191 48 28MB
German Pages 320 [325] Year 2007
Studien und Texte zu Antike und Christentum Studies and Texts in Antiquity and Christianity Herausgeber/Editor:
CHRISTOPH MARKSCHIES
Beirat/Advisory Board (Berlin) • GIOVANNI CASADIO (Salerno) (Berkeley) • J O H A N N E S H A H N (Münster) JÖRG R Ü P K E (Erfurt)
H U B E R T CANCIK SUSANNA E L M
(Berlin)
45
Nina Lubomierski
Die Vita Sinuthii Form- und Überlieferungsgeschichte der hagiographischen Texte über Schenute den Archimandriten
Mohr Siebeck
NINA LUBOMIERSKI, geboren 1975; Studium der ev. Theologie und Koptologie in Tübingen, Heidelberg und Münster; 2007 Promotion; derzeit Vikarin der ev.-lutherischen Kirche in Bayern.
ISBN 978-3-16-149297-6
ISSN 1436-3003 (Studien und Texte zu Antike und Christentum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. 978-3-16-158668-2 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019
© 2007 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Laupp & Göbel in Nehren auf alterungbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Meinen Eltern
Vorwort Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um meine im Mai 2005 an die Evangelisch-Theologische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin eingereichte Dissertation. Diese Doktorarbeit wurde von Herrn Prof. Dr. Christoph Markschies initiiert und intensiv betreut und durch richtungsweisende Anstöße immer wieder entscheidend vorangebracht. Herr Prof. Markschies, dem ich dafür mit größter Dankbarkeit verbunden bin, schlug mir das Thema der vorliegenden Arbeit vor und nahm sich stets Zeit für die Besprechung der auftretenden Fragen. Er regte Verbesserungen an und forderte und unterstütze mich in jeder erdenklichen Weise. Für die Aufnahme meiner Dissertation in die Reihe STAC danke ich ihm herzlich. Zu tiefstem Dank bin ich Herrn Prof. Dr. Stephen Emmel verpflichtet, der diese Arbeit von Anfang an konstruktiv begleitete und zur Präzisierung ihres Themas und ihrer Ausgestaltung wesentlich beitrug. Er ließ mich an seinen Forschungsergebnissen, seinen Kollationen, seinen Übersetzungen, seiner Datenbank zur koptischen Literatur und seiner Mikrofilm-Sammlung mit außerordentlicher Großzügigkeit teilhaben. Zu jeder Zeit durfte ich seine Kompetenz und seine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen und er war ein geduldiger Zuhörer und Kritiker. Darüber hinaus prüfte er alle Kollationen und Übersetzungen, die sich im Anhang dieser Arbeit finden. Selbstverständlich werden dennoch etwaige Fehler von der Verfasserin verantwortet. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Vater, Hartmut Lubomierski, der mir stets zur Seite stand und mir einer der wichtigsten Gesprächspartner war. Er hat diese Arbeit immer wieder Korrektur gelesen und auf Präzision und Verständlichkeit gedrängt. Ohne seinen Rat und seine Ermunterungen wäre mir diese Arbeit nicht gelungen. Darüber hinaus möchte ich mich bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes bedanken, deren großzügiges Promotionsstipendium mir erst die materielle Basis bot, diese Dissertation zu erarbeiten. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Oberseminarsitzungen am Lehrstuhl von Prof. Markschies in Heidelberg und Berlin danke ich für ihre Anregungen und ihre Kritik an diesem Promotionsvorhaben, insbesondere Thomas Krönung und Frau PD Dr. Karin Metzler. Dr. Samuel Moawad vom Institut für Ägpytologie und Koptologie in Münster half mir mit der Übersetzung von arabischen Texten, wofür ich ihm sehr verbunden bin.
Vili
Vorwort
Den folgenden Bibliotheken und Sammlungen bin ich zu besonderem Dank verpflichtet: Der Bibliothèque nationale de France, die die Publikation der Fragmente FR-BN copte 12912 f. 75 und FR-BN copte 12913 f. 91 in dieser Arbeit autorisiert hat; der British Library, die der Veröffentlichung von GB-BL Or. 3581B f. 70 und GB-BL Or. 3581 f. 71 zugestimmt hat; der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, die die Publikation von AT-NB K 9741 erlaubt hat, sowie Herrn Prof. Dr. Hermann Harrauer und Herrn Dr. Hans Förster für die freundliche Aufnahme bei meinem Forschungsaufenthalt in Wien im Herbst 2002; der Biblioteca Nazionale Napoli sowie dem Ministero per i Berti e le Attività Culturali, die ihre Zustimmung zur Veröffentlichung von IT-IB IBI4 f. 56 gegeben haben, wobei darauf hinzuweisen ist, dass eine jegliche Art der Vervielfältigung des genannten Fragments verboten ist; der Biblioteca Apostolica Vaticana, aus deren Bestand die Handschrift VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 in dieser Arbeit veröffentlicht wird. Frau Dr. Monika Linder von der Universitätsbibliothek Leipzig danke ich für die Beschaffung der Photographien der Fragmente: DD-LU 1086 f. 10, DD-LU 1086 f. 11 und DD-LU 1088 f. 26. Katrin Peter und Dr. Dorothee Erttmann begleiteten mich auf meinen Forschungsreisen nach Rom und Paris, was zum besonderen Gelingen beitrug. Julia Baur danke ich für das Korrekturlesen und die Hilfe bei der Literaturbeschaffung. Dr. Thomas Bernar hat mir beim Formatieren des vorliegenden Buches unschätzbar geholfen. Frau Bettina Gade vom Verlag Mohr Siebeck zeigte sich überaus geduldig bei der Durchsicht der Druckvorlage. Ohne die Unterstützung meiner Mutter, Helga Lubomierski, und meiner Schwiegereltern, Christel und Dr. Volker Rieger, sowie Anne Röhrig und Gertrud Zahnenbenz - insbesondere seit der Geburt meiner Tochter Elisabeth - wäre diese Dissertation vermutlich nicht fertig geworden. Meinem Mann, Dr. Lorenz Rieger, danke ich für seinen Beistand in allen Stadien dieser Arbeit. Würzburg, im Mai 2007
Nina Lubomierski
Inhaltsverzeichnis Vorwort Verzeichnis der Tabellen
VII IX
Einleitung
1
Kapitel 1: Die Quellenlage
8
1 1.1 1.2 1.3 2 3 4 5 6 7 8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 9
Forschungsüberblick Die Forschungsgeschichte der nicht-sahidischen Texte Die Forschungsgschichte der sahidischen Fragmente Zusammenfassung Die bohairischen Texte Die arabischen Texte Die äthiopischen Texte Die syrischen Texte Die Langversionen und die beiden syrischen Versionen Synopse Die sahidischen Fragmente Die Geschichte der sahidischen Fragmente Die Fragmente aus Schenutes Kloster G B - B M E A 10820 VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2 - 7 Fragwürdige Zuordnungen zur Vita Sinuthii Zusammenfassung Interpretation
8 8 17 21 22 29 33 33 35 39 52 53 59 90 94 102 110 113
Kapitel 2: Die Frage nach der Gattung
116
1 2 2.1 2.2 2.3 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 4
116 119 120 122 139 140 140 143 146 148 150 153
Forschungsüberblick Die Gattungsbestimmung Über- und Unterschriften Vergleich mit der antiken Gattung des Enkomion Zusammenfassung Lobreden auf Schenute IT-NB IB7 f. 1 Der Patriarch Benjamin I. über Schenute FR-BN copte 1315 f. 12 GB-BL Or. 3581A f. 190 IT-NB IB2 ff. 8-12 Zusammenfassung der Gattungsbestimmung
Kapitel 3: Die Suche nach dem Verfasser 1 Biographisches und Bibliographisches zu Besa 2 Die Untersuchung der Texte 2.1 Überschriften 2.2 Einleitende Sätze
156 156 158 158 158
X 2.3 2.4 3
Inhaltsverzeichnis Episoden Auswertung Interpretation
Kapitel 4: Die Darstellung Schenutes in der Vita Sinuthii 1 2 3 4 5
160 166 167
171
Schenutes Lebensführung 171 Schenute und sein Kloster 173 Schenutes Einsatz für die Armen und sein Kampf gegen Heiden und Häretiker... 176 Schenutes Verhältnis zur Amtskirche 178 Interpretation 182
Kapitel 5: Der Vergleich mit den Schriften Schenutes
184
1 2 3 4
E 38; E 40; E 42; E 57 Schenutes Konflikt mit Gessius E 43 ,Der Einfall der Barbaren' E 66 ,Schenute vor dem Dux' Zusammenfassung und Interpretation
185 193 198 201
Kapitel 6: Die Vita Sinuthii als ,Living Literature'
205
Literaturverzeichnis
212
Anhang 1: VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 (Sahidischer Text)
221
Anhang 2: Anmerkungen VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7
233
Anhang 3: Übersetzung VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7
238
Anhang 4: Kodex WV (sahidischer Text)
246
Anhhang 5: Anmerkungen Kodex WV
258
Anhang 6: Übersetzung Kodex WV
263
Anhang 7: Synopse E 28: Die Frage nach Antonius
268
Anhang 8: Synopse E 31: Der Bischof von Smin
272
Anhang 9: Synopse E 34: Der ungläubige Sekretär des Apa Martyrius.. 282 Anhang 10: Synopse E 40: Das Versenken der Insel
288
Anhang 11: Synopse E 41: Die gierigen Kleriker
292
Anhang 12: Synopse E 43/1: Die Befreiung der Gefangenen
294
Anhang 13: Synopse E 80: Die Lebensdauer des Mose
300
Stellenregister
303
Personenregister
305
Orts- und Sachregister
307
Verzeichnis der Tabellen Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle
1: Reihenfolge von E 4 2: Reihenfolge von E 63-81 3: Synopse 4: Überblick über die sahidischen Fragmente 5: Überblick Seiten- u. Lagezählung der sahidischen Fragmente 6: Kodex FR 7: Rekonstruktion der Seitenzahlen von FR-BN copte 12912 f. 78 8: Reihenfolge von FR 9: Reihenfolge von WU 10: Reihenfolge von WV 11: Reihenfolge von GB-BM EA 10820 12: Foliierung von VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2 - 7 13: Reihenfolge von VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2 - 7 14: Zusammenfassender Überblick über die sahid. Fragmente 15: Sahidische Fragmente, die nicht zur Vita Sinuthii gezählt werden 16: Vergleich der Langversionen mit Hermogenes
35 36 42 53 62 63 66 68 80 84 92 95 98 111 112 139
Tabelle 17: Vergleich 1 zwischen Vita Sinuthii und Continuing to Glorify the Lord... 196 Tabelle 18: Vergleich 2 zwischen Vita Sinuthii und Continuing to Glorify the Lord... 196
Einleitung Schenute war die überragende geistliche Gestalt Oberägyptens im vierten und fünften Jahrhundert. Seine hohe Bedeutung spiegelt sich in der breiten Überlieferung hagiographischer Texte über ihn wider. Der Großteil dieser hagiographischen Texte wird als ,Vita Sinuthii' bezeichnet und dem Nachfolger Schenutes, Besa, zugeschrieben. Doch sowohl die Gattungsbezeichnung als Vita Sinuthii als auch die Autorenschaft Besas werden im Rahmen dieser Arbeit grundlegend in Frage gestellt. Statt dessen wird ein Überlieferungsmodell vorgestellt, das von einem Entwicklungsprozess der Texte ausgeht. Dieser Prozess nahm in einzelnen Lobreden über Schenute seinen Anfang und endete in Sammlungen von Wundern, die Schenute zugeschrieben und die erst spät mit dem Namen Besa verbunden wurden. Die Bedeutung Schenutes für die koptische Kirche liegt sowohl in seiner eigenen literarischen Produktivität als auch in seinem kirchen- und gesellschaftspolitischen Engagement begründet1. Das sog. Weiße Kloster2, das in der Nähe der Stadt Smin in Oberägypten lag und dessen Leitung Schenute ungefähr im Jahr 385 übernahm3, wurde in der Mitte des vierten Jahrhunderts von Pöol gegründet4. Über den Nachfolger Pcols, von dem Emmel vermutet, dass er Ebonh hieß5, ist nur wenig bekannt, da während seiner Amtszeit etwas geschah, das die Gemeinschaft in ihren Grundfesten erschüttert hatte, so dass er daraufhin einer damnatio memoriae anheim fiel. Was genau passiert war, ist kaum zu rekonstruieren, aber es kann vermutet werden, dass es sich um fleischliche Sünden handelte6. Schenute wurden diese Vorgänge offenbart, wie er in seinen Schriften schreibt, und er machte sie publik . Obwohl Schenute damit zunächst auf Widerstand stieß, stand er am Ende der Auseinandersetzung als Retter der Klostergemeinschaft da. Zugleich hatte er sich den Ruf erworben, prophetische
1
Eine Bibliographie zu Schenute haben 1981 erstellt: P.J. FRANDSEN/E. RLCHTER-
AEROE, B i b l i o g r a p h y ,
145-176.
2
Schenutes Kloster wird seit dem Mittelalter das ,Weiße Kloster' genannt. Dieser Name ist unpräzise, da ,weiß' sich auf die aus weißem Kalkstein gebaute Kirche bezieht, die jedoch erst in der Amtszeit Schenutes gebaut wurde (ca. 440). Ferner war das Kloster weit mehr als nur die Kirche. Daher befürworten Archäologen den Namen Dayr Anba Shinudah, d.h. „Kloster von Apa Schenute", vgl. ST. EMMEL, Corpus, 15. 3 ST. EMMEL, From the Other Side, 95. 4 T. ORLANDI, Library, 211. Vgl. ST. EMMEL, From the Other Side, 95. 5 ST. EMMEL, Corpus, 9 vgl. 569. 6 Zu den Ereignissen ausführlich s. ST. EMMEL, Shenoute the Monk, passim. Vgl. C.T. SCHROEDER, P u r i t y , 1 4 3 . 7
Zu diesem Thema s. ST. EMMEL, Corpus, 560-562.
2
Einleitung
Fähigkeiten zu besitzen, und sich durch sein Vorgehen als Klostervorsteher und Nachfolger Ebonhs qualifiziert. Die Erfahrung lehrte Schenute, dass Kontrolle besser sei als Vertrauen, und so machte er es sich zur Aufgabe, das Leben im Kloster bis ins Detail zu regeln. Dies geschah zumeist durch Briefe, die er von seiner Klause in den Bergen an die Brüder und Schwestern des Klosters schrieb8. Hinter diesem Vorgehen stand mehr als bloße Kontrollsucht und Härte9. Schenute war zu der theologischen Überzeugung gelangt, dass das Kloster als ein Organismus, ein Körper, zu begreifen sei, der durch ein einziges faules Glied insgesamt verdorben werde. Das sündige Verhalten eines Mitglieds der Gemeinschaft gefährdet daher das Heil der Gemeinschaft als Ganze. Nur durch Disziplin und Askese konnte die Reinheit aller bewahrt werden. Wer sich nicht an die Regeln hielt, musste mit Strafen rechnen. Dass diese Theologie zu Auseinandersetzungen mit den Brüdern und Schwestern führte, ist nicht verwunderlich10. Obwohl Schenute die meiste Zeit seines Lebens in seiner Klause verbrachte, gemäß seines Schwurs während seiner Auseinandersetzung mit Ebonh, dass er nie wieder Brot in Gemeinschaft mit anderen essen werde11, beteiligte er sich rege am religiösen, sozialen und politischen Diskurs. In seinen Predigten, aber auch durch Taten setzte er sich für die Belange der Armen ein, bekämpfte jede Art von Götzenverehrung und setzte die von Alexandria vertretene theologische Linie durch12. Schenute gehörte der Delegation an, die den Patriarchen Kyrill im Jahr 431 zum Konzil nach Ephesus begleitete13. So war Schenute bei politischen und religiösen Amtsträgern zu einem gefragten Ratgeber geworden14. Die herausragende Persönlichkeit Schenutes bewirkte, dass sein Kloster zu einem Magneten für Männer und Frauen wurde. Das Kloster erstreckte sich zur Amtszeit Schenutes auf ein Gebiet von ca. 10 km2, auf dem sich neben dem Hauptkloster auch mehrere Tochtergemeinschaften befanden 15 . Auf seine Anordnung hin war in der Mitte des fünften Jahrhunderts16 die neue Kirche gebaut worden, die zu den bedeutendsten Bauwerken der frühen christ-
8
ST. EMMEL, Corpus, 556f. Zu folgendem s. C.T. SCHROEDER, Purity, passim. 10 Das Verhältnis Schenutes zu den Frauen in seinem Kloster war gerade zu Beginn seine Amtszeit von schweren Konflikten belastet; vgl. R. KRAWIEC, Shenoute. 9
11
12
C . T . SCHROEDER, P u r i t y , 1 4 2 m i t A n m . 3 .
Die verschiedenen Rollen Schenutes fasst J. TIMBIE, State of Research, 2 6 6 - 2 7 0 , zusammen. 13 ST. EMMEL, Corpus, 8 mit Anm. 10. 14 Vgl. H. BEHLMER, Visitors, 3 4 1 - 3 6 8 ; J. HAHN, Hoher Besuch, 2 4 8 - 2 5 2 . 15 S. ELM, Virgins, 299. Vgl. B. LAYTON, Food, 26f. Leipoldt vermutet sogar eine Ausdehnung auf 50 km 2 ; J. LEIPOLDT, Schenute, 96; vgl. J. TIMBIE, Procession, 425. 16 ST. EMMEL, Historical Circumstances, 94f.
Einleitung
3
liehen Architektur in Oberägypten gehört17. Ihre architektonische Besonderheit liegt u.a. darin, dass sie eine der ersten mehrschiffigen Basiliken überhaupt ist, „deren Sanktuarium in Dreikonchenbauform gleichzeitig mit dem Langhaus geplant und errichtet wurde." 18 In der Kirche befand sich vermutlich auch die Bibliothek des Klosters19, die mit der Zeit zur „largest Coptic library ever known" wurde20. Im Skriptorium des Klosters wurden sahidische Texte abgeschrieben und die Werke griechischer Patristiker ins Sahidische übersetzt21. Die Entwicklung des Klosters zu einem literarischen Zentrum lag darüber hinaus in der überragenden schriftstellerischen Produktivität Schenutes begründet. Schenute hinterließ ein Korpus von mehr als 17 Bänden, die sich in neun Kanones22 und acht Abhandlungen einteilen lassen23. Die Kanones bestehen überwiegend aus den Briefen, die Schenute zur Regelung des Klosterlebens verfasst hatte, und wurden vermutlich von Schenute selbst in chronologischer Reihenfolge zusammengestellt24. In den Abhandlungen, die wahrscheinlich erst nach Schenutes Tod zusammengestellt und zu liturgischen Zwecken verwendet wurden, präsentiert sich Schenute als öffentliche Persönlichkeit, v.a. durch seine Predigten25. Aufgrund des Reichtums und der Originalität seiner Schriften wurde Schenute zum ersten großen koptischen Schriftsteller, und er blieb unübertroffen. Sein Beitrag zur Entwicklung und Etablierung des sahidischen Koptisch als Literatursprache ist kaum zu überschätzen 6 . So ging mit Schenutes Tod am ersten Juli 46527 eine Ära zu Ende. Zwar war Schenutes Schüler Besa ein tatkräftiger und fähiger Nachfolger, die Leuchtkraft Schenutes konnte Besa aber nicht entwickeln. Schenute jedoch lebte in der Erinnerung der Christen Oberägyptens fort, die Geschichten über den großen Lehrer wurden von Generation zu Generation weitererzählt28. Der Hauptort des Erinnerns an Schenute war über lange Zeit sein Kloster in Oberägypten. Die in der Bibliothek gesammelten Texte, unter ihnen 17
P. GROSSMANN, Art. Dayr Anbä Shinüdah, 768f. Vgl. Ders., Architektur.
18
T . LEHMANN, T r i k o n c h o s b a s i l i k e n , 3 3 2 .
19
ST. EMMEL, Corpus, 13. Zum Problem der Lokalisation der Bibliothek vgl. T.
ORLANDI, L i b r a r y , 2 1 l f . 20
T . ORLANDI, L i b r a r y , 2 1 3 .
21
T . ORLANDI, L i b r a r y , 2 1 1 .
22
Zur Vielschichtigkeit des Kanonbegiffs in der Alten Kirche s. H. OHME, Kanon. D i e bibliographische Struktur der Schriften Schenutes hat rekonstruiert: ST.
23
EMMEL, C o r p u s . 24
ST. EMMEL, C o r p u s , 5 5 3 - 5 5 8 .
25
St. Emmel, Corpus, 6 0 6 - 6 0 9 .
26
V g l . ST. EMMEL, C o r p u s , 6 - 8 .
27 Zur Diskussion um das Todesjahres und Alter Schenutes s. ST. EMMEL, From the Other Side, 97f. 28 Vgl. F. NAU, Version syriaque, 363.
4
Einleitung
das Werk Schenutes, aber auch die hagiographischen Schriften über ihn, wurden immer wieder abgeschrieben und die abgenutzten Kodizes in einer Nebenraum der Bibliothek aufbewahrt 29 . Im elften Jahrhundert besaß die Bibliothek schätzungsweise 1000 sahidische Kodizes30. Die enorme Größe dieser Sammlung wird im Vergleich mit den größten westeuropäischen Bibliotheken deutlich, die zur selben Zeit nur halb so viele Kodizes aufwiesen. Vier Jahrhunderte später aber war von dem Kloster nur noch die Kirche übriggeblieben. Die Kodizes der Bibliothek, im sahidischen Dialekt geschrieben, der schon lange als Umgangssprache vom Arabischen verdrängt worden war, waren allesamt einer Abseite übergeben worden, wo sie langsam verfielen 31 . Etwas zur selben Zeit, im 15. Jahrhundert, erwachte in Westeuropa das Interesse an der koptischen Sprache. Mitte des 15. Jahrhunderts waren die ersten koptischen Handschriften nach Europa gelangt und hatten den Forschergeist westlicher Orientalisten geweckt32. In den Berichten westeuropäischer Reisender des 17. und 18. Jahrhunderts finden sich Erwähnungen von Schenutes Kloster33, aber vermutlich erst Ende des 18. Jahrhunderts gelangten einige Fragmente aus Schenutes Kloster nach Europa und in die Hände von Stefano Borgia34. Dieser nutzte seinen Einfluß als Sekretär der Sacra Congregatio de Propaganda Fide und erwarb eine der bis heute größten Sammlungen dieser Fragmente. Obwohl kleinere Mengen von Fragmenten aus Schenutes Kloster auf anderen Wegen, z.B. über Kaufleute, Europa erreichten, wurde der Fundort der Blätter erst Ende des 19. Jahrhunderts allgemein bekannt. Der Versuch von Gaston Maspero, dem Direktor des Service des Antiquités de l'Égypte, die Reste der Bibliothek zusammenzuhalten, scheiterte. Zwar konnte Maspero einen Großteil der Fragmente für die Bibliothèque Nationale in Paris erwerben, der Rest verstreute sich aber auf mehr als 20 Sammlungen und Bibliotheken in drei Kontinenten. Das Auseinanderreißen der Bibliothek, in der sich die meisten Schriften von und über Schenute befanden, erschwert den Zugang zum Leben und Werk des berühmten Kopten. So ist z.B. von den Handschriften Schenutes keine einzige komplett bewahrt worden. Durchschnittlich sind nur noch 14% der Blätter eines Kodex erhalten35. Allerdings konnten im ausgehenden 20. Jahrhundert zwei bahnbrechende Erfolge bei der Wiederherstellung der Bibliothek des sog. Weißen Klosters verzeichnet werden. Schon 29
ST. EMMEL, Corpus, 13.
30
T . ORLANDI, L i b r a r y , 2 2 5 .
31
ST. EMMEL, Corpus, 14. ST. EMMEL, Art. Coptic Language, 184f.
32 33
ST. EMMEL, C o r p u s ,
34
Zu folgendem s. auch ST. EMMEL, Corpus, 2 0 - 2 4 . ST. EMMEL, Editing Shenoute, 110.
35
14-18.
5
Einleitung
1969 gründete Tito Orlandi das Corpus dei Manoscritti
Copti
Letterari,
CMCL, mit dem Ziel, durch die Sammlung von photographischen Reproduktionen aller bekannten sahidischen Handschriften u.a. die Rekonstruktion der Bibliothek des Klosters Schenutes sowie der aus ihr stammenden Kodizes zu ermöglichen36. Heute ist das CMCL über Internet zugänglich37 und stellt eine hervorragende Hilfe dar. Darüber hinaus stellte Stephen Emmel 1993 in seiner Dissertation die kodikologische Rekonstruktion der Werke Schenutes vor und ebnete damit den Weg zur Edition von Schenutes Corpus. Von den Schriften Schenutes wurden nur wenige ins Arabische übersetzt39. Dagegen fanden hagiographischen Schriften über Schenute, insbesondere die Vita Sinuthii, weite Verbreitung, wie ihre Übersetzung ins Bohairische, Arabische, Syrische und Äthiopische beweisen. Noch heute findet sich eine Zusammenfassung einiger Wunder Schenutes im Synaxarium, dem liturgischen Kalender der koptischen Kirche, die Schenute als Heiligen verehrt40. Die Vita Sinuthii, die Schenutes Nachfolger Besa zugeschrieben wird, berichtet aus Schenutes Leben von seiner Geburt bis zu seinem Tod. Das Werk besteht größtenteils aus Wunderepisoden, in denen Schenutes prophetische Gabe, sein Einsatz für Arme und Unterdrückte, sein Kampf gegen heidnische Bräuche, gegen Häretiker und gegen den Teufel, seine Begegnungen mit dem Heiland und anderen biblischen Figuren und Schenutes Wirken in seinem Kloster thematisiert werden. Während auf Sahidisch nur Fragmente der Vita Sinuthii erhalten sind, liegen in Bohairisch, Arabisch und Äthiopisch vollständige Handschriften vor. Diese Versionen sind von unterschiedlicher Länge, wobei die arabische Fassung mehr als doppelt so lang wie die Bohairische ist und die äthiopische Version eine Mittelposition zwischen den beiden einnimmt. Auf Syrisch liegen zwei Versionen der Vita Sinuthii vor, deren eine nur sehr bruchstückhaft erhalten ist. Die andere Fassung ist zwar als vollständige Handschrift überliefert, sie ist jedoch wesentlich kürzer und einfacher als die anderen nicht-sahidischen Versionen. Im Unterschied zu den sahidischen Fragmenten und den syrischen Versionen werden die bohairische, arabische und äthiopische Version in dieser Arbeit als ,Langversionen' bezeichnet. Die vermutlich erste Erwähnung der Vita Sinuthii durch einen westlichen Forscher findet sich in einer Notiz von Assemani aus dem Jahr 1719 •30
36 37 38 39 40
T. ORLANDI, Library, 230f. http://rmcisadu.let.uniromal.it/~cmcl. 2004 veröffentlicht als ST. EMMEL, Corpus. Vgl. ST. EMMEL, Editing Shenoute. Zu den wenigen arabischen Übersetzungen s. ST. EMMEL, Corpus, 67f. Vgl. z.B. die deutsche Übersetzung des Synaxarium: Das Synaxarium, 428.
6
Einleitung
und nimmt Bezug auf die bohairische Version41. Knapp ein Jahrhundert später veröffentlichte Georg Zoega in seinen Katalog der Kollektion Borgias auszugsweise sowohl die bohairische Version als auch einige sahidische Fragmente42. Im Jahr 1811 griff Étienne Quatremère auf die bohairische Version der Vita Sinuthii bei seiner Arbeit über die Nubier zurück43. Über 50 Jahre später bezog sich Eugène Revillout in seinen Untersuchungen zu demselben Thema sowohl auf die bohairische Version als auch auf sahidische Fragmente44. Urbain Bouriant veröffentlichte 1883 einige sahidische Fragmente aus dem Musée de Boulaq45. Von 1888-95 edierte Emile Amélineau die bohairische und die arabische Version sowie alle bis dahin bekannten sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii mit französischer Übersetzung und ermöglichte einen bis heute unübertroffenen Überblick über alle Texte der Vita Sinuthii46. Darüber hinaus trug Amélineau zum Bekanntwerden Schenutes bei, indem er eine allgemein verständliche „Vie de Schnoudi" veröffentlichte 47 . Um die Jahrhundertwende wurden die von Amélineau veröffentlichten Texte durch Paulin Ladeuze untersucht48 sowie zwei syrische Versionen49 und weitere sahidische Fragmente veröffentlicht 50 . Johannes Leipoldt beschäftigte sich im Rahmen seiner Monographie über Schenute mit dem historischen Wert der Vita Sinuthii51 und edierte 1906 den bereits von Amélineau veröffentlichten bohairischen Text erneut. Die Edition Leipoldts ist bis heute die maßgebliche Edition der bohairischen Vita Sinuthii. Die sahidischen Fragmente gab Leipoldt nicht heraus, wobei Emmel vermutet, dass dies für den zweiten Band der ,Vita et opera omnia' vorgesehen war, der jedoch nicht erschienen ist52. In den folgenden Jahrzehnten wurden weitere Fragmente der Vita Sinuthii veröffentlicht 53 . Neue Impulse wurden jedoch erst in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gegeben durch die Edition der äthiopischen Version durch Gérard Colin sowie durch die unveröffentlichte Abschlussarbeit von Robert Simpson, die die bisher ausführlichste Untersuchung der sahidischen, bohairischen, arabischen und syrischen 41
G.S. ASSEMANI, Bibliotheca orientalis, 618. G. ZOEGA, Catalogus, 3 3 ^ 1 . 3 7 7 - 3 8 0 . 43 É. QUATREMERE, Memoires, 127f. 44 E. REVILLOUT, Mémoire 1874, 3 9 3 - 3 9 6 . 45 U. BOURIANT, Fragments, 1 - 4 ; 152-156 46 É. AMÉLINEAU, Monuments, 1 - 9 9 (bohairische Version); 2 3 7 - 2 4 7 . 6 3 3 - 6 4 9 (sahidische Fragmente); 2 8 9 - 4 7 8 (arabische Version). 47 É. AMELINEAU, Vie de Schnoudi. 42
48
P . LADEUZE, É t u d e , 1 1 6 - 1 4 7 .
49
1. GUIDI, Traduzione, 4 9 - 5 6 . F. NAU, Version syriaque. 50 W.E. CRUM, Catalogue, 164-166. 51 J. LEIPOLDT, Schenute, 12-16. 52 ST. EMMEL, Corpus, 26 Anm. 70. 53 M.H. MUNIER, Manuscrits coptes, 6 3 - 6 5 ; H.G. EVELYN-WHITE, Coptic texts, 163;
A . F . SHORE, E x t r a c t s , 1 3 4 - 1 3 9 .
Einleitung
1
Versionen der Vita Sinuthii in bezug auf ihren Inhalt, ihre Struktur, ihre Beziehung zueinander und ihre Darstellung der Person Schenute darstellt54. Zur Bekanntheit der bohairischen Version trug darüber hinaus ihre Übersetzung durch David Bell in die englische Sprache im Jahr 1983 bei55. Ziel dieser Arbeit ist es, die Überlieferungsgeschichte der Vita Sinuthii zu erhellen. Im Kapitel zur Quellenlage wird die Textgrundlage entfaltet, indem die Geschichte der Handschriften und Fragmente dargestellt wird und die Episoden der verschiedenen Versionen auf ihre Reihenfolge und ihren Inhalt untersucht werden. Es wird zuerst die bohairische Version vorgestellt, da sie den höchsten Bekanntheitsgrad aller Versionen erreicht hat. Anschließend werden die in arabischer, äthiopischer und syrischer Sprache verfassten Versionen der Vita Sinuthii untersucht werden. Das Kapitel schließt mit einer Darstellung der sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii, die in dieser Arbeit erstmals vollständig erfasst und auf ihre kodikologischen Zusammenhänge untersucht werden. Da einige der sahidischen Fragmente gar nicht, andere nur unzureichend ediert sind, bildete die Kollation der sahidischen Fragmente eine weitere Grundlage dieser Arbeit. In den folgenden Kapiteln wird der Frage nach der Gattung und dem Autor der Vita Sinuthii nachgegangen. Es folgt eine Untersuchung der Darstellung Schenutes in den verschiedenen Versionen der Vita Sinuthii und ein exemplarischer Vergleich zwischen den Schriften Schenutes und der Vita Sinuthii. Die Arbeit schließt mit einer Interpretation der Vita Sinuthii als ,Living Literature'.
54 R.S. SIMPSON, Lives. R. SIMPSON hat mir seine Arbeit freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Ä D.N. BELL, Life.
Kapitel 1
Die Quellenlage Das Kapitel zur Quellenlage beginnt mit einem Forschungsüberblick zu den nicht-sahidischen und den sahidischen Versionen der Vita Sinuthii. Im folgenden werden die einzelnen Fragmente und Versionen, ihre Handschriften und - soweit vorhanden - kodikologischen Beziehungen ausführlich vorgestellt. Angaben zum Inhalt der Texte erfolgen mit Hilfe einer in dieser Arbeit entwickelten Systematisierung der einzelnen Wundergeschichten der Vita Sinuthii. Dabei werden für die einzelnen Episoden Kürzel und bzw. oder ihre Kurztitel, wie z.B. E 34 (,Der ungläubige Sekretär des Apa Martyrius'), verwendet, die mit Hilfe der Synopse in Kapitel 2.7 zu erschließen sind.
1 Forschungsüberblick Die Beschäftigung mit der Vita Sinuthii erreichte mit den Arbeiten von Amelineau, Ladeuze, Guidi, Nau und Leipoldt im ausgehenden 19. Jahrhundert sowie im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts einen Höhepunkt. Im folgenden Abschnitt wird zunächst die Forschungsgeschichte der nichtsahidischen Texte der Vita Sinuthii vorgestellt. Anschließend werden die sahidischen Fragmente in den Blick genommen. 1.1 Die Forschungsgeschichte
der nicht-sahidischen
Texte
Amelineau, der die bohairische Version als Erster vollständig edierte und übersetzte, setzte sich mit der Frage nach der Entstehung der bohairischen Übersetzung sowie ihres Verhältnisses zur arabischen Version und den sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii auseinander. Einen ersten Anhaltspunkt für die Entstehungszeit der Übersetzung gibt die Handschrift selbst, da ihr zu entnehmen ist, dass sie im Jahr 935 an das Kloster des St. Makarius in der Sketis übergeben wurde1. Die bohairische Übersetzung aus dem von Amelineau vorausgesetzten sahidischen Original muss demnach vor Ende des neunten Jahrhunderts vorgenommen worden sein. Amelineau 1
E. AMELINEAU, Monuments, XIII.
Forschungsüberblick
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vermutete ferner, dass der Text schon gegen Ende des sechsten Jahrhunderts in Übersetzung vorlag. Als Gründe für diese These führte Amélineau an, dass Schenute bei den Mönchen der Nitria und Sketis erst Ende des sechsten Jahrhunderts bekannt wurde, da er zwar noch nicht in den Apophthegmata Patrum auftaucht, die laut Amélineau gegen Ende des fünften Jahrhunderts bzw. am Anfang des sechsten Jahrhunderts zusammengestellt wurden, wohl aber dem Verfasser der Vita des Pisentius bekannt war2. Der Übersetzer habe den Text jedoch nicht nur übersetzt, sondern auch gegenüber dem Original gekürzt, weshalb Amélineau die bohairischen Version als „abrégé" bezeichnete3. Der Übersetzer habe die erbaulichen Textstellen übernommen, wobei ihm die wunderbaren Züge besonders gefallen hätten, während er alle historischen Informationen ausgelassen habe. Ferner habe er die Überleitungen zwischen den einzelnen Teilen des Textes entweder gestrichen oder so ungeschickt verändert, dass sie kaum noch verständlich seien, wie Amélineau an einem Teil der Einleitung der bohairischen Version zu zeigen versuchte (E IV). Dass die bohairische Version nur eine Kurzfassung eines längeren Originals sei, begründete Amélineau ferner damit, dass laut Überschrift des bohairischen Textes nur ,einige wenige' (2^"Koyxi) der von Besa gesammelten Wunder erzählt werden sollen, was Amélineau als einen Hinweis des Schreibers auf Auslassungen wertete4. Ferner verwies Amélineau auf sahidische Fragmente, die Episoden enthalten, die nur in der arabischen Vita, nicht aber in der bohairischen Version überliefert sind, d.h. für Amélineau aus dieser herausgekürzt wurden5. Amélineau bezog sich dabei, in der Terminologie dieser Arbeit, auf die Fragmente FR 54-58, die E 66 enthalten, die außer in FR nur noch in der arabischen Version finden lässt. Außerdem fügte Amélineau als Beispiel zwei Episoden (E 16 und E 21) an, denen in der bohairischen Version zum Verständnis wichtige Details fehlen, die wiederum in den arabischen Parallelen enthalten sind6. Diese Informationen seien aus der bohairischen Version herausgekürzt worden. Im Vorwort zu seiner Edition und Übersetzung des arabischen Textes beschäftigte sich Amélineau auch mit der Frage nach der Herkunft dieses Textes7. Der arabische Text ist laut Amélineau aus der koptischen Sprache übersetzt, da der arabische Text an vielen Stellen der Syntax der vermutlich eher sahidischen als bohairschen Vorlage folge und der Übersetzer bei Ortsnamen zunächst eine buchstäbliche Übertragung, dann eine sinnge2 3 4 5 6 7
E. AMELINEAU, Monuments, XIV. Zu f o l g e n d e m s. auch E. AMELINEAU, M o n u m e n t s , X l f . E. AMELINEAU, M o n u m e n t s , V I f f . E. AMELINEAU, M o n u m e n t s , VIII. E. AMELINEAU, M o n u m e n t s , V H I f f . Zu folgendem s. E. AMELINEAU, Monuments, LI.
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Die Quellenlage
mäße anführe. Amélineau vermutete, dass dem Übersetzer eher eine sahidische als eine bohairische Version als Vorlage diente. Darüber hinaus verweist Amélineau auf die häufige Verwendung der syrischen Worte mar und meimar, die er damit erklärte, dass die Übersetzung von einem syrischen Mönch aus der Nitria angefertigt worden sei bzw. einem Mönch, der lange in der Sketis oder Nitria gewohnt habe, wo diese syrischen Worte verwendet wurden. Die Übersetzung ist, Amélineau zufolge, in Oberägypten angefertigt worden und habe diese Gegend auch nie verlassen. Die Übersetzung geschah laut Amélineau im zehnten bis dreizehnten Jahrhundert, als der Gebrauch des Koptischen in Oberägypten verloren ging8. Darüber hinaus bestimmt Amélineau den Zeitraum, in dem der Text, der nun in der arabischen Übersetzung vorliegt, seine Endgestalt erhielt. Er bezieht sich dabei auf die Episode, in der Jesus Schenute die Zukunft vor Augen führt und dabei die Eroberung Ägyptens durch die Araber prophezeit (E 18)9. Amélineau entschlüsselt die genannten Ereignisse und kommt zu dem Ergebnis, dass die Episode vor 690, aber nach dem Jahr 685 geschrieben wurde, da sie zwar von einem Schisma, nicht aber von dessen Ende im Jahr 690 berichtet10. Damit sei auch in diesem Zeitraum die Vorlage des arabischen Textes entstanden11. Im Anschluss an diese Überlegungen führte Amélineau weitere Passagen an, die seine Meinung nach nicht von Besa stammen, u.a. - in der Terminologie dieser Arbeit - die Episode von der , Ausbreitung der Lehre bis nach Rom' (E 4/3) und den „extrait des principales idées morales" 12 (E V), wobei Amélienau vermutete, dass Besa hier aus den Werken Schenutes geschöpft habe. Für E V hat Iselin 1895 gezeigt, dass es nicht ein Auszug aus einer Schrift von Schenute, sondern eine bestimmte Art der Katechese sei, die sog. ,Lehre von den zwei Wegen', wie sie sich z.B. auch in der Didache findet13. In seiner Untersuchung des bohairischen Textes14 vermutete Ladeuze, dass diejenigen von Amélineau veröffentlichten sahidischen Fragmente, die keinen Hinweis auf eine spätere Entstehung aufweisen, die Vorlage für die Übersetzung ins Bohairische gebildet haben. Die These Amélineaus, dass es sich bei dem bohairischen Text um eine Kurzfassung handele, lehnte Ladeuze ab. Gegen die Argumentation Amélineaus wandte Ladeuze ein, dass der Schreiber in der Überschrift lediglich den ersten Satz Besas aufgreife, in dem Besa selbst schreibe, dass er nur .einige wenige' 8
É. AMELINEAU, M o n u m e n t s , LIf.
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É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , L I I - L V I I .
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É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , LVIII. " É. AMELINEAU, Monuments, LVIII. É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , LIX. 13 P . LADEUZE, Étude, 129. L.E. ISELIN, Eine bisher unbekannte Version, bes. 10. 14 Zu f o l g e n d e m s. P. LADEUZE, Étude, 1 2 4 - 1 2 7 .
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Forschungsüberblick
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(22UIKOYXI) Wunder berichten werde. Ladeuze machte ferner darauf aufmerksam, dass Teile der sahidischen Fragmente später als das vorausgesetzte sahidische Ideal seien (FR 45-48 und FR 53-60). Außerdem habe Amélineau selbst auf zwei eine arabische Episode hingeweisen, die später hinzugefügt worden sei (E 18). Episoden, die nicht in der bohairischen Fassung zu finden sind, müssen daher nicht notwendigerweise aus dieser herausgekürzt, sondern können auch später zu den anderen Versionen hinzugekommen sein. In bezug auf die Episoden E 16 und E 21, die laut Amélineau in der bohairischen Version nur in gekürzter und dadurch unverständlicher Weise überliefert seine, gab Ladeuze zu bedenken, dass die Ergänzung von Details das Werk späterer Redaktionen sein können. Ferner entspreche der bohairische Text in E 21 der sahidischen Parallele, die den ursprünglichen Text bewahrt habe. Abschließend betonte Ladeuze, dass der bohairische Text diejenigen Episoden der arabischen Version, deren Inhalt besonders wundersam sei, nicht aufführe, z.B. E 1, E 4/3, E 5 7, E 11-15, E 48, E 53, E 64 und E 77. Damit widerspricht Ladeuze der These Amélineaus, der bohairische Text habe diejenigen Textstücke beiseite gelassen, die ihm nicht wundersam genung seien. In bezug auf den arabischen Text vertrat Ladeuze die Ansicht, dass sich der Verfasser dieses Werkes nicht - wie der Übersetzer der bohairischen Version - darauf beschränkt habe, eine bestehende Version zu übersetzen, sondern dass er alles, was er über Schenute in Erfahrung bringen konnte, gesammelt und in seinen Text eingebaut habe15. Laut Ladeuze lagen dem arabischen Schreiber sowohl die sahidischen Fragmente, inklusive der seiner Meinung nach später hinzugekommenen, als auch die bohairische Version vor, da er an einigen Stellen der einen, an anderen der anderen Fassung folge16. Über diese Versionen hinaus habe der Redaktor weitere Textstücke eingefügt, wie z.B. die ,Lehre von den zwei Wegen' (E V), die nicht, wie Amélineau vermutet hatte, von Schenute stammt, sondern eine bestimmte Art der Katechese sei, wie sie sich z.B. auch in der Didache findet, was Iselin nachgewiesen hatte17. Ladeuze untersuchte weitere Ergänzungen und kam zu dem Ergebnis: ,,L'auteur arabe a donc développé les panégyriques antérieurs de Schenoudi à l'aide de l'Ecriture sainte, de la littérature chrétienne apocryphe, et peut-être même de la Vie de Pakhôme." 18 Ferner habe er aus dem Panegyrikos auf Makarius von Tköou geschöpft 19 . Darüber hinaus gebe der Autor in vielen Episoden, die sich nur in der arabischen Version finden, in formelhaften Wendungen Aus-
15
Zu f o l g e n d e m s. P. LADEUZE, Étude, 136
16
P. LADEUZE, Étude,
17
P. LADEUZE, Étude, 129. L.E. ISELIN, Eine bisher unbekannte Version, bes. 10.
128.
18
P. LADEUZE, É t u d e ,
19
Z u f o l g e n d e m s. P. LADEUZE, É t u d e ,
134. 134-36.
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Die
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kunft darüber, wer ihm die Episode bezeugt habe, wie z.B. Schenutes Mutter. Da sich keine dieser Formeln in Episoden findet, die auch in den sahidischen Fragmenten, die Ladeuze zur Vita Sinuthii zählt, bzw. der bohairischen Version berichtet werden, sah Ladeuze in ihnen ein Kennzeichnen für spätere Ergänzungen, die aus mündlichen Traditionen stammen. In bezug die arabischen Version legte Ladeuze sich nicht fest, ob sie entstand, als die koptische Sprache in Oberägpyten ausstarb, wie Amélineau vermutet hatte, oder ob ihre Entstehung schon früher anzusetzen sei20. In Übereinstimmung mit Amélineau ging Ladeuze davon aus, dass der Übersetzer lange Zeit in den Klöstern der Sketis oder der Nitria verbracht habe, da er die dort üblichen syrischen Worte mar und meimar verwende21. Guidi veröffentlichte 1889 erstmals ein syrisches Fragment der Vita Sinuthii22. Im Vergleich mit den bohairischen und arabischen Texten stellte Guidi fest, dass der syrische Text z.T. anders sei und an einige Stellen die bessere Lesart als die bohairische und arabische Fassung habe23. Entsprechend dem Thema seines Aufsatzes beschäftigte sich Guidi abschließend mit der Frage, aus welcher Sprache der syrische Text übersetzt wurde. Dass der Text aus dem Koptischen ins Arabische und dann weiter in die syrische Sprache übersetzt wurde, sei unwahrscheinlich. Er vermutete, dass der koptische Text von syrischen Mönchen in Ägypten direkt ins Syrische übertragen wurde. Dieser Meinung schloss sich Nau bei der Veröffentlichung einer weiteren syrischen Version der Vita Sinuthii an und konkretisierte sie in Hinblick auf die bereits edierten Versionen24. In seiner Einleitung verglich er den von ihm herausgegebenen syrischen Text mit der bohairischen und der arabischen Version und kam zunächst zu dem Ergebnis, dass der syrische Text mit dem bohairischen verwandt sei, die arabische Version dagegen mit der von Guidi herausgegebenen anderen syrischen Fassung25. Er fuhr jedoch fort, dass der von ihm edierte syrische Text und die bohairische Fassung aus dem Vatikan zwei voneinander unabhängige Übersetzungen eines vermutlich griechischen Originals sein. Der bohairische Text sei wahrscheinlich in der Sketis ins Syrische übersetzt worden, wodurch der syrische Text entstand, dessen Fragmente Guidi veröffentlichte. Dieser syrische Text wurde wiederum ins Arabische übersetzt und liege uns durch die Edition Amélineaus vor26. An dieser Stelle, wie auch auf seinem 20
P. LADEUZE, Étude, 147. P. LADEUZE, Étude, 128. 22 1 . GUIDI, T r a d u z i o n e . 21
23 24 25 26
Zu folgendem s. I. GUIDI, Traduzione, 56. F. NAU, Version syriaque. Zu folgendem s. F. NAU, Version syriaque, 361-363. Die Ausführungen Naus sind an dieser Stelle nicht ganz eindeutig.
Forschungsüberblick
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Stemma, scheint Nau daher eher eine Verwandtschaft der bohairischen Fassung mit dem syrischen Text von Guidi sowie dem arabischen Text anzudeuten. Im Unterschied zu Amelineau und Ladeuze ging Nau demnach davon aus, dass der arabische Text die Übersetzung einer syrischen Vorlage sei und nicht einer koptischen. Nau begründete diese Sichtweise mit dem schon bei Amelineau und Ladeuze aufgeführten Argument der Verwendung von syrischen Worten im arabischen Text. Darüber hinaus seien Hunderte syrische Werke ins Arabische übersetzt worden, jedoch wenige bekannt, die direkt vom Koptischen ins Arabische übersetzt wurden. In bezug auf den arabischen Text müsse beachtet werden, dass der arabische Text viele Zusätze enthalte und „qu'il est dangereux de lui attribuer trop d'importance." 27 Nau verglich den von ihm edierten syrischen Text mit den bohairischen und arabischen Fassungen, die Amelineau herausgegeben hatte. Dabei stellte er fest, dass alle Episoden des syrischen Textes in der bohairischen Version vorkommen und wiederum alle der bohairischen in der arabischen Fassung, wobei letztere darüber hinaus weitere Episoden enthalte. Nau zog die Schlussfolgerung, dass der von ihm veröffentlichte syrische Text das vorauszusetzende, aber unbekannte Original am treuesten wiedergebe, während die bohairische und die arabische Version freie, mit Zusätzen versehene Übersetzungen seien28. Die Übersetzung des von ihm edierten syrischen Textes aus dem sahidischen oder wahrscheinlicher griechischen Original sei entweder in einem Kloster Syriens oder von Flüchtlingen aus Palästina, die sich im fünften und sechsten Jahrhundert im Bereich Alexandrias aufhielten, vorgenommen worden. Seine Überlegungen fasste Nau in einem Stemma zusammen, demzufolge es zwei Überlieferungsstränge gebe: Einen kurzen, der nur die von ihm übersetzte syrische Version enthalte, und einen längeren, der über verschiedene bohairische Versionen und die von Guidi veröffentliche syrische Fassung in verschiedenen arabischen Versionen ende29. In seiner Monographie zu Schenute von 1903 schloss sich Leipoldt in bezug auf die bohairische Version der Meinung Ladeuze' an. Entgegen der These Amelineaus, dass der bohairische Text eine Kurzfassung sei, war Leipoldt der Meinung, dass er „dem vorauszusetzenden sai'dischen Originale sicher viel näher, als die ... arabische" Fassung stehe30. Leipoldt begründete diese These damit, dass die bohairische Version kürzer und mit weniger Wundern versehen sei als der arabische Text und einige der 27 28 29 30
F. NAU, Version syriaque, 360. Zu folgendem s. F. NAU, Version syriaque, 361-363. F. NAU, Version syriaque, 363. J. LEIPOLDT, Schenute, 14.
