rechnung zu tragen. Exemplarisch ist in diesem Zusammenhang der Fall, daß ein Staat wegen der Offenlegung von Informationen bzw. der Herausgabe behördlicher Dokumente aus Gründen der staatlichen Sicherheit Bedenken anmeldet.137 So wurde zunächst in der Rechtsprechung des ICTY138 und sodann in der eingefügten Regel 54 bis ICTYVerfO139 eine Reihe von Maßnahmen zum Schutze der staatlichen Sicherheit festgelegt. V. Durchsetzungsmechanismen In Regel 7 bis der Verfahrensordnungen ist das Verfahren festgelegt, das im Falle der Pflichtverletzung eines Staates gegenüber den ad hoc Tribunalen Anwendung findet. Eingefügt worden ist die Vorschrift erst im Jahre 1997.140 Zuvor existierte einzig in den Regeln 11, 13, 59 und 60 der Verfahrensordnungen und somit lediglich eine auf spezielle Pflichtverletzungen beschränkte Reaktionsmöglichkeit, während Regel 7 bis der Verfahrensordnungen nunmehr abschließend jedwede Pflichtverletzung eines Staates erfaßt. In Gang gesetzt wird das Verfahren gemäß Regel 7 bis (A) der Verfahrensordnungen durch eine Kammer oder einen Richters, wenn ein Staat einem richterlichen Rechtshilfeersuchen bzw. einer richterlichen Anordnung nicht nachkommt. Sind die Kammer oder der Richter davon überzeugt, daß damit ein Staat seine Verpflichtung aus Art. 29 ICTY-Statut bzw. Art. 28 ICTR-Statut verletzt, so ergeht ein entsprechender Beschluß. Es erfolgt dann eine entsprechende Unterrichtung des Präsidenten des ICTY bzw. ICTR, der sich sodann in der Funktion eines Nuntius an den Sicherheitsrat wendet und diesem Bericht erstattet. Auch der Ankläger kann gemäß Regel 7 bis (B) der Verfahrensordnungen das Verfahren in Gang setzen, soweit eine Pflichtverletzung des Staates darauf zu135 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 64. 136 Cassese, Statute of the ICC, S. 164 f.; Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, § 1 Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz Rdnr. 3. 137 Nouvel, Arrêt dans l’Affaire Blaskic, S. 159 f. 138 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 67 ff. 139 Vgl. Seventh Annual Report of the ICTY, 7 August 2000, UN Doc. A/55/273, para. 296. 140 Vgl. Fourth Annual Report of the ICTY, 18 September 1997, UN Doc. A/52/ 375, para. 56; Third Annual Report of the ICTR, 23 September 1998, UN Doc. A/53/ 429, para. 13.

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

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rückzuführen sind, daß einem Ersuchen des Anklägers gemäß Regel 8, 39 oder 40 der Verfahrensordnungen nicht Folge geleistet wurde. Insoweit obliegt es dem Ankläger allerdings die Pflichtverletzung gegenüber dem Präsidenten zunächst nachzuweisen.141 Gelingt dies, so setzt der Präsident den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in Kenntnis.142 Der Sicherheitsrat kann daraufhin auf der Grundlage seiner Befugnisse aus der UN-Charta, nach seinem Ermessen über entsprechende Maßnahmen, theoretisch sogar über die Verhängung von Sanktionen i. S. d. Kapitels VII der UN-Charta,143 gegenüber dem jeweiligen Staat entscheiden.144 In der Praxis wird vornehmlich mittels einer Stellungnahme durch den Präsidenten des Sicherheitsrates auf das Vorbringen von seiten der ad hoc Tribunale reagiert.145 In der Rechtsprechung des ICTY wird darüber hinaus ein weiterer Effekt des Verfahrens nach Regel 7 bis der Verfahrensordnungen angesprochen, nämlich daß die Verletzung der Kooperationspflicht der gesamten Staatengemeinschaft publik gemacht wird. Da die staatliche Kooperationspflicht gegenüber den ad hoc Tribunalen als völkerrechtliche Pflicht erga omnes qualifiziert wird,146 könnten dann auch unbeteiligte Staaten selbständig oder im Verbund miteinander sowie internationale Organisationen Maßnahmen gegenüber dem pflichtigen Staat ergreifen. „Every Member State of the United Nations has a legal interest in seeking compliance by any other Member State with the International Tribunal’s orders and requests issued pursuant to Article 29. Faced with the situation where a judicial finding by the International Tribunal of a breach of Article 29 has been reported to the Security Council, each Member State of the United Nations may act upon the legal interest referred to; consequently it may request the State to terminate its breach of Article 29. In addition to this possible unilateral action, a collective response through other intergovernmental organizations may be envisaged.“147 141 Vgl. Request by the Prosecutor under Rule 7 bis (B) that the President Notify the Security Council of the Failure of the Republic of Croatia to Comply with its Obligations under Article 29, The Hague 28 July 1999, ICTY-Press Release; Seventh Annual Report of the ICTY, 7 August 2000, UN Doc. A/55/273, para. 159. 142 Vgl. Letter from the President of the International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia to the President of the United Nations Security Council, The Hague 25 August 1999, ICTY-Press Release CC/P.I.S./433-E; Seventh Annual Report of the ICTY, 7 August 2000, UN Doc. A/55/273, para. 160. 143 Morris/Scharf, ICTR, S. 660. 144 Malanczuk, Tribunal’s Power to Issue Subpoena Duces Tecum, S. 272. 145 Vgl. Statement of the President of the Security Council on 8 August 1996, UN Doc. S/PRST/1996/34; Statement of the President of the Security Council on 20 September 1996, UN Doc. S/PRST/1996/39. 146 Malanczuk, Note on the Judgement on the Issuance of Subpoena Duces Tecum, S. 238 ff. 147 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 36.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Als Beispiele solcher Maßnahmen werden in der Rechtsprechung des ICTY die politische oder moralische Verurteilung, die kollektive Aufforderung, die Pflichtverletzung zu beenden, und sogar ökonomische oder diplomatische Sanktionen genannt.148 VI. Kooperation internationaler Organisationen In Regel 39 iii) der Verfahrensordnungen wird festgelegt, daß der Ankläger befugt ist, auch internationale Einrichtungen um Unterstützung zu ersuchen. Besondere Erwähnung findet in diesem Zusammenhang die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (INTERPOL), der im Ermittlungsverfahren insbesondere die Funktion zukommt, die Kommunikation zwischen dem Ankläger und den Staaten zu erleichtern.149 Eine Einschaltung erfolgt insbesondere dann, wenn ein Ersuchen des Anklägers mangels ausreichender Erkenntnisse nicht nur gegenüber einem bestimmten Staat ergehen kann, wie beispielsweise bei der Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Verdächtigen.150 Auch in anderen Zusammenhängen erscheint es vorstellbar, daß die Kooperation internationaler Organisationen für die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens seitens der ad hoc Tribunale durchaus von Nutzen sein könnte, wie beispielsweise dann, wenn internationale Organisationen über relevante Informationen verfügen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwieweit das zwischen den ad hoc Tribunalen und den Staaten geltende Kooperationsregime auch im Verhältnis zu internationalen regierungsamtlichen Organisationen entsprechend anwendbar ist. Insbesondere ist von Bedeutung, ob internationale Organisationen einer Kooperationspflicht i. S. d. Art. 29 ICTY-Statut bzw. Art. 28 ICTR-Statut gegenüber den ad hoc Tribunalen unterliegen, mit der Folge, daß entsprechende Ersuchen des Anklägers oder der Richterschaft bindende Wirkung entfalten, oder ob eine Kooperation lediglich auf der Grundlage der Freiwilligkeit geleistet wird. Die Rechtsprechung der ad hoc Tribunale ist in diesem Zusammenhang uneinheitlich. In Entscheidungen hinsichtlich der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist strikt zwischen einem Staat und einer internationalen Organisation differenziert worden, so daß zumindest gegenüber diesen internationalen Organisationen nicht von einer den Staaten vergleichbaren Kooperationspflicht auszugehen ist.151 Demgegenüber legen andere Entscheidungen nahe, in denen ein Ersuchen allerdings sowohl an die Mitgliedstaaten als auch die 148 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 36. 149 Vgl. Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 873 f. 150 Morris/Scharf, ICTR S. 456.

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

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internationale Organisation erging, daß auch internationale Organisationen in analoger Anwendung des Art. 29 ICTY-Statut bzw. Art. 28 ICTR-Statut zur Kooperation verpflichtet werden können.152 Dies läßt sich dogmatisch schließlich damit begründen, daß zumindest in solchen Fällen, in denen sämtliche Mitgliedstaaten einer internationalen Organisation derselben völkerrechtlichen Pflicht unterliegen, diese Pflicht auch für die jeweilige internationale Organisation besteht.153 Das ICTY hat in einer Entscheidung bezüglich der Kooperationsverpflichtung der SFOR-Einheiten in diesem Zusammenhang ausgeführt: „On its terms, Art. 29 applies to all States, whether acting individually or collectively. In principle, there is no reason why Art. 29 should not apply to collective enterprises undertaken by states, in the framework of international organisations, and in particular, their competent organs such as SFOR in the present case.“154

Gegen eine entsprechende Anwendung des auf der Grundlage des Art. 29 ICTY-Statut bzw. Art. 28 ICTR-Statut entwickelten Kooperationsregimes auf internationale Organisationen läßt sich insoweit aus dogmatischen Gründen schließlich nichts einwenden. Andererseits ist die Kooperationsverpflichtung der KFOR-Einheiten seitens des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen wiederum ausdrücklich in einer seiner Resolutionen festgelegt worden.155 Wäre man der Rechtsprechung des ICTY in seiner letzten Konsequenz gefolgt, so hätte es dieser Festlegung dem Grunde nach gar nicht bedurft.

B. Der Internationale Strafgerichtshof Im Gegensatz zu den Rechtsgrundlagen der ad hoc Tribunale enthält das ICC-Statut in seinem 9. Teil sowie in den ergänzenden Vorschriften des 11. Kapitels der Verfahrensordnung detaillierte Regelungen für die Kooperation der Staaten. Für den 9. Teil des ICC-Statuts läßt sich keine systematische Ordnung der einzelnen Vorschriften erkennen. Dies erklärt sich daraus, daß über 151 Prosecutor v. Milan Kovacevic (IT-97-24), Decision Refusing Defence Motion for Subpoena, 23 June 1998 (OSCE-Decision); Prosecutor v. Blagoje Simic et al. (IT95-9), Decision on the Prosecution Motion Under Rule 73 for a Ruling Concerning the Testimony of a Witness, 27 July 1999 (ICRC-Decision). 152 Prosecutor v. Dario Kordic et al. (IT-95-14/2), Order for the Production of Documents by the European Community Monitoring Mission and its Member States, 4 August 2000; Prosecutor v. Blagoje Simic et al. (IT-95-9), Decision on Motion for Judicial Assistance to be Provided by SFOR and Others, 18 October 2000. 153 Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 687. 154 Prosecutor v. Blagoje Simic et al. (IT-95-9), Decision on Motion for Judicial Assistance to be Provided by SFOR and Others, 18 October 2000, para. 46. 155 UN Doc. S/RES/1244 (1999), para. 14: „Demands full Cooperation by all Concerned, including the International Security Presence, with the International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia“; vgl. LaRosa, Forces Multinationales et l’Obligation de Coopérer avec les Tribunaux Internationaux, S. 685 ff.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

den 9. Teil bis zum Abschluß der Staatenkonferenz in Rom intensiv verhandelt worden ist und somit zu einer Systematisierung keine Zeit mehr zur Verfügung stand.156 Inhaltlich läßt sich zwischen Vorschriften im Sinne eines Allgemeinen Teils, wie Art. 86, 87, 88, 97, 98 Abs. 1 und 100 ICC-Statut, besonderen Vorschriften bezüglich der Festnahme und Überstellung, wie Art. 89, 90, 91, 92, 98 Abs. 2, 101 und 102 ICC-Statut,157 und besonderen Vorschriften bezüglich anderer Formen der Kooperation, wie Art. 93, 94, 95, 96 und 99 ICC-Statut unterscheiden.158 In sachlicher Hinsicht ergibt sich – verglichen mit den Statuten der ad hoc Tribunale – ein hoher Grad der Spezifizierung hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen, um die ein Staat zum Zweck der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens oder der Strafverfolgung seitens des ICC ersucht werden kann. Bereits während der Vorarbeiten zum ICC-Statut wurde diese Tendenz erkennbar: „As regards judicial assistance during the investigation phase (prior to indictment), support was expressed for the establishment of a list itemizing the forms of assistance that States parties to the statute would be expected to provide to the international criminal court; that list would not necessarily be exhaustive but should identify the types of assistance that were compulsary.“159

Lediglich in Art. 93 Abs. 1 lit. l) ICC-Statut wird dem ICC mittels einer Generalklausel die Befugnis zuteil, einen Staat zum Zweck der Ermittlungen oder der Strafverfolgung ggf. um weitere, nicht explizit normierte Maßnahmen zu ersuchen. Vorausgesetzt wird dann aber, daß die jeweilige Maßnahme nach staatlichem Recht nicht verboten ist. Insgesamt läßt sich aufgrund der vergleichsweise hohen Regelungsdichte davon ausgehen, daß den Richtern des ICC im Rahmen ihrer Auslegung ein wesentlich geringerer Spielraum verbleibt als den Richtern der ad hoc Tribunale. Die Reichweite bzw. die Grenzen staatlicher Kooperationspflichten sind somit grundsätzlich im vorhinein von seiten und damit zwangsläufig auch tendenziell eher zugunsten der Staaten durch den 9. Teil des ICC-Statuts exakt vorgegeben worden.160 Andererseits verbleibt zumindest die theoretische Möglichkeit, daß der Sicherheitsrat im Einzelfall auf der Grundlage seiner Befugnisse aus Kapitel VII

156 Vgl. Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 155. 157 Vgl. zu den Vorschriften bezüglich der Festnahme und Überstellung: unten 5. Kapitel, B. I. 3. 158 Triffterer-Kreß/Prost/Schlunck/Wilkitzki, Commentary on the Rome Statute, Preliminary Remarks Part 9, Rdnr. 6; Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 95. 159 Report of the Ad Hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. A/50/22, para. 224; vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. II. 1. 160 Cassese, Statute of the ICC, S. 165; Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 101 f.

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

229

der UN-Charta eine Modifizierung des im 9. Teil des ICC-Statuts kodifizierten Kooperationsregimes zu Lasten staatlicher Interessen vornimmt.161 Einwendungen gegen eine Derogation der Bestimmungen des ICC-Statuts lassen sich im Zusammenhang mit staatlichen Kooperationspflichten nicht erheben.162 In einem solchen Fall ginge die Bindungswirkung der jeweiligen Resolution des Sicherheitsrates den Regelungen des ICC-Statuts vor.163 I. Adressaten staatlicher Kooperationspflichten Eine Bindungswirkung für die im 9. Teil ICC-Statut niedergelegten Kooperationspflichten eines Staates gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof besteht aufgrund des Rechtsgrundsatzes pacta tertiis nec nocent nec prosunt zunächst ausschließlich gegenüber den Vertragsstaaten. Gegenüber Nicht-Vertragsstaaten ist der ICC dagegen grundsätzlich auf eine Kooperation aus Freiwilligkeit angewiesen. Diese freiwillige Kooperation kann auf einer informellen Grundlage vollzogen werden. Eine Anwendung der Vorschriften des 9. Teils ist dann ausgeschlossen. Ggf. wird das Verhältnis zwischen einem Nicht-Vertragsstaat und dem ICC aber auch mittels einer ad hoc Regelung oder Übereinkunft im Sinne des Art. 87 Abs. 5 ICC-Statut auf eine formelle Grundlage gestellt. Dann können, je nach Reichweite der Regelung oder Übereinkunft, auch für einen Nicht-Vertragsstaat aufgrund vertraglicher Einigung bzw. entsprechenden Parteiwillens Kooperationspflichten im Sinne des 9. Teils des ICC-Statuts entstehen.164 Schließlich können Nicht-Vertragsstaaten durch eine entsprechende Resolution des Sicherheitsrates auf der Grundlage des Kapitels VII der UN-Charta hinsichtlich der Strafverfolgung bestimmter Ereignisse zur Kooperation mit dem ICC verpflichtet werden.165 Von dieser Möglichkeit wird der Sicherheitsrat erwartungsgemäß immer dann Gebrauch machen, wenn er die zugrundeliegende Situation gemäß Art. 13 lit. b) ICC-Statut an den ICC verwiesen hat.166 In diesem Fall entstehen ausnahmsweise also auch für einen Nicht-Vertragsstaat nach Maßgabe der jeweiligen Resolution einzelne oder gar sämtliche Kooperations161 Henquet, Mandatory Compliance Powers vis à vis States, S. 998; Sluiter, An ICC is Hereby Established, S. 417. 162 Vgl. die gegenteilige Feststellung bezüglich einer Derogation der Regelungen über die konkurrierende Zuständigkeit des ICC: oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. 1. c). 163 Vgl. Arbour/Bergsmo, Jurisdictional Overreach, S. 139; Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 127. 164 Vgl. Triffterer-Kreß/Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 87 Rdnr. 18 ff. 165 Vgl. Blanke/Molitor, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 161. 166 Henquet, Mandatory Compliance Powers vis à vis States, S. 998; Palmisano, ICC and Third States, S. 417; vgl. oben 3. Teil, 1. Kapitel, B. I. 2.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

pflichten im Sinne des 9. Teils des ICC-Statuts gegenüber dem ICC. Insbesondere dann wird dem Nicht-Vertragsstaat daran gelegen sein, das Kooperationsverhältnis zwischen ihm und dem ICC mittels einer ad hoc Regelung oder Übereinkunft im Sinne des Art. 87 Abs. 5 ICC-Statut formell zu regeln.167 Unterbleibt allerdings eine entsprechende Beschlußfassung durch den Sicherheitsrat und beschränkt sich der Kreis der Adressaten staatlicher Kooperationspflichten auf die Vertragsstaaten, so besteht insoweit zumindest in den ersten Jahren bis zur Erreichung eines höheren Ratifikationsstandes für den ICC eine wesentlich schwierigere Ausgangslage bei der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens als für die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen. II. Kooperation gegenüber der Vorverfahrenskammer 1. Anwendungsbereich Art. 58 Abs. 1 ICC-Statut regelt, daß der Erlaß eines Haftbefehls der Kompetenz der Vorverfahrenskammer unterfällt. Gleiches gilt gemäß Art. 58 Abs. 5 ICC-Statut für die damit verbundenen Entscheidungen über die vorläufige Festnahme oder die Festnahme und Überstellung. In diesen Fällen erfolgt damit zwangsläufig auch die Kooperation eines Staates aufgrund eines entsprechenden richterlichen Ersuchens.168 Aus Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut, wonach die Vorverfahrenskammer auf Antrag des Anklägers die für die Zweck der Ermittlungen erforderlichen Anordnungen und Befehle erlassen kann, ergibt sich ein weiterer Anwendungsbereich staatlicher Kooperation als Folge eines Ersuchens der Vorverfahrenskammer. So bedingen Ermittlungsmaßnahmen, die einen intensiven Eingriff in die Rechte natürlicher Personen mit sich bringen, sog. Zwangsmaßnahmen wie insbesondere die Beschlagnahme und Durchsuchung, den Erlaß eines richterlichen Rechtsaktes.169 In Art. 57 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut wird die Vorverfahrenskammer darüber hinaus ermächtigt, zur Vorbereitung der Verteidigung, sich um die notwendige Zusammenarbeit mit den Staaten zu bemühen. Auch deshalb kann staatliche Kooperation aufgrund eines entsprechenden richterlichen Ersuchens stattfinden.170 2. Kooperationspflicht Im Rahmen des 9. Teils des ICC-Statuts läßt sich zwischen der allgemeinen Verpflichtung eines Staates zur Zusammenarbeit mit dem ICC nach Art. 86 167 168 169 170

Triffterer-Kreß/Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 87 Rdnr. 19. Vgl. unten 5. Kapitel, B. I. 3. Vgl. oben 1. Kapitel, B. II. 1. Vgl. oben 1. Kapitel, B. III.

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

231

ICC-Statut und der besonderen Verpflichtung eines Staates im Falle förmlicher Ersuchen des ICC nach Art. 87 ff. ICC-Statut differenzieren. Spiegelbildlich zu den o. g. Ermittlungsmaßnahmen, die in den Anwendungsbereich staatlicher Kooperation gegenüber der Vorverfahrenskammer fallen, läßt sich folglich aus den einzelnen Vorschriften der Art. 87 ff. ICC-Statut nun explizit die jeweilige korrespondierende Kooperationspflicht eines Staates herleiten. So legt beispielsweise Art. 89 Abs. 1 ICC-Statut fest, daß die Vertragsstaaten einem Ersuchen um Überstellung Folge leisten.171 Die staatliche Pflicht zur Ausführung richterlicher Befehle läßt sich z. B. bei der Durchsuchung oder Beschlagnahme aus Art. 93 Abs. 1 lit. h) ICC-Statut herleiten usw. Im Unterschied zu Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTRStatut ergeben sich aus den Vorschriften des 9. Teils des ICC-Statuts keinerlei Hinweise darauf, daß der Vorverfahrenskammer neben einem richterlichen Ersuchen ggf. noch weitere Rechtsinstrumente im Zusammenhang mit der staatlichen Kooperation zur Verfügung stehen. Die Frage nach einer etwaigen Differenzierung zwischen der staatlichen Kooperationspflicht gegenüber einem richterlichen Rechtshilfeersuchen einerseits und einer richterlichen Anordnung bzw. bindenden Anordnung andererseits stellt sich demnach im Verfahrensrecht des ICC nicht.172 III. Kooperation gegenüber dem Ankläger 1. Anwendungsbereich Der Ankläger ist gemäß Art. 54 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut grundsätzlich dazu ermächtigt, einen Staat nach seinem Ermessen in sämtlichen Angelegenheiten bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens um Zusammenarbeit zu ersuchen.173 Genauso wie im Falle der ad hoc Tribunale können sich entsprechende Ersuchen des Anklägers nur auf solche Maßnahmen beziehen, für die ihm die alleinige Kompetenz zugewiesen ist, d.h. für die kein richterlicher Anordnungsvorbehalt besteht. Im Vergleich zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale bestehen für den Ankläger des ICC keine entsprechenden Eilkompetenzen.174 Dem Ankläger des ICC ist es also nicht möglich, einen Staat ggf. um die Ausführung eingriffsintensiver Maßnahmen gegenüber Individuen, sog. Zwangsmaßnahmen, zu ersuchen. Im Vergleich zu den ad hoc Tribunalen reduziert sich somit zwangsläufig auch der sachliche Anwendungsbereich staatlicher Kooperation gegenüber dem Ankläger. 171

Vgl. Vgl. 173 Vgl. Rdnr. 1 ff. 174 Vgl. 172

unten 5. Kapitel, B. I. 3. Henquet, Mandatory Compliance Powers vis à vis States, S. 983. Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 54 oben 1. Kapitel, A. I. 1. d).

232

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

2. Kooperationspflicht Ergeht ein Ersuchen des Anklägers, so könnte die korrespondierende Pflicht eines Staates zur Ausführung der ersuchten Maßnahmen aus Art. 93 ICC-Statut hergeleitet werden. Die in Art. 93 Abs. 1 lit. a)–k) ICC-Statut aufgeführten Maßnahmen sowie die aufgrund der Generalklausel des Art. 93 Abs. 1 lit. l) ICC-Statut ggf. zusätzlichen Maßnahmen decken in inhaltlicher Hinsicht den Anwendungsbereich staatlicher Kooperation gegenüber dem Ankläger größtenteils ab. In Art. 93 ICC-Statut wird allerdings ausschließlich von Ersuchen seitens des Gerichtshofs gesprochen. Fraglich erscheint damit, ob der Begriff des Gerichtshofs im Rahmen des 9. Teils so auszulegen ist, daß sämtliche Organe, und somit auch der Ankläger, einbezogen sind. Ist der Begriff hingegen im Wege restriktiver Auslegung mit dem der Vorverfahrenskammer gleichzusetzen, ergibt sich zwangsläufig, daß ein Staat bei Ratifikation des ICC-Statuts grundsätzlich keinerlei Pflichten übernimmt, den Ersuchen des Anklägers Folge zu leisten. In der Wissenschaft wird diese Auffassung teilweise vertreten. Danach begründet ein Ersuchen des Anklägers keine Kooperationspflicht eines Staates nach Maßgabe des 9. Teils des ICC-Statuts. Der Staat kooperiert ggf. mit dem Ankläger auf der Grundlage der Freiwilligkeit.175 Soweit eine entsprechende Kooperationspflicht des Staates begründet werden soll, ist der Ankläger dieser Auffassung zufolge darauf angewiesen, gemäß Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut die Vorverfahrenskammer anzurufen. Diese erläßt dann, etwaig erforderliche Rechtshilfeersuchen gegenüber einem Staat, zu deren Erfüllung dann eine entsprechende Pflicht gemäß den Vorschriften des 9. Teils des ICC-Statuts besteht.176 Zugunsten dieser Auffassung läßt sich anführen, daß in einigen Vorschriften des 9. Teils tatsächlich die Begriffe Gerichtshof und Ankläger nebeneinander verwendet werden, wie z. B. in Art. 93 Abs. 5 und 6 ICC-Statut. Dies könnte den Schluß zulassen, daß der Ankläger nicht über die Rechtsmacht verfügt, einen Staat eigenmächtig aufgrund eines Rechtshilfeersuchens zu verpflichten, sondern auf die Beantragung eines entsprechendenen richterlichen Rechtshilfeersuchens verwiesen ist. Andererseits erfolgt in Art. 34 ICC-Statut insoweit eine Klarstellung, als daß sich der Gerichtshof aus den bezeichneten Organen zusammensetzt und der Anklagebehörde die Eigenschaft eines Organs explizit zugesprochen wird. Auch die Dokumente während des Entstehungsprozesses des ICC-Statuts weisen darauf hin, daß einem Ersuchen des Anklägers nach Maßgabe der Vorschriften des 9. Teils die gleiche Bindungswirkung gegenüber einem Staat zukommen sollte 175

Broomhall, ICC: National Implementation, S. 135. Broomhall, ICC: National Implementation, S. 129; Wohlfahrt, Poursuites, S. 750 f. 176

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

233

wie einem Ersuchen seitens der Richterschaft. So besagte eine Fußnote zu Art. 85 des Entwurfs eines Statuts für den Internationalen Strafgerichtshof vom 14. April 1998, daß der Begriff des Gerichtshofs im Rahmen des gesamten 9. Teils des ICC-Statuts auch das Organ des Anklägers einschließt: „Court‘ throughout this Part is understood to include its constituent organs, including the Prosecutor (. . .). Such a provision should be inserted elsewhere in the Statute.“177

Dieses Ergebnis läßt sich auch anhand des Art. 57 Abs. 3 ICC-Statut nachweisen. Dort wird der Vorverfahrenskammer explizit aufgegeben, sich um die notwendige Zusammenarbeit nach dem 9. Teil des ICC-Statuts zugunsten der Verteidigung zu bemühen, Art. 57 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut. Im Gegensatz dazu, fehlt eine Verweisung auf den 9. Teil in Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut, der sich auf die zum Zweck der Ermittlungen erforderlichen Anordnungen und Befehle auf Antrag des Anklägers bezieht. Dies läßt sich nur damit erklären, daß der Ankläger selbst in der Lage ist, einen Staat mittels eines Rechtshilfeersuchens zu verpflichten, so daß er im Vergleich zur Verteidigung etwaiger Hilfestellung seitens der Richterschaft gar nicht erst bedarf.178 Ein Staat ist somit sowohl gegenüber einem Ersuchen der Richterschaft als auch gegenüber einem Ersuchen des Anklägers nach Maßgabe des 9. Teils des ICC-Statuts zur Erfüllung verpflichtet, und zwar unterschiedslos.179 Die Bindungswirkungen beider Arten von Rechtshilfeersuchen sind identisch. Anhaltspunkte für eine Differenzierung hinsichtlich der Bindungswirkungen wie sie die Rechtsprechung der ad hoc Tribunale in Form der kooperativen und der zwangsweisen Pflicht zur Erfüllung, cooperative and mandatory compliance, bzw. als Folge der Differenzierung zwischen einem Rechtshilfeersuchen des Anklägers einerseits und einer bindenden Anordnung der Richterschaft andererseits zugrundelegt, lassen sich damit aus den Rechtsgrundlagen des ICC nicht herleiten. IV. Einwendungen der Staaten Die Vertragsstaaten sind gemäß Art. 88 ICC-Statut dazu verpflichtet, ihr innerstaatliches Recht so auszugestalten, daß sämtlichen Formen der Zusammenarbeit mit dem ICC entsprochen werden kann. Dennoch entsteht für den ersuchten Staat nicht in sämtlichen Fällen die unbedingte Pflicht, einem Ersuchen der Vorverfahrenskammer oder des Anklägers Folge zu leisten. Vielmehr wird dem 177 Draft Statute for the International Criminal Court vom 14. April 1998, UN-Doc. A/CONF.183/2/Add.1, para. 131. 178 Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 344 f. 179 Henquet, Mandatory Compliance Powers vis à vis States, S. 992.

234

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

ersuchten Staat auf einer ersten Ebene zunächst das Recht zugestanden, den ICC bei Problemen aufgrund der Ausführung des Ersuchens zu konsultieren, um die Angelegenheit zu regeln, Art. 97 ICC-Statut.180 In diesem Zusammenhang sieht Art. 94 ICC-Statut insbesondere vor, daß zur Absicherung des Komplementaritätsprinzips, 181 zwischen ICC und ersuchtem Staat ein Aufschub der Erledigung eines Ersuchens vereinbart werden soll, wenn ansonsten in die laufenden Ermittlungen bzw. die laufende Strafverfolgung des Staates eingegriffen würde.182 Auf einer zweiten Ebene kann ein Staat verschiedene Einwendungen gegen das Ersuchen erheben, und somit letztendlich sogar die Erfüllung des Ersuchens in rechtmäßiger Weise verweigern.183 So sieht Art. 93 Abs. 3 ICC-Statut beispielsweise vor, daß ein Staat im Falle eines Rechtshilfeersuchens des ICC gemäß Art. 93 Abs. 1 ICC-Statut einwenden kann, die Durchführung des Ersuchens verstoße gegen einen allgemein gültigen wesentlichen Rechtsgrundsatz. Gemeint sind damit fundamentale Prinzipien der jeweiligen staatlichen Rechtsordnung, wie z. B. die Zeugnisverweigerungsrechte bestimmter Personengruppen.184 Bereits im Bericht des ad hoc Committee heißt es in diesem Zusammenhang: „The remark was made that the statute should provide for exceptions to the obligation of a State to comply with a request for assistance from the Prosecutor. In this context, reference was made to constitutional barriers to compellability of witness, as well as to privileges exempting individuals from the obligation to testify.“185

Im weiteren kann ein Vertragsstaat ein Rechtshilfeersuchen auch dann ablehnen, wenn damit die Offenlegung von Informationen verbunden ist, die seine nationale Sicherheit berühren, Art. 93 Abs. 4. Vorausgesetzt wird in diesem Fall allerdings, daß zunächst das in Art. 72 vorgesehene Verfahren durchlaufen wurde.186 Im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale steht dem ICC in diesem Zusammenhang nicht das letzte Wort zu, so daß er selbst im Falle eines unbegründet vorgebrachten Einwandes die Offenlegung nicht anordnen kann.187

180

Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 103 f. Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. 1. 182 Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 370 f. 183 Vgl. Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 156 ff.; Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 367 ff. 184 Triffterer-Prost/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 93 Rdnr. 32. 185 Report of the Ad Hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. A/50/22, para. 227. 186 Vgl. Henquet, Mandatory Compliance Powers vis à vis States, S. 994; TrifftererProst/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 93 Rdnr. 37 f. 181

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

235

Ein Staat kann unter den Voraussetzungen des Art. 90 bzw. Art. 93 Abs. 9 ICC-Statut auch wegen eines konkurrierenden Ersuchens eines anderen Staates von seiner Kooperationspflicht gegenüber dem ICC befreit sein.188 Daneben können Einwendungen unter anderem erhoben werden, die sich aus Gründen einer möglichen völkerrechtlichen Pflichtenkollision ergeben, wie beispielsweise aus Gründen der Staatenimmunität oder der diplomatischen Immunität zugunsten eines Drittstaates, Art. 98 Abs. 1 ICC-Statut.189 Im Vergleich zum Kooperationsregime der ad hoc Tribunale, zeigt sich anhand der verschiedenen Verweigerungstatbestände im ICC-Statut ganz deutlich, daß staatlichen Interessen größeres Gewicht beigemessen wird. Dennoch stehen dem seitens des ICC ersuchten Staat nicht sämtliche Einwendungen zu, wie sie im zwischenstaatlichen Rechtshilferecht anerkannt sind.190 Nicht zuletzt deshalb läßt sich das Kooperationsregime des ICC weder eindeutig dem horizontalen noch dem vertikalen Rechtshilfemodell zuordnen und wird folglich als Rechtshilfemodell sui generis bezeichnet.191 Insgesamt besteht für den ICC somit eine im Vergleich zu den ad hoc Tribunalen die weitaus größere Gefahr, daß die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens einerseits wegen des Rechts eines Staates zur Konsultation erheblich verzögert und andererseits wegen des Rechts eines Staates zu Einwendungen gegen ein Ersuchen erheblich erschwert wird.192 V. Durchsetzungsmechanismen Erfüllt ein Vertragsstaat seine Kooperationspflichten aus dem 9. Teil des ICC-Statuts nicht, findet das in Art. 87 Abs. 7 ICC-Statut vorgesehene Verfahren Anwendung. Danach soll der ICC zunächst die förmliche Feststellung treffen, daß der Staat einem Ersuchen um Zusammenarbeit nicht Folge leistet und ihn dadurch bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse hindert.193 Sodann soll entweder eine Verweisung der Angelegenheit an die Staatenversammlung oder alternativ dazu an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 187 Behrens, Verfahren des internationalen Strafgerichtshofes, S. 149; Schabas, Introduction to the ICC, S. 130. 188 Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 369 f. 189 Vgl. Bassiouni, Cour Pénale Internationale, S. 35 f.; unten 5. Kapitel, B. I. 3. 190 Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 100; Wyss, Zusammenarbeit der Schweiz mit dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 134 f. 191 Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 161. 192 Cassese, Statute of the ICC, S. 166. 193 Vgl. zu dieser Entscheidungsbefugnis: Meißner, Zusammenarbeit Deutschlands mit dem ICC, S. 35 f.; Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 376; Wirth/Harder, Anpassung des deutschen Rechts an das Römische Statut, S. 145 f.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

stattfinden. Darüber, daß dem Sicherheitsrat im Falle der Kooperationsverweigerung eine Funktion zukommen soll, bestand bereits während der Vorarbeiten zum ICC-Statut ein Konsens: „The view was expressed that consideration should be given to situations in which a State refused to assist in an investigation in an attempt to shield an individual from criminal responsibility or was unable to provide such assistance owing to the lack of an effective, functioning judicial or legal system. It was suggested that it might be possible to envisage a role for the Security Council in certain situations.“194

Die Verweisung der Angelegenheit an den Sicherheitsrat ist dem Wortlaut der endgültigen Fassung des ICC-Statuts nunmehr aber an die Voraussetzung geknüpft, daß die ursprüngliche Einleitung des Ermittlungsverfahrens auch auf die Verweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat zurückzuführen ist.195 Nur in diesem Fall darf der Sicherheitsrat zum Zweck einer Entscheidung auf der Grundlage seiner Befugnisse aus Kapitel VII, ggf. auch Kapitel VI, der UNCharta angerufen werden.196 Bei den ad hoc Tribunalen kann der Sicherheitsrat hingegen in sämtlichen Fällen der Kooperationsverweigerung eingeschaltet werden. Erfolgt andererseits gemäß Art. 87 Abs. 7 ICC-Statut eine Verweisung der Angelegenheit an die Versammlung der Vertragsstaaten, so fehlt eine normative Festlegung, welche konkreten Schritte die Versammlung gegenüber dem säumigen Staat überhaupt ergreifen soll. In Art. 112 Abs. 2 lit. f) ICC-Statut findet sich lediglich die Formulierung, daß jede Frage in bezug auf eine fehlende Zusammenarbeit von der Versammlung geprüft wird. Auch die Vorschriften der Verfahrensordnung des ICC regeln diesen Aspekt des Kooperationsregimes nicht. Als zulässige Gegenmaßnahme ist zumindest eine entsprechende Beschlußfassung in Form einer Verurteilung des säumigen Staates durch die Versammlung der Vertragsstaaten anzusehen.197 An der Effektivität dieses Durchsetzungsmechanismus läßt sich allerdings zweifeln.198 Berücksichtigt man, daß die Pflicht eines Vertragsstaates zur Kooperation gegenüber dem ICC im Hinblick auf die übrigen Vertragsstaaten als völkerrechtliche Pflicht erga omnes partes zu qualifizieren ist, so läßt sich im weiteren auf die allgemeinen Grundsätze der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit verweisen.199 Danach erschien 194 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 346. 195 Vgl. oben 3. Teil, 1. Kapitel, B. I. 2. 196 Oosthuizen, Relationship between the Envisaged ICC and the UN Security Council, S. 338. 197 Triffterer-Kreß/Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 87 Rdnr. 27. 198 Fastenrath, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 634. 199 Triffterer-Kreß/Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 87 Rdnr. 37; Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 123.

2. Kap.: Staatliche Kooperation im Ermittlungsverfahren

237

es auch im Falle der Kooperationsverweigerung gegenüber dem ICC grundsätzlich als zulässig, daß seitens der Gemeinschaft der Vertragsstaaten dieselben Maßnahmen gegen den säumigen Vertragsstaat ergriffen werden, wie sie gemäß der Rechtsprechung des ICTY im Falle der Kooperationsverweigerung gegenüber den ad hoc Tribunalen ergriffen werden können. Dies gilt insbesondere für Gegenmaßnahmen in Form von ökonomischen oder diplomatischen Sanktionen. Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang allerdings, inwieweit auch ein individuelles Vorgehen lediglich einzelner Vertragsstaaten zulässig wäre bzw. inwieweit ein solches individuelles Vorgehen von einem entsprechenden Beschluß der Versammlung der Vertragsstaaten legitimiert sein müßte.200 Im Falle der ad hoc Tribunale bestand eine solche etwaige Einschränkung für einen einzelnen Staat nicht. Ebenfalls unklar bleibt auf der Grundlage der Vorschriften des ICC-Statuts bzw. der ICC-VerfO, ob auch die Versammlung der Vertragsstaaten oder gar ein einzelner Vertragsstaat zur Anrufung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen befugt ist, und zwar selbst dann, wenn die Einleitung des Ermittlungsverfahrens nicht auf die Verweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat zurückzuführen ist.201 Aus den Vorschriften der UN-Charta lassen sich im Falle eines solchen Vorgehens keinerlei Bedenken herleiten.202 Aus Art. 87 Abs. 5 lit. b) ICC-Statut ergibt sich, daß diese Durchsetzungsmechanismen grundsätzlich auch gegenüber einem Nicht-Vertragsstaat Anwendung finden, sofern dieser seine aufgrund einer ad hoc Regelung oder Übereinkunft begründeten Kooperationspflichten nicht erfüllt. Dem läßt sich entgegenhalten, daß als maßgebliches Kriterium nicht auf den Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung abgestellt werden sollte, sondern allein darauf, ob für den NichtVertragsstaat eine Kooperationspflicht gegenüber dem ICC besteht. Eine solche Pflicht kann sich jedoch nicht allein aufgrund einer ad hoc Regelung oder Übereinkunft im Sinne des Art. 87 Abs. 5 lit. a) ICC-Statut, sondern auch aufgrund entsprechenden Völkergewohnheitsrechts bzw. sonstigen Völkervertragsrechts203 sowie aufgrund einer entsprechenden Resolution des Sicherheitsrates auf der Grundlage des Kapitels VII der UN-Charta ergeben.204 Dies lassen die Vorschriften des ICC-Statuts indes unberücksichtigt.

200

Triffterer-Kreß/Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 87 Rdnr. 38. Vgl. Henquet, Mandatory Compliance Powers vis à vis States, S. 984. 202 Vgl. Cassese, Statute of the ICC, S. 166; Zimmermann, Schaffung eines ständigen Internationalen Strafgerichtshofes, S. 100. 203 Triffterer-Kreß/Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 87 Rdnr. 20; Palmisano, ICC and Third States, S. 419 ff. 204 Gargiulo, Relationship between the ICC and the Security Council, S. 101; Oosthuizen, Relationship between the Envisaged ICC and the UN Security Council, S. 339. 201

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Insgesamt ist damit offensichtlich, daß sich die Rechtslage nach dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale im Hinblick auf die Durchsetzungsmechanismen für staatliche Kooperationspflichten wesentlich eindeutiger und praktikabler darstellt als nach dem Verfahrensrecht des ICC.205 VI. Kooperation internationaler Organisationen So wie der Ankläger der ad hoc Tribunale ist auch der Ankläger des ICC befugt, sich zum Zweck der Zusammenarbeit anläßlich eines Ermittlungsverfahrens an internationale regierungsamtliche Organisationen oder Stellen zu wenden, Art. 54 Abs. 3 lit. c) ICC-Statut. Ausdrücklich wird in diesem Zusammenhang festgelegt, daß ein solches Ersuchen des Anklägers der Zuständigkeit bzw. dem Mandat der Organisation oder Stelle entsprechen muß. Im 9. Teil des ICCStatuts wird in Art. 87 Abs. 6 S. 1 ICC-Statut außerdem festgelegt, daß eine zwischenstaatliche Organisation vom ICC ersucht werden kann, Informationen oder Schriftstücke beizubringen. Des weiteren kann seitens des ICC auch um andere Formen der Zusammenarbeit und Hilfe gebeten werden, Art. 87 Abs. 6 S. 2 ICC-Statut. Die Vorschriften des 9. Teils des ICC-Statuts begründen grundsätzlich allerdings nur für einen Vertragsstaat eine Kooperationspflicht gegenüber dem ICC. Hinsichtlich der internationalen Organisationen ist der Gerichtshof hingegen grundsätzlich auf eine Kooperation aus Freiwilligkeit angewiesen.206 Jedoch erscheint es zumindest dann, wenn sämtliche Mitgliedstaaten einer internationalen Organisation zugleich Vertragsstaaten des ICC-Statuts sind bzw. einer Kooperationspflicht gegenüber dem ICC aufgrund einer Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen unterworfen wurden, rechtlich gerechtfertigt, auch von einer entsprechenden Kooperationspflicht der internationalen Organisation gegenüber dem ICC auszugehen. Mit Ausnahme dieser Konstellationen wird für den ICC, anders als für die ad hoc Tribunale, zumindest in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des ICC-Statuts infolge niedrigen Ratifikationsstandes somit auch der Kreis verpflichteter internationaler Organisationen entsprechend gering sein. 3. Kapitel

Untersuchungen an Ort und Stelle In einem besonderen Spannungsverhältnis zur Souveränität der Staaten steht das Recht des Anklägers, Untersuchungen an Ort und Stelle, d.h. Ermittlungsmaßnahmen unmittelbar auf dem staatlichen Hoheitsgebiet, on site investiga205 206

Kaul/Kreß, Jurisdiction and Cooperation in the Statute of the ICC, S. 169. Triffterer-Kreß/Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 87 Rdnr. 28.

3. Kap.: Untersuchungen an Ort und Stelle

239

tions, durchzuführen.207 Für den Erfolg eines Ermittlungsverfahrens sind diese Untersuchungen in der Praxis von erheblicher Bedeutung.208 Insbesondere in den Fällen, in denen ein Vorgehen mittels Rechtshilfeersuchens infolge der Kooperationsunfähigkeit bzw. -unwilligkeit eines Staates keinen Erfolg verspricht, kann es für den Ankläger vorteilhafter sein, selbst im Wege von Untersuchungen an Ort und Stelle tätig zu werden.209 Im folgenden Kapitel wird diese Befugnis des Anklägers analysiert. Es ist einerseits zu fragen, unter welchen Voraussetzungen Untersuchungen an Ort und Stelle überhaupt zulässig sind. Andererseits ist die Reichweite dieser Befugnis des Anklägers zu untersuchen. Dabei ist insbesondere entscheidend, zu welchen Maßnahmen der Ankläger im einzelnen befugt ist, inwieweit er die Unterstützung staatlicher Behörde in Anspruch nehmen bzw. umgekehrt inwieweit er selbständig und unabhängig von staatlichen Behörden agieren kann. Besondere Beachtung verdient auch die Frage, ob der Ankläger im Rahmen der Untersuchungen an Ort und Stelle ggf. zur Durchführung sog. Zwangsmaßnahmen berechtigt ist. Hinsichtlich sämtlicher dieser Aspekte sind die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten zwischen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und dem Verfahrensrecht des ICC zu erarbeiten.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Die Statuten der ad hoc Tribunale räumen dem Ankläger gemäß Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut der deutschen Fassung die Befugnis ein, an Ort und Stelle eine Augenscheinseinnahme durchzuführen.210 Durch diese Begriffswahl entsteht allerdings eine allzu enge Anlehnung an den engen beweisrechtlichen Begriff des richterlichen Augenscheins im deutschen Strafverfahren.211 In der englischen Fassung der Statuten heißt es demgegenüber: „The prosecutor shall have the power (. . .) to conduct on site investigations.“ In Übereinstimmung mit zahlreichen Beiträgen des deutschsprachigen Schrifttums und der deutschsprachigen Fassung der Regel 39 i) der Verfahrens-

207 Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 160 f. 208 Fifth Annual Report of the ICTY, 10 August 1998, UN Doc. A/53/219, para. 116. 209 Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 718. 210 ICTY-Statut, deutsche Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz), BT-Drs. 13/57 vom 29. November 1994; ICTRStatut, deutsche Übersetzung in: Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (Ruanda-Strafgerichtshof-Gesetz), BT-Drs. 13/7953 vom 12. Juni 1997. 211 Vgl. § 86 der deutschen Strafprozeßordnung (StPO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987, BGBl. 1987 I, S. 1074, ber. S. 1319.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

ordnungen ist deshalb der weitere Begriff der Untersuchungen an Ort und Stelle vorzuziehen.212 I. Zulässigkeit der Untersuchungen an Ort und Stelle Weder in den Statuten noch in den Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale werden bestimmte Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Untersuchungen an Ort und Stelle festgelegt. Vielmehr steht es dem Ankläger frei, sich nach seinem Ermessen im Einzelfall für oder gegen die Durchführung von Untersuchungen an Ort und Stelle zu entscheiden. Die Wahrnehmung dieser Befugnis unterliegt insbesondere keiner Zulässigkeitsvoraussetzung im Sinne einer vorherigen richterlichen Ermächtigung. Die korrespondierende Verpflichtung eines Staates, die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen unmittelbar auf seinem Territorium zu dulden, ist in den Vorschriften der Statuten bzw. Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale nicht explizit festgelegt worden. Es läßt sich aber auf die allgemeine Verpflichtung eines Staates zur Kooperation mit dem Ankläger aus Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs.1 ICTR-Statut zurückgreifen.213 Untersuchungen an Ort und Stelle können mithin nicht nur auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens oder Ruandas durchgeführt werden, sondern sind grundsätzlich in sämtlichen Staaten zulässig.214 Dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ist nicht zu entnehmen, daß die Zustimmung eines Staates eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Ausübung dieser Befugnis darstellt. Staatliche Rechtsvorschriften zur Implementierung des Verfahrensrechts der ad hoc Tribunale setzen hingegen zumeist voraus, daß ein Einvernehmen zwischen dem Ankläger und den zuständigen staatlichen Behörden hinsichtlich der intendierten Maßnahmen hergestellt wird.215 In der Praxis des ICTY wird dem zumindest dann entsprochen, wenn nicht die Staaten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens oder Ruanda betroffen sind. Auf diese Praxis wird auch in einer Entscheidung des ICTY Bezug genommen. „For the first class of acts [conduct of on-site investigations (. . .)], unless authorized by national legislation or special agreements, the International Tribunal must turn to the relevant national authorities. This is subject to an exception which relates to the States and Entities of the former Yugoslavia: in their situation, for the reasons set above, some activities such as, in particular, the conduct of on-site investigations, may be justifiably be carried out by the International Tribunal itself.“216 212 Verfahrensordnung und Beweisregeln des internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien, UN Doc. IT/32, Übersetzung durch Petra Hildebrandt, 1997, abgedruckt in: Fischer/Lüder (Hrsg.), Völkerrechtliche Verbrechen, S. 239 ff. 213 Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 718 f.; vgl. oben 2. Kapitel, A. III. 2. 214 Vgl. Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, § 4 Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz, Rdnr. 7; Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 61. 215 Hafner, Procedural Powers of the ICTY, S. 666 f.

3. Kap.: Untersuchungen an Ort und Stelle

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Für den Ankläger der ad hoc Tribunale besteht damit ein wesentlicher Unterschied zwischen der Durchführung von Untersuchungen an Ort und Stelle in den Staaten und Einheiten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens oder in Ruanda einerseits und mittelbar betroffenen Drittstaaten andererseits. II. Reichweite der Befugnis zu Untersuchungen an Ort und Stelle Die Ermächtigung zu Untersuchungen an Ort und Stelle aus Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut läßt sich ausschließlich als Erweiterung des territorialen Handlungsbereichs des Anklägers verstehen.217 In sachlicher Hinsicht bleibt der Ankläger hingegen auf seine allgemeinen Befugnisse aus Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut bzw. Regel 39 f. der Verfahrensordnungen, wie insbesondere das Recht zur Vernehmung von Verdächtigen, Opfern und Zeugen sowie zur Sammlung von Beweismitteln im Sinne von Dokumenten und anderen körperlichen Gegenständen beschränkt.218 Im einzelnen werden somit im Rahmen von Untersuchungen an Ort und Stelle beispielsweise informatorische Befragungen der Bevölkerung einer Region, insbesondere um etwaige Zeugen, Opfer oder Verdächtige aufzuspüren, durchgeführt. Gleichsam werden Informationen hinsichtlich geographischer bzw. lokaler Gegebenheiten dokumentiert.219 Auf einer weiteren Ebene können schließlich auch förmliche Vernehmungen von Verdächtigen, Opfern oder Zeugen unmittelbar vor Ort auf dem Territorium durch den Ankläger vorgenommen werden.220 Insgesamt verlagert sich somit der Schwerpunkt der Ermittlungstätigkeiten des Anklägers zwangsläufig auf das Territorium des ehemaligen Jugoslawiens oder Ruandas. Im fünften Jahresbericht des ICTY aus dem Jahre 1998 wird in diesem Zusammenhang ausgeführt: „Criminal investigations continue. They are undertaken by multi-disciplinary teams of the Prosecutor’s staff whose objective is to get to the source of the evidence either by interviewing witnesses directly or by conducting on-site investigations which enable investigators to establish facts for themselves. The Prosecutor regards the ability to obtain evidence in this important manner as being fundamental to the 216 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 56; vgl. dazu Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 138 f. 217 Vgl. Caflisch, Création d’une Cour Criminelle Internationale, S. 870. 218 Vgl. oben 1. Kapitel, A. I. 1. a) und b). 219 Vgl. Nsereko, Rules of Procedure of the ICTY, S. 308 f. 220 Vgl. insbesondere Second Annual Report of the ICTR, 13 November 1997, UN Doc. A/52/582, para. 50; Third Annual Report of the ICTR, 23 September 1998, UN Doc. A/53/429, para. 60 f.; Fourth Annual Report of the ICTR, 7 September 1999, UN Doc. A/54/315, para. 55; Fifth Annual Report of the ICTR, 2 October 2000, UN Doc. A/55/435, para. 134.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

work of her Office. While prosecutorial and investigative strategies are developed in the Hague, the majority of the gathering of evidence is performed in the States of the former Yugoslavia.“221

Besondere Bedeutung erlangte im Zusammenhang mit Untersuchungen an Ort und Stelle die Exhumierung von Massengräbern und die medizinische bzw. forensische Untersuchung der gefundenen Leichname. Im vierten Jahresbericht des ICTY aus dem Jahre 1997 heißt es dazu: „The Office of the Prosecutor undertook a major project in 1996 to conduct investigations into the mass killings of civilians. Between July and November 1996, a team of Tribunal forensic experts exhumed five mass graves in the former Yugoslavia. Exhumations were only conducted at sites where it was believed significant evidence could be obtained to support indictments or to provide evidence in support of future indictments. Evidence obtained as a result of exhumations can be the most powerful proof of particular events and may provide corroboration of eye-witness testimony.“222

Die infolge der Exhumierungen erlangten Beweise dienen demzufolge vornehmlich dem Zweck, die Wahrhaftigkeit der Zeugenaussagen zu untermauern. 1. Unterstützung durch staatliche Behörden Soweit sich der Ankläger für die Durchführung von Untersuchungen an Ort und Stelle entscheidet, kann er dabei die Unterstützung staatlicher Behörden in Anspruch nehmen. Dieses Recht des Anklägers läßt sich implizit aus Art. 18 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 ICTR-Statut herleiten, wonach der Ankläger generell staatliche Behörden um Mithilfe bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben ersuchen kann.223 Die Unterstützung staatlicher Behörden kann sich zum einen darauf beziehen, daß dem Ankläger überhaupt freier Zugang zu den Lokalitäten seiner Wahl auf dem Hoheitsgebiet eines Staates gewährt und im Falle des Widerstandes durch Dritte verschafft wird,224 und zum anderen darauf, daß Hilfe in praktischer Hinsicht bei der Durchführung der jeweiligen Maßnahmen geleistetet wird.225 Insoweit ergeben sich für einen Staat aus Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut neben der Pflicht zur Duldung von Untersuchungen an Ort und Stelle auf seinem Hoheitsgebiet ggf. weitere Kooperationspflichten gegenüber dem Ankläger.226 221 Fifth Annual Report of the ICTY, 10 August 1998, UN Doc. A/53/219, para. 116. 222 Fourth Annual Report of the ICTY, 18 September 1997, UN Doc. A/52/375, para. 65. 223 Vgl. oben 1. Kapitel, A. I. 1. d). 224 Johnson, International Criminal Tribunal for Rwanda, S. 562; vgl. auch UN Doc. S/RES/978 (1995), para. 3. 225 Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 145.

3. Kap.: Untersuchungen an Ort und Stelle

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Die Praxis der ad hoc Tribunale zeigte jedoch, daß im Falle Ruandas mangels funktionierendem Staatswesens und im Falle der Staaten bzw. Einheiten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens zusätzlich mangels Kooperationswilligkeit eine entsprechende Unterstützung in nur unzureichendem Maße gewährt wurde.227 Statt dessen wurde der Ankläger im Rahmen seiner Untersuchungen an Ort und Stelle in weitem Umfang von den peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten der Vereinten Nationen bzw. der NATO unterstützt.228 2. Unabhängigkeit von staatlichen Behörden Genauso wie der Ankläger der ad hoc Tribunale anläßlich der Durchführung von Untersuchungen an Ort und Stelle die Unterstützung eines Staates nach Maßgabe des Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut beanspruchen kann, so stellt sich in umgekehrter Richtung die Frage, inwieweit er einzelne Ermittlungsmaßnahmen unabhängig von staatlichen Behörden unmittelbar auf dem Hoheitsgebiet des betreffenden Staates vornehmen kann. Besondere Bedeutung erlangte diese Problematik im Zusammenhang mit der Vernehmung von Verdächtigen, Opfern und Zeugen durch den Ankläger.229 Die staatlichen Rechtsvorschriften betreffend die Kooperation mit den ad hoc Tribunalen sind insoweit uneinheitlich. Teilweise wird ausdrücklich für notwendig erachtet, daß ein Vertreter der staatlichen Behörde bei Vernehmungen des Anklägers anwesend zu sein hat.230 In einer Entscheidung des ICTY heißt es in diesem Zusammenhang jedoch: „In particular, the presence of State officials at the interview of a witness might discourage the witness from speaking the truth, and might also imperil not just his own life or personal integrity but possibly those of his relatives. It follows that it would be contrary to the very purpose and function of the International Tribunal to have State officials present on such occasions. The States and Entities of the Former Yugoslavia are obliged to cooperate with the International Tribunal in such a manner as to enable the International Tribunal to discharge its functions. This obligation (which, it should be noted, was restated in the Dayton and Paris Accords), also requires them to allow the Prosecutor and the defence to fulfil their tasks free from any possible impediment or hindrance.“231

Damit wurde klargestellt, daß aus völkerrechtlicher Sicht unter bestimmten Umständen zumindest gegenüber den Staaten und Einheiten auf dem Territo226

Sluiter, Obtaining Evidence for the ICTY, S. 107; vgl. oben 2. Kapitel, A. III. 2. Wäspi, Arbeit der Internationalen Strafgerichtshöfe, S. 2453. 228 Vgl. Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 75; Nizich, Tribunal Justice, S. 1550 f. 229 Vgl. unten 4. Kapitel, A. 230 Hafner, Procedural Powers of the ICTY, S. 666; Sluiter, Obtaining Evidence for the ICTY, S. 108 m. w. N. 227

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

rium des ehemaligen Jugoslawiens eine Befugnis des Anklägers besteht, Untersuchungen an Ort und Stelle in Abwesenheit eines Vertreters staatlicher Behörden, also selbständig und unabhängig, durchzuführen. Letztendlich ist damit auch zugestanden, daß der Ankläger in diesen Fällen nicht an das entsprechende staatliche Recht gebunden ist, sondern ausschließlich das jeweilige Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale anwendet.232 3. Zwangsmaßnahmen Die Statuten und Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale gehen zunächst von einer ausschließlichen Kompetenz der Staaten hinsichtlich der Ausführung von Zwangsmaßnahmen aus. Dies wird im Falle der richterlichen Anordnung von Zwangsmaßnahmen im Sinne der Regel 54 der Verfahrensordnungen233 durch Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut deutlich, wonach es allein den Staaten obliegt, die entsprechenden Anordnungen zu vollziehen.234 Gleiches gilt dem Wortlaut der Regel 40 der Verfahrensordnungen zufolge im Falle von Zwangsmaßnahmen aufgrund der Ermächtigung des Anklägers zu vorläufigen Maßnahmen.235 So führte der Präsident des ICTY anläßlich einer Ansprache vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahre 1994 aus: „Sixthly, and most importantly, our Prosecutor has no immediate power of arrest, search and seizure. For this purpose he must turn to national authorities.“236

Während der Staat Ruanda trotz seiner vielfältigen Kritik am ICTR seinen Kooperationsverpflichtungen generell nachgekommen ist,237 verweigerten einige der Staaten und Einheiten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens über lange Zeiträume ihre Kooperation gegenüber dem ICTY.238 Die Konsequenzen staatlicher Kooperationsverweigerung konnten teilweise durch die verstärkte Durchführung von Ermittlungen an Ort und Stelle vom Ankläger 231 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 53. 232 Vgl. auch Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision of Zdravko Mucic’s Motion for the Exclusion of Evidence, 2 September 1997, para. 40. 233 Vgl. oben 1. Kapitel, A. II. 234 Vgl. oben 2. Kapitel, A. II. 2. 235 Vgl. oben 1. Kapitel, A. I. 1. f). 236 Address of Antonio Cassese, President of the ICTY, to the General Assembly of the United Nations, 14 November 1994, Annex to the First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342. 237 Vgl. aber auch zu Problemen bei der Kooperation mit ruandischen Behörden: Erasmus/Fourie, Tribunal Pénal pour le Rwanda, S. 756 f.; Wembou, Tribunal Pénal International pour le Rwanda, S. 736 f. 238 Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 685.

3. Kap.: Untersuchungen an Ort und Stelle

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des ICTY ausgeglichen werden. Da diese Befugnis des Anklägers allerdings nicht das Recht zur unmittelbaren Ausführung von Zwangsmaßnahmen einschloß, entstand das Erfordernis effektive Alternativen für die Ausführung von Zwangsmaßnahmen durch einen Staat zu entwickeln.239 Eine erste Alternative zur Ausführung von Zwangsmaßnahmen durch einen Staat ergibt sich für das ICTY aufgrund der eingefügten Regel 59 bis ICTYVerfO.240 Danach kann ein richterlicher Haftbefehl zum Zweck der Ausführung auch an internationale Organe oder den Ankläger übermittelt werden. Der Haftbefehl entfaltet in diesem Fall unmittelbare Wirkung, einer Umsetzung in staatliches Recht bzw. einer sonstigen Mitwirkung staatlicher Organe bedarf es nicht.241 Seitens des ICTY wurde in einer Entscheidung in diesem Zusammenhang ausgeführt: „Article 29 is obligatory in terms of conduct and is not a statement of exclusivity. It became clear with the commencement and continuation of the functioning of the Tribunal that several States were not fulfilling their obligations with regard to the arrest and transfer of indicted persons. (. . .) The Judges, therefore, adopted Rule 59 bis within the parameters of Articles 19 and 20 of the Statute to provide for a mechanism additional to that of Rule 55, which, however, remains the primary method for the arrest and transfer of persons to the Tribunal. Such an interpretation of the Statute is fully consonant with its object and purpose as the constitutive instrument of an international judicial body intended to take effective measures to bring to justice those persons responsible for serious violations of international humanitarian law.“242

Ausdrücklich bezieht sich der Wortlaut der Regel 59 bis ICTY-VerfO allerdings nur auf den Fall eines Haftbefehls gegenüber dem Angeklagten. In der Praxis des ICTY läßt sich jedoch feststellen, daß auch Befehle zur Durchsuchung und Beschlagnahme, search and seizure warrant, unmittelbar durch den Ankläger sowie durch IFOR-/SFOR- und KFOR-Einheiten ausgeführt werden. So heißt es im fünften Jahresbericht des ICTY aus dem Jahre 1998: „During December 1997 and February 1998, investigators from the Office of the Prosecutor obtained search warrants from the Judges of the Tribunal, authorising the search and seizure of certain specified documentary evidence from a number of identified locations within the Republika Srpska in Bosnia and Herzegowina. The documents had been identified as being relevant to a number of the Prosecutor’s

239 Cassese, Criminal Prosecution and Punishment, S. 12 f.; Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 685 f. 240 Vgl. Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 68–70; Ascensio, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 471. 241 Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 123. 242 Prosecutor v. Slavko Dokmanovic (IT-95-13), Decision on the Motion for Release by the Accused Slavko Dokmanovic, 22 October 1997; vgl. Fourth Annual Report of the ICTY, 18 September 1997, UN Doc. A/52/375, para. 47.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

investigations and prosecutions. The search warrants were executed by the Prosecutor’s investigators, with the assistance of SFOR troops, police from Republika Srpska and the IPTF. This successfull initiative by the Prosecutor yielded a quantity of valuable evidence, which will facilitate the forward progress of some investigations and shorten the length of others. Approximately 220,000 pages of documents have been seized, all of which are in the Bosnian/Serbian/Croatian languages.“243

Daraus läßt sich erkennen, daß grundsätzlich sämtliche Zwangsmaßnahmen aufgrund richterlicher Anordnung auf diese Weise ausgeführt werden können, und zwar auch anläßlich von Ermittlungen vor Anklageerhebung.244 Seine Rechtfertigung findet diese Praxis nicht zuletzt in den entsprechenden Vorschriften des Dayton-Abkommens245 sowie in einer Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen.246 Ein unzulässiger Eingriff in die Souveränität eines Staates ergibt sich folglich nicht.247

243 Fifth Annual Report of the ICTY, 10 August 1998, UN Doc. A/53/219, para. 121; vgl. auch Sixth Annual Report of the ICTY, 25 August 1999, UN Doc. A/ 54/187, para. 133. 244 Vgl. LaRosa, Forces Multinationales et l’Obligation de Coopérer avec les Tribunaux Internationaux, S. 684. 245 General Framework Agreement for Peace in Bosnia and Herzegowina, initialled in Dayton on 21 November 1995 and signed in Paris on 14 December 1995, and Annexes 1-A-11. So heißt es in Art. X des Dayton-Abkommens und in Art. I Abs. 2 lit. b) des Annex 1 A zum Dayton-Abkommen (Agreement on Military Aspects of the Peace Settlement): „Article X Dayton Agreement: Cooperation The Parties shall cooperate fully with all entities involved in implementation of this peace settlement, as described in the General Framework Agreement, or which are otherwise authorized by the United Nations Security Council, including the International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia.“ Annex 1 A, Agreement on Military Aspects of the Peace Settlement, Art. I Abs. 2 lit. b): „General Obligations 2. The purposes of these obligations are as follows: b): to provide for the support and authorization of the IFOR and in particular to authorize the IFOR to take such actions as required, including the use of necessary force, to ensure compliance with this Annex, and to ensure its own protection.“ Vgl. Sharp, International Obligations to Search for and Arrest War Criminals, S. 443 ff. 246 UN Doc. S/RES/1031 (1995), para. 5: „Recognizes that the parties shall cooperate fully with all entities involved in implementation of the peace settlement, as described in the Peace Agreement, or which are otherwise authorized by the Security Council, including the International Tribunal for the Former Yugoslavia, and that the parties have in particular authorized the multinational force referred to in paragraph 14 below to take such actions as required, including the use of necessary force, to ensure compliance with Annex 1-A of the Peace Agreement.“ 247 Ambos, Festnahme durch die SFOR, S. 887 f.; Jones, Implications of the Peace Agreement for the ICTY, S. 238 ff.; vgl. aber Gaeta, Is NATO Authorized or Obliged to Arrest Persons?, S. 177.

3. Kap.: Untersuchungen an Ort und Stelle

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Hinsichtlich der vom Ankläger auf der Grundlage von Regel 40 ICTY-VerfO initiierten vorläufigen Maßnahmen läßt sich jedoch mangels gegenteiliger Praxis auch weiterhin von der ausschließlichen Kompetenz des betreffenden Staates zur Ausführung von Zwangsmaßnahmen ausgehen.

B. Der Internationale Strafgerichtshof Im ICC-Statut finden sich gleich mehrere Vorschriften, die sich mit der Thematik der Untersuchungen an Ort und Stelle befassen. Grundsätzlich wird in Art. 54 Abs. 2 ICC-Statut dem Ankläger die Befugnis zugesprochen, Ermittlungen im Hoheitsgebiet eines Staates durchzuführen.248 Dieser Ermächtigungsnorm zufolge kann der Ankläger entweder im Wege der Rechtshilfe nach Maßgabe des für das Kooperationsverhältnis zwischen den Vertragsstaaten und dem ICC geltenden 9. Teils des ICC-Statuts,249 insbesondere nach Maßgabe des Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut, oder aber mittels einer Ermächtigung durch die Vorverfahrenskammer gemäß Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut Untersuchungen an Ort und Stelle durchführen.250 Im letzteren Falle findet Regel 115 ICC-VerfO ergänzend Anwendung. I. Zulässigkeit der Untersuchungen an Ort und Stelle Je nachdem, ob sich der Ankläger für ein Vorgehen im Wege der Rechtshilfe oder mittels Ermächtigung durch die Vorverfahrenskammer entscheidet, sind auch die Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Untersuchungen an Ort und Stelle unterschiedlich zu beurteilen. Welche dieser zwei Möglichkeiten der Ankläger in Anspruch nehmen will, hängt allein von seiner Einschätzung der Sachlage ab. Die normative Festlegung eines Rangverhältnisses in dem Sinne, daß zunächst der eine und sodann erst der andere Weg zu beschreiten ist, fand bei der Mehrheit der Staatenvertreter nicht den erforderlichen Konsens.251 1. Vorgehen im Wege der Rechtshilfe Ein Vorgehen im Wege der Rechtshilfe nach Maßgabe des 9. Teils des ICCStatuts setzt gemäß Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut zunächst voraus, daß der Ankläger ein entsprechendes Ersuchen auf Duldung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen an den Staat richtet, auf dessen Hoheitsgebiet die Untersuchungen an Ort und Stelle stattfinden sollen.252 248 249 250 251

Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 1. a). Vgl. oben 2. Kapitel, B. Vgl. oben 1. Kapitel, B. II. 2. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 197.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Ob die Zulässigkeit der Untersuchungen im weiteren davon abhängig zu machen ist, daß der betreffende Staat seine Zustimmung erteilt, gehörte zu den umstrittensten Punkten der gesamten Vorarbeiten und Verhandlungen des ICCStatuts.253 Noch im sog. Zutphen-Entwurf waren in diesem Zusammenhang verschiedene Optionen enhalten: „The Prosecutor may: (. . .) Option 1: conduct on-site investigations Option 2: (. . .) The Prosecutor may conduct investigations on the territory of a State only: a. [with the consent of its competent authorities] [upon notification of and where necessary with the consent of its competent authorities] [in accordance with Part 9 (7)] [subject to the waiver by the competent authorities of the requirement of consent].“254

In Rom verständigte man sich schließlich auf die folgende Behandlung dieser Problematik: Handelt es sich bei dem ersuchten Staat um denjenigen Staat, auf dessen Hoheitsgebiet das Verbrechen mutmaßlich begangen wurde, kann der Ankläger bei Zustimmungsverweigerung dennoch mit der Durchführung der Untersuchungen an Ort und Stelle beginnen. Vorausgesetzt wird nach Art. 94 Abs. 4 lit. a) ICC-Statut jedoch, daß bereits eine richterliche Entscheidung die Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens, insbesondere die konkurrierende Zuständigkeit des ICC unter Geltung des Komplementaritätsprinzips, im Rahmen eines Verfahrens der vorläufigen Entscheidung nach Art. 18 ICC-Statut oder eines Anfechtungsverfahrens nach 19 ICC-Statut bestätigt hat.255 Außerdem müssen zunächst Konsultationen mit dem betreffenden Staat stattgefunden haben. Verweigert jedoch ein Staat, der nicht Tatortstaat ist, seine Zustimmung, so legt Art. 94 Abs. 4 lit. b) ICC-Statut fest, daß die jeweiligen Untersuchungen an Ort und Stelle nur unter allen sinnvollen Bedingungen oder Anliegen des Staates erledigt werden können. In diesem Zusammenhang haben wiederum Konsultationen stattzufinden, wobei der betreffende Staat gehalten ist, etwaige Probleme unverzüglich mitzuteilen, um die Angelegenheit zu regeln. Schwierigkeiten dürfte es der Praxis des ICC bereiten, wenn sich der Staat und der Ankläger darüber uneinig sind, inwieweit die jeweiligen Bedingungen oder Anliegen sinnvoll sind oder nicht.256 Letztendlich läßt sich feststellen, daß nach 252 Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 161. 253 Kaul/Kreß, Jurisdiction and Cooperation in the Statute of the ICC, S. 167 f.; Shaw, Procedural and Evidential Issues, S. 72. 254 Report of the Intersessional Meeting from 19 to 30 January 1998 in Zutphen, the Netherlands, UN Doc. A/AC.249/1998/L.13, Article 45 (25)/2/(c). 255 Vgl. zur konkurrierenden Zuständigkeit: oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V.; zum Verfahren der vorläufigen Entscheidung bzw. zum Anfechtungsverfahren: unten 5. Teil, B. I. 3. a) und b). 256 Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 361.

3. Kap.: Untersuchungen an Ort und Stelle

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Art. 99 Abs. 4 lit. b) ICC-Statut zwar nicht die Zustimmung staatlicherseits vorausgesetzt wird, aber dem Staat weitreichende Möglichkeiten verbleiben, die Durchführung von Untersuchungen an Ort und Stelle zu beeinflussen.257 Im Vergleich zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale, wonach weder die Zustimmung des betreffenden Staates vorausgesetzt wird noch vergleichbare Einflußmöglichkeiten auf die Durchführung der Untersuchungen an Ort und Stelle existieren, zeigt sich somit die schwächere Position des Anklägers des ICC. Im übrigen besteht ein gravierender Unterschied zwischen den ad hoc Tribunalen und dem ICC bereits deshalb, weil der Ankläger des ICC ohnehin grundsätzlich nur gegenüber den Vertragsstaaten zu Untersuchungen an Ort und Stelle ermächtigt ist. Soweit er auf dem Hoheitsgebiet eines Nicht-Vertragsstaates tätig werden will, verbleibt ihm mangels einer Bindung des Staates an den 9. Teil des ICC-Statuts und somit mangels einer entsprechenden Duldungspflicht des Staates nur die Möglichkeit, die Duldung von Untersuchungen an Ort und Stelle auf der Grundlage der Freiwilligkeit bzw. mittels einer ad hoc Regelung bzw. Übereinkunft im Sinne des Art. 87 Abs. 5 ICC-Statuts zu erreichen. Die komplementäre Befugnis des Anklägers ergibt sich in diesem Zusammenhang aus Art. 54 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut.258 Etwas anderes gilt ggf. dann, wenn sich für einen Nicht-Vertragsstaat eine entsprechende Duldungspflicht aus einer Resolution des Sicherheitsrates auf der Grundlage von Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen herleiten läßt.259 2. Vorgehen mittels Ermächtigung durch die Vorverfahrenskammer Entscheidet sich der Ankläger nach Art. 54 Abs. 2 lit. b) i. V. m. Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut, Ermittlungsmaßnahmen im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates vorzunehmen, ohne sich der Zusammenarbeit dieses Staates nach dem 9. Teil des ICC-Statuts versichert zu haben, so hat er zunächst einen Antrag auf Ermächtigung bei der zuständigen Vorverfahrenskammer einzureichen, Regel 115 Abs. 1 ICC-VerfO.260 In diesem Antrag müssen die beabsichtigten Maßnahmen im einzelnen aufgeführt werden.261 Nach Eingang des Antrags soll der betroffene Staat nach Möglichkeit informiert und um Stellungnahme gebeten werden. Ggf. ist eine Anhörung des Anklägers und des Staates vorzunehmen, Regel 115 Abs. 2 ICC-VerfO. Die Vorverfahrenskammer gibt dem Antrag des Anklägers daraufhin statt, soweit sie zu der Überzeugung gelangt, daß der betreffende Staat eindeutig unfähig ist, ein hypothetisches Ersuchen um Ausfüh257 258 259 260 261

Vgl. Kaul/Kreß, Jurisdiction and Cooperation in the Statute of the ICC, S. 168. Bassiouni, Cour Pénale Internationale, S. 25; vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 1. e). Vgl. oben 2. Kapitel, B. I. Vgl. oben 2. Teil, 2. Kapitel, B. I. 2. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 197.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

rung der beabsichtigten Maßnahmen zu erledigen, Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICCStatut. Der Ankläger soll mithin nur zu Untersuchungen an Ort und Stelle ermächtigt werden, soweit eine Ausführung der beabsichtigten Maßnahmen durch den Staat nach Maßgabe des 9. Teils des ICC-Statuts infolge seiner Unfähigkeit erfolglos wäre. Ein Fall der Unfähigkeit liegt immer dann vor, wenn keine zuständige staatliche Behörde bzw. kein zuständiger Teil des staatlichen Justizsystems zur Erledigung des Ersuchens zur Verfügung steht. Wie bei der Abfassung der einzelnen Tatbestände des Komplementaritätsprinzips in Art. 17 ICC-Statut sollte auch in diesem Zusammenhang mittels des Begriffs der Unfähigkeit in erster Linie ein sog. failed state erfaßt werden.262 Andererseits verzichtete man hinsichtlich der Untersuchungen an Ort und Stelle auf eine Gleichstellung der Unfähigkeit mit der Unwilligkeit eines Staates, d.h. auf die Einbeziehung solcher Fälle, in denen ein Staat zwar durchaus in der Lage wäre, aber aus vornehmlich politischen Gründen unwillig ist, ein entsprechendes Ersuchen zu erledigen.263 Für die Praxis eröffnet sich demnach nur ein enger Anwendungsbereich für ein Vorgehen nach Art. 54 Abs. 2 lit. b) i. V. m. Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut.264 Nach der Stattgabe des Antrags durch die Vorverfahrenskammer kann der Ankläger unmittelbar mit der Durchführung der Ermittlungsmaßnahmen beginnen. Einer Zustimmung des betreffenden Staates bedarf es nicht. Über diese Befugnis des Anklägers, Untersuchungen an Ort und Stelle auch ohne die Zustimmung des jeweiligen Staates durchzuführen, soweit ein Fall der Unfähigkeit im Sinne des Art. 57 Abs. 2 lit. d) ICC-Statut gegeben ist, bestand bereits während des Verhandlungsprozesses weitgehend Einigkeit.265 So heißt es im Bericht des Preparatory Committee: „With regard to on-site investigations, different ways to conduct such activities were mentioned: the investigations should only be conducted with the consent of the State concerned so as to ensure respect for its sovereignty, which the possible exception of situations in which the national criminal justice system was not fully functioning; the Presidency could empower the Prosecutor to conduct such investigations if there were no civil authorities to whom a request for assistance could be transmitted.“266 262 Kaul/Kreß, Jurisdiction and Cooperation in the Statute of the ICC, S. 168; vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. 1. b) bb). 263 Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 142; Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 54 Rdnr. 22; vgl. auch Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 360 f.; vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. 1. b) aa). 264 Triffterer-Guarglia/Harris, Commentary on the Rome Statute, Art. 57 Rdnr. 19. 265 Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 141. 266 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 227.

3. Kap.: Untersuchungen an Ort und Stelle

251

Für diesen Fall erklären die Staaten folglich mit ihrer Ratifikation des ICCStatuts von vornherein einen entsprechenden Verzicht auf die Ausübung ihrer staatlichen Souveränität.267 Im Vergleich zum Ankläger der ad hoc Tribunale ergibt sich, daß der Ankläger des ICC im Falle der Unfähigkeit eines Staates zwar dem betroffenen Staate gegenüber über eine ebenso starke Position verfügt. Der Ankläger des ICC unterliegt im Unterschied zum Ankläger der ad hoc Tribunale nunmehr aber dem Erfordernis richterlicher Ermächtigung. Zudem kann der Ankläger des ICC selbstredend auch diese Befugnis zu Untersuchungen an Ort und Stelle aufgrund einer Ermächtigung nach Art. 54 Abs. 2 ICC-Statut bzw. Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut wiederum grundsätzlich nur gegenüber Vertragsstaaten des ICC wahrnehmen. II. Reichweite der Befugnis zu Untersuchungen an Ort und Stelle Neben der Zulässigkeit von Untersuchungen an Ort und Stelle ist auch die Reichweite dieser Befugnis in sachlicher Hinsicht während der Verhandlungen zum ICC-Statut bzw. dessen Vorarbeiten heftig diskutiert worden.268 Im Bericht des ad hoc Committee heißt es dazu: „As to whether the prosecutor should be entitled to carry out activities related to the preparation and prosecution of a case in the territory of a State, many delegations took the view that the consent of the State was a prerequisite and that the activities in question should be conducted in conformity with domestic constitutional and other requirements. For others, a differentiation should be made between the types of activities involved. The prosecutor might, for instance, be permitted, under the statute, to interview witnesses in the territory of a state party in accordance with domestic law, subject to, for comity reasons, informing the national judicial or police authorities concerned. Activities requiring coercive measures as search and seizure or surrender should, however, be the exclusive prerogative of national police authorities, particularly as liability issues might arise.“269

Für die Frage, welche Ermittlungsmaßnahmen der Ankläger in sachlicher Hinsicht bei der Ausübung seiner Befugnis zu Untersuchungen an Ort und Stelle im einzelnen ergreifen kann, ist zunächst festzustellen, daß das ICC-Statut diesbezüglich keine abschließenden Regelungen enthält. Vielmehr kann der Ankläger grundsätzlich sämtliche seiner allgemeinen Befugnisse, wie beipielsweise die Sammlung von Beweismitteln nach Art. 54 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut oder die Vernehmung von Personen nach Art. 54 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut, auch unmittelbar auf dem Hoheitsgebiet eines Staates ausüben.270 Ausschlaggebend 267

Bruer-Schäfer, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 260. Vgl. Shaw, Procedural and Evidential Issues, S. 73. 269 Report of the Ad Hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. A/50/22, para. 225. 268

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

ist in diesem Zusammenhang allein die Einschätzung des Anklägers, daß die unmittelbare Ausführung der beabsichtigten Maßnahme notwendig ist.271 Deshalb nennt Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut folglich auch nur beispielhaft und nicht abschließend die Vernehmung einer Person und die Untersuchung einer öffentlichen Stätte als mögliche Maßnahmen im Rahmen von Untersuchungen an Ort und Stelle.272 Dies entspricht grundsätzlich der Rechtslage im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale. Ein wesentlicher Unterschied zu den ad hoc Tribunale ergibt sich jedoch für die besonders wichtige Maßnahme der Exhumierung von Massengräbern. So wird vom Anwendungsbereich des Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut die Untersuchung einer öffentlichen Stätte nur dann erfaßt, soweit damit keine substanzverändernden Eingriffe verbunden sind. Die Exhumierung von Massengräbern führt jedoch zwangsläufig zu einer Substanzveränderung und kann folglich vom Ankläger nicht unmittelbar auf dem Hoheitsgebiet eines Staates vorgenommen werden.273 Vielmehr ist der Ankläger darauf verwiesen, gemäß Art. 93 Abs. 1 lit. g) ICC-Statut ein entsprechendes Ersuchen zum Zweck der Durchführung von Exhumierungen an den betreffenden Staat zu richten.274 Letztlich erscheint allerdings nicht ausgeschlossen, daß der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf der Grundlage von Kapitel VII der Vereinten Nationen mittels einer Resolution diese Befugnisbeschränkung des Anklägers im Einzelfall aufhebt.275 Entscheidet sich der Ankläger hingegen für Untersuchungen an Ort und Stelle aufgrund richterlicher Ermächtigung, so sieht Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICCStatut keine vergleichbare Beschränkung in sachlicher Hinsicht vor.276 In diesem Fall ergibt sich auch hinsichtlich der Exhumierung von Massengräbern eine Übereinstimmung zwischen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und dem Verfahrensrecht des ICC. 1. Unterstützung durch staatliche Behörden Daß der Ankläger bei der Durchführung von Untersuchungen an Ort und Stelle auch die Unterstützung staatlicher Behörden in Anspruch nehmen kann, 270

Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 1. b) und c). Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 161. 272 Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 115; Triffterer-Prost/ Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 99 Rdnr. 16. 273 Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 161. 274 Triffterer-Prost/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 99 Rdnr. 19. 275 Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 54 Rdnr. 23; vgl. oben 2. Kapitel, B. 276 Triffterer-Guarglia/Harris, Commentary on the Rome Statute, Art. 57 Rdnr. 16. 271

3. Kap.: Untersuchungen an Ort und Stelle

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läßt sich zunächst mit der allgemeinen Kooperationspflicht des betreffenden Vertragsstaates gegenüber dem Ankläger begründen.277 Insbesondere ergeht im Falle der Untersuchungen an Ort und Stelle nach Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut ohnehin ein Rechtshilfeersuchen, das zwar in erster Linie auf Duldung gerichtet ist, im weiteren aber auch um Durchführung von Maßnahmen zum Zweck der Unterstützung erweitert werden kann.278 Insoweit ergeben sich keinerlei Unterschiede zwischen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und dem Verfahrensrecht des ICC. Geht der Ankläger aber mittels einer Ermächtigung durch die Vorverfahrenskammer nach Art. 54 Abs. 2 lit. b) i. V. m. Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut vor, erscheint zumindest in praktischer Hinsicht kaum ein Fall vorstellbar, in dem der betreffende Staat eine Unterstützung der Untersuchungen an Ort und Stelle überhaupt gewähren kann. So wird ein Staat, insbesondere ein failed state, der infolge seiner Unfähigkeit die jeweiligen Ermittlungsmaßnahmen nicht selbst durchführen könnte, auch nicht in der Lage sein, den Ankläger zu unterstützen. 2. Unabhängigkeit von staatlichen Behörden Grundsätzlich hat auch in Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut Anerkennung gefunden, daß der Ankläger unter bestimmten Voraussetzungen das Recht haben muß, Untersuchungen an Ort und Stelle unabhängig von staatlichen Behörden durchzuführen. So heißt es insbesondere, daß der Ankläger die Vernehmung von Personen in Abwesenheit der Behörden des ersuchten Staates vornehmen kann. Implizit wird dem Ankläger dabei zwangsläufig auch zuzugestehen sein, bei der Vernehmung das Verfahrensrecht des ICC und nicht das staatliche Recht anzuwenden.279 Andererseits wird in Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut vorausgesetzt, daß die Abwesenheit von Vertretern staatlicher Behörden für die Erledigung des Ersuchens unbedingt erforderlich sein muß. Ob dies im Einzelfall zu bejahen ist, entscheidet allerdings der Ankläger selbst und nicht der betreffende Staat.280 Für den Fall einer Ermächtigung zu Untersuchungen an Ort und Stelle durch die Vorverfahrenskammer nach Art. 54 Abs. 2 lit. b) i. V. m. Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut, legt Regel 115 Abs. 3 ICC-VerfO fest, daß die Vorverfahrenskammer im Rahmen ihrer Entscheidung zugleich über sämtliche Aspekte der Ausführung der beantragten Maßnahme befindet. Der Ankläger ist also davon abhängig, daß die Vorverfahrenskammer ihn dazu ermächtigt, unabhängig von staatlichen Behörden tätig zu werden. 277

Vgl. oben 2. Kapitel, B. II. 2. Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 360. 279 Vgl. Sluiter, Co-operation with the International Criminal Tribunals, S. 717. 280 Triffterer-Prost/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 99 Rdnr. 18. 278

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Vergleichbare Einschränkungen des Rechts des Anklägers, Untersuchungen an Ort und Stelle ggf. auch in Abwesenheit staatlicher Behörden, also selbständig und unabhängig, durchzuführen, lassen sich dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht entnehmen. 3. Zwangsmaßnahmen Hinsichtlich der Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen im Rahmen von Untersuchungen an Ort und Stelle ergibt sich im Verfahrensrecht des ICC folgende Differenzierung. Soweit der Ankläger sich für ein Vorgehen im Wege der Rechtshilfe nach Maßgabe des 9. Teils des ICC-Statuts entschieden hat, legt Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut explizit fest, daß die unmittelbare Ausführung von Zwangsmaßnahmen durch den Ankläger unzulässig ist.281 Von der Mehrheit der Staatenvertreter wurde darin ein zu weitgehender Eingriff in die staatliche Souveränität gesehen.282 Es entsteht mithin die Rechtslage, daß der Ankläger, sofern er die Durchführung einer Zwangsmaßnahme im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens für erforderlich hält, darauf verwiesen ist, zunächst nach Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut eine entsprechende Anordnung bzw. einen entsprechenden Befehl der Vorverfahrenskammer zu beantragen.283 Wird diesem Antrag stattgegeben, so ist der betreffende Staat infolge seiner Kooperationsverpflichtung gegenüber der Vorverfahrenskammer des ICC zur Ausführung der Zwangsmaßnahme verpflichtet. Für einen richterlichen Durchsuchungsbefehl bzw. die richterliche Anordnung einer Beschlagnahme ergibt sich dies aus Art. 93 Abs. 1 lit. h) ICC-Statut.284 Insgesamt stellt sich die Frage, inwieweit diese Regelungen für eine effektive Durchführung des Ermittlungsverfahrens ausreichend erscheinen.285 Die Erfahrungen des ICTY haben gezeigt, daß es infolge mangelnder Kooperationsbereitschaft der Staaten und Einheiten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens erforderlich war, zum Zweck der Erledigung von Zwangsmaßnahmen insbesondere auf peace keeping- bzw. peace enforcementEinheiten zurückzugreifen. Das Verfahrensrecht des ICC enthält diesbezüglich keinerlei explizite Regelungen, vielmehr wird nach Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut grundsätzlich von der ausschließlichen Zuständigkeit der Staaten für die Ausführung von Zwangsmaßnahmen ausgegangen. Letztlich wird die Praxis des ICC zeigen, ob wie im Falle des ICTY eine entsprechende Einbeziehung stattfindet. Bedenken aus Gründen staatlicher Souveränität bestehen gegen eine solche Einbeziehung zumindest dann nicht, wenn eine Resolution des Sicherheits281

Vgl. Ambos, Legal Basis of the ICC, S. 36. Kaul/Kreß, Jurisdiction and Cooperation in the Statute of the ICC, S. 169. 283 Vgl. oben 1. Kapitel, B. II. 1. 284 Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 143 f.; vgl. oben 2. Kapitel, B. II. 2. 285 Vgl. auch Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 115. 282

4. Kap.: Vernehmung

255

rates auf der Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta eine entsprechende Delegation der Kompetenzen eines Staates ausdrücklich vorsieht.286 Im übrigen wird es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles ankommen, wie beipielsweise auf die Ausgestaltung etwaiger Friedensverträge. Dies wurde für das ICTY anhand des Dayton-Abkommens deutlich. Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang allerdings auch die Bereitschaft zur Kooperation mit dem ICC seitens der jeweiligen internationalen Organisation bzw. der Entsendestaaten.287 Von einer ausschließlichen Zuständigkeit des betreffenden Staates für die Ausführung von Zwangsmaßnahmen läßt sich allerdings nicht in den Fällen ausgehen, in denen der Ankläger nach Art. 54 Abs. 2 lit. b) i. V. m. Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut Untersuchungen an Ort und Stelle aufgrund einer Ermächtigung der Vorverfahrenskammer vornimmt. Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut läßt sich nämlich dem Wortlaut nach nicht entnehmen, daß die Ausführung von Zwangsmaßnahmen von der Befugnis des Anklägers zu Untersuchungen an Ort und Stelle ausgeschlossen sein soll. Demgegenüber erscheint es geradezu notwendig, den Ankläger mitunter auch zur unmittelbaren Erledigung von Zwangsmaßnahmen zu ermächtigen, da im Falle des Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICCStatut gerade von der Situation ausgegangen wird, daß staatliche Behörden zu diesem Zweck nicht zur Verfügung stehen.288 In diesen Fällen erscheint auch eine Einbeziehung von peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten unproblematisch, da insoweit lediglich Kompetenzen des Anklägers delegiert würden, ohne daß es zu einem weitergehenden Souveränitätsverzicht des betreffenden Staates käme. Damit läßt sich zumindest für die Fälle einer Ermächtigung zu Untersuchungen an Ort und Stelle nach Art. 54 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut i. V. m. Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut im Ergebnis von einer Übereinstimmung mit dem Verfahrensrecht des ICTY ausgehen. 4. Kapitel

Vernehmung Sämtliche Statuten der internationalen Strafgerichte des modernen Völkerstrafrechts weisen dem Ankläger die Befugnis zu, im Rahmen seiner Ermittlungen Verdächtige, Zeugen und Opfer zu vernehmen.289 Im folgenden wird dieses 286 LaRosa, Forces Multinationales et l’Obligation de Coopérer avec les Tribunaux Internationaux, S. 694 f. 287 Vgl. oben 2. Kapitel, B. VI.; zur ablehnenden Haltung der USA gegenüber dem ICC: oben 3. Teil, 2. Kapitel, A. II. und unten 5. Teil, B. I. 2. 288 Broomhall, ICC: Cooperation with States, S. 71; Shaw, Procedural and Evidential Issues, S. 73; Triffterer-Prost/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 99 Rdnr. 15.

256

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Vernehmungsrecht des Anklägers genauer untersucht. Dabei geht es zunächst um die Frage, ob der Ankläger die zu vernehmenden Personen laden und ggf. das Erscheinen dieser Personen erzwingen kann. Hinsichtlich der Vernehmung des Verdächtigen sind zunächst die Rechte des Verdächtigen und im weiteren sonstige Modalitäten bei der Durchführung seiner Vernehmung zu analysieren. In bezug auf die Vernehmung von Zeugen und Opfern ist insbesondere zu untersuchen, ob der Ankläger bereits anläßlich einer Vernehmung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens Maßnahmen zum Zweck des Zeugen- und Opferschutzes ergreifen kann bzw. muß. Von besonderer Bedeutung ist auch, inwieweit er Zeugen und Opfern, die zugleich selbst eines Verbrechens verdächtig sind, Immunität vor einer Strafverfolgung gewähren kann. Schließlich ist nach der beweisrechtlichen Bedeutung der von Verdächtigen bzw. Zeugen und Opfern im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens erlangten Aussagen für die Anklageerhebung und das Hauptverfahren zu fragen. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, welche beweisrechtlichen Konsequenzen eine rechtsfehlerhafte Vernehmung für die Verwertbarkeit der Aussage nach sich zieht. Diese Frage stellt sich auch dann, wenn anstelle des Anklägers im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens staatliche Behörden zum Zweck der Vernehmung tätig wurden. Bezüglich sämtlicher dieser Aspekte sind die ad hoc Tribunale und der ICC miteinander zu vergleichen.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen In Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut wird dem Ankläger die Befugnis zugewiesen, Verdächtige, Opfer und Zeugen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu vernehmen. Die Rechte des Verdächtigen bei seiner Vernehmung sind in Art. 18 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 3 ICTRStatut geregelt. Ergänzend finden sich in Regel 39 ff. der Verfahrensordnungen verschiedene Vorschriften, die sich auf die Vernehmung durch den Ankläger im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens beziehen. I. Ladung zur Vernehmung Während in Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut ausschließlich von dem Recht des Anklägers zur Vernehmung von Verdächtigen, Opfern und Zeugen die Rede ist, weist Regel 39 i) der Verfahrensordnungen dem Ankläger auch das Recht zur Ladung dieser Personen zu. Dieses Ladungsrecht wird als implizite Befugnis des Anklägers verstanden und somit aus 289 Vgl. zum Vernehmungsrecht des Anklägers bei den ad hoc Tribunalen: oben 1. Kapitel, A. I. 1. a); zum Vernehmungsrecht des Anklägers beim ICC: oben 1. Kapitel, B. I. 1. c).

4. Kap.: Vernehmung

257

seinem Recht zur Vernehmung, wie es in Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut niedergelegt ist, hergeleitet.290 1. Kontaktaufnahme mit der zu vernehmenden Person Soweit sich eine Person aus eigener Initiative an die Anklagebehörde in Den Haag oder deren Mitarbeiter vor Ort wendet, kann unmittelbar mit der Vernehmung dieser Person begonnen werden, ohne daß es weiterer wesentlicher Zwischenschritte bedarf.291 Problematisch erweist sich die Situation lediglich dann, wenn der Ankläger selbst aufgrund seiner bisherigen Ermittlungsergebnisse die Vernehmung einer bestimmten Person für erforderlich erachtet. Der Wortlaut der Regel 39 i) der Verfahrens-ordnungen legt zunächst den Schluß nahe, daß der Ankläger in einem solchen Fall eine Ladung zur Vernehmung unmittelbar gegenüber der zu vernehmenden Person aussprechen kann. Ergeht im Vergleich dazu im zwischenstaatlichen Rechtshilferecht eine Ladung von Strafverfolgungsbehörden eines Staates gegenüber einer Person auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates, so muß die Ladung grundsätzlich den Weg über die jeweils zuständige Justizbehörde nehmen, welche dann im weiteren die Übermittlung vornimmt.292 Von der Rechtsprechung der ad hoc Tribunale wird allerdings in verschiedenen Entscheidungen grundsätzlich davon ausgegangen, daß eine Bindung an das zwischenstaatliche Rechtshilferecht, auch horizontales Rechtshilfemodell genannt, nicht besteht. Für das Kooperationsregime zwischen den Staaten und den ad hoc Tribunalen gilt vielmehr aufgrund des supranationalen Charakters der Tribunale ein vertikales Rechtshilfemodell.293 Speziell im Zusammenhang mit der Kontaktaufnahme natürlicher Personen zum Zweck der Vernehmung durch den Ankläger heißt es in einer Entscheidung des ICTY: „In the above-mentioned scenarios, the attitude of the State or Entity may jeopardise the discharge of the International Tribunal’s fundamental functions. It is therefore to be assumed that an inherent power to address itself directly to those individuals inures to the advantage of the International Tribunal. Were it not vested with such power, the International Tribunal would be unable to guarantee a fair trial to persons accused of atrocities in the former Yugoslavia. As was forcefully stated by the Prosecutor before the Appeals Chamber: 290 Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 193; Morris/Scharf, ICTR, S. 453 f. 291 Nsereko, Rules of Procedure of the ICTY, S. 307. 292 Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 124 f.; Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz, § 4 Rdnr. 3 und Schengener Durchführungsabkommen, Art. 52 Rdnr. 1 und 9. 293 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 54; vgl. oben 2. Kapitel, A. IV.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

So, if theoretically, [a State enacted] legislation barring access to its citizens for the purpose of compelling them to give evidence, we would say that in international law that legislation is invalid. We would then assert the Tribunal’s entitlement to reach out directly to the individual by issuing an order to that effect, presumably permitting the individual to obey the higher order of international law, even in disobedience to his own domestic law. I think it would be counterproductive to suggest that we are at the mercy of using a State machinery when its citizens may be more willing that their government to discharge their obligations to this institution. If there are reasons to believe that the witness would be willing to comply but the State, either because of its legislation or its attitude, if it has not enacted legislation, is not willing to assist, we would have every entitlement to reach out directly, by mail might be the preferable, more prudent, course than sending members of our personnel to an unfriendly territory for that simple purpose.“294

Demnach ist es nach der Auffassung der Rechtsprechung aufgrund einer den ad hoc Tribunalen inhärenten Befugnis immer dann zulässig, eine Person zum Zweck der Vernehmung unmittelbar zu kontaktieren und auf eine vorherige Einschaltung staatlicher Behörden zu verzichten, wenn es ansonsten nicht zuletzt infolge der Kooperationsunwilligkeit des betreffenden Staates zu einer Behinderung der internationalen Strafverfolgung käme.295 Unter diesen Voraussetzungen ist auch entgegenstehendes innerstaatliches Recht, das den direkten Zugriff auf die natürliche Person untersagt, unbeachtlich. Einhergehend ergibt sich daraus, wie im Falle der Untersuchungen an Ort und Stelle, eine Differenzierung zwischen den unmittelbar betroffenenen Tatortstaaten, d.h. den Staaten und Einheiten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens und den übrigen Staaten, auf dessen Hoheitsgebiet sich die zu vernehmende Person aktuell befindet.296 Denn nur von ersteren konnte erfahrungsgemäß mit Behinderungen durch die Einschaltung staatlicher Behörden gerechnet werden, was den direkten Zugriff auf natürliche Personen auf dem Hoheitsgebiet dieser Staaten rechtfertigt. Bei den mittelbar betroffenen Drittstaaten können hingegen grundsätzlich keine Gründe gegen eine Einschaltung staatlicher Behörden vorgebracht werden.297 Im Schrifttum wurde in diesem Zusammenhang auf einen weiteren Fall hingewiesen, in dem eine unmittelbare Kontaktaufnahme von seiten der ad hoc Tribunale gegenüber einem Individuum unumgänglich sei, nämlich der, daß die nach staatlichem Recht einzuschaltende Behörde de facto keine Gewalt in dem

294 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 55; Prosecutor v. Tihomir Blaskic, (IT-95-14), Statement of the Prosecutor, Transcript 22 September 1997 („Appeals Transcript“), pp. 118–120. 295 Vgl. Bank, Cooperation with the ICTY, S. 253; Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 60. 296 Vgl. oben 3. Kapitel, A. I. 297 Vgl. Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 140; Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 60.

4. Kap.: Vernehmung

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jeweiligen Gebiet ausübt, wie zeitweilig zum Beispiel die zuständige jugoslawische Behörde über das Kosovo.298 2. Androhung von Zwangsmitteln Wesentliche Bedeutung für das Ladungsrecht des Anklägers aus Regel 39 i) der Verfahrensordnungen erlangt im weiteren die Frage, ob die Ladung zur Vernehmung für den Fall der Nichtbefolgung mit Strafen bzw. Zwangsmitteln versehen werden kann. In diesem Zusammenhang ist auf Regel 54 der Verfahrensordnungen hinzuweisen. Regel 54 der Verfahrensordnungen differenziert einerseits zwischen einer Ladung im engeren Sinne, summon, und einem sog. subpoena-Befehl andererseits.299 Die Möglichkeit, eine natürliche Person mittels eines subpoena-Befehls zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen, ist erst nachträglich in Regel 54 der Verfahrensordnungen eingefügt worden.300 In der Praxis der ad hoc Tribunale wird auf dieses Rechtsinstitut zurückgegriffen, wenn eine natürliche Person als Zeuge vernommen und somit vor Gericht zum Zweck der Aussage erscheinen soll, sog. subpoena ad testificandum, und wenn eine natürliche Person Beweismaterialien, insbesondere Dokumente, den ad hoc Tribunalen übermitteln soll, sog. subpoena duces tecum.301 Im Fall der Unterlassung durch die natürliche Person besteht grundsätzlich für den jeweiligen Staat auf dessen Territorium sich die Person aufhält, gemäß Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut die Pflicht, eine zuvor vom ICTY bzw. ICTR festgelegte Strafandrohung zu vollziehen.302 Andererseits könnten die ad hoc Tribunale, soweit eine entsprechende Einschaltung des Staates mangels Kooperationsbereitschaft aussichtslos wäre oder die Einschaltung die internationale Strafverfolgung gefährden würde, aufgrund einer inhärenten Befugnis die natürliche Person auch eigenmächtig im Wege eines Verfahrens in Abwesenheit zu der festgelegten Strafe verurteilen.303 Aufgrund dieser Differenzierung in den Verfahrensordnungen läßt sich im Umkehrschluß feststellen, 298

Bank, Cooperation with the ICTY, S. 254. Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. 300 Second Annual Report of the ICTY, 23 August 1995, UN Doc. A/50/365, para. 22 Fn. 6. 301 Vgl. Triffterer-Guariglia/Harris, Commentary on the Rome Statute, Art. 57 Rdnr. 9; Jones, Practice of the International Tribunals, S. 283 und S. 288; Schomburg/ Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz, § 4 Rdnr. 4. 302 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 60; vgl. Schlunck, Umsetzung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 31. 303 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement on the Request of the Republic of Croatia for Review of the Decision of Trial Chamber II of 18 July 1997, 29 October 1997, para. 58 f.; vgl. Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 62. 299

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

daß eine Ladung im Sinne der summon nicht die Befugnis einschließt, bestimmte Strafen bzw. Zwangsmittel für den Unterlassungsfall anzudrohen. Der Erlaß einer Ladung unter Androhung einer konkreten Strafe bzw. eines konkreten Zwangsmittels setzt vielmehr die Befugnis zum Erlaß einer subpoena ad testificandum voraus. Diese Befugnis zur Erteilung von subpoena-Befehlen wird allerdings ausschließlich einem Richter bzw. der Strafkammer zugebilligt, Regel 54 der Verfahrensordnungen. Der Ankläger ist hingegen nach Regel 39 i) der Verfahrensordnungen ausschließlich darauf beschränkt eine Ladung im Sinne der summon auszusprechen. Fraglich erscheint aber, ob dem Ankläger insbesondere dann, wenn die jeweilige Person sich weigert, seiner Ladung zur Vernehmung nachzukommen, die Möglichkeit verbleibt, eine Ladung zur Vernehmung unter Strafandrohung, subpoena ad testificandum, bei dem zuständigen Richter gemäß Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen zu beantragen. Grundsätzlich wird Regel 39 iv) der Verfahrensordnungen, wonach der Ankläger die für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens erforderlichen richterlichen Anordnungen beantragen kann, als Verweis auf Regel 54 der Verfahrensordnung verstanden. Danach können grundsätzlich sämtliche richterliche Rechtsakte im Sinne der Regel 54 der Verfahrensordnungen bereits während des Ermittlungsverfahrens erteilt werden. Diese Auslegung findet ihre Bestätigung darin, daß Regel 54 der Verfahrensordnungen unter anderem explizit auf die für Ermittlungen erforderlichen Anordnungen Bezug nimmt. Andererseits ist die Vorschrift systematisch dem 5. Teil der Verfahrensordnungen und damit der Regelung des gerichtlichen Vorverfahrens zugeteilt.304 Daraus ergibt sich, daß mittels Regel 39 iv) der Verfahrensordnungen lediglich eine entsprechende Anwendung der Vorschrift im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zulässig ist.305 Insbesondere hinsichtlich der Erteilung eines subpoena-Befehls ist davon auszugehen, daß eine entsprechende Anwendung der Regel 54 der Verfahrensordnung auf das Ermittlungsverfahren auszuschließen ist. Ein subpoena-Befehl stellt ausschließlich eine Beziehung zwischen der natürlichen Person und dem Gericht im engeren Sinne, d.h. dem Richter bzw. der Strafkammer, her, nicht aber zwischen der natürlichen Person und dem Ankläger. Auch das staatliche Strafverfahrensrecht angloamerikanischer Rechtsordnungen, das ebenfalls über das Rechtsinstitut des subpoenaBefehls verfügt und insoweit bei der Übernahme dieses Rechtsinstituts in das Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale Pate gestanden hat,306 schließt das Ermittlungsverfahren von dessen Anwendungsbereich aus. Insbesondere im U.S.-amerikanischen Strafverfahrensrecht verfügt der Ankläger bzw. Staatsan-

304

Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. Vgl. oben 1. Kapitel, A. II. 306 Frowein/Nolte/Oellers-Frahm/Zimmermann, Investigating Powers of the ICTY, S. 374. 305

4. Kap.: Vernehmung

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walt nicht über die Möglichkeit, eine subpoena ad testificandum zum Zweck seiner Vernehmungen im Rahmen der Ermittlungen zu erwirken.307 Auch im Strafverfahren vor den ad hoc Tribunalen ergeht eine subpoena ad testificandum folglich erst zu dem Zeitpunkt, in dem ein Strafverfahren soweit fortgeschritten ist, daß Verhandlungen der Parteien vor Gericht stattfinden, d.h. im Rahmen des gerichtlichen Vorverfahrens, nicht aber im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Schließlich wird von einigen Autoren im Schrifttum davon ausgegangen, daß der Ankläger dann aber zumindest befugt sein müsse, sich gemäß Art. 18 Abs. 2 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 S. 2 ICTR-Statut und Regel 39 iii) der Verfahrensordnungen um eine entsprechende Kooperation staatlicher Behörden zu bemühen, d.h. einen Staat zu ersuchen, die Ladung mit den in seinem innerstaatlichen Recht, insbesondere in den jeweiligen Gesetzen zur Zusammenarbeit mit den ad hoc Tribunalen, vorgesehenen Straf- bzw. Zwangsandrohungen durchzusetzen.308 Hinsichtlich der im einzelnen anzudrohenden Strafen bzw. Zwangsmitteln, wie der Vorführung, der Verhängung eines Ordnungsgeldes oder der Ordnungshaft, solle dem jeweiligen Staat insoweit allerdings die Entscheidungsgewalt verbleiben.309 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß für den jeweiligen Staat im Falle eines solchen Ersuchens auf der Grundlage des Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut, zwangsläufig die korrespondierende Pflicht gegenüber dem Ankläger entstünde, entsprechende Strafen bzw. Zwangsmittel auch tatsächlich gegenüber der zu vernehmenden Person anzudrohen und im Unterlassungsfall schließlich zu ergreifen.310 Wie die Auslegung der Regeln 39 und 54 der Verfahrensordnungen aber gezeigt hat, soll der Ankläger infolge der internen Kompetenzverteilung gerade nicht dazu ermächtigt sein, eine Ladung zwangsweise durchzusetzen. Vielmehr ist er, wie es grundsätzlich dem angloamerikanischen Strafverfahrensrecht entspricht, während des Ermittlungsverfahrens auf die freiwillige Kooperation und insoweit für seine Vernehmungen auf die freiwillige Anwesenheit natürlicher Personen angewiesen.311 II. Vernehmung des Verdächtigen In Regel 2 der Verfahrensordnungen wird der Verdächtige als natürliche Person, über die der Ankläger zuverlässige Informationen besitzt, welche darauf 307 Kamisar/LaFave/Israel, Basic Criminal Procedure, S. 692; LaFave/Israel/King, Criminal Procedure, § 8.3, S. 406 f. 308 Klip, Witnesses before the ICTY, S. 270 ff. 309 Hampson, ICTY and the Reluctant Witness, S. 56 ff. 310 Vgl. oben 2. Kapitel, A. III. 2. 311 Nsereko, Rules of Procedure of the ICTY, S. 307 f.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

hindeuten, daß sie ein der Zuständigkeit des Gerichts unterfallendes Verbrechen begangen haben könnte, may have committed, definiert.312 Im Schrifttum wird diese Definition teilweise als zu unpräzise kritisiert.313 Betrachtet man im Vergleich zum Verdächtigenbegriff die Ausführungen zum Verdachtsgrad, der die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens rechtfertigt,314 so wird folgendes deutlich: Während es für die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens ausreicht, daß ein der Zuständigkeit des Gerichts unterliegendes Verbrechen möglicherweise begangen wurde, setzt der Verdächtigenbegriff voraus, daß die Ermittlungen nunmehr soweit fortgeschritten sind, daß der bzw. einer der potentiellen Täter identifiziert werden kann.315 Der zugrundezulegende materiellrechtliche Täterbegriff wiederum ergibt sich aus Art. 7 ICTY-Statut bzw. Art. 6 ICTR-Statut, wonach neben der unmittelbaren bzw. mittelbaren Täterschaft auch sonstige Beteiligungsformen, wie die Anstiftung und Beihilfe, eingeschlossen sind und folglich auch zur Begründung der Verdächtigeneigenschaft ausreichen.316 Nach Prüfung und Bestätigung der vom Ankläger verfaßten Anklageschrift durch den zuständigen Richter der Strafkammer und somit nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens wandelt sich der Status eines Verdächtigen in den eines Angeklagten, Regel 2 und Regel 47 (H) ii) der Verfahrensordnungen.317 Die deutsche Übersetzung der Verfahrensordnung des ICTY führt in diesem Zusammenhang noch den Terminus des Beschuldigten ein.318 Einem Beschuldigten kommt im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale allerdings kein spezifischer Rechtsstatus zu, so daß der englischen Fassung zu folgen ist, die ausschließlich eine Unterscheidung zwischen dem Status des Verdächtigen, suspect, und des Angeklagten, accused, trifft. 1. Rechte des Verdächtigen Ein Verdächtiger genießt bei seiner Vernehmung durch den Ankläger über die in Art. 18 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 3 ICTR-Statut normierten Rechte. In Regel 42 der Verfahrensordnung werden diese Rechte des Verdäch312 Vgl. Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 875; Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 38. 313 Creta, Rights of the Accused under the Statute and the Rules of the ICTY, S. 414. 314 Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, A. VI. 315 Morris/Scharf, ICTR, S. 472 f. 316 Vgl. Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Judgement, 7 May 1997, para. 673 ff.; Prosecutor v. Zlatko Aleksovski (IT-95-14/1), Judgement, 25 June 1999, para. 60 ff.; Triffterer, Bestandsaufnahme zum Völkerstrafrecht, S. 228 ff. 317 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. und unten 5. Teil, A. II. 318 Verfahrensordnung und Beweisregeln des internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien, UN Doc. IT/32, Übersetzung durch Petra Hildebrandt, 1997, abgedruckt in: Fischer/Lüder (Hrsg.), Völkerrechtliche Verbrechen, S. 239 ff.

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tigen teils bestätigt und teils weiter ergänzt. Im ersten Jahresbericht des ICTY wird dazu allgemein ausgeführt: „However, the draftsmen of the statute decided to go even further than article 14 of the International Covenant and, in article 18, paragraph 3 of the statute, laid down certain rights relating to the pre-trial phase, including the provision of fundamental safeguards for persons who are not yet “accused“ but only “suspects“. Under that article, a suspect has a right to legal counsel, including free legal assistance if indigent, as well as the right to any necessary translation to and from a language he speaks and understands. The Tribunal’s rules of procedure and evidence reaffirm and expand these safeguards for both the suspect (rules 42–45) and the accused (rules 62, 63, 65–68 and 72).“319

Insgesamt darf dabei nicht übersehen werden, daß dem Verdächtigen im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale hingegen kein allgemeines Recht auf die Gewähr rechtlichen Gehörs zugestanden wird. So ist der Ankläger zwar dazu befugt, nicht aber dazu verpflichtet, einen Verdächtigen zu vernehmen. Ein Verdächtiger erhält somit auch nicht zwingend Kenntnis von einer gegen ihn gerichteten Ermittlungstätigkeit. Seitens des Schrifttums wird diese normative Entscheidung unter dem Gesichtspunkt des Gebots eines fairen Verfahrens kritisiert.320 a) Recht auf Rechtsbeistand Art. 18 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 3 ICTR-Statut bestimmt, daß ein Verdächtiger bei seiner Vernehmung durch den Ankläger über das Recht verfügt, die Dienste eines Verteidigers in Anspruch zu nehmen. Als Verteidiger können die in einem Staat zugelassenen Anwälte oder Hochschullehrer der Rechtswissenschaft fungieren, Regel 44 (A) der Verfahrensordnungen. Rechte und Pflichten des Verteidigers ergeben sich insbesondere aus dem Verhaltenskodex für Verteidiger.321 Soweit dem Verdächtigen die Mittel zur Beauftragung eines Verteidigers fehlen, ist ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, Art. 18 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 3 ICTR-Statut. Einschränkend wird in Regel 45 vorausgesetzt, daß die Pflichtverteidigung im Interesse der Gerechtigkeit als notwendig erscheinen muß. Verantwortlich für die Bestellung eines solchen Pflichtverteidigers, insbesondere für die Prüfung der Mittellosigkeit des Verdächtigen, ist gemäß Regel 45 der Verfahrensordnungen und der ergänzenden Vorschriften der Richtlinie zur Verteidigerbestellung der Kanzler des ICTY 319

First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 59. Safferling, International Criminal Procedure, S. 137; Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 836 f. 321 ICTY-Code of Professional Conduct for Defence Counsel, UN Doc. IT/125; ICTR-Code of Professional Conduct for Defence Counsel; vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. III. m. w. N. 320

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bzw. ICTR.322 Der Verdächtige kann auf sein Recht auf Rechtsbeistand allerdings auch freiwillig verzichten. Jederzeit während einer Vernehmung durch den Ankläger kann der Verdächtige seine Entscheidung dann revidieren mit der Folge, daß die Vernehmung bis zum Zeitpunkt der Anwesenheit des Verteidigers zu unterbrechen ist, Regel 42 (B) der Verfahrensordnungen. Nicht geregelt ist im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale jedoch, welche Rolle dem Verteidiger konkret bei der Vernehmung durch den Ankläger zugewiesen wird, d.h. ob er beispielsweise Einwände gegen bestimmte Fragen erheben kann.323 Dies bleibt vielmehr den Umständen des Einzelfalles überlassen. b) Recht auf einen Dolmetscher Zudem hat der Verdächtige gemäß Art. 18 III ICTY-Statut bzw. Art. 17 III ICTR-Statut ein Recht auf Übersetzung aus bzw. in eine ihm geläufige Sprache. In Regel 42 (A) ii) der Verfahrensordnungen wird ergänzend angeführt, daß die Übersetzung für den Verdächtigen kostenlos zu gewähren ist. Wie bei den Verteidigern wurde seitens des ICTY auch für Dolmetscher und Übersetzer ein entsprechender Verhaltenskodex erlassen, der mitunter bei der Vernehmung des Verdächtigen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens Anwendung findet.324 c) Recht zu schweigen Ursprünglich hatte das Verfahrensrecht des ICTY nur einem Angeklagten das Recht zu schweigen zugestanden. Auf dieses Recht sollte sich der Angeklagte berufen können, wenn er infolge der Ausführung eines Haftbefehls festgenommen, Regel 55 (A) ICTY-VerfO,325 oder wenn er nach seinem ersten Erscheinen vor Gericht im Rahmen des gerichtlichen Vorverfahrens vom Ankläger vernommen wird, Regel 63 ICTY-VerfO.326 Implizit ergibt sich dieses Recht für den Angeklagten allerdings auch aus der vorrangigen Regelung in Art. 21 Abs. 4 lit. g) ICTY-Statut, wonach ein Angeklagter nach dem Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare nicht gezwungen werden darf, gegen sich als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen.327 Da eine effektive Gewährlei322 ICTY-Directive on Assignment of Defence Counsel, UN Doc. IT/73/Rev.8; ICTR- Directive on Assignment of Defence Counsel; vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. III. m. w. N. 323 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 877. 324 ICTY-Code of Ethics for Interpreters and Translators Employed by the International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia, UN Doc. IT/144; vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. III. 325 Vgl. unten 5. Kapitel, A. I. 4. 326 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. 327 Sweeney, International Standards of Fairness, S. 257.

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stung dieses Rechts einer angeklagten Person allerdings zwangsläufig voraussetzt, daß ihr auch bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens dasselbe Recht zuteil wird, wurde die damalige Rechtslage nach der Verfahrensordnung für unzureichend gehalten.328 Infolgedessen wurde schließlich Regel 42 (A) iii) in die Verfahrensordnung des ICTY eingefügt, wonach nunmehr auch der Verdächtige bei seiner Vernehmung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ausdrücklich über das Recht zu schweigen verfügt.329 Bei Annahme der Verfahrensordnung für das ICTR wurde die eingefügte Vorschrift übernommen.330 d) Recht auf Belehrung Aus Regel 42 (A) iii) ergibt sich auch das Recht des Verdächtigen darüber belehrt zu werden, daß jede Aussage, die er macht, aufgezeichnet wird und als Beweismittel verwendet werden kann. Ein Recht des Verdächtigen, explizit über einen konkreten Tatvorwurf bzw. über seinen Status als Verdächtiger informiert zu werden, läßt sich insoweit allerdings nicht herleiten.331 2. Modalitäten und Ablauf der Vernehmung Die Modalitäten und der Ablauf der Vernehmung eines Verdächtigen durch den Ankläger ergeben sich aus den Regeln 42 und 43 der Verfahrensordnungen. Anwendung finden diese Vorschriften anläßlich jedweder Kommunikation zwischen dem Ankläger und dem Verdächtigen bezüglich der Tatvorwürfe.332 Zu Beginn einer jeden Vernehmung hat zunächst die Belehrung des Verdächtigen nach Regel 42 (A) iii) der Verfahrensordnungen zu erfolgen. Sodann ist der Verdächtige über sämtliche sonstige ihm zustehenden Rechte zu unterrichten, Regel 42 (A) der Verfahrensordnungen. Aus Regel 43 der Verfahrensordnungen ergibt sich, daß die gesamte Vernehmung auf Ton- oder Videoband aufzuzeichnen ist. Dadurch soll sichergestellt werden, daß die Rechte des Verdächtigen bei einer Vernehmung beachtet und somit ein Höchstmaß an Fairness und Korrektheit erreicht werden. Der Ankläger soll auf diese Weise dazu gezwungen sein, von unlauteren Vernehmungsmethoden Abstand zu nehmen.333 Insbesondere bei einem Geständnis des Verdächtigen läßt sich für den Fall späteren Bestreitens 328

Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 877 ff.; Morris/Scharf, ICTR, S. 475 f.; Nsereko, Rules of Procedure of the ICTY, S. 310. 329 Second Annual Report of the ICTY, 23 August 1995, UN Doc. A/50/365, para. 26 fn. 9. 330 Vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. II. 331 Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision on the Motion on the Exclusion and Restitution of Evidence and Other Material Seized From the Accused Zejnil Delalic, 9 October 1996, para. 11. 332 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 880.

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im Prozeß anhand der Aufzeichnungen auch die Freiwilligkeit der Aussage nachweisen.334 Im einzelnen legt Regel 43 i) der Verfahrensordnungen fest, daß ein Verdächtiger vor der Vernehmung darüber zu belehren ist, daß entsprechende Aufzeichnungen stattfinden. Außerdem soll bei einer Unterbrechung der Vernehmung der genaue Zeitpunkt festgehalten werden, Regel 43 ii) der Verfahrensordnungen. Vor Abschluß der Vernehmung ist dem Verdächtigen nach Regel 43 iii) der Verfahrensordnungen Gelegenheit zu geben, seine Aussage auf etwaige Unklarheiten hin zu überprüfen und ggf. zu ergänzen. Sodann soll die Aussage anhand der Aufzeichnung auf Ton- oder Videoband schriftlich abgefaßt werden. Eine Kopie der schriftlichen Abfassung sowie eine Kopie des Tonoder Videobandes sind dem Verdächtigen zu übergeben, Regel 43 iv) der Verfahrensordnungen.335 Die Originale sind jeweils zu versiegeln und vom Ankläger und Verdächtigen mit ihren Unterschriften zu versehen. III. Vernehmung von Zeugen und Opfern Sowohl in Art. 18 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 ICTR-Statut als auch in Regel 39 i) der Verfahrensordnungen wird zwischen der Vernehmung von Zeugen einerseits und Opfern andererseits differenziert. Für den Begriff des Zeugen ist im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ein weites Verständnis zugrunde zu legen. Anders als ggf. im gerichtlichen Vorverfahren und im Hauptverfahren kommt einer Differenzierung beispielsweise zwischen unmittelbaren Zeugen und Zeugen vom Hörensagen oder Zeugen im engeren Sinne und Sachverständigen keine Bedeutung zu.336 Regel 2 der Verfahrensordnungen definiert den Begriff des Opfers als eine Person, an der angeblich ein Verbrechen begangen wurde, das in die Zuständigkeit des ICTY bzw. ICTR fällt. Einbezogen sind mithin nur unmittelbar betroffene Personen.337 Relevant ist eine Differenzierung zwischen Zeugen und Opfern insoweit, als daß für Opfer spezielle beweisrechtliche Vorschriften im Hauptverfahren gelten, Regel 96 der Verfahrensordnungen,338 und ausschließlich für Opfer die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen geregelt 333 Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 201; Morris/Scharf, ICTR, S. 476 f.; Nsereko, Rules of Procedure of the ICTY, S. 312. 334 Vgl. Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 880; Safferling, International Criminal Procedure, S. 148. 335 Second Annual Report of the ICTY, 23 August 1995, UN Doc. A/50/365, para. 22 fn. 7. 336 Vgl. ICTY-Directive on Allowances for Witnesses and Expert Witnesses, UN Doc. IT/200, Art. 2; Sluiter, Obtaining Evidence for the ICTY, S. 109; Nouvel, Preuve devant le Tribunal Pénal International pour l’Ex-Yougoslavie, S. 915 ff. 337 Donat-Cattin, Victims in ICC Proceedings, S. 260 f.; Safferling, Opfer völkerrechtlicher Verbrechen, S. 365 ff. 338 Vgl. Cleiren/Tijssen, Rape and other Forms of Sexual Assault, S. 291 f.

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wurde, Regel 106 der Verfahrensordnungen.339 Speziell für das Ermittlungsverfahren lassen sich indes keine Unterschiede zwischen der Behandlung von Zeugen und Opfern erkennen. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und damit insbesondere bei ihrer Vernehmung durch den Ankläger gelten Opfer damit letztlich als eine Personengruppe innerhalb der Gesamtheit von Zeugen. 1. Rechte der Zeugen und Opfer Zeugen und Opfer verfügen nach Maßgabe der Statuten und Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale grundsätzlich über keinerlei besondere Rechte im Falle ihrer Vernehmung durch den Ankläger. Andererseits besteht für einen Zeugen oder ein Opfer auch keine Pflicht zur Aussage. Der Ankläger ist insoweit ausschließlich auf die freiwillige Bereitschaft zur Aussage des Zeugen oder Opfers angewiesen.340 Lediglich im Falle der besonderen Konstellation, daß ein von staatlichen Behörden in eigener Sache inhaftierter Zeuge nach Maßgabe von Regel 90 bis der Verfahrensordnungen überstellt und zeitweilig am Sitz des ICTY bzw. ICTR inhaftiert wird,341 läßt sich aus Regel 45 bis der Verfahrensordnungen herleiten, daß diesem das Recht der Inanspruchnahme eines Verteidigers gemäß Regel 44 f. der Verfahrensordnungen zuzugestehen ist.342 Problematisch erweist sich der ungeregelte Fall, in dem sich der Zeuge bzw. das Opfer während der Vernehmung selbst der Begehung eines völkerrechtlichen Verbrechens bezichtigt, suspect witness.343 In der Praxis wird unter Umständen die Vernehmung unterbrochen und sodann mit einer Vernehmung als Verdächtiger neu begonnen werden, wobei die Rechte aus Art. 18 Abs. 3 ICTYStatut bzw. Art. 17 Abs. 3 ICTR-Statut sowie Regel 42 der Verfahrensordnungen zu gewähren und die nach Regel 43 der Verfahrensordnungen vorgegebenen Modalitäten einzuhalten wären.344 2. Zeugen- und Opferschutz Art. 22 ICTY-Statut bzw. Art. 21 ICTR-Statut bestimmt, daß in der Verfahrensordnung besondere Vorschriften für den Schutz von Opfern und Zeugen enthalten sein müssen. Diesem Auftrag sind die Richter der ad hoc Tribunale vor339

Vgl. Chinkin, Protection of Victims and Witnesses, S. 477. Nsereko, Rules of Procedure of the ICTY, S. 307 f. 341 Vgl. unten 5. Kapitel, A. II. 342 Vgl. Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 70; Yearbook of the ICTY 1996, Chapter III. A. 1. fn. 1. 343 Vgl. Blakesley, Comparing the ad hoc Tribunal and the Project for an ICC, S. 193; LaRosa, Droit à un Procés Equitable, S. 954. 344 Nizich, Tribunal Justice, S. 1550. 340

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nehmlich durch Erlaß der Regel 75 der Verfahrensordnungen nachgekommen.345 Diese Regel befindet sich allerdings im 6. Teil der Verfahrensordnungen, der dem Hauptverfahren gewidmet ist.346 Im Zusammenhang mit der Offenlegung von Beweismitteln im Verfahrensabschnitt des gerichtlichen Vorverfahrens wird der Schutz der Opfer und Zeugen gemäß Regel 69 der Verfahrensordnungen gewährleistet.347 In beiden Fällen entscheidet die Strafkammer über entsprechende Maßnahmen und somit über die Abwägung zwischen dem Interesse der Verteidigung an einer Offenlegung möglichst sämtlicher Informationen bzw. an einem unmittelbaren Zugriff auf einen Zeugen im Rahmen einer öffentlichen Hauptverhandlung einerseits und dem Opfer- und Zeugenschutz andererseits.348 Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ergibt sich dieses Spannungsverhältnis grundsätzlich nicht in gleicher Weise, da für den Ankläger in diesem Verfahrensabschnitt ohnehin keine entsprechenden Informationspflichten gegenüber der Verteidigung bestehen. Dennoch kann es angebracht sein, bereits zu diesem Zeitpunkt den Schutz von Opfern und Zeugen entsprechend zu berücksichtigen, wie beispielsweise bei der Auswahl des Vernehmungsortes usw.349 Deshalb wurde schließlich Regel 39 ii) der Verfahrensordnungen dahingehend ergänzt, daß der Ankläger bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens dazu ermächtigt ist, besondere Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit von potentiellen Zeugen und Informanten zu ergreifen.350 Während ein Zeuge oder ein Opfer gemäß Regel 75 im Hauptverfahren allerdings aus eigener Initiative gegenüber der Strafkammer die Anordnung bestimmter Schutzmaßnahmen beantragen kann, besteht ein solches prozessuales Recht nicht gegenüber dem Ankläger bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens. 3. Gewährung von Immunität Das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale weist dem Ankläger nicht die Befugnis zu, einem Zeugen oder Opfer im Falle seiner Kooperation bei den Ermittlungen, insbesondere für den Fall seines Erscheinens zur Vernehmung am Sitz des ICTY bzw. ICTR, Immunität, safe conduct, zu gewähren.351 Es liegt stets allein in der Gewalt des Anklägers, darüber zu entscheiden, ob ein Ermitt345 Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Prosecutor’s Motion requesting Protective Measures for Victims and Witnesses, 10 August 1995, para. 14; Rydberg, Protection of the Interests of Witnesses, S. 467 f. 346 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. III. 347 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. 348 Leigh, Unnamed Witness, S. 236 f.; ders., Witness Anonymity, S. 80 f.; Wladimiroff, Prosecutor v. Dusko Tadic, S. 1452 f. 349 Vgl. Triffterer-Donat-Cattin, Commentary on the Rome Statute, Art. 68 Rdnr. 14. 350 Second Annual Report of the ICTY, 23 August 1995, UN Doc. A/50/365, para. 27; vgl. Chinkin, Protection of Victims and Witnesses, S. 460.

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lungsverfahren einzuleiten,352 einzustellen oder ob schließlich Anklage gegen eine bestimmte Person zu erheben ist.353 Im ersten Jahresbericht des ICTY aus dem Jahre 1994 wird dazu ausgeführt: „Thirdly the granting of immunity (. . .) find no place in the rules. It remains entirely a matter for the Prosecutor to determine against whom to proceed.“354

Gegenüber der konkurrierenden Strafverfolgung auf staatlicher Ebene bedarf es für die Gewährung von Immunität gegenüber einem Zeugen einer entsprechenden richterlichen Anordnung auf der Grundlage der Regel 54 der Verfahrensordnungen.355 Die Staaten bzw. deren Strafverfolgungsorgane sind zur Respektierung der gewährten Immunität für die in der Anordnung bestimmte Frist nach Art. 29 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut verpflichtet.356 Zumindest aus rechtlicher Sicht erscheint es durchaus zulässig, daß der Ankläger mittels eines Antrags nach Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen eine solche Anordnung bereits für die Vernehmung eines Zeugen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beantragt. Anhand der Praxis der ad hoc Tribunale läßt sich ein solches Vorgehen allerdings nicht nachweisen. Die bislang ergangenen Anordnungen bezogen sich vielmehr grundsätzlich auf die Vernehmung von Zeugen in der Hauptverhandlung.357 Im übrigen sind es zumeist ohnehin die Zeugen der Verteidigung, zu deren Gunsten Immunität beantragt bzw. gewährt wird.358 IV. Beweisrechtliche Bedeutung der erlangten Aussagen Beweisrechtliche Bedeutung kommt den im Ermittlungsverfahren erlangten Aussagen zunächst für die Anklageerhebung zu. Der Ankläger kann zum Nachweis für die erhobenen Tatvorwürfe die Aufzeichnungen und Protokolle der Aussagen dem zuständigen Richter übermitteln, Regel 47 (B) der Verfahrensordnungen.359 351 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 873; Falvey, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 507 f. 352 Vgl. oben 3. Teil, 3. Kapitel, A. I. 353 Vgl. unten 5. Teil, A. I. und II. 354 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 74. 355 Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Defence Motion to Summon and Protect Defence Witnesses and on Giving of Evidence by Video-Link, 25 June 1996, para. 8 ff.; vgl. May, Relationship between ICC and ICTY, S. 160; McDonald, Trial Procedures and Practices, S. 568 ff. 356 Vgl. oben 2. Kapitel, A. II. 2. 357 Vgl. Prosecutor v. Mile Mrksic et al. (IT-95-13), Order on Defence Motion for Safe Conduct, 12 June 1998; Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Order Granting Safe-Passage to Defence Witness „D/A“, 7 September 1998. 358 LaRosa, Droit à un Procès Equitable, S. 969 f. 359 Vgl. unten 5. Teil, B. II.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Inwieweit es dem Ankläger daneben auch möglich ist, anstelle einer unmittelbaren Vernehmung von Zeugen und Opfern die Aufzeichnungen bzw. Protokolle ihrer Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren als Beweismittel in die Hauptverhandlung einzubringen, ergibt sich nicht explizit aus den Vorschriften der Statuten bzw. Verfahrensordnungen. Aus Regel 89 (A) der Verfahrensordnungen ergibt sich zunächst, daß die Richter der ad hoc Tribunale nicht an die auf staatlicher Ebene geltenden Beweisregeln gebunden sind.360 Ein Ausschluß dieser Beweismittel muß demnach nicht in gleicher Weise erfolgen wie beispielsweise in der englischen und U.S.-amerikanischen Rechtsordnung als Folge des Rechts auf Konfrontation bzw. der sog. rule against hearsay evidence im weiteren Sinne361 oder in der deutschen Rechtsordnung aufgrund des Unmittelbarkeitsgrundsatzes.362 Regel 89 (C) der Verfahrensordnungen bestimmt, daß eine Kammer jedes sachdienliche Beweismittel zulassen kann, das sie für beweiskräftig hält. Kriterien für die Zulässigkeit eines Beweismittels sind somit allein die Sachdienlichkeit und die Beweiskraft.363 Zunächst scheint der Ankläger folglich nicht daran gehindert, aufgezeichnete bzw. protokollierte Aussagen, die er anläßlich einer Vernehmung während des Ermittlungsverfahrens erlangte, für seine Beweisführung zu verwenden. Andererseits legt Art. 21 Abs. 4 lit. e) ICTY-Statut bzw. Art. 20 Abs. 4 lit. e) ICTR-Statut ausdrücklich fest, daß dem Angeklagten das Recht zusteht, Fragen an die Belastungszeugen zu stellen bzw. durch seinen Verteidiger stellen zu lassen.364 Auch Regel 90 (A) der Verfahrensordnungen scheint zumindest dem Grundsatz nach davon auszugehen, daß ein Zeuge unmittelbar vor der Kammer in Anwesenheit beider Parteien gehört werden soll. Dies läßt sich im Ergebnis auch damit begründen, daß Regel 71 der Verfahrensordnungen speziell für den Fall, daß ein Zeuge nicht in der Lage ist, zur Hauptverhandlung zu erscheinen, die Möglichkeit einer kommissari360 Vgl. Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Defence Motion on Hearsay, 5 August 1996, para. 19; Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Decision on the Defence Motion to Compel the Disclosure of Rule 66 and 68 Material Relating to Statements Made by a Peson Known as X, 15 July 1998, para. 10–12; Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 47. 361 Für das englische Strafverfahrensrecht: Sprack, Emmins on Criminal Procedure, S. 278; für das amerikanische Strafverfahren: Schmid, Strafverfahren und Strafrecht in den Vereinigten Staaten, S. 71 und 143. 362 Vgl. § 250 der deutschen Strafprozeßordnung (StPO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987, BGBl. 1987 I S. 1074, ber. S. 1319; dazu: Kleinknecht/Meyer-Goßner, Strafprozeßordnung, § 250 Rdnr. 6. 363 Vgl. Prosecutor v. Dusko Tadic (IT-94-1), Decision on the Defence Motion on Hearsay, Trial Chamber II Majority (Judges McDonald and Vohrah), 5 August 1996, para. 7; Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision on the Motion of the Prosecution for the Admissibility of Evidence, 19 January 1998, para. 17 ff.; vgl. May, Evidence before the ICTY, S. 199 f.; Nouvel, Preuve devant le Tribunal Pénal International pour l’Ex-Yougoslavie, S. 923. 364 Vgl. zu diesem Recht auf Konfrontation im Rahmen des Internationalen Menschenrechtsschutzes: Pejic, What is a Fair Trial?, S. 152 f.