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Die
Quellenlage
sahidischen Fragmente31. Der arabische Text sei gegenüber dem bohairisehen ausführlicher und steigere die übernatürlichen Züge . Wie Amélineau und Ladeuze beschäftigte sich auch Leipoldt mit der Frage nach späteren Ergänzungen im arabischen Text, zu denen er alle Episoden zählte, die nur in dieser Version zu finden sind. Als Quellen der Zusätze gab Leipoldt einige der bei Amélineau veröffentlichten sahidischen Fragmente an, die er als Lb und Lc bezeichnete, und den Panegyrikos auf Makarius von Tköou (Db). In Übereinstimmung mit Nau zog Leipoldt ferner die Möglichkeit in Erwägung33, dass dem arabischen Text die bei Guidi bruchstückhaft veröffentlichte syrische Version zugrunde lag, da sie sich inhaltlich sehr nahe stehen und der arabische Text syrische Worte verwendet. Leipoldt wies jedoch darauf hin, dass die syrische Version in der Anordnung der Episoden der bohairischen näher stehe als der arabischen. Das Argument Naus, dass viele Texte aus dem Syrischen in die arabische Sprache übersetzt wurden, jedoch fast nie direkt aus dem Koptischen, wies er dagegen geradezu empört zurück34. Die Kürze des von Nau edierten syrischen Textes ist für Leipoldt kein Hinweis auf seine Originalität, sondern sei auf das mangelnde Interesse der „syrisch-monophysitischen Kirche" an Schenute zurückzuführen 35 . Galtier verglich den von ihm 1905 veröffentlichten Text mit der von Amélineau edierten Version und vermutete aufgrund der unterschiedlichen Lesarten der Vita Sinuthii in den verschiedenen Handschriften, dass einige Zeit zwischen der Übersetzung in die arabische Sprache und dem Jahr 1356, aus dem die von Galtier veröffentlichte Handschrift stammt, vergangen sein müssen36. Das entspricht der Vermutung Amélineaus, dass die Übersetzung der arabischen Vita im Zeitraum vom zehnten bis dreizehnten Jahrhundert angefertigt wurde37. 1982 veröffentlichte Colin eine äthiopische Version der Vita Sinuthii, die er mit der bohairischen und arabischen Fassung verglich. Er kam zu dem Ergebnis, die äthiopische Version folge „beaucoup plus fidèlement la vie copte [i.e. die bohairische Version] dans la construction même et l'agencement du récit"38. Die äthiopische Fassung stamme dennoch von einer arabischen Vorlage, da kein Wort direkt aus dem Koptischen über31
J . LEIPOLDT, Schenute, 14f. Vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 2. Zu folgendem s. J. LEIPOLDT, Schenute, 14f. 33 Zu folgendem s. J. LEIPOLDT, Schenute, 15f. 34 J. LEIPOLDT, Schenute, 16: „Wer nur einigermaßen mit der Geschichte des späteren Ägyptens vertraut ist, der weiß, daß sehr viele Schriften der Kopten ins Arabische übertragen worden sind." 35 Zu folgendem s. J. LEIPOLDT, Schenute, 16. 36 É. GALTIER, Contribution, 106. 37 É. AMELINEAU, Monuments, LIf. 38 G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), VIII. 32
Forschungsüberblick
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nommen wurde, einige Worte vom Arabischen abstammten und sich mehrfach ein rein arabisches Wort finde39. Ferner habe der äthiopische Übersetzer den arabischen Text an einigen Stellen nicht ganz verstanden, so dass ein unverständlicher äthiopischer Text entstand, wie z.B. im Prolog. Die äthiopische Fassung sei keine Übersetzung der von Amélineau veröffentlichten arabischen Version, da diese länger und detaillierter sei, und sich andererseits eine Episode des äthiopischen Textes nicht im Arabischen finde (E 30). Die äthiopische Version enthalte darüber hinaus einige Episoden mehr als die bohairische (z.B. E 7.18.37.64.67.73.75). Zwar war Colin die Existenz der beiden syrischen Fassungen bekannt40, auf den von Guidi veröffentlichten Text nahm er, trotz dessen Ähnlichkeit mit dem äthiopischen Text (s. E 72-76), jedoch keinen Bezug. In seiner Arbeit von 1985 beschäftigte sich Simpson ausführlich mit der bohairischen Version. Zunächst gab er einen Überblick über die bohairischen Quellen und führte dabei die Handschrift aus dem Vatikan sowie die von Leipoldt und Evelyn-White veröffentlichten Fragmente auf 41 . In dem Abschnitt „Date and Origin" vermutete Simpson, dass die Übersetzung aus dem Sahidischen ins Bohairische in dem Zeitraum vorgenommen wurde, als Bohairisch Sahidisch als Umgangssprache ersetzte, was seiner Meinung nach im neunten bis zehnten Jahrhundert geschah42. Darüber hinaus wies Simpson auf lexikalische und grammatikalische Besonderheiten hin, die den sahidischen Einfluss auf den bohairischen Text aufzeigen 43 . Die Beziehung der bohairischen zu der arabischen Version bestimmte Simpson, indem er sich der Sicht Leipoldts anschloss, die bohairische Fassung habe das Original treuer bewahrt44. Gegen die These Amélineaus, dass der bohairische Text eine Kurzfassung sei, wandte er, wie vor ihm schon Ladeuze, ein, dass in einem Beispiel, das Amélineau zur Unterstützung seiner These heranzog, der bohairische Text mit dem sahidischen übereinstimme. Darüber hinaus haben Heiligenlegenden laut Simpson die Tendenz „to grow more rather than less exaggerated with the passage of time." Darüber hinaus verglich Simpson den Text der Episoden in der bohairischen und arabischen Version mit dem Ergebnis, dass der mehr als doppelt so große Umfang der arabischen Fassung zum einen auf zusätzliches Material, zum anderen auf längere und komplexere Episoden zurück39 40 41 42
Zu folgendem s. G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), XIII. G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), VIII. R.S. SIMPSON, Lives, 6. R.S. SIMPSON, Lives, 9.
43 SIMPSON nennt folgende Beispiele: „The second Present is frequently EQCIUTEM rather than ^qcioTSM, i is often written for t>, and double vowels are occasionally employed". R.S. SIMPSON, Lives, 9f. 44 Zu folgendem s. R.S. SIMPSON, Lives, 47.
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Die
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zufuhren sei45. Als Hauptunterschiede zwischen der bohairischen und der arabischen Version auf der Textebene führte er an, dass die arabische Version dazu neige, Namen anzufügen 46 . Ferner tendiere der arabische Text dazu, unverständliche Sachverhalte aufzuklären. In wenigen Fällen verdichte die arabische Fassung Stellen, die sich im bohairischen Text wiederholen oder unklar seien47. Diese Beobachtungen sprechen Simpson zufolge auch gegen die These Amélineaus, dass der bohairische Text eine Verkürzung des arabischen sei48. Darüber hinaus füge die arabische Fassung in Episoden, die sich auch im bohairischen Text finden, zusätzliche Ereignisse ein49. Insgesamt sei das Verhältnis der bohairischen zu der arabischen Version nicht auf eine einzige Formel zu reduzieren: „there is no one type of relationship of the two texts as a whole, because different episodes are treated in different ways." 50 Außerdem ging Simpson der Frage nach der Herkunft der Episoden nach, die sich nicht in der bohairischen Version als der Hauptquelle des arabischen Textes finden51. Wie schon Ladeuze und Leipoldt nannte er als Quellen diejenigen von Amélineau edierten sahidischen Fragmente, die Episoden enthalten, die nicht im bohairischen Text überliefert sind. Darüber hinaus führte er Schenutes eigene Werke, die Lobrede auf Makarius von Tköou, die Apokalypse des Elia und die Didache bzw. den Barnabasbrief, an. Ferner ging Simpson von Legendenbildung aus und sah einige Episoden als Varianten desselben Ereignisses an. In der Zusammenfassung seiner Arbeit stellte Simpson ferner fest: „it cannot now be determined whether extra material ... was inserted into the Life from time to time ..., or whether on one particular occasion a compilation was made of all the material at that time known about Shenute"52. Vermutlich habe aber die längere Version, wie auch immer sie entstanden sein mag, vorher in Koptisch, wahrscheinlich Bohairisch, existiert, bevor sie ins Arabische übersetzt wurde53. Die Übersetzung der arabischen Version „could not have been composed until long after the time of Besa", da Arabisch erst lange nach der Eroberung zur religiösen Sprache der Christen in Ägypten wurde und zweitens die Übersetzung der bohairischen Version aus dem Sahidischen vorausgegangen sein muss54.
45
R . S . SIMPSON, L i v e s , 2 I f .
46
R . S . SIMPSON, L i v e s , 2 3 .
47
R . S . SIMPSON, L i v e s , 2 4 .
48
R . S . SIMPSON, L i v e s , 2 6 .
49
R . S . SIMPSON, L i v e s , 2 4 .
50
R . S . SIMPSON, L i v e s , 2 5 f .
51
Zu folgendem s. R.S. SIMPSON, Lives, 3 2 - 3 4 .
52
R . S . SIMPSON, L i v e s , 4 8 .
53
R . S . SIMPSON, L i v e s , 4 8 .
54
R . S . SIMPSON, L i v e s , 2 0 f .
17
Forschungsüberblick
Die syrische Handschrift aus Paris unterscheide sich Simpson zufolge im Wortlaut nur in einigen wenigen Fällen von der bohairischen Fassung, wofür er Beispiele angibt55. Aufgrund dieser Nähe der bohairischen und der syrischen Version vermutete Simpson in Aufnahme der Überlegung Naus, „the translation was made in the Bohairic-speaking area of Egypt, at Alexandria or Scetis".56 Simpson wies darauf hin, dass die bohairische Version aus dem Kloster St. Makarius in der Sketis stammte, in dessen Nähe sich ein syrisch-sprachiges Kloster befand. In dem kurzen Abschnitt57, den Simpson der anderen syrischen Version, der Handschrift aus London, widmete, stellte er fest, der Text „seems to occupy an intermediate position between the Bo[hairic] and the Ar[abic] version"58, da er einige Episoden aufführe, die sich nur in der arabischen Fassung finden, aber in der Reihenfolge mit dem bohairischen Text übereinstimmen. Es bliebe festzuhalten: „the London fragment certainly represents a stage of tradition of Lives of Shenute quite distinct from the short Life found in the Paris MS." 59 1.2 Die Forschungsgschichte
der sahidischen
Fragmente
Im Jahr 1874 veröffentlichte Revillout Auszüge einer Episode aus dem bohairischen Text sowie die Bruchstücke derselben Episode auf Sahidisch60. Er bezeichnete dabei das sahidische Fragment als Original gegenüber der bohairischen Version, die zahlreiche Interpolationen erlitten habe. Amelineau begründete in seinem 1888 erschienenen ersten Teil der Monuments ausführlich seine Vermutung, dass das Original der Vita Sinuthii von Besa auf Sahidisch verfasst wurde. Erstens liege das Kloster Schenutes in Oberägypten, wo Sahidisch gesprochen wurde, zweitens sind die erhaltenen Werke Schenutes und Besas auf Sahidisch verfasst und drittens seien die Pergamente und Inschriften, die zur Zeit Amelineaus im Kloster Schenutes gefunden wurden, ebenfalls in diesem koptischen Dialekt geschrieben61. Das Original werk Besas sei jedoch weder in der sahidischen, der bohairischen noch der arabischen Version bewahrt worden, da alle diese Fassungen Zusätze oder Auslassungen enthalten würden62. Grundsätzlich sei jedoch nicht daran zu zweifeln, dass Besa eine Vita 55
Zu folgendem s. R.S. SIMPSON, Lives, 4 4 - 4 6 .
56
R . S . SIMPSON, L i v e s , 4 5 .
57
Zu folgendem s. R.S. SIMPSON, Lives, 50f.
58
R . S . SIMPSON, L i v e s , 5 0 .
59
R . S . SIMPSON, L i v e s , 5 1 .
60
E. REVILLOUT, Mémoire 1874, 3 9 4 - 9 6 (mit Anmerkungen). Die Episode wird in dieser Arbeit als E 43/1 (,Die Befreiung der Gefangenen') bezeichnet. Der sahidische Text findet sich in FR 53-54. 61
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , X I .
62
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , L I X .
18
Die
Quellenlage
seines Lehrers Schenute geschrieben habe63. 1895 vermutete Amélineau im Vorwort zu den im zweiten Teil der Monuments veröffentlichten sahidischen Fragmenten der Vita Sinuthii, dass einige dieser Fragmente nicht zu dem von Besa verfassten Original gehören, sondern von einem „panégyriste postérieur" verfasst worden seien64. Zur Begründung führte er eine Passage der Episode E 38A (,Der Dux Heraklius') auf, in der es heißt, dass die Barbaren bis auf den heutigen Tag nicht wieder mit einer so großen Niederlagen geschlagen wurden, wie zur Zeit des Dux Heraklius. Hier werde deutlich, dass zwischen dem Ereignis, d.h. der Niederlage der Barbaren durch den Dux, und seinem Bericht ein Zeitraum gelegen habe, der die Lebenszeit Besas überschritten habe. Ferner werde derselbe Vorfall auch von Besa selbst, d.h. in der Vita Sinuthii, auf ähnliche Weise, aber weniger ausführlich berichtet (vgl. E 51/2 ,Der Kampf des Dux gegen die Barbaren' und E 63 ,Der Komes bittet um Segen gegen die Barbaren'), was sich jedoch laut Amélineau auch dadurch erklären lässt, dass Besa nicht jedes Jahr dasselbe erzählen konnte. Dass Besa mindestens zwei verschiedene Lobreden auf Schenute gehalten habe, zeige das in Neapel befindliche Blatt einer weiteren Lobrede des Besa auf Schenute65. Die verschiedenen sahidischen Fragmente zeigten daher die Existenz einer „pluralité des Vies de Schenoudi" auf 66 . Aus der Aneinanderreihung der sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii bei Amélineau wird ferner deutlich, dass Amélineau weder bewusst war, welche Fragmente ursprünglich zu einer Handschrift gehörten noch in welcher Reihenfolge sie sich ursprünglich befanden. Darüber hinaus sind die Transskriptionen Amélineaus vielfach als mangelhaft anzusehen. Ladeuze untersuchte 1898 im Rahmen seiner Dissertation über das pachomianische Mönchtum auch die verschiedenen Versionen und Fragmente der Vita Sinuthii unter der Überschrift ,Les panégyriques de Schenoudi' 67 . Ladeuze schloss sich der Argumentation Amélineaus an und vermutete, dass das Originalwerk Besa auf Sahidisch verfasst worden sei68. Er schränkte jedoch ein, dass die These allein auf der Annahme beruhe, dass Sahidisch die Umgangssprache im Kloster Schenutes gewesen sei. Die sahidischen Texte selbst würden aufgrund ihres schlechten Zustandes keine weiteren Anhaltspunkte geben. Ferner könne bei den von Amélineau auf den Seiten 237-241 und 642-644 veröffentlichten Fragmenten, d.h. bei 63
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , X .
64
Zu folgendem s. auch É. AMÉLINEAU, Monuments, 495f. Amélineau bezog sich auf die Fragmente auf den S. 6 4 2 - 6 4 4 der Monuments, im der Terminologie dieser Arbeit auf FR 4 5 - 4 8 . 65 Amélineau bezieht sich hier auf IT-NB IB7 f. 1. 66
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , 4 9 6
67
P. LADEUZE, Étude, 116-147. Zu folgendem s. P. LADEUZE, Étude, 123f.
68
Forschungsüberblick
19
FR 53-60 und FR 45—48, ausgeschlossen werden, dass Besa ihr Autor sei, was in bezug auf FR 45-48 schon Amelineau vermutet hatte. Als Gründe führte Ladeuze an, dass die Reihenfolge sich von der bohairischen und der arabischen Version unterscheide69. Darüber hinaus nenne der Autor dieser Fragmente seine Quellen und gebe damit zu verstehen, dass er kein Zeitgenosse sei. Als Vorlage hätten ihm auch die Schriften Schenutes selbst gedient. Ladeuze stellte ferner die Vermutung an, dass die genannten Passagen zusammen mit den Fragmenten, die sich bei Amelineau auf den Seiten 641-642 finden, d.h. FR 43/44, zu einem Werk gehören könnten70, was sich als richtig herausgestellt hat. Die These eines sahidischen Originals stellte Nau 1899 aufgrund der folgenden Beobachtungen in Frage. Ihm war aufgefallen, dass sich, abgesehen von vielen anderen in die koptische Sprache integrierten griechischen Lehnworten, ein griechisches Wort an derselben Stelle im Bohairischen und Syrischen, ein anderes sogar am selben Ort im bohairischen, syrischen und arabischen Text finden lässt71. Aufgrund dieser Beobachtung geht Nau davon aus, dass der bohairische Text zuerst in die syrische Sprache und dann vom Syrischen ins Arabische übersetzt wurde72. Ferner ließe sich das finale ,n' der syrischen Version von Schenutes Namen, ,Schanüdin', durch die Akkusativbildung in einem griechischen Originaltext erklären. Gegen die Überlegung Naus, das Original sei in griechisch verfasst worden, wandte Leipoldt 1903 in seiner Monographie über Schenute ein, dass die griechischen Lehnworte auch aus einem sahidischen Original stammen können und im Gegensatz zum griechischen Sivouöiov die syrische Version von Schenutes Namen das Anfangs-,Sch' des Koptischen bewahrt hat. Darüber hinaus ist es laut Leipoldt „völlig unmöglich, in Schenutes Kloster eine griechische Schrift entstehen zu lassen."7 Jedoch sei laut Leipoldt keines der erhaltenen sahidischen Fragmente das Originalwerk Besas. Einen Großteil der von Amelineau veröffentlichten Texte bezeichnete Leipoldt als „sai'dische Rezension" von „Besas Schenutebiographie"74. Diese Texte stellen laut Leipoldt keine Einheit dar, da sie
69
Zur Reihenfolge von FR und WX s.u. Kapitel 1.8.2.1.
70
P . LADEUZE, E t u d e , 1 2 4 A n m . 1 u n d 2 .
71
Zu folgendem s. F. NAU, Version syriaque, 361. 72 Die Argumentation wurde von J. LEIPOLDT, Schenute, 16, und G. COLIN, Version éthiopienne, VIII, dahingehend verstanden, dass Nau einen griechischen Originaltext postuliere. An dieser Stelle scheint es Nau jedoch um die Abfolge der Übersetzungen aus dem Bohairischen zu gehen. 73
74
J. LEIPOLDT, S c h e n u t e , 1 6 .
Zu folgendem s. J. LEIPOLDT, Schenute, 13f. Er bezieht sich auf die von É. AMÉLINEAU, Monuments, 633-642.644-649, veröffentlichten Fragmente: WV frg. 1; FR 25/26; WU 31/32; WU 49/50; FR 37/38; FR 43/44; FR 77-80; FR 83/84; FR 95/96; WV
20
Die
Quellenlage
z.T. der bohairischen, z.T. der arabischen Version nahe stehen. Sie würden daher „den Text der Schenutebiographie in den verschiedensten Phasen seiner Entwicklung" zeigen. Ihren Wert haben diese Fragmente für Leipoldt darin, dass sie wie das Original in sahidisch geschrieben sind und daher dessen „sprachlichen Ausdruck am treuesten bewahrt haben." Diese These wiederholte Leipoldt 1906 in seinem Vorwort zur Edition der bohairischen Version, in dem er den sahidischen Fragmenten nur geringem Wert beimaß, da sie durch spätere Zusätze ihre frühere Reinheit („pristina puritas") verloren hätten75. Die bohairische Version sei der bessere Zeuge des vorausgesetzten sahidischen Originals als die erhaltenen sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii. Wie vor ihm schon Amelineau und Ladeuze zählte Leipoldt einige sahidische Fragmente nicht zum Originalwerk Besas bzw. zu dessen Redaktionen. Die von Amelineau im ersten Teil der Monuments auf den Seiten 237-241, d.h. FR 53-60, sowie auf den Seiten 241-247, d.h. WX frg. 1-3, zählte Leipoldt im Unterschied zur Vita Sinuthii zu den „Verherrlichungen Schenutes von unbekannten Verfassern" und gab ihnen die Kürzel Lb und Lc, wobei ,L' vermutlich für ,Lobrede' steht76. Sie sind laut Leipoldt ungefähr zur selben Zeit wie die Vita Sinuthii entstanden und von der arabischen Version als Quelle benutzt worden. Als späte Nachrichten über Schenute, die allein die Wirkungsgeschichte Schenutes dokumentieren, ordnete Leipoldt die Fragmente ein, die sich bei Amelineau auf den Seiten 642-644 des zweiten Teils der Monuments finden, d.h. FR 45-48, ein. Da sich der Autor dieses Fragments auf ,die Mönche' beruft, vermutete Leipoldt, dass der Verfasser selbst ein Laie sei. Mehr als 50 Jahre später, im Jahr 1978, meldete Keil Zweifel an, dass Besa der Verfasser der Vita Sinuthii sei77. Er begründet dies damit, dass der Text „keinerlei persönliche Erinnerungen" Besas an Schenute bewahrt, sich ferner mehrfach Dubletten finden lassen und die Wunder formelhaft gestaltet sind. Diese These Keils wurde bisher nur von Emmel rezipiert78. Shore setzte sich 1979 im Rahmen seiner Veröffentlichung eines sahidischen Fragments aus dem British Museum mit der These Leipoldts auseinander, dass die sahidischen Texte die ursprüngliche Reinheit nicht bewahrt hätten. Shore vertrat demgegenüber die Auffassung, das von ihm veröffentlichte Fragment aufgrund seiner knappen Erzählweise „would seem to reflect that pristina puritas."19 frg. 2. Leipoldt ist jedoch nicht bei allen Fragmente sicher, ob sie von Besa stammen, J. LEIPOLDT, Schenute, 14 Anm. 1. 75 J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 2. 76 Zu folgendem s. J. LEIPOLDT, Schenute, 18f. S.u. S. 118f. 77 Zu folgendem s. auch V. KEIL, Regel, 40f. 78 ST. EMMEL, Corpus, 92 Anm. 149. 79 A.F. SHORE, Extracts, 136.
Forschungsüberblick
21
Im Jahr 1985 wies Simpson wie vor ihm schon Amélineau, Ladeuze und Leipoldt darauf hin, dass zwei Episoden nicht von einem Zeitgenossen Schenutes und damit nicht von Besa stammen könnten 80 . In der Terminologie dieser Arbeit bezieht sich Simpson auf die Episode E 40, die in FR 47/48 geschildert wird, und auf die Episode vom ,Dux Heraklius' (E 38A), die sich in FR 45-47 findet. Er untersuchte ferner den Aufbau der sahidischen Fragmente und zeigte drei Fälle auf, in denen Episoden im Vergleich mit der bohairischen und der arabischen Version ausgelassen werden Da aber einige dieser ausgelassenen Episoden in anderen sahidischen Fragmenten belegt sind, kam Simpson zu dem Ergebnis, dass es mindestens zwei verschiedene sahidische Versionen gegeben habe. In einem weiteren Schritt verglich Simpson die sahidischen Episoden mit ihren Parallelen in der bohairischen und der arabischen Version und fasste seine Untersuchung folgendermaßen zusammen: Die sahidischen Fragmente als Ganze „do not seem to bear any single consistent relationship with their Bo[hairic] and Ar[abic] parallels, since there exist not only very similar versions, but also shorter, longer, and merely different forms of the same material, agreeing sometimes with one other Life (sic), sometimes with the other, and sometimes with neither." 82 Ob sich in einem der sahidischen Fragmente das Besa zugeschriebene Original erhalten habe, ist laut Simpson nicht zu entscheiden 83 . 1983 verfasste Bell eine englische Übersetzimg der bohairischen Version mit dem Titel „The Life of Shenoute". Im Vorwort zu seiner Übersetzung zeigte sich Bell davon überzeugt, dass die Urfassung Besas in den von Amélineau veröffentlichten sahidischen Fragmenten enthalten sei84. Zwar könne die Existenz weiterer Vitae über Schenute nicht ausgeschlossen werden, aber: „we lack incontrovertible evidence." 85 1.3 Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzuhalten, dass - mit Ausnahme von Keil - ein Konsens darüber besteht, dass Besa, der Nachfolger Schenutes, auf Sahidisch eine Vita seines Lehrers Schenute verfasste. Keine Einigkeit besteht in der Frage, welche der erhaltenen sahidischen Texte dieses Original repräsentieren bzw. ob es überhaupt in den bekannten sahidischen Fragmente zu finden ist. Jedoch wurde wiederholt für Teile der sahidischen Kodizes FR und WX bestritten, dass sie von Besa verfasst wurden, was bei 80
R . S . SIMPSON, L i v e s , 3 5 f .
81
R . S . SIMPSON, L i v e s , 3 6 f .
82
R . S . SIMPSON, L i v e s , 4 0 .
83
Zu folgendem s. R.S. SIMPSON, Lives, 49. D.N. BELL, Life, Introduction, 3. D.N. BELL, Life, Introduction, 25f Anm. 17.
84 85
22
Die Quellenlage
Leipoldt zu der Bezeichnung dieser Texte als ,Lobreden' im Gegensatz zur Biographie Besas führte. In bezug auf die nicht-sahidischen Versionen wurde sowohl nach der Entstehung der einzelnen Handschriften, nach dem Zeitpunkt ihrer Übersetzung, nach der Sprache, aus der sie übersetzt wurden, als auch nach ihren Beziehungen untereinander und zu dem vorausgesetzten sahidischen Original gefragt. Dabei stand die unterschiedliche Länge v.a. des bohairischen und des arabischen Textes im Mittelpunkt des Interesses. Dass die arabische Version doppelt so lang ist und ca. ein Drittel mehr Episoden als die bohairische Version aufweist, wurde von Amelineau dadurch erklärt, dass die arabische Version das vorausgesetzte Original besser bewahrt habe und die bohairische Fassung eine Kurzfassung sei. Dagegen vertraten z.B. Ladeuze und Leipoldt die These, die arabische Version sei gegenüber der bohairischen Fassung, die dem vorausgesetzten Original näher stehe, mit Zusätzen versehen worden. Die Frage nach der Herkunft des gegenüber der bohairischen Version zusätzlichen Materials beschäftigt die Forscher unabhängig davon, ob die bohairische oder die arabische Version als ursprünglicher angesehen wurde. In dieser Arbeit werden viele der im Forschungsüberblick aufgeworfenen Fragestellungen aufgegriffen. Die folgende Untersuchung der verschiedenen Versionen der Vita Sinuthii dient auch dem Zweck, Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen ihnen aufzuweisen und so möglichen Verwandschaftsverhältnissen nachzuweisen. Ferner wird im zweiten Hauptteil dieser Arbeit nach der Gattung der hagiographischen Texte über Schenute gefragt. Die Texte werden ferner auf Hinweise auf ihren Verfasser untersucht, da für einige Texte die Verfasserschaft Besas wiederholt bestritten wurde. Der Frage nach inhaltlichen Unterschieden zwischen den Langversionen wird anhand der Darstellung Schenutes in diesen Versionen nachgegangen. Mögliche Quellen der Texte werden am Ende dieser Arbeit aufgezeigt, indem die Beziehung zu den Schriften von Schenute selbst anhand einiger Episoden exemplarisch untersucht wird.
2 Die bohairischen Texte In dem koptischen Dialekt Bohairisch sind eine fast vollständige Handschrift und mehrere Fragmente über das Leben Schenutes überliefert, die sich wie folgt auf die Bibliotheken in Westeuropa und Kairo verteilen.
Die bohairischen
Texte
23
Biblioteca Apostolica Vaticana In der Biblioteca Apostolica Vaticana befindet sich eine vollständige Version der Vita Sinuthii mit der Signatur Copt. 66 ff. 19r-82r. Wie der Handschrift selbst zu entnehmen ist, wurde sie im Jahr 935 n.Chr. an das Kloster St. Makarius in der Sketis übergeben86. Dort erwarb G.S. Assemani die Handschrift ca. 1715-17 im Auftrage von Papst Clemens XI.87. Das Kloster St. Makarius war im Mittelalter zu einem Zentrum der koptischen Kultur geworden und verfügte im Hochmittelalter über eine ebenso reiche Bibliothek wie Schenutes Kloster zu seiner Blütezeit88. V-VA Copt. 66 ff. 19r-82r wurde erstmals 1719 im Katalog der orientalischen Schriften der Biblioteca Clemento-Vaticana von Assemani als „S. Senutii Presbyteri & Archimandritae vita" erwähnt89. V-VA Copt. 66 ff. 19r-82r wurde von Raphael Tuki (gest. 1787) in Rom abgeschrieben90 und gelangte als Kopie Tukis in die Sammlung Stefano Borgias, von der Zoega einen Katalog anfertigte. Zoega führte die Kopie als ,Cod. XXVI' der „Codices Memphitici", d.h. der boharischen Kodizes, im ersten Teil seines Katalogs auf und gab den bohairischen Text auszugsweise mit lateinischer Übersetzung wieder91. Nach Borgias Tod gehörte die Kopie zusammen mit einem Großteil der Kollektion zunächst zur jener Sammlung, die der Sacra Congregatio de Propaganda Fide zufiel und die 1902 in die Biblioteca Apostolica Vaticana überfuhrt wurde92. Dort wurde unsere Kopie als Borg. Copt. 113 ff. 229r-268r verzeichnet93. Die bohairische Version befindet sich demnach zweimal in der Biblioteca Apostolica Vaticana: einmal das Original mit der Signatur Copt. 66 ff. 19r-82r und einmal die von Tuki erstellte Kopie, Borg. Copt. 113 ff. 229r-268r.Von 1797-1815 wurden die Handschriften des Vatikans in Paris aufbewahrt, was dem französischen Forscher Etienne Quatremère u.a. die Gelegenheit zum Studium von V-VA Copt. 66 ff. 19r-82r bot94. In Quatremères Mémoire sur les Blemmyes von 1811 findet sich dementsprechend auch eine französische Übersetzung der Episode Bo 26/1 ,Befreiung der Gefangenen' (E 43/1 )95.
86
E. Amélineau, Monuments, XIII.
87
A . HEBBELYNCK, I n v e n t a i r e , 3 5 . 4 9 . V g l . A . H E B B E L Y N C K / A . VAN LANTSCHOOT,
Codices, Bd. 1, XIX. 88
T . ORLANDI, L i b r a r y , 2 2 7 .
89
G.S. ASSEMANI, Bibliotheca orientalis, 618. J.-M. SAUGET, Introduction, 30.
90 91
92
G . ZOEGA, C a t a l o g u s , 3 3 ^ 4 1 .
J.-M. SAUGET, Introduction, 26. J.-M. SAUGET, Introduction, 36. 94 ST. EMMEL, Corpus, 17 Anm. 41. 95 É. QUATREMERE, Mémoire, 127f. Der bohairische Text findet sich bei J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 43, Z. 2 2 - 4 4 , Z. 20. 93
24
Die
Quellenlage
Ein gutes halbes Jahrhundert später griff Revillout Titel und Thema Quatremeres in seinen beiden ,,Memoire[s] sur les Blemmyes" auf. In der Schrift von 1874 gab Revillout in einer Fußnote den bohairischen Text von E 43/1 aus V-VA Copt. 66 ff. 19r-82r wieder96. In der Übersetzung folgte er jedoch nur in den ersten Zeilen der bohairischen Version und schwenkte dann auf die sahidische Fassung des Kodex FR um, die seiner Meinung nach das Original darstellte97. Die bohairische Version hätte dagegen viele Zusätze erlitten98. Darüber hinaus zitierte er ebenfalls aus der bohairischen Handschrift des Vatikans mit Übersetzung fast vollständig E 51, in der ebenfalls der Kampf gegen die Nubier thematisiert wird, den Anfang von E 55 (,Schenute besucht Apa Johannes') sowie auszugsweise E 63 (,Der Komes bittet um Segen gegen die Barbaren') 99 . Im Jahre 1888 veröffentlichte Amelineau als erster den gesamten bohairischen Text aus dem Vatikan mit einer französischen Übersetzung100. 1906 veröffentlichte Leipoldt im ersten Band der koptischen Serie der CSCO den bereits von Amelineau edierten bohairischen Text aus dem Vatikan, den Leipoldt als Kodex ,A' bezeichnete101. Er versah den Text mit einem kritischen Apparat und gliederte ihn in Paragraphen. Leipoldt wurde bei seiner Arbeit von W.E. Crum unterstützt. Die Edition der bohairischen Version bezeichnete Crum jedoch als Leipoldts Werk und relativierte auch seine eigene Bedeutung für die Edition der Schriften Schenutes102. Leipoldt fügte in einem Anhang weitere Fragmente an, die Schenute erwähnen, aber von Leipoldt nicht zur ,Vita Sinuthii' gezählt wurden103. Leipoldts Edition hat sich aufgrund ihrer Genauigkeit und sorgfaltigen Erstellung durchgesetzt und wird auch in dieser Arbeit der Edition Amelineau vorgezogen. Im Katalog der koptischen Kodizes der Biblioteca Apostolica Vaticana von Hebbelynck und Lantschoot wird V-VA Copt. 66 ff. 19r-82r mit Literaturhinweisen aufgeführt 104 . 96 E. REVILLOUT, Mémoire 1874, 393f. Anm. 2. Revillout verwies bereits in seiner Arbeit aus dem Jahr 1871 mehrfach auf die Edition der bohairischen Version im Katalog
ZOEGAS; E . REVILLOUT, M é m o i r e
1871, 35 A n m . 2; 3 9 A n m . 2.3; 41 A n m . 3. 6.7; 4 2
Anm. 2. 97 E. REVILLOUT, Mémoire 1874, 3 9 5 - 3 9 6 ; der sahidische Text findet sich in der Anmerkung auf den Seiten 3 9 4 - 3 9 5 (= FR 53 i . 1 - 5 4 i.17). 98
E . REVILLOUT, M é m o i r e 1 8 7 4 , 3 9 5 A n m . 1.
99
E. REVILLOUT, Mémoire 1874, 4 0 5 - 7 Anm. 4 (Text E 51); 406^409 (Übersetzung E 51); 409 Anm. 1 (Text und Übersetzung des Anfangs von E 55); 430 Anm. 2 (Auszüge aus dem Text von E 63). 100
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s ,
1-99.
101
J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 7 - 7 6 . 102 W.E. CRUM, History, 311.312 mit Anm. 1 103 J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 3 - 5 (Vorwort).77-82 (Texte). Unter den Fragmenten befindet sich auch GB-MR Coptic 445, s.u. S. 28. 104
A . H E B B E L Y N C K / A . VAN LANTSCHOOT, C o d i c e s , B d .
1,476f.
Die bohairischen
Texte
25
1951 wurde die lateinische Übersetzung des von Leipoldt 1906 veröffentlichten Textes inklusive der Fragmente im Anhang, die Wiesmann angefertigt hatte, posthum veröffentlicht 105 . Die Übersetzung war von Lefort durchgesehen und durch Stellenregister ergänzt worden106. Die Register enthalten eine Übersicht über die Personen- und Ortsnamen, über die griechischen Wörter sowie über die Bibelstellen in der bohairischen Ausgabe von Leipoldt und in ihrer lateinische Übersetzung durch Wiesmann107. 1983 legte Bell eine Übersetzung der Handschrift aus dem Vatikan in englischer Sprache vor, die mit vielen hilfreichen Kommentaren versehen ist108. Universitätsbibliothek Leipzig (DD-LU) In der Universitätsbibliothek Leipzig befinden sich drei bohairische Fragmente, die nur wenige Varianten gegenüber dem Text aus dem Vatikan aufweisen: DD-LU 1086 f. 10, DD-LU 1086 f. 11 und DD-LU 1088 f. 26. Die Fragmente stammen vermutlich, wie die bohairischen Fragmente, die sich im Koptischen Museum in Kairo befinden, aus dem Kloster St. Makarius in der Sketis109. Diese Fragmente waren Leipoldt bekannt, der ihre Varianten im Apparat seiner Edition von V-VA Copt. 66 ff. 19r-82r verzeichnete. Im „Katalog der islamischen, christlich-orientalischen, jüdischen und samaritanischen Handschriften der Universitätsbibliothek zu Leipzig" von 1906 beschrieb Leipoldt die Fragmente folgendermaßen: DD-LU 1086 f. 10 (Codex Tisch. XXIV f. 10), der Kodex ,B' in Leipoldts Edition, ist ein vollständiges Blatt, bei dem die Paginierung des Verso erhalten geblieben ist110. Auch DD-LU 1086 f. 11 (Codex Tisch. XXIV f. 11), Kodex ,C', ist vollständig, aber ohne Paginierung bewahrt worden111. Von DD-LU 1088 f. 26 (Codex Tisch. XXVI f. 26), Kodex ,D', ist dagegen nur noch die obere Hälfte erhalten112. Auf dem Rekto befinden sich - nicht ganz vollständig - die letzten beiden Paragraphen des Textes aus dem Vatikan113, auf dem Verso stehen „einzelne arabische Worte"114.
105
H . WIESMANN, V i t a , 1—49.
106
R. DRAGUET, Avertissement, I. H. WIESMANN, Vita, 5 1 - 6 1 . D.N. BELL, Life.
107 108 109
110
V g l . A . HEBBELYNCK, I n v e n t a i r e , 4 9 A n m . 2 .
J. LEIPOLDT, In koptischer Sprache, 390. Der Text findet sich bei J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 29, Z. 2 4 - 3 1 , Z. 14. J. LEIPOLDT, In koptischer Sprache, 390. Der Text steht bei J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1 : 3 0 , Z. 2 3 - 3 2 , Z. 3 112 J. LEIPOLDT, In koptischer Sprache, 413. 113 J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 76, Z. 5 - 1 2 . 114 J. LEIPOLDT, In koptischer Sprache, 413.
26
Die
Quellenlage
Koptisches Museum, Kairo 1926 machte Evelyn-White der Wissenschaft fünf bohairischen Fragmente des ,Life of Shenouti' aus dem Kloster St. Makarius115, aus dem vermutlich auch die bohairische Handschrift der Vita Sinuthii aus dem Vatikan stammt, zugänglich. Evelyn-White bezeichnete die Fragmente als Frag. 1 5 und gab für jedes Fragment eine Nummer an, d.h. für Frag. 1 die Nummer „Cairo, no. 13Addii", für Frag. 2: „Cairo, no. 13B", für Frag. 3: „Cairo, no. 110", für Frag. 4: „Cairo, no. 13A" und für Frag. 5: „Cairo i3 Add i« 116 . Im Frühjahr 2004 fand Stephen Emmel die Fragmente mit Hilfe der Kuratorin der Handschriften des Koptischen Museums in Kairo, Camilia Makram Girgis, unter völlig anderen Inventar-Nummern auf: Frag. 1 = EG-C inv. 2616a und EG-C inv. 2616b; Frag. 2 = EG-C inv. 2495a; Frag. 4 = EG-C inv. 2495b; Frag. 5 = EG-C inv. 2615. Frag. 3 war unauffindbar und auch nicht im Inventarbuch verzeichnet. Der Kollation Evelyn-Whites zufolge bieten die Fragmente im Koptische Museum gegenüber dem von Leipoldt veröffentlichten Text von VVA Copt. 66 ff. 19r-82r nur zwei nennenswerte Varianten. EG-C inv. 2495b hat in der - einzigen - Lücke in V-VA Copt. 66 f. 41117 die Lesart 119 „ b e n n i [ K o i ] T A ) i i " 1 1 8 , die von der sahidischen Parallele bestätigt wird . EG-C inv. 2495a fügt vor Beginn des Paragraphen 48 der Edition Leipoldts eine Passage ein, die sich in keiner anderen Handschrift findet120. Evelyn-White vermutete, dass drei der Fragmente aus dem Koptischen Museum, nämlich Frag. 2, Frag. 4 und unter Vorbehalt auch Frag. 5, zu derselben Handschrift gehören1 Das Verhältnis der Fragmente aus Kairo zu denen aus der Universitätsbibliothek Leipzig beschrieb Evelyn-White folgendermaßen: „Other fragments of the same work are Cod. Tisch. XXIV, 10, 11; XXVI, 26 [i.e. die Fragmente aus Leipzig], of which the two former at least belong to the same MS. as our Frags. 2 and 3."122 Diese Angabe ist insofern mit Vorsicht zu betrachten, da Evelyn-White zuvor Frag. 2, Frag. 4 und Frag. 5, nicht aber Frag. 2 und Frag. 3 als zum selben 115
Zu folgendem s. H.G. EVELYN-WHITE, Monasteries, 163. Vgl. die Signaturen im CMCL: C C . - A B U M A Q A R . 0 1 3 (vermutlich Frag. 2 und 4) und C C . - A B U M A Q A R . 1 1 0 (für Frag. 3). 116
117
J. LEIPOLDT, V i t a e t O p e r a , 1: 3 1 , Z . 2 4 : „ Ö S N [ m ] T [ . . .]I".
118
H.G. EVELYN-WHITE, Monasteries, 163. Übersetzung: ,in dem Schlafgemach'. 119 A.F. SHORE, Extracts, 137 ( G B - B M EA 10820 f. l v ii.30): „N20[YM leqKoiTtmi". SHORE schlägt für V - V A Copt. 66 f. 41 folgende Konjektur vor: " Ö E H N I T ^ M O H " . A . F . SHORE, E x t r a c t s , 1 4 2 A n m . m . , b a s i e r e n d a u f d e m , w a s
Leipoldt
gelesen hatte. 120 H.G. EVELYN-WHITE, Monasteries, 163: „Then said the man: ,1 beseech thee(?), O my holy Father, . . . pray for me that the Lord may direct my path in peace.' And after (?) he had received a blessing, he departed". 121
H . G . EVELYN-WHITE, M o n a s t e r i e s ,
163.
122
H . G . EVELYN-WHITE, M o n a s t e r i e s ,
163.
Die bohairischen
Texte
27
Kodex gehörig beschrieben hatte. Auch gibt Leipoldt in seiner Beschreibung der drei Fragmente aus Leipzig keinen Hinweis darauf, dass diese zu einer Handschrift gehören könnten 12 . In dieser Arbeit ist aufgrund kodikologischer Untersuchungen erstmals der Nachweis gelungen, dass ein Fragment aus Leipzig, DD-LU 1086 f. 10 sowie die Fragmente EG-C inv. 2495a (Frag. 2) und EG-C inv. 2495b (Frag. 4) ursprünglich zu derselben Handschriften gehörten. DD-LU 1086 f. 10 und EG-C inv. 2495b sind aufeinanderfolgende Blätter. Der erhaltene Text von DD-LU 1086 f. lOv endet mit Mf, es fehlt jedoch ein Großteil der Zeile, der die Worte „0Y02 s t ^ y ^ i c m o y n x e n i " enthielt, wie die Parallele im Text aus dem Vatikan vermuten lässt 124 . Daran schließt sich der Text von EG-C inv. 2495b recto nahtlos an: B e p © T \ p i o c . DD-LU 1086 f. lOv ist das 32. Folium und letztes Blatt der zehnten Lage, wie der Foliierung und Lagenzählung AB - "ic - x c - I am oberen Rand zu entnehmen ist12 . Die Hinweise auf die Seiten- und Lagenzählung in EG-C inv. 2495b recto sind dementsprechend vermutlich folgendermaßen zu ergänzen: T3«. - y c - [ -&Y - Är]- EG-C inv. 2495b recto ist demnach das 33. Folium und das erste Blatt der elften Lage und nicht, wie Evelyn-White vermutete hatte: „eleventh page in the MS. and first in the second quire" 126 . Die Zählung der Folia von EG-C inv. 2495a ist nicht erhalten. Sie lässt sich jedoch im Vergleich mit der vollständig erhaltenen Handschrift der Vita aus dem Vatikan rekonstruieren. Zwischen EG-C inv. 2495a und DDLU 1086 f. 10 fehlt der Text von anderthalb Seiten, was einem Blatt bzw. zwei Seiten des Kodex von EG-C inv. 2495 und DD-LU 1086 f. 10 entspricht. Da DD-LU 1086 f. 10 das 32. Blatt ist, ist für EG-C inv. 2495a die Foliierung 30 zur rekonstruieren. Vermutlich war die Foliierung des Kodex nicht fortlaufend, sondern setzte mit Beginn der Vita Sinuthii neu ein. Nachbemerkung Da die bohairischen Fragmente nur in Details von der vollständigen Version aus dem Vatikan abweichen, ist in dieser Arbeit, wenn von der bohairischen Version' die Rede ist, immer V-VA Copt. 66 ff. 19r-82r in der Edition Leipoldts gemeint.
123 124 125 126
J. LEIPOLDT, In koptischer Sprache, 390.413; J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 3. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 31, Z. 14f. J. LEIPOLDT, In koptischer Sprache, 390. H.G. EVELYN-WHITE, Monasteries, 163.
28
Die
GB-MR Coptic
Quellenlage
445ni
Amélineau veröffentlichte im ersten Teil seiner Monuments zusammen mit den sahidischen Texten der Vita Sinuthii auch ein bohairisches Fragment aus der Kollektion Alexander Lindsays, dem 25. Earl of Crawford, das in dessen Sammlung die Überschrift „Acts of abba Schnudi" trug128. Im Vorwort stellte Amélineau fest, dass es zu diesem bohairischen Fragment im Gegensatz zu den sahidischen Bruchstücken - keine Parallele im Text aus dem Vatikan gebe und verwies auf den schlechten Zustand des Textes, der es kaum erlaube, weitere Schlüsse zu ziehen129. Mit dem bohairischen Fragment befasste sich Ladeuze in einer Fußnote, in der er der Frage nachging, ob es eine weitere bohairische Version gebe130. Für Ladeuze war die Existenz des bei Amélineau veröffentlichten Fragments kein Beleg für eine weitere bohairische Fassung, da: „il pourrait appartenir á une tout autre ceuvre qui parlerait de lui [i.e. Schenute] per accidens."131 Leipoldt veröffentlichte das Fragment im Anhang an seine Edition der bohairischen Version, wobei er allerdings vermutete, dass es sich um ein Fragment aus einem Synaxarium handele 32. Im Katalog der koptischen Manuskripte der John Rylands University Library in Manchester, in dem sich die Kollektion Alexander Lindsays heute befindet, vermutete Crum, dass das Fragment zu einer Vita des Pijimi gehöre und - wie vor ihm schon Ladeuze - Schenute nur zufälligerweise im Text auftrete 133 . Dementsprechend ordnete Evelyn-White 1926 das Fragment zusammen mit anderen Fragmenten aus dem Kloster St. Makarius in der Sketis dem Life of Abba Pidjimi zu134. GB-MR Coptic 445 wird somit nicht als zur Vita Sinuthii gehörend gewertet und in dieser Arbeit daher nicht weiter aufgeführt.