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schen Vernehmung im Rahmen der gerichtlichen Voruntersuchung, deposition, vorsieht.365 In einer Entscheidung des ICTY ist in diesem Zusammenhang ausgeführt worden: „The Trial Chamber is of the view that whilst it could admit the witness statements under Rule 89 (C), this is not an appropriate case for the exercise of its discretion under that provision, as it would amount to the wholesale admission of hearsay untested by cross-examination (. . .) and would be of no probative value. The Trial Chamber therefore declines to admit the witness statements into evidence, however, draws attention to Rule 94 ter of the Rules.“366

Insgesamt läßt sich mithin in der Praxis der ad hoc Tribunale feststellen,367 daß Aussagen, die der Ankläger anläßlich seiner Vernehmung von Zeugen und Opfern im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erlangte, grundsätzlich als Beweismittel in der Hauptverhandlung zurückgewiesen werden.368 Nur in Ausnahmefällen, wie zum Beispiel beim Tod eines Zeugen, wird in der Rechtsprechung eine Durchbrechung dieses Grundsatzes für geboten erachtet.369 In einer Entscheidung des ICTY wird dies bestätigt: „Furthermore, the Trial Chamber was confronted with the problem of the admission of the statement of a deceased witness which had been given under oath to the Prosecutor’s investigators. The Judges considered this to be clearly one of the exceptions to the principle of oral witness testimony, in particular for cross-examination, accepted in the different national and international legal systems and therefore they admitted the said statement in evidence but reserved the right to give it the appropriate weight when the time came.“370

Anders verhält es sich jedoch mit den im Ermittlungsverfahren protokollierten bzw. aufgezeichneten Aussagen des Verdächtigen. Mangels eines entsprechenden Widerspruchs zum Recht des Angeklagten auf Vernehmung eines Belastungszeugen, sind diese Aussagen durchaus als Beweismittel in der Hauptverhandlung zuzulassen. Dies gilt selbst dann, wenn der Verdächtige auf sein Schweigerecht im Rahmen seiner Vernehmung im Ermittlungsverfahren zunächst verzichtete, dann aber zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens davon Gebrauch gemacht hat.371 In diesem Zusammenhang, insbesondere im Falle ei365 Vgl. Guariglia, Admission of Documentary Evidence in Proceedings Before the ICTY, S. 669; Kreß, Witnesses in Proceedings Before the ICC, S. 359; Sluiter, Obtaining Evidence for the ICTY, S. 109. 366 Prosecutor v. Dario Kordic/Mario Cerkez (IT-95-14/2), Decision on the Prosecution Application to Admit the Tulic Report and Dossier into Evidence, 29 July 1999, para. 23. 367 Prosecutor v. Dario Kordic/Mario Cerkez (IT-95-14/2), Decision on Appeal Regarding Statement of a Deceased Witness, 21 July 2000, para. 22 ff.; Prosecutor v. Zlatko Aleksovski (IT-95-14), Decision on Prosecutor’s Appeal on Admissibility of Evidence, 16 February 1999, para. 15 ff. 368 Guariglia, Admission of Documentary Evidence Before the ICTY, S. 667 ff. 369 Robinson, Fair and Expeditious Trials at the ICTY, S. 581. 370 Prosecutor v. Tihomir Blaskic (IT-95-14), Judgement, 3 March 2000, para. 36.

272

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

nes Geständnisses des Verdächtigen, verlagert sich die Problematik vielmehr auf die beweisrechtlichen Konsequenzen einer rechtsfehlerhaften Durchführung der Vernehmung. 1. Beweisrechtliche Konsequenzen bei rechtsfehlerhafter Vernehmung durch den Ankläger Die Ausschließung eines Beweismittels kann gemäß Regel 89 (D) der ICTYVerfO dann erfolgen, soweit ein Mißverhältnis zwischen dessen Beweiskraft und dem Erfordernis eines gerechten Verfahrens besteht.372 Für das ICTR fehlt allerdings eine entsprechende Vorschrift. Aufgrund der von seiten des ICTY im Januar 1995 abgeänderten,373 vom ICTR in abgeänderter Fassung übernommenen Regel 95 der Verfahrensordnungen soll ein Beweismittel dann unzulässig sein, wenn es durch Methoden erlangt wurde, die Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit begründen, oder wenn dessen Zulassung der Integrität des Verfahrens schaden würde. Mittels dieser Formulierung soll ein ausreichender Schutz der Verdächtigen und Angeklagten vor unlauteren Ermittlungsmethoden sichergestellt werden.374 Im Hinblick auf eine rechtsfehlerhafte Vernehmung des Verdächtigen durch den Ankläger läßt sich folglich davon ausgehen, daß entsprechende Aussagen auf der Grundlage der Regel 95 der Verfahrensordnungen als Beweismittel in der Hauptverhandlung für unzulässig zu erklären sind.375 Hinsichtlich der Verwertbarkeit rechtsfehlerhaft erlangter Beweismittel ist von der Rechtsprechung des ICTY ausgeführt worden: „Whether or not such an irregularity took place, the defence would have to make a showing that such an irregularity has led to violation of the rights of the accused (. . .) that warrants the exclusion of the evidence. For that purpose, and in the event that the Transcript of Interview is tendered as evidence at trial, the Defence may object to its admissibility under Rule 89 or Rule 95.“376

In einer anderen Entscheidung des ICTY wurde im Zusammenhang mit der Verwertbarkeit rechtsfehlerhaft erlangter Aussagen eines Verdächtigen sogar noch einen Schritt weiter gegangen:

371

Murphy, Progress and Jurisprudence of the ICTY, S. 77. Vgl. Nouvel, Preuve devant le Tribunal Pénal International pour l’Ex-Yougoslavie, S. 925. 373 Second Annual Report of the ICTY, 23 August 1995, UN Doc. A/50/365, para. 26 fn. 9; vgl. 2. Teil, 3. Kapitel, A. IV. 374 Jones, Practice of the International Tribunals, S. 427 f. 375 May, Evidence before the ICTY, S. 199 f.; ders., Proof-Taking Before International Tribunals, S. 462. 376 Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision on the Motion on the Exclusion and Restitution of Evidence and Other Material Seized From the Accused Zejnil Delalic, 9 October 1996, para. 15. 372

4. Kap.: Vernehmung

273

„The question is whether the interview is one which can pass the test of Article 18 and Rule 42. (. . .) However violation of Sub-rules 42 A (i) and 42 (B) by themselves would be sufficient by virtue of Rule 5 to render the statements (. . .) null and inadmissible in proceedings before us and to be excluded.“377

Danach ist die Verwendung der Aussage bereits deshalb für unzulässig zu erklären, weil ein Verstoß gegen Art. 18 Abs. 3 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 3 ICTR-Statut bzw. die Regeln 42 f. der Verfahrensordnungen per se auf der Grundlage der Regel 5 der Verfahrensordnungen die Nichtigkeit der Aussage bewirke. Einer Prüfung nach Maßgabe der Regeln 89 oder 95 der Verfahrensordnungen bedürfe es insoweit überhaupt nicht mehr.378 2. Beweisrechtliche Konsequenzen bei rechtsfehlerhafter Vernehmung durch staatliche Behörden Alternativ zur Vernehmung des Verdächtigen durch den Ankläger ergibt sich die Möglichkeit, einen Staat um Vernehmung eines Verdächtigen zu ersuchen. Herleiten läßt sich die entsprechende Befugnis des Anklägers aus Art. 18 Abs. 2 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 S. 2 ICTR-Statut und Regel 39 iii) der Verfahrensordnungen, wonach der Ankläger staatliche Behörden bei der Durchführung seiner Ermittlungen um Unterstützung ersuchen kann.379 Im Falle eines solchen Ersuchens ist der jeweilige Staat dem Ankläger gegenüber auf der Grundlage des Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut zur Vernehmung des Verdächtigen durch seine Behörden verpflichtet.380 Die Aufzeichnungen bzw. Protokolle der Vernehmung sind anschließend dem Ankläger zu übermitteln. Für die Modalitäten bzw. den Ablauf der Vernehmung und die Rechte des Verdächtigen ist im Falle einer Vernehmung durch staatliche Behörden zunächst das jeweilige staatliche Recht allein maßgeblich. Die besondere Konstellation, daß die einem Verdächtigen bei der Vernehmung durch staatliches Recht gewährten Garantien hinter den durch das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale gewährten Garantien zurückbleiben, findet selbst in den staatlichen Implementierungsvorschriften zum ICTY bzw. ICTR keine Regelung.381 In der Rechtsprechung der ad hoc Tribunale wurde im Zusammenhang mit der beweisrechtlichen Zulässigkeit einer Aussage, die im Zuge einer Vernehmung durch staatliche Behörden erlangt wurde, folgendes ausgeführt:

377 Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision of Zdravko Mucic’s Motion for the Exclusion of Evidence, 2 September 1997, para. 55. 378 Vgl. Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 827; Warbrick, International Criminal Courts and a Fair Trial, S. 56 f. 379 Vgl. oben 1. Kapitel, A. I. 1. d). 380 Vgl. oben 2. Kapitel, A. III. 2. 381 Sluiter, Obtaining Evidence for the ICTY, S. 99 ff. m. w. N.

274

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

„It is also important to state that the other conditions in the Austrian provision, namely, the right to speak to a lawyer only after being questioned, and if it has been determined that the accused would be transferred to the Court prison, and that there is sufficient time remaining, to be decided by some other authority or person, are fetters to the exercise of the right to counsel absent in Art. 18 and Rule 42. The Trial Chamber is satisfied that the Austrian rights of the suspect are so fundamentally different from the rights under the International Tribunal’s Statute and Rules as to render the statement made under it inadmissible.“382

Demnach erfolgt stets eine Überprüfung nach Maßgabe der Statuten bzw. Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale. Dies kann ggf. dazu führen, daß eine Aussage, obwohl sie in Übereinstimmung mit dem staatlichen Recht erlangt wurde, dennoch als unzulässiges Beweismittel zurückzuweisen ist, wenn ein Verstoß gegen das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale festgestellt wird.383 Dem kann der Ankläger lediglich dadurch vorbeugen, daß er die staatlichen Behörden vor Durchführung der Vernehmung ausdrücklich um eine entsprechende Berücksichtigung des Verfahrensrechts der ad hoc Tribunale ersucht. Diesem Begehren muß der ersuchte Staat sodann infolge seiner Kooperationsverpflichtung gegenüber dem Ankläger gemäß Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut nachkommen.384 Das staatliche Verfahrensrecht ist hingegen für die Entscheidung über Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit einer Vernehmung nicht ausschlaggebend, so daß entsprechende Einwände der Verteidigung, die ausschließlich auf eine Verletzung staatlichen Verfahrensrechts abzielen, zurückgewiesen werden. In diesem Fall kann die Aussage des Verdächtigen als Beweismittel in der Hauptverhandlung zugelassen werden.385

B. Der Internationale Strafgerichtshof Art. 54 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut weist dem Ankläger die Befugnis zu, Personen, gegen die ermittelt wird, Opfer und Zeugen zu laden und zu vernehmen.386 Die Rechte der Personen während der Ermittlungen, insbesondere für den Fall ihrer Vernehmung durch den Ankläger, ergeben sich aus Art. 55 ICC-Statut. Weitere Vorschriften, die sich auf die Vernehmung durch den Ankläger im Rah382 Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision of Zdravko Mucic’s Motion for the Exclusion of Evidence, Trial Chamber, 2 September 1997, para. 52; vgl. auch Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Judgement, 16 November 1998, para. 63. 383 Murphy, Progress and Jurisprudence of the ICTY, S. 77. 384 Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 116; vgl. oben 2. Kapitel, A. III. 2. 385 Prosecutor v. Djordje Djukic (IT-96-20), Decision on Pre-Trial Motions, Trial Chamber, 26 April 1996, para. 23; Yearbook of the ICTY 1996, Chapter III. A. 2. c. ii. (b).; Nouvel, Preuve devant le Tribunal Pénal International pour l’Ex-Yougoslavie, S. 922. 386 Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 1. c).

4. Kap.: Vernehmung

275

men eines Ermittlungsverfahrens beziehen, finden sich in Regel 111 f. ICCVerfO. I. Ladung zur Vernehmung Das Recht des Anklägers, eine zu vernehmende Person zu laden, ist – anders als im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale – unmittelbar im Statut selbst verankert, Art. 54 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut. 1. Kontaktaufnahme mit der zu vernehmenden Person Zunächst läßt Art. 54 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut dem Wortlaut nach den Schluß zu, daß eine Ladung zur Vernehmung vom Ankläger unmittelbar gegenüber der zu vernehmenden Person ausgesprochen werden kann. Dieses Ergebnis hält einer systematischen Auslegung des ICC-Statuts jedoch nicht stand.387 Im allgemeinen hat sich bereits gezeigt, daß dem ICC-Statut bzw. dem Kooperationsregime zwischen dem ICC und den Staaten in weitgehenderem Maße als bei den ad hoc Tribunalen dem horizontalen Rechtshilfemodell gefolgt wurde.388 Nach diesem Modell vollzieht sich die Kontaktaufnahme mit natürlichen Personen auf dem Hoheitsgebiet eines Staates jedoch ausschließlich durch Vermittlung der jeweils zuständigen staatlichen Behörden.389 Ansonsten ergäbe sich insbesondere ein Widerspruch zu Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut, wonach der Ankläger die Befragung einer Person auf dem Hoheitsgebiet lediglich mittels eines Rechtshilfeersuchens gegenüber dem jeweiligen Staat durchsetzen kann.390 Könnte der Ankläger sich im Gegenzug unmittelbar an eine natürliche Person wenden und sie zu einer Vernehmung auffordern, so würde das in Art. 99 Abs. 4 ICC-Statut zugunsten des Staates vorgesehene Verfahren hingegen weitgehend leerlaufen. Dies muß selbst dann gelten, wenn die beabsichtigte Vernehmung nicht an einem Ort auf dem Hoheitsgebiet des betreffenden Staates, sondern beispielsweise am Sitz des ICC stattfinden soll. Aufgrund dieser expliziten Regelung im ICC-Statut läßt sich auch nicht davon ausgehen, daß eine unmittelbare Kontaktaufnahme ohne vorherige Einschaltung staatlicher Behörden unter bestimmten Voraussetzungen als inhärente Befugnis zu rechtfertigen wäre.391 Der Ankläger 387

Vgl. Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 54 Rdnr. 24. 388 Vgl. oben 2. Kapitel, B. IV. 389 Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 124 f.; Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz, § 4 Rdnr. 3 und Schengener Durchführungsabkommen, Art. 52 Rdnr. 1 und 9. 390 Vgl. oben 3. Kapitel, B. I. 1. 391 Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 102 f.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

ist vielmehr generell auf ein Vorgehen im Wege der Rechtshilfe nach Maßgabe des 9. Teils des ICC-Statut verwiesen, sofern er die Anwesenheit einer natürlichen Person zum Zweck ihrer Vernehmung verlangt.392 Der jeweils betroffene Staat ist dann allerdings gemäß Art. 93 Abs. 1 lit. d) ICC-Statut zur Zustellung der Ladung an den Adressaten verpflichtet.393 Insbesondere für den Fall der Kooperationsunwilligkeit bzw. der Behinderung der internationalen Strafverfolgung seitens eines Staates ergibt sich für den Ankläger beim ICC somit nicht die Möglichkeit eines direkten Zugriffs, wie sie für den Ankläger bei den ad hoc Tribunalen besteht. Ausnahmsweise ist es auch für den Ankläger beim ICC zulässig, eine natürliche Person unmittelbar zu kontaktieren, wenn der betreffende Staat unfähig ist, eine entsprechende Vermittlung zwischen ihm und der natürlichen Person zu gewährleisten.394 Als Rechtsgrundlage ist in diesem Fall auf die Befugnis des Anklägers zu Untersuchungen an Ort und Stelle nach Art. 54 Abs. 2 lit. b) i. V. m. Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut abzustellen.395 Soweit der Ankläger demnach aufgrund einer Ermächtigung durch die Vorverfahrenskammer zur Vernehmung natürlicher Personen auf dem Hoheitsgebiet eines Staates befugt ist, kann er sich zu diesem Zweck mangels funktionsfähiger Behörden dieses Staates zugleich unmittelbar an die zu vernehmende Person wenden. Unter diesen Umständen ergibt sich eine Übereinstimmung zwischen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und dem Verfahrensrecht des ICC. 2. Androhung von Zwangsmitteln Entscheidet sich der Ankläger für die Ladung einer Person und wendet er sich deshalb mittels eines Rechtshilfeersuchens an den Staat, auf dessen Hoheitsgebiet sich die Person befindet, so stellt sich die Frage, ob diese Ladung mit einer Androhung von Strafen bzw. Zwangsmitteln für den Fall der Unterlassung versehen werden kann. Wiederum läßt sich dies allein aufgrund des Wortlauts des Art. 54 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut, wonach der Ankläger ausdrücklich dazu befugt ist, die Anwesenheit einer zu vernehmenden Person zu verlangen, nicht beantworten.396 Gegen ein Recht des Anklägers, eine Ladung unter Androhung von Strafen zu erlassen, spricht allerdings, daß die Anordnung von 392 Report of the Ad Hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. A/50/22, para. 233. 393 Schlunck, Umsetzung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 31. 394 Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 132 und 145. 395 Vgl. oben 3. Kapitel, B. I. 2. 396 Vgl. Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 54 Rdnr. 26.

4. Kap.: Vernehmung

277

Zwangsmaßnahmen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gemäß Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut grundsätzlich der Kompetenz der Vorverfahrenskammer unterfällt.397 Der Ankläger könnte demnach allenfalls zunächst den Erlaß eines entsprechenden Rechtsaktes gemäß Art. 57 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut bei der Vorverfahrenskammer beantragen. Die Vorverfahrenskammer könnte diesem Antrag aufgrund der Bestimmungen des 9. Teils des ICC-Statuts jedoch ohnehin nicht stattgeben.398 So ergibt sich insbesondere aus Art. 93 Abs. 1 lit. e) ICC-Statut, daß Staaten generell lediglich dazu verpflichtet sind, das freiwillige Erscheinen von Personen als Zeugen oder Sachverständige vor dem Gerichtshof zu erleichtern. Es besteht aber zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens die Pflicht eines Staates, bei Nichterscheinen einer zu vernehmenden Person die von seiten des ICC bestimmten Ordnungsmittel zu ergreifen.399 Falls ein Staat dennoch in seinem innerstaatlichen Rechtshilferecht festlegt, daß Ladungen des ICC ggf. zwangsweise durchgesetzt werden können, so handelt es sich dabei um eine über die Förderungspflicht des Art. 93 Abs. 1 lit. e) ICC-Statut hinausgehende Unterstützung, die seitens des ICC nicht eingefordert werden kann.400 Im Ergebnis zeigt sich, daß der Ankläger des ICC in gleicher Weise wie der Ankläger der ad hoc Tribunale bei der Vernehmung einer Person im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens ausschließlich auf die freiwillige Kooperation bzw. auf das freiwillige Erscheinen der zu vernehmenden Personen angewiesen ist. II. Vernehmung der Person, gegen die ermittelt wird Im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale wird im Verfahrensrecht des ICC der Begriff des Verdächtigen, suspect, nicht verwendet. Stattdessen wird, wie insbesondere im Zusammenhang mit dem Vernehmungsrecht des Anklägers in Art. 54 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut, von einer Person, gegen die ermittelt wird, person being investigated, gesprochen. Diese neutralere Formulierung ist deshalb von den Delegierten der Staatenkonferenz in Rom gewählt worden, weil dem Terminus des Verdächtigen im Strafverfahrensrecht einer Vielzahl von Rechtsordnungen eine höchst unterschiedliche Bedeutung zugesprochen wird.401 Art. 55 Abs. 2 ICC-Statut setzt hinsichtlich des Status einer Person, gegen die ermittelt wird, per definitionem voraus, daß Verdachtsgründe bestehen, auf397

Vgl. oben 1. Kapitel, B. II. 1. Triffterer-Guariglia/Harris, Commentary on the Rome Statute, Art. 57 Rdnr. 9. 399 Kreß, Witnesses in Proceedings Before the ICC, S. 324; Triffterer-Prost/ Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 93 Rdnr. 20; Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 363 f. 400 Schlunck, Umsetzung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 31. 401 Behrens, Verfahren des internationalen Strafgerichtshofes, S. 144 f. 398

278

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

grund derer sich ergibt, daß die Person ein der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegendes Verbrechen begangen „hat“, grounds to believe that a person has committed a crime. Im Vergleich zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale, wonach es für den Status eines Verdächtigen ausreichend erscheint, daß die betreffende Person ein Verbrechen begangen haben „könnte“, deutet sich insoweit ein restriktiveres Verständnis an. Der Status einer Person, gegen die ermittelt wird, wandelt sich im Verfahren der Bestätigung der Anklage nach Art. 61 ICC-Statut in den Status eines Angeschuldigten, person charged, und im Falle der Bestätigung der Anklage in den Status eines Angeklagten, accused, Art. 61 Abs. 7 lit. a) i. V. m. Art. 61 Abs. 9 ICC-Statut.402 Demgegenüber differenziert das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale lediglich zwischen dem Status eines Verdächtigen und dem eines Angeklagten. 1. Rechte der Person, gegen die ermittelt wird Grundsätzlich bestand bereits während der Vorarbeiten zum ICC-Statut Einigkeit darüber, daß die einer verdächtigen Person im Falle ihrer Vernehmung durch den Ankläger zu gewährenden Rechte in einer einzelnen Vorschrift gesondert normiert werden sollten.403 Im Bericht des Preparatory Committee heißt es dazu: „As regards the right of the suspect, the view was expressed that they should be further elaborated in accordance with international standards and contained in a separate article. Emphasis was placed, inter alia, on the right of the suspect to receive a sufficient warning before being questioned, to remain silent during questioning, not to be compelled to testify or to confess guilt, to receive the assistance of competent counsel irrespective of the ability to pay for such assistance, to communicate in confidence with the counsel. (. . .) The view was expressed that the enumeration of the rights of the suspect should, however, be non-exhaustive.“404

Dem wurde schließlich mit der Normierung von Art. 55 Abs. 2 ICC-Statut entsprochen. Zusätzlich dazu finden sich in Art. 55 Abs. 1 ICC-Statut verschiedene Garantien, deren persönlicher Schutzbereich nicht allein die Person, gegen die ermittelt wird, sondern vielmehr sämtliche Personen, die von den Ermittlungen des Anklägers berührt werden können, wie insbesondere Zeugen und Opfer, mit einschließt. In sachlicher Hinsicht sind die Rechte aus Art. 55 Abs. 1 ICCStatut nicht allein im Falle einer Vernehmung, sondern im Zusammenhang mit sämtlichen Ermittlungsmaßnahmen des Anklägers anwendbar. Mit Ausnahme des Art. 55 Abs. 1 lit. d) ICC-Statut, der sich auf die freiheitsentziehenden 402

Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, B. II. und unten 5. Teil, B. II. Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 55 Rdnr. 1. 404 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 231. 403

4. Kap.: Vernehmung

279

Maßnahmen bezieht,405 geht es jedoch auch hier schwerpunktmäßig um den Schutz einer Person in der Vernehmungssituation.406 So folgt aus Art. 55 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut, daß eine Person nicht gezwungen werden darf, sich selbst zu bezichtigen oder sich schuldig zu bekennen. Aus Art. 55 Abs. 1 lit. b) ICCStatut ergibt sich weiter, daß eine Person weder Zwang, Nötigung, Drohung, Folter oder einer anderen Form grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterzogen werden darf. Eine solche unzulässige Einwirkung ist in praktischer Hinsicht dann zu befürchten, wenn ein Geständnis erzwungen werden soll. Der Anwendungsbereich der Vorschrift deckt sich damit weitgehend mit dem des Art. 55 Abs. 1 lit. a) ICC-Statuts und wird insoweit kaum eigenständige Bedeutung erlangen. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn nicht die verdächtige Person, sondern sonstige Personen, wie Zeugen und Opfer, zu einer Aussage gezwungen werden sollen.407 Entsprechende Verfahrensgarantien wie in Art. 55 Abs. 1 lit. a) und b) ICCStatut sind im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale in expliziter Form lediglich zugunsten eines Angeklagten, nicht aber zugunsten des Verdächtigen vorgesehen gewesen. Insgesamt läßt sich demnach feststellen, daß die nach dem Verfahrensrecht des ICC einer verdächtigen Person gewährten Rechte weitreichender sind als im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale.408 Wiederum wurde allerdings davon abgesehen, einer Person ein allgemeines Recht auf Information bzw. rechtliches Gehör zuzugestehen. Daher ist auch der Ankläger beim ICC nicht dazu verpflichtet, eine Person von der gegen sie gerichteten Ermittlungstätigkeit zu unterrichten. a) Recht auf Rechtsbeistand Zugunsten einer Person, gegen die ermittelt wird, ist in Art. 55 Abs. 2 lit. d) ICC-Statut das Recht vorgesehen, daß eine Vernehmung nur in Anwesenheit eines Rechtsbeistandes durchzuführen ist, sofern darauf nicht freiwillig verzichtet wird. Dabei steht der Person im weiteren nach Art. 55 Abs. 2 lit. c) ICCStatut auch das Recht zu, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen. Die Voraussetzungen für die Zulassung als Anwalt sind in Regel 22 Abs. 1 ICC-VerfO im einzelnen normiert. Dabei orientierte man sich weitgehend an den nach Art. 36 Abs. 3 lit. b) und c) ICC-Statut für die Wahl der Richter vorgegebenen Kriterien.409 Wie bei den ad hoc Tribunalen werden auch beim ICC die Rechte und Pflichten des Verteidigers im weiteren durch einen 405 406 407 408 409

Vgl. unten 5. Kapitel, B. I. 4. Gallant, Individual Human Rights, S. 711 f. Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 55 Rdnr. 6. Vgl. Schabas, Introduction to the ICC, S. 107 f. Vgl. oben 2. Teil, 2. Kapitel, B. I.

280

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Verhaltenskodex für Verteidiger bestimmt, Regel 22 Abs. 3 ICC-VerfO.410 Eine weitere Übereinstimmung zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ergibt sich für den Fall, daß der Person die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers fehlen. Nach Art. 55 Abs. 2 lit. c) ist dann, wenn dies im Interesse der Gerechtigkeit erforderlich ist, ein Pflichtverteidiger unentgeltlich zu bestellen. Die Bestellung des Pflichtverteidigers ist wiederum dem Aufgabenbereich des Kanzlers zugewiesen. Einzelne Aspekte der Verteidigerbestellung sollen auf Vorschlag des Kanzlers in der nach Art. 52 ICC-Statut zu erlassenen Geschäftsordnung geregelt werden, Regel 21 Abs. 1 ICC-VerfO.411 Hinsichtlich der Rolle eines Verteidigers bei Durchführung der Vernehmung ergibt sich aus Regel 112 Abs. 1 lit. a) ICC-VerfO, daß die zu vernehmende Person jede einzelne Antwort zuvor mit dem Verteidiger unter vier Augen besprechen kann. Im übrigen fehlen in diesem Zusammenhang jedoch auch im Verfahrensrecht des ICC präzise Regelungen. Ungeregelt ist der Fall, daß auf das Recht auf Rechtsbeistand zunächst verzichtet, jedoch während der Vernehmung ein Verteidiger gewünscht wird.412 Es läßt sich jedoch davon ausgehen, daß dann – genauso wie bei den ad hoc Tribunalen – die Vernehmung bis zum Zeitpunkt der Anwesenheit eines Verteidigers auszusetzen ist.413 Insgesamt lassen sich für das Recht auf Rechtsbeistand nach Art. 55 Abs. 2 lit. c)–d) ICC-Statut somit keine nennenswerten Abweichungen vom Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale feststellen. b) Recht auf einen Dolmetscher Im Zusammenhang mit sprachlichen Schwierigkeiten bei der Vernehmung gewährt Art. 55 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut der zu vernehmenden Person eine wesentlich bessere Position als dies aufgrund des Rechts auf einen Dolmetscher im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale der Fall ist. So wird in Art. 55 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut besonders betont, daß das Recht auf einen Dolmetscher bereits dann eingreift, wenn die zu vernehmende Person die Sprache nicht „voll“ versteht, wodurch eine Vernehmung in einer für die Person fremde Sprache grundsätzlich ausgeschlossen wird.414 Zusätzlich wird nunmehr explizit vorausgesetzt, daß nur sachkundige Dolmetscher beigezogen werden dürfen. Außerdem tritt in Art. 55 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut neben das Recht auf einen Dolmetscher auch ein Recht darauf, daß Übersetzungen zur Verfügung gestellt werden, soweit im Rahmen der Vernehmung Schriftstücke verwendet werden.415 410 Jarasch, Rules Concerning the Composition and Administration of the ICC, S. 165; vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, B. III. 411 Vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, B. III. 412 Converti, Rights of the Accused, S. 228. 413 Ambos, Legal Basis of the ICC, S. 26; Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 55 Rdnr. 15. 414 Vgl. Converti, Rights of the Accused, S. 228.

4. Kap.: Vernehmung

281

c) Recht zu schweigen Die Person, gegen die ermittelt wird, verfügt bei ihrer Vernehmung durch den Ankläger nach Art. 55 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut über das Recht zu schweigen. Im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ist die Person jedoch auch darüber zu belehren, daß dieses Schweigen bei der Feststellung von Schuld oder Unschuld nicht in Betracht gezogen wird. Auch insoweit ergibt sich im Verfahrensrecht des ICC für den Betroffenen eine Verbesserung.416 d) Recht auf Belehrung Nach Art. 55 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut ist eine Person darüber zu belehren, daß Verdachtsgründe bestehen, wonach sie ein der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegendes Verbrechen begangen hat. Anders als im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ergibt sich insoweit für eine verdächtige Person nunmehr das Recht zumindest über ihren allgemeinen Status informiert zu werden.417 Ein Recht darauf, über den konkreten Tatvorwurf unterrichtet zu werden, wird jedoch auch durch Art. 55 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut nicht begründet.418 Ein Recht auf eine Belehrung darüber, daß die Vernehmung aufgezeichnet wird, ergibt sich aus Regel 112 Abs. 1 lit. a) ICC-VerfO. Insoweit stimmt das Verfahrensrecht des ICC mit dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale überein. Verzichtet wird im Verfahrensrecht des ICC allerdings auf eine Belehrung darüber, daß die Aussage als Beweismittel verwendet werden kann.419 2. Modalitäten und Ablauf der Vernehmung Die Modalitäten und der Ablauf der Vernehmung einer Person, gegen die ermittelt wird, ergeben sich aus Art. 55 Abs. 2 ICC-Statut sowie insbesondere aus Regel 111 f. ICC-VerfO. Danach hat der Ankläger vor Beginn der Vernehmung zunächst die Belehrung im engeren Sinne nach Art. 55 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut vorzunehmen. Im weiteren ist die Person über sämtliche der ihr nach Art. 55 Abs. 2 lit. b)–d) ICC-Statut zustehenden Rechte zu informieren. Im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ist nicht vorgesehen, daß dabei auf das Recht auf einen Dolmetscher bzw. auf Übersetzung im Sinne des Art. 55 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut besonders hinzuweisen ist. Dies könnte sich ggf. für die zu vernehmende Person und damit für die Zulässigkeit bzw. den Wert der 415 Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 55 Rdnr. 7; vgl. auch Sweeney, International Standards of Fairness, S. 283. 416 Converti, Rights of the Accused, S. 227. 417 Wohlfahrt, Poursuites, S. 751. 418 Safferling, International Criminal Procedure, S. 137 f. 419 Vgl. Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 55 Rdnr. 12.

282

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Aussage als Beweismittel nachteilig auswirken.420 Im Schrifttum wird deshalb und insbesondere aufgrund der Formulierung in Regel 111 Abs. ICC-VerfO, wonach bei der Vernehmung sämtliche Rechte aus Art. 55 ICC-Statut gebührend zu berücksichtigen sind, darauf hingewiesen, daß in der Praxis des ICC auch in diesem Zusammenhang eine entsprechende Belehrung erfolgen müsse.421 Regel 112 ICC-VerfO legt fest, daß die Vernehmung auf Ton- oder Videoband aufzuzeichnen ist. Insoweit wurde dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale gefolgt. Wesentliche Unterschiede lassen sich hinsichtlich der Modalitäten bzw. dem Ablauf der Vernehmung somit nicht feststellen. III. Vernehmung von Zeugen und Opfern Art. 54 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut legt ausdrücklich fest, daß der Ankläger im Rahmen des Ermittlungsverfahrens befugt ist, Zeugen und Opfer zu vernehmen. Für den Begriff des Zeugen existiert im Verfahrensrecht des ICC keine abschließende Definition. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß für die Vernehmung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens dasselbe weite Begriffsverständnis zugrundezulegen ist wie im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale, so daß sowohl Zeugen im engeren Sinne und Sachverständige als auch unmittelbare Zeugen und Zeugen vom Hörensagen einbezogen sind.422 Im Verfahrensrecht des ICC wird allerdings auch der Begriff des Opfers nicht definiert. Inwieweit man sich in der Praxis des ICC bei der Auslegung dieses Begriffs an den Vorgaben im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale orientieren wird, und mithin ausschließlich nur unmittelbar betroffene Personen einbeziehen wird, bleibt abzuwarten.423 Genauso wie bei den ad hoc Tribunalen ist die Differenzierung zwischen Opfern und Zeugen jedoch nur im Zusammenhang mit beweisrechtlichen Vorschriften im Hauptverfahren, Art. 68 Abs. 3 ICC-Statut,424 sowie im Zusammenhang mit der Wiedergutmachung für die Opfer, Art. 75 ICC-Statut,425 von Relevanz. Für das Ermittlungsverfahren und damit für das Vernehmungsrecht des Anklägers nach Art. 55 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut gilt wiederum, daß Opfer lediglich eine Personengruppe innerhalb der Gesamtheit von Zeugen darstellen. 420

Vgl. Brady, Evidence in the Statute of the ICC, S. 293. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 198; Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 55 Rdnr. 4. 422 Vgl. Kreß, Witnesses in Proceedings Before the ICC, S. 316. 423 Vgl. Donat-Cattin, Role of Victims in ICC Proceedings, S. 259 ff.; Safferling, Opfer völkerrechtlicher Verbrechen, S. 367 ff.; Timm, Legal Position of Victims, S. 289 ff. 424 Vgl. Cassese, Statute of the ICC, S. 167; van Boven, Position of the Victim in the Statute of the ICC, S. 87. 425 Vgl. Muttukumaru, Reparations for Victims, S. 306 ff. 421

4. Kap.: Vernehmung

283

1. Rechte der Zeugen und Opfer Wie bei den ad hoc Tribunalen trifft auch im Verfahrensrecht des ICC einen Zeugen bzw. ein Opfer keine Pflicht zur Aussage gegenüber dem Ankläger. Im Unterschied zur Rechtslage bei den ad hoc Tribunalen, wonach Zeugen und Opfer über keinerlei besondere Rechte im Falle ihrer Vernehmung durch den Ankläger verfügen, hat sich bereits gezeigt, daß die in Art. 55 Abs. 1 ICC-Statut normierten Rechte nicht allein der Person, gegen die ermittelt wird, sondern insbesondere auch den zu vernehmenden Zeugen und Opfern zugestanden werden.426 Besondere Bedeutung erlangt dabei das Recht aus Art. 55 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut, wonach eine Person nicht gezwungen werden darf, sich selbst zu bezichtigen oder sich schuldig zu bekennen. Es erscheint jedoch problematisch, daß eine entsprechende Belehrung über dieses Recht gegenüber einem Zeugen bzw. Opfer nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist. Auch hier läßt sich jedoch eine entsprechende Belehrungspflicht letztlich aus Regel 111 Abs. 2 ICC-VerfO herleiten, wonach bei der Vernehmung sämtliche Rechte aus Art. 55 ICC-Statut gebührend zu berücksichtigen sind.427 Insoweit stellt das Verfahrensrecht des ICC eine wesentliche Verbesserung für die Rechte von Zeugen und Opfer dar. Ungeregelt ist aber auch weiterhin der Fall, daß sich ein Zeuge oder ein Opfer im Laufe der Vernehmung tatsächlich selbst bezichtigt. Wie diese Fälle in der Praxis des ICC gehandhabt werden, bleibt abzuwarten. Für den besonderen Fall der zeitweiligen Überlassung eines von staatlichen Behörden in eigener Sache inhaftierten Zeugen zum Zweck der Vernehmung durch den Ankläger nach Art. 93 Abs. 7 ICC-Statut mangelt es an Vorschriften, aufgrund derer der überstellte Zeuge weitere Rechte als die regulären aus Art. 55 Abs. 1 ICC-Statut geltend machen könnte.428 Aus Regel 192 ICC-VerfO ergibt sich lediglich, daß der Inhaftierte dazu berechtigt ist, die Haftbedingungen zu monieren. Insoweit bleibt der Rechtsschutz für einen überlassenen Zeugen hinter dem entsprechenden, nach dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale zu gewährenden Rechtsschutz zurück. 2. Zeugen- und Opferschutz Der Schutz der Opfer und Zeugen ist primär in Art. 68 ICC-Statut geregelt. Dem Grundsatz aus Art. 68 Abs. 1 ICC-Statut zufolge trifft der Gerichtshof geeignete Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit, des körperlichen und seelischen Wohles, der Würde und der Privatsphäre der Opfer und Zeugen. Speziell 426

Gallant, Individual Human Rights, S. 712. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 198; Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 55 Rdnr. 4. 428 Vgl. unten 5. Kapitel, B. II. 427

284

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

für das Ermittlungsverfahren heißt es in Art. 68 Abs. 1 ICC-Statut, daß der Ankläger diese Maßnahmen insbesondere während der Ermittlungen und der Strafverfolgung zu treffen hat.429 Auch aus Art. 54 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut läßt sich die allgemeine Verpflichtung des Anklägers zur Achtung der Interessen und persönlichen Lebensumstände von Opfern und Zeugen bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens herleiten.430 Insoweit besteht zunächst kein Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale. Eine Weiterentwicklung des Zeugen- und Opferschutzes während des Ermittlungsverfahrens ergibt sich jedoch aus Regel 112 Abs. 4 ICC-VerfO. Dieser Vorschrift zufolge kann der Ankläger nach seinem Ermessen eine Vernehmung der Opfer und Zeugen nach den Modalitäten der Regel 112 Abs. 1 ICC-VerfO, d.h. unter Verwendung eines Ton- oder Videobandes, durchführen. Dadurch soll zumindest in tatsächlicher Hinsicht bereits die Voraussetzung dafür geschaffen werden, daß auf die Vernehmung eines Zeugen oder Opfers im Rahmen der Hauptverhandlung verzichtet werden kann, wenn dies wegen der psychischen Verfassung des Zeugen oder Opfers erforderlich erscheint.431 Vorbehalten bleibt diese Entscheidung jedoch der Hauptverfahrenskammer, die nach Maßgabe der Vorschriften für die Beweisaufnahme urteilt. Eine entsprechende vorsorgliche Maßnahme zum Schutze der Opfer und Zeugen ist im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht vorgesehen. 3. Gewährung von Immunität Die Gewährung von Immunität zugunsten einer Person findet in Art. 93 Abs. 2 ICC-Statut eine Grundlage. Danach kann einem vor dem ICC erscheinenden Zeugen die vorherige Zusicherung gegeben werden, daß er wegen einer Tat vor seiner Abreise keiner Strafverfolgung bzw. sonstigen Ermittlungsmaßnahmen seitens des ICC ausgesetzt sein wird. Aus Regel 191 ICC-VerfO ergibt sich ergänzend, daß dazu eine Entscheidung der zuständigen Kammer erforderlich ist. Antragsberechtigt sind in diesem Zusammenhang der Ankläger, die Verteidigung sowie der Zeuge selbst. Eine Anwendung dieser Vorschriften auf das Ermittlungsverfahren erscheint zumindest in den Fällen, in denen eine Vernehmung durch den Ankläger am Sitz des ICC erfolgen soll, nicht ausgeschlossen. Eine Anwendung dieser Vorschriften läßt sich damit rechtfertigen, daß der Ankläger infolge des Legalitätsprinzips die Ermittlungen ansonsten mangels Immunität ggf. unmittelbar während der Vernehmung gegen den Zeugen aufnehmen müßte.432 Der Ankläger ist aber auf die freiwillige Kooperation des Zeu429 Vgl. Triffterer-Donat-Cattin, Commentary on the Rome Statute, Art. 68 Rdnr. 14; Donat-Cattin, Victims in the ICC-Proceedings, S. 263. 430 Donat-Cattin, Victims in ICC Proceedings, S. 265; vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 2. 431 Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 197. 432 Vgl. oben 3. Teil, 3. Kapitel, B. I.

4. Kap.: Vernehmung

285

gen angewiesen. Dessen Bereitschaft zur Kooperation wird jedoch wesentlich größer sein, wenn er mittels einer nach Regel 191 ICC-VerfO ergehenden Entscheidung zuvor entsprechend rückversichert wurde.433 Demnach läßt sich auch für das Verfahrensrecht des ICC feststellen, daß es möglich ist, einem Zeugen oder Opfer bereits während des Ermittlungsverfahrens Immunität im Sinne des Art. 93 Abs. 2 ICC-Statut zu gewähren. Ein wesentlicher Unterschied zu den ad hoc Tribunalen besteht allerdings darin, daß eine entsprechende richterliche Anordnung auf Gewährung von Immunität zwar den ICC selbst bindet, nicht aber die Staaten bzw. deren Strafverfolgungsorgane.434 Lediglich für die Niederlande als Sitzstaat soll eine entsprechende Bindungswirkung im Sitzabkommen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 ICC-Statut festgelegt werden.435 IV. Beweisrechtliche Bedeutung der erlangten Aussagen Hinsichtlich der beweisrechtlichen Bedeutung der im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens erlangten Aussagen lassen sich weitgehende Übereinstimmungen mit dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale feststellen.436 Für das Verfahren der Bestätigung der Anklage legt Art. 61 Abs. 5 ICC-Statut ausdrücklich fest, daß sich der Ankläger auf Urkundenbeweise oder summarische Beweise stützen kann. Einer Verwendung der aufgezeichneten bzw. protokollierten Aussagen steht mithin nichts im Wege.437 Für die Hauptverhandlung ergibt sich aus Art. 69 Abs. 3 ICC-Statut, daß die Parteien grundsätzlich jedes Beweismittel beibringen können, das für die Sache erheblich ist. In Art. 69 Abs. 4 ICC-Statut wird festgelegt, daß die Hauptverfahrenskammer bei ihrer Entscheidung über die Erheblichkeit oder Zulässigkeit eines Beweismittels unter anderem dessen Beweiskraft in Betracht zieht.438 Auch das Beweisrecht der ad hoc Tribunale legte die Sachdienlichkeit und die Beweiskraft als Kriterien für die Zulässigkeit eines Beweismittels fest. Demnach scheint es auch dem Ankläger beim ICC zunächst möglich, die bei seinen Ermittlungen aufgezeichneten bzw. protokollierten Aussagen als Beweismittel in die Hauptverhandlung einzubringen. Andererseits bestimmt Art. 69 Abs. 4 ICCStatut, daß der Gerichtshof bei seiner Entscheidung über die Erheblichkeit oder Zulässigkeit eines Beweismittels alle Nachteile zu berücksichtigen hat, die sich 433

Gartner, Rules on Co-operation and Enforcement, S. 429 f. Triffterer-Prost/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 93 Rdnr. 29. 435 Corell, Relationship between the ICC and the Host Country, S. 186 f.; TrifftererStrijards, Commentary on the Rome Statute, Art. 3 Rdnr. 26. 436 Schabas, Introduction to the ICC, S. 126. 437 Vgl. unten 5. Teil, B. II. 438 Vgl. Brady, Evidence in the Statute of the ICC, S. 290. 434

286

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

daraus für ein faires Verfahren oder für eine faire Bewertung des Zeugnisses eines Zeugen möglicherweise ergeben. In Art. 67 Abs. 1 lit. e) ICC-Statut wird dem Angeklagten überdies ausdrücklich das Recht zugewiesen, Fragen an die Belastungszeugen zu stellen sowie deren Erscheinen und deren Vernehmung zu erwirken.439 Deshalb ergibt sich aus Art. 69 Abs. 2 ICC-Statut, daß ein Zeuge für sein Zeugnis in der Hauptverhandlung grundsätzlich persönlich erscheinen muß.440 Es gilt damit auch im Verfahrensrecht des ICC der Grundsatz, daß zumindest die aufgezeichneten bzw. protokollierten Aussagen von Zeugen und Opfern nicht unmittelbar als Beweismittel herangezogen werden dürfen. Eine wesentliche Ausnahme dieses Grundsatzes kann sich allerdings dann ergeben, wenn der Ankläger bei seiner Vernehmung das besondere Beweissicherungsverfahren nach Art. 56 ICC-Statut gewählt hat.441 Dieses Verfahren, das in Fällen anwendbar ist, in denen die Ermittlungen eine einmalige Gelegenheit zum Erhalt schriftlicher oder mündlicher Zeugenaussagen bieten, dient gerade dem Zweck, die Rechte der Verteidigung durch Vornahme der seitens der Vorverfahrenskammer ergriffenen Maßnahmen zu gewährleisten. Wenn für den Ankläger damit auch nicht der unbedingte Anspruch entsteht, die erlangten Aussagen unmittelbar in die Hauptverhandlung einzuführen, so erhöhen sich doch seine Chancen erheblich, daß die Hauptverfahrenskammer eine positive Entscheidung über die Zulässigkeit des Beweismittels trifft.442 Da ein solches Verfahren bei den ad hoc Tribunalen nicht vorgesehen ist, ergibt sich im Beweisrecht des ICC insoweit aller Voraussicht nach eine erhöhte Bedeutung der im Ermittlungsverfahren erlangten Zeugenaussagen. Dieses Ergebnis läßt sich auch mittels Regel 68 ICC-VerfO begründen. Danach können die im Ermittlungsverfahren aufgezeichneten oder protokollierten Zeugenaussagen selbst dann, wenn das Verfahren im Sinne des Art. 56 ICC-Statut nicht eingehalten wurde, unter bestimmten Voraussetzungen als Beweismittel in die Hauptverhandlung unmittelbar eingeführt werden.443 Zu den Voraussetzungen gehört allerdings, daß entweder beide Parteien bereits bei der Vernehmung die Möglichkeit hatten, den Zeugen zu befragen, oder daß zusätzlich zur Übergabe der Aufzeichnungen und Protokolle eine weitere Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung durchgeführt wird. Hinsichtlich der beweisrechtlichen Behandlung der Aussagen einer Person, gegen die sich die Ermittlungen richten, läßt sich hingegen wiederum eine Übereinstimmung zwischen den ad hoc Tribunalen und dem ICC feststellen. 439

Vgl. Triffterer-Schabas, Commentary on the Rome Statute, Art. 67 Rdnr. 39 f. Triffterer-Piragoff, Commentary on the Rome Statute, Art. 69 Rdnr. 25. 441 Vgl. oben 1. Kapitel, B. II. 3. 442 Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 196; Triffterer-Guariglia, Commentary on the Rome Statute, Art. 56 Rdnr. 13. 443 Vgl. Kreß, Witnesses in Proceedings before the ICC, S. 363. 440

4. Kap.: Vernehmung

287

Bereits im Bericht des Preparatory Committee heißt es in diesem Zusammenhang: „It was stated, that if the accused [person being investigated] decides to testify, his or her testimony may be used as evidence in the trial.“444

Demnach können grundsätzlich auch beim ICC sämtliche Aufzeichnungen bzw. Protokolle von Aussagen, die ein Angeklagter während seiner Vernehmung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens tätigte, uneingeschränkt als Beweismittel in die Hauptverhandlung eingeführt werden.445 1. Beweisrechtliche Konsequenzen bei rechtsfehlerhafter Vernehmung durch den Ankläger Werden bei der Vernehmung durch den Ankläger im Rahmen des Ermittlungsverfahrens die Rechte der zu vernehmenden Personen oder die Vorschriften hinsichtlich der Modalitäten und des Ablaufs der Vernehmung mißachtet, so stellt sich die Frage nach der Verwertbarkeit dieser Aussagen. In Art. 69 Abs. 4 ICC-Statut wird der Ausschluß von Beweismitteln geregelt, die unter Verletzung des ICC-Statuts oder international anerkannter Menschenrechte erlangt wurden. Mit einbezogen sind als integraler Bestandteil des ICC-Statuts auch die Vorschriften der ICC-VerfO.446 Eine Rechtsverletzung führt jedoch nicht per se zum Ausschluß des betreffenden Beweismittels. Der strengeren Auffassung in der Rechtsprechung der ad hoc Tribunale wurde demnach nicht gefolgt. Vielmehr bedarf es der Feststellung, daß entweder die Verletzung erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Beweismittels enstehen läßt oder aber daß die Zulassung des Beweismittels im Widerspruch zu der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens stünde und dieser schweren Schaden zufügte.447 Dieser Wortlaut ist identisch mit der entsprechenden Vorschrift im Beweisrecht der ad hoc Tribunale, aufgrund derer die großzügigere Auffassung in der Rechtsprechung der ad hoc Tribunale über den Ausschluß von Beweismitteln entscheidet.448

444 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 231. 445 Brady, Evidence in the Statute of the ICC, S. 293. 446 Triffterer-Piragoff, Commentary on the Rome Statute, Art. 69 Rdnr. 71. 447 Vgl. Behrens, Verfahren des internationalen Strafgerichtshofes, S. 148. 448 Vgl. LaRosa, La Preuve, S. 774; Gallant, Individual Human Rights, S. 718 f.

288

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

2. Beweisrechtliche Konsequenzen bei rechtsfehlerhafter Vernehmung durch staatliche Behörden Bereits während der Vorarbeiten zum ICC-Statut haben sich die Delegierten grundsätzlich dafür entschieden, daß auch staatliche Behörden im Falle der Vernehmung einer Person aufgrund eines entsprechenden Rechtshilfeersuchens des Anklägers an die im Verfahrensrecht des ICC festgelegten Rechtsgarantien gebunden sein sollen. Im Bericht des ad hoc Committees heißt es in diesem Zusammenhang: „Attention was drawn to the need to make it clear whether the obligation concerning the rights of the accused prior to questioning, which was provided for under article 26, paragraph 6, applied only to the prosecutor or also to national authorities when questioning a suspect for purposes of prosecution by the international criminal court.“449

Demzufolge werden in Art. 55 Abs. 2 ICC-Statut, nicht allein der Ankläger des ICC, sondern auch die staatlichen Behörden ausdrücklich dazu verpflichtet, die besonderen Vernehmungsrechte einer Person, gegen die ermittelt wird, zu gewährleisten.450 Hinsichtlich der allgemeinen Rechte aus Art. 55 Abs. 1 ICCStatut zugunsten sämtlicher Personen, die vernommen werden sollen, fehlt jedoch eine explizite Bezugnahme auf die staatlichen Behörden. Eine entsprechende Bindungswirkung gegenüber staatlichen Behörden läßt sich aber damit begründen, daß sich der Anwendungsbereich der Vorschrift auf die Ermittlungen insgesamt bezieht, und zwar gleichgültig, ob es sich um Maßnahmen des Anklägers oder der staatlichen Behörden handelt.451 Außerdem legt Regel 111 Abs. 2 ICC-VerfO fest, daß staatliche Behörden bei der Vernehmung einer Person Art. 55 ICC-Statut insgesamt gebührend zu berücksichtigen haben. Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale fehlen hingegen vergleichbare Vorschriften aufgrund derer sich eine entsprechende Verpflichtung staatlicher Behörden herleiten ließe. Andererseits besteht für die staatlichen Behörden beim ICC zunächst nicht die Pflicht, bei der Vernehmung ggf. die Modalitäten nach Regel 112 ICC-VerfO einzuhalten. Soweit dies für erforderlich erachtet wird, bedarf es wie bei den ad hoc Tribunalen im Einzelfall einer entsprechenden Anordnung durch den Ankläger in dem jeweiligen Rechtshilfeersuchen.452 Im Verfahrensrecht des ICC ergibt sich auch hinsichtlich der Problematik eines Ausschlusses von Beweismitteln, die in Ausführung eines Rechtshilfeersuchens durch staatliche Behörden erlangt wurden, eine klarere Rechtslage. So 449 Report of the Ad Hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. A/50/22, para. 228. 450 Vgl. Broomhall, ICC: National Implementation, S. 129. 451 Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 55 Rdnr. 4. 452 Vgl. Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 198; Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 117.

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

289

bestimmt Art. 69 Abs. 8 ICC-Statut grundlegend, daß bei der Entscheidung über die Erheblichkeit oder Zulässigkeit eines Beweismittels das staatliche Recht gänzlich unberücksichtigt bleibt. Daneben wird für den Ausschluß eines Beweismittels in Art. 69 Abs. 7 ICC-Statut nicht differenziert, ob ein Beweismittel unmittelbar vom Ankläger oder von staatlichen Behörden in Ausführung eines Rechtshilfeersuchens erlangt wurde. Im Umkehrschluß erfolgt also in beiden Fällen unterschiedslos eine Überprüfung der Aussagen nach Maßgabe des Art. 69 Abs. 7 ICC-Statut.453 Insoweit läßt sich feststellen, daß man bei der Normierung der entsprechenden Praxis der ad hoc Tribunale gefolgt ist.

5. Kapitel

Festnahme und Überstellung Um die Anwesenheit einer Person bei einem Strafverfahren zu garantieren, müssen mitunter freiheitsentziehende Maßnahmen, wie die Festnahme und Inhaftierung, ergriffen werden. Dies gilt sicherlich im Hinblick auf den mutmaßlichen Täter, unter Umständen gilt dies auch für sonstige am Verfahren beteiligte Personen, wie insbesondere die Zeugen. Insoweit bestehen keine Unterschiede zwischen Strafverfahren auf staatlicher und auf internationaler Ebene. Erfolgt eine Festnahme, so bedarf es bei Strafverfahren auf internationaler Ebene jedoch zwangsläufig einer Überstellung der jeweiligen Person, da sowohl bei den ad hoc Tribunalen als auch beim ICC der Ergreifungsort und der Ort, an dem das Strafverfahren stattfindet, auf dem Hoheitsgebiet unterschiedlicher Staaten liegen. Für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens auf internationaler Ebene stellt sich in diesem Zusammenhang zunächst die Frage, ob eine Festnahme bzw. eine Überstellung in diesem frühen Verfahrensstadium zulässig ist. Ggf. ist die interne Kompetenzverteilung zwischen dem Ankläger und den Richtern für die Anordnung dieser Maßnahmen zu untersuchen. Von Bedeutung ist außerdem die Rolle des betroffenen Staates bzw. die Reichweite seiner Kooperationsverpflichtungen bei der Ausführung von Festnahmen und Überstellungen. Schließlich ist zu klären, welchen Rechtsschutz das jeweilige Verfahrensrecht der betroffenen natürlichen Person einräumt. Anhand der genannten Aspekte sind verfahrensrechtliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den ad hoc Tribunalen und dem ICC darzustellen.

453 Gallant, Individual Human Rights, S. 719; Triffterer-Piragoff, Commentary on the Rome Statute, Art. 69 Rdnr. 75.

290

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Festnahme und Überstellung finden im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale in verschiedenen Vorschriften eine normative Grundlage. Art. 19 Abs. 2 ICTYStatut bzw. Art. 18 Abs. 2 ICTR-Statut legt fest, daß eine Festnahme, Verhaftung, Herbeischaffung und Überstellung von Personen nach Bestätigung der Anklage durch richterliche Anordnung oder richterlichen Beschluß auf Antrag des Anklägers erfolgt.454 Im Zusammenhang mit der Kooperationspflicht der Staaten gegenüber richterlichen Rechtshilfeersuchen und Anordnungen heißt es in Art. 29 Abs. 2 lit. e) ICTY-Statut und Art. 28 Abs. 2 lit. e) ICTR-Statut, daß Staaten zur Übergabe oder Überstellung des Angeklagten verpflichten sind.455 In Art. 29 Abs. 2 lit. d) ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 lit. d) ICTR-Statut wird eine entsprechende Pflicht zur Festnahme und Freiheitsentziehung von Personen im allgemeinen festgelegt. Konkretisiert werden diese Vorschriften der Statuten durch die Regeln 54 ff. der Verfahrensordnungen. In Regel 54 der Verfahrensordnungen heißt es, daß ein Richter oder eine Strafkammer auf Antrag einer Partei oder proprio motu die für die Ermittlungen oder für die Vorbereitung oder Durchführung des Hauptverfahrens erforderlichen Befehle ausstellen und Anordnungen zur Überstellung erteilen kann.456 Aspekte der Ausführung von Haftbefehlen sind insbesondere in den Regeln 55 ff. der Verfahrensordnungen geregelt. Außerdem weist Regel 40 i) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 (A) i) ICTR-VerfO dem Ankläger die Befugnis zu, in dringenden Fällen einen Staat zu ersuchen, einen Verdächtigen oder einen Angeklagten vorläufig festzunehmen.457 In Regel 40 bis der Verfahrensordnungen ist die Überstellung und vorläufige Inhaftierung von Verdächtigen am Sitz des ICTY bzw. ICTR geregelt. Die Überstellung eines inhaftierten Zeugen findet in Regel 56, 58 sowie Regel 90 bis der Verfahrensordungen eine Erwähnung. Insgesamt läßt sich feststellen, daß die auf eine Festnahme und Überstellung anwendbaren Vorschriften weit verstreut über Statuten und Verfahrensordnungen sowie über einzelne Teile innerhalb der Verfahrensordnungen zu finden sind. Eine systematische Ordnung ist zunächst nicht zu erkennen. I. Verdächtige Hinsichtlich der Festnahme eines Verdächtigen läßt sich wie folgt differenzieren. Zum einen ist auf die vorläufige Festnahme eines Verdächtigen aufgrund eines Ersuchens des Anklägers nach Regel 40 i) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 454 455 456 457

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

2. 2. 1. 1.

Teil, 3. Kapitel, A. II. Kapitel, A. II. 2. Kapitel, A. II. Kapitel, A. I. 1. f).

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

291

(A) i) ICTR-VerfO hinzuweisen. Zum anderen erscheint es zumindest nicht ausgeschlossen, daß ein richterlicher Haftbefehl gemäß Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen gegenüber einem Verdächtigen im Ermittlungsverfahren beantragt bzw. erlassen wird. Für die Überstellung des Verdächtigen ist sodann Regel 40 bis der Verfahrensordnungen maßgeblich. 1. Festnahme Der Begriff der Festnahme, arrest, ist in Regel 2 der Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale definiert. Für das ICTY ergibt sich, daß unter einer Festnahme der Akt der Inhaftierung, act of taking into custody, eines Verdächtigen oder eines Angeklagten aufgrund eines Haftbefehls oder aufgrund Regel 40 der Verfahrensordnungen zu verstehen ist. Aus Regel 2 ICTR-VerfO ergibt sich, daß eine Festnahme aus dem Akt der Ergreifung, act of apprehending, und der anschließenden Inhaftierung eines Verdächtigen oder Angeklagten aufgrund eines Haftbefehls oder aufgrund Regel 40 der Verfahrensordnungen besteht.458 In beiden Fällen ist mithin die nach einer Festnahme im engeren Sinne erfolgende Inhaftierung am Ergreifungsort einbezogen. a) Richterlicher Haftbefehl Der Erlaß und die Ausführung eines richterlichen Haftbefehls sind in den Regeln 54 ff. der Verfahrensordnungen normiert worden. Diese Vorschriften sind systematisch allerdings dem 5. Teil der Verfahrensordnungen zur Regelung der gerichtlichen Voruntersuchung zuzurechnen.459 Eine entsprechende Anwendung auf das Ermittlungsverfahren könnte sich lediglich aufgrund der Verweisungsnorm in Regel 39 i) der Verfahrensordnungen ergeben, wonach der Ankläger befugt ist, den zuständigen Richter um die für seine Ermittlungen erforderlichen Anordnungen zu ersuchen.460 Auf der anderen Seite scheint speziell der Erlaß eines richterlichen Haftbefehls gegenüber einer Person, der nicht bereits der Status eines Angeklagten, sondern nur der eines Verdächtigen zukommt, in den Vorschriften der Verfahrensordnungen nicht vorgesehen zu sein. So wird in Regel 55, 57, 58 und 61 der Verfahrensordnungen beider Tribunale sowie Regel 59 bis ICTY-VerfO ausdrücklich nur das Verfahren im Falle eines Haftbefehls gegenüber dem Angeklagten geregelt. Auch Regel 40 bis (B) (i) der Verfahrensordnungen legen als Bedingungen für die Überstellung und Inhaftierung eines Verdächtigen fest, daß dieser entweder aufgrund eines Ersuchens des Anklägers oder von staatlichen Behörden aus eigener Initiative festgenommen worden 458 459 460

Vgl. Morris/Scharf, ICTR, S. 458 f. Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. Vgl. oben 1. Kapitel, A. II.

292

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

ist. Der Fall einer Festnahme des Verdächtigen aufgrund richterlichen Haftbefehls, im Falle des ICTY ggf. sogar durch Ausführung des richterlichen Haftbefehls durch den Ankläger bzw. durch peace keeping- bzw. peace enforcementEinheiten der Vereinten Nationen und der NATO,461 wird hingegen nicht erwähnt. Anhand der Vorschriften der Verfahrensordnungen läßt sich somit nicht davon ausgehen, daß ein richterlicher Haftbefehl gegenüber einem Verdächtigen gemäß Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen erteilt wird. So läßt sich auch aus der Praxis kein Fall nachweisen, in dem die Festnahme eines Verdächtigen aufgrund richterlichen Haftbefehls im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens erfolgte. Der Präsident des ICTY führte anläßlich einer Ansprache vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus: „However, before requesting the arrest (. . .), he [the Prosecutor] must prove that there is a prima facie case, namely that there is sufficient evidence leading to the reasonable belief that the suspect can be accused of the crime. It follows that our Prosecutor cannot first arrange for the arrest of the suspect and then collect the necessary evidence: no, he must first collect compelling evidence and only at the end of this long process can he, through one of our Judges, ask the national authorities to apprehend the suspect.“462

Auch Art. 19 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 18 Abs. 2 ICTR-Statut scheinen grundsätzlich nur davon auszugehen, daß ein Haftbefehl zum Zweck der Festnahme eines Angeklagten, nicht aber eines Verdächtigen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens ergehen soll. Betrachtet man hingegen Art. 29 Abs. 2 lit. d) ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 lit. d) ICTR-Statut, so wird offensichtlich, daß Staaten seitens der Richterschaft zur Festnahme sämtlicher Personen, d.h. mitunter auch zur Festnahme von Verdächtigen verpflichtet werden könnten. Insoweit wäre es auf der Grundlage der Statuten durchaus vertretbar, einen richterlichen Haftbefehl gegenüber Verdächtigen auf Antrag des Anklägers zum Zweck der Durchführung des Ermittlungsverfahrens zu erlassen.463 Zum anderen erscheint es auch rechtlich unbefriedigend, zwar dem Ankläger gemäß Regel 40 der Verfahrensordnungen das Recht zuzusprechen, eine Festnahme des Verdächtigen zumindest unter bestimmten Voraussetzungen zu bewirken, die aus der Perspektive des Internationalen Menschenrechtsschutzes unbedenklichere Möglichkeit eines entsprechenden richterlichen Haftbefehls in diesem Zusammenhang aber auszuschließen. In diesem Punkt stellt sich das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale somit als unzulänglich dar.464 461

Vgl. oben 3. Kapitel, A. II. 3. Address of Antonio Cassese, President of the ICTY, to the General Assembly of the United Nations, 14 November 1994, Annex to the First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342. 463 Champy, Inquisitoire – Accusatoire, S. 172; Gallant, Presence of Defendants before the ICTY, S. 366; vgl. auch Bergsmo/Cisse/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 148. 464 Triffterer-Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 58 Rdnr. 2. 462

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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b) Ersuchen des Anklägers um vorläufige Festnahme Bereits in der ersten Fassung der ICTY-VerfO vom 11. Februar 1994 wurde dem Ankläger gemäß Regel 40 i) ICTY-VerfO die Befugnis eingeräumt, einen Staat um die vorläufige Festnahme eines Verdächtigen zu ersuchen.465 In der ersten Fassung der ICTR-VerfO war diese Vorschrift zunächst wortgetreu übernommen worden.466 Unter Zugrundelegung der aktuellen Fassung der Verfahrensordnungen ergibt sich nun insoweit ein Unterschied, als daß Regel 40 (A) i) ICTR-VerfO davon ausgeht, daß der Ankläger einen Staat um die Festnahme eines Verdächtigen und auch um die Inhaftierung eines Verdächtigen ersuchen kann, während in Regel 40 i) ICTY-VerfO auch weiterhin ausschließlich von der Befugnis des Anklägers, einen Staat um die vorläufige Festnahme eines Verdächtigen zu ersuchen, ausgegangen wird. Wie sich bereits gezeigt hat, umfaßt der Begriff der Festnahme nach Regel 2 der Verfahrensordnungen allerdings generell auch die Inhaftierung am Ergreifungsort, so daß inhaltliche Unterschiede mit dieser sprachlichen Abweichung in den Verfahrensordnungen nicht verbunden sind. Ein weiterer terminologischer Unterschied ergibt sich daraus, daß in Regel 40 i) ICTY-VerfO ausdrücklich nur von der vorläufigen Festnahme, in Regel 40 (A) i) ICTR-VerfO jedoch von der Festnahme und Inhaftierung allgemein gesprochen wird. Vorläufig ist die Festnahme nach Regel 40 der Verfahrensordnungen allerdings bereits deshalb, da zu diesem Zeitpunkt noch keine richterliche Anklage bzw. kein richterlicher Haftbefehl ergangen ist.467 Eine Festnahme nach Regel 40 der Verfahrensordnungen ist mithin generell vorläufiger Natur, da jedenfalls nach der Erhebung der Anklage dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale zufolge ausschließlich ein richterlicher Haftbefehl und nicht eine entsprechende Maßnahme des Anklägers den Freiheitsentzug zu rechtfertigen vermag. Materielle Unterschiede sind mit dieser sprachlichen Abweichung aber nicht verbunden. aa) Voraussetzungen des Ersuchens Im Hinblick auf die Voraussetzungen eines Festnahmeersuchen des Anklägers läßt sich Regel 40 der Verfahrensordnungen zunächst entnehmen, daß ein bestimmter Festnahmegrund gegeben sein muß. So muß die Festnahme erforderlich sein, um entweder die Flucht eines Verdächtigen, die Verletzung oder Einschüchterung eines Opfers oder Zeugen oder die Vernichtung von Beweismitteln zu verhindern, arg. e Regel 40 iii) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 (A) iii) ICTR465 ICTY-Rules of Procedure and Evidence, Adopted 11 February 1994, UN Doc. IT/32. 466 ICTR-Rules of Procedure and Evidence, Adopted 29 June 1995, UN Doc. ICTR/3. 467 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 874 f.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

VerfO.468 Sämtliche Maßnahmen nach Regel 40 der Verfahrensordnungen können vom Ankläger ausschließlich nur in dringenden Fällen ergriffen werden. Wann im einzelnen ein dringender Fall gegeben ist, wird im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale allerdings nicht näher definiert. Zieht man vergleichsweise staatliches Strafverfahrensrecht heran, so zeigt sich sowohl in kontinentaleuropäischen469 als auch zumindest in einer Vielzahl von angloamerikanischen Rechtsordnungen,470 daß den Ermittlungsorganen eine entsprechende Eilkompetenz bei der Festnahme immer dann zugestanden wird, wenn ein Zuwarten auf den Erlaß eines richterlichen Haftbefehls den Erfolg der Festnahme gefährden würde. Für das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale besteht aber das Problem, daß der Erlaß eines richterlichen Haftbefehls im Stadium des Ermittlungsverfahrens gerade nicht vorgesehen ist. Die Dringlichkeit im Sinne der Regel 40 der Verfahrensordnungen ließe sich in letzter Konsequenz also bereits dann bejahen, wenn der Erlaß eines richterlichen Haftbefehls nach Bestätigung der Anklage, d.h. im Rahmen der gerichtlichen Voruntersuchung, nicht abgewartet werden kann. Daneben läßt sich nicht erkennen, daß ein Ersuchen um vorläufige Festnahme des Anklägers bestimmten Voraussetzungen unterworfen ist. Insbesondere fehlt es auf normativer Ebene an der Festlegung eines bestimmten Verdachtsgrades für das Ersuchen.471 Zieht man vergleichsweise das U.S.-amerikanische Verfahrensrecht heran, so zeigt sich zwar, daß auch hier weitgehend gesetzliche Regelungen für freiheitsentziehende Maßnahmen fehlen. Dieses Defizit wird aber durch eine über lange Zeit gewachsene Kasuistik in der Rechtsprechung ausgeglichen,472 was bei den ad hoc Tribunalen gerade nicht gegeben ist. Die Normierung der Regel 40 i) der Verfahrensordnungen erweist sich somit insgesamt als zu unbestimmt. bb) Vereinbarkeit mit dem Statut des ICTY bzw. ICTR Problematisch erscheint im Zusammenhang mit der vorläufigen Festnahme eines Verdächtigen nach Regel 40 der Verfahrensordnungen, daß sich aus Art. 19 Abs. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 18 Abs. 2 ICTR-Statut zunächst ergibt, daß eine Festnahme natürlicher Personen zum einen erst nach Bestätigung der Anklage, also nicht schon während des Ermittlungsverfahrens, und zum anderen 468

Morris/Scharf, ICTR, S. 459. Vgl. Barth, Strafverfahrensrecht Frankreich, S. 101 f.; Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 837. 470 Hay, U.S.-Amerikanisches Recht, S. 275 ff.; Schmid, Strafverfahren und Strafrecht in den Vereinigten Staaten, S. 104 ff. 471 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 790 und S. 874 f.; Gallant, Presence of Defendants before the ICTY, S. 370. 472 Lützner, Strafprozessuale Zwangs- und Überwachungsmaßnahmen im Recht der USA, S. 284 f. 469

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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durch richterlichen Haftbefehl durchgeführt werden soll. Das dem Ankläger in Regel 40 der Verfahrensordnungen zugewiesene Recht, eigenmächtig die vorläufige Festnahme eines Verdächtigen zu initiieren, scheint daher mit dem Wortlaut der Statuten nur schwerlich zu vereinbaren sein.473 Die Möglichkeit für den Ankläger in dringenden Fällen anstelle eines richterlichen Haftbefehls eigenmächtig ein Ersuchen um vorläufige Festnahme des Verdächtigen auf der Grundlage der Regel 40 der Verfahrensordnungen auszusprechen, läßt sich allerdings als immanente Befugnis des Anklägers aus einer Gesamtschau sämtlicher Vorschriften der Art. 16 Abs. 1 und 18 Abs. 2 und 3 ICTY-Statut bzw. Art. 15 Abs. 1 und 17 Abs. 2 und 3 ICTR-Statut herleiten. Ist der Ankläger aufgrund dieser Vorschriften als einziges Organ mit der Aufgabe der Ermittlungen betraut worden, so muß ihm gleichzeitig auch das Recht zuerkannt werden, in dringenden Fällen ggf. über die ausdrücklich im Text aufgeführten Ermittlungsmaßnahmen hinauszugreifen, wenn ansonsten der Erfolg der Ermittlungen vereitelt werden könnte. Insbesondere wird der Ankläger in Art. 18 Abs. 2 S. 2 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 2 S. 2 ICTR-Statut dazu ermächtigt, Staaten generell um Kooperation bei der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens ersuchen zu können. Auch ein Ersuchen um die vorläufige Festnahme eines Verdächtigen ist damit nicht ausgeschlossen.474 Grundsätzlich läßt sich so die auf einzelne Ausnahmesituationen beschränkte Befugnis des Anklägers zur vorläufigen Festnahme eines Verdächtigen als mit den Statuten konform bezeichnen. Bedenken bleiben jedoch insbesondere aufgrund der Unbestimmtheit der einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen der Regel 40 der Verfahrensordnungen weiter bestehen, da eine über den Ausnahmefall hinausgehende extensive Anwendung der Befugnisnorm den Statuten widersprechen würde. cc) Vereinbarkeit mit dem Internationalen Menschenrechtsschutz Die Rechtmäßigkeit der Regel 40 der Verfahrensordnungen läßt sich auch im Hinblick auf die Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes in Frage stellen. Schließlich wird durch die Vorschrift eine Festnahme ohne richterlichen Haftbefehl ermöglicht und somit zwangsläufig die Gefahr einer willkürlichen Freiheitsentziehung gesetzt.475 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf Art. 9 Abs. 1 IPbpR, der einen umfassenden Schutz von Individuen vor willkürlicher Festnahme verbürgt.476 Unter Berücksichtigung, daß ein Staat grundsätzlich verpflichtet ist, ein Ersuchen des Anklägers um vorläufige Fest473 Ahlbrecht, Völkerrechtliche Strafgerichtsbarkeit, S. 293; Kreß, JugoslawienStrafgerichtshof, Rdnr. 37. 474 Gallant, Presence of Defendants before the ICTY, S. 369; Henquet, Mandatory Compliance Powers vis à vis States, S. 979 f. 475 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 790 und S. 874 f.; Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 197.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

nahme eines Verdächtigen gemäß Regel 40 der Verfahrensordnungen auf der Grundlage seiner Kooperationspflicht gegenüber dem Ankläger nach Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut zu erfüllen,477 kommt diesen Bedenken einiges Gewicht zu.478 Ggf. findet zwar aufgrund staatlicher Implementierungsvorschriften eine Transformation des Ersuchens in einen entsprechenden staatlichen Rechtsakt, wie unter anderem in einen richterlichen Haftbefehl auf der Grundlage staatlichen Rechts, statt.479 Einem Staat steht gegenüber dem Festnahmeersuchen des Anklägers jedoch kein materielles Prüfungsrecht im engeren Sinne zu. Demnach muß also bereits das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale so ausgestaltet sein, daß grundlegende Garantien des Internationalen Menschenrechtsschutzes gegenüber der betroffenen Person gewährleistet werden. Grundsätzlich läßt sich davon ausgehen, daß die Gefahr einer willkürlichen Freiheitsentziehung aufgrund von Eilkompetenzen des Ermittlungsorgans – genauso wie auch im staatlichen Recht – bis zu einem gewissen Grad zum Zweck der Effektivität der Ermittlungen hingenommen werden muß. Allein aufgrund des Umstands, daß kein richterlicher Haftbefehl ergeht, läßt sich infolgedessen nicht per se die Unvereinbarkeit der Regel 40 der Verfahrensordnungen mit den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes begründen. Die Bedenken lassen sich allerdings auch in diesem Zusammenhang darauf stützen, daß auf eine exakte Definierung der einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Wahrnehmung des vorläufigen Festnahmerechts verzichtet wurde. Für den Ankläger bleibt deshalb ein zu weitreichender und infolgedessen ein mit den Geboten des Internationalen Menschenrechtsschutzes nur schwer zu vereinbarender Auslegungs- bzw. Entscheidungsspielraum.480 Im übrigen läßt Regel 40 der Verfahrensordnungen unbeantwortet, wie sich das weitere Vorgehen nach der Festnahme gestaltet.481 So sieht insbesondere Art. 9 Abs. 3 IPbpR vor,482 daß eine festgenommene Person unverzüglich einem Rich476 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II S. 1534 ff.: „Art. 9 (1) Jedermann hat das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit. Niemand darf willkürlich festgenommen oder in Haft gehalten werden. Niemand darf seiner Freiheit entzogen werden, es sei denn aus gesetzlich bestimmten Gründen und unter Beachtung des im Gesetz vorgeschriebenen Verfahrens.“ 477 Vgl. oben 2. Kapitel, A. III. 2. 478 Vgl. Moreillon, Procédure des Tribunaux Pénaux Internationaux, S. 189; Sharp, International Obligations to Search for and Arrest War Criminals, S. 442. 479 Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 123. 480 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 790 und S. 874 f.; Gallant, Presence of Defendants before the ICTY, S. 370. 481 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 489 f. 482 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II S. 1534 ff.: „Art. 9 (3) Jeder, der unter dem Vorwurf einer strafbaren Handlung festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, muß unverzüglich einem Richter oder einer anderen gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Amtsperson vorgeführt werden und hat Anspruch auf ein Gerichts-

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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ter vorgeführt werden muß, der dann unabhängig über den weiteren Verbleib in Haft entscheidet.483 Würde die aufgrund eines Ersuchens des Anklägers festgenommene Person am Ergreifungsort dem nach staatlichem Recht zuständigen Richter vorgeführt, so müßte dieser aber zwangsläufig den weiteren Verbleib in Haft anordnen, da er über die Kooperationspflicht seines Staates nach Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut nicht entscheiden dürfte.484 Auch dieser Aspekt erregt Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Festnahmebefugnis des Anklägers aus Regel 40 der Verfahrensordnungen mit den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes. 2. Überstellung Ist der Verdächtige festgenommen worden, so kann der Ankläger auf der Grundlage der Regel 40 bis der Verfahrensordnungen eine richterliche Anordnung auf Überstellung und vorläufige Inhaftierung des Verdächtigen am Sitz des ICTY bzw. ICTR beantragen. Ursprünglich war diese Möglichkeit im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht vorgesehen.485 Die Inhaftierung eines Verdächtigen am Ergreifungsort sollte mithin solange andauern bis die Anklage bestätigt und ein nachfolgender richterlicher Haftbefehl sowie eine Anordnung auf Überstellung an die staatlichen Behörden gerichtet wird.486 Die nunmehr seit Einfügung der Regel 40 bis der Verfahrensordnungen487 für den Ankläger bestehende Antragsbefugnis zum Zweck einer Überstellung und vorläufigen Inhaftierung des Verdächtigen am Sitz des ICTY bzw. ICTR ist allerdings fakultativer Natur. So kann der Ankläger es nach wie vor auch bei der Inhaftierung eines Verdächtigen am Ergreifungsort bis zur Bestätigung der Anklage bewenden lassen.488 In der bisherigen Praxis der ad hoc Tribunale, vor allem in der Praxis des ICTR, wurde allerdings in der Regel auf die Möglichkeit einer Überstellung des Verdächtigen zurückgegriffen.489 Die Regel 40 bis der Verfahrensverfahren innerhalb angemessener Frist oder auf Entlassung aus der Haft. Es darf nicht die allgemeine Regel sein, daß Personen, die eine gerichtliche Aburteilung erwarten, in Haft gehalten werden, doch kann die Freilassung davon abhängig gemacht werden, daß für das Erscheinen zur Hauptverhandlung oder zu jeder anderen Verfahrenshandlung und gegebenenfalls zur Vollstreckung des Urteils Sicherheit geleistet wird.“ 483 Nowak, CCPR-Kommentar, Art. 9. 484 Vgl. Kreß, Jugoslawien-Strafgerichtshof, Rdnr. 42. 485 Vgl. Second Annual Report of the ICTY, 23 August 1995, UN Doc. A/50/365, para. 69; First Annual Report of the ICTR, 24 September 1996, UN Doc. A/51/399, para. 35; Harhoff, Efforts to Prosecute War Crimes in National and International Tribunals, S. 577. 486 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 874. 487 Vgl. Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 69. 488 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 489 f.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

ordnungen entspricht somit der Gegebenheit, daß die Anwesenheit eines Verdächtigen am Sitz des ICTY bzw. ICTR bereits bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens, insbesondere zum Zweck der Vernehmung,490 von praktischem Vorteil ist. Gibt der Richter dem Antrag des Anklägers auf Überstellung und vorläufige Inhaftierung des Verdächtigen am Sitz des ICTY bzw. ICTR statt, so wird für die Dauer der Inhaftierung zunächst ein Zeitraum von dreißig Tagen verfügt, Regel 40 bis (D) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 bis (C) ICTR-VerfO. Ggf. kann eine zweimalige Verlängerung um jeweils 30 Tage gewährt werden.491 Ist bis zum Ablauf der maximalen Frist von 90 Tagen eine richterliche Bestätigung der Anklage nicht erfolgt und infolgedessen auch kein richterlicher Haftbefehl erlassen worden, so ist der Verdächtige grundsätzlich wieder den staatlichen Behörden zu übergeben. Wird darauf seitens der staatlichen Behörden verzichtet, so ist der Verdächtige freizulassen, Regel 40 bis (D) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 bis (H) ICTR-VerfO. a) Antrag des Anklägers In formeller Hinsicht bedarf es zunächst eines Antrags des Anklägers, der den Anforderungen der Regel 40 bis (A) der Verfahrensordnungen entsprechen muß. Danach ist insbesondere eine Begründung für die Erforderlichkeit der Überstellung beizufügen. Sofern der Ankläger den Verdächtigen nicht nur vernehmen will, sondern infolge bereits fortgeschrittener Ermittlungen beabsichtigt, den Verdächtigen unmittelbar nach seiner Überstellung anzuklagen, so muß der Antrag außerdem eine vorläufige Anklageschrift und eine Zusammenfassung des Beweismaterials enthalten.492 b) Erfolgte Festnahme und Inhaftierung auf dem Staatsgebiet Voraussetzung ist weiter, daß eine Inhaftierung des Verdächtigen durch staatliche Behörden bereits stattgefunden hat. In Regel 40 bis (B) (i) der Verfahrens489 Vgl. Prosecutor v. Samuel Manishimwe (ICTR-97-36), Order of Provisional Detention and of Transfer, 22 July 1997; Prosecutor v. Gratien Kabiligi (ICTR-97-34), Order of Provisional Detention and of Transfer, 16 July 1997; Prosecutor v. Jean Kambanda (ICTR-97-23), Order of Provisional Detention and of Transfer, 16 July 1997; Prosecutor v. Jean Bosco Barayagwiza (ICTR-97-19), Order of Provisional Detention and of Transfer, 3 March 1997; Prosecutor v. Anatole Nsengiyumva (ICTR-96-9), Order of Provisional Detention and of Transfer, 17 May 1996; dazu Aptel, Tribunal Pénal International pour le Rwanda, S. 727 f. 490 Vgl. oben 4. Kapitel, A. II. 491 Vgl. Wohlfahrt, Poursuites, S. 752. 492 Vgl. unten 5. Teil, A. II.

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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ordnungen werden in diesem Zusammenhang zwei Alternativen aufgezeigt. Entweder ist der Verdächtige aufgrund eines Ersuchens des Anklägers nach Regel 40 der Verfahrensordnungen vorläufig inhaftiert worden oder der Staat hat aufgrund seiner konkurrierenden Zuständigkeit bei der Strafverfolgung aus eigener Initiative bereits freiheitsentziehende Maßnahmen ergriffen.493 In einer Pressemitteilung des ICTY heißt es in diesem Zusammenhang: „The Prosecutor requested their provisional arrest as suspects and sent investigators to Sarajevo. The transfer of the two men to the Hague and their detention there was ordered by a judge of the International Tribunal after the two men had been formally summoned by the Prosecutor for questioning under the Tribunal’s rules. The Prosecutor also secured the assistance of Bosnia and Herzegowina and IFOR in arranging their transfer to the Tribunal’s own detention facility, where appropriate conditions are available for such questioning to take place.“494

Im Falle einer parallel verlaufenden Strafverfolgung durch staatliche Organe sind somit auch die Vorschriften hinsichtlich der Kompetenzverteilung zwischen den ad hoc Tribunalen und der staatlichen Strafgerichtsbarkeit bzw. der Überleitung von Strafverfahren vor Erlaß des Überstellungsersuchens entsprechend zu berücksichtigen.495 c) Verdachtsgrad Außerdem muß der zuständige Richter nach Anhörung des Anklägers zu der Auffassung gelangen, daß eine zuverlässige und folgerichtige Beweismittelsammlung, reliable and consistent body of material, besteht, die darauf hinweist, daß der Verdächtige ein den Zuständigkeiten des ICTY bzw. ICTR unterliegendes Verbrechen begangen haben kann, Regel 40 bis (B) ii) der Verfahrensordnungen. Im Vergleich zur Begründung der Verdächtigeneigenschaft, wo lediglich zuverlässige Informationen, reliable information, vorausgesetzt werden,496 müssen die im Besitz des Anklägers befindlichen Beweise bei einem Antrag auf Überstellung und vorläufige Inhaftierung gemäß Regel 40 bis der Verfahrensordnungen höheren Maßstäben entsprechen. Dagegen ist der für die Überstellung des Verdächtigen vorausgesetzte Verdachtsgrad offensichtlich niedriger als bei der Anklageerhebung.497 Während es nämlich für die Überstellung nach Regel 40 bis (B) ii) der Verfahrensordnungen ausreicht, daß der Verdächtige ein Verbrechen möglicherweise begangen „haben könnte“, may have committed a crime, so ist bei Anklageerhebung nach Regel 47 (B) der Verfahrens493

Morris/Scharf, ICTR, S. 464. Statement by the Prosecutor of the ICTY, The Hague 14 February 1996, ICTYPress Release CC/PIO/033-E. 495 Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, A. V. 496 Vgl. oben 4. Kapitel, A. II. 497 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 488. 494

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

ordnungen die Vermutung erforderlich, daß der Verdächtige ein Verbrechen begangen „hat“, has committed a crime.498 Damit wird ein weiterer Verdachtsgrad in das Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale eingeführt. d) Gründe für die Inhaftierung Als weitere Voraussetzung für den Erlaß einer Anordnung auf Überstellung und Inhaftierung eines Verdächtigen am Sitz des ICTY bzw. ICTR muß aus der Sicht des Richters einer der in Regel 40 bis (B) iii) der Verfahrensordnungen normierten Gründe für die Inhaftierung konkret gegeben sein. Besondere Erwähnung finden in diesem Zusammenhang die Flucht und die Verdunkelungsgefahr durch Verletzung oder Einschüchterung von Zeugen oder Opfern sowie die Vernichtung von Beweismitteln. Es ergibt sich insoweit eine Kongruenz zu den Gründen, die auf der Grundlage der Regel 40 iii) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 (A) iii) ICTR-VerfO ein Ersuchen des Anklägers um vorläufige Festnahme eines Verdächtigen rechtfertigen. Daneben können aufgrund einer Generalklausel allerdings auch andere Gründe herangezogen werden, soweit die Inhaftierung eines Verdächtigen nur für die Durchführung der Ermittlungen erforderlich erscheint, to be otherwise necessary for the conduct of the investigation. Dadurch entsteht für den Richter ein äußerst weitreichender und im Hinblick auf die Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes wiederum nur schwerlich zu vereinbarender Entscheidungsspielraum.499 3. Ausführung von Festnahme und Überstellung In Regel 40 der Verfahrensordnungen wird die Kompetenz zur Ausführung eines Ersuchens des Anklägers um vorläufige Festnahme eines Verdächtigen ausschließlich dem Staat, auf dessen Hoheitsgebiet sich der Verdächtige befindet, zugewiesen. Anders als bei der Ausführung eines richterlichen Haftbefehls gegenüber einem Angeklagten läßt sich der Praxis der ad hoc Tribunale nicht entnehmen, daß in diesem Zusammenhang eine Einschaltung von peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten der Vereinten Nationen oder der NATO erfolgt.500 Der ersuchte Staat ist aufgrund seiner Kooperationspflicht aus Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut gegenüber dem Ankläger zur Ausführung des Ersuchens um vorläufige Festnahme verpflichtet.501 In einer Pressemitteilung des ICTY heißt es:

498 499 500 501

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

unten 5. Teil, A. II. Safferling, International Criminal Procedure, S. 165. oben 3. Kapitel, A. II. 3. oben 2. Kapitel, A. III. 2.

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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„The Prosecutor (. . .) has issued today a request under Rule 40 of the Tribunal’s Rules of Procedure and Evidence. It is directed to the Government of Bosnia and Herzegowina and requests it to arrest provisionally, on behalf of the Tribunal, two suspects and to take all measures to prevent their escape. (. . .) In terms of Article 29 of the Statute of the Tribunal, the Government of Bosnia and Herzegowina is obliged to comply with the request of the Prosecutor.“502

Der Ankläger ist im Gegenzug nicht dazu verpflichtet, sein Ersuchen gegenüber dem ausführenden Staat zu begründen, wie z. B. durch Vorlage entsprechender Beweismittel.503 Einem Staat ist es verwehrt, die Rechtmäßigkeit des Ersuchens zu überprüfen. Auch sonstige Einwendungen aus Gründen staatlichen Rechts oder zwischenstaatlichen Rechtshilferechts können gegen das Ersuchen nicht geltend gemacht werden. Vielmehr besteht die grundsätzlich unbedingte Pflicht eines Staates zur Ausführung des Ersuchens.504 Eine Besonderheit ergibt sich in diesem Zusammenhang allerdings für das ICTR. Hat der Ankläger des ICTR einen Staat um die vorläufige Festnahme eines Verdächtigen auf der Grundlage der Regel 40 (A) i) ICTR-VerfO ersucht, kann von staatlicher Seite geltend gemacht werden, daß der Inhaftierung Hindernisse entgegenstehen, Regel 40 (B) ICTR-VerfO. Diese Sondervorschrift im Verfahrensrecht des ICTR reflektiert den Umstand, daß sowohl Ruanda als auch die Nachbarstaaten Ruandas teilweise aus rein praktischen Gründen unfähig sind, den Verdächtigen über einen bestimmten Zeitraum hinweg unter angemessenen Bedingungen zu inhaftieren.505 Gelingt es einem Staat, den Ankläger von den Hinderungsgründen zu überzeugen, so kann dieser eine richterliche Anordnung auf Überstellung und vorläufige Inhaftierung des Verdächtigen am Sitz des ICTR beantragen, Regel 40 (B) ICTR-VerfO. Die nunmehr als Ersatz für eine vorläufige Inhaftierung auf dem Staatsgebiet erfolgende vorläufige Inhaftierung am Sitz des ICTR ist allerdings auf eine Zeitspanne von 20 Tagen beschränkt. Soweit der Ankläger bis zu diesem Zeitpunkt keine Anklage erhoben hat, erfolgt automatisch eine Freilassung des Verdächtigen, Regel 40 (D) ICTR-VerfO. In allen übrigen Fällen, in denen eine Inhaftierung des Verdächtigen auf Initiative des Anklägers der ad hoc Tribunale durch staatliche Behörden erfolgt, läßt Regel 40 der Verfahrensordnungen hingegen unbeantwortet, über welchen Zeitraum der Ankläger eine Inhaftierung des Verdächtigen von den staatlichen Behörden verlangen kann. Selbst wenn man berücksichtigt, daß Regel 40 der Verfahrensordnungen generell nur die Befugnis des Anklägers zu vorläufigen und somit zwangsläufig zeitweiligen Maßnahmen erfaßt,506 ergibt sich für den An502 Statement by the Prosecutor of the ICTY, The Hague 13 February 1996, ICTYPress Release CC/PIO/032-E. 503 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 488. 504 Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, § 3 JugoslawienStrafgerichtshof-Gesetz, Rdnr. 2 und 4; vgl. oben 2. Kapitel, A. IV. 505 Morris/Scharf, ICTR, S. 460.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

kläger dem Wortlaut der Statuten und Verfahrensordnungen zufolge keine Pflicht, innerhalb einer bestimmten Zeitspanne nach Festnahme des Verdächtigen durch staatliche Behörden Anklage zu erheben und den Erlaß eines richterlichen Haftbefehls zu beantragen. Eine Freilassung des Verdächtigen aufgrund des jeweiligen staatlichen Rechts kann, wie bereits festgestellt, von dem betroffenen Staates schon wegen seiner Kooperationspflicht gegenüber den Ersuchen des Anklägers aus Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut nicht vollzogen werden.507 Im Falle einer richterlichen Anordnung auf Überstellung und vorläufige Inhaftierung des Verdächtigen gemäß Regel 40 bis der Verfahrensordnungen läßt sich die Kooperationspflicht des jeweiligen Staates aus Art. 29 Abs. 2 ICTYStatut bzw. Art. 28 Abs. 2 ICTR-Statut herleiten.508 In Art. 29 Abs. 2 lit. e) ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 2 lit. e) ICTR-Statut wird zwar explizit nur die staatliche Pflicht zur Überstellung eines Angeklagten festgelegt. Da diese Liste einzelner Maßnahmen aber nicht abschließend ist, besteht kein Zweifel daran, daß eine entsprechende Kooperationspflicht auch im Falle der Überstellung eines Verdächtigen besteht.509 Im Falle des ICTY verweist Regel 40 bis (E) ICTY-VerfO darüber hinaus auch auf Regel 59 bis ICTY-VerfO, der damit auch im Falle der Überstellung eines Verdächtigen entsprechend anwendbar ist. Theoretisch ergibt sich somit die Möglichkeit – wie im Falle eines richterlichen Haftbefehls gegenüber einem Angeklagten bzw. sonstigen richterlichen Befehlen im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen – auf Alternativen zur staatlichen Ausführung zurückzugreifen, wenn ein Staat entgegen seiner Verpflichtung die Kooperation verweigert.510 Praktisch erscheint allerdings schwer vorstellbar, daß ein Verdächtiger, für dessen Festnahme allein die staatlichen Behörden zuständig sind, im folgenden durch peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten an das ICTY überstellt wird. Welchen inhaltlichen Anforderungen eine Anordnung auf Überstellung zu erfüllen hat, ergibt sich aus Regel 40 bis (C) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 bis (D) ICTR-VerfO. Danach sollen der Anordnung insbesondere der Antrag des Anklägers und eine Darstellung der richterlichen Entscheidungsgründe beigefügt werden. Problematisch erscheint es, daß danach nicht erforderlich ist, auch bestimmte Beweismittel an den Staat zu übergeben. Insbesondere in staatlichen 506 Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 197; Morris/Scharf, ICTR, S. 459. 507 Vgl. oben 2. Kapitel, A. III. 2. 508 Vgl. oben 2. Kapitel, A. II. 2. 509 Harhoff, Efforts to Prosecute War Crimes in National and International Tribunals, S. 577. 510 Vgl. 3. Kapitel, A. II. 3.

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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Rechtsordnungen des angloamerikanischen Rechtskreises ist die Zulässigkeit einer Auslieferung aus verfassungsrechtlichen Gründen jedoch an die Erfüllung bestimmter Beweisstandards gebunden.511 Grundsätzlich kann ein Staat jedoch nicht einwenden, daß die Überstellung aus Gründen staatlichen Rechts oder zwischenstaatlichen Rechtshilferechts nicht ausgeführt werden kann.512 Im ersten Jahresbericht des ICTY wird dazu ausgeführt: „This is not to say that transgressors may evade the Tribunal’s jurisdiction with impunity. As pointed above, the Statute imposes a specific obligation on each State Member of the United Nations to cooperate with the Tribunal and to comply with its orders, including those for the arrest or detention of suspects. These obligations prevail over any national law impediment to the surrender or transfer of the accused, including any treaty or national legislation on extradition.“513

Explizit wird dies in Regel 40 bis (E) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 bis (I) ICTR-VerfO, die auf Regel 58 der Verfahrensordnungen verweist, festgelegt. Generell bezeichnet das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale die Überantwortung einer Person an das ICTY bzw. ICTR auch als Überstellung, surrender und transfer. Im zwischenstaatlichen Rechtshilferecht wird hingegen der Begriff der Auslieferung, extradition, verwendet, um zu beschreiben, daß eine Person, die wegen einer im Ausland mit Strafe bedrohten Tat verfolgt wird oder verurteilt worden ist, diesem ausländischen Staat überantwortet wird.514 Mittels dieser terminologischen Differenzierung sollte ausdrücklich klargestellt werden, daß eine Anwendung des zwischenstaatlichen Rechtshilferechts samt der anerkannten Auslieferungshindernisse auf die Zulieferung einer Person an das ICTY bzw. ICTR keine Anwendung findet.515 4. Rechtsschutz des Verdächtigen Für den Fall eines vorläufigen Festnahmeersuchen des Anklägers nach Regel 40 i) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 (A) i) ICTR-VerfO enthält das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale keine Regelungen zum Schutze des Verdächtigen. Sowohl hinsichtlich der Festnahme im engeren Sinne als auch der anschließenden vorläufigen Inhaftierung am Ergreifungsort findet in diesem Zusammenhang aus511

Kushen/Harris, Surrender of Fugitives by the U.S. to the War Crimes Tribunals, S. 517; Paust, U.S. and Extradition to the ICTR, S. 208. 512 Vgl. oben 2. Kapitel, A. IV. 513 First Annual Report of the ICTY, 29 August 1994, UN Doc. A/49/342, para. 91. 514 Scholz, Zulieferung an den Jugoslawien-Strafgerichtshof, S. 53. 515 Dolenc, Statute and Rules of the ICTY, S. 241 f.; Gallant, Presence of Defendants before the ICTY, S. 354 ff.; LaRosa, Droit à un Procès Equitable, S. 953 f.; O’Shea, Interaction between International Criminal Tribunals and National Legal Systems, S. 386 ff.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

schließlich das staatliche Recht Anwendung.516 Problematisch erweist sich dies insbesondere deshalb, weil selbst dann, wenn das staatliche Recht einem Inhaftierten bestimmte Rechte zuweist, wie insbesondere das Recht der vorläufigen Haftentlassung, der jeweilige Staat aufgrund seiner Kooperationspflichten aus Art. 29 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 28 Abs. 1 ICTR-Statut daran gehindert ist, dieses zu gewähren.517 Ist ein Verdächtiger auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung nach Regel 40 bis der Verfahrensordnungen überstellt worden, so erfolgt dessen vorläufige Inhaftierung in den Gebäuden der Hafteinrichtung des ICTY bzw. ICTR, sog. detention unit. Die Rechte des Inhaftierten im Zusammenhang mit den Haftbedingungen bestimmen sich ab diesem Zeitpunkt nach der Haftordnung, sog. rules of detention.518 Verfahrensrechtlich wird insbesondere in Regel 45 bis der Verfahrensordnungen jedem Inhaftierten das Recht zugesprochen, die Dienste eines Verteidigers, ggf. mittels Bestellung eines Pflichtverteidigers, in Anspruch zu nehmen.519 Außerdem verweist Regel 40 bis (C) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 bis (D) ICTR-VerfO ausdrücklich darauf, daß inhaftierten Verdächtigen auch im übrigen die gleichen Rechte wie sonstigen Verdächtigen im Falle ihrer Vernehmung durch den Ankläger gemäß Regel 42 und 43 der Verfahrensordnungen zustehen.520 Über diese Rechte soll der Verdächtige bereits vor seiner Überstellung, d.h. noch während seiner Inhaftierung im Gewahrsamsstaat nach Regel 40 bis (E) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 bis (I) ICTR-VerfO, die auf Regel 55 der Verfahrensordnungen verweist, informiert werden. Während der Inhaftierung kann der Verdächtige bzw. sein Verteidiger bei dem Richter, der die Anordnung der Überstellung und vorläufigen Inhaftierung erteilt hat, Anträge bezüglich der Angemessenheit der Inhaftierung bzw. Anträge auf vorläufige Freilassung vorlegen, Regel 40 bis (G) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 bis (K) ICTR-VerfO. Gemäß Regel 40 bis (H) ICTY-VerfO bzw. Regel 40 bis (L) ICTR-VerfO finden in diesem Zusammenhang die Vorschriften über die Untersuchungshaft eines Angeklagten entsprechende Anwendung.521 Eine vorläufige Freilassung eines Angeklagten kann gemäß Regel 65 (B) der Verfahrensordnungen nur dann gewährt werden, wenn die Zustimmung des Sitz516

Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 489. Vgl. Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz, § 3 Rdnr. 7. 518 ICTY-Rules Governing the Detention of Persons awaiting Trial or Appeal before the Tribunal or otherwise Detained on the Authority of the Tribunal, Adopted on 5 May 1994, UN Doc. IT/38; ICTR-Rules Covering the Detention of Persons awaiting Trial or Appeal before the Tribunal or otherwise Detained on the Authority of the Tribunal, Adopted on 9 January 1996, vgl. oben 2. Teil, 1. Kapitel, A. III. 519 Vgl. oben 4. Kapitel, A. II. 1. a). 520 Vgl. oben 4. Kapitel, A. II. 1. b)–d). 521 Vgl. Sinopoli, Droits de la Défense, S. 798. 517

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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staates vorliegt und die Strafkammer infolge außergewöhnlicher Umstände davon überzeugt ist, daß die betreffende Person zur Verhandlung erscheinen wird und die Freilassung keine Gefahr für ein Opfer, einen Zeugen oder eine andere Person darstellt.522 Nicht zuletzt aufgrund dieser hohen Anforderungen ist aus der Praxis der ad hoc Tribunale bislang kein Fall bekannt, in dem ein Verdächtiger in entsprechender Anwendung der Regel 65 der Verfahrensordnungen vorläufig freigelassen wurde. II. Zeugen Das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale geht dem Grundsatz nach davon aus, daß eine Kooperation von Zeugen im Rahmen der Ermittlungen des Anklägers ausschließlich auf freiwilliger Grundlage erfolgt.523 Demzufolge kann der Ankläger weder einen Staat um die vorläufige Festnahme eines Zeugen nach Regel 40 der Verfahrensordnungen ersuchen noch kann er einen richterlichen Haftbefehl nach Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen beantragen. Fraglich ist hingegen, ob ein bereits auf der Grundlage staatlichen Rechts inhaftierter Zeuge anläßlich eines Ermittlungsverfahrens an das ICTY bzw. ICTR überstellt werden kann. Wegen der konkurrierenden Zuständigkeit von internationaler und staatlicher Strafverfolgung erscheint eine solche Konstellation, in der sich ein Zeuge des ICTY bzw. ICTR zugleich als Verdächtiger, Angeklagter oder verurteilter Straftäter auf der Grundlage staatlichen Rechts bereits in Haft oder Strafvollzug befindet, durchaus von praktischer Relevanz.524 Regel 56 der Verfahrensordnungen legt ausdrücklich fest, daß ein Staat zur ordnungsgemäßen und wirksamen Ausführung einer Anordnung auf Überstellung eines Zeugen gemäß Art. 29 ICTY-Statut bzw. Art. 28 ICTR-Statut verpflichtet ist. Auch in Regel 58 der Verfahrensordnungen findet die Überstellung eines Zeugen Erwähnung. Demnach ist es dem Ankläger also möglich nach Regel 54 der Verfahrensordnungen eine richterliche Anordnung auf Überstellung eines Zeugen, der bereits auf der Grundlage staatlichen Rechts inhaftiert ist, zu beantragen.525 Für das Ermittlungsverfahren läßt sich in diesem Zusammenhang eine 522 Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-96-21), Decision on Motion for Provisional Release filed by the Accused Esad Landzo, 16 January 1997, para. 59; LaRosa, Procédure Equitable, S. 687; Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 521; vgl. zum Zustimmungserfordernis des Sitzstaates: Schutte, Perspective of the Host State, S. 216. 523 Vgl. oben 4. Kapitel, A. I. 2. 524 Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 67. 525 Yearbook of the ICTY 1996, Chapter III. A. 2. c. ii. (b); vgl. Transfer Order for Djordje Djukic and Aleksa Krsmanovic, 12 February 1996; dazu: Statement by the Prosecutor of the ICTY, The Hague 14 February 1996, ICTY-Press Release CC/PIO/

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

entsprechende Befugnis aus Regel 39 iv) i. V. m. Regel 54 der Verfahrensordnungen herleiten.526 Das ICTY führte in einer Entscheidung aus: „Considering that the Prosecutor states, in its Application filed on 8 May 1996, that Radoslav Kremenovic cannot assist the Prosecutor’s investigations and that accordingly his personal appearance as a witness is no longer required and that his presence at the detention unit of the Tribunal does not continue to be necessary; (. . .) An order by a Judge is not necessary to bring the period of the temporary transfer of Radoslav Kremenovic to an end (. . .).“527

In der Praxis der ad hoc Tribunale findet in diesen Fällen Regel 90 bis der Verfahrensordnungen entsprechende Anwendung. Diese Vorschrift legt fest, daß eine richterliche Anordnung auf Überstellung und zeitweilige Inhaftierung eines Zeugen am Sitz des ICTY bzw. ICTR nur unter bestimmten Voraussetzungen ergehen kann. Zunächst darf die Anwesenheit der jeweiligen Person, während des Zeitraumes für den sie als Zeuge angefordert wird, für ein ggf. laufendes Verfahren auf staatlicher Ebene nicht erforderlich sein, Regel 90 bis (B) (i) der Verfahrensordnungen. Zum anderen darf die Überstellung nicht die vom jeweiligen Staat auf der Grundlage seines Rechts festgelegte Dauer für die Inhaftierung überschreiten, Regel 90 bis (B) (ii) der Verfahrensordnungen. Die in der ursprünglichen richterlichen Anordnung auf Überstellung und zeitweilige Inhaftierung des Zeugen bestimmte Frist kann bei Bedarf nach Maßgabe selbiger Voraussetzungen verlängert werden, Regel 90 bis (F) der Verfahrensordnungen. Ist die Anwesenheit der betroffenen Person am Sitz des ICTY bzw. ICTR nicht mehr erforderlich, ist sie automatisch an den Staat zurückzuverweisen, Regel 90 bis (E) der Verfahrensordnungen. Problematisch erscheint in diesen Fällen allerdings, wenn sich während der zeitweiligen Inhaftierung des Zeugen am Sitz des ICTY bzw. ICTR, insbesondere bei der Vernehmung durch den Ankläger der Verdacht ergibt, daß der inhaftierte Zeuge ein der Zuständigkeit der internationalen Strafgerichtsbarkeit unterliegendes Verbrechen begangen hat, suspect witness.528 Der inhaftierte Zeuge erhält dann ggf. den Status eines Verdächtigen oder gar eines Angeklagten nach Maßgabe des Verfahrensrechts der ad hoc Tribunale.529 Erforderlich ist insoweit, daß die ad hoc Tribunale die jeweilige Tat vorrangig vor der staatli033-E; vgl. im weiteren Prosecutor v. Radovan Karadzic and Ratko Mladic (IT-95-18), Transfer Order for Radoslav Kremenovic and Drazen Erdemovic, 28 March 1996; dazu: Statement, Erdemovic and Kremenovic Transferred to the Hague, The Hague 30 March 1996, ICTY-Press Release PC/PIO/053-E. 526 Morris/Scharf, ICTR, S. 469; vgl. oben 1. Kapitel, A. II. 527 Prosecutor v. Radovan Karadzic and Ratko Mladic (IT-95-18), Order Stating that an Order By a Judge is not Necessary to End the Temporary Transfer of a Detained Witness, 9 May 1996. 528 Vgl. Blakesley, Comparing the ad hoc Tribunal and the Project for an ICC, S. 193; LaRosa, Droit à un Procès Équitable, S. 954. 529 Vgl. oben 4. Kapitel, A. III. 1.

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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chen Strafgerichtsbarkeit verfolgen können.530 Dieser Konstellation eines Übergangs vom Zeugen- zum Verdächtigen- bzw. Angeklagtenstatus entspricht insbesondere Regel 45 bis der Verfahrensordnungen, wonach nicht nur den Verdächtigen, sondern per se allen unter Aufsicht der ad hoc Tribunale inhaftierten Personen, einschließlich der Zeugen, ein Recht auf Verteidigung zugesprochen wird.531 In diesen Fällen wird der ursprünglich die Inhaftierung rechtfertigende staatliche Rechtsakt durch einen entsprechenden Rechtsakt des ICTY bzw. ICTR ersetzt.532

B. Der Internationale Strafgerichtshof Das ICC-Statut regelt die Festnahme und Überstellung zum einen im 5. Teil im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren und zum anderen im 9. Teil im Zusammenhang mit der internationalen Zusammenarbeit und Rechtshilfe.533 Im Rahmen des 5. Teils findet in Art. 58 ICC-Statut der Erlaß eines Haftbefehls und in Art. 59 ICC-Statut das Festnahmeverfahren im Gewahrsamsstaat eine normative Grundlage. Welche formellen Anforderungen ein Festnahme- bzw. Überstellungsersuchen des ICC an einen Staat erfüllen muß, ergeben sich aus Art. 91 ICC-Statut. Der besondere Fall einer vorläufigen Festnahme ist in Art. 92 ICC-Statut des 9. Teils geregelt. Die übrigen Vorschriften des 9. Teils beziehen sich im wesentlichen auf die Überstellung. So wird in Art. 89 ICCStatut die Überstellung von Personen an den ICC einer allgemeinen Regelung unterzogen. Art. 90 ICC-Statut behandelt den besonderen Fall eines konkurrierenden Auslieferungsersuchens eines Drittstaates. Auf die Kollision des Auslieferungsbegehrens mit völkerrechtlichen Pflichten des ersuchten Staates gegenüber Drittstaaten, wie bei der Überstellung einer Person unter diplomatischem Schutz, bezieht sich Art. 98 ICC-Statut. In Art. 101 ICC-Statut wird für das Auslieferungsregime des ICC der Grundsatz der Spezialität festgelegt. Allgemeine Begriffsbestimmungen zur Überstellung trifft Art. 102 ICC-Statut. Soweit eine Person bereits von einem Staat in eigener Sache inhaftiert wurde, sieht Art. 93 Abs. 7 ICC-Statut die Möglichkeit der zeitweiligen Übergabe des Häftlings an den ICC, insbesondere zum Zweck seiner Vernehmung als Zeugen, vor. Ergänzt werden diese Vorschriften des ICC-Statuts durch zahlreiche Regeln der ICC-VerfO. Insbesondere ist auf die Regeln 117 ff. ICC-VerfO bezüglich

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Morris/Scharf, ICTR, S. 468; vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, A. V. Jones, Practice of the International Tribunals, S. 264. 532 Morris/Scharf, ICTR, S. 469. 533 Vgl. Triffterer-Kreß/Prost/Schlunck/Wilkitzki, Commentary on the Rome Statute, Preliminary Remarks Part 9, Rdnr. 2. 531

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

der Inhaftierung und auf die Regeln des 11. Kapitels der ICC-VerfO bezüglich der internationalen Kooperation und Rechtshilfe hinzuweisen. Insgesamt zeigt sich anhand dieses Überblicks, daß auch das Verfahrensrecht des ICC, insbesondere aufgrund einer zum Teil systemwidrigen Vermischung des 5. und des 9. Teils des ICC-Statuts, keine einwandfreie systematische Struktur im Zusammenhang mit der Festnahme und Überstellung aufweist.534 Andererseits verfügt es über eine wesentlich höhere Regelungsdichte als das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, daß beim ICC die Aspekte staatlicher Kooperation bezüglich der Festnahme und Überstellung eine stärkere Berücksichtigung finden.535 I. Person, gegen die ermittelt wird Im Unterschied zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale verfügt der Ankläger beim ICC nicht über die Kompetenz, aus eigener Initiative einen Staat um die Festnahme einer Person zu ersuchen.536 Vielmehr können sowohl die Festnahme als auch die Überstellung einer Person, gegen die ermittelt wird, nur dann erfolgen, wenn zuvor ein richterlicher Haftbefehl erlassen wird, Art. 58 Abs. 5 ICC-Statut. Ein richterlicher Haftbefehl kann nach Art. 58 Abs. 1 ICCStatut allerdings bereits während des Ermittlungsverfahrens beantragt bzw. erlassen werden. Die wenig überzeugende Ausgestaltung des Verfahrensrechts und die darauf aufbauende Praxis der ad hoc Tribunale, wonach zwar der Ankläger selbst die Festnahme eines Verdächtigen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens durchsetzen kann, aber grundsätzlich kein richterlicher Haftbefehl in diesem Stadium des Verfahrens erlassen wird, ist damit korrigiert worden. 1. Festnahme Der Begriff der Festnahme wird im Verfahrensrecht des ICC nicht ausdrücklich definiert. Bei Betrachtung der einschlägigen Vorschriften, insbesondere des Art. 59 Abs. 3–6 ICC-Statut, wonach nur ausnahmsweise eine vorläufige Haftentlassung seitens des Gewahrsamstaates gewährt werden darf, zeigt sich, daß der Begriff der Festnahme auch die nachfolgende Inhaftierung der Person bis

534 Mosconi/Parisi, Co-operation between ICC and States Parties, S. 327; vgl. oben 2. Kapitel, B. 535 Vgl. Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March– April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 239; vgl. Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 156. 536 Vgl. oben 1. Kapitel, B. I. 1. d).

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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zu seiner Überstellung erfaßt. Dies stimmt mit dem im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale zugrunde gelegten Begriffsverständnis überein. Grundvoraussetzung für eine Festnahme ist der Erlaß eines Haftbefehls nach Art. 58 Abs. 1 ICC-Statut. Zuständig für den Erlaß des Haftbefehls ist grundsätzlich die Vorverfahrenskammer, soweit sie nicht per delegationem ihre Befugnis auf einen einzelnen Richter der Kammer nach Art. 57 Abs. 2 lit. b) ICCStatut übertragen hat.537 Formelle Rechtmäßigkeit erlangt der Haftbefehl nur dann, wenn er den Anforderungen des Art. 58 Abs. 3 ICC-Statut gerecht wird. Danach muß der Haftbefehl insbesondere den Namen der Person und alle sachdienlichen Angaben zu ihrer Identifizierung, eine konkrete Bezugnahme auf die mutmaßlich begangenen Verbrechen sowie eine knappe Darstellung der Sachverhalte, die mutmaßlich die Tatbestandsmerkmale dieser Verbrechen erfüllen, enthalten. Die weiteren Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls sind in Art. 58 Abs. 1 und 2 ICC-Statut geregelt. a) Antrag des Anklägers Nach Art. 58 Abs. 1 ICC-Statut kann ein Haftbefehl ausschließlich auf Antrag des Anklägers ergehen. Der Antrag muß nach Art. 58 Abs. 2 lit. a)–c) ICC-Statut den Namen der Person und alle sachdienlichen Angaben zu ihrer Identifizierung, eine konkrete Bezugnahme auf die mutmaßlich begangenen Verbrechen sowie eine knappe Darstellung der Sachverhalte, die mutmaßlich die Tatbestandsmerkmale dieser Verbrechen erfüllen, enthalten. Darüber hinaus ist nach Art. 58 Abs. 2 lit. d)–e) ICC-Statut erforderlich, daß dem Antrag eine Zusammenfassung der Beweismittel, summary of the evidence, sowie alle anderen Informationen beigefügt werden, aufgrund derer sich der materielle Tatverdacht und der Haftgrund ergeben.538 b) Verdachtsgrad Art. 58 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut setzt voraus, daß der begründete Verdacht besteht, reasonable grounds to believe, daß die Person ein der Gerichtsbarkeit des ICC unterliegendes Verbrechen begangen hat. Der insoweit erforderliche Verdachtsgrad ist im Zusammenhang mit den sonstigen im ICC-Statut festgelegten Verdachtsgraden zu sehen. So ist nach Art. 53 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erforderlich, daß eine hinreichende Grundlage für die Verfahrensaufnahme besteht, sufficient basis to proceed.539 Nach Art. 61 Abs. 7 ICC-Statut wird für die Bestätigung der Anklage durch die 537 538 539

Vgl. oben 2. Teil, 2. Kapitel, B. I. 2. Vgl. Schabas, Introduction to the ICC, S. 109. Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, VI.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Vorverfahrenskammer vorausgesetzt, daß diese zu der Feststellung gelangt, daß ausreichende Beweise für den dringenden Verdacht vorliegen, sufficient evidence to establish substantial grounds, daß der Angeschuldigte die ihm zur Last gelegten Verbrechen begangen hat.540 Entsprechend der Systematik ist der für den Erlaß eines Haftbefehls erforderliche Verdachtsgrad genau dazwischen anzusiedeln. Das bedeutet, daß einerseits im Vergleich zum Verdachtsgrad nach Art. 53 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut eine höhere Spezifizierung der mutmaßlichen Taten zu verlangen ist, andererseits aber keine entsprechende Überzeugung der Vorverfahrenskammer, wie in Art. 61 Abs. 7 ICC-Statut hergestellt werden muß. Welche Merkmale der Verdachtsgrad darüber hinaus im einzelnen aufweisen muß, ergibt sich nicht eindeutig aus dem Verfahrensrecht des ICC. Insoweit ist den Richtern ein gewisser Auslegungsspielraum eröffnet.541 Auffällig erscheint, daß der Verdachtsgrad nach Art. 58 Abs. 1 ICC-Statut, anders als der Anfangsverdacht nach Art. 53 Abs. 1 lit. b) und c) ICC-Statut, weder auf die Zulässigkeit der Sache bzw. die konkurrierende Zuständigkeit nach Maßgabe des Komplementaritätsprinzips bzw. des Rechtsgrundsatzes ne bis in idem542 noch auf das Erfordernis des Interesses der Gerechtigkeit Bezug nimmt.543 Dies läßt sich nur so erklären, daß das Komplementaritätsprinzip bzw. der Rechtsgrundsatz ne bis in idem im Zusammenhang mit einer Festnahme und Überstellung bereits dadurch eine ausreichende Absicherung erfährt, indem ein entsprechender Einwand mittels des Verfahrens der vorläufigen Entscheidung nach Art. 18 ICC-Statut bzw. des Anfechtungsverfahrens nach Art. 19 ICC-Statut geltend gemacht werden kann.544 In diesem Fall ist der ersuchte Staat nach Art. 95 ICC-Statut dazu befugt, bis zum Zeitpunkt einer entsprechenden Entscheidung der Vorverfahrenskammer die Erledigung eines Ersuchens um Festnahme bzw. Überstellung auf der Grundlage eines Haftbefehls aufzuschieben.545 Hinsichtlich der mangelnden Bezugnahme auf das Erfordernis des Interesses der Gerechtigkeit ist anzumerken, daß durch dieses Tatbestandsmerkmal des Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut ausschließlich dem Ankläger bei der Einleitung des Ermittlungsverfahrens, nicht aber der Vorverfahrenskammer bei der Anordnung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen, wie beim Erlaß eines Haftbefehls, ein entsprechender Entscheidungsspielraum zugestanden werden soll. Infolgedessen erscheint die mangelnde Bezugnahme auf diese beiden Aspekte durchaus plangemäß. Insgesamt zeigt sich infolge der normativen Festlegung eines bestimmten Verdachtsgrades im Zusammenhang mit der Festnahme ein wesentlicher Fort540 541 542 543 544 545

Vgl. unten 5. Teil, B. II. Triffterer-Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 58 Rdnr. 9. Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. Vgl. oben 3. Teil, 3. Kapitel, B. II. Vgl. unten 5. Teil, B. I. 3. a) und b). Triffterer-Prost/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 95 Rdnr. 4.

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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schritt gegenüber dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale, das ein Festnahmeersuchen seitens des Anklägers gerade nicht vom Erreichen eines bestimmten Verdachtsgrades abhängig macht. c) Festnahmegrund Weitere Voraussetzung eines Haftbefehls ist nach Art. 58 Abs. 1 lit. b) ICCStatut, daß die Festnahme der Person aus bestimmten Gründen notwendig erscheint.546 Daß der Erlaß eines Haftbefehls nicht die Regel, sondern lediglich die Ausnahme bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens darstellen soll, fand bereits während der Vorarbeiten zum ICC-Statut unter den Delegierten breite Zustimmung.547 Im Bericht des Preparatory Committee heißt es in diesem Zusammenhang: „It was proposed that, in accordance with the International Covenant on Civil and Political Rights, detention of a suspect before trial should be limited to exceptional cases, such as danger of flight of the suspect, threat to others or the likelihood of destruction of evidence.“548

Ein Grund für eine Festnahme ist nach dem ICC-Statut in seiner endgültigen Fassung zunächst immer dann gegeben, wenn ansonsten nicht sichergestellt werden kann, daß die betroffene Person zur Hauptverhandlung erscheint, Art. 58 Abs. 1 lit. b) i) ICC-Statut. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, daß das Verfahrensrecht des ICC grundsätzlich die Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung vorschreibt, Art. 63 Abs. 1 ICC-Statut.549 Welche Gründe im einzelnen den Verdacht begründen, daß sich die Person ihrer Anwesenheitspflicht entziehen wird, bleibt der Einschätzung des Anklägers bzw. der Vorverfahrenskammer überlassen. Insgesamt ergibt sich insoweit eine Übereinstimmung mit dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale, wonach der Ankläger ebenfalls aus Gründen der Fluchtgefahr die Festnahme einer Person bewirken kann. Im weiteren ist ein entsprechender Festnahmegrund dann gegeben, wenn ansonsten eine Behinderung oder Gefährdung der Ermittlungen oder des Ge546 Greift nach Auffasssung der Vorverfahrenskammer keiner dieser Gründe im Sinne des Art. 58 Abs. 1 lit. b) ICC-Statut ein, so ist der Ankläger darauf verwiesen, den Erlaß einer fömlichen Ladung der Person zu beantragen, Art. 58 Abs. 7 ICC-Statut. Eine zwangsweise Durchsetzung dieser Ladung kann allerdings nur dann erfolgen, wenn sich der betreffende Staat über seine vertragliche Kooperationspflicht gegenüber dem ICC hinaus auf der Grundlage des Art. 93 Abs. 1 lit. l) ICC-Statut freiwillig dazu bereit erklärt hat. Vgl. Gallant, Individual Human Rights, S. 715; TrifftererSchlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 58 Rdnr. 39. 547 Vgl. Safferling, International Criminal Procedure, S. 166 f. 548 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 244. 549 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, B. III.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

richtsverfahrens zu befürchten ist, Art. 58 Abs. 1 lit. b) ii) ICC-Statut. Aufgrund der tatbestandlichen Reichweite dieser Vorschrift lassen sich solche Fälle erfassen, in denen durch die Festnahme die Verletzung oder Einschüchterung eines Opfers oder Zeugen oder die Vernichtung von Beweismitteln begegnet werden soll. Auch insoweit wird wiederum dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale entsprochen. Als letzten Festnahmegrund normiert Art. 58 Abs. 1 lit. b) iii) ICC-Statut die Wiederholungsgefahr. Dabei kann entweder die Fortsetzung des konkreten Verbrechens, auf das sich der Verdacht nach Art. 58 Abs. 1 lit. a) ICC-Statut bezieht, oder aber die Begehung eines damit im Zusammenhang stehenden Verbrechens die Wiederholungsgefahr begründen. Für letzteres ist allerdings erforderlich, daß dieses im Falle der Begehung der Gerichtsbarkeit des ICC unterliegen würde. Problematisch erscheint der Festnahmegrund der Wiederholungsgefahr insbesondere wegen der Unschuldsvermutung zugunsten des Angeklagten nach Art. 66 Abs. 1 ICC-Statut.550 Eine entsprechende präventive Untersuchungshaft ist im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht vorgesehen. 2. Überstellung Die Überantwortung einer Person durch einen Staat an den ICC wird gemäß der Begriffsbestimmung in Art. 102 lit. a) ICC-Statut nicht als Auslieferung, extradition, sondern als Überstellung, surrender, bezeichnet. Insoweit ergibt sich eine Übereinstimmung zur Terminologie des Verfahrensrechts der ad hoc Tribunale. Auch beim ICC soll damit klargestellt werden, daß zwischenstaatlichem Rechtshilferecht, wie es bei der Auslieferung einer Person an einen anderen Staat anzuwenden ist, grundsätzlich keine Bedeutung erlangt.551 Aus Art. 58 Abs. 5 ICC-Statut ergibt sich, daß der ICC auf der Grundlage des Haftbefehls einen Staat nicht allein um die Festnahme, sondern auch um die Überstellung der Person nach Maßgabe des 9. Teils des ICC-Statuts ersuchen kann. Das bedeutet, daß für die Überstellung generell keine anderen bzw. zusätzlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen als bei der Festnahme einer Person.552 In beiderlei Hinsicht besteht die ausschließliche Zuständigkeit der Vorverfahrenskammer. Eine Differenzierung zwischen der Festnahme und der Überstellung, wie sie infolge der unterschiedlichen Kompetenzverteilung zwischen Ankläger und Richterschaft dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale zugrunde liegt, ergibt sich demnach nicht. 550 Ambos, Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 197; BruerSchäfer, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 261. 551 Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 156; Schabas, Introduction to the ICC, S. 110. 552 Mosconi/Parisi, Co-operation between ICC and States Parties, S. 323.

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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3. Ausführung von Festnahme und Überstellung Nach Art. 58 Abs. 5 ICC-Statut stellt ein Haftbefehl lediglich die Grundlage für die Festnahme und die Überstellung einer Person, gegen die ermittelt wird, dar. Zum Zweck der Ausführung von Festnahme und Überstellung muß der betreffende Staat zusätzlich mittels eines Rechtshilfeersuchens nach Maßgabe des Art. 91 ICC-Statut zunächst erst noch verpflichtet werden. Einem Haftbefehl des ICC kann somit auch keine unmittelbare Wirkung gegenüber dem betreffenden Staat oder der betreffenden Person zukommen.553 Das Verfahrensrecht des ICC beinhaltet im Unterschied zu den ad hoc Tribunalen auch keine Vorschriften, aufgrund derer sich alternativ zur Ausführung der Festnahme und Überstellung durch einen Staat, eine entsprechende Kompetenz für den Ankläger oder peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten der Vereinten Nationen und der NATO herleiten ließe.554 Nur im Falle des Art. 57 Abs. 3 lit. d) ICC-Statut, wenn ein Staat unfähig ist, die Maßnahmen selbst durchzuführen, ließe sich diese Kompetenz kraft richterlicher Ermächtigung begründen.555 Daneben verbleibt die theoretische Möglichkeit, daß der Ankläger oder peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten der Vereinten Nationen und der NATO durch eine Resolution des Sicherheitsrates auf der Grundlage von Kapitel VII der UNCharta ein entsprechendes Mandat erhalten.556 Dem Grundsatz nach erscheint es hingegen für den ICC mithin noch schwieriger, in den Fällen der willentlichen Kooperationsverweigerung eines Staates, der per Haftbefehl gesuchten Person habhaft zu werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß der Erlaß eines richterlichen Haftbefehls und damit auch die Einschaltung von peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale zufolge erst nach der Bestätigung der Anklage erfolgt. Für die Ausführung der Festnahme und Überstellung eines Verdächtigen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens sind somit die ad hoc Tribunale und der ICC in gleicher Weise ausschließlich auf die Kooperation des ersuchten Staates angewiesen. Welchen inhaltlichen Anforderungen ein Festnahme- und Überstellungsersuchen standhalten muß, ist in Art. 91 ICC-Statut geregelt.557 Danach muß das Ersuchen insbesondere eine Beschreibung des Gesuchten sowie Angaben über den vermuteten Aufenthaltsort und eine Abschrift des Haftbefehls enthalten, Art. 91 Abs. 2 lit. a) und b) ICC-Statut. Außerdem sieht Art. 91 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut vor, daß dem Ersuchen die Materialien beizufügen sind, um dem 553 Vgl. Tomuschat, Statut von Rom, S. 345; Furuya, Legal Effect of Rules of the International Criminal Tribunals and Court, S. 132. 554 Vgl. oben 3. Kapitel, B. II. 3. 555 Converti, Rights of the Accused, S. 229; vgl. oben 3. Kapitel, B. I. 2. 556 Vgl. LaRosa, Forces Multinationales et l’Obligation de Coopérer avec les Tribunaux Internationaux, S. 692 ff. 557 Vgl. Gartner, Rules on Co-operation and Enforcement, S. 428.

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Überstellungsverfahren in dem ersuchten Staat Genüge zu tun. Damit wird insbesondere dem Anliegen von Staaten des angloamerikanischen Rechtskreises entsprochen, deren Rechtsordnungen die Zulässigkeit einer Überstellung von bestimmten Beweisanforderungen abhängig machen.558 Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale findet diese Besonderheit angloamerikanischer Rechtsordnungen hingegen keine angemessene Berücksichtigung. Die mit dem Ersuchen korrespondierende Pflicht eines Vertragsstaates, die Person sofort festzunehmen und bis zum Zeitpunkt der Überstellung auf ihrem Hoheitsgebiet zu inhaftieren, läßt sich bereits aus Art. 59 Abs. 1 ICC-Statut herleiten, der seinem Inhalt nach damit eher dem 9. Teil des ICC-Statuts zuzurechnen ist.559 Nach Art. 59 Abs. 4 ICC-Statut steht es dem ersuchten Staat nicht zu, die Rechtmäßigkeit des ergangenen Haftbefehls zu überprüfen. Entsprechende Bedenken können allerdings der Vorverfahrenskammer mitgeteilt werden, die dann zu einer Entscheidung in der Sache verpflichtet ist, Regel 117 Abs. 3 ICC-VerfO.560 Eine Besonderheit gilt in den Fällen, in denen insbesondere wegen der Eilbedürftigkeit einer Sache kein förmliches Ersuchen im Sinne des Art. 91 ICC-Statut gegenüber dem Staat ergehen kann.561 In diesen dringenden Fällen besteht für einen Staat ausnahmsweise unter den Voraussetzungen des Art. 92 ICC-Statut eine Pflicht zur vorläufigen Festnahme einer Person. Wird nicht binnen der in Regel 188 ICC-VerfO bestimmten Frist von 60 Tagen ein förmliches Überstellungsersuchen nachgereicht, kann der Gewahrsamsstaat den Festgenommenen wieder aus der Haft entlassen.562 Voraussetzung ist jedoch auch in diesem Zusammenhang, daß ein richterlicher Haftbefehl nach Art. 58 ICC-Statut bereits ergangen ist.563 Ein Vergleich zum Rechtsinstitut der vorläufigen Festnahme im Sinne einer Eilkompetenz des Anklägers bei den ad hoc Tribunalen verbietet sich demnach. Die mit dem Ersuchen korrespondierende Pflicht eines Staates zur Überstellung der festgenommenen Person findet ihre Grundlage insbesondere in Art. 89 Abs. 1 ICC-Statut.564 Betrachtet man das Kooperationsregime zwischen den 558 Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 157; Triffterer-Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 91 Rdnr. 3; vgl. in diesem Zusammenhang auch: Report of the Ad Hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. A/ 50/22, para. 212. 559 Triffterer-Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 59 Rdnr. 4. 560 Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 204. 561 Vgl. Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 351 f. 562 Vgl. Schabas, Introduction to the ICC, S. 130. 563 Broomhall, ICC: Cooperation with States, S. 87. 564 Triffterer-Kreß/Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 89 Rdnr. 1.