127
Zur Signatur vgl. ST. EMMEL, Corpus, 42. É. AMELINEAU, M o n u m e n t s , 2 4 7 f mit A n m . 1. 129 É. AMELINEAU, M o n u m e n t s , X L V I I . 130 P. LADEUZE, Étude, 125 Anm. 1. 131 P. LADEUZE, Étude, 125 Anm. 1. 132 J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 3f. 7 7 f (Text). Vgl. ders., Schenute, 19 mit Anm. 6. 133 W.E. CRUM, John Rylands Library, Nr. 445, S. 221 mit Anm. 2. 134 H.G. EVELYN-WHITE, Monasteries, 157. Das Fragment aus der Kollektion Lindsays wurde vermutlich 1839 von Tattam im Wadi Natrun erworben, ST. EMMEL, Coptic Manuscript, 3 2 0 Anm. 20. 128
Die arabischen Texte
29
3 Die arabischen Texte Vorbemerkung Die Beschäftigung mit hagiographischen Texten über Schenute in arabischer Sprache ist mit großen Schwierigkeiten behaftet. Bisher wurden zwei arabische Texte veröffentlicht: Ein vollständiger Text der Vie de Schnoudi von Amelineau135 und ein Fragment de la vie arabe de Schnoudi von Galtier136, das aber vernachlässigt werden kann, da es keine nennenswerten Varianten zu dem von Amelineau edierten Text aufweist. Die Edition Amelineaus wirft viele Fragen auf, die sowohl die verwendeten Quellen als auch den veröffentlichten Text betreffen. Amelineau gibt in seinem Vorwort zur arabischen Version an, dass ihm vier Handschriften vorlagen, (alle in Ägypten) ohne jedoch genau zu verzeichnen, wann er aus welchem Manuskript zitiert. Darüber hinaus ist kaum noch nachvollziehbar, wo in Ägypten sich die von ihm verwendeten Handschriften heute befinden. Auf ein weiteres Problem hat Leipoldt hingewiesen: „Amelineaus arabischer Text weicht nicht selten, auch an wichtigen Stellen, von seiner französischen Übersetzung ab; die Ausgabe ist also nicht sorgfältig und bedarf neuer Handschriften-Vergleichung." 137 Jede Arbeit und somit auch die vorliegende, die sich auf die Edition Amelineaus stützt, steht somit unter dem Vorbehalt, einen nicht mehr zeitgemäßen Text als Grundlage zu haben. Es bleibt daher zu hoffen, dass eine Neuedition der arabischen hagiographischen Texte über Schenute nicht mehr allzu lange auf sich warten lässt. In dieser Arbeit wurde erstmals versucht, alle bisher in Katalogen und Veröffentlichungen genannten arabischen Manuskripte in einem Überblick zusammenzufassen. Dies dient auch dem Ziel, einer Neuedition den Weg zu ebnen. Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass, wenn in dieser Arbeit Bezug auf ,die arabische Version' etc. genommen wird, mangels arabischer Sprachkenntnisse der Verf.in - soweit nicht anders angeführt - immer die französische Übersetzung der Vita Sinuthii durch Amelineau gemeint ist. Für seine Edition der arabischen Version der Vita Sinuthii benutzte Amelineau vier Handschriften, von denen sich heute nur noch eine, aber auch diese nur mit großer Vorsicht, einer bestehenden Bibliothek zuordnen lässt. Amelineau charakterisierte die von ihm verwendeten Manuskripte138: Die erste Handschrift, die aus der Kirche von Naggadeh stammt, sei voller 135
E. AMELINEAU, Monuments, 2 8 9 - 4 7 8 . E. GALTIER, Contribution, 105f (Einleitung).106~l 12 (Text). 137 J. LEIPOLDT, Kriegsnot, 53. Vgl. das Votum CRUMS, die Edition Amelineaus sei „susceptible of considerable improvement." W.E. CRUM, Study, 130 Anm. 3. 138 Zu folgendem s. E. AMELINEAU, Monuments, XLVIII. 136
30
Die
Quellenlage
Fehler und an vielen Stellen unverständlich. An anderen Passagen vertrete sie aber auch hervorragende Lesarten. Im Vergleich mit der ersten sei die zweite Handschrift, die der koptischen Kirche von Luxor gehört, viel besser, was Schriftbild und Sorgfalt des Schreibers anbelangt, obwohl auch diese Handschrift einige wenig verständliche Abschnitte enthalte. Amelineau gab zu, über das Alter dieser beiden Handschriften keine Angaben machen zu können, hielt sie aber für nicht sehr alt. Von diesen beiden Handschriften fertigte Amelineau eine Kopie an und benutzte sie zusammen mit einer dritten Handschrift, die aus der Bibliothek des koptischen Patriarchats von Kairo herrührte, als Vorlage seiner Edition und Übersetzung des arabischen Textes. Darüber hinaus kannte Amelineau auch eine vierte Handschrift aus dem Kloster von Moharraq. Bibliothek des Koptischen Patriarchats und Koptisches Museum, Kairo In seinem Katalog der christlichen arabischen Manuskripte in Kairo von 1934 verwies Graf unter der Nummer 455 auf einen Kodex aus dem Jahr 1741 n.Chr., der aus der Bibliothek des Koptischen Patriarchats stammt139. Auf den Folia 41r—119v befindet sich laut Graf ein „MImar sur la vie de s. Senüdah, compose par son disciple WTsä". Es kann vermutet werden, dass dies die Handschrift ist, die Amelineau für seine Edition der arabischen Vita Sinuthii benutzte140. In einem Anhang führte Graf weitere arabische Handschriften auf, die das Koptische Museum in Kairo in den Jahren 1927-1932 erworben hatte141. Unter der Nummer 713 befindet sich ein Kodex, der auf den Folia 20r-61r laut Graf ein „Discours ... d'Anbä WTsä ... sur le saint archimandrite Senüdä, le 7 ablb" enthält142. Simaika erwähnte in seinem zweibändigen Catalogue of the Coptic and Arabic Manuscripts in the Coptic Museum, the Patriarchate, the Principal Churches of Cairo and Alexandria and the Monasteries of Egypt von 1939 bzw. 1942 drei arabische Berichte über das Leben Schenutes. Nummer 97/3, ein „MImar on Anbä Shanüdeh by Anbä WTsä", stammt aus einer Handschrift aus dem Koptischen Museum in Kairo, die auf das Jahr 136465 n.Chr. (1081 a.m.) datiert ist143. Sie entspricht der Nummer 713 bei Graf144. Darüber hinaus führt Simaika unter der Nummer 654/5 „The Life of Anbä Shenouti (Shanüdeh), the Archimandrite" auf, die aus dem koptischen Patriarchat stammt und der Nummer 455 bei Graf entspricht145. 139
G. GRAF, C a t a l o g u e ,
140
V g l . G. GRAF, G e s c h i c h t e , 4 6 3 .
170f.
141
G. GRAF, C a t a l o g u e , X .
142
G. GRAF, Catalogue, 267f.
143
M . SIMAIKA, C a t a l o g u e
1,51.
144
M. SIMAIKA, Catalogue 1, 179. Graf gibt das Datum der Handschrift Nr. 713 fälschlicherweise mit 1375 n.Chr. an. 145
M . SIMAIKA, C a t a l o g u e 2 / 1 , 2 9 9 f . 6 0 4 .
Die arabischen
Texte
31
Ohne Parallele bei Graf146 ist Nummer 447/2 aus dem Koptischen Patriarchat, laut Simaika „Extracts from the Accounts of the Miracles of our Saintly Fathers Anbä Pishoi (Bishâï), Anbä Pigol (Bigül) and their Father Anbä Shenouti (Shanüdeh), incomplete at the beginning and at the end" und nicht datiert147. Erstaunlicherweise wird Schenute hier als der Vater von Apa Psoi und Apa Pöol genannt, die in den übrigen Texten über Schenute als dessen Väter in Erscheinung treten. Bibliothèque nationale de France, Paris In der Bibliothèque nationale in Paris finden sich zwei Abschrift von Handschriften der Vita Sinuthii. Die erste Kopie findet sich im zweiten Band des Catalogue des manuscripts arabes, der 1974 von Troupeau zusammengestellt wurde, zusammen mit anderen Texten unter der Katalognummer 4787 mit der Überschrift „Panégyrique de saint Senüte, et récit de ses miracles, par son disciple Anbä Wïsâ (7 Abïb)"148. Die Abschrift wurde von Amélineau in Auftrag gegeben und weder ihr Schreiber noch ihr Abfassungsdatum ist bekannt. Die zweite Kopie findet sich unter der Katalognummer 4888149, trägt denselben Titel und vertritt denselben Text wie Nr. 4787. Diese Abschrift der Vita Sinuthii wurde im Jahr 1886 im Auftrag von Bäslliyüs Girgis angefertigt. Sie gehört zu denjenigen Texten, die durch die Bemühungen Urbain Bouriants in die Bibliothèque nationale gelangten. British Library, London Im Catalogus codicum manuscriptorum orientalium des British Museum von Cureton und Rieu, der in den Jahren 1846-71 entstand, wird unter der Katalognummer 1471 eine arabische Handschrift mit der Nummer Add. 22,691 aus dem Jahr 1752 n.Chr. aufgeführt 150 , die eine Version der Vita Sinuthii enthält. Im Katalog werden auf Arabisch und mit lateinischer Übersetzung Incipit und Schluss angegeben sowie eine lateinische Zusammenfassung des Textes. In einer Fußnote wird auf die bohairische Fassung aus dem Vatikan sowie ihre Veröffentlichung durch Assemani, Quatremère und Zoega hingewiesen151.
146
M . SIMAIKA, C a t a l o g u e 2 / 1 , 6 0 2 .
147
M . SIMAIKA, C a t a l o g u e 2 / 1 , 1 9 9 f .
148
G . TROUPEAU, C a t a l o g u e , 3 7 f .
149
G . TROUPEAU, C a t a l o g u e , 6 3 f .
150
W. CURETON/C. RIEU, Catalogus, 670. Mein herzlicher Dank gilt dem Direktor der Near and Middle Eastern Collections der British Library, Dr. Colin F. Baker, der mir beim Auffinden von Add. 22,691 und Or. 3598 behilflich war. 151
W . C U R E T O N / C . RIEU, C a t a l o g u s , 6 7 0 A n m . a.
32
Die Quellenlage
Im Supplement to the catalogue of the Arabie manuscripts in the British Museum von 1894 führt Rieu unter der Katalognummer 39 eine weitere arabische Handschrift mit der Nummer Or. 3598 auf 152 , die eine Version der Vita Sinuthii beinhaltet. Der Text aus dem Jahr 1725 n.Chr. stammt aus dem Antonius-Kloster und entspricht laut Rieu im großen und ganzen dem von Amélineau veröffentlichten arabischen Text, aber: „it presents considérable verbal variations"153. Im Anschluss an seine Edition der arabischen Version verweist Amélineau in den „Addenda et corrigenda" zum vierten Teil der Monuments auf eine „neue" Handschrift aus dem British Museum, schränkt aber ein: „ce manuscrit doit être moins étendu que ceux dont je parle ici"154. Ob damit Add. 22,691 oder die Handschrift Or. 3598 gemeint ist, ist nicht mehr nachvollziehbar. Crum erwähnte 1904 die arabischen Handschriften Add. 22,691 fälschlicherweise von Crum als Add. 22671 bezeichnet - und Or. 3598 in einem Review der Monographie Leipoldts mit dem Hinweis, dass sie sowohl untereinander als auch in bezug auf die von Amélineau veröffentlichte arabische Version im Text differieren würden155. Galtier führte 1905 ebenfalls ein Manuskript aus dem British Museum auf 156 . Da Galtier keine Signatur angibt, ist nicht nachvollziehbar, ob er sich dabei auf Add. 22,691 oder Or. 3598 bezieht. 1973 wurden die Büchereibestände des British Museum in die British Library transferiert. Heute befinden sich Add. 22,691 und Or. 3598 in den Oriental and India Office Collections (OIOC) der British Library. Institut français d'archéologie orientale du Caire, Kairo Ein weiteres arabisches Fragment aus einer Handschrift des Institut français du Caire veröffentlichte Galtier 1905157. Das Fragment folgt bis auf wenige unwesentliche Varianten dem von Amélineau veröffentlichten Text und beinhaltet die Erzählung von Schenutes Tod158. Am Ende des Frag-
152 153 154
C. RIEU, Supplement, 2 6 - 2 8 . C. RIEU, Supplement, 28. E. AMELINEAU, Monuments, 479, zu S. XLVIII.
155
W.E. CRUM, Study, 130 A n m . 3.
156
E . GALTIER, Contribution, 105.
157
E. GALTIER, Contribution, 105f (Einleitung). 106-112 (Text). Vgl. E. AMELINEAU, Monuments, 466, Z. 15 - 478, Z. 5. Es fehlen die letzten fünf Zeilen der französischen Übersetzung bzw. die vier letzten Zeilen des arabischen Textes. Dafür ist eine Unterschrift mit Datumsangabe angefügt. 158
Die äthiopischen
33
Texte
ments befindet sich ein Eintrag des Schreibers, demzufolge er die Abschrift im Jahre 1356 n.Chr. abgeschlossen hat159.
4 Die äthiopischen Texte 1982 veröffentlichte Colin eine „Version éthiopienne de la vie de Schenoudi" mit französischer Übersetzung160. Die kritische Ausgabe der äthiopischen Version basiert auf drei Handschriften 161 . Der Hauptzeuge (Text A) stammt aus dem Kloster Qeddus Estifanos, das auf der Insel Dägä im äthiopischen Tänäsee liegt162, und ist laut Chaîne im 15. Jahrhundert entstanden163. Text A befindet sich heute in der Kollektion Antoine d'Abbadie, die seit 1902 in der Bibliothèque nationale in Paris aufbewahrt wird, und trägt die Nummer 126 der genannten Sammlung164. Die beiden weiteren Handschriften befinden sich in Äthiopien. Text B kommt aus dem Kloster des Heiligen Etienne von Haiq und ist zugänglich als Nummer 1834(5) der Ethiopian
Manuscript
Mircofilm
Library
(EMML) 1 6 5 . Text C
stammt aus einem Kloster, das auf der Insel Kebrän im äthiopischen Tänäsee liegt, und wird im Katalog der Handschriften vom Tänäsee, der von Ernst Hammerschmidt 1973 zusammengestellt wurde, unter der Nummer 44 aufgeführt 166 . In dieser Arbeit wird die Edition der äthiopische Vita Sinuthii immer nach der französischen Übersetzung Colins zitiert und als die ,äthiopische Version' bezeichnet.
5 Die syrischen Texte In syrischer Sprache sind zwei hagiographische Texte über Schenute veröffentlicht worden. 1889 veröffentlichte Guidi den syrischen Text eines Fragments der Vita Sinuthii aus der Handschrift mit der Nummer Add. 14,152 aus dem British 159
É. GALTIER, Contribution, 106.112. Laut mündlicher Information des Bischofs von Melbourne, Anba Suriel, auf der 14lh International Conference on Patristic Studies in Oxford, August 2003, befindet sich eine weitere bisher unveröffentlichte arabische Handschrift der Vita Sinuthii im Antonius-Kloster in Ägypten. 160 G. COLIN, Version éthiopienne (translatio). 161 Zu folgendem s. G. COLIN, Version éthiopienne (textus), III—IV. 162 M. CHAÎNE, Catalogue, ix. 163 M. CHAÎNE, Catalogue, 81. 164
A . D ' A B B A D I E , C a t a l o g u e , 1 4 5 f . V g l . M . CHAÎNE, C a t a l o g u e , 8 0 f .
165
G . H A I L E / W . F . MACOMBER, C a t a l o g u e , 3 0 7 - 3 1 0 .
166
E . HAMMERSCHMIDT, H a n d s c h r i f t e n , 1 8 6 .
34
Die
Quellenlage
Museum161. Die Handschrift, die 70 Heiligenviten enthält und im zehnten Jahrhundert entstanden ist, stammt laut Guidi aus dem syrischsprachigen Kloster Maria Deipara in der Sketis168, d.h. sie ist ägyptischen Ursprungs169. Guidi gibt in Fußnoten zum syrischen Text, den er nicht übersetzt, die Parallelstellen aus den bei Amélineau veröffentlichten bohairischen und arabischen Versionen an. In den Jahren 1899/1900 gab Nau eine „Version syriaque inédite de la Vie de Schenoudi" mit französischer Übersetzung heraus170. Der Handschrift, die sich in der Bibliothèque nationale de France in Paris unter der Signatur syr. 236 ff. 33-39 befindet und die vollständig ist, ist zu entnehmen, dass sie 1194 durch den Schreiber Behnam im Kloster des Mar Sergius und des Mar Ze c oura in der Nähe von Mosoul, d.h. am Ufer des Tigris, geschrieben wurde171. Von einer Episode (E 24) findet sich nur der Anfang in der Handschrift, was Nau darauf zurückführte, dass der Schreiber schneller fertig werden wollte. Darüber hinaus berichtet diese syrische Handschrift, im Unterschied zu allen anderen vollständig erhalten Handschriften der Vita Sinuthii, nicht vom Tod Schenutes. In dieser Arbeit wird der von Nau edierte Text in dessen französischer Übersetzung zitiert. Obwohl die Handschrift dieser syrische Version vollständig erhalten ist, wird die Fassung in dieser Arbeit nicht zu den Langversionen gezählt, da sie erheblich kürzer als die anderen ist und vor dem Tod Schenutes abbricht. Zusammenfassung
In dieser Arbeit werden im folgenden die bohairische Version in der Edition Leipoldts, die arabische Version in der französischen Übersetzung Amélineaus und die äthiopische Version in der französischen Übersetzung von Colin als Langversionen bezeichnet. Die beiden syrischen Versionen werden nach ihren Editoren Guidi und Nau oder nach ihrem heutigen Aufenthaltsort, d.h. London für den Text von Guidi bzw. Paris für die syrische Version von Nau, benannt. Die sahidischen Fragmente werden entweder durch ihre Signatur oder durch die Zugehörigkeit zu einem rekonstruierten Kodex gekennzeichnet.
167
1. GUIDI, Traduzione, 4 9 - 5 6 ( 5 3 - 5 5 Text). 1. GUIDI, Traduzione, 52. 169 I. GUIDI, Traduzione, 56. 170 F. NAU, Version syriaque. 171 Zu folgendem s. F. NAU, Version syriaque, 357f.
168
Die Langversionen
und die beiden syrischen
35
Versionen
6 Die Langversionen und die beiden syrischen Versionen Ein Vergleich der nicht-sahidischen Versionen zeigt, dass die Reihenfolge ihrer Episoden weitgehend übereinstimmt. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Reihenfolge der Episoden im Hauptteil der Vita Sinuthii (E 5 78) keinem offensichtlichen Ordnungsprinzip folgt 172 . Die wenigen Abweichungen von der allgemeinen Reihenfolge werden im folgenden genauer überprüft werden. Einen Gesamtüberblick über alle Episoden der Langversionen mit den ihnen in dieser Arbeit gegebenen Kurztiteln findet sich in der Synopse in Kapitel 2.7. Die von Nau edierte syrische Version weicht von der Reihenfolge der arabischen, äthiopischen und bohairischen Version ab, indem sie E 17 (Sy N 5) vor E 10 (Sy N 6) aufführt. Da hier das Zeugnis dreier Fassungen gegen die syrische Abfolge steht, kann die syrische Variante vernachlässigt werden. Ähnlich eindeutig ist die Reihenfolge in bezug auf E 4/4, in der die arabische Version von den übrigen Fassungen abweicht, wie Tabelle 1 zu entnehmen ist: Tabelle 1: Reihenfolge Episode E 4 E 4/1 E 4/2 E 4/3 E 4/4 E 4/5
von E 4
Sahidisch
vgl. WX frg. 2 GB-BL Or. 3581A f. 190
Arabisch Ar 4 Ar 4/1 Ar 4/2 Ar 4/3 Ar 4/5 Ar 4/4
Äthiopisch Äth 3 Äth 3/1 Äth 3/2
Bohairisch Bo 3 Bo 3/1 Bo 3/2
Syrisch Sy N 3 Sy N 3/1 Sy N 3/2
Äth 3/3 Äth 3/4
Bo 3/3 Bo 3/4
Sy N 3/3 Sy N 3/4
Die arabische Fassung bietet in E 4 nicht nur eine andere Reihenfolge, sie fügt eine Episode hinzu, die sich so in keiner anderen Version findet: E 4/3. Auch den zweiten Bericht von Schenutes asketischen Leistungen, E 4/5, ergänzt die arabische Version durch die Schilderung von Schenutes Verhalten am Donnerstag der Karwoche, die eine Parallele in einer Lobrede auf Schenute, GB-BL Or. 3581A f. 190, hat173, und durch eine Aufzählung der Verdienste Schenutes. E 4 scheint daher in der arabischen Version stark überarbeitet worden zu sein, was eine mögliche Ursache für die von den anderen Versionen abweichende Reihenfolge sein kann. Weitaus schwieriger gestaltet sich die Reihenfolge der Episoden E 6381, die in der folgenden Tabelle 2 abgebildet wird. In der Spalte ,Sahi172 173
S.u. S. 132f. Zu GB-BL Or. 3581A f. 190 s.u. Kapitel 2.3.4.
36
Die Quellenlage
disch' sind nur die Belege angeführt, die für die Argumentation von Bedeutung sind. Fettdruck macht auf Abweichungen in der Reihenfolge aufmerksam. Tabelle 2: Reihenfolge Episode Sahidisch
von E 63-81 Arabisch
Äthiopisch
Bohairisch
E 63
Ar 69
Äth 41
Bo 40
E 64
Ar 70
Äth 42
E 65
Ar 71
E 66
FR 54-58
Syrisch
Ar 38
E 67
Ar 40
E 68
Ar 41
Äth 43
E 69
Ar 72
Äth 44
Bo 41
E 70
Ar 73
Äth 45
Bo 42
E 71
Ar 67
Äth 46
Bo 43
E 72
Ar 68
Äth 47
Bo 44
E 73
Ar 74
Äth 48
Sy G 1 Sy G 2
Bo 45
Sy G 3
E 74
Ar 42
Äth 49
E 75
Ar 75
Äth 50
E 76
Ar 66
Äth 51
Bo 46
E 77
Ar 76
E 78
Ar 77
E 79 E 80 E 81
FR 58-59
Sy G 4
Ar 78
Äth 52
Bo 47
Ar 39
Äth 53
Bo 48
Ar 79
Äth 54
Bo 49
Sy G 5
Für den Abschnitt E 72-76 hat sich das von Guidi veröffentlichte syrische Fragment als Glücksfall herausgestellt. Was bisher die Forschung nicht gesehen hat, weil ein Vergleich der äthiopischen Version mit dem syrischen Fragment aus London bisher noch nicht unternommen wurde, springt beim Anblick der Tabelle sofort ins Auge: Die äthiopische Version und das syrische Fragment entsprechen einander sowohl in bezug auf die Episoden, die sie aufführen, als auch in deren Reihenfolge. Von besonderer Wichtigkeit ist, dass der Ort der Episoden E 73 und 75 in der äthiopischen Version durch die syrische bestätigt wird und somit die äthiopische Reihenfolge gegenüber der arabischen in bezug auf diese Episoden den Vorzug erhält. Bei den Episoden Ar 66-68 (E 71.72.76) weicht die Reihenfolge des arabischen Textes von jeweils mindestens zwei Versionen ab, die eine andere Ordnung belegen, d.h. für E 72 und 76 von der bohairischen und äthiopischen Fassung sowie dem syrischen Text aus London, von dem jedoch insgesamt nur die Episoden E 72-76 erhalten sind und dies auch
Die Langversionen
und die beiden syrischen
Versionen
37
nur in sehr fragmentarischem Zustand, und für E 71 von den beiden erstgenannten Fassungen. Somit ist der Abfolge der anderen Versionen der Vorzug vor der Ordnung der arabischen Fassung zu geben. Weniger eindeutig ist die Reihenfolge des Abschnitts Ar 38-42 (E 6668.80). Das Aufeinanderfolgen von Ar 38-39 (E 66.80) wird vom sahidischen Kodex FR bestätigt17 . Allerdings folgt in FR auf E 80 der Bericht von Schenutes Tod (E 83-84), was der bohairischen und der äthiopischen Fassung entspricht, während der arabische Text mit E 67 (Ar 40) fortfährt. Leipoldt erklärt diesen Befund damit, dass der Schreiber der arabischen Fassung FR „als Quelle benutzt, dabei aber den Fehler begangen [hat], zuviel [i.e. Ar. 39 = E 80] abzuschreiben."175 Damit ist jedoch nicht deutlich, warum auch E 67 (Ar 40) in der arabischen Version an einer anderen Stelle steht als in der äthiopischen Fassung, deren Anordnung in allen anderen strittigen Fällen gegen die arabische Version von der bohairischen und bzw. oder der syrischen Fassung bestätigt wird. Ferner findet sich auch Ar 42 (E 74) in der arabischen Fassung an einer anderen Stelle als in der bohairischen und der äthiopischen Version sowie im syrischen Fragment aus London. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass in der arabischen Version acht Episoden aus dem Bereich E 66-80, nämlich die Episoden E 6668.71.72.74.76.80, nicht an der aufgrund eines Vergleichs mit den anderen Langversionen zu erwartenden Platz finden. Diese Episoden bilden dagegen zwei Blöcken, Ar 38-42 (E 66-68.74.80) und Ar 66-68 (E 71.72.76), die die Reihenfolge der anderen Versionen sprengen. Die Frage nach der Ursache für die von den anderen Versionen abweichende Reihenfolge der arabischen Version muss offen bleiben. Die Ergebnisse dieser Untersuchung bilden die Grundlage für die Synopse, die einen Überblick über alle Textversionen und ihre Parallelstellen gibt, und die sich an dieses Kapitel anschließt176. Weist die Reihenfolge der Episoden in den Langversionen der Vita Sinuthii ein hohes Maß an Übereinstimmung auf, so unterscheidet sich die Anzahl der berichteten Episoden in den Versionen stark. In einigen Versionen werden im Vergleich mit den anderen Fassungen verschiedene Episoden ausgelassen oder ergänzt, die Reihenfolge als Ganze wird aber 174 Ar 38 steht in der Überblickstabelle nicht direkt vor Ar 39, wie es der Reihenfolge von FR entsprechen würde, weil sonst der Aufbau des Berichts von Schenutes Sterben und Tod (E 7 9 - 8 8 ) in der bohairischen und äthiopischen, aber auch der arabischen Version nicht mehr deutlich sichtbar würde. Andererseits ist es auch nicht sinnvoll, Ar 38 in der Tabelle direkt hinter Ar 37 (E 39) zu stellen, weil diese Stellung der Reihenfolge von FR nicht gerecht werden würde. Die Stellung von Ar 38 als E 66 ergibt sich aus ihrer Nähe zu Ar 40, enthält jedoch ein willkürliches Element. 175
J. LEIPOLDT, S c h e n u t e , 15.
176
S.u. Kapitel 1.7.
38
Die
Quellenlage
nicht verändert. Die arabische Version ist etwa doppelt so lang wie die bohairische, die äthiopische Fassung sowie das syrische Fragment aus Paris nehmen eine Mittelstellung zwischen diesen beiden ein. Die von Nau edierte syrische Fassung ist am kürzesten und fuhrt nur etwas mehr als die Hälfte derjenigen Episoden auf, die die bohairische Version in demselben Abschnitt (Bo 1-19) enthält. Darüber hinaus weisen die äthiopische Version und die beiden syrischen Versionen folgende Eigenheiten auf. Die äthiopische Version enthält acht Episoden (E V.7.18.37.64.67.73.75), die sich nicht in der bohairischen Version, dafür in der arabischen Version und z.T. auch in sahidischen Fragmenten (E 7.37.64) oder in dem von Guidi veröffentlichten syrischen Fragment (E 73.75) finden lassen. Dennoch hatte schon Colin festgestellt, dass der äthiopische Text der bohairischen Version näher stehe als der arabischen177. Diese These konnte im Rahmen der Untersuchung der sahidischen Fragmente bestätigt werden. Die überaus kurze Episode E 30 (,Die Heilung des kranken Bruders') ist allein in der äthiopischen Fassung überliefert. Auffällig ist ferner, dass in der äthiopischen Version drei Episoden fehlen, die zum Grundstock der Überlieferung der Vita Sinuthii gehören, da sie in mindestens zwei weiteren Versionen überliefert sind, nämlich E 20.31.52. Die syrische Version aus Paris enthält zwar einen redaktionellen Anfangs- und Schlussteil (E VII und E 35), dennoch wirkt sie aufgrund der nicht zu Ende geführten Episode E 24 und des fehlenden Berichts von Schenutes Tod sowie vieler anderer fehlender Episoden nur wie ein Bruchstück. Wie bereits Nau und Simpson bemerkten, haben mit Ausnahme der Anfangs- und Schlussepisode alle Episoden eine Entsprechung in der bohairischen und arabischen Version. Der syrische Text enthält keine Episode, die nur in der arabischen und bzw. oder in der äthiopischen Version überliefert ist. Darüber hinaus fehlen in der syrischen Version auch Episoden aus der bohairischen Fassung, nämlich E 9.16.19-22.27.33. Die Erklärung Simpsons, für die berichteten Episoden gelte: „they all relate to Shenute's activities in and around the monastery and omit his journey to Greece and Asia, his relief work in times of distress, and his fights with the devil"178, ist nur teilweise einleuchtend. Denn die fehlenden Episoden E 16.19-21.33 sind ebenfalls mit dem Kloster verbunden. Auffällig ist ferner, dass aus dem Abschnitt Bo 7-12 (E 16-17.19-22) nur die Episode Bo 8 (E 17) im syrischen Text erzählt wird, die als einzige von der Reihenfolge der bohairischen Version abweicht. Es könnte daher vermutet werden, dass in der Vorlage des syrischen Schreibers der Bereich Bo 7-12 anders gestaltet war. Damit ist allerdings noch nicht das Fehlen von E 33 177
G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), VIII.
178
R . S . SIMPSON, L i v e s , 4 6 .
Synopse
39
erklärt. Der Schluss des Textes (E 35) enthält Elemente, die sich in den Einleitungen bzw. in den Schlussworten zum Hauptteil der anderen Versionen finden, wie die Bemerkung, dass Gott die Wunder durch Schenute i70 isn gewirkt habe , und dass nur einige der Wunder aufgeschrieben wurden . Da im Schlussabschnitt wie auch in der Überschrift das Schreiben des Textes betont wird, steht zu vermuten, dass auch der Schluss vom Schreiber Behnam und nicht vom Verfasser des Textes stammt. Der ursprüngliche Schluss des Textes muss höchstwahrscheinlich als verloren gelten. Das von Guidi veröffentlichte syrische Fragment entspricht genau dem korrespondierenden Abschnitt in der äthiopischen Version (E 72-76). Eine Gegenüberstellung der einzelnen Episoden zeigt, dass sich die syrische Version in zwei Episoden zusammen mit dem bohairischen und äthiopischen Text deutlich von der arabischen Fassung unterscheidet. In E 74 berichten die erstgenannten Versionen, Schenute habe der Kamelstute Wasser aus der Kirche zu trinken gegeben und sie damit zum Milchgeben animiert181. Die arabische Version erzählt dagegen, Schenute habe das Kamel mit seinem Gewand berührt und ein Gebet gesprochen, bevor er es zum Milchgeben aufforderte. Die arabische Fassung fügt in E 76 eine lange Erklärung ein, die den Umgang mit Armen sowie die Gottesdienstpraxis in Schenutes Kloster erläutert. In E 75, die nicht im bohairischen Text überliefert ist, berichten die syrische und die äthiopische Version von zwei Briefen Schenutes, die arabische nur von einem Brief. Trotz der bruchstückhaften Überlieferung der Londoner Handschrift ist erkennbar, dass der syrische Text oftmals kürzer als die anderen Versionen ist182.
7 Synopse Synopsen oder tabellarische Überblicke der Vita Sinuthii wurden bereits von Leipoldt, Colin und Simpson erstellt. Leipoldt führte in seiner „Synopse der Schenutebiographien"183 diejenigen sahidischen Fragmente, die er 179
Vgl. z.B. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 7, Z. 9 - 1 1 ; É. AMELINEAU, Monuments,
2 9 0 , Z . 5F. 180 Vgl. z.B. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 7, Z. 14f.; 72, Z. 5-7; G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 59, Z. 1-2. 18 In der syrischen Version ist von einem Schaf die Rede: I. GUIDI, Traduzione, 54,
Z . 1. 182 Vgl. z.B. die Voraussage über Jesus in der bohairischen (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 68, Z. 2-5), der äthiopischen (G. COLIN, Version éthiopienne [translatio], 54, Z. 14-17), der arabischen (É. AMÉLINEAU, Monuments, 438, Z. 5 - 6 ) und der syrischen (I. GUIDI, Traduzione, 55, Z. 7 - 8 ) Version. 183
J. LEIPOLDT, S c h e n u t e ,
192-194.
40
Die
Quellenlage
zur Vita Sinuthii zählte, auf sowie die bohairische und arabische Version und die beiden syrischen Fassungen, wobei er die Seitenzahlen, Paragraphen oder Abschnitte derselben angibt. Unter ,Verschiedenes' verwies er auf Parallelüberlieferungen, wie z.B. den Panegyrikos auf Makarius von Tköou, Schriften Schenutes zum selben Thema oder aber weitere sahidische Fragmente. Auf ähnliche Weise gab Colin einen Überblick über die äthiopische, bohairische und arabische Fassung. Im Unterschied zu Leipoldt beschränkte sich Colin jedoch nicht auf die Angabe der Kapitel bzw. Seiten, sondern gab für diejenigen Episoden, die sich nur in der arabischen Fassungen finden, einen knappen inhaltlichen Überblick184. Das ausgeIOC
.
feilteste System wurde von Simpson vorgelegt . In einem Anhang gab Simpson zunächst einen tabellarischen Überblick über den Inhalt des bohairischen Textes, indem er die Episoden durchnummerierte und mit einer kurzen Inhaltsangabe versah. Dieses Verfahren wiederholte er für die arabischen Version, die sahidischen Fragmente sowie die von Nau edierte syrische Fassung, wobei er jeweils die korrespondierenden Episoden der bohairischen und arabischen Versionen aufführte. Diese Ansätze sind in die Erstellung der folgenden Synopse (Tabelle 3), die erstmals einen Gesamtüberblick aller Texte der Vita Sinuthii bietet, eingeflossen. Zunächst wurden alle Texte in Episoden unterteilt, wobei einige lange Episoden in sich untergliedert wurden, so z.B. E 9 in E 9/1, 9/2, 9/3, 9/4. Jede Episode wurde mit einem von der Verfasserin erstellten Kurztitel versehen, die den Inhalt derselben zusammenfasst. In wenigen Fällen bezieht sich die Überschrift auch auf die Form der Episode186. Die Episoden insgesamt wurden in Einleitung (E I-VII), Hauptteil (E 1-78) und Schluss (E 79-88) eingeteilt. Der Hauptteil wurde darüber hinaus in drei Unterkapitel, ,Die Kindheit Schenutes' (E 1-3), ,Schenutes Leben als Mönch' (E 4) und ,Episoden aus Schenutes Leben' (E 5-78), gegliedert. Alle Episoden wurden fortlaufend durchnummeriert und mit dem Kürzel ,E' für ,Episode' versehen, wie der ersten Spalte der Tabelle zu entnehmen ist. Wie im letzten Kapitel gezeigt wurde, weichen die Langversionen nur in wenigen Fälle in der Reihenfolge der Episoden voneinander ab. Warum diese Synopse in diesen strittigen Fällen die aufgeführte Reihenfolge vertritt, ist oben ausführlich begründet worden187. Da alle Versionen Auslassungen bzw. Zusätze gegenüber den anderen Versionen aufweisen, enthält keine uns bekannte Version alle Episoden, die unter ,E' aufgeführt werden.
184 185 186 187
G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), IX-XIII. R.S. SIMPSON, Lives, 52-59. Vgl. z.B. E 35: ,Schlussworte von Sy N'. S.o. Kapitel 1.6.
Synopse
41
Um die jeweils eigene Reihenfolge der nicht-sahidischen Versionen kenntlich zu machen, werden in der vierten bis siebten Spalte die Episoden der arabischen, äthiopischen, bohairischen und der beiden syrischen Versionen jeweils einzeln durchnummeriert, mit einem eigenen Kürzel (Ar, Äth, Bo, Sy N und Sy G 188 ) versehen und die korrespondierenden Paragraphen, Seiten oder Abschnitte der Referenzausgaben angegeben. Fettdruck macht auf Abweichungen in der Reihenfolge gegenüber den anderen Versionen aufmerksam. Es werden auch Episoden aufgeführt, die nur bruchstückhaft erhalten sind. In der dritten Spalte finden sich alle sahidischen Kodizes und Fragmente der Vita Sinuthii. Darüber hinaus werden Parallelen in Lobreden über Schenute sowie in dem von Behlmer und Alcock edierten Fragment aus dem British Museum (GB-BM EA 71005) aufgeführt, die zur Kenntlichmachung in Klammern gesetzt sind. Die Reihenfolge der Episoden in den unterschiedlichen sahidischen Kodizes wurde aufgrund ihres fragmentarischen Erhaltungszustands nicht eigens aufgeführt. Sie wurde aber ausführlich in Kapitel 1.8 thematisiert.
188 Sy N steht für die Syrische Version, die yVau edierte, und entsprechend Sy G für das von Guidi veröffentlichte syrische Fragment.
42 Tabelle 3:
Die Quellenlage
Synopse sahidische Kodizes und Fragmente
Nummer
Kurztitel der Episoden Einleitung
EI Ell EIII E1V EV EVI E VII
Überschrift Die Versammlung nach Schenutes Tod Die Amtseinführung Besas Das Zeugnis des Besa Die Lehre von den zwei Wegen Die Apologie Besas Einleitung von Sy N
(GB-BL Or. 3581A f. 190r)
Hauptteil: Schenutes Leben Die Kindheit Schenutes
El E 1/1 E 1/2 El/3 El/4 E2 E3 E 3/1 E 3/2 E 3/3 E 3/4 E4 E 4/1 E 4/2 E 4/3 E 4/4 E 4/5
Voraussagen der Geburt Schenutes Die Weissagung des Mar Hrsisios Athanasius in Akhmim Die Träume der Eltern Die Geburt Schenutes Der junge Schenute beim Schäfer Schenute bei PCol Schenute segnet PCol Die Austreibung eines unreinen Geist Die Aufnahme ins Mönchtum Die Einsetzung als Archimandrit der Welt
E5 E6 E7 E8 E9 E 9/1 E 9/2 E 9/3 E 9/4 E 10 Eli E 12 E 13
Die Versuchung durch Satan Die Versuchung des Anba Harqal Peter von Ouschem Der bußfertige Mörder Die Reise nach Konstantinopel mit Kyrill Schenute findet ein Weizenkorn Die Wolkenreise Die Vermehrung des Weizenkorns Kyrills Frage nach der Wolkenreise Der durchbohrte Stein Der Wettstreit mit dem Satan Die Askese Schenutes in seiner Einsiedelei Schenute sieht Höllenstrafen
WVfrg. 1 WV frg. 1
EG-C C.G. 9251 (GB-BL Or. 3581A f. 190v)
Schenutes Leben als Mönch
Askese Schenutes, Ähnlichkeit mit Elia Die Lehren Schenutes Ausbreitung der Lehre bis nach Rom Askese Schenutes Prophetische Gabe Schenutes
EG-C C.G. 9251 vgl. WX frg. 2 (GB-BL Or. 3581A f. 190v)
Episoden aus Schenutes Leben
WV 33 WV 33-35 WV 35-36 (FR-BN copte 124.14 f. 124) (FR-BN copte 124.14 f. 124)
WV frg. 2 WV frg. 2
Synopse
arabische Version Nr.
bohairische Version
äthiopische Version
Amélineau
Nr.
43
Colin
Nr.
Leipoldt
syrische Version Nr.
Nau/Guidi
Einleitung
Ari Ar II Arili Ar IV ArV Ar VI
S. 289 S.289-290 S.290 S.290-291 S.290-296 S. 296
Äthl
S. 1
Boi
§1
Äthll Äth III ÄthIV
S. 1 S. 1-2 S. 2—3
Bo II
§2
Bolli
§2 SyNI
Abschnitt 1
SyN SyN SyN SyN SyN SyN
Abschnitt 2 Abschnitt 3 - 4 Abschnitt 3 Abschnitt 3 Abschnitt 4 Abschnitt 4
Hauptteil: Schenutes Leben Die Kindheit Schenutes
Ari Ar 1/1 Ar 1/2 Ar 1/3 Ar 1/4 Ar 2 Ar 3 Ar 3/1 Ar 3/2 Ar 3/3 Ar 3/4 Ar 4 Ar 4/1 Ar 4/2 Ar 4/3 Ar 4/5 A r 4/4
S.296-305 S.296-298 S.298-304 S.303-304 S.304-305 S.305-307 S.307-311 S. 307-308 S.308-309 S. 309-310 S.310-311 S. 311-315 S. 311 S.311-312 S.312-313 S.313-315 S.313
Ar 5 Ar 6 Ar 7
S.315-316 S.316-320 S.320-322
Ar 8 Ar 9 Ar 9/1 Ar 9/2 Ar 9/3 Ar 9/4 ArlO Aril Ar 12 Ar 13
S.322-324 S.324-327 S. 324 S.324-326 S. 326 S.326-327 S.327-329 S.329-330 S.330-331 S.331-334
1 2 2/1 2/2 2/3 2/4
Äthl Äth 2 Äth 2/1 Äth 2/2 Äth 2/3 Äth 2/4
S. S. S. S. S. S.
3-4 4-5 4 4 4-5 5
Boi Bo 2 Bo 2/1 Bo 2/2 Bo 2/3 Bo 2/4
»3-4 §§5-9
Äth 3 Äth 3/1 Äth 3/2
S. 5-6 S. 5 S.5-6
Bo 3 Bo 3/1 Bo 3/2
§§ 10-13 §10 §11
SyN 3 S y N 3/1 S y N 3/2
Äth 3/3 Äth 3/4
S.6 S. 6
Bo 3/3 Bo 3/4
§12 §13
S y N 3/3 S y N 3/4
§§ 14-16 §§ 17-21 §17 §§18-19 §20 §21 §§22-23
SyN 4
Abschnitt 6
SyN 6
Abschnitt 8
§5 §6 §§7-8 §9
Abschnitt 5
Episoden aus Schenutes Leben
Äth 4
S. 6 - 7
Äth Äth Äth Äth Äth Äth Äth
S. S. S. S. S. S. S.
5 6 6/1 6/2 6/3 6/4 7
7-8 8-10 8 8-9 9 9-10 10
Bo Bo Bo Bo Bo Bo Bo
4 5 5/1 5/2 5/3 5/4 6
44
Die Quellenlage
sahidische Kodizes und Fragmente Nummer E 14 E 15 E 16 E 17 E 18 E 18/1 E 18/2 E 18/3 E 19
Kurztitel der Episoden Die Tränen des Schenute Die Johannes-Apokalypse Der Bau der Zisterne Besa möchte den Messias sehen Visionen Schenutes Der Kampf mit dem Teufel Die Voraussage der letzten Tage Predigt Schenutes Das Brotwunder
E 20 E 21 E 22 E 23 E 24 E 24/1 E 24/2 E 25 E 26 E 27 E 27/1 E27/2 E 27/3
Die murrenden Bäcker Der Bau der Kirche Der misstrauische Almosengeber Die Läuterung des Frauenmörders Der reiche Geschäftsmann Die Rückgabe des gestohlenen Besitzes Der silberne Tisch Die bestohlenen Männer Der rechtschaffene junge Mann Schenute und Theodosius Der weltweite Ruhm Schenutes Der Brief des Theodosius an Schenute Schenutes Treffen mit Theodosius
E 27/4
Schenute und der Bote
E28
Die Frage nach Antonius
E29 E 30 E 31
Die Frage nach der Nilflut Die Heilung des kranken Bruders Der Bischof von Smin
E32 E33 E 34 E 35
Schenute prüft seine Brüder Der Kampf mit dem Teufel im Kloster Der ungläubige Sekretär des Apa Martyrius Schlussworte von Sy N
WU 31 (GB-BM EA 71005/1,9-15; 10,13-12,7) WU 31-32 WU 32 VA-V Borg. Copt. 134 f. 2 VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-3 VA-V Borg. Copt. 134 ff. 3-4 VA-V Borg. Copt. 134 f. 3 VA-V Borg. Copt. 134 ff. 3-4 VA-V Borg. Copt. 134 f. 4
GB-BM EA 10820 f. 1 GB-BM EA 10820 f. 1 VA-V Borg. Copt. 134 f. 5 VA-V Borg. Copt. 134 f. 5 GB-BLOr. 3581B f. 72; WU 49 WU 49-50; VA-V Borg. Copt. 134 f. 5 VA-V Borg. Copt. 134 ff. 5-6 VA-V Borg. Copt. 134 ff. 6-7 WU 50; GB-BM EA 10820 f. 2 VA-V Borg. Copt. 134 f. 7 VA-V Borg. Copt. 134 f. 7 FR 25
45
Synopse
Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar
arabische Version Nr. Amelineau 14 S. 334 15 S.334-335 16 S. 335-337 17 S.337-338 18 S.338-351 18/1 S.338-340 18/2 S. 340-346 18/3 S.346-351 19 S.351-352
äthiopische Version Nr Colin
Äth Äth Äth Äth Äth Äth Äth
8 9 10 10/1 10/2 10/3 11
S. 10 S.10-11 S.11-18 S.11-12 S.12-15 S.15-18 S. 18
Äth Äth Äth Äth Äth Äth
12 13 14 15 15/1 15/2
Äth Äth Äth Äth
16 16/1 16/2 16/3
bohairische Version Nr Leipoldt
Bo 7 Bo 8
§24 §§25-26
Bo9
§§27-28
S. 19 S.19-20 S. 20-21 S.21-23 S.21-22 S.22-23
BolO Boll Bo 12 Bo 13 Bo 14 Bo 14/1 Bo 14/2
§29 §§30-32 §§33-35 §§ 36-41 §§42-52 §§ 42-46 §§47-52
S.23-26 S. 23 S.23-24 S.24-26
Bo Bo Bo Bo
15 15/1 15/2 15/3
§§53-67 §53 §§53-57 §§58-60
syrische Version Nr. Nau/Guidi
SyN 5
Abschnitt 7
SyN 7 SyN8 SyN 8/1
Abschnitt 9 Abschnitt 10
Ar 20 Ar 21 Ar 22 Ar 23 Ar 24 Ar 24/1 Ar 24/2 Ar 25 Ar 26 Ar 27 Ar 27/1 Ar 27/2 Ar 27/3
S.352-353 S.353-354 S.355-356 S.356-358 S. 358-361 S.358-359 S.359-361 S.361-363 S.363-365 S.365-372 S. 365 S.365-367 S.367-371
Ar 27/4
S.371-372
Äth 16/4
S. 26
Bo 15/4
§§64-67
Ar 28
S.372-373
Äth 17
S. 26
Bo 16
§§68-69
SyN 9
Abschnitt 11
Ar 29
S.373-374 Äth 18
S. 27
Ar 30
S.374-376
Bo 17
§§70-72
SyN 10
Abschnitt 12
Ar 31 Ar 32 Ar 33
S.376-378 S. 378 S.378-380
Bo 18 Bo 19
§73 §§74-75
S y N 11 SyN 12
Abschnitt 13 Abschnitt 14
Äth 19 Äth 20
S. 27 S. 27
46
Die Quellenlage
sahidische Kodizes und Fragmente Nummer E 36 E 36/1 E 36/2 E 36/3 E 36/4 E 37 E38 E38A E39 E39/1 E 39/2 E40 E41 E42 E43 E43/1 E43/2 E44 E45 E46 E47 E48 E49 E 50 E 51 E 51/1 E 51/2 E 52 E 53 E 53/1 E 53/2 E 53/3 E 54 E 55 E 55/1 E 55/2 E 56 E 57
Kurztitel der Episoden Schenutes Aufenthalt in Konstantinopel Ankunft Schenutes in Konstantinopel Der wundersame Speisesaal Die Speise der Mönche Die Verweigerung des Segens Der schändliche Gefängniswärter Der heidnische Gewalttäter Der Dux Heraklius Schenutes Kampf gegen die Heiden Die vergrabenen Zaubermittel Schentute brennt ein Dorf nieder Das Versenken der Insel Die gierigen Kleriker Die Verfluchung des Gessius Der Einfall der Barbaren Die Befreiung der Gefangenen Die Versorgung der befreiten Gefangenen Der Besuch Davids Der Kantor des Apa Martyrius Die Tränen des Jeremia Der Besuch Ezechiels und die 12 Propheten Die ungeduldigen Brüder Der ausgestoßene Bruder Bruder Daniel und die drei Brüder Das Ausbleiben der Nilflut Die Gebete für die Nilflut Der Kampf des Dux gegen Barbaren Der fleißige und der faule Bruder Der Paradiesapfel Der Bruder Maghnitus Der Brunnenbau Der vergeßliche Besa Der Besuch von Johannes, Elia und Elisa Schenute besucht Apa Johannes Die Grüße der Märtyrer Der Umgang Schenutes mit biblischen Figuren Joseph unterbricht Schenutes Gebet Der Raub der Götzen aus Gessius' Haus
FR 25-26; WX frg. 1 WX frg. 1
WX frg. 2-3; FR 37-38 FR 43-45 FR 45-47
FR 47-48
WV frg. 3; FR 53-54 WV frg. 3
WV frg. 4
vgl. FR 45-47 ('Der Dux Heraklius')
47
Synopse
arabische Version Nr.
Amflineau
äthiopische Version Nr.
Colin
bohairische Version Nr.