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

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Vertragsstaaten und dem ICC im Hinblick darauf, welche Einwendungen ein Staat in zulässiger Weise gegen ein Überstellungsersuchen des ICC geltend machen kann, so zeigt sich die im Vergleich zu den ad hoc Tribunalen schwächere Position des ICC. Die Reichweite möglicher Einwendungen wurde bereits im Preparatory Committee ausgiebig diskutiert565: „With regard to the question of exceptions to the obligation to surrender, the view was reiterated that they should be kept to a minimum and that they should be specifically laid down in the Statute. In this connection, some delegations questioned the appropriateness of such traditional limitations or exceptions as the nationality of the accused, political or military offences, essential interests/ordre public or sufficiency of evidence. They also considered as inappropriate the principle of dual criminality, in view of the seriousness of crimes within the jurisdiction of the Court. Other delegations felt that some of these elements should be taken into account in laying down exceptions. Suggestions for possible exceptions included the principle of non bis in idem, non-acceptance of the Court’s jurisdiction over a particular crime other than the crime of genocide, manifest errors of facts or law by the Court, the lack of a prima facie case, the statute of limitations, pendency of national proceedings relating to the same crime and competing requests from the Court and another State where the requested State might favour cooperation with that other State for effective prosecution of the crime, or might be obliged to render such cooperation to that other State.“566

Anhand des endgültigen Vertragstextes läßt sich feststellen, daß eine Verweigerung allein aus Gründen staatlichen Rechts, wie insbesondere im Falle verfassungsrechtlicher Auslieferungsverbote zugunsten eigener Staatsangehöriger,567 nicht zulässig ist.568 So heißt es zwar grundsätzlich in Art. 89 Abs. 1 ICC-Statut, daß die Vertragsstaaten dem Ersuchen um Festnahme und Überstellung im Einklang mit den in ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Verfahren Folge leisten. Eine Verweigerung aus Gründen staatlichen Rechts ist jedoch bereits deshalb nicht möglich, da Art. 88 ICC-Statut einen Staat generell dazu verpflichtet, in seinem staatlichen Recht für alle Formen der Zusammenarbeit entsprechende Verfahren zur Verfügung zu stellen.569 Im Ergebnis besteht insoweit eine Übereinstimmung zwischen dem Kooperationsregime der ad hoc Tribunale und dem des ICC. 565

Vgl. Mosconi/Parisi, Co-operation between ICC and States Parties, S. 324 ff. Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 324. 567 Vgl. dazu die Rechtslage nach deutschem Recht: Bausback, Auslieferung Deutscher, S. 3319 f.; Schöbener/Bausback, Verfassungs- und völkerrechtliche Grenzen der Überstellung, S. 626 ff. 568 Vgl. Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 156 f.; Schabas, Introduction to the ICC, S. 130. 569 Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 156. 566

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

Unterschiede ergeben sich jedoch aufgrund des Art. 90 ICC-Statut und Art. 98 ICC-Statut für die Fälle einer völkerrechtlichen Pflichtenkollision. Art. 90 ICCStatut räumt dem ersuchten Staat unter bestimmten Voraussetzungen das Recht ein, die Überstellung einer Person an den ICC zu verweigern, wenn ihm ein konkurrierendes Ersuchen um Auslieferung derselben Person von einem anderen Staat vorliegt. Zu differenzieren ist in diesem Zusammenhang jedoch, ob es sich bei dem ersuchenden Staat um einen Vertragsstaat des ICC handelt oder nicht.570 Sofern nämlich ein Vertragsstaat das konkurrierende Auslieferungsersuchen stellt, genießt das Überstellungsbegehren des ICC nach Art. 90 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut immer dann Vorrang, wenn im Rahmen eines Verfahrens der vorläufigen Entscheidung nach Art. 18 ICC-Statut571 oder eines Anfechtungsverfahrens nach Art. 19 ICC-Statut572 die Zulässigkeit einer Sache bestätigt wurde. Dabei muß die zuständige Kammer des ICC die Ermittlungen oder die Strafverfolgung des ersuchenden Staates bereits berücksichtigt haben und dennoch zu der Überzeugung gelangt sein, daß insbesondere die Voraussetzungen des Komplementaritätsprinzips nach Art. 17 Abs. 1 lit. a) und b) ICC-Statut nicht zugunsten des Staates eingreifen.573 Ist bislang kein Verfahren im Sinne der Art. 18 und 19 ICC-Statut durchgeführt worden, hat infolge einer Mitteilung des ersuchten Staates eine entsprechende Entscheidung des Gerichts von Amts wegen zu ergehen, Art. 90 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut. Bis zum Zeitpunkt der Entscheidungsverkündung verbleibt die Person im Gewahrsamsstaat, Art. 90 Abs. 3 ICC-Statut. Wird daraufhin die Zulässigkeit der Sache durch die Vorverfahrenskammer festgestellt, so ist der ersuchte Staat vorrangig zur Überstellung an den ICC verpflichtet. Eine Auslieferung an den ersuchenden Staat darf dann nicht stattfinden. Handelt es sich bei dem ersuchenden Staat um einen NichtVertragsstaat, besteht nach Art. 90 Abs. 4 ICC-Statut für den ersuchten Staat eine Pflicht zur Überstellung an den ICC nur dann, wenn durch eine Entscheidung im Sinne des Art. 90 Abs. 2 ICC-Statut die Zulässigkeit der Sache festgestellt wurde und er damit keine völkerrechtlichen Pflichten gegenüber dem ersuchenden Staat verletzen würde. Fehlt es an der letzten Voraussetzung, kann der ersuchte Staat nach Maßgabe des Art. 90 Abs. 6 ICC-Statut selbst entscheiden, ob er die Person an den ICC überstellt oder an den ersuchenden Staat ausliefert.574 Als mögliche Kriterien für die Entscheidung des ersuchten Staates werden in Art. 90 Abs. 6 lit. a)–c) ICC-Statut das jeweilige Datum des Ersuchens, die Interessen des ersuchenden Staates sowie die Möglichkeit einer spä570

Vgl. oben 2. Kapitel, B. I. Vgl. unten 5. Teil, B. I. 3. a). 572 Vgl. unten 5. Teil, B. I. 3. b). 573 Triffterer-Prost, Commentary on the Rome Statute, Art. 90 Rdnr. 8; vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. 1. 574 Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 355. 571

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

317

teren Überstellung der Person zwischen dem ICC und dem ersuchenden Staat aufgeführt.575 Der besondere Fall, daß dieselbe Person gleichzeitig an den ICC überstellt und an einen Staat ausgeliefert werden soll, jedoch wegen unterschiedlichen zur Last gelegten Verhaltens findet in Art. 90 Abs. 7 ICC-Statut eine Regelung. Wiederum erhält der ersuchte Staat ein entsprechendes Wahlrecht, wenn er gegenüber dem ersuchenden Staat zu einer Auslieferung völkerrechtlich verpflichtet wäre. Als Entscheidungskriterium soll der Staat insbesondere das Wesen und die Schwere des Verhaltens im jeweiligen Fall heranziehen.576 Nach dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale kommt einem konkurrierenden Auslieferungsersuchen eines anderen Staates keine Bedeutung zu. Der Staat ist auch dann vorrangig den ad hoc Tribunalen gegenüber zur Überstellung verpflichtet. Aus Art. 98 Abs. 1 ICC-Statut ergibt sich ferner das Verbot von Ersuchen, die einem Staat aufgeben würden, seine völkerrechtlichen Verpflichtungen in bezug auf die Staatenimmunität und die diplomatische Immunität zugunsten eines Drittstaates zu verletzen.577 Mißachtet der ICC dieses Verbot, so entfaltet das Ersuchen keine Bindungswirkung gegenüber dem ersuchten Staat.578 Vom Anwendungsbereich der Norm ausgeschlossen ist allerdings die Immunität einer Person aus Gründen staatlichen Rechts.579 Relevant ist nur die Immunität zugunsten eines Drittstaates, d.h. eines Nicht-Vertragsstaates. Ein Vertragsstaat willigt hingegen mit Ratifikation des ICC-Statuts im vorhinein generell in einen entsprechenden Verzicht der Immunität ein. Greift bei der Überstellung von Staatsangehörigen eines Nicht-Vertragsstaates das Verbot aus Art. 98 Abs. 1 ICC-Statut, so verbleibt dem ICC lediglich die Möglichkeit, einen entsprechenden Immunitätsverzicht im Einzelfall auszuhandeln. In Art. 98 Abs. 2 ICC-Statut wird darüber hinaus ein Überstellungsersuchen für unzulässig erklärt, das vom ersuchten Staat verlangt, gegen sonstige völkerrechtliche Übereinkünfte zugunsten eines Drittstaates zu verstoßen. Erfaßt werden Fälle aufgrund eines Status of Forces Agreement oder der Zusicherung sicheren Geleites für eine bestimmte Person.580 Auch hier kann der ICC um eine Überstellung nur dann er575

Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 109. Vgl. Kaul/Kreß, Jurisdiction and Cooperation in the Statute of the ICC, S. 164. 577 Vgl. ausführlich zum Begriff der Staatenimmunität: Akande, International Law Immunities and the ICC, S. 409 ff.; Wirth, Das zweite Pinochet-Urteil des House of Lords, S. 71 ff. m. w. N. 578 Palmisano, ICC and Third States, S. 410. 579 Broomhall, ICC: Cooperation with States, S. 87; Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 121. 580 Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 158; Triffterer-Prost/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 98 Rdnr. 6. 576

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

suchen, wenn der Entsendestaat bzw. der Staat über dessen Angehörigkeit die jeweilige Person verfügt, zuvor seine Zustimmung erteilt hat. Dieser Vorschrift bedienen sich insbesondere die Vereinigten Staaten von Amerika, indem sie mit anderen Staaten vertraglich vereinbaren, daß ihre Staatsangehörigen nicht an den ICC überstellt werden dürfen. In diesem Zusammenhang ist auch die Resolution 1497 (2003) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu sehen. Darin heißt es: „The Security Council (. . .) decides that current or former officials or personnel from a contributing State, which is not party to the Rome Statute of the International Criminal Court, shall be subject to the exclusive jurisdiction of that contributing State for all alleged acts or omissions arising out of or related to the Multinational Force or United Nations stabilization force in Liberia, unless such exclusive jurisdiction has been expressly waived out by that contributing State.“581

Berücksichtigt man, daß einer Resolution des Sicherheitsrates auf der Grundlage von Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen grundsätzlich die gleiche Rechtswirkung zukommt wie einer völkervertraglichen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten,582 so findet auch hier Art. 98 Abs. 2 ICC-Statut Anwendung. Um die in der Resolution festgelegte ausschließliche strafrechtliche Kompetenz des Entsendestaat zu garantieren, müßte der betroffene Staat zwangsläufig ein entsprechendes Überstellungsersuchen des ICC zurückweisen. Im Schrifttum werden sowohl die bilateralen Übereinkünfte zum Ausschluß einer Überstellung als auch diese Resolution kritisiert. Danach könnte letztendlich das Vertragsziel des ICC-Statuts, nämlich die Bestrafung schwerster Verbrechen, mittels solcher Regelungen unterlaufen werden. Ein vom ICC um Überstellung ersuchter Staat beginge zwangsläufig einen Rechtsbruch, entweder im Falle der Erfüllung des Ersuchens gegenüber dem Vertragspartner des bilateralen Abkommens bzw. gegenüber den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen oder im Falle der Nichtbefolgung des Ersuchens gegenüber den Vertragsstaaten des ICC-Statuts.583 Vereinzelt wird im Schrifttum angenommen, daß der ersuchte Staat dem Entsendestaat sogar entgegenhalten könnte, aufgrund des Rechtsgrundsatzes pacta sunt servanda vorrangig an den ICC überstellen zu müssen. Die entsprechende Verpflichtung der Nicht-Überstellung habe für ihn damit keine Gültigkeit.584 Dies erscheint jedoch nicht vollends überzeugend. Vielmehr läge in einer solchen Situation der Fall einer unvereinbaren Pflichtkollision vor.

581

Resolution vom 1. August 2003, UN Doc. S/RES/1497 (2003). Jain, Separate Law for Peacekeepers, S. 248 m. w. N. 583 Akande, International Law Immunities and the ICC, S. 428. 584 Jain, Separate Law for Peacekeepers, S. 249 m. w. N.; vgl. zum ähnlich gelagerten Problem im Zusammenhang mit Art. 16 ICC-Statut: unten 5. Teil, B. I. 2. 582

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

319

Eine letzte Einwendung im Zusammenhang mit der Überstellung einer Person ergibt sich für den ersuchten Staat aus dem Grundsatz der Spezialität nach Art. 101 ICC-Statut.585 Danach kann der Ankläger des ICC lediglich wegen der Tat bzw. Taten im prozessualen Sinne Anklage erheben, derentwegen die Person ursprünglich überstellt wurde, Art. 101 Abs. 1 ICC-Statut.586 Will der Ankläger eine andere bzw. weitere Taten zur Anklage bringen als vor der Überstellung beabsichtigt, bedarf er dazu eines entsprechenden Verzichts des Staates, der die Überstellung ausgeführt hat, Art. 101 Abs. 2 ICC-Statut. Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale kann der um Überstellung ersuchte Staat keine vergleichbaren Einwendungen geltend machen. Wenn auch beim ICC aufgrund der mangelnden Reichweite der Tatbestände nicht davon auszugehen ist, daß eine Überstellung bzw. Strafverfolgung problemlos vereitelt werden kann, besteht doch die Gefahr, daß sich ein Staat ungerechtfertigt auf die Tatbestände beruft und bereits deshalb erhebliche Verfahrensverzögerungen eintreten.587 4. Rechtsschutz der Person, gegen die ermittelt wird Einen grundlegenden Schutz von Individuen vor willkürlicher Festnahme und Inhaftierung vermittelt Art. 55 Abs. 1 lit. d) ICC-Statut. Danach dürfen freiheitsentziehende Maßnahmen nur in den vom ICC-Statut festgelegten Fällen und nur nach Maßgabe der vom ICC-Statut vorgesehenen Verfahren durchgeführt werden. Verpflichtet sind dieser Garantie sowohl der ICC als auch die Staaten.588 Da das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale keine vergleichbare Vorschrift enthält, stellt das ICC-Statut für die Rechtsposition des von internationaler Strafverfolgung betroffenen Individuums einen wesentlichen Fortschritt dar.589 Abgesichert wird diese Garantie insbesondere durch Art. 59 Abs. 2 ICCStatut, wonach eine Person umgehend nach ihrer Festnahme der zuständigen Justizbehörde des Gewahrsamsstaates vorzuführen ist. Die Behörde hat zu prüfen, ob sich der Haftbefehl auf den Festgenommenen bezieht, Art. 59 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut. Diese Verpflichtung des ersuchten Staates fehlt im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale, so daß in der Praxis bereits der Fall eintrat, daß die falsche Person an das ICTY überstellt wurde.590 Im weiteren prüft die zuständige Justizbehörde des Gewahrsamsstaates bei der Vorführung, ob der Betrof-

585

Vgl. Gartner, Rules on Co-operation and Enforcement, S. 433. Kreß, Strafen, Strafvollstreckung und internationale Zusammenarbeit im Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 158 f. 587 Vgl. Swart/Sluiter, ICC and International Cooperation, S. 107. 588 Vgl. oben 4. Kapitel, B. IV. 2. 589 Vgl. Safferling, International Criminal Procedure, S. 167. 590 Gallant, Individual Human Rights, S. 715. 586

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4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

fene in einem ordnungsgemäßen Verfahren festgenommen wurde und ob seine Rechte gewahrt wurden. Auch insoweit finden sich im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale keine Vorschriften. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß das Verfahrensrecht des ICC in Art. 85 Abs. 1 ICC-Statut i. V. m. Regel 173 ff. ICC-VerfO zwar eine Entschädigung von Opfern rechtswidriger Festnahmen und Freiheitsentziehungen vorsieht,591 im übrigen aber unbeantwortet läßt, welche Konsequenzen die Feststellung eines aktuellen Rechtsverstoßes konkret nach sich zieht. Die Schließung dieser Regelungslücke bleibt der Praxis vorbehalten.592 Gemäß Art. 59 Abs. 3 ICC-Statut hat der Festgenommene bereits während seiner Inhaftierung im Gewahrsamsstaat das Recht, um vorläufige Haftentlassung bis zur Überstellung zu ersuchen. Die zuständige Behörde entscheidet über einen solchen Antrag nach Maßgabe des Art. 59 Abs. 4 ICC-Statut. Stattgeben kann sie dem Antrag nur dann, wenn aufgrund der Anordnung notwendiger Sicherheitsvorkehrungen gewährleistet werden kann, daß die Person tatsächlich an den ICC überstellt wird.593 Dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale zufolge ist ein Staat nicht dazu befugt, einem auf Initiative des Anklägers vorläufig festgenommenen Verdächtigen bzw. einem aufgrund richterlichen Haftbefehls festgenommenen Angeklagten Haftverschonung zu gewähren. Aus Perspektive des Internationalen Menschenrechtsschutzes ist das Verfahrensrecht des ICC somit weitaus fortschrittlicher. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß auch Art. 59 Abs. 4 ICC-Statut dem Grundsatze nach davon ausgeht, daß die Person inhaftiert bleibt.594 Die vorläufige Haftentlassung ist danach nur dann gerechtfertigt, wenn in Anbetracht der Schwere der mutmaßlichen Verbrechen dringende und außergewöhnliche Umstände vorliegen. Eine ebenfalls im Vergleich zu den ad hoc Tribunalen neuartige Rechtsschutzmöglichkeit ergibt sich für den Festgenommenen aufgrund des Art. 89 Abs. 2 ICC-Statut.595 Danach kann er bereits während seiner Inhaftierung im Gewahrsamsstaat vor einem innerstaatlichen Gericht geltend machen, daß seine Überstellung an den ICC wegen Verstoßes gegen den Grundsatz ne bis in idem nach Art. 20 ICC-Statut rechtswidrig sei.596 In einem solchen Fall konsultiert das innerstaatliche Gericht den ICC. Bis die Vorverfahrenskammer im Rahmen eines Verfahrens der vorläufigen Entscheidung nach Art. 18 ICC-Statut bzw. in

591

Vgl. Schabas, Introduction to the ICC, S. 112 f. Gallant, Individual Human Rights, S. 716; Rinoldi/Parisi, International Co-operation between the ICC and States Parties, S. 349. 593 Vgl. auch Ambos, Legal Basis of the ICC, S. 25. 594 Broomhall, ICC: National Implementation, S. 129. 595 Vgl. Broomhall, ICC: National Implementation, S. 124. 596 Vgl. unten 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. 2. 592

5. Kap.: Festnahme und Überstellung

321

einem Anfechtungsverfahren nach Art. 19 ICC-Statut über diese Frage befunden hat, wird das Überstellungsverfahren ausgesetzt.597 Erfolgt schließlich eine Überstellung an den ICC, so richtet sich der weitere Gang des Verfahrens nach Art. 60 ICC-Statut. Danach ist die überstellte Person der Vorverfahrenskammer unverzüglich vorzuführen, Art. 60 Abs. 1 ICC-Statut. Die Vorverfahrenskammer überzeugt sich davon, daß die Person über ihre Rechte belehrt wurde. Gemeint sind damit sämtliche Rechte aus Art. 55 ICCStatut, wie sie einer verdächtigen Person auch im Falle ihrer Vernehmung zugestanden werden.598 Insbesondere besteht das Recht, die Dienste eines Verteidigers bzw. eines Pflichtverteidigers in Anspruch zu nehmen.599 Das Recht auf Beantragung der vorläufigen Haftentlassung findet in Art. 60 Abs. 2 ICC-Statut seine Grundlage. Die Püfung eines solchen Antrags durch die Vorverfahrenskammer erfolgt nach Maßgabe der Voraussetzungen für den Erlaß des Haftbefehls. Dem Verfahrensrecht des ICC läßt sich insoweit nicht entnehmen, daß die Freilassung eines Inhaftierten nur in außergewöhnlichen Umständen erfolgen darf.600 Gegenüber dem Inhaftierten sind die Bestimmungen in diesem Zusammenhang somit großzügiger als im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale.601 Jedoch sieht das Verfahrensrecht des ICC nicht explizit vor, daß Haftentlassung zu gewähren ist, wenn der Ankläger nicht innerhalb einer bestimmten Frist Anklage erhebt. Allgemein legt Art. 60 Abs. 4 lediglich fest, daß im Falle unentschuldbarer Verzögerungen des Anklägers eine Haftentlassung erwogen werden soll.602 II. Zeugen Das Verfahrensrecht des ICC sieht nicht vor, daß freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegenüber einem Zeugen ergriffen werden können.603 Gegen die Einräumung einer solchen Befugnis sprachen sich die Delegierten schon bei den Verhandlungen des Preparatory Committee aus: „As for a need for a provision in the Statute concerning arrest of persons other than the accused, doubts were expressed as regards the possibility of the Court’s ordering the arrest and transfer of a reluctant witness. In this regard, it was considered 597

Vgl. unten 5. Teil, B. I. 3. Ambos, Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 198; vgl. oben 4. Kapitel, B. II. 1. 599 Vgl. oben 4. Kapitel, B. II. 1. a). 600 Vgl. Triffterer-Khan, Commentary on the Rome Statute, Art. 60 Rdnr. 7; Safferling, International Criminal Procedure, S. 168. 601 Caflisch, Rome Statute and the European Convention on Human Rights, S. 3. 602 Friman, Rules in the Investigative Stage, S. 204 f. 603 Kreß, Witnesses in Proceedings before the ICC, S. 323 f. 598

322

4. Teil: Durchführung des Ermittlungsverfahrens

preferable to ensure that the Court itself had flexibility to receive testimony taken outside of its seat with the assistance of States or through, for example, electronic means.“604

Genauso wie im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale verbleibt dem ICC aber die Möglichkeit, um zeitweilige Übergabe einer auf Initiative staatlicher Organe und auf der Grundlage staatlichen Rechts inhaftierten Person zu ersuchen. Rechtsgrundlage für die zeitweilige Übergabe eines Häftlings ist Art. 93 Abs. 7 ICC-Statut. Vorausgesetzt wird dabei aber zunächst, daß der betreffende Zeuge einer Überstellung zustimmt. Art. 93 Abs. 7 lit. a) ICC-Statut legt fest, daß der Zeuge vor seiner Entscheidung von den staatlichen Behörden ausdrücklich über sein Recht zur Verweigerung in Kenntnis zu setzen ist.605 Nach Art. 93 Abs. 7 lit. b) ICC-Statut kann der Gewahrsamsstaat mit dem ICC zum Zweck der Übergabe bestimmte Bedingungen vereinbaren. Daraus läßt sich letztlich herleiten, daß auch eine Zustimmung des Staates erforderlich ist.606 Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ist hingegen weder die Zustimmung des inhaftierten Zeugen noch die des Staates erforderlich. Für den ICC ist damit zu erwarten, daß es nur in wenigen Fällen zu einer zeitweiligen Übergabe von Häftlingen auf der Grundlage des Art. 93 Abs. 7 ICC-Statut kommen wird. Als Alternative wird der Ankläger bei seinen Ermittlungen folglich darauf verwiesen sein, die Vernehmung des Zeugen mittels Rechtshilfeersuchens von den staatlichen Behörden durchführen zu lassen.607 Erfolgt aber eine Übergabe des Häftlings, so legt Regel 192 ICC-VerfO fest, daß diesem das Recht zusteht, sich im Falle von Einwänden gegen die Haftbedingungen am Sitz des ICC an die Vorverfahrenskammer zu wenden. Im übrigen werden dem Häftling, mit Ausnahme der allgemeinen Garantien des Art. 55 Abs. 1 ICC-Statut, allerdings keine besonderen Rechte zuteil.608 Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale steht dem inhaftierten Zeugen hingegen das Recht zu, die Dienste eines Verteidigers bzw. Pflichtverteidigers in Anspruch zu nehmen. Der Fall, daß sich während der Inhaftierung am Sitz des ICC der Verdacht ergibt, daß der Zeuge selbst Täter eines Verbrechens ist, findet damit im Verfahrensrecht des ICC keine adäquate Berücksichtigung.

604 Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22, para. 322. 605 Triffterer-Prost/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 93 Rdnr. 43. 606 Triffterer-Prost/Schlunck, Commentary on the Rome Statute, Art. 93 Rdnr. 44. 607 Vgl. oben 2. Kapitel, B. III. 608 Rinoldi/Parisi, International Co-operation between ICC and States Parties, S. 364; vgl. oben 4. Kapitel, B. III. 1.

5. Teil

Beendigung des Ermittlungsverfahrens Die Beendigung eines Ermittlungsverfahrens kann sich auf unterschiedliche Weise vollziehen, nämlich zum einen durch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens und zum anderen durch die Anklageerhebung. Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zwischen dem Strafverfahren auf staatlicher Ebene und dem auf internationaler Ebene. Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit sich im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und des ICC Unterschiede hinsichtlich der einzelnen Voraussetzungen für die Einstellung des Ermittlungsverfahrens bzw. die Anklageerhebung ergeben. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, in welchem Umfang es dem Ankläger jeweils freisteht, sich für die eine oder andere Art einer Beendigung des Ermittlungsverfahrens zu entscheiden bzw. inwieweit er diesbezüglich einer richterlichen Kontrolle bzw. einer Einflußnahme durch sonstige Dritte ausgesetzt ist.

A. Die ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen Betrachtet man die Statuten der ad hoc Tribunale im Hinblick auf die Beendigung des Ermittlungsverfahrens, läßt sich erkennen, daß mit Art. 18 Abs. 4 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 4 ICTR-Statut lediglich Regelungen für die Anklageerhebung getroffen wurden. In Regel 47 der Verfahrensordnungen wird dieser Vorgang konkretisiert. Hinsichtlich der Beendigung eines Ermittlungsverfahrens durch Einstellung fehlen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale hingegen explizite Vorgaben. I. Einstellung des Ermittlungsverfahrens Bereits im Zusammenhang mit den Vorermittlungen konnte festgestellt werden, daß der Ankläger der ad hoc Tribunale nicht dazu verpflichtet ist, sämtlichen Hinweisen auf die Begehung eines Verbrechens nachzugehen.1 Weiterhin hat sich ergeben, daß der Ankläger nach Maßgabe des Opportunitätsprinzips frei nach seinem Ermessen entscheidet, ob ein den Voraussetzungen nach zulässiges Ermittlungsverfahren eingeleitet bzw. nicht eingeleitet wird. Gleiches gilt 1

Vgl. oben 3. Teil, 1. Kapitel, A. III.

324

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

auch für die Entscheidung des Anklägers, ein Ermittlungsverfahren einzustellen bzw. Anklage zu erheben.2 Selbst dann, wenn der Ankläger bei oder nach Durchführung der Ermittlungen feststellt, daß die Voraussetzungen für eine Anklageerhebung gegeben sind, kann er sich nach Maßgabe des Opportunitätsprinzips frei nach seinem Ermessen gegen eine Anklage und für eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens entscheiden.3 Auch in diesem Zusammenhang hat sich als maßgebliches Entscheidungskriterium der Aspekt des militärischen Ranges bzw. der politischen Bedeutung des mutmaßlichen Täters herauskristallisiert.4 Im Siebten Jahresbericht des ICTY aus dem Jahre 2000 wird ausgeführt: „In terms of indictments, the Prosecutor’s focus is mainly upon those individuals holding the highest level of responsibility, namely the political, military, police and civil leaders. Indictments are presented by the Prosecutor when there is sufficient evidence to bring successful prosecution against such leaders.“5

In gleicher Weise kann der Ankläger in einem zweiten Schritt, nachdem er sich grundsätzlich für die Erhebung der Anklage gegen eine bestimmte Person entschieden hat, auch frei entscheiden, welche der einzelnen Taten einbezogen sein sollen bzw. hinsichtlich welcher Taten eine Einstellung des Verfahrens erfolgt. Ausschlaggebend sind dabei vor allem verfahrensökonomische Aspekte.6 Neben der Kategorie einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens infolge freier Entscheidung des Anklägers verbleiben solche Einstellungen, die notwendigerweise vorzunehmen sind, etwa weil sich der Anfangsverdacht hinsichtlich der Begehung eines Verbrechens nicht bestätigt hat bzw. weil sich keine bestimmte Person als Täter identifizieren läßt.7 Ungeachtet dessen, ob eine Verfahrenseinstellung erfolgt, obwohl die Voraussetzungen für eine Anklageerhebung an sich gegeben sind, oder ob eine Einstellung gerade deshalb erfolgt, weil sich diese Voraussetzungen nicht erfüllen lassen, unterliegt der Ankläger keinerlei richterlicher Kontrolle. Eine Entscheidung des Anklägers entfaltet auch keine Bindungswirkung. So kann der Ankläger ein einstweilen eingestelltes Ermittlungsverfahren auch jederzeit wieder aufnehmen. Gleichsam obliegt ihm auch nicht die Einhaltung von formellen Pflichten. Er 2 Die im Rahmen der Untersuchungen zur Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens dargestellten Argumente für die Geltung des Opportunitätsprinzips sind entsprechend übertragbar. Vgl. oben 3. Teil, 3. Kapitel, A. I. 3 Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 135; David, Droit des Conflits Armés, S. 688; Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 488. 4 Uertz-Retzlaff, Praktische Arbeit des Jugoslawien-Strafgerichtshofes, S. 98; vgl. oben 3. Teil, 3. Kapitel, A. II. 5 Seventh Annual Report of the ICTY, 7 August 2000, UN Doc. A/55/273, para. 173. 6 Nizich, Tribunal Justice, S. 1548 f. 7 Vgl. entsprechend 3. Teil, 2. Kapitel, A.

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

325

hat insbesondere weder einen entsprechenden Einstellungsbeschluß zu fassen, noch die ggf. betroffenen Verdächtigen, Informanten oder Zeugen zu bescheiden. II. Erhebung der Anklage Soweit sich der Ankläger für die Erhebung der Anklage entscheidet, bedarf es in materieller Hinsicht eines prima facie-Falles im Sinne des Art. 18 Abs. 4 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 4 ICTR-Statut. Eine Definition des Rechtsbegriffs des prima facie-Falles erfolgt weder in den Statuten noch in den Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale. Zugleich existiert kein universell anerkannter Bedeutungsinhalt, da der Begriff in den verschiedenen staatlichen Rechtsordnungen mit unterschiedlichen Inhalten besetzt ist.8 In Regel 47 (B) der Verfahrensordnungen wird anstelle des Begriffs des prima facie-Falls formuliert, daß der Ankläger eine Anklageschrift ausarbeitet, wenn ausreichende Beweise für die Vermutung vorliegen, daß ein Verdächtiger ein Verbrechen begangen hat, das in die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs fällt. Während bei dem Verdacht für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach Art. 18 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 1 ICTR-Statut lediglich vorauszusetzen ist, daß ein der Zuständigkeit des Gerichts unterliegendes Verbrechen möglicherweise begangen wurde,9 muß nunmehr Klarheit über die Person des Täters bestehen. Außerdem muß eine Subsumtion des Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand des materiellen Rechts erfolgen, während beim Anfangsverdacht lediglich eine Subsumtion des Sachverhalts unter einen oder mehrere der Zuständigkeit unterliegenden Tatbestände möglich erscheinen mußte.10 Während ein Anfangsverdacht bereits dann begründet wird, wenn der Ankläger aufgrund einer Bewertung der erhaltenen oder eingeholten Informationen feststellt, daß eine ausreichende Grundlage für die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens besteht, there is a sufficient basis to proceed, heißt es nunmehr, daß ausreichende Beweise für die Vermutung einer Tatbegehung vorliegen müssen, sufficient evidence to provide reasonable grounds for believing that a suspect has committed a crime. Voraussetzung für das Vorliegen eines prima facie-Beweises im Sinne des Art. 18 Abs. 4 ICTY-Statut bzw. Art. 17 Abs. 4 ICTRStatut ist also, daß der Ankläger durch seine Ermittlungen entsprechender Beweismittel tatsächlich habhaft geworden ist. Diese Beweise müssen angemessen und ausreichend sein, um den Verdacht zu begründen, daß der Tatvorwurf ge-

8 Vgl. LaRosa, Droit à un Procès Equitable, S. 949; Morris/Scharf, Insider’s Guide to the ICTY, S. 202 f.; Morris/Scharf, ICTR, S. 477 f.; Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 836. 9 Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, A. VI. 10 Vgl. David, Droit des Conflits Armés, S. 687 f.

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5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

rechtfertigt ist. In einer Entscheidung des ICTY im Zusammenhang mit der Überprüfung einer Anklageschrift wird ausgeführt: „It is not necessary that he [the Prosecutor] has double checked every possible piece of evidence, or investigated the crime personally, or instigated an inquiry into any special matter . . . . The evidence, therefore, need not be overly convincing or conclusive; it should be adequate or satisfactory to warrant the belief that the suspect has committed the crime.“11

In einer anderen Entscheidung wird bei der Definition des Begriffs des prima facie-Falls auf eine weitere Komponente Bezug genommen, nämlich auf die Erfolgsaussichten einer späteren Verurteilung des mutmaßlichen Täters nach Abschluß des Hauptverfahrens. Es heißt in der Entscheidung: „A prima facie case for this purpose is understood to be a credible case which would (if not contradicted by the Defence) be a sufficient basis to convict the accused on the charge.“12

Der Ankläger soll danach also nur dann Anklage erheben, wenn er davon ausgeht, die Strafkammer in der späteren Hauptverhandlung gemäß Regel 87 (A) der Verfahrensordnungen von der Schuld des Angeklagten ohne berechtigte Zweifel, beyond any reasonable doubt, überzeugen zu können.13 In formeller Hinsicht hat der Ankläger bei der Abfassung der Anklageschrift insbesondere die Voraussetzungen der Regel 47 (C) der Verfahrensordnungen zu berücksichtigen. So muß die Anklageschrift Angaben zur Person und zum Sachverhalt enthalten sowie die im einzelnen verletzten Tatbestände des materiellen Rechts festlegen. Zulässig ist es, verschiedene Personen wegen im Zusammenhang stehender Taten bzw. mehrere Taten ein und derselben Person in einer Anklage zusammenzufassen, Regel 48 f. der Verfahrensordnungen. Im wesentlichen geht es darum, die Anklageschrift so präzise zu fassen, wie es das Informationsinteresse des späteren Angeklagten erfordert.14 In einer Entscheidung des ICTY wird dies ausdrücklich hervorgehoben: „The Indictment should articulate each charge specifically and separately, and identify the particular acts in a satisfactory manner in order sufficiently to inform the accused of the charges against which he has to defend himself.“15 11 Prosecutor v. Ivica Rajic (IT-95-12), Review of the Indictment against Rajic, 29 August 1995; vgl. Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/ 292, para. 10. 12 Prosecutor v. Dario Kordic et al. (IT-95-14), Review of the Indictment against Kordic et al., 10 November 1995; vgl. Third Annual Report of the ICTY, 16 August 1996, UN Doc. A/51/292, para. 13. 13 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. III. 14 Vgl. Laucci, L’Accusation, S. 758 f.; Nouvel, Preuve devant le Tribunal Pénal International pour l’Ex-Yougoslavie, S. 909. 15 Prosecutor v. Zejnil Delalic et al. (IT-94-1), Decision on Motion by the Accused Hasam Delic based on Defects in the form of the Indictment, 15 November 1996, para. 14.

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

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Hingegen wird es dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale zufolge nicht für erforderlich gehalten, daß die jeweiligen Beweismittel in der Anklageschrift aufzuführen sind.16 Diesbezügliche Informationen sollen jedoch nach Regel 47 (B) der Verfahrensordnungen dem für die Überprüfung der Anklageschrift zuständigen Richter in Form von ergänzenden Unterlagen, supporting material, übermittelt werden.17 Gelangt der Richter nach Art. 19 Abs. 1 ICTY-Statut bzw. Art. 18 Abs. 1 ICTR-Statut zu der Überzeugung, daß der Ankläger einen prima facie-Fall glaubhaft gemacht hat, so bestätigt er die Anklage. Eine Anhörung des Verdächtigen findet insoweit nicht statt.18 Aufgrund der mangelnden Beteiligung des Verdächtigen, wird seitens des Schrifttums teilweise eine Parallele zum U.S.-amerikanischen Verfahren vor der grand jury gezogen.19 Mit der Bestätigung der Anklage beginnt das gerichtliche Vorverfahren, das Ermittlungsverfahren findet seinen Abschluß.20 Der Verdächtige erhält den Status eines Angeklagten, Regel 2 i. V. m. Regel 47 (H) ii) der Verfahrensordnungen. Erfolgt andererseits die Zurückweisung eines bzw. aller Anklagepunkte durch den Richter, hindert das den Ankläger nicht daran, eine neue Anklageschrift einzureichen, soweit er aufgrund weiterer Ermittlungen neue bzw. zusätzliche Beweise vorlegen kann, Regel 47 (I) der Verfahrensordnungen.21 Zu Änderungen oder einer Zurücknahme der Anklageschrift ist der Ankläger grundsätzlich nur bis zu dem Zeitpunkt der richterlichen Bestätigung befugt. Danach bedarf er der Zustimmung des Richters, der die Anklageschrift bestätigte, bzw. nach dem ersten Erscheinen des Angeklagten der Zustimmung der Strafkammer, Regel 50 f. der Verfahrensordnungen.22

16

Uertz-Retzlaff, Praktische Arbeit des Jugoslawien-Strafgerichtshofes, S. 98. Vgl. zur Praxis: King/LaRosa, ICTY: Current Survey, S. 126 f. 18 Vgl. Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 136; Triffterer, Grundlagen des internationalen Tribunals, S. 836 f.; vgl. oben 4. Teil, 4. Kapitel, A. II. 1. 19 Bassiouni/Manikas, Law of the ICTY, S. 899; Falvey, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 495; vgl. zum Verfahren vor der „grand jury“: LaFave/Israel/King, Criminal Procedure, S. 20 f. und S. 729 ff.; Thaman, Strafverfahrensrecht USA, S. 499. 20 Vohrah, Pre-Trial Procedures and Practices, S. 491; vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. 21 Vgl. Nsereko, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 314. 22 Prosecutor v. Pero Skopljak (IT-95-14/2), Order on Prosecutor’s Motion for Leave to Withdraw the Indictment against Pero Skopljak, 19 December 1997; Prosecutor v. Stevan Todorovic (IT-95-9), Decision on Prosecution Motion to Withdraw Counts of the Indictment and Defence Motion to Withdraw Pending Motions, 26 February 2001; vgl. Ascensio, Rules of Procedure and Evidence of the ICTY, S. 470; Champy, Inquisitoire – Accusatoire, S. 162; Murphy, Progress and Jurisprudence of the ICTY, S. 73. 17

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5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

B. Der Internationale Strafgerichtshof Anders als im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale finden sich im ICC-Statut gleich mehrere Vorschriften, die sich mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens befassen. In erster Linie ist auf Art. 53 Abs. 2 ICC-Statut zu verweisen, in dem die Einstellung durch den Ankläger proprio motu geregelt ist. Des weiteren ist Art. 16 ICC-Statut zu nennen, der für den Fall einer entsprechenden Resolution des Sicherheitsrates auf der Grundlage von Kapitel VII der UNCharta einen zwölfmonatigen Aufschub der Ermittlungen anordnet. Schließlich ist auf das Verfahren der vorläufigen Entscheidung nach Art. 18 ICC-Statut und auf das Anfechtungsverfahren nach Art. 19 ICC-Statut zu verweisen, die ebenfalls eine zumindest zeitweilige Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach sich ziehen können. Die Anklageerhebung bzw. das Verfahren der Bestätigung der Anklage findet in den Vorschriften des Art. 61 ICC-Statut eine Regelung.23 I. Einstellung des Ermittlungsverfahrens 1. Einstellung durch den Ankläger proprio motu Die Untersuchungen zu den Vorermittlungen und der Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens haben ergeben, daß der Ankläger des ICC, im Unterschied zum Ankläger der ad hoc Tribunale, bei gegebenem Tatverdacht grundsätzlich der Pflicht unterliegt, Vorermittlungen bzw. Ermittlungen im engeren Sinne durchzuführen.24 Nach der Durchführung des Ermittlungsverfahrens besteht für den Ankläger die entsprechende Pflicht Anklage zu erheben, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Es gilt nicht das Opportunitätsprinzip, sondern das Legalitätsprinzip.25 Eine Einstellung ist deshalb nur in den ausdrücklich durch die Vorschriften des ICC-Statuts geregelten Fällen gerechtfertigt.26 Nach Art. 53 Abs. 2 ICC-Statut stellt der Ankläger die Ermittlungen proprio motu ein, soweit der Ankläger nach der Durchführung des Ermittlungsverfahrens feststellt, daß für eine Fortführung des Verfahrens keine hinreichende Grundlage, not a sufficient basis for a prosecution, besteht. Die Gründe dafür,

23

Vgl. oben 2. Teil, 2. Kapitel, B. II. Vgl. oben 3. Teil, 1. Kapitel, B. IV. und 3. Kapitel, B. I. 25 Tomuschat, Statut von Rom, S. 344; die im 3. Teil, 3. Kapitel, B. I. im Rahmen der Untersuchungen zur Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens dargestellten Argumente für die Geltung des Legalitätsprinzips sind entsprechend übertragbar. 26 Vgl. Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 53 Rdnr. 26. 24

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

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daß keine hinreichende Grundlage besteht, sind in Art. 53 Abs. 2 lit. a)–c) ICCStatut im einzelnen normiert. Nach Art. 53 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut besteht ein erster Grund für eine Einstellung zunächst darin, daß sich während des Ermittlungsverfahrens keine hinreichende rechtliche oder tatsächliche Grundlage für die Beantragung eines Haftbefehls oder einer Ladung nach Art. 58 ICC-Statut ergeben hat.27 Das ist gemäß Art. 58 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut insbesondere dann der Fall, wenn sich ein begründeter Verdacht, reasonable grounds to believe, daß eine Person ein der Gerichtsbarkeit des ICC unterliegendes Verbrechen begangen hat, nicht feststellen läßt.28 Damit wird implizit ausgeschlossen, daß Anklage gegen eine Person erhoben wird, gegen die nicht zuvor ein Haftbefehl erlassen wurde. Ein weiterer Grund für eine Einstellung besteht nach Art. 53 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut, wenn sich während der Durchführung des Ermittlungsverfahrens gezeigt hat, daß die Voraussetzungen des Art. 17 ICC-Statut für die konkurrierende Zuständigkeit des ICC unter Geltung des Komplementaritätsprinzips und des Grundsatzes ne bis in idem nicht gegeben sind.29 Schließlich ist ein Ermittlungsverfahren nach Art. 53 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut einzustellen, wenn eine Fortführung des Verfahrens nicht im Interesse der Gerechtigkeit liegen würde. Wie bei der vorgelagerten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Rahmen des Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICCStatut soll dem Ankläger sozusagen als Korrektiv zum Legalitätsprinzip ein gewisser Spielraum eröffnet werden.30 Die abweichende Formulierung zwischen Art. 53 Abs. 1 lit. c) ICC-Statut und Art. 53 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut, insbesondere unter Hinzufügung der Aspekte des Alters oder der Gebrechlichkeit des mutmaßlichen Täters sowie seiner Rolle bei dem mutmaßlichen Verbrechen als relevanten Abwägungskriterien, erklärt sich daraus, daß diese Tatsachen grundsätzlich erst nach der Durchführung von Ermittlungen und nicht zum Zeitpunkt der Einleitung des Ermittlungsverfahrens als bekannt vorausgesetzt werden können. Inhaltliche Unterschiede sind damit nicht verbunden.31 Hält der Ankläger letztlich einen der Gründe des Art. 53 Abs. 2 lit. a)–c) ICC-Statut für gegeben und stellt demzufolge das Ermittlungsverfahren ein, so kann gegen diese Entscheidung – wie gegen die Entscheidung des Anklägers, ein Ermittlungsverfahren erst gar nicht erst einzuleiten – mittels der Verfahren nach Art. 53 Abs. 3 ICC-Statut vorgegangen werden.32 Es entstehen somit nach Art. 53 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut ggf. auch bei der Einstellung des Ermittlungs27 28 29 30 31 32

Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, B. I. 1. Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, B. I. 1. b). Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. Vgl. oben 3. Teil, 3. Kapitel, B. II. Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 53 Rdnr. 23. Vgl. oben 3. Teil, 3. Kapitel, B. I.

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5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

verfahrens entsprechende Einflußmöglichkeiten für einen Staat bzw. den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.33 Für den Fall, daß die Einstellung des Ermittlungsverfahrens ausschließlich auf den Ausschlußgrund des Gerechtigkeitsinteresses gestützt wird, erlangt die Entscheidung des Anklägers sogar nur dann Wirksamkeit, wenn sie von der Vorverfahrenskammer bestätigt wird, Art. 53 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut.34 Ansonsten ist er gezwungen, Anklage zu erheben.35 Insgesamt läßt sich im Vergleich zu den ad hoc Tribunalen feststellen, daß eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens im Verfahrensrecht des ICC wesentlich strengeren Voraussetzungen unterworfen ist. Wie im Falle der Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht auch im Falle der Einstellung des Ermittlungsverfahrens ein erheblicher Unterschied zwischen der Entscheidungsgewalt des Anklägers bei den ad hoc Tribunalen einerseits und dem ICC andererseits.36 2. Aufschub der Ermittlungen wegen Resolution des Sicherheitsrates Nach Art. 16 ICC-Statut dürfen für einen Zeitraum von 12 Monaten keine Ermittlungen bzw. Strafverfolgungen eingeleitet oder fortgeführt werden, wenn der Sicherheitsrat in einer nach Kapitel VII der UN-Charta angenommenen Resolution ein entsprechendes Gesuch an den ICC richtet.37 Entgegen der üblichen Begriffsbedeutung, wonach die Erfüllung eines Gesuchs grundsätzlich im Ermessen des Ersuchten steht, hat der ICC einem Gesuch im Sinne des Art. 16 ICC-Statut in dem durch die Resolution vorgegebenen Umfang unbedingt Folge zu leisten.38 Auch dann, wenn für den ICC aufgrund der verschiedenen Zuständigkeitsregelungen die Kompetenz und seitens des Anklägers auch im übrigen die entsprechende Bereitschaft zur Einleitung oder Fortführung eines Ermittlungsverfahrens besteht, kann insoweit also noch ein weiteres Verfahrenshindernis auftauchen.39

33 Vgl. Hoffmeister/Knoke, Vorermittlungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 801 f. 34 Vgl. Triffterer-Bergsmo/Kruger, Commentary on the Rome Statute, Art. 53 Rdnr. 38. 35 Tomuschat, Statut von Rom, S. 344. 36 Vgl. oben 3. Teil, 3. Kapitel, B. I. 37 Vgl. Cassese, Statute of the ICC, S. 162 f.; Seidel/Stahn, Statut des Weltstrafgerichtshofes, S. 16 f.; Sluiter, An ICC is Hereby Established, S. 416 f.; Stahn, Gerichtsbarkeit des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs, S. 589. 38 Oosthuizen, Relationship between the Envisaged ICC and the UN Security Council, S. 331 f. 39 Vgl. zu den Zuständigkeiten: oben 3. Teil, 2. Kapitel, I.–V.; zur Entscheidungsgewalt des Anklägers: 3. Teil, 3. Kapitel, B. II.

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

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Die Regelungen für das Verhältnis zwischen dem ICC und dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in solchen Fällen, in denen im Zusammenhang mit der Begehung völkerrechtlicher Verbrechen beiderseits gehandelt wird, war während der Verhandlungen des ICC-Statuts äußerst umstritten.40 Konsens bestand lediglich dahingehend, daß unter bestimmten Umständen die Ermittlungstätigkeit des Anklägers den Maßnahmen des Sicherheitsrates aufgrund von Kapitel VII der UN-Charta zuwiderlaufen kann. Um in solchen Kollisionsfällen einer Behinderung der Friedensbemühungen des Sicherheitsrates vorzubeugen, sollte den Interessen des Sicherheitsrates der Vorrang eingeräumt werden.41 Dabei wurde zunächst erwogen, daß der ICC automatisch mit der Befassung einer Situation durch den Sicherheitsrat seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit der jeweiligen Situation zu unterlassen hat.42 Dieser Vorschlag findet sich noch im sog. Zutphen-Entwurf: „Option 1 No prosecution may be commenced under this statute arising from a [dispute or] situation [pertaining to international peace and security or an act of aggression] which [is being dealt with] [actively] by the Security Council] [as a threat to or a breach of the peace or an act of aggression ] [under Chapter VII of the Charter], [where the Security Council has decided that there is a threat to or a breach of the peace and for which it is exercising its functions under Charter VII of the Charter of the United Nations], unless the Security Council otherwise decided] [without the prior consent of the Security Council].“43

Indem Art. 16 ICC-Statut nunmehr voraussetzt, daß es einer entsprechenden Resolution des Sicherheitsrates gemäß Kapitel VII der UN-Charta bedarf, um eine entsprechende Sperrwirkung für den ICC auszulösen, wird erkennbar, daß das ICC-Statut einem restriktiven Ansatz folgt. Es reicht also beispielsweise nicht, daß eine Situation lediglich formell auf die Tagesordnung des Sicherheitsrates gesetzt wird.44 Der Sicherheitsrat muß in der Resolution vielmehr ausdrücklich festlegen, daß die jeweilige von der Tätigkeit des ICC erfaßte Situation eine Bedrohung des Weltfriedens im Sinne des Art. 39 der UN-Charta darstellt und daß ein Aufschub der Ermittlungen bzw. der Strafverfolgung des ICC für notwendig erachtet wird, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen.45 Implizit formuliert der Sicher40 Kaul, Weg zum Weltstrafgerichtshof, S. 180; Schabas, United States Hostility to the ICC, S. 714 ff. 41 Gargiulo, Relationship between the ICC and the Security Council, S. 90. 42 Vgl. Zimmermann, Schaffung eines ständigen Internationalen Strafgerichtshofes, S. 95 f. 43 Report of the Intersessional Meeting from 19 to 30 January 1998 in Zutphen, the Netherlands, UN Doc. A/AC.249/1998/L.13, Article 10 (23) 44/3; vgl. oben 1. Teil, 4. Kapitel, B. II. 2. 44 Vgl. zu diesem ursprünglichen Vorschlag: Zimmermann, Schaffung eines ständigen Internationalen Strafgerichtshofes, S. 95.

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5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

heitsrat damit, daß seiner Einschätzung zufolge die Ermittlungstätigkeit bzw. Strafverfolgung völkerrechtlicher Verbrechen seitens des ICC der Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit abträglich ist.46 Für die Beschlußfassung ist gemäß Art. 27 Abs. 3 der UN-Charta erforderlich, daß die positive Zustimmung von neun Mitgliedern des Rates einschließlich sämtlicher seiner ständigen Mitglieder vorliegt.47 Das bedeutet, daß nicht bereits das negative Votum eines ständigen Mitglieds ausreicht, um die Aktivitäten des ICC zu verhindern.48 Letztlich entfaltet eine Resolution lediglich für einen Zeitraum von zwölf Monaten ihre Wirkung. Das hat zur Folge, daß der Ankläger nach Ablauf dieser Frist seine Tätigkeiten wieder bzw. erstmalig aufnehmen kann. Nach überwiegender Auffassung im Schrifttum kann die Beschlußfassung des Sicherheitsrates im Sinne des Art. 16 ICC-Statut allerdings nicht nur einmal,49 sondern beliebig oft wiederholt werden.50 Das erste Beispiel für eine praktische Anwendung des Art. 16 ICC-Statut stellt die Resolution 1422 (2002) dar. Die Initiative zu dieser Resolution ging von den USA aus, die auf diese Weise ihren Staatsangehörigen, die an peace keeping- bzw. peace enforcement-Einsätzen teilnehmen, Immunität vor der Strafgewalt des ICC zusichern wollten.51 Aufgrund der Regelung in Art. 12 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut über die Zuständigkeit ratione loci reicht es für die Kompetenz zur Strafverfolgung nämlich aus, wenn der Tatortstaat Vertragspartei des ICC-Statuts ist, so daß ggf. auch Staatsangehörige eines Nicht-Vertragsstaates wie der USA erfaßt werden.52 In der Resolution heißt es: „The Security Council, (. . .) 1. Requests, consistent with the provisions of Article 16 of the Rome Statute, that the ICC, if a case arises involving current or former officials or personnel from a contributing State not a Party to the Rome State over acts or omissions relating to a United Nations established or authorized operation, shall for a twelve-month period 45 Oosthuizen, Relationship between the Envisaged ICC and the UN Security Council, S. 333. 46 Triffterer-Bergsmo/Pejic, Commentary on the Rome Statute, Art. 16 Rdnr. 23; Cassese, Statute of the ICC, S. 163. 47 Vgl. dazu Bergsmo, Jurisdictional Reach of the ICC, S. 107; Bolton, Risks and Weaknesses of the ICC, S. 177. 48 Seidel/Stahn, Statut des Weltstrafgerichtshofes, S. 16. 49 Wedgwood, ICC: An American View, S. 98. 50 Triffterer-Bergsmo/Pejic, Commentary on the Rome Statute, Art. 16 Rdnr. 25; Hafner et al., Response to the American View, S. 113; Lee, Procedures and Compromises, S. 149. 51 Vgl. zu den Hintergründen dieser Forderung der USA: Kreß, Ein großes Vermächtnis – Amerikas Kampf gegen den Internationalen Strafgerichtshof, in der FAZ vom 12. Juli 2002, S. 6. 52 Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. II.

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

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starting 1 July 2002 not commence or proceed with investigation or prosecution of any such case, unless the Security Council decides otherwise.“53

Ein Jahr später wurde mit Resolution 1487 (2003) eine weitere Verlängerung von zwölf Monaten beschlossen.54 Diese Resolutionen verdeutlichen, daß Art. 16 ICC-Statut, wonach ursprünglich ein Aufschub der Tätigkeiten des ICC lediglich in konkreten Fällen einer Kollision mit den Friedensbemühungen des Sicherheitsrates erreicht werden sollte, nunmehr vom Sicherheitsrat eine extensive, wenn nicht gar unter Berücksichtigung des Wortlauts der Vorschrift unzulässige Auslegung erfährt.55 Kontrovers wird im Schrifttum diskutiert, ob und ggf. inwieweit der Sicherheitsrat den Bindungen des Art. 16 ICC-Statut überhaupt unterworfen werden kann bzw. ob und inwieweit es für den Sicherheitsrat rechtlich zulässig ist, von den tatbestandlichen Voraussetzungen abzuweichen. Vereinzelt wird eine Abweichung für unzulässig erachtet, weil die Vertragsparteien des ICC-Statut im Falle einer nicht mit Art. 16 ICC-Statut konformen Resolution gezwungen würden, gegen ihre völkervertragsrechtlichen Pflichten zu verstoßen. Der Verstoß gegen den Grundsatz pacta sunt servanda führe letztlich mittelbar zur rechtlichen Unzulässigkeit solcher Resolutionen des Sicherheitsrates.56 Überwiegend wird argumentiert, daß sich die Rechtsgrundlage für einen Beschluß des Sicherheitsrates zum Zweck des Aufschubs der Ermittlungen oder der Strafverfolgung gegenüber dem ICC ausschließlich aus Kapitel VII der UN-Charta ergebe. Nach der völkerrechtlichen Hierarchie der Normen, wonach der UN-Charta der Vorrang gebührt, wäre eine Abweichung vom ICC-Statut zumindest nicht auszuschließen.57 Art. 16 ICC-Statut könne gegenüber dem Sicherheitsrat folglich gar keine Bindungswirkung entfalten.58

53 Resolution vom 12. Juli 2002, UN Doc. S/RES/1422 (2002); vgl. Deen-Racsmany, ICC-Peacekeepers and Resolution 1422, S. 355 m. w. N. 54 Resolution vom 12. Juni 2003, UN Doc. S/RES/1487 (2003); für eine weitere Beschlußfassung zum Zwecke der Verlängerung war im Jahr 2004 keine Mehrheit absehbar, weshalb die USA einen entsprechenden Resolutionsentwurf wieder zurücknahmen, Jain, Separate Law for Peacekeepers, S. 254; vgl. auch: Annan gegen Immunität amerikanischer Bürger, in der FAZ vom 19. Juni 2004. 55 Vgl. auch die im Zusammenhang mit der Überstellung (oben 4. Teil, 5. Kapitel, B. I. 3. a. E.) diskutierte Resolution vom 1. August 2003, UN Doc. S/RES/1497 (2003), wonach es heißt: „The Security Council (. . .) decides that current or former officials or personnel from a contributing State, which is not party to the Rome Statute of the International Criminal Court, shall be subject to the exclusive jurisdiction of that contributing State for all alleged acts or omissions arising out of or related to the Multinational Force or United Nations stabilization force in Liberia, unless such exclusive jurisdiction has been expressly waived out by that contributing State.“ 56 Jain, Separate Law for Peacekeepers, S. 250 f. 57 Vgl. Berman, Relationship between the ICC and the Security Council, S. 176 ff. 58 Sur, Convention de Rome entre les ONG et le Conseil de Securité, S. 44 f.

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5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

Dem ist insoweit zuzustimmen, als daß sich auch auf der Grundlage des ICCStatuts für den ICC nicht die Kompetenz herleiten läßt, die Einschätzungen des Sicherheitsrates in inhaltlicher Hinsicht zu überprüfen. Soweit der Sicherheitsrat festlegt, daß die jeweilig von der Tätigkeit des ICC erfaßte Situation eine Bedrohung des Weltfriedens im Sinne des Art. 39 der UN-Charta darstellt und daß ein Aufschub der Ermittlungen bzw. der Strafverfolgung notwendig ist, entsteht für den ICC automatisch eine entsprechende Bindungswirkung. Diese Einschätzungen sind einer rechtlichen Beurteilung durch den ICC entzogen. Andererseits ist dem ICC nach Maßgabe des ICC-Statuts aber auch die Kompetenz zuzugestehen, insbesondere anläßlich des Verfahrens der vorläufigen Entscheidung nach Art. 18 ICC-Statut bzw. des Anfechtungsverfahrens nach Art. 19 ICC-Statut, darüber zu entscheiden, ob seine Tätigkeiten in einer Sache von seiner Gerichtsbarkeit bzw. seinen Zuständigkeiten gedeckt sind.59 In gleicher Weise muß der ICC schließlich auch entscheiden können, ob eine Aussetzung der Ermittlungen bzw. der Strafverfolgung nach Art. 16 ICC-Statut zu erfolgen hat. Der ICC kann somit zumindest prüfen, ob die formellen Voraussetzungen des Art. 16 ICC-Statuts, d.h. insbesondere die zeitliche Begrenzung auf zwölf Monate und das Erfordernis eines ausdrücklichen Ersuchens im Einzelfall hinreichend erfüllt sind.60 Abschließend ist zu berücksichtigen, daß im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale dem Sicherheitsrat nicht die Befugnis zugesprochen wird, die Aussetzung von Ermittlungen bzw. Strafverfolgungen zu erwirken. Dies läßt letztendlich auf eine schwächere Position des Anklägers beim ICC schließen. Andererseits hat der Sicherheitsrat nach Errichtung der ad hoc Tribunale deren Tätigkeiten weitgehend unterstützt und niemals in Frage gestellt, daß die Ermittlungen und Strafverfolgungen auf internationaler Ebene der Wiederherstellung des Weltfriedens dienen. Daraus läßt sich schlußfolgern, daß zumindest in den Fällen, in denen als Auslösemechanismus die Verweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat nach Art. 13 lit. b) ICC-Statut zugrunde liegt,61 nicht damit zu rechnen ist, daß der Sicherheitsrat nach der Verweisung von seiner Befugnis aus Art. 16 ICC-Statut Gebrauch machen wird.62

59

Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. I.–V. Vgl. Oosthuizen, Relationship between the Envisaged ICC and the UN Security Council, S. 333 f. 61 Vgl. oben 3. Teil, 1. Kapitel, B. I. 2. 62 Triffterer-Bergsmo/Pejic, Commentary on the Rome Statute, Art. 16 Rdnr. 24. 60

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3. Zurückstellung und Aussetzung wegen des Verfahrens der vorläufigen Entscheidung und des Anfechtungsverfahrens Abweichend vom Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale beinhaltet das ICCStatut zwei verschiedene Verfahrensarten, mittels derer die Einhaltung der Zuständigkeiten des ICC überprüft werden kann.63 Zum einen handelt es sich um das Verfahren der vorläufigen Entscheidung nach Art. 18 ICC-Statut, dessen Zweck sich in der Absicherung der Regelungen über die konkurrierende Zuständigkeit erschöpft,64 und zum anderen um das Anfechtungsverfahren nach Art. 19 ICC-Statut, in welchem grundsätzlich sämtliche Zuständigkeitsregelungen überprüft werden können.65 Das Verfahren der vorläufigen Entscheidung zieht grundsätzlich eine zeitweilige Einstellung des Ermittlungsverfahrens in Form der Zurückstellung der Ermittlungen, deferral of investigation, nach sich, Art. 18 Abs. 2 ICC-Statut. Durch das Anfechtungsverfahren kann zunächst eine vorläufige Einstellung des Ermittlungsverfahrens in Form der Aussetzung der Ermittlungen, suspension of investigation, sowie ggf. je nach Entscheidung der zuständigen Kammer eine endgültige Einstellung eines Ermittlungsverfahrens bewirkt werden, Art.19 Abs. 7 ICC-Statut.66 a) Verfahren der vorläufigen Entscheidung Sobald der Ankläger zu der Auffassung gelangt, daß es eine hinreichende Grundlage für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach Art. 53 Abs. 1 ICC-Statut gibt, d.h. sobald sich die Absicht des Anklägers zu Ermittlungen im engeren Sinne verfestigt,67 entsteht für ihn nach Art. 18 Abs. 1 ICC-Statut eine Mitteilungspflicht. Der Ankläger muß zumindest alle Vertragsstaaten mittels eines formellen Ermittlungsbeschlusses im Sinne der Regel 52 ICC-VerfO von den beabsichtigten Ermittlungen unterrichten.68 Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob eine solche Pflicht auch gegenüber Nicht-Vertragsstaaten besteht. In Art. 18 Abs. 1 ICC-Statut heißt es wörtlich, daß der Ankläger alle Vertragsstaaten und diejenigen Staaten, die im Regelfall die Gerichtsbarkeit ausüben würden, informiert. Teilweise wird diese Formulierung so verstanden, daß alle Vertragsstaaten und „insbesondere“ die Vertragsstaaten, die im Regelfall die Gerichtsbarkeit ausüben, erfaßt sein sollen. Die Rechte von Nicht-Vertragsparteien 63

Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. I. V. Arsanjani, Jurisdiction and Trigger Mechanism of the ICC, S. 70. 65 Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 19 Rdnr. 6 f. 66 Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 19 Rdnr. 21 f. 67 Vgl. Cassese, Statute of the ICC, S. 159. 68 Vgl. Hoffmeister/Knoke, Vorermittlungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 802. 64

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werden dieser Auffassung zufolge durch die Regelungen über die Zuständigkeiten ratione loci bzw. ratione personae, insbesondere durch Art. 12 ICC-Statut, ausreichend geschützt. Mangels Zustimmung zum ICC-Statut könne sich ein Staat nicht auf entsprechende verfahrensmäßige Rechte aus Art. 18 ICC-Statut berufen.69 Letztlich ist aber entscheidend, daß auch die Regelungen über die konkurrierende Zuständigkeit nicht zwischen der Strafverfolgung durch Vertrags- und Nicht-Vertragsstaaten differenzieren. Bei der Formulierung des Art. 17 ICC-Statut unterwarf man die internationale Strafverfolgung grundsätzlich dem Vorrang der staatlichen Strafverfolgung, und zwar unabhängig davon, ob diese seitens eines Vertragsstaates oder eines Nicht-Vertragsstaates durchgeführt wird.70 Dementsprechend läßt sich hinsichtlich des Verfahrens nach Art. 18 ICC-Statut zum Zweck der Absicherung des Komplementaritätsprinzips bzw. des Grundsatzes ne bis in idem nicht zwischen Vertragsstaaten und Nicht-Vertragsstaaten unterscheiden. Restriktiv läßt sich jedoch das Tatbestandsmerkmal des Staates, der im Regelfall die Gerichtsbarkeit ausübt, auslegen. Danach sind zunächst nur solche Staaten erfaßt, die infolge des Territorialitäts- oder Personalitätsprinzips zur Strafverfolgung berechtigt sind, nicht aber auch solche, die sich lediglich auf das Weltrechtsprinzip berufen können.71 Für den Fall, daß der Ankläger mittels Verweisung durch den Sicherheitsrat gemäß Art. 13 lit. b) ICC-Statut als Auslösemechanismus mit der jeweiligen Situation befaßt wurde, entsteht mangels entsprechenden Aufklärungsinteresses der Staaten keine solche Mitteilungspflicht im Sinne des Art. 18 Abs. 1 ICC-Statut.72 Binnen eines Monats nach der Benachrichtigung kann ein Staat nach Art. 18 Abs. 2 ICC-Statut den ICC davon in Kenntnis setzen, daß er gegen eine oder mehrere Personen ermittelt bzw. ermittelt hat, die mit den vom Ankläger übersandten Informationen im Zusammenhang stehen. Der Ankläger stellt daraufhin grundsätzlich seine Ermittlungen hinsichtlich dieser Personen zugunsten der Ermittlungen des Staates zurück. Da sich diese Zurückstellung als Folge des seitens des Sicherheitsrates unabdingbaren Komplementaritätsprinzips bzw. des Grundsatzes ne bis in idem begreifen läßt,73 ist der Tatbestand des Art. 18 Abs. 2 ICC-Statut auch auf solche Fälle anzuwenden, in denen eine Verweisung der zugrunde liegenden Situation durch den Sicherheitsrat gemäß Art. 13 lit. b) ICC-Statut stattgefunden hat74 und infolgedessen eine Mitteilung des Anklägers an den betroffenen Staat nach Art. 18 Abs. 1 ICC-Statut unterblieb.75 69

Triffterer-Nsereko, Commentary on the Rome Statute, Art. 18 Rdnr. 9. Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. 1. a). 71 Arsanjani, Jurisdiction and Trigger Mechanism of the ICC, S. 70; Palmisano, ICC and Third States, S. 397 f.; Rosenne, Jurisdiction of the ICC, S. 131. 72 Triffterer-Nsereko, Commentary on the Rome Statute, Art. 18 Rdnr. 4. 73 Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, B. V. 1. c). 70

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Von dem Grundsatz, die Ermittlungen zurückzustellen, wird der Ankläger jedoch in den Fällen abweichen wollen, in denen er die Ausnahmetatbestände des Komplementaritätsprinzips nach Art. 17 Abs. 2 und 3 ICC-Statut bzw. des Grundsatzes ne bis in idem nach Art. 20 Abs. 3 lit. a) und b) ICC-Statut, insbesondere also den mangelnden Willen oder die Unfähigkeit des Staates hinsichtlich der ernsthaften Durchführung des staatlichen Strafverfahrens, für gegeben hält. Dann bedarf der Ankläger jedoch einer entsprechenden Genehmigung der Ermittlungen durch die Vorverfahrenskammer, Art. 18 Abs. 2 ICC-Statut. Wird diesem Antrag auf Genehmigung nicht stattgegeben, so verbleibt dem Ankläger die Möglichkeit, den Fortgang der Ermittlungen auf staatlicher Ebene gemäß Art. 18 Abs. 5 ICC-Statut zu überwachen und ggf. nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten bei veränderter Sachlage unter den Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 3 ICC-Statut erneut um eine Genehmigung der Vorverfahrenskammer zu ersuchen. Im übrigen ist der Ankläger für den Fall der Zurückstellung der Ermittlungen darauf verwiesen, die Vorverfahrenskammer um die Genehmigung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen zum Zweck der Beweissicherung zu ersuchen, Art. 18 Abs. 6 ICC-Statut. Vorausgesetzt wird diesbezüglich, daß eine einmalige Gelegenheit zur Beschaffung wichtiger Beweismittel oder eine erhebliche Gefahr besteht, daß diese Beweismittel später nicht mehr verfügbar sind.76 Gibt die Vorverfahrenskammer hingegen dem Antrag des Anklägers auf Genehmigung statt, kann der betreffende Staat gemäß Art. 18 Abs. 4 ICC-Statut Rechtsmittel gegen diese Entscheidung bei der Berufungskammer einlegen und alternativ oder unter den Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 7 ICC-Statut auch kumulativ mittels des Verfahrens nach Art. 19 ICC-Statut die Zuständigkeit des ICC anfechten.77 b) Anfechtungsverfahren In dem Anfechtungsverfahren nach Art. 19 ICC-Statut wird der ICC auf Antrag einer der in Art. 19 Abs. 2 lit. a) ICC-Statut bezeichneten natürlichen Personen, d.h. eines Angeklagten oder einer Person, gegen die Haftbefehl erlassen wurde, tätig. Antragsberechtigt ist nach Art. 19 Abs. 2 lit. b) ICC-Statut auch ein Staat und zwar gleichgültig, ob er nun Vertragspartei ist oder nicht. Der Staat muß allerdings die Gerichtsbarkeit über die Sache innehaben und einwenden, daß er bereits Ermittlungen oder eine Strafverfolgung in der Sache durchführt oder durchgeführt hat. Durch restriktive Auslegung läßt sich der Kreis der anfechtungsberechtigten Staaten wiederum dadurch reduzieren, daß grundsätz74 75 76 77

Vgl. oben 3. Teil, 1. Kapitel, A. I. 2. Cassese, Statute of the ICC, S. 159. Vgl. Triffterer-Nsereko, Commentary on the Rome Statute, Art. 18 Rdnr. 25. Vgl. dazu: Palmisano, ICC and Third States, S. 401.

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5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

lich nur die aufgrund des Territorialitäts- oder Personalitätsprinzips, nicht aber die aufgrund des Weltrechtsprinzips ggf. zuständigen Staaten einbezogen werden.78 Art. 19 Abs. 2 lit. c) ICC-Statut regelt zum Zweck der Lückenlosigkeit ergänzend, daß das Anfechtungsverfahren auch auf Antrag eines Staates, auf dessen Territorium das Verbrechen begangen wurde oder über dessen Staatsangehörigkeit der Angeklagte verfügt, statthaft ist.79 Darüber hinaus kann das Verfahren auch auf Antrag des Anklägers, Art. 19 Abs. 3 ICC-Statut, oder aber ohne einen entsprechenden Antrag auf Initiative der jeweils zuständigen Kammer proprio motu durchgeführt werden, Art. 19 Abs. 1 ICC-Statut. Für den Ankläger bietet sich insoweit die Möglichkeit, in rechtlich schwierigen Konstellationen bereits frühzeitig, nämlich unmittelbar nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, eine gerichtliche Klärung herbeizuführen, wenn er eine spätere Anfechtung von dritter Seite befürchtet.80 Liegen schließlich zugleich mehrere Anträge in einer Sache vor, so verbleibt der zuständigen Kammer die Entscheidung darüber, wie sie verfahrensmäßig mit den Anträgen verfährt, insbesondere ob sie eine Verbindung der verschiedenen Antragsverfahren für zweckmäßig hält, Regel 58 ICC-VerfO.81 In sachlicher Hinsicht können mittels des Verfahrens nach Art. 19 ICC-Statut sämtliche Zuständigkeitsregelungen des ICC überprüft werden. Verfahrensgegenstand können somit Aspekte der Zuständigkeit ratione temporis, der Zuständigkeit ratione loci, der Zuständigkeit ratione personae sowie der konkurrierenden Zuständigkeit unter Geltung des Komplementaritätsprinzips bzw. des Rechtsgrundsatzes ne bis in idem sein.82 Während das Verfahren nach Art. 18 ICC-Statut in zeitlicher Hinsicht unmittelbar nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch den Ankläger stattfindet, kann das Verfahren nach Art. 19 ICC-Statut grundsätzlich auch zu einem späteren Zeitpunkt des Strafverfahrens vor dem ICC, ggf. unter den strengen Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 4 ICC-Statut sogar erst während des Hauptverfahrens durchgeführt werden. Ein Staat hat allerdings nach Art. 19 Abs. 5 ICC-Statut eine Anfechtung bei frühestmöglicher Gelegenheit vorzunehmen und riskiert im Falle einer Zuwiderhandlung gegen dieses Gebot die Zurückweisung seines Anfechtungsantrags.83 Im Regelfall wird die Anfechtung nach Art. 19 ICC-Statut deshalb bereits während der Durchführung eines Er78 Benvenuti, Complementarity of the ICC, S. 49; Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 19 Rdnr. 11; Stahn, Gerichtsbarkeit des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs, S. 589. 79 Broomhall, ICC: Cooperation with States, S. 66. 80 Hoffmeister/Knoke, Vorermittlungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, S. 800. 81 Vgl. Lindenmann, Rules on Jurisdiction and Admissibility, S. 187. 82 Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 19 Rdnr. 6 f. 83 Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 19 Rdnr. 18.

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

339

mittlungsverfahrens vor dem ICC relevant werden.84 Dies entspricht auch den Vorschlägen der Delegierten während der Vorarbeiten zum ICC-Statut. Im Bericht des Preparatory Committee heißt es dazu: „As regards the question of when such a challenge might be made, a preference was expressed for as early a time as possible. It was suggested that the right to challenge jurisdiction or admissibility should be limited to pre-trial hearings or to the commencement of the trial. To avoid any misuse of the Court or unnecessary expenditure, it was suggested that any challenge to jurisdiction or admissibility should be raised and decided before any step in the trial was taken.“85

Unmittelbare Auswirkungen auf das Ermittlungsverfahren ergeben sich, wenn die Anfechtung seitens eines Staates erfolgt und sich dieser Staat zur Begründung seines Anfechtungsantrags zumindest auch auf die mangelnde konkurrierende Zuständigkeit des ICC, also die mangelnde Einhaltung des Komplementaritätsprinzips bzw. des Rechtsgrundsatzes ne bis in idem beruft. Dann hat der Ankläger gemäß Art. 19 Abs. 7 ICC-Statut seine Ermittlungen bereits vor einer Entscheidung durch die Vorverfahrenskammer auszusetzen.86 Der Ankläger kann die Vorverfahrenskammer nach Art. 19 Abs. 8 ICC-Statut jedoch um die Genehmigung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen ersuchen. Im Vergleich zum Verfahren nach Art. 18 ICC-Statut ist der Ankläger in diesem Zusammenhang nicht auf Maßnahmen zur Beweissicherung im Sinne des Art. 18 Abs. 6 ICCStatut beschränkt, sondern kann auch eine Ermächtigung zur Einholung von Zeugenaussagen, zur Fortführung bereits begonnener Ermittlungen sowie zu Maßnahmen zur Verhinderung der Fluchtgefahr beantragen.87 Entscheidet die Vorverfahrenskammer sodann, daß die Sache zwar grundsätzlich der Gerichtsbarkeit des ICC unterliegt, die Voraussetzungen für die konkurrierende Zuständigkeit des ICC aber nicht gegeben sind, hat der Ankläger das Ermittlungsverfahren zwar einzustellen, er kann aber gemäß Art. 19 Abs. 10 ICC-Statut aufgrund neuer Tatsachen eine Überprüfung dieser Entscheidung beantragen. Wird hingegen entschieden, daß die Sache nicht der Gerichtsbarkeit des ICC unterliegt, da die Zuständigkeiten ratione temporis, ratione loci, ratione personae oder ratione materiae nicht gegeben sind, ist der Ankläger an diese Entscheidung der Vorverfahrenskammer abschließend gebunden, mit der Folge, daß er entsprechende Tätigkeiten in der Sache zu unterlassen hat und das Ermittlungsverfahren endgültig einzustellen hat. Es verbleibt ihm nach Art. 19 Abs. 6

84

Ambos, Legal Basis of the ICC, S. 13. Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Vol. I (Proceedings of the Preparatory Committee during March–April and August 1996), UN Doc. A/51/22 (1996), para. 249. 86 Vgl. Wexler, Rome Statute for a Permanent ICC, S. 678 f. und S. 691. 87 Vgl. Triffterer-Hall, Commentary on the Rome Statute, Art. 19 Rdnr. 23 ff. 85

340

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

ICC-Statut lediglich die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen. Insgesamt können sich aufgrund der Verfahren nach Art. 18 und Art. 19 ICCStatut für den Ankläger mithin erhebliche Hindernisse für die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens ergeben. Der Automatismus, daß immer dann, wenn sich ein betroffener Staat im Rahmen dieser Verfahren auf seine vorrangige Zuständigkeit nach dem Komplementaritätsprinzip beruft, grundsätzlich eine Zurückstellung bzw. Aussetzung der Ermittlungen zu erfolgen hat, birgt eine erhebliche Gefahr für die Effektivität des ICC insgesamt in sich.88 Dem kann lediglich entgegengehalten werden, daß ein Staat nach Maßgabe der Art. 18 Abs. 7 und Art. 19 Abs. 4 ICC-Statut grundsätzlich nur ein einziges Mal mittels der beiden Verfahren den Einwand der Unzuständigkeit des ICC geltend machen kann.89 Ein Vergleich mit dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale, für die im Rahmen der konkurrierenden Zuständigkeit nicht das Komplementaritätsprinzip, sondern das Vorrangprinzip gilt,90 ist nur bedingt möglich. Überdies kann eine gerichtliche Entscheidung über die Zuständigkeit des ICTY bzw. ICTR in einer Sache nicht von den betroffenen Staaten, sondern lediglich mittels eines sog. Vorabantrags durch eine der Parteien im Rahmen des gerichtlichen Vorverfahrens beantragt werden. Diese Anträge entfalten allerdings auch keinerlei Auswirkungen auf die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens. Es zeigt sich erneut die vergleichsweise schwächere Position des ICC gegenüber einer Einflußnahme der Staaten. II. Erhebung der Anklage Abweichend vom Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale findet beim ICC zum Zweck der Bestätigung der Anklage eine mündliche Verhandlung statt, Art. 61 Abs. 1 ICC-Statut. Die Einreichung einer Anklageschrift allein reicht nicht aus.91 Dieser Unterschied erklärt sich nicht zuletzt daraus, daß beim ICC grundsätzlich von einer Festnahme und Überstellung des mutmaßlichen Täters noch während des Ermittlungsverfahrens ausgegangen wird, wohingegen dies bei den ad hoc Tribunalen grundsätzlich erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Anklageerhebung erfolgt.92 88 Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 143; Wexler, Rome Statute for a Permanent ICC, S. 676. 89 Ambos, Der neue Internationale Strafgerichtshof, S. 3744; ders., Legal Basis of the ICC, S. 12; Lindenmann, Rules on Jurisdiction and Admissibility, S. 186 f. 90 Vgl. oben 3. Teil, 2. Kapitel, A. V. 1. 91 Vgl. zur Diskussion während der Verhandlungen: Retico, Trial of First Instance Before the ICC, S. 206 ff.

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

341

Die obligatorisch durchzuführende mündliche Verhandlung vor der Vorverfahrenskammer des ICC muß grundsätzlich in Anwesenheit des Anklägers, des Angeschuldigten sowie seines Rechtsbeistandes stattfinden, Art. 61 Abs. 1 ICCStatut. Ausnahmsweise findet das Verfahren unter den Voraussetzungen des Art. 61 Abs. 2 ICC-Statut in Abwesenheit des Angeschuldigten statt, wenn dieser entweder auf sein Anwesenheitsrecht freiwillig verzichtet oder wenn dieser flüchtig oder unauffindbar ist. Im letzteren Falle wird vorausgesetzt, daß der ICC bereits alle sinnvollen Maßnahmen zur Ergreifung des mutmaßlichen Täters ergebnislos durchgeführt hat.93 Liegt ein Fall der Abwesenheit vor, so kann der Angeschuldigte nach Ermessen der Vorverfahrenskammer durch seinen Verteidiger bzw. einen für ihn bestellten Pflichtverteidiger in der Verhandlung vertreten werden.94 Zum Zweck der Vorbereitung der Verhandlung erhält der Angeschuldigte eine Abschrift des Schriftstücks, aus dem die Anklagepunkte im einzelnen hervorgehen, Art. 61 Abs. 3 lit. a) ICC-Statut. Außerdem ist der Angeschuldigte gemäß Art. 61 Abs. 3 lit. b) ICC-Statut von allen Beweismitteln in Kenntnis zu setzen, die der Ankläger im Rahmen der Verhandlung über die Anklagebestätigung einzubringen beabsichtigt.95 Nach Regel 121 Abs. 3 ICC-VerfO hat der Ankläger diese Informationen spätestens 30 Tage vor der mündlichen Verhandlung mitzuteilen. Die Vorverfahrenskammer soll nach Regel 121 Abs. 2 lit. b) ICC-VerfO frühzeitig Gespräche mit beiden Parteien organisieren, sog. status conferences, insbesondere kontrolliert sie den Ankläger hinsichtlich der Offenlegung der Beweismittel und kann dies ggf. im einzelnen anordnen, Art. 61 Abs. 3 ICC-Statut.96 In der mündlichen Verhandlung muß der Ankläger jeden Anklagepunkt durch ausreichende Beweise belegen. Um nicht die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung vorwegzunehmen, kann sich der Ankläger dabei auf Urkundenbeweise oder summarische Beweise stützen.97 Grundsätzlich soll eine Vernehmung von Zeugen in diesem Stadium des Verfahrens nicht stattfinden, obwohl beiden Parteien die Benennung und Vernehmung von Zeugen im Einzelfall zugestanden wird, Art. 61 Abs. 5 ICC-Statut.98

92 Vgl. zu diesen Unterschieden: Harhoff, Parties Before the ICTR, S. 649; oben 4. Teil, 5. Kapitel, A. I. 1. a) und B. I. 93 Vgl. Lewis, Rules: Confirmation Hearing to Trial, S. 223 f. m. w. N. 94 Vgl. oben 4. Teil, 4. Kapitel, B. II. 1. a). 95 Die Offenlegung weiterer Beweismittel bleibt hingegen grundsätzlich dem Hauptverfahren vorbehalten: vgl. Schabas, Introduction to the ICC, S. 116. 96 Vgl. Lewis, Rules: Confirmation Hearing to Trial, S. 222. 97 Ambos, Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, S. 198. 98 Vgl. zur Diskussion während der Verhandlungen: Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 147.

342

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

Der Angeschuldigte kann sich gemäß Art. 61 Abs. 6 ICC-Statut gegen die erhobenen Tatvorwürfe verteidigen und ggf. Beweismittel zu seiner Entlastung beibringen.99 Mangels entsprechender Beteiligung bzw. mündlicher Verhandlung bei der Anklageerhebung ist der Verteidigung im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale diese Möglichkeit von vornherein nicht eröffnet. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung erfolgt die Entscheidung der Vorverfahrenskammer über die Bestätigung bzw. Ablehnung der einzelnen Anklagepunkte. Eine Bestätigung setzt voraus, daß die Vorverfahrenskammer von dem dringenden Verdacht, der Angeschuldigte habe das ihm zur Last gelegte Verbrechen begangen, sufficient evidence to establish substantials grounds, überzeugt wird, Art. 67 Abs. 7 ICC-Statut. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, wie sich dieser Verdachtsgrad definieren läßt. Bis unmittelbar vor Abschluß der Verhandlungen zum ICC-Statut waren dazu noch verschiedene Optionen offengehalten worden.100 Insbesondere im Zutphen-Entwurf heißt es: „Article 51 [27]/17/ Commencement of prosecution [2. The [Presidency] [Pre-Trial Chamber] shall examine the indictment, any amendment and any supporting material and determine whether: (a) [Strike begins] whether [Strike ends] [a prima facie case exists] [there is sufficient evidence that could justify a conviction of a suspect, if the evidence were not contradicted at trial] [there is strong evidence against the accused] with respect to a crime within the jurisdiction of the Court; and (. . .).]“101

Diese Optionen des Zutphen-Entwurfes hätten weitgehend zu einer Übereinstimmung mit dem Strafverfahrensrecht bzw. der Praxis der ad hoc Tribunale bei der Anklageerhebung geführt. Die Formulierung in der endgültigen Fassung des Art. 61 Abs. 7 ICC-Statut, wonach substantiierte Gründe, substantial grounds, für die Tatbegehung sprechen müssen, damit eine Bestätigung der Anklage erfolgen kann, lassen hingegen darauf schließen, daß nunmehr beim ICC ein höherer Verdachtsgrad vorausgesetzt wird. Der Ankläger des ICC unterliegt einer strengeren Substantiierungspflicht, der er durch die Vorlage glaubhaften Beweismaterials gemäß Art. 61 Abs. 5 ICC-Statut nachkommen muß. Dabei ist selbstredend nicht erforderlich, das Gericht davon zu überzeugen, daß keine berechtigten Zweifel, beyond any reasonable doubt, an einer Tatbegehung bestehen. Dieser Überzeugung bedarf es nach Art. 66 Abs. 3 ICC-Statut nur bei der Verurteilung nach Durchführung des Hauptverfahrens.102 Es gelten aber ins99 Vgl. zu den verschiedenen Möglichkeiten der Verteidigung: Gallant, Individual Human Rights, S. 716. 100 Shaw, Procedural and Evidential Issues, S. 73 f.; vgl. auch Ambos, Establishing an ICC, S. 526. 101 Report of the Intersessional Meeting from 19 to 30 January 1998 in Zutphen, the Netherlands, UN Doc. A/AC.249/1998/L.13, Article 51 [27]/17.

5. Teil: Beendigung des Ermittlungsverfahrens

343

besondere höhere Maßstäbe als beim Verfahren zum Erlaß des Haftbefehls nach Art. 58 Abs. 1 ICC-Statut.103 So wird beim Erlaß eines Haftbefehls nicht an das Vorliegen von substantiierten Gründen, substantial grounds, sondern lediglich von vernünftigen Gründen, reasonable grounds, für den Verdacht der Tatbegehung angeknüpft.104 Der für die Anklageerhebung nach Art. 61 Abs. 7 ICCStatut vorausgesetzte Verdachtsgrad liegt vielmehr genau dazwischen. Gelangt die Vorverfahrenskammer schließlich zu der Feststellung, daß dieser hohe Verdachtsgrad mangels ausreichender Beweise nicht erfüllt ist, lehnt sie die Bestätigung sämtlicher bzw. des betreffenden Anklagepunktes ab, Art. 61 Abs. 7 lit. b) ICC-Statut. Dies schließt nach Art. 61 Abs. 8 ICC-Statut nicht aus, daß der Ankläger hinsichtlich des abgelehnten Anklagepunktes bei Erlangung zusätzlicher Beweismittel das Verfahren erneut beantragt. Der Ankläger ist also befugt, das Ermittlungsverfahren fortzuführen. Der Entscheidung der Vorverfahrenskammer kommt insoweit keine Rechtskraft zu.105 Dies entspricht der Rechtslage im Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale. Werden sämtliche Anklagepunkte abgelehnt, tritt jedoch ein zuvor erlassener Haftbefehl außer Kraft und die Person wird auf freien Fuß gesetzt, Art. 61 Abs. 10 ICC-Statut. Die Vorverfahrenskammer kann ferner die mündliche Verhandlung vertagen und den Ankläger nach Maßgabe des Art. 61 Abs. 7 lit. c) ICC-Statut ersuchen, entweder weitere Beweismittel beizubringen und zu diesem Zweck ggf. zunächst weitere Ermittlungen durchzuführen oder aber einen Anklagepunkt zu ändern, weil der Nachweis für die Begehung eines anderen Verbrechens bereits erbracht ist.106 Erfolgt hingegen nach Art. 61 Abs. 7 lit. a) ICC-Statut eine Bestätigung der Anklagepunkte, geht das Verfahren in die Herrschaft der zuständigen Hauptverfahrenskammer zum Zweck der Durchführung der Hauptverhandlung über, Art. 61 Abs. 11 ICC-Statut. Der Angeschuldigte erhält dann den Status eines Angeklagten im Sinne des Art. 67 ICC-Statut.107 Mit der Bestätigung der Anklage verliert der Ankläger die Befugnis, ohne Zustimmung des Gerichts die einzelnen Anklagepunkte zu ändern.108 Auch diesbezüglich besteht grundsätzlich eine Übereinstimmung zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale.

102

Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, B. III. Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, B. I. 1. b). 104 Triffterer-Shibahara, Commentary on the Rome Statute, Art. 61 Rdnr. 30. 105 Bruer-Schäfer, Der Internationale Strafgerichtshof, S. 263. 106 Vgl. dazu mit Beispielen: Behrens, Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 147. 107 Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, B. II. und III. 108 Vgl. zu nachträglichen Änderungen der Anklagepunkte: Bergsmo/Cissé/Staker, Prosecutors of the International Tribunals, S. 154; Laucci, L’Accusation, S. 761. 103

6. Teil

Zusammenfassung und Bewertung 1. Teil

Grundlagen des Völkerstrafrechts 1. Kapitel

Begriff des (materiellen) Völkerstrafrechts Zur Bezeichnung der Rechtsmaterie ist im Vergleich zu den Termini „Völkerrechtliches Strafrecht“ und „Internationales materielles Strafrecht“ dem Terminus „Völkerstrafrecht“ der Vorzug zu geben.1 Eine einheitliche Definition des Völkerstrafrechts existiert bislang nicht.2 Folgende Begriffsmerkmale sind von Bedeutung: Völkerstrafrecht entsteht nicht durch staatliche Rechtserzeugung, sondern ausschließlich aus völkerrechtlichen Rechtsquellen.3 Es dient dem Schutz elementarer Rechtsgüter der Völkergemeinschaft und sanktioniert folglich die Verstöße gegen zentrale Normen des Völkerrechts, insbesondere des Humanitären Völkerrechts und des Internationalen Menschenrechtsschutzes.4 Das Völkerstrafrecht knüpft im Gegensatz zu den Grundsätzen der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit nicht an die Verantwortlichkeit eines als Verbandseinheit strukturierten Völkerrechtssubjekts, sondern an die Verantwortlichkeit natürlicher Personen an.5 Durch das Völkerstrafrecht wird ein bestimmtes Verhalten des einzelnen als völkerrechtliches Verbrechen gekennzeichnet und somit unmittelbar, d.h. als Ausnahme zu dem in staatlichen Rechtsordnungen verankerten Rechtsgrundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege und im Gegensatz zu den Weltverbrechen unabhängig von einer entsprechenden Transformation der völkerrechtlichen Norm in das staatliche Recht, für strafbar erklärt.6

1 2 3 4 5 6

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben

1. 1. 1. 1. 1. 1.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

1. 1. 1. 1. 1. 1.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. B. C. I. C. II. C. III. C. IV.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

345

2. Kapitel

Regelungsgegenstände des (materiellen) Völkerstrafrechts Zu den Regelungsgegenständen des (materiellen) Völkerstrafrechts zählen der Völkermord, die Kriegsverbrechen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie mit Vorbehalt das Verbrechen der Aggression. Der Völkermord weist eine Verankerung als völkerrechtliches Verbrechen sowohl im Völkervertragsals auch im Völkergewohnheitsrecht auf. In das ICC-Statut übernahm man wortgetreu den Tatbestand des Völkermordes, wie er sich aus der VölkermordKonvention ergibt.7 Hinsichtlich der Kriegsverbrechen internationaler bewaffneter Konflikte wird für die Schweren Verletzungen der Genfer Abkommen vom 12. August 1949 und die Schweren Verletzungen des Ersten Zusatzprotokolls von einer unmittelbaren Strafbarkeit des Individuums nach Völkergewohnheitsrecht ausgegangen. Im übrigen lassen sich strafbegründende Normen nicht anhand des Wortlauts völkervertragsrechtlicher Bestimmungen, sondern ausschließlich unter Rückgriff auf das Völkergewohnheitsrecht herleiten. Dies gilt für Verstöße gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges, wie sie sich insbesondere aus der Haager Landkriegsordnung ergeben. Um dem Einwand der mangelnden Bindung an bestimmte vertragsrechtliche Normen zu entgehen, ist das ICTY nur zur Anwendung völkergewohnheitsrechtlich anerkannter Straftatbestände berufen. Die entsprechenden Straftatbestände im ICTY-Statut geben demnach rein deklaratorisch das Völkergewohnheitsrecht wieder. Durch das ICC-Statut finden diese Straftatbestände nunmehr Aufnahme in das Völkervertragsrecht.8 Im Falle nicht-internationaler bewaffneter Konflikte sind Zuwiderhandlungen gegen den gemeinsamen Art. 3 der Genfer Abkommen vom 12. August 1949 und gegen das Zweite Zusatzprotokoll zumindest der Rechtsprechung des ICTR zufolge völkergewohnheitsrechtlich als Verbrechen anerkannt. Das ICTY erweiterte den Kreis der Straftatbestände durch seine Rechtsprechung, indem es auch die Verstöße gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten für anwendbar erklärte. Dieser grundlegenden Tendenz einer Vereinheitlichung von völkerrechtlichen Verbrechen nicht-internationaler bewaffneter Konflikte und internationaler bewaffneter Konflikte folgt auch das ICC-Statut.9 Hinsichtlich der Verbrechen gegen die Menschlichkeit läßt sich in Ermangelung entsprechender Vertragsnormen eine Strafbarkeit von Individuen fast ausschließlich unter Rückgriff auf das Völkergewohnheitsrecht begründen. Die exakte Reichweite dieser Tatbestandsgruppe läßt sich folglich nur schwerlich feststellen. Im Einzelfall ergeben sich überdies Abweichungen zwischen dem bisherigen Völkergewohnheitsrecht, 7 8 9

Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, A. Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, B. I. Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, B. II.

346

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

wie es deklaratorisch in den Statuten der ad hoc Tribunale wiedergegeben ist, und den vertraglichen Regelungen des ICC-Statuts. Klargestellt wird durch das ICC-Statut, daß das Vorliegen eines bewaffneten Konfliktes nicht als objektive Strafbarkeitsbedingung eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit anzusehen ist.10 Das Verbrechen der Aggression ist nur unter Vorbehalt als völkerrechtliches Verbrechen gewohnheitsrechtlich anerkannt. Es mangelt insoweit an einer allseits anerkannten Definition dieses Verbrechens, was auch bei den Verhandlungen zum ICC-Statut einen entsprechenden Konsens verhinderte.11 3. Kapitel

Durchsetzungsmechanismen des (materiellen) Völkerstrafrechts Man unterscheidet bei den Durchsetzungsmechanismen des Völkerstrafrechts zwischen dem direct enforcement model, das die Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch internationale Strafgerichte bezeichnet und dem indirect enforcement model, das sich auf die entsprechende Funktion staatlicher Strafgerichte bezieht.12 Im letzteren Fall ist grundsätzlich eine Transformation der entsprechenden strafbegründenden Norm in das staatliche Strafrecht erforderlich. Dies läßt sich sowohl für Rechtsordnungen des kontinentaleuropäischen als auch des angloamerikanischen Rechtskreises feststellen.13 Eine Verquickung des jeweiligen staatlichen Strafrechts und des Völkerstrafrechts erscheint dabei unvermeidbar.14 Lediglich im Falle der Durchsetzung des materiellen Völkerstrafrechts durch internationale Strafgericht, d.h. beim direct enforcement model, stellt das Völkerstrafrecht eine eigenständige Rechtsordnung dar. Es ergibt sich insofern ein komplementäres Gegenüber von materiellrechtlichen und formellrechtlichen Normen des Völkerstrafrechts, wie insbesondere dem Strafverfahrensrecht der internationalen Strafgerichte.15 Im Zuge der Ratifikation des ICCStatuts erfolgt in vielen Staaten eine Implementierung der materiellrechtlichen Normen in das staatliche Strafrecht. Es ist zu erwarten, daß sich im Hinblick auf das materielle Recht die Unterschiede zwischen beiden Modellen relativieren werden.16

10 11 12 13 14 15 16

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben oben

1. 1. 1. 1. 1. 1. 1.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

2. 2. 3. 3. 3. 3. 3.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

C. D. A. B. I. und II. B. III. C. D.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

347

4. Kapitel

Die internationalen Strafgerichte Die Entwicklung der internationalen Strafgerichtsbarkeit läßt sich in zwei Abschnitte gliedern, in internationale Strafgerichte des historischen und internationale Strafgerichte des modernen Völkerstrafrechts. Der erste Entwicklungsabschnitt betrifft neben ersten praktischen Ansätzen der Errichtung internationaler Strafgerichte nach Beendigung des Ersten Weltkrieges vor allem die Einsetzung der Internationalen Militärgerichtshöfe von Nürnberg und Tokio nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges. Diesen internationalen Strafgerichten kommt die Bedeutung eines Präzedenzfalles für die internationale Strafgerichtsbarkeit zu.17 Bis zur Errichtung des nächsten internationalen Strafgerichts liegt eine Zeitspanne von ca. 48 Jahren. Der zweite Entwicklungsabschnitt begann im Jahre 1993 mit der Einsetzung des ICTY durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.18 Es folgte unmittelbar danach die Einsetzung des ICTR.19 Mit der Annahme und dem Inkrafttreten des ICC-Statuts wurde nun ein vorläufiger Höhepunkt für die Entwicklung der internationalen Strafgerichtsbarkeit erreicht.20 2. Teil

Strafverfahren und Gerichtsorganisation im modernen Völkerstrafrecht 1. Kapitel

Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens Die wichtigsten Rechtsgrundlagen des Strafverfahrens im modernen Völkerstrafrecht stellen die Statuten und die Verfahrensordnungen der internationalen Strafgerichte dar. Vergleichsweise verfügt der ICC im Bereich des Strafverfahrensrechts über eine wesentlich höhere Regelungsdichte als die ad hoc Tribunale. Während bei den ad hoc Tribunalen in den Statuten lediglich die Eckpunkte des Strafverfahrens festgelegt wurden und eine Normierung hauptsächlich erst in den Verfahrensordnungen erfolgte, enthält das ICC-Statut bereits detaillierte verfahrensrechtliche Regelungen. Im Falle der ad hoc Tribunale läßt sich eine Ermächtigung zur Schaffung von Strafverfahrensrecht nur schwerlich begründen. Im Falle des ICC ergeben sich indes aufgrund der völkervertraglichen Rechtsnatur des Statuts keinerlei vergleichbare Bedenken.21 Während die 17 18 19 20

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

1. 1. 1. 1.

Teil, Teil, Teil, Teil,

4. 4. 4. 4.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. A. A. A.

I. und II. I. 1. I. 2. II.

348

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale von den Richtern des ICTY bzw. ICTR erlassen wurden und abgeändert werden können, sind diese Kompetenzen im Falle des ICC der Versammlung der Vertragsstaaten zugewiesen. Lediglich der Erlaß vorläufiger Verfahrensregeln sowie einer Geschäftsordnung zur Regelung der internen Organisation und Funktionsweise des ICC verbleiben in der Kompetenz der Richterschaft. Entsprechende Einwände hinsichtlich eines sog. judge made law im Bereich des Strafverfahrensrechts, wie sie gegenüber dem Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale geltend gemacht werden, gehen damit gegenüber dem ICC fehl.22 Neben den Statuten und Verfahrensordnungen gelten für die ad hoc Tribunale und den ICC weitere spezielle Vorschriften, denen mitunter eine mittelbare Wirkung für das Strafverfahren zukommt, wie beispielsweise der sog. Verhaltenskodex für Verteidiger.23 Die Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes fanden bei der Ausarbeitung des Verfahrensrechts sowohl bei den ad hoc Tribunalen als auch beim ICC Berücksichtigung. Bedeutung kommt den Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes in der Praxis der ad hoc Tribunale bei der richterlichen Auslegung des Strafverfahrensrechts zu. Unklar bleibt allerdings, ob und inwieweit die Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes unmittelbare Geltung im Strafverfahren vor den ad hoc Tribunalen entfalten. Die Rechtsprechung des ICTY ist in diesem Zusammenhang nicht überzeugend. Im Falle des ICC stellen die Normen des Internationalen Menschenrechtsschutzes hingegen explizit eine für das Verfahren anwendbare Rechtsgrundlage dar. Die Rechtslage ist somit im Falle des ICC eindeutiger.24 Hinsichtlich des staatlichen Strafverfahrensrechts als weiterer Rechtsgrundlage für das Strafverfahren läßt sich zunächst feststellen, daß für sämtliche internationale Strafgerichte eine unmittelbare Anwendung einzelstaatlichen Strafverfahrensrechts ausscheidet. Bei den ad hoc Tribunalen wird staatliches Strafverfahrensrecht jedoch bei der Auslegung verfahrensrechtlicher Normen der Statuten und Verfahrensordnungen des ICTY bzw. ICTR vergleichsweise herangezogen. Dennoch läßt sich aufgrund der bisherigen Rechtsprechung nicht mit Bestimmtheit davon ausgehen, daß eine Bindung an staatliches Strafverfahrensrecht, zumindest soweit diesem die Qualität eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes zugesprochen werden kann, anerkannt wird. Für den ICC wird demgegenüber eine die subsidiäre Anwendbarkeit bzw. Bindung an allgemeine Rechtsgrundsätze, wie sie sich aus einzelstaatlichen Rechtsvorschriften herleiten lassen, ausdrücklich normiert. Erneut ergibt sich damit für das Strafverfahrensrecht des ICC eine klarere Rechtslage.25

21 22 23 24 25

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben

2. 2. 2. 2. 2.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

1. 1. 1. 1. 1.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. A. A. A. A.

I. und B. I. II. und B. II. III. und B. III. IV. und B. IV. V. und B. V.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

349

2. Kapitel

Gerichtsorganisation In organisationsrechtlicher Hinsicht ergibt sich ein wesentlicher Unterschied zunächst daraus, daß bei den ad hoc Tribunalen die Richter von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gewählt werden, während beim ICC die Wahl durch die Versammlung der Vertragsstaaten erfolgt. Hinsichtlich des Wahlverfahrens bleibt anzumerken, daß sich die Wahl beim ICC anhand zwei verschiedener Listen vollzieht, wodurch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Strafrechtlern und Völkerrechtlern innerhalb der Richterschaft gewährleistet werden soll. Im Wahlverfahren der ad hoc Tribunale ist diesem Aspekt keine Bedeutung beigemessen worden. Unterschiede ergeben sich auch hinsichtlich der einzelnen Organisationseinheiten. So ist es dem Richterplenum beim ICC – anders als bei den ad hoc Tribunalen – nicht möglich, über die Annahme bzw. Änderung der Verfahrensordnung zu entscheiden, so daß diesem Organ beim ICC eine wichtige Kompetenz fehlt.26 Während bei den ad hoc Tribunalen zwischen dem einzelnen Richter, den Strafkammern und der Berufungskammer als richterlichen Spruchkörpern unterschieden wird, erfolgt beim ICC eine Aufteilung zwischen den Vorverfahrenskammern, den Hauptverfahrenskammern und der Berufungskammer. Funktionen, die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. des gerichtlichen Vorverfahrens bei den ad hoc Tribunalen einem einzelnen Richter oder aber einer Strafkammer zugewiesen sind, werden beim ICC von der Vorverfahrenskammer wahrgenommen.27 Die Zuständigkeit der Berufungskammer des ICC ist weiter gefaßt als bei den ad hoc Tribunalen. So kann diese über Entscheidungen, die während eines laufenden Verfahrens ergehen, immer dann befinden, wenn dies von der jeweiligen Vorverfahrens- oder Hauptverfahrenskammer für sinnvoll erachtet wird.28 Außerdem wird bei den ad hoc Tribunalen zwischen dem Präsidenten einerseits und dem Büro andererseits unterschieden. Beim ICC obliegen die entsprechenden Funktionen nunmehr grundsätzlich dem Kollektivorgan des Präsidiums.29 Ein Vergleich zwischen den organisationsrechtlichen Bestimmungen hinsichtlich der Anklagebehörde zeigt weitgehende Übereinstimmungen zwischen den internationalen Strafgerichten. Ein Unterschied ergibt sich jedoch daraus, daß der Ankläger bei den ad hoc Tribunalen vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und der Ankläger beim ICC von der Versammlung der Vertragsstaaten gewählt wird. Außerdem werden lediglich beim ICC institutionelle Vorkehrungen für den Fall getroffen, daß Zweifel an der Unparteilichkeit des Anklägers oder einem seiner Stellvertreter 26 27 28 29

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

2. 2. 2. 2.

Teil, Teil, Teil, Teil,

2. 2. 2. 2.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. A. A. A.

I. I. I. I.

1. und B. I. 1. 2.–3. und B. I. 2.–3. 4. und B. I. 4. 5.–6. und B. I. 5.

350

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

bestehen.30 Auch die Regelungen betreffend die Organisation der Kanzlei zeigen wiederum weitgehende Übereinstimmungen zwischen den internationalen Strafgerichten auf. Anders als bei den ad hoc Tribunalen, bei denen der Kanzler vom Generalsekretär der Vereinten Nationen ernannt wird, ist beim ICC eine Wahl des Kanzlers durch das Richterplenum vorgesehen.31 Beim ICC existiert außerdem ein weiteres Organ, die Versammlung der Vertragsstaaten. Dieser Versammlung steht ein Vorstand einschließlich eines Präsidenten vor. Dem Organ obliegt neben der Wahl der Richter, des Anklägers sowie des Kanzlers auch die Annahme der Nebeninstrumente zum ICC-Statut, wie insbesondere die Verfahrensordnung. Außerdem übt es die Dienstaufsicht über das Präsidium, den Ankläger und den Kanzler aus und beschließt den Haushalt des ICC. Insgesamt wird erkennbar, daß die Versammlung der Vertragsstaaten beim ICC grundsätzlich all die Funktionen erfüllt, die im Fall der ad hoc Tribunale von den verschiedenen Organen der Vereinten Nationen wahrgenommen werden.32 3. Kapitel

Ablauf des Strafverfahrens Das erstinstanzliche Verfahren vor den ad hoc Tribunalen läßt sich nach Maßgabe der Verfahrensordnungen in drei verschiedene Abschnitte gliedern. Den ersten Abschnitt stellt das Ermittlungsverfahren, investigations, dar. Mit der Einreichung der Anklageschrift beginnt der zweite Abschnitt, das gerichtliche Vorverfahren, pre-trial proceedings. Dieser Abschnitt endet erst mit dem Beginn des Hauptverfahrens, das sich grundsätzlich nur auf die Durchführung der Hauptverhandlung, proceedings before trial chambers, bezieht. Demgegenüber gliedert sich der Gang des erstinstanzlichen Verfahrens beim ICC in die Abschnitte des Ermittlungsverfahrens, investigations, der Bestätigung der Anklage, confirmation of the charges before trial, und des Hauptverfahrens, trial. Unterschiede ergeben sich vor allem zwischen dem gerichtlichen Vorverfahren der ad hoc Tribunale und dem Verfahren zur Bestätigung der Anklage beim ICC. Die prozessualen Vorgänge der gerichtlichen Voruntersuchung bei den ad hoc Tribunalen sind beim ICC auf das Ermittlungsverfahren und das Hauptverfahren verteilt.33 Hinsichtlich der Durchführung des Ermittlungsverfahrens läßt sich feststellen, daß der Ankläger beim ICC einer größeren Einflußnahme der Richter ausgesetzt ist als der Ankläger bei den ad hoc Tribunalen. Während das Ermittlungsverfahren bei den ad hoc Tribunalen in Abwesenheit des Verdächtigen durchgeführt wird und ausschließlich dem Ankläger dazu dient, die für 30 31 32 33

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

2. 2. 2. 2.

Teil, Teil, Teil, Teil,

2. 2. 2. 3.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. II. und B. II. A. III. und B. III. B. IV. A. und B.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

351

die Anklagebestätigung erforderlichen Beweismittel zu erlangen, geht das ICCStatut hingegen davon aus, daß die Person gegen die ermittelt wird, bereits festgenommen und überstellt wird. Diese Person ist nach dem Verfahrensrecht des ICC Beteiligter des Ermittlungsverfahrens und soll die Ermittlungen beeinflussen sowie ggf. bereits während des Ermittlungsverfahrens ihre Verteidigung vorbereiten können.34 Die Bestätigung der Anklage erfolgt beim ICC in einer mündlichen Verhandlung. Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ist eine mündliche Verhandlung hingegen nicht vorgesehen. Auch in diesem Verfahrensabschnitt verfügt die Verteidigung beim ICC damit zwangsläufig über eine stärkere Rechtsposition als bei den ad hoc Tribunalen.35 Das Hauptverfahren bzw. die Hauptverhandlung dient bei den ad hoc Tribunalen dem Erlaß lediglich eines Urteils sowohl hinsichtlich der Schuld als auch der Strafe. Beim ICC ergehen zwei einzelne Entscheidungen, einerseits der Schuld- und andererseits der Strafausspruch. Während bei den ad hoc Tribunalen dem Angeklagten bereits im Rahmen des gerichtlichen Vorverfahrens, also im unmittelbaren Zusammenhang mit seinem ersten Erscheinen bzw. der förmlichen Erhebung der Anklage, Gelegenheit gegeben wird, sich für schuldig zu bekennen, findet dieser Vorgang beim ICC erst im Rahmen des Hauptverfahrens statt. Im übrigen kann beim ICC auch bei Vorliegen eines wirksamen Schuldbekenntnisses unter bestimmten Voraussetzungen dennoch eine reguläre Fortsetzung des Hauptverfahrens angeordnet werden. Bei den ad hoc Tribunalen mußte hingegen unverzüglich zur Feststellung über das Strafmaß übergegangen werden. Insoweit folgt der Gang des Strafverfahrens beim ICC eher den Grundsätzen kontinentaleuropäischen Verfahrensrechts und nicht dem angloamerikanischen Muster eines Strafprozesses. Dies läßt sich insbesondere auch für die Beweisaufnahme sowohl hinsichtlich ihres Ablaufs als auch der zugrundeliegenden Beweisregeln feststellen.36 3. Teil

Einleitung des Ermittlungsverfahrens 1. Kapitel

Vorermittlungen Für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens sieht weder das Strafverfahrensrecht der ad hoc Tribunale der Vereinten Nationen noch das Strafverfahrensrecht des ICC die Erstattung einer Strafanzeige bzw. die Stellung eines Strafantrages als ermittlungsauslösendes Moment vor. Vielmehr erfolgen zunächst Vor34 35 36

Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. I. und B. I. Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. II. und B. II. Vgl. oben 2. Teil, 3. Kapitel, A. III. und B. III.

352

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

ermittlungen des Anklägers, aufgrund derer sich ggf. der Anfangsverdacht für die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne ergibt. Diese verfahrensrechtliche Differenzierung zwischen Vorermittlungsverfahren und Ermittlungsverfahren im engeren Sinne liegt dem Ermittlungskonzept der ad hoc Tribunale implizit zugrunde. Das Strafverfahrensrecht des ICC unterscheidet auch auf normativer Ebene ausdrücklich zwischen diesen beiden Verfahrensabschnitten.37 Das Verfahrensrecht des ICC regelt, auf welche Art und Weise eine Situation mit völkerstrafrechtlicher Relevanz zum Gegenstand einer ersten Befassung durch den Ankläger werden kann.38 Vorgesehen sind drei unterschiedliche Auslösemechanismen, zum ersten die Verweisung durch einen Vertragsstaat,39 zum zweiten die Verweisung durch den Sicherheitsrat und zum dritten die Befassung des Anklägers mit einem Geschehen aus eigener Initiative proprio motu.40 Im letzteren Falle bedarf der Ankläger allerdings einer Genehmigung seiner Ermittlungstätigkeit durch die Vorverfahrenskammer.41 Das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale sieht keine vergleichbaren Auslösemechanismen vor. Der Ankläger der ad hoc Tribunale wird ausschließlich aus eigener Initiative tätig. Dabei bedarf er keiner richterlichen Genehmigung. Er ist aber auch ausschließlich auf die Ereignisse im ehemaligen Jugoslawiens seit 1991 bzw. in Ruanda im Jahr 1994 beschränkt. Während der Durchführung der Vorermittlungen ist der Ankläger sämtlicher internationalen Strafgerichte grundsätzlich frei, welcher Informationsquellen er sich im einzelnen bedient.42 Unterschiede ergeben sich zwischen dem Ankläger der ad hoc Tribunale und dem Ankläger des ICC aber im Hinblick auf die ihm zugestandenen Befugnisse für das Vorermittlungsverfahren. Während dem Ankläger der ad hoc Tribunale im Rahmen des Vorermittlungsverfahrens grundsätzlich dieselben Befugnisse zugesprochen werden wie im Falle des Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne, ist der Ankläger des ICC ausschließlich darauf verwiesen, um Auskünfte zu ersuchen bzw. Zeugenaussagen entgegenzunehmen.43 Eine Pflicht des Anklägers, Vorermittlungen durchzuführen, ist im Hinblick auf den Ankläger der ad hoc Tribunale zu verneinen. Der Ankläger des ICC unterliegt hingegen einer entsprechenden Vorermittlungspflicht.44

37 38 39 40 41 42 43 44

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben oben oben

3. 3. 3. 3. 3. 3. 3. 3.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. und B. B. I. B. I. 1. B. I. 2. B. I. 3. A. I. und B. II. A. II. und B. III. A. III. und B. IV.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

353

2. Kapitel

Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens Sowohl bei den ad hoc Tribunalen als auch beim ICC ist die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens davon abhängig, daß die Sache von der Gerichtsbarkeit bzw. den Zuständigkeiten erfaßt wird. Im einzelnen läßt sich zunächst zwischen der Zuständigkeit ratione temporis, ratione loci, ratione personae und ratione materiae differenzieren. Während die Zuständigkeit ratione temporis und die Zuständigkeit ratione loci bei den ad hoc Tribunalen einseitig durch Resolution des Sicherheitsrates auf einen bestimmten Zeitabschnitt bzw. ein bestimmtes Territorium beschränkt wurde, knüpft das ICC-Statut in diesem Zusammenhang grundsätzlich an das Erfordernis der Ratifikation bzw. die ad hoc Anerkennung des jeweils betroffenen Staates an. So ist für die Zuständigkeit ratione temporis der Zeitpunkt der Ratifikation und für die Zuständigkeit ratione loci der Umstand, daß eine Ratifikation durch den Tatortstaat erfolgte, maßgeblich.45 Daraus ergibt sich zugunsten des ICC die umstrittene, insbesondere von den USA kritisierte Befugnis zur Strafverfolgung von Staatsangehörigen einer Nicht-Vertragspartei, soweit einzig der Tatortstaat Vertragspartei des ICC-Statuts ist.46 Daneben besteht für den ICC unabhängig vom Tatort kraft des Personalitätsprinzips eine Zuständigkeit zur Verfolgung von Staatsangehörigen eines Vertragsstaates. Im Einzelfall kann der Sicherheitsrat diese Regelungen über die Zuständigkeiten allerdings modifizieren. Das Verfahrensrecht sowohl der ad hoc Tribunale als auch des ICC bestimmt hinsichtlich der jeweiligen Zuständigkeit ratione personae, daß ausschließlich natürliche Personen von der jeweiligen Gerichtsbarkeit erfaßt werden.47 Die Zuständigkeit ratione materiae läßt sich für alle drei Strafgerichte gleichermaßen in die Kategorien des Völkermordes, der Kriegsverbrechen und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit unterteilen. Im einzelnen bestehen in diesem Zusammenhang jedoch mannigfache Abweichungen.48 Wesentliche Unterschiede ergeben sich im Hinblick auf das Verhältnis zwischen der Strafverfolgung auf internationaler Ebene und der Strafverfolgung auf staatlicher Ebene, mithin im Hinblick auf die konkurrierende Zuständigkeit. Während den ad hoc Tribunalen grundsätzlich Vorrang vor der staatlichen Strafverfolgung eingeräumt wird und die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens nicht davon abhängt, ob ein Strafverfahren auf staatlicher Ebene durchgeführt wird bzw. wurde, gelten für den ICC in diesem Zusammenhang die strengen Voraussetzungen des Komplementaritätsprinzips. 49 Dem

45 46 47 48 49

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben

3. 3. 3. 3. 3.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

2. 2. 2. 2. 2.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. A. A. A. A.

I. und B. I. II. und B. II. III. und B. III. IV und B. IV. V. 1.–3. und B. V.

354

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

Komplementaritätsprinzip zufolge ist die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens bereits dann zu verneinen, wenn auf staatlicher Ebene ein Strafverfahren durchgeführt wird bzw. wenn eine Verfahrenseinstellung beschlossen wurde.50 In diesen Fällen ist ein Ermittlungsverfahren des ICC nur ausnahmsweise zulässig, wenn es an der Ernsthaftigkeit der entsprechenden Tätigkeiten des Staates infolge mangelnden Willens oder Unfähigkeit fehlt.51 Der Grund des mangelnden Willens knüpft grundsätzlich an eine entsprechende Täuschungsabsicht des Staates mit dem Zweck, den Täter vor dem Zugriff des ICC zu schützen, an. Eine dahingehende Indizwirkung wird zum einen der Verfahrensverzögerung und zum anderen der mangelnden Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit des Verfahrens zugesprochen.52 Seitens des Sicherheitsrates können diese Voraussetzungen nicht derogiert werden.53 Auch aufgrund des Grundsatzes ne bis in idem kann einer gerichtlichen Entscheidung auf staatlicher Ebene die Wirkung zukommen, daß ein Ermittlungsverfahren des ICC in der Sache unzulässig ist, wobei wiederum entsprechende Ausnahmetatbestände geschaffen wurden.54 Sowohl im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale als auch im Verfahrensrecht des ICC wird gefordert, daß die Vorermittlungen zu einer Verdichtung der Hinweise geführt haben, infolgedessen eine hinreichende Grundlage für die Einleitung der Ermittlungen besteht. Insoweit stellt das Erreichen eines bestimmten Verdachtsgrades eine weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Ermittlungsverfahrens dar.55 3. Kapitel

Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens Dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale liegt im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens das Opportunitätsprinzip zugrunde. Der Ankläger entscheidet demnach frei nach seinem Ermessen, ob ein den Voraussetzungen nach zulässiges Ermittlungsverfahren eingeleitet bzw. nicht eingeleitet wird.56 Als maßgebliches Entscheidungskriterium hat sich in der neueren Praxis der ad hoc Tribunale der Aspekt des militärischen Ranges bzw. der politischen Bedeutung des mutmaßlichen Täters herauskristallisiert.57 Demgegenüber gilt im Verfahrensrecht des ICC in diesem Zusammen50 51 52 53 54 55 56 57

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben oben oben

3. 3. 3. 3. 3. 3. 3. 3.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

2. 2. 2. 2. 2. 2. 3. 3.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

B. V. 1. a). B. V. 1. b) aa)–bb). B. V. 1. b) aa) (1)–(3). B. V. 1. c). B. V. 2. A. VI und B. VI. A. I. A. II.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

355

hang das Legalitätsprinzip. Der Ankläger ist damit grundsätzlich verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Die Entscheidung des Anklägers, Ermittlungen nicht einzuleiten, unterliegt einer weitgehenden richterlichen Kontrolle.58 In Durchbrechung der grundsätzlichen Pflicht des Anklägers ist von einer Einleitung des Ermittlungsverfahrens jedoch dann abzusehen, wenn die Durchführung der Ermittlungen nicht im Interesse der Gerechtigkeit liegen würde. Insoweit erfolgt eine Abwägung zwischen der Schwere der Tat und der Interessen der Opfer einerseits und sämtlichen sonstigen Aspekte, einschließlich verfahrensökonomischer Erwägungen, andererseits. Besondere Bedeutung kann dahingehend auch dem Erlaß staatlicher Amnestien bzw. Begnadigungen zukommen. Eine Entscheidung des Anklägers aufgrund dieses Ausnahmetatbestandes bedarf zu ihrer Wirksamkeit jedoch einer Bestätigung durch die Vorverfahrenskammer. Inwieweit diese dem Ankläger in der zukünftigen Praxis eine entsprechende Einschätzungsprärogative bzw. einen entsprechenden Beurteilungsspielraum zugestehen wird, ist dafür entscheidend, wie weitreichend die Unterschiede zwischen der Entscheidungsgewalt des Anklägers beim ICC und des Anklägers bei den ad hoc Tribunalen tatsächlich ausfallen werden.59 4. Teil

Durchführung des Ermittlungsverfahrens 1. Kapitel

Herrschaft über das Ermittlungsverfahren Sowohl das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale als auch das Verfahrensrecht des ICC weisen grundsätzlich dem Ankläger die Herrschaft über die Durchführung des Ermittlungsverfahrens zu.60 Der Ankläger sämtlicher internationalen Strafgerichte ist im Rahmen der Ermittlungen zur Vernehmung von Verdächtigen, Opfern und Zeugen sowie zur Sammlung von Beweismitteln befugt.61 Gleichsam kann er Staaten und internationale Organisationen um Kooperation ersuchen.62 Der Ankläger der ad hoc Tribunale ist zu Maßnahmen zur Ergänzung der Ermittlungen berechtigt.63 Dem entspricht die Befugnis des Anklägers des ICC, Maßnahmen zur Erleichterung der Zusammenarbeit, zur Gewährleistung der Vertraulichkeit und zum Schutze einer Person zu treffen.64 Da 58 59 60 61 62 63 64

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben oben

3. 3. 4. 4. 4. 4. 4.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

3. 3. 1. 1. 1. 1. 1.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

B. I. B. II. A. und B. A. I. 1. a)–b) und B. I. 1. b)–c). A. I. 1. d) und B. I. 1. d). A. I. 1. e). B. I. 1. e).

356

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

der Ankläger des ICC im Unterschied zum Ankläger der ad hoc Tribunale unter bestimmten Voraussetzungen von dritter Seite zur Zurückstellung bzw. Aussetzung der Ermittlungen verpflichtet werden kann, wird dem Ankläger des ICC für diese Fälle ausdrücklich die besondere Befugnis zugesprochen, Maßnahmen zur Beweissicherung zu treffen.65 Wesentliche Unterschiede zwischen den Ermittlungsbefugnissen des Anklägers bei den ad hoc Tribunalen und dem ICC ergeben sich hinsichtlich der Untersuchungen an Ort und Stelle und hinsichtlich der Ergreifung vorläufiger Maßnahmen, wie insbesondere der vorläufigen Festnahme eines Verdächtigen bzw. der Beschlagnahme von Beweismaterial. Während dem Ankläger der ad hoc Tribunale entsprechende Befugnisse zugestanden werden, ist der Ankläger des ICC bei Untersuchungen an Ort und Stelle darauf angewiesen, entweder ein Einvernehmen mit dem betreffenden Staat herzustellen oder eine richterliche Ermächtigung zu erlangen.66 Die vorläufigen Maßnahmen unterliegen nach dem Verfahrensrecht des ICC dem Vorbehalt einer richterlichen Anordnung.67 Für den Ankläger des ICC ergibt sich damit eine wesentliche Einschränkung seiner Ermittlungsbefugnisse zugunsten der Vorverfahrenskammer bzw. der Staaten. Hinsichtlich der Verpflichtungen des Anklägers bei Durchführung des Ermittlungsverfahrens läßt sich feststellen, daß im Verfahrensrecht des ICC explizit die Pflicht zur Objektivität der Ermittlungen festgelegt wird. Einer entsprechenden Verpflichtung zur Erforschung entlastender Beweise ist dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale demgegenüber nicht zu entnehmen.68 Den Richtern der ad hoc Tribunale werden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ausschließlich Anordnungsbefugnisse zuteil. Auf normativer Ebene fehlt es mit Ausnahme der Überstellung und vorläufigen Inhaftierung an einer Festlegung, welche konkreten Ermittlungsmaßnahmen einer richterlichen Anordnung bedürfen und welche Voraussetzungen für den Erlaß einer richterlichen Anordnung erfüllt sein müssen. In der Praxis der ad hoc Tribunale ergehen richterliche Anordnungen bei Ermittlungsmaßnahmen, die einen schweren Eingriff in die Rechte natürlicher Personen, sog. Zwangsmaßnahmen wie die Beschlagnahme und Durchsuchung, darstellen. Außerdem ergehen richterliche Anordnungen gegenüber einem Staat, soweit ein vorheriges Rechtshilfeersuchen des Anklägers erfolglos geblieben ist. Den Richtern des ICC werden im Rahmen der Durchführung des Ermittlungsverfahrens hingegen verschiedene Befugnisse zuteil. Hinsichtlich der Anordnungsbefugnisse ergeben sich zunächst Übereinstimmungen zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale. Insbesondere mangelt es in gleicher Weise an einer normativen Festlegung, welche Ermittlungsmaßnahmen dem Richtervorbehalt im einzelnen unterfallen und unter welchen Voraussetzungen entsprechende Anordnungen zu erlassen bzw. zu unter65 66 67 68

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

4. 4. 4. 4.

Teil, Teil, Teil, Teil,

1. 1. 1. 1.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

B. I. 1. f). A. I. 1. c) und B. I. 1. a). A. I. 1. f) und B. I. 1. d). A. I. 2. und B. I. 2.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

357

lassen sind.69 Neuartig im Vergleich zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale sind die besonderen Befugnisse der Vorverfahrenskammer, und zwar im einzelnen die Befugnisse bei einer einmaligen Gelegenheit zu Ermittlungsmaßnahmen, die unter engen Voraussetzungen eingreifenden Befugnisse zu Ermittlungsmaßnahmen aus eigener Initiative sowie die Befugnis zur Ermächtigung zu Untersuchungen an Ort und Stelle.70 Wiederum zeigt sich die Ausweitung richterlicher Kompetenzen zu Lasten der Herrschaft des Anklägers über die Durchführung des Ermittlungsverfahrens. Auch der Verteidigung wird beim ICC eine stärkere Position zugesprochen. Während dem Verdächtigen bei den ad hoc Tribunalen keine aktive Rolle im Ermittlungsverfahren zugewiesen wird, soll die Person, gegen die ermittelt wird, nach Maßgabe des ICC-Statuts bereits während des Ermittlungsverfahrens mit der Vorbereitung ihrer Verteidigung beginnen.71 2. Kapitel

Staatliche Kooperation im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Mangels eigener Vollzugsorgane sind internationale Strafgerichte bei der Durchführung der Ermittlungen in weitreichendem Maße von der Kooperation der Staaten abhängig. Das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale weist lediglich eine geringe normative Regelungsdichte in diesem Zusammenhang auf, so daß es weitgehend den Richtern überlassen blieb, die Reichweite bzw. Grenzen staatlicher Kooperationspflichten festzulegen. Demgegenüber verfügt das Verfahrensrecht des ICC über zahlreiche und detaillierte Vorschriften zur Regelung des Kooperationsregimes. In sachlicher Hinsicht ist ein grundsätzlich abschließender Maßnahmenkatalog normiert worden. Vorbehaltlich einer auf den Einzelfall beschränkten Modifizierung des Kooperationsregimes durch eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sind damit grundsätzlich die Reichweite und Grenzen staatlicher Kooperationspflichten im vorhinein von seiten und damit zwangsläufig auch eher zugunsten der Staaten exakt vorgegeben worden.72 Während bei den ad hoc Tribunalen sämtliche Staaten zur Kooperation verpflichtet sind, besteht eine entsprechende Bindungswirkung beim ICC grundsätzlich nur gegenüber den Vertragsstaaten. Eine Erweiterung kann sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen durch Resolution auch Nicht-Vertragsstaaten Kooperationspflichten gegenüber dem ICC auferlegt. Soweit einem Richter bzw. der Vorverfahrenskammer bestimmte Befugnisse im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zugewiesen sind, er69 70 71 72

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

4. 4. 4. 4.

Teil, Teil, Teil, Teil,

1. 1. 1. 2.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. II. und B. II. 1. B. II. 2.–4. A. III. und B. III. A. und B.

358

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

folgt die Kooperation aufgrund einer richterlichen Anordnung bzw. eines richterlichen Rechtshilfeersuchens. Sowohl das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale als auch des ICC legen ausdrücklich fest, daß Staaten in diesen Fällen die eingeforderten Maßnahmen zu erfüllen haben.73 Bei der Kooperation der Staaten aufgrund eines Rechtshilfeersuchens des Anklägers wird eine entsprechende Pflicht nicht explizit festgelegt. In der Rechtsprechung des ICTY wird deshalb in wenig überzeugender Weise zwischen einer kooperativen Pflicht eines Staates gegenüber den Ersuchen des Anklägers und einer zwangsweisen Pflicht eines Staates gegenüber richterlichen Anordnungen bzw. richterlichen Rechtshilfeersuchen differenziert. In der Praxis des ICTY ergeht deshalb bei Erfolglosigkeit eines Rechtshilfeersuchens des Anklägers ein entsprechender richterlicher Rechtsakt gegenüber dem Staat. Beim ICC läßt sich durch Auslegung ermitteln, daß einem Rechtshilfeersuchen des Anklägers dieselbe Rechtsqualität und damit Bindungswirkung zukommt wie einem Rechtshilfeersuchen der Vorverfahrenskammer, so daß eine solche Differenzierung nicht erfolgt.74 Dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale zufolge stehen einem Staat grundsätzlich keinerlei Einwendungen gegen das Begehren um Kooperation zu. In Abgrenzung zum zwischenstaatlichen Rechtshilferecht wird deshalb nicht von einem horizontalen, sondern von einem vertikalen Rechtshilfemodell gesprochen. Gegenüber dem Begehren um Kooperation seitens des ICC kann der betreffende Staat unter bestimmten Voraussetzungen einzelne Einwendungen in zulässiger Weise geltend machen und somit letztlich eine Kooperation verweigern. Es zeigt sich die vergleichsweise stärkere Rechtsmacht der Staaten. Dennoch stehen dem Staat nicht sämtliche Einwendungen zu, wie sie im zwischenstaatlichen Rechtshilferecht anerkannt sind, so daß hier von einem Rechtshilfemodell sui generis auszugehen ist.75 Soweit ein Staat seine Kooperationspflichten in unzulässiger Weise nicht erfüllt, sieht das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale vor, daß die Sache an den Sicherheitsrat überwiesen wird. Dieser entscheidet auf der Grundlage seiner Befugnisse aus der UN-Charta über entsprechende Maßnahmen gegenüber dem jeweiligen Staat. Eine Einschaltung des Sicherheitsrates soll beim ICC hingegen nur dann stattfinden, wenn dieser die ursprüngliche Einleitung des Ermittlungsverfahrens mittels Verweisung einer Situation initiiert hat. In den übrigen Fällen soll die Versammlung der Vertragsstaaten über die Angelegenheit entscheiden. Welche Maßnahmen im einzelnen getroffen werden können, ob zusätzlich eine Einschaltung des Sicherheitsrates stattfindet usw., läßt das Verfahrensrecht des ICC in diesem Zusammenhang ungeregelt. Insgesamt ist die Rechtslage beim ICC damit weniger eindeutig und praktikabel als bei den ad hoc Tribunalen.76 Für die Frage nach einer etwaigen Kooperations73 74 75 76

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

4. 4. 4. 4.

Teil, Teil, Teil, Teil,

2. 2. 2. 2.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. A. A. A.

II. und B. II. III. und B. III. IV. und B. IV. V. und B. V.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

359

pflicht internationaler Organisationen ergeben sich weder im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale noch des ICC bestimmte Anhaltspunkte. Die Rechtsprechung der ad hoc Tribunale ist in diesem Zusammenhang uneinheitlich. Für eine entsprechende Kooperationspflicht spricht, daß auch sämtliche Mitgliedstaaten im einzelnen den ad hoc Tribunalen gegenüber zur Kooperation verpflichtet sind. Auf diese Begründung läßt sich beim ICC allerdings nur selten verweisen, da hier im Unterschied zu den ad hoc Tribunalen nicht zwangsläufig sämtliche Mitgliedstaaten einer internationalen Organisation zugleich Vertragsparteien des ICC-Statuts sind. Etwas anderes gilt lediglich in den Fällen, in denen auch Nicht-Vertragsparteien im Einzelfall durch Resolution des Sicherheitsrates zur Kooperation gegenüber dem ICC verpflichtet werden.77 3. Kapitel

Untersuchungen an Ort und Stelle Sämtliche Statuten der internationalen Strafgerichte des modernen Völkerstrafrechts weisen dem Ankläger die Befugnis zu Untersuchungen an Ort und Stelle zu.78 Dabei knüpft das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale an die Zulässigkeit der Untersuchungen keine weiteren Voraussetzungen. In der Praxis der ad hoc Tribunale wird allerdings zumindest dann, wenn Staaten außerhalb des Territoriums des ehemaligen Jugoslawiens bzw. Ruandas betroffen sind, vor Durchführung der Untersuchungen ein Einvernehmen mit den staatlichen Behörden hergestellt. Das Verfahrensrecht des ICC differenziert hinsichtlich der Zulässigkeit von Untersuchungen an Ort und Stelle zwischen dem Vorgehen im Wege der Rechtshilfe und dem Vorgehen mittels Ermächtigung durch die Vorverfahrenskammer. Im ersten Fall hat der Ankläger vor Durchführung der Untersuchungen Konsultationen mit dem betreffenden Staat durchzuführen. Außerdem muß die Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens durch richterliche Entscheidung bestätigt worden sein. Handelt es sich um einen Staat, der nicht Tatortstaat ist, kann der Ankläger Untersuchungen an Ort und Stelle nur unter allen sinnvollen Bedingungen oder Anliegen des Staates erledigen. Dabei wird letztlich zwar nicht die positive Zustimmung eines Staates vorausgesetzt, es verbleibt jedoch eine im Vergleich zu den ad hoc Tribunalen weitreichende Möglichkeit zur Einflußnahme auf die Durchführung der Untersuchungen. Ein wesentlicher Unterschied besteht ohnehin bereits deshalb, daß der Ankläger des ICC nur auf dem Territorium von Vertragsstaaten operieren kann, der Ankläger der ad hoc Tribunale hingegen weltweit. Im zweiten Fall ist der Ankläger darauf angewiesen, daß er von der Vorverfahrenskammer zu Untersuchungen an Ort und Stelle ermächtigt wird. Zu diesem Zweck hat der Ankläger die beab77 78

Vgl. oben 4. Teil, 2. Kapitel, A. VI. und B. VI. Vgl. oben 4. Teil, 3. Kapitel, A. und B.

360

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

sichtigten Maßnahmen im einzelnen zu beantragen. Die Vorverfahrenskammer gibt dem Antrag statt, wenn sie zu der Überzeugung gelangt, daß der betreffende Staat eindeutig unfähig ist, ein hypothetisches Ersuchen um Ausführung der beabsichtigten Maßnahmen zu erledigen. Zugrunde liegt dieser Regelung das Phänomen des sog. failed state. Eines Einvernehmens mit dem jeweiligen Staat bedarf es dann nicht mehr. Im Vergleich zum Ankläger der ad hoc Tribunale läßt sich mithin feststellen, daß der Ankläger des ICC in diesem zweiten Fall zwar auch keiner Einflußnahme durch den Staat ausgesetzt ist, dafür aber der Entscheidungsgewalt der Vorverfahrenskammer unterliegt.79 Betrachtet man die Reichweite der Befugnis zu Untersuchungen an Ort und Stelle in sachlicher Hinsicht, so besteht ein wichtiger Unterschied darin, daß der Ankläger bei der Untersuchung öffentlicher Stätten keine substanzverändernden Eingriffe vornehmen kann. Für den Ankläger der ad hoc Tribunale besteht eine solche Befugnisbeschränkung nicht, weshalb gerade die Exhumierung von Massengräbern eine besondere Bedeutung für die Ermittlungen des Anklägers erlangte.80 Hinsichtlich des Rechts des Anklägers, ggf. die Unterstützung staatlicher Behörden bei Durchführung der Untersuchungen an Ort und Stelle in Anspruch zu nehmen, ergeben sich weitgehende Übereinstimmungen zwischen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und dem des ICC.81 Gleiches gilt im wesentlichen auch für das Recht des Anklägers die Untersuchungen ggf. unabhängig, insbesondere bei der Vernehmung einer Person in Abwesenheit staatlicher Behörden, durchzuführen.82 Im Zusammenhang mit der Ausführung von Zwangsmaßnahmen läßt sich feststellen, daß sowohl das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale als auch das Verfahrensrecht des ICC grundsätzlich von der ausschließlichen Kompetenz staatlicher Behörden zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen ausgehen. Infolge der Kooperationsverweigerung der Staaten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens werden in der Praxis des ICTY jedoch zumindest solche Zwangsmaßnahmen denen eine richterliche Anordnung zugrunde liegt, jedoch auch von peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten ausgeführt. Ihre Rechtfertigung findet diese Praxis insbesondere in den entsprechenden Vorschriften des Dayton-Abkommens sowie in einer Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Inwieweit auch beim ICC eine entsprechende Praxis greifen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls dann, wenn eine Resolution des Sicherheitsrates im Einzelfall eine entsprechende Ermächtigung gegegnüber peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten ausspricht oder wenn Untersuchungen auf dem Territorium eines sog. failed state stattfinden, ließe sich diese Praxis rechtfertigen.83 79 80 81 82 83

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben

4. 4. 4. 4. 4.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

3. 3. 3. 3. 3.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. A. A. A. A.

I. und B. I. 1.–2. II. und B. II. II. 1. und B. II. 1. II. 2. und B. II. 2. II. 3. und B. II. 3.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

361

4. Kapitel

Vernehmung Sowohl das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale als auch des ICC weisen dem Ankläger die Befugnis zu, Verdächtige, Opfer und Zeugen zu vernehmen.84 Dabei wird dem Ankläger grundsätzlich ein Ladungsrecht zugestanden.85 Zum Zweck der Übermittlung der Ladung muß sich der Ankläger an die jeweils zuständigen staatlichen Behörden wenden, die dann die Übermittlung vornehmen. Für den Ankläger der ad hoc Tribunale ist es jedoch nach Auffassung der Rechtsprechung des ICTY zulässig, auf eine Einschaltung der staatlichen Behörden zu verzichten und die zu vernehmende Person unmittelbar zu kontaktieren, wenn es ansonsten, insbesondere aufgrund der Kooperationsunwilligkeit des betreffenden Staates, zu einer Behinderung der internationalen Strafverfolgung käme. Für den Ankläger des ICC läßt sich von der Zulässigkeit einer unmittelbaren Kontaktaufnahme hingegen nur in den Fällen ausgehen, in denen ein Staat unfähig ist, die Ladung zu übermitteln.86 Der Ankläger sämtlicher internationalen Strafgerichte ist auf die freiwillige Kooperation bzw. auf das freiwillige Erscheinen der zu vernehmenden Person angewiesen, so daß eine Androhung von Strafen bzw. Zwangsmitteln für den Fall der Unterlassung ausgeschlossen ist.87 Als erste Personengruppe für die das Vernehmungsrecht besteht, verwendet das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale den Begriff des Verdächtigen, das Verfahrensrecht des ICC den Begriff der Person, gegen die ermittelt wird.88 Das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale garantiert dem Verdächtigen im Falle seiner Vernehmung durch den Ankläger bestimmte Rechte. Im einzelnen handelt es sich um das Recht auf Rechtsbeistand, das Recht auf einen Dolmetscher, das Recht zu schweigen, und das Recht auf Belehrung. Dem Verfahrensrecht des ICC zufolge werden einer Person, gegen die ermittelt wird, zunächst allgemeine Rechte zuteil, wie sie jeder von den Ermittlungen des Anklägers betroffenen Person zustehen. Im einzelnen handelt es sich um das Recht, nicht gezwungen zu werden, sich selbst zu bezichtigen oder sich schuldig zu bekennen, sowie das Recht, weder Zwang, Nötigung, Drohung, Folter oder einer anderen Form grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterzogen zu werden.89 Darüber hinaus verfügt die Person, gegen die ermittelt wird, über besondere Rechte, wie das Recht auf Rechtsbeistand, das Recht auf einen Dolmetscher, das Recht zu schweigen und das Recht auf Belehrung. Insgesamt zeigt sich anhand eines Vergleichs zwischen 84 85 86 87 88 89

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben

4. 4. 4. 4. 4. 4.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

4. 4. 4. 4. 4. 4.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. A. A. A. A. A.

und B. I. und B. I. I. 1. und B. I. 1. I. 2. und B. I. 2. II. und B. II. II. 1. und B. II. 1.

362

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

den ad hoc Tribunalen und dem ICC eine verbesserte Rechtsstellung des mutmaßlichen Täters bei seiner Vernehmung durch den Ankläger.90 Hinsichtlich der Modalitäten und des Ablaufs der Vernehmung, bestehen weitestgehend Übereinstimmungen zwischen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und des ICC. So ist insbesondere jeweils festgelegt, daß die Vernehmung auf Ton- oder Videoband aufzuzeichnen ist.91 Als weitere Personengruppen, auf die sich das Vernehmungsrecht des Anklägers bezieht, nennen die Statuten der internationalen Strafgerichte die Zeugen und die Opfer des mutmaßlichen Verbrechens. Den Opfern wird dabei allerdings kein eigener von den Zeugen zu unterscheidender Status zuteil.92 Hinsichtlich der Rechte von Zeugen und Opfern stellt das Verfahrensrecht des ICC gegenüber dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale insoweit eine Verbesserung dar, als daß diesen die o. g. allgemeinen Rechte bei ihrer Vernehmung nunmehr explizit zugesprochen werden, wie insbesondere das Recht, nicht gezwungen zu werden, sich selbst zu bezichtigen oder sich schuldig zu bekennen sowie das Recht, weder Zwang, Nötigung, Drohung, Folter oder einer anderen Form grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterzogen zu werden. Weder bei den ad hoc Tribunalen noch beim ICC ist allerdings der für die Praxis problematische Fall geregelt, daß sich ein Zeuge ohne unzulässige Einwirkung während der Vernehmung dennoch selbst eines Verbrechens bezichtigt.93 Bereits bei der Vernehmung während des Ermittlungsverfahrens kann es angebracht sein, Maßnahmen zum Schutze von Zeugen und Opfern zu treffen. Das Verfahrensrecht des ICC sieht in diesem Zusammenhang erstmalig vor, daß eine Aussage auf Ton- oder Videoband aufgezeichnet werden kann, um auf ein Erscheinen des Zeugen oder Opfer in der Hauptverhandlung ggf. verzichten zu können.94 Sowohl dem Ankläger der ad hoc Tribunale als auch dem Ankläger des ICC ist es rechtlich möglich, einem Zeugen anläßlich seiner Vernehmung im Ermittlungsverfahren Immunität vor der strafrechtlichen Verfolgung eigener Verbrechen zu gewähren. Für den Ankläger des ICC ist damit allerdings die Schwierigkeit verbunden, daß er, um seiner Verpflichtung zur Verfolgung der Tat zu entgehen, einer entsprechenden richterlichen Anordnung bedarf und daß er angesichts einer Strafverfolgung auf staatlicher Ebene lediglich Einfluß auf den Sitzstaat, nicht aber auf sonstige Staaten nehmen kann.95 Betrachtet man die beweisrechtliche Bedeutung der im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erlangten Aussagen, so läßt sich zunächst für die ad hoc Tribunale und den ICC übereinstimmend feststellen, daß diese bei der Anklageerhebung uneingeschränkt als Beweismittel verwendet werden 90 91 92 93 94 95

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben

4. 4. 4. 4. 4. 4.

Teil, Teil, Teil, Teil, Teil, Teil,

4. 4. 4. 4. 4. 4.

Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,

A. A. A. A. A. A.

II. 1. a)–d) und B. II. 1. a)–d). II. 2. und B. II. 2. III. und B. III. III. 1. und B. III. 1. III. 2. und B. III. 2. III. 3. und B. III. 3.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

363

können. Für die Hauptverhandlung läßt sich hingegen grundsätzlich davon ausgehen, daß Zeugen und Opfer unmittelbar zu vernehmen sind und eine Verlesung der Vernehmungsprotokolle nur in Ausnahmefällen statthaft ist. Anders verhält es sich jedoch mit den Aussagen, die ein Angeklagter während seiner Vernehmung im Ermittlungsverfahren tätigte. Diese können grundsätzlich als Beweismittel in die Hauptverhandlung eingebracht werden.96 Bedeutung erlangt in diesem Zusammenhang die Frage, welche Konsequenzen sich bei einer rechtsfehlerhaften Vernehmung durch den Ankläger für die Verwertbarkeit der Aussage ergeben. Im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale ist grundsätzlich vorgesehen, daß in diesen Fällen das Beweismittel zurückzuweisen ist, sofern festgestellt werden kann, daß es durch Methoden erlangt wurde, die Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit begründen, oder wenn dessen Zulassung der Integrität des Verfahrens schaden würde. Das Beweisrecht des ICC weist eine ähnliche Regelung vor. Einer strengeren Auffassung in der Rechtsprechung des ICTY zufolge bewirkt demgegenüber ein Verstoß gegen eine Verfahrensnorm per se die Unzulässigkeit der Aussage als Beweismittel. Die normativen Vorgaben beim ICC lassen nicht erkennen, daß dieser strengeren Auffassung in der Rechtsprechung des ICTY gefolgt werden soll.97 Für die Konstellation, daß eine Vernehmung durch staatliche Behörden aufgrund eines entsprechenden Rechtshilfeersuchens des Anklägers erfolgte, enthält das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale keine expliziten Regelungen. Das ICC-Statut und die ICC-VerfO legen hingegen fest, daß staatliche Behörden der zu vernehmenden Person dieselben Rechte zu gewähren haben wie im Falle der Vernehmung durch den Ankläger selbst. Für die Prüfung der Zulässigkeit einer von staatlichen Behörden erlangten Aussage als Beweismittel werden von der Rechtsprechung der ad hoc Tribunale dieselben Maßstäbe herangezogen wie bei einer vom Ankläger selbst erlangten Aussage. Das jeweilige staatliche Verfahrensrecht findet keine Berücksichtigung. Dieser Praxis folgte man bei der Normierung des Beweisrechts des ICC, so daß dahingehend keine Abweichungen zu erwarten sind.98 5. Kapitel

Festnahme und Überstellung Die Vorschriften zur Regelung von Festnahme und Überstellung sind in den Statuten und Verfahrensordnungen der ad hoc Tribunale weit verstreut, ohne daß zunächst eine systematische Ordnung erkennbar ist. Gleiches gilt für das Verfahrensrecht des ICC, mit dem Unterschied, daß es in diesem Zusammenhang eine wesentlich höhere Regelungsdichte aufweist, was insbesondere darauf 96 97 98

Vgl. oben 4. Teil, 4. Kapitel, A. IV. und B. IV. Vgl. oben 4. Teil, 4. Kapitel, A. IV. 1. und B. IV. 1. Vgl. oben 4. Teil, 4. Kapitel, A. IV. 2. und B. IV. 2.

364

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

zurückzuführen ist, daß Aspekte staatlicher Kooperation bezüglich der Festnahme und Überstellung eine stärkere Berücksichtigung finden.99 Hinsichtlich der Festnahme eines Verdächtigen läßt sich für das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und des ICC übereinstimmend feststellen, daß vom Begriff der Festnahme sowohl der Akt der Ergreifung als auch die nachfolgende Inhaftierung am Ergreifungsort erfaßt werden.100 Das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale geht grundsätzlich davon aus, daß ein richterlicher Haftbefehl erst nach Anklageerhebung, d.h. gegenüber einem Angeklagten während des gerichtlichen Vorverfahrens – nicht aber gegenüber einem Verdächtigen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens – erlassen werden soll. Dem folgt auch die Praxis des ICTY bzw. ICTR, selbst wenn sich mittels Auslegung der Statuten bzw. der Verfahrensordnungen durchaus rechtfertigen ließe, einen richterlichen Haftbefehl bereits bei Durchführung des Ermittlungsverfahrens zu erlassen.101 Eine Festnahme des Verdächtigen kann dem Verfahrensrecht und der Praxis der ad hoc Tribunale zufolge jedoch mittels eines Ersuchens des Anklägers gegenüber dem jeweiligen Staat durchgeführt werden.102 So sehen die Verfahrensordnungen jeweils vor, daß der Ankläger im Rahmen seiner sog. Eilkompetenzen befugt ist, einen Staat um Festnahme eines Verdächtigen zu ersuchen, um dessen Flucht, die Verletzung oder Einschüchterung eines Opfers oder Zeugen oder die Vernichtung von Beweismitteln zu verhindern.103 Bedenken erregt diese Befugnis insbesondere deshalb, weil es an der Normierung bestimmter Voraussetzungen wie der Festlegung eines Verdachtsgrades für die Wahrnehmung dieser Befugnis mangelt, weil diese Befugnis nur in den Verfahrensordnungen, aber zumindest nicht in expliziter Weise in den Statuten festgelegt ist und weil Zweifel angesichts der Gebote des Internationalen Menschenrechtsschutzes bestehen.104 Im Gegensatz zur Rechtslage bei den ad hoc Tribunalen geht das Verfahrensrecht des ICC grundsätzlich davon aus, daß der mutmaßliche Täter bereits während des Ermittlungsverfahrens festzunehmen ist. Grundlage einer Festnahme ist allein der Erlaß eines richterlichen Haftbefehls auf Antrag des Anklägers.105 Voraussetzung für den Erlaß des Haftbefehls ist, daß dringender Tatverdacht gegeben ist,106 und daß ein bestimmter Festnahmegrund vorliegt. Im Unterschied zur Festnahmebefugnis des Anklägers bei den ad hoc Tribunalen ist auch die Wiederholungsgefahr als Grund für die Festnahme anerkannt.107 Insge99

Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, A. und B. Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, A. I. 1. und B. I. 1. 101 Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, A. I. 1. a). 102 Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, A. I. 1. b). 103 Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, A. I. 1. b) aa). 104 Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, A. I. 1. b) bb)–cc). 105 Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, B. I. 1. a). 106 Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, B. I. 1. b). 107 Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, B. I. 1. c). 100

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

365

samt zeigt sich, daß die o. g. Kritikpunkte hinsichtlich einer Festnahme nach Maßgabe des Verfahrensrechts der ad hoc Tribunale beim ICC nicht angeführt werden können. Übereinstimmend sehen sowohl das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale als auch das Verfahrensrecht des ICC vor, daß eine Überstellung des mutmaßlichen Täters bereits während des Ermittlungsverfahrens durchgeführt werden kann. Während beim ICC an eine Überstellung generell keine anderen bzw. zusätzlichen Voraussetzungen geknüpft werden als bei der Festnahme und damit ein entsprechendes Ersuchen gegenüber dem jeweiligen Staat auf der Grundlage des erlassenen Haftbefehls ergeht, sieht das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale in diesem Zusammenhang ein eigenständiges Verfahren vor. So bedarf es zum Zweck der Überstellung und vorläufigen Inhaftierung des Verdächtigen am Sitz des ICTY bzw. ICTR einer entsprechenden richterlichen Anordnung.108 Der Erlaß dieser Anordnung ergeht auf Antrag des Anklägers und setzt voraus, daß eine Festnahme bzw. Inhaftierung des Verdächtigen auf dem Staatsgebiet bereits erfolgt ist, daß ein bestimmter Verdachtsgrad erreicht wird und daß bestimmte Gründe für die Inhaftierung am Sitz des ICTY bzw. ICTR gegeben sind.109 Die Ausführung einer Festnahme und einer Überstellung obliegt dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und des ICC zufolge gleichermaßen grundsätzlich dem Staat, auf dessen Hoheitsgebiet sich der Verdächtige befindet. Bei der Festnahme eines Verdächtigen aufgrund eines Ersuchens des Anklägers wird auch beim ICTY nicht auf die peace keeping- bzw. peace enforcement-Einheiten zurückgegriffen. Das Verfahrensrecht des ICC sieht diese Möglichkeit ohnehin nicht vor. Was die Überstellung betrifft, ist die Pflicht des Staates grundsätzlich unbedingt. Dies wird sowohl im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale als auch des ICC dadurch zum Ausdruck gebracht, daß in Abgrenzung zu dem im zwischenstaatlichen Rechtshilferecht geläufigen Begriff der Auslieferung der Begriff der Überstellung bevorzugt wird. Während das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale davon ausgeht, daß die Verweigerung einer Überstellung generell unzulässig ist, werden einem Staat im Verfahrensrecht des ICC verschiedene einzelne Ausnahmegründe zugestanden. So ist zwar auch beim ICC eine Verweigerung allein aus Gründen staatlichen Rechts, wie insbesondere verfassungsrechtlichen Auslieferungsverboten, nicht zulässig. Dagegen kann ein Staat dem Überstellungsbegehren des ICC in den Fällen einer völkerrechtlichen Pflichtenkollision, d.h. wenn ihm ein konkurrierendes Ersuchen von einem anderen Staat vorliegt oder wenn er bei Ausführung des Ersuchens seine völkerrechtlichen Verpflichtungen in bezug auf die Staatenimmunität bzw. die diplomatische Immunität verletzen würde, wirksam widersprechen. Aufgrund mangelnder Reichweite dieser Tatbestände ist für einen Staat eine Überstellungsverweigerung zwar nur in seltenen Fällen im Ergebnis zulässig, es besteht aber im Unterschied zu den ad hoc Tribunalen die Gefahr, daß infolge unge108 109

Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, A. I. 2. und B. I. 2. Vgl. oben 4. Teil, 5. Kapitel, A. I. 2. a)–d).

366

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

rechtfertigter Berufung auf diese Gegenrechte erhebliche Verfahrensverzögerungen eintreten.110 Hinsichtlich des Rechtsschutzes eines Individuums, das von der Festnahme bzw. Überstellung betroffen ist, stellt das Verfahrensrecht des ICC einen wesentlichen Fortschritt dar. So ist nur beim ICC insbesondere ausdrücklich bestimmt, daß die festgenommene Person nach ihrer Festnahme der zuständigen Justizbehörde des Gewahrsamsstaates vorzuführen ist, um zu prüfen, ob sich der Haftbefehl des ICC tatsächlich auf die Person des Festgenommenen bezieht, ob der Betroffene in einem ordnungsgemäßen Verfahren festgenommen wurde und ob ggf. vorläufige Haftentlassung bis zur Überstellung zu gewähren ist. Außerdem kann der Festgenommene bereits während seiner Inhaftierung im Gewahrsamsstaat einen Verstoß gegen den Rechtsgrundsatz ne bis in idem geltend machen. Auch für die Zeit nach der Überstellung ist die Rechtsposition der Person, gegen die ermittelt wird, verbessert worden. So sind die Voraussetzungen für eine vorläufige Haftentlassung beim ICC wesentlich großzügiger als bei den ad hoc Tribunalen.111 Soweit nicht die Anwesenheit des mutmaßlichen Täters, sondern eines Zeugen verlangt wird, sehen das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale als auch des ICC nur die Möglichkeit vor, einen Zeugen, der bereits aufgrund staatlichen Rechts auf Initiative staatlicher Behörden inhaftiert wurde, zeitweilig zu überstellen. Anders als bei den ad hoc Tribunalen ist beim ICC in diesem Zusammenhang allerdings sowohl die Zustimmung des Zeugen als auch des jeweiligen Gewahrsamsstaates erforderlich.112 5. Teil

Beendigung des Ermittlungsverfahrens Eine Beendigung des Ermittlungsverfahrens vollzieht sich entweder durch eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder durch die Erhebung der Anklage. Dies gilt grundsätzlich gleichermaßen für die ad hoc Tribunale und den ICC.113 Betrachtet man zunächst die Einstellung des Ermittlungsverfahrens, so läßt sich für den Ankläger bei den ad hoc Tribunalen feststellen, daß dieser aufgrund des Opportunitätsprinzips frei nach seinem Ermessen darüber entscheidet, ob ein Ermittlungsverfahren einzustellen ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Voraussetzungen einer Anklageerhebung gegeben sind. Demgegenüber kann der Ankläger nach dem Verfahrensrecht des ICC aufgrund des Legalitätsprinzips ein Ermittlungsverfahren auf eigene Initiative proprio motu nur dann einstellen, wenn für die Fortführung des Verfahrens keine hinreichende Grundlage besteht. Im übrigen ist er zur Erhebung der Anklage verpflichtet. Die Entscheidung des 110 111 112 113

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

4. 4. 4. 5.

Teil, Teil, Teil, Teil,

5. Kapitel, A. I. 3. und B. I. 3. 5. Kapitel, A. I. 4. und B. I. 4. 5. Kapitel, A. II. und B. II. A. und B.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

367

Anklägers, ein Ermittlungsverfahren einzustellen, unterliegt einer weitgehenden richterlichen Kontrolle, ggf. kann er zur Erhebung der Anklage sogar gezwungen werden.114 Anders als das Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale sieht das Verfahrensrecht des ICC neben einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch den Ankläger proprio motu vor, daß ein Aufschub der Ermittlungen für einen Zeitraum von 12 Monaten zu erfolgen hat, wenn eine Resolution des Sicherheitsrates nach Kapitel VII der UN-Charta dies anordnet. Mittels dieser Regelung soll es im Einzelfall möglich sein, Ermittlungen bzw. Strafverfolgungen auf internationaler Ebene zu untersagen, um etwaigen, daraus resultierenden Behinderungen für die Friedensbemühungen des Sicherheitsrates vorzubeugen. Die erste praktische Anwendung der Regelung führt nunmehr allerdings dazu, daß Ermittlungen generell gegenüber Staatsangehörigen eines Nicht-Vertragsstaates, die an peace keeping- bzw. peace entforcement-Einsätzen teilnehmen, nicht durchgeführt werden dürfen. Dies läßt darauf schließen, daß die Regelung in der Praxis eine weitreichendere Anwendung finden wird. Die Position des Anklägers beim ICC erfährt dadurch im Vergleich zum Ankläger der ad hoc Tribunale zwangsläufig eine Schwächung.115 Daneben regelt das Verfahrensrecht des ICC zwei verschiedene Verfahren, die eine zumindest zeitweilige Einstellung der Ermittlungen nach sich ziehen. Zum einen handelt es sich um das Verfahren der vorläufigen Entscheidung, in dem ein Staat aufgrund der Regelungen über die konkurrierende Zuständigkeit seine vorrangige Kompetenz zur Strafverfolgung durchsetzen kann. Zum anderen handelt es sich um das Anfechtungsverfahren, in welchem grundsätzlich sämtliche der Zuständigkeitsregelungen überprüft werden können. Dieses Verfahren führt zumindest in der Konstellation, daß die Anfechtung durch einen Staat erfolgt und sich dieser Staat zur Begründung seines Anfechtungsantrags auch auf die mangelnde konkurrierende Zuständigkeit des ICC beruft, unmittelbar zu einer Aussetzung der Ermittlungen. Je nach Entscheidung der Vorverfahrenskammer über den Antrag kann dieser Aussetzung eine endgültige Einstellung des Ermittlungsverfahrens nachfolgen. Entsprechende Verfahren, aufgrund derer ein Staat Ermittlungstätigkeiten auf internationaler Ebene verhindern kann, sind im Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nicht vorgesehen. Es zeigt sich erneut die vergleichsweise schwächere Position des Anklägers beim ICC gegenüber einer Einflußnahme von seiten der Staaten.116 Betrachtet man die Erhebung der Anklage als zweiten Fall der Beendigung des Ermittlungsverfahrens, werden erhebliche Unterschiede zwischen dem Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale und dem ICC deutlich. Während sich die Anklageerhebung bei den ad hoc Tribunalen dadurch vollzieht, daß der Ankläger eine Anklageschrift an den für die Überprüfung zuständigen Richter übermittelt, so findet beim ICC zum Zweck der Bestätigung der Anklage eine 114 115 116

Vgl. oben 5. Teil, A. I. und B. I. 1. Vgl. oben 5. Teil, B. I. 2. Vgl. oben 5. Teil, B. I. 3. a)–b).

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6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

mündliche Verhandlung unter Beteiligung des Angeschuldigten sowie seines Rechtsbeistandes statt. In der mündlichen Verhandlung muß der Ankläger jeden Anklagepunkt durch ausreichende Beweise in Gestalt von Urkundenbeweisen oder summarischen Beweisen belegen. Der Angeschuldigte kann sich gegen die erhobenen Tatvorwürfe verteidigen und ggf. Beweismittel zu seiner Entlastung beibringen. Diese Möglichkeit besteht für die Verteidigung bei den ad hoc Tribunalen mangels entsprechender Beteiligung bei der Anklageerhebung nicht. In materieller Hinsicht setzt die Bestätigung einer Anklage bei den ad hoc Tribunalen voraus, daß ein prima facie-Fall glaubhaft gemacht wird. Nach dem Verfahrensrecht des ICC muß die Vorverfahrenskammer zu der Überzeugung gelangen, es lägen ausreichende Beweise für den dringenden Verdacht vor, daß der Angeschuldigte das Verbrechen begangen hat. Dies läßt darauf schließen, daß nunmehr beim ICC ein höherer Verdachtsgrad vorausgesetzt wird.117 Untersuchungen im allgemeinen Insgesamt läßt sich somit zusammenfassend feststellen, daß folgende Abweichungen von den Regelungen der ad hoc Tribunale die Weiterentwicklung des formellen Völkerstrafrechts kennzeichnen: Zunächst ist die Rechtslage hinsichtlich der für das Strafverfahren geltenden Rechtsgrundlagen beim ICC wesentlich klarer. Der Ablauf des Strafverfahrens folgt nunmehr nicht strikt dem Muster des angloamerikanischen Strafprozesses, sondern eher den Grundsätzen kontinentaleuropäischen Verfahrensrechts. Die Gerichtsorganisation des ICC sieht erstmalig die Einrichtung sog. Vorverfahrenskammern vor und weist die Zuständigkeiten, die zuvor vom Richterplenum bzw. Organen der UNO wahrgenommen wurden, der Staatenversammlung zu. Der Ankläger des ICC untersteht im Falle von Vorermittlungen auf eigene Initiative proprio motu einem richterlichen Genehmigungsvorbehalt. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Ermittlungsverfahrens gilt für die konkurrierende Zuständigkeit des ICC nicht das Vorrangprinzip, sondern das Komplementaritätsprinzip, wonach grundsätzlich der Strafverfolgung auf staatlicher Ebene der Vorrang gebührt. Bei der Entscheidung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens ist der Ankläger an das Legalitätsprinzip gebunden und somit anders als der Ankläger der ad hoc Tribunale zu Ermittlungen verpflichtet. Im Zusammenhang mit der Herrschaft über das Ermittlungsverfahren läßt sich feststellen, daß der Ankläger des ICC über keine sog. Eilkompetenzen mehr verfügt. Zudem ist er zur Erforschung entlastender Beweise verpflichtet. Für die Vorverfahrenskammer und die Verteidigung bestehen beim ICC weitreichendere Einflußmöglichkeiten auf die Durchführung des Ermittlungsverfahrens, woraus sich zwangsläufig eine vergleichsweise schwächere Position des Anklägers ergibt. Das Kooperationsregime zwischen 117

Vgl. oben 5. Teil, A. II. und B. II.

6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

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dem ICC und den Staaten hat eine detaillierte Regelung erfahren. Den Staaten werden im Gegensatz zum Verfahrensrecht der ad hoc Tribunale nunmehr verschiedene Einwendungen zugestanden, mittels derer sie in zulässiger Weise die Erfüllung eines Rechtshilfeersuchens verweigern können. Die Rechtslage bezüglich der Durchsetzungsmechanismen bei unzulässiger Kooperationsverweigerung ist weniger eindeutig und praktikabel. Untersuchungen an Ort und Stelle kann der Ankläger des ICC entweder mittels Vorgehens im Wege der Rechtshilfe und damit unter Inkaufnahme einer Einflußnahme des betroffenen Staates oder mittels Ermächtigung durch die Vorverfahrenskammer durchführen. Der Ankläger des ICC unterliegt damit bei Untersuchungen an Ort und Stelle Beschränkungen, denen der Ankläger der ad hoc Tribunale in diesem Zusammenhang nicht ausgesetzt ist. Bei einer Vernehmung des mutmaßlichen Täters im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens zeigt sich beim ICC ein verbesserter Rechtsschutz des mutmaßlichen Täters. Eine Verbesserung ergibt sich auch für die Rechte von Zeugen und Opfern bei ihrer Vernehmung. Nunmehr sind auch staatliche Behörden bei einer Vernehmung aufgrund eines Rechtshilfeersuchens explizit zur Gewährung derselben Rechte gegenüber der zu vernehmenden Person verpflichtet wie bei der Vernehmung durch den Ankläger des ICC selbst. Für eine Festnahme im Rahmen des Ermittlungsverfahrens setzt das Verfahrensrecht des ICC den Erlaß eines richterlichen Haftbefehls voraus. Die aus Gründen des Internationalen Menschenrechtsschutzes bedenkliche Festnahmebefugnis des Ankläger bei den ad hoc Tribunalen findet im Verfahrensrecht des ICC kein entsprechendes Gegenstück. Den Staaten stehen jedoch gegenüber einem Überstellungsersuchen des ICC verschiedene Gegenrechte zu. Bereits die Möglichkeit, sich auf entsprechende Tatbestände zu berufen, birgt die Gefahr in sich, daß Auslieferungsverfahren erheblich verzögert werden. Dem von freiheitsentziehenden Maßnahmen betroffenen Individuum wird beim ICC weitergehender Rechtsschutz gewährt. Insbesondere für eine vorläufige Haftentlassung gelten großzügigere Maßstäbe als bei den ad hoc Tribunalen. Merkmal für die Weiterentwicklung ist im Hinblick auf die Beendigung des Ermittlungsverfahrens, daß der Ankläger beim ICC nunmehr grundsätzlich aufgrund des Legalitätsprinzips zur Erhebung der Anklage verpflichtet ist, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Unter Umständen kann er im Unterschied zum Ankläger der ad hoc Tribunale, der aufgrund des Opportunitätsprinzips frei nach seinem Ermessen entscheiden kann, zur Erhebung der Anklage sogar gezwungen werden. Auf der anderen Seite besteht für den Ankläger des ICC die Verpflichtung, Ermittlungen für einen Zeitraum von zwölf Monaten aufzuschieben, wenn dies eine Resolution des Sicherheitsrates anordnet. Auch das Verfahren der vorläufigen Entscheidung bzw. das Anfechtungsverfahren, mittels derer insbesondere ein Staat die Zuständigkeiten des ICC zur Strafverfolgung in einer Sache bestreiten kann, führt zumindest zu einer vorläufigen, ggf. sogar zu einer endgültigen Einstellung des Ermittlungsverfahrens. Einer solchen Einfluß-

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6. Teil: Zusammenfassung und Bewertung

nahme des Sicherheitsrates bzw. eines Staates ist der Ankläger der ad hoc Tribunale nicht ausgesetzt. Für die Anklageerhebung besteht das maßgebliche Merkmal für eine Weiterentwicklung darin, daß beim ICC die Anklageerhebung nicht mehr allein durch Einreichung einer Anklageschrift, sondern grundsätzlich in einem mündlichen Verfahren unter Beteiligung des Angeschuldigten erfolgt. Der Angeschuldigte erhält damit eine zusätzliche Möglichkeit, sich gegen die erhobenen Tatvorwürfe zu beteiligen und insoweit eine im Vergleich zu den ad hoc Tribunalen wesentlich verbesserte Position. Diese gravierenden Unterschiede zu den Regelungen der ad hoc Tribunale lassen die Wertung zu, daß nunmehr mit dem ICC eine neue Ära des formellen Völkerstrafrechts beginnt. Insbesondere infolge der stärkeren Position der Staaten und des Sicherheitsrates sowie der Aufwertung richterlicher Kompetenzen und der Rechte der Verteidigung bzw. des betroffenen Individuums gegenüber dem Ankläger erscheint eine effektive Durchsetzung des Strafanspruchs wesentlich schwieriger als bei den ad hoc Tribunalen. Während die Aufwertung richterlicher Kompetenzen und der Rechte der Verteidigung bzw. des betroffenen Individuums aus Gründen des Menschenrechtsschutzes bzw. des fair trialGrundsatzes geboten und infolgedessen akzeptiert werden muß, ist die stärkere Position des Sicherheitsrates und der Staaten kritisch zu betrachten.

Anhang A Statute of the International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia (Adopted 25 May 1993 by Resolution 827) (As Amended) Table of Contents Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 13 bis 13 ter 13 quater 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Competence of the International Tribunal Grave breaches of the Geneva Conventions of 1949 Violations of the laws or customs of war Genocide Crimes against humanity Personal jurisdiction Individual criminal responsibility Territorial and temporal jurisdiction Concurrent jurisdiction Non-bis-in idem Organization of the International Tribunal Composition of the Chambers Qualifications of judges Election of permanent judges Election and appointment of ad litem judges Status of ad litem judges Officers and members of the Chambers Rules of procedure and evidence The Prosecutor The Registry Investigation and preparation of indictment Review of the indictment Commencement and conduct of trial proceedings Rights of the accused Protection of victims and witnesses Judgement Penalties

372 Article Article Article Article Article Article Article Article Article Article

Anhang A 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34

Appellate proceedings Review proceedings Enforcement of sentences Pardon or commutation of sentences Cooperation and judicial assistance The status, privileges and immunities of the International Tribunal Seat of the International Tribunal Expenses of the International Tribunal Working languages Annual report

Having been established by the Security Council acting under Chapter VII of the Charter of the United Nations, the International Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of the Former Yugoslavia since 1991 (hereinafter referred to as “the International Tribunal\)) shall function in accordance with the provisions of the present Statute.

Article 1 Competence of the International Tribunal The International Tribunal shall have the power to prosecute persons responsible for serious violations of international humanitarian law committed in the territory of the former Yugoslavia since 1991 in accordance with the provisions of the present Statute.

Article 2 Grave breaches of the Geneva Conventions of 1949 The International Tribunal shall have the power to prosecute persons committing or ordering to be committed grave breaches of the Geneva Conventions of 12 August 1949, namely the following acts against persons or property protected under the provisions of the relevant Geneva Convention: (a) wilful killing; (b) torture or inhuman treatment, including biological experiments; (c) wilfully causing great suffering or serious injury to body or health; (d) extensive destruction and appropriation of property, not justified by military necessity and carried out unlawfully and wantonly; (e) compelling a prisoner of war or a civilian to serve in the forces of a hostile power; (f) wilfully depriving a prisoner of war or a civilian of the rights of fair and regular trial;

ICTY-Statute

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(g) unlawful deportation or transfer or unlawful confinement of a civilian; (h) aking civilians as hostages.

Article 3 Violations of the laws or customs of war The International Tribunal shall have the power to prosecute persons violating the laws or customs of war. Such violations shall include, but not be limited to: (a) employment of poisonous weapons or other weapons calculated to cause unnecessary suffering; (b) wanton destruction of cities, towns or villages, or devastation not justified by military necessity; (c) attack, or bombardment, by whatever means, of undefended towns, villages, dwellings, or buildings; (d) seizure of, destruction or wilful damage done to institutions dedicated to religion, charity and education, the arts and sciences, historic monuments and works of art and science; (e) plunder of public or private property.

Article 4 Genocide 1. The International Tribunal shall have the power to prosecute persons committing genocide as defined in paragraph 2 of this article or of committing any of the other acts enumerated in paragraph 3 of this article. 2. Genocide means any of the following acts committed with intent to destroy, in whole or in part, a national, ethnical, racial or religious group, as such: (a) killing members of the group; (b) causing serious bodily or mental harm to members of the group; (c) deliberately inflicting on the group conditions of life calculated to bring about its physical destruction in whole or in part; (d) imposing measures intended to prevent births within the group; (e) forcibly transferring children of the group to another group. 3. The following acts shall be punishable: (a) genocide; (b) conspiracy to commit genocide; (c) direct and public incitement to commit genocide; (d) attempt to commit genocide; (e) complicity in genocide.

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Anhang A Article 5 Crimes against humanity

The International Tribunal shall have the power to prosecute persons responsible for the following crimes when committed in armed conflict, whether international or internal in character, and directed against any civilian population: (a) murder; (b) extermination; (c) enslavement; (d) deportation; (e) imprisonment; (f) torture; (g) rape; (h) persecutions on political, racial and religious grounds; (i) other inhumane acts. Article 6 Personal jurisdiction The International Tribunal shall have jurisdiction over natural persons pursuant to the provisions of the present Statute. Article 7 Individual criminal responsibility 1. A person who planned, instigated, ordered, committed or otherwise aided and abetted in the planning, preparation or execution of a crime referred to in articles 2 to 5 of the present Statute, shall be individually responsible for the crime. 2. The official position of any accused person, whether as Head of State or Government or as a responsible Government official, shall not relieve such person of criminal responsibility nor mitigate punishment. 3. The fact that any of the acts referred to in articles 2 to 5 of the present Statute was committed by a subordinate does not relieve his superior of criminal responsibility if he knew or had reason to know that the subordinate was about to commit such acts or had done so and the superior failed to take the necessary and reasonable measures to prevent such acts or to punish the perpetrators thereof. 4. The fact that an accused person acted pursuant to an order of a Government or of a superior shall not relieve him of criminal responsibility, but may be considered in mitigation of punishment if the International Tribunal determines that justice so requires.

ICTY-Statute

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Article 8 Territorial and temporal jurisdiction The territorial jurisdiction of the International Tribunal shall extend to the territory of the former Socialist Federal Republic of Yugoslavia, including its land surface, airspace and territorial waters. The temporal jurisdiction of the International Tribunal shall extend to a period beginning on 1 January 1991. Article 9 Concurrent jurisdiction 1. The International Tribunal and national courts shall have concurrent jurisdiction to prosecute persons for serious violations of international humanitarian law committed in the territory of the former Yugoslavia since 1 January 1991. 2. The International Tribunal shall have primacy over national courts. At any stage of the procedure, the International Tribunal may formally request national courts to defer to the competence of the International Tribunal in accordance with the present Statute and the Rules of Procedure and Evidence of the International Tribunal. Article 10 Non-bis-in-idem 1. No person shall be tried before a national court for acts constituting serious violations of international humanitarian law under the present Statute, for which he or she has already been tried by the International Tribunal. 2. A person who has been tried by a national court for acts constituting serious violations of international humanitarian law may be subsequently tried by the International Tribunal only if: (a) the act for which he or she was tried was characterized as an ordinary crime; or (b) the national court proceedings were not impartial or independent, were designed to shield the accused from international criminal responsibility, or the case was not diligently prosecuted. 3. In considering the penalty to be imposed on a person convicted of a crime under the present Statute, the International Tribunal shall take into account the extent to which any penalty imposed by a national court on the same person for the same act has already been served. Article 11 Organization of the International Tribunal The International Tribunal shall consist of the following organs: (a) the Chambers, comprising three Trial Chambers and an Appeals Chamber; (b) the Prosecutor; and (c) a Registry, servicing both the Chambers and the Prosecutor.

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Anhang A Article 12 Composition of the Chambers

1. The Chambers shall be composed of sixteen permanent independent judges, no two of whom may be nationals of the same State, and a maximum at any one time of nine ad litem independent judges appointed in accordance with article 13 ter, paragraph 2, of the Statute, no two of whom may be nationals of the same State. 2. Three permanent judges and a maximum at any one time of six ad litem judges shall be members of each Trial Chamber. Each Trial Chamber to which ad litem judges are assigned may be divided into sections of three judges each, composed of both permanent and ad litem judges. A section of a Trial Chamber shall have the same powers and responsibilities as a Trial Chamber under the Statute and shall render judgement in accordance with the same rules. 3. Seven of the permanent judges shall be members of the Appeals Chamber. The Appeals Chamber shall, for each appeal, be composed of five of its members. 4. A person who for the purposes of membership of the Chambers of the International Tribunal could be regarded as a national of more than one State shall be deemed to be a national of the State in which that person ordinarily exercises civil and political rights. Article 13 Qualifications of judges The permanent and ad litem judges shall be persons of high moral character, impartiality and integrity who possess the qualifications required in their respective countries for appointment to the highest judicial offices. In the overall composition of the Chambers and sections of the Trial Chambers, due account shall be taken of the experience of the judges in criminal law, international law, including international humanitarian law and human rights law. Article 13 bis Election of permanent judges 1. Fourteen of the permanent judges of the International Tribunal shall be elected by the General Assembly from a list submitted by the Security Council, in the following manner: (a) The Secretary-General shall invite nominations for judges of the International Tribunal from States Members of the United Nations and non-member States maintaining permanent observer missions at United Nations Headquarters; (b) Within sixty days of the date of the invitation of the Secretary-General, each State may nominate up to two candidates meeting the qualifications set out in article 13 of the Statute, no two of whom shall be of the same nationality and neither of whom shall be of the same nationality as any judge who is a member of the Appeals Chamber and who was elected or appointed a permanent judge of the International Criminal Tribunal for the Prosecution of Persons Re-

ICTY-Statute

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sponsible for Genocide and Other Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of Rwanda and Rwandan Citizens Responsible for Genocide and Other Such Violations Committed in the Territory of Neighbouring States, between 1 January 1994 and 31 December 1994 (hereinafter referred to as “The International Tribunal for Rwanda\)) in accordance with article 12 bis of the Statute of that Tribunal; (c) The Secretary-General shall forward the nominations received to the Security Council. From the nominations received the Security Council shall establish a list of not less than twenty-eight and not more than forty-two candidates, taking due account of the adequate representation of the principal legal systems of the world; (d) The President of the Security Council shall transmit the list of candidates to the President of the General Assembly. From that list the General Assembly shall elect fourteen permanent judges of the International Tribunal. The candidates who receive an absolute majority of the votes of the States Members of the United Nations and of the non-member States maintaining permanent observer missions at United Nations Headquarters, shall be declared elected. Should two candidates of the same nationality obtain the required majority vote, the one who received the higher number of votes shall be considered elected. 2. In the event of a vacancy in the Chambers amongst the permanent judges elected or appointed in accordance with this article, after consultation with the Presidents of the Security Council and of the General Assembly, the Secretary-General shall appoint a person meeting the qualifications of article 13 of the Statute, for the remainder of the term of office concerned. 3. The permanent judges elected in accordance with this article shall be elected for a term of four years. The terms and conditions of service shall be those of the judges of the International Court of Justice. They shall be eligible for re-election.

Article 13 ter Election and appointment of ad litem judges 1. The ad litem judges of the International Tribunal shall be elected by the General Assembly from a list submitted by the Security Council, in the following manner: (a) The Secretary-General shall invite nominations for ad litem judges of the International Tribunal from States Members of the United Nations and non-member States maintaining permanent observer missions at United Nations Headquarters. (b) Within sixty days of the date of the invitation of the Secretary-General, each State may nominate up to four candidates meeting the qualifications set out in article 13 of the Statute, taking into account the importance of a fair representation of female and male candidates. (c) The Secretary-General shall forward the nominations received to the Security Council. From the nominations received the Security Council shall establish a

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Anhang A list of not less than fifty-four candidates, taking due account of the adequate representation of the principal legal systems of the world and bearing in mind the importance of equitable geographical distribution.

(d) The President of the Security Council shall transmit the list of candidates to the President of the General Assembly. From that list the General Assembly shall elect the twenty-seven ad litem judges of the International Tribunal. The candidates who receive an absolute majority of the votes of the States Members of the United Nations and of the non-member States maintaining permanent observer missions at United Nations Headquarters shall be declared elected. (e) The ad litem judges shall be elected for a term of four years. They shall not be eligible for re-election. 2. During any term, ad litem judges will be appointed by the Secretary-General, upon request of the President of the International Tribunal, to serve in the Trial Chambers for one or more trials, for a cumulative period of up to, but not including, three years. When requesting the appointment of any particular ad litem judge, the President of the International Tribunal shall bear in mind the criteria set out in article 13 of the Statute regarding the composition of the Chambers and sections of the Trial Chambers, the considerations set out in paragraphs 1 (b) and (c) above and the number of votes the ad litem judge received in the General Assembly.

Article 13 quater Status of ad litem judges 1. During the period in which they are appointed to serve in the International Tribunal, ad litem judges shall: (a) Benefit from the same terms and conditions of service mutatis mutandis as the permanent judges of the International Tribunal; (b) Enjoy, subject to paragraph 2 below, the same powers as the permanent judges of the International Tribunal; (c) Enjoy the privileges and immunities, exemptions and facilities of a judge of the International Tribunal; (d) Enjoy the power to adjudicate in pre-trial proceedings in cases other than those that they have been appointed to try. 2. During the period in which they are appointed to serve in the International Tribunal, ad litem judges shall not: (a) Be eligible for election as, or to vote in the election of, the President of the Tribunal or the Presiding Judge of a Trial Chamber pursuant to article 14 of the Statute; (b) Have power: (i) To adopt rules of procedure and evidence pursuant to article 15 of the Statute. They shall, however, be consulted before the adoption of those rules;

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(ii) To review an indictment pursuant to article 19 of the Statute; (iii) To consult with the President in relation to the assignment of judges pursuant to article 14 of the Statute or in relation to a pardon or commutation of sentence pursuant to article 28 of the Statute. Article 14 Officers and members of the Chambers 1. The permanent judges of the International Tribunal shall elect a President from amongst their number. 2. The President of the International Tribunal shall be a member of the Appeals Chamber and shall preside over its proceedings. 3. After consultation with the permanent judges of the International Tribunal, the President shall assign four of the permanent judges elected or appointed in accordance with Article 13 bis of the Statute to the Appeals Chamber and nine to the Trial Chambers. 4. Two of the permanent judges of the International Tribunal for Rwanda elected or appointed in accordance with article 12 bis of the Statute of that Tribunal shall be assigned by the President of that Tribunal, in consultation with the President of the International Tribunal, to be members of the Appeals Chamber and permanent judges of the International Tribunal. 5. After consultation with the permanent judges of the International Tribunal, the President shall assign such ad litem judges as may from time to time be appointed to serve in the International Tribunal to the Trial Chambers. 6. A judge shall serve only in the Chamber to which he or she was assigned. 7. The permanent judges of each Trial Chamber shall elect a Presiding Judge from amongst their number, who shall oversee the work of the Trial Chamber as a whole. Article 15 Rules of procedure and evidence The judges of the International Tribunal shall adopt rules of procedure and evidence for the conduct of the pre-trial phase of the proceedings, trials and appeals, the admission of evidence, the protection of victims and witnesses and other appropriate matters. Article 16 The Prosecutor 1. The Prosecutor shall be responsible for the investigation and prosecution of persons responsible for serious violations of international humanitarian law committed in the territory of the former Yugoslavia since 1 January 1991.

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Anhang A

2. The Prosecutor shall act independently as a separate organ of the International Tribunal. He or she shall not seek or receive instructions from any Government or from any other source. 3. The Office of the Prosecutor shall be composed of a Prosecutor and such other qualified staff as may be required. 4. The Prosecutor shall be appointed by the Security Council on nomination by the Secretary-General. He or she shall be of high moral character and possess the highest level of competence and experience in the conduct of investigations and prosecutions of criminal cases. The Prosecutor shall serve for a four-year term and be eligible for reappointment. The terms and conditions of service of the Prosecutor shall be those of an Under-Secretary-General of the United Nations. 5. The staff of the Office of the Prosecutor shall be appointed by the Secretary-General on the recommendation of the Prosecutor.

Article 17 The Registry 1. The Registry shall be responsible for the administration and servicing of the International Tribunal. 2. The Registry shall consist of a Registrar and such other staff as may be required. 3. The Registrar shall be appointed by the Secretary-General after consultation with the President of the International Tribunal. He or she shall serve for a four-year term and be eligible for reappointment. The terms and conditions of service of the Registrar shall be those of an Assistant Secretary-General of the United Nations. 4. The staff of the Registry shall be appointed by the Secretary-General on the recommendation of the Registrar.

Article 18 Investigation and preparation of indictment 1. The Prosecutor shall initiate investigations ex-officio or on the basis of information obtained from any source, particularly from Governments, United Nations organs, intergovernmental and non-governmental organisations. The Prosecutor shall assess the information received or obtained and decide whether there is sufficient basis to proceed. 2. The Prosecutor shall have the power to question suspects, victims and witnesses, to collect evidence and to conduct on-site investigations. In carrying out these tasks, the Prosecutor may, as appropriate, seek the assistance of the State authorities concerned. 3. If questioned, the suspect shall be entitled to be assisted by counsel of his own choice, including the right to have legal assistance assigned to him without payment by him in any such case if he does not have sufficient means to pay for it, as

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well as to necessary translation into and from a language he speaks and understands. 4. Upon a determination that a prima facie case exists, the Prosecutor shall prepare an indictment containing a concise statement of the facts and the crime or crimes with which the accused is charged under the Statute. The indictment shall be transmitted to a judge of the Trial Chamber.

Article 19 Review of the indictment 1. The judge of the Trial Chamber to whom the indictment has been transmitted shall review it. If satisfied that a prima facie case has been established by the Prosecutor, he shall confirm the indictment. If not so satisfied, the indictment shall be dismissed. 2. Upon confirmation of an indictment, the judge may, at the request of the Prosecutor, issue such orders and warrants for the arrest, detention, surrender or transfer of persons, and any other orders as may be required for the conduct of the trial.

Article 20 Commencement and conduct of trial proceedings 1. The Trial Chambers shall ensure that a trial is fair and expeditious and that proceedings are conducted in accordance with the rules of procedure and evidence, with full respect for the rights of the accused and due regard for the protection of victims and witnesses. 2. A person against whom an indictment has been confirmed shall, pursuant to an order or an arrest warrant of the International Tribunal, be taken into custody, immediately informed of the charges against him and transferred to the International Tribunal. 3. The Trial Chamber shall read the indictment, satisfy itself that the rights of the accused are respected, confirm that the accused understands the indictment, and instruct the accused to enter a plea. The Trial Chamber shall then set the date for trial. 4. The hearings shall be public unless the Trial Chamber decides to close the proceedings in accordance with its rules of procedure and evidence.

Article 21 Rights of the accused 1. All persons shall be equal before the International Tribunal. 2. In the determination of charges against him, the accused shall be entitled to a fair and public hearing, subject to article 22 of the Statute.

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Anhang A

3. The accused shall be presumed innocent until proved guilty according to the provisions of the present Statute. 4. In the determination of any charge against the accused pursuant to the present Statute, the accused shall be entitled to the following minimum guarantees, in full equality: (a) to be informed promptly and in detail in a language which he understands of the nature and cause of the charge against him; (b) to have adequate time and facilities for the preparation of his defence and to communicate with counsel of his own choosing; (c) to be tried without undue delay; (d) to be tried in his presence, and to defend himself in person or through legal assistance of his own choosing; to be informed, if he does not have legal assistance, of this right; and to have legal assistance assigned to him, in any case where the interests of justice so require, and without payment by him in any such case if he does not have sufficient means to pay for it; (e) to examine, or have examined, the witnesses against him and to obtain the attendance and examination of witnesses on his behalf under the same conditions as witnesses against him; (f) to have the free assistance of an interpreter if he cannot understand or speak the language used in the International Tribunal; (g) not to be compelled to testify against himself or to confess guilt. Article 22 Protection of victims and witnesses The International Tribunal shall provide in its rules of procedure and evidence for the protection of victims and witnesses. Such protection measures shall include, but shall not be limited to, the conduct of in camera proceedings and the protection of the victim’s identity. Article 23 Judgement 1. The Trial Chambers shall pronounce judgements and impose sentences and penalties on persons convicted of serious violations of international humanitarian law. 2. The judgement shall be rendered by a majority of the judges of the Trial Chamber, and shall be delivered by the Trial Chamber in public. It shall be accompanied by a reasoned opinion in writing, to which separate or dissenting opinions may be appended.

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Article 24 Penalties 1. The penalty imposed by the Trial Chamber shall be limited to imprisonment. In determining the terms of imprisonment, the Trial Chambers shall have recourse to the general practice regarding prison sentences in the courts of the former Yugoslavia. 2. In imposing the sentences, the Trial Chambers should take into account such factors as the gravity of the offence and the individual circumstances of the convicted person. 3. In addition to imprisonment, the Trial Chambers may order the return of any property and proceeds acquired by criminal conduct, including by means of duress, to their rightful owners. Article 25 Appellate proceedings 1. The Appeals Chamber shall hear appeals from persons convicted by the Trial Chambers or from the Prosecutor on the following grounds: (a) an error on a question of law invalidating the decision; or (b) an error of fact which has occasioned a miscarriage of justice. 2. The Appeals Chamber may affirm, reverse or revise the decisions taken by the Trial Chambers. Article 26 Review proceedings Where a new fact has been discovered which was not known at the time of the proceedings before the Trial Chambers or the Appeals Chamber and which could have been a decisive factor in reaching the decision, the convicted person or the Prosecutor may submit to the International Tribunal an application for review of the judgement. Article 27 Enforcement of sentences Imprisonment shall be served in a State designated by the International Tribunal from a list of States which have indicated to the Security Council their willingness to accept convicted persons. Such imprisonment shall be in accordance with the applicable law of the State concerned, subject to the supervision of the International Tribunal.

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Anhang A Article 28 Pardon or commutation of sentences

If, pursuant to the applicable law of the State in which the convicted person is imprisoned, he or she is eligible for pardon or commutation of sentence, the State concerned shall notify the International Tribunal accordingly. The President of the International Tribunal, in consultation with the judges, shall decide the matter on the basis of the interests of justice and the general principles of law.

Article 29 Co-operation and judicial assistance 1. States shall co-operate with the International Tribunal in the investigation and prosecution of persons accused of committing serious violations of international humanitarian law. 2. States shall comply without undue delay with any request for assistance or an order issued by a Trial Chamber, including, but not limited to: (a) the identification and location of persons; (b) the taking of testimony and the production of evidence; (c) the service of documents; (d) the arrest or detention of persons; (e) the surrender or the transfer of the accused to the International Tribunal.

Article 30 The status, privileges and immunities of the International Tribunal 1. The Convention on the Privileges and Immunities of the United Nations of 13 February 1946 shall apply to the International Tribunal, the judges, the Prosecutor and his staff, and the Registrar and his staff. 2. The judges, the Prosecutor and the Registrar shall enjoy the privileges and immunities, exemptions and facilities accorded to diplomatic envoys, in accordance with international law. 3. The staff of the Prosecutor and of the Registrar shall enjoy the privileges and immunities accorded to officials of the United Nations under articles V and VII of the Convention referred to in paragraph 1 of this article. 4. Other persons, including the accused, required at the seat of the International Tribunal shall be accorded such treatment as is necessary for the proper functioning of the International Tribunal.

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Article 31 Seat of the International Tribunal The International Tribunal shall have its seat at The Hague. Article 32 Expenses of the International Tribunal The expenses of the International Tribunal shall be borne by the regular budget of the United Nations in accordance with Article 17 of the Charter of the United Nations. Article 33 Working languages The working languages of the International Tribunal shall be English and French. Article 34 Annual report The President of the International Tribunal shall submit an annual report of the International Tribunal to the Security Council and to the General Assembly.

Anhang B Rules of Procedure and Evidence of the International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia (Adopted 11 February 1994) (As Amended) Table of Contents PART ONE: GENERAL PROVISIONS Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

1 2 3 4 5 6 7

Entry into Force Definitions Languages Meetings away from the Seat of the Tribunal Non-compliance with Rules Amendment of the Rules Authentic Texts PART TWO: PRIMACY OF THE TRIBUNAL

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

7 bis 8 9 10 11 11 bis 12 13

Non-compliance with Obligations Request for Information Prosecutor’s Request for Deferral Formal Request for Deferral Non-compliance with a Request for Deferral Referral of the Indictment to Another Court Determinations of Courts of any State Non bis in idem PART THREE: ORGANIZATION OF THE TRIBUNAL SECTION 1: THE JUDGES

Rule 14 Rule 15

Solemn Declaration Disqualification of Judges

ICTY-Rules of Procedure and Evidence Rule 15 bis Absence of a Judge Rule 16 Resignation Rule 17 Precedence SECTION 2: THE PRESIDENCY Rule Rule Rule Rule Rule

18 19 20 21 22

Election of the President Functions of the President The Vice-President Functions of the Vice-President Replacements SECTION 3: INTERNAL FUNCTIONING OF THE TRIBUNAL

Rule Rule Rule Rule Rule Rule

23 The Bureau 23 bis The Coordination Council 23 ter The Management Committee 24 Plenary Meetings of the Tribunal 25 Dates of Plenary Sessions 26 Quorum and Vote SECTION 4: THE CHAMBERS

Rule 27 Rule 28 Rule 29

Rotation Reviewing and Duty Judges Deliberations SECTION 5: THE REGISTRY

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

30 Appointment of the Registrar 31 Appointment of the Deputy Registrar and Registry Staff 32 Solemn Declaration 33 Functions of the Registrar 33 bis Functions of the Deputy Registrar 34 Victims and Witnesses Unit 35 Minutes 36 Record Book SECTION 6: THE PROSECUTOR

Rule 37 Rule 38

Functions of the Prosecutor Deputy Prosecutor

387

388

Anhang B PART FOUR: INVESTIGATIONS AND RIGHTS OF SUSPECTS SECTION 1: INVESTIGATIONS

Rule Rule Rule Rule Rule Rule

39 Conduct of Investigations 40 Provisional Measures 40 bis Transfer and Provisional Detention of Suspects 41 Retention of Information 42 Rights of Suspects during Investigation 43 Recording Questioning of Suspects SECTION 2: OF COUNSEL

Rule Rule Rule Rule

44 Appointment, Qualifications and Duties of Counsel 45 Assignment of Counsel 45 bis Detained Persons 46 Misconduct of Counsel PART FIVE: PRE-TRIAL PROCEEDINGS SECTION 1: INDICTMENTS

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

47 48 49 50 51 52 53 53 bis

Submission of Indictment by the Prosecutor Joinder of Accused Joinder of Crimes Amendment of Indictment Withdrawal of Indictment Public Character of Indictment Non-disclosure Service of Indictment SECTION 2: ORDERS AND WARRANTS

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

54 General Rule 54 bis Orders Directed to States for the Production of Documents 55 Execution of Arrest Warrants 56 Cooperation of States 57 Procedure after Arrest 58 National Extradition Provisions 59 Failure to Execute a Warrant or Transfer Order 59 bis Transmission of Arrest Warrants 60 Advertisement of Indictment 61 Procedure in Case of Failure to Execute a Warrant

ICTY-Rules of Procedure and Evidence SECTION 3: PRELIMINARY PROCEEDINGS Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

62 62 62 63 64 65 65 65

Initial Appearance of Accused bis Guilty Pleas ter Plea Agreement Procedure Questioning of Accused Detention on Remand Provisional Release bis Status Conferences ter Pre-Trial Judge SECTION 4: PRODUCTION OF EVIDENCE

Rule Rule Rule Rule Rule Rule

66 Disclosure by the Prosecutor 67 Additional Disclosure 68 Disclosure of Exculpatory and Other Relevant Material 68 bis Failure to Comply with Disclosure Obligations 69 Protection of Victims and Witnesses 70 Matters not Subject to Disclosure SECTION 5: DEPOSITIONS

Rule 71 Depositions Rule 71 bis Testimony by Video-Conference Link SECTION 6: MOTIONS Rule 72 Rule 73

Preliminary Motions Other Motions SECTION 7: CONFERENCES

Rule 73 bis Pre-Trial Conference Rule 73 ter Pre-Defence Conference

PART SIX: PROCEEDINGS BEFORE TRIAL CHAMBERS SECTION 1: GENERAL PROVISIONS Rule Rule Rule Rule

74 Amicus Curiae 74 bis Medical Examination of the Accused 75 Measures for the Protection of Victims and Witnesses 76 Solemn Declaration by Interpreters and Translators

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390 Rule Rule Rule Rule Rule Rule

Anhang B 77 Contempt of the Tribunal 77 bis Payment of Fines 78 Open Sessions 79 Closed Sessions 80 Control of Proceedings 81 Records of Proceedings and Evidence

SECTION 2: CASE PRESENTATION Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

82 Joint and Separate Trials 83 Instruments of Restraint 84 Opening Statements 84 bis Statement of the Accused 85 Presentation of Evidence 86 Closing Arguments 87 Deliberations 88 [Deleted] 88 bis [Deleted]

SECTION 3: RULES OF EVIDENCE Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

89 90 90 91 92 92 93 94 94 94 95 96 97 98

General Provisions Testimony of Witnesses bis Transfer of a Detained Witness False Testimony under Solemn Declaration Confessions bis Proof of Facts other than by Oral Evidence Evidence of Consistent Pattern of Conduct Judicial Notice bis Testimony of Expert Witnesses ter [Deleted] Exclusion of Certain Evidence Evidence in Cases of Sexual Assault Lawyer-Client Privilege Power of Chambers to Order Production of Additional Evidence

SECTION 4: JUDGEMENT Rule 98 bis Judgement of Acquittal Rule 98 ter Judgement Rule 99 Status of the Acquitted Person

ICTY-Rules of Procedure and Evidence SECTION 5: SENTENCING AND PENALTIES Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

100 101 102 103 104 105 106

Sentencing Procedure on a Guilty Plea Penalties Status of the Convicted Person Place of Imprisonment Supervision of Imprisonment Restitution of Property Compensation to Victims PART SEVEN: APPELLATE PROCEEDINGS

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

107 General Provision 108 Notice of Appeal 108 bis State Request for Review 109 Record on Appeal 110 Copies of Record 111 Appellant’s Brief 112 Respondent’s Brief 113 Brief in Reply 114 Date of Hearing 115 Additional Evidence 116 [Deleted] 116 bis Expedited Appeals Procedure 117 Judgement on Appeal 118 Status of the Accused following Appeal PART EIGHT: REVIEW PROCEEDINGS

Rule Rule Rule Rule

119 120 121 122

Request for Review Preliminary Examination Appeals Return of Case to Trial Chamber PART NINE: PARDON AND COMMUTATION OF SENTENCE

Rule 123 Rule 124 Rule 125

Notification by States Determination by the President General Standards for Granting Pardon or Commutation PART TEN: TIME

Rule 126 General Provisions Rule 126 bis Time for Filing Responses to Motions Rule 127 Variation of Time-limits

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Anhang B PART ONE GENERAL PROVISIONS Rule 1 Entry into Force (Adopted 11 Feb 1994)

These Rules of Procedure and Evidence, adopted pursuant to Article 15 of the Statute of the Tribunal, shall come into force on 14 March 1994.

Rule 2 Definitions (Adopted 11 Feb 1994) A. In the Rules, unless the context otherwise requires, the following terms shall mean: Rules: The Rules of Procedure and Evidence in force; (Amended 25 July 1997) Statute: The Statute of the Tribunal adopted by Security Council resolution 827 of 25 May 1993; Tribunal: The International Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of the Former Yugoslavia since 1991, established by Security Council resolution 827 of 25 May 1993.

*** Accused: A person against whom one or more counts in an indictment have been confirmed in accordance with Rule 47; (Amended 25 July 1997) Ad litem Judge: A Judge appointed pursuant to Article 13 ter of the Statute; (Amended 12 Apr 2001) Arrest: The act of taking a suspect or an accused into custody pursuant to a warrant of arrest or under Rule 40; (Amended 25 July 1997) Bureau: A body composed of the President, the Vice-President and the Presiding Judges of the Trial Chambers; Defence: The accused, and/or the accused’s counsel; (Amended 17 Nov 1999) Investigation: All activities undertaken by the Prosecutor under the Statute and the Rules for the collection of information and evidence, whether before or after an indictment is confirmed; (Amended 25 July 1997)

ICTY-Rules of Procedure and Evidence

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Parties: The Prosecutor and the Defence; (Amended 17 Nov 1999) Permanent Judge: A Judge elected or appointed pursuant to Article 13 bis of the Statute; (Amended 12 Apr 2001) President: The President of the Tribunal; Prosecutor: The Prosecutor appointed pursuant to Article 16 of the Statute; Regulations: The provisions framed by the Prosecutor pursuant to Rule 37 (A) for the purpose of directing the functions of the Office of the Prosecutor; (Revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) State: (i) A State Member or non-Member of the United Nations; (ii) an entity recognised by the constitution of Bosnia and Herzegovina, namely, the Federation of Bosnia and Herzegovina and the Republic Srpska; or (iii) a self-proclaimed entity de facto exercising governmental functions, whether recognised as a State or not; (Revised 30 Jan 1995, amended 12 Dec 2002) Suspect: A person concerning whom the Prosecutor possesses reliable information which tends to show that the person may have committed a crime over which the Tribunal has jurisdiction; (Revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) Transaction: A number of acts or omissions whether occurring as one event or a number of events, at the same or different locations and being part of a common scheme, strategy or plan; Victim: A person against whom a crime over which the Tribunal has jurisdiction has allegedly been committed. B. In the Rules, the masculine shall include the feminine and the singular the plural, and vice-versa.

Rule 3 Languages (Adopted 11 Feb 1994) (A) The working languages of the Tribunal shall be English and French. (B) An accused shall have the right to use his or her own language. (Revised 12 Nov 1997) (C) Other persons appearing before the Tribunal, other than as counsel, who do not have sufficient knowledge of either of the two working languages, may use their own language. (Revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) (D) Counsel for an accused may apply to the Presiding Judge of a Chamber for leave to use a language other than the two working ones or the language of the accused. If such leave is granted, the expenses of interpretation and translation shall

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Anhang B be borne by the Tribunal to the extent, if any, determined by the President, taking into account the rights of the defence and the interests of justice.

(E) The Registrar shall make any necessary arrangements for interpretation and translation into and from the working languages. (F) If: (i) a party is required to take any action within a specified time after the filing or service of a document by another party; and (ii) pursuant to the Rules, that document is filed in a language other than one of the working languages of the Tribunal, time shall not run until the party required to take action has received from the Registrar a translation of the document into one of the working languages of the Tribunal. (Amended 25 July 1997)

Rule 4 Meetings away from the Seat of the Tribunal (Adopted 11 Feb 1994) A Chamber may exercise its functions at a place other than the seat of the Tribunal, if so authorised by the President in the interests of justice.

Rule 5 Non-compliance with Rules (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995) (A) Where an objection on the ground of non-compliance with the Rules or Regulations is raised by a party at the earliest opportunity, the Trial Chamber shall grant relief if it finds that the alleged non-compliance is proved and that it has caused material prejudice to that party. (Revised 12 Nov 1997) (B) Where such an objection is raised otherwise than at the earliest opportunity, the Trial Chamber may in its discretion grant relief if it finds that the alleged noncompliance is proved and that it has caused material prejudice to the objecting party. (Revised 12 Nov 1997) (C) The relief granted by a Trial Chamber under this Rule shall be such remedy as the Trial Chamber considers appropriate to ensure consistency with the fundamental principles of fairness. (Revised 12 Nov 1997)

ICTY-Rules of Procedure and Evidence

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Rule 6 Amendment of the Rules (Adopted 11 Feb 1994) (A) Proposals for amendment of the Rules may be made by a Judge, the Prosecutor or the Registrar and shall be adopted if agreed to by not less than ten permanent Judges at a plenary meeting of the Tribunal convened with notice of the proposal addressed to all Judges. (Amended 4 Dec 1998, amended 12 Apr 2001) (B) An amendment to the Rules may be otherwise adopted, provided it is unanimously approved by the permanent Judges. (Amended 12 Apr 2001) (C) Proposals for amendment of the Rules may otherwise be made in accordance with the Practice Direction issued by the President. (Amended 4 Dec 1998) (D) An amendment shall enter into force seven days after the date of issue of an official Tribunal document containing the amendment, but shall not operate to prejudice the rights of the accused or of a convicted or acquitted person in any pending case. (Amended 4 Dec 1998, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000)

Rule 7 Authentic Texts (Adopted 11 Feb 1994) The English and French texts of the Rules shall be equally authentic. In case of discrepancy, the version which is more consonant with the spirit of the Statute and the Rules shall prevail.

PART TWO PRIMACY OF THE TRIBUNAL Rule 7 bis Non-compliance with Obligations (Adopted 25 July 1997) (A) In addition to cases to which Rule 11, Rule 13, Rule 59 or Rule 61 applies, where a Trial Chamber or a permanent Judge is satisfied that a State has failed to comply with an obligation under Article 29 of the Statute which relates to any proceedings before that Chamber or Judge, the Chamber or Judge may advise the President, who shall report the matter to the Security Council. (Amended 12 Apr 2001) (B) If the Prosecutor satisfies the President that a State has failed to comply with an obligation under Article 29 of the Statute in respect of a request by the Prosecutor under Rule 8, Rule 39 or Rule 40, the President shall notify the Security Council thereof.

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Anhang B Rule 8 Request for Information (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997)

Where it appears to the Prosecutor that a crime within the jurisdiction of the Tribunal is or has been the subject of investigations or criminal proceedings instituted in the courts of any State, the Prosecutor may request the State to forward all relevant information in that respect, and the State shall transmit such information to the Prosecutor forthwith in accordance with Article 29 of the Statute.

Rule 9 Prosecutor’s Request for Deferral (Adopted 11 Feb 1994) Where it appears to the Prosecutor that in any such investigations or criminal proceedings instituted in the courts of any State: (i) the act being investigated or which is the subject of those proceedings is characterized as an ordinary crime; (ii) there is a lack of impartiality or independence, or the investigations or proceedings are designed to shield the accused from international criminal responsibility, or the case is not diligently prosecuted; or (iii) what is in issue is closely related to, or otherwise involves, significant factual or legal questions which may have implications for investigations or prosecutions before the Tribunal, the Prosecutor may propose to the Trial Chamber designated by the President that a formal request be made that such court defer to the competence of the Tribunal. (Revised 30 Jan 1995)

Rule 10 Formal Request for Deferral (Adopted 11 Feb 1994) (A) If it appears to the Trial Chamber seised of a proposal for deferral that, on any of the grounds specified in Rule 9, deferral is appropriate, the Trial Chamber may issue a formal request to the State concerned that its court defer to the competence of the Tribunal. (Revised 30 Jan 1995) (B) A request for deferral shall include a request that the results of the investigation and a copy of the court’s records and the judgement, if already delivered, be forwarded to the Tribunal. (C) Where deferral to the Tribunal has been requested by a Trial Chamber, any subsequent trial shall be held before another Trial Chamber. (Amended 3 May 1995, amended 17 Nov 1999)

ICTY-Rules of Procedure and Evidence

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Rule 11 Non-compliance with a Request for Deferral (Adopted 11 Feb 1994, amended 25 July 1997) If, within sixty days after a request for deferral has been notified by the Registrar to the State under whose jurisdiction the investigations or criminal proceedings have been instituted, the State fails to file a response which satisfies the Trial Chamber that the State has taken or is taking adequate steps to comply with the request, the Trial Chamber may request the President to report the matter to the Security Council.

Rule 11 bis Referral of the Indictment to Another Court (Adopted 12 Nov 1997, revised 30 Sept 2002) (A) After an indictment has been confirmed and prior to the commencement of trial, irrespective of whether or not the accused is in the custody of the Tribunal, the President may appoint a bench of three Permanent Judges selected from the Trial Chambers (hereinafter referred to as the “Referral Bench\)), which solely and exclusively shall determine whether the case should be referred to the authorities of a State: (i) in whose territory the crime was committed; or (ii) in which the accused was arrested; or (Amended 10 June 2004) (iii) having jurisdiction and being willing and adequately prepared to accept such a case, (Amended 10 June 2004) so that those authorities should forthwith refer the case to the appropriate court for trial within that State. (Revised 30 Sept 2002, amended 11 Feb 2005) (B) The Referral Bench may order such referral proprio motu or at the request of the Prosecutor, after having given to the Prosecutor and, where applicable, the accused, the opportunity to be heard and after being satisfied that the accused will receive a fair trial and that the death penalty will not be imposed or carried out. (Revised 30 Sept 2002, amended 10 June 2004, amended 11 Feb 2005) (C) In determining whether to refer the case in accordance with paragraph (A), the Referral Bench shall, in accordance with Security Council resolution 1534 (2004), consider the gravity of the crimes charged and the level of responsibility of the accused. (Revised 30 Sept 2002, amended 28 July 2004, amended 11 Feb 2005) (D) Where an order is issued pursuant to this Rule: (i) the accused, if in the custody of the Tribunal, shall be handed over to the authorities of the State concerned; (ii) the Referral Bench may order that protective measures for certain witnesses or victims remain in force; (Amended 11 Feb 2005)

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Anhang B (iii) the Prosecutor shall provide to the authorities of the State concerned all of the information relating to the case which the Prosecutor considers appropriate and, in particular, the material supporting the indictment; (iv) the Prosecutor may send observers to monitor the proceedings in the national courts on her behalf. (Revised 30 Sept 2002)

(E) The Referral Bench may issue a warrant for the arrest of the accused, which shall specify the State to which he is to be transferred to trial. (Revised 30 Sept 2002, amended 11 Feb 2005) (F) At any time after an order has been issued pursuant to this Rule and before the accused is found guilty or acquitted by a national court, the Referral Bench may, at the request of the Prosecutor and upon having given to the State authorities concerned the opportunity to be heard, revoke the order and make a formal request for deferral within the terms of Rule 10. (Revised 30 Sept 2002, amended 11 Feb 2005) (G) Where an order issued pursuant to this Rule is revoked by the Referral Bench, it may make a formal request to the State concerned to transfer the accused to the seat of the Tribunal and the State shall accede to such a request without delay in keeping with Article 29 of the Statute. The Referral Bench or a Judge may also issue a warrant for the arrest of the accused. (Revised 30 Sept 2002, amended 11 Feb 2005) (H) A Referral Bench shall have the powers of, and insofar as applicable shall follow the procedures laid down for, a Trial Chamber under the Rules. (Amended 11 Feb 2005) (I) An appeal by the accused or the Prosecutor shall lie as of right from a decision of the Referral Bench whether or not to refer a case. Notice of appeal shall be filed within fifteen days of the decision unless the accused was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the accused is notified of the decision. (Amended 11 Feb 2005)

Rule 12 Determinations of Courts of any State (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, amended 10 July 1998) Subject to Article 10, paragraph 2, of the Statute, determinations of courts of any State are not binding on the Tribunal.

Rule 13 Non Bis in Idem (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995) When the President receives reliable information to show that criminal proceedings have been instituted against a person before a court of any State for a crime for which that person has already been tried by the Tribunal, a Trial Chamber shall, following

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mutatis mutandis the procedure provided in Rule 10, issue a reasoned order requesting that court permanently to discontinue its proceedings. If that court fails to do so, the President may report the matter to the Security Council.

PART THREE ORGANIZATION OF THE TRIBUNAL SECTION 1: THE JUDGES Rule 14 Solemn Declaration (Adopted 11 Feb 1994) (A) Before taking up duties each Judge shall make the following solemn declaration: “I solemnly declare that I will perform my duties and exercise my powers as a Judge of the International Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of the Former Yugoslavia since 1991 honourably, faithfully, impartially and conscientiously\). (Revised 12 Nov 1997) (B) The declaration shall be signed by the Judge and witnessed by, or by a representative of, the Secretary-General of the United Nations. The declaration shall be kept in the records of the Tribunal. (Revised 12 Nov 1997) (C) A Judge whose service continues without interruption after expiry of a previous period of service shall not make a new declaration. (Revised 12 Nov 1997)

Rule 15 Disqualification of Judges (Adopted 11 Feb 1994, amended 15 June 1995, amended 25 June 1996 and 5 July 1996, amended 25 July 1997, amended 17 Nov 1999) (A) A Judge may not sit on a trial or appeal in any case in which the Judge has a personal interest or concerning which the Judge has or has had any association which might affect his or her impartiality. The Judge shall in any such circumstance withdraw, and the President shall assign another Judge to the case. (B) (i) Any party may apply to the Presiding Judge of a Chamber for the disqualification and withdrawal of a Judge of that Chamber from a trial or appeal upon the above grounds. The Presiding Judge shall confer with the Judge in question and report to the President. (Revised 30 Jan 1995) (ii) Following the report of the Presiding Judge, the President shall, if necessary, appoint a panel of three Judges drawn from other Chambers to report to him its decision on the merits of the application. If the decision is to uphold the application, the President shall assign another Judge to sit in the place of the Judge in question.

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Anhang B (iii) The decision of the panel of three Judges shall not be subject to interlocutory appeal. (iv) If the Judge in question is the President, the responsibility of the President in accordance with this paragraph shall be assumed by the Vice-President or, if he or she is not able to act in the application, by the permanent Judge most senior in precedence who is able to act. (Amended 21 July 2005)

(C) The Judge of the Trial Chamber who reviews an indictment against an accused, pursuant to Article 19 of the Statute and Rules 47 or 61, shall not be disqualified for sitting as a member of the Trial Chamber for the trial of that accused. Such a Judge shall also not be disqualified for sitting as a member of the Appeals Chamber to hear any appeal in that case. (Amended 6 Oct 1995, amended 2 July 1999, amended 17 Nov 1999, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 12 Dec 2002, amended 21 July 2005) (D) (i) No Judge shall sit on any appeal in a case in which that Judge sat as a member of the Trial Chamber. (Amended 10 July 1998, amended 4 Dec 1998, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 12 Dec 2002, amended 21 July 2005) (ii) No Judge shall sit on any State Request for Review pursuant to Rule 108 bis in a matter in which that Judge sat as a member of the Trial Chamber whose decision is to be reviewed. (Amended 10 July 1998)

Rule 15 bis Absence of a Judge (Adopted 17 Nov 1999) (A) If (i) a Judge is, for illness or other urgent personal reasons, or for reasons of authorised Tribunal business, unable to continue sitting in a part-heard case for a period which is likely to be of short duration, and (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (ii) the remaining Judges of the Chamber are satisfied that it is in the interests of justice to do so, those remaining Judges of the Chamber may order that the hearing of the case continue in the absence of that Judge for a period of not more than five working days. (Amended 12 Dec 2002) (B) If (i) a Judge is, for illness or urgent personal reasons, or for reasons of authorised Tribunal business, unable to continue sitting in a part-heard case for a period which is likely to be of short duration, and (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (ii) the remaining Judges of the Chamber are not satisfied that it is in the interests of justice to order that the hearing of the case continue in the absence of that Judge, then

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(a) those remaining Judges of the Chamber may nevertheless conduct those matters which they are satisfied it is in the interests of justice that they be disposed of notwithstanding the absence of that Judge, and (b) the Presiding Judge may adjourn the proceedings. (C) If, by reason of death, illness, resignation from the Tribunal, or non-reelection, a Judge is, for any reason, unable to continue sitting in a part-heard case for a period which is likely to be longer than of a short duration, the Presiding Judge shall report to the President who may assign another Judge to the case and order either a rehearing or continuation of the proceedings from that point. However, after the opening statements provided for in Rule 84, or the beginning of the presentation of evidence pursuant to Rule 85, the continuation of the proceedings can only be ordered with the consent of all the accused, except as provided for in paragraph (D). (Amended 12 Dec 2002) (D) If, in the circumstances mentioned in the last sentence of paragraph (C), an accused withholds his consent, the remaining Judges may nonetheless decide to continue the proceedings before a Trial Chamber with a substitute Judge if, taking all the circumstances into account, they determine unanimously that doing so would serve the interests of justice. This decision is subject to appeal directly to a full bench of the Appeals Chamber by either party. If no appeal is taken or the Appeals Chamber affirms the decision of the Trial Chamber, the President shall assign to the existing bench a Judge, who, however, can join the bench only after he or she has certified that he or she has familiarised himself or herself with the record of the proceedings. Only one substitution under this paragraph may be made. (Amended 12 Dec 2002) (E) Appeals under paragraph (D) shall be filed within seven days of filing of the impugned decision. When such decision is rendered orally, this time-limit shall run from the date of the oral decision, unless (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case, the time-limit shall run from the filing of the written decision. (Amended 12 Dec 2002) (F) In case of illness or an unfilled vacancy or in any other similar circumstances, the President may, if satisfied that it is in the interests of justice to do so, authorise a Chamber to conduct routine matters, such as the delivery of decisions, in the absence of one or more of its members.

Rule 16 Resignation (Adopted 11 Feb 1994) A Judge who decides to resign shall communicate the resignation in writing to the President who shall transmit it to the Secretary-General of the United Nations.

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Anhang B Rule 17 Precedence (Adopted 11 Feb 1994)

(A) All Judges are equal in the exercise of their judicial functions, regardless of dates of election, appointment, age or period of service. (B) The Presiding Judges of the Trial Chambers shall take precedence according to age after the President and the Vice-President. (C) Permanent Judges elected or appointed on different dates shall take precedence according to the dates of their election or appointment; Judges elected or appointed on the same date shall take precedence according to age. (Amended 12 Apr 2001) (D) In case of re-election, the total period of service as a Judge of the Tribunal shall be taken into account. (E) Ad litem Judges shall take precedence after the permanent Judges according to the dates of their appointment. Ad litem Judges appointed on the same date shall take precedence according to age. (Amended 12 Apr 2001)

SECTION 2: THE PRESIDENCY Rule 18 Election of the President (Adopted 11 Feb 1994) (A) The President shall be elected for a term of two years, or such shorter term as shall coincide with the duration of his or her term of office as a Judge. The President may be re-elected once. (Revised 12 Nov 1997) (B) If the President ceases to be a member of the Tribunal or resigns from office before the expiration of his or her term, the permanent Judges shall elect from among their number a successor for the remainder of the term. (Revised 12 Nov 1997, amended 12 Apr 2001) (C) The President shall be elected by a majority of the votes of the permanent Judges composing the Tribunal. If no Judge obtains such a majority, the second ballot shall be limited to the two Judges who obtained the greatest number of votes on the first ballot. In the case of equality of votes on the second ballot, the Judge who takes precedence in accordance with Rule 17 shall be declared elected. (Amended 12 Apr 2001)

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Rule 19 Functions of the President (Adopted 11 Feb 1994) (A) The President shall preside at all plenary meetings of the Tribunal. The President shall coordinate the work of the Chambers and supervise the activities of the Registry as well as exercise all the other functions conferred on the President by the Statute and the Rules. (Revised 12 Nov 1997) (B) The President may from time to time, and in consultation with the Bureau, the Registrar and the Prosecutor, issue Practice Directions, consistent with the Statute and the Rules, addressing detailed aspects of the conduct of proceedings before the Tribunal. (Revised 12 Nov 1997)

Rule 20 The Vice-President (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Vice-President shall be elected for a term of two years, or such shorter term as shall coincide with the duration of his or her term of office as a permanent Judge. The Vice President may be re-elected once. (Revised 12 Nov 1997, amended 12 Apr 2001) (B) The Vice-President may sit as a member of a Trial Chamber or of the Appeals Chamber. (C) Rules 18 (B) and (C) shall apply mutatis mutandis to the Vice-President. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000)

Rule 21 Functions of the Vice-President (Adopted 11 Feb 1994, revised 12 Nov 1997, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) Subject to Rule 22 (B), the Vice-President shall exercise the functions of the President in case of the latter’s absence or inability to act.

Rule 22 Replacements (Adopted 11 Feb 1994) (A) If neither the President nor the Vice-President remains in office or is able to carry out the functions of the President, these shall be assumed by the senior permanent Judge, determined in accordance with Rule 17 (C). (Amended 12 Apr 2001, amended 12 July 2001)

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Anhang B

(B) If the President is unable to exercise the functions of Presiding Judge of the Appeals Chamber, that Chamber shall elect a Presiding Judge from among its number. (Revised 12 Nov 1997) (C) The President and the Vice-President, if still permanent Judges, shall continue to discharge their functions after the expiration of their terms until the election of the President and the Vice-President has taken place. (Amended 12 July 2001)

SECTION 3: INTERNAL FUNCTIONING OF THE TRIBUNAL Rule 23 The Bureau (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Bureau shall be composed of the President, the Vice-President and the Presiding Judges of the Trial Chambers. (B) The President shall consult the other members of the Bureau on all major questions relating to the functioning of the Tribunal. (C) The President may consult with the ad litem Judges on matters to be discussed in the Bureau and may invite a representative of the ad litem Judges to attend Bureau meetings. (Amended 12 Apr 2001) (D) A Judge may draw the attention of any member of the Bureau to issues that the Judge considers ought to be discussed by the Bureau or submitted to a plenary meeting of the Tribunal. (E) If any member of the Bureau is unable to carry out any of the functions of the Bureau, these shall be assumed by the senior available Judge determined in accordance with Rule 17. (Amended 25 Feb 1999)

Rule 23 bis The Coordination Council (Adopted 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (A) The Coordination Council shall be composed of the President, the Prosecutor and the Registrar. (B) In order to achieve the mission of the Tribunal, as defined in the Statute, the Coordination Council ensures, having due regard for the responsibilities and the independence of any member, the coordination of the activities of the three organs of the Tribunal. (C) The Coordination Council shall meet once a month at the initiative of the President. A member may at any time request that additional meetings be held. The President shall chair the meetings. (D) The Vice-President, the Deputy Prosecutor and the Deputy Registrar may ex officio represent respectively, the President, the Prosecutor and the Registrar.

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Rule 23 ter The Management Committee (Adopted 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (A) The Management Committee shall be composed of the President, the Vice-President, a Judge elected by the Judges in plenary session for a one year renewable mandate, the Registrar, the Deputy Registrar and the Chief of Administration. (B) The Management Committee shall assist the President with respect to the functions set forth in Rules 19 and 33, concerning in particular, all Registry activities relating to the administrative and judicial support provided to the Chambers and to the Judges. To this end, the Management Committee shall coordinate the preparation and implementation of the budget of the Tribunal with the exception of budgetary lines specific to the activities of the Office of the Prosecutor. (C) The Management Committee shall meet twice a month at the initiative of the President. Two members may at any time request that additional meetings be held. The President shall chair the meetings. (D) In the performance of its functions, the Management Committee may call on the services of one or several advisers or experts. Rule 24 Plenary Meetings of the Tribunal (Adopted 11 Feb 1994) Subject to the restrictions on the voting rights of ad litem Judges set out in Article 13 quater of the Statute, the Judges shall meet in plenary to: (i) elect the President and Vice-President; (ii) adopt and amend the Rules; (iii) adopt the Annual Report provided for in Article 34 of the Statute; (iv) decide upon matters relating to the internal functioning of the Chambers and the Tribunal; (v) determine or supervise the conditions of detention; (vi) exercise any other functions provided for in the Statute or in the Rules. (Amended 12 Apr 2001) Rule 25 Dates of Plenary Sessions (Adopted 11 Feb 1994) (A) The dates of the plenary sessions of the Tribunal shall normally be agreed upon in July of each year for the following calendar year. (B) Other plenary meetings shall be convened by the President if so requested by at least nine permanent Judges, and may be convened whenever the exercise of the President’s functions under the Statute or the Rules so requires. (Revised 12 Nov 1997, amended 4 Dec 1998, amended 12 Apr 2001)

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Anhang B Rule 26 Quorum and Vote (Adopted 11 Feb 1994)

(A) The quorum for each plenary meeting of the Tribunal shall be ten permanent Judges. (Amended 4 Dec 1998, amended 12 Apr 2001) (B) Subject to Rules 6 (A), (B) and 18 (C), the decisions of the plenary meetings of the Tribunal shall be taken by the majority of the Judges present. In the event of an equality of votes, the President or the Judge acting in the place of the President shall have a casting vote. (Amended 12 Apr 2001)

SECTION 4: THE CHAMBERS Rule 27 Rotation (Adopted 11 Feb 1994) (A) Permanent Judges shall rotate on a regular basis between the Trial Chambers and the Appeals Chamber. Rotation shall take into account the efficient disposal of cases. (Amended 12 Apr 2001) (B) The Judges shall take their places in their new Chamber as soon as the President thinks it convenient, having regard to the disposal of part-heard cases. (C) The President may at any time temporarily assign a member of a Trial Chamber or of the Appeals Chamber to another Chamber.

Rule 28 Reviewing and Duty Judges (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, amended 23 Apr 1996, revised 12 Nov 1997) (A) On receipt of an indictment for review from the Prosecutor, the Registrar shall consult with the President. The President shall refer the matter to the Bureau which shall determine whether the indictment, prima facie, concentrates on one or more of the most senior leaders suspected of being most responsible for crimes within the jurisdiction of the Tribunal. If the Bureau determines that the indictment meets this standard, the President shall designate one of the permanent Trial Chamber Judges for the review under Rule 47. If the Bureau determines that the indictment does not meet this standard, the President shall return the indictment to the Registrar to communicate this finding to the Prosecutor. (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001, amended 6 Apr 2004) (B) The President, in consultation with the Judges, shall maintain a roster designating one Judge as duty Judge for the assigned period of seven days. The duty Judge shall be available at all times, including out of normal Registry hours, for dealing with applications pursuant to paragraphs (C) and (D) but may refuse to deal with

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any application out of normal Registry hours if not satisfied as to its urgency. The roster of duty Judges shall be published by the Registrar. (Revised 12 Nov 1997, amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001, amended 11 Mar 2005) (C) All applications in a case not otherwise assigned to a Chamber, other than the review of indictments, shall be transmitted to the duty Judge. Where accused are jointly indicted, a submission relating only to an accused who is not in the custody of the Tribunal, other than an application to amend or withdraw part of the indictment pursuant to Rule 50 or Rule 51, shall be transmitted to the duty Judge, notwithstanding that the case has already been assigned to a Chamber in respect of some or all of the co-accused of that accused. The duty Judge shall act pursuant to Rule 54 in dealing with applications under this Rule. (Amended 17 Nov 1999, amended 21 Dec 2001) (D) Where a case has already been assigned to a Trial Chamber: (i) where the application is made out of normal Registry hours, the application shall be dealt with by the duty Judge if satisfied as to its urgency; (ii) where the application is made within the normal Registry hours and the Trial Chamber is unavailable, it shall be dealt with by the duty Judge if satisfied as to its urgency or that it is otherwise appropriate to do so in the absence of the Trial Chamber. In such case, the Registry shall serve a copy of all orders or decisions issued by the duty Judge in connection therewith on the Chamber to which the matter is assigned. (Amended 17 Nov 1999, amended 21 Dec 2001) (E) During periods of court recess, regardless of the Chamber to which he or she is assigned, in addition to applications made pursuant to paragraph (D) above, the duty Judge may: (i) take decisions on provisional detention pursuant to Rule 40 bis; (ii) conduct the initial appearance of an accused pursuant to Rule 62. The Registry shall serve a copy of all orders or decisions issued by the duty Judge in connection therewith on the Chamber to which the matter is assigned. (Amended 14 July 2000, amended 21 Dec 2001) (F) The provisions of this Rule shall apply mutatis mutandis to applications before the Appeals Chamber. (Amended 21 Dec 2001) Rule 29 Deliberations (Adopted 11 Feb 1994) The deliberations of the Chambers shall take place in private and remain secret.

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Anhang B SECTION 5: THE REGISTRY Rule 30 Appointment of the Registrar (Adopted 11 Feb 1994, amended 10 July 1998, amended 12 Apr 2001)

The President shall seek the opinion of the permanent Judges on the candidates for the post of Registrar, before consulting with the Secretary-General of the United Nations pursuant to Article 17, paragraph 3, of the Statute.

Rule 31 Appointment of the Deputy Registrar and Registry Staff (Adopted 11 Feb 1994) The Registrar, after consultation with the Bureau, shall make recommendations to the Secretary-General of the United Nations for the appointment of the Deputy Registrar and other Registry staff.

Rule 32 Solemn Declaration (Adopted 11 Feb 1994) (A) Before taking up duties, the Registrar shall make the following declaration before the President: “I solemnly declare that I will perform the duties incumbent upon me as Registrar of the International Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of the Former Yugoslavia since 1991 in all loyalty, discretion and good conscience and that I will faithfully observe all the provisions of the Statute and the Rules of Procedure and Evidence of the Tribunal\). (Revised 12 Nov 1997) (B) Before taking up duties, the Deputy Registrar shall make a similar declaration before the President. (Revised 12 Nov 1997) (C) Every staff member of the Registry shall make a similar declaration before the Registrar.

Rule 33 Functions of the Registrar (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Registrar shall assist the Chambers, the plenary meetings of the Tribunal, the Judges and the Prosecutor in the performance of their functions. Under the authority of the President, the Registrar shall be responsible for the administration and servicing of the Tribunal and shall serve as its channel of communication. (Revised 12 Nov 1997)

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(B) The Registrar, in the execution of his or her functions, may make oral and written representations to the President or Chambers on any issue arising in the context of a specific case which affects or may affect the discharge of such functions, including that of implementing judicial decisions, with notice to the parties where necessary. (Amended 17 Nov 1999, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (C) The Registrar shall report regularly on his or her activities to the Judges meeting in plenary and to the Prosecutor. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) Rule 33 bis Functions of the Deputy Registrar (Adopted 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (A) The Deputy Registrar shall exercise the functions of the Registrar in the event of the latter’s absence from duty or inability to act or upon the Registrar’s delegation. (B) The Deputy Registrar, in consultation with the President, shall in particular: (i) direct and administer the Chambers Legal Support Section; in particular, in conjunction with the administrative services of the Registry, the Deputy Registrar shall oversee the assignment of appropriate resources to the Chambers with a view to enabling them to accomplish their mission; (ii) take all appropriate measures so that the decisions rendered by the Chambers and Judges are executed, especially sentences and penalties; (iii) make recommendations regarding the missions of the Registry which affect the judicial activity of the Tribunal. Rule 34 Victims and Witnesses Section (Adopted 11 Feb 1994) (A) There shall be set up under the authority of the Registrar a Victims and Witnesses Section consisting of qualified staff to: (i) recommend protective measures for victims and witnesses in accordance with Article 22 of the Statute; and (ii) provide counselling and support for them, in particular in cases of rape and sexual assault. (Amended 2 July 1999) (B) Due consideration shall be given, in the appointment of staff, to the employment of qualified women.

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Anhang B Rule 35 Minutes (Adopted 11 Feb 1994, revised 12 Nov 1997)

Except where a full record is made under Rule 81, the Registrar, or Registry staff designated by the Registrar, shall take minutes of the plenary meetings of the Tribunal and of the sittings of the Chambers, other than private deliberations. Rule 36 Record Book (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) The Registrar shall keep a Record Book which shall list, subject to any Practice Direction under Rule 19 or any order of a Judge or Chamber providing for the non-disclosure of any document or information, all the particulars of each case brought before the Tribunal. The Record Book shall be open to the public. SECTION 6: THE PROSECUTOR Rule 37 Functions of the Prosecutor (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Prosecutor shall perform all the functions provided by the Statute in accordance with the Rules and such Regulations, consistent with the Statute and the Rules, as may be framed by the Prosecutor. Any alleged inconsistency in the Regulations shall be brought to the attention of the Bureau to whose opinion the Prosecutor shall defer. (Revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) (B) The Prosecutor’s powers and duties under the Rules may be exercised by staff members of the Office of the Prosecutor authorised by the Prosecutor, or by any person acting under the Prosecutor’s direction. (Amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997) Rule 38 Deputy Prosecutor (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Prosecutor shall make recommendations to the Secretary-General of the United Nations for the appointment of a Deputy Prosecutor. (Revised 12 Nov 1997) (B) The Deputy Prosecutor shall exercise the functions of the Prosecutor in the event of the latter’s absence from duty or inability to act or upon the Prosecutor’s express instructions. (Amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997)

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PART FOUR INVESTIGATIONS AND RIGHTS OF SUSPECTS SECTION 1: INVESTIGATIONS Rule 39 Conduct of Investigations (Adopted 11 Feb 1994) In the conduct of an investigation, the Prosecutor may: (i) summon and question suspects, victims and witnesses and record their statements, collect evidence and conduct on-site investigations; (ii) undertake such other matters as may appear necessary for completing the investigation and the preparation and conduct of the prosecution at the trial, including the taking of special measures to provide for the safety of potential witnesses and informants; (Revised 30 Jan 1995) (iii) seek, to that end, the assistance of any State authority concerned, as well as of any relevant international body including the International Criminal Police Organization (INTERPOL); and (iv) request such orders as may be necessary from a Trial Chamber or a Judge. Rule 40 Provisional Measures (Adopted 11 Feb 1994) In case of urgency, the Prosecutor may request any State: (i) to arrest a suspect or an accused provisionally; (Amended 4 Dec 1998) (ii) to seise physical evidence; (iii) to take all necessary measures to prevent the escape of a suspect or an accused, injury to or intimidation of a victim or witness, or the destruction of evidence. The State concerned shall comply forthwith, in accordance with Article 29 of the Statute. (Revised 30 Jan 1995) Rule 40 bis Transfer and Provisional Detention of Suspects (Adopted 23 Apr 1996) (A) In the conduct of an investigation, the Prosecutor may transmit to the Registrar, for an order by a Judge assigned pursuant to Rule 28, a request for the transfer to and provisional detention of a suspect in the premises of the detention unit of the

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Anhang B Tribunal. This request shall indicate the grounds upon which the request is made and, unless the Prosecutor wishes only to question the suspect, shall include a provisional charge and a summary of the material upon which the Prosecutor relies.

(B) The Judge shall order the transfer and provisional detention of the suspect if the following conditions are met: (i) the Prosecutor has requested a State to arrest the suspect provisionally, in accordance with Rule 40, or the suspect is otherwise detained by State authorities; (ii) after hearing the Prosecutor, the Judge considers that there is a reliable and consistent body of material which tends to show that the suspect may have committed a crime over which the Tribunal has jurisdiction; and (iii) the Judge considers provisional detention to be a necessary measure to prevent the escape of the suspect, injury to or intimidation of a victim or witness or the destruction of evidence, or to be otherwise necessary for the conduct of the investigation. (C) The order for the transfer and provisional detention of the suspect shall be signed by the Judge and bear the seal of the Tribunal. The order shall set forth the basis of the application made by the Prosecutor under paragraph (A), including the provisional charge, and shall state the Judge’s grounds for making the order, having regard to paragraph (B). The order shall also specify the initial time-limit for the provisional detention of the suspect, and be accompanied by a statement of the rights of a suspect, as specified in this Rule and in Rules 42 and 43. (Amended 12 Apr 2001) (D) The provisional detention of a suspect shall be ordered for a period not exceeding thirty days from the date of the transfer of the suspect to the seat of the Tribunal. At the end of that period, at the Prosecutor’s request, the Judge who made the order, or another permanent Judge of the same Trial Chamber, may decide, subsequent to an inter partes hearing of the Prosecutor and the suspect assisted by counsel, to extend the detention for a period not exceeding thirty days, if warranted by the needs of the investigation. At the end of that extension, at the Prosecutor’s request, the Judge who made the order, or another permanent Judge of the same Trial Chamber, may decide, subsequent to an inter partes hearing of the Prosecutor and the suspect assisted by counsel, to extend the detention for a further period not exceeding thirty days, if warranted by special circumstances. The total period of detention shall in no case exceed ninety days, at the end of which, in the event the indictment has not been confirmed and an arrest warrant signed, the suspect shall be released or, if appropriate, be delivered to the authorities of the requested State. (Amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 12 Apr 2001) (E) The provisions in Rules 55 (B) to 59 bis shall apply mutatis mutandis to the execution of the transfer order and the provisional detention order relative to a suspect. (F) After being transferred to the seat of the Tribunal, the suspect, assisted by counsel, shall be brought, without delay, before the Judge who made the order, or another permanent Judge of the same Trial Chamber, who shall ensure that the rights of the suspect are respected. (Revised 12 Nov 1997, amended 12 Apr 2001)

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(G) During detention, the Prosecutor and the suspect or the suspect’s counsel may submit to the Trial Chamber of which the Judge who made the order is a member, all applications relative to the propriety of provisional detention or to the suspect’s release. (Revised 12 Nov 1997) (H) Without prejudice to paragraph (D), the Rules relating to the detention on remand of accused persons shall apply mutatis mutandis to the provisional detention of persons under this Rule. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) Rule 41 Retention of Information (Adopted 11 Feb 1994, revised 12 Nov 1997, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) Subject to Rule 81, the Prosecutor shall be responsible for the retention, storage and security of information and physical material obtained in the course of the Prosecutor’s investigations until formally tendered into evidence. Rule 42 Rights of Suspects during Investigation (Adopted 11 Feb 1994) (A) A suspect who is to be questioned by the Prosecutor shall have the following rights, of which the Prosecutor shall inform the suspect prior to questioning, in a language the suspect understands: (i) the right to be assisted by counsel of the suspect’s choice or to be assigned legal assistance without payment if the suspect does not have sufficient means to pay for it; (Revised 30 Jan 1995) (ii) the right to have the free assistance of an interpreter if the suspect cannot understand or speak the language to be used for questioning; and (Revised 30 Jan 1995) (iii) the right to remain silent, and to be cautioned that any statement the suspect makes shall be recorded and may be used in evidence. (Revised 30 Jan 1995) (Revised 12 Nov 1997, amended 21 July 2005) (B) Questioning of a suspect shall not proceed without the presence of counsel unless the suspect has voluntarily waived the right to counsel. In case of waiver, if the suspect subsequently expresses a desire to have counsel, questioning shall thereupon cease, and shall only resume when the suspect has obtained or has been assigned counsel. (Revised 12 Nov 1997)

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Anhang B Rule 43 Recording Questioning of Suspects (Adopted 11 Feb 1994)

Whenever the Prosecutor questions a suspect, the questioning shall be audio-recorded or video-recorded, in accordance with the following procedure: (i) the suspect shall be informed in a language the suspect understands that the questioning is being audio-recorded or video-recorded; (Amended 6 Oct 1995, revised 12 Nov 1997, amended 21 July 2005) (ii) in the event of a break in the course of the questioning, the fact and the time of the break shall be recorded before audio-recording or video-recording ends and the time of resumption of the questioning shall also be recorded; (Amended 6 Oct 1995) (iii) at the conclusion of the questioning the suspect shall be offered the opportunity to clarify anything the suspect has said, and to add anything the suspect may wish, and the time of conclusion shall be recorded; (Revised 12 Nov 1997) (iv) a copy of the recorded tape will be supplied to the suspect or, if multiple recording apparatus was used, one of the original recorded tapes; (Revised 30 Jan 1995, amended 12 Dec 2002) (v) after a copy has been made, if necessary, of the recorded tape, the original recorded tape or one of the original tapes shall be sealed in the presence of the suspect under the signature of the Prosecutor and the suspect; and (Amended 12 Dec 2002) (vi) the tape shall be transcribed if the suspect becomes an accused. (Amended 12 Dec 2002) (Amended 6 Oct 1995)

SECTION 2: OF COUNSEL Rule 44 Appointment, Qualifications and Duties of Counsel (Adopted 11 Feb 1994, amended 25 July 1997) (A) Counsel engaged by a suspect or an accused shall file a power of attorney with the Registrar at the earliest opportunity. Subject to any determination by a Chamber pursuant to Rule 46 or 77, a counsel shall be considered qualified to represent a suspect or accused if the counsel satisfies the Registrar that he or she: (i) is admitted to the practice of law in a State, or is a university professor of law; (ii) has written and oral proficiency in one of the two working languages of the Tribunal, unless the Registrar deems it in the interests of justice to waive this requirement, as provided for in paragraph (B);

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(iii) is a member in good standing of an association of counsel practicing at the Tribunal recognised by the Registrar; (iv) has not been found guilty or otherwise disciplined in relevant disciplinary proceedings against him in a national or international forum, including proceedings pursuant to the Code of Professional Conduct for Defence Counsel Appearing Before the International Tribunal, unless the Registrar deems that, in the circumstances, it would be disproportionate to exclude such counsel; (v) has not been found guilty in relevant criminal proceedings; (vi) has not engaged in conduct whether in pursuit of his or her profession or otherwise which is dishonest or otherwise discreditable to a counsel, prejudicial to the administration of justice, or likely to diminish public confidence in the International Tribunal or the administration of justice, or otherwise bring the International Tribunal into disrepute; and (vii) has not provided false or misleading information in relation to his or her qualifications and fitness to practice or failed to provide relevant information. (Revised 12 Nov 1997, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 14 July 2000, amended 13 Dec 2001, amended 12 July 2002, amended 28 July 2004) (B) At the request of the suspect or accused and where the interests of justice so demand, the Registrar may admit a counsel who does not speak either of the two working languages of the Tribunal but who speaks the native language of the suspect or accused. The Registrar may impose such conditions as deemed appropriate, including the requirement that the counsel or accused undertake to meet all translations and interpretation costs not usually met by the Tribunal, and counsel undertakes not to request any extensions of time as a result of the fact that he does not speak one of the working languages. A suspect or accused may seek the President’s review of the Registrar’s decision. (Amended 14 July 2000, amended 28 July 2004) (C) In the performance of their duties counsel shall be subject to the relevant provisions of the Statute, the Rules, the Rules of Detention and any other rules or regulations adopted by the Tribunal, the Host Country Agreement, the Code of Professional Conduct for Defence Counsel Appearing Before the International Tribunal and the codes of practice and ethics governing their profession and, if applicable, the Directive on the Assignment of Defence Counsel adopted by the Registrar and approved by the permanent Judges. (Amended 25 July 1997, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 13 Dec 2001, amended 28 July 2004) (D) An Advisory Panel shall be established to assist the President and the Registrar in all matters relating to defence counsel. The Panel members shall be selected from representatives of professional associations and from counsel who have appeared before the Tribunal. They shall have recognised professional legal experience. The composition of the Advisory Panel shall be representative of the different legal systems. A Directive of the Registrar shall set out the structure and areas of responsibility of the Advisory Panel. (Amended 14 July 2000)

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Anhang B Rule 45 Assignment of Counsel (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997)

(A) Whenever the interests of justice so demand, counsel shall be assigned to suspects or accused who lack the means to remunerate such counsel. Such assignments shall be treated in accordance with the procedure established in a Directive set out by the Registrar and approved by the permanent Judges. (Amended 14 July 2000, amended 12 Apr 2001) (B) For this purpose, the Registrar shall maintain a list of counsel who: (i) fulfil all the requirements of Rule 44, although the language requirement of Rule 44 (A)(ii) may be waived by the Registrar as provided for in the Directive; (ii) possess established competence in criminal law and/or international criminal law/international humanitarian law/international human rights law; (iii) possess at least seven years of relevant experience, whether as a judge, prosecutor, attorney or in some other capacity, in criminal proceedings; and (iv) have indicated their availability and willingness to be assigned by the Tribunal to any person detained under the authority of the Tribunal lacking the means to remunerate counsel, under the terms set out in the Directive. (Amended 25 June 1996 and 5 July 1996, amended 14 July 2000, amended 28 July 2004) (C) The Registrar shall maintain a separate list of counsel who, in addition to fulfilling the qualification requirements set out in paragraph (B), are readily available as “duty counsel\) for assignment to an accused for the purposes of the initial appearance, in accordance with Rule 62. (Amended 10 July 1998, amended 14 July 2000, amended 28 July 2004) (D) The Registrar shall, in consultation with the permanent Judges, establish the criteria for the payment of fees to assigned counsel. (Amended 12 Apr 2001, amended 12 Dec 2002) (E) Where a person is assigned counsel and is subsequently found not to be lacking the means to remunerate counsel, the Chamber may, on application by the Registrar, make an order of contribution to recover the cost of providing counsel. (Revised 30 Jan 1995, amended 14 July 2000, amended 28 July 2004) (F) A suspect or an accused electing to conduct his or her own defence shall so notify the Registrar in writing at the first opportunity. (Revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997)

Rule 45 bis Detained Persons (Adopted 25 June 1996 and 5 July 1996) Rules 44 and 45 shall apply to any person detained under the authority of the Tribunal.

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Rule 46 Misconduct of Counsel (Adopted 11 Feb 1994, amended 13 Dec 2001) (A) If a Judge or a Chamber finds that the conduct of a counsel is offensive, abusive or otherwise obstructs the proper conduct of the proceedings, or that a counsel is negligent or otherwise fails to meet the standard of professional competence and ethics in the performance of his duties, the Chamber may, after giving counsel due warning: (i) refuse audience to that counsel; and/or (ii) determine, after giving counsel an opportunity to be heard, that counsel is no longer eligible to represent a suspect or an accused before the Tribunal pursuant to Rule 44 and 45. (Revised 12 Nov 1997, amended 13 Dec 2001, amended 28 July 2004) (B) A Judge or a Chamber may also, with the approval of the President, communicate any misconduct of counsel to the professional body regulating the conduct of counsel in the counsel’s State of admission or, if a university professor of law and not otherwise admitted to the profession, to the governing body of that counsel’s University. (Revised 12 Nov 1997, amended 28 July 2004) (C) Under the supervision of the President, the Registrar shall publish and oversee the implementation of a Code of Professional Conduct for defence counsel. (Amended 14 July 2000)

PART FIVE PRE-TRIAL PROCEEDINGS SECTION 1: INDICTMENTS Rule 47 Submission of Indictment by the Prosecutor (Adopted 11 Feb 1994, amended 25 July 1997) (A) An indictment, submitted in accordance with the following procedure, shall be reviewed by a Judge designated in accordance with Rule 28 for this purpose. (Amended 25 July 1997) (B) The Prosecutor, if satisfied in the course of an investigation that there is sufficient evidence to provide reasonable grounds for believing that a suspect has committed a crime within the jurisdiction of the Tribunal, shall prepare and forward to the Registrar an indictment for confirmation by a Judge, together with supporting material. (Revised 12 Nov 1997) (C) The indictment shall set forth the name and particulars of the suspect, and a concise statement of the facts of the case and of the crime with which the suspect is charged.

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Anhang B

(D) The Registrar shall forward the indictment and accompanying material to the designated Judge, who will inform the Prosecutor of the date fixed for review of the indictment. (Revised 30 Jan 1995, amended 25 July 1997) (E) The reviewing Judge shall examine each of the counts in the indictment, and any supporting materials the Prosecutor may provide, to determine, applying the standard set forth in Article 19, paragraph 1, of the Statute, whether a case exists against the suspect. (Amended 25 July 1997) (F) The reviewing Judge may: (i) request the Prosecutor to present additional material in support of any or all counts; (Amended 10 July 1998, amended 2 July 1999) (ii) confirm each count; (iii) dismiss each count; or (iv) adjourn the review so as to give the Prosecutor the opportunity to modify the indictment. (Amended 25 July 1997) (G) The indictment as confirmed by the Judge shall be retained by the Registrar, who shall prepare certified copies bearing the seal of the Tribunal. If the accused does not understand either of the official languages of the Tribunal and if the language understood is known to the Registrar, a translation of the indictment in that language shall also be prepared, and shall be included as part of each certified copy of the indictment. (Revised 12 Nov 1997) (H) Upon confirmation of any or all counts in the indictment, (i) the Judge may issue an arrest warrant, in accordance with Rule 55 (A), and any orders as provided in Article 19 of the Statute, and (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (ii) the suspect shall have the status of an accused. (Amended 25 July 1997) (I) The dismissal of a count in an indictment shall not preclude the Prosecutor from subsequently bringing an amended indictment based on the acts underlying that count if supported by additional evidence. (Amended 25 July 1997) Rule 48 Joinder of Accused (Adopted 11 Feb 1994) Persons accused of the same or different crimes committed in the course of the same transaction may be jointly charged and tried.

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Rule 49 Joinder of Crimes (Adopted 11 Feb 1994) Two or more crimes may be joined in one indictment if the series of acts committed together form the same transaction, and the said crimes were committed by the same accused. Rule 50 Amendment of Indictment (Adopted 11 Feb 1994) (A) (i) The Prosecutor may amend an indictment: (a) at any time before its confirmation, without leave; (Amended 17 Nov 1999, amended 14 July 2000) (b) between its confirmation and the assignment of the case to a Trial Chamber, with the leave of the Judge who confirmed the indictment, or a Judge assigned by the President; and (Amended 10 July 1998, amended 17 Nov 1999, amended 14 July 2000) (c) after the assignment of the case to a Trial Chamber, with the leave of that Trial Chamber or a Judge of that Chamber, after having heard the parties. (Amended 17 Nov 1999, amended 14 July 2000) (ii) Independently of any other factors relevant to the exercise of the discretion, leave to amend an indictment shall not be granted unless the Trial Chamber or Judge is satisfied there is evidence which satisfies the standard set forth in Article 19, paragraph 1, of the Statute to support the proposed amendment. (Amended 10 July 1998, amended 17 Nov 1999, amended 14 July 2000, amended 28 July 2004) (iii) Further confirmation is not required where an indictment is amended by leave. (Amended 28 July 2004) (iv) Rule 47 (G) and Rule 53 bis apply mutatis mutandis to the amended indictment. (Amended 18 Jan 1996, amended 3 Dec 1996, revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998) (B) If the amended indictment includes new charges and the accused has already appeared before a Trial Chamber in accordance with Rule 62, a further appearance shall be held as soon as practicable to enable the accused to enter a plea on the new charges. (Amended 18 Jan 1996) (C) The accused shall have a further period of thirty days in which to file preliminary motions pursuant to Rule 72 in respect of the new charges and, where necessary, the date for trial may be postponed to ensure adequate time for the preparation of the defence. (Amended 18 Jan 1996, revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998)

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Anhang B Rule 51 Withdrawal of Indictment (Adopted 11 Feb 1994)

(A) The Prosecutor may withdraw an indictment: (i) at any time before its confirmation, without leave; (Amended 12 Dec 2002) (ii) between its confirmation and the assignment of the case to a Trial Chamber, with the leave of the Judge who confirmed the indictment, or a Judge assigned by the President; and (Amended 12 Dec 2002) (iii) after the assignment of the case to a Trial Chamber, by motion before that Trial Chamber pursuant to Rule 73. (Amended 12 Dec 2002) (Amended 3 Dec 1996, revised 12 Nov 1997) (B) The withdrawal of the indictment shall be promptly notified to the suspect or the accused and to the counsel of the suspect or accused. (Revised 12 Nov 1997)

Rule 52 Public Character of Indictment (Adopted 11 Feb 1994) Subject to Rule 53, upon confirmation by a Judge of a Trial Chamber, the indictment shall be made public.

Rule 53 Non-disclosure (Adopted 11 Feb 1994) (A) In exceptional circumstances, a Judge or a Trial Chamber may, in the interests of justice, order the non-disclosure to the public of any documents or information until further order. (Amended 25 June 1996 and 5 July 1996) (B) When confirming an indictment the Judge may, in consultation with the Prosecutor, order that there be no public disclosure of the indictment until it is served on the accused, or, in the case of joint accused, on all the accused. (C) A Judge or Trial Chamber may, in consultation with the Prosecutor, also order that there be no disclosure of an indictment, or part thereof, or of all or any part of any particular document or information, if satisfied that the making of such an order is required to give effect to a provision of the Rules, to protect confidential information obtained by the Prosecutor, or is otherwise in the interests of justice. (Revised 30 Jan 1995) (D) Notwithstanding paragraphs (A), (B) and (C), the Prosecutor may disclose an indictment or part thereof to the authorities of a State or an appropriate authority or international body where the Prosecutor deems it necessary to prevent an opportunity for securing the possible arrest of an accused from being lost. (Amended 4 Dec 1998, amended 12 Apr 2001)

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Rule 53 bis Service of Indictment (Adopted 12 Nov 1997) (A) Service of the indictment shall be effected personally on the accused at the time the accused is taken into custody or as soon as reasonably practicable thereafter. (B) Personal service of an indictment on the accused is effected by giving the accused a copy of the indictment certified in accordance with Rule 47 (G).

SECTION 2: ORDERS & WARRANTS Rule 54 General Rule (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, amended 6 Oct 1995) At the request of either party or proprio motu, a Judge or a Trial Chamber may issue such orders, summonses, subpoenas, warrants and transfer orders as may be necessary for the purposes of an investigation or for the preparation or conduct of the trial.

Rule 54 bis Orders Directed to States for the Production of Documents (Adopted 17 Nov 1999) (A) A party requesting an order under Rule 54 that a State produce documents or information shall apply in writing to the relevant Judge or Trial Chamber and shall: (i) identify as far as possible the documents or information to which the application relates; (ii) indicate how they are relevant to any matter in issue before the Judge or Trial Chamber and necessary for a fair determination of that matter; and (iii) explain the steps that have been taken by the applicant to secure the State’s assistance. (B) The Judge or Trial Chamber may reject an application under paragraph (A) in limine if satisfied that: (i) the documents or information are not relevant to any matter in issue in the proceedings before them or are not necessary for a fair determination of any such matter; or (ii) no reasonable steps have been taken by the applicant to obtain the documents or information from the State. (Amended 12 Apr 2001)

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Anhang B

(C) (i) A decision by a Judge or a Trial Chamber under paragraph (B) or (E) shall be subject to: (a) review under Rule 108 bis; or (b) appeal. (Amended 21 July 2005) (ii) An appeal under paragraph (i) shall be filed within seven days of filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, this time-limit shall run from the date of the oral decision, unless (a) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (b) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case the time-limit shall run from filing of the written decision. (Amended 21 July 2005) (Amended 12 Apr 2001, amended 13 Dec 2001, amended 12 Dec 2002) (D) (i) Except in cases where a decision has been taken pursuant to paragraph (B) or paragraph (E), the State concerned shall be given notice of the application, and not less than fifteen days’ notice of the hearing of the application, at which the State shall have an opportunity to be heard. (Amended 12 Apr 2001) (ii) Except in cases where the Judge or Trial Chamber determines otherwise, only the party making the application and the State concerned shall have the right to be heard. (Amended 13 Dec 2001) (E) If, having regard to all circumstances, the Judge or Trial Chamber has good reasons for so doing, the Judge or Trial Chamber may make an order to which this Rule applies without giving the State concerned notice or the opportunity to be heard under paragraph (D), and the following provisions shall apply to such an order: (i) the order shall be served on the State concerned; (ii) subject to paragraph (iv), the order shall not have effect until fifteen days after such service; (iii) a State may, within fifteen days of service of the order, apply by notice to the Judge or Trial Chamber to have the order set aside, on the grounds that disclosure would prejudice national security interests. Paragraph (F) shall apply to such a notice as it does to a notice of objection (Amended 12 Apr 2001); (iv) where notice is given under paragraph (iii), the order shall thereupon be stayed until the decision on the application; (v) paragraphs (F) and (G) shall apply to the determination of an application made pursuant to paragraph (iii) as they do to the determination of an application of which notice is given pursuant to paragraph (D) (Amended 12 Apr 2001);

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(vi) the State and the party who applied for the order shall, subject to any special measures made pursuant to a request under paragraphs (F) or (G), have an opportunity to be heard at the hearing of an application made pursuant to paragraph (E)(iii) of this Rule. (Amended 12 Apr 2001) (Amended 12 Apr 2001) (F) The State, if it raises an objection pursuant to paragraph (D), on the grounds that disclosure would prejudice its national security interests, shall file a notice of objection not less than five days before the date fixed for the hearing, specifying the grounds of objection. In its notice of objection the State: (i) shall identify, as far as possible, the basis upon which it claims that its national security interests will be prejudiced; and (ii) may request the Judge or Trial Chamber to direct that appropriate protective measures be made for the hearing of the objection, including in particular: (a) hearing the objection in camera and ex parte; (b) allowing documents to be submitted in redacted form, accompanied by an affidavit signed by a senior State official explaining the reasons for the redaction; (c) ordering that no transcripts be made of the hearing and that documents not further required by the Tribunal be returned directly to the State without being filed with the Registry or otherwise retained. (Amended 12 Apr 2001) (G) With regard to the procedure under paragraph (F) above, the Judge or Trial Chamber may order the following protective measures for the hearing of the objection: (i) the designation of a single Judge from a Chamber to examine the documents or hear submissions; and/or (ii) that the State be allowed to provide its own interpreters for the hearing and its own translations of sensitive documents. (Amended 12 Apr 2001) (H) Rejection of an application made under this Rule shall not preclude a subsequent application by the requesting party in respect of the same documents or information if new circumstances arise. (I) An order under this Rule may provide for the documents or information in question to be produced by the State under appropriate arrangements to protect its interests, which may include those arrangements specified in paragraphs (F)(ii) or (G). (Amended 12 Apr 2001)

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Anhang B Rule 55 Execution of Arrest Warrants (Adopted 11 Feb 1994)

(A) A warrant of arrest shall be signed by a permanent Judge. It shall include an order for the prompt transfer of the accused to the Tribunal upon the arrest of the accused. (Revised 12 Nov 1997, amended 12 Apr 2001) (B) The original warrant shall be retained by the Registrar, who shall prepare certified copies bearing the seal of the Tribunal. (Revised 12 Nov 1997) (C) Each certified copy shall be accompanied by a copy of the indictment certified in accordance with Rule 47 (G) and a statement of the rights of the accused set forth in Article 21 of the Statute, and in Rules 42 and 43 mutatis mutandis. If the accused does not understand either of the official languages of the Tribunal and if the language understood by the accused is known to the Registrar, each certified copy of the warrant of arrest shall also be accompanied by a translation of the statement of the rights of the accused in that language. (Revised 12 Nov 1997) (D) Subject to any order of a Judge or Chamber, the Registrar may transmit a certified copy of a warrant of arrest to the person or authorities to which it is addressed, including the national authorities of a State in whose territory or under whose jurisdiction the accused resides, or was last known to be, or is believed by the Registrar to be likely to be found. (Revised 30 Jan 1995, amended 18 Jan 1996, amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997) (E) The Registrar shall instruct the person or authorities to which a warrant is transmitted that at the time of arrest the indictment and the statement of the rights of the accused be read to the accused in a language that he or she understands and that the accused be cautioned in that language that the accused has the right to remain silent, and that any statement he or she makes shall be recorded and may be used in evidence. (Revised 30 Jan 1995, amended 18 Jan 1996, amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997) (F) Notwithstanding paragraph (E), if at the time of arrest the accused is served with, or with a translation of, the indictment and the statement of rights of the accused in a language that the accused understands and is able to read, these need not be read to the accused at the time of arrest. (Revised 12 Nov 1997, amended 12 Apr 2001) (G) When an arrest warrant issued by the Tribunal is executed by the authorities of a State, or an appropriate authority or international body, a member of the Office of the Prosecutor may be present as from the time of the arrest. (Revised 12 Nov 1997) Rule 56 Cooperation of States (Adopted 11 Feb 1994, amended 18 Jan 1996) The State to which a warrant of arrest or a transfer order for a witness is transmitted shall act promptly and with all due diligence to ensure proper and effective execution thereof, in accordance with Article 29 of the Statute.

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Rule 57 Procedure after Arrest (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) Upon arrest, the accused shall be detained by the State concerned which shall promptly notify the Registrar. The transfer of the accused to the seat of the Tribunal shall be arranged between the State authorities concerned, the authorities of the host country and the Registrar.

Rule 58 National Extradition Provisions (Adopted 11 Feb 1994, amended 6 Oct 1995) The obligations laid down in Article 29 of the Statute shall prevail over any legal impediment to the surrender or transfer of the accused or of a witness to the Tribunal which may exist under the national law or extradition treaties of the State concerned.

Rule 59 Failure to Execute a Warrant or Transfer Order (Adopted 11 Feb 1994, amended 18 Jan 1996) (A) Where the State to which a warrant of arrest or transfer order has been transmitted has been unable to execute the warrant, it shall report forthwith its inability to the Registrar, and the reasons therefor. (B) If, within a reasonable time after the warrant of arrest or transfer order has been transmitted to the State, no report is made on action taken, this shall be deemed a failure to execute the warrant of arrest or transfer order and the Tribunal, through the President, may notify the Security Council accordingly.

Rule 59 bis Transmission of Arrest Warrants (Adopted 18 Jan 1996) (A) Notwithstanding Rules 55 to 59, on the order of a permanent Judge, the Registrar shall transmit to an appropriate authority or international body or the Prosecutor a copy of a warrant for the arrest of an accused, on such terms as the Judge may determine, together with an order for the prompt transfer of the accused to the Tribunal in the event that the accused be taken into custody by that authority or international body or the Prosecutor. (Amended 25 June 1996 and 5 July 1996, revised 12 Nov 1997, amended 12 Apr 2001) (B) At the time of being taken into custody an accused shall be informed immediately, in a language the accused understands, of the charges against him or her and of the fact that he or she is being transferred to the Tribunal. Upon such

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Anhang B transfer, the indictment and a statement of the rights of the accused shall be read to the accused and the accused shall be cautioned in such a language. (Revised 12 Nov 1997)

(C) Notwithstanding paragraph (B), the indictment and statement of rights of the accused need not be read to the accused if the accused is served with these, or with a translation of these, in a language the accused understands and is able to read. (Revised 12 Nov 1997, amended 12 Apr 2001)

Rule 60 Advertisement of Indictment (Adopted 11 Feb 1994, amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997) At the request of the Prosecutor, a form of advertisement shall be transmitted by the Registrar to the national authorities of any State or States, for publication in newspapers or for broadcast via radio and television, notifying publicly the existence of an indictment and calling upon the accused to surrender to the Tribunal and inviting any person with information as to the whereabouts of the accused to communicate that information to the Tribunal.

Rule 61 Procedure in Case of Failure to Execute a Warrant (Adopted 11 Feb 1994) (A) If, within a reasonable time, a warrant of arrest has not been executed, and personal service of the indictment has consequently not been effected, the Judge who confirmed the indictment shall invite the Prosecutor to report on the measures taken. When the Judge is satisfied that: (i) the Registrar and the Prosecutor have taken all reasonable steps to secure the arrest of the accused, including recourse to the appropriate authorities of the State in whose territory or under whose jurisdiction and control the person to be served resides or was last known to them to be; and (Amended 18 Jan 1996, revised 12 Nov 1997) (ii) if the whereabouts of the accused are unknown, the Prosecutor and the Registrar have taken all reasonable steps to ascertain those whereabouts, including by seeking publication of advertisements pursuant to Rule 60, (Amended 18 Jan 1996, revised 12 Nov 1997, amended 4 Dec 1998) the Judge shall order that the indictment be submitted by the Prosecutor to the Trial Chamber of which the Judge is a member. (Amended 3 May 1995, amended 18 Jan 1996, revised 12 Nov 1997, amended 4 Dec 1998) (B) Upon obtaining such an order the Prosecutor shall submit the indictment to the Trial Chamber in open court, together with all the evidence that was before the Judge who initially confirmed the indictment. The Prosecutor may also call before the Trial Chamber and examine any witness whose statement has been submitted

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to the confirming Judge. In addition, the Trial Chamber may request the Prosecutor to call any other witness whose statement has been submitted to the confirming Judge. (Revised 30 Jan 1995, amended 25 July 1997) (C) If the Trial Chamber is satisfied on that evidence, together with such additional evidence as the Prosecutor may tender, that there are reasonable grounds for believing that the accused has committed all or any of the crimes charged in the indictment, it shall so determine. The Trial Chamber shall have the relevant parts of the indictment read out by the Prosecutor together with an account of the efforts to effect service referred to in paragraph (A) above. (Amended 12 Apr 2001) (D) The Trial Chamber shall also issue an international arrest warrant in respect of the accused which shall be transmitted to all States. Upon request by the Prosecutor or proprio motu, after having heard the Prosecutor, the Trial Chamber may order a State or States to adopt provisional measures to freeze the assets of the accused, without prejudice to the rights of third parties. (Amended 23 Apr 1996) (E) If the Prosecutor satisfies the Trial Chamber that the failure to effect personal service was due in whole or in part to a failure or refusal of a State to cooperate with the Tribunal in accordance with Article 29 of the Statute, the Trial Chamber shall so certify. After consulting the Presiding Judges of the Chambers, the President shall notify the Security Council thereof in such manner as the President thinks fit. (Amended 18 Jan 1996)

SECTION 3: PRELIMINARY PROCEEDINGS Rule 62 Initial Appearance of Accused (Adopted 11 Feb 1994) (A) Upon transfer of an accused to the seat of the Tribunal, the President shall forthwith assign the case to a Trial Chamber. The accused shall be brought before that Trial Chamber or a Judge thereof without delay, and shall be formally charged. The Trial Chamber or the Judge shall: (i) satisfy itself, himself or herself that the right of the accused to counsel is respected; (Amended 17 Nov 1999) (ii) read or have the indictment read to the accused in a language the accused understands, and satisfy itself, himself or herself that the accused understands the indictment; (Revised 12 Nov 1997, amended 17 Nov 1999, amended 24 June 2003) (iii) inform the accused that, within thirty days of the initial appearance, he or she will be called upon to enter a plea of guilty or not guilty on each count but that, should the accused so request, he or she may immediately enter a plea of guilty or not guilty on one or more count; (Amended 4 Dec 1998)

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Anhang B (iv) if the accused fails to enter a plea at the initial or any further appearance, enter a plea of not guilty on the accused’s behalf; (Amended 15 June 1995, revised 12 Nov 1997, amended 4 Dec 1998) (v) in case of a plea of not guilty, instruct the Registrar to set a date for trial; (Revised 30 Jan 1995) (vi) in case of a plea of guilty: (a) if before the Trial Chamber, act in accordance with Rule 62 bis, or (Amended 17 Nov 1999) (b) if before a Judge, refer the plea to the Trial Chamber so that it may act in accordance with Rule 62 bis; (Amended 17 Nov 1999) (Revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) (vii) instruct the Registrar to set such other dates as appropriate. (Revised 30 Jan 1995) (Revised 12 Nov 1997, amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001, amended 17 July 2003)

(B) Where the interests of justice so require, the Registrar may assign a duty counsel as within Rule 45 (C) to represent the accused at the initial appearance. Such assignments shall be treated in accordance with the relevant provisions of the Directive referred to in Rule 45 (A). (Amended 28 July 2004) Rule 62 bis Guilty Pleas (Adopted 12 Nov 1997) If an accused pleads guilty in accordance with Rule 62 (vi), or requests to change his or her plea to guilty and the Trial Chamber is satisfied that: (i) the guilty plea has been made voluntarily; (ii) the guilty plea is informed; (Amended 17 Nov 1999) (iii) the guilty plea is not equivocal; and (iv) there is a sufficient factual basis for the crime and the accused’s participation in it, either on the basis of independent indicia or on lack of any material disagreement between the parties about the facts of the case, the Trial Chamber may enter a finding of guilt and instruct the Registrar to set a date for the sentencing hearing. (Amended 10 July 1998, amended 4 Dec 1998)

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Rule 62 ter Plea Agreement Procedure (Adopted 13 Dec 2001) (A) The Prosecutor and the defence may agree that, upon the accused entering a plea of guilty to the indictment or to one or more counts of the indictment, the Prosecutor shall do one or more of the following before the Trial Chamber: (i) apply to amend the indictment accordingly; (ii) submit that a specific sentence or sentencing range is appropriate; (iii) not oppose a request by the accused for a particular sentence or sentencing range. (B) The Trial Chamber shall not be bound by any agreement specified in paragraph (A). (C) If a plea agreement has been reached by the parties, the Trial Chamber shall require the disclosure of the agreement in open session or, on a showing of good cause, in closed session, at the time the accused pleads guilty in accordance with Rule 62 (vi), or requests to change his or her plea to guilty. Rule 63 Questioning of Accused (Adopted 11 Feb 1994, amended 3 Dec 1996) (A) Questioning by the Prosecutor of an accused, including after the initial appearance, shall not proceed without the presence of counsel unless the accused has voluntarily and expressly agreed to proceed without counsel present. If the accused subsequently expresses a desire to have counsel, questioning shall thereupon cease, and shall only resume when the accused’s counsel is present. (B) The questioning, including any waiver of the right to counsel, shall be audiorecorded or video-recorded in accordance with the procedure provided for in Rule 43. The Prosecutor shall at the beginning of the questioning caution the accused in accordance with Rule 42 (A)(iii). Rule 64 Detention on Remand (Adopted 11 Feb 1994, amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997) Upon being transferred to the seat of the Tribunal, the accused shall be detained in facilities provided by the host country, or by another country. In exceptional circumstances, the accused may be held in facilities outside of the host country. The President may, on the application of a party, request modification of the conditions of detention of an accused.