Leipoldt
Ar 34
S.380-381
Äth 21
S.27-29
Bo20
§§76-80
Ar 34/1
S. 380
Äth 21/1
S.27-28
Bo 20/1
§76
Ar 34/2
S.380-381
Äth 21/2
S. 28
Bo 20/2
§§77-79
Ar 34/3
S.381-382 Bo 20/3
§80
Bo 21
§§81-82
Ar 34/4
S. 382
Äth 21/3
S.28-29
Ar 35
S.382-384
Äth 22
S.29-30
Ar 36
S.385
Äth 23
S. 30
Ar 37
S.385-386
Äth 24
S. 30
Bo22
§§83-84
Ar 37/1
S.385-386
Äth 24/1
S.30
Bo 22/1
§§ 83-84
Ar 37/2
S. 386
Ar 43
S.394-395
Äth 25
S.30-31
Bo 23
Ar 44
S.395-396
Äth 26
S. 31
Bo24
§§ 85-86 §87
Ar 45
S. 396
Äth 27
S.31-32
Bo 25
§88
Ar 46
S.396-399
Äth 28
S. 32
Bo 26
§§89-90
Ar 46/1
S.396-397
Äth 28/1
S. 32
Bo 26/1
§§89-90
Ar 46/2
S.397-399
Ar 47
S.399-401
Äth 29
S.32-33
Bo 27
§§91-92
Ar 48
S.401-403
Äth 30
S. 33
Bo 28
§93
Ar 49
S. 403-404 S. 404-^05
Äth 31
S.33-34
Bo 29
§94
Ar 50
Äth 32
S. 34
Bo30
§95-97
Ar 51
S. 405-406 Äth 33
S. 34-35
Bo 31
§§98-101
Ar 52
S.406-408
Ar 53
S.408-410
Ar 54
S.410-412
Äth 34
S.35-37
Bo 32
§§ 102-108
Ar 54/1
S.410-411
Äth 34/1
S.35-36
Bo 32/1
§§ 102-104
Ar 54/2
S. 411-412
Äth 34/2
S.36-37
Bo 32/2
§§ 106-108
Ar 55
S. 412-414
Bo 33
§§ 109-114
Ar 56
S. 415-420
§§115-118
Ar 56/1
S. 415-417
Ar 56/2
S. 417-418
Ar 56/3
S. 4 1 8 - 4 2 0
Ar 57
S.420-421
Äth 35
S. 37
Bo 34
Ar 58
S.421-423
Äth 36
S. 38
Bo 35
§§119-121
Ar 58/1
S. 421-423
Äth 36/1
S. 38
Bo 35/1
§§119-120
Ar 58/2
S. 423
Äth 36/2
S. 38
Bo 35/2
Ar 59
S. 423-425
Äth 37
S.38-39
Bo 36
§121 §§ 122-124
Ar 60
S.425-426
Äth 38
S. 39
Bo 37
§§ 125-127
syrische Version Nr.
Nau/Guidi
48
Die
Quellenlage
sahidische Kodizes und Fragmente Nummer E 58 E58/1 E58/2 E 59 E60 E61 E62 E 63 E64 E65 E66 E67 E67/1 E67/2 E67/3 E68 E68/1 E68/2 E69 E69/1 E69/2 E 70 E71 E72 E73 E74 E 75 E76 E77 E78 E78/1 E 78/2
Kurztitel der Episoden Die Auseinandersetzung mit Nestorius Das Konzil gegen Nestorius Der Tod des Nestorius Besas Hilfe für Apa Makarius Besuch des Apa Makarius bei Schenute Die Heilung des gichtkranken Bruders Der Tod des kindischen Bruders Der Komes bittet um Segen gegen Barbaren Der Dämon in der Statue Der arme Schuldner Schenute vor dem Dux Der schändliche Priester Das Vergehen des Priesters Die Strafe durch Schenute Die Verurteilung Schenutes Die Weisheit Schenutes Sprüche Schenutes über sein Kloster Das Zeugnis des Kyrill über Schenute Das Brot des Apostel Paulus Der gesegnete Brotlaib Der Schatz der Segnung Maria hilft Bruder Psoti Schenutes Rede gegen Aberglauben Die Erweckung des Glasbläsers Der Tod des Sünders Die Kamelstute Der hohe Beamte und das junge Mädchen Der arme Mann und der Kürbis Weizenwunder und Besuch der Heiligen Schenute und Mar Thomas Die Voraussage von Schenutes Todestag Das Begräbnis von Mar Thomas
E E E E
Schenutes Wunder und Lehren Das Zeugnis des Besa Der Lehrer Schenute Die Lebensdauer des Mose
vgl. FR 4 M 7 ('Der Dux Heraklios') FR 77-80; FR 83-84 FR 54-58
FR 95-96
(GB-BMEA 71005/1,9-2,18)
Schluß: Der Tod Schenutes
79 79/1 79/2 80
FR 58-59
49
Synopse
arabische Version Nr.
Amilineau
äthiopische Version Nr.
bohairische Version
Colin
Nr.
Leipoldt
Ar 61
S.426-428
Äth 39
S. 39-40
Bo 38
§§ 128-130
Äth 39/1
S. 39-40
Bo 38/1
§§ 128-130
Ar 61/1
S.426-428
Ar 61/2
S. 428
Ar 62
S. 429
Ar 63
S.429-431
Ar 64
S.431
Ar 65
S.431-432
Äth 40
S. 40
Bo 39
§§ 131-134
Ar 69
S. 439
Äth 41
S. 41
Bo40
§§ 135-137
Ar 70
S.439-446
Äth 42
S. 41-45
Ar 71
S.446-447
Ar 38
S. 387-388
Ar 40
S.388-392
Äth 43
S. 45-49
Ar 40/1
S.388-390
Äth 43/1
S.45-48
Ar 40/2
S.390-391
Äth 43/2
S. 48-49
Ar 40/3
S.391-392
Ar 41
S.392-394
Ar 41/1
S.392-393
Ar 41/2
S.393-394 §§ 138-143 §§ 138-140
Ar 72
S. 447-450
Äth 44
S.49-51
Bo41
Ar 72/1
S. 447-448
Äth 44/1
S.49-50
Bo 41/1
Ar 72/2
S.448-450
Äth 44/2
S.50-51
Bo 41/2
Ar 73
S. 450-454
Äth 45
S.51-52
Bo42
§§ 141-143 §§ 144-150
Ar 67
S. 435-437
Äth 46
S.52-53
Bo 43
§§151-153
Ar 68
S. 437-438
Äth 47
S.53-54
Bo44
§§ 154-160
Ar 74
S.454-456
Äth 48
S.54-55
Ar 42
S. 394
Äth 49
S. 55
Ar 75
S.456-458
Äth 50
S.56-57
Ar 66
S. 432-435
Äth 51
S.57-58
Ar 76
S. 458-462
Ar 77
S.462-466
Ar 77/1
S. 462- 464
Ar 77/2
S.464-466
Ar 78
S.466-467
Äth 52
S. 59
Bo47
§§ 172-173
Ar 78/1
S.466-467
Äth 52/1
S. 59
Bo 47/1
§172
Äth 52/2
S. 59
Bo 47/2
§173
Ar 39
S.388
Äth 53
S. 59
Bo 48
§174
Bo 45 Bo46
§161 §§162-171
Schluß: Der Tod Schemdes
syrische Version Nr.
Nau/Guidi
Sy G 1
S. 55,1-21
Sy G 2
S. 55,21-32
Sy G 3
S. 5 5 , 3 2 - 5 4 , 7
SyG4
S. 54,7-53,13
SyG5
S.53,13-30
50
Die Quellenlage
sahidische Kodizes und Fragmente Nummer E 81 E 81/1 E 81/2 E 81/3 E 82 E 83 E 84 E 85 E 86 E 87 E 88
Kurztitel der Episoden Die Krankheit Schenutes Erkrankung Schenutes am 1. Epeph Christus tröstet Schenute Schenute bittet um Gemüse Abschiedsreden Der Tod Schenutes Himmlische Lobgesänge Das Begräbnis Schenutes Die Umbettung Schenutes Schenute erscheint Besa Schlussworte
GB-BM EA 10820 f. 2 GB-BM EA 10820 f. 2 GB-BM GB-BM GB-BM GB-BM GB-BM
EA EA EA EA EA
10820 f. 2 10820 f. 2 10820 f. 2; FR 59 10820 f. 2; FR 59-60 10820 f. 2
GB-BM EA 10820 f. 2
51
Synopse
arabische Version Nr.
Amelineau
äthiopische Version Nr.
Colin
bohairische Version Nr.
Leipoldt
Ar 79
S. 467-470
Äth 54
S. 59
Bo 49
§§ 175-177
Ar 79/1
S. 467
Äth 54/1
S. 59
Bo 49/1
§175
Ar 79/2
S.467-469
Ar 79/3
S.469-470
Äth 54/2
S. 59
Bo 49/2
Ar 80
S.470-471
Äth 55
S.59-60
Bo 50
§§ 176-177 §§ 178-181
Ar 81
S.471-473
Äth 56
S. 60
Bo 51
§§ 182-86
Ar 82
S.473-474
Äth 57
S. 60
Bo 52
§§ 187-188
Ar 83
S.474-475
Äth 58
S.60-61
Bo 53
§189
Ar 84
S. 474-475
Ar 85
S.475-476
Ar 86
S. 476-478
Äth 59
S. 61
Bo 54
§190
syrische Version Nr.
Nau/Guidi
52
Die
Quellenlage
8 Die sahidischen Fragmente Bei der vollständigen Erfassung und Ordnung aller sahidischen Fragmente, die zur Vita Sinuthii gehören, stellte sich das für die Koptologie typische Problem, das in der Verstreuung der koptischen Handschriften über die Bibliotheken und Sammlungen in der ganzen Welt wurzelt. Es galt daher nicht nur herauszufinden, in welchen Sammlungen sich Fragmente der Vita Sinuthii befinden und ob die Fragmente ediert sind, sondern auch, ob diese Fragmente ursprünglich zu derselben Handschrift gehörten. Zusammenstellungen über die sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii finden sich im CMCL189 und bei Simpson190. Die im CMCL veröffentlichte Liste ist vollständiger als die Liste Simpsons, da sie auch bisher unveröffentlichte Fragmente aufführt. Alle im CMCL und bei Simpson genannten Fragmente werden in dieser Arbeit als die sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii bewertet. Davon ausgenommen sind lediglich die unter dem Abschnitt „Fragwürdige Zuordnungen zur Vita Sinuthii" aufgeführten Texte191. Insgesamt sind 34 sahidische Blätter der Vita Sinuthii erhalten, die sich heute in sieben Bibliotheken und Sammlungen befinden. Die Geschichte der Fragmente und ihre Verteilung auf diese Bibliotheken und Kollektionen ist Thema des nächsten Unterkapitels. Darüber hinaus werden in dieser Arbeit die kodikologischen Zusammenhänge zwischen den Fragmenten aus Schenutes Kloster erstmals systematisch dargestellt. Diese Untersuchungen basieren auf Kollationen und Beobachtungen, die aufgrund des schlechten Zustands der Fragmente von der Verf. in vor Ort vorgenommen werden mussten. Mit Ausnahme der Fragmente in Kairo und Neapel wurden alle Fragmente der Vita Sinuthii von der Verf.in vor Ort eingesehen. Kollationen der Fragmente aus Kairo - mit Ausnahme von EG-C C.G. 9251, das von Munier verlässlich veröffentlicht worden ist - und Neapel und Notizen zu denselben stellte Emmel der Verf.in großzügigerweise zur Verfügung. Ferner wird die Abfolge der Episoden aller sahidischer Kodizes und Fragmenten vorgestellt und mit der der Langversionen verglichen. Anschließend wird der Inhalt und Wortlaut der einzelnen Episoden aller sahidischen Kodizes und Fragmente untereinander und im Vergleich mit den Langversionen untersucht.
189 190 191
http://rmcisadu.let.uniromal.it/cgi-bin/cmcl/chiamata.cgi R.S. SIMPSON, Lives, 7. S.u. Kapitel 1.8.5.
Die sahidischen
53
Fragmente
8.1 Die Geschichte der sahidischen Fragmente Im folgenden Abschnitt wird der Versuch unternommen, die Odyssee der sahidischen Fragmente zu ihren heutigen Aufbewahrungsorten sowie ihre Entdeckung durch westliche Forscher zu rekonstruieren. Die Fragmente werden nach ihrem Aufbewahrungsort sortiert dargestellt, wobei sich die Reihenfolge nach der historischen Auffindung der Fragmente richtet. Tabelle 4 gibt einen Überblick über die Manuskripte und Aufbewahrungsorte der sahidischen Fragmente. Tabelle 4: Überblick über die sahidischen Fragmente Manuskript
Bibliothek
IT-NB IB2 ff. 13-19
Biblioteca Nazionale
IT-NB IB14 f. 56
bzw.
Museum
Biblioteca Nazionale
EG-C C.G. 8019 ff. 1 - 2
Ort/Land Neapel/IT Neapel/IT
Koptisches Museum
Kairo/EG
EG-C C.G. 9251
Koptisches Museum
Kairo/EG
FR-BN copte 129 12 ff. 7 5 - 8 4
Bibliothèque nationale de France
Paris/FR
Bibliothèque nationale de France
Paris/FR
GB-BL Or. 3 5 8 I B ff. 7 0 - 7 2
British Library
London/GB
GB-BM EA 10820
British Museum
London/GB
AT-NB K 9471
Österreichische Nationalbibliothek
Wien/AT
VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2 - 7
Biblioteca Apostolica Vaticana
Vatikan Stadt
FR-BN copte 129
13
f. 91
8.1.1 Biblioteca Nazionale „ Vittorio Emanuele III", Neapel (IT-NB) Die acht sahidischen Fragmente, die sich in der Biblioteca Nazionale in Neapel (IT-NB) befinden, tragen heute die Inventarnummern IB2 ff. 13-19 und IB14 f. 56.- Sie gehörten zur Sammlung Stefano Borgias, der in den Jahren 1778-1804 über 2000 Blätter aus dem Kloster Schenutes erwarb192, die in dem von ihm gegründeten Museum in Velletri aufbewahrt wurden. 1801 beauftragte Borgia den Dänen Georg Zoega mit der Katalogisierung seiner Kollektion193. In dem 1810 posthum veröffentlichten Katalog Zoegas findet sich IT-NB IB2 ff. 13-16 unter der Nummer 182, die Zoega mit der Überschrift „De vita abbatis Scjenute prophetae" versah194. Zoega erstellte eine lateinische Zusammenfassung, druckte den sahidischen Text auszugsweise ab und übersetzte ihn z.T. ins Lateinische. IT-NB IB2 ff. 1719 führte Zoega unter der Nummer 183 auf und nannte sei „Encomium 192 193 194
ST. EMMEL, Corpus, 20f. ST. EMMEL, Corpus, 23. G. ZOEGA, Catalogus, 377-379, Nr. 182.
54
Die
Quellenlage
abbatis Scjenute prophetae" 195 . Zoega verfasste eine kurze lateinische Inhaltsangabe und fügte den sahidischen Wortlaut der ersten Zeilen von IT-NB IB2 f. 18 mit lateinischer Übersetzung bei. IT-NB IB14 f. 56 wurde von Zoega unter der Nummer 293 mit IT-NB IB14 ff. 54-55 und f. 57 zusammengefasst 196 . In bezug auf IT-NB IB14 f. 56 erwähnt Zoega lediglich, dass es sich um die Geschichte eines Mannes, der als Prophet verehrt wird, handelt 197 . Nach Borgias Tod 1804 erbte die Sacra Congregatio de Propaganda Fide den Großteil der Kollektion Borgias und brachte diese im Museo Borgiano der Sacra Congregatio de Propaganda Fide unter. Im Jahr 1902 wurde der Großteil dieser Kollektion in die Biblioteca Apostólica Vaticana überfuhrt. Die Nummern 11, 19, 25, 46, 169-312 des Katalogs Zoegas, und somit auch die in dieser Arbeit verhandelten sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii, gingen jedoch an die Reale Biblioteca Borbonica in Neapel, die heutige Biblioteca Nazionalem. Die nach dem Erscheinen des Katalogs von Zoega nächste Erwähnung eines der Fragmente in Neapel findet sich 1874 bei Revillout, der im Rahmen einer Untersuchung der Blemmyer einen Auszug des Fragments IT-NB IB2 ff. 13-16 mit französischer Übersetzung veröffentlichte 199 . Revillout hatte den Text vor Ort in Neapel abgeschrieben, aber die Kopie verloren. Den von ihm veröffentlichten Text erstellte er anhand eines Faksimiles 200 . Das sahidische Fragment IT-NB IB2 ff. 13-16 war für Revillouts Untersuchungen wichtig, da es Teile der Episode E 43 (,Der Einfall der Barbaren') enthielt, die vom Eindringen der Blemmyer in Oberägypten berichten. Amélineau war der erste, der die Fragmente aus Neapel vollständig edierte. 1885 gab Amélineau im ersten Teil seiner Monuments pour servir ä l'histoire de l'Egypte chrétienne IT-NB IB2 ff. 13-19 mit französischer Übersetzung unter der Überschrift „De abbate Senuti" heraus 201 . Im Vorwort bemerkte er zu den Texten lediglich: „ils ne contiennent rien que ne se trouve dans l'abrégé memphitique [i.e. die bohairische Version aus dem Vatikan] ou la vie arabe" 202 . 1955 veröffentlichte Till IT-NB IB2 ff. 13-16, wobei er den von Amélineau edierten Text auszugsweise wiedergab, im Anhang seiner kopti195
G. ZOEGA, Catalogus, 379f, Nr. 183. G. ZOEGA, Catalogus, 634f. 197 „Alterum [i.e. IT-NB IB14 f. 56] ad historiam viri qui prophetae nomine honoratur". G. ZOEGA, Catalogus, 635. 196
198
A . HEBBELYNCK, I n v e n t a i r e , 5 2 .
199
E. REVILLOUT, Mémoire 1874, 3 9 4 - 9 6 (mit Anmerkungen).
200
E . REVILLOUT, M é m o i r e 1 8 7 4 , 3 9 4 A n m .
201
É. AMELINEAU, Monuments, 2 3 7 - 2 4 7 . É. AMELINEAU, Monuments, XLVII.
202
Die sahidischen
Fragmente
55
sehen Grammatik als Übungstext, den er in den Anmerkungen mit Lektürehinweisen versah203. Während IT-NB IB2 ff. 13-19 demnach seit über 100 Jahren der Forschung zugänglich sind, ist IT-NB IB14 f. 56 bisher unveröffentlicht und fand keine Beachtung. Im Anhang dieser Arbeit wird der Text von IT-NB IB14 f. 56 erstmals veröffentlicht und übersetzt. 8.1.2 Koptisches Museum, Kairo (EG-C) Im Koptischen Museum in Kairo (EG-C) befinden sich zwei Fragmente der Vita Sinuthii. Sie tragen die Katalognummern C.G. 8019 ff. 1-2 204 und C.G. 9251. Diese Fragmente wurden vermutlich in Akhmim, das in der Antike auf Koptisch Smin, auf Griechisch Panopolis hieß, in dessen Nähe sich Schenutes Kloster befindet, erworben205. Ihre Spur führt weiter nach Kairo, wo sie ein Kaufmann an das Musée de Boulaq verkaufte. EG-C C.G. 8019 ff. 1-2 wurde erstmals 1883 von Bouriant zusammen mit mehreren Pergamentblättern aus dem Bestand des Musée de Boulaq veröffentlicht, die in Kairo von einem Kaufmann erworben worden waren206. Bouriant gab EGC C.G. 8019 ff. 1-2 unter der Überschrift „Hagiographies als Vie de St Schenoudi" heraus und nahm an, dass sie zu einem Manuskript gehörten, das möglicherweise weitere Vitae anderer verehrungswürdiger Personen enthalten habe. 1895 edierte Amélineau im zweiten Teil der Monuments zusammen mit zehn weiteren Fragmenten aus der französischen Nationalbibliothek auch die bereits veröffentlichten Fragmente EG-C C.G. 8019 ff. 1-2, da er alles, was von Schenute handelte, zusammenstellen wollte. Der Bestand des Musée de Boulaq gelangte über das Musée de Gizeh207 ins Musée du Caire, dessen koptische Handschriften von Crum und Munier katalogisiert wurden. In seinem Coptic Monuments von 1902 führt Crum EG-C C.G. 8019 ff. 1-2 auf 208 . Als Inhalt der Blätter gab er folgendes an: „From the Acts or Miracles of Shenoute". In diesem Zusammenhang verwies er auf die Editionen von Bouriant und Amélineau. EG-C C.G. 8019 ff. 1-2 wurde in der Edition Amélineaus auszugsweise von Till in seiner Grammatik als Übungstext verwendet209. 203
W.C. TILL, Grammatik, 291 f. Die Katalognummer C.G. 8019 ff. 1 - 2 entspricht der Inventarnummer 3 7 5 2 des Koptischen Museums, worauf mich Stephen Emmel dankenswerterweise hingewiesen hat. 203 Vgl. W.E. CRUM, Coptic Monuments, 9. H. MUNIER, Manuscrits coptes, 63. 206 U. BOURIANT, Fragments, l ^ t ; 1 5 2 - 1 5 6 . 207 É. AMELINEAU, M o n u m e n t s , 496. 208 W.E. CRUM, Coptic Monuments, 9. 209 W.C. TILL, Grammatik, 292f. 204
56
Die
Quellenlage
Das Fragment mit der Nummer EG-C C.G. 9251 wurde erstmals 1916 in den Manuscrits Coptes von Munier als „Vie de Shenouté" aufgeführt 210 . Munier veröffentlichte den sahidischen Text zusammen mit einer Reproduktion von EG-C C.G. 925 lv, letzteres vermutlich weil sich am unteren Rand des Blattes die Zeichnung eines Hundes befindet. Vom Musée du Caire gelangten EG-C C.G. 8019 ff. 1-2 und EG-C C.G. 9251 ins Koptische Museum in Kairo, wo sie sich noch heute befinden 211 . 8.1.3 Bibliothèque nationale de France, Paris (FR-BN) In der Bibliothèque nationale de France in Paris (FR-BN) befindet sich der umfassendste Teil der sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii aus Schenutes Kloster mit den folgenden Signaturen: Copte 12912 ff. 75-84 und Copte 12913 f. 91. FR-BN copte 129 f. 91 wurde vermutlich deshalb nicht zu den anderen Fragmenten gruppiert, weil bei der Aufnahme des Fragments in die Sammlung der Bibliothek nicht erkannt wurde, dass es zur Vita Sinuthii gehört. Dies ist heute daran sichtbar, dass bei FR-BN copte 12913 f. 91 mit Bleistift ,vie de moine' vermerkt wurde212, während bei vielen der Fragmente FR-BN copte 12912 ff. 75-84 ,vie de Schnoudi' steht. Die zehn Fragmente gehören zu den Tausenden von Blättern aus Schenutes Bibliothek, die Maspero, Bouriant und Amélineau ab 1885 für die Bibliothèque nationale in Ägypten erwarben213. Da sie erst nach Abschluss des ersten Teils der Monuments, in dem Amélineau bereits die sahidischen Fragmente aus Neapel und Kairo veröffentlicht hatte, nach Paris gelangen, wurden sie 1895 von Amélineau im zweiten Teil der Monuments mit französischer Übersetzung veröffentlicht 214 . 8.1.4 British Library, London (GB-BL) In der British Library in London (GB-BL) werden unter den Signaturen Or. 3581B ff. 70-72 drei sahidische Fragmente der Vita Sinuthii aus Schenutes Kloster aufbewahrt. Die Fragmente waren von Budge in Akhmim erworben worden und werden in Crums Catalogue of the Coptic Manuscripts in the British Museum aus dem Jahr 1905 aufgeführt 215 . GB-BL Or. 3581B ff. 70-71 fasste Crum unter der Nummer 351 zusammen und ordnete sie dem „Life 210
H. MUNIER, Manuscrits coptes, 63-65 mit pl. XIII.
211
Vgl. ST. EMMEL, Corpus, 3 9 Anm. 88.
212 Dieser Hinweis stammt vermutlich von E. AMELINEAU, vgl. H. HYVERNAT, Introduetion, l l l f . 213 ST. EMMEL, Corpus, 2 2 . Vgl. H . HYVERNAT, Introducion, 1 0 8 . B . LAYTON, Fragments, 124 Anm. 33. E. AMELINEAU, Monuments, 494. 215
E . AMELINEAU, M o n u m e n t s ,
633-649.
Zu folgendem s.
Catalogue, 164ff.
W . E . CRUM,
Die sahidischen
Fragmente
57
of Shenoute" zu. Er konstatierte, dass diese Fragmente zur selben Handschrift gehören wie FR-BN copte 12912 f. 75 und FR-BN copte 12913 f. 91, was sich in dieser Arbeit als zutreffend herausgestellt hat. Für GB-BL Or. 3581B f. 71 verwies Crum auf inhaltliche Parallelen in der bohairischen und der arabischen Version sowie in einem sahidischen Fragment, das von Amélineau auf der Seite 237 in den Monuments veröffentlicht wurde und heute IT-NB IB2 f. 13 ist. Unter der Nummer 352 findet sich das Fragment GB-BL Or. 3581B f. 72, das Crum ebenfalls als „Life of Shenoute" bezeichnete. Auch für diesen Text gab Crum bohairische und arabische Parallelen an. 1973 wurden die Büchereibestände des British Museum und somit auch GB-BL Or. 3581B ff. 70-72 in die British Library transferiert. Die Fragmente befinden sich heute in den Asia, Pacific and Africa Collections (APAC) bzw. der Oriental and India Office Collections (OIOC) der British Library. 8.1.5 British Museum, London (GB-BM) Im Department of Ancient Egypt and Sudan, dem früheren Department of Egyptian Antiquities, des British Museum (GB-BM) wird in einem Glasrahmen ein Fragment der Vita Sinuthii mit der Signatur EA 10820 aufbewahrt. Das Bifolium, das sich in einem sehr schlechten Zustand befindet, wurde unter ungesichtetem Material im Department of Egyptian Antiquities des British Museum gefunden und erst 1971 mit Signatur in die Sammlung aufgenommen 216 . GB-BM EA 10820 wurde 1979 von Shore unter dem Überschrift „Extracts of Besa's Life of Shenoute in Sahidic" ediert217. Über die Herkunft oder Geschichte des Fragments, das Shore auf das neunte Jahrhundert datierte, ist nichts bekannt. 8.1.6 Österreichische Nationalbibliothek,
Wien (AT-NB)
In der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien (AT-NB) befindet sich ein bisher unveröffentlichtes Blatt der Vita Sinuthii aus Schenutes Kloster, das im Rahmen dieser Arbeit erstmals veröffentlicht, übersetzt und eingeordnet wird: AT-NB K 9741. Das Fragment gehörte vermutlich zu denjenigen „Papyri und Fragmenten" aus Akhmim, die 1887 durch die Vermittlung des Wiener Teppichhändler Theodor Graf in die Sammlung gelangten218.
216 217 218
A.F. SHORE, Extracts, 134. A.F. SHORE, Extracts, 1 3 4 - 1 3 9 . H. LOEBENSTEIN, „Papyrus Erzherzog Rainer", 18.
58
Die
Quellenlage
8.1.7 Biblioteca Apostolica Vaticana, Vatikan Stadt (VA-V) In der Biblioteca Apostolica Vaticana (VA-V) befinden sich bisher unveröffentlichte Teile einer Handschrift der Vita Sinuthii mit der Signatur Borg. Copt. 134 ff. 2-7. Die erste Erwähnung von VA-V Borg. Copt. 134 findet sich 1896 bei Hyvernat219. Henry Hyvernat hatte VA-V Borg. Copt. 134 zusammen mit VA-V Borg. Copt. 133, einer sahidischen Grammatik in arabischer Sprache, in einem Schrank gefunden, in dem diese seit über einem Jahrhundert vergessen worden waren. 1913 ordnete Hyvernat VA-V Borg. Copt. 134 in die Kollektion Borgias der Biblioteca Vaticana ein und vermerkte mit Bleistift im Einband: „ Fragment (Copto) Sahidique / des Actes (?) de Apa / Phoibamön / (trouve avec la gramm. copto- / arabique / Juillet 15.1913 H.H)" Hyvernat war sich jedoch bewusst, dass VA-V Borg. Copt. 134 Fragmente aus zwei verschiedenen Handschriften enthielt. Nur das erste Blatt hat Apa Phoibamon zum Thema, die übrigen sechs Blätter, VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7, gehören zur Vita Sinuthii220. VA-V Borg. Copt. 134 wurde zusammen mit der koptisch-arabischen Grammatik, heute VA-V Borg. Copt. 133, gefunden, die Tuki in seinen Rudimenta linguae Coptae zitiert221. Der Kopte Raphael Tuki (gest. 1787 in Rom) konvertierte als junger Mann zum römisch-katholischen Glauben und wurde wurde ab 1724 in Rom im Kolleg der Sacra Congregatio de Propaganda Fide ausgebildet222. Von 1740 an lehrte und arbeitete er in Rom, wobei er zahlreiche koptische Liturgiebücher edierte223. Dass VA-V Borg. Copt. 134 - wie VA-V Borg. Copt. 43.44.55.82.133 - zu einer privaten Kollektion Tukis gehörten224, ist folgendem Vermerk am unteren Rand von VA-V Borg. Copt. 134 f. lr zu entnehmen: „MSS. COPTI DI MONSIG. / TUKI NUM. LXVII / Alumno Di Prop. Fide". VA-V Borg. Copt. 134 wurde 1924 von Hebbelynck in seinem „Inventaire" der koptischen Handschriften der Biblioteca Vaticana aufgeführt, nicht aber in dem von Hebbelynck und Lantschoot 1947 herausgegebenen Katalog der koptischen Kodizes der Biblioteca Vaticana, der nur die Nummern 1-108 der Kollektion Borgias umfasst. VA-V Borg. Copt. 134 war auch Crum bekannt. In seinem Coptic Dictionary findet sich z.B. für die Formulierung ,CCOK iio\nqa>' folgende 219
H. HYVERNAT, Étude, 549.
220
A . HEBBELYNCK, I n v e n t a i r e , 7 5 .
221
H. HYVERNAT, Étude, 549. Zu den Rudiementa s. A. HAMILTON, Copts, 2 4 0 - 2 4 2 .
222
A . B U D D E , A r t . T u k i , 3 0 3 . Z u T u k i s . a u s f ü h r l i c h A . HAMILTON, C o p t s , 9 5 - 1 0 1 .
223
A . BUDDE, Art. Tuki, 3 0 3 .
224
A . HEBBELYNCK, I n v e n t a i r e , 7 2 f .
Die sahidischen
Fragmente
59
Angabe: „Bor 134 2 S(Vita Sin)"225 sowie ein Verweis auf die Parallelstelle in der von Leipoldt veröffentlichten bohairischen Version. Die Handschrift lag Crum vermutlich in Photographien vor, da er sich im Vorwort bei H. Hyvernat dafür bedankt, dass er ihm Photographien von einem Großteil der Kollektion Borgias anvertraute226. Es muss jedoch beachtet werden, dass Crum bei der Zählung der Blätter VA-V Borg. Copt. 134 f. 1 nicht mitzählt, sondern nur die folgenden sechs Blätter, die von Schenute handeln, durchnummeriert. Das obige Beispiel findet sich demnach nicht, wie die Angabe vermuten lässt, auf VA-V Borg. Copt. 134 f. 2, sondern auf VA-V Borg. Copt. 134 f. 3(v ii.33f). Ob diese Zählweise darauf zurückzuführen ist, dass das erste Blatt Crum nicht vorlag, muss offen bleiben. Darüber hinaus zitiert Crum auch nach der Foliierung der Fragmente, z.B. „Bor 134 39 S(VitaSin)", was VA-V Borg. Copt. 134 f. 6r (i.5) mit der koptischen Seite 39 entspricht227. Der sahidische Text von VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 wird mit einer deutschen Übersetzung in dieser Arbeit erstmals veröffentlicht. 8.2 Die Fragmente aus Schenutes
Kloster
Im Jahr 1993 fasste Emmel den status quo der kodikologischen Rekonstruktion der Fragmente aus dem Weißen Kloster folgendermaßen zusammen: „The general codicological interest of the White Monastery library is considerable and still largely unexplored due to the fragmentary condition of the manuscripts."228 Hinweise auf kodikologische Zusammenhänge zwischen den sahidischen Fragmenten der Vita Sinuthii sind in der Literatur dementsprechend rar. Zoega, der nicht nur mit der Katalogisierung sondern auch mit der kodikologischen Sortierung der Sammlung Borgias beauftragt war229, verteilte die sechs Fragmente der Vita Sinuthii, die heute IT-NB IB2 ff. 13-19 sind, auf zwei aufeinanderfolgende Nummern, nämlich Nummer 182 und Nummer 183. Aus dieser Reihung und auch aus den Titeln, mit den Zoega die Fragmente belegte, ist zu entnehmen, dass Zoega erkannt hatte, dass die Fragmente inhaltlich zusammengehören, sie aber unterschiedlichen Kodizes zuordnete. Nahezu 80 Jahre später wies Amélineau in seinem Vorwort zum zweiten Teil der Monuments auf kodikologische Zusammenhänge zwischen den 225
W.E. CRUM, Dictionary, 327a. S steht fiir ,Sahidic'. Vgl. ferner: S. 355b zu
, + c i o p H ¿BOA. U ^ T S N O Y ' (VA-V Borg. Copt. 134 f. 2v ii.31f); S. 499b zu , e i c o y 6 e i u i
e q 6 Npiooyuj' (VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v ii.30f). 226 W.E. CRUM, Dictionary, ix. 227 W.E. CRUM, Dictionary, 591b, Z. 26 zu NecjKJ^K jisoyN. 228 229
ST. EMMEL, C o r p u s , 2 7 . ST. EMMEL, C o r p u s , 2 9 .
60
Die
Quellenlage
hagiographischen Fragmenten über Schenute hin. Amélineau veröffentlichte elf sahidische Fragmente der Vita Sinuthii, von denen er eines nicht als Werk Besas und somit nicht zur Vita Sinuthii gehörig ansah230. Die übrigen zehn Fragmente stammten laut Amélineau aus verschiedenen Handschriften, deren Entstehung Amélineau auf das achte bis zehnte Jahrhundert schätzte: „trois d'entre eux appartiennent á un seul manuscrit, et deux á un second manuscrit .... Les autres apartiennent chacun á un manuscrit différent." 231 Insgesamt nahm Amélineau demnach an, dass die zehn Fragmente von sieben verschiedenen Handschriften stammten, wobei leider nicht mehr nachvollziehbar ist, welche Blätter Amélineau als zusammengehörend angesehen hat. Die kodikologischen Untersuchungen dieser Arbeit haben die Anzahl der Kodizes gegenüber der Einschätzung Amélineaus deutlich reduziert und die zehn von ihm aufgeführten Fragmente den drei Kodizes FR, WU und WV zugeordnet. Ladeuze vermutete, dass die von Amélineau auf den Seiten 237-241, in dieser Arbeit FR 53-60, und 641-644, d.h. FR 43^18, der Monuments veröffentlichten Fragmente zu ein und demselben Werk gehören232, was sich als richtig herausgestellt hat. Er begründete diese Zuordnung damit, dass die Fragmente einen ähnlichen enkomiastischen Stil aufweisen und ihre Episoden auf ähnliche Weise eingeleitet werden. Crum stellte die These auf, dass die von ihm unter der Nummer 351 seines Catalogue of the Coptic Manuscripts in the British Museum veröffentlichten Fragmente, d.h. GB-BL Or. 3581b ff. 70-71, sowie FR-BN copte 12912 f. 75 und FR-BN copte 12913 f. 91 zu derselben Handschrift gehören233, was sich im Rahmen dieser Arbeit bestätigt hat. Shore hob hervor, dass das von ihm veröffentlichte Bifolium weder zu demselben Kodex gehört wie FR-BN copte 12912 f. 84 noch zu dem Fragment, das Crum im Katalog der Koptischen Handschriften des British Museum unter der Nummer 352 auffuhrt und das heute GB-BL Or. 3581B f. 72 ist. Dies hat sich ebenfalls als richtig herausgestellt. Im Rahmen des CMCL etablierte Tito Orlandi den Kodex MONB.FR, dem elf sahidische Fragmente der Vita Sinuthii angehören. Dieses Ergebnis veröffentlichte Orlandi bisher ohne ausführliche Begründung im Internet auf den Seiten des CMCL. Die folgenden, erstmalig ausführlich begründete Rekonstruktionen und Beschreibungen des Kodizes FR, WX, WU und WV sind in enger Zusammenarbeit mit Stephen Emmel entstanden. Dabei wurden die Kodizes WX, 230
É. AMELINEAU, Monuments, 495. É. AMELINEAU, Monuments, 496. Amélineau bezieht sich auf seine Nummer VII, d.h. in der Terminologie dieser Arbeit FR 4 5 - 4 8 . 232 P. LADEUZE, Étude, 124, mit Anm. 1 und 2. 233 W.E. CRUM, Catalogue, 164f. 231
Die sahidischen
Fragmente
61
WU und WV zunächst von Emmel anhand von Mikrofilmaufnahmen rekonstruiert und diese Rekonstruktionen anschließend durch Emmel und die Verf.in an den Pergamenten selbst vor Ort in den Bibliotheken überprüft. Die Rekonstruktion der Kodizes der Vita Sinuthii richtet sich nach den Kriterien, die Emmel für seine kodikologische Arbeit an den Schriften Schenutes aufgestellt hat234. Zunächst werden die Schrift sowie das Seitenlayout, d.h. das Material, die Anzahl der Spalten pro Seite, die Anzahl der Zeilen pro Spalte und die Art der Dekoration verglichen, um die Möglichkeit der Zugehörigkeit zu demselben Kodex zu eruieren. Stimmen Schrift und Seitenlayout überein, wird die Struktur des Kodexes, d.h. v.a. die Paginierung und die Struktur der Lagen, sowie die Kontinuität des Textes untersucht, um das genaue Verhältnis zwischen den Fragmenten eines Kodexes zu bestimmen. Ist ein Text in mehreren Kodizes überliefert, kann es möglich sein, den Ort eines unpaginierten Fragments des einen Kodexes mit Hilfe des anderen Kodexes zu ermitteln. Dieses Vorgehen wurde bei den Kodizes FR und WX, die Schwesternhandschriften sind, angewandt. Die Bezeichnung der Kodizes erfolgt nach einem System, das Orlandi mit dem CMCL eingeführt hat. Danach werden die sahidischen Kodizes aus dem Kloster Schenutes mit einem Siglum, das aus zwei Buchstaben besteht (z.B. FR), versehen. Zur Kenntlichmachung der Herkunft der Kodizes wird ihnen ein ,MONB' vorangestellt (z.B. MONB.FR), wobei MONB für Monasterio Bianco, d.h. Weißes Kloster, steht. Das MONB wird bei der Bezeichnung der sahidischen Kodizes der Vita Sinuthii in dieser Arbeit um der Lesbarkeit willen zumeist weggelassen. Das Zeichen des Kodexes wird durch die Seitenzahl ergänzt, wobei ein Schrägstrich (/) auf Recto und Verso eines Blattes hinweist (z.B. FR 37/38). Konnte der Ort eines Blattes im Kodex nicht bestimmt werden, wird dies durch ein ,frg.' für fragmentum angezeigt, das wiederum durch eine Nummer ergänzt wird, die die Reihenfolge der ortlosen Fragmente innerhalb eines Kodexes andeutet, soweit diese bestimmbar ist (z.B. WX frg. 1). Die Tabelle 5 gibt einen Überblick über alle Manuskripte der Vita Sinuthii und - soweit möglich - ihre Zuordnung zu Kodizes aus dem Weißen Kloster und ihre koptische Seiten- bzw. Blattzählung sowie ihre Lagezählung.
234
Zu folgendem s.
ST. E M M E L ,
Corpus,
36-39.
62
Die Quellenlage
Tabelle 5: Überblick Seiten- u. Lagezählung der sahidischen Kodex MONB.FR
MONB.WU MONB.WV
MONB.WX (MONB) (MONB)
Fragmente EG-C C.G. 8019 ff. 1-2 FR-BN copte 129.12 f. 76 FR-BN copte 129.12 f. 77 FR-BN copte 129.12 ff. 79-80 FR-BN copte 129.12 f. 81 FR-BN copte 129.12 f. 82 IT-NB IB2 ff. 13-16 FR-BN copte 129.12 f. 83 FR-BN copte 129.12 f. 84 AT-NB K 9471 FR-BN copte 129.12 f. 75 FR-BN copte 129.13 f. 91 GB-BL Or. 3 581B f. 70 GB-BL Or. 3 581 B f . 71 IT-NB IB14. f. 56 IT-NB IB2 ff. 17-19 Vereinzelte Fragmente EG-C C.G. 9251 GB-BL Or. 3581B f. 72 GB-BM EA 10820 f. 1 (Pergament) GB-BM EA 10820 f. 2 VA-V Borg. Copt. 134 f. 2 (Papier) VA-V Borg. Copt. 134 f. 3 VA-V Borg. Copt. 134 f. 4 VA-V Borg. Copt. 134 f. 5 VA-V Borg. Copt. 134 f. 6 VA-V Borg. Copt. 134 f. 7
Fragmente
Koptische Seiten bzw. Folia; Lagezählung
[ ] 37/38
[ ] 77-80 ( ë 8) 83-84 95/96 (ç 8) 53-60 31/32 (B 8) 49/50 (Ä 1) 35/36
[ ] [ ] 33/34 (r 1)
[ ] [ ] [ ] [ ] [ ] 37/[38] 43/[44] 30 (X 1) 31 33 38 39 40 (Ä 10)
8.2.1 Die Kodizes FR und WX Keine der sahidischen Handschriften aus Schenutes Kloster, die zur Vita Sinuthii gehören, ist auch nur annährend vollständig erhalten, was typisch ist für die Handschriften aus dem Weißen Kloster. Die größte Anzahl von Blättern, 13 insgesamt, sind von dem Kodex erhalten, an den Orlandi das Siglum MONB.FR vergab. Tabelle 6 zeigt den heutigen Bestand des Kodex FR, ihre Bezeichnung in dieser Arbeit und den Ort ihrer Veröffentlichung an. Die Seitenzahlen von FR 25/26 und FR 43/44 wurden im Rahmen dieser Arbeit erschlossen, was unten ausführlich begründet wird.
Die sahidischen
Fragmente
63
Tabelle 6: Kodex FR Kodex
Bezeichnung
FR 25/26
Edition
FR-BN copte 129.12 f. 78
Amélineau, 1888-95, 6 3 5 - 6 3 6 (Nr. II)
FR 37/38
FR-BN copte 129.12 f. 76
Amélineau, 1888-95, 6 3 9 - 6 4 0 (Nr. V)
FR 43/44
FR-BN copte 129.12 f. 77
Amélineau, 1888-95, 6 4 1 - 6 4 2 (Nr. VI)
FR 45/46
EG-C C.G. 8019 f. 1
Amélineau, 1888-95, 6 4 2 - 6 4 3 (Nr. VII) Amélineau, 1888-95, 6 4 3 - 6 4 4 (Nr. VII)
FR 46/47
EG-C C.G. 8019 f. 2
FR 53/54
IT-NB IB2 f. 13
Amélineau, 1888-95, 2 3 7 - 2 3 8 (Nr. B)
FR 55/56
IT-NB IB2 f. 14
Amélineau, 1888-95, 2 3 8 - 2 3 9 (Nr. B)
FR 57/58
IT-NB IB2 f. 15
Amélineau, 1888-95, 2 3 9 - 2 4 0 (Nr. B)
FR 59/60
IT-NB IB2 f. 16
Amélineau, 1888-95, 2 4 0 - 2 4 1 (Nr. B)
FR 77/78
FR-BN copte 129.12 f. 79
Amélineau, 1888-95, 6 4 4 - 6 4 5 (Nr. VIII)
FR 79/80
FR-BN copte 129.12 f. 80
Amélineau, 1888-95, 6 4 5 - 6 4 6 (Nr. VIII)
FR 83/84
FR-BN copte 129.12 f. 81
Amélineau, 1888-95, 6 4 6 - 6 4 7 (Nr. IX)
FR 95/96
FR-BN copte 129.12 f. 82
Amélineau, 1888-95, 6 4 7 - 6 4 8 (Nr. X)
Der Kodex FR zeichnet sich durch die folgenden Merkmale aus: Die Schrift ist bimodular. Von denjenigen Blättern, die sich in der Bibliothèque nationale de France befinden, weist FR 79 mit 263 mm die am besten erhaltene Breite, FR 77 mit 333 mm die am besten erhaltene Höhe auf. Der Text von FR ist in zwei Spalten geschrieben, die durchschnittlich 27 Zeilen besitzen. Die kürzeste Spalte hat nur 24 Zeilen (FR 77 ii), 30 Zeilen pro Spalte finden sich dagegen häufig (z.B. FR 95 i und ii). Auf einigen Blättern, z.B. FR 25, sind horizontale und vertikale Hilfslinien sowie deren Einstiche am Rand erkennbar. Die horizontalen Hilfslinien fanden jedoch beim Schreiber wenig Beachtung, so dass sich der Abstand zwischen den Zeilen verändern kann, wie die Messung von zehn Zeilen gezeigt hat. Der Abstand zwischen zehn Zeilen variiert stark, von 77 mm, die in FR 37 gemessen wurden, bis 103 mm in FR 77. Eine Zeile hat durchschnittlich sieben bis acht Buchstaben. Die Seitenzahlen werden mit Ornamenten geschmückt, die mit roter Tinte hervorgehoben werden. Die Reste der Lagezählung, die das Ende der fünften Lage markieren, sind am inneren oberen Rand von FR 80 erkennbar. Am inneren oberen Rand von FR 96 zeigt ein verziertes ç das Ende der sechsten Lage an. Die erhaltenen Blätter von FR weisen demnach dort, wo Lagezählungen erwartete werden, wenn von der allgemeinen Struktur der Kodizes aus dem Kloster Schenutes, die aus acht Blättern pro Lage bestanden235, ausgegangen wird, auch die entsprechenden Lagezählungen auf. Als Dekoration werden Initialen verwendet, die mit roter Tinte hervorgehoben werden. Die Form der Initialen ist variabel. Z.B. kann das \ 235
ST. EMMEL, Corpus, 57.
64
Die
Quellenlage
relativ lang nach oben gezogen werden, wie in FR 26, 37 und 38, und dabei bis zu sechs Zeilen über die eigentliche Schriftzeile hinausragen (vgl. FR 83 ii.24). Das \ kann aber auch eher gedrungen aussehen und nur bis zu zwei Zeilen über die eigentliche Schriftzeile hinaufgezogen werden (vgl. FR 44, 77, 78). Paragraphen werden darüber hinaus durch rubrizierte Hochpunkte und Striche in der letzten Zeile eines Abschnitts angezeigt, sowie durch Dekorationselemente, die mit roter und grüner Tinte verziert sind. In FR 79 ii. 16-80 ii.22 wird ein Textstück, das überwiegend aus einem Gebet Schenutes besteht und Bibelzitate enthält, durch eine Reihe von rubrizierten Ornamenten am linken Spaltenrand hervorgehoben. Am oberen Spaltenrand können Teile von Buchstaben über den Zeilenrand verlängert und rubriziert werden, so z.B. B in FR 37 ii.l, x in FR 78 i.l und die Arme des Y in FR 95 i.l. Die Seitenzählung ist bei zwei Fragmenten von Kodex FR nicht mehr erkennbar. Sie kann aber für das stark beschädigte Blatt FR-BN copte 12912 f. 77 auf einfache Weise rekonstruiert werden. Aufgrund der inhaltlichen Textkontinuität ist evident, dass ursprünglich FR 45 auf FR-BN copte 12912 f. 77 folgte. FR-BN copte 12912 f. 77 trug somit ursprünglich die Seitenzahlen 43 und 44. Dagegen lässt sich die Paginierung von FR-BN copte 12912 f. 78 nur mit Hilfe einer weiteren Handschrift der Vita Sinuthii aus Schenutes Kloster rekonstruieren. Von dieser Handschrift sind nur noch drei Blätter erhalten, die sich heute alle in der Biblioteca Nazionale in Neapel befinden, nämlich IT-NB IB2 f. 17-19. An diese Handschrift wurde von Emmel das Siglum WX vergeben. Ein in dieser Arbeit vorgenommener Vergleich der Kodizes FR und WX führte zu dem Ergebnis, dass die beiden Handschriften parallel zueinander sind. FR 37 i.5-38 ii.29 und WX frg. 3r ii.5-3v ii.29 berichten denselben Teil der Episode ,Der schändliche Gefängniswärter' (E 37) und haben dabei über weite Strecken den gleichen Wortlaut, wie die folgende Synopse anhand zweier ausgewählter Beispiele verdeutlicht. Die Varianten des Textes von FR und WX können textkritisch erklärt werden. So bestehen Unterschiede zwischen den Kodizes in der Orthographie griechischer236 und koptischer Worte237. Darüber hinaus stehen hin und
236
FR tendiert dazu, Omikron durch Omega zu ersetzen, z.B. in XOIHUJC (FR 37 i.lOf), ^KV&xpTiuc (FR 37 i . l 6 f ) , >.turoc (FR 37 ii.2), A'i^KU)Nei (FR 37 ii.18), MCUNCUN (FR 38 i . l l ) und ¿.nu>KpHcic (FR 38 ii.21f). In W X finden sich Abweichungen von der griechischen Orthographie, die auf ^natürliche' Unsicherheiten bei der Schreibung von Lehn- und Fremdwörtern (Verwechslung von 6 und t , 9 und T, K und y usw.)" (U.-K. PLISCH, Einführung, 5) zurückzuführen ist, wie z.B. xri.-ea.PTOC ( W X frg. 3r ii. 16) und ( W X frg. 3v ii. 11), die an anderer Stelle auch in FR vorkommen, vgl. \ H A i x i r e (FR 38 ii.26f).