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Anhang B Rule 65 Provisional Release (Adopted 11 Feb 1994)

(A) Once detained, an accused may not be released except upon an order of a Chamber. (Amended 14 July 2000) (B) Release may be ordered by a Trial Chamber only after giving the host country and the State to which the accused seeks to be released the opportunity to be heard and only if it is satisfied that the accused will appear for trial and, if released, will not pose a danger to any victim, witness or other person. (Revised 30 Jan 1995, amended 17 Nov 1999, amended 13 Dec 2001) (C) The Trial Chamber may impose such conditions upon the release of the accused as it may determine appropriate, including the execution of a bail bond and the observance of such conditions as are necessary to ensure the presence of the accused for trial and the protection of others. (Revised 12 Nov 1997) (D) Any decision rendered under this Rule by a Trial Chamber shall be subject to appeal. Subject to paragraph (F) below, an appeal shall be filed within seven days of filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, the appeal shall be filed within seven days of the oral decision, unless (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (Amended 10 July 1998) (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case, the time-limit shall run from filing of the written decision. (Amended 10 July 1998) (Amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998, amended 17 Nov 1999, amended 14 July 2000, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 21 July 2005) (E) The Prosecutor may apply for a stay of a decision by the Trial Chamber to release an accused on the basis that the Prosecutor intends to appeal the decision, and shall make such an application at the time of filing his or her response to the initial application for provisional release by the accused. (Amended 17 Nov 1999) (F) Where the Trial Chamber grants a stay of its decision to release an accused, the Prosecutor shall file his or her appeal not later than one day from the rendering of that decision. (Amended 17 Nov 1999) (G) Where the Trial Chamber orders a stay of its decision to release the accused pending an appeal by the Prosecutor, the accused shall not be released until either: (i) the time-limit for the filing of an appeal by the Prosecutor has expired, and no such appeal is filed; (Amended 21 July 2005) (ii) the Appeals Chamber dismisses the appeal; or

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(iii) the Appeals Chamber otherwise orders. (Amended 21 July 2005) (Amended 17 Nov 1999, amended 21 July 2005) (H) If necessary, the Trial Chamber may issue a warrant of arrest to secure the presence of an accused who has been released or is for any other reason at liberty. The provisions of Section 2 of Part Five shall apply mutatis mutandis. (Amended 25 July 1997) (I) Without prejudice to the provisions of Rule 107, the Appeals Chamber may grant provisional release to convicted persons pending an appeal or for a fixed period if it is satisfied that: (i) the appellant, if released, will either appear at the hearing of the appeal or will surrender into detention at the conclusion of the fixed period, as the case may be; (ii) the appellant, if released, will not pose a danger to any victim, witness or other person, and (iii) special circumstances exist warranting such release. The provisions of paragraphs (C) and (H) shall apply mutatis mutandis. (Amended 14 July 2000, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000)

Rule 65 bis Status Conferences (Adopted 25 July 1997) (A) A Trial Chamber or a Trial Chamber Judge shall convene a status conference within one hundred and twenty days of the initial appearance of the accused and thereafter within one hundred and twenty days after the last status conference: (i) to organize exchanges between the parties so as to ensure expeditious preparation for trial; (ii) to review the status of his or her case and to allow the accused the opportunity to raise issues in relation thereto, including the mental and physical condition of the accused. (Amended 4 Dec 1998, amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001, amended 17 July 2003) (B) The Appeals Chamber or an Appeals Chamber Judge shall convene a status conference, within one hundred and twenty days of the filing of a notice of appeal and thereafter within one hundred and twenty days after the last status conference, to allow any person in custody pending appeal the opportunity to raise issues in relation thereto, including the mental and physical condition of that person. (Amended 17 Nov 1999) (C) With the written consent of the accused, given after receiving advice from his counsel, a status conference under this Rule may be conducted

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Anhang B (i) in his presence, but with his counsel participating either via tele-conference or video-conference; or (ii) in Chambers in his absence, but with his participation via tele-conference if he so wishes and/or participation of his counsel via tele-conference or videoconference. (Amended 12 Dec 2002) Rule 65 ter Pre-Trial Judge (Adopted 10 July 1998, amended 17 Nov 1999)

(A) The Presiding Judge of the Trial Chamber shall, no later than seven days after the initial appearance of the accused, designate from among its members a Judge responsible for the pre-trial proceedings (hereinafter “pre-trial Judge\)). (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001, amended 17 July 2003) (B) The pre-trial Judge shall, under the authority and supervision of the Trial Chamber seised of the case, coordinate communication between the parties during the pre-trial phase. The pre-trial Judge shall ensure that the proceedings are not unduly delayed and shall take any measure necessary to prepare the case for a fair and expeditious trial. (C) The pre-trial Judge shall be entrusted with all of the pre-trial functions set forth in Rule 66, Rule 67, Rule 73 bis and Rule 73 ter, and with all or part of the functions set forth in Rule 73. (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001, amended 12 Dec 2003) (D) (i) The pre-trial Judge may be assisted in the performance of his or her duties by one of the Senior Legal Officers assigned to Chambers. (ii) The pre-trial Judge shall establish a work plan indicating, in general terms, the obligations that the parties are required to meet pursuant to this Rule and the dates by which these obligations must be fulfilled. (iii) Acting under the supervision of the pre-trial Judge, the Senior Legal Officer shall oversee the implementation of the work plan and shall keep the pre-trial Judge informed of the progress of the discussions between and with the parties and, in particular, of any potential difficulty. He or she shall present the pretrial Judge with reports as appropriate and shall communicate to the parties, without delay, any observations and decisions made by the pre-trial Judge. (iv) The pre-trial Judge shall order the parties to meet to discuss issues related to the preparation of the case, in particular, so that the Prosecutor can meet his or her obligations pursuant to paragraphs (E) (i) to (iii) of this Rule and for the defence to meet its obligations pursuant to paragraph (G) of this Rule and of Rule 73 ter. (v) Such meetings are held inter partes or, at his or her request, with the Senior Legal Officer and one or more of the parties. The Senior Legal Officer ensures that the obligations set out in paragraphs (E) (i) to (iii) of this Rule and, at the appropriate time, that the obligations in paragraph (G) and Rule 73 ter, are satisfied in accordance with the work plan set by the pre-trial Judge.

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(vi) The presence of the accused is not necessary for meetings convened by the Senior Legal Officer. (vii) The Senior Legal Officer may be assisted by a representative of the Registry in the performance of his or her duties pursuant to this Rule and may require a transcript to be made. (Amended 12 Apr 2001) (E) Once any existing preliminary motions filed within the time-limit provided by Rule 72 are disposed of, the pre-trial Judge shall order the Prosecutor, upon the report of the Senior Legal Officer, and within a time-limit set by the pre-trial Judge and not less than six weeks before the Pre-Trial Conference required by Rule 73 bis, to file the following: (i)

the final version of the Prosecutor’s pre-trial brief including, for each count, a summary of the evidence which the Prosecutor intends to bring regarding the commission of the alleged crime and the form of responsibility incurred by the accused; this brief shall include any admissions by the parties and a statement of matters which are not in dispute; as well as a statement of contested matters of fact and law;

(Amended 12 Apr 2001) (ii) the list of witnesses the Prosecutor intends to call with: (a) the name or pseudonym of each witness; (b) a summary of the facts on which each witness will testify; (c) he points in the indictment as to which each witness will testify, including specific references to counts and relevant paragraphs in the indictment; (Amended 12 Apr 2001) (d) the total number of witnesses and the number of witnesses who will testify against each accused and on each count; (Amended 12 Apr 2001) (e) an indication of whether the witness will testify in person or pursuant to Rule 92 bis by way of written statement or use of a transcript of testimony from other proceedings before the Tribunal; and (Amended 12 Apr 2001) (f) the estimated length of time required for each witness and the total time estimated for presentation of the Prosecutor’s case. (Amended 12 Apr 2001) (iii) the list of exhibits the Prosecutor intends to offer stating where possible whether the defence has any objection as to authenticity. The Prosecutor shall serve on the defence copies of the exhibits so listed. (Amended 12 Apr 2001, amended 13 Dec 2001) (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001, amended 12 July 2001)

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Anhang B

(F) After the submission by the Prosecutor of the items mentioned in paragraph (E), the pre-trial Judge shall order the defence, within a time-limit set by the pre-trial Judge, and not later than three weeks before the Pre-Trial Conference, to file a pre-trial brief addressing the factual and legal issues, and including a written statement setting out: (i)

in general terms, the nature of the accused’s defence;

(ii) the matters with which the accused takes issue in the Prosecutor’s pre-trial brief; and (iii) in the case of each such matter, the reason why the accused takes issue with it. (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001) (G) After the close of the Prosecutor’s case and before the commencement of the defence case, the pre-trial Judge shall order the defence to file the following: (i) a list of witnesses the defence intends to call with: (a) the name or pseudonym of each witness; (b) a summary of the facts on which each witness will testify; (c) the points in the indictment as to which each witness will testify; (Amended 12 Apr 2001) (d) the total number of witnesses and the number of witnesses who will testify for each accused and on each count; (Amended 12 Apr 2001) (e) an indication of whether the witness will testify in person or pursuant to Rule 92 bis by way of written statement or use of a transcript of testimony from other proceedings before the Tribunal; and (Amended 12 Apr 2001) (f) the estimated length of time required for each witness and the total time estimated for presentation of the defence case; and (Amended 12 Apr 2001) (ii) a list of exhibits the defence intends to offer in its case, stating where possible whether the Prosecutor has any objection as to authenticity. The defence shall serve on the Prosecutor copies of the exhibits so listed. (Amended 13 Dec 2001) (Amended 17 Nov 1999) (H) The pre-trial Judge shall record the points of agreement and disagreement on matters of law and fact. In this connection, he or she may order the parties to file written submissions with either the pre-trial Judge or the Trial Chamber. (Amended 17 Nov 1999) (I) In order to perform his or her functions, the pre-trial Judge may proprio motu, where appropriate, hear the parties without the accused being present. The pretrial Judge may hear the parties in his or her private room, in which case minutes of the meeting shall be taken by a representative of the Registry. (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001)

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(J) The pre-trial Judge shall keep the Trial Chamber regularly informed, particularly where issues are in dispute and may refer such disputes to the Trial Chamber. (K) The pre-trial Judge may set a time for the making of pre-trial motions and, if required, any hearing thereon. A motion made before trial shall be determined before trial unless the Judge, for good cause, orders that it be deferred for determination at trial. Failure by a party to raise objections or to make requests which can be made prior to trial at the time set by the Judge shall constitute waiver thereof, but the Judge for cause may grant relief from the waiver. (Amended 12 Apr 2001) (L) (i) After the filings by the Prosecutor pursuant to paragraph (E), the pre-trial Judge shall submit to the Trial Chamber a complete file consisting of all the filings of the parties, transcripts of status conferences and minutes of meetings held in the performance of his or her functions pursuant to this Rule. (ii) The pre-trial Judge shall submit a second file to the Trial Chamber after the defence filings pursuant to paragraph (G). (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001) (M) The Trial Chamber may proprio motu exercise any of the functions of the pre-trial Judge. (Amended 17 Nov 1999) (N) Upon a report of the pre-trial Judge, the Trial Chamber shall decide, should the case arise, on sanctions to be imposed on a party which fails to perform its obligations pursuant to the present Rule. Such sanctions may include the exclusion of testimonial or documentary evidence. (Amended 12 Apr 2001)

SECTION 4: PRODUCTION OF EVIDENCE Rule 66 Disclosure by the Prosecutor (Adopted 11 Feb 1994) (A) Subject to the provisions of Rules 53 and 69, the Prosecutor shall make available to the defence in a language which the accused understands (i) within thirty days of the initial appearance of the accused, copies of the supporting material which accompanied the indictment when confirmation was sought as well as all prior statements obtained by the Prosecutor from the accused; and (Revised 12 Nov 1997) (ii) within the time-limit prescribed by the Trial Chamber or by the pre-trial Judge appointed pursuant to Rule 65 ter, copies of the statements of all witnesses whom the Prosecutor intends to call to testify at trial, and copies of all written statements taken in accordance with Rule 92 bis; copies of the statements of additional prosecution witnesses shall be made available to the defence when a decision is made to call those witnesses. (Revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998, amended 17 Nov 1999, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000)

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Anhang B (Revised 30 Jan 1995, amended 3 Dec 1996, revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998)

(B) The Prosecutor shall, on request, permit the defence to inspect any books, documents, photographs and tangible objects in the Prosecutor’s custody or control, which are material to the preparation of the defence, or are intended for use by the Prosecutor as evidence at trial or were obtained from or belonged to the accused. (C) Where information is in the possession of the Prosecutor, the disclosure of which may prejudice further or ongoing investigations, or for any other reasons may be contrary to the public interest or affect the security interests of any State, the Prosecutor may apply to the Trial Chamber sitting in camera to be relieved from an obligation under the Rules to disclose that information. When making such application the Prosecutor shall provide the Trial Chamber (but only the Trial Chamber) with the information that is sought to be kept confidential. (Revised 30 Jan 1995, amended 10 July 1998, amended 17 Nov 1999) Rule 67 Additional Disclosure (Adopted 11 Feb 1994, amended 12 Dec 2003) (A) Within the time-limit prescribed by the Trial Chamber or by the pre-trial Judge appointed pursuant to Rule 65 ter: (i) the defence shall notify the Prosecutor of its intent to offer: (a) the defence of alibi; in which case the notification shall specify the place or places at which the accused claims to have been present at the time of the alleged crime and the names and addresses of witnesses and any other evidence upon which the accused intends to rely to establish the alibi; (b) any special defence, including that of diminished or lack of mental responsibility; in which case the notification shall specify the names and addresses of witnesses and any other evidence upon which the accused intends to rely to establish the special defence; and (ii) the Prosecutor shall notify the defence of the names of the witnesses that the Prosecutor intends to call in rebuttal of any defence plea of which the Prosecutor has received notice in accordance with paragraph (i) above. (Revised 12 Nov 1997, amended 12 Apr 2001) (Amended 12 Dec 2003) (B) Failure of the defence to provide notice under this Rule shall not limit the right of the accused to testify on the above defences. (C) If either party discovers additional evidence or material which should have been disclosed earlier pursuant to the Rules, that party shall immediately disclose that evidence or material to the other party and the Trial Chamber. (Amended 13 Dec 2001)

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Rule 68 Disclosure of Exculpatory and Other Relevant Material (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, amended 12 July 2001, amended 12 Dec 2003, amended 28 July 2004) Subject to the provisions of Rule 70, (i) the Prosecutor shall, as soon as practicable, disclose to the Defence any material which in the actual knowledge of the Prosecutor may suggest the innocence or mitigate the guilt of the accused or affect the credibility of Prosecution evidence. (ii) without prejudice to paragraph (i), the Prosecutor shall make available to the defence, in electronic form, collections of relevant material held by the Prosecutor, together with appropriate computer software with which the defence can search such collections electronically. (iii) the Prosecutor shall take reasonable steps, if confidential information is provided to the Prosecutor by a person or entity under Rule 70 (B) and contains material referred to in paragraph (i) above, to obtain the consent of the provider to disclosure of that material, or the fact of its existence, to the accused. (iv) the Prosecutor shall apply to the Chamber sitting in camera to be relieved from an obligation under paragraph (i) to disclose information in the possession of the Prosecutor, if its disclosure may prejudice further or ongoing investigations, or for any other reason may be contrary to the public interest or affect the security interests of any State, and when making such application, the Prosecutor shall provide the Trial Chamber (but only the Trial Chamber) with the information that is sought to be kept confidential. (v) notwithstanding the completion of the trial and any subsequent appeal, the Prosecutor shall disclose to the other party any material referred to in paragraph (i) above. Rule 68 bis Failure to Comply with Disclosure Obligations (Adopted 13 Dec 2001) The pre-trial Judge or the Trial Chamber may decide proprio motu, or at the request of either party, on sanctions to be imposed on a party which fails to perform its disclosure obligations pursuant to the Rules. Rule 69 Protection of Victims and Witnesses (Adopted 11 Feb 1994) (A) In exceptional circumstances, the Prosecutor may apply to a Judge or Trial Chamber to order the non-disclosure of the identity of a victim or witness who may be in danger or at risk until such person is brought under the protection of the Tribunal. (Amended 13 Dec 2001)

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Anhang B

(B) In the determination of protective measures for victims and witnesses, the Judge or Trial Chamber may consult the Victims and Witnesses Section. (Amended 15 June 1995, amended 2 July 1999, amended 13 Dec 2001) (C) Subject to Rule 75, the identity of the victim or witness shall be disclosed in sufficient time prior to the trial to allow adequate time for preparation of the defence.

Rule 70 Matters not Subject to Disclosure (Adopted 11 Feb 1994) (A) Notwithstanding the provisions of Rules 66 and 67, reports, memoranda, or other internal documents prepared by a party, its assistants or representatives in connection with the investigation or preparation of the case, are not subject to disclosure or notification under those Rules. (B) If the Prosecutor is in possession of information which has been provided to the Prosecutor on a confidential basis and which has been used solely for the purpose of generating new evidence, that initial information and its origin shall not be disclosed by the Prosecutor without the consent of the person or entity providing the initial information and shall in any event not be given in evidence without prior disclosure to the accused. (Amended 4 Oct 1994, revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) (C) If, after obtaining the consent of the person or entity providing information under this Rule, the Prosecutor elects to present as evidence any testimony, document or other material so provided, the Trial Chamber, notwithstanding Rule 98, may not order either party to produce additional evidence received from the person or entity providing the initial information, nor may the Trial Chamber for the purpose of obtaining such additional evidence itself summon that person or a representative of that entity as a witness or order their attendance. A Trial Chamber may not use its power to order the attendance of witnesses or to require production of documents in order to compel the production of such additional evidence. (Amended 6 Oct 1995, amended 25 July 1997) (D) If the Prosecutor calls a witness to introduce in evidence any information provided under this Rule, the Trial Chamber may not compel that witness to answer any question relating to the information or its origin, if the witness declines to answer on grounds of confidentiality. (Amended 6 Oct 1995, amended 25 July 1997) (E) The right of the accused to challenge the evidence presented by the Prosecution shall remain unaffected subject only to the limitations contained in paragraphs (C) and (D). (Amended 6 Oct 1995, amended 12 Apr 2001) (F) The Trial Chamber may order upon an application by the accused or defence counsel that, in the interests of justice, the provisions of this Rule shall apply mutatis mutandis to specific information in the possession of the accused. (Amended 25 July 1997)

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(G) Nothing in paragraph (C) or (D) above shall affect a Trial Chamber’s power under Rule 89 (D) to exclude evidence if its probative value is substantially outweighed by the need to ensure a fair trial. (Amended 6 Oct 1995, amended 12 Apr 2001) SECTION 5: DEPOSITIONS Rule 71 Depositions (Adopted 11 Feb 1994, amended 10 July 1998) (A) Where it is in the interests of justice to do so, a Trial Chamber may order, proprio motu or at the request of a party, that a deposition be taken for use at trial, whether or not the person whose deposition is sought is able physically to appear before the Tribunal to give evidence. The Trial Chamber shall appoint a Presiding Officer for that purpose. (Amended 17 Nov 1999) (B) The motion for the taking of a deposition shall indicate the name and whereabouts of the person whose deposition is sought, the date and place at which the deposition is to be taken, a statement of the matters on which the person is to be examined, and of the circumstances justifying the taking of the deposition. (Amended 17 Nov 1999) (C) If the motion is granted, the party at whose request the deposition is to be taken shall give reasonable notice to the other party, who shall have the right to attend the taking of the deposition and cross-examine the person whose deposition is being taken. (D) Deposition evidence may be taken either at or away from the seat of the Tribunal, and it may also be given by means of a video-conference. (Amended 17 Nov 1999) (E) The Presiding Officer shall ensure that the deposition is taken in accordance with the Rules and that a record is made of the deposition, including cross-examination and objections raised by either party for decision by the Trial Chamber. The Presiding Officer shall transmit the record to the Trial Chamber. Rule 71 bis Testimony by Video-Conference Link (Adopted 17 Nov 1999) At the request of either party, a Trial Chamber may, in the interests of justice, order that testimony be received via video-conference link.

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Anhang B SECTION 6: MOTIONS Rule 72 Preliminary Motions (Adopted 11 Feb 1994, amended 10 July 1998, amended 4 Dec 1998, amended 21 July 2005)

(A) Preliminary motions, being motions which (i) challenge jurisdiction; (ii) allege defects in the form of the indictment; (iii) seek the severance of counts joined in one indictment under Rule 49 or seek separate trials under Rule 82 (B); or (iv) raise objections based on the refusal of a request for assignment of counsel made under Rule 45 (C) shall be in writing and be brought not later than thirty days after disclosure by the Prosecutor to the defence of all material and statements referred to in Rule 66 (A)(i) and shall be disposed of not later than sixty days after they were filed and before the commencement of the opening statements provided for in Rule 84. (Revised 12 Nov 1997) (B) Decisions on preliminary motions are without interlocutory appeal save (i) in the case of motions challenging jurisdiction (Amended 25 June 1996 and 5 July 1996, amended 23 Apr 2002); (ii) in other cases where certification has been granted by the Trial Chamber, which may grant such certification if the decision involves an issue that would significantly affect the fair and expeditious conduct of the proceedings or the outcome of the trial, and for which, in the opinion of the Trial Chamber, an immediate resolution by the Appeals Chamber may materially advance the proceedings. (Amended 25 June 1996 and 5 July 1996, amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997, amended 23 Apr 2002) (Revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) (C) Appeals under paragraph (B)(i) shall be filed within fifteen days and requests for certification under paragraph (B)(ii) shall be filed within seven days of filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, this time-limit shall run from the date of the oral decision, unless (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case, the time-limit shall run from filing of the written decision.

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If certification is given, a party shall appeal to the Appeals Chamber within seven days of the filing of the decision to certify. (Revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998, amended 17 Nov 1999, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 23 Apr 2002) (D) For the purpose of paragraphs (A)(i) and (B)(i), a motion challenging jurisdiction refers exclusively to a motion which challenges an indictment on the ground that it does not relate to: (i) any of the persons indicated in Articles 1, 6, 7 and 9 of the Statute; (ii) the territories indicated in Articles 1, 8 and 9 of the Statute; (iii) the period indicated in Articles 1, 8 and 9 of the Statute; (iv) any of the violations indicated in Articles 2, 3, 4, 5 and 7 of the Statute. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000)

Rule 73 Other Motions (Adopted 11 Feb 1994, revised 12 Nov 1997, amended 12 Apr 2001, amended 13 Dec 2001, amended 23 Apr 2002) (A) After a case is assigned to a Trial Chamber, either party may at any time move before the Chamber by way of motion, not being a preliminary motion, for appropriate ruling or relief. Such motions may be written or oral, at the discretion of the Trial Chamber. (Revised 12 Nov 1997) (B) Decisions on all motions are without interlocutory appeal save with certification by the Trial Chamber, which may grant such certification if the decision involves an issue that would significantly affect the fair and expeditious conduct of the proceedings or the outcome of the trial, and for which, in the opinion of the Trial Chamber, an immediate resolution by the Appeals Chamber may materially advance the proceedings. (Amended 12 Apr 2001, amended 23 Apr 2002) (C) Requests for certification shall be filed within seven days of the filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, this time-limit shall run from the date of the oral decision, unless (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case the time-limit shall run from filing of the written decision. If certification is given, a party shall appeal to the Appeals Chamber within seven days of the filing of the decision to certify. (Revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998, amended 12 Apr 2001, amended 23 Apr 2002)

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Anhang B

(D) Irrespective of any sanctions which may be imposed under Rule 46 (A), when a Chamber finds that a motion is frivolous or is an abuse of process, the Registrar shall withhold payment of fees associated with the production of that motion and/ or costs thereof. (Amended 8 Dec 2004)

SECTION 7: CONFERENCES Rule 73 bis Pre-Trial Conference (Adopted 10 July 1998, amended 17 Nov 1999, amended 17 July 2003) (A) Prior to the commencement of the trial, the Trial Chamber shall hold a Pre-Trial Conference. (B) In the light of the file submitted to the Trial Chamber by the pre-trial Judge pursuant to Rule 65 ter (L)(i), the Trial Chamber may call upon the Prosecutor to shorten the estimated length of the examination-in-chief for some witnesses. (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001) (C) In the light of the file submitted to the Trial Chamber by the pre-trial Judge pursuant to Rule 65 ter (L)(i), the Trial Chamber, after having heard the Prosecutor, shall determine (i) the number of witnesses the Prosecutor may call; and (ii) the time available to the Prosecutor for presenting evidence. (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001, amended 17 July 2003) (D) After having heard the Prosecutor, the Trial Chamber may fix a number of crime sites or incidents comprised in one or more of the charges in respect of which evidence may be presented by the Prosecutor which, having regard to all the relevant circumstances, including the crimes charged in the indictment, their classification and nature, the places where they are alleged to have been committed, their scale and the victims of the crimes, are reasonably representative of the crimes charged. (Amended 17 July 2003) (E) After commencement of the trial, the Prosecutor may file a motion to vary the decision as to the number of crime sites or incidents in respect of which evidence may be presented or the number of witnesses that are to be called or for additional time to present evidence and the Trial Chamber may grant the Prosecutor’s request if satisfied that this is in the interests of justice. (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001, amended 17 July 2003)

Rule 73 ter Pre-Defence Conference (Adopted 10 July 1998, amended 17 Nov 1999) (A) Prior to the commencement by the defence of its case the Trial Chamber may hold a Conference.

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(B) In the light of the file submitted to the Trial Chamber by the pre-trial Judge pursuant to Rule 65 ter (L)(ii), the Trial Chamber may call upon the defence to shorten the estimated length of the examination-in-chief for some witnesses. (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001) (C) In the light of the file submitted to the Trial Chamber by the pre-trial Judge pursuant to Rule 65 ter (L)(ii), the Trial Chamber, after having heard the defence, shall set the number of witnesses the defence may call. (Amended 17 Nov 1999, amended 12 Apr 2001) (D) After commencement of the defence case, the defence may, if it considers it to be in the interests of justice, file a motion to reinstate the list of witnesses or to vary the decision as to which witnesses are to be called. (Amended 12 Apr 2001) (E) After having heard the defence, the Trial Chamber shall determine the time available to the defence for presenting evidence. (Amended 12 Apr 2001) (F) During a trial, the Trial Chamber may grant a defence request for additional time to present evidence if this is in the interests of justice. (Amended 12 Apr 2001)

PART SIX PROCEEDINGS BEFORE TRIAL CHAMBERS SECTION 1: GENERAL PROVISIONS Rule 74 Amicus Curiae (Adopted 11 Feb 1994) A Chamber may, if it considers it desirable for the proper determination of the case, invite or grant leave to a State, organization or person to appear before it and make submissions on any issue specified by the Chamber. Rule 74 bis Medical Examination of the Accused (Adopted 10 July 1998, amended 12 Apr 2001) A Trial Chamber may, proprio motu or at the request of a party, order a medical, psychiatric or psychological examination of the accused. In such a case, unless the Trial Chamber otherwise orders, the Registrar shall entrust this task to one or several experts whose names appear on a list previously drawn up by the Registry and approved by the Bureau.

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Anhang B Rule 75 Measures for the Protection of Victims and Witnesses (Adopted 11 Feb 1994)

(A) A Judge or a Chamber may, proprio motu or at the request of either party, or of the victim or witness concerned, or of the Victims and Witnesses Section, order appropriate measures for the privacy and protection of victims and witnesses, provided that the measures are consistent with the rights of the accused. (Amended 15 June 1995, amended 2 July 1999) (B) A Chamber may hold an in camera proceeding to determine whether to order: (i) measures to prevent disclosure to the public or the media of the identity or whereabouts of a victim or a witness, or of persons related to or associated with a victim or witness by such means as: (Revised 12 Nov 1997): (a) expunging names and identifying information from the Tribunal’s public records; (b) non-disclosure to the public of any records identifying the victim; (c) giving of testimony through image- or voice- altering devices or closed circuit television; and (d) assignment of a pseudonym; (ii) closed sessions, in accordance with Rule 79; (iii) appropriate measures to facilitate the testimony of vulnerable victims and witnesses, such as one-way closed circuit television. (Revised 30 Jan 1995) (C) The Victims and Witnesses Section shall ensure that the witness has been informed before giving evidence that his or her testimony and his or her identity may be disclosed at a later date in another case, pursuant to Rule 75 (F). (Amended 12 Dec 2002) (D) A Chamber shall, whenever necessary, control the manner of questioning to avoid any harassment or intimidation. (E) When making an order under paragraph (A) above, a Judge or Chamber shall wherever appropriate state in the order whether the transcript of those proceedings relating to the evidence of the witness to whom the measures relate shall be made available for use in other proceedings before the Tribunal. (Amended 12 July 2002) (F) Once protective measures have been ordered in respect of a victim or witness in any proceedings before the Tribunal (the “first proceedings\)), such protective measures: (i) shall continue to have effect mutatis mutandis in any other proceedings before the Tribunal (the “second proceedings\)) unless and until they are rescinded, varied or augmented in accordance with the procedure set out in this Rule; but

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(ii) shall not prevent the Prosecutor from discharging any disclosure obligation under the Rules in the second proceedings, provided that the Prosecutor notifies the Defence to whom the disclosure is being made of the nature of the protective measures ordered in the first proceedings. (Amended 17 Nov 1999, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 13 Dec 2001, amended 12 July 2002) (G) A party to the second proceedings seeking to rescind, vary or augment protective measures ordered in the first proceedings must apply: (i) to any Chamber, however constituted, remaining seised of the first proceedings; or (ii) if no Chamber remains seised of the first proceedings, to the Chamber seised of the second proceedings. (Amended 12 July 2002) (H) Before determining an application under paragraph (G)(ii) above, the Chamber seised of the second proceedings shall obtain all relevant information from the first proceedings, and shall consult with any Judge who ordered the protective measures in the first proceedings, if that Judge remains a Judge of the Tribunal. (Amended 12 July 2002, amended 12 Dec 2002) (I) An application to a Chamber to rescind, vary or augment protective measures in respect of a victim or witness may be dealt with either by the Chamber or by a Judge of that Chamber, and any reference in this Rule to “a Chamber\) shall include a reference to “a Judge of that Chamber\). (Amended 12 July 2002) Rule 76 Solemn Declaration by Interpreters and Translators (Adopted 11 Feb 1994) Before performing any duties, an interpreter or a translator shall solemnly declare to do so faithfully, independently, impartially and with full respect for the duty of confidentiality. Rule 77 Contempt of the Tribunal (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997, amended 13 Dec 2001) (A) The Tribunal in the exercise of its inherent power may hold in contempt those who knowingly and wilfully interfere with its administration of justice, including any person who (i) being a witness before a Chamber, contumaciously refuses or fails to answer a question; (ii) discloses information relating to those proceedings in knowing violation of an order of a Chamber; (Amended 4 Dec 1998)

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Anhang B (iii) without just excuse fails to comply with an order to attend before or produce documents before a Chamber; (iv) threatens, intimidates, causes any injury or offers a bribe to, or otherwise interferes with, a witness who is giving, has given, or is about to give evidence in proceedings before a Chamber, or a potential witness; or (Amended 4 Dec 1998, amended 13 Dec 2001) (v) threatens, intimidates, offers a bribe to, or otherwise seeks to coerce any other person, with the intention of preventing that other person from complying with an obligation under an order of a Judge or Chamber. (Amended 4 Dec 1998, amended 13 Dec 2001) (Amended 10 July 1998, revised 12 Nov 1997, amended 13 Dec 2001)

(B) Any incitement or attempt to commit any of the acts punishable under paragraph (A) is punishable as contempt of the Tribunal with the same penalties. (Amended 4 Dec 1998, amended 13 Dec 2001) (C) When a Chamber has reason to believe that a person may be in contempt of the Tribunal, it may: (i) direct the Prosecutor to investigate the matter with a view to the preparation and submission of an indictment for contempt; (ii) where the Prosecutor, in the view of the Chamber, has a conflict of interest with respect to the relevant conduct, direct the Registrar to appoint an amicus curiae to investigate the matter and report back to the Chamber as to whether there are sufficient grounds for instigating contempt proceedings; or (iii) initiate proceedings itself. (Revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998, amended 4 Dec 1998, amended 13 Dec 2001) (D) If the Chamber considers that there are sufficient grounds to proceed against a person for contempt, the Chamber may: (i) in circumstances described in paragraph (C)(i), direct the Prosecutor to prosecute the matter; or (ii) in circumstances described in paragraph (C)(ii) or (iii), issue an order in lieu of an indictment and either direct amicus curiae to prosecute the matter or prosecute the matter itself. (Amended 13 Dec 2001) (E) The rules of procedure and evidence in Parts Four to Eight shall apply mutatis mutandis to proceedings under this Rule. (Amended 13 Dec 2001) (F) Any person indicted for or charged with contempt shall, if that person satisfies the criteria for determination of indigence established by the Registrar, be assigned counsel in accordance with Rule 45. (Revised 12 Nov 1997, amended 13 Dec 2001)

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(G) The maximum penalty that may be imposed on a person found to be in contempt of the Tribunal shall be a term of imprisonment not exceeding seven years, or a fine not exceeding 100,000 Euros, or both. (Amended 4 Dec 1998, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 13 Dec 2001) (H) Payment of a fine shall be made to the Registrar to be held in a separate account. (I) If a counsel is found guilty of contempt of the Tribunal pursuant to this Rule, the Chamber making such finding may also determine that counsel is no longer eligible to represent a suspect or accused before the Tribunal or that such conduct amounts to misconduct of counsel pursuant to Rule 46, or both. (Amended 13 Dec 2001) (J) Any decision rendered by a Trial Chamber under this Rule shall be subject to appeal. Notice of appeal shall be filed within fifteen days of filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, the notice shall be filed within fifteen days of the oral decision, unless (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case the time-limit shall run from filing of the written decision. (Revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998, amended 4 Dec 1998, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (K) In the case of decisions under this Rule by the Appeals Chamber sitting as a Chamber of first instance, an appeal may be submitted in writing to the President within fifteen days of the filing of the impugned decision. Such appeal shall be decided by five different Judges as assigned by the President. Where the impugned decision is rendered orally, the appeal shall be filed within fifteen days of the oral decision, unless (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Appeals Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case the time-limit shall run from filing of the written decision. (Amended 12 July 2002)

Rule 77 bis Payment of Fines (Adopted 2 July 1999) (A) In imposing a fine under Rule 77 or Rule 91, a Chamber shall specify the time for its payment. (Amended 13 Dec 2001)

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Anhang B

(B) Where a fine imposed under Rule 77 or Rule 91 is not paid within the time specified, the Chamber imposing the fine may issue an order requiring the person on whom the fine is imposed to appear before, or to respond in writing to, the Tribunal to explain why the fine has not been paid. (Amended 13 Dec 2001) (C) After affording the person on whom the fine is imposed an opportunity to be heard, the Chamber may make a decision that appropriate measures be taken, including: (i) extending the time for payment of the fine; (ii) requiring the payment of the fine to be made in instalments; (iii) in consultation with the Registrar, requiring that the moneys owed be deducted from any outstanding fees owing to the person by the Tribunal where the person is a counsel retained by the Tribunal pursuant to the Directive on the Assignment of Defence Counsel; (Amended 17 Nov 1999) (iv) converting the whole or part of the fine to a term of imprisonment not exceeding twelve months. (Amended 17 Nov 1999, amended 13 Dec 2001) (D) In addition to a decision under paragraph (C), the Chamber may find the person in contempt of the Tribunal and impose a new penalty applying Rule 77 (G), if that person was able to pay the fine within the specified time and has wilfully failed to do so. This penalty for contempt of the Tribunal shall be additional to the original fine imposed. (Amended 12 Apr 2001, amended 13 Dec 2001) (E) The Chamber may, if necessary, issue an arrest warrant to secure the person’s presence where he or she fails to appear before or respond in writing pursuant to an order under paragraph (B). A State or authority to whom such a warrant is addressed, in accordance with Article 29 of the Statute, shall act promptly and with all due diligence to ensure proper and effective execution thereof. Where an arrest warrant is issued under this Sub-rule, the provisions of Rules 45, 57, 58, 59, 59 bis, and 60 shall apply mutatis mutandis. Following the transfer of the person concerned to the Tribunal, the provisions of Rules 64, 65 and 99 shall apply mutatis mutandis. (Amended 12 Apr 2001, amended 13 Dec 2001) (F) Where under this Rule a penalty of imprisonment is imposed, or a fine is converted to a term of imprisonment, the provisions of Rules 102, 103 and 104 and Part Nine shall apply mutatis mutandis. (G) Any finding of contempt or penalty imposed under this Rule shall be subject to appeal as allowed for in Rule 77 (J).

Rule 78 Open Sessions (Adopted 11 Feb 1994) All proceedings before a Trial Chamber, other than deliberations of the Chamber, shall be held in public, unless otherwise provided.

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Rule 79 Closed Sessions (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Trial Chamber may order that the press and the public be excluded from all or part of the proceedings for reasons of: (i) public order or morality; (ii) safety, security or non-disclosure of the identity of a victim or witness as provided in Rule 75; or (iii) the protection of the interests of justice. (B) The Trial Chamber shall make public the reasons for its order.

Rule 80 Control of Proceedings (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Trial Chamber may exclude a person from the courtroom in order to protect the right of the accused to a fair and public trial, or to maintain the dignity and decorum of the proceedings. (B) The Trial Chamber may order the removal of an accused from the courtroom and continue the proceedings in the absence of the accused if the accused has persisted in disruptive conduct following a warning that such conduct may warrant the removal of the accused from the courtroom.

Rule 81 Records of Proceedings and Evidence (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Registrar shall cause to be made and preserve a full and accurate record of all proceedings, including audio recordings, transcripts and, when deemed necessary by the Trial Chamber, video recordings. (B) The Trial Chamber, after giving due consideration to any matters relating to witness protection, may order the disclosure of all or part of the record of closed proceedings when the reasons for ordering its non-disclosure no longer exist. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (C) The Registrar shall retain and preserve all physical evidence offered during the proceedings subject to any Practice Direction or any order which a Chamber may at any time make with respect to the control or disposition of physical evidence offered during proceedings before that Chamber. (Amended 25 July 1997) (D) Photography, video-recording or audio-recording of the trial, otherwise than by the Registrar, may be authorised at the discretion of the Trial Chamber.

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Anhang B SECTION 2: CASE PRESENTATION Rule 82 Joint and Separate Trials (Adopted 11 Feb 1994)

(A) In joint trials, each accused shall be accorded the same rights as if such accused were being tried separately. (Revised 12 Nov 1997) (B) The Trial Chamber may order that persons accused jointly under Rule 48 be tried separately if it considers it necessary in order to avoid a conflict of interests that might cause serious prejudice to an accused, or to protect the interests of justice.

Rule 83 Instruments of Restraint (Adopted 11 Feb 1994, amended 4 Dec 1998) Instruments of restraint, such as handcuffs, shall be used only on the order of the Registrar as a precaution against escape during transfer or in order to prevent an accused from self-injury, injury to others or to prevent serious damage to property. Instruments of restraint shall be removed when the accused appears before a Chamber or a Judge.

Rule 84 Opening Statements (Adopted 11 Feb 1994, revised 12 Nov 1997) Before presentation of evidence by the Prosecutor, each party may make an opening statement. The defence may, however, elect to make its statement after the conclusion of the Prosecutor’s presentation of evidence and before the presentation of evidence for the defence.

Rule 84 bis Statement of the Accused (Adopted 2 July 1999) (A) After the opening statements of the parties or, if the defence elects to defer its opening statement pursuant to Rule 84, after the opening statement of the Prosecutor, if any, the accused may, if he or she so wishes, and the Trial Chamber so decides, make a statement under the control of the Trial Chamber. The accused shall not be compelled to make a solemn decl aration and shall not be examined about the content of the statement. (B) The Trial Chamber shall decide on the probative value, if any, of the statement.

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Rule 85 Presentation of Evidence (Adopted 11 Feb 1994) (A) Each party is entitled to call witnesses and present evidence. Unless otherwise directed by the Trial Chamber in the interests of justice, evidence at the trial shall be presented in the following sequence: (i) evidence for the prosecution; (ii) evidence for the defence; (iii) prosecution evidence in rebuttal; (iv) defence evidence in rejoinder; (v) evidence ordered by the Trial Chamber pursuant to Rule 98; and (Amended 10 July 1998) (vi) any relevant information that may assist the Trial Chamber in determining an appropriate sentence if the accused is found guilty on one or more of the charges in the indictment. (Amended 10 July 1998) (B) Examination-in-chief, cross-examination and re-examination shall be allowed in each case. It shall be for the party calling a witness to examine such witness in chief, but a Judge may at any stage put any question to the witness. (C) If the accused so desires, the accused may appear as a witness in his or her own defence. Rule 86 Closing Arguments (Adopted 11 Feb 1994, revised 12 Nov 1997) (A) After the presentation of all the evidence, the Prosecutor may present a closing argument; whether or not the Prosecutor does so, the defence may make a closing argument. The Prosecutor may present a rebuttal argument to which the defence may present a rejoinder. (Amended 10 July 1998) (B) Not later than five days prior to presenting a closing argument, a party shall file a final trial brief. (Amended 10 July 1998, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (C) The parties shall also address matters of sentencing in closing arguments. (Amended 10 July 1998) Rule 87 Deliberations (Adopted 11 Feb 1994) (A) When both parties have completed their presentation of the case, the Presiding Judge shall declare the hearing closed, and the Trial Chamber shall deliberate in private. A finding of guilt may be reached only when a majority of the Trial Chamber is satisfied that guilt has been proved beyond reasonable doubt.

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Anhang B

(B) The Trial Chamber shall vote separately on each charge contained in the indictment. If two or more accused are tried together under Rule 48, separate findings shall be made as to each accused. (C) If the Trial Chamber finds the accused guilty on one or more of the charges contained in the indictment, it shall impose a sentence in respect of each finding of guilt and indicate whether such sentences shall be served consecutively or concurrently, unless it decides to exercise its power to impose a single sentence reflecting the totality of the criminal conduct of the accused. (Amended 10 July 1998, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) Rule 88 [Deleted] (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997, deleted 10 July 1998)

Rule 88 bis [Deleted] (Adopted 12 Nov 1997, deleted 10 July 1998)

SECTION 3: RULES OF EVIDENCE Rule 89 General Provisions (Adopted 11 Feb 1994) (A) A Chamber shall apply the rules of evidence set forth in this Section, and shall not be bound by national rules of evidence. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (B) In cases not otherwise provided for in this Section, a Chamber shall apply rules of evidence which will best favour a fair determination of the matter before it and are consonant with the spirit of the Statute and the general principles of law. (C) A Chamber may admit any relevant evidence which it deems to have probative value. (D) A Chamber may exclude evidence if its probative value is substantially outweighed by the need to ensure a fair trial. (E) A Chamber may request verification of the authenticity of evidence obtained out of court. (F) A Chamber may receive the evidence of a witness orally or, where the interests of justice allow, in written form. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000)

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Rule 90 Testimony of Witnesses (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, amended 25 July 1997, amended 17 Nov 1999, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (A) Every witness shall, before giving evidence, make the following solemn declaration: “I solemnly declare that I will speak the truth, the whole truth and nothing but the truth\). (B) A child who, in the opinion of the Chamber, does not understand the nature of a solemn declaration, may be permitted to testify without that formality, if the Chamber is of the opinion that the child is sufficiently mature to be able to report the facts of which the child had knowledge and understands the duty to tell the truth. A judgement, however, cannot be based on such testimony alone. (Revised 30 Jan 1995) (C) A witness, other than an expert, who has not yet testified shall not be present when the testimony of another witness is given. However, a witness who has heard the testimony of another witness shall not for that reason alone be disqualified from testifying. (D) Notwithstanding paragraph (C), upon order of the Chamber, an investigator in charge of a party’s investigation shall not be precluded from being called as a witness on the ground that he or she has been present in the courtroom during the proceedings. (Amended 25 July 1997, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (E) A witness may object to making any statement which might tend to incriminate the witness. The Chamber may, however, compel the witness to answer the question. Testimony compelled in this way shall not be used as evidence in a subsequent prosecution against the witness for any offence other than false testimony. (Revised 30 Jan 1995, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (F) The Trial Chamber shall exercise control over the mode and order of interrogating witnesses and presenting evidence so as to (i) make the interrogation and presentation effective for the ascertainment of the truth; and (ii) avoid needless consumption of time. (Amended 10 July 1998) (G) The Trial Chamber may refuse to hear a witness whose name does not appear on the list of witnesses compiled pursuant to Rules 73 bis (C) and 73 ter (C). (Amended 12 Apr 2001) (H) (i) Cross-examination shall be limited to the subject-matter of the evidence-inchief and matters affecting the credibility of the witness and, where the witness is able to give evidence relevant to the case for the cross-examining party, to the subject-matter of that case. (ii) In the cross-examination of a witness who is able to give evidence relevant to the case for the cross-examining party, counsel shall put to that witness the nature of the case of the party for whom that counsel appears which is in contradiction of the evidence given by the witness.

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Anhang B (iii) The Trial Chamber may, in the exercise of its discretion, permit enquiry into additional matters. (Amended 10 July 1998, amended 17 Nov 1999) Rule 90 bis Transfer of a Detained Witness (Adopted 6 Oct 1995)

(A) Any detained person whose personal appearance as a witness has been requested by the Tribunal shall be transferred temporarily to the detention unit of the Tribunal, conditional on the person’s return within the period decided by the Tribunal. (B) The transfer order shall be issued by a permanent Judge or Trial Chamber only after prior verification that the following conditions have been met: (i) the presence of the detained witness is not required for any criminal proceedings in progress in the territory of the requested State during the period the witness is required by the Tribunal; (ii) transfer of the witness does not extend the period of detention as foreseen by the requested State. (Amended 12 Apr 2001) (C) The Registrar shall transmit the order of transfer to the national authorities of the State on whose territory, or under whose jurisdiction or control, the witness is detained. Transfer shall be arranged by the national authorities concerned in liaison with the host country and the Registrar. (Revised 12 Nov 1997) (D) The Registrar shall ensure the proper conduct of the transfer, including the supervision of the witness in the detention unit of the Tribunal; the Registrar shall remain abreast of any changes which might occur regarding the conditions of detention provided for by the requested State and which may possibly affect the length of the detention of the witness in the detention unit and, as promptly as possible, shall inform the relevant Judge or Chamber. (Revised 12 Nov 1997) (E) On expiration of the period decided by the Tribunal for the temporary transfer, the detained witness shall be remanded to the authorities of the requested State, unless the State, within that period, has transmitted an order of release of the witness, which shall take effect immediately. (F) If, by the end of the period decided by the Tribunal, the presence of the detained witness continues to be necessary, a permanent Judge or Chamber may extend the period on the same conditions as stated in paragraph (B). (Amended 12 Apr 2001)

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Rule 91 False Testimony under Solemn Declaration (Adopted 11 Feb 1994) (A) A Chamber, proprio motu or at the request of a party, may warn a witness of the duty to tell the truth and the consequences that may result from a failure to do so. (Amended 25 July 1997) (B) If a Chamber has strong grounds for believing that a witness has knowingly and wilfully given false testimony, it may: (i) direct the Prosecutor to investigate the matter with a view to the preparation and submission of an indictment for false testimony; or (Amended 13 Dec 2001) (ii) where the Prosecutor, in the view of the Chamber, has a conflict of interest with respect to the relevant conduct, direct the Registrar to appoint an amicus curiae to investigate the matter and report back to the Chamber as to whether there are sufficient grounds for instigating proceedings for false testimony. (Amended 13 Dec 2001) (C) If the Chamber considers that there are sufficient grounds to proceed against a person for giving false testimony, the Chamber may: (i) in circumstances described in paragraph (B)(i), direct the Prosecutor to prosecute the matter; or (ii) in circumstances described in paragraph (B)(ii), issue an order in lieu of an indictment and direct amicus curiae to prosecute the matter. (Amended 13 Dec 2001) (D) The rules of procedure and evidence in Parts Four to Eight shall apply mutatis mutandis to proceedings under this Rule. (E) Any person indicted for or charged with false testimony shall, if that person satisfies the criteria for determination of indigence established by the Registrar, be assigned counsel in accordance with Rule 45. (Amended 13 Dec 2001) (F) No Judge who sat as a member of the Trial Chamber before which the witness appeared shall sit for the trial of the witness for false testimony. (G) The maximum penalty for false testimony under solemn declaration shall be a fine of 100,000 Euros or a term of imprisonment of seven years, or both. The payment of any fine imposed shall be paid to the Registrar to be held in the account referred to in Rule 77 (H). (Amended 18 Jan 1996, amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997, amended 4 Dec 1998, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 13 Dec 2001) (H) Paragraphs (B) to (G) apply mutatis mutandis to a person who knowingly and willingly makes a false statement in a written statement taken in accordance with Rule 92 bis which the person knows or has reason to know may be used as evidence in proceedings before the Tribunal. (Amended 17 Nov 1999, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 13 Dec 2001)

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Anhang B

(I) Any decision rendered by a Trial Chamber under this Rule shall be subject to appeal. Notice of appeal shall be filed within fifteen days of filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, the notice shall be filed within fifteen days of the oral decision, unless (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case the time-limit shall run from filing of the written decision. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) Rule 92 Confessions (Adopted 11 Feb 1994) A confession by the accused given during questioning by the Prosecutor shall, provided the requirements of Rule 63 were strictly complied with, be presumed to have been free and voluntary unless the contrary is proved. Rule 92 bis Proof of Facts other than by Oral Evidence (Adopted 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (A) A Trial Chamber may admit, in whole or in part, the evidence of a witness in the form of a written statement in lieu of oral testimony which goes to proof of a matter other than the acts and conduct of the accused as charged in the indictment. (i) Factors in favour of admitting evidence in the form of a written statement include but are not limited to circumstances in which the evidence in question: (a) is of a cumulative nature, in that other witnesses will give or have given oral testimony of similar facts; (b) relates to relevant historical, political or military background; (c) consists of a general or statistical analysis of the ethnic composition of the population in the places to which the indictment relates; (d) concerns the impact of crimes upon victims; (e) relates to issues of the character of the accused; or (f) relates to factors to be taken into account in determining sentence. (ii) Factors against admitting evidence in the form of a written statement include whether: (a) there is an overriding public interest in the evidence in question being presented orally;

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(b) a party objecting can demonstrate that its nature and source renders it unreliable, or that its prejudicial effect outweighs its probative value; or (c) there are any other factors which make it appropriate for the witness to attend for cross-examination. (B) A written statement under this Rule shall be admissible if it attaches a declaration by the person making the written statement that the contents of the statement are true and correct to the best of that person’s knowledge and belief and (i) the declaration is witnessed by: (a) a person authorised to witness such a declaration in accordance with the law and procedure of a State; or (b) a Presiding Officer appointed by the Registrar of the Tribunal for that purpose; and (ii) the person witnessing the declaration verifies in writing: (a) that the person making the statement is the person identified in the said statement; (b) that the person making the statement stated that the contents of the written statement are, to the best of that person’s knowledge and belief, true and correct; (c) that the person making the statement was informed that if the content of the written statement is not true then he or she may be subject to proceedings for giving false testimony; and (d) the date and place of the declaration. The declaration shall be attached to the written statement presented to the Trial Chamber. (C) A written statement not in the form prescribed by paragraph (B) may nevertheless be admissible if made by a person who has subsequently died, or by a person who can no longer with reasonable diligence be traced, or by a person who is by reason of bodily or mental condition unable to testify orally, if the Trial Chamber: (i) is so satisfied on a balance of probabilities; and (ii) finds from the circumstances in which the statement was made and recorded that there are satisfactory indicia of its reliability. (D) A Chamber may admit a transcript of evidence given by a witness in proceedings before the Tribunal which goes to proof of a matter other than the acts and conduct of the accused. (E) Subject to Rule 127 or any order to the contrary, a party seeking to adduce a written statement or transcript shall give fourteen days notice to the opposing party, who may within seven days object. The Trial Chamber shall decide, after hearing the parties, whether to admit the statement or transcript in whole or in part and whether to require the witness to appear for cross-examination.

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Anhang B Rule 93 Evidence of Consistent Pattern of Conduct (Adopted 11 Feb 1994)

(A) Evidence of a consistent pattern of conduct relevant to serious violations of international humanitarian law under the Statute may be admissible in the interests of justice. (Amended 18 Jan 1996) (B) Acts tending to show such a pattern of conduct shall be disclosed by the Prosecutor to the defence pursuant to Rule 66. (Revised 30 Jan 1995)

Rule 94 Judicial Notice (Adopted 11 Feb 1994) (A) A Trial Chamber shall not require proof of facts of common knowledge but shall take judicial notice thereof. (B) At the request of a party or proprio motu, a Trial Chamber, after hearing the parties, may decide to take judicial notice of adjudicated facts or documentary evidence from other proceedings of the Tribunal relating to matters at issue in the current proceedings. (Amended 10 July 1998)

Rule 94 bis Testimony of Expert Witnesses (Adopted 10 July 1998) (A) The full statement of any expert witness to be called by a party shall be disclosed within the time-limit prescribed by the Trial Chamber or by the pre-trial Judge. (Amended 14 July 2000, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 13 Dec 2001) (B) Within thirty days of disclosure of the statement of the expert witness, or such other time prescribed by the Trial Chamber or pre-trial Judge, the opposing party shall file a notice indicating whether: (i) it accepts the expert witness statement; or (ii) it wishes to cross-examine the expert witness; and (iii) it challenges the qualifications of the witness as an expert or the relevance of all or parts of the report and, if so, which parts (Amended 12 Dec 2002) (Amended 13 Dec 2001) (C) If the opposing party accepts the statement of the expert witness, the statement may be admitted into evidence by the Trial Chamber without calling the witness to testify in person.

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Rule 94 ter [Deleted] (Adopted 4 Dec 1998, amended 17 Nov 1999, deleted 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) Rule 95 Exclusion of Certain Evidence (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, revised 12 Nov 1997) No evidence shall be admissible if obtained by methods which cast substantial doubt on its reliability or if its admission is antithetical to, and would seriously damage, the integrity of the proceedings. Rule 96 Evidence in Cases of Sexual Assault (Adopted 11 Feb 1994) In cases of sexual assault: (i) no corroboration of the victim’s testimony shall be required; (ii) consent shall not be allowed as a defence if the victim (a) has been subjected to or threatened with or has had reason to fear violence, duress, detention or psychological oppression, or (b) reasonably believed that if the victim did not submit, another might be so subjected, threatened or put in fear; (Amended 3 May 1995) (iii) before evidence of the victim’s consent is admitted, the accused shall satisfy the Trial Chamber in camera that the evidence is relevant and credible; (Revised 30 Jan 1995) (iv) prior sexual conduct of the victim shall not be admitted in evidence. Rule 97 Lawyer-Client Privilege (Adopted 11 Feb 1994) All communications between lawyer and client shall be regarded as privileged, and consequently not subject to disclosure at trial, unless: (i) the client consents to such disclosure; or (ii) the client has voluntarily disclosed the content of the communication to a third party, and that third party then gives evidence of that disclosure.

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Anhang B Rule 98 Power of Chambers to Order Production of Additional Evidence (Adopted 11 Feb 1994, amended 25 July 1997)

A Trial Chamber may order either party to produce additional evidence. It may proprio motu summon witnesses and order their attendance. SECTION 4: JUDGEMENT Rule 98 bis Judgement of Acquittal (Adopted 10 July 1998, amended 17 Nov 1999, amended 8 Dec 2004) At the close of the Prosecutor’s case, the Trial Chamber shall, by oral decision and after hearing the oral submissions of the parties, enter a judgement of acquittal on any count if there is no evidence capable of supporting a conviction. Rule 98 ter Judgement (Adopted 10 July 1998) (A) The judgement shall be pronounced in public, on a date of which notice shall have been given to the parties and counsel and at which they shall be entitled to be present, subject to the provisions of Rule 102 (B). (Amended 10 July 1998, amended 12 Apr 2001) (B) If the Trial Chamber finds the accused guilty of a crime and concludes from the evidence that unlawful taking of property by the accused was associated with it, it shall make a specific finding to that effect in its judgement. The Trial Chamber may order restitution as provided in Rule 105. (C) The judgement shall be rendered by a majority of the Judges. It shall be accompanied or followed as soon as possible by a reasoned opinion in writing, to which separate or dissenting opinions may be appended. (D) A copy of the judgement and of the Judges’ opinions in a language which the accused understands shall as soon as possible be served on the accused if in custody. Copies thereof in that language and in the language in which they were delivered shall also as soon as possible be provided to counsel for the accused. Rule 99 Status of the Acquitted Person (Adopted 11 Feb 1994, revised 12 Nov 1997) (A) Subject to paragraph (B), in the case of an acquittal or the upholding of a challenge to jurisdiction, the accused shall be released immediately. (Amended 12 Apr 2001)

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(B) If, at the time the judgement is pronounced, the Prosecutor advises the Trial Chamber in open court of the Prosecutor’s intention to file notice of appeal pursuant to Rule 108, the Trial Chamber may, on application in that behalf by the Prosecutor and upon hearing the parties, in its discretion, issue an order for the continued detention of the accused, pending the determination of the appeal. (Amended 10 July 1998)

SECTION 5: SENTENCING AND PENALTIES Rule 100 Sentencing Procedure on a Guilty Plea (Adopted 11 Feb 1994, amended 10 July 1998) (A) If the Trial Chamber convicts the accused on a guilty plea, the Prosecutor and the defence may submit any relevant information that may assist the Trial Chamber in determining an appropriate sentence. (Amended 25 June 1996 and 5 July 1996) (B) The sentence shall be pronounced in a judgement in public and in the presence of the convicted person, subject to Rule 102 (B).

Rule 101 Penalties (Adopted 11 Feb 1994, amended 10 July 1998, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (A) A convicted person may be sentenced to imprisonment for a term up to and including the remainder of the convicted person’s life. (Revised 12 Nov 1997) (B) In determining the sentence, the Trial Chamber shall take into account the factors mentioned in Article 24, paragraph 2, of the Statute, as well as such factors as: (i) any aggravating circumstances; (ii) any mitigating circumstances including the substantial cooperation with the Prosecutor by the convicted person before or after conviction; (iii) the general practice regarding prison sentences in the courts of the former Yugoslavia; (iv) the extent to which any penalty imposed by a court of any State on the convicted person for the same act has already been served, as referred to in Article 10, paragraph 3, of the Statute. (Revised 30 Jan 1995, amended 10 July 1998) (Amended 10 July 1998) (C) Credit shall be given to the convicted person for the period, if any, during which the convicted person was detained in custody pending surrender to the Tribunal or pending trial or appeal. (Revised 30 Jan 1995)

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Anhang B Rule 102 Status of the Convicted Person (Adopted 11 Feb 1994)

(A) The sentence shall begin to run from the day it is pronounced. However, as soon as notice of appeal is given, the enforcement of the judgement shall thereupon be stayed until the decision on the appeal has been delivered, the convicted person meanwhile remaining in detention, as provided in Rule 64. (Amended 10 July 1998) (B) If, by a previous decision of the Trial Chamber, the convicted person has been released, or is for any other reason at liberty, and is not present when the judgement is pronounced, the Trial Chamber shall issue a warrant for the convicted person’s arrest. On arrest, the convicted person shall be notified of the conviction and sentence, and the procedure provided in Rule 103 shall be followed. (Revised 12 Nov 1997)

Rule 103 Place of Imprisonment (Adopted 11 Feb 1994) (A) Imprisonment shall be served in a State designated by the President of the Tribunal from a list of States which have indicated their willingness to accept convicted persons. (Amended 10 July 1998) (B) Transfer of the convicted person to that State shall be effected as soon as possible after the time-limit for appeal has elapsed. (C) Pending the finalisation of arrangements for his or her transfer to the State where his or her sentence will be served, the convicted person shall remain in the custody of the Tribunal. (Amended 4 Dec 1998)

Rule 104 Supervision of Imprisonment (Adopted 11 Feb 1994) All sentences of imprisonment shall be supervised by the Tribunal or a body designated by it.

Rule 105 Restitution of Property (Adopted 11 Feb 1994) (A) After a judgement of conviction containing a specific finding as provided in Rule 98 ter (B), the Trial Chamber shall, at the request of the Prosecutor, or may, proprio motu, hold a special hearing to determine the matter of the restitution of the property or the proceeds thereof, and may in the meantime order such provisional

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measures for the preservation and protection of the property or proceeds as it considers appropriate. (Amended 25 July 1997, amended 10 July 1998, amended 12 Apr 2001) (B) The determination may extend to such property or its proceeds, even in the hands of third parties not otherwise connected with the crime of which the convicted person has been found guilty. (C) Such third parties shall be summoned before the Trial Chamber and be given an opportunity to justify their claim to the property or its proceeds. (D) Should the Trial Chamber be able to determine the rightful owner on the balance of probabilities, it shall order the restitution either of the property or the proceeds or make such other order as it may deem appropriate. (Revised 30 Jan 1995) (E) Should the Trial Chamber not be able to determine ownership, it shall notify the competent national authorities and request them so to determine. (F) Upon notice from the national authorities that an affirmative determination has been made, the Trial Chamber shall order the restitution either of the property or the proceeds or make such other order as it may deem appropriate. (Revised 30 Jan 1995) (G) The Registrar shall transmit to the competent national authorities any summonses, orders and requests issued by a Trial Chamber pursuant to paragraphs (C), (D), (E) and (F). (Revised 30 Jan 1995, amended 12 Apr 2001) Rule 106 Compensation to Victims (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Registrar shall transmit to the competent authorities of the States concerned the judgement finding the accused guilty of a crime which has caused injury to a victim. (B) Pursuant to the relevant national legislation, a victim or persons claiming through the victim may bring an action in a national court or other competent body to obtain compensation. (Revised 12 Nov 1997) (C) For the purposes of a claim made under paragraph (B) the judgement of the Tribunal shall be final and binding as to the criminal responsibility of the convicted person for such injury. (Amended 12 Apr 2001) PART SEVEN APPELLATE PROCEEDINGS Rule 107 General Provision (Adopted 11 Feb 1994) The rules of procedure and evidence that govern proceedings in the Trial Chambers shall apply mutatis mutandis to proceedings in the Appeals Chamber.

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Anhang B Rule 108 Notice of Appeal (Adopted 11 Feb 1994, revised 30 Jan 1995, amended 25 July 1997, revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998, amended 2 July 1999, amended 17 Nov 1999, amended 13 Dec 2001)

A party seeking to appeala judgement shall, not more than thirty days from the date on which the judgement was pronounced, file a notice of appeal, setting forth the grounds. The Appellant should also identify the order, decision or ruling challenged with specific reference to the date of its filing, and/or the transcript page, and indicate the substance of the alleged errors and the relief sought. The Appeals Chamber may, on good cause being shown by motion, authorise a variation of the grounds of appeal.

Rule 108 bis State Request for Review (Adopted 25 July 1997) (A) A State directly affected by an interlocutory decision of a Trial Chamber may, within fifteen days from the date of the decision, file a request for review of the decision by the Appeals Chamber if that decision concerns issues of general importance relating to the powers of the Tribunal. (Amended 2 July 1999) (B) The party upon whose motion the Trial Chamber issued the impugned decision shall be heard by the Appeals Chamber. The other party may be heard if the Appeals Chamber considers that the interests of justice so require. (Amended 17 Nov 1999) (C) The Appeals Chamber may at any stage suspend the execution of the impugned decision. (Amended 17 Nov 1999) (D) Rule 116 bis shall apply mutatis mutandis.

Rule 109 Record on Appeal (Adopted 11 Feb 1994, revised 12 Nov 1997, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) The record on appeal shall consist of the trial record, as certified by the Registrar.

Rule 110 Copies of Record (Adopted 11 Feb 1994) The Registrar shall make a sufficient number of copies of the record on appeal for the use of the Judges of the Appeals Chamber and of the parties.

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Rule 111 Appellant’s Brief (Adopted 11 Feb 1994, revised 12 Nov 1997, amended 10 July 1998, amended 17 Nov 1999, amended 13 Dec 2001, amended 21 July 2005) (A) An Appellant’s brief setting out all the arguments and authorities shall be filed within seventy-five days of filing of the notice of appeal pursuant to Rule 108. Where limited to sentencing, an Appellant’s brief shall be filed within thirty days of filing of the notice of appeal pursuant to Rule 108. (B) Where the Prosecutor is the Appellant, the Prosecutor shall make a declaration in the Appellant’s brief that disclosure has been completed with respect to the material available to the Prosecutor at the time of filing the brief.

Rule 112 Respondent’s Brief (Adopted 11 Feb 1994, amended 17 Nov 1999, amended 13 Dec 2001, 21 July 2005) (A) A Respondent’s brief of argument and authorities shall be field within forty days of filing of the Appellant’s brief. Where limited to sentencing, a Respondent’s brief shall be filed within thirty days of filing of the Appellant’s brief. (B) Where the Prosecutor is the Respondent, the Prosecutor shall make a declaration in the Respondent’s brief that disclosure had been completed with respect to the material available to the Prosecutor at the time of filing the brief.

Rule 113 Brief in Reply (Adopted 11 Feb 1994, amended 21 July 2005) An Appellant may file a brief in reply within fifteen days of filing of the Respondent’s brief. Where limited to sentencing, a brief in reply shall be filed within ten days of filing of the Respondent’s brief.

Rule 114 Date of Hearing (Adopted 11 Feb 1994) After the expiry of the time-limits for filing the briefs provided for in Rules 111, 112 and 113, the Appeals Chamber shall set the date for the hearing and the Registrar shall notify the parties.

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Anhang B Rule 115 Additional Evidence (Adopted 11 Feb 1994, amended 12 July 2002)

(A) A party may apply by motion to present additional evidence before the Appeals Chamber. Such motion shall clearly identify with precision the specific finding of fact made by the Trial Chamber to which the additional evidence is directed, and must be served on the other party and filed with the Registrar not later than thirty days from the date for filing of the brief in reply, unless good cause or, after the appeal hearing, cogent reasons are shown for a delay. Rebuttal material may be presented by any party affected by the motion. Parties are permitted to file supplemental briefs on the impact of the additional evidence within fifteen days of the expiry of the time limit set for the filing of rebuttal material, if no such material is filed, or if rebuttal material is filed, within fifteen days of the decision on the admissibility of that material. (Amended 30 Sept 2002, amended 21 July 2005) (B) If the Appeals Chamber finds that the additional evidence was not available at trial and is relevant and credible, it will determine if it could have been a decisive factor in reaching the decision at trial. If it could have been such a factor, the Appeals Chamber will consider the additional evidence and any rebuttal material along with that already on the record to arrive at a final judgement in accordance with Rule 117. (C) The Appeals Chamber may decide the motion prior to the appeal, or at the time of the hearing on appeal. It may decide the motion with or without an oral hearing. (D) If several defendants are parties to the appeal, the additional evidence admitted on behalf of any one of them will be considered with respect to all of them, where relevant.

Rule 116 [Deleted] (Adopted 11 Feb 1994, deleted 12 Nov 1997)

Rule 116 bis Expedited Appeals Procedure (Adopted 30 Jan 1995, amended 17 Nov 1999, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) (A) An appeal under Rule 72 or Rule 73 or appeal from a decision rendered under Rule 11 bis, Rule 54 bis, Rule 65, Rule 77 or Rule 91 shall be heard expeditiously on the basis of the original record of the Trial Chamber. Appeals may be determined entirely on the basis of written briefs. (Revised 12 Nov 1997, amended 17 Nov 1999, amended 14 July 2000, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 13 Dec 2001, amended 21 July 2005)

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(B) Rules 109 to 114 shall not apply to such appeals. (C) The Presiding Judge, after consulting the members of the Appeals Chamber, may decide not to apply Rule 117 (D). (Amended 25 July 1997, amended 17 Nov 1999, amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000) Rule 117 Judgement on Appeal (Adopted 11 Feb 1994) (A) The Appeals Chamber shall pronounce judgement on the basis of the record on appeal together with such additional evidence as has been presented to it. (B) The judgement shall be rendered by a majority of the Judges. It shall be accompanied or followed as soon as possible by a reasoned opinion in writing, to which separate or dissenting opinions may be appended. (Revised 30 Jan 1995) (C) In appropriate circumstances the Appeals Chamber may order that the accused be retried according to law. (Revised 30 Jan 1995) (D) The judgement shall be pronounced in public, on a date of which notice shall have been given to the parties and counsel and at which they shall be entitled to be present. (Revised 30 Jan 1995) Rule 118 Status of the Accused following Appeal (Adopted 11 Feb 1994) (A) A sentence pronounced by the Appeals Chamber shall be enforced immediately. (B) Where the accused is not present when the judgement is due to be delivered, either as having been acquitted on all charges or as a result of an order issued pursuant to Rule 65, or for any other reason, the Appeals Chamber may deliver its judgement in the absence of the accused and shall, unless it pronounces an acquittal, order the arrest or surrender of the accused to the Tribunal. (Revised 12 Nov 1997) PART EIGHT REVIEW PROCEEDINGS Rule 119 Request for Review (Adopted 11 Feb 1994) (A) Where a new fact has been discovered which was not known to the moving party at the time of the proceedings before a Trial Chamber or the Appeals Chamber, and could not have been discovered through the exercise of due diligence, the defence or, within one year after the final judgement has been pronounced, the Prosecutor, may make a motion to that Chamber for review of the judgement. If,

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Anhang B at the time of the request for review, any of the Judges who constituted the original Chamber are no longer Judges of the Tribunal, the President shall appoint a Judge or Judges in their place. (Amended 12 July 2001)

(B) Any brief in response to a request for review shall be filed within forty days of the filing of the request. (Amended 12 July 2002) (C) Any brief in reply shall be filed within fifteen days after the filing of the response. (Amended 12 July 2002)

Rule 120 Preliminary Examination (Adopted 11 Feb 1994, amended 12 July 2001) If a majority of Judges of the Chamber constituted pursuant to Rule 119 agree that the new fact, if proved, could have been a decisive factor in reaching a decision, the Chamber shall review the judgement, and pronounce a further judgement after hearing the parties.

Rule 121 Appeals (Adopted 11 Feb 1994) The judgement of a Trial Chamber on review may be appealed in accordance with the provisions of Part Seven.

Rule 122 Return of Case to Trial Chamber (Adopted 11 Feb 1994) If the judgement to be reviewed is under appeal at the time the motion for review is filed, the Appeals Chamber may return the case to the Trial Chamber for disposition of the motion.

PART NINE PARDON AND COMMUTATION OF SENTENCE Rule 123 Notification by States (Adopted 11 Feb 1994, amended 5 May 1994, revised 12 Nov 1997) If, according to the law of the State of imprisonment, a convicted person is eligible for pardon or commutation of sentence, the State shall, in accordance with Article 28 of the Statute, notify the Tribunal of such eligibility.

ICTY-Rules of Procedure and Evidence

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Rule 124 Determination by the President (Adopted 11 Feb 1994, amended 12 Apr 2001, amended 11 Feb 2005) The President shall, upon such notice, determine, in consultation with the members of the Bureau and any permanent Judges of the sentencing Chamber who remain Judges of the Tribunal, whether pardon or commutation is appropriate.

Rule 125 General Standards for Granting Pardon or Commutation (Adopted 11 Feb 1994) In determining whether pardon or commutation is appropriate, the President shall take into account, inter alia, the gravity of the crime or crimes for which the prisoner was convicted, the treatment of similarly-situated prisoners, the prisoner’s demonstration of rehabilitation, as well as any substantial cooperation of the prisoner with the Prosecutor.

PART TEN TIME Rule 126 General Provisions (Adopted 12 Nov 1997, amended 13 Dec 2001) (A) Where the time prescribed by or under these Rules for the doing of any act is to run as from the occurrence of an event, that time shall begin to run as from the date of the event. (B) Should the last day of a time prescribed by a Rule or directed by a Chamber fall upon a day when the Registry of the Tribunal does not accept documents for filing it shall be considered as falling on the first day thereafter when the Registry does accept documents for filing. (Amended 12 July 2002)

Rule 126 bis Time for Filing Responses to Motions (Adopted 13 Dec 2001) Unless otherwise ordered by a Chamber either generally or in the particular case, a response, if any, to a motion filed by a party shall be filed within fourteen days of the filing of the motion. A reply to the response, if any, shall be filed within seven days of the filing of the response, with the leave of the relevant Chamber.

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Anhang B Rule 127 Variation of Time-limits (Adopted 12 Nov 1997)

(A) Save as provided by paragraph (C), a Trial Chamber or Pre-Trial Judge may, on good cause being shown by motion, (i) enlarge or reduce any time prescribed by or under these Rules; (ii) recognize as validly done any act done after the expiration of a time so prescribed on such terms, if any, as is thought just and whether or not that time has already expired. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 21 July 2005) (B) In relation to any step falling to be taken in connection with an appeal, the Appeals Chamber or Pre-Appeal Judge may exercise the like power as is conferred by paragraph (A) and in like manner and subject to the same conditions as are therein set out. (Amended 1 Dec 2000 and 13 Dec 2000, amended 21 July 2005) (C) This Rule shall not apply to the times prescribed in Rules 40 bis and 90 bis.

Anhang C Statute of the International Criminal Tribunal for Rwanda (Adopted 8 November 1994 by Resolution 955) (As Amended) Table of Contents Article Article Article Article

1 2 3 4

Competence of the International Tribunal for Rwanda Genocide Crimes against humanity Violations of Article 3 Common to the Geneva Conventions and of Additional Protocol II Article 5 Personal jurisdiction Article 6 Individual criminal responsibility Article 7 Territorial and temporal jurisdiction Article 8 Concurrent jurisdiction Article 9 Non-bis-in idem Article 10 Organization of the International Tribunal Article 11 Composition of the Chambers Article 12 Qualifications of judges Article 12 bis Election of permanent judges Article 12 ter Election and appointment of ad litem judges Article 12 quater Status of ad litem judges Article 13 Officers and members of the Chambers Article 14 Rules of procedure and evidence Article 15 The Prosecutor Article 16 The Registry Article 17 Investigation and preparation of indictment Article 18 Review of the indictment Article 19 Commencement and conduct of trial proceedings Article 20 Rights of the accused Article 21 Protection of victims and witnesses Article 22 Judgement Article 23 Penalties Article 24 Appellate proceedings

472 Article Article Article Article Article

Anhang C 25 26 27 28 29

Article 30 Article 31 Article 32

Review proceedings Enforcement of sentences Pardon or commutation of sentences Cooperation and judicial assistance The status, privileges and immunities of the International Tribunal for Rwanda Expenses of the International Tribunal for Rwanda Working languages Annual report

As amended by the Security Council acting under Chapter VII of the Charter of the United Nations, the International Criminal Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Genocide and Other Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of Rwanda and Rwandan Citizens responsible for genocide and other such violations committed in the territory of neighbouring States, between 1 January 1994 and 31 December 1994 (hereinafter referred to as “The International Tribunal for Rwanda\)) shall function in accordance with the provisions of the present Statute. Article 1: Competence of the International Tribunal for Rwanda The International Tribunal for Rwanda shall have the power to prosecute persons responsible for serious violations of international humanitarian law committed in the territory of Rwanda and Rwandan citizens responsible for such violations committed in the territory of neighbouring States between 1 January 1994 and 31 December 1994, in accordance with the provisions of the present Statute. Article 2: Genocide 1. The International Tribunal for Rwanda shall have the power to prosecute persons committing genocide as defined in paragraph 2 of this Article or of committing any of the other acts enumerated in paragraph 3 of this Article. 2. Genocide means any of the following acts committed with intent to destroy, in whole or in part, a national, ethnical, racial or religious group, as such: (a) killing members of the group; (b) causing serious bodily or mental harm to members of the group; (c) deliberately inflicting on the group conditions of life calculated to bring about its physical destruction in whole or in part; (d) imposing measures intended to prevent births within the group; (e) forcibly transferring children of the group to another group. 3. The following acts shall be punishable: (a) genocide; (b) conspiracy to commit genocide;

ICTR-Statute

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(c) direct and public incitement to commit genocide; (d) attempt to commit genocide; (e) complicity in genocide. Article 3: Crimes against Humanity The International Tribunal for Rwanda shall have the power to prosecute persons responsible for the following crimes when committed as part of a widespread or systematic attack against any civilian population on national, political, ethnic, racial or religious grounds: (a) murder; (b) extermination; (c) enslavement; (d) deportation; (e) imprisonment; (f) torture; (g) rape; (h) persecutions on political, racial and religious grounds; (i) other inhumane acts. Article 4: Violations of Article 3 Common to the Geneva Conventions and of Additional Protocol II The International Tribunal for Rwanda shall have the power to prosecute persons committing or ordering to be committed serious violations of Article 3 common to the Geneva Conventions of 12 August 1949 for the Protection of War Victims, and of Additional Protocol II thereto of 8 June 1977. These violations shall include, but shall not be limited to: (a) violence to life, health and physical or mental well-being of persons, in particular murder as well as cruel treatment such as torture, mutilation or any form of corporal punishment; (b) collective punishments; (c) taking of hostages; (d) acts of terrorism; (e) outrages upon personal dignity, in particular humiliating and degrading treatment, rape, enforced prostitution and any form of indecent assault; (f) pillage; (g) the passing of sentences and the carrying out of executions without previous judgement pronounced by a regularly constituted court, affording all the judicial guarantees which are recognized as indispensable by civilised peoples; (h) threats to commit any of the foregoing acts.

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Anhang C Article 5: Personal Jurisdiction

The International Tribunal for Rwanda shall have jurisdiction over natural persons pursuant to the provisions of the present Statute.

Article 6: Individual Criminal Responsibility 1. A person who planned, instigated, ordered, committed or otherwise aided and abetted in the planning, preparation or execution of a crime referred to in Articles 2 to 4 of the present Statute, shall be individually responsible for the crime. 2. The official position of any accused person, whether as Head of state or government or as a responsible government official, shall not relieve such person of criminal responsibility nor mitigate punishment. 3. The fact that any of the acts referred to in Articles 2 to 4 of the present Statute was committed by a subordinate does not relieve his or her superior of criminal responsibility if he or she knew or had reason to know that the subordinate was about to commit such acts or had done so and the superior failed to take the necessary and reasonable measures to prevent such acts or to punish the perpetrators thereof. 4. The fact that an accused person acted pursuant to an order of a government or of a superior shall not relieve him or her of criminal responsibility, but may be considered in mitigation of punishment if the International Tribunal for Rwanda determines that justice so requires.

Article 7: Territorial and Temporal Jurisdiction The territorial jurisdiction of the International Tribunal for Rwanda shall extend to the territory of Rwanda including its land surface and airspace as well as to the territory of neighbouring States in respect of serious violations of international humanitarian law committed by Rwandan citizens. The temporal jurisdiction of the International Tribunal for Rwanda shall extend to a period beginning on 1 January 1994 and ending on 31 December 1994.

Article 8: Concurrent Jurisdiction 1. The International Tribunal for Rwanda and national courts shall have concurrent jurisdiction to prosecute persons for serious violations of international humanitarian law committed in the territory of Rwanda and Rwandan citizens for such violations committed in the territory of the neighbouring States, between 1 January 1994 and 31 December 1994. 2. The International Tribunal for Rwanda shall have the primacy over the national courts of all States. At any stage of the procedure, the International Tribunal for Rwanda may formally request national courts to defer to its competence in ac-

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cordance with the present Statute and the Rules of Procedure and Evidence of the International Tribunal for Rwanda.

Article 9: Non Bis in Idem 1. No person shall be tried before a national court for acts constituting serious violations of international humanitarian law under the present Statute, for which he or she has already been tried by the International Tribunal for Rwanda. 2. A person who has been tried before a national court for acts constituting serious violations of international humanitarian law may be subsequently tried by the International Tribunal for Rwanda only if: (a) The act for which he or she was tried was characterised as an ordinary crime; or (b) The national court proceedings were not impartial or independent, were designed to shield the accused from international criminal responsibility, or the case was not diligently prosecuted. 3. In considering the penalty to be imposed on a person convicted of a crime under the present Statute, the International Tribunal for Rwanda shall take into account the extent to which any penalty imposed by a national court on the same person for the same act has already been served.

Article 10: Organisation of the International Tribunal for Rwanda The International Tribunal for Rwanda shall consist of the following organs: (a) the Chambers, comprising three Trial Chambers and an Appeals Chamber; (b) the Prosecutor; (c) a Registry.

Article 11: Composition of the Chambers 1. The Chambers shall be composed of sixteen permanent independent judges, no two of whom may be nationals of the same State, and a maximum at any one time of four ad litem independent judges appointed in accordance with article 12 ter, paragraph 2, of the present Statute, no two of whom may be nationals of the same State. 2. Three permanent judges and a maximum at any one time of four ad litem judges shall be members of each Trial Chamber. Each Trial Chamber to which ad litem judges are assigned may be divided into sections of three judges each, composed of both permanent and ad litem judges. A section of a Trial Chamber shall have the same powers and responsibilities as a Trial Chamber under the present Statute and shall render judgement in accordance with the same rules.

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Anhang C

3. Seven of the permanent judges shall be members of the Appeals Chamber. The Appeals Chamber shall, for each appeal, be composed of five of its members. 4. A person who for the purposes of membership of the Chambers of the International Tribunal for Rwanda could be regarded as a national of more than one State shall be deemed to be a national of the State in which that person ordinarily exercises civil and political rights. Article 12: Qualification and Election of Judges The permanent and ad litem judges shall be persons of high moral character, impartiality and integrity who possess the qualifications required in their respective countries for appointment to the highest judicial offices. In the overall composition of the Chambers and sections of the Trial Chambers, due account shall be taken of the experience of the judges in criminal law, international law, including international humanitarian law and human rights law. Article 12 bis: Election of Permanent Judges 1. Eleven of the permanent judges of the International Tribunal for Rwanda shall be elected by the General Assembly from a list submitted by the Security Council, in the following manner: (a) The Secretary-General shall invite nominations for permanent judges of the International Tribunal for Rwanda from States Members of the United Nations and non-member States maintaining permanent observer missions at United Nations Headquarters; (b) Within sixty days of the date of the invitation of the Secretary-General, each State may nominate up to two candidates meeting the qualifications set out in article 12 of the present Statute, no two of whom shall be of the same nationality and neither of whom shall be of the same nationality as any judge who is a member of the Appeals Chamber and who was elected or appointed a permanent judge of the International Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of the Former Yugoslavia since 1991 (hereinafter referred to as ‘the International Tribunal for the Former Yugoslavia’) in accordance with article 13 bis of the Statute of that Tribunal; (c) The Secretary-General shall forward the nominations received to the Security Council. From the nominations received the Security Council shall establish a list of not less than twenty-two and not more than thirty-three candidates, taking due account of the adequate representation on the International Tribunal for Rwanda of the principal legal systems of the world; (d) The President of the Security Council shall transmit the list of candidates to the President of the General Assembly. From that list the General Assembly shall elect eleven permanent judges of the International Tribunal for Rwanda. The candidates who receive an absolute majority of the votes of the States Members of the United Nations and of the non-member States maintaining per-

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manent observer missions at United Nations Headquarters, shall be declared elected. Should two candidates of the same nationality obtain the required majority vote, the one who received the higher number of votes shall be considered elected. 2. In the event of a vacancy in the Chambers amongst the permanent judges elected or appointed in accordance with this article, after consultation with the Presidents of the Security Council and of the General Assembly, the Secretary-General shall appoint a person meeting the qualifications of article 12 of the present Statute, for the remainder of the term of office concerned. 3. The permanent judges elected in accordance with this article shall be elected for a term of four years. The terms and conditions of service shall be those of the permanent judges of the International Tribunal for the Former Yugoslavia. They shall be eligible for re-election.

Article 12 ter: Election and Appointment of Ad litem Judges 1. The ad litem judges of the International Tribunal for Rwanda shall be elected by the General Assembly from a list submitted by the Security Council, in the following manner: (a) The Secretary-General shall invite nominations for ad litem judges of the International Tribunal for Rwanda from States Members of the United Nations and non-member States maintaining permanent observer missions at United Nations Headquarters; (b) Within sixty days of the date of the invitation of the Secretary-General, each State may nominate up to four candidates meeting the qualifications set out in article 12 of the present Statute, taking into account the importance of a fair representation of female and male candidates; (c) The Secretary-General shall forward the nominations received to the Security Council. From the nominations received the Security Council shall establish a list of not less than thirty-six candidates, taking due account of the adequate representation of the principal legal systems of the world and bearing in mind the importance of equitable geographical distribution; (d) The President of the Security Council shall transmit the list of candidates to the President of the General Assembly. From that list the General Assembly shall elect the eighteen ad litem judges of the International Tribunal for Rwanda. The candidates who receive an absolute majority of the votes of the States Members of the United Nations and of the non-member States maintaining permanent observer missions at United Nations Headquarters shall be declared elected; (e) The ad litem judges shall be elected for a term of four years. They shall not be eligible for re-election. 2. During their term, ad litem judges will be appointed by the Secretary-General, upon request of the President of the International Tribunal for Rwanda, to serve in the Trial Chambers for one or more trials, for a cumulative period of up to, but

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not including, three years. When requesting the appointment of any particular ad litem judge, the President of the International Tribunal for Rwanda shall bear in mind the criteria set out in article 12 of the present Statute regarding the composition of the Chambers and sections of the Trial Chambers, the considerations set out in paragraphs 1 (b) and (c) above and the number of votes the ad litem judge received in the General Assembly. Article 12 quater: Status of Ad litem Judges 1. During the period in which they are appointed to serve in the International Tribunal for Rwanda, ad litem judges shall: (a) Benefit from the same terms and conditions of service mutatis mutandis as the permanent judges of the International Tribunal for Rwanda; (b) Enjoy, subject to paragraph 2 below, the same powers as the permanent judges of the International Tribunal for Rwanda; (c) Enjoy the privileges and immunities, exemptions and facilities of a judge of the International Tribunal for Rwanda; (d) Enjoy the power to adjudicate in pre-trial proceedings in cases other than those that they have been appointed to try. 2. During the period in which they are appointed to serve in the International Tribunal for Rwanda, ad litem judges shall not: (a) Be eligible for election as, or to vote in the election of, the President of the International Tribunal for Rwanda or the Presiding Judge of a Trial Chamber pursuant to article 13 of the present Statute; (b) Have power: (i) To adopt rules of procedure and evidence pursuant to article 14 of the present Statute. They shall, however, be consulted before the adoption of those rules; (ii) To review an indictment pursuant to article 18 of the present Statute; (iii) To consult with the President of the International Tribunal for Rwanda in relation to the assignment of judges pursuant to article 13 of the present Statute or in relation to a pardon or commutation of sentence pursuant to article 27 of the present Statute. Article 13: Officers and Members of the Chambers 1. The permanent judges of the International Tribunal for Rwanda shall elect a President from amongst their number. 2. The President of the International Tribunal for Rwanda shall be a member of one of its Trial Chambers. 3. After consultation with the permanent judges of the International Tribunal for Rwanda, the President shall assign two of the permanent judges elected or ap-

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pointed in accordance with article 12 bis of the present Statute to be members of the Appeals Chamber of the International Tribunal for the Former Yugoslavia and eight to the Trial Chambers of the International Tribunal for Rwanda. 4. The members of the Appeals Chamber of the International Tribunal for the Former Yugoslavia shall also serve as the members of the Appeals Chamber of the International Tribunal for Rwanda. 5. After consultation with the permanent judges of the International Tribunal for Rwanda, the President shall assign such ad litem judges as may from time to time be appointed to serve in the International Tribunal for Rwanda to the Trial Chambers. 6. A judge shall serve only in the Chamber to which he or she was assigned. 7. The permanent judges of each Trial Chamber shall elect a Presiding Judge from amongst their number, who shall oversee the work of that Trial Chamber as a whole.

Article 14: Rules of Procedure and Evidence The Judges of the International Tribunal for Rwanda shall adopt, for the purpose of proceedings before the International Tribunal for Rwanda, the Rules of Procedure and Evidence for the conduct of the pre-trial phase of the proceedings, trials and appeals, the admission of evidence, the protection of victims and witnesses and other appropriate matters of the International Tribunal for the former Yugoslavia with such changes as they deem necessary.

Article 15: The Prosecutor 1. The Prosecutor shall be responsible for the investigation and prosecution of persons responsible for serious violations of international humanitarian law committed in the territory of Rwanda and Rwandan citizens responsible for such violations committed in the territory of neighbouring States, between 1 January 1994 and 31 December 1994. 2. The Prosecutor shall act independently as a separate organ of the International Tribunal for Rwanda. He or she shall not seek or receive instructions from any government or from any other source. 3. The Office of the Prosecutor shall be composed of a Prosecutor and such other qualified staff as may be required. 4. The Prosecutor shall be appointed by the Security Council on nomination by the Secretary-General. He or she shall be of high moral character and possess the highest level of competence and experience in the conduct of investigations and prosecutions of criminal cases. The Prosecutor shall serve for a four-year term and be eligible for reappointment. The terms and conditions of service of the Prosecutor shall be those of an Under-Secretary-General of the United Nations.

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Anhang C

5. The staff of the Office of the Prosecutor shall be appointed by the Secretary-General on the recommendation of the Prosecutor.

Article 16: The Registry 1. The Registry shall be responsible for the administration and servicing of the International Tribunal for Rwanda. 2. The Registry shall consist of a Registrar and such other staff as may be required. 3. The Registrar shall be appointed by the Secretary-General after consultation with the President of the International Tribunal for Rwanda. He or she shall serve for a four-year term and be eligible for re-appointment. The terms and conditions of service of the Registrar shall be those of an Assistant Secretary-General of the United Nations. 4. The Staff of the Registry shall be appointed by the Secretary-General on the recommendation of the Registrar.

Article 17: Investigation and Preparation of Indictment 1. The Prosecutor shall initiate investigations ex-officio or on the basis of information obtained from any source, particularly from governments, United Nations organs, intergovernmental and non-governmental organizations. The Prosecutor shall assess the information received or obtained and decide whether there is sufficient basis to proceed. 2. The Prosecutor shall have the power to question suspects, victims and witnesses, to collect evidence and to conduct on-site investigations. In carrying out these tasks, the Prosecutor may, as appropriate, seek the assistance of the State authorities concerned. 3. If questioned, the suspect shall be entitled to be assisted by Counsel of his or her own choice, including the right to have legal assistance assigned to the suspect without payment by him or her in any such case if he or she does not have sufficient means to pay for it, as well as necessary translation into and from a language he or she speaks and understands. 4. Upon a determination that a prima facie case exists, the Prosecutor shall prepare an indictment containing a concise statement of the facts and the crime or crimes with which the accused is charged under the Statute. The indictment shall be transmitted to a judge of the Trial Chamber.

Article 18: Review of the Indictment 1. The judge of the Trial Chamber to whom the indictment has been transmitted shall review it. If satisfied that a prima facie case has been established by the Prosecutor, he or she shall confirm the indictment. If not so satisfied, the indictment shall be dismissed.

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2. Upon confirmation of an indictment, the judge may, at the request of the Prosecutor, issue such orders and warrants for the arrest, detention, surrender or transfer of persons, and any other orders as may be required for the conduct of the trial. Article 19: Commencement and Conduct of Trial Proceedings 1. The Trial Chambers shall ensure that a trial is fair and expeditious and that proceedings are conducted in accordance with the Rules of Procedure and Evidence, with full respect for the rights of the accused and due regard for the protection of victims and witnesses. 2. A person against whom an indictment has been confirmed shall, pursuant to an order or an arrest warrant of the International Tribunal for Rwanda, be taken into custody, immediately informed of the charges against him or her and transferred to the International Tribunal for Rwanda. 3. The Trial Chamber shall read the indictment, satisfy itself that the rights of the accused are respected, confirm that the accused understands the indictment, and instruct the accused to enter a plea. The Trial Chamber shall then set the date for trial. 4. The hearings shall be public unless the Trial Chamber decides to close the proceedings in accordance with its Rules of Procedure and Evidence. Article 20: Rights of the Accused 1. All persons shall be equal before the International Tribunal for Rwanda. 2. In the determination of charges against him or her, the accused shall be entitled to a fair and public hearing, subject to Article 21 of the Statute. 3. The accused shall be presumed innocent until proven guilty according to the provisions of the present Statute. 4. In the determination of any charge against the accused pursuant to the present Statute, the accused shall be entitled to the following minimum guarantees, in full equality: (a) to be informed promptly and in detail in a language which he or she understands of the nature and cause of the charge against him or her; (b) to have adequate time and facilities for the preparation of his or her defence and to communicate with counsel of his or her own choosing; (c) to be tried without undue delay; (d) to be tried in his or her presence, and to defend himself or herself in person or through legal assistance of his or her own choosing; to be informed, if he or she does not have legal assistance, of this right; and to have legal assistance assigned to him or her, in any case where the interest of justice so require, and without payment by him or her in any such case if he or she does not have sufficient means to pay for it;

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(e) to examine, or have examined, the witnesses against him or her and to obtain the attendance and examination of witnesses on his or her behalf under the same conditions as witnesses against him or her; (f) to have the free assistance of an interpreter if he or she cannot understand or speak the language used in the International Tribunal for Rwanda; (g) not to be compelled to testify against himself or herself or to confess guilt.

Article 21: Protection of Victims and Witnesses The International Tribunal for Rwanda shall provide in its Rules of Procedure and Evidence for the protection of victims and witnesses. Such protection measures shall include, but shall not be limited to, the conduct of in camera proceedings and the protection of the victim’s identity.

Article 22: Judgement 1. The Trial Chambers shall pronounce judgements and impose sentences and penalties on persons convicted of serious violations of international humanitarian law. 2. The judgement shall be rendered by a majority of the judges of the Trial Chamber, and shall be delivered by the Trial Chamber in public. It shall be accompanied by a reasoned opinion in writing, to which separate or dissenting opinions may be appended.

Article 23: Penalties 1. The penalty imposed by the Trial Chamber shall be limited to imprisonment. In determining the terms of imprisonment, the Trial Chambers shall have recourse to the general practice regarding prison sentences in the courts of Rwanda. 2. In imposing the sentences, the Trial Chambers should take into account such factors as the gravity of the offence and the individual circumstances of the convicted person. 3. In addition to imprisonment, the Trial Chambers may order the return of any property and proceeds acquired by criminal conduct, including by means of duress, to their rightful owners.

Article 24: Appellate Proceedings 1. The Appeals Chamber shall hear appeals from persons convicted by the Trial Chambers or from the Prosecutor on the following grounds: (a) an error on a question of law invalidating the decision; or (b) an error of fact which has occasioned a miscarriage of justice.

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2. The Appeals Chamber may affirm, reverse or revise the decisions taken by the Trial Chambers.

Article 25: Review Proceedings Where a new fact has been discovered which was not known at the time of the proceedings before the Trial Chambers or the Appeals Chamber and which could have been a decisive factor in reaching the decision, the convicted person or the Prosecutor may submit to the International Tribunal for Rwanda an application for review of the judgement.

Article 26: Enforcement of Sentences Imprisonment shall be served in Rwanda or any of the States on a list of States which have indicated to the Security Council their willingness to accept convicted persons, as designated by the International Tribunal for Rwanda. Such imprisonment shall be in accordance with the applicable law of the State concerned, subject to the supervision of the International Tribunal for Rwanda.

Article 27: Pardon or Commutation of Sentences If, pursuant to the applicable law of the State in which the convicted person is imprisoned, he or she is eligible for pardon or commutation of sentence, the State concerned shall notify the International Tribunal for Rwanda accordingly. There shall only be pardon or commutation of sentence if the President of the International Tribunal for Rwanda, in consultation with the judges, so decides on the basis of the interests of justice and the general principles of law.

Article 28: Cooperation and Judicial Assistance 1. States shall cooperate with the International Tribunal for Rwanda in the investigation and prosecution of persons accused of committing serious violations of international humanitarian law. 2. States shall comply without undue delay with any request for assistance or an order issued by a Trial Chamber, including but not limited to: (a) the identification and location of persons; (b) the taking of testimony and the production of evidence; (c) the service of documents; (d) the arrest or detention of persons; (e) the surrender or the transfer of the accused to the International Tribunal for Rwanda.

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Anhang C Article 29: The Status, Privileges and Immunities of the International Tribunal for Rwanda

1. The Convention on the Privileges and Immunities of the United Nations of 13 February 1946 shall apply to the International Tribunal for Rwanda, the judges, the Prosecutor and his or her staff, and the Registrar and his or her staff. 2. The judges, the Prosecutor and the Registrar shall enjoy the privileges and immunities, exemptions and facilities accorded to diplomatic envoys, in accordance with international law. 3. The staff of the Prosecutor and of the Registrar shall enjoy the privileges and immunities accorded to officials of the United Nations under Articles V and VII of the Convention referred to in paragraph 1 of this article. 4. Other persons, including the accused, required at the seat or meeting place of the International Tribunal for Rwanda shall be accorded such treatment as is necessary for the proper functioning of the International Tribunal for Rwanda. Article 30: Expenses of the International Tribunal for Rwanda The expenses of the International Tribunal for Rwanda shall be expenses of the Organisation in accordance with Article 17 of the Charter of the United Nations. Article 31: Working Languages The working languages of the International Tribunal for Rwanda shall be English and French. Article 32: Annual Report The President of the International Tribunal for Rwanda shall submit an annual report of the International Tribunal for Rwanda to the Security Council and to the General Assembly.

Anhang D Rules of Procedure and Evidence of the International Criminal Tribunal for Rwanda (Adopted 29 June 1995) (As Amended) Table of Contents PART ONE: GENERAL PROVISIONS Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

1 2 3 4 5 6 7 7 bis 7 ter

Entry into Force Definitions Languages Sittings away from the Seat of the Tribunal Non-compliance with Rules Amendment of the Rules Authentic Texts Non-compliance with Obligations Time Limits PART TWO: PRIMACY OF THE TRIBUNAL

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

8 9 10 11 11 bis 12 13

Request for Information Prosecutor’s Application for Deferral Formal Request for Deferral Rule Non-compliance with a Formal Request for Deferral Referral of the Indictment to Another Court Determinations of Courts of any State Non bis in idem

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Anhang D PART THREE: ORGANIZATION OF THE TRIBUNAL SECTION 1: THE JUDGES

Rule Rule Rule Rule Rule Rule

14 14 bis 15 15 bis 16 17

Solemn Declaration Disqualification of Judges Absence of a Judge Resignation Precedence SECTION 2: THE PRESIDENCY

Rule Rule Rule Rule Rule

18 19 20 21 22

Election of the President Functions of the President The Vice-President Functions of the Vice-President Replacements SECTION 3: INTERNAL FUNCTIONING OF THE TRIBUNAL

Rule Rule Rule Rule Rule Rule

23 23 bis 23 ter 24 25 26

The Bureau The Coordination Council The Management Committee Plenary Meetings of the Tribunal Dates of Plenary Sessions Quorum and Vote SECTION 4: THE CHAMBERS

Rule 27 Rule 28 Rule 29

Rotation of the Judges Duty Judges Deliberations SECTION 5: THE REGISTRY

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

30 31 32 33 34 35 36

Appointment of the Registrar Appointment of the Deputy Registrar and Registry Staff Solemn Declaration Functions of the Registrar Victims and Witnesses Support Unit Minutes Record Book

ICTR-Rules of Procedure and Evidence SECTION 6: THE PROSECUTOR Rule 37 Rule 38

Functions of the Prosecutor Deputy Prosecutor PART FOUR: INVESTIGATIONS AND RIGHTS OF SUSPECTS SECTION 1: INVESTIGATIONS

Rule Rule Rule Rule Rule Rule

39 40 40 bis 41 42 43

Conduct of Investigations Provisional Measures Transfer and Provisional Detention of Suspects Preservation of Information Rights of Suspects during Investigation Recording Questioning of Suspects SECTION 2: OF COUNSEL

Rule Rule Rule Rule Rule Rule

44 45 45 bis 45 ter 45 quater 46

Appointment and Qualifications of Counsel Assignment of Counsel Detained Persons Availability of Counsel Assignment of Counsel in the Interest of Justice Misconduct of Counsel PART FIVE: PRE-TRIAL PROCEEDINGS SECTION 1: INDICTMENTS

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

47 48 48 bis 49 50 51 52 53 53 bis

Submission of Indictment by the Prosecutor Joinder of Accused Joinder of Trials Joinder of Crimes Amendment of Indictment Withdrawal of Indictment Public Character of Indictment Non-disclosure Service of Indictment SECTION 2: ORDERS AND WARRANTS

Rule 54 Rule 55

General Provision Execution of Arrest Warrants

487

488 Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

Anhang D 55 56 57 58 59 60 61 62 62 63 64 65 65 65

bis

bis

bis ter

Warrant of Arrest to All States Cooperation of States Procedure after Arrest National Extradition Provisions Failure to Execute a Warrant of Arrest or Transfer Order Publication of Indictment Procedure in Case of Failure to Execute a Warrant of Arrest Initial Appearance of Accused and Plea Plea Agreement Procedure Questioning of Accused Detention on Remand Provisional Release Status Conferences Pre-Trial Judge SECTION 3: PRODUCTION OF EVIDENCE

Rule Rule Rule Rule Rule

66 67 68 69 70

Disclosure of Materials by the Prosecutor Reciprocal Disclosure of Evidence Disclosure of Exculpatory and Other Relevant Material Protection of Victims and Witnesses Matters not Subject to Disclosure SECTION 4: DEPOSITIONS

Rule 71

Depositions SECTION 5: PRELIMINARY MOTIONS

Rule 72

Preliminary Motions PART SIX: PROCEEDINGS BEFORE TRIAL CHAMBERS SECTION 1: GENERAL PROVISIONS

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

73 73 bis 73 ter 74 74 bis 75 76 77

Motions Pre-Trial Conference Pre-Defence Conference Amicus Curiae Medical Examination of the Accused Measures for the Protection of Victims and Witnesses Solemn Declaration by Interpreters and Translators Contempt of the Tribunal

ICTR-Rules of Procedure and Evidence Rule Rule Rule Rule Rule

77 bis 78 79 80 81

489

Payment of Fines Open Sessions Closed Sessions Control of Proceedings Records of Proceedings and Preservation of Evidence SECTION 2: CASE PRESENTATION

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

82 82 bis 83 84 85 86 87 88

Joint and Separate Trial Trial in the Absence of Accused Instruments of Restraint Opening Statements Presentation of Evidence Closing Arguments Deliberations Judgement SECTION 3: RULES OF EVIDENCE

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

89 90 90 bis 91 92 92 bis 93 94 94 bis 95

Rule Rule Rule Rule

96 97 98 98 bis

General Provisions Testimony of Witnesses Transfer of a Detained Witness False Testimony under Solemn Declaration Confessions Proof of Facts other than by Oral Evidence Evidence of Consistent Pattern of Conduct Judicial Notice Testimony of Expert Witnesses Exclusion of Evidence on the Grounds of the Means by which It Was Obtained Evidence in Cases of Sexual Assault Lawyer-Client Privilege Power of Chambers to Order Production of Additional Evidence Motion for Judgement of Acquittal SECTION 4: SENTENCING PROCEDURE

Rule Rule Rule Rule Rule Rule

99 100 101 102 103 104

Status of the Acquitted Person Sentencing Procedure on a Guilty Plea Penalties Status of the Convicted Person Place of Imprisonment Supervision of Imprisonment

490

Anhang D

Rule 105 Rule 106

Restitution of Property Compensation to Victims PART SEVEN: APPELLATE PROCEEDINGS

Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule Rule

107 107 108 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 117 117 118 119

bis bis

bis ter

General Provision Practice Directions for the Appeals Chamber Notice of Appeal Pre-Appeal Judge Record on Appeal Copies of Record on Appeal Appellant’s Brief Respondent’s Brief Brief in Reply Date of Hearing Additional Evidence Extension of Time Limits Expedited Appeals Procedure Parties Book Filing of the Appeal Document Judgement on Appeal Status of the Accused following Judgement on Appeal PART EIGHT: REVIEW PROCEEDINGS

Rule Rule Rule Rule

120 121 122 123

Request for Review Preliminary Examination Appeals Return of the Case to the Trial Chamber PART NINE: PARDON AND COMMUTATION OF SENTENCE

Rule 124 Rule 125 Rule 126

Notification by States Determination by the President General Standards for Granting Pardon or Commutation

PART ONE GENERAL PROVISIONS Rule 1: Entry into Force These Rules of Procedure and Evidence, adopted pursuant to Article 14 of the Statute of the Tribunal, shall come into force on 29 June 1995.

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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Rule 2: Definitions (A) In the Rules, unless the context otherwise requires, the following terms shall mean: Rules: The Rules referred to in Rule 1; Statute: The Statute of the Tribunal adopted by Security Council Resolution 955 of 8 November 1994; Tribunal: The International Criminal Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Genocide and other Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of Rwanda and Rwandan citizens responsible for Genocide and other such violations committed in the territory of neighbouring States, between 1 January 1994 and 31 December 1994, established by Security Council resolution 955 of 8 November 1994; Accused: A person against whom one or more counts in an indictment have been confirmed in accordance with Rule 47; Ad litem Judge: A Judge appointed pursuant to Article 12 ter of the Statute; Arrest: The act of apprehending and taking a suspect or an accused into custody pursuant to a warrant of arrest or under Rule 40; Bureau: A body composed of the President, the Vice-President and the Presiding Judges of the Trial Chambers; Investigation: All activities undertaken by the Prosecutor under the Statute and the Rules for the collection of information and evidence, whether before or after confirmation of an indictment; Transaction: A number of acts or omissions whether occurring as one event or a number of events, at the same or different locations and being part of a common scheme, strategy or plan; Party: The Prosecutor or the accused; Permanent Judge: A Judge elected or appointed pursuant to Article 12 bis of the Statute; President: The President of the Tribunal; Prosecutor: The Prosecutor designated pursuant to Article 15 of the Statute; Regulations: The provisions framed by the Prosecutor pursuant to Rule 37 (A) for the purpose of directing the functions of the Office of the Prosecutor; Suspect: A person concerning whom the Prosecutor possesses reliable information which tends to show that he may have committed a crime over which the Tribunal has jurisdiction; Victim: A person against whom a crime over which the Tribunal has jurisdiction has allegedly been committed. (B) In the Rules, the masculine shall include the feminine and the singular the plural, and vice-versa.

492

Anhang D Rule 3: Languages

(A) The working languages of the Tribunal shall be English and French. (B) The accused or suspect shall have the right to use his own language. (C) Counsel for the accused may apply to a Judge or a Chamber for leave to use a language other than the two working ones or the language of the accused. If such leave is granted, the expenses of interpretation and translation shall be borne by the Tribunal to the extent, if any, determined by the President, taking into account the rights of the Defence and the interests of justice. (D) Any other person appearing before the Tribunal, who does not have sufficient knowledge of either of the two working languages, may use his own language. (E) The Registrar shall make any necessary arrangements for interpretation and translation of the working languages.

Rule 4: Sittings Away from the Seat of the Tribunal A Chamber or a Judge may exercise their functions away from the Seat of the Tribunal, if so authorized by the President in the interests of justice.

Rule 5: Non-Compliance with Rules (A) Where an objection on the ground of non-compliance with the Rules or Regulations is raised by a party at the earliest opportunity, the Trial Chamber shall grant relief, if it finds that the alleged noncompliance is proved and that it has caused material prejudice to that party. (B) Where such an objection is raised otherwise than at the earliest opportunity, the Trial Chamber may in its discretion grant relief, if it finds that the alleged noncompliance is proved and that it has caused material prejudice to the objecting party. (C) The relief granted by a Trial Chamber under this Rule shall be such remedy as the Trial Chamber considers appropriate to ensure consistency with fundamental principles of fairness.

Rule 6: Amendment of the Rules (A) Proposals for amendment of the Rules may be made by a Judge, the Prosecutor or the Registrar and shall be adopted, if agreed to by not less than ten Judges at a Plenary Meeting of the Tribunal convened with notice of the proposal addressed to all Judges. (B) An amendment of the Rules may be adopted otherwise than as stipulated in SubRule (A) above; provided it is approved unanimously by any appropriate means either done in writing or confirmed in writing.

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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(C) An amendment shall enter into force immediately, but shall not operate to prejudice the rights of the accused in any pending case.

Rule 7: Authentic Texts The English and French texts of the Rules shall be equally authentic. In case of discrepancy, the version which is more consonant with the spirit of the Statute and the Rules shall prevail.

Rule 7 bis: Non Compliance with Obligations (A) Except in cases to which Rules 11, 13, 59 or 61 applies, where a Trial Chamber or a Judge is satisfied that a State has failed to comply with an obligation under Article 28 of the Statute relating to any proceedings before that Chamber or Judge, the Chamber or Judge may request the President to report the matter to the Security Council. (B) If the Prosecutor satisfies the President that a State has failed to comply with an obligation under Article 28 of the Statute in respect of a request by the Prosecutor under Rules 8 or 40, the President shall notify the Security Council thereof.

Rule 7 ter: Time limits (A) Unless otherwise ordered by the Chambers or otherwise provided by the Rules, where the time prescribed by or under the Rules for the doing of any act shall run as from the occurrence of an event, that time shall run from the date on which notice of the occurrence of the event has been received in the normal course of transmission by counsel for the accused or the Prosecutor as the case may be. (B) Where a time limit is expressed in days, only ordinary calendar days shall be counted. Weekdays, Saturdays, Sundays and public holidays shall be counted as days. However, should the time limit expire on a Saturday, Sunday or public holiday, the time limit shall automatically be extended to the subsequent working day.

PART TWO PRIMACY OF THE TRIBUNAL Rule 8: Request for Information Where it appears to the Prosecutor that a crime within the jurisdiction of the Tribunal is or has been the subject of investigations or criminal proceedings instituted in the courts of any State, he may request the State to forward to him all relevant information in that respect, and the State shall transmit to him such information forthwith in accordance with Article 28 of the Statute.

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Anhang D Rule 9: Prosecutor’s Application for Deferral

Where it appears to the Prosecutor that crimes which are the subject of investigations or criminal proceedings instituted in the courts of any State: (i) Are the subject of an investigation by the Prosecutor; (ii) Should be the subject of an investigation by the Prosecutor considering, inter alia: (a) The seriousness of the offences; (b) The status of the accused at the time of the alleged offences; (c) The general importance of the legal questions involved in the case; (iii) Are the subject of an indictment in the Tribunal, the Prosecutor may apply to the Trial Chamber designated by the President to issue a formal request that such court defer to the competence of the Tribunal.

Rule 10: Formal Request for Deferral (A) If it appears to the Trial Chamber seized of a request by the Prosecutor under Rule 9 that paragraphs (i), (ii) or (iii) of Rule 9 are satisfied, the Trial Chamber shall issue a formal request to the State concerned that the Court defer to the competence of the Tribunal. (B) A request for deferral shall include a request that the results of the investigation and a copy of the court’s records and the judgement, if already delivered, be forwarded to the Tribunal. (C) The State to which the formal request for deferral is addressed shall comply without undue delay in accordance with Article 28 of the Statute.

Rule 11: Non-Compliance with a Formal Request for Deferral If, within sixty days after a request for deferral has been notified by the Registrar to the State under whose jurisdiction the investigations or criminal proceedings have been instituted, the State fails to file a response which satisfies the Trial Chamber that the State has taken or is taking adequate steps to comply with the request, the Trial Chamber may invite the President to report the matter to the Security Council.

Rule 11 bis: Referral of the Indictment to another Court (A) If an indictment has been confirmed, whether or not the accused is in the custody of the Tribunal, the President may designate a Trial Chamber which shall determine whether the case should be referred to the authorities of a State: (i) in whose territory the crime was committed; or (ii) in which the accused was arrested; or

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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(iii) having jurisdiction and being willing and adequately prepared to accept such a case, so that those authorities should forthwith refer the case to the appropriate court for trial within that State. (B) The Trial Chamber may order such referral proprio motu or at the request of the Prosecutor, after having given to the Prosecutor and, where the accused is in the custody of the Tribunal, the accused, the opportunity to be heard. (C) In determining whether to refer the case in accordance with paragraph (A), the Trial Chamber shall satisfy itself that the accused will receive a fair trial in the courts of the State concerned and that the death penalty will not be imposed or carried out. (D) Where an order is issued pursuant to this Rule: (i) the accused, if in the custody of the Tribunal, shall be handed over to the authorities of the State concerned; (ii) the Trial Chamber may order that protective measures for certain witnesses or victims remain in force; (iii) the Prosecutor shall provide to the authorities of the State concerned all of the information relating to the case which the Prosecutor considers appropriate and, in particular, the material supporting the indictment; (iv) the Prosecutor may send observers to monitor the proceedings in the courts of the State concerned on his or her behalf. (E) The Trial Chamber may issue a warrant for the arrest of the accused, which shall specify the State to which he is to be transferred for trial. (F) At any time after an order has been issued pursuant to this Rule and before the accused is found guilty or acquitted by a court in the State concerned, the Trial Chamber may, at the request of the Prosecutor and upon having given to the authorities of the State concerned the opportunity to be heard, revoke the order and make a formal request for deferral within the terms of Rule 10. (G) Where an order issued pursuant to this Rule is revoked by the Trial Chamber, it may make a formal request to the State concerned to transfer the accused to the seat of the Tribunal, and the State shall accede to such a request without delay in keeping with Article 28 of the Statute. The Trial Chamber or a Judge may also issue a warrant for the arrest of the accused. (H) An appeal by the accused or the Prosecutor shall lie as of right from a decision of the Trial Chamber whether or not to refer a case. Notice of appeal shall be filed within fifteen days of the decision unless the accused was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the accused is notified of the decision. Rule 12: Determinations of Courts of any State Subject to Article 9 (2) of the Statute, determinations of courts of any State are not binding on the Tribunal.

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Anhang D Rule 13: Non Bis in Idem

When the President receives reliable information to show that criminal proceedings have been instituted against a person before a court of any State for acts constituting serious violations of international humanitarian law under the Statute for which that person has already been tried by the Tribunal, a Trial Chamber shall, following mutatis mutandis the procedure provided in Rule 10, issue a reasoned order requesting that court permanently to discontinue its proceedings. If that court fails to do so, the President may report the matter to the Security Council.

PART THREE ORGANIZATION OF THE TRIBUNAL SECTION 1: THE JUDGES Rule 14: Solemn Declaration (A) Before taking up his duties each Judge shall make the following solemn declaration: “I solemnly declare that I will perform my duties and exercise my powers as a Judge of the International Criminal Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Genocide and other Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of Rwanda and Rwandan citizens responsible for Genocide and other such violations committed in the territory of neighbouring States, between 1 January 1994 and 31 December 1994, honourably, faithfully, impartially and conscientiously.\) (B) The text of the declaration, signed by the Judge and witnessed by the SecretaryGeneral of the United Nations or his representative, shall be kept in the records of the Tribunal. Rule 14 bis The members of the Tribunal shall continue to discharge their duties until their places have been filled. Rule 15: Disqualification of Judges (A) A Judge may not sit in any case in which he has a personal interest or concerning which he has or has had any association which might affect his impartiality. He shall in any such circumstance withdraw from that case. Where the Judge withdraws from the Trial Chamber, the President shall assign another Trial Chamber Judge to sit in his place. Where a Judge withdraws from the Appeals Chamber, the Presiding Judge of that Chamber shall assign another Judge to sit in his place.

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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(B) Any party may apply to the Presiding Judge of a Chamber for the disqualification of a Judge of that Chamber from a case upon the above grounds. After the Presiding Judge has conferred with the Judge in question, the Bureau, if necessary, shall determine the matter. If the Bureau upholds the application, the President shall assign another Judge to sit in place of the disqualified Judge. (C) The Judge who reviews an indictment against an accused, pursuant to Article 18 of the Statute and Rule 47 or 61, shall not be disqualified from sitting as a member of a Trial Chamber for the trial of that accused. (D) No member of the Appeals Chamber shall hear any appeal in a case in which another Judge of the same nationality sat as a member of the Trial Chamber.

Rule 15 bis: Absence of a Judge (A) If (i) a Judge is, for illness or other urgent personal reasons, or for reasons of authorised Tribunal business, unable to continue sitting in a part-heard case for a period which is likely to be of short duration, and (ii) the remaining Judges of the Chamber are satisfied that it is in the interests of justice to do so, those remaining Judges of the Chamber may order that the hearing of the case continue in the absence of that Judge for a period of not more than five working days. (B) If (i) a Judge is, for illness or urgent personal reasons, or for reasons of authorised Tribunal business, unable to continue sitting in a part-heard case for a period which is likely to be of short duration, and (ii) the remaining Judges of the Chamber are not satisfied that it is in the interests of justice to order that the hearing of the case continue in the absence of that Judge, then (a) those remaining Judges of the Chamber may nevertheless conduct those matters which they are satisfied it is in the interests of justice that they be disposed of notwithstanding the absence of that Judge, and (b) the Presiding Judge may adjourn the proceedings. (C) If, by reason of death, illness, resignation from the Tribunal, non-reelection, nonextension of term of office or for any other reason, a Judge is unable to continue sitting in a part-heard case for a period which is likely to be longer than of a short duration, the Presiding Judge shall report to the President who may assign another Judge to the case and order either a rehearing or continuation of the proceedings from that point. However, after the opening statements provided for in Rule 84, or the beginning of the presentation of evidence pursuant to Rule 85, the continuation of the proceedings can only be ordered with the consent of the accused, except as provided for in paragraph (D).

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Anhang D

(D) If, in the circumstances mentioned in the last sentence of paragraph (C), the accused withholds his consent, the remaining Judges may nonetheless decide to continue the proceedings before a Trial Chamber with a substitute Judge if, taking all the circumstances into account, they determine unanimously that doing so would serve the interests of justice. This decision is subject to appeal directly to a full bench of the Appeals Chamber by either party. If no appeal is taken or the Appeals Chamber affirms the decision of the Trial Chamber, the President shall assign to the existing bench a Judge, who, however, can join the bench only after he or she has certified that he or she has familiarised himself or herself with the record of the proceedings. Only one substitution under this paragraph may be made. (E) Appeals under paragraph (D) shall be filed within seven days of filing of the impugned decision. When such decision is rendered orally, this time-limit shall run from the date of the oral decision, unless (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case, the time-limit shall run from filing of the written decision. (F) In case of illness or an unfilled vacancy or in any other similar circumstances, the President may, if satisfied that it is in the interests of justice to do so, authorise a Chamber to conduct routine matters, such as the delivery of decisions, in the absence of one or more of its members.

Rule 16: Resignation A Judge who decides to resign shall give notice of his resignation in writing to the President, who shall transmit it to the Secretary-General of the United Nations.

Rule 17: Precedence (A) All Judges are equal in the exercise of their judicial functions, regardless of dates of election, appointment, age or period of service. (B) The Presiding Judges of the Chambers shall take precedence according to the dates of their election or appointment as judges, after the President and the VicePresident. Presiding Judges elected or appointed on the same date shall take precedence according to age. (C) Judges elected or appointed on different dates shall take precedence according to the dates of their election or appointment; Judges elected or appointed on the same date shall take precedence according to age. (D) In case of re-election, the total period of service as a Judge of the Tribunal shall be taken into account.

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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SECTION 2: THE PRESIDENCY Rule 18: Election of the President (A) The President shall be elected for a term of two years, or such shorter term as shall coincide with the duration of his term of office as a Judge. The President may be re-elected once. (B) If the President ceases to be a member of the Tribunal or resigns his office before the expiration of his term, the Judges shall elect from among their number a successor for the remainder of the term. (C) The President shall be elected by a majority of the votes of the Judges of the Tribunal. If no Judge obtains such a majority, the second ballot shall be limited to the two Judges who obtained the greatest number of votes on the first ballot. In the case of equality of votes on the second ballot, the Judge who takes precedence in accordance with Rule 17 shall be declared elected.

Rule 19: Functions of the President (A) The President shall preside at all plenary meetings of the Tribunal, co-ordinate the work of the Chambers and supervise the activities of the Registry as well as exercise all the other functions conferred on him by the Statute and the Rules. (B) The President may, in consultation with the Bureau, the Registrar and the Prosecutor, issue Practice Directions, consistent with the Statute and the Rules, addressing detailed aspects of the conduct of proceedings before the Tribunal.

Rule 20: The Vice-President (A) The Vice-President shall be elected for a term of two years, or such shorter term as shall coincide with the duration of his term of office as a Judge. The VicePresident may be re-elected once. (B) Rules 18 (B) and (C) shall apply mutatis mutandis to the Vice-President.

Rule 21: Functions of the Vice-President The Vice-President shall exercise the functions of the President in case the latter is absent or is unable to act.

Rule 22: Replacements If neither the President nor the Vice-President can carry out the functions of the Presidency, this shall be assumed by the senior Judge of the Trial Chambers, determined in accordance with Rule 17.

500

Anhang D SECTION 3: INTERNAL FUNCTIONING OF THE TRIBUNAL Rule 23: The Bureau

(A) The Bureau shall be composed of the President, the Vice-President and the Presiding Judges of the Trial Chambers. (B) The President shall consult the other members of the Bureau on all major questions relating to the functioning of the Tribunal. (C) A Judge may draw the attention of any member of the Bureau to issues that in his opinion ought to be discussed by the Bureau or submitted to a Plenary Meeting of the Tribunal.

Rule 23 bis: The Coordination Council (A) The Coordination Council shall be composed of the President, the Prosecutor and the Registrar. (B) In order to achieve the mission of the Tribunal, as defined in the Statute, the Coordination Council ensures the coordination of the activities of the three organs of the Tribunal. (C) The Coordination Council shall meet once a month at the initiative of the President. A member may at any time request that additional meetings be held. The President shall chair the meetings. (D) The Vice-President, the Deputy Prosecutor and the Deputy Registrar may ex officio represent respectively, the President, the Prosecutor and the Registrar.

Rule 23 ter: The Management Committee (A) The Management Committee shall be composed of the President, the Vice-President, a Judge elected by the Judges in plenary session for a one year renewable mandate, the Registrar, the Deputy Registrar and the Chief of Administration. (B) The Management Committee shall assist the President with respect to the functions set forth in Rules 19 and 33, concerning in particular, all Registry activities relating to the administrative and judicial support provided to the Chambers and to the Judges. To this end, the Management Committee shall coordinate the preparation and implementation of the budget of the Tribunal with the exception of budgetary lines specific to the activities of the Office of the Prosecutor. (C) The Management Committee shall meet once a month at the initiative of the President. Two members may at any time request that additional meetings be held. The President shall chair the meetings. (D) In the performance of its functions, the Management Committee may call on the services of one or several advisers or experts.

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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Rule 24: Plenary Meetings of the Tribunal The Judges shall meet in plenary to: (i) Elect the President and Vice-President; (ii) Adopt and amend the Rules; (iii) Adopt the Annual Report provided for in Article 32 of the Statute; (iv) Decide upon matters relating to the internal functioning of the Chambers and the Tribunal; (v) Determine or supervise the conditions of detention; (vi) Exercise any other functions provided for in the Statute or in the Rules.

Rule 25: Dates of Plenary Meetings (A) The dates of the scheduled Plenary Meetings of the Tribunal shall normally be agreed upon in July of each year for the following calendar year. (B) Other Plenary Meetings shall be convened by the President if so requested by at least eight Judges, and may be convened whenever the exercise of his functions under the Statute or the Rules so requires.

Rule 26: Quorum and Vote (A) The quorum for each Plenary Meeting of the Tribunal shall be ten Judges. (B) Subject to Rule 6 (A) and (B) and Rule 18 (C), the decisions of the Plenary Meeting of the Tribunal shall be taken by the majority of the Judges present. In the event of an equality of votes, the President or the Judge who acts in his place shall have a casting vote.

SECTION 4: THE CHAMBERS Rule 27: Rotation of the Judges (A) Judges shall rotate on a regular basis between the Trial Chambers. Rotation shall take into account the efficient disposal of cases. (B) The Judges shall take their places in their assigned Chamber as soon as the President thinks it convenient, having regard to the disposal of pending cases. (C) The President may at any time temporarily assign a member of one Trial Chamber to another Trial Chamber.

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Anhang D Rule 28: Duty Judges

Every six months and after consultation with the Judges, the President shall, designate for each month of the next six months one Judge from each Trial Chamber to whom indictments, warrants, and other submissions not pertaining to a case already assigned to a Chamber, shall be transmitted for review. The duty roster shall be published by the Registrar. However, in exceptional circumstances, a Judge on duty may request another Judge of the same Chamber to replace him, after having informed the President and the Registrar. Rule 29: Deliberations The deliberations of the Chambers shall take place in private and remain secret. SECTION 5: THE REGISTRAR Rule 30: Appointment of the Registrar The President shall seek the opinion of the Judges on the candidates for the post of Registrar, before consulting with the Secretary-General of the United Nations pursuant to Article 16 (3) of the Statute. Rule 31: Appointment of the Deputy Registrar and Registry Staff The Registrar, after consultation with the President, shall make his recommendations to the Secretary-General of the United Nations for the appointment of the Deputy Registrar and other Registry staff. Rule 32: Solemn Declaration (A) Before taking up his duties, the Registrar shall make the following declaration before the President: “I solemnly declare that I will perform the duties incumbent upon me as Registrar of the International Criminal Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Genocide and other Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of Rwanda and Rwandan citizens responsible for Genocide and other such violations committed in the territory of neighbouring States, between 1 January 1994 and 31 December 1994, in all loyalty, discretion and good conscience and that I will faithfully observe all the provisions of the Statute and the Rules of Procedure and Evidence of the Tribunal.\) (B) Before taking up his duties, the Deputy Registrar shall make a similar declaration before the President. (C) Every staff member of the Registry shall make a similar declaration before the Registrar.

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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Rule 33: Functions of the Registrar (A) The Registrar shall assist the Chambers, the Plenary Meetings of the Tribunal, the Judges and the Prosecutor in the performance of their functions. Under the authority of the President, he shall be responsible for the administration and servicing of the Tribunal and shall serve as its channel of communication. (B) The Registrar, in the execution of his functions, may make oral or written representations to Chambers on any issue arising in the context of a specific case which affects or may affect the discharge of such functions, including that of implementing judicial decisions, with notice to the parties where necessary. (C) The Registrar may, in consultation with the President of the Tribunal and the Presiding Judge of the Appeals Chamber, as the case may be, issue Practice Directions addressing particular aspects of the practice and procedure in the Registry of the Tribunal and in respect of other matters within the powers of the Registrar.

Rule 34: Victims and Witnesses Support Unit (A) There shall be set up under the authority of the Registrar a Victims and Witnesses Support Unit consisting of qualified staff to: (i) Recommend the adoption of protective measures for victims and witnesses in accordance with Article 21 of the Statute; (ii) Ensure that they receive relevant support, including physical and psychological rehabilitation, especially counselling in cases of rape and sexual assault; and (iii) Develop short term and long term plans for the protection of witnesses who have testified before the Tribunal and who fear a threat to their life, property or family. (B) A gender sensitive approach to victims and witnesses protective and support measures should be adopted and due consideration given, in the appointment of staff within this Unit, to the employment of qualified women.

Rule 35: Minutes Except where a full record is made under Rule 81, the Registrar, or Registry staff designated by him, shall take minutes of the Plenary Meetings of the Tribunal and of the sittings of the Chambers or a Judge, other than private deliberations.

Rule 36: Record Book The Registrar shall keep a Record Book which shall list, subject to Rule 53, all the particulars of each case brought before the Tribunal. The Record Book shall be open to the public.

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Anhang D SECTION 6: THE PROSECUTOR Rule 37: Functions of the Prosecutor

(A) The Prosecutor shall perform all the functions provided by the Statute in accordance with the Rules and such Regulations, consistent with the Statute and the Rules, as may be framed by him. Any alleged inconsistency in the Regulations shall be brought to the attention of the Bureau to whose opinion the Prosecutor shall defer. (B) The Prosecutor’s powers under Parts Four to Eight of the Rules may be exercised by staff members of the Office of the Prosecutor authorized by him, or by any person acting under his direction. Rule 38: Deputy Prosecutor (A) The Prosecutor shall make his recommendations to the Secretary-General of the United Nations for the appointment of a Deputy Prosecutor. (B) The Deputy Prosecutor shall exercise the functions of the Prosecutor in the event of his absence or inability to act or upon the Prosecutor’s express instructions.

PART FOUR INVESTIGATIONS AND RIGHTS OF SUSPECTS SECTION 1: INVESTIGATIONS Rule 39: Conduct of Investigations In the conduct of an investigation, the Prosecutor may: (i) Summon and question suspects, interview victims and witnesses and record their statements, collect evidence and conduct on-site investigations; (ii) Take all measures deemed necessary for the purpose of the investigation and to support the prosecution at trial, including the taking of special measures to provide for the safety of potential witnesses and informants; (iii) Seek, to that end, the assistance of any State authority concerned, as well as of any relevant international body including the International Criminal Police Organization (INTERPOL); and (iv) Request such orders as may be necessary from a Trial Chamber or a Judge.

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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Rule 40: Provisional Measures (A) In case of urgency, the Prosecutor may request any State: (i) To arrest a suspect and place him in custody; (ii) To seize all physical evidence; (iii) To take all necessary measures to prevent the escape of a suspect or an accused, injury to or intimidation of a victim or witness, or the destruction of evidence. The State concerned shall comply forthwith, in accordance with Article 28 of the Statute. (B) Upon showing that a major impediment does not allow the State to keep the suspect in custody or to take all necessary measures to prevent his escape, the Prosecutor may apply to a Judge designated by the President for an order to transfer the suspect to the seat of the Tribunal or to such other place as the Bureau may decide, and to detain him provisionally. After consultation with the Prosecutor and the Registrar, the transfer shall be arranged between the State authorities concerned, the authorities of the host Country of the Tribunal and the Registrar. (C) In the cases referred to in paragraph B, the suspect shall, from the moment of his transfer, enjoy all the rights provided for in Rule 42, and may apply for review to a Trial Chamber of the Tribunal. The Chamber, after hearing the Prosecutor, shall rule upon the application. (D) The suspect shall be released if (i) the Chamber so rules; or (ii) the Prosecutor fails to issue an indictment within twenty days of the transfer.

Rule 40 bis: Transfer and Provisional Detention of Suspects (A) In the conduct of an investigation, the Prosecutor may transmit to the Registrar, for an order by a Judge assigned pursuant to Rule 28, a request for the transfer to and provisional detention of a suspect in the premises of the detention unit of the Tribunal. This request shall indicate the grounds upon which the request is made and, unless the Prosecutor wishes only to question the suspect, shall include a provisional charge and a summary of the material upon which the Prosecutor relies. (B) The Judge shall order the transfer and provisional detention of the suspect if the following conditions are met: (i) The Prosecutor has requested a State to arrest the suspect and to place him in custody, in accordance with Rule 40, or the suspect is otherwise detained by a State; (ii) After hearing the Prosecutor, the Judge considers that there is a reliable and consistent body of material which tends to show that the suspect may have committed a crime over which the Tribunal has jurisdiction; and

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Anhang D (iii) The Judge considers provisional detention to be a necessary measure to prevent the escape of the suspect, physical or mental injury to or intimidation of a victim or witness or the destruction of evidence, or to be otherwise necessary for the conduct of the investigation.

(C) The provisional detention of the suspect may be ordered for a period not exceeding 30 days from the day after the transfer of the suspect to the detention unit of the Tribunal. (D) The order for the transfer and provisional detention of the suspect shall be signed by the Judge and bear the seal of the Tribunal. The order shall set forth the basis of the request made by the Prosecutor under Sub-Rule (A), including the provisional charge, and shall state the Judge’s grounds for making the order, having regard to Sub-Rule (B). The order shall also specify the initial time limit for the provisional detention of the suspect, and be accompanied by a statement of the rights of a suspect, as specified in this Rule and in Rules 42 and 43. (E) As soon as possible, copies of the order and of the request by the Prosecutor are served upon the suspect and his counsel by the Registrar. (F) At the Prosecutor’s request indicating the grounds upon which it is made and if warranted by the needs of the investigation, the Judge who made the initial order, or another Judge of the same Trial Chamber, may decide, subsequent to an inter partes hearing and before the end of the period of detention, to extend the provisional detention for a period not exceeding 30 days. (G) At the Prosecutors request indicating the grounds upon which it is made and if warranted by special circumstances, the Judge who made the initial order, or another Judge of the same Trial Chamber, may decide, subsequent to an inter partes hearing and before the end of the period of detention, to extend the detention for a further period not exceeding 30 days. (H) The total period of provisional detention shall in no case exceed 90 days after the day of transfer of the suspect to the Tribunal, at the end of which, in the event the indictment has not been confirmed and an arrest warrant signed, the suspect shall be released or, if appropriate, be delivered to the authorities of the State to which the request was initially made. (I) The provisions in Rules 55(B) to 59 shall apply mutatis mutandis to the execution of the order for the transfer and provisional detention of the suspect. (J) After his transfer to the seat of the Tribunal, the suspect, assisted by his counsel, shall be brought, without delay, before the Judge who made the initial order, or another Judge of the same Trial Chamber, who shall ensure that his rights are respected. (K) During detention, the Prosecutor, the suspect or his counsel may submit to the Trial Chamber of which the Judge who made the initial order is a member, all applications relative to the propriety of provisional detention or to the suspect’s release. (L) Without prejudice to Sub-Rules (C) to (H), the Rules relating to the detention on remand of accused persons shall apply mutatis mutandis to the provisional detention of persons under this Rule.

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Rule 41: Preservation of Information (A) The Prosecutor shall be responsible for the preservation, storage and security of information and physical evidence obtained in the course of his investigations. (B) The Prosecutor shall draw up an inventory of all materials seized from the accused, including documents, books, papers, and other objects, and shall serve a copy thereof on the accused. Materials that are of no evidentiary value shall be returned without delay to the accused. Rule 42: Rights of Suspects during Investigation (A) A suspect who is to be questioned by the Prosecutor shall have the following rights, of which he shall be informed by the Prosecutor prior to questioning, in a language he speaks and understands: (i) The right to be assisted by counsel of his choice or to have legal assistance assigned to him without payment if he does not have sufficient means to pay for it; (ii) The right to have the free assistance of an interpreter if he cannot understand or speak the language to be used for questioning; and (iii) The right to remain silent, and to be cautioned that any statement he makes shall be recorded and may be used in evidence. (B) Questioning of a suspect shall not proceed without the presence of counsel unless the suspect has voluntarily waived his right to counsel. In case of waiver, if the suspect subsequently expresses a desire to have counsel, questioning shall thereupon cease, and shall only resume when the suspect has obtained or has been assigned counsel. Rule 43: Recording Questioning of Suspects Whenever the Prosecutor questions a suspect, the questioning shall be audio-recorded or video-recorded, in accordance with the following procedure: (i) The suspect shall be informed in a language he understands that the questioning is being audio-recorded or video-recorded; (ii) In the event of a break in the course of the questioning, the fact and the time of the break shall be recorded before audio-recording or video-recording ends and the time of resumption of the questioning shall also be recorded; (iii) At the conclusion of the questioning the suspect shall be offered the opportunity to clarify anything he has said, and to add anything he may wish, and the time of conclusion shall be recorded; (iv) The content of the recording shall then be transcribed as soon as practicable after the conclusion of questioning and a copy of the transcript supplied to the suspect, together with a copy of the recording or, if multiple recording apparatus was used, one of the original recorded tapes; and

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Anhang D (v) After a copy has been made, if necessary, of the recorded tape for purposes of transcription, the original recorded tape or one of the original tapes shall be sealed in the presence of the suspect under the signature of the Prosecutor and the suspect.

SECTION 2: OF COUNSEL Rule 44: Appointment and Qualifications of Counsel (A) Counsel engaged by a suspect or an accused shall file his power of attorney with the Registrar at the earliest opportunity. Subject to verification by the Registrar, a counsel shall be considered qualified to represent a suspect or accused, provided that he is admitted to the practice of law in a State, or is a University professor of law. (B) In the performance of their duties counsel shall be subject to the relevant provisions of the Statute, the Rules, the Rules of Detention and any other rules or regulations adopted by the Tribunal, the Host Country Agreement, the Code of Conduct and the codes of practice and ethics governing their profession and, if applicable, the Directive on the Assignment of Defence Counsel.

Rule 44 bis: Duty Counsel (A) A list of duty counsel who speak one or both working languages of the Tribunal and have indicated their willingness to be assigned pursuant to this Rule shall be kept by the Registrar. (B) Duty counsel shall fulfill the requirements of Rule 44, and shall be situated within reasonable proximity to the Detention Facility and the Seat of the Tribunal. (C) The Registrar shall at all times ensure that duty counsel will be available to attend the Detention Facility in the event of being summoned. (D) If an accused, or suspect transferred under Rule 40 bis, is unrepresented at any time after being transferred to the Tribunal, the Registrar shall as soon as practicable summon duty counsel to represent the accused or suspect until counsel is engaged by the accused or suspect, or assigned under Rule 45. (E) In providing initial legal advice and assistance to a suspect transferred under Rule 40 bis, duty counsel shall advise the suspect of his or her rights including the rights referred to in Rule 55 (A).

Rule 45: Assignment of Counsel (A) A list of counsel who speak one or both of the working languages of the Tribunal, meet the requirements of Rule 44, have at least 10 years’ relevant experience, and have indicated their willingness to be assigned by the Tribunal to indigent suspects or accused, shall be kept by the Registrar.

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(B) The criteria for determination of indigence shall be established by the Registrar and approved by the Judges. (C) In assigning counsel to an indigent suspect or accused, the following procedure shall be observed: (i) A request for assignment of counsel shall be made to the Registrar; (ii) The Registrar shall enquire into the financial means of the suspect or accused and determine whether the criteria of indigence are met; (iii) If he decides that the criteria are met, he shall assign counsel from the list; if he decides to the contrary, he shall inform the suspect or accused that the request is refused. (D) If a request is refused, a further reasoned request may be made by the suspect or the accused to the Registrar upon showing a change in circumstances. (E) The Registrar shall, in consultation with the Judges, establish the criteria for the payment of fees to assigned counsel. (F) If a suspect or an accused elects to conduct his own defence, he shall so notify the Registrar in writing at the first opportunity. (G) Where an alleged indigent person is subsequently found not to be indigent, the Chamber may make an order of contribution to recover the cost of providing counsel. (H) Under exceptional circumstances, at the request of the suspect or accused or his counsel, the Chamber may instruct the Registrar to replace an assigned counsel, upon good cause being shown and after having been satisfied that the request is not designed to delay the proceedings. (I) It is understood that Counsel will represent the accused and conduct the case to finality. Failure to do so, absent just cause approved by the Chamber, may result in forfeiture of fees in whole or in part. In such circumstances the Chamber may make an order accordingly. Counsel shall only be permitted to withdraw from the case to which he has been assigned in the most exceptional circumstances.

Rule 45 bis: Detained Persons Rules 44 and 45 shall apply to any person detained under the authority of the Tribunal.

Rule 45 ter: Availability of Counsel (A) Counsel and Co-Counsel, whether assigned by the Registrar or appointed by the client for the purposes of proceedings before the Tribunal, shall furnish the Registrar, upon date of such assignment or appointment, a written undertaking that he will appear before the Tribunal within a reasonable time as specified by the Registrar.

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Anhang D

(B) Failure by Counsel or Co-Counsel to appear before the Tribunal, as undertaken, shall be a ground for withdrawal by the Registrar of the assignment of such Counsel or Co-Counsel or the refusal of audience by the Tribunal or the imposition of any other sanctions by the Chamber concerned.

Rule 45 quater: Assignment of Counsel in the Interests of Justice The Trial Chamber may, if it decides that it is in the interests of justice, instruct the Registrar to assign a counsel to represent the interests of the accused.

Rule 46: Misconduct of Counsel (A) A Chamber may, after a warning, impose sanctions against a counsel if, in its opinion, his conduct remains offensive or abusive, obstructs the proceedings, or is otherwise contrary to the interests of justice. This provision is applicable mutatis mutandis to Counsel for the prosecution. (B) A Judge or a Chamber may also, with the approval of the President, communicate any misconduct of counsel to the professional body regulating the conduct of counsel in his State of admission or, if a professor and not otherwise admitted to the profession, to the governing body of his University. (C) If a counsel assigned pursuant to Rule 45 is sanctioned in accordance with SubRule (A) by being refused audience, the Chamber shall instruct the Registrar to replace the counsel. (D) The Registrar may set up a Code of Professional Conduct enunciating the principles of professional ethics to be observed by counsel appearing before the Tribunal, subject to adoption by the Plenary Meeting. Amendments to the Code shall be made in consultation with representatives of the Prosecutor and Defence counsel, and subject to adoption by the Plenary Meeting. If the Registrar has strong grounds for believing that Counsel has committed a serious violation of the Code of Professional Conduct so adopted, he may report the matter to the President or the Bureau for appropriate action under this rule.

PART FIVE PRE-TRIAL PROCEEDINGS SECTION 1: INDICTMENTS Rule 47: Submission of Indictment by the Prosecutor (A) An indictment, submitted in accordance with the following procedure, shall be reviewed by a Judge designated in accordance with Rule 28 for this purpose.

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(B) The Prosecutor, if satisfied in the course of an investigation that there is sufficient evidence to provide reasonable grounds for believing that a suspect has committed a crime within the jurisdiction of the Tribunal, shall prepare and forward to the Registrar an indictment for confirmation by a Judge, together with supporting material. (C) The indictment shall set forth the name and particulars of the suspect, and a concise statement of the facts of the case and of the crime with which the suspect is charged. (D) The Registrar shall forward the indictment and accompanying material to the designated Judge, who will inform the Prosecutor of the scheduled date for review of the indictment. (E) The reviewing Judge shall examine each of the counts in the indictment, and any supporting materials the Prosecutor may provide, to determine, applying the standard set forth in Article 18 of the Statute, whether a case exists against the suspect. (F) The reviewing Judge may: (i) Request the Prosecutor to present additional material in support of any or all counts, or to take any further measures which appear appropriate; (ii) Confirm each count; (iii) Dismiss each count; or (iv) Adjourn the review so as to give the Prosecutor the opportunity to modify the indictment. (G) The indictment as confirmed by the Judge shall be retained by the Registrar, who shall prepare certified copies bearing the seal of the Tribunal. If the accused does not understand either of the official languages of the Tribunal and if the language understood is known to the Registrar, a translation of the indictment in that language shall also be prepared, and a copy of the translation attached to each certified copy of the indictment. (H) Upon confirmation of any or all counts in the indictment: (i) The Judge may issue an arrest warrant, in accordance with SubRule 55 (A), and any orders as provided in Article 19 of the Statute; and (ii) The suspect shall have the status of an accused. (I) The dismissal of a count in an indictment shall not preclude the Prosecutor from subsequently bringing an amended indictment based on the acts underlying that count if supported by additional evidence.

Rule 48: Joinder of Accused Persons accused of the same or different crimes committed in the course of the same transaction may be jointly charged and tried.

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Anhang D Rule 48 bis: Joinder of Trials

Persons who are separately indicted, accused of the same or different crimes committed in the course of the same transaction, may be tried together, with leave granted by a Trial Chamber pursuant to Rule 73.

Rule 49: Joinder of Crimes Two or more crimes may be joined in one indictment if the series of acts committed together form the same transaction, and the said crimes were committed by the same accused.

Rule 50: Amendment of Indictment (A) (i) The Prosecutor may amend an indictment, without prior leave, at any time before its confirmation, but thereafter, until the initial appearance of the accused before a Trial Chamber pursuant to Rule 62, only with leave of the Judge who confirmed it but, in exceptional circumstances, by leave of a Judge assigned by the President. At or after such initial appearance, an amendment of an indictment may only be made by leave granted by that Trial Chamber pursuant to Rule 73. If leave to amend is granted, Rule 47 (G) and Rule 53 bis apply mutatis mutandis to the amended indictment. (ii) In deciding whether to grant leave to amend the indictment, the Trial Chamber or, where applicable, a Judge shall, mutatis mutandis, follow the procedures and apply the standards set out in Sub-Rules 47(E) and (F) in addition to considering any other relevant factors. (B) If the amended indictment includes new charges and the accused has already appeared before a Trial Chamber in accordance with Rule 62, a further appearance shall be held as soon as practicable to enable the accused to enter a plea on the new charges. (C) The accused shall have a further period of thirty days in which to file preliminary motions pursuant to Rule 72 in respect of the new charges and, where necessary, the date for trial may be postponed to ensure adequate time for the preparation of the defence.

Rule 51: Withdrawal of Indictment (A) The Prosecutor may withdraw an indictment, without prior leave, at any time before its confirmation, but thereafter, until the initial appearance of the accused before a Trial Chamber pursuant to Rule 62, only with leave of the Judge who confirmed it but, in exceptional circumstances, by leave of a Judge assigned by the President. At or after such initial appearance an indictment may only be withdrawn by leave granted by a Trial Chamber pursuant to Rule 73.

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(B) The withdrawal of the indictment shall be promptly notified to the suspect or the accused and to the counsel of the suspect or accused.

Rule 52: Public Character of Indictment Subject to Rule 53, upon confirmation by a Judge of a Trial Chamber, the indictment shall be made public.

Rule 53: Non-Disclosure (A) In exceptional circumstances, a Judge or a Trial Chamber may, in the interests of justice, order the non-disclosure to the public of any documents or information until further order. (B) When confirming an indictment the Judge may, in consultation with the Prosecutor, order that there be no public disclosure of the indictment until it is served on the accused, or, in the case of joint accused, on all the accused. (C) A Judge or Trial Chamber may, in consultation with the Prosecutor, also order that there be no disclosure of an indictment, or part thereof, or of all or any part of any particular document or information, if satisfied that the making of such an order is required to give effect to a provision of the Rules, to protect confidential information obtained by the Prosecutor, or is otherwise in the interests of justice. (D) Notwithstanding sub-rules (A), (B) and (C), the Prosecutor may disclose an indictment or part thereof to the authorities of a State or an appropriate authority or international body where the Prosecutor deems it necessary to secure the possible arrest of an accused.

Rule 53 bis: Service of Indictment (A) Service of the indictment shall be effected personally on the accused at the time the accused is taken into the custody of the Tribunal or as soon as possible thereafter. (B) Personal service of an indictment on the accused is effected by giving the accused a copy of the indictment certified in accordance with Rule 47 (G).

SECTION 2: ORDERS AND WARRANTS Rule 54: General Provision At the request of either party or proprio motu, a Judge or a Trial Chamber may issue such orders, summonses, subpoenas, warrants and transfer orders as may be necessary for the purposes of an investigation or for the preparation or conduct of the trial.

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Anhang D Rule 55: Execution of Arrest Warrants

(A) A warrant of arrest shall be signed by a Judge and shall bear the seal of the Tribunal. It shall be accompanied by a copy of the indictment, and a statement of the rights of the accused. These rights include those set forth in Article 20 of the Statute, and in Rules 42 and 43 mutatis mutandis, together with the right of the accused to remain silent, and to be cautioned that any statement he makes shall be recorded and may be used in evidence. (B) The Registrar shall transmit to the national authorities of the State in whose territory or under whose jurisdiction or control the accused resides, or was last known to be, three sets of certified copies of: (i) The warrant for arrest of the accused and an order for his surrender to the Tribunal; (ii) The confirmed indictment; (iii) A statement of the rights of the accused; and if necessary a translation thereof in a language understood by the accused. (C) The Registrar shall instruct the said authorities to: (i) Cause the arrest of the accused and his transfer to the Tribunal; (ii) Serve a set of the aforementioned documents upon the accused; (iii) Cause the documents to be read to the accused in a language understood by him and to caution him as to his rights in that language; and (iv) Return one set of the documents together with proof of service, to the Tribunal. (D) When an arrest warrant issued by the Tribunal is executed, a member of the Prosecutor’s Office may be present as from the time of arrest.

Rule 55 bis: Warrant of Arrest to All States (A) Upon the request of the Prosecutor, and if satisfied that to do so would facilitate the arrest of an accused who may move from State to State, or whose whereabouts are unknown, a Judge may without having recourse to the procedures set out in Rule 61, and subject to sub-rule (B), address a warrant of arrest to all States. (B) The Registrar shall transmit such a warrant to the national authorities of such States as may be indicated by the Prosecutor.

Rule 56: Cooperation of States The State to which a warrant of arrest or a transfer order for a witness is transmitted shall act promptly and with all due diligence to ensure proper and effective execution thereof, in accordance with Article 28 of the Statute.

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Rule 57: Procedure after Arrest Upon the arrest of the accused, the State concerned shall detain him, and shall promptly notify the Registrar. The transfer of the accused to the seat of the Tribunal, or to such other place as the Bureau may decide, after consultation with the Prosecutor and the Registrar, shall be arranged by the State authorities concerned, in liaison with the authorities of the host country and the Registrar. Rule 58: National Extradition Provisions The obligations laid down in Article 28 of the Statute shall prevail over any legal impediment to the surrender or transfer of the accused or of a witness to the Tribunal which may exist under the national law or extradition treaties of the State concerned. Rule 59: Failure to Execute a Warrant of Arrest or Transfer Order (A) Where the State to which a warrant of arrest or transfer order has been transmitted has been unable to execute the warrant of arrest or transfer order, it shall report forthwith its inability to the Registrar, and the reasons therefore. (B) If, within a reasonable time after the warrant of arrest or transfer order has been transmitted to the State, no report is made on action taken, this shall be deemed a failure to execute the warrant of arrest or transfer order and the Tribunal, through the President, may notify the Security Council accordingly. Rule 60: Publication of Indictment At the request of the Prosecutor, a form of advertisement shall be transmitted by the Registrar to the national authorities of any State or States, for publication in newspapers or for broadcast via radio, transmission via Internet or television, notifying publicly the existence of an indictment and calling upon the accused to surrender to the Tribunal and inviting any person with information as to the whereabouts of the accused to communicate that information to the Tribunal. Rule 61: Procedure in Case of Failure to Execute a Warrant of Arrest (A) If, within a reasonable time, a warrant of arrest has not been executed, and personal service of the indictment has consequently not been effected, the Judge who confirmed the indictment shall invite the Prosecutor to report on the measures taken. When the Judge is satisfied that: (i) The Registrar and the Prosecutor have taken all reasonable steps to secure the arrest of the accused, including recourse to the appropriate authorities of the State in whose territory or under whose jurisdiction and control the accused to be served resides or was last known to be; and

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Anhang D (ii) If the whereabouts of the accused are unknown, the Prosecutor and the Registrar have taken all reasonable steps to ascertain those whereabouts, including by seeking publication of advertisement pursuant to Rule 60, the Judge shall order that the indictment be submitted by the Prosecutor to his Trial Chamber.

(B) Upon obtaining such an order the Prosecutor shall submit the indictment to the Trial Chamber in open court, together with all the evidence that was before the Judge who initially confirmed the indictment and any other evidence submitted to him after confirmation of the indictment. The Prosecutor may also call before the Trial Chamber and examine any witness whose statement has been submitted to the confirming Judge. (C) If the Trial Chamber is satisfied on that evidence, together with such additional evidence as the Prosecutor may tender, that there are reasonable grounds for believing that the accused has committed all or any of the crimes charged in the indictment, it shall so determine. The Trial Chamber shall have the relevant parts of the indictment read out by the Prosecutor together with an account of the efforts to effect service referred to in Sub-Rule (A) above. (D) The Trial Chamber shall also issue an international arrest warrant in respect of the accused which shall be transmitted to all States. Upon request by the Prosecutor or proprio motu, after having heard the Prosecutor, the Trial Chamber may order a State or States to adopt provisional measures to freeze the assets of the accused, without prejudice to the rights of third parties. (E) If, during the hearing, the Prosecutor satisfies the Trial Chamber that the failure to effect personal service of the indictment was due in whole or in part to a failure or refusal of a State to co-operate with the Tribunal in accordance with Article 28 of the Statute, the Trial Chamber shall so certify. After consulting the Presiding Judges of the Chambers, the President shall notify the Security Council thereof in such manner as he thinks fit.

Rule 62: Initial Appearance of Accused and Plea (A) Upon his transfer to the Tribunal, the accused shall be brought before a Trial Chamber or a Judge thereof without delay, and shall be formally charged. The Trial Chamber or the Judge shall: (i) Satisfy itself or himself that the right of the accused to counsel is respected; (ii) Read or have the indictment read to the accused in a language he understands, and satisfy itself or himself that the accused understands the indictment; (iii) Call upon the accused to enter a plea of guilty or not guilty on each count; should the accused fail to do so, enter a plea of not guilty on his behalf; (iv) In case of a plea of not guilty, instruct the Registrar to set a date for trial; (v) In case of a plea of guilty:

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(a) if before a Judge, refer the plea to the Trial Chamber so that it may act in accordance with Rule 62 (B); or (b) if before a Trial Chamber, act in accordance with Rule 62 (B). (B) If an accused pleads guilty in accordance with Rule 62 (A) (v), or requests to change his plea to guilty, the Trial Chamber shall satisfy itself that the guilty plea: (i) is made freely and voluntarily; (ii) is an informed plea; (iii) is unequivocal; and (iv) is based on sufficient facts for the crime and accused’s participation in it, either on the basis of objective indicia or of lack of any material disagreement between the parties about the facts of the case. Thereafter the Trial Chamber may enter a finding of guilt and instruct the Registrar to set a date for the sentencing hearing.

Rule 62 bis: Plea Agreement Procedure (A) The Prosecutor and the Defence may agree that, upon the accused entering a plea of guilty to the indictment or to one or more counts of the indictment, the Prosecutor shall do one or more of the following before the Trial Chamber: (i) apply to amend the indictment accordingly; (ii) submit that a specific sentence or sentencing range is appropriate; (iii) not oppose a request by the accused for a particular sentence or sentencing range. (B) The Trial Chamber shall not be bound by any agreement specified in paragraph (A). (C) If a plea agreement has been reached by the parties, the Trial Chamber shall require the disclosure of the agreement in open session or, on a showing of good cause, in closed session, at the time the accused pleads guilty in accordance with Rule 62 (A) (v), or requests to change his or her plea to guilty.

Rule 63: Questioning of the Accused (A) Questioning by the Prosecutor of an accused, including after the initial appearance, shall not proceed without the presence of counsel unless the accused has voluntarily and expressly agreed to proceed without counsel present. If the accused subsequently expresses a desire to have counsel, questioning shall thereupon cease, and shall only resume when the accused’s counsel is present.

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Anhang D

(B) The questioning, including any waiver of the right to counsel, shall be audio-recorded or video-recorded in accordance with the procedure provided for in Rule 43. The Prosecutor shall at the beginning of the questioning caution the accused in accordance with Rule 42 (A) (iii).

Rule 64: Detention on Remand Upon his transfer to the Tribunal, the accused shall be detained in facilities provided by the host country or by another country. The President may, on the application of a party, request modification of the conditions of detention of an accused.

Rule 65: Provisional Release (A) Once detained, an accused may not be provisionally released except upon an order of a Trial Chamber. (B) Provisional release may be ordered by a Trial Chamber only after giving the host country and the country to which the accused seeks to be released the opportunity to be heard and only if it is satisfied that the accused will appear for trial and, if released, will not pose a danger to any victim, witness or other person. (C) The Trial Chamber may impose such conditions upon the provisional release of the accused as it may determine appropriate, including the execution of a bail bond and the observance of such conditions as are necessary to ensure the presence of the accused at trial and the protection of others. (D) Any decision rendered under this Rule shall be subject to appeal in cases where leave is granted by a bench of three Judges of the Appeals Chamber, upon good cause being shown. Subject to paragraph (F) below, applications for leave to appeal shall be filed within seven days of filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, the application shall be filed within seven days of the oral decision unless: (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case, the time-limit shall run from filing of the written decision. (E) The Prosecutor may apply for a stay of a decision by the Trial Chamber to release an accused on the basis that the Prosecutor intends to appeal the decision, and shall make such an application at the time of filing his or her response to the initial application for provisional release by the accused. (F) Where the Trial Chamber grants a stay of its decision to release an accused, the Prosecutor shall file his or her appeal not later than one day from the rendering of that decision. (G) Where the Trial Chamber orders a stay of its decision to release the accused pending an appeal by the Prosecutor, the accused shall not be released until either:

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(i) the time-limit for the filing of an application for leave to appeal by the Prosecutor has expired, and no such application is filed; (ii) a bench of three Judges of the Appeals Chamber rejects the application for leave to appeal; (iii) the Appeals Chamber dismisses the appeal; or (iv) a bench of three Judges of the Appeals Chamber or the Appeals Chamber otherwise orders. (H) If necessary, the Trial Chamber may issue a warrant of arrest to secure the presence of an accused who has been provisionally released or is for any other reason at large. The provisions of Section 2 of Part Five shall apply mutatis mutandis. (I) Without prejudice to the provisions of Rule 107, the Appeals Chamber may grant provisional release to convicted persons pending an appeal or for a fixed period if it is satisfied that: (i) the appellant, if released, will either appear at the hearing of the appeal or will surrender into detention at the conclusion of the fixed period, as the case may be; (ii) the appellant, if released, will not pose a danger to any victim, witness or other person; and (iii) special circumstances exist warranting such release. The provisions of paragraphs (C) and (H) shall apply mutatis mutandis. Rule 65 bis: Status Conferences (A) A status conference may be convened by a Trial Chamber or a Judge thereof. Its purpose is to organise exchanges between the parties so as to ensure expeditious trial proceedings. (B) The Appeals Chamber or an Appeals Chamber Judge may convene a status conference. (C) A status conference held pursuant to paragraph (B) of this Rule may be conducted with the participation of counsel via tele-conference or video-conference. SECTION 3: PRODUCTION OF EVIDENCE Rule 66: Disclosure of Exculpatory and Other Relevant Material Subject to the provisions of Rules 53 and 69; (A) The Prosecutor shall disclose to the Defence: (i) Within 30 days of the initial appearance of the accused copies of the supporting material which accompanied the indictment when confirmation was sought as well as all prior statements obtained by the Prosecutor from the accused, and

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Anhang D (ii) No later than 60 days before the date set for trial, copies of the statements of all witnesses whom the Prosecutor intends to call to testify at trial; upon good cause shown a Trial Chamber may order that copies of the statements of additional prosecution witnesses be made available to the Defence within a prescribed time.

(B) At the request of the Defence, the Prosecutor shall, subject to Sub-Rule (C), permit the Defence to inspect any books, documents, photographs and tangible objects in his custody or control, which are material to the preparation of the defence, or are intended for use by the Prosecutor as evidence at trial or were obtained from or belonged to the accused. (C) Where information or materials are in the possession of the Prosecutor, the disclosure of which may prejudice further or ongoing investigations, or for any other reasons may be contrary to the public interest or affect the security interests of any State, the Prosecutor may apply to the Trial Chamber sitting in camera to be relieved from the obligation to disclose pursuant to Sub-Rules (A) and (B). When making such an application the Prosecutor shall provide the Trial Chamber, and only the Trial Chamber, with the information or materials that are sought to be kept confidential.

Rule 67: Reciprocal Disclosure of Evidence Subject to the provisions of Rules 53 and 69: (A) As early as reasonably practicable and in any event prior to the commencement of the trial: (i) The Prosecutor shall notify the Defence of the names of the witnesses that he intends to call to establish the guilt of the accused and in rebuttal of any defence plea of which the Prosecutor has received notice in accordance with Sub-Rule (ii) below; (ii) The Defence shall notify the Prosecutor of its intent to enter: (a) The defence of alibi; in which case the notification shall specify the place or places at which the accused claims to have been present at the time of the alleged crime and the names and addresses of witnesses and any other evidence upon which the accused intends to rely to establish the alibi; (b) Any special defence, including that of diminished or lack of mental responsibility; in which case the notification shall specify the names and addresses of witnesses and any other evidence upon which the accused intends to rely to establish the special defence. (B) Failure of the Defence to provide such notice under this Rule shall not limit the right of the accused to rely on the above defences. (C) If the Defence makes a request pursuant to Rule 66 (B), the Prosecutor shall in turn be entitled to inspect any books, documents, photographs and tangible objects, which are within the custody or control of the Defence and which it intends to use as evidence at the trial.

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(D) If either party discovers additional evidence or information or materials which should have been produced earlier pursuant to the Rules, that party shall promptly notify the other party and the Trial Chamber of the existence of the additional evidence or information or materials.

Rule 68: Disclosure of Exculpatory and Other Relevant Material (A) The Prosecutor shall, as soon as practicable, disclose to the Defence any material, which in the actual knowledge of the Prosecutor may suggest the innocence or mitigate the guilt of the accused or affect the credibility of Prosecution evidence. (B) Where possible, and with the agreement of the Defence, and without prejudice to paragraph (A), the Prosecutor shall make available to the Defence, in electronic form, collections of relevant material held by the Prosecutor, together with appropriate computer software with which the Defence can search such collections electronically. (C) The Prosecutor shall take reasonable steps, if confidential information is provided to the Prosecutor by a person or entity under Rule 70 (B) and contains material referred to in paragraph (A) above, to obtain the consent of the provider to disclosure of that material, or the fact of its existence, to the accused. (D) The Prosecutor shall apply to the Chamber sitting in camera to be relieved from an obligation under the Rules to disclose information in the possession of the Prosecutor, if its disclosure may prejudice further or ongoing investigations, or for any other reason may be contrary to the public interest or affect the security interests of any State, and when making such application, the Prosecutor shall provide the Trial Chamber (but only the Trial Chamber) with the information that is sought to be kept confidential. (E) Notwithstanding the completion of the trial and any subsequent appeal, the Prosecutor shall disclose to the other party any material referred to in paragraph (A) above.

Rule 69: Protection of Victims and Witnesses (A) In exceptional circumstances, either of the parties may apply to a Trial Chamber to order the non-disclosure of the identity of a victim or witness who may be in danger or at risk, until the Chamber decides otherwise. (B) In the determination of protective measures for victims and witnesses, the Trial Chamber may consult the Victims and Witness Support Unit. (C) Subject to Rule 75, the identity of the victim or witness shall be disclosed within such time as determined by Trial Chamber to allow adequate time for preparation of the Prosecution and the Defence.

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Anhang D Rule 70: Matters Not Subject to Disclosure

(A) Notwithstanding the provisions of Rules 66 and 67, reports, memoranda, or other internal documents prepared by a party, its assistants or representatives in connection with the investigation or preparation of the case, are not subject to disclosure or notification under the aforementioned provisions. (B) If the Prosecutor is in possession of information which has been provided to him on a confidential basis and which has been used solely for the purpose of generating new evidence, that initial information and its origin shall not be disclosed by the Prosecutor without the consent of the person or entity providing the initial information and shall in any event not be given in evidence without prior disclosure to the accused. (C) If, after obtaining the consent of the person or entity providing information under this Rule, the Prosecutor elects to present as evidence any testimony, document or other material so provided, the Trial Chamber, notwithstanding Rule 98, may not order either party to produce additional evidence received from the person or entity providing the initial information, nor may the Trial Chamber for the purpose of obtaining such additional evidence itself summon that person or a representative of that entity as a witness or order their attendance. (D) If the Prosecutor calls as a witness the person providing or a representative of the entity providing information under this Rule, the Trial Chamber may not compel the witness to answer any question the witness declines to answer on grounds of confidentiality. (E) The right of the accused to challenge the evidence presented by the Prosecution shall remain unaffected subject only to limitations contained in Sub-Rules (C) and (D). (F) Nothing in Sub-Rule (C) or (D) above shall affect a Trial Chamber’s power under Rule 89 (C) to exclude evidence if its probative value is substantially outweighed by the need to ensure a fair trial.

SECTION 4: DEPOSITIONS Rule 71: Depositions (A) At the request of either party, a Trial Chamber may, in exceptional circumstances and in the interests of justice, order that a deposition be taken for use at trial, and appoint, for that purpose, a Presiding Officer. (B) The motion for the taking of a deposition shall be in writing and shall indicate the name and whereabouts of the witness whose deposition is sought, the date and place at which the deposition is to be taken, a statement of the matters on which the person is to be examined, and of the exceptional circumstances justifying the taking of the deposition.

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(C) If the motion is granted, the party at whose request the deposition is to be taken shall give reasonable notice to the other party, who shall have the right to attend the taking of the deposition and cross-examine the witness. (D) The deposition may also be given by means of a video-conference. (E) The Presiding Officer shall ensure that the deposition is taken in accordance with the Rules and that a record is made of the deposition, including cross-examination and objections raised by either party for decision by the Trial Chamber. He shall transmit the record to the Trial Chamber.

SECTION 5: PRELIMINARY MOTIONS Rule 72: Preliminary Motions (A) Preliminary motions, being motions which: (i) challenge jurisdiction; (ii) allege defects in the form of the indictment; (iii) seek the severance of counts joined in one indictment under Rule 49 or seek separate trials under Rule 82 (B); or (iv) raise objections based on the refusal of a request for assignment of counsel made under Rule 45 (C) shall be in writing and be brought not later than thirty days after disclosure by the Prosecutor to the Defence of all material and statements referred to in Rule 66 (A) (i) and shall be disposed of not later than sixty days after they were filed and before the commencement of the opening statements provided for in Rule 84. The Trial Chamber may rule on such motions based solely on the briefs of the parties, unless it is decided to hear the motion in open Court. (B) Decisions on preliminary motions are without interlocutory appeal, save: (i) in the case of motions challenging jurisdiction, where an appeal by either party lies as of right; (ii) in other cases where certification has been granted by the Trial Chamber, which may grant such certification if the decision involves an issue that would significantly affect the fair and expeditious conduct of the proceedings or the outcome of the trial, and for which, in the opinion of the Trial Chamber, an immediate resolution by the Appeals Chamber may materially advance the proceedings. (C) Appeals under paragraph (B) (i) shall be filed within fifteen days and requests for certification under paragraph (B) (ii) shall be filed within seven days of filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, this time-limit shall run from the date of the oral decision, unless (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or

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Anhang D (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case, the time-limit shall run from filing of the written decision. If certification is given, a party shall appeal to the Appeals Chamber within seven days of the filing of the decision to certify.

(D) For purposes of paragraphs (A) (i) and (B) (i), a motion challenging jurisdiction refers exclusively to a motion which challenges an indictment on the ground that it does not relate to: (i) any of the persons indicated in Articles 1, 5, 6 and 8 of the Statute; (ii) the territories indicated in Articles 1, 7 and 8 of the Statute; (iii) the period indicated in Articles 1, 7, and 8 of the Statute; or (iv) any of the violations indicated in Articles 2, 3, 4 and 6 of the Statute. (E) An appeal brought under paragraph (B) (i) may not be proceeded with if a bench of three Judges of the Appeals Chamber, assigned by the presiding Judge of the Appeals Chamber, decides that the appeal is not capable of satisfying the requirements of paragraph (D), in which case the appeal shall be dismissed. (F) Objections to the form of the indictment, including an amended indictment, shall be raised by a party in one motion only, unless otherwise allowed by a Trial Chamber. (G) Failure to comply with the time limits prescribed in this Rule shall constitute a waiver of the rights. The Trial Chamber may, however, grant relief from the waiver upon showing good cause. PART SIX PROCEEDINGS BEFORE TRIAL CHAMBERS SECTION 1: GENERAL PROVISIONS Rule 73: Motions (A) Subject to Rule 72, either party may move before a Trial Chamber for appropriate ruling or relief after the initial appearance of the accused. The Trial Chamber, or a Judge designated by the Chamber from among its members, may rule on such motions based solely on the briefs of the parties, unless it is decided to hear the motion in open Court. (B) Decisions rendered on such motions are without interlocutory appeal save with certification by the Trial Chamber, which may grant such certification if the decision involves an issue that would significantly affect the fair and expeditious conduct of the proceedings or the outcome of the trial, and for which, in the opinion of the Trial Chamber, an immediate resolution by the Appeals Chamber may materially advance the proceedings. (C) Requests for certification shall be filed within seven days of the filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, this time-limit shall run from the date of the oral decision, unless

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(i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case the time-limit shall run from filing of the written decision. If certification is granted, a party shall appeal to the Appeals Chamber within seven days of the filing of the decision to certify. (D) Where a date has been set for the hearing of a motion, including a preliminary motion, any additional motions to be heard on that date and any supporting material to the motions must be filed at least ten days before the hearing of the motion. Failure to observe this Rule will mean that the later motion will not be considered on the hearing date, nor will any adjournment of the original motion be granted on the basis of subsequent motions filed, save in exceptional circumstances. (E) A responding party shall, thereafter, file any reply within five days from the date on which Counsel received the motion. (F) In addition to the sanctions envisaged by Rule 46, a Chamber may impose sanctions against Counsel if Counsel brings a motion, including a preliminary motion, that, in the opinion of the Chamber, is frivolous or is an abuse of process. Such sanctions may include non-payment, in whole or in part, of fees associated with the motion and/or costs thereof. (G) Notwithstanding the time limits in Rule 72 (A), the time limit in the present Rule applies.

Rule 73 bis: PreTrial Conference (A) The Trial Chamber shall hold a PreTrial Conference prior to the commencement of the trial. (B) At the Pre-Trial Conference the Trial Chamber or a Judge, designated from among its members, may order the Prosecutor, within a time limit set by the Trial Chamber or the said Judge, and before the date set for trial, to file the following: (i) A pre-trial brief addressing the factual and legal issues; (ii) Admissions by the parties and a statement of other matters not in dispute; (iii) A statement of contested matters of fact and law; (iv) A list of witnesses the Prosecutor intends to call with: (a) The name or pseudonym of each witness; (b) A summary of the facts on which each witness will testify; (c) The points in the indictment on which each witness will testify; and (d) The estimated length of time required for each witness; (v) A list of exhibits the Prosecutor intends to offer stating, where possible, whether or not the Defence has any objection as to authenticity.

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Anhang D The Trial Chamber or the Judge may order the Prosecutor to provide the Trial Chamber with copies of written statements of each witness whom the Prosecutor intends to call to testify.

(C) The Trial Chamber or the designated Judge may order the Prosecutor to shorten the examination-in-chief of some witnesses. (D) The Trial Chamber or the designated Judge may order the Prosecutor to reduce the number of witnesses, if it considers that an excessive number of witnesses are being called to prove the same facts. (E) After commencement of Trial, the Prosecutor, if he considers it to be in the interests of justice, may move the Trial Chamber for leave to reinstate the list of witnesses or to vary his decision as to which witnesses are to be called. (F) At the Pre-Trial Conference, the Trial Chamber or the designated Judge may order the Defence to file a statement of admitted facts and law and a pre-trial brief addressing the factual and legal issues, not later than seven days prior to the date set for trial.

Rule 73 ter: PreDefence Conference (A) The Trial Chamber may hold a Conference prior to the commencement by the Defence of its case. (B) At that Conference, the Trial Chamber or a Judge, designated from among its members, may order that the Defence, before the commencement of its case but after the close of the case for the prosecution, file the following: (i) Admissions by the parties and a statement of other matters which are not in dispute; (ii) A statement of contested matters of fact and law; (iii) A list of witnesses the Defence intends to call with: (a) The name or pseudonym of each witness; (b) A summary of the facts on which each witness will testify; (c) The points in the indictment as to which each witness will testify; and (d) The estimated length of time required for each witness; (iv) A list of exhibits the Defence intends to offer in its case, stating where possible whether or not the Prosecutor has any objection as to authenticity. The Trial Chamber or the Judge may order the Defence to provide the Trial Chamber and the Prosecutor with copies of the written statements of each witness whom the Defence intends to call to testify. (C) The Trial Chamber or the designated Judge may order the Defence to shorten the estimated length of the examination-in-chief for some witnesses. (D) The Trial Chamber or the designated Judge may order the Defence to reduce the number of witnesses, if it considers that an excessive number of witnesses are being called to prove the same facts.

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(E) After commencement of the Defence case, the Defence, if it considers it to be in the interests of justice, may move the Trial Chamber for leave to reinstate the list of witnesses or to vary its decision as to which witnesses are to be called. Rule 74: Amicus Curiae A Chamber may, if it considers it desirable for the proper determination of the case, invite or grant leave to any State, organization or person to appear before it and make submissions on any issue specified by the Chamber. Rule 74 bis: Medical Examination of the Accused A Trial Chamber may, proprio motu or at the request of a party, order a medical, including psychiatric examination or a psychological examination of the accused. In such case, the Registrar shall entrust this task to one or several experts whose names appear on a list previously drawn up by the Registry and approved by the Bureau. Rule 75: Measures for the Protection of Victims and Witnesses (A) A Judge or a Chamber may, proprio motu or at the request of either party, or of the victim or witness concerned, or of the Victims and Witnesses Support Unit, order appropriate measures to safeguard the privacy and security of victims and witnesses, provided that the measures are consistent with the rights of the accused. (B) A Chamber may hold an in camera proceeding to determine whether to order notably: (i) Measures to prevent disclosure to the public or the media of the identity or whereabouts of a victim or a witness, or of persons related to or associated with him by such means as: (a) Expunging names and identifying information from the Tribunal’s public records; (b) Non-disclosure to the public of any records identifying the victim; (c) Giving of testimony through image- or voice- altering devices or closed circuit television; and (d) Assignment of a pseudonym; (ii) Closed sessions, in accordance with Rule 79; (iii) Appropriate measures to facilitate the testimony of vulnerable victims and witnesses, such as one-way closed circuit television. (C) The Victims and Witnesses Section shall ensure that the witness has been informed before giving evidence by the party calling that witness that his testimony and his identity may be disclosed at a later date in another case, pursuant to Rule 75 (F).

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Anhang D

(D) A Chamber shall control the manner of questioning to avoid any harassment or intimidation. (E) When making an order under paragraph (A) above, a Judge or a Chamber shall wherever appropriate state in the order whether the transcript of those proceedings relating to the evidence of the witness to whom the measures relate shall be made available for use in other proceedings before the Tribunal. (F) Once protective measures have been ordered in respect of a victim or witness in any proceedings before the Tribunal (the “first proceedings\)), such protective measures: (i) shall continue to have effect mutatis mutandis in any other proceedings before the Tribunal (the “second proceedings\)) unless and until they are rescinded, varied or augmented in accordance with the procedure set out in this Rule; but (ii) shall not prevent the Prosecutor from discharging any disclosure obligation under the Rules in the second proceedings, provided that the Prosecutor notifies the Defence to whom the disclosure is being made of the nature of the protective measures ordered in the first proceedings. (G) A party to the second proceedings seeking to rescind, vary or augment protective measures ordered in the first proceedings must apply: (i) to any Chamber, however constituted, remaining seised of the first proceedings; or (ii) if no Chamber remains seised of the first proceedings, to the Chamber seised of the second proceedings. (H) Before determining an application under paragraph (G) (ii) above, the Chamber seised of the second proceedings shall obtain all relevant information from the first proceedings, and shall consult with any Judge who ordered the protective measures in the first proceedings, if that Judge remains a Judge of the Tribunal. (i) An application to a Chamber to rescind, vary or augment protective measures in respect of a victim or witness may be dealt with either by the Chamber or by a Judge of that Chamber, and any reference in this Rule to “a Chamber\) shall include a reference to “a Judge of that Chamber\). Rule 76: Solemn Declaration by Interpreters and Translators Before performing any duties, an interpreter or a translator shall solemnly declare to do so faithfully, independently, impartially and with full respect for the duty of confidentiality. Rule 77: Contempt of the Tribunal (A) The Tribunal in the exercise of its inherent power may hold in contempt those who knowingly and wilfully interfere with its administration of justice, including any person who

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(i) being a witness before a Chamber, contumaciously refuses or fails to answer a question; (ii) discloses information relating to those proceedings in knowing violation of an order of a Chamber; (iii) without just excuse fails to comply with an order to attend before or produce documents before a Chamber; (iv) threatens, intimidates, causes any injury or offers a bribe to, or otherwise interferes with, a witness who is giving, has given, or is about to give evidence in proceedings before a Chamber, or a potential witness; or (v) threatens, intimidates, offers a bribe to, or otherwise seeks to coerce any other person, with the intention of preventing that other person from complying with an obligation under an order of a Judge or Chamber. (B) Any incitement or attempt to commit any of the acts punishable under paragraph (A) is punishable as contempt of the Tribunal with the same penalties. (C) When a Chamber has reason to believe that a person may be in contempt of the Tribunal, it may: (i) direct the Prosecutor to investigate the matter with a view to the preparation and submission of an indictment for contempt; (ii) where the Prosecutor, in the view of the Chamber, has a conflict of interest with respect to the relevant conduct, direct the Registrar to appoint an amicus curiae to investigate the matter and report back to the Chamber as to whether there are sufficient grounds for instigating contempt proceedings; or (iii) initiate proceedings itself. (D) If the Chamber considers that there are sufficient grounds to proceed against a person for contempt, the Chamber may: (i) in circumstances described in paragraph (C) (i), direct the Prosecutor to prosecute the matter; or (ii) in circumstances described in paragraph (C) (ii) or (iii), issue an order in lieu of an indictment and either direct amicus curiae to prosecute the matter or prosecute the matter itself. (E) The Rules of Procedure and Evidence in Parts Four to Eight shall apply mutatis mutandis to proceedings under this Rule. (F) Any person indicted for or charged with contempt shall, if that person satisfies the criteria for determination of indigence established by the Registrar, be assigned counsel in accordance with Rule 45. (G) The maximum penalty that may be imposed on a person found to be in contempt of the Tribunal shall be a term of imprisonment not exceeding five years, or a fine not exceeding USD10,000, or both. (H) Payment of a fine shall be made to the Registrar to be held in a separate account.

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Anhang D

(I) If a counsel is found guilty of contempt of the Tribunal pursuant to this Rule, the Chamber making such finding may also determine that counsel is no longer eligible to represent a suspect or accused before the Tribunal or that such conduct amounts to misconduct of counsel pursuant to Rule 46, or both. (J) Any decision rendered by a Trial Chamber under this Rule shall be subject to appeal. Notice of appeal shall be filed within fifteen days of filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, the notice shall be filed within fifteen days of the oral decision, unless: (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case the time-limit shall run from filing of the written decision. (K) In the case of decisions under this Rule by the Appeals Chamber sitting as a Chamber of first instance, an appeal may be submitted in writing to the President within fifteen days of the filing of the impugned decision. Such appeal shall be decided by five different Judges as assigned by the President. Where the impugned decision is rendered orally, the appeal shall be filed within fifteen days of the oral decision, unless: (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Appeals Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case the time-limit shall run from filing of the written decision.

Rule 78: Open Sessions All proceedings before a Trial Chamber, other than deliberations of the Chamber, shall be held in public, unless otherwise provided.

Rule 79: Closed Sessions (A) The Trial Chamber may order that the press and the public be excluded from all or part of the proceedings for reasons of: (i) Public order or morality; (ii) Safety, security or non-disclosure of the identity of a victim or witness as provided in Rule 75; or (iii) The protection of the interests of justice. (B) The Trial Chamber shall make public the reasons for its order.

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Rule 80: Control of Proceedings (A) The Trial Chamber may exclude a person from the proceedings in order to protect the right of the accused to a fair and public trial, or to maintain the dignity and decorum of the proceedings. (B) The Trial Chamber may order the removal of an accused from the proceedings and continue the proceedings in his absence if he has persisted in disruptive conduct following a warning that he may be removed.

Rule 81: Records of Proceedings and Preservation of Evidence (A) The Registrar shall cause to be made and preserve a full and accurate record of all proceedings, including audio recordings, transcripts and, when deemed necessary by the Trial Chamber, video recordings. (B) The Trial Chamber may order the disclosure of all or part of the record of closed proceedings when the reasons for ordering the non disclosure no longer exist. (C) The Registrar shall retain and preserve all physical evidence offered during the proceedings. (D) Photography, video-recording or audio-recording of the trial, otherwise than by the Registry, may be authorised at the discretion of the Trial Chamber.

SECTION 2: CASE PRESENTATION Rule 82: Joint and Separate Trials (A) In joint trials, each accused shall be accorded the same rights as if he were being tried separately. (B) The Trial Chamber may order that persons accused jointly under Rule 48 be tried separately if it considers it necessary in order to avoid a conflict of interests that might cause serious prejudice to an accused, or to protect the interests of justice.

Rule 82 bis: Trial in the Absence of Accused If an accused refuses to appear before the Trial Chamber for trial, the Chamber may order that the trial proceed in the absence of the accused for so long as his refusal persists, provided that the Trial Chamber is satisfied that: (i) the accused has made his initial appearance under Rule 62; (ii) the Registrar has duly notified the accused that he is required to be present for trial; (iii) the interests of the accused are represented by counsel.

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Anhang D Rule 83: Instruments of Restraint

Instruments of restraint, such as handcuffs, shall not be used except as a precaution against escape during transfer or for security reasons, and shall be removed when the accused appears before a Chamber.

Rule 84: Opening Statements Before presentation of evidence by the Prosecutor, each party may make an opening statement. The Defence may however elect to make its statement after the Prosecutor has concluded presentation of evidence and before the presentation of evidence for the defence.

Rule 85: Presentation of Evidence (A) Each party is entitled to call witnesses and present evidence. Unless otherwise directed by the Trial Chamber in the interests of justice, evidence at the trial shall be presented in the following sequence: (i) Evidence for the prosecution; (ii) Evidence for the defence; (iii) Prosecution evidence in rebuttal; (iv) Defence evidence in rejoinder; (v) Evidence ordered by the Trial Chamber pursuant to Rule 98. (vi) Any relevant information that may assist the Trial Chamber in determining an appropriate sentence, if the accused is found guilty on one or more of the charges in the indictment. (B) Examination-in-chief, cross-examination and re-examination shall be allowed in each case. It shall be for the party calling a witness to examine him in chief, but a Judge may at any stage put any question to the witness. (C) The accused may, if he so desires, appear as a witness in his own defence.

Rule 86: Closing Arguments (A) After the presentation of all the evidence, the Prosecutor may present a closing argument. Whether or not the Prosecutor does so, the Defence may make a closing argument. The Prosecutor may present a rebuttal argument to which the Defence may present a rejoinder. (B) A party shall file a final trial brief with the Trial Chamber not later than five days prior to the day set for the presentation of that party’s closing argument. (C) The parties shall also address matters of sentencing in closing arguments.

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Rule 87: Deliberations (A) After presentation of closing arguments, the Presiding Judge shall declare the hearing closed, and the Trial Chamber shall deliberate in private. A finding of guilty may be reached only when a majority of the Trial Chamber is satisfied that guilt has been proved beyond reasonable doubt. (B) The Trial Chamber shall vote separately on each count contained in the indictment. If two or more accused are tried together under Rule 48, separate findings shall be made as to each accused. (C) If the Trial Chamber finds the accused guilty on one or more of the counts contained in the indictment, it shall also determine the penalty to be imposed in respect of each of the counts. Rule 88: Judgement (A) The judgement shall be pronounced in public, on a date of which notice shall have been given to the parties and counsel and at which they shall be entitled to be present. (B) If the Trial Chamber finds the accused guilty of a crime and concludes from the evidence that unlawful taking of property by the accused was associated with it, it shall make a specific finding to that effect in its judgement. The Trial Chamber may order restitution as provided in Rule 105. (C) The judgement shall be rendered by a majority of the Judges. It shall be accompanied or followed as soon as possible by a reasoned opinion in writing. Separate or dissenting opinions may be appended. SECTION 3: RULES OF EVIDENCE Rule 89: General Provisions (A) The rules of evidence set forth in this Section shall govern the proceedings before the Chambers. The Chambers shall not be bound by national rules of evidence. (B) In cases not otherwise provided for in this Section, a Chamber shall apply rules of evidence which will best favour a fair determination of the matter before it and are consonant with the spirit of the Statute and the general principles of law. (C) A Chamber may admit any relevant evidence which it deems to have probative value. (D) A Chamber may request verification of the authenticity of evidence obtained out of court.

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Anhang D Rule 90: Testimony of Witnesses

(A) Witnesses shall, in principle, be heard directly by the Chambers unless a Chamber has ordered that the witness be heard by means of a deposition as provided for in Rule 71. (B) Every witness shall, before giving evidence, make the following solemn declaration: “I solemnly declare that I will speak the truth, the whole truth and nothing but the truth.\) (C) A child who, in the opinion of the Chamber, does not understand the nature of a solemn declaration, may be permitted to testify without that formality, if the Chamber is of the opinion that the child is sufficiently mature to be able to report the facts of which the child had knowledge and understands the duty to tell the truth. A judgement, however, cannot be based on such testimony alone. (D) A witness, other than an expert, who has not yet testified, shall not be present when the testimony of another witness is given. However, a witness who has heard the testimony of another witness shall not for that reason alone be disqualified from testifying. (E) A witness may refuse to make any statement which might tend to incriminate him. The Chamber may, however, compel the witness to answer the question. Testimony compelled in this way shall not be used as evidence in a subsequent prosecution against the witness for any offence other than perjury. (F) The Trial Chamber shall exercise control over the mode and order of interrogating witnesses and presenting evidence so as to: (i) Make the interrogation and presentation effective for the ascertainment of the truth; and (ii) Avoid needless consumption of time. (G) (i) Cross-examination shall be limited to the subject-matter of the evidence-inchief and matters affecting the credibility of the witness and, where the witness is able to give evidence relevant to the case for the cross-examining party, to the subject-matter of the case. (ii) In the cross-examination of a witness who is able to give evidence relevant to the case for the cross-examining party, counsel shall put to that witness the nature of the case of the party for whom that counsel appears which is in contradiction of the evidence given by the witness. (iii) The Trial Chamber may, in the exercise of its discretion, permit enquiry into additional matters.

Rule 90 bis: Transfer of a Detained Witness (A) Any detained person whose personal appearance as a witness has been requested by the Tribunal shall be transferred temporarily to the Detention Unit of the Tribunal, conditional on his return within the period decided by the Tribunal.

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(B) The transfer order shall be issued by a Judge or Trial Chamber only after prior verification that the following conditions have been met: (i) The presence of the detained witness is not required for any criminal proceedings in progress in the territory of the requested State during the period the witness is required by the Tribunal; (ii) Transfer of the witness does not extend the period of his detention as foreseen by the requested State. (C) The Registry shall transmit the order of transfer to the national authorities of the State on whose territory, or under whose jurisdiction or control, the witness is detained. Transfer shall be arranged by the national authorities concerned in liaison with the host country and the Registrar. (D) The Registry shall ensure the proper conduct of the transfer, including the supervision of the witness in the Detention Unit of the Tribunal; it shall remain abreast of any changes which might occur regarding the conditions of detention provided for by the requested State and which may possibly affect the length of the detention of the witness in the Detention Unit and, as promptly as possible, shall inform the relevant Judge or Chamber. (E) On expiration of the period decided by the Tribunal for the temporary transfer, the detained witness shall be remanded to the authorities of the requested State, unless the State, within that period, has transmitted an order of release of the witness, which shall take effect immediately. (F) If, by the end of the period decided by the Tribunal, the presence of the detained witness continues to be necessary, a Judge or a Chamber may extend the period, on the same conditions stated in the Sub-Rule (B).

Rule 91: False Testimony under Solemn Declaration (A) A Chamber, proprio motu or at the request of a party, may warn a witness of the duty to tell the truth and the consequences that may result from a failure to do so. (B) If a Chamber has strong grounds for believing that a witness has knowingly and wilfully given false testimony, it may: (i) direct the Prosecutor to investigate the matter with a view to the preparation and submission of an indictment for false testimony; or (ii) where the Prosecutor, in the view of the Chamber, has a conflict of interest with respect to the relevant conduct, direct the Registrar to appoint an amicus curiae to investigate the matter and report back to the Chamber as to whether there are sufficient grounds for instigating proceedings for false testimony. (C) If the Chamber considers that there are sufficient grounds to proceed against a person for giving false testimony, the Chamber may: (i) in circumstances described in paragraph (B) (i), direct the Prosecutor to prosecute the matter; or

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Anhang D (ii) in circumstances described in paragraph (B) (ii), issue an order in lieu of an indictment and direct amicus curiae to prosecute the matter.

(D) The Rules of Procedure and Evidence in Parts Four to Eight shall apply mutatis mutandis to proceedings under this Rule. (E) Any person indicted for or charged with false testimony shall, if that person satisfies the criteria for determination of indigence established by the Registrar, be assigned counsel in accordance with Rule 45. (F) No Judge who sat as a member of the Trial Chamber before which the witness appeared shall sit for the trial of the witness for false testimony. (G) The maximum penalty for false testimony under solemn declaration shall be a fine of USD10, 000 or a term of imprisonment of five years, or both. The payment of any fine imposed shall be paid to the Registrar to be held in the account referred to in Rule 77 (H). (H) Paragraphs (B) to (G) apply mutatis mutandis to a person who knowingly and willingly makes a false statement in a written statement taken in accordance with Rule 92 bis which the person knows or has reason to know may be used as evidence in proceedings before the Tribunal. (I) Any decision rendered by a Trial Chamber under this Rule shall be subject to appeal. Notice of appeal shall be filed within fifteen days of filing of the impugned decision. Where such decision is rendered orally, the notice shall be filed within fifteen days of the oral decision, unless: (i) the party challenging the decision was not present or represented when the decision was pronounced, in which case the time-limit shall run from the date on which the challenging party is notified of the oral decision; or (ii) the Trial Chamber has indicated that a written decision will follow, in which case the time-limit shall run from filing of the written decision.

Rule 92: Confessions A confession by the accused given during questioning by the Prosecutor shall, provided the requirements of Rule 63 were strictly complied with, be presumed to have been free and voluntary unless the contrary is proved.

Rule 92 bis: Proof of Facts Other Than by Oral Evidence (A) A Trial Chamber may admit, in whole or in part, the evidence of a witness in the form of a written statement in lieu of oral testimony which goes to proof of a matter other than the acts and conduct of the accused as charged in the indictment. (i) Factors in favour of admitting evidence in the form of a written statement include, but are not limited to, circumstances in which the evidence in question:

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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(a) is of a cumulative nature, in that other witnesses will give or have given oral testimony of similar facts; (b) relates to relevant historical, political or military background; (c) consists of a general or statistical analysis of the ethnic composition of the population in the places to which the indictment relates; (d) concerns the impact of crimes upon victims; (e) relates to issues of the character of the accused; or (f) relates to factors to be taken into account in determining sentence. (ii) Factors against admitting evidence in the form of a written statement include whether: (a) there is an overriding public interest in the evidence in question being presented orally; (b) a party objecting can demonstrate that its nature and source renders it unreliable, or that its prejudicial effect outweighs its probative value; or (c) there are any other factors which make it appropriate for the witness to attend for cross-examination. (B) A written statement under this Rule shall be admissible if it attaches a declaration by the person making the written statement that the contents of the statement are true and correct to the best of that person’s knowledge and belief and (i) the declaration is witnessed by: (a) a person authorised to witness such a declaration in accordance with the law and procedure of a State; or (b) a Presiding Officer appointed by the Registrar of the Tribunal for that purpose; and (ii) the person witnessing the declaration verifies in writing: (a) that the person making the statement is the person identified in the said statement; (b) that the person making the statement stated that the contents of the written statement are, to the best of that person’s knowledge and belief, true and correct; (c) that the person making the statement was informed that if the content of the written statement is not true then he or she may be subject to proceedings for giving false testimony; and (d) the date and place of the declaration. The declaration shall be attached to the written statement presented to the Trial Chamber. (C) A written statement not in the form prescribed by paragraph (B) may nevertheless be admissible if made by a person who has subsequently died, or by a person who can no longer with reasonable diligence be traced, or by a person who is by reason of bodily or mental condition unable to testify orally, if the Trial Chamber:

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Anhang D (i) is so satisfied on a balance of probabilities; and (ii) finds from the circumstances in which the statement was made and recorded that there are satisfactory indicia of its reliability.

(D) A Chamber may admit a transcript of evidence given by a witness in proceedings before the Tribunal which goes to proof of a matter other than the acts and conduct of the accused. (E) Subject to any order of the Trial Chamber to the contrary, a party seeking to adduce a written statement or transcript shall give fourteen days notice to the opposing party, who may within seven days object. The Trial Chamber shall decide, after hearing the parties, whether to admit the statement or transcript in whole or in part and whether to require the witness to appear for cross-examination.

Rule 93: Evidence of Consistent Pattern of Conduct (A) Evidence of a consistent pattern of conduct relevant to serious violations of international humanitarian law under the Statute may be admissible in the interests of justice. (B) Acts tending to show such a pattern of conduct shall be disclosed by the Prosecutor to the Defence pursuant to Rule 66.

Rule 94: Judicial Notice (A) A Trial Chamber shall not require proof of facts of common knowledge but shall take judicial notice thereof. (B) At the request of a party or proprio motu, a Trial Chamber, after hearing the parties, may decide to take judicial notice of adjudicated facts or documentary evidence from other proceedings of the Tribunal relating to the matter at issue in the current proceedings.

Rule 94 bis: Testimony of Expert Witnesses (A) Notwithstanding the provisions of Rule 66 (A) (ii), Rule 73 bis (B) (iv) (b) and Rule 73 ter (B) (iii) (b) of the present Rules, the full statement of any expert witness called by a party shall be disclosed to the opposing party as early as possible and shall be filed with the Trial Chamber not less than twenty-one days prior to the date on which the expert is expected to testify. (B) Within fourteen days of filing of the statement of the expert witness, the opposing party shall file a notice to the Trial Chamber indicating whether: (i) It accepts or does not accept the witness’s qualification as an expert; (ii) It accepts the expert witness statement; or (iii) It wishes to cross-examine the expert witness.

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(C) If the opposing party accepts the statement of the expert witness, the statement may be admitted into evidence by the Trial Chamber without calling the witness to testify in person. Rule 95: Exclusion of Evidence on the Grounds of the Means by Which It was Obtained No evidence shall be admissible if obtained by methods which cast substantial doubt on its reliability or if its admission is antithetical to, and would seriously damage, the integrity of the proceedings. Rule 96: Rules of Evidence in Cases of Sexual Assault In cases of sexual assault: (i) Notwithstanding Rule 90 (C), no corroboration of the victim’s testimony shall be required; (ii) Consent shall not be allowed as a defence if the victim: (a) Has been subjected to or threatened with or has had reason to fear violence, duress, detention or psychological oppression; or (b) Reasonably believed that if the victim did not submit, another might be so subjected, threatened or put in fear. (iii) Before evidence of the victim’s consent is admitted, the accused shall satisfy the Trial Chamber in camera that the evidence is relevant and credible; (iv) Prior sexual conduct of the victim shall not be admitted in evidence or as defence. Rule 97: Lawyer-Client Privilege A) All communications between lawyer and client shall be regarded as privileged, and consequently disclosure cannot be ordered, unless: (i) The client consents to such disclosure; or (ii) The client has voluntarily disclosed the content of the communication to a third party, and that third party then gives evidence of that disclosure. (B) Nothing in this rule shall be interpreted as permitting the use of confidentiality between Counsel and Client to conceal the participation of Counsel in illegal practices such as fee-splitting with client. Rule 98: Power of Chambers to Order Production of Additional Evidence A Trial Chamber may proprio motu order either party to produce additional evidence. It may itself summon witnesses and order their attendance.

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Anhang D Rule 98 bis: Motion for Judgement of Acquittal

If after the close of the case for the prosecution, the Trial Chamber finds that the evidence is insufficient to sustain a conviction on one or more counts charged in the indictment, the Trial Chamber, on motion of an accused filed within seven days after the close of the Prosecutor’s case-in-chief, unless the Chamber orders otherwise, or proprio motu, shall order the entry of judgement of acquittal in respect of those counts.

SECTION 4: SENTENCING PROCEDURE Rule 99: Status of the Acquitted Person (A) In case of acquittal, the accused shall be released immediately. (B) If, at the time the judgement is pronounced, the Prosecutor advises the Trial Chamber in open court of his intention to file notice of appeal pursuant to Rule 108, the Trial Chamber may, at the request of the Prosecutor, issue a warrant for the arrest and further detention of the accused to take effect immediately.

Rule 100: Sentencing Procedure on a Guilty Plea (A) If the Trial Chamber convicts the accused on a guilty plea, the Prosecutor and the Defence may submit any relevant information that may assist the Trial Chamber in determining an appropriate sentence. (B) The sentence shall be pronounced in a judgement in public and in the presence of the convicted person, subject to Sub-Rule 102 (B).

Rule 101: Penalties (A) A person convicted by the Tribunal may be sentenced to imprisonment for a fixed term or the remainder of his life. (B) In determining the sentence, the Trial Chamber shall take into account the factors mentioned in Article 23 (2) of the Statute, as well as such factors as: (i) Any aggravating circumstances; (ii) Any mitigating circumstances including the substantial cooperation with the Prosecutor by the convicted person before or after conviction; (iii) The general practice regarding prison sentences in the courts of Rwanda; (iv) the extent to which any penalty imposed by a court of any State on the convicted person for the same act has already been served, as referred to in Article 9 (3) of the Statute. (C) The Trial Chamber shall indicate whether multiple sentences shall be served consecutively or concurrently.

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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(D) Credit shall be given to the convicted person for the period, if any, during which the convicted person was detained in custody pending his surrender to the Tribunal or pending trial or appeal. Rule 102: Status of the Convicted Person (A) Subject to the Trial Chamber’s directions in terms of Rule 101, the sentence shall begin to run from the day it is pronounced under Rule 100 (B). However, as soon as notice of appeal is given, the enforcement of the judgement shall thereupon be stayed until the decision on the appeal has been delivered, the convicted person meanwhile remaining in detention, as provided in Rule 64. (B) If, by a previous decision of the Trial Chamber, the convicted person has been provisionally released, or is for any other reason at liberty, and he is not present when the judgement is pronounced, the Trial Chamber shall issue a warrant for his arrest. On arrest, he shall be notified of the conviction and sentence, and the procedure provided in Rule 103 shall be followed. Rule 103: Place of Imprisonment (A) Imprisonment shall be served in Rwanda or any State designated by the Tribunal from a list of States which have indicated their willingness to accept convicted persons for the serving of sentences. Prior to a decision on the place of imprisonment, the Chamber shall notify the Government of Rwanda. (B) Transfer of the convicted person to that State shall be effected as soon as possible after the time limit for appeal has elapsed. Rule 104: Supervision of Imprisonment All sentences of imprisonment shall be served under the supervision of the Tribunal or a body designated by it. Rule 105: Restitution of Property (A) After a judgement of conviction containing a specific finding as provided in Rule 88 (B), the Trial Chamber shall, at the request of the Prosecutor, or may, at its own initiative, hold a special hearing to determine the matter of the restitution of the property or the proceeds thereof, and may in the meantime order such provisional measures for the preservation and protection of the property or proceeds as it considers appropriate. (B) The determination may extend to such property or its proceeds, even in the hands of third parties not otherwise connected with the crime of which the convicted person has been found guilty. (C) Such third parties shall be summoned before the Trial Chamber and be given an opportunity to justify their claim to the property or its proceeds.

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Anhang D

(D) Should the Trial Chamber be able to determine the rightful owner on the balance of probabilities, it shall order the restitution either of the property or the proceeds or make such other order as it may deem appropriate. (E) Should the Trial Chamber not be able to determine ownership, it shall notify the competent national authorities and request them so to determine. (F) Upon notice from the national authorities that an affirmative determination has been made, the Trial Chamber shall order the restitution either of the property or the proceeds or make such other order as it may deem appropriate. (G) The Registrar shall transmit to the competent national authorities any summonses, orders and requests issued by a Trial Chamber pursuant to Sub-Rules (C), (D), (E) and (F). Rule 106: Compensation to Victims (A) The Registrar shall transmit to the competent authorities of the States concerned the judgement finding the accused guilty of a crime which has caused injury to a victim. (B) Pursuant to the relevant national legislation, a victim or persons claiming through him may bring an action in a national court or other competent body to obtain compensation. (C) For the purposes of a claim made under Sub-Rule (B) the judgement of the Tribunal shall be final and binding as to the criminal responsibility of the convicted person for such injury.

PART SEVEN APPELLATE PROCEEDINGS Rule 107: General Provision The Rules of Procedure and Evidence that govern proceedings in the Trial Chambers shall apply mutatis mutandis to proceedings in the Appeals Chamber. Rule 107 bis: Practice Directions for the Appeals Chamber The Presiding Judge of the Appeals Chamber may issue Practice Directions, in consultation with the President of the Tribunal, addressing detailed aspects of the conduct of proceedings before the Appeals Chamber. Rule 108: Notice of Appeal A party seeking to appeal a judgement or sentence shall, not more than thirty days from the date on which the judgement or the sentence was pronounced, file a notice

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of appeal, setting forth the grounds. The Appellant should also identify the order, decision or ruling challenged with specific reference to the date of its filing, and/or the transcript page, and indicate the substance of the alleged errors and the relief sought. The Appeals Chamber may, on good cause being shown by motion, authorise a variation of the grounds of appeal. Rule 108 bis: Pre-Appeal Judge (A) The Presiding Judge of the Appeals Chamber may designate from among its members a Judge responsible for the pre-hearing proceedings (the “Pre-Appeal Judge\)). (B) The Pre-Appeal Judge shall ensure that the proceedings are not unduly delayed and shall take any measures related to procedural matters, including the issuing of decisions, orders and directions with a view to preparing the case for a fair and expeditious hearing. (C) The Pre-Appeal Judge shall record the points of agreement and disagreement between the parties on matters of law and fact. In this connection, he or she may order the parties to file further written submissions with the Pre-Appeal Judge or the Appeals Chamber. (D) In order to perform his or her functions, the Pre-Appeal Judge may proprio motu, where appropriate; hear the parties without the convicted or acquitted person being present. The Pre-Appeal Judge may hear the parties in his or her office, in which case minutes of the meeting shall be taken by a representative of the Registry. (E) A motion made in the course of the proceedings shall be determined before the hearing unless the Pre-Appeal Judge, for good cause, orders that it be deferred for determination by the Appeals Chamber. Failure by a party to raise objections or to make requests which can be made prior to the hearing shall constitute waiver thereof, but the Pre-Appeal Judge for good cause may grant relief from the waiver. (F) The Pre-Appeal Judge shall keep the Appeals Chamber regularly informed, particularly where issues are in dispute and may refer such disputes to the Appeals Chamber. (G) Upon a report of the Pre-Appeal Judge, the Appeals Chamber shall decide, should the case arise, on appropriate sanctions to be imposed on a party which fails to perform its obligations pursuant to the present Section of the Rules. (H) The Appeals Chamber may proprio motu exercise any of the functions of the PreAppeal Judge.

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Anhang D Rule 109: Record on Appeal

(A) The record on appeal shall consist of the trial record, as certified by the Registrar. (B) A certified true copy of the record on appeal shall be promptly transmitted to the Appeals Unit of the Appeals Chamber of the International Criminal Tribunal for Rwanda, located in The Hague. Rule 110: List of Certified Documents to the Parties The Registrar shall make available to the parties the list of documents constituting the record on appeal as certified by him and shall provide them with any of these documents on demand. Rule 111: Appellant’s Brief An Appellant’s brief setting out all the arguments and authorities shall be filed within seventy-five days of filing of the notice of appeal pursuant to Rule 108. Rule 112: Respondent’s Brief A Respondent’s brief of argument and authorities shall be filed within forty days of the filing of the Appellant’s brief. Rule 113: Brief in Reply An Appellant may file a brief in reply within fifteen days after the filing of the Respondent’s brief. Rule 114: Date of Hearing After the expiry of the time-limits for filing the briefs provided for in Rules 111, 112 and 113, the Appeals Chamber shall set the date for the hearing and the Registrar shall notify the parties. Rule 115: Additional Evidence (A) A party may apply by motion to present additional evidence before the Appeals Chamber. Such motion shall clearly identify with precision the specific finding of fact made by the Trial Chamber to which the additional evidence is directed, and must be served on the other party and filed with the Registrar not later than seventy-five days from the date of the judgement, unless good cause is shown for further delay. Rebuttal material may be presented by any party affected by the motion.

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(B) If the Appeals Chamber finds that the additional evidence was not available at trial and is relevant and credible, it will determine if it could have been a decisive factor in reaching the decision at trial. If it could have been such a factor, the Appeals Chamber will consider the additional evidence and any rebuttal material along with that already on the record to arrive at a final judgement in accordance with Rule 118. (C) The Appeals Chamber may decide the motion prior to the appeal, or at the time of the hearing on appeal. It may decide the motion with or without an oral hearing. (D) If several defendants are parties to the appeal, the additional evidence admitted on behalf of any one of them will be considered with respect to all of them, where relevant. Rule 116: Extension of Time Limits (A) The Appeals Chamber may grant a motion to extend a time limit upon a showing of good cause. (B) Where the ability of the accused to make full answer and Defence depends on the availability of a decision in an official language other than that in which it was originally issued, that circumstance shall be taken into account as a good cause under the present Rule. Rule 117: Expedited Appeals Procedure (A) An appeal under Rule 65, Rule 72 (D), Rule 77 or Rule 91 shall be heard expeditiously on the basis of the original record of the Trial Chamber. Appeals may be determined entirely on the basis of written briefs. (B) Rules 109 to 114 shall not apply to such appeals. (C) The Presiding Judge, after consulting the members of the Appeals Chamber, may decide not to apply Rule 118 (D). Rule 117 bis: Parties’ Books (A) In every appeal before the Appeals Chamber, the Appellant and the Respondent shall each prepare and file an Appeal Book respectively to be entitled “APPELLANT’S APPEAL BOOK\) and “RESPONDENT’S APPEAL BOOK\), in consecutively numbered pages or tabs arranged in the following order: (i) a table of contents describing each document, including each exhibit, by its nature, date, and where applicable, number, with an indication of the page or tab where the document will be found in the Appeal Book; and (ii) a legible copy of the pages of or excerpts from every document in the case to which the party actually refers in the party’s briefs or intends to refer in the party’s oral arguments.

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Anhang D

(B) In every appeal before the Appeals Chamber, the Appellant and the Respondent shall each prepare and file a Book of Authorities respectively to be entitled “APPELLANT’S BOOK OF AUTHORITIES\) and “RESPONDENT’S BOOK OF AUTHORITIES\), in consecutively numbered pages or tabs arranged in the following order: (i) a table of contents describing each document, including each exhibit, by its nature, date, and where applicable, number, with an indication of the page or tab where the document will be found in the Appeal Book; and (ii) a legible copy of the pages of or excerpts from every reference material, including case law, statutory and regulatory provisions, from international and national sources, to which the party actually refers in the party’s briefs or intends to refer in the party’s oral arguments. (C) Unless otherwise ordered in any particular case by the Appeals Chamber proprio motu or upon a motion by a party, each party shall file sufficient copies of his Appeal Book and of his Book of Authorities at the Registry of the place where the Appeals Chamber is to hold its hearing, four weeks before the date set for the said hearing. The Registry shall advise the parties of the number of copies required. (D) Failure to file the books prescribed above shall not bar the Appeals Chamber from rendering a judgement, a decision or an order as it sees fit in the appeal.

Rule 117 ter: Filing of the Appeal Documents The notice of Appeal under Rule 108 and, where necessary, the briefs earmarked under Rules 111, 112, 113, 115 and 117 shall be filed, by the parties, either with the Registry or with an officer of the Registry specifically designated by the Registrar at the Appeals Unit of the Appeals Chamber of the International Criminal Tribunal for Rwanda, located in The Hague. Two similar records shall be kept: one at the Registry of the Tribunal and the other in The Hague. Depending on the place of filing, each record shall consist of the original documents or certified true copies thereof.

Rule 118: Judgement on Appeal (A) The Appeals Chamber shall pronounce judgement on the basis of the record on appeal and on any additional evidence as has been presented to it. (B) The judgement shall be rendered by a majority of the Judges. It shall be accompanied or followed as soon as possible by a reasoned opinion in writing, to which separate or dissenting opinions may be appended. (C) In appropriate circumstances the Appeals Chamber may order that the accused be re tried before the Trial Chamber. (D) The judgement shall be pronounced in public, on a date of which notice shall have been given to the parties and counsel and at which they shall be entitled to be present.

ICTR-Rules of Procedure and Evidence

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(E) The written judgement shall be filed and registered with the Registry or with an officer of the Registry specifically designated by the Registrar at the Appeals Unit of the Appeals Chamber of the International Criminal Tribunal for Rwanda, located in The Hague.

Rule 119: Status of the Accused Following Judgement on Appeal (A) A sentence pronounced by the Appeals Chamber shall be enforced immediately. (B) Where the accused is not present when the judgement is due to be delivered, either as having been acquitted on all charges or as a result of an order issued pursuant to Rule 65, or for any other reason, the Appeals Chamber may deliver its judgement in the absence of the accused and shall, unless it pronounces his acquittal, order his arrest or surrender to the Tribunal.

PART EIGHT REVIEW PROCEEDINGS Rule 120: Request for Review (A) Where a new fact has been discovered which was not known to the moving party at the time of the proceedings before a Trial Chamber or the Appeals Chamber and could not have been discovered through the exercise of due diligence, the Defence or, within one year after the final judgement has been pronounced, the Prosecutor, may make a motion to that Chamber for review of the judgement. If, at the time of the request for review, any of the Judges who constituted the original Chamber are no longer Judges of the Tribunal, the President shall appoint a Judge or Judges in their place. (B) Any brief in response to a request for review shall be filed within forty days of the filing of the request. (C) Any brief in reply shall be filed within fifteen days after the filing of the response.

Rule 121: Preliminary Examination If the Chamber constituted pursuant to Rule 120 agrees that the new fact, if it had been proven, could have been a decisive factor in reaching a decision, the Chamber shall review the judgement, and pronounce a further judgement after hearing the parties.

Rule 122: Appeals The judgement of a Trial Chamber on review may be appealed in accordance with the provisions of Part Seven.

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Anhang D Rule 123: Return of the Case to the Trial Chamber

If the judgement to be reviewed is under appeal at the time the motion for review is filed, the Appeals Chamber may return the case to the Trial Chamber for disposition of the motion. PART NINE PARDON AND COMMUTATION OF SENTENCE Rule 124: Notification by States If, according to the law of a State in which a convicted person is imprisoned, he is eligible for pardon or commutation of sentence, the State shall, in accordance with Article 27 of the Statute, notify the Tribunal of such eligibility. Rule 125: Determination by the President The President shall, upon such notice, determine, in consultation with the members of the Bureau and any permanent Judges of the sentencing Chamber who remain Judges of the Tribunal and after notification to the Government of Rwanda, whether pardon or commutation is appropriate. Rule 126: General Standards for Granting Pardon or Commutation In determining whether pardon or commutation is appropriate, the President shall take into account, inter alia, the gravity of the crime or crimes for which the prisoner was convicted, the treatment of similarly-situated prisoners, the prisoner’s demonstration of rehabilitation, as well as any substantial cooperation of the prisoner with the Prosecutor.

Anhang E Rome Statute of the International Criminal Court (Text of the Rome Statute circulated as document A/CONF.183/9 of 17 July 1998 and corrected by procès-verbaux of 10 November 1998, 12 July 1999, 30 November 1999, 8 May 2000, 17 January 2001 and 16 January 2002. The Statute entered into force on 1 July 2002) Table of Contents PREAMBLE PART 1: ESTABLISHMENT OF THE COURT 1. 2. 3. 4.

The Court Relationship of the Court with the United Nations Seat of the Court Legal status and powers of the Court PART 2: JURISDICTION, ADMISSIBILITY AND APPLICABLE LAW

5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21.

Crimes within the jurisdiction of the Court Genocide Crimes against humanity War Crimes Elements of Crimes Article 10 Jurisdiction ratione temporis Preconditions to the exercise of jurisdiction Exercise of jurisdiction Referral of a situation by a State Party Prosecutor Deferral of investigation or prosecution Issues of admissibility Preliminary rulings regarding admissibility Challenges to the jurisdiction of the Court or the admissibility of a case Ne bis in idem Applicable law

550

Anhang E PART 3: GENERAL PRINCIPLES OF CRIMINAL LAW

22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33.

Nullum crimen sine lege Nulla poena sine lege Non-retroactivity ratione personae Individual criminal responsibility Exclusion of jurisdiction over persons under eighteen Irrelevance of official capacity Responsibility of commanders and other superiors Non-applicability of statute of limitations Mental element Grounds for excluding criminal responsibility Mistake of fact or mistake of law Superior orders and prescription of law PART 4: COMPOSITION AND ADMINISTRATION OF THE COURT

34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52.

Organs of the Court Service of judges Qualifications, nomination and election of judges Judicial vacancies The Presidency Chambers Independence of judges Excusing and disqualification of judges The Office of the Prosecutor The Registry Staff Solemn undertaking Removal from office Disciplinary measures Privileges and immunities Salaries, allowances and expenses Official and working languages Rules of Procedure and Evidence Regulations of the Court PART 5: INVESTIGATION AND PROSECUTION

53. 54. 55. 56.

Initiation of an investigation Duties and powers of the Prosecutor with respect to investigations Rights of persons during an investigation Role of the Pre-Trial Chamber in relation to a unique investigative opportunity

ICC-Statute 57. 58. 59. 60. 61.

551

Functions and powers of the Pre-Trial Chamber Issuance by the Pre-Trial Chamber of a warrant of arrest or a summons to appear Arrest proceedings in the custodial State Initial proceedings before the Court Confirmation of the charges before trial PART 6: THE TRIAL

62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76.

Place of trial Trial in the presence of the accused Functions and powers of the Trial Chamber Proceedings on an admission of guilt Presumption of innocence Rights of the accused Protection of the victims and witnesses and their participation in the proceedings Evidence Offences against the administration of justice Sanctions for misconduct before the Court Protection of national security information Third-party information or documents Requirements for the decision Reparations to victims Sentencing PART 7: PENALTIES

77. 78. 79. 80.

Applicable penalties Determination of the sentence Trust Fund Non-prejudice to national application of penalties and national laws PART 8: APPEAL AND REVISION

81. 82. 83. 84. 85.

Appeal against decision of acquittal or conviction or against sentence Appeal against other decisions Proceedings on appeal Revision of conviction or sentence Compensation to an arrested or convicted person PART 9: INTERNATIONAL COOPERATION AND JUDICIAL ASSISTANCE

86. General obligation to cooperate 87. Requests for cooperation: general provisions 88. Availability of procedures under national law

552 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102.

Anhang E Surrender of persons to the Court Competing requests Contents of request for arrest and surrender Provisional arrest Other forms of cooperation Postponement of execution of a request in respect of ongoing investigation or prosecution Postponement of execution of a request in respect of an admissibility challenge Contents of request for other forms of assistance under article 93 Consultations Cooperation with respect to waiver of immunity and consent to surrender Execution of request under articles 93 and 96 Costs Rule of speciality Use of terms

PART 10: ENFORCEMENT 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111.

Role of States in enforcement of sentences of imprisonment Change in designation of State of enforcement Enforcement of the sentence Supervision of enforcement of sentences and conditions of imprisonment Transfer of the person upon completion of sentence Limitation on the prosecution or punishment of other offences Enforcement of fines and forfeiture measures Review by the Court concerning reduction of sentence Escape

PART 11: ASSEMBLY OF STATES PARTIES 112. Assembly of States Parties

PART 12: FINANCING 113. 114. 115. 116. 117. 118.

Financial Regulations Payment of expenses Funds of the Court and of the Assembly of States Parties Voluntary contributions Assessment of contributions Annual audit

ICC-Statute

553

PART 13: FINAL CLAUSES 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128.

Settlement of disputes Reservations Amendments Amendments to provisions of an institutional nature Review of the Statute Transitional Provision Signature, ratification, acceptance, approval or accession Entry into force Withdrawal Authentic texts

PREAMBLE The States Parties to this Statute, Conscious that all peoples are united by common bonds, their cultures pieced together in a shared heritage, and concerned that this delicate mosaic may be shattered at any time, Mindful that during this century millions of children, women and men have been victims of unimaginable atrocities that deeply shock the conscience of humanity, Recognizing that such grave crimes threaten the peace, security and well-being of the world, Affirming that the most serious crimes of concern to the international community as a whole must not go unpunished and that their effective prosecution must be ensured by taking measures at the national level and by enhancing international cooperation, Determined to put an end to impunity for the perpetrators of these crimes and thus to contribute to the prevention of such crimes, Recalling that it is the duty of every State to exercise its criminal jurisdiction over those responsible for international crimes, Reaffirming the Purposes and Principles of the Charter of the United Nations, and in particular that all States shall refrain from the threat or use of force against the territorial integrity or political independence of any State, or in any other manner inconsistent with the Purposes of the United Nations, Emphasizing in this connection that nothing in this Statute shall be taken as authorizing any State Party to intervene in an armed conflict or in the internal affairs of any State, Determined to these ends and for the sake of present and future generations, to establish an independent permanent International Criminal Court in relationship with the United Nations system, with jurisdiction over the most serious crimes of concern to the international community as a whole,

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Anhang E

Emphasizing that the International Criminal Court established under this Statute shall be complementary to national criminal jurisdictions, Resolved to guarantee lasting respect for and the enforcement of international justice, Have agreed as follows: PART 1: ESTABLISHMENT OF THE COURT Article 1: The Court An International Criminal Court (“the Court\)) is hereby established. It shall be a permanent institution and shall have the power to exercise its jurisdiction over persons for the most serious Rome Statute of the International Criminal Court 8 crimes of international concern, as referred to in this Statute, and shall be complementary to national criminal jurisdictions. The jurisdiction and functioning of the Court shall be governed by the provisions of this Statute. Article 2: Relationship of the Court with the United Nations The Court shall be brought into relationship with the United Nations through an agreement to be approved by the Assembly of States Parties to this Statute and thereafter concluded by the President of the Court on its behalf. Article 3: Seat of the Court 1. The seat of the Court shall be established at The Hague in the Netherlands (“the host State\)). 2. The Court shall enter into a headquarters agreement with the host State, to be approved by the Assembly of States Parties and thereafter concluded by the President of the Court on its behalf. 3. The Court may sit elsewhere, whenever it considers it desirable, as provided in this Statute. Article 4: Legal status and powers of the Court 1. The Court shall have international legal personality. It shall also have such legal capacity as may be necessary for the exercise of its functions and the fulfilment of its purposes. 2. The Court may exercise its functions and powers, as provided in this Statute, on the territory of any State Party and, by special agreement, on the territory of any other State.

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PART 2: JURISDICTION, ADMISSIBILITY AND APPLICABLE LAW Article 5: Crimes within the jurisdiction of the Court 1. The jurisdiction of the Court shall be limited to the most serious crimes of concern to the international community as a whole. The Court has jurisdiction in accordance with this Statute with respect to the following crimes: (a) The crime of genocide; (b) Crimes against humanity; (c) War crimes; (d) The crime of aggression. 2. The Court shall exercise jurisdiction over the crime of aggression once a provision is adopted in accordance with articles 121 and 123 defining the crime and setting out the conditions under which the Court shall exercise jurisdiction with respect to this crime. Such a provision shall be consistent with the relevant provisions of the Charter of the United Nations.

Article 6: Genocide For the purpose of this Statute, “genocide\) means any of the following acts committed with intent to destroy, in whole or in part, a national, ethnical, racial or religious group, as such: (a) Killing members of the group; (b) Causing serious bodily or mental harm to members of the group; (c) Deliberately inflicting on the group conditions of life calculated to bring about its physical destruction in whole or in part; (d) Imposing measures intended to prevent births within the group; (e) Forcibly transferring children of the group to another group.

Article 7: Crimes against humanity 1. For the purpose of this Statute, “crime against humanity\) means any of the following acts when committed as part of a widespread or systematic attack directed against any civilian population, with knowledge of the attack: (a) Murder; (b) Extermination; (c) Enslavement; (d) Deportation or forcible transfer of population; (e) Imprisonment or other severe deprivation of physical liberty in violation of fundamental rules of international law;

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(f) Torture; (g) Rape, sexual slavery, enforced prostitution, forced pregnancy, enforced sterilization, or any other form of sexual violence of comparable gravity; (h) Persecution against any identifiable group or collectivity on political, racial, national, ethnic, cultural, religious, gender as defined in paragraph 3, or other grounds that are universally recognized as impermissible under international law, in connection with any act referred to in this paragraph or any crime within the jurisdiction of the Court; (i) Enforced disappearance of persons; (j) The crime of apartheid; (k) Other inhumane acts of a similar character intentionally causing great suffering, or serious injury to body or to mental or physical health. 2. For the purpose of paragraph 1: (a) “Attack directed against any civilian population\) means a course of conduct involving the multiple commission of acts referred to in paragraph 1 against any civilian population, pursuant to or in furtherance of a State or organizational policy to commit such attack; (b) “Extermination\) includes the intentional infliction of conditions of life, inter alia the deprivation of access to food and medicine, calculated to bring about the destruction of part of a population; (c) “Enslavement\) means the exercise of any or all of the powers attaching to the right of ownership over a person and includes the exercise of such power in the course of trafficking in persons, in particular women and children; (d) “Deportation or forcible transfer of population\) means forced displacement of the persons concerned by expulsion or other coercive acts from the area in which they are lawfully present, without grounds permitted under international law; (e) “Torture\) means the intentional infliction of severe pain or suffering, whether physical or mental, upon a person in the custody or under the control of the accused; except that torture shall not include pain or suffering arising only from, inherent in or incidental to, lawful sanctions; (f) “Forced pregnancy\) means the unlawful confinement of a woman forcibly made pregnant, with the intent of affecting the ethnic composition of any population or carrying out other grave violations of international law. This definition shall not in any way be interpreted as affecting national laws relating to pregnancy; (g) “Persecution\) means the intentional and severe deprivation of fundamental rights contrary to international law by reason of the identity of the group or collectivity; (h) “The crime of apartheid\) means inhumane acts of a character similar to those referred to in paragraph 1, committed in the context of an institutionalized regime of systematic oppression and domination by one racial group over any

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other racial group or groups and committed with the intention of maintaining that regime; (i) “Enforced disappearance of persons\) means the arrest, detention or abduction of persons by, or with the authorization, support or acquiescence of, a State or a political organization, followed by a refusal to acknowledge that deprivation of freedom or to give information on the fate or whereabouts of those persons, with the intention of removing them from the protection of the law for a prolonged period of time. 3. For the purpose of this Statute, it is understood that the term “gender\) refers to the two sexes, male and female, within the context of society. The term “gender\) does not indicate any meaning different from the above.

Article 8: War crimes 1. The Court shall have jurisdiction in respect of war crimes in particular when committed as part of a plan or policy or as part of a large-scale commission of such crimes. 2. For the purpose of this Statute, “war crimes\) means: (a) Grave breaches of the Geneva Conventions of 12 August 1949, namely, any of the following acts against persons or property protected under the provisions of the relevant Geneva Convention: (i)

Wilful killing;

(ii)

Torture or inhuman treatment, including biological experiments;

(iii) Wilfully causing great suffering, or serious injury to body or health; (iv) Extensive destruction and appropriation of property, not justified by military necessity and carried out unlawfully and wantonly; (v)

Compelling a prisoner of war or other protected person to serve in the forces of a hostile Power;

(vi) Wilfully depriving a prisoner of war or other protected person of the rights of fair and regular trial; (vii) Unlawful deportation or transfer or unlawful confinement; (viii) Taking of hostages. (b) Other serious violations of the laws and customs applicable in international armed conflict, within the established framework of international law, namely, any of the following acts: (i)

Intentionally directing attacks against the civilian population as such or against individual civilians not taking direct part in hostilities;

(ii)

Intentionally directing attacks against civilian objects, that is, objects which are not military objectives;

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Anhang E (iii) Intentionally directing attacks against personnel, installations, material, units or vehicles involved in a humanitarian assistance or peacekeeping mission in accordance with the Charter of the United Nations, as long as they are entitled to the protection given to civilians or civilian objects under the international law of armed conflict; (iv) Intentionally launching an attack in the knowledge that such attack will cause incidental loss of life or injury to civilians or damage to civilian objects or widespread, long-term and severe damage to the natural environment which would be clearly excessive in relation to the concrete and direct overall military advantage anticipated; (v)

Attacking or bombarding, by whatever means, towns, villages, dwellings or buildings which are undefended and which are not military objectives;

(vi) Killing or wounding a combatant who, having laid down his arms or having no longer means of defence, has surrendered at discretion; (vii) Making improper use of a flag of truce, of the flag or of the military insignia and uniform of the enemy or of the United Nations, as well as of the distinctive emblems of the Geneva Conventions, resulting in death or serious personal injury; (viii) The transfer, directly or indirectly, by the Occupying Power of parts of its own civilian population into the territory it occupies, or the deportation or transfer of all or parts of the population of the occupied territory within or outside this territory; (ix) Intentionally directing attacks against buildings dedicated to religion, education, art, science or charitable purposes, historic monuments, hospitals and places where the sick and wounded are collected, provided they are not military objectives; (x)

Subjecting persons who are in the power of an adverse party to physical mutilation or to medical or scientific experiments of any kind which are neither justified by the medical, dental or hospital treatment of the person concerned nor carried out in his or her interest, and which cause death to or seriously endanger the health of such person or persons;

(xi) Killing or wounding treacherously individuals belonging to the hostile nation or army; (xii) Declaring that no quarter will be given; (xiii) Destroying or seizing the enemy’s property unless such destruction or seizure be imperatively demanded by the necessities of war; (xiv) Declaring abolished, suspended or inadmissible in a court of law the rights and actions of the nationals of the hostile party; (xv) Compelling the nationals of the hostile party to take part in the operations of war directed against their own country, even if they were in the belligerent’s service before the commencement of the war; (xvi) Pillaging a town or place, even when taken by assault;

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(xvii) Employing poison or poisoned weapons; (xviii) Employing asphyxiating, poisonous or other gases, and all analogous liquids, materials or devices; (xix) Employing bullets which expand or flatten easily in the human body, such as bullets with a hard envelope which does not entirely cover the core or is pierced with incisions; (xx)

Employing weapons, projectiles and material and methods of warfare which are of a nature to cause superfluous injury or unnecessary suffering or which are inherently indiscriminate in violation of the international law of armed conflict, provided that such weapons, projectiles and material and methods of warfare are the subject of a comprehensive prohibition and are included in an annex to this Statute, by an amendment in accordance with the relevant provisions set forth in articles 121 and 123;

(xxi) Committing outrages upon personal dignity, in particular humiliating and degrading treatment; (xxii) Committing rape, sexual slavery, enforced prostitution, forced pregnancy, as defined in article 7, paragraph 2 (f), enforced sterilization, or any other form of sexual violence also constituting a grave breach of the Geneva Conventions; (xxiii) Utilizing the presence of a civilian or other protected person to render certain points, areas or military forces immune from military operations; (xxiv) Intentionally directing attacks against buildings, material, medical units and transport, and personnel using the distinctive emblems of the Geneva Conventions in conformity with international law; (xxv) Intentionally using starvation of civilians as a method of warfare by depriving them of objects indispensable to their survival, including wilfully impeding relief supplies as provided for under the Geneva Conventions; (xxvi) Conscripting or enlisting children under the age of fifteen years into the national armed forces or using them to participate actively in hostilities. (c) In the case of an armed conflict not of an international character, serious violations of article 3 common to the four Geneva Conventions of 12 August 1949, namely, any of the following acts committed against persons taking no active part in the hostilities, including members of armed forces who have laid down their arms and those placed hors de combat by sickness, wounds, detention or any other cause: (i)

Violence to life and person, in particular murder of all kinds, mutilation, cruel treatment and torture;

(ii)

Committing outrages upon personal dignity, in particular humiliating and degrading treatment;

(iii)

Taking of hostages;

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Anhang E (iv) The passing of sentences and the carrying out of executions without previous judgement pronounced by a regularly constituted court, affording all judicial guarantees which are generally recognized as indispensable.

(d) Paragraph 2 (c) applies to armed conflicts not of an international character and thus does not apply to situations of internal disturbances and tensions, such as riots, isolated and sporadic acts of violence or other acts of a similar nature. (e) Other serious violations of the laws and customs applicable in armed conflicts not of an international character, within the established framework of international law, namely, any of the following acts: (i)

Intentionally directing attacks against the civilian population as such or against individual civilians not taking direct part in hostilities; Rome Statute of the International Criminal Court 14;

(ii)

Intentionally directing attacks against buildings, material, medical units and transport, and personnel using the distinctive emblems of the Geneva Conventions in conformity with international law;

(iii) Intentionally directing attacks against personnel, installations, material, units or vehicles involved in a humanitarian assistance or peacekeeping mission in accordance with the Charter of the United Nations, as long as they are entitled to the protection given to civilians or civilian objects under the international law of armed conflict; (iv) Intentionally directing attacks against buildings dedicated to religion, education, art, science or charitable purposes, historic monuments, hospitals and places where the sick and wounded are collected, provided they are not military objectives; (v)

Pillaging a town or place, even when taken by assault;

(vi) Committing rape, sexual slavery, enforced prostitution, forced pregnancy, as defined in article 7, paragraph 2 (f), enforced sterilization, and any other form of sexual violence also constituting a serious violation of article 3 common to the four Geneva Conventions; (vii) Conscripting or enlisting children under the age of fifteen years into armed forces or groups or using them to participate actively in hostilities; (viii) Ordering the displacement of the civilian population for reasons related to the conflict, unless the security of the civilians involved or imperative military reasons so demand; (ix) Killing or wounding treacherously a combatant adversary; (x)

Declaring that no quarter will be given;

(xi) Subjecting persons who are in the power of another party to the conflict to physical mutilation or to medical or scientific experiments of any kind which are neither justified by the medical, dental or hospital treatment of the person concerned nor carried out in his or her interest, and which cause death to or seriously endanger the health of such person or persons;

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(xii) Destroying or seizing the property of an adversary unless such destruction or seizure be imperatively demanded by the necessities of the conflict; (f) Paragraph 2 (e) applies to armed conflicts not of an international character and thus does not apply to situations of internal disturbances and tensions, such as riots, isolated and sporadic acts of violence or other acts of a similar nature. It applies to armed conflicts that take place in the territory of a State when there is protracted armed conflict between governmental authorities and organized armed groups or between such groups. 3. Nothing in paragraph 2 (c) and (e) shall affect the responsibility of a Government to maintain or re-establish law and order in the State or to defend the unity and territorial integrity of the State, by all legitimate means. Article 9: Elements of Crimes 1. Elements of Crimes shall assist the Court in the interpretation and application of articles 6, 7 and 8. They shall be adopted by a two-thirds majority of the members of the Assembly of States Parties. 2. Amendments to the Elements of Crimes may be proposed by: (a) Any State Party; (b) The judges acting by an absolute majority; (c) The Prosecutor. Such amendments shall be adopted by a two-thirds majority of the members of the Assembly of States Parties. 3. The Elements of Crimes and amendments thereto shall be consistent with this Statute. Article 10 Nothing in this Part shall be interpreted as limiting or prejudicing in any way existing or developing rules of international law for purposes other than this Statute. Article 11: Jurisdiction ratione temporis 1. The Court has jurisdiction only with respect to crimes committed after the entry into force of this Statute. 2. If a State becomes a Party to this Statute after its entry into force, the Court may exercise its jurisdiction only with respect to crimes committed after the entry into force of this Statute for that State, unless that State has made a declaration under article 12, paragraph 3.

562

Anhang E Article 12: Preconditions to the exercise of jurisdiction

1. A State which becomes a Party to this Statute thereby accepts the jurisdiction of the Court with respect to the crimes referred to in article 5. 2. In the case of article 13, paragraph (a) or (c), the Court may exercise its jurisdiction if one or more of the following States are Parties to this Statute or have accepted the jurisdiction of the Court in accordance with paragraph 3: (a) The State on the territory of which the conduct in question occurred or, if the crime was committed on board a vessel or aircraft, the State of registration of that vessel or aircraft; (b) The State of which the person accused of the crime is a national. 3. If the acceptance of a State which is not a Party to this Statute is required under paragraph 2, that State may, by declaration lodged with the Registrar, accept the exercise of jurisdiction by the Court with respect to the crime in question. The accepting State shall cooperate with the Court without any delay or exception in accordance with Part 9. Article 13: Exercise of jurisdiction The Court may exercise its jurisdiction with respect to a crime referred to in article 5 in accordance with the provisions of this Statute if: (a) A situation in which one or more of such crimes appears to have been committed is referred to the Prosecutor by a State Party in accordance with article 14; (b) A situation in which one or more of such crimes appears to have been committed is referred to the Prosecutor by the Security Council acting under Chapter VII of the Charter of the United Nations; or (c) The Prosecutor has initiated an investigation in respect of such a crime in accordance with article 15. Article 14: Referral of a situation by a State Party 1. A State Party may refer to the Prosecutor a situation in which one or more crimes within the jurisdiction of the Court appear to have been committed requesting the Prosecutor to investigate the situation for the purpose of determining whether one or more specific persons should be charged with the commission of such crimes. 2. As far as possible, a referral shall specify the relevant circumstances and be accompanied by such supporting documentation as is available to the State referring the situation.

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Article 15: Prosecutor 1. The Prosecutor may initiate investigations proprio motu on the basis of information on crimes within the jurisdiction of the Court. 2. The Prosecutor shall analyse the seriousness of the information received. For this purpose, he or she may seek additional information from States, organs of the United Nations, intergovernmental or non-governmental organizations, or other reliable sources that he or she deems appropriate, and may receive written or oral testimony at the seat of the Court. 3. If the Prosecutor concludes that there is a reasonable basis to proceed with an investigation, he or she shall submit to the Pre-Trial Chamber a request for authorization of an investigation, together with any supporting material collected. Victims may make representations to the Pre-Trial Chamber, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. 4. If the Pre-Trial Chamber, upon examination of the request and the supporting material, considers that there is a reasonable basis to proceed with an investigation, and that the case appears to fall within the jurisdiction of the Court, it shall authorize the commencement of the Rome Statute of the International Criminal Court 17 investigation, without prejudice to subsequent determinations by the Court with regard to the jurisdiction and admissibility of a case. 5. The refusal of the Pre-Trial Chamber to authorize the investigation shall not preclude the presentation of a subsequent request by the Prosecutor based on new facts or evidence regarding the same situation. 6. If, after the preliminary examination referred to in paragraphs 1 and 2, the Prosecutor concludes that the information provided does not constitute a reasonable basis for an investigation, he or she shall inform those who provided the information. This shall not preclude the Prosecutor from considering further information submitted to him or her regarding the same situation in the light of new facts or evidence.

Article 16: Deferral of investigation or prosecution No investigation or prosecution may be commenced or proceeded with under this Statute for a period of 12 months after the Security Council, in a resolution adopted under Chapter VII of the Charter of the United Nations, has requested the Court to that effect; that request may be renewed by the Council under the same conditions.

Article 17: Issues of admissibility 1. Having regard to paragraph 10 of the Preamble and article 1, the Court shall determine that a case is inadmissible where: (a) The case is being investigated or prosecuted by a State which has jurisdiction over it, unless the State is unwilling or unable genuinely to carry out the investigation or prosecution;

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Anhang E

(b) The case has been investigated by a State which has jurisdiction over it and the State has decided not to prosecute the person concerned, unless the decision resulted from the unwillingness or inability of the State genuinely to prosecute; (c) The person concerned has already been tried for conduct which is the subject of the complaint, and a trial by the Court is not permitted under article 20, paragraph 3; (d) The case is not of sufficient gravity to justify further action by the Court. 2. In order to determine unwillingness in a particular case, the Court shall consider, having regard to the principles of due process recognized by international law, whether one or more of the following exist, as applicable: (a) The proceedings were or are being undertaken or the national decision was made for the purpose of shielding the person concerned from criminal responsibility for crimes within the jurisdiction of the Court referred to in article 5; (b) There has been an unjustified delay in the proceedings which in the circumstances is inconsistent with an intent to bring the person concerned to justice; (c) The proceedings were not or are not being conducted independently or impartially, and they were or are being conducted in a manner which, in the circumstances, is inconsistent with an intent to bring the person concerned to justice. 3. In order to determine inability in a particular case, the Court shall consider whether, due to a total or substantial collapse or unavailability of its national judicial system, the State is unable to obtain the accused or the necessary evidence and testimony or otherwise unable to carry out its proceedings.

Article 18: Preliminary rulings regarding admissibility 1. When a situation has been referred to the Court pursuant to article 13 (a) and the Prosecutor has determined that there would be a reasonable basis to commence an investigation, or the Prosecutor initiates an investigation pursuant to articles 13 (c) and 15, the Prosecutor shall notify all States Parties and those States which, taking into account the information available, would normally exercise jurisdiction over the crimes concerned. The Prosecutor may notify such States on a confidential basis and, where the Prosecutor believes it necessary to protect persons, prevent destruction of evidence or prevent the absconding of persons, may limit the scope of the information provided to States. 2. Within one month of receipt of that notification, a State may inform the Court that it is investigating or has investigated its nationals or others within its jurisdiction with respect to criminal acts which may constitute crimes referred to in article 5 and which relate to the information provided in the notification to States. At the request of that State, the Prosecutor shall defer to the State’s investigation of those persons unless the Pre-Trial Chamber, on the application of the Prosecutor, decides to authorize the investigation. 3. The Prosecutor’s deferral to a State’s investigation shall be open to review by the Prosecutor six months after the date of deferral or at any time when there has been

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a significant change of circumstances based on the State’s unwillingness or inability genuinely to carry out the investigation. 4. The State concerned or the Prosecutor may appeal to the Appeals Chamber against a ruling of the Pre-Trial Chamber, in accordance with article 82. The appeal may be heard on an expedited basis. 5. When the Prosecutor has deferred an investigation in accordance with paragraph 2, the Prosecutor may request that the State concerned periodically inform the Prosecutor of the progress of its investigations and any subsequent prosecutions. States Parties shall respond to such requests without undue delay. 6. Pending a ruling by the Pre-Trial Chamber, or at any time when the Prosecutor has deferred an investigation under this article, the Prosecutor may, on an exceptional basis, seek authority from the Pre-Trial Chamber to pursue necessary investigative steps for the purpose of preserving evidence where there is a unique opportunity to obtain important evidence or there is a significant risk that such evidence may not be subsequently available. 7. A State which has challenged a ruling of the Pre-Trial Chamber under this article may challenge the admissibility of a case under article 19 on the grounds of additional significant facts or significant change of circumstances.

Article 19: Challenges to the jurisdiction of the Court or the admissibility of a case 1. The Court shall satisfy itself that it has jurisdiction in any case brought before it. The Court may, on its own motion, determine the admissibility of a case in accordance with article 17. 2. Challenges to the admissibility of a case on the grounds referred to in article 17 or challenges to the jurisdiction of the Court may be made by: (a) An accused or a person for whom a warrant of arrest or a summons to appear has been issued under article 58; (b) A State which has jurisdiction over a case, on the ground that it is investigating or prosecuting the case or has investigated or prosecuted; or (c) A State from which acceptance of jurisdiction is required under article 12. 3. The Prosecutor may seek a ruling from the Court regarding a question of jurisdiction or admissibility. In proceedings with respect to jurisdiction or admissibility, those who have referred the situation under article 13, as well as victims, may also submit observations to the Court. 4. The admissibility of a case or the jurisdiction of the Court may be challenged only once by any person or State referred to in paragraph 2. The challenge shall take place prior to or at the commencement of the trial. In exceptional circumstances, the Court may grant leave for a challenge to be brought more than once or at a time later than the commencement of the trial. Challenges to the admissibility of a case, at the commencement of a trial, or subsequently with the leave of the Court, may be based only on article 17, paragraph 1 (c).

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5. A State referred to in paragraph 2 (b) and (c) shall make a challenge at the earliest opportunity. 6. Prior to the confirmation of the charges, challenges to the admissibility of a case or challenges to the jurisdiction of the Court shall be referred to the Pre-Trial Chamber. After confirmation of the charges, they shall be referred to the Trial Chamber. Decisions with respect to jurisdiction or admissibility may be appealed to the Appeals Chamber in accordance with article 82. 7. If a challenge is made by a State referred to in paragraph 2 (b) or (c), the Prosecutor shall suspend the investigation until such time as the Court makes a determination in accordance with article 17. 8. Pending a ruling by the Court, the Prosecutor may seek authority from the Court: (a) To pursue necessary investigative steps of the kind referred to in article 18, paragraph 6; (b) To take a statement or testimony from a witness or complete the collection and examination of evidence which had begun prior to the making of the challenge; and (c) In cooperation with the relevant States, to prevent the absconding of persons in respect of whom the Prosecutor has already requested a warrant of arrest under article 58. 9. The making of a challenge shall not affect the validity of any act performed by the Prosecutor or any order or warrant issued by the Court prior to the making of the challenge. 10. If the Court has decided that a case is inadmissible under article 17, the Prosecutor may submit a request for a review of the decision when he or she is fully satisfied that new facts have arisen which negate the basis on which the case had previously been found inadmissible under article 17. 11. If the Prosecutor, having regard to the matters referred to in article 17, defers an investigation, the Prosecutor may request that the relevant State make available to the Prosecutor information on the proceedings. That information shall, at the request of the State concerned, be confidential. If the Prosecutor thereafter decides to proceed with an investigation, he or she shall notify the State to which deferral of the proceedings has taken place.

Article 20: Ne bis in idem 1. Except as provided in this Statute, no person shall be tried before the Court with respect to conduct which formed the basis of crimes for which the person has been convicted or acquitted by the Court. 2. No person shall be tried by another court for a crime referred to in article 5 for which that person has already been convicted or acquitted by the Court. 3. No person who has been tried by another court for conduct also proscribed under article 6, 7 or 8 shall be tried by the Court with respect to the same conduct unless the proceedings in the other court:

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(a) Were for the purpose of shielding the person concerned from criminal responsibility for crimes within the jurisdiction of the Court; or (b) Otherwise were not conducted independently or impartially in accordance with the norms of due process recognized by international law and were conducted in a manner which, in the circumstances, was inconsistent with an intent to bring the person concerned to justice.

Article 21: Applicable law 1. The Court shall apply: (a) In the first place, this Statute, Elements of Crimes and its Rules of Procedure and Evidence; (b) In the second place, where appropriate, applicable treaties and the principles and rules of international law, including the established principles of the international law of armed conflict; (c) Failing that, general principles of law derived by the Court from national laws of legal systems of the world including, as appropriate, the national laws of States that would normally exercise jurisdiction over the crime, provided that those principles are not inconsistent with this Statute and with international law and internationally recognized norms and standards. 2. The Court may apply principles and rules of law as interpreted in its previous decisions. 3. The application and interpretation of law pursuant to this article must be consistent with internationally recognized human rights, and be without any adverse distinction founded on grounds such as gender as defined in article 7, paragraph 3, age, race, colour, language, religion or belief, political or other opinion, national, ethnic or social origin, wealth, birth or other status.

PART 3: GENERAL PRINCIPLES OF CRIMINAL LAW Article 22: Nullum crimen sine lege 1. A person shall not be criminally responsible under this Statute unless the conduct in question constitutes, at the time it takes place, a crime within the jurisdiction of the Court. 2. The definition of a crime shall be strictly construed and shall not be extended by analogy. In case of ambiguity, the definition shall be interpreted in favour of the person being investigated, prosecuted or convicted. 3. This article shall not affect the characterization of any conduct as criminal under international law independently of this Statute.

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Anhang E Article 23: Nulla poena sine lege

A person convicted by the Court may be punished only in accordance with this Statute.

Article 24: Non-retroactivity ratione personae 1. No person shall be criminally responsible under this Statute for conduct prior to the entry into force of the Statute. 2. In the event of a change in the law applicable to a given case prior to a final judgement, the law more favourable to the person being investigated, prosecuted or convicted shall apply.

Article 25: Individual criminal responsibility 1. The Court shall have jurisdiction over natural persons pursuant to this Statute. 2. A person who commits a crime within the jurisdiction of the Court shall be individually responsible and liable for punishment in accordance with this Statute. 3. In accordance with this Statute, a person shall be criminally responsible and liable for punishment for a crime within the jurisdiction of the Court if that person: (a) Commits such a crime, whether as an individual, jointly with another or through another person, regardless of whether that other person is criminally responsible; (b) Orders, solicits or induces the commission of such a crime which in fact occurs or is attempted; (c) For the purpose of facilitating the commission of such a crime, aids, abets or otherwise assists in its commission or its attempted commission, including providing the means for its commission; (d) In any other way contributes to the commission or attempted commission of such a crime by a group of persons acting with a common purpose. Such contribution shall be intentional and shall either: (i) Be made with the aim of furthering the criminal activity or criminal purpose of the group, where such activity or purpose involves the commission of a crime within the jurisdiction of the Court; or (ii) Be made in the knowledge of the intention of the group to commit the crime; (e) In respect of the crime of genocide, directly and publicly incites others to commit genocide; (f) Attempts to commit such a crime by taking action that commences its execution by means of a substantial step, but the crime does not occur because of circumstances independent of the person’s intentions. However, a person who abandons the effort to commit the crime or otherwise prevents the completion

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of the crime shall not be liable for punishment under this Statute for the attempt to commit that crime if that person completely and voluntarily gave up the criminal purpose. 4. No provision in this Statute relating to individual criminal responsibility shall affect the responsibility of States under international law. Article 26: Exclusion of jurisdiction over persons under eighteen The Court shall have no jurisdiction over any person who was under the age of 18 at the time of the alleged commission of a crime. Article 27: Irrelevance of official capacity 1. This Statute shall apply equally to all persons without any distinction based on official capacity. In particular, official capacity as a Head of State or Government, a member of a Government or parliament, an elected representative or a government official shall in no case exempt a person from criminal responsibility under this Statute, nor shall it, in and of itself, constitute a ground for reduction of sentence. 2. Immunities or special procedural rules which may attach to the official capacity of a person, whether under national or international law, shall not bar the Court from exercising its jurisdiction over such a person. Article 28: Responsibility of commanders and other superiors In addition to other grounds of criminal responsibility under this Statute for crimes within the jurisdiction of the Court: (a) A military commander or person effectively acting as a military commander shall be criminally responsible for crimes within the jurisdiction of the Court committed by forces under his or her effective command and control, or effective authority and control as the case may be, as a result of his or her failure to exercise control properly over such forces, where: (i) That military commander or person either knew or, owing to the circumstances at the time, should have known that the forces were committing or about to commit such crimes; and (ii) That military commander or person failed to take all necessary and reasonable measures within his or her power to prevent or repress their commission or to submit the matter to the competent authorities for investigation and prosecution. (b) With respect to superior and subordinate relationships not described in paragraph (a), a superior shall be criminally responsible for crimes within the jurisdiction of the Court committed by subordinates under his or her effective authority and control, as a result of his or her failure to exercise control properly over such subordinates, where:

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Anhang E (i)

The superior either knew, or consciously disregarded information which clearly indicated, that the subordinates were committing or about to commit such crimes;

(ii) The crimes concerned activities that were within the effective responsibility and control of the superior; and (iii) The superior failed to take all necessary and reasonable measures within his or her power to prevent or repress their commission or to submit the matter to the competent authorities for investigation and prosecution. Article 29: Non-applicability of statute of limitations The crimes within the jurisdiction of the Court shall not be subject to any statute of limitations. Article 30: Mental element 1. Unless otherwise provided, a person shall be criminally responsible and liable for punishment for a crime within the jurisdiction of the Court only if the material elements are committed with intent and knowledge. 2. For the purposes of this article, a person has intent where: (a) In relation to conduct, that person means to engage in the conduct; (b) In relation to a consequence, that person means to cause that consequence or is aware that it will occur in the ordinary course of events. 3. For the purposes of this article, “knowledge\) means awareness that a circumstance exists or a consequence will occur in the ordinary course of events. “Know\) and “knowingly\) shall be construed accordingly. Article 31: Grounds for excluding criminal responsibility 1. In addition to other grounds for excluding criminal responsibility provided for in this Statute, a person shall not be criminally responsible if, at the time of that person’s conduct: (a) The person suffers from a mental disease or defect that destroys that person’s capacity to appreciate the unlawfulness or nature of his or her conduct, or capacity to control his or her conduct to conform to the requirements of law; (b) The person is in a state of intoxication that destroys that person’s capacity to appreciate the unlawfulness or nature of his or her conduct, or capacity to control his or her conduct to conform to the requirements of law, unless the person has become voluntarily intoxicated under such circumstances that the person knew, or disregarded the risk, that, as a result of the intoxication, he or she was likely to engage in conduct constituting a crime within the jurisdiction of the Court; (c) The person acts reasonably to defend himself or herself or another person or, in the case of war crimes, property which is essential for the survival of the

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person or another person or property which is essential for accomplishing a military mission, against an imminent and unlawful use of force in a manner proportionate to the degree of danger to the person or the other person or property protected. The fact that the person was involved in a defensive operation conducted by forces shall not in itself constitute a ground for excluding criminal responsibility under this subparagraph; (d) The conduct which is alleged to constitute a crime within the jurisdiction of the Court has been caused by duress resulting from a threat of imminent death or of continuing or imminent serious bodily harm against that person or another person, and the person acts necessarily and reasonably to avoid this threat, provided that the person does not intend to cause a greater harm than the one sought to be avoided. Such a threat may either be: (i) Made by other persons; or (ii) Constituted by other circumstances beyond that person’s control. 2. The Court shall determine the applicability of the grounds for excluding criminal responsibility provided for in this Statute to the case before it. 3. At trial, the Court may consider a ground for excluding criminal responsibility other than those referred to in paragraph 1 where such a ground is derived from applicable law as set forth in article 21. The procedures relating to the consideration of such a ground shall be provided for in the Rules of Procedure and Evidence. Article 32: Mistake of fact or mistake of law 1. A mistake of fact shall be a ground for excluding criminal responsibility only if it negates the mental element required by the crime. 2. A mistake of law as to whether a particular type of conduct is a crime within the jurisdiction of the Court shall not be a ground for excluding criminal responsibility. A mistake of law may, however, be a ground for excluding criminal responsibility if it negates the mental element required by such a crime, or as provided for in article 33. Article 33: Superior orders and prescription of law 1. The fact that a crime within the jurisdiction of the Court has been committed by a person pursuant to an order of a Government or of a superior, whether military or civilian, shall not relieve that person of criminal responsibility unless: (a) The person was under a legal obligation to obey orders of the Government or the superior in question; (b) The person did not know that the order was unlawful; and (c) The order was not manifestly unlawful. 2. For the purposes of this article, orders to commit genocide or crimes against humanity are manifestly unlawful.

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Anhang E PART 4: COMPOSITION AND ADMINISTRATION OF THE COURT Article 34: Organs of the Court

The Court shall be composed of the following organs: (a) The Presidency; (b) An Appeals Division, a Trial Division and a Pre-Trial Division; (c) The Office of the Prosecutor; (d) The Registry.

Article 35: Service of judges 1. All judges shall be elected as full-time members of the Court and shall be available to serve on that basis from the commencement of their terms of office. 2. The judges composing the Presidency shall serve on a full-time basis as soon as they are elected. 3. The Presidency may, on the basis of the workload of the Court and in consultation with its members, decide from time to time to what extent the remaining judges shall be required to serve on a full-time basis. Any such arrangement shall be without prejudice to the provisions of article 40. 4. The financial arrangements for judges not required to serve on a full-time basis shall be made in accordance with article 49.

Article 36: Qualifications, nomination and election of judges 1. Subject to the provisions of paragraph 2, there shall be 18 judges of the Court. 2. (a) The Presidency, acting on behalf of the Court, may propose an increase in the number of judges specified in paragraph 1, indicating the reasons why this is considered necessary and appropriate. The Registrar shall promptly circulate any such proposal to all States Parties. (b) Any such proposal shall then be considered at a meeting of the Assembly of States Parties to be convened in accordance with article 112. The proposal shall be considered adopted if approved at the meeting by a vote of two thirds of the members of the Assembly of States Parties and shall enter into force at such time as decided by the Assembly of States Parties. (c) (i) Once a proposal for an increase in the number of judges has been adopted under subparagraph (b), the election of the additional judges shall take place at the next session of the Assembly of States Parties in accordance with paragraphs 3 to 8, and article 37, paragraph 2; (ii) Once a proposal for an increase in the number of judges has been adopted and brought into effect under subparagraphs (b) and (c) (i), it shall be open to the Presidency at any time thereafter, if the workload of the Court

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justifies it, to propose a reduction in the number of judges, provided that the number of judges shall not be reduced below that specified in paragraph 1. The proposal shall be dealt with in accordance with the procedure laid down in subparagraphs (a) and (b). In the event that the proposal is adopted, the number of judges shall be progressively decreased as the terms of office of serving judges expire, until the necessary number has been reached. 3. (a) The judges shall be chosen from among persons of high moral character, impartiality and integrity who possess the qualifications required in their respective States for appointment to the highest judicial offices. (b) Every candidate for election to the Court shall: (i) Have established competence in criminal law and procedure, and the necessary relevant experience, whether as judge, prosecutor, advocate or in other similar capacity, in criminal proceedings; or (ii) Have established competence in relevant areas of international law such as international humanitarian law and the law of human rights, and extensive experience in a professional legal capacity which is of relevance to the judicial work of the Court; (c) Every candidate for election to the Court shall have an excellent knowledge of and be fluent in at least one of the working languages of the Court. 4. (a) Nominations of candidates for election to the Court may be made by any State Party to this Statute, and shall be made either: (i) By the procedure for the nomination of candidates for appointment to the highest judicial offices in the State in question; or (ii) By the procedure provided for the nomination of candidates for the International Court of Justice in the Statute of that Court. Nominations shall be accompanied by a statement in the necessary detail specifying how the candidate fulfils the requirements of paragraph 3. (b) Each State Party may put forward one candidate for any given election who need not necessarily be a national of that State Party but shall in any case be a national of a State Party. (c) The Assembly of States Parties may decide to establish, if appropriate, an Advisory Committee on nominations. In that event, the Committee’s composition and mandate shall be established by the Assembly of States Parties. 5. For the purposes of the election, there shall be two lists of candidates: List A containing the names of candidates with the qualifications specified in paragraph 3 (b) (i); and List B containing the names of candidates with the qualifications specified in paragraph 3 (b) (ii). A candidate with sufficient qualifications for both lists may choose on which list to appear. At the first election to the Court, at least nine judges shall be elected from list A and at least five judges from list B. Subsequent elections shall be so organized as to maintain the equivalent proportion on the Court of judges qualified on the two lists.

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Anhang E

6. (a) The judges shall be elected by secret ballot at a meeting of the Assembly of States Parties convened for that purpose under article 112. Subject to paragraph 7, the persons elected to the Court shall be the 18 candidates who obtain the highest number of votes and a two-thirds majority of the States Parties present and voting. (b) In the event that a sufficient number of judges is not elected on the first ballot, successive ballots shall be held in accordance with the procedures laid down in subparagraph (a) until the remaining places have been filled. 7. No two judges may be nationals of the same State. A person who, for the purposes of membership of the Court, could be regarded as a national of more than one State shall be deemed to be a national of the State in which that person ordinarily exercises civil and political rights. 8. (a) The States Parties shall, in the selection of judges, take into account the need, within the membership of the Court, for: (i) The representation of the principal legal systems of the world; (ii) Equitable geographical representation; and (iii) A fair representation of female and male judges. (b) States Parties shall also take into account the need to include judges with legal expertise on specific issues, including, but not limited to, violence against women or children. 9. (a) Subject to subparagraph (b), judges shall hold office for a term of nine years and, subject to subparagraph (c) and to article 37, paragraph 2, shall not be eligible for re-election. (b) At the first election, one third of the judges elected shall be selected by lot to serve for a term of three years; one third of the judges elected shall be selected by lot to serve for a term of six years; and the remainder shall serve for a term of nine years. (c) A judge who is selected to serve for a term of three years under subparagraph (b) shall be eligible for re-election for a full term. 10. Notwithstanding paragraph 9, a judge assigned to a Trial or Appeals Chamber in accordance with article 39 shall continue in office to complete any trial or appeal the hearing of which has already commenced before that Chamber. Article 37: Judicial vacancies 1. In the event of a vacancy, an election shall be held in accordance with article 36 to fill the vacancy. 2. A judge elected to fill a vacancy shall serve for the remainder of the predecessor’s term and, if that period is three years or less, shall be eligible for re-election for a full term under article 36.

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Article 38: The Presidency 1. The President and the First and Second Vice-Presidents shall be elected by an absolute majority of the judges. They shall each serve for a term of three years or until the end of their respective terms of office as judges, whichever expires earlier. They shall be eligible for reelection once. 2. The First Vice-President shall act in place of the President in the event that the President is unavailable or disqualified. The Second Vice-President shall act in place of the President in the event that both the President and the First Vice-President are unavailable or disqualified. 3. The President, together with the First and Second Vice-Presidents, shall constitute the Presidency, which shall be responsible for: (a) The proper administration of the Court, with the exception of the Office of the Prosecutor; and (b) The other functions conferred upon it in accordance with this Statute. 4. In discharging its responsibility under paragraph 3 (a), the Presidency shall coordinate with and seek the concurrence of the Prosecutor on all matters of mutual concern.

Article 39: Chambers 1. As soon as possible after the election of the judges, the Court shall organize itself into the divisions specified in article 34, paragraph (b). The Appeals Division shall be composed of the President and four other judges, the Trial Division of not less than six judges and the Pre-Trial Division of not less than six judges. The assignment of judges to divisions shall be based on the nature of the functions to be performed by each division and the qualifications and experience of the judges elected to the Court, in such a way that each division shall contain an appropriate combination of expertise in criminal law and procedure and in international law. The Trial and Pre-Trial Divisions shall be composed predominantly of judges with criminal trial experience. 2. (a) The judicial functions of the Court shall be carried out in each division by Chambers. (b) (i) The Appeals Chamber shall be composed of all the judges of the Appeals Division; (ii) The functions of the Trial Chamber shall be carried out by three judges of the Trial Division; (iii) The functions of the Pre-Trial Chamber shall be carried out either by three judges of the Pre-Trial Division or by a single judge of that division in accordance with this Statute and the Rules of Procedure and Evidence; (c) Nothing in this paragraph shall preclude the simultaneous constitution of more than one Trial Chamber or Pre-Trial Chamber when the efficient management of the Court’s workload so requires.

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Anhang E

3. (a) Judges assigned to the Trial and Pre-Trial Divisions shall serve in those divisions for a period of three years, and thereafter until the completion of any case the hearing of which has already commenced in the division concerned. (b) Judges assigned to the Appeals Division shall serve in that division for their entire term of office. 4. Judges assigned to the Appeals Division shall serve only in that division. Nothing in this article shall, however, preclude the temporary attachment of judges from the Trial Division to the Pre-Trial Division or vice versa, if the Presidency considers that the efficient management of the Court’s workload so requires, provided that under no circumstances shall a judge who has participated in the pre-trial phase of a case be eligible to sit on the Trial Chamber hearing that case. Article 40: Independence of the judges 1. The judges shall be independent in the performance of their functions. 2. Judges shall not engage in any activity which is likely to interfere with their judicial functions or to affect confidence in their independence. 3. Judges required to serve on a full-time basis at the seat of the Court shall not engage in any other occupation of a professional nature. 4. Any question regarding the application of paragraphs 2 and 3 shall be decided by an absolute majority of the judges. Where any such question concerns an individual judge, that judge shall not take part in the decision. Article 41: Excusing and disqualification of judges 1. The Presidency may, at the request of a judge, excuse that judge from the exercise of a function under this Statute, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. 2. (a) A judge shall not participate in any case in which his or her impartiality might reasonably be doubted on any ground. A judge shall be disqualified from a case in accordance with this paragraph if, inter alia, that judge has previously been involved in any capacity in that case before the Court or in a related criminal case at the national level involving the person being investigated or prosecuted. A judge shall also be disqualified on such other grounds as may be provided for in the Rules of Procedure and Evidence. (b) The Prosecutor or the person being investigated or prosecuted may request the disqualification of a judge under this paragraph. (c) Any question as to the disqualification of a judge shall be decided by an absolute majority of the judges. The challenged judge shall be entitled to present his or her comments on the matter, but shall not take part in the decision.

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Article 42: The Office of the Prosecutor 1. The Office of the Prosecutor shall act independently as a separate organ of the Court. It shall be responsible for receiving referrals and any substantiated information on crimes within the jurisdiction of the Court, for examining them and for conducting investigations and prosecutions before the Court. A member of the Office shall not seek or act on instructions from any external source. 2. The Office shall be headed by the Prosecutor. The Prosecutor shall have full authority over the management and administration of the Office, including the staff, facilities and other resources thereof. The Prosecutor shall be assisted by one or more Deputy Prosecutors, who shall be entitled to carry out any of the acts required of the Prosecutor under this Statute. The Prosecutor and the Deputy Prosecutors shall be of different nationalities. They shall serve on a full-time basis. 3. The Prosecutor and the Deputy Prosecutors shall be persons of high moral character, be highly competent in and have extensive practical experience in the prosecution or trial of criminal cases. They shall have an excellent knowledge of and be fluent in at least one of the working languages of the Court. 4. The Prosecutor shall be elected by secret ballot by an absolute majority of the members of the Assembly of States Parties. The Deputy Prosecutors shall be elected in the same way from a list of candidates provided by the Prosecutor. The Prosecutor shall nominate three candidates for each position of Deputy Prosecutor to be filled. Unless a shorter term is decided upon at the time of their election, the Prosecutor and the Deputy Prosecutors shall hold office for a term of nine years and shall not be eligible for re-election. 5. Neither the Prosecutor nor a Deputy Prosecutor shall engage in any activity which is likely to interfere with his or her prosecutorial functions or to affect confidence in his or her independence. They shall not engage in any other occupation of a professional nature. 6. The Presidency may excuse the Prosecutor or a Deputy Prosecutor, at his or her request, from acting in a particular case. 7. Neither the Prosecutor nor a Deputy Prosecutor shall participate in any matter in which their impartiality might reasonably be doubted on any ground. They shall be disqualified from a case in accordance with this paragraph if, inter alia, they have previously been involved in any capacity in that case before the Court or in a related criminal case at the national level involving the person being investigated or prosecuted. 8. Any question as to the disqualification of the Prosecutor or a Deputy Prosecutor shall be decided by the Appeals Chamber. (a) The person being investigated or prosecuted may at any time request the disqualification of the Prosecutor or a Deputy Prosecutor on the grounds set out in this article; (b) The Prosecutor or the Deputy Prosecutor, as appropriate, shall be entitled to present his or her comments on the matter;

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Anhang E

9. The Prosecutor shall appoint advisers with legal expertise on specific issues, including, but not limited to, sexual and gender violence and violence against children.