Die sahidischen Fragmente
65
wieder Worte oder Satzteile an unterschiedlichen Stellen238 oder es werden verschiedene Formulierungen desselben Vorgangs verwendet239, wobei die Lesart von FR in den meisten Fällen grammatikalisch richtiger ist oder sinnvoller erscheint. Sowohl in W X als auch in FR finden sich gegenüber dem jeweils anderen Kodex einige wenige Einschübe240. Trotz dieser Unterschiede ist die Ähnlichkeit zwischen FR und W X so groß, dass die beiden Kodizes als Schwesternhandschriften anzusehen sind. Deshalb werden FR und W X im folgenden als Einheit betrachtet und nicht getrennt aufgeführt. Aufgrund der Erkenntnis, dass FR und W X Schwesternhandschriften sind, konnte dem bisher unplatzierten Blatt FR-BN copte 12912 f. 78 erstmals sein Ort im Kodex FR zugewiesen werden, nämlich als FR 25/26. Dazu wurden folgende Überlegungen unternommen: Einem Vergleich von W X frg. 3r ii.5—3v ii.29 und FR 37 i.5-38 ii.29 ist zu entnehmen, dass drei Spalten von W X etwa vier Spalten von FR entsprechen. Wenn darüber hinaus davon ausgegangen wird, dass FR und W X von E 34-37 der Reihenfolge der bohairischen, arabischen und äthiopischen Versionen der Vita Sinuthii folgen, lässt sich folgende Zählung von FR rekonstruieren:
237 W X neigt im Unterschied zu FR dazu, das Epsilon in enttonten Silben auszuschreiben, vgl. genoyBXj. ( W X frg. 3r ii.21), gi'TeN-e-e ( W X frg. 3v i.13), 2'iTeHHeKBiB^CMoc ( W X frg. 3v i.l5f), 2SHrei^N^rKH ( W X frg. 3v i.26f); s. aber auch seniieqxturoc (FR 37 ii.lf). Darüber hinaus findet sich z.B. eine unterschiedliche Schreibweise der 2. Pers. Sg. fem. im Präsens (Tepiixy [FR 38 i.5] gegenüber T e n \ y [ W X frg. 3v i.21]) und ein unterschiedlicher status nominalis des Verbs KCU (KS- [FR 38 ii.4] gegenüber K\- [ W X frg. 3v ii.6]). Vgl. auch i,cqeij,j>TO (FR 38 i. 16) gegenüber x c q i v r ö ( W X frg. 3v i.28f). 238 Vgl. FR 37 i.15-19 mit W X frg. 3r ii,17f, FR 37 i.20-22 mit W X frg. 3r ii.18-21, FR 38 i.5—7 mit W X frg. 3v i. 21f, FR 38 ii.3-5 mit W X frg. 3v ii.5—7; vgl. die Stellung des Wortes TM in FR 37 ii.15 und W X frg. 3v i.5f, von ©BOX in FR 38 i i . l l f und W X frg. 3v ii. 12-14 und von e p o q in FR 38 ii.20-23 und W X frg. 3v ii.21—23. 239 Vgl. z.B. neneituT 6TOY\\B (FR 37 i.26) und neHsiiuT HnpoHTUc ( W X frg. 3r ii.24f), eTNä.Y (FR 38 i.22) und eTCooyN ( W X frg. 3v i.32), ä,yto ^qncuT (FR 38 ii. 18) und MMNCux; ^qeu)K ( W X frg. 3v ii. 19; hier scheint W X plausibeler). An einer Stelle hat FR das koptische Wort (FR 38 ii.7f: SBOX x e - ) , W X das griechische Äquivalent ( W X frg. 3v ii.10: en'UH). 240 Vgl. cectoTM ( W X frg. 3r ii.12), 2 * 2 ( W X frg. 3r ii.29), e i c ( W X frg. 3v i.5), NTeyNoy * q T e N N 0 0 y ( W X frg. 3v ii.27f); STHH^Y (FR 37 ii.23f) und *cpi'Me (FR 38 i,18f).
66
Die
Quellenlage
-y12 Episode E 34
Arabisch
Äthiopisch
Bohairisch
Syrisch
FR 25
Ar 33
Äth 20
B o 19
Sy 11
FR 2 5 - [ 3 2 ]
Ar 34
Äth 21
Bo 20
FR
WX
Sy 12
E 35 E 36
E 36/1 . FR 25/26
WX frg. 1
Ar 34/1
Äth 21/1
Bo 20/1
E 36/2
[FR 2 7 - 2 9 ]
WX frg. 1
Ar 34/2
Äth 21/2
Bo 20/2
E 36/3
[FR 3 0 - 3 2 ]
[WX frg. *] Ar 34/3
E 36/4
[FR 3 0 - 3 2 ]
[WX frg. *] Ar 34/4
Äth 21/3
B o 20/3
[FR 3 0 - 3 2 ]
[WX frg. *] Ar 35
Äth 22
E 37
[FR 3 3 - 3 6 ]
WX fr. 2 - 3
FR 37/38
WX frg. 3
FR 26 i.lO-ii.28 berichtet von der ,Ankunft Schenutes in KonstantinopeP (E 36/1), an die sich fast unmittelbar WX frg. 1 anschließt, in dem das Ende von E 36/1 und die Episode vom ,wundersamen Speisesaal' (E 36/2) erzählt wird. WX frg. 1 entspricht demnach den verlorenen Seiten FR [27]—[29]. Die folgenden drei Seiten FR [30]—[32] sowie das korrespondiere Blatt von WX sind nicht mehr erhalten. Sie enthielten vermutlich das Ende der Episode E 36 sowie den Anfang des Berichts vom weltweiten Ruhm Schenutes, der in WX frg. 2 zu Ende geführt wird. Dieser Textabschnitt wird in der obigen Tabelle nicht als eigene Episode aufgelistet, da er auch als Überleitung des Sprechers aufgefasst werden kann. Ob WX und FR von der ,Speise der Mönche' (E 36/3) berichten, was sonst nur noch die arabische Fassung tut, ist kaum zu beantworten. Der Text von FR weicht in vielen Episoden deutlich von den anderen Überlieferungen ab, so dass sich die Textmenge mit oder ohne E 36/3 kaum bestimmen lässt. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass FR Episoden, die sich sonst nur in der arabischen Version finden, kennt, wie sich an E 66 zeigen lässt, die nur in FR und im arabischen Text überliefert ist. WX frg. 2 - WX frg. 3r ii.5 entsprechen den nicht vorhandenen Seiten FR [33]—[36], WX frg. 3r ii.5ff stimmt - wie bereits erwähnt - mit FR 37 i.5-38 ii.29 überein. Diese Überlegungen werden durch die Struktur der Blätter FR-BN copte 12912 f. 78 (FR 25/26) und FR-BN copte 12912 f. 76 (FR 37/38) bekräftigt. FR-BN copte 12912 f. 78 recto ist die Fleischseite, das verso die Haarseite. FR-BN copte 12912 f. 76 weist ebenfalls das Muster Fleisch/Haar auf, was seiner Position als drittes Blatt der dritten Lage entspricht. Nach der „Gregory-Regel" ist das Haut-Muster des ersten Blattes einer Lage immer Fleisch/Haar, und von da an liegt immer Haar auf Haar und Fleisch auf Fleisch241. So ist von der Struktur der Fragmente FR-BN copte 12912 f. 78 241
Vgl. ST. EMMEL, Corpus, 57.
Die sahidischen Fragmente
67
und f. 76 zu erwarten, dass eine ungerade Anzahl von Blättern zwischen ihnen fehlt. Dies entspricht der oben begründeten Annahme, dass zwischen den Fragmenten fünf Blätter von FR fehlen. Bei keinem Fragment von WX ist die Paginierung noch erkennbar. Leipoldt stellt die Anordnung der Fragmente in der Edition Amélineaus in Frage und argumentierte, dass WX frg. 2-3 vor WX frg. 1 gestanden haben müsse, da die in WX frg. 2 angekündigten Wundertaten Schenutes erst in WX frg. 1 berichtet würden242. Die Nummerierung der Fragmente in dieser Arbeit orientiert sich dagegen an der Reihenfolge der Langversionen, d.h. WX frg. 1, das einen Teil der Episode E 36/2 (,Der wundersame Speisesaal') enthält, steht vor WX frg. 2-3, die aus der Episode E 37 (,Der schändliche Gefängniswärter') berichten. Die erhaltenen Fragmente der Kodizes FR und WX enthalten Teile aus den folgenden Episoden: E 34.36-38.40.43.64.66.69.80.83.84. Tabelle 8 bietet einen Überblick über die Anordnung der Episoden in FR. In der Spalte ,Nr. FR' sind die erhaltenen Episoden von FR zur Übersichtlichkeit durchnummeriert, unter ,Sahidisch' die entsprechenden Seiten von FR zu finden.
242
J. LEGOLO-I-, Schenute, 19 Anm. 4.
68 Tabelle Episode E 34 E 35 E 36 E 36/1 E 36/2 E 36/3 E 36/4 E 37 E 38 E 38A E 39 E 40 E 41 E 42 E 43 E 43/1 E 66 E E E E E E E E E E
79 80 81 82 83 84 85 86 87 88
E E E E E E E E
64 65 66 67 68 69 69/1 69/2
Die Quellenlage 8: Reihenfolge von FR Nr. FR Sahidisch Arabisch 1 FR 25 Ar 33
Äthiopisch Äth 20
Bohairisch
Syrisch
Bo 19
Sy N 11 Sy N 12
Äth 21 Äth 21/1 Äth 21/2
Bo 20 Bo 20/1 Bo 20/2
Äth Äth Äth Äth Äth Äth Äth Äth Äth Äth
21/3 22 23 24 24 25 26 27 28 28/1
Bo 20/3 Bo Bo Bo Bo Bo Bo Bo Bo
21 22 22 23 24 25 26 26/1
Ar 78 Ar 39 Ar 79 Ar 80 Ar 81 Ar 82 Ar 83 Ar 84 Ar 85 Ar 86
Äth Äth Äth Äth Äth Äth Äth
52 53 54 55 56 57 58
Bo Bo Bo Bo Bo Bo Bo
47 48 49 50 51 52 53
Ar 70 Ar 71 Ar 38 Ar 40 Ar 41 Ar 72 Ar 72/1 Ar 72/2
Äth 42
2
FR 25/26
3 4 5
FR 37/38 FR 43-45 FR 45-47
6
FR 47/48
7
FR 53/54
Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar
8
FR 54-58
Ar 38
9
FR 58-59
10 11
FR 59 FR 59/60
12
FR 77-84
(8)
(FR 54-58)
13
FR 95/96
34 34/1 34/2 34/3 34/4 35 36 37 37 43 44 45 46 46/1
Äth 59
Bo 54
Äth 43 Äth 44 Äth 44/1 Äth 44/2
Bo 41 Bo 41/1 Bo 41/2
Die sahidischen
Fragmente
69
Der Tabelle ist zu entnehmen, dass FR Erzählungen enthält, die viele Parallelen haben, wie z.B. E 34, die in Bohairisch, Arabisch, Äthiopisch und Syrisch überliefert ist. Andere, wie z.B. E 37 und E 64, sind nur in der arabischen und äthiopischen Fassung erhalten, E 66 findet sich sogar außer in FR nur noch in der arabischen Version. FR 45-47 hat keine direkte Parallele, stimmt aber in der Thematik mit E 51/2 und entfernt auch mit E 63 überein. Im Allgemeinen folgt FR der Anordnung der Langversionen. Dennoch gibt es Ungereimtheiten: Die Episode, die in FR 45-47 vom Kampf des Dux Heraklius gegen die Barbaren berichtet und ohne direkte Parallele in den anderen Versionen ist (E 38A), steht an der Stelle von E 39 in der bohairischen und der äthiopischen Version. Auffalligerweise weicht in diesem Abschnitt, also zwischen E 39 (Ar 37) und E 40 (Ar 43) die arabische Fassung ebenfalls von der Reihenfolge der bohairischen und äthiopischen Version ab, indem sie fünf Episoden, Ar 38 (E 66), Ar 39 (E 80), Ar 40 (E 67), Ar 41 (E 68) und Ar 42 (E 74) einfügt 243 . E 66 und E 80 finden sich auch in FR 54-59 in dieser Reihenfolge. Allerdings leitet E 80 in FR, der Anordnung der bohairischen und äthiopischen Fassung entsprechend, den Bericht von Schenutes Tod ein, während ihr in der arabischen Version E 67 ,Der schändliche Priester' (Ar 40) folgt. Ferner ist zu beachten, dass die Lücke zwischen FR 38 und FR 43 erstaunlich groß ist. Zwar kommt E 37 in FR 38 nicht zum Ende, und auch FR 43 beginnt nicht am Anfang von E 38. Selbst wenn aber für das Ende von E 37 und den Anfang von E 38 je eine ganze Seite berechnet würde, blieben noch zwei Seiten, FR [40]/[41], übrig. Ob diese Seiten mit einer weiteren Erzählung, einer langen Überleitung zwischen den Episoden244 oder doch nur mit einem überlangen Ende von E 3 7245 bzw. einem ausgedehnten Anfang von E 38 gefüllt waren, muss offen bleiben. Auch die Lücke zwischen FR 48 und FR 53 scheint etwas zu groß für das Ende von E 40, die beiden kurzen Episoden E 41 und 42 sowie den Anfang von E 43. Erstaunlicherweise enden die Erzählungen aus Schenutes Leben in FR jedoch keineswegs mit Schenutes Tod, sondern werden - nach einer Lücke 243
Zur Diskussion der arabischen Anordnung s.o. Kapitel 1.6. Vgl. z.B. den Bericht von Schenutes weltweitem Ruhm in WX frg. 2 i . l - i i . 2 6 , der als eine besonders lange Einleitung zu E 37 aufgefasst werden kann. 245 E 67 (,Der schändliche Priester') berichtet ebenfalls von einem Mann, der ins Gefängnis geworfen wird, und von seiner Frau, die, um ihm zu helfen, zum Ehebruch gezwungen wird, und zwar von einem Priester. Auch in dieser Episode wird der Übeltäter auf Schenutes Geheiß vom Erdboden verschlungen, in der arabischen Fassung zusammen mit der Frau. Jedoch endet die Geschichte nicht mit der Strafe des Priesters. In der äthiopischen Fassung fordert Schenute die Frau nur auf, zusammen mit ihrem Mann zu ihm zurückzukommen, was sie dann auch tun. In der arabischen Version wird Schenute dagegen des Mordes angeklagt und verurteilt, wobei er seiner Enthauptung nur durch ein Wunder entkommt. So - aber auch ganz anders - könnte ein verlängertes Ende von E 37 in FR ausgesehen haben. 244
70
Die
Quellenlage
in der Handschrift von FR [61-76] - mit E 64 und nach einer weiteren Lücke, FR [85-94], mit E 69/2 fortgesetzt. Leider ist nicht nachvollziehbar, ob die Episoden, die in FR auf den Tod Schenutes folgen, nur eine Art Anhang bildeten oder einen eigenständigen Text, da die wenigen Blättern, die erhalten sind (FR 77-80, 83-84, 95-96), keine Episodenanfange, die oftmals den Charakter des Textes erkennen lassen, enthalten. Der Übergang vom Tod zu E 64 fehlt in der Lücke FR [61-76], Daher ist auch kaum noch zu sagen, welche Episoden in FR [61-76] überliefert wurden, außer dass vermutlich das Begräbnis Schenutes berichtet wurde (E 85). Ebenso schwierig ist die Lücke von FR [85-94] zu füllen. Auf jeden Fall wurde das Ende von E 64 und der Anfang von E 69 berichtet. Der verbleibende Platz reicht sicher nicht für die Episoden E 65 und E 67246. Die Reihenfolge der Episoden von FR und WX geben demnach viele Rätsel auf. Die Überlieferung aller erhaltenen Episoden von FR und WX im Vergleich mit den Langversionen und anderen sahidischen Fragmenten wird im folgenden vorgestellt. FR 25/26
FR 25 setzt in der Mitte der Episode ,Der ungläubige Sekretär des Apa Martyrius' (E 34) ein, in der Johannes, der Sekretär des Apa Martyrius, abfallig über Schenute spricht und später von Schenute zurechtgewiesen wird. E 34 ist auch in Bohairisch, Arabisch, Äthiopisch und Syrisch überliefert 247 . Zwischen diesen Texten bestehen relativ große Unterschiede. So antwortet Schenute auf die Verspottung des Sekretärs, der behauptet hatte, Schenute wisse nicht, was er gestern gegessen habe, in jeder Version, dass er zusammen mit den Aposteln die Welt richten werde. Im Detail unterscheiden sich die Antworten jedoch erheblich. Der Text von FR 25 i.21— ii. 10 entspricht ungefähr dem Text der bohairischen und arabischen Version, mit Ausnahme des Zitats von IKor 6,2, das sich nur in FR findet: „Die Heiligen sind es, die die Welt richten werden (IKor 6,2). Dieser [elende] Körper, [der auf diese] Weise [mit dir spricht], wird sich mit [den] Aposteln [hinsetzen] und mit [ihnen] richten am Tag des jüngsten Gerichts." 248 Der Text des Hauptzeugen der äthiopischen Version ist an dieser Stelle verderbt und wurde folgendermaßen von Colin rekonstruiert: „... mais ceci est la puissance de Dieu: que ferons-nous lä dedans? Et notre 246
E 68 (Ar 41) kann an dieser Stelle vernachlässigt werden, da sich die Reihenfolge der arabischen Version in diesem Bereich von der Reihenfolge der übrigen Langversionen abweicht. E 66 wurde bereits in FR 5 4 - 5 8 berichtet. 2 7 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 34 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. 248 FR 25 i.24-ii.l0: xeNSToyxxB N©tn^kpTng M I I K O C M O C : - nelccuMX N€S[BIHN na.i
eT]ip[^xe HTei]MiNe [ N M M S J K cjN^jtnooc ejgp^i MeNtNäJnocpToxtoc] N[q]KpiN[e] N M M [ A Y ] Mneaooy Hfls^ri HHe.
Die sahidischen
Fragmente
71
Seigneur Jésus-Christ lui-même vint et lui jugerait avec les apôtres au jour du Jugement".249 Die von Nau veröffentlichte syrische Version gibt folgende Antwort: „... regarde mon corps défait et desséché. J'espère que le Seigneur me donnera place avec les apôtres au jour du jugement, afin que tu aies foi dans les serviteurs du Messie, quand bien même ils seraient faibles." 250 Im Anschluss an Schenutes Ausspruch beschreibt FR 25 als einziger Text nicht die Reaktion des Sekretärs auf Schenutes Antwort, sondern erklärt Schenutes Verhalten selbst. Schenutes Ziel sei es gewesen, dass der Name Gottes gerühmt werde, eine Angabe, die sich auch in FR 54 findet251. FR 25 ii. 15-26 ii.28 erzählen den Beginn der Episode ,Schenutes Aufenthalt in Konstantinopel' (E 36), die auch im bohairischen, arabischen und äthiopischen Text überliefert ist. Auch hier geht FR einen Sonderweg. Während die anderen Versionen als Einleitung nur berichten, dass Schenute wegen der Belange der Armen zum königlichen Hof gegangen und die ganze Stadt aufgrund seiner Ankunft in Aufruhr geraten sei, richtet sich FR zunächst an die Zuhörer und kündigt ein weiteres Wunder an. Die ausbeuterischen Methoden der Reichen werden genauer geschildert und es wird nicht nur von der Reaktion der Stadt auf sein Kommen, sondern auch von einer Audienz Schenutes beim König berichtet. WXfrg.
1
WX frg. 1 enthält das Ende der Episode , Ankunft Schenutes in KonstantinopeP (E 36/1) sowie den Anfang und den Hauptteil des ,Speisungswunders', das Schenute mit seinen Brüdern widerfahrt (E 36/2). Diese Episoden sind auch in Bohairisch, Arabisch und Äthiopisch überliefert. Die Abgrenzung von E 36/1 und E 36/2 ist im sahidischen Text nicht eindeutig, da sich hier ein Satz findet, der so in keiner anderen Version überliefert ist. WX frg. 1 berichtet zunächst, dass Schenute in Konstantinopel von Haus zu Haus gereicht wurde, so dass keine Zeit zum Essen blieb und die Brüder Hunger litten. Dann setzt die Erzählung mit einer Einleitung neu ein252, und das Speisungswunder folgt. Im bohairischen, arabischen und äthiopischen Text wird dagegen von einer bestimmten wichtigen Persönlichkeit berichtet, zu der Schenute unterwegs ist, als das Wunder sich ereignet. 249
G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 27. Der zweite äthiopische Zeuge hat: „Mais la puissance de Dieu est ce par quoi il agit, le Seigneur Jésus-Christ lui a fait une grâce et il est loué en sorte qu'il s'assiéra avec les apôtres au jour du Jugement pour juger avec eux". G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 27 Anm. 17.2. 250 F. NAU, Version syriaque, 263. 251 FR 25 ii.22-24: eTpertp».N MrmoyTe xiéôoy. FR 54 ii. 12-14: epertpaai
MrtNoyTe xiéooy. 252
W X frg. lr i.24f: eyMOOtçe Ae n o y j o o y .
72
Die
Quellenlage
Darüber hinaus unterscheidet sich die Darstellung des Wunders in WX frg. 1 in einigen Details von den anderen Versionen. In WX frg. 1 folgt die Aufforderung zum Essen an die Brüder nach der Schilderung des Speisesaals, in den arabischen und äthiopischen Versionen davor, in der bohairischen sowohl vorher als auch nachher. Nur WX frg. 1 erwähnt Habbakum nach Dan 33ff (LXX), was der Vorliebe von FR und WX für Zitate entspricht. WXfrg. 2-3 WX frg. 2 i.l-ii.26 ist ein Stück aus einem Bericht über die Ausbreitung der Lehren Schenutes, die, unter Aufnahme von Rom 10,18, mit der Verbreitung der Stimme der Apostel bis ans Ende der Welt verglichen wird. Zu den Nubiern und über Alexandria, Konstantinopel, Palästina und Ephesus, wobei seine Teilnahme am Konzil gegen Nestorius erwähnt wird, bis nach Rom sei Schenutes Lehre gelangt. In Rom, so sei von vertrauenswürdigen Menschen berichtet worden, sei sogar eine Predigt Schenutes über das Fortgehen des Menschen aus seinem Körper gelesen worden. Der Abschnitt endet mit einer Selbstaufforderung in der 1. Pers. Pl., weitere Wunder, die Gott durch Schenute gewirkt habe, zu erzählen. Dieser Abschnitt ist ohne direkte Parallele. Zwar wird in der Episode ,Schenute und Theodosius' (E 27) die Ausbreitung der Kunde von Schenutes Wundern bis nach Konstantinopel mitgeteilt, dieses Stück steht hier im Dienste der nachfolgenden Erzählung und soll den Brief des Theodosius an Schenute erklären. Die arabische Version berichtet allerdings in der Episode ,Ausbreitung der Lehre bis nach Rom' (E 4/3), dass Schenute eine Predigt u.a. über den Fortgang des Menschen aus seinem Körper verfasst habe, die von gläubigen Menschen aus Alexandria nach Rom gebracht und dort auf den Leichnam des Petrus gelegt wurde 253 . Petrus habe sich daraufhin aufgerichtet und Schenute zum 14. Apostel erklärt. Ladeuze sieht in dem arabischen Text ein Beispiel für Legendenbildung: Aus den schlichten Sätzen des sahidischen Fragments sei eine lange Legende entstanden 254 . Auch Leipoldt sieht WX frg. 2 als Quelle für den arabischen Text 255 . Der Kontext der Episoden ist jedoch ein anderer. Der Bericht von Schenutes Ruhm folgt in WX vermutlich auf E 36 (,Schenutes Aufenthalt in Konstantinopel') und wird mit der Episode vom schändlichen Gefängniswärter (E 37) fortgeführt. In der arabischen Fassung wird von Schenutes Ruhm (E 4/3) im Abschnitt über Schenutes Leben als Mönch (E 4) berichtet. In WX frg. 2r ii.27 beginnt die Episode vom schändlichen Gefängniswärter' (E 37), die in WX frg. 3 weitererzählt, jedoch nicht abgeschlossen 253 254 255
É. AMELINEAU, Monuments, 312f. P. LADEUZE, Étude, 137f. J. LEIPOLDT, Schenute, 15.
Die sahidischen
Fragmente
73
wird. Von dieser Episode wird auch im arabischen und im äthiopischen Text sowie teilweise in FR 37/38 berichtet. FR
37/38
FR 37/38 beinhalten ein Stück aus der Episode ,Der schändliche Gefängniswärter' (E 37), die auch in WX frg. 3r ii.5-3v ii.29 sowie in der arabischen und äthiopischen Version berichtet wird. Im Vergleich mit der arabischen und der äthiopischen Version ist besonders auffallig, dass sowohl in der arabischen als auch in der äthiopischen Version die Frau dem Wärter auf dessen Ansinnen, mit ihr zu schlafen, antwortet, sie habe nie einen anderen Mann gehabt als ihren Ehemann256. In WX frg. 3r i i . l 31, wobei die ersten fünf Zeilen unleserlich sind, und FR 37 i.1-18 antwortet sie ihm dagegen mit einer längeren Rede über Ehebruch, die mit einem Zitat aus einer Predigt Schenutes endet. In WX wie auch in FR wird damit sowohl Schenutes Bedeutung hervorgehoben, als auch die Vorliebe dieser Texte für Zitate unterstrichen. FR
43-48
FR 43 i.1-45 i.27 sind Hauptstück und Ende der Episode vom heidnischen Gewalttäter (E 38), die ebenfalls in der bohairischen, arabischen und äthiopischen Version zu finden ist257. In dieser Episode wird Schenute von einem Heiden ins Gesicht geschlagen. Daraufhin erscheint eine Autoritätsperson, der den Heiden ebenfalls schlägt, ihn zum Nil schleift und mit ihm untertaucht. Der Vollstrecker der Strafe ähnelte vermutlich laut FR 44 i.24-ii.l einem Polizisten (ASKOYPION, der Text ist beschädigt), laut äthiopischem Text einem kaiserlichen Soldaten258 und laut arabischer Version einem Scheich, der am Ende als ein von Gott zur Ausführung der Strafe geschickter Teufel gedeutet wird259. Der bohairische Text beschreibt ihn als einen Menschen, der wie „ein großer Mann des Königs" ( o y N i c y t 260 N T e n o y p o ) Furcht verbreitet habe . Auch in dieser Episode zeigt sich die Vorliebe von FR für Zitate. Die Ohrfeige des Heiden quittiert Schenute mit einem Herrenwort (vgl. Joh 7,32.35; 8,59), und die Bestrafung des Gewalttäters wird als die Erfüllung von Ps 54,15 (LXX) gedeutet. Keiner der anderen Texte führt diese Zitate an. FR 45 i.28-47 ii.18 erzählt vom Dux Heraklius, der Schenute um Hilfe gegen die Barbaren bittet und diese Dank der von Schenute gewährten 256 257 258 259 260
E. Amélineau, Monuments, 383; G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 29. Zu E 38 s.u. Kapitel 5.1. G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 30. É. AMELINEAU, Monuments, 385 mit Anm. 1. J. LEIPOLDT, Vita et Opéra, 1: 40, Z. 19.
74
Die
Quellenlage
Hilfe vernichtend besiegt (E 38A). Dieses Thema ist Gegenstand der Episoden ,Der Kampf des Dux gegen die Barbaren' (E 51/2) und ,Der Komes bittet um Segen gegen die Barbaren' (E 63) in den Langversionen, die beide nicht in den erhaltenen Stücken von FR zu finden sind. Die Hauptunterschiede zwischen E 38A in FR und der Episode E 51/2 sind folgende: Der Dux erhält laut FR 46 i. 19—ii.4 ein von Schenute selbst angefertigtes Holzkreuz, das er im Kampf voran trägt. In E 51/2 bittet der Dux um einen Ledergürtel, den er zunächst während des Kampfes vergisst, der aber, als er ihn umbindet, die Wende zum Sieg bringt261. In FR 47 i.222 erzählt der Dux in direkter Rede von einer Vision, die er auf dem Schlachtfeld hatte. Dabei erblickte er einen leuchtenden Mann, der Schenute ähnlich sah, der ihn mit seinem Gewand bedeckte und somit vor Bösem beschützte. Auch die anderen Texte berichten von einer Vision des Dux, allerdings nicht in direkter Rede. Hier sieht der Dux Schenute in einer Wolke und mit einem flammenden Schwert gegen die Barbaren kämpfen 262 . Weitere Unterschiede bestehen darin, dass nur FR den Namen des Dux, Heraklius, erwähnt und dass er Herrscher über die Thebais sei. FR 47 i.27-ii.5 gibt ferner an, dass der Dux nach seinem Sieg das Erstlingsopfer der Beute als Geschenk brachte. In ähnlicher Weise heißt es nur in der arabischen Version, dass der Dux viele Geschenke brachte263. E 63 berichtet zwar ebenfalls von einem Gouverneur, der Schenute um Hilfe gegen die Barbaren bittet und daraufhin den Sieg davonträgt. Damit sind jedoch die Ähnlichkeiten mit FR erschöpft 264 . FR 45 i.28^17 ii.18 hat demnach keine direkte Parallele. Der Rest des Blattes FR 47/48 enthält den ersten Teil der Geschichte vom ,Versenken der Insel' (E 40), die auch in der bohairischen, der arabischen und der äthiopischen Fassung überliefert ist265. Schon die Zuordnung
261
J. LEIPOLDT, V i t a e t O p e r a ,
1: 5 1 - 5 2 ;
É . AMÉLINEAU,
Monuments,
411;
der
Ausdruck im äthiopischen Text ist fraglich, s. G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 36 (mit Anm. 4): „(ta) ceinture (?) de cuir". J. LEIPOLDT, V i t a e t O p e r a ,
1: 5 2 ; É . AMÉLINEAU,
Monuments,
411^112;
G.
COLIN, Version éthiopienne (translatio), 37. 263
264
É . AMÉLINEAU, M o n u m e n t s , 4 1 2 .
Nur im bohairischen Text erhält der Gouverneur wiederum einen Gürtel, der ihm zum Sieg verhilft (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 6 0 - 6 1 ) . 265 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 40 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. Außerdem siehe zu dieser Episode Kapitel 6.1 dieser Arbeit.
Die sahidischen
Fragmente
75
der Insel variiert von Version zu Version266. Im sahidischen Fragment wird die Insel als Eigentum des Heiden Gessius bezeichnet, in den anderen Fassungen gehört sie namenlosen Heiden. Auch die Unterdrückung der Armen durch die Heiden wird in jedem Text etwas anders geschildert. In FR, der hier beschädigt ist, scheinen die Armen, die in der Umgebung und auf der Inseln wohnen, zum Kauf des schlechten Weins, der auf der Insel produziert wurde, gezwungen zu werden. Ähnliches berichtet die bohairische Version. In der arabischen Version werden die Bauern mit schlechtem Wein bezahlt und dadurch ruiniert. Der äthiopische Text ist nur schwer verständlich, die Besitzer scheinen ihren alten faulen Wein gegen neuen ausgetauscht zu haben. Darüber hinaus berichtet wieder nur der sahidische Text, dass Schenute lange mit den Heiden redet, die jetzt auch wie in den anderen Versionen im Plural genannt werden. FR bricht ab, bevor Schenutes Handeln erzählt wird. Obwohl es sich um die Schilderung derselben Begebenheit handelt, unterscheidet sich FR deutlich von den anderen Versionen. FR
53-60
FR 53 i. 1—54 i.17 berichtet von der ,Befreiung der Gefangenen' (E 43/1) durch Schenute, die auch im bohairischen, arabischen und äthiopischen Text sowie in WV frg. 3 überliefert ist267. Obwohl insgesamt relativ ähnlich, weisen die verschiedenen Fassungen dieser Episode insbesondere im Dialog zwischen Schenute und dem König Unterschiede auf. In FR 53 wird in indirekter Rede von der Bitte des Königs um Heilung seiner Soldaten berichtet. Nach der Heilung ermuntert der König Schenute, etwas von ihm zu fordern, worauf Schenute um die Kriegsgefangenen bittet. Die bohairische Version ist FR 53 ziemlich ähnlich, mit der Ausnahme, dass Schenute dem König mit einem Zitat aus Gen 14,21 antwortet, d.h. er fordert die Männer und überlässt dem König die Beute. Im arabischen Text bittet Schenute, in Anklang an die Bitte des Mose an den Pharao (vgl. z.B. Ex 5,1; 10,3), um das gefangengenommene Volk. Darüber hinaus nehmen 266 FR 48 i. 1—4: „Es gab eine Insel westlich von der Stadt Smin". Bohairisch: „...there was an island in the western part of the river [...]. They called it the island of Panehêou, and it lay within sight of the city of Smin", (D.N. BELL, Life, 66). Arabisch: „I y avait sur la rive occidentale du fleuve une île qu'on appelait l'île du vent", É. AMELINEAU, Monuments, 394. Amélineau nimmt an, dass der Name der Insel eine fehlerhafte Übersetzung des koptischen Namens Panêheou ist; É. AMÉLINEAU, Monuments, 394 Anm. 2. Äthiopisch: „...il y avait sept canaux d'irrigation à l'est du fleuve ..., on les [appelait] habta layehwâ, elles étaient devant la ville d'Akhmim", G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 30, Z. 35 - 31, Z. 2. Habta layehwä entspricht laut Colin dem koptischen Panêheou. G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 31 Anm. 1. 267 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 43/1 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. Zu WV frg. 3 s.u. S. 87.
76
Die
Quellenlage
die Befreiten - nur in der arabischen Version - die Beute mit, was an den Auszug der Israeliten aus Ägypten erinnert (Ex 12,35f). Die äthiopische Version fügt ein Schuldbekenntnis der verkrüppelten Männer ein und lässt Schenute sagen, dass es Jesus Christus sei, der die Männer geheilt habe. FR 54 i.4-17 schildert ausführlicher als die bohairische und äthiopische Fassung Schenutes Fürsorge für die befreiten Männer, ohne jedoch die Episode ,Versorgung der befreiten Gefangenen' (E 43/2), die sich in der arabischen Version und WV frg. 3v findet, zu enthalten. Auf eine Überleitung (Fr 54 i.l8-ii,14), in der ein Sprecher ankündigt, noch weitere Wundertaten Schenutes zu erzählen, folgt in FR 54 ii. 15-58 i.5 die Episode ,Schenute vor dem Dux' (E 66), die sich nur noch in der arabischen Fassung findet268. Die arabische Version ist kürzer als der sahidische Text, der an einigen Stellen verständlicher als der arabische Text ist. In der sahidischen Version kommt der Dux nach Antinoopolis, woraufhin die Heiden sich versammeln und Anklage gegen Schenute erheben. Im arabischen Text wird das Kommen des Dux nicht extra erwähnt. Schenutes Gebet unter dem Weinstock fällt in der arabischen Version aus dem Zusammenhang. In FR wird erläutert, dass Schenute bei einer Rast auf einer Insel unter einem Weinstock betet. Außerdem ergänzt FR, dass Schenute nach dem Wunder von der Menge zerdrückt worden wäre, wenn ihm nicht starke Männer zu Seite gestanden hätten. Andererseits , erklärt' der arabische Text die Wundertat der Geschichte, indem ein Engel eingeführt wird, der Schenute vor dem Dux in die Luft hebt, während er im sahidischen Text auf ungeklärte Weise in der Luft schwebt. Im arabischen Text antwortet ebenfalls ein Engel auf Schenutes Gebet unter dem Weinstock, dagegen spricht Schenute in der sahidischen Version mit dem Heiland persönlich. Darüber hinaus versichert der Sprecher von FR dreimal, dass er sich auf einen Bericht Schenutes stützt269, wobei er zweimal Schenutes „lügenlosen Mund" erwähnt270. Diese Einschübe fehlen in der arabischen Fassung. Auf E 66 folgt sowohl in FR 58 i.6ff als auch im arabischen Text die Episode ,Die Lebensdauer des Mose' (E 80)271. Somit weichen an dieser Stelle FR und der arabische Text gemeinsam von der Reihenfolge der bohairischen und der äthiopischen Fassung ab. Während die bohairische und äthiopische Version berichten, dass Schenute seinen Ausspruch an „uns", d.h. die Brüder, richtet, spricht er im arabischen Text „mich", also Besa, an. FR beginnt die Episode mit einer Einleitungsformel: „Man hat 268
Vgl. zu folgendem: R.S. SIMPSON, Lives, 38. FR 55 i.12-13; 56 i.23-27; 57 i.26-ii,15. 270 FR 56 i.25-27; Fr 57 ii.3-5: TeqTMipo NvrxIsoA.. 271 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 80 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. 269
Die sahidischen
Fragmente
11
ferner gesagt, dass er dieses Wort den Brüdern mitgeteilt hat"272. In bezug auf Schenute Ansage, dass Gott ihm die Lebensspanne von Mose gewährt habe, er aber bitten werde, dass Gott ihn vorher zu sich hole, wenn ihn die Brüder weiter ärgern würden, entsprechen sich die sahidische und die arabische sowie die bohairische und die äthiopische Version. Ohne Parallele ist jedoch der Abschnitt FR 58 i.28-59 i.22, in dem von der Zunahme von Befleckung, Lüge, Unrecht usw. berichtet wird mit der Folge, dass Schenute seine Drohung wahr macht und Gott um seinen Tod bittet. Anschließend berichtet FR 59 i.23ff von Schenutes Tod, der für die Welt aufgrund ihrer Sorglosigkeit als Verlust, aber als Gewinn für den Himmel gedeutet wird. Eine Krankheit Schenutes oder Abschiedsreden, wie sie sich im bohairischen, arabischen und äthiopischen Text sowie in GB-BM EA 10820 f. 2 finden (E 81 und 82), werden in FR nicht erwähnt. ,Himmlische Lobgesänge' (E 84) im Anschluss an Schenutes Tod sind wiederum in allen Fassungen überliefert. Doch die Aufforderung an die Engel, zur Begegnung mit Schenute ins Gebirge von Atripe zu kommen273, und das Zitat aus IPetr 1,12, mit dem FR 60 abbricht, finden sich nur in FR274. Es steht zu vermuten, dass in FR 61 f vom Begräbnis Schenutes erzählt. FR 77-80 und FR 83/84
Nachdem in FR 59-60 Schenutes Tod berichtet wurde, wird nach einer Lücke von 16 Seiten weitere Episoden aus Schenutes Leben berichtet. FR 77-80 und FR 83/84 sind Teile aus der Episode ,Der Dämon in der Statue' (E 64) und deshalb hier deshalb zusammenzubehandeln. Diese lange Episode, die von der Austreibung eines Dämons aus einer Statue in Akhmim durch Schenute berichtet, ist auch im arabischen und äthiopischen Text zu finden. Der Text von FR steht der äthiopische Überlieferung einander nah . Einige Ergänzungen finden sich jedoch nur im arabischen und äthiopischen Text276. FR 77 setzt in der Rede des Engels zu Schenute 272
Fr 58 i.6-9: x y x o o c AE ON x e ^ q T ^ o y e neüpä.xe eNecMHy. Vgl. auch: FR 45
i.28.
273
FR 60 i.9-17. IPetr 1,12 wird in den bohairischen, arabischen und äthiopischen Texten im Zusammenhang mit der Episode ,Der Besuch von Johannes, Elia und Elisa' (E 54) zitiert. In der äthiopischen Version heißt es, dass der Vers aus den „Actes des Apôtres" stammt: G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 37, Z. 35f. 275 Vgl. z.B. FR 84 mit der äthiopischen Parallele in: G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 44, Z. 5-13. 276 Der arabische und der äthiopische Text fügen an Schenutes Bitte um ein neues Herz und einen neuen Geist fllr die Bewohner der Stadt an, dass Gott sein Licht über ihnen leuchten lassen möge. Im Wortlaut unterscheiden sich die Ergänzungen jedoch erheblich. É. AMELINEAU, Monuments, 442, Z. 10-12; G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 43, Z. 4-5. 274
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Die
Quellenlage
zu Beginn der Episode ein. Das fehlende Blatt FR 81/82 enthielt den Teil der Auseinandersetzung zwischen Schenute und dem Dämon, der sich in der arabischen Version auf den Seiten 443, Z. 3-444, Z. 5, bzw. in der äthiopischen Version auf der Seite 43, Z. 14-33, findet. Wahrscheinlich wurde mindestens auf den fehlenden Seiten FR [85/86] das Ende der Episode berichtet. FR 95/96 FR 95/96 enthält das Ende der Episode vom , Schatz der Segnung' (E 69/2), die zur Episode ,Das Brot des Apostel Paulus' (E 69) gehört. Diese Episode findet sich auch in der bohairischen, arabischen und äthiopischen Version, die sich hier sehr ähnlich sind. FR ist im Vergleich mit den drei anderen Fassungen durch Zusätze fast doppelt so lang 11. Wenn in FR E 69/2 wie in den Langversionen mit E 69/1 verbunden war, ist mindestens ein, wenn nicht zwei Blätter aus der Lücke FR [85-94] für den Beginn der Geschichte einzuplanen, d.h. auf jeden Fall FR 93/94 evtl. auch FR 91/92. Dass eine Zusammenstellung von E 69/2 mit E 69/1 nicht zwingend ist, zeigt E 19, insbesondere in der Form der arabischen Version (Ar 19), die nur von dem Brotwunder und nicht auch von dem Besuch des Paulus berichtet. Zusammenfassung Der Wortlaut von FR und WX zeigt keine eindeutige Präferenz zu einer der Langversionen oder zu einem anderen Fragment der Vita Sinuthii. Der Kodex geht oft mit Ergänzungen oder Auslassungen eigene Wege. Auffallig sind die ausführlichen Einleitungsformeln zu den Episoden, die häufige Angabe von Zeugen und eine Vorliebe für Zitate. Auch die Reihenfolge von FR und WX weicht von der der Langversionen ab und gibt nicht wenige Rätsel auf. In bezug auf die Lebensführung Schenutes wird in FR und WX besonders hervorgehoben, dass Schenute nicht um seines eigenen Ruhmes Willen handelte, sondern zur Ehre Gottes. So heißt es in E 34 (,Der ungläubige Sekretär des Apa Martyrius'), dass Schenute den Sekretär nicht hochmütig, sondern demütig zurechtwies, damit der Name des Herrn geehrte werde. In E 66 (,Schenute vor dem Dux') wird mehrfach darauf hingewiesen, dass Schenute nicht den Ruhm der Menschen suchte, sondern wollte, dass der Name Gottes gerühmt werde.
277
In keiner anderen Version findet sich: FR 95 i,12-ii.l9; 96 i.23-ii,10.
Die sahidischen
Fragmente
79
8.2.2 Der Kodex WU Die von Amelineau veröffentlichten und übersetzten Blätter FR-BN copte 12912 f. 83 und f. 84278 werden im Rahmen dieser Arbeit erstmals und als bisher einzige Blätter dem neu etablierten Kodex WU zugeordnet. Die beiden Blätter weisen folgende Merkmale auf: WU 49/50 (FR-BN copte 12912 f. 84), das vollständiger als WU 31/32 (FR-BN copte 12912 f. 83) erhalten ist, ist maximal 244 mm breit und maximal 295 mm hoch. Jedoch ist der untere Teil der Seite nur stückweise erhalten, wie die Reste einer Zeichnung am unteren Rand von WU 49 zeigen. Der Text ist in bimodularer Schrift und in zwei Spalten geschrieben, wobei die Spalten von WU 31 und 32 eine Anzahl von 31 Zeilen aufweisen, die Spalten von WU 49 und 50 dagegen nur 28-29 Zeilen. Die erste Spalte ist zwischen durchschnittlich 66 mm bis maximal 82 mm breit. Die zweite Spalte beginnt nach 9 2 99 mm, wobei der Beginn der ersten Zeile als Null-Linie dieser Messungen gilt, und ist durchschnittlich 166 mm, maximal 176 mm breit. Zehn Zeilen sind zwischen 81 mm und 88 mm hoch. Eine Zeile enthält durchschnittlich 10-11 Buchstaben. Als Dekorationselemente werden Initialen verwendet, die mit roter Tinte hervorgehoben sind. Die Initialen sind zierlich und gehen nur in wenigen Fällen über zwei Zeilen der eigentlichen Schriftzeile hinaus. Auf der Höher der Zeilen 11-14 der ersten Spalte von WU 32 finden sich am inneren Rand des Fragments Reste eines Ornaments. Am unteren Rand von WU 32 sind Teile von Kopf, Rumpf und Schwanz eines Tieres, vermutlich eines Löwen, erkennbar. Eine ähnliche Zeichnung befand sich wahrscheinlich auch am unteren Rand von WU 49, wo noch der Schwanz und ein Teil des Rückens eines Tieres sichtbar ist. Die Tiere sind mit roter und schwarzer Tinte gemalt. Ebenfalls mit roter Tinte hervorgehoben werden Hochpunkte, Supralinearstriche und -punkte. Auf beiden Blättern sind die Seitenzahlen erhalten: FR-BN copte 12912 f. 83 trägt die Zahlen 31/32; FR-BN copte 12912 f. 84 ist mit den Zahlen 49/50 nummeriert. Darüber hinaus zeigt ein B in der rechten oberen Ecke von WU 32 das Ende der zweiten Lage an, ein Ä in der linken oberen Ecke von WU 49 markiert den Beginn der vierten Lage des Kodexes. Dies entspricht der typischen Struktur der Handschriften aus dem Weißen Kloster. Alle in WU 31/32 und 49/50 berichteten Episoden sind auch in anderen Versionen überliefert. Die Abfolge der Episoden des Kodex WU wird in der folgenden Tabelle aufgezeigt.
278
129
12
FR-BN copte 12912 f. 83: É. AMELINEAU, Monuments, 636-367. FR-BN copte f. 84: É. AMELINEAU, Monuments, 638-639.
80
Die Quellenlage
Tabelle 9:
Reihenfolge von WU
Nummer
Kodex WU
Arabisch
Äthiopisch
E 19 E 20
Bohairisch
31
Ar 19
Äth 11
31/32
Ar 20
E 21
32
Ar 21
Äth 12
Bo 11
E 22
[33- ]
Ar 22
Äth 13
Bo 12
E 23
[ ] [ ]
Ar 23
Äth 14
Bo 13
E 24
Ar 24
Äth 15
Bo 14
E 25
fehlt?
Ar 25
E 26
fehlt?
Ar 26
Syrisch
Bo 9 Bo 10
Ar 27
Äth 16
Bo 15
[ ] [ ]
Ar 27/1
Äth 16/1
Bo 15/1
Ar 27/2
Äth 16/2
Bo 15/2
E 27/3
[ -48]
Ar 27/3
Äth 16/3
Bo 15/3
E 27/4
49
Ar 27/4
Äth 16/4
Bo 15/4
E 28
49/50
Ar 28
Äth 17
Bo 16
Sy N 9
Ar 29 Bo 17
Sy N 10
E 27 E 27/1 E 27/2
E 29
fehlt
E 30
fehlt
E 31
50
Äth 18 Ar 30
Der Tabelle ist zu entnehmen, dass die Zahl der aufgeführten bzw. ausgelassenen Episoden der beiden Blätter von Kodex WU nur mit der bohairischen Version gänzlich übereinstimmt. Die anderen Texte ergänzen Episoden (Ar 29; Äth 18) oder haben Lücken: E 19-21 fehlen in der syrischen Version, E 20 und 31 in der äthiopischen. WU [33-48] enthielten mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit die Episoden E 22-24 und E 27. Ob E 25 und E 26 in WU berichtet wurden, ist nicht eindeutig auszuschließen, aber nicht sehr wahrscheinlich, da diese nur in der arabischen Version überliefert sind. Der Kodex WU berichtet aus den Episoden E 19-21.27/4.28.31, z.T. jedoch nur fragmentarisch. Im folgenden werden die Episoden im Vergleich mit den anderen Versionen vorgestellt. WU 31/32 WU 3 1 279 berichtet zuerst von einem Brotwunder (E 19), das sich auch in der bohairischen, arabischen und äthiopischen Fassung findet. Für alle
279
WU 31 i.l-ii.20.