Article 43: The Registry 1. The Registry shall be responsible for the non-judicial aspects of the administration and servicing of the Court, without prejudice to the functions and powers of the Prosecutor in accordance with article 42. 2. The Registry shall be headed by the Registrar, who shall be the principal administrative officer of the Court. The Registrar shall exercise his or her functions under the authority of the President of the Court. 3. The Registrar and the Deputy Registrar shall be persons of high moral character, be highly competent and have an excellent knowledge of and be fluent in at least one of the working languages of the Court. 4. The judges shall elect the Registrar by an absolute majority by secret ballot, taking into account any recommendation by the Assembly of States Parties. If the need arises and upon the recommendation of the Registrar, the judges shall elect, in the same manner, a Deputy Registrar. 5. The Registrar shall hold office for a term of five years, shall be eligible for reelection once and shall serve on a full-time basis. The Deputy Registrar shall hold office for a term of five years or such shorter term as may be decided upon by an absolute majority of the judges, and may be elected on the basis that the Deputy Registrar shall be called upon to serve as required. 6. The Registrar shall set up a Victims and Witnesses Unit within the Registry. This Unit shall provide, in consultation with the Office of the Prosecutor, protective measures and security arrangements, counselling and other appropriate assistance for witnesses, victims who appear before the Court, and others who are at risk on account of testimony given by such witnesses. The Unit shall include staff with expertise in trauma, including trauma related to crimes of sexual violence.

Article 44: Staff 1. The Prosecutor and the Registrar shall appoint such qualified staff as may be required to their respective offices. In the case of the Prosecutor, this shall include the appointment of investigators. 2. In the employment of staff, the Prosecutor and the Registrar shall ensure the highest standards of efficiency, competency and integrity, and shall have regard, mutatis mutandis, to the criteria set forth in article 36, paragraph 8. 3. The Registrar, with the agreement of the Presidency and the Prosecutor, shall propose Staff Regulations which include the terms and conditions upon which the staff of the Court shall be appointed, remunerated and dismissed. The Staff Regulations shall be approved by the Assembly of States Parties.

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4. The Court may, in exceptional circumstances, employ the expertise of gratis personnel offered by States Parties, intergovernmental organizations or non-governmental organizations to assist with the work of any of the organs of the Court. The Prosecutor may accept any such offer on behalf of the Office of the Prosecutor. Such gratis personnel shall be employed in accordance with guidelines to be established by the Assembly of States Parties. Article 45: Solemn undertaking Before taking up their respective duties under this Statute, the judges, the Prosecutor, the Deputy Prosecutors, the Registrar and the Deputy Registrar shall each make a solemn undertaking in open court to exercise his or her respective functions impartially and conscientiously. Article 46: Removal from office 1. A judge, the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar or the Deputy Registrar shall be removed from office if a decision to this effect is made in accordance with paragraph 2, in cases where that person: (a) Is found to have committed serious misconduct or a serious breach of his or her duties under this Statute, as provided for in the Rules of Procedure and Evidence; or (b) Is unable to exercise the functions required by this Statute. 2. A decision as to the removal from office of a judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor under paragraph 1 shall be made by the Assembly of States Parties, by secret ballot: (a) In the case of a judge, by a two-thirds majority of the States Parties upon a recommendation adopted by a two-thirds majority of the other judges; (b) In the case of the Prosecutor, by an absolute majority of the States Parties; (c) In the case of a Deputy Prosecutor, by an absolute majority of the States Parties upon the recommendation of the Prosecutor. 3. A decision as to the removal from office of the Registrar or Deputy Registrar shall be made by an absolute majority of the judges. 4. A judge, Prosecutor, Deputy Prosecutor, Registrar or Deputy Registrar whose conduct or ability to exercise the functions of the office as required by this Statute is challenged under this article shall have full opportunity to present and receive evidence and to make submissions in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. The person in question shall not otherwise participate in the consideration of the matter.

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Anhang E Article 47: Disciplinary measures

A judge, Prosecutor, Deputy Prosecutor, Registrar or Deputy Registrar who has committed misconduct of a less serious nature than that set out in article 46, paragraph 1, shall be subject to disciplinary measures, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. Article 48: Privileges and immunities 1. The Court shall enjoy in the territory of each State Party such privileges and immunities as are necessary for the fulfilment of its purposes. 2. The judges, the Prosecutor, the Deputy Prosecutors and the Registrar shall, when engaged on or with respect to the business of the Court, enjoy the same privileges and immunities as are accorded to heads of diplomatic missions and shall, after the expiry of their terms of office, continue to be accorded immunity from legal process of every kind in respect of words spoken or written and acts performed by them in their official capacity. 3. The Deputy Registrar, the staff of the Office of the Prosecutor and the staff of the Registry shall enjoy the privileges and immunities and facilities necessary for the performance of their functions, in accordance with the agreement on the privileges and immunities of the Court. 4. Counsel, experts, witnesses or any other person required to be present at the seat of the Court shall be accorded such treatment as is necessary for the proper functioning of the Court, in accordance with the agreement on the privileges and immunities of the Court. 5. The privileges and immunities of: (a) A judge or the Prosecutor may be waived by an absolute majority of the judges; (b) The Registrar may be waived by the Presidency; (c) The Deputy Prosecutors and staff of the Office of the Prosecutor may be waived by the Prosecutor; (d) The Deputy Registrar and staff of the Registry may be waived by the Registrar. Article 49: Salaries, allowances and expenses The judges, the Prosecutor, the Deputy Prosecutors, the Registrar and the Deputy Registrar shall receive such salaries, allowances and expenses as may be decided upon by the Assembly of States Parties. These salaries and allowances shall not be reduced during their terms of office.

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Article 50: Official and working languages 1. The official languages of the Court shall be Arabic, Chinese, English, French, Russian and Spanish. The judgements of the Court, as well as other decisions resolving fundamental issues before the Court, shall be published in the official languages. The Presidency shall, in accordance with the criteria established by the Rules of Procedure and Evidence, determine which decisions may be considered as resolving fundamental issues for the purposes of this paragraph. 2. The working languages of the Court shall be English and French. The Rules of Procedure and Evidence shall determine the cases in which other official languages may be used as working languages. 3. At the request of any party to a proceeding or a State allowed to intervene in a proceeding, the Court shall authorize a language other than English or French to be used by such a party or State, provided that the Court considers such authorization to be adequately justified. Article 51: Rules of procedure and evidence 1. The Rules of Procedure and Evidence shall enter into force upon adoption by a two-thirds majority of the members of the Assembly of States Parties. 2. Amendments to the Rules of Procedure and Evidence may be proposed by: (a) Any State Party; (b) The judges acting by an absolute majority; or (c) The Prosecutor. Such amendments shall enter into force upon adoption by a two-thirds majority of the members of the Assembly of States Parties. 3. After the adoption of the Rules of Procedure and Evidence, in urgent cases where the Rules do not provide for a specific situation before the Court, the judges may, by a two-thirds majority, draw up provisional Rules to be applied until adopted, amended or rejected at the next ordinary or special session of the Assembly of States Parties. 4. The Rules of Procedure and Evidence, amendments thereto and any provisional Rule shall be consistent with this Statute. Amendments to the Rules of Procedure and Evidence as well as provisional Rules shall not be applied retroactively to the detriment of the person who is being investigated or prosecuted or who has been convicted. 5. In the event of conflict between the Statute and the Rules of Procedure and Evidence, the Statute shall prevail.

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Anhang E Article 52: Regulations of the Court

1. The judges shall, in accordance with this Statute and the Rules of Procedure and Evidence, adopt, by an absolute majority, the Regulations of the Court necessary for its routine functioning. 2. The Prosecutor and the Registrar shall be consulted in the elaboration of the Regulations and any amendments thereto. 3. The Regulations and any amendments thereto shall take effect upon adoption unless otherwise decided by the judges. Immediately upon adoption, they shall be circulated to States Parties for comments. If within six months there are no objections from a majority of States Parties, they shall remain in force.

PART 5: INVESTIGATION AND PROSECUTION Article 53: Initiation of an investigation 1. The Prosecutor shall, having evaluated the information made available to him or her, initiate an investigation unless he or she determines that there is no reasonable basis to proceed under this Statute. In deciding whether to initiate an investigation, the Prosecutor shall consider whether: (a) The information available to the Prosecutor provides a reasonable basis to believe that a crime within the jurisdiction of the Court has been or is being committed; (b) The case is or would be admissible under article 17; and (c) Taking into account the gravity of the crime and the interests of victims, there are nonetheless substantial reasons to believe that an investigation would not serve the interests of justice. If the Prosecutor determines that there is no reasonable basis to proceed and his or her determination is based solely on subparagraph (c) above, he or she shall inform the Pre-Trial Chamber. 2. If, upon investigation, the Prosecutor concludes that there is not a sufficient basis for a prosecution because: (a) There is not a sufficient legal or factual basis to seek a warrant or summons under article 58; (b) The case is inadmissible under article 17; or (c) A prosecution is not in the interests of justice, taking into account all the circumstances, including the gravity of the crime, the interests of victims and the age or infirmity of the alleged perpetrator, and his or her role in the alleged crime; the Prosecutor shall inform the Pre-Trial Chamber and the State making a referral under article 14 or the Security Council in a case under article 13, paragraph (b), of his or her conclusion and the reasons for the conclusion.

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3. (a) At the request of the State making a referral under article 14 or the Security Council under article 13, paragraph (b), the Pre-Trial Chamber may review a decision of the Prosecutor under paragraph 1 or 2 not to proceed and may request the Prosecutor to reconsider that decision. (b) In addition, the Pre-Trial Chamber may, on its own initiative, review a decision of the Prosecutor not to proceed if it is based solely on paragraph 1 (c) or 2 (c). In such a case, the decision of the Prosecutor shall be effective only if confirmed by the Pre-Trial Chamber. 4. The Prosecutor may, at any time, reconsider a decision whether to initiate an investigation or prosecution based on new facts or information. Article 54: Duties and powers of the Prosecutor with respect to investigations 1. The Prosecutor shall: (a) In order to establish the truth, extend the investigation to cover all facts and evidence relevant to an assessment of whether there is criminal responsibility under this Statute, and, in doing so, investigate incriminating and exonerating circumstances equally; (b) Take appropriate measures to ensure the effective investigation and prosecution of crimes within the jurisdiction of the Court, and in doing so, respect the interests and personal circumstances of victims and witnesses, including age, gender as defined in article 7, paragraph 3, and health, and take into account the nature of the crime, in particular where it involves sexual violence, gender violence or violence against children; and (c) Fully respect the rights of persons arising under this Statute. 2. The Prosecutor may conduct investigations on the territory of a State: (a) In accordance with the provisions of Part 9; or (b) As authorized by the Pre-Trial Chamber under article 57, paragraph 3 (d). 3. The Prosecutor may: (a) Collect and examine evidence; (b) Request the presence of and question persons being investigated, victims and witnesses; (c) Seek the cooperation of any State or intergovernmental organization or arrangement in accordance with its respective competence and/or mandate; (d) Enter into such arrangements or agreements, not inconsistent with this Statute, as may be necessary to facilitate the cooperation of a State, intergovernmental organization or person; (e) Agree not to disclose, at any stage of the proceedings, documents or information that the Prosecutor obtains on the condition of confidentiality and solely for the purpose of generating new evidence, unless the provider of the information consents; and

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Anhang E

(f) Take necessary measures, or request that necessary measures be taken, to ensure the confidentiality of information, the protection of any person or the preservation of evidence.

Article 55: Rights of persons during an investigation 1. In respect of an investigation under this Statute, a person: (a) Shall not be compelled to incriminate himself or herself or to confess guilt; (b) Shall not be subjected to any form of coercion, duress or threat, to torture or to any other form of cruel, inhuman or degrading treatment or punishment; (c) Shall, if questioned in a language other than a language the person fully understands and speaks, have, free of any cost, the assistance of a competent interpreter and such translations as are necessary to meet the requirements of fairness; and (d) Shall not be subjected to arbitrary arrest or detention, and shall not be deprived of his or her liberty except on such grounds and in accordance with such procedures as are established in this Statute. 2. Where there are grounds to believe that a person has committed a crime within the jurisdiction of the Court and that person is about to be questioned either by the Prosecutor, or by national authorities pursuant to a request made under Part 9, that person shall also have the following rights of which he or she shall be informed prior to being questioned: (a) To be informed, prior to being questioned, that there are grounds to believe that he or she has committed a crime within the jurisdiction of the Court; (b) To remain silent, without such silence being a consideration in the determination of guilt or innocence; (c) To have legal assistance of the person’s choosing, or, if the person does not have legal assistance, to have legal assistance assigned to him or her, in any case where the interests of justice so require, and without payment by the person in any such case if the person does not have sufficient means to pay for it; and (d) To be questioned in the presence of counsel unless the person has voluntarily waived his or her right to counsel.

Article 56: Role of the Pre-Trial Chamber in relation to a unique investigative opportunity 1. (a) Where the Prosecutor considers an investigation to present a unique opportunity to take testimony or a statement from a witness or to examine, collect or test evidence, which may not be available subsequently for the purposes of a trial, the Prosecutor shall so inform the Pre- Trial Chamber.

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(b) In that case, the Pre-Trial Chamber may, upon request of the Prosecutor, take such measures as may be necessary to ensure the efficiency and integrity of the proceedings and, in particular, to protect the rights of the defence. (c) Unless the Pre-Trial Chamber orders otherwise, the Prosecutor shall provide the relevant information to the person who has been arrested or appeared in response to a summons in connection with the investigation referred to in subparagraph (a), in order that he or she may be heard on the matter. 2. The measures referred to in paragraph 1 (b) may include: (a) Making recommendations or orders regarding procedures to be followed; (b) Directing that a record be made of the proceedings; (c) Appointing an expert to assist; (d) Authorizing counsel for a person who has been arrested, or appeared before the Court in response to a summons, to participate, or where there has not yet been such an arrest or appearance or counsel has not been designated, appointing another counsel to attend and represent the interests of the defence; (e) Naming one of its members or, if necessary, another available judge of the Pre-Trial or Trial Division to observe and make recommendations or orders regarding the collection and preservation of evidence and the questioning of persons; (f) Taking such other action as may be necessary to collect or preserve evidence. 3. (a) Where the Prosecutor has not sought measures pursuant to this article but the Pre-Trial Chamber considers that such measures are required to preserve evidence that it deems would be essential for the defence at trial, it shall consult with the Prosecutor as to whether there is good reason for the Prosecutor’s failure to request the measures. If upon consultation, the Pre-Trial Chamber concludes that the Prosecutor’s failure to request such measures is unjustified, the Pre-Trial Chamber may take such measures on its own initiative. (b) A decision of the Pre-Trial Chamber to act on its own initiative under this paragraph may be appealed by the Prosecutor. The appeal shall be heard on an expedited basis. 4. The admissibility of evidence preserved or collected for trial pursuant to this article, or the record thereof, shall be governed at trial by article 69, and given such weight as determined by the Trial Chamber.

Article 57: Functions and powers of the Pre-Trial Chamber 1. Unless otherwise provided in this Statute, the Pre-Trial Chamber shall exercise its functions in accordance with the provisions of this article. 2. (a) Orders or rulings of the Pre-Trial Chamber issued under articles 15, 18, 19, 54, paragraph 2, 61, paragraph 7, and 72 must be concurred in by a majority of its judges.

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(b) In all other cases, a single judge of the Pre-Trial Chamber may exercise the functions provided for in this Statute, unless otherwise provided for in the Rules of Procedure and Evidence or by a majority of the Pre-Trial Chamber. 3. In addition to its other functions under this Statute, the Pre-Trial Chamber may: (a) At the request of the Prosecutor, issue such orders and warrants as may be required for the purposes of an investigation; (b) Upon the request of a person who has been arrested or has appeared pursuant to a summons under article 58, issue such orders, including measures such as those described in article 56, or seek such cooperation pursuant to Part 9 as may be necessary to assist the person in the preparation of his or her defence; (c) Where necessary, provide for the protection and privacy of victims and witnesses, the preservation of evidence, the protection of persons who have been arrested or appeared in response to a summons, and the protection of national security information; (d) Authorize the Prosecutor to take specific investigative steps within the territory of a State Party without having secured the cooperation of that State under Part 9 if, whenever possible having regard to the views of the State concerned, the Pre-Trial Chamber has determined in that case that the State is clearly unable to execute a request for cooperation due to the unavailability of any authority or any component of its judicial system competent to execute the request for cooperation under Part 9; (e) Where a warrant of arrest or a summons has been issued under article 58, and having due regard to the strength of the evidence and the rights of the parties concerned, as provided for in this Statute and the Rules of Procedure and Evidence, seek the cooperation of States pursuant to article 93, paragraph 1 (k), to take protective measures for the purpose of forfeiture, in particular for the ultimate benefit of victims.

Article 58: Issuance by the Pre-Trial Chamber of a warrant of arrest or a summons to appear 1. At any time after the initiation of an investigation, the Pre-Trial Chamber shall, on the application of the Prosecutor, issue a warrant of arrest of a person if, having examined the application and the evidence or other information submitted by the Prosecutor, it is satisfied that: (a) There are reasonable grounds to believe that the person has committed a crime within the jurisdiction of the Court; and (b) The arrest of the person appears necessary: (i) To ensure the person’s appearance at trial; (ii) To ensure that the person does not obstruct or endanger the investigation or the court proceedings; or

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(iii) Where applicable, to prevent the person from continuing with the commission of that crime or a related crime which is within the jurisdiction of the Court and which arises out of the same circumstances. 2. The application of the Prosecutor shall contain: (a) The name of the person and any other relevant identifying information; (b) A specific reference to the crimes within the jurisdiction of the Court which the person is alleged to have committed; (c) A concise statement of the facts which are alleged to constitute those crimes; (d) A summary of the evidence and any other information which establish reasonable grounds to believe that the person committed those crimes; and (e) The reason why the Prosecutor believes that the arrest of the person is necessary. 3. The warrant of arrest shall contain: (a) The name of the person and any other relevant identifying information; (b) A specific reference to the crimes within the jurisdiction of the Court for which the person’s arrest is sought; and (c) A concise statement of the facts which are alleged to constitute those crimes. 4. The warrant of arrest shall remain in effect until otherwise ordered by the Court. 5. On the basis of the warrant of arrest, the Court may request the provisional arrest or the arrest and surrender of the person under Part 9. 6. The Prosecutor may request the Pre-Trial Chamber to amend the warrant of arrest by modifying or adding to the crimes specified therein. The Pre-Trial Chamber shall so amend the warrant if it is satisfied that there are reasonable grounds to believe that the person committed the modified or additional crimes. 7. As an alternative to seeking a warrant of arrest, the Prosecutor may submit an application requesting that the Pre-Trial Chamber issue a summons for the person to appear. If the Pre-Trial Chamber is satisfied that there are reasonable grounds to believe that the person committed the crime alleged and that a summons is sufficient to ensure the person’s appearance, it shall issue the summons, with or without conditions restricting liberty (other than detention) if provided for by national law, for the person to appear. The summons shall contain: (a) The name of the person and any other relevant identifying information; (b) The specified date on which the person is to appear; (c) A specific reference to the crimes within the jurisdiction of the Court which the person is alleged to have committed; and (d) A concise statement of the facts which are alleged to constitute the crime. The summons shall be served on the person.

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Anhang E Article 59: Arrest proceedings in the custodial State

1. A State Party which has received a request for provisional arrest or for arrest and surrender shall immediately take steps to arrest the person in question in accordance with its laws and the provisions of Part 9. 2. A person arrested shall be brought promptly before the competent judicial authority in the custodial State which shall determine, in accordance with the law of that State, that: (a) The warrant applies to that person; (b) The person has been arrested in accordance with the proper process; and (c) The person’s rights have been respected. 3. The person arrested shall have the right to apply to the competent authority in the custodial State for interim release pending surrender. 4. In reaching a decision on any such application, the competent authority in the custodial State shall consider whether, given the gravity of the alleged crimes, there are urgent and exceptional circumstances to justify interim release and whether necessary safeguards exist to ensure that the custodial State can fulfil its duty to surrender the person to the Court. It shall not be open to the competent authority of the custodial State to consider whether the warrant of arrest was properly issued in accordance with article 58, paragraph 1 (a) and (b). 5. The Pre-Trial Chamber shall be notified of any request for interim release and shall make recommendations to the competent authority in the custodial State. The competent authority in the custodial State shall give full consideration to such recommendations, including any recommendations on measures to prevent the escape of the person, before rendering its decision. 6. If the person is granted interim release, the Pre-Trial Chamber may request periodic reports on the status of the interim release. 7. Once ordered to be surrendered by the custodial State, the person shall be delivered to the Court as soon as possible.

Article 60: Initial proceedings before the Court 1. Upon the surrender of the person to the Court, or the person’s appearance before the Court voluntarily or pursuant to a summons, the Pre-Trial Chamber shall satisfy itself that the person has been informed of the crimes which he or she is alleged to have committed, and of his or her rights under this Statute, including the right to apply for interim release pending trial. 2. A person subject to a warrant of arrest may apply for interim release pending trial. If the Pre-Trial Chamber is satisfied that the conditions set forth in article 58, paragraph 1, are met, the person shall continue to be detained. If it is not so satisfied, the Pre-Trial Chamber shall release the person, with or without conditions. 3. The Pre-Trial Chamber shall periodically review its ruling on the release or detention of the person, and may do so at any time on the request of the Prosecutor or

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the person. Upon such review, it may modify its ruling as to detention, release or conditions of release, if it is satisfied that changed circumstances so require. 4. The Pre-Trial Chamber shall ensure that a person is not detained for an unreasonable period prior to trial due to inexcusable delay by the Prosecutor. If such delay occurs, the Court shall consider releasing the person, with or without conditions. 5. If necessary, the Pre-Trial Chamber may issue a warrant of arrest to secure the presence of a person who has been released. Article 61: Confirmation of the charges before trial 1. Subject to the provisions of paragraph 2, within a reasonable time after the person’s surrender or voluntary appearance before the Court, the Pre-Trial Chamber shall hold a hearing to confirm the charges on which the Prosecutor intends to seek trial. The hearing shall be held in the presence of the Prosecutor and the person charged, as well as his or her counsel. 2. The Pre-Trial Chamber may, upon request of the Prosecutor or on its own motion, hold a hearing in the absence of the person charged to confirm the charges on which the Prosecutor intends to seek trial when the person has: (a) Waived his or her right to be present; or (b) Fled or cannot be found and all reasonable steps have been taken to secure his or her appearance before the Court and to inform the person of the charges and that a hearing to confirm those charges will be held. In that case, the person shall be represented by counsel where the Pre-Trial Chamber determines that it is in the interests of justice. 3. Within a reasonable time before the hearing, the person shall: (a) Be provided with a copy of the document containing the charges on which the Prosecutor intends to bring the person to trial; and (b) Be informed of the evidence on which the Prosecutor intends to rely at the hearing. The Pre-Trial Chamber may issue orders regarding the disclosure of information for the purposes of the hearing. 4. Before the hearing, the Prosecutor may continue the investigation and may amend or withdraw any charges. The person shall be given reasonable notice before the hearing of any amendment to or withdrawal of charges. In case of a withdrawal of charges, the Prosecutor shall notify the Pre-Trial Chamber of the reasons for the withdrawal. 5. At the hearing, the Prosecutor shall support each charge with sufficient evidence to establish substantial grounds to believe that the person committed the crime charged. The Prosecutor may rely on documentary or summary evidence and need not call the witnesses expected to testify at the trial. 6. At the hearing, the person may: (a) Object to the charges; (b) Challenge the evidence presented by the Prosecutor; and (c) Present evidence.

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7. The Pre-Trial Chamber shall, on the basis of the hearing, determine whether there is sufficient evidence to establish substantial grounds to believe that the person committed each of the crimes charged. Based on its determination, the Pre-Trial Chamber shall: (a) Confirm those charges in relation to which it has determined that there is sufficient evidence, and commit the person to a Trial Chamber for trial on the charges as confirmed; (b) Decline to confirm those charges in relation to which it has determined that there is insufficient evidence; (c) Adjourn the hearing and request the Prosecutor to consider: (i) Providing further evidence or conducting further investigation with respect to a particular charge; or (ii) Amending a charge because the evidence submitted appears to establish a different crime within the jurisdiction of the Court. 8. Where the Pre-Trial Chamber declines to confirm a charge, the Prosecutor shall not be precluded from subsequently requesting its confirmation if the request is supported by additional evidence. 9. After the charges are confirmed and before the trial has begun, the Prosecutor may, with the permission of the Pre-Trial Chamber and after notice to the accused, amend the charges. If the Prosecutor seeks to add additional charges or to substitute more serious charges, a hearing under this article to confirm those charges must be held. After commencement of the trial, the Prosecutor may, with the permission of the Trial Chamber, withdraw the charges. 10. Any warrant previously issued shall cease to have effect with respect to any charges which have not been confirmed by the Pre-Trial Chamber or which have been withdrawn by the Prosecutor. 11. Once the charges have been confirmed in accordance with this article, the Presidency shall constitute a Trial Chamber which, subject to paragraph 9 and to article 64, paragraph 4, shall be responsible for the conduct of subsequent proceedings and may exercise any function of the Pre-Trial Chamber that is relevant and capable of application in those proceedings.

PART 6: THE TRIAL Article 62: Place of trial Unless otherwise decided, the place of the trial shall be the seat of the Court.

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Article 63: Trial in the presence of the accused 1. The accused shall be present during the trial. 2. If the accused, being present before the Court, continues to disrupt the trial, the Trial Chamber may remove the accused and shall make provision for him or her to observe the trial and instruct counsel from outside the courtroom, through the use of communications technology, if required. Such measures shall be taken only in exceptional circumstances after other reasonable alternatives have proved inadequate, and only for such duration as is strictly required. Article 64: Functions and powers of the Trial Chamber 1. The functions and powers of the Trial Chamber set out in this article shall be exercised in accordance with this Statute and the Rules of Procedure and Evidence. 2. The Trial Chamber shall ensure that a trial is fair and expeditious and is conducted with full respect for the rights of the accused and due regard for the protection of victims and witnesses. 3. Upon assignment of a case for trial in accordance with this Statute, the Trial Chamber assigned to deal with the case shall: (a) Confer with the parties and adopt such procedures as are necessary to facilitate the fair and expeditious conduct of the proceedings; (b) Determine the language or languages to be used at trial; and (c) Subject to any other relevant provisions of this Statute, provide for disclosure of documents or information not previously disclosed, sufficiently in advance of the commencement of the trial to enable adequate preparation for trial. 4. The Trial Chamber may, if necessary for its effective and fair functioning, refer preliminary issues to the Pre-Trial Chamber or, if necessary, to another available judge of the Pre-Trial Division. 5. Upon notice to the parties, the Trial Chamber may, as appropriate, direct that there be joinder or severance in respect of charges against more than one accused. 6. In performing its functions prior to trial or during the course of a trial, the Trial Chamber may, as necessary: (a) Exercise any functions of the Pre-Trial Chamber referred to in article 61, paragraph 11; (b) Require the attendance and testimony of witnesses and production of documents and other evidence by obtaining, if necessary, the assistance of States as provided in this Statute; (c) Provide for the protection of confidential information; (d) Order the production of evidence in addition to that already collected prior to the trial or presented during the trial by the parties; (e) Provide for the protection of the accused, witnesses and victims; and (f) Rule on any other relevant matters.

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7. The trial shall be held in public. The Trial Chamber may, however, determine that special circumstances require that certain proceedings be in closed session for the purposes set forth in article 68, or to protect confidential or sensitive information to be given in evidence. 8. (a) At the commencement of the trial, the Trial Chamber shall have read to the accused the charges previously confirmed by the Pre-Trial Chamber. The Trial Chamber shall satisfy itself that the accused understands the nature of the charges. It shall afford him or her the opportunity to make an admission of guilt in accordance with article 65 or to plead not guilty. (b) At the trial, the presiding judge may give directions for the conduct of proceedings, including to ensure that they are conducted in a fair and impartial manner. Subject to any directions of the presiding judge, the parties may submit evidence in accordance with the provisions of this Statute. 9. The Trial Chamber shall have, inter alia, the power on application of a party or on its own motion to: (a) Rule on the admissibility or relevance of evidence; and (b) Take all necessary steps to maintain order in the course of a hearing. 10. The Trial Chamber shall ensure that a complete record of the trial, which accurately reflects the proceedings, is made and that it is maintained and preserved by the Registrar.

Article 65: Proceedings on an admission of guilt 1. Where the accused makes an admission of guilt pursuant to article 64, paragraph 8 (a), the Trial Chamber shall determine whether: (a) The accused understands the nature and consequences of the admission of guilt; (b) The admission is voluntarily made by the accused after sufficient consultation with defence counsel; and (c) The admission of guilt is supported by the facts of the case that are contained in: (i) The charges brought by the Prosecutor and admitted by the accused; (ii) Any materials presented by the Prosecutor which supplement the charges and which the accused accepts; and (iii) Any other evidence, such as the testimony of witnesses, presented by the Prosecutor or the accused. 2. Where the Trial Chamber is satisfied that the matters referred to in paragraph 1 are established, it shall consider the admission of guilt, together with any additional evidence presented, as establishing all the essential facts that are required to prove the crime to which the admission of guilt relates, and may convict the accused of that crime.

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3. Where the Trial Chamber is not satisfied that the matters referred to in paragraph 1 are established, it shall consider the admission of guilt as not having been made, in which case it shall order that the trial be continued under the ordinary trial procedures provided by this Statute and may remit the case to another Trial Chamber. 4. Where the Trial Chamber is of the opinion that a more complete presentation of the facts of the case is required in the interests of justice, in particular the interests of the victims, the Trial Chamber may: (a) Request the Prosecutor to present additional evidence, including the testimony of witnesses; or (b) Order that the trial be continued under the ordinary trial procedures provided by this Statute, in which case it shall consider the admission of guilt as not having been made and may remit the case to another Trial Chamber. 5. Any discussions between the Prosecutor and the defence regarding modification of the charges, the admission of guilt or the penalty to be imposed shall not be binding on the Court.

Article 66: Presumption of innocence 1. Everyone shall be presumed innocent until proved guilty before the Court in accordance with the applicable law. 2. The onus is on the Prosecutor to prove the guilt of the accused. 3. In order to convict the accused, the Court must be convinced of the guilt of the accused beyond reasonable doubt.

Article 67: Rights of the accused 1. In the determination of any charge, the accused shall be entitled to a public hearing, having regard to the provisions of this Statute, to a fair hearing conducted impartially, and to the following minimum guarantees, in full equality: (a) To be informed promptly and in detail of the nature, cause and content of the charge, in a language which the accused fully understands and speaks; (b) To have adequate time and facilities for the preparation of the defence and to communicate freely with counsel of the accused’s choosing in confidence; (c) To be tried without undue delay; (d) Subject to article 63, paragraph 2, to be present at the trial, to conduct the defence in person or through legal assistance of the accused’s choosing, to be informed, if the accused does not have legal assistance, of this right and to have legal assistance assigned by the Court in any case where the interests of justice so require, and without payment if the accused lacks sufficient means to pay for it; (e) To examine, or have examined, the witnesses against him or her and to obtain the attendance and examination of witnesses on his or her behalf under the

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Anhang E same conditions as witnesses against him or her. The accused shall also be entitled to raise defences and to present other evidence admissible under this Statute;

(f) To have, free of any cost, the assistance of a competent interpreter and such translations as are necessary to meet the requirements of fairness, if any of the proceedings of or documents presented to the Court are not in a language which the accused fully understands and speaks; (g) Not to be compelled to testify or to confess guilt and to remain silent, without such silence being a consideration in the determination of guilt or innocence; (h) To make an unsworn oral or written statement in his or her defence; and (i) Not to have imposed on him or her any reversal of the burden of proof or any onus of rebuttal. 2. In addition to any other disclosure provided for in this Statute, the Prosecutor shall, as soon as practicable, disclose to the defence evidence in the Prosecutor’s possession or control which he or she believes shows or tends to show the innocence of the accused, or to mitigate the guilt of the accused, or which may affect the credibility of prosecution evidence. In case of doubt as to the application of this paragraph, the Court shall decide.

Article 68: Protection of the victims and witnesses and their participation in the proceedings 1. The Court shall take appropriate measures to protect the safety, physical and psychological well-being, dignity and privacy of victims and witnesses. In so doing, the Court shall have regard to all relevant factors, including age, gender as defined in article 7, paragraph 3, and health, and the nature of the crime, in particular, but not limited to, where the crime involves sexual or gender violence or violence against children. The Prosecutor shall take such measures particularly during the investigation and prosecution of such crimes. These measures shall not be prejudicial to or inconsistent with the rights of the accused and a fair and impartial trial. 2. As an exception to the principle of public hearings provided for in article 67, the Chambers of the Court may, to protect victims and witnesses or an accused, conduct any part of the proceedings in camera or allow the presentation of evidence by electronic or other special means. In particular, such measures shall be implemented in the case of a victim of sexual violence or a child who is a victim or a witness, unless otherwise ordered by the Court, having regard to all the circumstances, particularly the views of the victim or witness. 3. Where the personal interests of the victims are affected, the Court shall permit their views and concerns to be presented and considered at stages of the proceedings determined to be appropriate by the Court and in a manner which is not prejudicial to or inconsistent with the rights of the accused and a fair and impartial trial. Such views and concerns may be presented by the legal representatives of the victims where the Court considers it appropriate, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence.

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4. The Victims and Witnesses Unit may advise the Prosecutor and the Court on appropriate protective measures, security arrangements, counselling and assistance as referred to in article 43, paragraph 6. 5. Where the disclosure of evidence or information pursuant to this Statute may lead to the grave endangerment of the security of a witness or his or her family, the Prosecutor may, for the purposes of any proceedings conducted prior to the commencement of the trial, withhold such evidence or information and instead submit a summary thereof. Such measures shall be exercised in a manner which is not prejudicial to or inconsistent with the rights of the accused and a fair and impartial trial. 6. A State may make an application for necessary measures to be taken in respect of the protection of its servants or agents and the protection of confidential or sensitive information.

Article 69: Evidence 1. Before testifying, each witness shall, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence, give an undertaking as to the truthfulness of the evidence to be given by that witness. 2. The testimony of a witness at trial shall be given in person, except to the extent provided by the measures set forth in article 68 or in the Rules of Procedure and Evidence. The Court may also permit the giving of viva voce (oral) or recorded testimony of a witness by means of video or audio technology, as well as the introduction of documents or written transcripts, subject to this Statute and in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. These measures shall not be prejudicial to or inconsistent with the rights of the accused. 3. The parties may submit evidence relevant to the case, in accordance with article 64. The Court shall have the authority to request the submission of all evidence that it considers necessary for the determination of the truth. 4. The Court may rule on the relevance or admissibility of any evidence, taking into account, inter alia, the probative value of the evidence and any prejudice that such evidence may cause to a fair trial or to a fair evaluation of the testimony of a witness, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. 5. The Court shall respect and observe privileges on confidentiality as provided for in the Rules of Procedure and Evidence. 6. The Court shall not require proof of facts of common knowledge but may take judicial notice of them. 7. Evidence obtained by means of a violation of this Statute or internationally recognized human rights shall not be admissible if: (a) The violation casts substantial doubt on the reliability of the evidence; or (b) The admission of the evidence would be antithetical to and would seriously damage the integrity of the proceedings.

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8. When deciding on the relevance or admissibility of evidence collected by a State, the Court shall not rule on the application of the State’s national law.

Article 70: Offences against the administration of justice 1. The Court shall have jurisdiction over the following offences against its administration of justice when committed intentionally: (a) Giving false testimony when under an obligation pursuant to article 69, paragraph 1, to tell the truth; (b) Presenting evidence that the party knows is false or forged; (c) Corruptly influencing a witness, obstructing or interfering with the attendance or testimony of a witness, retaliating against a witness for giving testimony or destroying, tampering with or interfering with the collection of evidence; (d) Impeding, intimidating or corruptly influencing an official of the Court for the purpose of forcing or persuading the official not to perform, or to perform improperly, his or her duties; (e) Retaliating against an official of the Court on account of duties performed by that or another official; (f) Soliciting or accepting a bribe as an official of the Court in connection with his or her official duties. 2. The principles and procedures governing the Court’s exercise of jurisdiction over offences under this article shall be those provided for in the Rules of Procedure and Evidence. The conditions for providing international cooperation to the Court with respect to its proceedings under this article shall be governed by the domestic laws of the requested State. 3. In the event of conviction, the Court may impose a term of imprisonment not exceeding five years, or a fine in accordance with the Rules of Procedure and Evidence, or both. 4. (a) Each State Party shall extend its criminal laws penalizing offences against the integrity of its own investigative or judicial process to offences against the administration of justice referred to in this article, committed on its territory, or by one of its nationals; (b) Upon request by the Court, whenever it deems it proper, the State Party shall submit the case to its competent authorities for the purpose of prosecution. Those authorities shall treat such cases with diligence and devote sufficient resources to enable them to be conducted effectively.

Article 71: Sanctions for misconduct before the Court 1. The Court may sanction persons present before it who commit misconduct, including disruption of its proceedings or deliberate refusal to comply with its directions, by administrative measures other than imprisonment, such as temporary or perma-

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nent removal from the courtroom, a fine or other similar measures provided for in the Rules of Procedure and Evidence. 2. The procedures governing the imposition of the measures set forth in paragraph 1 shall be those provided for in the Rules of Procedure and Evidence.

Article 72: Protection of national security information 1. This article applies in any case where the disclosure of the information or documents of a State would, in the opinion of that State, prejudice its national security interests. Such cases include those falling within the scope of article 56, paragraphs 2 and 3, article 61, paragraph 3, article 64, paragraph 3, article 67, paragraph 2, article 68, paragraph 6, article 87, paragraph 6 and article 93, as well as cases arising at any other stage of the proceedings where such disclosure may be at issue. 2. This article shall also apply when a person who has been requested to give information or evidence has refused to do so or has referred the matter to the State on the ground that disclosure would prejudice the national security interests of a State and the State concerned confirms that it is of the opinion that disclosure would prejudice its national security interests. 3. Nothing in this article shall prejudice the requirements of confidentiality applicable under article 54, paragraph 3 (e) and (f), or the application of article 73. 4. If a State learns that information or documents of the State are being, or are likely to be, disclosed at any stage of the proceedings, and it is of the opinion that disclosure would prejudice its national security interests, that State shall have the right to intervene in order to obtain resolution of the issue in accordance with this article. 5. If, in the opinion of a State, disclosure of information would prejudice its national security interests, all reasonable steps will be taken by the State, acting in conjunction with the Prosecutor, the defence or the Pre-Trial Chamber or Trial Chamber, as the case may be, to seek to resolve the matter by cooperative means. Such steps may include: (a) Modification or clarification of the request; (b) A determination by the Court regarding the relevance of the information or evidence sought, or a determination as to whether the evidence, though relevant, could be or has been obtained from a source other than the requested State; (c) Obtaining the information or evidence from a different source or in a different form; or (d) Agreement on conditions under which the assistance could be provided including, among other things, providing summaries or redactions, limitations on disclosure, use of in camera or ex parte proceedings, or other protective measures permissible under the Statute and the Rules of Procedure and Evidence.

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6. Once all reasonable steps have been taken to resolve the matter through cooperative means, and if the State considers that there are no means or conditions under which the information or documents could be provided or disclosed without prejudice to its national security interests, it shall so notify the Prosecutor or the Court of the specific reasons for its decision, unless a specific description of the reasons would itself necessarily result in such prejudice to the State’s national security interests. 7. Thereafter, if the Court determines that the evidence is relevant and necessary for the establishment of the guilt or innocence of the accused, the Court may undertake the following actions: (a) Where disclosure of the information or document is sought pursuant to a request for cooperation under Part 9 or the circumstances described in paragraph 2, and the State has invoked the ground for refusal referred to in article 93, paragraph 4: (i) The Court may, before making any conclusion referred to in subparagraph 7 (a) (ii), request further consultations for the purpose of considering the State’s representations, which may include, as appropriate, hearings in camera and ex parte; (ii) If the Court concludes that, by invoking the ground for refusal under article 93, paragraph 4, in the circumstances of the case, the requested State is not acting in accordance with its obligations under this Statute, the Court may refer the matter in accordance with article 87, paragraph 7, specifying the reasons for its conclusion; and (iii) The Court may make such inference in the trial of the accused as to the existence or non-existence of a fact, as may be appropriate in the circumstances; or (b) In all other circumstances: (i) Order disclosure; or (ii) To the extent it does not order disclosure, make such inference in the trial of the accused as to the existence or non-existence of a fact, as may be appropriate in the circumstances.

Article 73: Third-party information or documents If a State Party is requested by the Court to provide a document or information in its custody, possession or control, which was disclosed to it in confidence by a State, intergovernmental organization or international organization, it shall seek the consent of the originator to disclose that document or information. If the originator is a State Party, it shall either consent to disclosure of the information or document or undertake to resolve the issue of disclosure with the Court, subject to the provisions of article 72. If the originator is not a State Party and refuses to consent to disclosure, the requested State shall inform the Court that it is unable to provide the document or information because of a pre-existing obligation of confidentiality to the originator.

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Article 74: Requirements for the decision 1. All the judges of the Trial Chamber shall be present at each stage of the trial and throughout their deliberations. The Presidency may, on a case-by-case basis, designate, as available, one or more alternate judges to be present at each stage of the trial and to replace a member of the Trial Chamber if that member is unable to continue attending. 2. The Trial Chamber’s decision shall be based on its evaluation of the evidence and the entire proceedings. The decision shall not exceed the facts and circumstances described in the charges and any amendments to the charges. The Court may base its decision only on evidence submitted and discussed before it at the trial. 3. The judges shall attempt to achieve unanimity in their decision, failing which the decision shall be taken by a majority of the judges. 4. The deliberations of the Trial Chamber shall remain secret. 5. The decision shall be in writing and shall contain a full and reasoned statement of the Trial Chamber’s findings on the evidence and conclusions. The Trial Chamber shall issue one decision. When there is no unanimity, the Trial Chamber’s decision shall contain the views of the majority and the minority. The decision or a summary thereof shall be delivered in open court.

Article 75: Reparations to victims 1. The Court shall establish principles relating to reparations to, or in respect of, victims, including restitution, compensation and rehabilitation. On this basis, in its decision the Court may, either upon request or on its own motion in exceptional circumstances, determine the scope and extent of any damage, loss and injury to, or in respect of, victims and will state the principles on which it is acting. 2. The Court may make an order directly against a convicted person specifying appropriate reparations to, or in respect of, victims, including restitution, compensation and rehabilitation. Where appropriate, the Court may order that the award for reparations be made through the Trust Fund provided for in article 79. 3. Before making an order under this article, the Court may invite and shall take account of representations from or on behalf of the convicted person, victims, other interested persons or interested States. 4. In exercising its power under this article, the Court may, after a person is convicted of a crime within the jurisdiction of the Court, determine whether, in order to give effect to an order which it may make under this article, it is necessary to seek measures under article 93, paragraph 1. 5. A State Party shall give effect to a decision under this article as if the provisions of article 109 were applicable to this article. 6. Nothing in this article shall be interpreted as prejudicing the rights of victims under national or international law.

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Anhang E Article 76: Sentencing

1. In the event of a conviction, the Trial Chamber shall consider the appropriate sentence to be imposed and shall take into account the evidence presented and submissions made during the trial that are relevant to the sentence. 2. Except where article 65 applies and before the completion of the trial, the Trial Chamber may on its own motion and shall, at the request of the Prosecutor or the accused, hold a further hearing to hear any additional evidence or submissions relevant to the sentence, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. 3. Where paragraph 2 applies, any representations under article 75 shall be heard during the further hearing referred to in paragraph 2 and, if necessary, during any additional hearing. 4. The sentence shall be pronounced in public and, wherever possible, in the presence of the accused.

PART 7: PENALTIES Article 77: Applicable penalties 1. Subject to article 110, the Court may impose one of the following penalties on a person convicted of a crime referred to in article 5 of this Statute: (a) Imprisonment for a specified number of years, which may not exceed a maximum of 30 years; or (b) A term of life imprisonment when justified by the extreme gravity of the crime and the individual circumstances of the convicted person. 2. In addition to imprisonment, the Court may order: (a) A fine under the criteria provided for in the Rules of Procedure and Evidence; (b) A forfeiture of proceeds, property and assets derived directly or indirectly from that crime, without prejudice to the rights of bona fide third parties.

Article 78: Determination of the sentence 1. In determining the sentence, the Court shall, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence, take into account such factors as the gravity of the crime and the individual circumstances of the convicted person. 2. In imposing a sentence of imprisonment, the Court shall deduct the time, if any, previously spent in detention in accordance with an order of the Court. The Court may deduct any time otherwise spent in detention in connection with conduct underlying the crime. 3. When a person has been convicted of more than one crime, the Court shall pronounce a sentence for each crime and a joint sentence specifying the total period of imprisonment. This period shall be no less than the highest individual sentence

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pronounced and shall not exceed 30 years imprisonment or a sentence of life imprisonment in conformity with article 77, paragraph 1 (b). Article 79: Trust Fund 1. A Trust Fund shall be established by decision of the Assembly of States Parties for the benefit of victims of crimes within the jurisdiction of the Court, and of the families of such victims. 2. The Court may order money and other property collected through fines or forfeiture to be transferred, by order of the Court, to the Trust Fund. 3. The Trust Fund shall be managed according to criteria to be determined by the Assembly of States Parties. Article 80: Non-prejudice to national application of penalties and national laws Nothing in this Part affects the application by States of penalties prescribed by their national law, nor the law of States which do not provide for penalties prescribed in this Part. PART 8: APPEAL AND REVISION Article 81: Appeal against decision of acquittal or conviction or against sentence 1. A decision under article 74 may be appealed in accordance with the Rules of Procedure and Evidence as follows: (a) The Prosecutor may make an appeal on any of the following grounds: (i) Procedural error, (ii) Error of fact, or (iii) Error of law; (b) The convicted person, or the Prosecutor on that person’s behalf, may make an appeal on any of the following grounds: (i) Procedural error, (ii) Error of fact, (iii) Error of law, or (iv) Any other ground that affects the fairness or reliability of the proceedings or decision. 2. (a) A sentence may be appealed, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence, by the Prosecutor or the convicted person on the ground of disproportion between the crime and the sentence;

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Anhang E

(b) If on an appeal against sentence the Court considers that there are grounds on which the conviction might be set aside, wholly or in part, it may invite the Prosecutor and the convicted person to submit grounds under article 81, paragraph 1 (a) or (b), and may render a decision on conviction in accordance with article 83; (c) The same procedure applies when the Court, on an appeal against conviction only, considers that there are grounds to reduce the sentence under paragraph 2 (a). 3. (a) Unless the Trial Chamber orders otherwise, a convicted person shall remain in custody pending an appeal; (b) When a convicted person’s time in custody exceeds the sentence of imprisonment imposed, that person shall be released, except that if the Prosecutor is also appealing, the release may be subject to the conditions under subparagraph (c) below; (c) In case of an acquittal, the accused shall be released immediately, subject to the following: (i) Under exceptional circumstances, and having regard, inter alia, to the concrete risk of flight, the seriousness of the offence charged and the probability of success on appeal, the Trial Chamber, at the request of the Prosecutor, may maintain the detention of the person pending appeal; (ii) A decision by the Trial Chamber under subparagraph (c) (i) may be appealed in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. 4. Subject to the provisions of paragraph 3 (a) and (b), execution of the decision or sentence shall be suspended during the period allowed for appeal and for the duration of the appeal proceedings.

Article 82: Appeal against other decisions 1. Either party may appeal any of the following decisions in accordance with the Rules of Procedure and Evidence: (a) A decision with respect to jurisdiction or admissibility; (b) A decision granting or denying release of the person being investigated or prosecuted; (c) A decision of the Pre-Trial Chamber to act on its own initiative under article 56, paragraph 3; (d) A decision that involves an issue that would significantly affect the fair and expeditious conduct of the proceedings or the outcome of the trial, and for which, in the opinion of the Pre-Trial or Trial Chamber, an immediate resolution by the Appeals Chamber may materially advance the proceedings. 2. A decision of the Pre-Trial Chamber under article 57, paragraph 3 (d), may be appealed against by the State concerned or by the Prosecutor, with the leave of the Pre-Trial Chamber. The appeal shall be heard on an expedited basis.

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3. An appeal shall not of itself have suspensive effect unless the Appeals Chamber so orders, upon request, in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. 4. A legal representative of the victims, the convicted person or a bona fide owner of property adversely affected by an order under article 75 may appeal against the order for reparations, as provided in the Rules of Procedure and Evidence.

Article 83: Proceedings on appeal 1. For the purposes of proceedings under article 81 and this article, the Appeals Chamber shall have all the powers of the Trial Chamber. 2. If the Appeals Chamber finds that the proceedings appealed from were unfair in a way that affected the reliability of the decision or sentence, or that the decision or sentence appealed from was materially affected by error of fact or law or procedural error, it may: (a) Reverse or amend the decision or sentence; or (b) Order a new trial before a different Trial Chamber. For these purposes, the Appeals Chamber may remand a factual issue to the original Trial Chamber for it to determine the issue and to report back accordingly, or may itself call evidence to determine the issue. When the decision or sentence has been appealed only by the person convicted, or the Prosecutor on that person’s behalf, it cannot be amended to his or her detriment. 3. If in an appeal against sentence the Appeals Chamber finds that the sentence is disproportionate to the crime, it may vary the sentence in accordance with Part 7. 4. The judgement of the Appeals Chamber shall be taken by a majority of the judges and shall be delivered in open court. The judgement shall state the reasons on which it is based. When there is no unanimity, the judgement of the Appeals Chamber shall contain the views of the majority and the minority, but a judge may deliver a separate or dissenting opinion on a question of law. 5. The Appeals Chamber may deliver its judgement in the absence of the person acquitted or convicted.

Article 84: Revision of conviction or sentence 1. The convicted person or, after death, spouses, children, parents or one person alive at the time of the accused’s death who has been given express written instructions from the accused to bring such a claim, or the Prosecutor on the person’s behalf, may apply to the Appeals Chamber to revise the final judgement of conviction or sentence on the grounds that: (a) New evidence has been discovered that: (i) Was not available at the time of trial, and such unavailability was not wholly or partially attributable to the party making application; and

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Anhang E (ii) Is sufficiently important that had it been proved at trial it would have been likely to have resulted in a different verdict;

(b) It has been newly discovered that decisive evidence, taken into account at trial and upon which the conviction depends, was false, forged or falsified; (c) One or more of the judges who participated in conviction or confirmation of the charges has committed, in that case, an act of serious misconduct or serious breach of duty of sufficient gravity to justify the removal of that judge or those judges from office under article 46. 2. The Appeals Chamber shall reject the application if it considers it to be unfounded. If it determines that the application is meritorious, it may, as appropriate: (a) Reconvene the original Trial Chamber; (b) Constitute a new Trial Chamber; or (c) Retain jurisdiction over the matter, with a view to, after hearing the parties in the manner set forth in the Rules of Procedure and Evidence, arriving at a determination on whether the judgement should be revised. Article 85: Compensation to an arrested or convicted person 1. Anyone who has been the victim of unlawful arrest or detention shall have an enforceable right to compensation. 2. When a person has by a final decision been convicted of a criminal offence, and when subsequently his or her conviction has been reversed on the ground that a new or newly discovered fact shows conclusively that there has been a miscarriage of justice, the person who has suffered punishment as a result of such conviction shall be compensated according to law, unless it is proved that the non-disclosure of the unknown fact in time is wholly or partly attributable to him or her. 3. In exceptional circumstances, where the Court finds conclusive facts showing that there has been a grave and manifest miscarriage of justice, it may in its discretion award compensation, according to the criteria provided in the Rules of Procedure and Evidence, to a person who has been released from detention following a final decision of acquittal or a termination of the proceedings for that reason.

PART 9: INTERNATIONAL COOPERATION AND JUDICIAL ASSISTANCE Article 86: General obligation to cooperate States Parties shall, in accordance with the provisions of this Statute, cooperate fully with the Court in its investigation and prosecution of crimes within the jurisdiction of the Court.

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Article 87: Requests for cooperation: general provisions 1. (a) The Court shall have the authority to make requests to States Parties for cooperation. The requests shall be transmitted through the diplomatic channel or any other appropriate channel as may be designated by each State Party upon ratification, acceptance, approval or accession. Subsequent changes to the designation shall be made by each State Party in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. (b) When appropriate, without prejudice to the provisions of subparagraph (a), requests may also be transmitted through the International Criminal Police Organization or any appropriate regional organization. 2. Requests for cooperation and any documents supporting the request shall either be in or be accompanied by a translation into an official language of the requested State or one of the working languages of the Court, in accordance with the choice made by that State upon ratification, acceptance, approval or accession. Subsequent changes to this choice shall be made in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. 3. The requested State shall keep confidential a request for cooperation and any documents supporting the request, except to the extent that the disclosure is necessary for execution of the request. 4. In relation to any request for assistance presented under this Part, the Court may take such measures, including measures related to the protection of information, as may be necessary to ensure the safety or physical or psychological well-being of any victims, potential witnesses and their families. The Court may request that any information that is made available under this Part shall be provided and handled in a manner that protects the safety and physical or psychological well-being of any victims, potential witnesses and their families. 5. (a) The Court may invite any State not party to this Statute to provide assistance under this Part on the basis of an ad hoc arrangement, an agreement with such State or any other appropriate basis. (b) Where a State not party to this Statute, which has entered into an ad hoc arrangement or an agreement with the Court, fails to cooperate with requests pursuant to any such arrangement or agreement, the Court may so inform the Assembly of States Parties or, where the Security Council referred the matter to the Court, the Security Council. 6. The Court may ask any intergovernmental organization to provide information or documents. The Court may also ask for other forms of cooperation and assistance which may be agreed upon with such an organization and which are in accordance with its competence or mandate. 7. Where a State Party fails to comply with a request to cooperate by the Court contrary to the provisions of this Statute, thereby preventing the Court from exercising its functions and powers under this Statute, the Court may make a finding to that effect and refer the matter to the Assembly of States Parties or, where the Security Council referred the matter to the Court, to the Security Council.

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Anhang E Article 88: Availability of procedures under national law

States Parties shall ensure that there are procedures available under their national law for all of the forms of cooperation which are specified under this Part. Article 89: Surrender of persons to the Court 1. The Court may transmit a request for the arrest and surrender of a person, together with the material supporting the request outlined in article 91, to any State on the territory of which that person may be found and shall request the cooperation of that State in the arrest and surrender of such a person. States Parties shall, in accordance with the provisions of this Part and the procedure under their national law, comply with requests for arrest and surrender. 2. Where the person sought for surrender brings a challenge before a national court on the basis of the principle of ne bis in idem as provided in article 20, the requested State shall immediately consult with the Court to determine if there has been a relevant ruling on admissibility. If the case is admissible, the requested State shall proceed with the execution of the request. If an admissibility ruling is pending, the requested State may postpone the execution of the request for surrender of the person until the Court makes a determination on admissibility. 3. (a) A State Party shall authorize, in accordance with its national procedural law, transportation through its territory of a person being surrendered to the Court by another State, except where transit through that State would impede or delay the surrender. (b) A request by the Court for transit shall be transmitted in accordance with article 87. The request for transit shall contain: (i) A description of the person being transported; (ii) A brief statement of the facts of the case and their legal characterization; and (iii) The warrant for arrest and surrender; (c) A person being transported shall be detained in custody during the period of transit; (d) No authorization is required if the person is transported by air and no landing is scheduled on the territory of the transit State; (e) If an unscheduled landing occurs on the territory of the transit State, that State may require a request for transit from the Court as provided for in subparagraph (b). The transit State shall detain the person being transported until the request for transit is received and the transit is effected, provided that detention for purposes of this subparagraph may not be extended beyond 96 hours from the unscheduled landing unless the request is received within that time. 4. If the person sought is being proceeded against or is serving a sentence in the requested State for a crime different from that for which surrender to the Court is sought, the requested State, after making its decision to grant the request, shall consult with the Court.

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Article 90: Competing requests 1. A State Party which receives a request from the Court for the surrender of a person under article 89 shall, if it also receives a request from any other State for the extradition of the same person for the same conduct which forms the basis of the crime for which the Court seeks the person’s surrender, notify the Court and the requesting State of that fact. 2. Where the requesting State is a State Party, the requested State shall give priority to the request from the Court if: (a) The Court has, pursuant to article 18 or 19, made a determination that the case in respect of which surrender is sought is admissible and that determination takes into account the investigation or prosecution conducted by the requesting State in respect of its request for extradition; or (b) The Court makes the determination described in subparagraph (a) pursuant to the requested State’s notification under paragraph 1. 3. Where a determination under paragraph 2 (a) has not been made, the requested State may, at its discretion, pending the determination of the Court under paragraph 2 (b), proceed to deal with the request for extradition from the requesting State but shall not extradite the person until the Court has determined that the case is inadmissible. The Court’s determination shall be made on an expedited basis. 4. If the requesting State is a State not Party to this Statute the requested State, if it is not under an international obligation to extradite the person to the requesting State, shall give priority to the request for surrender from the Court, if the Court has determined that the case is admissible. 5. Where a case under paragraph 4 has not been determined to be admissible by the Court, the requested State may, at its discretion, proceed to deal with the request for extradition from the requesting State. 6. In cases where paragraph 4 applies except that the requested State is under an existing international obligation to extradite the person to the requesting State not Party to this Statute, the requested State shall determine whether to surrender the person to the Court or extradite the person to the requesting State. In making its decision, the requested State shall consider all the relevant factors, including but not limited to: (a) The respective dates of the requests; (b) The interests of the requesting State including, where relevant, whether the crime was committed in its territory and the nationality of the victims and of the person sought; and (c) The possibility of subsequent surrender between the Court and the requesting State. 7. Where a State Party which receives a request from the Court for the surrender of a person also receives a request from any State for the extradition of the same person for conduct other than that which constitutes the crime for which the Court seeks the person’s surrender:

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Anhang E

(a) The requested State shall, if it is not under an existing international obligation to extradite the person to the requesting State, give priority to the request from the Court; (b) The requested State shall, if it is under an existing international obligation to extradite the person to the requesting State, determine whether to surrender the person to the Court or to extradite the person to the requesting State. In making its decision, the requested State shall consider all the relevant factors, including but not limited to those set out in paragraph 6, but shall give special consideration to the relative nature and gravity of the conduct in question. 8. Where pursuant to a notification under this article, the Court has determined a case to be inadmissible, and subsequently extradition to the requesting State is refused, the requested State shall notify the Court of this decision.

Article 91: Contents of request for arrest and surrender 1. A request for arrest and surrender shall be made in writing. In urgent cases, a request may be made by any medium capable of delivering a written record, provided that the request shall be confirmed through the channel provided for in article 87, paragraph 1 (a). 2. In the case of a request for the arrest and surrender of a person for whom a warrant of arrest has been issued by the Pre-Trial Chamber under article 58, the request shall contain or be supported by: (a) Information describing the person sought, sufficient to identify the person, and information as to that person’s probable location; (b) A copy of the warrant of arrest; and (c) Such documents, statements or information as may be necessary to meet the requirements for the surrender process in the requested State, except that those requirements should not be more burdensome than those applicable to requests for extradition pursuant to treaties or arrangements between the requested State and other States and should, if possible, be less burdensome, taking into account the distinct nature of the Court. 3. In the case of a request for the arrest and surrender of a person already convicted, the request shall contain or be supported by: (a) A copy of any warrant of arrest for that person; (b) A copy of the judgement of conviction; (c) Information to demonstrate that the person sought is the one referred to in the judgement of conviction; and (d) If the person sought has been sentenced, a copy of the sentence imposed and, in the case of a sentence for imprisonment, a statement of any time already served and the time remaining to be served. 4. Upon the request of the Court, a State Party shall consult with the Court, either generally or with respect to a specific matter, regarding any requirements under its

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national law that may apply under paragraph 2 (c). During the consultations, the State Party shall advise the Court of the specific requirements of its national law. Article 92: Provisional arrest 1. In urgent cases, the Court may request the provisional arrest of the person sought, pending presentation of the request for surrender and the documents supporting the request as specified in article 91. 2. The request for provisional arrest shall be made by any medium capable of delivering a written record and shall contain: (a) Information describing the person sought, sufficient to identify the person, and information as to that person’s probable location; (b) A concise statement of the crimes for which the person’s arrest is sought and of the facts which are alleged to constitute those crimes, including, where possible, the date and location of the crime; (c) A statement of the existence of a warrant of arrest or a judgement of conviction against the person sought; and (d) A statement that a request for surrender of the person sought will follow. 3. A person who is provisionally arrested may be released from custody if the requested State has not received the request for surrender and the documents supporting the request as specified in article 91 within the time limits specified in the Rules of Procedure and Evidence. However, the person may consent to surrender before the expiration of this period if permitted by the law of the requested State. In such a case, the requested State shall proceed to surrender the person to the Court as soon as possible. 4. The fact that the person sought has been released from custody pursuant to paragraph 3 shall not prejudice the subsequent arrest and surrender of that person if the request for surrender and the documents supporting the request are delivered at a later date. Article 93: Other forms of cooperation 1. States Parties shall, in accordance with the provisions of this Part and under procedures of national law, comply with requests by the Court to provide the following assistance in relation to investigations or prosecutions: (a) The identification and whereabouts of persons or the location of items; (b) The taking of evidence, including testimony under oath, and the production of evidence, including expert opinions and reports necessary to the Court; (c) The questioning of any person being investigated or prosecuted; (d) The service of documents, including judicial documents; (e) Facilitating the voluntary appearance of persons as witnesses or experts before the Court;

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(f) The temporary transfer of persons as provided in paragraph 7; (g) The examination of places or sites, including the exhumation and examination of grave sites; (h) The execution of searches and seizures; (i) The provision of records and documents, including official records and documents; (j) The protection of victims and witnesses and the preservation of evidence; (k) The identification, tracing and freezing or seizure of proceeds, property and assets and instrumentalities of crimes for the purpose of eventual forfeiture, without prejudice to the rights of bona fide third parties; and (l) Any other type of assistance which is not prohibited by the law of the requested State, with a view to facilitating the investigation and prosecution of crimes within the jurisdiction of the Court. 2. The Court shall have the authority to provide an assurance to a witness or an expert appearing before the Court that he or she will not be prosecuted, detained or subjected to any restriction of personal freedom by the Court in respect of any act or omission that preceded the departure of that person from the requested State. 3. Where execution of a particular measure of assistance detailed in a request presented under paragraph 1, is prohibited in the requested State on the basis of an existing fundamental legal principle of general application, the requested State shall promptly consult with the Court to try to resolve the matter. In the consultations, consideration should be given to whether the assistance can be rendered in another manner or subject to conditions. If after consultations the matter cannot be resolved, the Court shall modify the request as necessary. 4. In accordance with article 72, a State Party may deny a request for assistance, in whole or in part, only if the request concerns the production of any documents or disclosure of evidence which relates to its national security. 5. Before denying a request for assistance under paragraph 1 (l), the requested State shall consider whether the assistance can be provided subject to specified conditions, or whether the assistance can be provided at a later date or in an alternative manner, provided that if the Court or the Prosecutor accepts the assistance subject to conditions, the Court or the Prosecutor shall abide by them. 6. If a request for assistance is denied, the requested State Party shall promptly inform the Court or the Prosecutor of the reasons for such denial. 7. (a) The Court may request the temporary transfer of a person in custody for purposes of identification or for obtaining testimony or other assistance. The person may be transferred if the following conditions are fulfilled: (i) The person freely gives his or her informed consent to the transfer; and (ii) The requested State agrees to the transfer, subject to such conditions as that State and the Court may agree.

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(b) The person being transferred shall remain in custody. When the purposes of the transfer have been fulfilled, the Court shall return the person without delay to the requested State. 8. (a) The Court shall ensure the confidentiality of documents and information, except as required for the investigation and proceedings described in the request. (b) The requested State may, when necessary, transmit documents or information to the Prosecutor on a confidential basis. The Prosecutor may then use them solely for the purpose of generating new evidence. (c) The requested State may, on its own motion or at the request of the Prosecutor, subsequently consent to the disclosure of such documents or information. They may then be used as evidence pursuant to the provisions of Parts 5 and 6 and in accordance with the Rules of Procedure and Evidence. 9. (a) (i) In the event that a State Party receives competing requests, other than for surrender or extradition, from the Court and from another State pursuant to an international obligation, the State Party shall endeavour, in consultation with the Court and the other State, to meet both requests, if necessary by postponing or attaching conditions to one or the other request. (ii) Failing that, competing requests shall be resolved in accordance with the principles established in article 90. (b) Where, however, the request from the Court concerns information, property or persons which are subject to the control of a third State or an international organization by virtue of an international agreement, the requested States shall so inform the Court and the Court shall direct its request to the third State or international organization. 10. (a) The Court may, upon request, cooperate with and provide assistance to a State Party conducting an investigation into or trial in respect of conduct which constitutes a crime within the jurisdiction of the Court or which constitutes a serious crime under the national law of the requesting State. (b) (i) The assistance provided under subparagraph (a) shall include, inter alia: a. The transmission of statements, documents or other types of evidence obtained in the course of an investigation or a trial conducted by the Court; and b. The questioning of any person detained by order of the Court; (ii) In the case of assistance under subparagraph (b) (i) a: a. If the documents or other types of evidence have been obtained with the assistance of a State, such transmission shall require the consent of that State; b. If the statements, documents or other types of evidence have been provided by a witness or expert, such transmission shall be subject to the provisions of article 68. (c) The Court may, under the conditions set out in this paragraph, grant a request for assistance under this paragraph from a State which is not a Party to this Statute.

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Anhang E Article 94: Postponement of execution of a request in respect of ongoing investigation or prosecution

1. If the immediate execution of a request would interfere with an ongoing investigation or prosecution of a case different from that to which the request relates, the requested State may postpone the execution of the request for a period of time agreed upon with the Court. However, the postponement shall be no longer than is necessary to complete the relevant investigation or prosecution in the requested State. Before making a decision to postpone, the requested State should consider whether the assistance may be immediately provided subject to certain conditions. 2. If a decision to postpone is taken pursuant to paragraph 1, the Prosecutor may, however, seek measures to preserve evidence, pursuant to article 93, paragraph 1 (j). Article 95: Postponement of execution of a request in respect of an admissibility challenge Where there is an admissibility challenge under consideration by the Court pursuant to article 18 or 19, the requested State may postpone the execution of a request under this Part pending a determination by the Court, unless the Court has specifically ordered that the Prosecutor may pursue the collection of such evidence pursuant to article 18 or 19. Article 96: Contents of request for other forms of assistance under article 93 1. A request for other forms of assistance referred to in article 93 shall be made in writing. In urgent cases, a request may be made by any medium capable of delivering a written record, provided that the request shall be confirmed through the channel provided for in article 87, paragraph 1 (a). 2. The request shall, as applicable, contain or be supported by the following: (a) A concise statement of the purpose of the request and the assistance sought, including the legal basis and the grounds for the request; (b) As much detailed information as possible about the location or identification of any person or place that must be found or identified in order for the assistance sought to be provided; (c) A concise statement of the essential facts underlying the request; (d) The reasons for and details of any procedure or requirement to be followed; (e) Such information as may be required under the law of the requested State in order to execute the request; and (f) Any other information relevant in order for the assistance sought to be provided. 3. Upon the request of the Court, a State Party shall consult with the Court, either generally or with respect to a specific matter, regarding any requirements under its

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national law that may apply under paragraph 2 (e). During the consultations, the State Party shall advise the Court of the specific requirements of its national law. 4. The provisions of this article shall, where applicable, also apply in respect of a request for assistance made to the Court.

Article 97: Consultations Where a State Party receives a request under this Part in relation to which it identifies problems which may impede or prevent the execution of the request, that State shall consult with the Court without delay in order to resolve the matter. Such problems may include, inter alia: (a) Insufficient information to execute the request; (b) In the case of a request for surrender, the fact that despite best efforts, the person sought cannot be located or that the investigation conducted has determined that the person in the requested State is clearly not the person named in the warrant; or (c) The fact that execution of the request in its current form would require the requested State to breach a pre-existing treaty obligation undertaken with respect to another State.

Article 98: Cooperation with respect to waiver of immunity and consent to surrender 1. The Court may not proceed with a request for surrender or assistance which would require the requested State to act inconsistently with its obligations under international law with respect to the State or diplomatic immunity of a person or property of a third State, unless the Court can first obtain the cooperation of that third State for the waiver of the immunity. 2. The Court may not proceed with a request for surrender which would require the requested State to act inconsistently with its obligations under international agreements pursuant to which the consent of a sending State is required to surrender a person of that State to the Court, unless the Court can first obtain the cooperation of the sending State for the giving of consent for the surrender.

Article 99: Execution of requests under articles 93 and 96 1. Requests for assistance shall be executed in accordance with the relevant procedure under the law of the requested State and, unless prohibited by such law, in the manner specified in the request, including following any procedure outlined therein or permitting persons specified in the request to be present at and assist in the execution process. 2. In the case of an urgent request, the documents or evidence produced in response shall, at the request of the Court, be sent urgently.

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3. Replies from the requested State shall be transmitted in their original language and form. 4. Without prejudice to other articles in this Part, where it is necessary for the successful execution of a request which can be executed without any compulsory measures, including specifically the interview of or taking evidence from a person on a voluntary basis, including doing so without the presence of the authorities of the requested State Party if it is essential for the request to be executed, and the examination without modification of a public site or other public place, the Prosecutor may execute such request directly on the territory of a State as follows: (a) When the State Party requested is a State on the territory of which the crime is alleged to have been committed, and there has been a determination of admissibility pursuant to article 18 or 19, the Prosecutor may directly execute such request following all possible consultations with the requested State Party; (b) In other cases, the Prosecutor may execute such request following consultations with the requested State Party and subject to any reasonable conditions or concerns raised by that State Party. Where the requested State Party identifies problems with the execution of a request pursuant to this subparagraph it shall, without delay, consult with the Court to resolve the matter. 5. Provisions allowing a person heard or examined by the Court under article 72 to invoke restrictions designed to prevent disclosure of confidential information connected with national security shall also apply to the execution of requests for assistance under this article.

Article 100: Costs 1. The ordinary costs for execution of requests in the territory of the requested State shall be borne by that State, except for the following, which shall be borne by the Court: (a) Costs associated with the travel and security of witnesses and experts or the transfer under article 93 of persons in custody; (b) Costs of translation, interpretation and transcription; (c) Travel and subsistence costs of the judges, the Prosecutor, the Deputy Prosecutors, the Registrar, the Deputy Registrar and staff of any organ of the Court; (d) Costs of any expert opinion or report requested by the Court; (e) Costs associated with the transport of a person being surrendered to the Court by a custodial State; and (f) Following consultations, any extraordinary costs that may result from the execution of a request. 2. The provisions of paragraph 1 shall, as appropriate, apply to requests from States Parties to the Court. In that case, the Court shall bear the ordinary costs of execution.

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Article 101: Rule of speciality 1. A person surrendered to the Court under this Statute shall not be proceeded against, punished or detained for any conduct committed prior to surrender, other than the conduct or course of conduct which forms the basis of the crimes for which that person has been surrendered. 2. The Court may request a waiver of the requirements of paragraph 1 from the State which surrendered the person to the Court and, if necessary, the Court shall provide additional information in accordance with article 91. States Parties shall have the authority to provide a waiver to the Court and should endeavour to do so.

Article 102: Use of terms For the purposes of this Statute: (a) “surrender\) means the delivering up of a person by a State to the Court, pursuant to this Statute. (b) “extradition\) means the delivering up of a person by one State to another as provided by treaty, convention or national legislation.

PART 10: ENFORCEMENT Article 103: Role of States in enforcement of sentences of imprisonment 1. (a) A sentence of imprisonment shall be served in a State designated by the Court from a list of States which have indicated to the Court their willingness to accept sentenced persons. (b) At the time of declaring its willingness to accept sentenced persons, a State may attach conditions to its acceptance as agreed by the Court and in accordance with this Part. (c) A State designated in a particular case shall promptly inform the Court whether it accepts the Court’s designation. 2. (a) The State of enforcement shall notify the Court of any circumstances, including the exercise of any conditions agreed under paragraph 1, which could materially affect the terms or extent of the imprisonment. The Court shall be given at least 45 days’ notice of any such known or foreseeable circumstances. During this period, the State of enforcement shall take no action that might prejudice its obligations under article 110. (b) Where the Court cannot agree to the circumstances referred to in subparagraph (a), it shall notify the State of enforcement and proceed in accordance with article 104, paragraph 1. 3. In exercising its discretion to make a designation under paragraph 1, the Court shall take into account the following:

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(a) The principle that States Parties should share the responsibility for enforcing sentences of imprisonment, in accordance with principles of equitable distribution, as provided in the Rules of Procedure and Evidence; (b) The application of widely accepted international treaty standards governing the treatment of prisoners; (c) The views of the sentenced person; (d) The nationality of the sentenced person; (e) Such other factors regarding the circumstances of the crime or the person sentenced, or the effective enforcement of the sentence, as may be appropriate in designating the State of enforcement. 4. If no State is designated under paragraph 1, the sentence of imprisonment shall be served in a prison facility made available by the host State, in accordance with the conditions set out in the headquarters agreement referred to in article 3, paragraph 2. In such a case, the costs arising out of the enforcement of a sentence of imprisonment shall be borne by the Court. Article 104: Change in designation of State of enforcement 1. The Court may, at any time, decide to transfer a sentenced person to a prison of another State. 2. A sentenced person may, at any time, apply to the Court to be transferred from the State of enforcement. Article 105: Enforcement of the sentence 1. Subject to conditions which a State may have specified in accordance with article 103, paragraph 1 (b), the sentence of imprisonment shall be binding on the States Parties, which shall in no case modify it. 2. The Court alone shall have the right to decide any application for appeal and revision. The State of enforcement shall not impede the making of any such application by a sentenced person. Article 106: Supervision of enforcement of sentences and conditions of imprisonment 1. The enforcement of a sentence of imprisonment shall be subject to the supervision of the Court and shall be consistent with widely accepted international treaty standards governing treatment of prisoners. 2. The conditions of imprisonment shall be governed by the law of the State of enforcement and shall be consistent with widely accepted international treaty standards governing treatment of prisoners; in no case shall such conditions be more or less favourable than those available to prisoners convicted of similar offences in the State of enforcement.

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3. Communications between a sentenced person and the Court shall be unimpeded and confidential. Article 107: Transfer of the person upon completion of sentence 1. Following completion of the sentence, a person who is not a national of the State of enforcement may, in accordance with the law of the State of enforcement, be transferred to a State which is obliged to receive him or her, or to another State which agrees to receive him or her, taking into account any wishes of the person to be transferred to that State, unless the State of enforcement authorizes the person to remain in its territory. 2. If no State bears the costs arising out of transferring the person to another State pursuant to paragraph 1, such costs shall be borne by the Court. 3. Subject to the provisions of article 108, the State of enforcement may also, in accordance with its national law, extradite or otherwise surrender the person to a State which has requested the extradition or surrender of the person for purposes of trial or enforcement of a sentence. Article 108: Limitation on the prosecution or punishment of other offences 1. A sentenced person in the custody of the State of enforcement shall not be subject to prosecution or punishment or to extradition to a third State for any conduct engaged in prior to that person’s delivery to the State of enforcement, unless such prosecution, punishment or extradition has been approved by the Court at the request of the State of enforcement. 2. The Court shall decide the matter after having heard the views of the sentenced person. 3. Paragraph 1 shall cease to apply if the sentenced person remains voluntarily for more than 30 days in the territory of the State of enforcement after having served the full sentence imposed by the Court, or returns to the territory of that State after having left it. Article 109: Enforcement of fines and forfeiture measures 1. States Parties shall give effect to fines or forfeitures ordered by the Court under Part 7, without prejudice to the rights of bona fide third parties, and in accordance with the procedure of their national law. 2. If a State Party is unable to give effect to an order for forfeiture, it shall take measures to recover the value of the proceeds, property or assets ordered by the Court to be forfeited, without prejudice to the rights of bona fide third parties. 3. Property, or the proceeds of the sale of real property or, where appropriate, the sale of other property, which is obtained by a State Party as a result of its enforcement of a judgement of the Court shall be transferred to the Court.

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Anhang E Article 110: Review by the Court concerning reduction of sentence

1. The State of enforcement shall not release the person before expiry of the sentence pronounced by the Court. 2. The Court alone shall have the right to decide any reduction of sentence, and shall rule on the matter after having heard the person. 3. When the person has served two thirds of the sentence, or 25 years in the case of life imprisonment, the Court shall review the sentence to determine whether it should be reduced. Such a review shall not be conducted before that time. 4. In its review under paragraph 3, the Court may reduce the sentence if it finds that one or more of the following factors are present: (a) The early and continuing willingness of the person to cooperate with the Court in its investigations and prosecutions; (b) The voluntary assistance of the person in enabling the enforcement of the judgements and orders of the Court in other cases, and in particular providing assistance in locating assets subject to orders of fine, forfeiture or reparation which may be used for the benefit of victims; or (c) Other factors establishing a clear and significant change of circumstances sufficient to justify the reduction of sentence, as provided in the Rules of Procedure and Evidence. 5. If the Court determines in its initial review under paragraph 3 that it is not appropriate to reduce the sentence, it shall thereafter review the question of reduction of sentence at such intervals and applying such criteria as provided for in the Rules of Procedure and Evidence. Article 111: Escape If a convicted person escapes from custody and flees the State of enforcement, that State may, after consultation with the Court, request the person’s surrender from the State in which the person is located pursuant to existing bilateral or multilateral arrangements, or may request that the Court seek the person’s surrender, in accordance with Part 9. It may direct that the person be delivered to the State in which he or she was serving the sentence or to another State designated by the Court.

PART 11: ASSEMBLY OF STATES PARTIES Article 112: Assembly of States Parties 1. An Assembly of States Parties to this Statute is hereby established. Each State Party shall have one representative in the Assembly who may be accompanied by alternates and advisers. Other States which have signed this Statute or the Final Act may be observers in the Assembly.

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2. The Assembly shall: (a) Consider and adopt, as appropriate, recommendations of the Preparatory Commission; (b) Provide management oversight to the Presidency, the Prosecutor and the Registrar regarding the administration of the Court; (c) Consider the reports and activities of the Bureau established under paragraph 3 and take appropriate action in regard thereto; (d) Consider and decide the budget for the Court; (e) Decide whether to alter, in accordance with article 36, the number of judges; (f) Consider pursuant to article 87, paragraphs 5 and 7, any question relating to noncooperation; (g) Perform any other function consistent with this Statute or the Rules of Procedure and Evidence. 3. (a) The Assembly shall have a Bureau consisting of a President, two Vice-Presidents and 18 members elected by the Assembly for three-year terms. (b) The Bureau shall have a representative character, taking into account, in particular, equitable geographical distribution and the adequate representation of the principal legal systems of the world. (c) The Bureau shall meet as often as necessary, but at least once a year. It shall assist the Assembly in the discharge of its responsibilities. 4. The Assembly may establish such subsidiary bodies as may be necessary, including an independent oversight mechanism for inspection, evaluation and investigation of the Court, in order to enhance its efficiency and economy. 5. The President of the Court, the Prosecutor and the Registrar or their representatives may participate, as appropriate, in meetings of the Assembly and of the Bureau. 6. The Assembly shall meet at the seat of the Court or at the Headquarters of the United Nations once a year and, when circumstances so require, hold special sessions. Except as otherwise specified in this Statute, special sessions shall be convened by the Bureau on its own initiative or at the request of one third of the States Parties. 7. Each State Party shall have one vote. Every effort shall be made to reach decisions by consensus in the Assembly and in the Bureau. If consensus cannot be reached, except as otherwise provided in the Statute: (a) Decisions on matters of substance must be approved by a two-thirds majority of those present and voting provided that an absolute majority of States Parties constitutes the quorum for voting; (b) Decisions on matters of procedure shall be taken by a simple majority of States Parties present and voting. 8. A State Party which is in arrears in the payment of its financial contributions towards the costs of the Court shall have no vote in the Assembly and in the Bureau

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if the amount of its arrears equals or exceeds the amount of the contributions due from it for the preceding two full years. The Assembly may, nevertheless, permit such a State Party to vote in the Assembly and in the Bureau if it is satisfied that the failure to pay is due to conditions beyond the control of the State Party. 9. The Assembly shall adopt its own rules of procedure. 10. The official and working languages of the Assembly shall be those of the General Assembly of the United Nations.

PART 12: FINANCING Article 113: Financial Regulations Except as otherwise specifically provided, all financial matters related to the Court and the meetings of the Assembly of States Parties, including its Bureau and subsidiary bodies, shall be governed by this Statute and the Financial Regulations and Rules adopted by the Assembly of States Parties.

Article 114: Payment of expenses Expenses of the Court and the Assembly of States Parties, including its Bureau and subsidiary bodies, shall be paid from the funds of the Court.

Article 115: Funds of the Court and of the Assembly of States Parties The expenses of the Court and the Assembly of States Parties, including its Bureau and subsidiary bodies, as provided for in the budget decided by the Assembly of States Parties, shall be provided by the following sources: (a) Assessed contributions made by States Parties; (b) Funds provided by the United Nations, subject to the approval of the General Assembly, in particular in relation to the expenses incurred due to referrals by the Security Council.

Article 116: Voluntary contributions Without prejudice to article 115, the Court may receive and utilize, as additional funds, voluntary contributions from Governments, international organizations, individuals, corporations and other entities, in accordance with relevant criteria adopted by the Assembly of States Parties.

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Article 117: Assessment of contributions The contributions of States Parties shall be assessed in accordance with an agreed scale of assessment, based on the scale adopted by the United Nations for its regular budget and adjusted in accordance with the principles on which that scale is based. Article 118: Annual audit The records, books and accounts of the Court, including its annual financial statements, shall be audited annually by an independent auditor. PART 13: FINAL CLAUSES Article 119: Settlement of disputes 1. Any dispute concerning the judicial functions of the Court shall be settled by the decision of the Court. 2. Any other dispute between two or more States Parties relating to the interpretation or application of this Statute which is not settled through negotiations within three months of their commencement shall be referred to the Assembly of States Parties. The Assembly may itself seek to settle the dispute or may make recommendations on further means of settlement of the dispute, including referral to the International Court of Justice in conformity with the Statute of that Court. Article 120: Reservations No reservations may be made to this Statute. Article 121: Amendments 1. After the expiry of seven years from the entry into force of this Statute, any State Party may propose amendments thereto. The text of any proposed amendment shall be submitted to the Secretary-General of the United Nations, who shall promptly circulate it to all States Parties. 2. No sooner than three months from the date of notification, the Assembly of States Parties, at its next meeting, shall, by a majority of those present and voting, decide whether to take up the proposal. The Assembly may deal with the proposal directly or convene a Review Conference if the issue involved so warrants. 3. The adoption of an amendment at a meeting of the Assembly of States Parties or at a Review Conference on which consensus cannot be reached shall require a two-thirds majority of States Parties. 4. Except as provided in paragraph 5, an amendment shall enter into force for all States Parties one year after instruments of ratification or acceptance have been

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deposited with the Secretary-General of the United Nations by seven-eighths of them. 5. Any amendment to articles 5, 6, 7 and 8 of this Statute shall enter into force for those States Parties which have accepted the amendment one year after the deposit of their instruments of ratification or acceptance. In respect of a State Party which has not accepted the amendment, the Court shall not exercise its jurisdiction regarding a crime covered by the amendment when committed by that State Party’s nationals or on its territory. 6. If an amendment has been accepted by seven-eighths of States Parties in accordance with paragraph 4, any State Party which has not accepted the amendment may withdraw from this Statute with immediate effect, notwithstanding article 127, paragraph 1, but subject to article 127, paragraph 2, by giving notice no later than one year after the entry into force of such amendment. 7. The Secretary-General of the United Nations shall circulate to all States Parties any amendment adopted at a meeting of the Assembly of States Parties or at a Review Conference.

Article 122: Amendments to provisions of an institutional nature 1. Amendments to provisions of this Statute which are of an exclusively institutional nature, namely, article 35, article 36, paragraphs 8 and 9, article 37, article 38, article 39, paragraphs 1 (first two sentences), 2 and 4, article 42, paragraphs 4 to 9, article 43, paragraphs 2 and 3, and articles 44, 46, 47 and 49, may be proposed at any time, notwithstanding article 121, paragraph 1, by any State Party. The text of any proposed amendment shall be submitted to the Secretary-General of the United Nations or such other person designated by the Assembly of States Parties who shall promptly circulate it to all States Parties and to others participating in the Assembly. 2. Amendments under this article on which consensus cannot be reached shall be adopted by the Assembly of States Parties or by a Review Conference, by a twothirds majority of States Parties. Such amendments shall enter into force for all States Parties six months after their adoption by the Assembly or, as the case may be, by the Conference.

Article 123: Review of the Statute 1. Seven years after the entry into force of this Statute the Secretary-General of the United Nations shall convene a Review Conference to consider any amendments to this Statute. Such review may include, but is not limited to, the list of crimes contained in article 5. The Conference shall be open to those participating in the Assembly of States Parties and on the same conditions. 2. At any time thereafter, at the request of a State Party and for the purposes set out in paragraph 1, the Secretary-General of the United Nations shall, upon approval by a majority of States Parties, convene a Review Conference.

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3. The provisions of article 121, paragraphs 3 to 7, shall apply to the adoption and entry into force of any amendment to the Statute considered at a Review Conference. Article 124: Transitional Provision Notwithstanding article 12, paragraphs 1 and 2, a State, on becoming a party to this Statute, may declare that, for a period of seven years after the entry into force of this Statute for the State concerned, it does not accept the jurisdiction of the Court with respect to the category of crimes referred to in article 8 when a crime is alleged to have been committed by its nationals or on its territory. A declaration under this article may be withdrawn at any time. The provisions of this article shall be reviewed at the Review Conference convened in accordance with article 123, paragraph 1. Article 125: Signature, ratification, acceptance, approval or accession 1. This Statute shall be open for signature by all States in Rome, at the headquarters of the Food and Agriculture Organization of the United Nations, on 17 July 1998. Thereafter, it shall remain open for signature in Rome at the Ministry of Foreign Affairs of Italy until 17 October 1998. After that date, the Statute shall remain open for signature in New York, at United Nations Headquarters, until 31 December 2000. 2. This Statute is subject to ratification, acceptance or approval by signatory States. Instruments of ratification, acceptance or approval shall be deposited with the Secretary-General of the United Nations. 3. This Statute shall be open to accession by all States. Instruments of accession shall be deposited with the Secretary-General of the United Nations. Article 126: Entry into force 1. This Statute shall enter into force on the first day of the month after the 60th day following the date of the deposit of the 60th instrument of ratification, acceptance, approval or accession with the Secretary-General of the United Nations. 2. For each State ratifying, accepting, approving or acceding to this Statute after the deposit of the 60th instrument of ratification, acceptance, approval or accession, the Statute shall enter into force on the first day of the month after the 60th day following the deposit by such State of its instrument of ratification, acceptance, approval or accession. Article 127: Withdrawal 1. A State Party may, by written notification addressed to the Secretary-General of the United Nations, withdraw from this Statute. The withdrawal shall take effect

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one year after the date of receipt of the notification, unless the notification specifies a later date. 2. A State shall not be discharged, by reason of its withdrawal, from the obligations arising from this Statute while it was a Party to the Statute, including any financial obligations which may have accrued. Its withdrawal shall not affect any cooperation with the Court in connection with criminal investigations and proceedings in relation to which the withdrawing State had a duty to cooperate and which were commenced prior to the date on which the withdrawal became effective, nor shall it prejudice in any way the continued consideration of any matter which was already under consideration by the Court prior to the date on which the withdrawal became effective. Article 128: Authentic texts The original of this Statute, of which the Arabic, Chinese, English, French, Russian and Spanish texts are equally authentic, shall be deposited with the Secretary-General of the United Nations, who shall send certified copies thereof to all States.

Anhang F Rules of Procedure and Evidence of the International Criminal Court (Adopted 9 September 2002) Table of Contents CHAPTER 1: GENERAL PROVISIONS 1. Use of terms 2. Authentic texts 3. Amendments CHAPTER 2: COMPOSITION AND ADMINISTRATION OF THE COURT SECTION I: GENERAL PROVISIONS RELATING TO THE COMPOSITION AND ADMINISTRATION OF THE COURT 4. Plenary sessions 5. Solemn undertaking under article 45 6. Solemn undertaking by the staff of the Office of the Prosecutor, the Registry, interpreters and translators 7. Single judge under article 39, paragraph 2 (b) (iii) 8. Code of Professional Conduct SECTION II: THE OFFICE OF THE PROSECUTOR 9. Operation of the Office of the Prosecutor 10. Retention of information and evidence 11. Delegation of the Prosecutor’s functions SECTION III: THE REGISTRY Subsection 1: General provisions relating to the Registry 12. 13. 14. 15.

Qualifications and election of the Registrar and the Deputy Registrar Functions of the Registrar Operation of the Registry Records

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Anhang F Subsection 2: Victims and Witnesses Unit

16. 17. 18. 19.

Responsibilities of the Registrar relating to victims and witnesses Functions of the Unit Responsibilities of the Unit Expertise in the Unit Subsection 3: Counsel for the defence

20. Responsibilities of the Registrar relating to the rights of the defence 21. Assignment of legal assistance 22. Appointment and qualifications of Counsel for the defence SECTION IV: SITUATIONS THAT MAY AFFECT THE FUNCTIONING OF THE COURT Subsection 1: Removal from office and disciplinary measures 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32.

General principle Definition of serious misconduct and serious breach of duty Definition of misconduct of a less serious nature Receipt of complaints Common provisions on the rights of the defence Suspension from duty Procedure in the event of a request for removal from office Procedure in the event of a request for disciplinary measures Removal from office Disciplinary measures Subsection 2: Excusing, disqualification, death and resignation

33. 34. 35. 36.

Excusing of a judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor Disqualification of a judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor Duty of a judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor to request to be excused Death of a judge, the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar or a Deputy Registrar 37. Resignation of a judge, the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar or a Deputy Registrar Subsection 3: Replacements and alternate judges 38. Replacements 39. Alternate judges

ICC-Rules of Procedure and Evidence

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SECTION V: PUBLICATION, LANGUAGES AND TRANSLATION 40. 41. 42. 43.

Publication of decisions in official languages of the Court Working languages of the Court Translation and interpretation services Procedure applicable to the publication of documents of the Court CHAPTER 3: JURISDICTION AND ADMISSIBILITY SECTION I: DECLARATIONS AND REFERRALS RELATING TO ARTICLES 11, 12, 13 AND 14

44. Declaration provided for in article 12, paragraph 3 45. Referral of a situation to the Prosecutor SECTION II: INITIATION OF INVESTIGATIONS UNDER ARTICLE 15 46. Information provided to the Prosecutor under article 15, paragraphs 1 and 2 47. Testimony under article 15, paragraph 2 48. Determination of reasonable basis to proceed with an investigation under article 15, paragraph 3 49. Decision and notice under article 15, paragraph 6 50. Procedure for authorization by the Pre-Trial Chamber of the commencement of the investigation SECTION III: CHALLENGES AND PRELIMINARY RULINGS UNDER ARTICLES 17, 18 AND 19 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62.

Information provided under article 17 Notification provided for in article 18, paragraph 1 Deferral provided for in article 18, paragraph 2 Application by the Prosecutor under article 18, paragraph 2 Proceedings concerning article 18, paragraph 2 Application by the Prosecutor following review under article 18, paragraph 3 Provisional measures under article 18, paragraph 6 Proceedings under article 19 Participation in proceedings under article 19, paragraph 3 Competent organ to receive challenges Provisional measures under article 19, paragraph 8 Proceedings under article 19, paragraph 10

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Anhang F CHAPTER 4: PROVISIONS RELATING TO VARIOUS STAGES OF THE PROCEEDINGS SECTION I: EVIDENCE

63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75.

General provisions relating to evidence Procedure relating to the relevance or admissibility of evidence Compellability of witnesses Solemn undertaking Live testimony by means of audio or video-link technology Prior recorded testimony Agreements as to evidence Principles of evidence in cases of sexual violence Evidence of other sexual conduct In camera procedure to consider relevance or admissibility of evidence Privileged communications and information Self-incrimination by a witness Incrimination by family members SECTION II: DISCLOSURE

76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84.

Pre-trial disclosure relating to prosecution witnesses Inspection of material in possession or control of the Prosecutor Inspection of material in possession or control of the defence Disclosure by the defence Procedures for raising a ground for excluding criminal responsibility under article 31, paragraph 3 Restrictions on disclosure Restrictions on disclosure of material and information protected under article 54, paragraph 3 (e) Ruling on exculpatory evidence under article 67, paragraph 2 Disclosure and additional evidence for trial SECTION III: VICTIMS AND WITNESSES Subsection 1: Definition and general principle relating to victims

85. Definition of victims 86. General principle Subsection 2: Protection of victims and witnesses 87. Protective measures 88. Special measures

ICC-Rules of Procedure and Evidence

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Subsection 3: Participation of victims in the proceedings 89. 90. 91. 92. 93.

Application for participation of victims in the proceedings Legal representatives of victims Participation of legal representatives in the proceedings Notification to victims and their legal representatives Views of victims or their legal representatives Subsection 4: Reparations to victims

94. 95. 96. 97. 98. 99.

Procedure upon request Procedure on the motion of the Court Publication of reparation proceedings Assessment of reparations Trust Fund Cooperation and protective measures for the purpose of forfeiture under articles 57, paragraph 3 (e), and 75, paragraph 4 SECTION IV: MISCELLANEOUS PROVISIONS

100. 101. 102. 103.

Place of the proceedings Time limits Communications other than in writing Amicus curiae and other forms of submission CHAPTER 5: INVESTIGATION AND PROSECUTION SECTION I: DECISION OF THE PROSECUTOR REGARDING THE INITIATION OF AN INVESTIGATION UNDER ARTICLE 53, PARAGRAPHS 1 AND 2

104. Evaluation of information by the Prosecutor 105. Notification of a decision by the Prosecutor not to initiate an investigation 106. Notification of a decision by the Prosecutor not to prosecute SECTION II: PROCEDURE UNDER ARTICLE 53, PARAGRAPH 3 107. 108. 109. 110.

Request for review under article 53, paragraph 3 (a) Decision of the Pre-Trial Chamber under article 53, paragraph 3 (a) Review by the Pre-Trial Chamber under article 53, paragraph 3 (b) Decision by the Pre-Trial Chamber under article 53, paragraph 3 (b)

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Anhang F SECTION III: COLLECTION OF EVIDENCE

111. 112. 113. 114. 115.

Record of questioning in general Recording of questioning in particular cases Collection of information regarding the state of health of the person concerned Unique investigative opportunity under article 56 Collection of evidence in the territory of a State Party under article 57, paragraph 3 (d) 116. Collection of evidence at the request of the defence under article 57, paragraph 3 (b) SECTION IV: PROCEDURES IN RESPECT OF RESTRICTION AND DEPRIVATION OF LIBERTY 117. 118. 119. 120.

Detention in the custodial State Pre-trial detention at the seat of the Court Conditional release Instruments of restraint

SECTION V: PROCEEDINGS WITH REGARD TO THE CONFIRMATION OF CHARGES UNDER ARTICLE 61 121. Proceedings before the confirmation hearing 122. Proceedings at the confirmation hearing in the presence of the person charged 123. Measures to ensure the presence of the person concerned at the confirmation hearing 124. Waiver of the right to be present at the confirmation hearing 125. Decision to hold the confirmation hearing in the absence of the person concerned 126. Confirmation hearing in the absence of the person concerned SECTION VI: CLOSURE OF THE PRE-TRIAL PHASE 127. 128. 129. 130.

Procedure in the event of different decisions on multiple charges Amendment of the charges Notification of the decision on the confirmation of charges Constitution of the Trial Chamber CHAPTER 6: TRIAL PROCEDURE

131. 132. 133. 134. 135.

Record of the proceedings transmitted by the Pre-Trial Chamber Status conferences Motions challenging admissibility or jurisdiction Motions relating to the trial proceedings Medical examination of the accused

ICC-Rules of Procedure and Evidence 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144.

Joint and separate trials Record of the trial proceedings Custody of evidence Decision on admission of guilt Directions for the conduct of the proceedings and testimony Closure of evidence and closing statements Deliberations Additional hearings on matters related to sentence or reparations Delivery of the decisions of the Trial Chamber CHAPTER 7: PENALTIES

145. 146. 147. 148.

Determination of sentence Imposition of fines under article 77 Orders of forfeiture Orders to transfer fines or forfeitures to the Trust Fund CHAPTER 8: APPEAL AND REVISION SECTION I: GENERAL PROVISIONS

149. Rules governing proceedings in the Appeals Chamber SECTION II: APPEALS AGAINST CONVICTIONS, ACQUITTALS, SENTENCES AND REPARATION ORDERS 150. 151. 152. 153.

Appeal Procedure for the appeal Discontinuance of the appeal Judgement on appeals against reparation orders SECTION III: APPEALS AGAINST OTHER DECISIONS

154. 155. 156. 157. 158.

Appeals that do not require the leave of the Court Appeals that require leave of the Court Procedure for the appeal Discontinuance of the appeal Judgement on the appeal SECTION IV: REVISION OF CONVICTION OR SENTENCE

159. Application for revision 160. Transfer for the purpose of revision 161. Determination on revision

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Anhang F CHAPTER 9: OFFENCES AND MISCONDUCT AGAINST THE COURT SECTION I: OFFENCES AGAINST THE ADMINISTRATION OF JUSTICE UNDER ARTICLE 70

162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169.

Exercise of jurisdiction Application of the Statute and the Rules Periods of limitation Investigation, prosecution and trial Sanctions under article 70 International cooperation and judicial assistance Ne bis in idem Immediate arrest

SECTION II: MISCONDUCT BEFORE THE COURT UNDER ARTICLE 71 170. Disruption of proceedings 171. Refusal to comply with a direction by the Court 172. Conduct covered by both articles 70 and 71 CHAPTER 10: COMPENSATION TO AN ARRESTED OR CONVICTED PERSON 173. Request for compensation 174. Procedure for seeking compensation 175. Amount of compensation CHAPTER 11: INTERNATIONAL COOPERATION AND JUDICIAL ASSISTANCE SECTION I: REQUESTS FOR COOPERATION UNDER ARTICLE 87 176. Organs of the Court responsible for the transmission and receipt of any communications relating to international cooperation and judicial assistance 177. Channels of communication 178. Language chosen by States Parties under article 87, paragraph 2 179. Language of requests directed to States not party to the Statute 180. Changes in the channels of communication or the languages of requests for cooperation SECTION II: SURRENDER, TRANSIT AND COMPETING REQUESTS UNDER ARTICLES 89 AND 90 181. Challenge to admissibility of a case before a national court 182. Request for transit under article 89, paragraph 3 (e)

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183. Possible temporary surrender 184. Arrangements for surrender 185. Release of a person from the custody of the Court other than upon completion of sentence 186. Competing requests in the context of a challenge to the admissibility of the case SECTION III: DOCUMENTS FOR ARREST AND SURRENDER UNDER ARTICLES 91 AND 92 187. Translation of documents accompanying request for surrender 188. Time limit for submission of documents after provisional arrest 189. Transmission of documents supporting the request SECTION IV: COOPERATION UNDER ARTICLE 93 190. 191. 192. 193. 194.

Instruction on self-incrimination accompanying request for witness Assurance provided by the Court under article 93, paragraph 2 Transfer of a person in custody Temporary transfer of the person from the State of enforcement Cooperation requested from the Court SECTION V: COOPERATION UNDER ARTICLE 98

195. Provision of information SECTION VI: RULE OF SPECIALITY UNDER ARTICLE 101 196. Provision of views on article 101, paragraph 1 197. Extension of the surrender CHAPTER 12: ENFORCEMENT SECTION I: ROLE OF STATES IN ENFORCEMENT OF SENTENCES OF IMPRISONMENT AND CHANGE IN DESIGNATION OF STATE OF ENFORCEMENT UNDER ARTICLES 103 AND 104 198. 199. 200. 201. 202. 203. 204. 205.

Communications between the Court and States Organ responsible under Part 10 List of States of enforcement Principles of equitable distribution Timing of delivery of the sentenced person to the State of enforcement Views of the sentenced person Information relating to designation Rejection of designation in a particular case

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206. 207. 208. 209. 210.

Delivery of the sentenced person to the State of enforcement Transit Costs Change in designation of State of enforcement Procedure for change in the designation of a State of enforcement

SECTION II: ENFORCEMENT, SUPERVISION AND TRANSFER UNDER ARTICLES 105, 106 AND 107 211. Supervision of enforcement of sentences and conditions of imprisonment 212. Information on location of the person for enforcement of fines, forfeitures or reparation measures 213. Procedure for article 107, paragraph 3

SECTION III: LIMITATION ON THE PROSECUTION OR PUNISHMENT OF OTHER OFFENCES UNDER ARTICLE 108 214. Request to prosecute or enforce a sentence for prior conduct 215. Decision on request to prosecute or enforce a sentence 216. Information on enforcement

SECTION IV: ENFORCEMENT OF FINES, FORFEITURE MEASURES AND REPARATION ORDERS 217. 218. 219. 220. 221. 222.

Cooperation and measures for enforcement of fines, forfeiture or reparation orders Orders for forfeiture and reparations Non-modification of orders for reparation Non-modification of judgements in which fines were imposed Decision on disposition or allocation of property or assets Assistance for service or any other measure

SECTION V: REVIEW CONCERNING REDUCTION OF SENTENCE UNDER ARTICLE 110 223. Criteria for review concerning reduction of sentence 224. Procedure for review concerning reduction of sentence

SECTION VI: ESCAPE 225. Measures under article 111 in the event of escape

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CHAPTER 1 GENERAL PROVISIONS Rule 1 Use of terms In the present document: – “article\) refers to articles of the Rome Statute; – “Chamber\) refers to a Chamber of the Court; – “Part\) refers to the Parts of the Rome Statute; – “Presiding Judge\) refers to the Presiding Judge of a Chamber; – “the President\) refers to the President of the Court; – “the Regulations\) refers to the Regulations of the Court; – “the Rules\) refers to the Rules of Procedure and Evidence. Rule 2 Authentic texts The Rules have been adopted in the official languages of the Court established by article 50, paragraph 1. All texts are equally authentic. Rule 3 Amendments 1. Amendments to the rules that are proposed in accordance with article 51, paragraph 2, shall be forwarded to the President of the Bureau of the Assembly of States Parties. 2. The President of the Bureau of the Assembly of States Parties shall ensure that all proposed amendments are translated into the official languages of the Court and are transmitted to the States Parties. 3. The procedure described in sub-rules 1 and 2 shall also apply to the provisional rules referred to in article 51, paragraph 3.

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Anhang F CHAPTER 2 COMPOSITION AND ADMINISTRATION OF THE COURT SECTION I GENERAL PROVISIONS RELATING TO THE COMPOSITION AND ADMINISTRATION OF THE COURT Rule 4 Plenary sessions

1. The judges shall meet in plenary session not later than two months after their election. At that first session, after having made their solemn undertaking, in conformity with rule 5, the judges shall: (a) Elect the President and Vice-Presidents; (b) Assign judges to divisions. 2. The judges shall meet subsequently in plenary session at least once a year to exercise their functions under the Statute, the Rules and the Regulations and, if necessary, in special plenary sessions convened by the President on his or her own motion or at the request of one half of the judges. 3. The quorum for each plenary session shall be two-thirds of the judges. 4. Unless otherwise provided in the Statute or the Rules, the decisions of the plenary sessions shall be taken by the majority of the judges present. In the event of an equality of votes, the President, or the judge acting in the place of the President, shall have a casting vote. 5. The Regulations shall be adopted as soon as possible in plenary sessions.

Rule 5 Solemn undertaking under article 45 1. As provided in article 45, before exercising their functions under the Statute, the following solemn undertakings shall be made: (a) In the case of a judge: I solemnly undertake that I will perform my duties and exercise my powers as a judge of the International Criminal Court honourably, faithfully, impartially and conscientiously, and that I will respect the confidentiality of investigations and prosecutions and the secrecy of deliberations; (b) In the case of the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar and the Deputy Registrar of the Court: I solemnly undertake that I will perform my duties and exercise my powers as (title) of the International Criminal Court honourably, faithfully, impartially and conscientiously, and that I will respect the confidentiality of investigations and prosecutions. 2. The undertaking, signed by the person making it and witnessed by the President or a Vice-President of the Bureau of the Assembly of States Parties, shall be filed with the Registry and kept in the records of the Court.

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Rule 6 Solemn undertaking by the staff of the Office of the Prosecutor, the Registry, interpreters and translators 1. Upon commencing employment, every staff member of the Office of the Prosecutor and the Registry shall make the following undertaking: I solemnly undertake that I will perform my duties and exercise my powers as (title) of the International Criminal Court honourably, faithfully, impartially and conscientiously, and that I will respect the confidentiality of investigations and prosecutions.; The undertaking, signed by the person making it and witnessed, as appropriate, by the Prosecutor, the Deputy Prosecutor, the Registrar or the Deputy Registrar, shall be filed with the Registry and kept in the records of the Court. 2. Before performing any duties, an interpreter or a translator shall make the following undertaking: I solemnly declare that I will perform my duties faithfully, impartially and with full respect for the duty of confidentiality.; The undertaking, signed by the person making it and witnessed by the President of the Court or his or her representative, shall be filed with the Registry and kept in the records of the Court.

Rule 7 Single judge under article 39, paragraph 2 (b) (iii) 1. Whenever the Pre-Trial Chamber designates a judge as a single judge in accordance with article 39, paragraph 2 (b) (iii), it shall do so on the basis of objective pre-established criteria. 2. The designated judge shall make the appropriate decisions on those questions on which decision by the full Chamber is not expressly provided for in the Statute or the Rules. 3. The Pre-Trial Chamber, on its own motion or, if appropriate, at the request of a party, may decide that the functions of the single judge be exercised by the full Chamber.

Rule 8 Code of Professional Conduct 1. The Presidency, on the basis of a proposal made by the Registrar, shall draw up a draft Code of Professional Conduct for counsel, after having consulted the Prosecutor. In the preparation of the proposal, the Registrar shall conduct the consultations in accordance with rule 20, sub-rule 3. 2. The draft Code shall then be transmitted to the Assembly of States Parties, for the purpose of adoption, according to article 112, paragraph 7. 3. The Code shall contain procedures for its amendment.

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Anhang F SECTION II THE OFFICE OF THE PROSECUTOR Rule 9 Operation of the Office of the Prosecutor

In discharging his or her responsibility for the management and administration of the Office of the Prosecutor, the Prosecutor shall put in place regulations to govern the operation of the Office. In preparing or amending these regulations, the Prosecutor shall consult with the Registrar on any matters that may affect the operation of the Registry. Rule 10 Retention of information and evidence The Prosecutor shall be responsible for the retention, storage and security of information and physical evidence obtained in the course of the investigations by his or her Office. Rule 11 Delegation of the Prosecutor.s functions Except for the inherent powers of the Prosecutor set forth in the Statute, interalia, those described in articles 15 and 53, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor may authorize staff members of the Office of the Prosecutor, other than those referred to in article 44, paragraph 4, to represent him or her in the exercise of his or her functions. SECTION III THE REGISTRY Subsection 1 General provisions relating to the Registry Rule 12 Qualifications and election of the Registrar and the Deputy Registrar 1. As soon as it is elected, the Presidency shall establish a list of candidates who satisfy the criteria laid down in article 43, paragraph 3, and shall transmit the list to the Assembly of States Parties with a request for any recommendations. 2. Upon receipt of any recommendations from the Assembly of States Parties, the President shall, without delay, transmit the list together with the recommendations to the plenary session. 3. As provided for in article 43, paragraph 4, the Court, meeting in plenary session, shall, as soon as possible, elect the Registrar by an absolute majority, taking into account any recommendations by the Assembly of States Parties. In the event that

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no candidate obtains an absolute majority on the first ballot, successive ballots shall be held until one candidate obtains an absolute majority. 4. If the need for a Deputy Registrar arises, the Registrar may make a recommendation to the President to that effect. The President shall convene a plenary session to decide on the matter. If the Court, meeting in plenary session, decides by an absolute majority that a Deputy Registrar is to be elected, the Registrar shall submit a list of candidates to the Court. 5. The Deputy Registrar shall be elected by the Court, meeting in plenary session, in the same manner as the Registrar. Rule 13 Functions of the Registrar 1. Without prejudice to the authority of the Office of the Prosecutor under the Statute to receive, obtain and provide information and to establish channels of communication for this purpose, the Registrar shall serve as the channel of communication of the Court. 2. The Registrar shall also be responsible for the internal security of the Court in consultation with the Presidency and the Prosecutor, as well as the host State. Rule 14 Operation of the Registry 1. In discharging his or her responsibility for the organization and management of the Registry, the Registrar shall put in place regulations to govern the operation of the Registry. In preparing or amending these regulations, the Registrar shall consult with the Prosecutor on any matters which may affect the operation of the Office of the Prosecutor. The regulations shall be approved by the Presidency. 2. The regulations shall provide for defence counsel to have access to appropriate and reasonable administrative assistance from the Registry. Rule 15 Records 1. The Registrar shall keep a database containing all the particulars of each case brought before the Court, subject to any order of a judge or Chamber providing for the non-disclosure of any document or information, and to the protection of sensitive personal data. Information on the database shall be available to the public in the working languages of the Court. 2. The Registrar shall also maintain the other records of the Court.

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Anhang F Subsection 2 Victims and Witnesses Unit Rule 16 Responsibilities of the Registrar relating to victims and witnesses

1. In relation to victims, the Registrar shall be responsible for the performance of the following functions in accordance with the Statute and these Rules: (a) Providing notice or notification to victims or their legal representatives; (b) Assisting them in obtaining legal advice and organizing their legal representation, and providing their legal representatives with adequate support, assistance and information, including such facilities as may be necessary for the direct performance of their duty, for the purpose of protecting their rights during all stages of the proceedings in accordance with rules 89 to 91; (c) Assisting them in participating in the different phases of the proceedings in accordance with rules 89 to 91; (d) Taking gender-sensitive measures to facilitate the participation of victims of sexual violence at all stages of the proceedings. 2. In relation to victims, witnesses and others who are at risk on account of testimony given by such witnesses, the Registrar shall be responsible for the performance of the following functions in accordance with the Statute and these Rules: (a) Informing them of their rights under the Statute and the Rules, and of the existence, functions and availability of the Victims and Witnesses Unit; (b) Ensuring that they are aware, in a timely manner, of the relevant decisions of the Court that may have an impact on their interests, subject to provisions on confidentiality. 3. For the fulfilment of his or her functions, the Registrar may keep a special register for victims who have expressed their intention to participate in relation to a specific case. 4. Agreements on relocation and provision of support services on the territory of a State of traumatized or threatened victims, witnesses and others who are at risk on account of testimony given by such witnesses may be negotiated with the States by the Registrar on behalf of the Court. Such agreements may remain confidential.

Rule 17 Functions of the Unit 1. The Victims and Witnesses Unit shall exercise its functions in accordance with article 43, paragraph 6. 2. The Victims and Witnesses Unit shall, inter alia, perform the following functions, in accordance with the Statute and the Rules, and in consultation with the Chamber, the Prosecutor and the defence, as appropriate:

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(a) With respect to all witnesses, victims who appear before the Court, and others who are at risk on account of testimony given by such witnesses, in accordance with their particular needs and circumstances: (i) Providing them with adequate protective and security measures and formulating long- and short-term plans for their protection; (ii) Recommending to the organs of the Court the adoption of protection measures and also advising relevant States of such measures; (iii) Assisting them in obtaining medical, psychological and other appropriate assistance; (iv) Making available to the Court and the parties training in issues of trauma, sexual violence, security and confidentiality; (v) Recommending, in consultation with the Office of the Prosecutor, the elaboration of a code of conduct, emphasizing the vital nature of security and confidentiality for investigators of the Court and of the defence and all intergovernmental and non-governmental organizations acting at the request of the Court, as appropriate; (vi) Cooperating with States, where necessary, in providing any of the measures stipulated in this rule; (b) With respect to witnesses: (i) Advising them where to obtain legal advice for the purpose of protecting their rights, in particular in relation to their testimony; (ii) Assisting them when they are called to testify before the Court; (iii) Taking gender-sensitive measures to facilitate the testimony of victims of sexual violence at all stages of the proceedings. 3. In performing its functions, the Unit shall give due regard to the particular needs of children, elderly persons and persons with disabilities. In order to facilitate the participation and protection of children as witnesses, the Unit may assign, as appropriate, and with the agreement of the parents or the legal guardian, a childsupport person to assist a child through all stages of the proceedings.

Rule 18 Responsibilities of the Unit For the efficient and effective performance of its work, the Victims and Witnesses Unit shall: (a) Ensure that the staff in the Unit maintain confidentiality at all times; (b) While recognizing the specific interests of the Office of the Prosecutor, the defence and the witnesses, respect the interests of the witness, including, where necessary, by maintaining an appropriate separation of the services provided to the prosecution and defence witnesses, and act impartially when cooperating with all parties and in accordance with the rulings and decisions of the Chambers;

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(c) Have administrative and technical assistance available for witnesses, victims who appear before the Court, and others who are at risk on account of testimony given by such witnesses, during all stages of the proceedings and thereafter, as reasonably appropriate; (d) Ensure training of its staff with respect to victims and witnesses security, integrity and dignity, including matters related to gender and cultural sensitivity; (e) Where appropriate, cooperate with intergovernmental and nongovernmental organizations. Rule 19 Expertise in the Unit In addition to the staff mentioned in article 43, paragraph 6, and subject to article 44, the Victims and Witnesses Unit may include, as appropriate, persons with expertise, inter alia, in the following areas: (a) Witness protection and security; (b) Legal and administrative matters, including areas of humanitarian and criminal law; (c) Logistics administration; (d) Psychology in criminal proceedings; (e) Gender and cultural diversity; (f) Children, in particular traumatized children; (g) Elderly persons, in particular in connection with armed conflict and exile trauma; (h) Persons with disabilities; (i) Social work and counselling; (j) Health care; (k) Interpretation and translation. Subsection 3 Counsel for the defence Rule 20 Responsibilities of the Registrar relating to the rights of the defence 1. In accordance with article 43, paragraph 1, the Registrar shall organize the staff of the Registry in a manner that promotes the rights of the defence, consistent with the principle of fair trial as defined in the Statute. For that purpose, the Registrar shall, inter alia: (a) Facilitate the protection of confidentiality, as defined in article 67, paragraph 1 (b);

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(b) Provide support, assistance, and information to all defence counsel appearing before the Court and, as appropriate, support for professional investigators necessary for the efficient and effective conduct of the defence; (c) Assist arrested persons, persons to whom article 55, paragraph 2, applies and the accused in obtaining legal advice and the assistance of legal counsel; (d) Advise the Prosecutor and the Chambers, as necessary, on relevant defencerelated issues; (e) Provide the defence with such facilities as may be necessary for the direct performance of the duty of the defence; (f) Facilitate the dissemination of information and case law of the Court to defence counsel and, as appropriate, cooperate with national defence and bar associations or any independent representative body of counsel and legal associations referred to in sub-rule 3 to promote the specialization and training of lawyers in the law of the Statute and the Rules. 2. The Registrar shall carry out the functions stipulated in sub-rule 1, including the financial administration of the Registry, in such a manner as to ensure the professional independence of defence counsel. 3. For purposes such as the management of legal assistance in accordance with rule 21 and the development of a Code of Professional Conduct in accordance with rule 8, the Registrar shall consult, as appropriate, with any independent representative body of counsel or legal associations, including any such body the establishment of which may be facilitated by the Assembly of States Parties.

Rule 21 Assignment of legal assistance 1. Subject to article 55, paragraph 2 (c), and article 67, paragraph 1 (d), criteria and procedures for assignment of legal assistance shall be established in the Regulations, based on a proposal by the Registrar, following consultations with any independent representative body of counsel or legal associations, as referred to in rule 20, sub-rule 3. 2. The Registrar shall create and maintain a list of counsel who meet the criteria set forth in rule 22 and the Regulations. The person shall freely choose his or her counsel from this list or other counsel who meets the required criteria and is willing to be included in the list. 3. A person may seek from the Presidency a review of a decision to refuse a request for assignment of counsel. The decision of the Presidency shall be final. If a request is refused, a further request may be made by a person to the Registrar, upon showing a change in circumstances. 4. A person choosing to represent himself or herself shall so notify the Registrar in writing at the first opportunity.

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5. Where a person claims to have insufficient means to pay for legal assistance and this is subsequently found not to be so, the Chamber dealing with the case at that time may make an order of contribution to recover the cost of providing counsel. Rule 22 Appointment and qualifications of Counsel for the defence 1. A counsel for the defence shall have established competence in international or criminal law and procedure, as well as the necessary relevant experience, whether as judge, prosecutor, advocate or in other similar capacity, in criminal proceedings. A counsel for the defence shall have an excellent knowledge of and be fluent in at least one of the working languages of the Court. Counsel for the defence may be assisted by other persons, including professors of law, with relevant expertise. 2. Counsel for the defence engaged by a person exercising his or her right under the Statute to retain legal counsel of his or her choosing shall file a power of attorney with the Registrar at the earliest opportunity. 3. In the performance of their duties, Counsel for the defence shall be subject to the Statute, the Rules, the Regulations, the Code of Professional Conduct for Counsel adopted in accordance with rule 8 and any other document adopted by the Court that may be relevant to the performance of their duties. SECTION IV SITUATIONS THAT MAY AFFECT THE FUNCTIONING OF THE COURT Subsection 1 Removal from office and disciplinary measures Rule 23 General principle A judge, the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar and a Deputy Registrar shall be removed from office or shall be subject to disciplinary measures in such cases and with such guarantees as are established in the Statute and the Rules. Rule 24 Definition of serious misconduct and serious breach of duty 1. For the purposes of article 46, paragraph 1 (a), serious misconduct shall be constituted by conduct that: (a) If it occurs in the course of official duties, is incompatible with official functions, and causes or is likely to cause serious harm to the proper administration of justice before the Court or the proper internal functioning of the Court, such as:

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(i) Disclosing facts or information that he or she has acquired in the course of his or her duties or on a matter which is sub judice, where such disclosure is seriously prejudicial to the judicial proceedings or to any person; (ii) Concealing information or circumstances of a nature sufficiently serious to have precluded him or her from holding office; (iii) Abuse of judicial office in order to obtain unwarranted favourable treatment from any authorities, officials or professionals; or (b) If it occurs outside the course of official duties, is of a grave nature that causes or is likely to cause serious harm to the standing of the Court. 2. For the purposes of article 46, paragraph 1 (a), a serious breach of duty occurs where a person has been grossly negligent in the performance of his or her duties or has knowingly acted in contravention of those duties. This may include, inter alia, situations where the person: (a) Fails to comply with the duty to request to be excused, knowing that there are grounds for doing so; (b) Repeatedly causes unwarranted delay in the initiation, prosecution or trial of cases, or in the exercise of judicial powers.

Rule 25 Definition of misconduct of a less serious nature 1. For the purposes of article 47, .misconduct of a less serious nature. shall be constituted by conduct that: (a) If it occurs in the course of official duties, causes or is likely to cause harm to the proper administration of justice before the Court or the proper internal functioning of the Court, such as: (i) Interfering in the exercise of the functions of a person referred to in article 47; (ii) Repeatedly failing to comply with or ignoring requests made by the Presiding Judge or by the Presidency in the exercise of their lawful authority; (iii) Failing to enforce the disciplinary measures to which the Registrar or a Deputy Registrar and other officers of the Court are subject when a judge knows or should know of a serious breach of duty on their part; or (b) If it occurs outside the course of official duties, causes or is likely to cause harm to the standing of the Court. 2. Nothing in this rule precludes the possibility of the conduct set out in sub-rule 1 (a) constituting “serious misconduct\) or “serious breach of duty\) for the purposes of article 46, paragraph 1 (a).

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Anhang F Rule 26 Receipt of complaints

1. For the purposes of article 46, paragraph 1, and article 47, any complaint concerning any conduct defined under rules 24 and 25 shall include the grounds on which it is based, the identity of the complainant and, if available, any relevant evidence. The complaint shall remain confidential. 2. All complaints shall be transmitted to the Presidency, which may also initiate proceedings on its own motion, and which shall, pursuant to the Regulations, set aside anonymous or manifestly unfounded complaints and transmit the other complaints to the competent organ. The Presidency shall be assisted in this task by one or more judges, appointed on the basis of automatic rotation, in accordance with the Regulations. Rule 27 Common provisions on the rights of the defence 1. In any case in which removal from office under article 46 or disciplinary measures under article 47 is under consideration, the person concerned shall be so informed in a written statement. 2. The person concerned shall be afforded full opportunity to present and receive evidence, to make written submissions and to supply answers to any questions put to him or her. 3. The person may be represented by counsel during the process established under this rule. Rule 28 Suspension from duty Where an allegation against a person who is the subject of a complaint is of a sufficiently serious nature, the person may be suspended from duty pending the final decision of the competent organ. Rule 29 Procedure in the event of a request for removal from office 1. In the case of a judge, the Registrar or a Deputy Registrar, the question of removal from office shall be put to a vote at a plenary session. 2. The Presidency shall advise the President of the Bureau of the Assembly of States Parties in writing of any recommendation adopted in the case of a judge, and any decision adopted in the case of the Registrar or a Deputy Registrar. 3. The Prosecutor shall advise the President of the Bureau of the Assembly of States Parties in writing of any recommendation he or she makes in the case of a Deputy Prosecutor. 4. Where the conduct is found not to amount to serious misconduct or a serious breach of duty, it may be decided in accordance with article 47 that the person

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concerned has engaged in misconduct of a less serious nature and a disciplinary measure imposed. Rule 30 Procedure in the event of a request for disciplinary measures 1. In the case of a judge, the Registrar or a Deputy Registrar, any decision to impose a disciplinary measure shall be taken by the Presidency. 2. In the case of the Prosecutor, any decision to impose a disciplinary measure shall be taken by an absolute majority of the Bureau of the Assembly of States Parties. 3. In the case of a Deputy Prosecutor: (a) Any decision to give a reprimand shall be taken by the Prosecutor; (b) Any decision to impose a pecuniary sanction shall be taken by an absolute majority of the Bureau of the Assembly of States Parties upon the recommendation of the Prosecutor. 4. Reprimands shall be recorded in writing and shall be transmitted to the President of the Bureau of the Assembly of States Parties. Rule 31 Removal from office Once removal from office has been pronounced, it shall take effect immediately. The person concerned shall cease to form part of the Court, including for unfinished cases in which he or she was taking part. Rule 32 Disciplinary measures The disciplinary measures that may be imposed are: (a) A reprimand; or (b) A pecuniary sanction that may not exceed six months of the salary paid by the Court to the person concerned. Subsection 2 Excusing, disqualification, death and resignation Rule 33 Excusing of a judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor 1. A judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor seeking to be excused from his or her functions shall make a request in writing to the Presidency, setting out the grounds upon which he or she should be excused.

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2. The Presidency shall treat the request as confidential and shall not make public the reasons for its decision without the consent of the person concerned.

Rule 34 Disqualification of a judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor 1. In addition to the grounds set out in article 41, paragraph 2, and article 42, paragraph 7, the grounds for disqualification of a judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor shall include, inter alia, the following: (a) Personal interest in the case, including a spousal, parental or other close family, personal or professional relationship, or a subordinate relationship, with any of the parties; (b) Involvement, in his or her private capacity, in any legal proceedings initiated prior to his or her involvement in the case, or initiated by him or her subsequently, in which the person being investigated or prosecuted was or is an opposing party; (c) Performance of functions, prior to taking office, during which he or she could be expected to have formed an opinion on the case in question, on the parties or on their legal representatives that, objectively, could adversely affect the required impartiality of the person concerned; (d) Expression of opinions, through the communications media, in writing or in public actions, that, objectively, could adversely affect the required impartiality of the person concerned. 2. Subject to the provisions set out in article 41, paragraph 2, and article 42, paragraph 8, a request for disqualification shall be made in writing as soon as there is knowledge of the grounds on which it is based. The request shall state the grounds and attach any relevant evidence, and shall be transmitted to the person concerned, who shall be entitled to present written submissions. 3. Any question relating to the disqualification of the Prosecutor or a Deputy Prosecutor shall be decided by a majority of the judges of the Appeals Chamber.

Rule 35 Duty of a judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor to request to be excused Where a judge, the Prosecutor or a Deputy Prosecutor has reason to believe that a ground for disqualification exists in relation to him or her, he or she shall make a request to be excused and shall not wait for a request for disqualification to be made in accordance with article 41, paragraph 2, or article 42, paragraph 7, and rule 34. The request shall be made and the Presidency shall deal with it in accordance with rule 33.

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Rule 36 Death of a judge, the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar or a Deputy Registrar The Presidency shall inform, in writing, the President of the Bureau of the Assembly of States Parties of the death of a judge, the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar or a Deputy Registrar. Rule 37 Resignation of a judge, the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar or a Deputy Registrar 1. A judge, the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar or a Deputy Registrar shall communicate to the Presidency, in writing, his or her decision to resign. The Presidency shall inform, in writing, the President of the Bureau of the Assembly of States Parties. 2. A judge, the Prosecutor, a Deputy Prosecutor, the Registrar or a Deputy Registrar shall endeavour to give notice of the date on which his or her resignation will take effect at least six months in advance. Before the resignation of a judge takes effect, he or she shall make every effort to discharge his or her outstanding responsibilities. Subsection 3 Replacements and alternate judges Rule 38 Replacements 1. A judge may be replaced for objective and justified reasons, inter alia: (a) Resignation; (b) Accepted excuse; (c) Disqualification; (d) Removal from office; (e) Death. 2. Replacement shall take place in accordance with the pre-established procedure in the Statute, the Rules and the Regulations. Rule 39 Alternate judges Where an alternate judge has been assigned by the Presidency to a Trial Chamber pursuant to article 74, paragraph 1, he or she shall sit through all proceedings and deliberations of the case, but may not take any part therein and shall not exercise any

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of the functions of the members of the Trial Chamber hearing the case, unless and until he or she is required to replace a member of the Trial Chamber if that member is unable to continue attending. Alternate judges shall be designated in accordance with a procedure pre-established by the Court. SECTION V PUBLICATION, LANGUAGES AND TRANSLATION Rule 40 Publication of decisions in official languages of the Court 1. For the purposes of article 50, paragraph 1, the following decisions shall be considered as resolving fundamental issues: (a) All decisions of the Appeals Division; (b) All decisions of the Court on its jurisdiction or on the admissibility of a case pursuant to articles 17, 18, 19 and 20; (c) All decisions of a Trial Chamber on guilt or innocence, sentencing and reparations to victims pursuant to articles 74, 75 and 76; (d) All decisions of a Pre-Trial Chamber pursuant to article 57, paragraph 3 (d). 2. Decisions on confirmation of charges under article 61, paragraph 7, and on offences against the administration of justice under article 70, paragraph 3, shall be published in all the official languages of the Court when the Presidency determines that they resolve fundamental issues. 3. The Presidency may decide to publish other decisions in all the official languages when such decisions concern major issues relating to the interpretation or the implementation of the Statute or concern a major issue of general interest. Rule 41 Working languages of the Court 1. For the purposes of article 50, paragraph 2, the Presidency shall authorize the use of an official language of the Court as a working language when: (a) That language is understood and spoken by the majority of those involved in a case before the Court and any of the participants in the proceedings so requests; or (b) The Prosecutor and the defence so request. 2. The Presidency may authorize the use of an official language of the Court as a working language if it considers that it would facilitate the efficiency of the proceedings.

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Rule 42 Translation and interpretation services The Court shall arrange for the translation and interpretation services necessary to ensure the implementation of its obligations under the Statute and the Rules. Rule 43 Procedure applicable to the publication of documents of the Court The Court shall ensure that all documents subject to publication in accordance with the Statute and the Rules respect the duty to protect the confidentiality of the proceedings and the security of victims and witnesses. CHAPTER 3 JURISDICTION AND ADMISSIBILITY SECTION I DECLARATIONS AND REFERRALS RELATING TO ARTICLES 11, 12, 13 AND 14 Rule 44 Declaration provided for in article 12, paragraph 3 1. The Registrar, at the request of the Prosecutor, may inquire of a State that is not a Party to the Statute or that has become a Party to the Statute after its entry into force, on a confidential basis, whether it intends to make the declaration provided for in article 12, paragraph 3. 2. When a State lodges, or declares to the Registrar its intent to lodge, a declaration with the Registrar pursuant to article 12, paragraph 3, or when the Registrar acts pursuant to sub-rule 1, the Registrar shall inform the State concerned that the declaration under article 12, paragraph 3, has as a consequence the acceptance of jurisdiction with respect to the crimes referred to in article 5 of relevance to the situation and the provisions of Part 9, and any rules thereunder concerning States Parties, shall apply. Rule 45 Referral of a situation to the Prosecutor A referral of a situation to the Prosecutor shall be in writing.

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Anhang F SECTION II INITIATION OF INVESTIGATIONS UNDER ARTICLE 15 Rule 46 Information provided to the Prosecutor under article 15, paragraphs 1 and 2

Where information is submitted under article 15, paragraph 1, or where oral or written testimony is received pursuant to article 15, paragraph 2, at the seat of the Court, the Prosecutor shall protect the confidentiality of such information and testimony or take any other necessary measures, pursuant to his or her duties under the Statute.

Rule 47 Testimony under article 15, paragraph 2 1. The provisions of rules 111 and 112 shall apply, mutatis mutandis, to testimony received by the Prosecutor pursuant to article 15, paragraph 2. 2. When the Prosecutor considers that there is a serious risk that it might not be possible for the testimony to be taken subsequently, he or she may request the PreTrial Chamber to take such measures as may be necessary to ensure the efficiency and integrity of the proceedings and, in particular, to appoint a counsel or a judge from the Pre-Trial Chamber to be present during the taking of the testimony in order to protect the rights of the defence. If the testimony is subsequently presented in the proceedings, its admissibility shall be governed by article 69, paragraph 4, and given such weight as determined by the relevant Chamber.

Rule 48 Determination of reasonable basis to proceed with an investigation under article 15, paragraph 3 In determining whether there is a reasonable basis to proceed with an investigation under article 15, paragraph 3, the Prosecutor shall consider the factors set out in article 53, paragraph 1 (a) to (c).

Rule 49 Decision and notice under article 15, paragraph 6 1. Where a decision under article 15, paragraph 6, is taken, the Prosecutor shall promptly ensure that notice is provided, including reasons for his or her decision, in a manner that prevents any danger to the safety, well-being and privacy of those who provided information to him or her under article 15, paragraphs 1 and 2, or the integrity of investigations or proceedings. 2. The notice shall also advise of the possibility of submitting further information regarding the same situation in the light of new facts and evidence.

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Rule 50 Procedure for authorization by the Pre-Trial Chamber of the commencement of the investigation 1. When the Prosecutor intends to seek authorization from the Pre-Trial Chamber to initiate an investigation pursuant to article 15, paragraph 3, the Prosecutor shall inform victims, known to him or her or to the Victims and Witnesses Unit, or their legal representatives, unless the Prosecutor decides that doing so would pose a danger to the integrity of the investigation or the life or well-being of victims and witnesses. The Prosecutor may also give notice by general means in order to reach groups of victims if he or she determines in the particular circumstances of the case that such notice could not pose a danger to the integrity and effective conduct of the investigation or to the security and well-being of victims and witnesses. In performing these functions, the Prosecutor may seek the assistance of the Victims and Witnesses Unit as appropriate. 2. A request for authorization by the Prosecutor shall be in writing. 3. Following information given in accordance with sub-rule 1, victims may make representations in writing to the Pre-Trial Chamber within such time limit as set forth in the Regulations. 4. The Pre-Trial Chamber, in deciding on the procedure to be followed, may request additional information from the Prosecutor and from any of the victims who have made representations, and, if it considers it appropriate, may hold a hearing. 5. The Pre-Trial Chamber shall issue its decision, including its reasons, as to whether to authorize the commencement of the investigation in accordance with article 15, paragraph 4, with respect to all or any part of the request by the Prosecutor. The Chamber shall give notice of the decision to victims who have made representations. 6. The above procedure shall also apply to a new request to the Pre-Trial Chamber pursuant to article 15, paragraph 5. SECTION III CHALLENGES AND PRELIMINARY RULINGS UNDER ARTICLES 17, 18 AND 19 Rule 51 Information provided under article 17 In considering the matters referred to in article 17, paragraph 2, and in the context of the circumstances of the case, the Court may consider, inter alia, information that the State referred to in article 17, paragraph 1, may choose to bring to the attention of the Court showing that its courts meet internationally recognized norms and standards for the independent and impartial prosecution of similar conduct, or that the State has confirmed in writing to the Prosecutor that the case is being investigated or prosecuted.

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Anhang F Rule 52 Notification provided for in article 18, paragraph 1

1. Subject to the limitations provided for in article 18, paragraph 1, the notification shall contain information about the acts that may constitute crimes referred to in article 5, relevant for the purposes of article 18, paragraph 2. 2. A State may request additional information from the Prosecutor to assist it in the application of article 18, paragraph 2. Such a request shall not affect the onemonth time limit provided for in article 18, paragraph 2, and shall be responded to by the Prosecutor on an expedited basis.

Rule 53 Deferral provided for in article 18, paragraph 2 When a State requests a deferral pursuant to article 18, paragraph 2, that State shall make this request in writing and provide information concerning its investigation, taking into account article 18, paragraph 2. The Prosecutor may request additional information from that State.

Rule 54 Application by the Prosecutor under article 18, paragraph 2 1. An application submitted by the Prosecutor to the Pre-Trial Chamber in accordance with article 18, paragraph 2, shall be in writing and shall contain the basis for the application. The information provided by the State under rule 53 shall be communicated by the Prosecutor to the Pre-Trial Chamber. 2. The Prosecutor shall inform that State in writing when he or she makes an application to the Pre-Trial Chamber under article 18, paragraph 2, and shall include in the notice a summary of the basis of the application.

Rule 55 Proceedings concerning article 18, paragraph 2 1. The Pre-Trial Chamber shall decide on the procedure to be followed and may take appropriate measures for the proper conduct of the proceedings. It may hold a hearing. 2. The Pre-Trial Chamber shall examine the Prosecutor.s application and any observations submitted by a State that requested a deferral in accordance with article 18, paragraph 2, and shall consider the factors in article 17 in deciding whether to authorize an investigation. 3. The decision and the basis for the decision of the Pre-Trial Chamber shall be communicated as soon as possible to the Prosecutor and to the State that requested a deferral of an investigation.

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Rule 56 Application by the Prosecutor following review under article 18, paragraph 3 1. Following a review by the Prosecutor as set forth in article 18, paragraph 3, the Prosecutor may apply to the Pre-Trial Chamber for authorization in accordance with article 18, paragraph 2. The application to the Pre-Trial Chamber shall be in writing and shall contain the basis for the application. 2. Any further information provided by the State under article 18, paragraph 5, shall be communicated by the Prosecutor to the Pre-Trial Chamber. 3. The proceedings shall be conducted in accordance with rules 54, sub-rule 2, and 55. Rule 57 Provisional measures under article 18, paragraph 6 An application to the Pre-Trial Chamber by the Prosecutor in the circumstances provided for in article 18, paragraph 6, shall be considered ex parte and in camera. The Pre-Trial Chamber shall rule on the application on an expedited basis. Rule 58 Proceedings under article 19 1. A request or application made under article 19 shall be in writing and contain the basis for it. 2. When a Chamber receives a request or application raising a challenge or question concerning its jurisdiction or the admissibility of a case in accordance with article 19, paragraph 2 or 3, or is acting on its own motion as provided for in article 19, paragraph 1, it shall decide on the procedure to be followed and may take appropriate measures for the proper conduct of the proceedings. It may hold a hearing. It may join the challenge or question to a confirmation or a trial proceeding as long as this does not cause undue delay, and in this circumstance shall hear and decide on the challenge or question first. 3. The Court shall transmit a request or application received under sub-rule 2 to the Prosecutor and to the person referred to in article 19, paragraph 2, who has been surrendered to the Court or who has appeared voluntarily or pursuant to a summons, and shall allow them to submit written observations to the request or application within a period of time determined by the Chamber. 4. The Court shall rule on any challenge or question of jurisdiction first and then on any challenge or question of admissibility.

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Anhang F Rule 59 Participation in proceedings under article 19, paragraph 3

1. For the purpose of article 19, paragraph 3, the Registrar shall inform the following of any question or challenge of jurisdiction or admissibility which has arisen pursuant to article 19, paragraphs 1, 2 and 3: (a) Those who have referred a situation pursuant to article 13; (b) The victims who have already communicated with the Court in relation to that case or their legal representatives. 2. The Registrar shall provide those referred to in sub-rule 1, in a manner consistent with the duty of the Court regarding the confidentiality of information, the protection of any person and the preservation of evidence, with a summary of the grounds on which the jurisdiction of the Court or the admissibility of the case has been challenged. 3. Those receiving the information, as provided for in sub-rule 1, may make representation in writing to the competent Chamber within such time limit as it considers appropriate. Rule 60 Competent organ to receive challenges If a challenge to the jurisdiction of the Court or to the admissibility of a case is made after a confirmation of the charges but before the constitution or designation of the Trial Chamber, it shall be addressed to the Presidency, which shall refer it to the Trial Chamber as soon as the latter is constituted or designated in accordance with rule 130. Rule 61 Provisional measures under article 19, paragraph 8 When the Prosecutor makes application to the competent Chamber in the circumstances provided for in article 19, paragraph 8, rule 57 shall apply. Rule 62 Proceedings under article 19, paragraph 10 1. If the Prosecutor makes a request under article 19, paragraph 10, he or she shall make the request to the Chamber that made the latest ruling on admissibility. The provisions of rules 58, 59 and 61 shall be applicable. 2. The State or States whose challenge to admissibility under article 19, paragraph 2, provoked the decision of inadmissibility provided for in article 19, paragraph 10, shall be notified of the request of the Prosecutor and shall be given a time limit within which to make representations.

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CHAPTER 4 PROVISIONS RELATING TO VARIOUS STAGES OF THE PROCEEDINGS SECTION I EVIDENCE Rule 63 General provisions relating to evidence 1. The rules of evidence set forth in this chapter, together with article 69, shall apply in proceedings before all Chambers. 2. A Chamber shall have the authority, in accordance with the discretion described in article 64, paragraph 9, to assess freely all evidence submitted in order to determine its relevance or admissibility in accordance with article 69. 3. A Chamber shall rule on an application of a party or on its own motion, made under article 64, subparagraph 9 (a), concerning admissibility when it is based on the grounds set out in article 69, paragraph 7. 4. Without prejudice to article 66, paragraph 3, a Chamber shall not impose a legal requirement that corroboration is required in order to prove any crime within the jurisdiction of the Court, in particular, crimes of sexual violence. 5. The Chambers shall not apply national laws governing evidence, other than in accordance with article 21. Rule 64 Procedure relating to the relevance or admissibility of evidence 1. An issue relating to relevance or admissibility must be raised at the time when the evidence is submitted to a Chamber. Exceptionally, when those issues were not known at the time when the evidence was submitted, it may be raised immediately after the issue has become known. The Chamber may request that the issue be raised in writing. The written motion shall be communicated by the Court to all those who participate in the proceedings, unless otherwise decided by the Court. 2. A Chamber shall give reasons for any rulings it makes on evidentiary matters. These reasons shall be placed in the record of the proceedings if they have not already been incorporated into the record during the course of the proceedings in accordance with article 64, paragraph 10, and rule 137, sub-rule 1. 3. Evidence ruled irrelevant or inadmissible shall not be considered by the Chamber. Rule 65 Compellability of witnesses 1. A witness who appears before the Court is compellable by the Court to provide testimony, unless otherwise provided for in the Statute and the Rules, in particular rules 73, 74 and 75.

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2. Rule 171 applies to a witness appearing before the Court who is compellable to provide testimony under sub-rule 1. Rule 66 Solemn undertaking 1. Except as described in sub-rule 2, every witness shall, in accordance with article 69, paragraph 1, make the following solemn undertaking before testifying: I solemnly declare that I will speak the truth, the whole truth and nothing but the truth. 2. A person under the age of 18 or a person whose judgement has been impaired and who, in the opinion of the Chamber, does not understand the nature of a solemn undertaking may be allowed to testify without this solemn undertaking if the Chamber considers that the person is able to describe matters of which he or she has knowledge and that the person understands the meaning of the duty to speak the truth. 3. Before testifying, the witness shall be informed of the offence defined in article 70, paragraph 1 (a). Rule 67 Live testimony by means of audio or video-link technology 1. In accordance with article 69, paragraph 2, a Chamber may allow a witness to give viva voce (oral) testimony before the Chamber by means of audio or video technology, provided that such technology permits the witness to be examined by the Prosecutor, the defence, and by the Chamber itself, at the time that the witness so testifies. 2. The examination of a witness under this rule shall be conducted in accordance with the relevant rules of this chapter. 3. The Chamber, with the assistance of the Registry, shall ensure that the venue chosen for the conduct of the audio or video-link testimony is conducive to the giving of truthful and open testimony and to the safety, physical and psychological wellbeing, dignity and privacy of the witness. Rule 68 Prior recorded testimony When the Pre-Trial Chamber has not taken measures under article 56, the Trial Chamber may, in accordance with article 69, paragraph 2, allow the introduction of previously recorded audio or video testimony of a witness, or the transcript or other documented evidence of such testimony, provided that: (a) If the witness who gave the previously recorded testimony is not present before the Trial Chamber, both the Prosecutor and the defence had the opportunity to examine the witness during the recording; or

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(b) If the witness who gave the previously recorded testimony is present before the Trial Chamber, he or she does not object to the submission of the previously recorded testimony and the Prosecutor, the defence and the Chamber have the opportunity to examine the witness during the proceedings. Rule 69 Agreements as to evidence The Prosecutor and the defence may agree that an alleged fact, which is contained in the charges, the contents of a document, the expected testimony of a witness or other evidence is not contested and, accordingly, a Chamber may consider such alleged fact as being proven, unless the Chamber is of the opinion that a more complete presentation of the alleged facts is required in the interests of justice, in particular the interests of the victims. Rule 70 Principles of evidence in cases of sexual violence In cases of sexual violence, the Court shall be guided by and, where appropriate, apply the following principles: (a) Consent cannot be inferred by reason of any words or conduct of a victim where force, threat of force, coercion or taking advantage of a coercive environment undermined the victim’s ability to give voluntary and genuine consent; (b) Consent cannot be inferred by reason of any words or conduct of a victim where the victim is incapable of giving genuine consent; (c) Consent cannot be inferred by reason of the silence of, or lack of resistance by, a victim to the alleged sexual violence; (d) Credibility, character or predisposition to sexual availability of a victim or witness cannot be inferred by reason of the sexual nature of the prior or subsequent conduct of a victim or witness. Rule 71 Evidence of other sexual conduct In the light of the definition and nature of the crimes within the jurisdiction of the Court, and subject to article 69, paragraph 4, a Chamber shall not admit evidence of the prior or subsequent sexual conduct of a victim or witness. Rule 72 In camera procedure to consider relevance or admissibility of evidence 1. Where there is an intention to introduce or elicit, including by means of the questioning of a victim or witness, evidence that the victim consented to an alleged crime of sexual violence, or evidence of the words, conduct, silence or lack of

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resistance of a victim or witness as referred to in principles (a) through (d) of rule 70, notification shall be provided to the Court which shall describe the substance of the evidence intended to be introduced or elicited and the relevance of the evidence to the issues in the case. 2. In deciding whether the evidence referred to in sub-rule 1 is relevant or admissible, a Chamber shall hear in camera the views of the Prosecutor, the defence, the witness and the victim or his or her legal representative, if any, and shall take into account whether that evidence has a sufficient degree of probative value to an issue in the case and the prejudice that such evidence may cause, in accordance with article 69, paragraph 4. For this purpose, the Chamber shall have regard to article 21, paragraph 3, and articles 67 and 68, and shall be guided by principles (a) to (d) of rule 70, especially with respect to the proposed questioning of a victim. 3. Where the Chamber determines that the evidence referred to in sub-rule 2 is admissible in the proceedings, the Chamber shall state on the record the specific purpose for which the evidence is admissible. In evaluating the evidence during the proceedings, the Chamber shall apply principles (a) to (d) of rule 70.

Rule 73 Privileged communications and information 1. Without prejudice to article 67, paragraph 1 (b), communications made in the context of the professional relationship between a person and his or her legal counsel shall be regarded as privileged, and consequently not subject to disclosure, unless: (a) The person consents in writing to such disclosure; or (b) The person voluntarily disclosed the content of the communication to a third party, and that third party then gives evidence of that disclosure. 2. Having regard to rule 63, sub-rule 5, communications made in the context of a class of professional or other confidential relationships shall be regarded as privileged, and consequently not subject to disclosure, under the same terms as in subrules 1 (a) and 1 (b) if a Chamber decides in respect of that class that: (a) Communications occurring within that class of relationship are made in the course of a confidential relationship producing a reasonable expectation of privacy and non-disclosure; (b) Confidentiality is essential to the nature and type of relationship between the person and the confidant; and (c) Recognition of the privilege would further the objectives of the Statute and the Rules. 3. In making a decision under sub-rule 2, the Court shall give particular regard to recognizing as privileged those communications made in the context of the professional relationship between a person and his or her medical doctor, psychiatrist, psychologist or counsellor, in particular those related to or involving victims, or between a person and a member of a religious clergy; and in the latter case, the

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Court shall recognize as privileged those communications made in the context of a sacred confession where it is an integral part of the practice of that religion. 4. The Court shall regard as privileged, and consequently not subject to disclosure, including by way of testimony of any present or past official or employee of the International Committee of the Red Cross (ICRC), any information, documents or other evidence which it came into the possession of in the course, or as a consequence, of the performance by ICRC of its functions under the Statutes of the International Red Cross and Red Crescent Movement, unless: (a) After consultations undertaken pursuant to sub-rule 6, ICRC does not object in writing to such disclosure, or otherwise has waived this privilege; or (b) Such information, documents or other evidence is contained in public statements and documents of ICRC. 5. Nothing in sub-rule 4 shall affect the admissibility of the same evidence obtained from a source other than ICRC and its officials or employees when such evidence has also been acquired by this source independently of ICRC and its officials or employees. 6. If the Court determines that ICRC information, documents or other evidence are of great importance for a particular case, consultations shall be held between the Court and ICRC in order to seek to resolve the matter by cooperative means, bearing in mind the circumstances of the case, the relevance of the evidence sought, whether the evidence could be obtained from a source other than ICRC, the interests of justice and of victims, and the performance of the Court.s and ICRC.s functions. Rule 74 Self-incrimination by a witness 1. Unless a witness has been notified pursuant to rule 190, the Chamber shall notify a witness of the provisions of this rule before his or her testimony. 2. Where the Court determines that an assurance with respect to selfincrimination should be provided to a particular witness, it shall provide the assurances under sub-rule 3, paragraph (c), before the witness attends, directly or pursuant to a request under article 93, paragraph (1) (e). 3. (a) A witness may object to making any statement that might tend to incriminate him or her. (b) Where the witness has attended after receiving an assurance under subrule 2, the Court may require the witness to answer the question or questions. (c) In the case of other witnesses, the Chamber may require the witness to answer the question or questions, after assuring the witness that the evidence provided in response to the questions: (i) Will be kept confidential and will not be disclosed to the public or any State; and (ii) Will not be used either directly or indirectly against that person in any subsequent prosecution by the Court, except under articles 70 and 71.

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4. Before giving such an assurance, the Chamber shall seek the views of the Prosecutor, ex parte, to determine if the assurance should be given to this particular witness. 5. In determining whether to require the witness to answer, the Chamber shall consider: (a) The importance of the anticipated evidence; (b) Whether the witness would be providing unique evidence; (c) The nature of the possible incrimination, if known; and (d) The sufficiency of the protections for the witness, in the particular circumstances. 6. If the Chamber determines that it would not be appropriate to provide an assurance to this witness, it shall not require the witness to answer the question. If the Chamber determines not to require the witness to answer, it may still continue the questioning of the witness on other matters. 7. In order to give effect to the assurance, the Chamber shall: (a) Order that the evidence of the witness be given in camera; (b) Order that the identity of the witness and the content of the evidence given shall not be disclosed, in any manner, and provide that the breach of any such order will be subject to sanction under article 71; (c) Specifically advise the Prosecutor, the accused, the defence counsel, the legal representative of the victim and any Court staff present of the consequences of a breach of the order under subparagraph (b); (d) Order the sealing of any record of the proceedings; and (e) Use protective measures with respect to any decision of the Court to ensure that the identity of the witness and the content of the evidence given are not disclosed. 8. Where the Prosecutor is aware that the testimony of any witness may raise issues with respect to self-incrimination, he or she shall request an in camera hearing and advise the Chamber of this, in advance of the testimony of the witness. The Chamber may impose the measures outlined in sub-rule 7 for all or a part of the testimony of that witness. 9. The accused, the defence counsel or the witness may advise the Prosecutor or the Chamber that the testimony of a witness will raise issues of self-incrimination before the witness testifies and the Chamber may take the measures outlined in subrule 7. 10. If an issue of self-incrimination arises in the course of the proceedings, the Chamber shall suspend the taking of the testimony and provide the witness with an opportunity to obtain legal advice if he or she so requests for the purpose of the application of the rule.

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Rule 75 Incrimination by family members 1. A witness appearing before the Court, who is a spouse, child or parent of an accused person, shall not be required by a Chamber to make any statement that might tend to incriminate that accused person. However, the witness may choose to make such a statement. 2. In evaluating the testimony of a witness, a Chamber may take into account that the witness, referred to in sub-rule 1, objected to reply to a question which was intended to contradict a previous statement made by the witness, or the witness was selective in choosing which questions to answer. SECTION II DISCLOSURE Rule 76 Pre-trial disclosure relating to prosecution witnesses 1. The Prosecutor shall provide the defence with the names of witnesses whom the Prosecutor intends to call to testify and copies of any prior statements made by those witnesses. This shall be done sufficiently in advance to enable the adequate preparation of the defence. 2. The Prosecutor shall subsequently advise the defence of the names of any additional prosecution witnesses and provide copies of their statements when the decision is made to call those witnesses. 3. The statements of prosecution witnesses shall be made available in original and in a language which the accused fully understands and speaks. 4. This rule is subject to the protection and privacy of victims and witnesses and the protection of confidential information as provided for in the Statute and rules 81and 82. Rule 77 Inspection of material in possession or control of the Prosecutor The Prosecutor shall, subject to the restrictions on disclosure as provided for in the Statute and in rules 81 and 82, permit the defence to inspect any books, documents, photographs and other tangible objects in the possession or control of the Prosecutor, which are material to the preparation of the defence or are intended for use by the Prosecutor as evidence for the purposes of the confirmation hearing or at trial, as the case may be, or were obtained from or belonged to the person.

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Anhang F Rule 78 Inspection of material in possession or control of the defence

The defence shall permit the Prosecutor to inspect any books, documents, photographs and other tangible objects in the possession or control of the defence, which are intended for use by the defence as evidence for the purposes of the confirmation hearing or at trial.

Rule 79 Disclosure by the defence 1. The defence shall notify the Prosecutor of its intent to: (a) Raise the existence of an alibi, in which case the notification shall specify the place or places at which the accused claims to have been present at the time of the alleged crime and the names of witnesses and any other evidence upon which the accused intends to rely to establish the alibi; or (b) Raise a ground for excluding criminal responsibility provided for inarticle 31, paragraph 1, in which case the notification shall specify the names of witnesses and any other evidence upon which the accused intends to rely to establish the ground. 2. With due regard to time limits set forth in other rules, notification under subrule 1 shall be given sufficiently in advance to enable the Prosecutor to prepare adequately and to respond. The Chamber dealing with the matter may grant the Prosecutor an adjournment to address the issue raised by the defence. 3. Failure of the defence to provide notice under this rule shall not limit its right to raise matters dealt with in sub-rule 1 and to present evidence. 4. This rule does not prevent a Chamber from ordering disclosure of any other evidence.

Rule 80 Procedures for raising a ground for excluding criminal responsibility under article 31, paragraph 3 1. The defence shall give notice to both the Trial Chamber and the Prosecutor if it intends to raise a ground for excluding criminal responsibility under article 31, paragraph 3. This shall be done sufficiently in advance of the commencement of the trial to enable the Prosecutor to prepare adequately for trial. 2. Following notice given under sub-rule 1, the Trial Chamber shall hear both the Prosecutor and the defence before deciding whether the defence can raise a ground for excluding criminal responsibility. 3. If the defence is permitted to raise the ground, the Trial Chamber may grant the Prosecutor an adjournment to address that ground.

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Rule 81 Restrictions on disclosure 1. Reports, memoranda or other internal documents prepared by a party, its assistants or representatives in connection with the investigation or preparation of the case are not subject to disclosure. 2. Where material or information is in the possession or control of the Prosecutor which must be disclosed in accordance with the Statute, but disclosure may prejudice further or ongoing investigations, the Prosecutor may apply to the Chamber dealing with the matter for a ruling as to whether the material or information must be disclosed to the defence. The matter shall be heard on an ex parte basis by the Chamber. However, the Prosecutor may not introduce such material or information into evidence during the confirmation hearing or the trial without adequate prior disclosure to the accused. 3. Where steps have been taken to ensure the confidentiality of information, in accordance with articles 54, 57, 64, 72 and 93, and, in accordance with article 68, to protect the safety of witnesses and victims and members of their families, such information shall not be disclosed, except in accordance with those articles. When the disclosure of such information may create a risk to the safety of the witness, the Court shall take measures to inform the witness in advance. 4. The Chamber dealing with the matter shall, on its own motion or at the request of the Prosecutor, the accused or any State, take the necessary steps to ensure the confidentiality of information, in accordance with articles 54, 72 and 93, and, in accordance with article 68, to protect the safety of witnesses and victims and members of their families, including by authorizing the non-disclosure of their identity prior to the commencement of the trial. 5. Where material or information is in the possession or control of the Prosecutor which is withheld under article 68, paragraph 5, such material and information may not be subsequently introduced into evidence during the confirmation hearing or the trial without adequate prior disclosure to the accused. 6. Where material or information is in the possession or control of the defence which is subject to disclosure, it may be withheld in circumstances similar to those which would allow the Prosecutor to rely on article 68, paragraph 5, and a summary thereof submitted instead. Such material and information may not be subsequently introduced into evidence during the confirmation hearing or the trial without adequate prior disclosure to the Prosecutor.

Rule 82 Restrictions on disclosure of material and information protected under article 54, paragraph 3 (e) 1. Where material or information is in the possession or control of the Prosecutor which is protected under article 54, paragraph 3 (e), the Prosecutor may not subsequently introduce such material or information into evidence without the prior con-

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sent of the provider of the material or information and adequate prior disclosure to the accused. 2. If the Prosecutor introduces material or information protected under article 54, paragraph 3 (e), into evidence, a Chamber may not order the production of additional evidence received from the provider of the initial material or information, nor may a Chamber for the purpose of obtaining such additional evidence itself summon the provider or a representative of the provider as a witness or order their attendance. 3. If the Prosecutor calls a witness to introduce in evidence any material or information which has been protected under article 54, paragraph 3 (e), a Chamber may not compel that witness to answer any question relating to the material or information or its origin, if the witness declines to answer on grounds of confidentiality. 4. The right of the accused to challenge evidence which has been protected under article 54, paragraph 3 (e), shall remain unaffected subject only to the limitations contained in sub-rules 2 and 3. 5. A Chamber dealing with the matter may order, upon application by the defence, that, in the interests of justice, material or information in the possession of the accused, which has been provided to the accused under the same conditions as set forth in article 54, paragraph 3 (e), and which is to be introduced into evidence, shall be subject mutatis mutandis to sub-rules 1, 2 and 3. Rule 83 Ruling on exculpatory evidence under article 67, paragraph 2 The Prosecutor may request as soon as practicable a hearing on an ex parte basis before the Chamber dealing with the matter for the purpose of obtaining a ruling under article 67, paragraph 2. Rule 84 Disclosure and additional evidence for trial In order to enable the parties to prepare for trial and to facilitate the fair and expeditious conduct of the proceedings, the Trial Chamber shall, in accordance with article 64, paragraphs 3 (c) and 6 (d), and article 67, paragraph (2), and subject to article 68, paragraph 5, make any necessary orders for the disclosure of documents or information not previously disclosed and for the production of additional evidence. To avoid delay and to ensure that the trial commences on the set date, any such orders shall include strict time limits which shall be kept under review by the Trial Chamber.

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SECTION III VICTIMS AND WITNESSES Subsection 1 Definition and general principle relating to victims Rule 85 Definition of victims For the purposes of the Statute and the Rules of Procedure and Evidence: (a) “Victims\) means natural persons who have suffered harm as a result of the commission of any crime within the jurisdiction of the Court; (b) Victims may include organizations or institutions that have sustained direct harm to any of their property which is dedicated to religion, education, art or science or charitable purposes, and to their historic monuments, hospitals and other places and objects for humanitarian purposes. Rule 86 General principle A Chamber in making any direction or order, and other organs of the Court in performing their functions under the Statute or the Rules, shall take into account the needs of all victims and witnesses in accordance with article 68, in particular, children, elderly persons, persons with disabilities and victims of sexual or gender violence. Subsection 2 Protection of victims and witnesses Rule 87 Protective measures 1. Upon the motion of the Prosecutor or the defence or upon the request of a witness or a victim or his or her legal representative, if any, or on its own motion, and after having consulted with the Victims and Witnesses Unit, as appropriate, a Chamber may order measures to protect a victim, a witness or another person at risk on account of testimony given by a witness pursuant to article 68, paragraphs 1and 2. The Chamber shall seek to obtain, whenever possible, the consent of the person in respect of whom the protective measure is sought prior to ordering the protective measure. 2. A motion or request under sub-rule 1 shall be governed by rule 134, provided that: (a) Such a motion or request shall not be submitted ex parte; (b) A request by a witness or by a victim or his or her legal representative, if any, shall be served on both the Prosecutor and the defence, each of whom shall have the opportunity to respond;

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(c) A motion or request affecting a particular witness or a particular victim shall be served on that witness or victim or his or her legal representative, if any, in addition to the other party, each of whom shall have the opportunity to respond; (d) When the Chamber proceeds on its own motion, notice and opportunity to respond shall be given to the Prosecutor and the defence, and to any witness or any victim or his or her legal representative, if any, who would be affected by such protective measure; and (e) A motion or request may be filed under seal, and, if so filed, shall remain sealed until otherwise ordered by a Chamber. Responses to motions or requests filed under seal shall also be filed under seal. 3. A Chamber may, on a motion or request under sub-rule 1, hold a hearing, which shall be conducted in camera, to determine whether to order measures to prevent the release to the public or press and information agencies, of the identity or the location of a victim, a witness or other person at risk on account of testimony given by a witness by ordering, inter alia: (a) That the name of the victim, witness or other person at risk on account of testimony given by a witness or any information which could lead to his or her identification, be expunged from the public records of the Chamber; (b) That the Prosecutor, the defence or any other participant in the proceedings be prohibited from disclosing such information to a third party; (c) That testimony be presented by electronic or other special means, including the use of technical means enabling the alteration of pictures or voice, the use of audio-visual technology, in particular videoconferencing and closed-circuit television, and the exclusive use of the sound media; (d) That a pseudonym be used for a victim, a witness or other person at risk on account of testimony given by a witness; or (e) That a Chamber conduct part of its proceedings in camera. Rule 88 Special measures 1. Upon the motion of the Prosecutor or the defence, or upon the request of a witness or a victim or his or her legal representative, if any, or on its own motion, and after having consulted with the Victims and Witnesses Unit, as appropriate, a Chamber may, taking into account the views of the victim or witness, order special measures such as, but not limited to, measures to facilitate the testimony of a traumatized victim or witness, a child, an elderly person or a victim of sexual violence, pursuant to article 68, paragraphs 1 and 2. The Chamber shall seek to obtain, whenever possible, the consent of the person in respect of whom the special measure is sought prior to ordering that measure. 2. A Chamber may hold a hearing on a motion or a request under sub-rule 1, if necessary in camera or ex parte, to determine whether to order any such special measure, including but not limited to an order that a counsel, a legal representative, a

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psychologist or a family member be permitted to attend during the testimony of the victim or the witness. 3. For inter partes motions or requests filed under this rule, the provisions of rule 87, sub-rules 2 (b) to (d), shall apply mutatis mutandis. 4. A motion or request filed under this rule may be filed under seal, and if so filed shall remain sealed until otherwise ordered by a Chamber. Any responses to inter partes motions or requests filed under seal shall also be filed under seal. 5. Taking into consideration that violations of the privacy of a witness or victim may create risk to his or her security, a Chamber shall be vigilant in controlling the manner of questioning a witness or victim so as to avoid any harassment or intimidation, paying particular attention to attacks on victims of crimes of sexual violence. Subsection 3 Participation of victims in the proceedings Rule 89 Application for participation of victims in the proceedings 1. In order to present their views and concerns, victims shall make written application to the Registrar, who shall transmit the application to the relevant Chamber. Subject to the provisions of the Statute, in particular article 68, paragraph 1, the Registrar shall provide a copy of the application to the Prosecutor and the defence, who shall be entitled to reply within a time limit to be set by the Chamber. Subject to the provisions of sub-rule 2, the Chamber shall then specify the proceedings and manner in which participation is considered appropriate, which may include making opening and closing statements. 2. The Chamber, on its own initiative or on the application of the Prosecutor or the defence, may reject the application if it considers that the person is not a victim or that the criteria set forth in article 68, paragraph 3, are not otherwise fulfilled. A victim whose application has been rejected may file a new application later in the proceedings. 3. An application referred to in this rule may also be made by a person acting with the consent of the victim, or a person acting on behalf of a victim, in the case of a victim who is a child or, when necessary, a victim who is disabled. 4. Where there are a number of applications, the Chamber may consider the applications in such a manner as to ensure the effectiveness of the proceedings and may issue one decision. Rule 90 Legal representatives of victims 1. A victim shall be free to choose a legal representative. 2. Where there are a number of victims, the Chamber may, for the purposes of ensuring the effectiveness of the proceedings, request the victims or particular groups of

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victims, if necessary with the assistance of the Registry, to choose a common legal representative or representatives. In facilitating the coordination of victim representation, the Registry may provide assistance, inter alia, by referring the victims to a list of counsel, maintained by the Registry, or suggesting one or more common legal representatives. 3. If the victims are unable to choose a common legal representative or representatives within a time limit that the Chamber may decide, the Chamber may request the Registrar to choose one or more common legal representatives. 4. The Chamber and the Registry shall take all reasonable steps to ensure that in the selection of common legal representatives, the distinct interests of the victims, particularly as provided in article 68, paragraph 1, are represented and that any conflict of interest is avoided. 5. A victim or group of victims who lack the necessary means to pay for a common legal representative chosen by the Court may receive assistance from the Registry, including, as appropriate, financial assistance. 6. A legal representative of a victim or victims shall have the qualifications set forth in rule 22, sub-rule 1.

Rule 91 Participation of legal representatives in the proceedings 1. A Chamber may modify a previous ruling under rule 89. 2. A legal representative of a victim shall be entitled to attend and participate in the proceedings in accordance with the terms of the ruling of the Chamber and any modification thereof given under rules 89 and 90. This shall include participation in hearings unless, in the circumstances of the case, the Chamber concerned is of the view that the representative.s intervention should be confined to written observations or submissions. The Prosecutor and the defence shall be allowed to reply to any oral or written observation by the legal representative for victims. 3. (a) When a legal representative attends and participates in accordance with this rule, and wishes to question a witness, including questioning under rules 67 and 68, an expert or the accused, the legal representative must make application to the Chamber. The Chamber may require the legal representative to provide a written note of the questions and in that case the questions shall be communicated to the Prosecutor and, if appropriate, the defence, who shall be allowed to make observations within a time limit set by the Chamber. (b) The Chamber shall then issue a ruling on the request, taking into account the stage of the proceedings, the rights of the accused, the interests of witnesses, the need for a fair, impartial and expeditious trial and in order to give effect to article 68, paragraph 3. The ruling may include directions on the manner and order of the questions and the production of documents in accordance with the powers of the Chamber under article 64. The Chamber may, if it considers it appropriate, put the question to the witness, expert or accused on behalf of the victim.s legal representative.

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4. For a hearing limited to reparations under article 75, the restrictions on questioning by the legal representative set forth in sub-rule 2 shall not apply. In that case, the legal representative may, with the permission of the Chamber concerned, question witnesses, experts and the person concerned.

Rule 92 Notification to victims and their legal representatives 1. This rule on notification to victims and their legal representatives shall apply to all proceedings before the Court, except in proceedings provided for in Part 2. 2. In order to allow victims to apply for participation in the proceedings in accordance with rule 89, the Court shall notify victims concerning the decision of the Prosecutor not to initiate an investigation or not to prosecute pursuant to article 53. Such a notification shall be given to victims or their legal representatives who have already participated in the proceedings or, as far as possible, to those who have communicated with the Court in respect of the situation or case in question. The Chamber may order the measures outlined in sub-rule 8 if it considers it appropriate in the particular circumstances. 3. In order to allow victims to apply for participation in the proceedings in accordance with rule 89, the Court shall notify victims regarding its decision to hold a hearing to confirm charges pursuant to article 61. Such a notification shall be given to victims or their legal representatives who have already participated in the proceedings or, as far as possible, to those who have communicated with the Court in respect of the case in question. 4. When a notification for participation as provided for in sub-rules 2 and 3 has been given, any subsequent notification as referred to in sub-rules 5 and 6 shall only be provided to victims or their legal representatives who may participate in the proceedings in accordance with a ruling of the Chamber pursuant to rule 89 and any modification thereof. 5. In a manner consistent with the ruling made under rules 89 to 91, victims or their legal representatives participating in proceedings shall, in respect of those proceedings, be notified by the Registrar in a timely manner of: (a) Proceedings before the Court, including the date of hearings and any postponements thereof, and the date of delivery of the decision; (b) Requests, submissions, motions and other documents relating to such requests, submissions or motions. 6. Where victims or their legal representatives have participated in a certain stage of the proceedings, the Registrar shall notify them as soon as possible of the decisions of the Court in those proceedings. 7. Notifications as referred to in sub-rules 5 and 6 shall be in writing or, where written notification is not possible, in any other form as appropriate. The Registry shall keep a record of all notifications. Where necessary, the Registrar may seek the cooperation of States Parties in accordance with article 93, paragraph 1 (d) and (l).

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8. For notification as referred to in sub-rule 3 and otherwise at the request of a Chamber, the Registrar shall take necessary measures to give adequate publicity to the proceedings. In doing so, the Registrar may seek, in accordance with Part 9, the cooperation of relevant States Parties, and seek the assistance of intergovernmental organizations. Rule 93 Views of victims or their legal representatives A Chamber may seek the views of victims or their legal representatives participating pursuant to rules 89 to 91 on any issue, inter alia, in relation to issues referred to in rules 107, 109, 125, 128, 136, 139 and 191. In addition, a Chamber may seek the views of other victims, as appropriate. Subsection 4 Reparations to victims Rule 94 Procedure upon request 1. A victim.s request for reparations under article 75 shall be made in writing and filed with the Registrar. It shall contain the following particulars: (a) The identity and address of the claimant; (b) A description of the injury, loss or harm; (c) The location and date of the incident and, to the extent possible, the identity of the person or persons the victim believes to be responsible for the injury, loss or harm; (d) Where restitution of assets, property or other tangible items is sought, a description of them; (e) Claims for compensation; (f) Claims for rehabilitation and other forms of remedy; (g) To the extent possible, any relevant supporting documentation, including names and addresses of witnesses. 2. At commencement of the trial and subject to any protective measures, the Court shall ask the Registrar to provide notification of the request to the person or persons named in the request or identified in the charges and, to the extent possible, to any interested persons or any interested States. Those notified shall file with the Registry any representation made under article 75, paragraph 3. Rule 95 Procedure on the motion of the Court 1. In cases where the Court intends to proceed on its own motion pursuant to article 75, paragraph 1, it shall ask the Registrar to provide notification of its intention to

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the person or persons against whom the Court is considering making a determination, and, to the extent possible, to victims, interested persons and interested States. Those notified shall file with the Registry any representation made under article 75, paragraph 3. 2. If, as a result of notification under sub-rule 1: (a) A victim makes a request for reparations, that request will be determined as if it had been brought under rule 94; (b) A victim requests that the Court does not make an order for reparations, the Court shall not proceed to make an individual order in respect of that victim. Rule 96 Publication of reparation proceedings 1. Without prejudice to any other rules on notification of proceedings, the Registrar shall, insofar as practicable, notify the victims or their legal representatives and the person or persons concerned. The Registrar shall also, having regard to any information provided by the Prosecutor, take all the necessary measures to give adequate publicity of the reparation proceedings before the Court, to the extent possible, to other victims, interested persons and interested States. 2. In taking the measures described in sub-rule 1, the Court may seek, in accordance with Part 9, the cooperation of relevant States Parties, and seek the assistance of intergovernmental organizations in order to give publicity, as widely as possible and by all possible means, to the reparation proceedings before the Court. Rule 97 Assessment of reparations 1. Taking into account the scope and extent of any damage, loss or injury, the Court may award reparations on an individualized basis or, where it deems it appropriate, on a collective basis or both. 2. At the request of victims or their legal representatives, or at the request of the convicted person, or on its own motion, the Court may appoint appropriate experts to assist it in determining the scope, extent of any damage, loss and injury to, or in respect of victims and to suggest various options concerning the appropriate types and modalities of reparations. The Court shall invite, as appropriate, victims or their legal representatives, the convicted person as well as interested persons and interested States to make observations on the reports of the experts. 3. In all cases, the Court shall respect the rights of victims and the convicted person. Rule 98 Trust Fund 1. Individual awards for reparations shall be made directly against a convicted person.

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2. The Court may order that an award for reparations against a convicted person be deposited with the Trust Fund where at the time of making the order it is impossible or impracticable to make individual awards directly to each victim. The award for reparations thus deposited in the Trust Fund shall be separated from other resources of the Trust Fund and shall be forwarded to each victim as soon as possible. 3. The Court may order that an award for reparations against a convicted person be made through the Trust Fund where the number of the victims and the scope, forms and modalities of reparations makes a collective award more appropriate. 4. Following consultations with interested States and the Trust Fund, the Court may order that an award for reparations be made through the Trust Fund to an intergovernmental, international or national organization approved by the Trust Fund. 5. Other resources of the Trust Fund may be used for the benefit of victims subject to the provisions of article 79. Rule 99 Cooperation and protective measures for the purpose of forfeiture under articles 57, paragraph 3 (e), and 75, paragraph 4 1. The Pre-Trial Chamber, pursuant to article 57, paragraph 3 (e), or the Trial Chamber, pursuant to article 75, paragraph 4, may, on its own motion or on the application of the Prosecutor or at the request of the victims or their legal representatives who have made a request for reparations or who have given a written undertaking to do so, determine whether measures should be requested. 2. Notice is not required unless the Court determines, in the particular circumstances of the case, that notification could not jeopardize the effectiveness of the measures requested. In the latter case, the Registrar shall provide notification of the proceedings to the person against whom a request is made and so far as is possible to any interested persons or interested States. 3. If an order is made without prior notification, the relevant Chamber shall request the Registrar, as soon as is consistent with the effectiveness of the measures requested, to notify those against whom a request is made and, to the extent possible, to any interested persons or any interested States and invite them to make observations as to whether the order should be revoked or otherwise modified. 4. The Court may make orders as to the timing and conduct of any proceedings necessary to determine these issues.

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SECTION IV MISCELLANEOUS PROVISIONS Rule 100 Place of the proceedings 1. In a particular case, where the Court considers that it would be in the interests of justice, it may decide to sit in a State other than the host State. 2. An application or recommendation changing the place where the Court sits may be filed at any time after the initiation of an investigation, either by the Prosecutor, the defence or by a majority of the judges of the Court. Such an application or recommendation shall be addressed to the Presidency. It shall be made in writing and specify in which State the Court would sit. The Presidency shall satisfy itself of the views of the relevant Chamber. 3. The Presidency shall consult the State where the Court intends to sit. If that State agrees that the Court can sit in that State, then the decision to sit in a State other than the host State shall be taken by the judges, in plenary session, by a twothirds majority. Rule 101 Time limits 1. In making any order setting time limits regarding the conduct of any proceedings, the Court shall have regard to the need to facilitate fair and expeditious proceedings, bearing in mind in particular the rights of the defence and the victims. 2. Taking into account the rights of the accused, in particular under article 67, paragraph (1) (c), all those participating in the proceedings to whom any order is directed shall endeavour to act as expeditiously as possible, within the time limit ordered by the Court. Rule 102 Communications other than in writing Where a person is unable, due to a disability or illiteracy, to make a written request, application, observation or other communication to the Court, the person may make such request, application, observation or communication in audio, video or other electronic form. Rule 103 Amicus curiae and other forms of submission 1. At any stage of the proceedings, a Chamber may, if it considers it desirable for the proper determination of the case, invite or grant leave to a State, organization or person to submit, in writing or orally, any observation on any issue that the Chamber deems appropriate.

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2. The Prosecutor and the defence shall have the opportunity to respond to the observations submitted under sub-rule 1. 3. A written observation submitted under sub-rule 1 shall be filed with the Registrar, who shall provide copies to the Prosecutor and the defence. The Chamber shall determine what time limits shall apply to the filing of such observations.

CHAPTER 5 INVESTIGATION AND PROSECUTION SECTION I DECISION OF THE PROSECUTOR REGARDING THE INITIATION OF AN INVESTIGATION UNDER ARTICLE 53, PARAGRAPHS 1 AND 2 Rule 104 Evaluation of information by the Prosecutor 1. In acting pursuant to article 53, paragraph 1, the Prosecutor shall, in evaluating the information made available to him or her, analyse the seriousness of the information received. 2. For the purposes of sub-rule 1, the Prosecutor may seek additional information from States, organs of the United Nations, intergovernmental and non-governmental organizations, or other reliable sources that he or she deems appropriate, and may receive written or oral testimony at the seat of the Court. The procedure set out in rule 47 shall apply to the receiving of such testimony. Rule 105 Notification of a decision by the Prosecutor not to initiate an investigation 1. When the Prosecutor decides not to initiate an investigation under article 53, paragraph 1, he or she shall promptly inform in writing the State or States that referred a situation under article 14, or the Security Council in respect of a situation covered by article 13, paragraph (b). 2. When the Prosecutor decides not to submit to the Pre-Trial Chamber a request for authorization of an investigation, rule 49 shall apply. 3. The notification referred to in sub-rule 1 shall contain the conclusion of the Prosecutor and, having regard to article 68, paragraph 1, the reasons for the conclusion. 4. In case the Prosecutor decides not to investigate solely on the basis of article 53, paragraph 1 (c), he or she shall inform in writing the Pre-Trial Chamber promptly after making that decision. 5. The notification shall contain the conclusion of the Prosecutor and the reasons for the conclusion.

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Rule 106 Notification of a decision by the Prosecutor not to prosecute 1. When the Prosecutor decides that there is not a sufficient basis for prosecution under article 53, paragraph 2, he or she shall promptly inform in writing the PreTrial Chamber, together with the State or States that referred a situation under article 14, or the Security Council in respect of a situation covered by article 13, paragraph (b). 2. The notifications referred to in sub-rule 1 shall contain the conclusion of the Prosecutor and, having regard to article 68, paragraph 1, the reasons for the conclusion.

SECTION II PROCEDURE UNDER ARTICLE 53, PARAGRAPH 3 Rule 107 Request for review under article 53, paragraph 3 (a) 1. A request under article 53, paragraph 3, for a review of a decision by the Prosecutor not to initiate an investigation or not to prosecute shall be made in writing, and be supported with reasons, within 90 days following the notification given under rule 105 or 106. 2. The Pre-Trial Chamber may request the Prosecutor to transmit the information or documents in his or her possession, or summaries thereof, that the Chamber considers necessary for the conduct of the review. 3. The Pre-Trial Chamber shall take such measures as are necessary under articles 54, 72 and 93 to protect the information and documents referred to in subrule 2 and, under article 68, paragraph 5, to protect the safety of witnesses and victims and members of their families. 4. When a State or the Security Council makes a request referred to in sub-rule 1, the Pre-Trial Chamber may seek further observations from them. 5. Where an issue of jurisdiction or admissibility of the case is raised, rule 59 shall apply.

Rule 108 Decision of the Pre-Trial Chamber under article 53, paragraph 3 (a) 1. A decision of the Pre-Trial Chamber under article 53, paragraph 3 (a), must be concurred in by a majority of its judges and shall contain reasons. It shall be communicated to all those who participated in the review. 2. Where the Pre-Trial Chamber requests the Prosecutor to review, in whole or in part, his or her decision not to initiate an investigation or not to prosecute, the Prosecutor shall reconsider that decision as soon as possible.

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3. Once the Prosecutor has taken a final decision, he or she shall notify the Pre-Trial Chamber in writing. This notification shall contain the conclusion of the Prosecutor and the reasons for the conclusion. It shall be communicated to all those who participated in the review.

Rule 109 Review by the Pre-Trial Chamber under article 53, paragraph 3 (b) 1. Within 180 days following a notification given under rule 105 or 106, the PreTrial Chamber may on its own initiative decide to review a decision of the Prosecutor taken solely under article 53, paragraph 1 (c) or 2 (c). The Pre-Trial Chamber shall inform the Prosecutor of its intention to review his or her decision and shall establish a time limit within which the Prosecutor may submit observations and other material. 2. In cases where a request has been submitted to the Pre-Trial Chamber by a State or by the Security Council, they shall also be informed and may submit observations in accordance with rule 107.

Rule 110 Decision by the Pre-Trial Chamber under article 53, paragraph 3 (b) 1. A decision by the Pre-Trial Chamber to confirm or not to confirm a decision taken by the Prosecutor solely under article 53, paragraph 1 (c) or 2 (c), must be concurred in by a majority of its judges and shall contain reasons. It shall be communicated to all those who participated in the review. 2. When the Pre-Trial Chamber does not confirm the decision by the Prosecutor referred to in sub-rule 1, he or she shall proceed with the investigation or prosecution.

SECTION III COLLECTION OF EVIDENCE Rule 111 Record of questioning in general 1. A record shall be made of formal statements made by any person who is questioned in connection with an investigation or with proceedings. The record shall be signed by the person who records and conducts the questioning and by the person who is questioned and his or her counsel, if present, and, where applicable, the Prosecutor or the judge who is present. The record shall note the date, time and place of, and all persons present during the questioning. It shall also be noted when someone has not signed the record as well as the reasons therefor. 2. When the Prosecutor or national authorities question a person, due regard shall be given to article 55. When a person is informed of his or her rights under article

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55, paragraph 2, the fact that this information has been provided shall be noted in the record.

Rule 112 Recording of questioning in particular cases 1. Whenever the Prosecutor questions a person to whom article 55, paragraph 2, applies, or for whom a warrant of arrest or a summons to appear has been issued under article 58, paragraph 7, the questioning shall be audio- or video-recorded, in accordance with the following procedure: (a) The person questioned shall be informed, in a language he or she fully understands and speaks, that the questioning is to be audio- or video-recorded, and that the person concerned may object if he or she so wishes. The fact that this information has been provided and the response given by the person concerned shall be noted in the record. The person may, before replying, speak in private with his or her counsel, if present. If the person questioned refuses to be audio- or videorecorded, the procedure in rule 111 shall be followed; (b) A waiver of the right to be questioned in the presence of counsel shall be recorded in writing and, if possible, be audio- or video-recorded; (c) In the event of an interruption in the course of questioning, the fact and the time of the interruption shall be recorded before the audio- or video-recording ends as well as the time of resumption of the questioning; (d) At the conclusion of the questioning, the person questioned shall be offered the opportunity to clarify anything he or she has said and to add anything he or she may wish. The time of conclusion of the questioning shall be noted; (e) The tape shall be transcribed as soon as practicable after the conclusion of the questioning and a copy of the transcript supplied to the person questioned together with a copy of the recorded tape or, if multiple recording apparatus was used, one of the original recorded tapes; (f) The original tape or one of the original tapes shall be sealed in the presence of the person questioned and his or her counsel, if present, under the signature of the Prosecutor and the person questioned and the counsel, if present. 2. The Prosecutor shall make every reasonable effort to record the questioning in accordance with sub-rule 1. As an exception, a person may be questioned without the questioning being audio- or video-recorded where the circumstances prevent such recording taking place. In this case, the reasons for not recording the questioning shall be stated in writing and the procedure in rule 111 shall be followed. 3. When, pursuant to sub-rule 1 (a) or 2, the questioning is not audio- or videorecorded, the person questioned shall be provided with a copy of his or her statement. 4. The Prosecutor may choose to follow the procedure in this rule when questioning other persons than those mentioned in sub-rule 1, in particular where the use of such procedures could assist in reducing any subsequent traumatization of a victim

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of sexual or gender violence, a child or a person with disabilities in providing their evidence. The Prosecutor may make an application to the relevant Chamber. 5. The Pre-Trial Chamber may, in pursuance of article 56, paragraph 2, order that the procedure in this rule be applied to the questioning of any person.

Rule 113 Collection of information regarding the state of health of the person concerned 1. The Pre-Trial Chamber may, on its own initiative or at the request of the Prosecutor, the person concerned or his or her counsel, order that a person having the rights in article 55, paragraph 2, be given a medical, psychological or psychiatric examination. In making its determination, the Pre-Trial Chamber shall consider the nature and purpose of the examination and whether the person consents to the examination. 2. The Pre-Trial Chamber shall appoint one or more experts from the list of experts approved by the Registrar, or an expert approved by the Pre-Trial Chamber at the request of a party.

Rule 114 Unique investigative opportunity under article 56 1. Upon being advised by the Prosecutor in accordance with article 56, paragraph 1 (a), the Pre-Trial Chamber shall hold consultations without delay with the Prosecutor and, subject to the provisions of article 56, paragraph 1 (c), with the person who has been arrested or who has appeared before the Court pursuant to summons and his or her counsel, in order to determine the measures to be taken and the modalities of their implementation, which may include measures to ensure that the right to communicate under article 67, paragraph 1 (b), is protected. 2. A decision of the Pre-Trial Chamber to take measures pursuant to article 56, paragraph 3, must be concurred in by a majority of its judges after consultations with the Prosecutor. During the consultations, the Prosecutor may advise the Pre-Trial Chamber that intended measures could jeopardize the proper conduct of the investigation.

Rule 115 Collection of evidence in the territory of a State Party under article 57, paragraph 3 (d) 1. Where the Prosecutor considers that article 57, paragraph 3 (d), applies, the Prosecutor may submit a written request to the Pre-Trial Chamber for authorization to take certain measures in the territory of the State Party in question. After a submission of such a request, the Pre-Trial Chamber shall, whenever possible, inform and invite views from the State Party concerned.

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2. In arriving at its determination as to whether the request is well founded, the PreTrial Chamber shall take into account any views expressed by the State Party concerned. The Pre-Trial Chamber may, on its own initiative or at the request of the Prosecutor or the State Party concerned, decide to hold a hearing. 3. An authorization under article 57, paragraph 3 (d), shall be issued in the form of an order and shall state the reasons, based on the criteria set forth in that paragraph. The order may specify procedures to be followed in carrying out such collection of evidence.

Rule 116 Collection of evidence at the request of the defence under article 57, paragraph 3 (b) 1. The Pre-Trial Chamber shall issue an order or seek cooperation under article 57, paragraph 3 (b), where it is satisfied: (a) That such an order would facilitate the collection of evidence that may be material to the proper determination of the issues being adjudicated, or to the proper preparation of the person’s defence; and (b) In a case of cooperation under Part 9, that sufficient information to comply with article 96, paragraph 2, has been provided. 2. Before taking a decision whether to issue an order or seek cooperation under article 57, paragraph 3 (b), the Pre-Trial Chamber may seek the views of the Prosecutor.

SECTION IV PROCEDURES IN RESPECT OF RESTRICTION AND DEPRIVATION OF LIBERTY Rule 117 Detention in the custodial State 1. The Court shall take measures to ensure that it is informed of the arrest of a person in response to a request made by the Court under article 89 or 92. Once so informed, the Court shall ensure that the person receives a copy of the arrest warrant issued by the Pre-Trial Chamber under article 58 and any relevant provisions of the Statute. The documents shall be made available in a language that the person fully understands and speaks. 2. At any time after arrest, the person may make a request to the Pre-Trial Chamber for the appointment of counsel to assist with proceedings before the Court and the Pre-Trial Chamber shall take a decision on such request. 3. A challenge as to whether the warrant of arrest was properly issued in accordance with article 58, paragraph 1 (a) and (b), shall be made in writing to the Pre-Trial Chamber. The application shall set out the basis for the challenge. After having

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obtained the views of the Prosecutor, the Pre-Trial Chamber shall decide on the application without delay. 4. When the competent authority of the custodial State notifies the Pre-Trial Chamber that a request for release has been made by the person arrested, in accordance with article 59, paragraph 5, the Pre-Trial Chamber shall provide its recommendations within any time limit set by the custodial State. 5. When the Pre-Trial Chamber is informed that the person has been granted interim release by the competent authority of the custodial State, the Pre-Trial Chamber shall inform the custodial State how and when it would like to receive periodic reports on the status of the interim release. Rule 118 Pre-trial detention at the seat of the Court 1. If the person surrendered to the Court makes an initial request for interim release pending trial, either upon first appearance in accordance with rule 121 or subsequently, the Pre-Trial Chamber shall decide upon the request without delay, after seeking the views of the Prosecutor. 2. The Pre-Trial Chamber shall review its ruling on the release or detention of a person in accordance with article 60, paragraph 3, at least every 120 days and may do so at any time on the request of the person or the Prosecutor. 3. After the first appearance, a request for interim release must be made in writing. The Prosecutor shall be given notice of such a request. The Pre-Trial Chamber shall decide after having received observations in writing of the Prosecutor and the detained person. The Pre-Trial Chamber may decide to hold a hearing, at the request of the Prosecutor or the detained person or on its own initiative. A hearing must be held at least once every year. Rule 119 Conditional release 1. The Pre-Trial Chamber may set one or more conditions restricting liberty, including the following: (a) The person must not travel beyond territorial limits set by the Pre-Trial Chamber without the explicit agreement of the Chamber; (b) The person must not go to certain places or associate with certain persons as specified by the Pre-Trial Chamber; (c) The person must not contact directly or indirectly victims or witnesses; (d) The person must not engage in certain professional activities; (e) The person must reside at a particular address as specified by the Pre-Trial Chamber; (f) The person must respond when summoned by an authority or qualified person designated by the Pre-Trial Chamber;

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(g) The person must post bond or provide real or personal security or surety, for which the amount and the schedule and mode of payment shall be determined by the Pre-Trial Chamber; (h) The person must supply the Registrar with all identity documents, particularly his or her passport. 2. At the request of the person concerned or the Prosecutor or on its own initiative, the Pre-Trial Chamber may at any time decide to amend the conditions set pursuant to sub-rule 1. 3. Before imposing or amending any conditions restricting liberty, the Pre-Trial Chamber shall seek the views of the Prosecutor, the person concerned, any relevant State and victims that have communicated with the Court in that case and whom the Chamber considers could be at risk as a result of a release or conditions imposed. 4. If the Pre-Trial Chamber is convinced that the person concerned has failed to comply with one or more of the obligations imposed, it may, on such basis, at the request of the Prosecutor or on its own initiative, issue a warrant of arrest in respect of the person. 5. When the Pre-Trial Chamber issues a summons to appear pursuant to article 58, paragraph 7, and intends to set conditions restricting liberty, it shall ascertain the relevant provisions of the national law of the State receiving the summons. In a manner that is in keeping with the national law of the State receiving the summons, the Pre-Trial Chamber shall proceed in accordance with sub-rules 1, 2 and 3. If the Pre-Trial Chamber receives information that the person concerned has failed to comply with conditions imposed, it shall proceed in accordance with subrule 4. Rule 120 Instruments of restraint Personal instruments of restraint shall not be used except as a precaution against escape, for the protection of the person in the custody of the Court and others or for other security reasons, and shall be removed when the person appears before a Chamber. SECTION V PROCEEDINGS WITH REGARD TO THE CONFIRMATION OF CHARGES UNDER ARTICLE 61 Rule 121 Proceedings before the confirmation hearing 1. A person subject to a warrant of arrest or a summons to appear under article 58 shall appear before the Pre-Trial Chamber, in the presence of the Prosecutor, promptly upon arriving at the Court. Subject to the provisions of articles 60 and 61, the person shall enjoy the rights set forth in article 67. At this first appearance,

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the Pre-Trial Chamber shall set the date on which it intends to hold a hearing to confirm the charges. It shall ensure that this date, and any postponements under sub-rule 7, are made public. 2. In accordance with article 61, paragraph 3, the Pre-Trial Chamber shall take the necessary decisions regarding disclosure between the Prosecutor and the person in respect of whom a warrant of arrest or a summons to appear has been issued. During disclosure: (a) The person concerned may be assisted or represented by the counsel of his or her choice or by a counsel assigned to him or her; (b) The Pre-Trial Chamber shall hold status conferences to ensure that disclosure takes place under satisfactory conditions. For each case, a judge of the PreTrial Chamber shall be appointed to organize such status conferences, on his or her own motion, or at the request of the Prosecutor or the person; (c) All evidence disclosed between the Prosecutor and the person for the purposes of the confirmation hearing shall be communicated to the Pre-Trial Chamber. 3. The Prosecutor shall provide to the Pre-Trial Chamber and the person, no later than 30 days before the date of the confirmation hearing, a detailed description of the charges together with a list of the evidence which he or she intends to present at the hearing. 4. Where the Prosecutor intends to amend the charges pursuant to article 61, paragraph 4, he or she shall notify the Pre-Trial Chamber and the person no later than 15 days before the date of the hearing of the amended charges together with a list of evidence that the Prosecutor intends to bring in support of those charges at the hearing. 5. Where the Prosecutor intends to present new evidence at the hearing, he or she shall provide the Pre-Trial Chamber and the person with a list of that evidence no later than 15 days before the date of the hearing. 6. If the person intends to present evidence under article 61, paragraph 6, he or she shall provide a list of that evidence to the Pre-Trial Chamber no later than 15 days before the date of the hearing. The Pre-Trial Chamber shall transmit the list to the Prosecutor without delay. The person shall provide a list of evidence that he or she intends to present in response to any amended charges or a new list of evidence provided by the Prosecutor. 7. The Prosecutor or the person may ask the Pre-Trial Chamber to postpone the date of the confirmation hearing. The Pre-Trial Chamber may also, on its own motion, decide to postpone the hearing. 8. The Pre-Trial Chamber shall not take into consideration charges and evidence presented after the time limit, or any extension thereof, has expired. 9. The Prosecutor and the person may lodge written submissions with the Pre-Trial Chamber, on points of fact and on law, including grounds for excluding criminal responsibility set forth in article 31, paragraph 1, no later than three days before the date of the hearing. A copy of these submissions shall be transmitted immediately to the Prosecutor or the person, as the case may be.

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10. The Registry shall create and maintain a full and accurate record of all proceedings before the Pre-Trial Chamber, including all documents transmitted to the Chamber pursuant to this rule. Subject to any restrictions concerning confidentiality and the protection of national security information, the record may be consulted by the Prosecutor, the person and victims or their legal representatives participating in the proceedings pursuant to rules 89 to 91. Rule 122 Proceedings at the confirmation hearing in the presence of the person charged 1. The Presiding Judge of the Pre-Trial Chamber shall ask the officer of the Registry assisting the Chamber to read out the charges as presented by the Prosecutor. The Presiding Judge shall determine how the hearing is to be conducted and, in particular, may establish the order and the conditions under which he or she intends the evidence contained in the record of the proceedings to be presented. 2. If a question or challenge concerning jurisdiction or admissibility arises, rule 58 applies. 3. Before hearing the matter on the merits, the Presiding Judge of the Pre-Trial Chamber shall ask the Prosecutor and the person whether they intend to raise objections or make observations concerning an issue related to the proper conduct of the proceedings prior to the confirmation hearing. 4. At no subsequent point may the objections and observations made under sub-rule 3 be raised or made again in the confirmation or trial proceedings. 5. If objections or observations referred to in sub-rule 3 are presented, the Presiding Judge of the Pre-Trial Chamber shall invite those referred to in sub-rule 3 to present their arguments, in the order which he or she shall establish. The person shall have the right to reply. 6. If the objections raised or observations made are those referred to in sub-rule 3, the Pre-Trial Chamber shall decide whether to join the issue raised with the examination of the charges and the evidence, or to separate them, in which case it shall adjourn the confirmation hearing and render a decision on the issues raised. 7. During the hearing on the merits, the Prosecutor and the person shall present their arguments in accordance with article 61, paragraphs 5 and 6. 8. The Pre-Trial Chamber shall permit the Prosecutor and the person, in that order, to make final observations. 9. Subject to the provisions of article 61, article 69 shall apply mutatis mutandis at the confirmation hearing.

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Anhang F Rule 123 Measures to ensure the presence of the person concerned at the confirmation hearing

1. When a warrant of arrest or summons to appear in accordance with article 58, paragraph 7, has been issued for a person by the Pre-Trial Chamber and the person is arrested or served with the summons, the Pre-Trial Chamber shall ensure that the person is notified of the provisions of article 61, paragraph 2. 2. The Pre-Trial Chamber may hold consultations with the Prosecutor, at the request of the latter or on its own initiative, in order to determine whether there is cause to hold a hearing on confirmation of charges under the conditions set forth in article 61, paragraph 2 (b). When the person concerned has a counsel known to the Court, the consultations shall be held in the presence of the counsel unless the Pre-Trial Chamber decides otherwise. 3. The Pre-Trial Chamber shall ensure that a warrant of arrest for the person concerned has been issued and, if the warrant of arrest has not been executed within a reasonable period of time after the issuance of the warrant, that all reasonable measures have been taken to locate and arrest the person. Rule 124 Waiver of the right to be present at the confirmation hearing 1. If the person concerned is available to the Court but wishes to waive the right to be present at the hearing on confirmation of charges, he or she shall submit a written request to the Pre-Trial Chamber, which may then hold consultations with the Prosecutor and the person concerned, assisted or represented by his or her counsel. 2. A confirmation hearing pursuant to article 61, paragraph 2 (a), shall only be held when the Pre-Trial Chamber is satisfied that the person concerned understands the right to be present at the hearing and the consequences of waiving this right. 3. The Pre-Trial Chamber may authorize and make provision for the person to observe the hearing from outside the courtroom through the use of communications technology, if required. 4. The waiving of the right to be present at the hearing does not prevent the Pre-Trial Chamber from receiving written observations on issues before the Chamber from the person concerned. Rule 125 Decision to hold the confirmation hearing in the absence of the person concerned 1. After holding consultations under rules 123 and 124, the Pre-Trial Chamber shall decide whether there is cause to hold a hearing on confirmation of charges in the absence of the person concerned, and in that case, whether the person may be represented by counsel. The Pre-Trial Chamber shall, when appropriate, set a date for the hearing and make the date public.

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2. The decision of the Pre-Trial Chamber shall be notified to the Prosecutor and, if possible, to the person concerned or his or her counsel. 3. If the Pre-Trial Chamber decides not to hold a hearing on confirmation of charges in the absence of the person concerned, and the person is not available to the Court, the confirmation of charges may not take place until the person is available to the Court. The Pre-Trial Chamber may review its decision at any time, at the request of the Prosecutor or on its own initiative. 4. If the Pre-Trial Chamber decides not to hold a hearing on confirmation of charges in the absence of the person concerned, and the person is available to the Court, it shall order the person to appear. Rule 126 Confirmation hearing in the absence of the person concerned 1. The provisions of rules 121 and 122 shall apply mutatis mutandis to the preparation for and holding of a hearing on confirmation of charges in the absence of the person concerned. 2. If the Pre-Trial Chamber has determined that the person concerned shall be represented by counsel, the counsel shall have the opportunity to exercise the rights of that person. 3. When the person who has fled is subsequently arrested and the Court has confirmed the charges upon which the Prosecutor intends to pursue the trial, the person charged shall be committed to the Trial Chamber established under article 61, paragraph 11. The person charged may request in writing that the Trial Chamber refer issues to the Pre-Trial Chamber that are necessary for the Chamber.s effective and fair functioning in accordance with article 64, paragraph 4. SECTION VI CLOSURE OF THE PRE-TRIAL PHASE Rule 127 Procedure in the event of different decisions on multiple charges If the Pre-Trial Chamber is ready to confirm some of the charges but adjourns the hearing on other charges under article 61, paragraph 7 (c), it may decide that the committal of the person concerned to the Trial Chamber on the charges that it is ready to confirm shall be deferred pending the continuation of the hearing. The Pre-Trial Chamber may then establish a time limit within which the Prosecutor may proceed in accordance with article 61, paragraph 7 (c) (i) or (ii).

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Anhang F Rule 128 Amendment of the charges

1. If the Prosecutor seeks to amend charges already confirmed before the trial has begun, in accordance with article 61, the Prosecutor shall make a written request to the Pre-Trial Chamber, and that Chamber shall so notify the accused. 2. Before deciding whether to authorize the amendment, the Pre-Trial Chamber may request the accused and the Prosecutor to submit written observations on certain issues of fact or law. 3. If the Pre-Trial Chamber determines that the amendments proposed by the Prosecutor constitute additional or more serious charges, it shall proceed, as appropriate, in accordance with rules 121 and 122 or rules 123 to 126.

Rule 129 Notification of the decision on the confirmation of charges The decision of the Pre-Trial Chamber on the confirmation of charges and the committal of the accused to the Trial Chamber shall be notified, if possible, to the Prosecutor, the person concerned and his or her counsel. Such decision and the record of the proceedings of the Pre-Trial Chamber shall be transmitted to the Presidency.

Rule 130 Constitution of the Trial Chamber When the Presidency constitutes a Trial Chamber and refers the case to it, the Presidency shall transmit the decision of the Pre-Trial Chamber and the record of the proceedings to the Trial Chamber. The Presidency may also refer the case to a previously constituted Trial Chamber.

CHAPTER 6 TRIAL PROCEDURE Rule 131 Record of the proceedings transmitted by the Pre-Trial Chamber 1. The Registrar shall maintain the record of the proceedings transmitted by the PreTrial Chamber, pursuant to rule 121, sub-rule 10. 2. Subject to any restrictions concerning confidentiality and the protection of national security information, the record may be consulted by the Prosecutor, the defence, the representatives of States when they participate in the proceedings, and the victims or their legal representatives participating in the proceedings pursuant to rules 89 to 91.

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Rule 132 Status conferences 1. Promptly after it is constituted, the Trial Chamber shall hold a status conference in order to set the date of the trial. The Trial Chamber, on its own motion, or at the request of the Prosecutor or the defence, may postpone the date of the trial. The Trial Chamber shall notify the trial date to all those participating in the proceedings. The Trial Chamber shall ensure that this date and any postponements are made public. 2. In order to facilitate the fair and expeditious conduct of the proceedings, the Trial Chamber may confer with the parties by holding status conferences as necessary. Rule 133 Motions challenging admissibility or jurisdiction Challenges to the jurisdiction of the Court or the admissibility of the case at the commencement of the trial, or subsequently with the leave of the Court, shall be dealt with by the Presiding Judge and the Trial Chamber in accordance with rule 58. Rule 134 Motions relating to the trial proceedings 1. Prior to the commencement of the trial, the Trial Chamber on its own motion, or at the request of the Prosecutor or the defence, may rule on any issue concerning the conduct of the proceedings. Any request from the Prosecutor or the defence shall be in writing and, unless the request is for an ex parte procedure, served on the other party. For all requests other than those submitted for an ex parte procedure, the other party shall have the opportunity to file a response. 2. At the commencement of the trial, the Trial Chamber shall ask the Prosecutor and the defence whether they have any objections or observations concerning the conduct of the proceedings which have arisen since the confirmation hearings. Such objections or observations may not be raised or made again on a subsequent occasion in the trial proceedings, without leave of the Trial Chamber in this proceeding. 3. After the commencement of the trial, the Trial Chamber, on its own motion, or at the request of the Prosecutor or the defence, may rule on issues that arise during the course of the trial. Rule 135 Medical examination of the accused 1. The Trial Chamber may, for the purpose of discharging its obligations under article 64, paragraph 8 (a), or for any other reasons, or at the request of a party, order a medical, psychiatric or psychological examination of the accused, under the conditions set forth in rule 113.

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2. The Trial Chamber shall place its reasons for any such order on the record. 3. The Trial Chamber shall appoint one or more experts from the list of experts approved by the Registrar, or an expert approved by the Trial Chamber at the request of a party. 4. Where the Trial Chamber is satisfied that the accused is unfit to stand trial, it shall order that the trial be adjourned. The Trial Chamber may, on its own motion or at the request of the prosecution or the defence, review the case of the accused. In any event, the case shall be reviewed every 120 days unless there are reasons to do otherwise. If necessary, the Trial Chamber may order further examinations of the accused. When the Trial Chamber is satisfied that the accused has become fit to stand trial, it shall proceed in accordance with rule 132. Rule 136 Joint and separate trials 1. Persons accused jointly shall be tried together unless the Trial Chamber, on its own motion or at the request of the Prosecutor or the defence, orders that separate trials are necessary, in order to avoid serious prejudice to the accused, to protect the interests of justice or because a person jointly accused has made an admission of guilt and can be proceeded against in accordance with article 65, paragraph 2. 2. In joint trials, each accused shall be accorded the same rights as if such accused were being tried separately. Rule 137 Record of the trial proceedings 1. In accordance with article 64, paragraph 10, the Registrar shall take measures to make, and preserve, a full and accurate record of all proceedings, including transcripts, audio- and video-recordings and other means of capturing sound or image. 2. A Trial Chamber may order the disclosure of all or part of the record of closed proceedings when the reasons for ordering its non-disclosure no longer exist. 3. The Trial Chamber may authorize persons other than the Registrar to take photographs, audio- and video-recordings and other means of capturing the sound or image of the trial. Rule 138 Custody of evidence The Registrar shall retain and preserve, as necessary, all the evidence and other materials offered during the hearing, subject to any order of the Trial Chamber.

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Rule 139 Decision on admission of guilt 1. After having proceeded in accordance with article 65, paragraph 1, the Trial Chamber, in order to decide whether to proceed in accordance with article 65, paragraph 4, may invite the views of the Prosecutor and the defence. 2. The Trial Chamber shall then make its decision on the admission of guilt and shall give reasons for this decision, which shall be placed on the record.

Rule 140 Directions for the conduct of the proceedings and testimony 1. If the Presiding Judge does not give directions under article 64, paragraph 8, the Prosecutor and the defence shall agree on the order and manner in which the evidence shall be submitted to the Trial Chamber. If no agreement can be reached, the Presiding Judge shall issue directions. 2. In all cases, subject to article 64, paragraphs 8 (b) and 9, article 69, paragraph 4, and rule 88, sub-rule 5, a witness may be questioned as follows: (a) A party that submits evidence in accordance with article 69, paragraph 3, by way of a witness, has the right to question that witness; (b) The prosecution and the defence have the right to question that witness about relevant matters related to the witness.s testimony and its reliability, the credibility of the witness and other relevant matters; (c) The Trial Chamber has the right to question a witness before or after a witness is questioned by a participant referred to in sub-rules 2 (a) or (b); (d) The defence shall have the right to be the last to examine a witness. 3. Unless otherwise ordered by the Trial Chamber, a witness other than an expert, or an investigator if he or she has not yet testified, shall not be present when the testimony of another witness is given. However, a witness who has heard the testimony of another witness shall not for that reason alone be disqualified from testifying. When a witness testifies after hearing the testimony of others, this fact shall be noted in the record and considered by the Trial Chamber when evaluating the evidence.

Rule 141 Closure of evidence and closing statements 1. The Presiding Judge shall declare when the submission of evidence is closed. 2. The Presiding Judge shall invite the Prosecutor and the defence to make their closing statements. The defence shall always have the opportunity to speak last.

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Anhang F Rule 142 Deliberations

1. After the closing statements, the Trial Chamber shall retire to deliberate, in camera. The Trial Chamber shall inform all those who participated in the proceedings of the date on which the Trial Chamber will pronounce its decision. The pronouncement shall be made within a reasonable period of time after the Trial Chamber has retired to deliberate. 2. When there is more than one charge, the Trial Chamber shall decide separately on each charge. When there is more than one accused, the Trial Chamber shall decide separately on the charges against each accused. Rule 143 Additional hearings on matters related to sentence or reparations Pursuant to article 76, paragraphs 2 and 3, for the purpose of holding a further hearing on matters related to sentence and, if applicable, reparations, the Presiding Judge shall set the date of the further hearing. This hearing can be postponed, in exceptional circumstances, by the Trial Chamber, on its own motion or at the request of the Prosecutor, the defence or the legal representatives of the victims participating in the proceedings pursuant to rules 89 to 91 and, in respect of reparations hearings, those victims who have made a request under rule 94. Rule 144 Delivery of the decisions of the Trial Chamber 1. Decisions of the Trial Chamber concerning admissibility of a case, the jurisdiction of the Court, criminal responsibility of the accused, sentence and reparations shall be pronounced in public and, wherever possible, in the presence of the accused, the Prosecutor, the victims or the legal representatives of the victims participating in the proceedings pursuant to rules 89 to 91, and the representatives of the States which have participated in the proceedings. 2. Copies of all the above-mentioned decisions shall be provided as soon as possible to: (a) All those who participated in the proceedings, in a working language of the Court; (b) The accused, in a language he or she fully understands or speaks, if necessary to meet the requirements of fairness under article 67, paragraph 1 (f).

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CHAPTER 7 PENALTIES Rule 145 Determination of sentence 1. In its determination of the sentence pursuant to article 78, paragraph 1, the Court shall: (a) Bear in mind that the totality of any sentence of imprisonment and fine, as the case may be, imposed under article 77 must reflect the culpability of the convicted person; (b) Balance all the relevant factors, including any mitigating and aggravating factors and consider the circumstances both of the convicted person and of the crime; (c) In addition to the factors mentioned in article 78, paragraph 1, give consideration, inter alia, to the extent of the damage caused, in particular the harm caused to the victims and their families, the nature of the unlawful behaviour and the means employed to execute the crime; the degree of participation of the convicted person; the degree of intent; the circumstances of manner, time and location; and the age, education, social and economic condition of the convicted person. 2. In addition to the factors mentioned above, the Court shall take into account, as appropriate: (a) Mitigating circumstances such as: (i) The circumstances falling short of constituting grounds for exclusion of criminal responsibility, such as substantially diminished mental capacity or duress; (ii) The convicted person.s conduct after the act, including any efforts by the person to compensate the victims and any cooperation with the Court; (b) As aggravating circumstances: (i) Any relevant prior criminal convictions for crimes under the jurisdiction of the Court or of a similar nature; (ii) Abuse of power or official capacity; (iii) Commission of the crime where the victim is particularly defenceless; (iv) Commission of the crime with particular cruelty or where there were multiple victims; (v) Commission of the crime for any motive involving discrimination on any of the grounds referred to in article 21, paragraph 3; (vi) Other circumstances which, although not enumerated above, by virtue of their nature are similar to those mentioned. 3. Life imprisonment may be imposed when justified by the extreme gravity of the crime and the individual circumstances of the convicted person, as evidenced by the existence of one or more aggravating circumstances.

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Anhang F Rule 146 Imposition of fines under article 77

1. In determining whether to order a fine under article 77, paragraph 2 (a), and in fixing the amount of the fine, the Court shall determine whether imprisonment is a sufficient penalty. The Court shall give due consideration to the financial capacity of the convicted person, including any orders for forfeiture in accordance with article 77, paragraph 2 (b), and, as appropriate, any orders for reparation in accordance with article 75. The Court shall take into account, in addition to the factors referred to in rule 145, whether and to what degree the crime was motivated by personal financial gain. 2. A fine imposed under article 77, paragraph 2 (a), shall be set at an appropriate level. To this end, the Court shall, in addition to the factors referred to above, in particular take into consideration the damage and injuries caused as well as the proportionate gains derived from the crime by the perpetrator. Under no circumstances may the total amount exceed 75 per cent of the value of the convicted person’s identifiable assets, liquid or realizable, and property, after deduction of an appropriate amount that would satisfy the financial needs of the convicted person and his or her dependants. 3. In imposing a fine, the Court shall allow the convicted person a reasonable period in which to pay the fine. The Court may provide for payment of a lump sum or by way of instalments during that period. 4. In imposing a fine, the Court may, as an option, calculate it according to a system of daily fines. In such cases, the minimum duration shall be 30 days and the maximum duration five years. The Court shall decide the total amount in accordance with sub-rules 1 and 2. It shall determine the amount of daily payment in the light of the individual circumstances of the convicted person, including the financial needs of his or her dependants. 5. If the convicted person does not pay the fine imposed in accordance with the conditions set above, appropriate measures may be taken by the Court pursuant to rules 217 to 222 and in accordance with article 109. Where, in cases of continued wilful non-payment, the Presidency, on its own motion or at the request of the Prosecutor, is satisfied that all available enforcement measures have been exhausted, it may as a last resort extend the term of imprisonment for a period not to exceed a quarter of such term or five years, whichever is less. In the determination of such period of extension, the Presidency shall take into account the amount of the fine, imposed and paid. Any such extension shall not apply in the case of life imprisonment. The extension may not lead to a total period of imprisonment in excess of 30 years. 6. In order to determine whether to order an extension and the period involved, the Presidency shall sit in camera for the purpose of obtaining the views of the sentenced person and the Prosecutor. The sentenced person shall have the right to be assisted by counsel. 7. In imposing a fine, the Court shall warn the convicted person that failure to pay the fine in accordance with the conditions set out above may result in an extension of the period of imprisonment as described in this rule.

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Rule 147 Orders of forfeiture 1. In accordance with article 76, paragraphs 2 and 3, and rules 63, sub-rule 1, and 143, at any hearing to consider an order of forfeiture, Chamber shall hear evidence as to the identification and location of specific proceeds, property or assets which have been derived directly or indirectly from the crime. 2. If before or during the hearing, a Chamber becomes aware of any bona fide third party who appears to have an interest in relevant proceeds, property or assets, it shall give notice to that third party. 3. The Prosecutor, the convicted person and any bona fide third party with an interest in the relevant proceeds, property or assets may submit evidence relevant to the issue. 4. After considering any evidence submitted, a Chamber may issue an order of forfeiture in relation to specific proceeds, property or assets if it is satisfied that these have been derived directly or indirectly from the crime.

Rule 148 Orders to transfer fines or forfeitures to the Trust Fund Before making an order pursuant to article 79, paragraph 2, a Chamber may request the representatives of the Fund to submit written or oral observations to it.

CHAPTER 8 APPEAL AND REVISION SECTION I GENERAL PROVISIONS Rule 149 Rules governing proceedings in the Appeals Chamber Parts 5 and 6 and rules governing proceedings and the submission of evidence in the Pre-Trial and Trial Chambers shall apply mutatis mutandis to proceedings in the Appeals Chamber.

SECTION II APPEALS AGAINST CONVICTIONS, ACQUITTALS, SENTENCES AND REPARATION ORDERS Rule 150 Appeal 1. Subject to sub-rule 2, an appeal against a decision of conviction or acquittal under article 74, a sentence under article 76 or a reparation order under article 75 may

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be filed not later than 30 days from the date on which the party filing the appeal is notified of the decision, the sentence or the reparation order. 2. The Appeals Chamber may extend the time limit set out in sub-rule 1, for good cause, upon the application of the party seeking to file the appeal. 3. The appeal shall be filed with the Registrar. 4. If an appeal is not filed as set out in sub-rules 1 to 3, the decision, the sentence or the reparation order of the Trial Chamber shall become final. Rule 151 Procedure for the appeal 1. Upon the filing of an appeal under rule 150, the Registrar shall transmit the trial record to the Appeals Chamber. 2. The Registrar shall notify all parties who participated in the proceedings before the Trial Chamber that an appeal has been filed. Rule 152 Discontinuance of the appeal 1. Any party who has filed an appeal may discontinue the appeal at any time before judgement has been delivered. In such case, the party shall file with the Registrar a written notice of discontinuance of appeal. The Registrar shall inform the other parties that such a notice has been filed. 2. If the Prosecutor has filed an appeal on behalf of a convicted person in accordance with article 81, paragraph 1 (b), before filing any notice of discontinuance, the Prosecutor shall inform the convicted person that he or she intends to discontinue the appeal in order to give him or her the opportunity to continue the appeal proceedings. Rule 153 Judgement on appeals against reparation orders 1. The Appeals Chamber may confirm, reverse or amend a reparation order made under article 75. 2. The judgement of the Appeals Chamber shall be delivered in accordance with article 83, paragraphs 4 and 5.

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SECTION III APPEALS AGAINST OTHER DECISIONS Rule 154 Appeals that do not require the leave of the Court 1. An appeal may be filed under article 81, paragraph 3 (c) (ii), or article 82, paragraph 1 (a) or (b), not later than five days from the date upon which the party filing the appeal is notified of the decision. 2. An appeal may be filed under article 82, paragraph 1 (c), not later than two days from the date upon which the party filing the appeal is notified of the decision. 3. Rule 150, sub-rules 3 and 4, shall apply to appeals filed under sub-rules 1 and 2 of this rule.

Rule 155 Appeals that require leave of the Court 1. When a party wishes to appeal a decision under article 82, paragraph 1 (d), or article 82, paragraph 2, that party shall, within five days of being notified of that decision, make a written application to the Chamber that gave the decision, setting out the reasons for the request for leave to appeal. 2. The Chamber shall render a decision and shall notify all parties who participated in the proceedings that gave rise to the decision referred to in sub-rule 1.

Rule 156 Procedure for the appeal 1. As soon as an appeal has been filed under rule 154 or as soon as leave to appeal has been granted under rule 155, the Registrar shall transmit to the Appeals Chamber the record of the proceedings of the Chamber that made the decision that is the subject of the appeal. 2. The Registrar shall give notice of the appeal to all parties who participated in the proceedings before the Chamber that gave the decision that is the subject of the appeal, unless they have already been notified by the Chamber under rule 155, sub-rule 2. 3. The appeal proceedings shall be in writing unless the Appeals Chamber decides to convene a hearing. 4. The appeal shall be heard as expeditiously as possible. 5. When filing the appeal, the party appealing may request that the appeal have suspensive effect in accordance with article 82, paragraph 3.

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Anhang F Rule 157 Discontinuance of the appeal

Any party who has filed an appeal under rule 154 or who has obtained the leave of a Chamber to appeal a decision under rule 155 may discontinue the appeal at any time before judgement has been delivered. In such case, the party shall file with the Registrar a written notice of discontinuance of appeal. The Registrar shall inform the other parties that such a notice has been filed. Rule 158 Judgement on the appeal 1. An Appeals Chamber which considers an appeal referred to in this section may confirm, reverse or amend the decision appealed. 2. The judgement of the Appeals Chamber shall be delivered in accordance with article 83, paragraph 4. SECTION IV REVISION OF CONVICTION OR SENTENCE Rule 159 Application for revision 1. An application for revision provided for in article 84, paragraph 1, shall be in writing and shall set out the grounds on which the revision is sought. It shall as far as possible be accompanied by supporting material. 2. The determination on whether the application is meritorious shall be taken by a majority of the judges of the Appeals Chamber and shall be supported by reasons in writing. 3. Notification of the decision shall be sent to the applicant and, as far as possible, to all the parties who participated in the proceedings related to the initial decision. Rule 160 Transfer for the purpose of revision 1. For the conduct of the hearing provided for in rule 161, the relevant Chamber shall issue its order sufficiently in advance to enable the transfer of the sentenced person to the seat of the Court, as appropriate. 2. The determination of the Court shall be communicated without delay to the State of enforcement. 3. The provisions of rule 206, sub-rule 3, shall be applicable.

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Rule 161 Determination on revision 1. On a date which it shall determine and shall communicate to the applicant and to all those having received notification under rule 159, sub-rule 3, the relevant Chamber shall hold a hearing to determine whether the conviction or sentence should be revised. 2. For the conduct of the hearing, the relevant Chamber shall exercise, mutatis mutandis, all the powers of the Trial Chamber pursuant to Part 6 and the rules governing proceedings and the submission of evidence in the Pre-Trial and Trial Chambers. 3. The determination on revision shall be governed by the applicable provisions of article 83, paragraph 4. CHAPTER 9 OFFENCES AND MISCONDUCT AGAINST THE COURT SECTION I OFFENCES AGAINST THE ADMINISTRATION OF JUSTICE UNDER ARTICLE 70 Rule 162 Exercise of jurisdiction 1. Before deciding whether to exercise jurisdiction, the Court may consult with States Parties that may have jurisdiction over the offence. 2. In making a decision whether or not to exercise jurisdiction, the Court may consider, in particular: (a) The availability and effectiveness of prosecution in a State Party; (b) The seriousness of an offence; (c) The possible joinder of charges under article 70 with charges under articles 5 to 8; (d) The need to expedite proceedings; (e) Links with an ongoing investigation or a trial before the Court; and (f) Evidentiary considerations. 3. The Court shall give favourable consideration to a request from the host State for a waiver of the power of the Court to exercise jurisdiction in cases where the host State considers such a waiver to be of particular importance. 4. If the Court decides not to exercise its jurisdiction, it may request a State Party to exercise jurisdiction pursuant to article 70, paragraph 4.

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Anhang F Rule 163 Application of the Statute and the Rules

1. Unless otherwise provided in sub-rules 2 and 3, rule 162 and rules 164 to 169, the Statute and the Rules shall apply mutatis mutandis to the Court.s investigation, prosecution and punishment of offences defined in article 70. 2. The provisions of Part 2, and any rules thereunder, shall not apply, with the exception of article 21. 3. The provisions of Part 10, and any rules thereunder, shall not apply, with the exception of articles 103, 107, 109 and 111.

Rule 164 Periods of limitation 1. If the Court exercises jurisdiction in accordance with rule 162, it shall apply the periods of limitation set forth in this rule. 2. Offences defined in article 70 shall be subject to a period of limitation of five years from the date on which the offence was committed, provided that during this period no investigation or prosecution has been initiated. The period of limitation shall be interrupted if an investigation or prosecution has been initiated during this period, either before the Court or by a State Party with jurisdiction over the case pursuant to article 70, paragraph 4 (a). 3. Enforcement of sanctions imposed with respect to offences defined in article 70 shall be subject to a period of limitation of 10 years from the date on which the sanction has become final. The period of limitation shall be interrupted with the detention of the convicted person or while the person concerned is outside the territory of the States Parties.

Rule 165 Investigation, prosecution and trial 1. The Prosecutor may initiate and conduct investigations with respect to the offences defined in article 70 on his or her own initiative, on the basis of information communicated by a Chamber or any reliable source. 2. Articles 53 and 59, and any rules thereunder, shall not apply. 3. For purposes of article 61, the Pre-Trial Chamber may make any of the determinations set forth in that article on the basis of written submissions, without a hearing, unless the interests of justice otherwise require. 4. A Trial Chamber may, as appropriate and taking into account the rights of the defence, direct that there be joinder of charges under article 70 with charges under articles 5 to 8.

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Rule 166 Sanctions under article 70 1. If the Court imposes sanctions with respect to article 70, this rule shall apply. 2. Article 77, and any rules thereunder, shall not apply, with the exception of an order of forfeiture under article 77, paragraph 2 (b), which may be ordered in addition to imprisonment or a fine or both. 3. Each offence may be separately fined and those fines may be cumulative. Under no circumstances may the total amount exceed 50 per cent of the value of the convicted person.s identifiable assets, liquid or realizable, and property, after deduction of an appropriate amount that would satisfy the financial needs of the convicted person and his or her dependants. 4. In imposing a fine the Court shall allow the convicted person a reasonable period in which to pay the fine. The Court may provide for payment of a lump sum or by way of instalments during that period. 5. If the convicted person does not pay a fine imposed in accordance with the conditions set forth in sub-rule 4, appropriate measures may be taken by the Court pursuant to rules 217 to 222 and in accordance with article 109. Where, in cases of continued wilful non-payment, the Court, on its own motion or at the request of the Prosecutor, is satisfied that all available enforcement measures have been exhausted, it may as a last resort impose a term of imprisonment in accordance with article 70, paragraph 3. In the determination of such term of imprisonment, the Court shall take into account the amount of fine paid. Rule 167 International cooperation and judicial assistance 1. With regard to offences under article 70, the Court may request a State to provide any form of international cooperation or judicial assistance corresponding to those forms set forth in Part 9. In any such request, the Court shall indicate that the basis for the request is an investigation or prosecution of offences under article 70. 2. The conditions for providing international cooperation or judicial assistance to the Court with respect to offences under article 70 shall be those set forth in article 70, paragraph 2. Rule 168 Ne bis in idem In respect of offences under article 70, no person shall be tried before the Court with respect to conduct which formed the basis of an offence for which the person has already been convicted or acquitted by the Court or another court.

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Anhang F Rule 169 Immediate arrest

In the case of an alleged offence under article 70 committed in the presence of a Chamber, the Prosecutor may orally request that Chamber to order the immediate arrest of the person concerned. SECTION II MISCONDUCT BEFORE THE COURT UNDER ARTICLE 71 Rule 170 Disruption of proceedings Having regard to article 63, paragraph 2, the Presiding Judge of the Chamber dealing with the matter may, after giving a warning: (a) Order a person disrupting the proceedings of the Court to leave or be removed from the courtroom; or, (b) In case of repeated misconduct, order the interdiction of that person from attending the proceedings. Rule 171 Refusal to comply with a direction by the Court 1. When the misconduct consists of deliberate refusal to comply with an oral or written direction by the Court, not covered by rule 170, and that direction is accompanied by a warning of sanctions in case of breach, the Presiding Judge of the Chamber dealing with the matter may order the interdiction of that person from the proceedings for a period not exceeding 30 days or, if the misconduct is of a more serious nature, impose a fine. 2. If the person committing misconduct as described in sub-rule 1 is an official of the Court, or a defence counsel, or a legal representative of victims, the Presiding Judge of the Chamber dealing with the matter may also order the interdiction of that person from exercising his or her functions before the Court for a period not exceeding 30 days. 3. If the Presiding Judge in cases under sub-rules 1 and 2 considers that a longer period of interdiction is appropriate, the Presiding Judge shall refer the matter to the Presidency, which may hold a hearing to determine whether to order a longer or permanent period of interdiction. 4. A fine imposed under sub-rule 1 shall not exceed 2,000 euros, or the equivalent amount in any currency, provided that in cases of continuing misconduct, a new fine may be imposed on each day that the misconduct continues, and such fines shall be cumulative. 5. The person concerned shall be given an opportunity to be heard before a sanction for misconduct, as described in this rule, is imposed.

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Rule 172 Conduct covered by both articles 70 and 71 If conduct covered by article 71 also constitutes one of the offences defined in article 70, the Court shall proceed in accordance with article 70 and rules 162 to 169.

CHAPTER 10 COMPENSATION TO AN ARRESTED OR CONVICTED PERSON Rule 173 Request for compensation 1. Anyone seeking compensation on any of the grounds indicated in article 85 shall submit a request, in writing, to the Presidency, which shall designate a Chamber composed of three judges to consider the request. These judges shall not have participated in any earlier judgement of the Court regarding the person making the request. 2. The request for compensation shall be submitted not later than six months from the date the person making the request was notified of the decision of the Court concerning: (a) The unlawfulness of the arrest or detention under article 85, paragraph 1; (b) The reversal of the conviction under article 85, paragraph 2; (c) The existence of a grave and manifest miscarriage of justice under article 85, paragraph 3. 3. The request shall contain the grounds and the amount of compensation requested. 4. The person requesting compensation shall be entitled to legal assistance.

Rule 174 Procedure for seeking compensation 1. A request for compensation and any other written observation by the person filing the request shall be transmitted to the Prosecutor, who shall have an opportunity to respond in writing. Any observations by the Prosecutor shall be notified to the person filing the request. 2. The Chamber designated under rule 173, sub-rule 1, may either hold a hearing or determine the matter on the basis of the request and any written observations by the Prosecutor and the person filing the request. A hearing shall be held if the Prosecutor or the person seeking compensation so requests. 3. The decision shall be taken by the majority of the judges. The decision shall be notified to the Prosecutor and to the person filing the request.

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Anhang F Rule 175 Amount of compensation

In establishing the amount of any compensation in conformity with article 85, paragraph 3, the Chamber designated under rule 173, sub-rule 1, shall take into consideration the consequences of the grave and manifest miscarriage of justice on the personal, family, social and professional situation of the person filing the request. CHAPTER 11 INTERNATIONAL COOPERATION AND JUDICIAL ASSISTANCE SECTION I REQUESTS FOR COOPERATION UNDER ARTICLE 87 Rule 176 Organs of the Court responsible for the transmission and receipt of any communications relating to international cooperation and judicial assistance 1. Upon and subsequent to the establishment of the Court, the Registrar shall obtain from the Secretary-General of the United Nations any communication made by States pursuant to article 87, paragraphs 1 (a) and 2. 2. The Registrar shall transmit the requests for cooperation made by the Chambers and shall receive the responses, information and documents from requested States. The Office of the Prosecutor shall transmit the requests for cooperation made by the Prosecutor and shall receive the responses, information and documents from requested States. 3. The Registrar shall be the recipient of any communication from States concerning subsequent changes in the designation of the national channels charged with receiving requests for cooperation, as well as of any change in the language in which requests for cooperation should be made, and shall, upon request, make such information available to States Parties as may be appropriate. 4. The provisions of sub-rule 2 are applicable mutatis mutandis where the Court requests information, documents or other forms of cooperation and assistance from an intergovernmental organization. 5. The Registrar shall transmit any communications referred to in sub-rules 1 and 3 and rule 177, sub-rule 2, as appropriate, to the Presidency or the Office of the Prosecutor, or both. Rule 177 Channels of communication 1. Communications concerning the national authority charged with receiving requests for cooperation made upon ratification, acceptance, approval or accession shall provide all relevant information about such authorities.

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2. When an intergovernmental organization is asked to assist the Court under article 87, paragraph 6, the Registrar shall, when necessary, ascertain its designated channel of communication and obtain all relevant information relating thereto. Rule 178 Language chosen by States Parties under article 87, paragraph 2 1. When a requested State Party has more than one official language, it may indicate upon ratification, acceptance, approval or accession that requests for cooperation and any supporting documents can be drafted in any one of its official languages. 2. When the requested State Party has not chosen a language for communication with the Court upon ratification, acceptance, accession or approval, the request for cooperation shall either be in or be accompanied by a translation into one of the working languages of the Court pursuant to article 87, paragraph 2. Rule 179 Language of requests directed to States not party to the Statute When a State not party to the Statute has agreed to provide assistance to the Court under article 87, paragraph 5, and has not made a choice of language for such requests, the requests for cooperation shall either be in or be accompanied by a translation into one of the working languages of the Court. Rule 180 Changes in the channels of communication or the languages of requests for cooperation 1. Changes concerning the channel of communication or the language a State has chosen under article 87, paragraph 2, shall be communicated in writing to the Registrar at the earliest opportunity. 2. Such changes shall take effect in respect of requests for cooperation made by the Court at a time agreed between the Court and the State or, in the absence of such an agreement, 45 days after the Court has received the communication and, in all cases, without prejudice to current requests or requests in progress. SECTION II SURRENDER, TRANSIT AND COMPETING REQUESTS UNDER ARTICLES 89 AND 90 Rule 181 Challenge to admissibility of a case before a national court When a situation described in article 89, paragraph 2, arises, and without prejudice to the provisions of article 19 and of rules 58 to 62 on procedures applicable to chal-

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Anhang F

lenges to the jurisdiction of the Court or the admissibility of a case, the Chamber dealing with the case, if the admissibility ruling is still pending, shall take steps to obtain from the requested State all the relevant information about the ne bis in idem challenge brought by the person. Rule 182 Request for transit under article 89, paragraph 3 (e) 1. In situations described in article 89, paragraph 3 (e), the Court may transmit the request for transit by any medium capable of delivering a written record. 2. When the time limit provided for in article 89, paragraph 3 (e), has expired and the person concerned has been released, such a release is without prejudice to a subsequent arrest of the person in accordance with the provisions of article 89 or article 92. Rule 183 Possible temporary surrender Following the consultations referred to in article 89, paragraph 4, the requested State may temporarily surrender the person sought in accordance with conditions determined between the requested State and the Court. In such case the person shall be kept in custody during his or her presence before the Court and shall be transferred to the requested State once his or her presence before the Court is no longer required, at the latest when the proceedings have been completed. Rule 184 Arrangements for surrender 1. The requested State shall immediately inform the Registrar when the person sought by the Court is available for surrender. 2. The person shall be surrendered to the Court by the date and in the manner agreed upon between the authorities of the requested State and the Registrar. 3. If circumstances prevent the surrender of the person by the date agreed, the authorities of the requested State and the Registrar shall agree upon a new date and manner by which the person shall be surrendered. 4. The Registrar shall maintain contact with the authorities of the host State in relation to the arrangements for the surrender of the person to the Court. Rule 185 Release of a person from the custody of the Court other than upon completion of sentence 1. Subject to sub-rule 2, where a person surrendered to the Court is released from the custody of the Court because the Court does not have jurisdiction, the case is inad-

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missible under article 17, paragraph 1 (b), (c) or (d), the charges have not been confirmed under article 61, the person has been acquitted at trial or on appeal, or for any other reason, the Court shall, as soon as possible, make such arrangements as it considers appropriate for the transfer of the person, taking into account the views of the person, to a State which is obliged to receive him or her, to another State which agrees to receive him or her, or to a State which has requested his or her extradition with the consent of the original surrendering State. In this case, the host State shall facilitate the transfer in accordance with the agreement referred to in article 3, paragraph 2, and the related arrangements. 2. Where the Court has determined that the case is inadmissible under article 17, paragraph 1 (a), the Court shall make arrangements, as appropriate, for the transfer of the person to a State whose investigation or prosecution has formed the basis of the successful challenge to admissibility, unless the State that originally surrendered the person requests his or her return. Rule 186 Competing requests in the context of a challenge to the admissibility of the case In situations described in article 90, paragraph 8, the requested State shall provide the notification of its decision to the Prosecutor in order to enable him or her to act in accordance with article 19, paragraph 10.

SECTION III DOCUMENTS FOR ARREST AND SURRENDER UNDER ARTICLES 91 AND 92 Rule 187 Translation of documents accompanying request for surrender For the purposes of article 67, paragraph 1 (a), and in accordance with rule 117, subrule 1, the request under article 91 shall be accompanied, as appropriate, by a translation of the warrant of arrest or of the judgement of conviction and by a translation of the text of any relevant provisions of the Statute, in a language that the person fully understands and speaks. Rule 188 Time limit for submission of documents after provisional arrest For the purposes of article 92, paragraph 3, the time limit for receipt by the requested State of the request for surrender and the documents supporting the request shall be 60 days from the date of the provisional arrest.

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Anhang F Rule 189 Transmission of documents supporting the request

When a person has consented to surrender in accordance with the provisions of article 92, paragraph 3, and the requested State proceeds to surrender the person to the Court, the Court shall not be required to provide the documents described in article 91 unless the requested State indicates otherwise.

SECTION IV COOPERATION UNDER ARTICLE 93 Rule 190 Instruction on self-incrimination accompanying request for witness When making a request under article 93, paragraph 1 (e), with respect to a witness, the Court shall annex an instruction, concerning rule 74 relating to selfincrimination, to be provided to the witness in question, in a language that the person fully understands and speaks. Rule 191 Assurance provided by the Court under article 93, paragraph 2 The Chamber dealing with the case, on its own motion or at the request of the Prosecutor, defence or witness or expert concerned, may decide, after taking into account the views of the Prosecutor and the witness or expert concerned, to provide the assurance described in article 93, paragraph 2. Rule 192 Transfer of a person in custody 1. Transfer of a person in custody to the Court in accordance with article 93, paragraph 7, shall be arranged by the national authorities concerned in liaison with the Registrar and the authorities of the host State. 2. The Registrar shall ensure the proper conduct of the transfer, including the supervision of the person while in the custody of the Court. 3. The person in custody before the Court shall have the right to raise matters concerning the conditions of his or her detention with the relevant Chamber. 4. In accordance with article 93, paragraph 7 (b), when the purposes of the transfer have been fulfilled, the Registrar shall arrange for the return of the person in custody to the requested State.

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Rule 193 Temporary transfer of the person from the State of enforcement 1. The Chamber that is considering the case may order the temporary transfer from the State of enforcement to the seat of the Court of any person sentenced by the Court whose testimony or other assistance is necessary to the Court. The provisions of article 93, paragraph 7, shall not apply. 2. The Registrar shall ensure the proper conduct of the transfer, in liaison with the authorities of the State of enforcement and the authorities of the host State. When the purposes of the transfer have been fulfilled, the Court shall return the sentenced person to the State of enforcement. 3. The person shall be kept in custody during his or her presence before the Court. The entire period of detention spent at the seat of the Court shall be deducted from the sentence remaining to be served.

Rule 194 Cooperation requested from the Court 1. In accordance with article 93, paragraph 10, and consistent with article 96, mutatis mutandis, a State may transmit to the Court a request for cooperation or assistance to the Court, either in or accompanied by a translation into one of the working languages of the Court. 2. Requests described in sub-rule 1 are to be sent to the Registrar, which shall transmit them, as appropriate, either to the Prosecutor or to the Chamber concerned. 3. If protective measures within the meaning of article 68 have been adopted, the Prosecutor or Chamber, as appropriate, shall consider the views of the Chamber which ordered the measures as well as those of the relevant victim or witness, before deciding on the request. 4. If the request relates to documents or evidence as described in article 93, paragraph 10 (b) (ii), the Prosecutor or Chamber, as appropriate, shall obtain the written consent of the relevant State before proceeding with the request. 5. When the Court decides to grant the request for cooperation or assistance from a State, the request shall be executed, insofar as possible, following any procedure outlined therein by the requesting State and permitting persons specified in the request to be present.

SECTION V COOPERATION UNDER ARTICLE 98 Rule 195 Provision of information 1. When a requested State notifies the Court that a request for surrender or assistance raises a problem of execution in respect of article 98, the requested State shall

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provide any information relevant to assist the Court in the application of article 98. Any concerned third State or sending State may provide additional information to assist the Court. 2. The Court may not proceed with a request for the surrender of a person without the consent of a sending State if, under article 98, paragraph 2, such a request would be inconsistent with obligations under an international agreement pursuant to which the consent of a sending State is required prior to the surrender of a person of that State to the Court. SECTION VI RULE OF SPECIALITY UNDER ARTICLE 101 Rule 196 Provision of views on article 101, paragraph 1 A person surrendered to the Court may provide views on a perceived violation of the provisions of article 101, paragraph 1. Rule 197 Extension of the surrender When the Court has requested a waiver of the requirements of article 101, paragraph 1, the requested State may ask the Court to obtain and provide the views of the person surrendered to the Court. CHAPTER 12 ENFORCEMENT SECTION I ROLE OF STATES IN ENFORCEMENT OF SENTENCES OF IMPRISONMENT AND CHANGE IN DESIGNATION OF STATE OF ENFORCEMENT UNDER ARTICLES 103 AND 104 Rule 198 Communications between the Court and States Unless the context otherwise requires, article 87 and rules 176 to 180 shall apply, as appropriate, to communications between the Court and a State on matters relating to enforcement of sentences. Rule 199 Organ responsible under Part 10 Unless provided otherwise in the Rules, the functions of the Court under Part 10 shall be exercised by the Presidency.

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Rule 200 List of States of enforcement 1. A list of States that have indicated their willingness to accept sentenced persons shall be established and maintained by the Registrar. 2. The Presidency shall not include a State on the list provided for in article 103, paragraph 1 (a), if it does not agree with the conditions that such a State attaches to its acceptance. The Presidency may request any additional information from that State prior to taking a decision. 3. A State that has attached conditions of acceptance may at any time withdraw such conditions. Any amendments or additions to such conditions shall be subject to confirmation by the Presidency. 4. A State may at any time inform the Registrar of its withdrawal from the list. Such withdrawal shall not affect the enforcement of the sentences in respect of persons that the State has already accepted. 5. The Court may enter bilateral arrangements with States with a view to establishing a framework for the acceptance of prisoners sentenced by the Court. Such arrangements shall be consistent with the Statute. Rule 201 Principles of equitable distribution Principles of equitable distribution for purposes of article 103, paragraph 3, shall include: (a) The principle of equitable geographical distribution; (b) The need to afford each State on the list an opportunity to receive sentenced persons; (c) The number of sentenced persons already received by that State and other States of enforcement; (d) Any other relevant factors. Rule 202 Timing of delivery of the sentenced person to the State of enforcement The delivery of a sentenced person from the Court to the designated State of enforcement shall not take place unless the decision on the conviction and the decision on the sentence have become final. Rule 203 Views of the sentenced person 1. The Presidency shall give notice in writing to the sentenced person that it is addressing the designation of a State of enforcement. The sentenced person shall,

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within such time limit as the Presidency shall prescribe, submit in writing his or her views on the question to the Presidency. 2. The Presidency may allow the sentenced person to make oral presentations. 3. The Presidency shall allow the sentenced person: (a) To be assisted, as appropriate, by a competent interpreter and to benefit from any translation necessary for the presentation of his or her views; (b) To be granted adequate time and facilities necessary to prepare for the presentation of his or her views.

Rule 204 Information relating to designation When the Presidency notifies the designated State of its decision, it shall also transmit the following information and documents: (a) The name, nationality, date and place of birth of the sentenced person; (b) A copy of the final judgement of conviction and of the sentence imposed; (c) The length and commencement date of the sentence and the time remaining to be served; (d) After having heard the views of the sentenced person, any necessary information concerning the state of his or her health, including any medical treatment that he or she is receiving.

Rule 205 Rejection of designation in a particular case Where a State in a particular case rejects the designation by the Presidency, the Presidency may designate another State.

Rule 206 Delivery of the sentenced person to the State of enforcement 1. The Registrar shall inform the Prosecutor and the sentenced person of the State designated to enforce the sentence. 2. The sentenced person shall be delivered to the State of enforcement as soon as possible after the designated State of enforcement accepts. 3. The Registrar shall ensure the proper conduct of the delivery of the person in consultation with the authorities of the State of enforcement and the host State.

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Rule 207 Transit 1. No authorization is required if the sentenced person is transported by air and no landing is scheduled on the territory of the transit State. If an unscheduled landing occurs on the territory of the transit State, that State shall, to the extent possible under the procedure of national law, detain the sentenced person in custody until a request for transit as provided in sub-rule 2 or a request under article 89, paragraph 1, or article 92 is received. 2. To the extent possible under the procedure of national law, a State Party shall authorize the transit of a sentenced person through its territory and the provisions of article 89, paragraph 3 (b) and (c), and articles 105 and 108 and any rules relating thereto shall, as appropriate, apply. A copy of the final judgement of conviction and of the sentence imposed shall be attached to such request for transit. Rule 208 Costs 1. The ordinary costs for the enforcement of the sentence in the territory of the State of enforcement shall be borne by that State. 2. Other costs, including those for the transport of the sentenced person and those referred to in article 100, paragraph 1 (c), (d) and (e), shall be borne by the Court. Rule 209 Change in designation of State of enforcement 1. The Presidency, acting on its own motion or at the request of the sentenced person or the Prosecutor, may at any time act in accordance with article 104, paragraph 1. 2. The request of the sentenced person or of the Prosecutor shall be made in writing and shall set out the grounds upon which the transfer is sought. Rule 210 Procedure for change in the designation of a State of enforcement 1. Before deciding to change the designation of a State of enforcement, the Presidency may: (a) Request views from the State of enforcement; (b) Consider written or oral presentations of the sentenced person and the Prosecutor; (c) Consider written or oral expert opinion concerning, inter alia, the sentenced person; (d) Obtain any other relevant information from any reliable sources. 2. The provisions of rule 203, sub-rule 3, shall apply, as appropriate.

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3. If the Presidency refuses to change the designation of the State of enforcement, it shall, as soon as possible, inform the sentenced person, the Prosecutor and the Registrar of its decision and of the reasons therefor. It shall also inform the State of enforcement.

SECTION II ENFORCEMENT, SUPERVISION AND TRANSFER UNDER ARTICLES 105, 106 AND 107 Rule 211 Supervision of enforcement of sentences and conditions of imprisonment 1. In order to supervise the enforcement of sentences of imprisonment, the Presidency: (a) Shall, in consultation with the State of enforcement, ensure that in establishing appropriate arrangements for the exercise by any sentenced person of his or her right to communicate with the Court about the conditions of imprisonment, the provisions of article 106, paragraph 3, shall be respected; (b) May, when necessary, request any information, report or expert opinion from the State of enforcement or from any reliable sources; (c) May, where appropriate, delegate a judge of the Court or a member of the staff of the Court who will be responsible, after notifying the State of enforcement, for meeting the sentenced person and hearing his or her views, without the presence of national authorities; (d) May, where appropriate, give the State of enforcement an opportunity to comment on the views expressed by the sentenced person under sub-rule 1 (c). 2. When a sentenced person is eligible for a prison programme or benefit available under the domestic law of the State of enforcement which may entail some activity outside the prison facility, the State of enforcement shall communicate that fact to the Presidency, together with any relevant information or observation, to enable the Court to exercise its supervisory function.

Rule 212 Information on location of the person for enforcement of fines, forfeitures or reparation measures For the purpose of enforcement of fines and forfeiture measures and of reparation measures ordered by the Court, the Presidency may, at any time or at least 30 days before the scheduled completion of the sentence served by the sentenced person, request the State of enforcement to transmit to it the relevant information concerning the intention of that State to authorize the person to remain in its territory or the location where it intends to transfer the person.

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Rule 213 Procedure for article 107, paragraph 3 With respect to article 107, paragraph 3, the procedure set out in rules 214 and 215 shall apply, as appropriate. SECTION III LIMITATION ON THE PROSECUTION OR PUNISHMENT OF OTHER OFFENCES UNDER ARTICLE 108 Rule 214 Request to prosecute or enforce a sentence for prior conduct 1. For the application of article 108, when the State of enforcement wishes to prosecute or enforce a sentence against the sentenced person for any conduct engaged in prior to that person.s transfer, it shall notify its intention to the Presidency and transmit to it the following documents: (a) A statement of the facts of the case and their legal characterization; (b) A copy of any applicable legal provisions, including those concerning the statute of limitation and the applicable penalties; (c) A copy of any sentence, warrant of arrest or other document having the same force, or of any other legal writ which the State intends to enforce; (d) A protocol containing views of the sentenced person obtained after the person has been informed sufficiently about the proceedings. 2. In the event of a request for extradition made by another State, the State of enforcement shall transmit the entire request to the Presidency with a protocol containing the views of the sentenced person obtained after informing the person sufficiently about the extradition request. 3. The Presidency may in all cases request any document or additional information from the State of enforcement or the State requesting extradition. 4. If the person was surrendered to the Court by a State other than the State of enforcement or the State seeking extradition, the Presidency shall consult with the State that surrendered the person and take into account any views expressed by that State. 5. Any information or documents transmitted to the Presidency under sub-rules 1 to 4 shall be transmitted to the Prosecutor, who may comment. 6. The Presidency may decide to conduct a hearing. Rule 215 Decision on request to prosecute or enforce a sentence 1. The Presidency shall make a determination as soon as possible. This determination shall be notified to all those who have participated in the proceedings.

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2. If the request submitted under sub-rules 1 or 2 of rule 214 concerns the enforcement of a sentence, the sentenced person may serve that sentence in the State designated by the Court to enforce the sentence pronounced by it or be extradited to a third State only after having served the full sentence pronounced by the Court, subject to the provisions of article 110. 3. The Presidency may authorize the temporary extradition of the sentenced person to a third State for prosecution only if it has obtained assurances which it deems to be sufficient that the sentenced person will be kept in custody in the third State and transferred back to the State responsible for enforcement of the sentence pronounced by the Court, after the prosecution.

Rule 216 Information on enforcement The Presidency shall request the State of enforcement to inform it of any important event concerning the sentenced person, and of any prosecution of that person for events subsequent to his or her transfer.

SECTION IV ENFORCEMENT OF FINES, FORFEITURE MEASURES AND REPARATION ORDERS Rule 217 Cooperation and measures for enforcement of fines, forfeiture or reparation orders For the enforcement of fines, forfeiture or reparation orders, the Presidency shall, as appropriate, seek cooperation and measures for enforcement in accordance with Part 9, as well as transmit copies of relevant orders to any State with which the sentenced person appears to have direct connection by reason of either nationality, domicile or habitual residence or by virtue of the location of the sentenced person’s assets and property or with which the victim has such connection. The Presidency shall, as appropriate, inform the State of any third-party claims or of the fact that no claim was presented by a person who received notification of any proceedings conducted pursuant to article 75.

Rule 218 Orders for forfeiture and reparations 1. In order to enable States to give effect to an order for forfeiture, the order shall specify: (a) The identity of the person against whom the order has been issued; (b) The proceeds, property and assets that have been ordered by the Court to be forfeited; and

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(c) That if the State Party is unable to give effect to the order for forfeiture in relation to the specified proceeds, property or assets, it shall take measures to recover the value of the same. 2. In the request for cooperation and measures for enforcement, the Court shall also provide available information as to the location of the proceeds, property and assets that are covered by the order for forfeiture. 3. In order to enable States to give effect to an order for reparations, the order shall specify: (a) The identity of the person against whom the order has been issued; (b) In respect of reparations of a financial nature, the identity of the victims to whom individual reparations have been granted, and, where the award for reparations shall be deposited with the Trust Fund, the particulars of the Trust Fund for the deposit of the award; and (c) The scope and nature of the reparations ordered by the Court, including, where applicable, the property and assets for which restitution has been ordered. 4. Where the Court awards reparations on an individual basis, a copy of the reparation order shall be transmitted to the victim concerned. Rule 219 Non-modification of orders for reparation The Presidency shall, when transmitting copies of orders for reparations to States Parties under rule 217, inform them that, in giving effect to an order for reparations, the national authorities shall not modify the reparations specified by the Court, the scope or the extent of any damage, loss or injury determined by the Court or the principles stated in the order, and shall facilitate the enforcement of such order. Rule 220 Non-modification of judgements in which fines were imposed When transmitting copies of judgements in which fines were imposed to States Parties for the purpose of enforcement in accordance with article 109 and rule 217, the Presidency shall inform them that in enforcing the fines imposed, national authorities shall not modify them. Rule 221 Decision on disposition or allocation of property or assets 1. The Presidency shall, after having consulted, as appropriate, with the Prosecutor, the sentenced person, the victims or their legal representatives, the national authorities of the State of enforcement or any relevant third party, or representatives of the Trust Fund provided for in article 79, decide on all matters related to the disposition or allocation of property or assets realized through enforcement of an order of the Court.

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2. In all cases, when the Presidency decides on the disposition or allocation of property or assets belonging to the sentenced person, it shall give priority to the enforcement of measures concerning reparations to victims. Rule 222 Assistance for service or any other measure The Presidency shall assist the State in the enforcement of fines, forfeiture or reparation orders, as requested, with the service of any relevant notification on the sentenced person or any other relevant persons, or the carrying out of any other measures necessary for the enforcement of the order under the procedure of the national law of the enforcement State. SECTION V REVIEW CONCERNING REDUCTION OF SENTENCE UNDER ARTICLE 110 Rule 223 Criteria for review concerning reduction of sentence In reviewing the question of reduction of sentence pursuant to article 110, paragraphs 3 and 5, the three judges of the Appeals Chamber shall take into account the criteria listed in article 110, paragraph 4 (a) and (b), and the following criteria: (a) The conduct of the sentenced person while in detention, which shows a genuine dissociation from his or her crime; (b) The prospect of the resocialization and successful resettlement of the sentenced person; (c) Whether the early release of the sentenced person would give rise to significant social instability; (d) Any significant action taken by the sentenced person for the benefit of the victims as well as any impact on the victims and their families as a result of the early release; (e) Individual circumstances of the sentenced person, including a worsening state of physical or mental health or advanced age. Rule 224 Procedure for review concerning reduction of sentence 1. For the application of article 110, paragraph 3, three judges of the Appeals Chamber appointed by that Chamber shall conduct a hearing, unless they decide otherwise in a particular case, for exceptional reasons. The hearing shall be conducted with the sentenced person, who may be assisted by his or her counsel, with interpretation, as may be required. Those three judges shall invite the Prosecutor, the State of enforcement of any penalty under article 77 or any reparation order pur-

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suant to article 75 and, to the extent possible, the victims or their legal representatives who participated in the proceedings, to participate in the hearing or to submit written observations. Under exceptional circumstances, this hearing may be conducted by way of a videoconference or in the State of enforcement by a judge delegated by the Appeals Chamber. 2. The same three judges shall communicate the decision and the reasons for it to all those who participated in the review proceedings as soon as possible. 3. For the application of article 110, paragraph 5, three judges of the Appeals Chamber appointed by that Chamber shall review the question of reduction of sentence every three years, unless it establishes a shorter interval in its decision taken pursuant to article 110, paragraph 3. In case of a significant change in circumstances, those three judges may permit the sentenced person to apply for a review within the three-year period or such shorter period as may have been set by the three judges. 4. For any review under article 110, paragraph 5, three judges of the Appeals Chamber appointed by that Chamber shall invite written representations from the sentenced person or his or her counsel, the Prosecutor, the State of enforcement of any penalty under article 77 and any reparation order pursuant to article 75 and, to the extent possible, the victims or their legal representatives who participated in the proceedings. The three judges may also decide to hold a hearing. 5. The decision and the reasons for it shall be communicated to all those who participated in the review proceedings as soon as possible. SECTION VI ESCAPE Rule 225 Measures under article 111 in the event of escape 1. If the sentenced person has escaped, the State of enforcement shall, as soon as possible, advise the Registrar by any medium capable of delivering a written record. The Presidency shall then proceed in accordance with Part 9. 2. However, if the State in which the sentenced person is located agrees to surrender him or her to the State of enforcement, pursuant to either international agreements or its national legislation, the State of enforcement shall so advise the Registrar in writing. The person shall be surrendered to the State of enforcement as soon as possible, if necessary in consultation with the Registrar, who shall provide all necessary assistance, including, if necessary, the presentation of requests for transit to the States concerned, in accordance with rule 207. The costs associated with the surrender of the sentenced person shall be borne by the Court if no State assumes responsibility for them. 3. If the sentenced person is surrendered to the Court pursuant to Part 9, the Court shall transfer him or her to the State of enforcement. Nevertheless, the Presidency may, acting on its own motion or at the request of the Prosecutor or of the initial State of enforcement and in accordance with article 103 and rules 203 to 206,

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designate another State, including the State to the territory of which the sentenced person has fled. 4. In all cases, the entire period of detention in the territory of the State in which the sentenced person was in custody after his or her escape and, where sub-rule 3 is applicable, the period of detention at the seat of the Court following the surrender of the sentenced person from the State in which he or she was located shall be deducted from the sentence remaining to be served.

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Stichwortverzeichnis Ad hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court 8, 68, 234, 251, 288 Aggression 7, 35, 47 f., 66, 70, 171, 345 f. Aggressionsdefinition 48, 66 f. Anfechtung 338 f., 367 Anfechtungsverfahren 16, 337 ff., 367 Angriffskrieg 47 f. Anklage 16, 121 ff., 132 ff., 325 ff., 340 ff., 350 f., 366 ff. Anklagebehörde 10, 107 ff., 116 ff., 349 Anklageerhebung 16, 120, 325 ff., 340 ff., 366 ff. Ankläger 9, 10, 12, 13, 14, 107 f., 116 f., 195 ff., 202 ff., 219 ff., 231 ff., 349 f., 355 ff., 357 ff. Aufschub 16, 234, 328, 330 ff., 367 Aussetzung 16, 205, 334, 335 ff., 356, 367

Bundesverfassungsgericht 85 f. Büro 9, 99, 106 f., 108, 109, 116, 345

Belehrung 14, 15, 265, 281, 282, 283, 361 Berufung 73, 80, 91, 94, 104, 115, 366 Berufungskammer 9, 10, 42, 94, 99, 100, 101, 103, 104 f., 109, 112, 115, 116, 117, 124, 215, 337, 349 Bestätigung der Anklage 10, 132 ff., 350 f. Beweis 129, 133, 152, 178, 180, 195, 198, 205, 210, 242, 285, 299, 310, 325, 327, 341, 343, 356, 368 Beweiskraft 138, 209, 270, 272, 285, 286 Beweismittel 12, 127 ff., 131 ff., 195, 203, 270 ff., 285 ff., 351, 355, 362 ff. Beweissicherung 13, 121, 205, 206, 209, 211, 337, 339, 356

Fair trial 75, 128, 138, 263, 370 Festnahme 15, 16, 74, 291 ff., 308 ff., 363 ff. Festnahmegrund 16, 293, 311 f., 364

Dolmetscher 14, 15, 82, 264, 280, 281, 357 Einstellung 16, 164, 174, 180, 188, 190, 323 ff., 328 ff., 335, 354, 366, 367, 369 Einwendungen 13, 14, 128, 170, 222 ff., 229, 233 ff., 301, 315, 319, 358, 369 Ermittlungen 10, 121, 130 ff., 195 ff., 202 ff., 351, 355 ff. Ermittlungsmaßnahmen 193, 196, 199 ff., 203, 205, 206, 208, 209 ff., 356 f. Ermittlungsverfahren 10, 11, 12, 13, 16, 120 f., 130 ff., 139 ff., 155 ff., 162, 183 ff., 193 ff., 213 ff., 323 ff., 350 ff., 366 ff. Ex post facto 52, 59

Generalsekretär der Vereinten Nationen 37, 41, 45, 62, 63, 65, 71, 82, 99, 100, 101, 102, 107, 108, 117, 217, 350 Generalversammlung der Vereinten Nationen 47, 66, 67, 68, 69, 70, 92, 101, 102, 106, 119, 213, 244, 292, 349 Genfer Abkommen 37, 38, 39, 41, 42, 64, 65, 142, 157, 345 Gerechtigkeit 12, 135, 181, 189, 190, 191, 192, 263, 280, 310, 329, 350, 355 Gerichtliches Vorverfahren 10, 121 ff., 350 f.

756

Stichwortverzeichnis

Haager Landkriegsordnung 40, 345 Haft 74, 297, 305, 314 Haftbefehl 15, 291 ff., 308 ff., 363 ff. Hauptverfahren 10, 126 ff., 134 ff., 350 f. Hauptverfahrenskammer 9, 109, 112, 114 f., 133, 134, 135, 136, 137, 138, 210, 284, 285, 286, 343, 349 Hauptverhandlung 10, 126 ff., 134 ff., 350 f.

Ladung 14, 15, 125, 199, 211, 212, 256 ff., 275 ff., 329, 361 Legalitätsprinzip 12, 183, 184, 185, 188 ff., 191, 284, 328, 329, 355, 366, 368, 369

Immunität 15, 235, 256, 268 f., 284 f., 317, 332, 362, 365 Informationsquelle 10, 141 ff., 152 f., 166, 182, 352 Inhaftierung 16, 289 ff., 363 ff. Internationale bewaffnete Konflikte 7, 37 ff., 41, 43, 157, 345, 346 Internationale Organisationen 12, 13, 14, 196, 204, 226 f., 238, 355, 359. Internationale Strafgerichtsbarkeit 8, 26, 54 f., 56 ff., 147, 149, 214, 306, 347 Internationaler Militärgerichtshof für den Fernen Osten 8, 45, 47, 56, 59 ff., 347 Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg 8, 45, 47, 48, 56, 57 ff., 61, 347 Internationaler Strafgerichtshof 8, 66 ff., 347 Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien 8, 62 ff., 347 Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda 8, 64 f., 347

Ne bis in idem 11, 159, 160, 162 ff., 180 f., 310, 320, 329, 336, 337, 338, 339, 354, 366 Nicht-internationale bewaffnete Konflikte 7, 37, 41 ff., 157, 345 Nullum crimen, nulla poena sine lege 7, 32, 47, 49, 50, 52, 54, 59, 344

Kanzlei 9, 10, 94, 108 f., 109, 117 f., 350 Kanzler 79, 82, 94, 106, 107, 108 f., 116, 263, 280, 350 Komplementaritätsprinzip 11, 171 ff., 335 ff., 353 f. Konkurrierende Zuständigkeit 11, 157 ff., 171 ff., 335 ff., 353 f., 367 f. Kriegsverbrechen 7, 35, 37 ff., 46, 56, 57, 58, 59, 61, 64, 65, 67, 70, 149, 167, 171, 345, 353

Menschenrechtsschutz 9, 30, 44, 73, 74, 81, 82 ff., 95 ff., 101, 180, 292, 295 ff., 300, 320, 344, 348, 364, 369, 370

Opfer 15, 195, 203, 266 ff., 282 ff., 355 f., 361 ff. Opferschutz 15, 197, 256, 267 f., 283 f. Opportunitätsprinzip 12, 183 ff., 187, 190, 323, 324, 328, 354, 366, 369 Personenschutz 11, 13, 15, 175, 204, 279, 351 Präsident 9, 105 f., 115 f., 349 f. Präsidium 10, 109, 110, 115 f., 117, 118, 349, 350 Preparatory Commission for the International Criminal Court 8, 70, 93 Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court 8, 68 f. Recht zu schweigen 14, 15, 264 f., 275, 281, 361 Rechtsbeistand 14, 15, 121, 125, 263 f., 279 f., 341, 361, 368 Rechtshilfe 14, 91, 94, 203, 211, 214, 220, 223, 247 ff., 254, 276, 307, 308, 359

Stichwortverzeichnis Rechtshilfeersuchen 217 ff., 231 ff., 358 Rechtsmittel 340

74, 104, 105, 115, 337,

Rechtsschutz 283, 289, 303 ff., 319 ff., 366, 369 Richter 9, 12, 77 ff., 99 ff., 110 ff., 199 ff., 207, 209 f., 348, 349 f., 356 f. Richterplenum 9, 81, 98, 102, 105, 106, 109, 112 f., 118, 119, 345, 350, 368 Sicherheitsrat 10, 11, 16, 148 f., 179 f., 222 ff., 235 ff., 330 ff., 352, 353 f., 357, 367 Staatenimmunität 235, 317, 365 Staatenkonferenz 8, 23, 57, 68, 69 f., 89, 174, 208, 228, 272 Staatliche Kooperation 13, 213, 214, 219, 225, 230, 238, 357 Staatliche Strafgerichtsbarkeit 8, 49 ff., 79, 155, 157, 172, 293, 307 Staatsgebiet 298, 301, 365 Strafkammer 9, 103 f., 122 ff., 349 Strafrecht 26, 27, 28, 29, 32, 33, 34, 35, 38, 44, 51, 53, 55, 67, 101, 111, 159, 344, 346 Strafverfahren 9, 10, 72 ff., 119 ff., 347 f., 350 f. Strafverfahrensrecht 97 f., 347 f.

9,

72 ff.,

88 f.,

Subpoena 125, 199, 218, 221, 259, 260, 261 Überstellung 16, 297 ff., 312 ff., 363 ff. Unabhängigkeit 11, 14, 107, 116, 133, 149, 151, 159, 162, 176 ff., 181, 243 f., 253 f., 354, 360 Unparteilichkeit 11, 101, 110, 117, 176 ff., 349, 354 Untersuchungen an Ort und Stelle 12, 14, 193, 196, 202 f., 207, 211 f., 238 ff., 258, 276, 356, 357, 359, 360, 369

757

Verbrechen gegen die Menschlichkeit 7, 35, 43 ff., 57, 58, 61, 64, 70, 149, 157, 171, 345, 346, 353 Verdächtige 12, 14, 15, 16, 195, 203, 261 ff., 277 ff., 290 ff., 308 ff., 355 ff., 361 f., 364 f. Verdachtsgrad 11, 16, 155, 164 ff., 181 f., 201, 262, 294, 299 f., 309 ff., 342, 343, 354, 364, 365, 368 Vereinte Nationen 62 ff., 66 ff., 76, 95, 106, 119, 142, 148, 152, 153, 159, 215, 216, 243, 249, 252, 292, 300, 313, 318, 350 Vernehmung 12, 13, 14, 15, 195, 203, 255 ff., 355, 361 ff. Versammlung der Vertragsstaaten 10, 92, 94, 110, 111, 113, 117, 118 f., 235, 236, 237, 348, 349, 350, 358, 368 Verteidigung 12, 13, 201 f., 212 f., 357 Vertraulichkeit 13, 204, 355 Verzögerung 11, 66, 175 f., 235, 319, 321, 354, 366, 369 Völkermord 7, 35 ff., 64, 70, 149, 157, 159, 171, 345, 353 Völkermordkonvention 35 ff., 345 Völkerrecht 27 f., 29 ff., 36, 39, 43, 44, 47, 48, 50, 52, 55, 58, 62, 65, 75, 76, 96, 97, 101, 110, 111, 142, 157, 219, 344 Völkerstrafrecht 7, 8, 9, 26 ff., 35 ff., 48 ff., 344 ff. Vorermittlungen 10, 121, 131, 139 ff., 155, 164, 165, 184, 185, 188, 189, 323, 328, 347, 352, 354, 368 Vorermittlungsbefugnisse 10, 143 f., 153 f. Vorermittlungspflicht 10, 144 f., 154 f., 348 Vorläufige Maßnahmen 12, 197, 204, 219, 244, 247, 301, 356 Vorrangprinzip 11, 158 f., 163, 171, 340, 368 Vorverfahrenskammer 9, 13, 14, 113 f., 207 ff., 230 f., 249 ff., 349, 355 ff., 357 ff., 359 f.

758

Stichwortverzeichnis

Weltrechtsprinzip 33 f., 51, 54, 167, 169, 172, 336, 338 Weltverbrechen 7, 32 ff., 36, 45, 51, 344 Wiederaufnahme 74, 80, 91, 94

Zeuge 12, 13, 15, 16, 195, 203, 266 f., 282 ff., 305 ff., 321 ff., 355, 361 ff., 363 ff. Zeugenaussage 125, 152, 153, 178, 209, 242, 286, 339, 352 Zeugenschutz 15, 197, 256, 267 f., 283 f., 362 Zeugenvernehmung 12, 13, 15, 195, 203, 266 ff., 282 ff., 355, 361 ff. Zurückstellung 16, 205, 335 ff., 356

Zuständigkeit ratione loci 11, 155, 156, 166, 167 ff., 170, 179, 182, 332, 336, 338, 339, 353 Zuständigkeit ratione materiae 11, 155, 156, 157, 166, 170 f., 181, 182, 339, 353 Zuständigkeit ratione personae 11, 155, 156 f., 166, 170, 182, 336, 338, 339, 353 Zuständigkeit ratione temporis 11, 155, 156, 166 f., 168, 179, 182, 338, 339, 353 Zwangsmaßnahmen 14, 63, 64, 65, 200, 204, 208, 217, 219, 230, 231, 233, 244 ff., 254 f., 277, 302, 356, 360 Zwangsmittel 14, 15, 153, 259 ff., 276 f., 361