Die sahidischen
81
Fragmente Tfil
Versionen lassen sich Auslassungen , Ergänzungen und Veränderungen282 aufzeigen. Die arabische Version endet darüber hinaus wie die Episode vom ,Schatz der Segnung' (E 69/2), die ebenfalls eine Brotvermehrung zum Thema hat. Allerdings wird außer in der sahidischen nur noch in der arabischen Version berichtet, dass 300 Körbe mit Brot gefüllt wurden. Dagegen ist nur im sahidischen und bohairischen Text überliefert, dass die Stücke eingeweicht werden sollen und dass die Brüder Schenute in direkter Rede erzählen, dass sie nichts zurückgelassen haben. Insgesamt scheint am ehesten eine Nähe zur bohairischen Version zu bestehen. In Anschluss daran ist in WU 31 ii.20-32 i.12 die Episode von den ,murrenden Bäckern' (E 20) überliefert, in der sich die Bäker über die viele Asche beschweren, die sie wegtragen müssen. Schenute weist sie daraufhin an, die Asche in den mittleren Ofen zu bringen, und verspricht ihnen, dass dieser Ofen nie voll werden wird. E 20 gehört zu den wenigen Episoden, die in der bohairischen und der arabischen, nicht aber in der äthiopischen Version zu finden sind. Auch hier ist eine eindeutige Verwandtschaft des sahidischen Textes mit einer der beiden anderen Versionen nicht zu erkennen, da in allen Fassungen Auslassungen und Ergänzungen bestehen. Gegenüber der sahidischen fehlt in der arabischen Fassung, dass Schenute um das Problem weiß, ohne vorher darüber informiert worden zu sein. In der bohairischen Version fehlt die Betonung, dass fünf Öfen auf der einen und fünf auf der anderen Seite stehen. Im Gegensatz zum sahidischen Text berichten die beiden anderen Versionen, dass Schenutes Anordnung ausgeführt wurde und der Ofen nie voll wurde. Der arabische Text endet mit einem Gebet. WU 32 i,13-ii.31 enthält ferner den Anfang und Hauptteil der Episode vom ,Bau der Kirche' (E 21). Wiederum unterscheiden sich die Fassungen in einigen Details. Nur in der sahidischen Version sagt der Heiland zu Schenute, dass er die Kirche in Frieden bauen werde. In den anderen drei Fassungen soll Schenute die Kirche im Namen des Heilands und im eigenen Namen (letzteres fehlt in der äthiopischen Version) bauen. Der arabische Text enthält an dieser Stelle noch Ergänzungen. Nur in der sahidischen Version heißt es, dass Schenute von einem Berg herabkommt. 280 In der arabischen und der äthiopischen Version fehlt z.B. der Beginn des Dialogs zwischen den Brüdern und Schenute nach dem Gang zur Brotkammer. 281 Die arabische Fassung fügt z.B. hinzu, dass Schenute die Brüder noch einmal zum Ausfegen der Kammer schickt. Der bohairische Text ergänzt z.B., dass die Brüder in Übereinstimmung mit Schenutes Worten handeln (vgl. auch den arabischen Text) und das sie die Tür öffnen, als die Zeit gekommen war. Dem äthiopischen Text zufolge können die Brüder die Tür der Brotkammer nur mit großer Anstrengung öffnen. 282 In der äthiopischen und der bohairischen Fassung fordert Schenute die Brüder auf, Gott um die Segnung zu bitten und dass alle satt werden mögen, während Schenute in der sahidischen Version nur konstatiert, dass die Segnung geschehen werde (vgl. auch den arabischen Text).
82
Die
Quellenlage
Auffällig ist die Verwendung des Wortes MJK^ACUN in der sahidischen bzw. ^CK^XCUNN in der bohairischen Version, dessen Bedeutung unklar ist283. In dieser Episode scheint der sahidische Text dem bohairischen und äthiopischen näher als dem arabischen zu stehen. WU 49/50 WU 49 i.l-ii.8 setzt am Ende der Geschichte des Besuchs Schenutes bei Theodosius (E 27/4) ein 284 . Im Vergleich mit den anderen Versionen ist WU 49 deutlich kürzer und scheint - soweit sich dies aufgrund des lückenhaften Textes sagen lässt - der bohairischen Version nahe zu stehen. Die zweite Episode, ,Die Frage nach Antonius' (E 28), die sich in WU 49 ii.9-50 i.3 findet, ist auch in VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v ii.1-25 überliefert und wird im Abschnitt über diese Handschrift untersucht werden 285 . Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die bohairische Version der sahidischen aus dem Vatikan an vielen Stellen näher steht als dem WU. WU 49/50 ist die kürzeste Version. WU 50 i.4—ii.28 berichtet ferner vom Besuch des Bischofs von Smin (E 31)286. Während WU 50 am Anfang weder auffallig kurz ist noch eine besondere Nähe zur bohairischen Version aufweist, wird im Verlauf der Episode deutlich, dass WU 50 zusammen mit der bohairischen und syrischen Version einer anderen Tradition angehört als der sahidische Text aus dem Vatikan und die arabische Version. Zusammenfassung WU ist oft, aber nicht immer die kürzeste Version. Im Erzählduktus und in der Wortwahl von WU lässt sich in einigen Fällen eine Nähe zur bohairischen Version aufzeigen, nicht jedoch für den gesamten Text des Fragments. Die Reihenfolge der Episoden der zwei Blätter von WU stimmt allerdings nur mit der bohairischen Version gänzlich überein.
283 D.N. BELL schlägt vor, ¿.CK^AIUNH von AOKÖI abzuleiten und übersetzt „bag [of gold]", allerdings mit der Einschränkung: „This certainly fits the context, but whether it is quite correct is another matter", D.N. BELL, Life, 100 Anm. 35. 84 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 27 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. 285 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 28 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. 286 Eine ausführliche Untersuchung findet sich im Abschnitt dieses Kapitels zu V A - V Borg. Copt. 134 ff. 2 - 7 . Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 31 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit.
Die sahidischen
Fragmente
83
8.2.3 Der Kodex WV Wie bereits erwähnt, hatte schon Crum vermutet, dass GB-BL Or. 3581B ff. 70-71, FR-BN copte 12912 f. 75 und FR-BN copte 12913 f. 91 zu einer Handschrift der Vita Sinuthii gehörten 287 . Damit hatte Crum alle zu seiner Zeit bekannten Fragmente dieser Handschrift zusammengestellt. Diese Fragmente sowie zwei weitere bisher unveröffentlichte Blätter, AT-NB K 9471 und IT-NB IB14 f. 56, werden im Rahmen dieser Arbeit dem neu etablierten Kodex WV zugeordnet. Kodex WV zeichnet sich durch die folgenden Charakteristika aus: Die Pergamentblätter von WV sind relativ groß, Breite und Höhe sind am vollständigsten in AT-NB K 9471 erhalten (298 mm x 355 mm). Der Text ist in zwei Spalten von durchschnittlich 28 Zeilen geschrieben, wobei die längsten Spalten 30 (WV 36 i; ii), die kürzesten 26 Zeilen haben (WV frg. 4 r i; ii; 4v i). Eine Zeile enthält durchschnittlich zwischen 10-11 Buchstaben, die Schrift ist bimodular. Die Breite der Spalten variiert stark. So kann die erste Spalte durchschnittlich zwischen 78 mm (WV frg. 2r) und 91 mm (WV frg. 4) breit sein. Die zweite Spalte beginnt - gemessen mit dem Beginn der ersten Spalte als Null-Llinie - zwischen 110 mm (WV frg. 2r) und 120 mm (WV 35) und weist eine durchschnittliche Breite zwischen 195 mm (WV 33) und 205 mm (WV frg. lr) auf. Die Höhe von zehn Zeilen variiert zwischen 90 mm (WV frg. lv) und 101 mm (WV frg. 4). Als Dekorationselemente werden Initialen verwendet, die mit roter, grüner und seltener auch mit gelber Tinte ausgeschmückt werden. In einem Fall wird der Abstrich der Initiale so hoch gezogen, dass er bis zur ersten Zeile der Spalte und somit 13 Zeilen über die eigentliche Schriftzeile hinausreicht 88 . Nach einer Initiale kann die gesamte Zeile rubriziert sein (vgl. WV 33 ii.15). Beginnt ein neuer Abschnitt in der Mitte einer Zeile, wird der erste Buchstabe des Paragraphen rubriziert sowie in den meisten Fällen der erste Buchstabe der folgende Zeile als Initiale ausgeschrieben (vgl. WV frg. lr i.24f; ii.llf; WV frg. lv ii.23f; WV 36 i,19f). In der obersten Zeile einer Spalte können z.B. die Arme eines y oder der Abstrich des nach oben verlängert und mit roter Tinte markiert werden (vgl. WV 33 i.l; WV 36 i.l; ii.l). Mit roter Tinte hervorgehoben werden ferner Hochpunkte und des öfteren der auf einen Hochpunkt folgende Buchstabe (vgl. WV 34 i.4.6; WV frg. 3r i.l9) sowie Supralinearstriche. Das Trema, das i.d.R. über dem Buchstaben 1 steht 289 , wird ebenfalls oft durch einen roten Strich markiert, wodurch es an Kontur verliert. Die Schlaufen des Buchstaben werden entweder mit roter Tinte eingerahmt
287 288 289
W.E. CRUM, Catalogue, 164f. WV 35 ii. 14. Eine Ausnahme findet sich z.B. in WV frg. 4r i.21.
84
Die
Quellenlage
und mit grüner ausgefüllt (vgl. WV 33 ii.17) oder auf einer Seite mit roter, auf der anderen Seite mit grüner Tinte ausgemalt (vgl. WV frg. 4r i.21). Mit WV 33 beginnt - in Übereinstimmung mit der gängigen Struktur der Kodizes aus dem Kloster Schenutes - die dritte Lage des Kodexes, wie ein Gamma in der oberen linken Ecke anzeigt. Durch die Entdeckung der Zusammengehörigkeit von GB-BL Or. 3581B f. 70, d.h. WV 33/34, und AT-NB K 9471, d.h. WV 35/36, können in dieser Arbeit erstmals zwei aufeinanderfolgende Blätter von WV inklusive Seitenzahlen vorgestellt werden. Die Paginierung der übrigen vier Fragmente von WV ist nicht erhalten. Die Nummerierung dieser Fragmente (frg. 1-4) orientiert sich an den Langversionen. Da bei über der Hälfte aller vom Kodex WV erhaltenen Stücke die Paginierung fehlt, lassen sich kaum Aussagen über die Reihenfolge machen. Der folgenden Tabelle ist jedoch zu entnehmen, dass die Reihenfolge der Episoden, die in WV 33-36 auffuhren werden, allein der arabischen Fassung entsprechen. Tabelle 10; Reihenfolge
von WV
Episode
Kodex WV
Arabisch
E1
frg. 1
Ar 1
E 2
Äthiopisch
Bohairisch
Syrisch
frg. 1
Ar 2
Äth 1
Bo 1
SyN 1
E3
[
1
Ar 3
Äth 2
Bo 2
Sy N 2
E 4
Äth 3
Bo 3
SyN 3
E 5
[ ] [ ]
Ar 4
E 6
33
Ar 6
E 7
33-35
Ar 7
Äth 4
E 8
35/36
Ar 8
Äth 5
Bo 4
SyN 4
E 9
[ ]
Ar 9
Äth 6
Bo 5
E 10
t 1 frg. 2
Ar 10
Äth 7
Bo 6
Ar 11
frg. 2
Ar 12
Eli E 12 E 13-42
Ar 5
ausgelassen
E 43
frg. 3
Ar 46
Äth 28
B o 26
E 43/1
frg. 3
Ar 46/1
Äth 28/1
B o 26/1
E 43/2
frg. 3
Ar 46/2 Äth 33
Bo 31
E 44-4 8 E 49
SyN 6
ausgelassen frg. 4
Ar 52
Es stellt sich die Frage, was auf Kodex WV 1-32 gestanden haben mag. Da eine Seite von Kodex WV ungefähr einer Seite der arabischen Fassung
Die sahidischen
Fragmente
85
in der Edition von Amelineau entspricht 290 und diese arabische Version 30 Seiten benötigt, um an die Stelle zu gelangen, wo Kodex WV 33 einsetzt, könnte angenommen werden, dass Kodex WV 1-32 die Episoden Ar I-VI und 1 - 6 (= E I-VI und 1-6) enthielt. Wird dagegen von einem der bohairischen Version entsprechenden Umfang ausgegangen, muss angenommen werden, dass etwas anderes vor dem Einsetzen unseres Textes gestanden hat, was jedoch weniger plausibel ist. Insgesamt fällt auf, dass sich drei der in Kodex WV überlieferten Episoden nur in WV und der arabischen Fassung finden, nämlich E 6, E 11 und E 12, was die besondere Nähe dieser Handschriften unterstreicht. In WV wird aus den folgenden Episoden berichtet: E 1.2.6.7.8.11.12.43.49. WVfrg. 1 Der erste Satz von WV frg. 1 scheint das Ende der Episode E 1/4 (Die Geburt Schenutes) zu enthalten, die nur noch in der arabischen Version überliefert ist. Weiter werden der Anfang und Hauptteil der Episode vom jungen Schenute (E 2) erzählt, die eine Parallele in der bohairischen, arabischen, äthiopischen und syrischen Version hat. Während der sahidische Text zu Beginn eher dem arabischen ähnelt 291 , verwischt sich dieser Eindruck gegen Ende der Geschichte, da die Überlieferungen einander sehr ähnlich sind, von einigen Auslassungen 292 bzw. Ergänzungen, v.a. in der syrischen Version 293 , abgesehen. WV 33/34 und WV 35/36 WV 33/34 enthält das Ende der Geschichte von Apa Harqal (E 6), die nur im arabischen Text überliefert ist. Soweit ein Vergleich trotz der großen Lücke in diesem sahidischen Textabschnitt möglich ist, ähneln sich die beiden Versionen stark 294 . Der Text fahrt mit der Erzählung ,Petrus von 290 E 7 steht auf Kodex WV 33 ii. 15—35 ii. 13, d.h. auf zwei Seiten. Die arabische Version von E 7 beginnt in der Edition von Amelineau auf S. 320, Z. 7 und geht bis S. 322, Z. 6, was ebenfalls zwei Seiten entspricht. 291 Vgl. die Aussage, dass Schenutes Worte mit Salz gewürzt waren, und den Spruch, dass seine Worte fetter als Öl waren. Beides findet sich nur im sahidischen und im arabischen Text. 292 Im arabischen Text wird z.B. nicht erwähnt, dass sich die Geschichte im Monat Tobe zutrug. 293 Die syrische Version ergänzt z.B., dass sich die Herde vermehrte und sie der Hirte deshalb nicht allein hüten konnte, dass Schenute seine Kleider bei einem Baum versteckte, bevor er in die Zisterne stieg, und dass die Eltern fürchten, Schenute könne etwas in der Wüste zustoßen. 294 Der arabische Text ergänzt einige Details wie z.B. (Ergänzungen sind kursiv gedruckt): die Mönche meditierten göttliche Worte-, der Engel nennt Gott den Schöpfer, die Kinder Schenutes (PI.!) sind im Kloster.
86
Die
Quellenlage
Ouschem' fort (E 7), was der arabischen Reihenfolge entspricht. Diese Episode findet sich auch in der äthiopischen Version, die sich jedoch deutlich von den anderen unterscheidet 95 . Der sahidische und der arabische Text differieren nur in Details 296 . WV 35/36 fuhrt die in WV 33/34 angefangene Geschichte von Petrus von Ouschem zu Ende. Wie bereits im Zusammenhang von WV 33/34 festgestellt, unterscheidet sich der sahidische Text relativ stark von der äthiopischen Version 297 , während der arabische Text dem sahidischen nahe steh/ 9 8 . Es folgt die Episode vom ,bußfertigen Mörder' (E 8), die sowohl in der bohairischen, arabischen, äthiopischen und in der von Nau veröffentlichten syrischen Variante überliefert ist. Eine besondere Nähe zur arabischen Version ist hier nur selten festzustellen 299 , insgesamt scheint der sahidische Text dem bohairischen näher zu stehen300. Der syrische Text ist am
295 Folgendes fehlt im äthiopischen Text im Vergleich mit dem sahidischen (Fehlendes kursiv): Petrus kommt aus Ouschem und ist reich; Schenute schickt Petrus zu Apa Apollo. Folgendes wird u.a. von der äthiopischen Version gegenüber der sahidischen zusätzlich berichtet (Zusätzliches kursiv): Petrus betritt das Kloster, bevor er Schenute um Segen bittet. Schenute wirft ihm vor, gesündigt zu haben, eine Frau in Ungerechtigkeit genommen zu haben, eine Vermischung herbeigeführt und sich mit seiner Schwester vereinigt zu haben. Petrus führt als Gründe seines Vaters für die Verheiratung mit seiner Schwester an, dass die Güter so nicht verloren gehen und von einem anderen geerbt werden sollten. Schenute antwortet auf Petrus' Frage, dass die Buße festgesetzt und gültig sei. Schenute fragt Petrus, wofür die Solidi sind. Petrus antwortet, dass sie für Nahrung sind. Schenute antwortet, dass Petrus vorher Buße tun soll für seine Sünden und dass seine Sünden ihm vergeben werden. Folgendes ist anders dargestellt: Petrus holt darauf einen Haufen (keine 150) Solidi hervor. 296 Ergänzungen des arabischen Textes (kursiv): Schenute fragt Petrus, ob er nicht die Worte des heiligen Evangeliums gehört habe. Petrus möchte mit dem Geld seine Seele zurückkaufen. 297 Der äthiopische Text ergänzt u.a. (kursiv): Petrus geht zum Meer, d.h. nach Norden; Abba Bela antwortete, dass Gott das Gold angenommen hat; die Doxologie am Ende vom Text. Die äthiopische Version stellt u.a. folgendes anders dar (kursiv): Abba Bela (Paulos) ist in einem Kloster, Petrus überreicht das Gold. 298 Die arabische Version ändert bzw. ergänzt folgendes: Petrus geht zu einem Kloster und übergibt das Gold. Er vollendet seine Berufung zum Mönch in guter Führung, großem Fleiß und großartiger Geduld. 299 Als Beispiel ist zu nennen, dass sowohl in der sahidischen, als auch in der arabischen Version Schenute den Mann auffordert, seine Sünden zu bekennen, damit er aus einer Gefahr (sahidisch) bzw. einem Unglück (arabisch) entkomme. Die anderen drei Versionen führen dagegen folgendes als Begründung an: Bohairisch: „so that you may go whither you will go" (D.N. BELL, Life, 46). Äthiopisch: „pour que tu ailles dans le lieu où nous irons" (G. COLIN, Version éthiopienne [translatio], 7, Z. 34-35). Syrisch: „si tu veux vivre et arriver où nous aboutissons enfin." (F. NAU, Version syriaque, 257f). 300 Vgl. z.B. den Beginn der Erzählung des Mannes von seiner Bluttat: WV 36 ii.7-23 und J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 14, Z. 28-15, Z. 5.
Die sahidischen
Fragmente
87
Kürzesten, er hat anstelle von direkter oft indirekte Rede301, und es wird nicht berichtet, woher der Mann kommt, sondern nur, dass er alt gewesen sei, was die anderen Texte nicht erwähnen. WVfrg. 2 Die Bruchstücke von WV frg. 2 entstammen der Episode ,Der Wettstreit mit dem Satan' (E 11), die nur im arabischen Text eine Parallele hat302. Auch die wenigen lesbaren Zeilen von WV frg. 2 sind nur noch in der arabischen Version überliefert und zwar in der Episode ,Askese Schenutes in seiner Einsiedelei' (E 12)303. Der sahidische Text scheint dem arabischen in der Wortwahl sehr nahe zu stehen. WVfrg. 3 Das bisher unveröffentlichte Fragment WV frg. 3v gehört zur Episode ,Befreiung der Gefangenen' (E 43/1), die sich auch in den bohairischen, arabischen und äthiopischen Versionen sowie im sahidischen Kodex FR 53 findet. Die engste Parallele bildet der arabische Text304. WV frg. 3v ist ein Bruchstück aus der Episode ,Versorgung der Kriegsgefangenen' (E 43/2), die sonst nur im arabischen Text, also auch nicht in FR, enthalten ist. Das Fragment enthält Angaben zur Menge von Öl und Linsen sowie über Öfen zum Brotbacken und ist der arabischen Version sehr ähnlich305. WVfrg. 4 WV frg. 4 enthält die Episode ,Der ausgestoßene Bruder' (E 49) von ihrer Mitte bis zum Ende. E 49 hat Parallelen im bohairischen, arabischen und äthiopischen Text. Die Textfassungen sind einander recht ähnlich. Einige
301 Die erste Botschaft des Mannes an Schenute sowie die Aufforderung Schenutes, den Mann hereinzubringen, sind in indirekter Rede. 302
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , 3 2 9 , Z . 6 - 9 .
303
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , 3 3 0 , Z . 9 - 1 0 .
304
Folgende Angaben finden sich im bohairschen (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 43f) und im äthiopischen (G. COLIN, Version éthiopienne [translatio], 32) Text, nicht aber im arabischen (E. Amelinéau, Monuments, 396f) und in WV frg. 3r: Schenute überquert einen Fluß, um zu den Kriegsgefangenen zu kommen; diejenigen, die ihre Hände nicht mehr bewegen können, schreien in Todesangst. 305 Unterschiedlich sind die Mengenangaben der Linsen: der arabische Text (E. Amelinéau, Monuments, 398) nennt 19 Artaben Linsen, WV frg. 3v dagegen 17 bzw. 16 Artaben, was dem Text in einer Predigt Schenutes zum selben Thema entspricht, vgl. J. LEIPOLDT, Berichte, 131 und in dieser Arbeit in Kapitel 6.2.
88
Die
Quellenlage
Passagen finden sich nur in der sahidischen und der arabischen Version 306 , andere fehlen in der arabischen, sind aber in den anderen drei Fassungen überliefert 307 . WV frg. 4 nimmt daher eine Mittelposition zwischen der arabischen Überlieferung auf der einen Seite und der bohairischen und äthiopischen auf der anderen Seite ein. Zusammenfassung Der Kodex WV weist im Wortlaut insgesamt eine Affinität zur arabischen Version auf, die besonders deutlich in denjenigen Episoden auftritt, die in keiner anderen Langversion überliefert sind. Auch die Reihenfolge der Episoden von WU entspricht der Reihenfolge der arabischen Version. Im Anhang dieser Arbeit befindet sich der sahidische Text aller Fragmente von WV, auch der bisher unveröffentlichten, mit einer Übersetzung in die deutsche Sprache. 8.2.4 EG-C C.G. 9251 EG-C C.G. 925 1 308 ist das Bruchstück eines Pergamentblattes aus Schenutes Kloster, das bisher keinem Kodex zugeordnet werden konnte, weil die Schrift nicht mit der in den rekonstruierten Handschriften übereinstimmt. Die Vorderseite enthält die unteren 16 Zeilen einer Spalte sowie die ersten Buchstaben der anderen Spalte und hat in der Mitte ein Loch. Am unteren Rand des Verso ist ein Hund abgebildet 309 . Laut Munier betrug die Höhe des Blattes 185 mm, die Breite 150 mm und die Breite der erhaltenen Spalte 70 mm. EG-C C.G. 9251 enthält die Episoden E 3/2 und nach einer Lücke, in der vermutlich E 3/3-4 berichtet wurden, E 4/1. Die Abfolge von E 3/2 auf der Vorderseite und E 4/1 auf der Rückseite des Fragments lässt den Schluss zu, dass die Reihenfolge von EG-C C.G. 9251 zumindest in diesem Teil des Textes der Ordnung der Langversionen entspricht. 306 Die in direkter Rede vorgetragene Bitte des Bruders an Schenute findet sich nur in WV frg. 4v i. 15-25 und im arabischen Text (É. AMÉLINEAU, Monuments, 408, Z. 5-7). Nur in diesen beiden Fassungen wird der Name des Bruders, nämlich ,Joore' bzw. ,Schoura', erwähnt, und zwar in WV frg. 4r i.25 und in WV frg. 4v ii. 24, was É. AMÉLINEAU, Monuments, 408, Z. 12 entspricht. Ebenfalls nur in diesen Versionen wird ausführlich berichtet, dass es die Gewohnheit des Bruders war, vor dem Läuten zum Gottesdienst die Erlaubnis Schenutes einzuholen (WV frg. 4v ii.13-17; É. AMÉLINEAU, Monuments, 408, Z. 10-11). 307 Alle Versionen bis auf die arabische erwähnen, dass Schenute sein Sonntagsgewand anhatte (WV frg. 4v i.10-13, J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 49, Z. 21f; G. COLIN, Version éthiopienne [translatio], 35, Z. 26-28), sowie den Befehl Schenutes, die Hausvorsteher zu holen (WV frg. 4v ii. 18-20; J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 49, Z. 27; G. COLIN, Version éthiopienne [translatio], 35, Z. 30-31). 308 EG-C C.G. 9251 wurde veröffentlicht von: H. MUNIER, Manuscrits coptes, 63-65, Nr. 9251 mit pl. 13. 309 H. MUNIER, Manuscrits coptes, pl. 13.
Die sahidischen
Fragmente
89
EG-C C.G. 925lr ist ein Stück der Episode ,Die Austreibung eines unreinen Geistes' (E 3/2) und stellt die mit Abstand kürzeste Fassung dar. Auffällig ist, dass die Szene laut EG-C C.G. 9251 in einem kleinen Kloster stattfindet, ein Detail, dass nur in der arabischen und äthiopischen Version erwähnt wird 310 . Während im sahidischen Text der Geist allein aufgrund des bloßen Anblicks von Schenute ankündigt, aus dem Mann auszufahren, hilft in den vier anderen Versionen Schenute nach, indem er den Mann mit einem Stock bzw. Spaten schlägt, bis der Geist ausfahrt. In EG-C C.G. 925 lv wird von der ,Askese Schenutes' berichtet (E 4/1). Wiederum ist EG-C C.G. 925lv der kürzeste Text und steht der bohairischen und äthiopischen Version am nächsten 311 . 8.2.5 GB-BL Or. 3581Bf. 72 Dieses Fragment aus Akhmim wurde von Crum veröffentlicht 312 und berichtet von einem Besuch Schenutes bei Kaiser Theodosius (E 27), der ebenfalls in den bohairischen, arabischen und äthiopischen Versionen • •313 sowie in weiteren sahidischen Fragmenten überliefert ist , wobei in letzteren genau die Stellen, die von GB-BL Or. 3581B f. 72 erhalten sind, durch Lücken in den Handschriften fehlen. Von dem ursprünglichen Blatt ist nur der untere Teil erhalten. Daher sind auf der Vorderseite nur die unteren zwölf Zeilen der ersten Spalte sowie Reste der unteren sieben Zeilen der zweiten Spalte erkennbar. Die erste Spalte des Recto ist mindestens 80 mm, maximal 88 mm breit. Die zweite Spalte beginnt nach 101 mm, wobei der Beginn der ersten Spalte die Null-Linie markiert, und hat eine Breite von mindestens 175 mm und maximal 191 mm. Im unteren Teil der ersten Spalte des Verso sowie am unteren Rand der zweiten Spalte befinden sich Löcher im Pergament, die schon vor dem Beschreiben des Blattes vorhanden gewesen sein müssen, da der Text um die Löcher herum geschrieben ist. Der Text ist zweispaltig in schwarzer Tinte in bimodularer Schrift geschrieben. Zur Dekoration findet sich zwischen den Spalten eine Art Zick-Zack-Linie in roter und schwarzer Tinte. Hochpunkte, Supralinearstriche und Initialen sind mit roter Tinte hervorgehoben. Auf dem Verso sind Hilfslinien zur Markierung der Spaltenbreite sichtbar sowie Einstiche am unteren Rand. Oberhalb der letzten Zeile befindet sich eine horizontale Hilfslinie. Die dadurch gewon310
É. AMELINEAU, Monuments, 307; G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 4, Z. 26. Der bohairische Text redet vom „Topos" des Apa PCol (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1 : 10, Z. 3), der syrische von der „Zelle" des Eremiten (F. NAU, Version syriaque, 254). 311 Die bohairische und die äthiopische Fassung enthalten alle Angaben des sahidischen Textes, ergänzen jedoch einiges. Im arabischen Text fehlt die Erwähnung des Mönchsgewands, in der syrischen Version wird der Sonnenuntergang nicht genannt. 312 W.E. CRUM, Catalogue, 165, Nr. 352. 313 WU 49 und VA-V Borg. Copt. 134 f. 5.
90
Die
Quellenlage
nene Exaktheit der Spalten und Zeilenführung wird auch dadurch deutlich, dass die gemessenen zehn Zeilen des zweiten Spalte des Recto und der ersten des Verso jeweils genau 95 mm betragen. Shore hob hervor, dass GB-BL Or. 3581B f. 72 nicht zu demselben Kodex wie FR-BN copte 12912 f. 84 (Kodex WU 49/50) und GB-BM EA 10820 gehört. Es ist auch in dieser Arbeit nicht gelungen, das Fragment einem bereits etablierten Kodex zuzuordnen. Die wenigen erhaltenen Worte von GB-BL Or. 3581B f. 72r i 314 finden sich nur im arabischen Text 315 . GB-BL Or. 3581B f. 72r ii ist ein Stück aus einem Brief, den Theodosius an seinen Boten schickt (E 27/4). Dieser Brief wird auch in der bohairischen und äthiopischen Version aufgeführt, aber auch hier scheint die engste Parallele im arabischen Text zu liegen, wie an der ähnlichen Häufung der Epitheta und an der Bezeichnung Schenutes als ,Archimandrit der ganzen Welt' zu erkennen ist. GB-BL Or. 3581B f. 72v i erzählt von der Verabschiedung des Theodosius von Schenute, GB-BL Or. 3581B f. 72v ii ist ein Bruchstück aus dem Gespräch zwischen Schenute und dem Boten. Beide Fragmente stehen der arabischen Version am nächsten. GB-BL Or. 3581B f. 72v i und die arabische Version 316 erwähnen, dass der Siegelring am Finger des Königs ist und dass Schenute vom König einen kostbaren Mantel erhält. GB-BL Or. 3581B f. 72v ii und der arabischen Version 317 zufolge sagt Schenute zum Boten nicht nur, dass er ein alter Mann sei, sondern auch, dass der Bote keine Strafe zu furchten habe. Es kann daher festgehalten werden, dass GB-BL Or. 3581B f. 72 eine große Nähe zur arabischen Version zeigt. 8.3 GB-BM EA 10820 GB-BM EA 10820 ist ein stark beschädigtes Pergamentbifolio, das von Shore veröffentlicht und übersetzt wurde 318 . Shore gibt unter Vorbehalt für GB-BM EA 10820 f. 1 die Seitenzahlen 37 (?) und [38], für GB-BM EA 10820 f. 2 die Seitenzahlen 43 (?) und [44] an und datiert das Bifolio auf das neunte Jahrhundert 319 . Diese Angaben konnten von der Verf.in vor Ort nicht bestätigt, allerdings auch nicht widerlegt werden. Die von Shore 314 [. . . ] niune MMG • n e x e n A i K x i o c xeMripK^TEXE NNeNT\YNT uj^poK [. . .]. Übersetzung: ... der wahre Stein. Der Gerechte sagte: „Halte die nicht auf, die mich zu dir gebracht haben ...". 15 É. AMELINEAU, Monuments, 370: ,„Reste près de moi, afin que je me réjouisse de ta vue et de tes douces paroles, préférables aux pierres précieuses.' Et le véredique lui dit: ,Ne retarde pas ceux qui m'ont amené vers toi...'". 316 É. AMELINEAU, Monuments, 370f. 317
É. AMELINEAU, M o n u m e n t s , 3 7 1 .
318
A.F. SHORE, Extracts, 1 3 4 - 1 4 3 , pis. X X I V - X X V .
319
A . F . SHORE, E x t r a c t s , 1 3 4 .
Die sahidischen
Fragmente
91
gelesenen Seitenzahlen sind ferner insofern ungewöhnlich, da man entweder die Kombination 35/36 und 43/44 beim zweiten Bifolium der dritten Lage, oder 37/38 und 45/46 beim drittem Bifolium der dritten Lage erwarten würde, wenn davon ausgegangen wird, dass eine Lage aus vier Bifolia bestand, die in der Mitte gefaltet wurden, wie es auch im Weißen Kloster üblich war. Die Schrift ist bimodular, ausgerückte Buchstaben sind rubriziert und es finden sich kleine Ornamente in roter und gelber Tinte. Nach Untersuchung der Blätter im British Museum im Sommer 2003 schlägt die Verf.in folgende Ergänzungen bzw. Änderungen des von Shore herausgefundenen Textes vor, wobei einige der hier vorgeschlagenen sahidischen Ergänzungen sich auch in der englischen Übersetzung von Shore finden, nicht aber im sahidischen Text: GB-BM EA 10820 f. lr i.7: Ergänze [ n K o y i ] oder [ n K o y e i ] , Shore füllt die Lücke nach „Theodosius" in GB-BM EA 10820 f. lr i.7 in der Übersetzung mit ,,[the emperor]" aus 320 . Alle anderen Fassungen lauten an dieser Stelle „Theodosius, der Jüngere", so z.B. in der bohairischen Version: „ ^ e o A o c i o c niKoyxi"321. „nKoyei" oder „ nKoyi"322 als Ergänzung in GB-BM EA 10820 f. lr i.7 ist sowohl vom Platz her wahrscheinlicher als „the emperor", vermutlich „nppo", als auch von den Parallelstellen her angezeigt. GB-BM EA 10820 f. lr i.22f: ¿NI+SOM anstelle von FEMJNSOM GB-BM EA 10820 f. lr i.26: nenNä, anstelle von nmTä. GB-BM EA 10820 f. lr ii.16: Ergänze [o ©TCH2] GB-BM EA 10820 f. lv i.25: Ergänze [na,q x] GB-BM EA 10820 f. lv ii. 16: Ergänze [©TOY! anstelle von [oy] GB-BM EA 10820 f. lv ii.18: Ergänze [BCÜK] GB-BM EA 10820 f. lv ii.27: Lies GB-BM EA 10820 f. lv ii.32: Ergänze [e] anstelle von [N] GB-BM EA 10820 f. 2r i.10: Ergänze tg^pCoq] GB-BM EA 10820 f. 2r ii.lOf: [^n]cpcüN© A © 2POCY I [excoq] 9 Y 2 0 0 Y . Vgl. die bohairische Version: „ T O T © xnicpcuMi ©2pocy ©bpm exioq MNI©20OY ©T©MM^Y
GB-BM GB-BM GB-BM GB-BM
EA EA EA EA
10820 10820 10820 10820
. . .
f. f. f. f.
.
2r ii.26: Ergänze [ | H ST]; 2r ii.31: Ergänze [oy2 wn]; 2v ii.4f: Ergänze [c]\q>q M n [ © B O T ] I [enn]n; 2v ii.9: Ergänze [TM ©];
320
A . F . SHORE, E x t r a c t s , 1 4 0 , Z . 2 .
321
J. LEIPOLDT, V i t a et O p é r a , 1: 2 9 , Z . 2 2 ; v g l . É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , 3 6 5 , Z .
7; G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 23, Z. 31. 322 Vgl. GB-BM EA 10820 f. 2r i.33: „KOYI". 323 J. LEIPOLDT, Vita et Opéra, 1: 73, Z. 26f.
92
Die
Quellenlage
Wie bereits erwähnt gehört GB-BM EA 10820 laut Shore weder zu demselben Kodex wie FR-BN copte 129 12 f. 84 (Kodex WU 49/50) noch zu GB-BL Or. 3581B f. 72. Dies konnte im Rahmen dieser Arbeit bestätigt werden, wobei GB-BM EA 10820 auch keinem anderen Kodex zugeordnet werden konnte 324 . GB-BM EA 10820 enthält - zumindest teilweise - die Episoden E 2 7 / 2 3.31.81-85.88. Die Reihenfolge der Episoden in GB-BM EA 10820 ist überaus bemerkenswert. Auf E 31 folgt E 81, d.h. es werden z.B. im Vergleich mit der bohairischen Version zweiunddreißig Episoden ausgelassen 325 , wie der folgenden Tabelle zu entnehmen ist. Tabelle 11: Reihenfolge von GB-BM EA 10820 Arabisch
Äthiopisch
E 27
Ar 27
Äth 16
Bo 15
E 27/1
Ar 27/1
Äth 16/1
Bo 15/1
Episode
GB-BM
Manuskript
Bohairisch Syrisch
EA 10820
E 27/2
37/38
GB-BM EA 10820 f. 1 Ar 27/2
Äth 16/2
Bo 15/2
E27/3
38
GB-BM EA 10820 f. 1 Ar 27/3
Äth 16/3
Bo 15/3
Ar 27/4
Äth 16/4
Bo 15/4
Äth 17
Bo 16
Sy N 9
Bo 17
Sy N 10
E 27/4 E 28
(Lücke in der MS
Ar 28
E 29
von zwei Blättern)
Ar 29 Äth 18
E 30 E 31
43
GB-BM EA 10820 f. 2 Ar 30 E 32-80
ausgelassen
E 81
43
GB-BM EA 10820 f. 2 Ar 79
E 81/1
43
GB-BM EA 10820 f. 2 Ar 79/1 Äth 55/1
E 81/2
fehlt
E 81/3
43
GB-BM EA 10820 f. 2 Ar 79/3
Äth 55/2
Bo 49/2
E 82
43/44
GB-BM EA 10820 f. 2 Ar 80
Äth 55
Bo 50
E 83
44
GB-BM EA 10820 f. 2 Ar 81
Äth 56
Bo 51
E 84
44
GB-BM EA 10820 f. 2 Ar 82
Äth 57
Bo 52
E 85
44
GB-BM EA 10820 f. 2 Ar 83
Äth 58
Bo 53
E 86
fehlt
E 87
fehlt
E 88
44
Äth 59
Bo 54
324 325
Äth 54
Bo 49 Bo 49/1
Ar 79/2
Ar 84 Ar 85 GB-BM EA 10820 f. 2 Ar 86
Zur Geschichte des Fragments s.o S. 57. Vgl. A.F. S H O R E , Extracts, 135; R . S . S I M P S O N , Lives, 36f.
Die sahidischen
Fragmente
93
Die Lücke zwischen GB-BM EA 10820 S. 38 und 43, die einem Bifolium entspricht, ist laut Shore ausreichend, um das Ende von E 27/3, das Ganze von E 28 und den Anfang von E 31 zu berichten326, also nicht unbedingt auch für E 29 und30, die auch nicht in der bohairischen Version vorkommen. Auffälligerweise fehlt in GB-BM EA 10820 die Episode ,Die Lebensdauer des Mose' (E 80), die aber auch in der arabischen Vita nicht direkt vor der Krankheit Schenutes (E 81) steht. GB-BM EA 10820 f. 1 enthält fast vollständig die Episode ,Der Brief des Theodosius an Schenute' (E 27/2) sowie den Anfang von ,Schenutes Treffen mit Theodosius' (E 27/3), die sich auch in der bohairischen, der arabischen und der äthiopischen Fassung sowie in VA-V Borg. Copt. 134 f. 5 finden. Der arabische Text und VA-V Borg. Copt. 134 f. 5, das nur das Ende der Episode überliefert und sich nicht mit GB-BM EA 10820 f. 1 überschneidet, unterscheiden sich durch Auslassungen327 und Ergänzungen328 deutlich von den anderen Fassungen. Der bohairische und der äthiopische Text sind einander besonders am Ende von E 27/2 ähnlich329. GB-BM EA 10820 f. 1 ist die kürzeste Fassung330 und steht dem bohairischen und äthiopischen Text näher als dem arabischen. Nach einer Lücke von vier Seiten bzw. einem Bifolium fährt der Text mit der Episode ,Der Bischof von Smin' (E 31) und dem Bericht von Schenutes Tod fort. Die Lücke im Text lässt sich größtenteils mit zwei sahidischen Fragmenten füllen, nämlich durch GB-BL Or. 3581B f. 72 und WU 50. An E 31 schließt sich - im Vergleich mit allen anderen Texten völlig überraschend - der Bericht von Schenutes Krankheit und Tod (E 81-85) an. Knapp berichtet GB-BM EA 10820 f. 2r i,14-ii.9 von der ,Erkrankung Schenutes am 1. Epeph' (E 81/1), ohne - wie die anderen
326
A.F. SHORE, Extracts, 135. Alle Fassungen außer der arabischen führen an, dass der Bote Eudoxius einen zweiten Brief an den Gouverneur von Antinoou erhält und später zusammen mit dem Gouverneur zu Schenute geht. In der arabischen, aber auch in der äthiopischen Version droht der Bote Schenute bei ihrer zweiten Unterredung nicht mit Soldaten, wie er es im sahidischen und bohairischen Text tut. 328 Der arabische Text ergänzt Schenutes Gebet am Altar, zwei Engel (ebenfalls in VA-V Borg. Copt. 134 f. 5), die auf der Wolke schweben und Schenute begrüßen, sowie die Dauer der Wolkenreise, nämlich drei Stunden (ebenfalls in VA-V Borg. Copt. 134 f. 327
5).
329 Vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 31, Z. 15-20 mit G. COLIN, Version öthioDienne (translatio), 24, Z. 3 4 - 2 5 , Z. 1. 33 Z.B. ist Theodosius' Brief in allen anderen Versionen ausführlicher, der sahidische Text erwähnt nicht, dass das ganze Königreich auf Schenutes Besuch wartet und nach ihm dürstet.
94
Die
Quellenlage
Versionen - sein Alter zu erwähnen 331 , und von Schenutes Bitte um Gemüse (E 81/3) 332 . Die Abschiedsreden (E 82) finden sich in GB-BM EA 10820 f. 2r ii.10 - 2v i. 14, Schenutes Rede ist aufgrund einer Lücke nicht mehr zu rekonstruieren. Das Lob der Brüder, dass Schenutes Reden mit Salz gewürzt seien und er die Laien durch seine Lehre angeleitet habe, wie Mönche zu sein, findet sich nur im sahidischen Text (GB-BM EA 10820 f. 2r ii.33—2v i.5)333. Bei der Darstellung von Schenutes Todestag (E 83) fehlen in GBBM EA 10820 f. 2r die Visionen Schenutes von Patriarchen, Heiligen, Bischöfen usw. 334 sowie die Erwähnung von Wohlgeruch bei seinem Tod 335 . Von Schenutes Tod, den himmlischen Lobgesängen (E 84) und seiner Beerdigung (E 85) berichtet GB-BM EA 10820 f. 2v ii.2-34 in gewohnter Kürze und steht damit der bohairischen Version am nächsten. In den Schlussworten (E 88) bricht der sahidische Text ab. Es bleibt festzuhalten, dass GB-BM EA 10820 in der Darstellung der Wundertaten Schenutes viele Gemeinsamkeiten mit der bohairischen Version hat. Das Fragment weist aber insbesondere durch sein Kürze und durch die große Auslassung von Episoden Eigenständigkeit auf. 8.4 VA-VBorg. Copt. 134ff. 2-7 VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 werden in dieser Arbeit erstmals kodikologisch beschrieben, veröffentlicht und übersetzt. VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 und VA-V Borg. Copt. 134 f. 1 gehören weder inhaltlich zusammen noch ursprünglich zu derselben Handschrift. VA-V Borg. Copt. 134 f. 1 ist nur halb so groß wie VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 und nur in einer Spalte beschrieben. Es handelt nicht von Schenute, sondern von Apa Phoibamön. Die sieben Blätter wurden erst in modernen
331 Die bohairische und die äthiopische Fassung erwähnen außerdem den Tag von Schenutes Geburt, der entweder mit dem Tag seiner finalen Erkrankung, d.h. dem ersten Epeph, korrespondiert, wie die bohairische Version (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 73, Z. 8 - 1 2 ) ausführt, oder mit seinem Todestag, wie es im äthiopischen Text heißt (G. COLIN, Version éthiopienne [translatio], 59, Z. 15f). 332 Die Episode E 81/2 (,Schenute möchte zum Konzil fahren') findet sich nur im arabischen Text. 333 Während die Abschiedsreden der bohairischen und äthiopischen Fassung noch relativ ähnlich sind, beginnt der arabische Text mit der Einsetzung Besas durch Schenute zu seinem Nachfolger (É. AMÉLINEAU, Monuments, 47(MT71) und fügt am Ende der Episode in Anspielung auf die Abschiedsreden Jesu Joh 14,18 ein. 334 Vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 75, Z. 7 - 1 7 ; É. AMÉLINEAU, Monuments, 4 7 2 473; G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 60, Z. 10-17. 335 Vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 75, Z. 17f; É. AMÉLINEAU, Monuments, 473, Z. 5; G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 60, Z. 17-19.
Die sahidischen
95
Fragmente
Zeiten zusammengebunden, weil sie als Kartonage desselben Buchs ver336
wendet und zusammen aufgefunden wurden . Die sechs Blätter aus Papier (VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7) erzählen Episoden aus Schenutes Leben, die u.a. auch in der bohairischen, der arabischen, der von Nau veröffentlichten syrischen sowie in einigen sahidischen Fragmenten zu finden sind. Die Blätter sind auf beiden Seiten beschrieben, so dass sich eine Gesamtsumme von zwölf Seiten ergibt. Folium 2r ist die erste Seite, f. 7v die letzte Seite der vierten Lage, was jeweils durch ein A über der ersten Spalte von f. 2r bzw. der zweiten Spalte von f. 7v angezeigt wird. Die Blattzahlen wurde nur auf dem Verso vermerkt und sind für ff. 2v, 3r, 4v, 5v, 6r und 7v erhalten. Die folgenden Tabellen geben einen Überblick über die Blattzählung, sowie über die Anordnung der vierten Lage, die vermutlich aus fünf Bifolia bestand, von denen zwei verloren gegangen sind. Tabelle 12: Foliierung von VA-V Borg. Copt. 134 f f . 2-7 Manuskript
Foliierung
VA-V Borg. Copt. 134 f. 2r
29A
VA-V Borg. Copt. 134 f. 2v
30
VA-V Borg. Copt. 134 f. 3v (sie)
30A
[35
36]
VA-V Borg. Copt. 134 f. 3r (sie)
31
[34
37]
VA-V Borg. Copt. 134 f. 4r
31A
33 (sie)
VA-V Borg. Copt. 134 f. 4v
33 (sie)
31
39
VA-V Borg. Copt. 134 f. 5r
37A
30 (sie)
40
VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v
38
VA-V Borg. Copt. 134 f. 6v (sie)
38A
VA-V Borg. Copt. 134 f. 6r (sie)
39
VA-V Borg. Copt. 134 f. 7r
39A
VA-V Borg. Copt. 134 f. 7v
40
Anordnung der 4. Lage
38
Dem Schreiber ist bei der Paginierung von f. 4v ein - absichtlicher? Fehler unterlaufen, der einen bereits vorher begangenen ausgleicht, so dass die Lage ordnungsgemäß mit Seite 40 endet. Darüber hinaus sind bei ff. 3 und 6 bei der neuzeitlichen Bindung, die vermutlich in der Biblioteca Apostolica Vaticana durchgeführt wurde, Recto und Verso vertauscht worden. Sowohl der Beschreibstoff, Papier, als auch Lagenstärke, zehn Blätter bzw. fünf Bifolia, sprechen dagegen, dass VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 aus dem Kloster Schenutes stammen, in dem i.d.R. auf Pergament geschrieben wurde und eine Lage aus acht Blättern bestand337. 336 337
Zur Geschichte des Fragments s.o. S. 58. ST. EMMEL, Corpus, 57.
96
Die
Quellenlage
Alle sieben Blätter von VA-V Borg. Copt. 134, also auch f. 1, sind zur Verstärkung eines Buchdeckels verwendet worden338. J.M. Robinson hat dieses Phänomen für die Kodizes der Nag Hammadi beschrieben: „Each codex was bound in leather. The outline of the desired book size was often scored onto the leather, whereupon the flesh side of the oulined area was lined with used papyrus pasted into thick cardboards called cartonnage, producing a hardback effect." Im Unterschied zu den Nag Hammadi Kodizes wurde mit VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 Papierblätter und nicht Papyri zur Stabilisierung des Buches benutzt. Auf VA-V Borg. Copt. 134 f. 1 und der unteren Hälfte von f. 2r sind deutlich die Abdrücke des Ledereinbandes zu erkennen. Der Kodex entsprach der Größe von VA-V Borg. Copt. 134 f. 1, so dass VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 nur in der Mitte gefaltet verwendet werden konnten. Die gefalteten Blätter wurden darüber hinaus ineinander gesteckt und verklebt, wie an den Abdrücken an den Rändern der Blätter zu erkennen ist. Durch das Zusammenfalten, Ineinanderstecken und Kleben der Blätter hat die Tinte stark abgefärbt, so dass die Handschrift überaus schwer zu entziffern ist. Das Zusammenfalten macht darüber hinaus das Lesen des Textes im Bereich der Falz fast unmöglich. In einigen Fällen, insbesondere wenn sich die Tinte auf den oberen oder unteren unbeschriebenen Rand abgedrückt hat, sind die Abdrücke - mit Hilfe eines Spiegels - besser zu lesen als der Originaltext. Diese Abdrücke finden sich auf allen Seiten mit Ausnahme der oberen Hälfte von f. 2r, die direkt auf dem Einband lag und deshalb ebenfalls stark beschädigt ist, und f. lr, welche als oberes Blatt an den Rändern Spuren des Ledereinbandes aufweist. Nachdem die Fragmente in der Biblioteca
Apostólica
aufgefunden worden waren, wurden sie zur Konservierung in der Mitte an der Falz geklebt und zusammengebunden, wobei in der Reihenfolger der Fragmente Fehler unterlaufen sind. Bei VA-V Borg. Copt. 134 f. 3 und f. 6 wurden das ursprüngliche bzw. ,wahre' Recto und Verso vertauscht339. An den Rand sind z.T. dort, wo eine neue Episode beginnt, mit Bleistift Hinweise auf die bohairische Version in der Edition von Leipoldt geschrieben worden340. VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 weisen eine Breite von ungefähr 258 mm und eine Höhe von 356 mm auf, wobei letztere Angabe durch die Falz in der Mitte der Seiten nur ein Näherungswert sein kann. Der Text ist zweispaltig mit durchschnittlich 33 Zeilen geschrieben, dabei haben die längs338
J.M. ROBINSON, Nag Hammadi Library, 14. Zum Problem des ,true' Recto und Verso s. ST. EMMEL, Corpus, 38. 340 Das Ende von E 24 wird z.B. am Rand in f. 4v i i . l 8 f durch folgende Angabe angezeigt: L 29 1. 9, d.h. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 29, Z. 9; der Beginn von E 28 wird ebenfalls durch einen Hinweis auf J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, angezeigt. 339
Die sahidischen
Fragmente
97
ten Spalten 3 5341, die kürzeste 30 Zeilen342. Die Spalten haben im Mittel eine Breite von 76 mm und eine Höhe von 260 mm, zehn Zeilen sind durchschnittlich 75 mm hoch. Im Mittel beginnt die zweite Spalte nach 100 mm und endet nach 176 mm von Anfang des ersten Spalte gerechnet. Der Text verwendet als Dekorationselemente Initialen. Der Abstrich des kann so hoch gezogen werden, dass er bis zur dritten Zeile über der eigentlichen Schriftzeile reicht343. Die Initialen sowie in einigen Fällen auch alle Buchstaben der sich anschließenden Zeile sind mit roter Tinte hervorgehoben. In den Initialen von f. 3v i.18 und f. 7v ii.27 finden sich auch Spuren gelber Tinte. Ebenfalls durch rote Tinte hervorgehoben werden Hochpunkte344. In einer Zeile befinden sich durchschnittlich 12-13 Buchstaben. Besonders bemerkenswert ist die Supralineation des Textes, die in dieser Art v.a. aus bohairischen Texten bekannt ist. Ein Supralinearstrich findet sich nur in wenigen Fällen, i.d.R. wird ein Punkt gesetzt. Das Trema findet sich in der Regel über dem Buchstaben i. Nomina sacra werden auf die im Sahidischen übliche Weise mit dem - mit roter Tinte verzierten Kontraktionsstrich abgekürzt, wie z.B. ccup, mix und xc 345 . Es findet sich aber auch einmal die im Bohairischen gebräuchliche Verwendung von ö c für xoeic 3 4 6 . Darüber hinaus ersetzt in einigen Fällen der Abkürzungsstrich den Buchstaben N am Ende einer Spalte, der ebenfalls mit roter Tinte markiert ist347. VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 enthalten die Episoden E 22-25.2729.31-33, die z.T. nur fragmentarisch erhalten sind. Die folgende Tabelle verdeutlicht, dass VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 im Aufbau nur mit der arabischen Version übereinstimmt. In der Spalte ,Sahid[ische] Fragmente' sind nur diejenigen sahidischen Texte aufgeführt, die eine Parallele nicht allein mit der Episode, sondern auch mit dem Text von VA-V Borg. Copt. 134 haben.
341
Folia. 5v ii, 6r i, 7r ii. Folium 4v i. 343 Vgl. ff. 2r i.30 und 6v i.26. 344 Vgl. z.B. ff. 2r i.19; ii.29; 2v ii.7. 345 Zu ciop vgl. ff. 6v i.29; 6r ii.34; 7r i.10; zu nNÄ. vgl. f. 5v i. 18; zu n e x c vgl. 6v i. 15; Tc n e x c findet sich auf f. 5v i.23. 346 Vgl. f. 3v i.2. 347 Vgl. z.B. ff. 2v i. 19; 4r i.25; 5r ii. 19; 5v i.29; 7r i.32; 7v i.32. 342
98
Die
Tabelle 13: Reihenfolge
Quellenlage
von VA-V Borg. Copt. 134 f f . 2-7 Sahidische Fragmente
Arabisch
Äthiopisch
Bohairisch
Epsiode
VA-V Borg. Copt. 134 f f . 2-7
E22
VA-V Borg. Copt. 134 f. 2
Ar 22
Äth 13
Bo 12
E 23
VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2 - 3
Ar 23
Äth 14
Bo 13
E 24
VA-V Borg. Copt. 134 ff. 3^1
Ar 24
Äth 15
Bo 14
E 24/1
VA-V Borg. Copt. 134 f. 3
Ar 24/1
Äth 15/1
Bo 14/1
E 24/2
VA-V Borg. Copt. 134 ff. 3 - 4
Ar 24/2
Äth 15/2
Bo 14/2
E 25
VA-V Borg. Copt. 134 f. 4
Ar 25
E 27
(Lücke in der
E 27/1
von vier Blättern)
Ar 27
Handschrift
Äth 16
Ar 27/1 Äth 16/1
E 27/2 VA-V Borg. Copt. 134 f. 5
Sy N 8 Sy N 8/1
Bo 15 Bo 15/1
Ar 27/2 Äth 16/2
Bo 15/2
Ar 27/3 Äth 16/3
Bo 15/3
Ar 27/4 Äth 16/4
Bo 15/4
E 27/4
VA-V Borg. Copt. 134 f. 5
WU 49
E 28
VA-V Borg. Copt. 134 f. 5
WU 49/50 Ar 28
E 29
VA-V Borg. Copt. 134 ff. 5 - 6
Äth 17
Bo 16
Sy N 9
Bo 17
Sy N 10
Ar 29
E 30 E 31
Sy N 7
Ar 26
E 26
E 27/3
Syrisch
Äth 18 VA-V Borg. Copt. 134 ff. 6 - 7 WU 50
Ar 30
GB-BM EA 10820 f. 2 E 32
VA-V Borg. Copt. 134 f. 7
Ar 31
E 33
VA-V Borg. Copt. 134 f. 7
Ar 32
Äth 19
Bo 18
Drei Episoden, E 25, 29 und 32, sind nur in der arabischen Fassung und VA-V Borg. Copt. 134 überliefert. In der Lücke von vier Blättern zwischen VA-V Borg. Copt. 134 f. 4 und 5 wurde vermutlich E 26, die ebenfalls nur noch in der arabischen Version überliefert, und zweifellos E 27/1-2 berichtet. VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 haben drei direkte Parallelen mit anderen sahidischen Fragmenten, die im folgenden untersucht werden. Das Ende von E 27/4 (,Schenute und der Bote') ist in sahidisch sowohl in VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v i.1-34 als auch in WU 49 i.l-ii.4 überliefert348. Komplett findet sich die Episode in den Langversionen. Ein Vergleich der sahidischen Fragmente wird dadurch erschwert, dass WU 49 nur lückenhaft lesbar ist. Trotzdem ist erkennbar, dass WU 49 deutlich kürzer ist als VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v. Die Bitte des Boten, bei Schenute bleiben zu dürfen, ist unterschiedlich formuliert, wobei die Variante von WU durch 348 Ein Teil von E 27/4 findet sich auch in G B - B L Or. 3 5 8 1 B f. 72v. Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 2 7 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit.
Die sahidischen Fragmente
99
die bohairische Version, der Text von VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v durch die arabische Fassung bestätigt wird349. Alle Zusätze, die VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v gegenüber WU 49 aufweist, finden sich auch in der arabischen Version350. Das Ende der Episode wird in allen Versionen unterschiedlich geschildert, wobei sich der Hinweis, dass der Bote -JEin1 Frieden davonging, in allen Fassungen außer der bohairischen findet . Zusammenfassend ist WU 49 als kürzeste Version zu charakterisieren, die eine deutliche Übereinstimmung mit der bohairischen aufweist. VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v zeichnet sich durch Zusätze gegenüber WU 49 und durch eine besondere Nähe zur arabischen Fassung aus. E 28 (,Die Frage nach Antonius') findet sich ebenfalls in WU 49/50 und VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v ii. 1—25 sowie ferner in der bohairischen, arabischen, äthiopischen und syrischen Version352. Die Episode weist keine spektakulären Varianten auf, was vermutlich darin begründet ist, dass ein Ausspruch Schenutes sorgfaltig überliefert wurde. Die sahidische Version aus dem Vatikan ist sowohl in der Einleitung als auch im Schluss ausführlicher als WU. VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v erwähnt nach einer Einleitungsformel, die in WU fehlt, sowohl Männer aus der Stadt als auch Mönche aus der Sketis als die Fragenden und berichtet am Schluss der Episode von einem Segen sowie dem Lobpreis der Beteiligten. Diese Zusätze finden sich sowohl in der arabischen Version, als auch in der bohairischen, die im Aufbau WU näher steht als VA-V Borg. Copt. 13 4353. In der Einleitung führt VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v neben den Männer aus der Stadt auch die Mönche vergangener Zeiten auf, ein Zusatz, der sich ebenfalls in der arabischen Fassung findet354. In Schenutes Antwort vertritt die bohairische Version eine Mischung aus WU und VA-V Borg. Copt.
349 Vgl. WU 4 9 i.4-6 mit J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 34, Z. 21, und VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v i. 1—3 mit E. AMELINEAU, Monuments, 372, Z. 4f. 350 Vgl. zu VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v i.9f: J^ycb q u e HMOK Ö H v r e ; f. 5v i. 11—14:
ö u i c u n e K N ^ N O X T 6BOA ^YCB K r ^ T
AMON^XOC; f. 5 v i . 2 4 f : N'C(N».2MK 621U8 NIM
e e - o o y , E. AMELINEAU, Monuments, 372, Z. 5 - 1 1 . 351 Der bohairische Text ergänzt als einziger Zeuge, dass der Bote den Brief mitnahm und dieser ihn sein Leben lang stärkte. 352 Dieser Ausspruch Schenutes findet sich auch in einem Enkomion auf Antonius, das Johannes, dem Bischof von Hermopolis zugeschrieben wird, ST. EMMEL, Corpus, 90. Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 28 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. 353 Vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, Z. 7 - 9 mit VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v ii. 1—7 und J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, Z. 17f mit VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v ii.24f. Die arabische Version erwähnt wie VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v ii.6f, dass die Männer mit Schenute diskutierten. 354 E. AMELINEAU, Monuments, 373, Z. 1.
100
Die Quellenlage
134 f. 5v355. Die kommende Generation wird wiederum nur in VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v und in der arabischen Fassung aufgeführt . Es bleibt festzuhalten, dass, obwohl die Überlieferung insgesamt sehr homogen ist, WU die kürzeste Version darstellt, während VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v eine Mittelposition zwischen der bohairischen und der arabischen einnimmt. Ein grundsätzlich anderes Bild zeigt sich in E 31 (,Der Bischof von Smin'), die komplett in VA-V Borg. Copt. 134 ff. 6v i.26-7r i.22 und in der bohairischen, arabischen und syrischen Version überliefert ist357. Die Episode fehlt - vermutlich aufgrund ihres heiklen Themas - in der äthiopischen Version, in der syrischen Fassung ist sie als Ich-Erzählung von Schenute gestaltet. In WU 50 i.4—ii.28 ist ein Großteil der Episode berichtet, in GB-BM EA 10820 f. 2r i.1-13 das Ende derselben, wobei sich diese sahidischen Fragmente nicht überschneiden. Zu Beginn der Episode, d.h. in der Einleitung und der ersten Bitte des Bischofs, stimmen WU 50 und der sahidische Text aus dem Vatikan noch an einigen Stellen im Wortlaut überein358. Beide Texte enthalten jedoch andere zusätzliche Informationen, wobei diesmal WU 50 ausführlicher als VA-V Borg. Copt. 134 f. 6v ist359. Die bohairische Version folgt in diesem Abschnitt abwechselnd der einen oder der anderen sahidischen Version360. Nach der ersten Bitte des Bischofs enden jedoch die wörtlichen Übereinstimmungen der Texte, soweit sich dies aufgrund der Lückenhaftigkeit von WU 50 sagen lässt. Die sahidischen Texte erzählen auf völlig unterschiedliche Weise das Hin und Her zwischen dem Bischof und Schenute. Der sahidische Text aus dem Vatikan ist dabei - wie auch schon im ersten Teil - völlig parallel zur arabischen Fassung. WU steht zwar der bohairischen und der syrischen Version näher als VA-V Borg. Copt. 134 ff. 6-7 und der arabischen Fassung, die Ähnlichkeit ist aber bei weitem nicht so groß wie bei den letztgenannten Versionen. GB-BM EA 10820 f. 2r i.1-13 setzt mit dem Zitat Zu THpoy HTermKepoc ( J . LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 3 5 , Z. 14) vgl. WU 49 ii.22f: TH[poy] uneiK^ipoc. ©YMÄ. iioyuiT ( J . LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 3 5 , Z. 14) findet sich auch in VA-V Borg. Copt. 134 f. 5v ii.l6f. 356 E. AMELINEAU, Monuments, 373, Z. 4. 357 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 31 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. 358 Vgl. VA-V Borg. Copt. 134 f. 6v i . 2 6 - 2 9 und WU 50 i . 4 - 9 sowie VA-V Borg. Copt. 134 f. 6v ii.3-6 und WU 50 i.22-27. 359 Nur in WU 50 finden sich folgende Zusätze: M2oyii ©T©KKA.HCI&. sicjHHTe eic ( i . 9 - 1 1 ) und an dieser Stelle: ^ q e i . . . ep^KOTe (i.17-21). 360 Vgl. ec)uiA.xe: VA-V Borg. Copt. 134 f. 6v i.28 und J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, Z. 20; MnjkTeqoycbf b ¿>2HT: VA-V Borg. Copt. 134 f. 6v i.31-33 und J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, Z. 23; tiqhpocKytiei: VA-V Borg. Copt. 134 f. 6v ii.l und J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, Z. 24; NTnoxic UIMIH: W U 50 i . l 2 f und J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, Z. 21; HneiKoyi ncyxxe: vgl. WU 50 ii.27 mit J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, Z. 26f. 355
Die sahidischen
Fragmente
101
von Mt 16,19 ein, das im Unterschied zu Mt 16,19 in VA-V Borg. Copt. 134 f. 6r i.14-21 singularisch formuliert ist. Dies entspricht der bohairischen Version und dem griechischen Originaltext361. Anschließend wird im Text aus dem British Museum mit wenigen Sätzen das Treffen zwischen Schenute und dem Bischof sowie der Abzug des letzteren geschildert, was der bohairischen und der syrischen Version entspricht. VA-V Borg. Copt. 134 und die arabische Version schildern einen längeren Dialog zwischen Schenute und dem Bischof, in dem der Bischof einsieht, dass er vorschnell geurteilt hat und Schenute freispricht. Weiter wird der bereits zuvor angekündigte Tod des Bischofs berichtet sowie ein Gespräch zwischen Schenute und seinem Schüler, in dem Schenute das Geschehene erklärt. In dieser Episode sind deutlich zwei Überlieferungsströme erkennbar, wobei der sahidische Text aus dem Vatikan und die arabische Version deutlich homogener sind als die übrigen Fassungen. Dieses Phänomen zeigt sich auch in E 24, die sich deutlich in zwei Überlieferungen einteilen lässt, mit der arabischen Version und VA-V Borg. Copt. 134 auf der einen, sowie der bohairischen und der äthiopischen Version auf der anderen Seite362. Beispielhaft seien einige Unterschiede zwischen der bohairischen und äthiopischen Version sowie der arabischen Fassung und VA-V Borg. Copt. 134 genannt: In den erstgenannten Versionen trägt Schenute dem Geschäftsmann auf, zu den Dieben zu sagen: ,Schenute sagt: kommt zu mir ... während er in den anderen beiden Fassungen nur ausrichten lässt: ,Der (große) Mann ruft dich'. In den erstgenannten Versionen ist der folgende Dialog zwischen dem Geschäftsmann und dem Dieb ausgeführt, in den anderen Fassungen nicht. In der arabischen Version und in VA-V Borg. Copt. 134 bittet Schenute den Geschäftsmann, ihm einen silbernen Tisch mitzubringen, auf dem sein Name steht; in der bohairischen und äthiopischen Version fordert er ihn auf, ihm das erste, was er findet, zu kaufen. In den letzteren Versionen wird die Gravur des Namens Schenutes auch später nicht erwähnt. In der arabischen Fassung und in VA-V Borg. Copt. 134 verspricht Schenute dem Seemann den doppelten Lohn, in den anderen Fassungen nichts dergleichen. Es gibt aber auch ,minor agreements' zwischen den Überlieferungsströmen. So wird in der arabischen Version nicht von dem dritten Treffen zwischen dem Geschäftsmann und dem Händler nach zwei Tagen berichtet, aber in den drei anderen Fassungen inklusive VA-V Borg. Copt. 134. Dafür fehlt in VA-V Borg. Copt. 134 der Hinweis darauf, dass der Tisch gestohlen worden war, was aber in allen anderen Versionen erwähnt wird. 361 Die singularische Lesart findet sich ebenfalls in Mt 16,19 der sahidischen Version des Matthäus-Evangeliums. 362 Von der syrischen Version ist nur der erste Satz von E 24 überliefert. Sie kann daher nicht in die Untersuchungen einbezogen werden.
102
Die
Quellenlage
Zusammenfassung VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 weisen eine deutliche Nähe zu der arabischen Version auf. 8.5 Fragwürdige Zuordnungen zur Vita Sinuthii Die folgenden Texte wurden in der Forschung ebenfalls zur Vita Sinuthii gezählt. Warum sie in dieser Arbeit nicht in die Untersuchungen der Vita Sinuthii einbezogen werden, wird im folgenden für jeden Text begründet. 8.5.1 AT-NB K 9588 In der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek befinden sich unter der Signatur K 9588a-d vier Fragmente desselben Kodex aus Papyrus, die von Orlandi veröffentlicht und ins Italienische übersetzt wurden363. Orlandi datiert die Bruchstücke, die jeweils nur aus Halbsätzen bestehen und deren Paginierung verloren gegangen ist, auf das sechste Jahrhundert und schließt nicht aus, dass diese Fragmente ursprünglich aus der Bibliothek von Schenutes Kloster stammten und somit zum ältesten erhaltenen Teil dieser Bibliothek gehören364. AT-NB K 9588a recto berichtet von Schenute und von etwas, das die Form eines Schiffes hat und sich in der Luft befindet. Was mit letzterem genau gemeint ist, kann dem Fragment nicht entnommen werden. AT-NB K 9588a verso handelt von einer Person, der betet. Laut Orlandi entspricht AT-NB K 9588a Paragraph 21 des bohairischen Text (,Nachfrage Kyrills nach Wolkenreise' [E 9/4]) und stellt ein wichtiges Zeugnis der sahidischen Redaktion der Vita Sinuthii dar. AT-NB K 9588b erwähnt ein Lob, dem keine fleischliche Zunge mächtig ist, und einen Namenlosen, der zum Volk predigt und von etwas Ungenanntem hinabsteigt. Orlandi vermutet, dass diese Textfragmente dem Paragraph 91 des bohairischen Textes (,Besuch Davids' [E 44]) entsprechen. AT-NB K 9588c-d vermag Orlandi nicht einzuordnen. Die Zuordnung von AT-NB K 9588a zu E 9/4 ist nicht eindeutig, was Orlandi insofern andeutet, als er das Fragment als eine sahidische, von der bohairischen zu unterscheidende Redaktion bewertet. Zwar berichten drei Episoden, E 9/2, E 9/4 und E 27/3 (,Wolkenreise zu Theodosius'), von einer Wolkenreise Schenutes. Keine dieser Wolken hat jedoch die Form eines Schiffes. AT-NB K 9588a recto ist demnach keiner dieser Episoden mit Sicherheit zuzuordnen. Dass nicht jede Erwähnung Schenutes und einer Wolkenreise zur Vita Sinuthii gehören muss, zeigt eine syrische 363 364
Z u f o l g e n d e m s. T . ORLANDI, Papyri, 1 6 1 - 6 3 , t a v o l a 2 6 . T. ORLANDI, Library, 2 2 3 f . V g l . T. ORLANDI, Papyri, 19.
Die sahidischen
Fragmente
103
Handschrift, die von einer Begegnung zwischen Paphnutius und Dioskur berichtet und in diesem Zusammenhang auch eine Reise Schenutes mit einem Wolkenwagen erwähnt 365 . Noch vager ist die Verbindung von ATNB K 9588b und E 44, da es keine wörtliche Parallele gibt und der Inhalt des Fragments kaum noch zu erschließen ist. So könnte z.B. auch die Episode ,Schenute vor dem Dux' (E 66) als Entsprechung herangezogen werden, da Schenute hier vor dem Volk spricht und danach aus der Luft herabgelassen wird. Ferner lässt sich allein aus der Erwähnung Schenutes in AT-NB K 9588a nicht schließen, dass alle Fragmente von Schenute handeln 366 . Aufgrund der bruchstückhaften Überlieferung und der Unsicherheit des Inhalts wird AT-NB K 9588a-d daher in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt. 8.5.2 EG-C C.G. 8088f.
2
Crum erwähnt im Katalog des Museums von Kairo drei Pergamentblätter, die u.a. Teile des Martyriums von Peter von Alexandria und einen Dialog zwischen einem Unbekannten und dem Hegemon Pyrros enthalten 367 . Außerdem wird Schenutes „geistliche Kampfeskunst" 368 aufgeführt: „apparently as an example of holiness or as a witness to Christ" 369 . Dieser Hinweis führte wahrscheinlich zur Aufnahme von EG-C C.G. 8088 f. 2 unter die Rubrik ,Sinuthii vita' im CMCL. Da es nicht gelungen ist, eine wörtliche Parallele zum Ausdruck „geistliche Kampfkunst" zu finden und die Angaben ansonsten zu unpräzise sind, steht zu vermuten, dass Schenute hier nur in einer Randbemerkung erwähnt wird. Daher wird dieser Text in dieser Arbeit nicht weiter behandelt werden. 8.5.3 GB-BL Or. 3581B f f . 73-74
Diese beiden Fragmente wurden von Crum unter einer Nummer katalogisiert und veröffentlicht 370 und scheinen daher für Crum zusammenzugehören. GB-BL Or. 3581B f. 73 überschreibt Crum mit „Shenoute, life or eulogy on", während er in bezug auf GB-BL Or. 3581B f. 74 lediglich
365
F. NAU, Histoire, 298f. So wurde ein Teil der Vita des Apa Pidjimi, in dem Schenute erwähnt wird, fälschlicherweise der ,Vita Sinuthii' zugeordnet (E. AMELINEAU, Monuments, 247; vgl. H.G. 366
EVELYN-WHITE, M o n a s t e r i e s ,
157.162).
367
W.E. CRUM, Coptic Monuments, 27f, Nr. 8088a-b.
368
M N T e q s i N M i u j e WINTRON, W . E . C R U M , C o p t i c M o n u m e n t s , 2 8 .
369
W.E. CRUM, Coptic Monuments, 28. W.E. CRUM, Catalogue, 165f, Nr 353.
370
104
Die
Quellenlage
darauf hinweist, dass hier ein Wunder eines Heiligen, „presumably Shenoute", erzählt werde371. Den 16 erhaltenen Zeilen von GB-BL Or. 3581B f. 73r i372 ist zu entnehmen, dass ein Mann, dank der Gebete eines Greises, einen Sohn zeugt. Anschließend fordert der Sprecher die Brüder, die im Vokativ angesprochen werden, zur Hoffung auf und versichert ihnen, dass Gott das Flehen der Gerechten erhöre. Diese Versicherung wird in GB-BL Or. 3581B f. 73r ii wiederholt und könnte daher eine Art Kehrvers sein373. GBBL Or. 3581B f. 73v ii berichtet, dass Schenute im Alter von drei Jahren an schwache Menschen Ohrfeigen zu verteilen pflegte. Von Voraussagungen und Träumen vor Schenutes Geburt und von der Geburt selbst berichtet der arabische Text und - zumindest von der Geburt - WV frg. 1 (E 1). Simpson vermutete daher eine Parallele zwischen GBBL Or. 3581B f. 73 und E 1/4, er schränkte jedoch selbst ein: „the fragment relating to the birth of Shenoute ... in so far as can be seen from such a short extract, is not very close to the Ar[abic] version" 374. Da aber von Schenutes Handlungen als Dreijährigem in keiner bekannten Version berichtet wird und die Hinweise auf Schenutes Geburt nur sehr vage sind, liegt an dieser Stelle keine eindeutige Parallele vor. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei GB-BL Or. 3581B f. 73 um ein Bruchstück aus einem hagiographischen Text über Schenute handelt, die Textgrundlage ist aber bei weitem zu fragmentarisch, um weitere Aussagen über den Text machen zu können. Daher wird GB-BL Or. 3581B f. 73 in dieser Arbeit nicht weiter behandelt. Den wenigen erhaltenen Zeilen von GB-BL Or. 3581B f. 74 ist zu entnehmen, dass eine Frau die Erfüllung einer Bitte zugesagt wird und eine dieselbe? - Frau aufgefordert wird, ein wenig Wasser zu trinken. In E 1/1, die nur in der arabischen Version überliefert ist, trifft Mar Hrsisios auf Schenutes Mutter beim Wasserschöpfen. Es wird jedoch weder berichtet, dass seine Mutter Wasser trinkt, noch davon, dass sie eine Zusage erhält. Eine engere Parallele findet sich dagegen in einer Lobrede auf Apollo, den Archimandriten des Klosters von Isaak375. Apollo fordert hier eine unfruchtbare Frau, die ihn um seine Hilfe angefleht hat, auf, Wasser zu trinken. Die Frau schöpft und trinkt zweimal und wird die Mutter von zwei Söhnen. Es kann daher nicht als sicher gelten, dass GB-BL Or. 3581B f. 74 371
W.E. CRUM, Catalogue, 166. Da CRUM den Text fortlaufend abdruckt, sei hier die Abgrenzung der Spalten und Seiten nachgetragen. GB-BL Or. 3581B f. 73r i geht von x e n n o y t T e bis NIM. ZU GB-BL 372
O r . 3 5 8 1 B f. 7 3 r ii g e h ö r t d e r H a l b s a t z : ^ q c t u [ T M e n c o n c ] MnA[iKAaoc H i , ] N c « e .
Rest ist GB-BL Or. 3581B f. 73v ii. 373 Vgl. den Refrain von GB-BM EA 71005/1,4-9; 3,2-6; 3,9-13; 9,4-10. 374
R . S . SIMPSON, L i v e s , 3 8 , v g l . 5 8 .
375
K.H. KUHN, Apollo, 30,5-20; 47, i . l - i i . 9 .
Der
Die sahidischen Fragmente
105
von Schenute handelt, weshalb der Text in die Untersuchungen dieser Arbeit nicht einbezogen wird. 8.5.4 GB-BMEA 71005 Die von Behlmer und Alcock376 edierte Handschrift aus dem British Museum besteht aus sieben unpaginierten Blättern eines Papyruskodexes, der frühestens aus dem sechsten Jahrhundert, vermutlich aber aus dem siebten Jahrhundert stammt377. GB-BM EA 71005 gehörte seit 1837 zur Kollektion von John Lee und wurde von M.G. Schwartze in Lees Haus transkribiert378. 193 5 wurde die Kollektion Lees vom British Museum erworben. Während der Großteil dieser Kollektion in die British Library überführt wurde, blieb GB-BM EA 71005 zusammen mit zwölf weiteren Papyrusfragmenten im Department of Egyptian Antiquities des British Museum379. 1985 wurde der Text im Rahmen einer Ausstellung über Koptische Kunst im Museum of Art der Rhode Island School of Design gezeigt und von Emmel als die Vorlage für Schwartzes Transkription identifiziert, über deren Schicksal nichts bekannt gewesen war380. 1996 wurde GB-BM EA 71005 von Behlmer und Alcock mit englischer Übersetzung ediert381. Aufgrund von paleographischer Übereinstimmung gehen Behlmer und Alcock davon aus, dass GB-BM EA 71005 von derselben Hand geschrieben wurde wie der British Library Papyrus XLVIII fr. 1825, der laut Crum aus der Anastasi Kollektion stammt382. Darüber hinaus machen Behlmer und Alcock keine Angaben über die Herkunft des Papyrus. Der Text enthält Berichte über Wunder, die durch eine Überschrift und einen Kehrvers eingeleitet werden. Das Rubrum ist nur lückenhaft erhalten, die Zuordnung des Textes zu Schenute ist jedoch deutlich (71005/1,13 )383. Der Kehrvers (71005/1,4-9), der sich in ähnlicher Form auch in 71005/3,2-6; 71005/3,9-13 und 71005/9,4-10 findet, versichert, dass Gott den erretten werde, der ihn anruft 384 . Es werden fünf Wunder berichtet, von
376 377 378 379 380 381 382 383
H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana. H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 3. ST. EMMEL, Corpus, 381 Anm. 4 7 3 ; H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 1. Zu folgendem s. auch H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 1. ST. EMMEL, Corpus, 382. H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana. H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 4, mit Anm. 13 und 14. G B - B M EA 7 1 0 0 5 / 1 3 , 1 - 3 (Behlmer/Alcock 6): o\x «e. .TNneToy^B
^n^qjeNOYTe. Übersetzung, S. 15: „A [discourse by our] holy [father] Apa Shenoute". Behlmer und Alcock vermuten, dass für discourse ursprünglich x o r o c stand; H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 5. 384 Vgl. Joel 3,5; Röm 10,13.
106
Die
Quellenlage
denen das erste den Episoden E 19, E 69/2 und E 77 ähnelt und das vierte Wunder Parallelen in E 19 und E 69/2 hat. Die Beziehung von GB-BM EA 71005 zur Vita Sinuthii ist umstritten. Tattam hatte 1837 GB-BM EA 71005 als „part of the Life of St. Shenuti in Sahidic" bezeichnet385. Pearson zeigte in seiner Beschreibung der Handschrift im Katalog der Ausstellung in Providence, Rhode Island, Parallelen zwischen GB-BM EA 71005 und der bohairischen Version auf und nannte den Text ebenfalls „Life of Shenoute"386. Dagegen betonten Behlmer und Alcock: „There are several striking peculiarities to it [i.e GB-BM EA 71005] which set it apart from both the Vita fragments preserved in Sahidic and the rest of the Shenoutean hagiographical tradition"387. Solche Besonderheiten seien die Bestimmung des Textes in der Überschrift als „discourse ( x o r o c ) " des Schenute und nicht als Sammlung von Wundern, die Besa berichtet, wie z.B. in der bohairischen Version. Der Überschrift entsprechend werden die Wunder von Schenute selbst in der 1. Pers. Sg. erzählt, wobei autobiographische Erzählungen in der hagiographischen 1DO
Literatur überaus selten sind . Ferner sei der schlichte Stil des Textes untypisch für Schenute, woraus Behlmer und Alcock folgern, dass GB-BM EA 71005 das Werk eines Schülers Schenutes, vermutlich Besas, sei. Im Gegensatz zu Behlmer und Alcock zählt Emmel GB-BM EA 71005 als Werk Schenutes mit dem Titel ,You Know, O Brethren' 389 , wobei auch eine Rolle spielen mag, dass Emmel stilistische Argumente nicht als Kriterium für seine Rekonstruktion des Corpus Sinuthii anerkennt390. Damit stimmt Emmel aber mit Behlmer und Alcock insofern überein, als er GB-BM EA 71005 nicht zur Vita Sinuthii zählt. Dementsprechend wird GB-BM EA 71005 auch in dieser Arbeit nicht als zur Vita Sinuthii gehörend bezeichnet, wobei hier neben den Unklarheiten in bezug auf den Verfasser hervorzuheben ist, dass die Übereinstimmungen von GB-BM EA 71005 mit den Langversionen im Aufbau sowie in den berichteten Episoden nicht groß genug sind. 8.5.5 GB-BM EA 71005 Das von Behlmer und Alcock edierte Fragment GB-BM EA 71005, das mit dem Namen Schenutes verbunden ist, berichtet fünf Wunder, die z.T. den in der Vita Sinuthii erzählten Wunderepisoden sehr nahe stehen. 385
H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 1. Pearson in: Friedman, Beyond the Pharaohs, 235. 3 8 7 H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 5. 388 Zu folgendem s. auch H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 5f. Vgl. jedoch E 31 in der syrischen Variante, in der Schenute den Jüngern das Geschehene berichtet und dabei von sich selbst in der 1. Pers. Sg. spricht. 389 ST. EMMEL, Corpus, 381f.683. 390 ST. EMMEL, Corpus, 31. 386
Die sahidischen
Fragmente
107
Das erste Wunder (71005/1,9-4,2) berichtet in der 1. Pers. Sg. von einer Weizenvermehrung während einer Hungersnot. Ähnliches wird auch in E 19, E 69/2 und E 77 geschildert 391 . Das Brotwunder (E 19) berichtet in der bohairischen und äthiopischen Version von einer Dürre 392 und in der arabischen Fassung von einer Dürre und einer Hungersnot 393 . Wie im GBBM EA 71005 kommen Leute, die in E 19 aus Smin und Psoi stammen, zu den Mönchen, und es stellt sich die Frage, wie alle versorgt werden können. GB-BM EA 71005 berichtet nun weiter, dass ein Bruder zum Brotkaufen in die Stadt geschickt, aber von den Bewohnern abgewiesen. Auch in der Episode , Weizenwunder und Besuch der Heiligen' (E 77), die nur in der arabischen Version überliefert ist, wird Besa von Schenute nach Akhmim geschickt, wo ihm keiner etwas verkaufen will. In beiden Texten gehen die Mönche nun in die Kirche, um zu beten, woraufhin sich in der Kirche394 eine hell leuchtende Menge von Weizen auftürmt. Während E 77 weiter von Erscheinungen vieler Heiliger berichtet, heißt es im Text von Behlmer und Alcock, dass die Mönche den Weizen zuerst zur Mühle 395 , dann zur Bäckerei bringen und nun genug Mehl für sechs Monate vorhanden ist. Die Angabe von sechs Monaten im Zusammenhang mit einem Brotwunder findet sich auch in der Episode ,Der Schatz der Segnung' (E 69/2). Im zweiten Wunder (71005/4,2-6,6) wird von Männern berichtet, die sich auf dem Weg „zu mir" (71005/4,3) über den Vater unterhalten, wobei einer leugnet, dass der Vater ein Mann Gottes sei. Beim Vater angekommen, fragt sie dieser nach ihrem Gespräch, und es stellt sich heraus, dass ihm bekannt ist, was auf dem Weg gesprochen wurde. Der Vater ermahnt, dass jeder für das, was er sagt, vor Gott verantwortlich sei. Es ist umstritten, wer in dieser Episode der Sprecher in der 1. Pers. Sg. und wer der ,Vater' ist. Die Überschrift und die erste Episode legen nah, dass der Sprecher Schenute ist. Schenute wäre dann in dieser Episode vom , Vater' zu unterscheiden mit der Folge, dass das zweite Wunder kein Wunder Schenutes wäre, sondern eines seiner Vorgänger, d.h. entweder Pcols oder Ebonhs 396 . Behlmer und Alcock vermuteten dagegen, dass sich in dieser Episode der wahre Autor des Textes zeige, der nicht Schenute selbst, sondern ein Schüler von ihm, vermutlich Besa, sei; Besas Text sei 391
Vgl. zu folgendem: H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 15 Anm. 54; 16 Anm.
392
J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 20, Z. 5; G. COLIN, Version éthiopienne (translatio),
59. 18, Z. 19. 393 É. AMÉLINEAU, Monuments, 351, Z. 13f. Vgl. der zweite Zeuge des äthiopischen Textes, MS B: G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 18 Anm. 2. 394 Das Brotwunder (E 19) und die Brotvermehrung in E 69/2 ereignen sich in der Vorratskammer. 395 Von einem Weizenwunder in der Mühle erzählen B o 5/3, Ar 9/3 und Äth 6/3. 396 So Emmel laut H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 6 Anm. 21.
108
Die
Quellenlage
Schenute nur pseudepigraphisch zugeschrieben worden397. Der Sprecher in der 1. Pers. Sg. sei am Anfang des Textes Schenute. In 71005/4,15 fände ein Personenwechsel statt: Der Ich-Erzähler sei nun der Bruder und eigentliche Autor des Textes, der ,Vater' Schenute. Zu Beginn des dritten Wunders wechsele der Erzähler zurück, der Ich-Erzähler sei nun wieder Schenute. Emmel sieht dagegen keine Notwendigkeit für einen Wechsel der Person im zweiten Wunder und versteht den Text als ein Werk Schenutes, in dem er aus seinem Leben berichtet, bevor er Vorsteher des Weißen Klosters wurde398. Der ,Mann Gottes' sei nicht der Sprecher, also Schenute selbst, sondern einer seiner Vorgänger, Pcol oder Ebonh. Eine Klärung der Frage nach dem Sprecher bzw. den handelnden Personen lässt sich durch nicht durch einen Abgleich mit Parallelstellen erreichen. Von der Hellsichtigkeit Pcols wird in E 3/1 berichtet399. Von Ebonh sind keine Wunder überliefert, was schlüssig ist, da er einer damnatio memoriae anheim fiel. Schenutes Hellsichtigkeit ist ein häufiges Motiv400. GB-BM EA 71005/4,2-6,6 erinnert besonders an die Episode ,Der ungläubige Sekretär des Apa Martyrius' (E 34)401, ohne eine direkte Parallele zu ihr zu sein. In E 34 bestreitet Johannes, der Sekretär des Apa Martyrius, auf dem Weg zu Schenute, dass dieser ein Prophet sei. Im Kloster angekommen, konfrontiert Schenute Johannes mit seinen Aussagen und weist ihn zurecht402. Weder für Schenute noch für einen seiner Vorgänger ist eine direkte Parallele für diese Episode überliefert, so dass die Verfasserfrage nicht anhand dieser Episode entschieden werden kann. Das dritte Wunder (71005/6,7-10,12) handelt von einem reichen Mann, der sich auch durch Schenute als dem Ich-Erzähler nicht dazu bewegen lässt, seinem armen Verwalter (OIKONOMOC) Schulden zu erlassen. Durch ein Wunder, das von Schenute angekündigt wird, kann der Verwalter alles zurückzahlen und sogar noch etwas an die Armen geben. Der reiche Mann nimmt das Geld ohne Skrupel an und fallt anschließend tot vom Pferd. Sein Diener ist so betrübt über den Tod seines Herren, dass Schenute diesem Wasser gibt, durch das er wieder lebendig wird. Daraufhin gibt er seinen Besitz den Armen und wird Mönch. Von Schenutes Einsatz für die Armen und Bedrängten sind viele Beispiele überliefert 403 . Das Motiv eines Verwalters ( n p o N O H T O c ) , der seine 397
Zu folgendem s. H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 6. H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 6 Anm. 21. 399 In der Episode , Schenute segnet P£ol' wird berichtet, dass Schenute mit seinem Vater zu PCol unterwegs ist. PCol ,weiß' von ihrem Kommen, läuft ihnen zusammen mit seinen Besuchern entgegen und bittet Schenute, ihn zu segnen, wobei er Schenute , Vater' und .Archimandrit' nennt. 400 Vgl. z.B. E 4/5; 8; 22; 23; 24; 34; 36/4 und 45. 401 Vgl. H. BEHLMER/A. Alcock, Shenoutiana, 17 Anm. 62. 402 Vgl. auch E 2 2 (,Der misstrauische Almosengeber'). 403 Vgl. z.B. E 19; 36/1; 37; 38; 40; 43 und 76. 398
Die sahidischen
Fragmente
109
Schulden nicht bezahlen kann, findet sich auch in der Geschichte vom schändlichen Gefängniswärter' (E 37). Die Episode ,Der arme Schuldner', die nur im arabischen Text überliefert ist (E 65), hat nicht nur ein ähnliches Thema, ihr folgt auch, wie dem dritten Wunder des Papyrus', ein Brotwunder (E 69). Von einer Totenerweckung erzählt die Episode vom Glasbläser (E 72). Hier ist es jedoch Jesus Christus, der den Toten ins Leben zurückholt, aufgrund der Neugierde Schenutes über das Schicksal des Toten. Schenute selbst erweckt nur einen Fisch zum Leben, um dem Kaiser die Speisevorschriften der Mönche zu verdeutlichen (E 36/3). Das vierte Wunder (71005/10,13-12,7) schildert, dass am Abend des Sabbat kein Brot im Kloster war, um die Besucher zu verköstigen. Nach Gebeten Schenutes und der Brüder quillt der Vorratsraum über vor Brot. Von einem Wunder, bei dem die Brotkammer überquillt, erzählen auch das ,Brotwunder' (E 19) sowie die Episode vom ,Schatz der Segnung' (E 69/2). FR 95 nennt darüber hinaus noch den Sabbat als Tag des Geschehens. Das fünfte und letzte Wunder ist nur bruchstückhaft erhalten (71005/12,7-?) und beschreibt den Diebstahl von zwei Broten durch einen armen Mann für seine hungernden Kinder. Auf 71005/13,x+3 wird vermutlich Besa als der Bruder genannt, an den sich der Ich-Erzähler wendet404. Von einem Mann, der sich in Sorge um seine Kinder an Schenute wendet, handelt die Episode ,Der arme Mann und der Kürbis' (E 76). Weitere Ähnlichkeiten bestehen jedoch nicht. GB-BM EA 71005 weist in den Brotwundern viele Parallelen mit der Vita Sinuthii auf, die übrigen Wunder sind nicht jedoch in der Vita überliefert. Außerdem ist unklar, ob die Wunder von Schenute oder seinen Vorgängern ausgeführt wurden, wie die unterschiedliche Interpretation des zweiten Wunders durch Behlmer und Alcock und durch Emmel belegt. 8.5.6 IT-NB IBM f . 57
IT-NB IBM f. 57 wird im CMCL als zur Vita Sinuthii gehörend aufgeführt, wobei hier vermutlich eine Verwechslung mit IT-NB IBM f. 56 vorliegt. Zoega führt in seinem Katalog von 1810 unter der Nummer 293 neben zwei paginierten Blättern, auf die hier nicht weiter eingegangen werden muss, zwei weitere Blätter auf 405 . Das erste Folium ist laut Zoega eine Grabrede auf einen Geistlichen oder Mönch, das zweite Blatt, das, wie wird heute wissen zur Vita Sinuthii gehört, bezieht sich auf einen Mann, 404 GB-BM EA 71005/2,3-4 (Behlmer/Alcock 14): [. . , n e x ] x i míicoh x 6 b h [ c \ tcuoJyn. 405 G. ZOEGA, Catalogus, 634f.
110
Die
Quellenlage
der als Prophet verehrt wird406. Verwirrenderweise trägt das Fragment der Vita Sinuthii heute die Signatur IB14 f. 56, während die Grabrede, die bei Zoega zuerst genannt wurde, IT-NB IB14 f. 57 ist. Die Reihenfolge ihrer Signaturen ist also gegenüber der Erwähnung bei Zoega vertauscht, was einer Verwechslung Vorschub leisten kann. 8.6 Zusammenfassung Auf sahidisch sind 26 Blätter oder Fragmente von Blättern der Vita Sinuthii erhalten, die aus der Bibliothek des von Schenute geleiteten Klosters stammen. Diese Blätter sind heute auf fünf Bibliotheken und Sammlungen verteilt. Der größte Teil von ihnen, das sind elf Blätter, befindet sich in der Bibliothèque nationale de France in Paris, weitere acht Blätter liegen in der Biblioteca Nazionale in Neapel. Jeweils drei Blätter werden im Koptischen Museum in Kairo und in der British Library in London aufbewahrt, ein Blatt gehört zur Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Bis auf zwei Blätter (EG-C C.G. 9251 und GB-BL Or. 3581 f. 72) stammen diese Blätter ursprünglich aus vier Handschriften aus Schenutes Kloster, von denen keine annährend vollständig erhalten ist. Der Großteil der Fragmente, insgesamt 13 Blätter, gehören zu dem Kodex MONB.FR, den Tito Orlandi im Rahmen seiner Arbeit am Corpus dei Manoscritti Copti Letterari (CMCL) rekonstruierte. Stephen Emmel vergab an drei Blätter das Siglum MONB.WX, der parallel zu Kodex MONB.FR ist. Kodex MONB.WU, der aus zwei Blättern besteht, und Kodex MONB.WV, von dem sechs Blätter erhalten sind, wurden im Rahmen dieser Arbeit zusammengestellt und mit ihren jeweiligen Sigla benannt. Darüber hinaus sind zwei sahidische Fragmente überliefert, deren jeweiliger Entstehungsort nicht bekannt ist. Eines von ihnen, ein Doppelblatt, ist in dem Department of Egyptian Antiquities des British Museum in London zu finden. Das andere besteht aus sechs Blättern einer Handschrift aus Papier und befindet sich in der Biblioteca Apostólica Vaticana. Die folgende Tabelle enthält alle sahidischen Fragmente der Vita Sinuthii, ihre Bezeichnungen in dieser Arbeit, ihre Zuordnung zu Kodizes und ihre Editionen, die hier mit ihrem Erscheinungsdatum gekennzeichnet werden, und ihre Übersetzungen. In alphabetischer Reihenfolge werden zuerst die Kodizes aus dem Kloster Schenutes und anschließend die übrigen Fragmente aufgeführt.
406 G. ZOEGA, Catalogus, 634f: „alterum ... spectans ad laudationem funebrem clerici cujusdam sive monachi, alterum ad historiam viri qui prophetae nomine honoratur."
Die sahidischen
111
Fragmente
Tabelle 14: Zusammenfassender Überblick über die sahid. Fragmente Kodex Manuskript Edition Übersetzung FR 25/26 FR 37/38 FR 43/44 FR 45-48
FR-BN copte 12912 f. 78 FR-BN copte 12912 f. 76 FR-BN copte 12912 f. 77 EG-C C.G. 8019 ff. 1-2
Amäineau, 1888-95,635-636 (Nr. II) Amilineau, 1888-95,639-640 (Nr. V) Amelineau, 1888-95,641-642 (Nr. VI) Bouriant, 1883,152-153 (auszugsw.) Amelineau, 1888-95,642-644 (Nr. VII) erwähnt bei Crum, 1902,9 Till, 1955,292-293 (45 ii.21-47ii.18) Zoega, 1810, Nr. 182 (auszugsw.) FR 53-60 IT-NB 1B2 ff. 13-16 Revillout, 1874,394-95 (53 ¡.1-54 ¡.17) Amelineau, 1888-95,237-241 (Nr. B) Till, 1955,291-292 (54 ii.15-57 i.4) 12 -80 Amelineau, 1888-95,644-646 (Nr. VIII) FR 77-80 FR-BN copte 129 ff. 7912 Amilineau, 1888-95,646-647 (Nr. IX) FR 83/84 FR-BN copte 129 f. 81 12 Amilineau, 1888-95,647-648 (Nr. X) FR 95/96 FR-BN copte 129 f. 82 12 Amelineau, 1888-95,636-637 (Nr. III) FR-BN copte 129 f. 83 WU 31/32 Amäineau, 1888-95,638-639 (Nr. IV) WU 49/50 FR-BN copte 12912 f. 84 Amelineau, 1888,633-634 (Nr. I) WV frg. 1 FR-BN copte 12912 f. 75 im Anhang dieser Arbeit Crum, 1905, Nr. 351 f. 1 WV 33/34 GB-BL Or. 3581B f. 70 im Anhang dieser Arbeit im Anhang dieser Arbeit WV 35/36 AT-NB K 9471 Amelineau, 1888-95,649 (Nr. XI) WV frg. 2 FR-BN copte 12913 f. 91 im Anhang dieser Arbeit im Anhang dieser Arbeit WV frg. 3 GB-BL Or. 3581B f. 71r Crum, 1905, Nr. 351 f. 2 GB-BL Or. 3581B f. 71 v im Anhang dieser Arbeit im Anhang dieser Arbeit, WV frg. 4 IT-NB IB14. f. 56 erwähnt bei Zoega, 1810, Nr. 293 f. 3 Zoega, 1810, Nr. 183 f. 1 (auszugsw.) WX frg. 1 IT-NB IB2 f. 17 Amelineau, 1888,241-243 (Nr. C) Zoega, 1810, Nr. 183 ff. 2-3 (auszugsw.) WX frg. 2-3 IT-NB IB2 ff. 18-19 AmtSlineau, 1888,243-247 (Nr. C) Munier, 1916, 64f EG-C C.G. 9251 Crum, 1905, Nr. 352 GB-BL Or. 3581Bf.72 Shore, 1979,136-139 GB-BMEA 10820 2-7 im Anhang dieser Arbeit VA-V Borg. Copt. 134 ff.
Amélineau, 1888-95,635-636 Amélineau, 1888-95,639-640 Amélineau, 1888-95,641-642 Amélineau, 1888-95,642-644
Amélineau, 1888-95,237-241
Amelineau, 1888-95,644-646 Amelineau, 1888-95,646-647 Amelineau, 1888-95,647-648 Amelineau, 1888-95,636-637 Amelineau, 1888-95,638-639 Amelineau, 1888-95,633-634 im Anhang dieser Arbeit im Anhang dieser Arbeit im Anhang dieser Arbeit Amilineau, 1888-95,649 im Anhang dieser Arbeit im Anhang dieser Arbeit im Anhang dieser Arbeit im Anhang dieser Arbeit
Amélineau, 1888-95,241-243 Amélineau, 1888-95,243-247
Shore, 1979,140-141 im Anhang dieser Arbeit
Die folgenden Fragmente werden in dieser Arbeit nicht zur Vita Sinuthii gezählt:
112
Die
Quellenlage
Tabelle 15: Sahidische Fragmente, die nicht zur Vita Sinuthii gezählt werden Manuskript
Edition
Übersetzung
AT-NB K 9 5 8 8
Orlandi, 1974, 162f
Orlandi, 1974, 162f
EG-C C.G. 8088 f. 2
Crum, 1902, 28
GB-BL Or. 3581B f. 73 Crum, 1905, Nr. 353 f. 1 GB-BL Or. 3581B f. 74 Crum, 1905, Nr. 353 f. 2 IT-NB IB 14 f. 57
erwähnt bei Zoega, 1810,
GB-BM EA 71005
Behlmer/Alcock, 1996, 6 - 1 5
Nr. 293 f. 2 Behlmer/Alcock, 1996, 15-19
Die Fragmente der Vita Sinuthii wurden darüber hinaus in Hinblick auf die Reihenfolge der Episoden bzw. der in den jeweiligen Fragmenten aufgeführten oder ausgelassenen Episoden und in Hinblick auf ihren Wortlaut untereinander und mit den Langversionenn verglichen. Dabei konnte für einige sahidische Fragmente eine besonders große Nähe zu einer der Langversionen nachgewiesen werden konnte. Der Kodex WV, das Fragment GB-BL Or. 3581B f. 72 und VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 stimmen sowohl in den aufgeführten Episoden als auch im Wortlaut einiger Episoden mit der arabischen Version überein. Diese Nähe zeigt sich insbesondere in Episoden, die sich in keiner der anderen Langversionen finden, bzw. in Episoden, die sich in der arabischen Version von den anderen Langversionen unterscheiden. Da diese Texte nur fragmentarisch erhalten sind, ist ein Textvergleich nur für wenige Sätze von GB-BL Or. 3581B f. 72 und VA-V Borg. Copt. 134 f. 5 in E 27/4 möglich/An dieser Stelle steht VA-V Borg. Copt. 134 dem Text der arabischen Version deutlich näher als GB-BL Or. 3581B f. 72. Durch WV und VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 werden mehrere Episoden, die in der arabischen Version, nicht aber in der bohairischen und äthiopischen oder in einer der syrischen Fassungen vorkommen, mit einer sahidischen Parallele bestätigt: E 1/4.6.11.12.25.29.43/2. In diesen Episoden, aber auch in E 7 und E 31 stimmen die genannten sahidischen Texte sowie das Fragment GB-BL Or. 3581B f. 72 mit der arabischen Fassung oftmals wörtlich überein. Dagegen ist für diejenigen Episoden, die sich neben den sahidischen Fragmenten, also Kodex WV und VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7, und der arabischen Version auch in der bohairischen und äthiopischen Version finden lassen, eine weniger große Übereinstimmung im Wortlaut der sahidischen Fragmente mit der arabischen Fassung festzustellen. Daher kommt keines der drei sahidischen Fragmente als unmittelbare Vorlage der von Amélineau veröffentlichten arabischen Version in Frage, wobei jedoch beachtet werden muss, dass die arabische Version von Amélineau aus mehreren Handschriften zusammengestellt wurde. Dennoch ist mit großer Wahr-
Interpretation
113
scheinlichkeit anzunehmen, dass Kodex WV und die Handschriften, aus den VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 und GB-BL Or. 3581B f. 72 stammen, ursprünglich alle Episoden der arabischen Version enthielten. Der sahidische Kodex WU führt - soweit sich dies anhand von vier Seiten sagen lässt - dieselben Episoden wie die bohairischen Version auf. Auf der Wortebene ist insbesondere für die Episode E 31 eine größere Nähe zu der bohairischen und der syrischen Version als zur arabischen Fassung festzustellen, die von letzterer Fassung repräsentierte Überlieferung ist aber bei weitem einheitlicher, als es für WU und die bohairische und syrische Version der Fall ist. In den übrigen Episoden weist WU keine auffalligen wörtlichen Übereinstimmungen mit der bohairischen Version auf und kommt daher als Vorlage derselben nicht in Frage. Keines der sahidischen Fragmente vertritt dieselbe Auswahl von Episoden wie die äthiopische Version (und das syrische Fragment aus London), noch lässt sich auf der Wortebene eine besondere Nähe einer der sahidischen Kodizes oder eines sahidischen Fragments zur äthiopischen Version nachweisen. Die Frage, ob eines der sahidischen Fragmente die direkte Vorlage für eine der Langversionen bzw. deren Vorläufer war, muss folglich verneint werden. Die Kodizes FR und WX zeichnen sich gegenüber allen übrigen Versionen durch Eigenständigkeit aus, die sich in ausführliche Einleitungen zu den einzelnen Episoden, die häufige Angabe von Zeugen und eine Vorliebe für Zitate manifestiert. EG-C C.G. 9251 und GB-BM EA 10820 berichten häufig in kürzerer Form als die übrigen Versionen.
9 Interpretation Die Diskussion um das Verhältnis der bohairischen und der arabischen Version hat durch die Rekonstruktion der sahidischen Kodizes FR, WX, WU und WV, durch die Entdeckung von VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 und der äthiopischen Fassung sowie durch die Einbeziehung des syrischen Fragments aus London neue Impulse erhalten. So hat sich gezeigt, dass es eine weitaus größere Variabilität des Umfangs der verschiedenen Versionen als bisher angenommen gibt. Den größten Umfang weisen die arabische Version sowie die sahidischen Kodizes WV und VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 auf. Die zweitgrößte Anzahl von Episoden enthalten die äthiopische Version und die von Guidi veröffentlichte Fassung, soweit man die anhand der wenigen erhaltenen Seiten beurteilen kann. Die bohairische Fassung und der sahidische Kodex WU bilden eine eigene dritte Gruppe und enthalten wiederum weniger Episoden als die beiden erstgenannten. In die vierte Gruppe fallen alle Versionen, deren Abfolge der Episoden durch Auslassungen singulär ist. Dies ist bei der syrischen Version aus Paris, bei
114
Die
Quellenlage
den sahidischen Kodizes FR und WX und bei GB-BM EA 10820 der Fall. Die Unterteilung der ersten drei Gruppen steht allerdings unter Vorbehalt. Zwar wird für jede dieser Gruppen die Anzahl der berichteten Episoden von einer der Langversionen und mindestens einem weiteren Text bezeugt. Letztere Texte sind jedoch nur Fragmente, so dass nicht auszuschließen ist, dass die Übereinstimmungen zufallig sind oder sich auf einen bestimmten Teil der Episoden beschränken. Der Forschungsüberblick hat gezeigt, dass die unterschiedliche Länge der bohairischen und der arabischen Version bisher entweder damit erklärt wurde, die bohairische Fassung sei eine Verkürzung des vorausgesetzten Originals oder die arabische Fassung sei eine durch Zusätze aufgeblähte Version des Originals. Seit der Entdeckung der äthiopischen Version ist diese Verengung der Fragestellung auf die bohairische und arabische Version nicht mehr haltbar. Da die äthiopische Version in der Anzahl der aufgeführten Episoden eine Mittelstellung zwischen der arabischen und der bohairischen Version einnimmt, führt kein direkter Überlieferungsweg von der bohairischen zur arabischen Version oder umgekehrt von der arabischen zur bohairischen. Denn es ist absolut unwahrscheinlich, dass ein Bearbeiter aus der arabischen Version einige Episoden herausgekürzt hat, was zur äthiopischen Version führt, und unabhängig davon diese herausgekürzten Episoden plus weitere Episoden aus der arabischen Version gestrichen werden, und so die bohairische Version entsteht. Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass die bohairische Version zuerst um einige Episoden verlängert wird, wodurch die äthiopische Version entsteht, und dann in einem selbständigen Schritt dieselben und weitere Episoden hinzugefügt werden, was zur arabischen Fassung führt. Die unterschiedliche Länge der Langversionen lässt sich durch drei Modelle erklären: Das erste Modell geht davon aus, dass das vorausgesetzte Original den Umfang der arabischen Version hatte. Das Original wurde auf den Umfang der äthiopischen Version gekürzt, und diese Version ein weiteres Mal auf den Umfang der bohairischen Version. Das zweite Modell nimmt ein Original von der Länge der äthiopischen Version an. Dieses Original wurde einerseits auf den Umfang der bohairischen Version verkürzt, andererseits auf die Länge der arabischen Version ergänzt. Das dritte Modell geht von einem Original mit dem Umfang der bohairischen Version aus, das zuerst auf den Umfang der äthiopischen Version und anschließend auf die Länge der äthiopischen Version verlängert wurde. Jedoch kann keines dieser Modelle die Existenz von FR und WX erklärt. FR und WX berichten zwar überwiegend dieselben Episoden wie die Langversionen, gehen aber sowohl im Wortlaut als auch in der Reihenfolge eigene Wege. Aufgrund dieser Eigenständigkeit sind Teile von FR und WX, wie im Forschungsüberblick gezeigt wurde, wiederholt nicht zur
Interpretation
115
Vita Sinuthii gezählt worden. Seit der Rekonstruktion der Kodizes lässt sich eine solche Aufspaltung nicht mehr halten. Darüber hinaus ist es nicht länger möglich, einzelne Fragmente und Episoden von FR und WX als sekundär anzusehen, um zu begründen, dass diese auch in die arabische Version nachträglich eingefügt wurden, wie es durch Ladeuze und Leipoldt geschehen ist. Die These von der sekundären Erweiterung der arabischen Version wird ferner VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 und WV erschwert, da sich in diesen sahidischen Handschriften sieben Episoden finden, die in keiner nicht-sahidischen Fassung außer der arabischen Version überliefert werden (E 1/4.6.11.12.25.29.43/2). Zur Rehabilitation der arabischen Version trägt ferner bei, dass vieles, was in der Forschung bisher als typische Merkmale der arabischen Version angesehen wurde, so die Ergänzung von Namen und Erklärungen, durch die neuen sahidischen Textfunde, aber auch durch eine erneute Sichtung des bekannten Materials nunmehr für sahidische Fragmente bestätigt wird. So findet sich der Name des ausgestoßenen Bruders (E 49) nicht nur in der arabischen Version, sondern auch in WV frg. 4. Das längere Ende der Episode E 31 der arabischen Version, das zusätzliche Erklärungen liefert, wird auch in VA-V Borg. Copt. 134 ff. 6-7 berichtet. In dieser Episode lässt sich ferner das bei Simpson aufgeführte Phänomen der Verdichtung für ein sahidisches Fragment belegen: Während der Bischof in der bohairischen Version dreimal nach Schenute fragt, schickt er in der arabischen Version und in VA-V Borg. Copt. 134 ff. 6-7 nur zweimal nach Schenute.
Kapitel 2
Die Frage nach der Gattung Die Gattung eines Textes ist für sein Verständnis grundlegend, wie Delehaye in seiner Monographie über Die hagiographischen Legenden ausführte: „Die erste Frage, die man an einen Autor, dessen Werk man zu beurteilen hat, richten muss, ist die nach der literarischen Gattung, welche er erstrebt hat"1. Dementsprechend ist dieses Kapitel der Frage nach der Gattung der Vita Sinuthii gewidmet. In einem Forschungsüberblick wird zunächst die Behandlung dieser Frage in der Literatur dargestellt. Daraufhin wird der Versuch der Gattungsbestimmung der verschiedenen hagiographischen Schriften über Schenute unternommen.
1 Forschungsüberblick Welcher Gattung die hagiographischen Texte über Schenute von ihren Editoren zugeordnet werden, ist zumeist den Überschriften zu entnehmen, unter denen sie die Texte herausgaben. Diese Überschriften wurden größtenteils bereits im zweiten Kapitel dieser Arbeit aufgeführt, in dem die einzelnen Texte einschließlich ihre Verteilung auf die verschiedenen Bibliotheken vorgestellt wurden2. Die Langversionen sowie die beiden syrischen Fassungen wurden unter der Überschrift ,Vita' bzw. dem französischen Äquivalent ,Vie' veröffentlicht. Ein Großteil der von Amélineau veröffentlichten sahidischen Fragmente sowie das von Munier edierte Blatt wurden ebenfalls als ,Vie' betitelt. Dementsprechend bezeichneten Crum und Shore die von ihnen veröffentlichten Blätter als Fragmente des ,Life of Shenoute'. Eine systematische Auseinandersetzung mit der Gattung der Texte ist bisher nicht erfolgt. Oftmals werden für dieselben Texte verschiedene Gattungsbezeichnungen verwendet, ohne dies zu begründen. So bezeichnete Revillout in seiner Arbeit über die Blemmyer Teile der bohairischen Version als „une chronique copte"3. In seinem Aufsatz von 1883 über ' H. DELEHAYE, Legenden, 62. S.o. Kapitel 1.8.1. 3 E. REVILLOUT, Mémoire 1874, 393. 2
Forschungsüberblick
117
Schenute als Propheten, sprach er von demselben Text als ,biographie' oder ,légende' 4 . Amélineau wies diese Bezeichnung des bohairischen Textes durch Revillout als Chronik und Biographie zurück5. Der Text sei keine Chronik, da er - bis auf die Berichte von der Jugend und dem Tod Schenutes - nicht chronologisch aufgebaut und die Reihenfolge der Episoden völlig willkürlich sei. Der Bestimmung als Biographie kann Amélineau ebenfalls nicht zustimmen, da seiner Meinung nach eine Biographie vollständig zu sein habe. Der bohairische Text dagegen ist für Amélineau eine Kurzfassung und daher nicht komplett6. Dennoch nannte er den Text „vie copte de Schenoudi"7. Den arabischen Text bestimmte Amélineau als ,panegyrique' und lehnte die Bezeichnung Chronik erneut ab8. Der Einleitung des ,panegyrique' entnimmt Amélineau die Situation der Rede, nämlich die Versammlung vieler Pilger am Todestag Schenutes. Amélineau verweist auf eine weitere Lobrede Besas zu diesem Anlass und begründet den unterschiedlichen Stil dieser Reden damit, dass Besa nicht alle Jahre wieder dieselbe Geschichte vortragen konnte9. Dieser Gattungsbestimmung zum trotz bezeichnet Amélineau den arabischen Text als „Vie de Schnoudi (texte arabe)"10. Diese Inkonsequenz ist von Amélineaus Einschätzung der koptischen Hagiographie her zu verstehen. Seiner Meinung nach ist die Unterscheidung der Werke in verschiedene Gattungen wie auch die Frage nach den Mönchen, von denen sie handeln, für den Historiker nur Tand, unter dem er nach der wirklichen Quelle suche11. Dieselbe Zweideutigkeit findet sich auch in der Bezeichnung der sahidischen Fragmente durch Amélineau. Er bezeichnete sie als Vita (vie) und ging von einer „pluralité des Vies de Schenoudi" aus, während er im Satz vorher von mindestens zwei ,,panegyrique[s]" redete12. 1985 sprach sich Iselin deutlich gegen die Bestimmung der Vita Sinuthii als Biographie aus. Sie sei „eine Art Gedächtnisrede und Panegyrikos des Archimandriten Visa auf seinen großen Lehrer und Amtsvorgänger"13. 4
Zu .biographie' s. z.B. E. REVILLOUT, Origines, 401; zu ,légende' a.a.O., 416. É. AMELINEAU, Monuments, V I - V I I . 6 É. AMELINEAU, Monuments, VII. 7 Vgl. die Überschrift in É. AMÉLINEAU, Monuments,VI. 8 É. AMELINEAU, Monuments, XLIX. 9 É. AMÉLINEAU, Monuments, L. Die genannte Lobrede wird in dieser Arbeit unter ihrer heutigen Signatur, nämlich IT-NB IB7 f. 1, in Kapitel 3.3.1 behandelt. 10 Vgl. die Überschrift in É. AMÉLINEAU, Monuments, XLVIII. " É. AMELINEAU, Monuments, LXVIII: „Qu'importe [...] que l'ouvrage se nomme vie, éloge, histoire lausiaque, Apophtegmes, Pratum spirituale, ou autrement?". 12 É. AMELINEAU, Monuments, 4 9 4 - 6 . Vgl. XLVII. 13 L.E. ISELIN, Eine bisher unbekannte Version, 5. 5
118
Die Frage nach der
Gattung
Ladeuze begann die Behandlung der sahidischen, bohairischen und arabischen Texte mit einer kurzen Gattungsbestimmung14. Er zitierte einen Teil der Einleitung der arabischen Fassung und bezeichnete die Texte nicht nur als „des discours commémoratifs prononcés au jour anniversaire de sa mort", sondern auch als „panegyriques dans toute la force du terme". Wie zuvor Amélineau lehnte er die Bestimmung der Texte sowohl als Chroniken, weil sie keine Daten enthielten und keiner chronologischen oder logischen Reihenfolge folgten, als auch als Biographien ab, da sie Schenutes Leben nicht annährend vollständig erzählten. Entsprechend seiner Gattungsbestimmung bezog sich Ladeuze auf die verschiedenen Versionen und Fragmente immer als ,panegyriques'. Diese Einheitlichkeit in der Terminologie findet sich bei Nau nicht. Er veröffentlichte den syrischen Text aus Paris als ,Vie de Schenoudi' und nannte ihn auch „une biographie syriaque de Schanoudin"15. In einer Fußnote zur Übersetzung weist er jedoch darauf hin, dass das Proömium des Textes einen „panégyrique" oder - der arabischen Version entsprechend - einen „discours commémoratifs' anzukünden scheint16. Unter der Überschrift „Bêsas Schenutebiographie"17 verhandelte Leipoldt die bohairische, arabische und die beiden syrischen Versionen. Auch den Großteil der von Amélineau veröffentlichten sahidischen Fragmente zählte er dazu18 und versah sie mit dem Kürzel „V", das vermutlich für ,Vita' steht. Dagegen führte er unter dem Titel „Verherrlichungen Schenutes von unbekannten Verfassern" diejenigen sahidischen Fragmente auf, die bei Amélineau in den Monuments auf den Seiten 237-241.241-247 stehen, und gab ihnen die Kürzel Lb und L°19. Da er den ersten Text unter dieser Überschrift, La20, als Lobrede bezeichnete, ist zu vermuten, dass „L" für ,Lobrede' bzw. ,laudatio' steht, wie auch die Überschrift Verherrlichungen nahe legt. Als „Jüngere Quelle" ordnete Leipoldt u.a. weitere vier sahidische Blätter der sog. Vita Sinuthii ein und kürzte diese mit Le ab21. Von Lb und Lc vermutete Leipoldt, dass sie der arabischen Version als Vorlage dienten. Ld zeichne sich gegenüber der ,Schenutebiographie' durch größere Wunderhaftigkeit aus. Demnach scheinen die als Lb, L° und 14 15 16 17
18
Zu folgendem s. P. LADEUZE, Étude, 116f. F. NAU, Version syriaque, 357. F. NAU, Version syriaque, 252. J. LEIPOLDT, S c h e n u t e , 1 2 - 1 6 .
J. LEIPOLDT, Schenute, 13. Er bezieht sich auf die von Amélineau auf den Seiten 6 6 3 - 6 4 2 . 6 4 4 - 6 4 9 veröffentlichten Fragmente, d.h. in der Terminologie dieser Arbeit: W V frg. 1, FR 25/26, W U 31/32, W U 49/50, FR 37/38, FR 43/44, FR 7 7 - 8 0 , FR 83/84, FR 95/96 und W V frg. 2. 19 J. LEIPOLDT, Schenute, 19. Leipoldt bezieht sich auf FR 5 3 - 6 0 und W X frg. 1 - 3 . 20 J. LEIPOLDT, Schenute, 18. Leipoldt bezieht sich auf IT-NB IB2 ff. 8 - 1 2 , das in dieser Arbeit auf in Kapitel 3.3.5 behandelt wird. 21 J. LEIPOLDT, Schenute, 19. Leipoldt bezieht sich auf FR 4 5 - 4 8 .
Die
Gattungsbestimmung
119
Ld bezeichneten Texte für Leipoldt mit dem Inhalt der anderen Versionen in etwa übereinzustimmen. Im Unterschied zu den anderen Fassungen ist laut Leipoldt ihr Autor aber nicht Besa. Das Kriterium der Zuordnung der sahidischen Texte zu ,V' oder ,L' scheint bei Leipoldt daher weniger die Gattung als die Autorenschaft Besas zu sein. Dementsprechend verwies er in seinem Vorwort des bohairischen Textes von 1906 auf die mit ,L' abgekürzten Texte als weitere Vitae und Lobreden, im Unterschied zu ,Sinuthii archimandritae vita', wie er die bohairischen Version bezeichnete22. Leipoldts Aufteilung der von Amélineau edierten sahidischen Fragmente in ,Schenutebiographie' auf der einen und ,Lobreden' auf der anderen Seite hat sich nicht durchgesetzt. Für alle diese sahidischen Fragmente sowie die Langversionen und die beiden syrischen Fassungen hat sich die Bezeichnung als Vita sowohl bei den Herausgebern neuer Fragmente, die Parallelen zu diesen Texten haben, als auch in der Sekundärliteratur durchgesetzt23. Eine Ausnahme bildet lediglich Cauwenbergh, der die Texte in seiner Arbeit über die Mönche Ägyptens nach Chalcedon, in der er auch Besa vorstellte, als „panegyrique" bezeichnete24. Eine Problematisierung dieser Gattungsbestimmung wurde seitdem nicht mehr vorgenommen.
2 Die Gattungsbestimmung Der kurze Forschungsüberblick hat gezeigt, dass die Texte dieser Arbeit überwiegend der Gattung Lobrede oder Panegyrikos bzw. Biographie oder Vita zugeordnet wurden. Es stellt sich daher die Frage, was einen Panegyrikos von einer Biographie unterscheidet. Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten: „Man ist sich nicht darüber im Klaren, was man denn eigentlich als Biographie ansehen darf und was nicht."25 So ist umstritten, „wie das Verhältnis zwischen antiker Biographie und Nachbargattungen (allen voran Historiographie und Enkomion) zu bestimmen ist."26 Aufgrund dieser Schwierigkeiten wird in dieser Arbeit auf einen Unterschied zwi22
J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 1 Anm. 2: „aliis Sinuthii vitis elogiisque". Vgl. z.B. W.E. CRUM, Catalogue, 415f. („Shenoute, life of'); H. MUNIER, Coptic Monuments, 63 („Vie de Shenuté"); T. ORLANDI, Papyri, 161 („Vita di Scenute"); A.F. SHORE, Extracts, 134 („Life of Shenoute"). Zur Sekundärliteratur vgl. z.B. K.H. KUHN, Abbot I, 39 („Life of Shenoute"); R.S. SIMPSON, Lives; R. KRAWIEC, Shenoute, 74 („Life of Shenoute"); ST. EMMEL, From the Other Side, 99 („Vita Sinuthii") u.v.m. 23
24
P . VAN CAUWENBERGH, É t u d e , 6 m i t A n m . 1.
25
H . SONNABEND, B i o g r a p h i e , 17.
26
D . FRICKENSCHMIDT, B i o g r a p h i e , 5 0 2 . V g l . T . H Ä G G / P H . ROUSSEAU, B i o g r a p h y , IF.
Anders A. DIHLE, Enstehung, 8.
120
Die Frage nach der Gattung
sehen Biographie und Panegyrikos zurückgegriffen, den Hägg und Rousseau hervorgehoben haben 27 : Während der Panegyrikos eine rhetorische Gattung ist, ist die Biographie ein „typically bookish product". Diese Unterscheidung ist kein Selbstzweck, sondern auf die Funktion der Texte bezogen. Diese haben zum einen den Sitz im Leben, zum anderen die Interaktion mit dem Publikum im Blick. „A speaker addresses an audience, and he is standing in person (we are to believe) before that audience. His own reputation is palpably at stake. The writer of a biography may, if he wishes, hide behind his text." 28 Nicht nur die Glaubwürdigkeit des Redners steht auf dem Spiel, er muss auch ständig um die Aufmerksamkeit des Publikums werben 29 . Dieser Unterschied gilt auch für den Fall, dass eine Biographie vorgelesen wurde, da der geschriebene Text nicht an die Situation des Redens angepasst wird und der Vorleser nicht in derselben Weise wie der Redner für den Inhalt und die Gestaltung des Textes bürgt. Die Untersuchung der Interaktion zwischen Redner und Publikum ist daher ein wichtiger Bestandteil der folgenden Analyse. Im folgenden werden zuerst die Gattung der Langversionen und der syrischen Fassung aus Paris bestimmt, wobei in einem ersten Schritt die Überund Unterschriften dieser Versionen ausgewertet werden. Im Anschluss daran wird der Aufbau der Langversionen sowie der von Nau edierten syrischen Version mit der antiken Gattung des Enkomion verglichen. Denn im Unterschied zur Biographie wurden für das Enkomion in der Antike Regeln entwickelt, die als Maßstab an jeden Text angelegt werden können. Auf die sahidischen Fragmente, von denen jeweils nur Stücke aus dem Hauptteil der Vita Sinuthii überliefert sind, wird im entsprechenden Abschnitt Bezug genommen. 2.1 Über- und Unterschriften Die bohairische Version ist mit einer Überschrift versehen (Bo 1), in der der folgende Text als einige Wunder Schenutes qualifiziert wird, die Besa, sein Jünger, berichtet habe ( 2 Y C T o p m ) 3 0 . Das griechische Verb laxopeco bedeutet ,forschen', ,fragen' und ,bezeugen' 31 . Eine Bedeutungsverengung des Nomens íotopía auf ,Geschichte' und ,Geschichtserzählung' ist für das Verb nicht belegt. Ziel des Berichts sei die Ehre Gottes und der Nutzen aller, die ihn hören, damit auch sie Gott preisen, insbesondere am Festtag Schenutes, d.h. am siebten Epeph. Die Überschrift der bohairischen Ver27 28 29 30
31
T. HAgg/Ph. R o u s s e a u , Biography, 2. T. HAgg/Ph. R o u s s e a u , Biography, 3. Vgl. z.B. Men.Rh. 372,14-20 (Russell/Wilson 84). J. Leipoldt, Vita et Opera, 1: 7, Z. 4: e\q2YCTopm
Fr. BOCHSEL, Art. iotopew, 395f.
mmiooy.
Die
Gattungsbestimmung
121
sion endet - wie auch die arabische Fassung - mit einem Friedensgruß und Amen. Ein weiterer Hinweis auf den siebten Epeph ist an den äußeren Rand der bohairischen Handschrift nachgetragen worden32. Der Schreiber der arabischen Version kündigt in der Überschrift, Amélineaus Ubersetzung zufolge, einen „discours commémoratif , den Mar Visa, d.h. Besa, zu Ehren Schenutes gehalten habe. Im arabischen Text steht dort meimar, ein ursprünglich syrisches Wort, das Rede, Homilie oder theologische Abhandlung bedeuten kann34. Die Überschrift der äthiopischen Version setzt mit ,j'ai commencé, le sept du mois de hamlé" ein35. Der siebte Hamlé entspricht dem siebten Epeph und ist der Gedenktag Schenutes in der äthiopischen Kirche36. Weiter heißt es: „Cette vie, un peu de paroles, des prodiges et des miracles de notre père ..., le saint abba Awsâ [i.e. Besa], son disciple l'a écrite"37. Dieses Leben solle seinen Hörern am Gedenktag Ruhe gewähren38. Auf die erneute Nennung des Datums folgt eine Segensbitte, die mit dreifachem Amen abgeschlossen wird. Die Überschrift der von Nau edierte syrische Version lautet: „Nous écrivons maintenant les actions remarquables du saint père Schanoudin" , wobei die Betonung des Schreibens auffallig ist. Weder der Gedenktag Schenutes noch die Anwesenheit von Zuhörern wird erwähnt. Die arabische Version schließt mit einer Unterschrift, die vermutlich von einem Schreiber stammt und in der auf das Ende der ,Rede' hingewiesen wird40. Hier steht wie in der Überschrift das arabische Wort meimar, das Amélineau mit discours übersetzte. In der äthiopischen Fassung bittet der Schreiber Abraham, der von Apa Nöb den Auftrag erhielt, in einer Unterschrift darum, dass er in Erinnerung bleiben möge. Der Schreiber bezieht sich dabei auf das Werk als „ce livre"41. Der syrische Text aus Paris endet mit einem kurzen Schlusswort, in dem wie auch in der Über-
32
A. HEBBELYNCK/A. VAN LANTSCHOOT, Codices, 476: c o [ y ] z fce[nnn].
33
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , 2 8 9 .
34
G. GRAF, Verzeichnis, 110. Zu folgendem s. G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 1, Z. 1-8. G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), VII. 37 G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 1, Z. 2 - 5 (Hervorhebung N.L.). Dass solche ,Leben' von Heiligen im Umlauf waren und von den Mönchen gelesen wurden, ist der Episode Äth 31 zu entnehmen, in der es von einem Bruder heißt: „il devint digne de voir tous les saints en lisant leur vie." G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 34, Z. 4f. 38 G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 1, Z. 5: „(ce sera) un repos pour celui qui l'écoutera". 39 F. NAU, Version syriaque, 252. 35
36
40
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , 4 7 8 .
41
G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 61, Z. 12.15.
122
Die Frage nach der
Gattung
schrifit das Schreiben des Textes betont wird42. Es steht daher zu vermuten, dass sowohl die Überschrift als auch die Schlussworte vom Schreiber Behnam und nicht vom Verfasser des Textes stammen. Zur Aufklärung der Gattungsfrage tragen die Unterschriften wenig bei. Im Ergebnis findet sich nur in der äthiopischen Version die Gattungsbezeichnung Vie, also Vita. Dennoch erwähnt auch diese Fassung, ebenso wie die bohairische, Zuhörer, was auf eine Redesituation hinweist. Als Anlass der Rede wird in der bohairischen und äthiopischen Version der Gedenktag Schenutes am siebten Epeph genannt, was den Angaben in den Proömien dieser Versionen entspricht. 2.2 Vergleich mit der antiken Gattung des Enkomion ,Panegyrikos' bezeichnete ursprünglich eine Rede, die vor einer Festversammlung, uttviyYupic, gehalten wurde, und wurde erstmals von Isokrates für seine Rede, die für die Olympischen Spiele von 380 v.Chr. gedacht war, verwendet43. In diesem Sinn wird ,panegyikos' noch im dritten Jahrhundert n.Chr. von Pseudo-Dionysius gebraucht44. Während sich im griechischen Sprachgebrauch darüber hinaus -rravriYupiieiv und eyKoniaCeiv annäherten, ist im lateinischen Sprachraum um 300 n.Chr. eine Gleichsetzung von panegyrikos und laudatio festzustellen. In der Bedeutung ,Lobrede' werde Panegyrikos laut Ziegler in allen europäischen Sprachen verwendet45. Die Lobrede bezeichnet zumeist die gesamte Klasse der epideiktischen Beredsamkeit (xö eiu6eiKTi,KÖv yevoc;, genus demonstrativum), nach der dreifachen Einteilung der Rede durch Aristoteles46. Zwei Begriffe werden von den griechischen Rhetorikern zur Bezeichnung der Lobrede verwendet: Epainos (eircuvo H p i ) und seine ,wunderbaren Werke' (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 7, Z. 19f: IIIJKHOYI NUJFHPI) und seine bewundernswerte Tugenden' (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 8, Z. 4f: u e q ^ p e T H n u } O Y e p i p < | > n p i MMCÜOY) erwähnt werden. 156 Vgl. E 4. 157 Für eine Zusammenfassung des Textes s. J. TIMBIE, Procession, 417f. 158 J. TIMBIE, Procession, 426f. 159 J. TIMBIE, Procession, 427-440.
Lobreden
aufSchenute
143
Langversionen zugeschrieben wird, mit diesen jedoch keine inhaltlichen und formalen Übereinstimmungen, die über bloße Topoi hinausgehen, aufweist. Dies muss jedoch nicht auch für den verloren gegangenen Teil der Lobrede gelten. Es ist durchaus denkbar, dass im Anschluss Episoden aus Schenutes Leben erzählt wurden, die sich auch in der sog. Vita Sinuthii finden. Vielleicht geschah dies weniger ausgeschmückt als in den Texten der Vita Sinuthii und eher im Stil von GB-BL Or. 3581A f. 190, in dem z.B. mit nur wenigen Worten von Schenutes Aufnahme ins Mönchtum berichtet wird. Auf Suche nach Material könnte Besa dabei auch auf die Schriften Schenutes zurückgegriffen haben. Ob Besa jedoch die Rede, deren Anfang in IT-NB IB7 f. 1 erhalten ist, wirklich gehalten hat, ist nur schwer zu entscheiden. Einerseits ist die Einleitung der Rede rhetorisch weniger ausgefeilt, als die Proömien der Langversionen, was dafür spricht, dass der Text von IT-NB IB7 f. 1 älter als die Texte der Langversionen ist. Andererseits könnte IT-NB IB7 f. 1 den Beginn einer bereits überarbeiteten Rede bewahrt haben. Dies ist deshalb durchaus wahrscheinlich, als zwar davon ausgegangen werden kann, dass Besa jedes Jahr eine Lobrede auf Schenute hielt, dennoch aber außer der Vita Sinuthii nur wenige Fragmente solcher Reden erhalten geblieben sind. Die Reden sind daher vermutlich schon in Schenutes Kloster zusammengefasst worden. Dass bei Lobreden in Schenutes Kloster sehr pragmatisch vorgegangen werden konnte, zeigt eines der Predigtfragmente, die im folgenden Abschnitt vorgestellt werden. 3.2 Der Patriarch Benjamin I. über Schenute In der Pariser Handschriftenfragments FR-BN copte 12914 ff. 122-124, die Müller auf das neunte bis zehnte Jahrhundert datierte 160 und die aus dem Kloster Schenutes stammt 161 , finden sich drei sahidische Auszüge aus zwei oder drei Predigten, die dem Patriarchen Benjamin I. von Alexandria (626665) zugeschrieben werden und von denen die letzten beiden Auszüge Schenute zum Thema haben 162 . Eine vollständige Version der Predigt, aus der der erste Auszug kommt, ist in Bohairisch und Arabisch komplett als Predigt Benjamins über die Hochzeit von Kana überliefert und gilt als authentisch 163 . Da die beide Predigtfragmente über Schenute zusammen mit einem Stück aus der Predigt Benjamins über die Hochzeit von Kana überliefert sind und ferner alle drei Fragmente durch Über- und Unter160
C.D.G. MÜLLER, Homilie, 39. C.D.G. MÜLLER, Neues, 323 Anm. 3. 162 Der sahidische Text mit deutscher Übersetzung findet sich bei C.D.G. MÜLLER, Homilie, 2 8 6 - 2 9 4 . Der Text stellt eine verbesserte Version gegenüber der von Müller 1959 (ders., Neues, 3 3 9 - 3 4 1 . 3 3 4 - 3 4 5 ) veröffentlichten dar. 163 C.D.G. MÜLLER, Homilie, 11-23. 161
144
Die Frage nach der Gattung
schrift miteinander verbunden sind und keinen Hinweis darauf geben, dass Benjamin nicht der Autor gewesen ist, ging Müller auch von der Authentizität der beiden Texte über Schenute aus164. In der Homilie über die Hochzeit von Kana berichtet Benjamin von einer Erscheinung Schenutes in dessen Kloster165, von einem Mann, der durch Erzählungen über die Mönche in Schenutes Kloster dazu angeregt wurde, selbst Mönch zu werden166, und von einer Prophezeiung desselben Mönches, dass Benjamin aus Alexandria in das Kloster Schenutes fliehen werde167. Es ist bekannt, dass Benjamin 631 vor dem melkitischen Patriarchen Kyros nach Oberägypten floh 168 . Dass er dabei dauerhaft im Kloster Schenutes Unterschlupf fand, hielt Müller eher für unwahrscheinlich und vermutet, dass Benjamin sich in einem weniger prominenten Kloster aufhielt 169 . Grossmann bescheinigte Schenutes Kloster dagegen, für den Flüchtling ausgezeichnet geeignet gewesen zu sein, da es aufgrund seiner Größe unübersichtlich war und die Kirche zudem mehrere geheime Verliese hatte170. Eine enge Verbindung zwischen Benjamin und Schenute wird ferner dadurch deutlich, dass zum Gedenktag Benjamins dieselben Lesungen wie zum Festtag Schenutes empfohlen werden171. Es stellt sich daher die Frage, ob die beiden Predigtfragmente über Schenute aus der Zeit des Exils von Benjamin in Oberägypten stammen und vielleicht sogar in Schenutes Kloster selbst gehalten worden sein könnten. Dagegen spricht, dass die Homilie über die Hochzeit von Kana von Benjamin vermutlich 644/45 in Alexandria gehalten wurde172. Andererseits könnte die Homilie nachträglich mit den beiden Predigtfragmenten über Schenute in dessen Kloster verbunden worden sein. Es ist daher durchaus denkbar, dass die Predigten über Schenute von Benjamin im Weißen Kloster gehalten wurde, mindestens aber, dass Benjamin die Themen seiner Predigten aus diesem Kloster bekannt waren. Das erste Predigtfragment über Schenute beginnt mit einem Zitat von Koh 1,4. Die Motive der Vergänglichkeit, des Gehens und der Erde werden aus dem Bibelvers aufgegriffen und im endzeitlichen Bild der Straße, die jeder gehen muss, weiter ausgeführt. Von einer langen schrecklichen Straße ist ebenfalls in dem Gespräch zwischen Schenute und Besa an Schenutes Todestag in den Langversionen (E 83) sowie besonders aus164 165 166 167 168 169 170 171 172
C . D . G . MÜLLER, H o m i l i e , 2 4 f . C . D . G . MOLLER, H o m i l i e , 146f. C . D . G . MÜLLER, H o m i l i e , 2 1 8 f . C . D . G . MÜLLER, H o m i l i e , 2 3 2 f ; 2 3 6 - 2 3 9 . C . D . G . MÜLLER, H o m i l i e , 3 5 . C . D . G . MÜLLER, B e n j a m i n , 3 2 7 . P. GROSSMANN, B e r i c h t , 1 3 0 . C . D . G . MÜLLER, N e u e s , 3 3 6 . C . D . G . MÜLLER, H o m i l i e , 2 3 .
145
Lobreden auf Schenute
führlich in GB-GM EA 10820 f. 2v i.22-32 die Rede. Weiter wird berichtet, dass Schenute „in seinen guten Tagen und fettem Alter [starb], wie er auch, der Patriarch Abraham". Dies erinnert an die Einleitung zur E 81 in der bohairischen Version der Vita Sinuthii173. Daraufhin wird erklärt, dass die „guten Tage" Schenutes sein Leben als Priester, insbesondere aber sein Mönchsleben waren, und ein Tugendkatalog beigefügt. Auffällig ist, dass Schenutes Name nur in der Überschrift des Fragments aufgeführt wird174. Neben der Überschrift findet sich jedoch folgende Randbemerkung: U ^ C E I exmi^xtupiTHO T H P O Y C H O N (unter dem N ein kleines o) 175 . Müller deutete diesen Satz als eine „liturgische Angabe, die offensichtlich darauf aufmerksam macht, daß dieser Predigtauszug ohne Chorebegleitung ¿xopeuT°C vorzutragen sei"176. Die Randbemerkung kann jedoch auch so verstanden werden: „Es ist anwendbar177 auf alle Anachoreten C H O N . " Diese Interpretation wird dadurch gestützt, dass in der Handschrift in dem Satz „Unser Vater ging auf des Straße des ganzen Erde"178, der nach der Überschrift und dem Zitat von Koh 1,4 steht, hinter dem Wort ,Vater' eine große Lücke gelassen wurde. Müller bemerkt dazu: „Offensichtlich fehlt hier der Name." 179 Darin ist Müller zuzustimmen, aber es ist zu ergänzen, dass der Name bewusst fehlte, damit je nach Gelegenheit ein anderer Name eingetragen werden konnte. Ein Predigtfragment, dass ursprünglich von Schenute handelte, wie aufgrund der Überschrift vermutet werden kann, wurde so anwendbar auf weitere Mönche. Das zweite Predigtfragment über Schenute besteht aus einer Überschrift 180 sowie den Episoden E 9/1 und 9/2, wobei die Handschrift vor dem Ende von E 9/2 abbricht. Der Text ist im Predigtfragment kürzer und weniger detailliert als in den entsprechenden Stellen der verschiedenen Versionen in der Vita Sinuthii, wie Müller in seinem Vergleich des Fragments mit der bohairischen und arabischen Version gezeigt hat181. Müller verweist ferner darauf, dass dieselbe Episode im Synaxarium der kopti173
J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 73, Z. 1-3: N-®oq A e nemtuT Ne^quitunin©
BEN0YMETBEA.A.0 BCKBHICÜOYT e q x H K SBOA. T>EN2^NE2OOY E N ^ N E Y MPHT N N E M O T
Mn\Tpia>pxHC. Dieser Hinweis findet sich weder in der äthiopischen und der arabischen Version noch in FR 58. 174
C.D.G.
MÜLLER,
Homilie,
286:
5
OHWO(C)
EXN^N^UIENOYTE.
Vgl.
die
Unterschrift des Textes, C.D.G. MÜLLER, Homilie, 290: B \N\RENE^MIII ¿.pXHemcKonoy. 175 C.D.G. MÜLLER, Homilie, 286 Anm. 2. 176 C.D.G. MÜLLER, Homilie, 286 Anm. 2. 177 Zur Konstruktion e i e x n - im Sinne von „be applicable to" s. W.E. CRUM, Dictionary, 70b. 178 C.D.G. MÜLLER, Homilie, 286. 179 C.D.G. MÜLLER, Homilie, 286 Anm. 3. 180 Die kurze Überschrift lautet (C.D.G. MÜLLER, Homilie, 291): „r OIUIOC T o y jkyToy 3. Ebenfalls von demselben", womit Benjamin gemeint ist. 181 C.D.G. MÜLLER, Neues, 329-331.
146
Die Frage nach der
Gattung
sehen Kirche erwähnt wird und kommt zu dem Ergebnis, dass „wir es hier mit einem aus dem Zusammenhang gerissenen Teilstück zu tun haben, das ohne Zweifel in den mannigfaltigen Formen im Umlauf und der Gemeinde allgemein bekannt war."182 Die beiden Predigtfragmente Benjamins I. zeigen, dass in Schenutes Kloster sowohl dieselbe Lobrede auf verschiedene Menschen appliziert werden konnte, als auch dieselbe Episode (E 9) mit verschiedenen Verfassern verbunden wurde: Hier mit Benjamin I., in den Langversionen mit Besa. 3.3 FR-BN copte 131s f . 12 FR-BN copte 1315 f. 12 ist ein einzelnes, unpaginiertes, bisher unveröffentlichtes Pergamentblatt, das 1933 von Porcher in seiner Analyse des manuscrits coptes 13l'~8 de la Bibliothèque nationale unter der Überschrift „Éloge de Schnoute(sic)" aufgeführt wurde183. Der Text setzt mitten in einem Satz ein, der den alten und neuen Bund zum Thema hat, wobei sich der Kontext nicht mehr rekonstruieren lässt. Unter Bezugnahme auf die Bundesverheißungen folgt ein Vergleich Schenutes mit den alttestamentlichen Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob (f. 12r i. 1—24). Daraufhin wird Schenute als Prediger im Namen seiner Väter und - wie es trozt Lücke scheint - ihres Lebenswandels hervorgehoben (f. 12r i.25-ii.4). Nach paar lückenhaften Zeilen im Text wird das Leben heiliger Männer gelobt (f. 12r ii.7-f. 12v i.23), die in einer Verbindung mit dem Ort stehen, an dem die Rede gehalten wird (f. 12r ii.7 gixHneiTOOY). Diese Männer lehrten die Menge, die zu ihnen gekommen war, in Freimut (vgl. Apg 29,31). Im folgenden Abschnitt wird insbesondere ( M ^ X I C T ^ f. 12v i.24) die Nähe Schenutes zu Christus hervorgehoben, indem er als „Feldherr Christi" ( m o s H [ C T P Ä J T © A X T H C Nà,Me M n e x c f. 12v ii.2-4), als „Freund des Bräutigams und Miterben mit Christus" bezeichnet wird (f. 12v i.24— ii.8). Weiter heißt es, dass Gott durch den Mund Schenutes geredet habe, dass die Menge, die zu ihm kam, „in der Nähe der Tür der Mönchsgemeinschaft" ( M I I K C D T S nnp[o] N T E C Y M ^ R C O R H f. 12v ii.löf) an Gutem gesättigt wurde, und dass Schenutes Wort bis an das Ende der Erde gelangt ist (f. 12v ii. 9-ii.29). Einzelne inhaltliche Motive finden sich auch in der sog. Vita Sinuthii, so z.B. die Vorstellung, dass Christus durch seinen Mund geredet habe (f. 12v ii. 11-12) 184 und dass sich seine Lehren in die ganzen Welt ausbreite-
182
C.D.G. MÜLLER, Neues, 331.
183
E . P O R C H E R , A n a l y s e 1, 2 4 4 .
184
Vgl. E 4/2. In der arabischen Version ist es der Heilige Geist, der durch Schenutes Mund spricht, E. AMELINEAU, Monuments, 312, Z. 7 - 9 .
Lobreden
auf
Schenute
147
ten (f. 12v ii.27-29)185. Eindeutige Parallelen zur Vita Sinuthii lassen sich jedoch nicht ausmachen. Da FR-BN copte 1315 f. 12 keine Wunder Schenutes berichtet, ist ein Vergleich nicht möglich. Einen Hinweis darauf, dass das Fragment aus einer Rede stammt, geben die rhetorischen Fragen („Wer ist es, der reden können wird über...?"), die dreimal im Text zu finden sind186. Auch sonst passt der übertreibende Stil gut zu einer Lobrede187. Über den Sprecher oder den Anlass der Rede ist nichts zu erfahren. Einen Anhaltspunkt für den Ort gibt f. 12r ii.7 (2iXMneiTooy). TOOY kann laut Crum „Community of hermits, monastery" bedeuten und er zitiert aus FR-BN copte 68 f. 65 die Bezeichnung Schenutes als „Archimandrit des T O O Y von Atripe"188. FR-BN copte 68 beschreibt den Ritus eines Wallfahrtsfestes zu Ehren Schenutes 89. Timbie hat sich ausführlich mit der Bedeutung von T O O Y in dieser Handschrift befasst. Sie ging davon aus, dass T o o y nicht das Kloster Schenutes im engeren Sinn, sondern das gesamte Klostergebiet bezeichnet190, das sich auf einer Größe von ca. 50 km2 erstreckte und auf dem sich neben dem Hauptkloster auch mehrere Tochtergemeinschaften befanden191. Timbie begründete ihre Annahme damit, dass in FR-BN copte 68 f. 137 ausdrücklich vom ,Kloster' (MOM^CTHPIOM) Schenutes die Rede ist192 und dass aus der Perspektive der Prozessionsteilnehmer, die aus dem Niltal kamen, das gesamte Klostergebiet höher gelegen war193. Eine andere Interpretationsmöglichkeit von T O O Y bieten WV frg. 2 und WU 32. In WU 32 wird davon berichtet, dass Schenute sich in seinen Rückzugsort in der Wüste (WU 32 ii.l4f: e r i M ^ l i c y c u n e e T 2 i n x a a e ) zurückzieht. Als er am nächsten Tag vom Berg hinab zum Kloster kommt (WU 32 ii,18f: SCJNHY enecHT 2 i r i T o o Y ) , findet er die Mittel für den Bau der Kirche. In WV frg. 2 scheint ebenfalls die Zelle Schenutes mit dem Berg in Verbindung gebracht worden zu sein194. Der Rückzugsort Schenutes befindet sich dem185
Vgl. E 4/3 und B o 15/1. FR-BN copte 131 5 f. 12r i i . 1 7 - 1 8 : MIM R^P NETN^EIPCPXXE e - ; NIM NETNAOYQJXXE e - (f. 12v i . 9 - 1 0 ) ; NIM NETN^eipcp^XE e - (f. 12v i . 2 4 - 2 5 ) . 187 Vgl. die Konstruktion der Cleft Sentence: „er ist es, der ...", die dreimal vorkommt und die Bedeutung Schenutes hervorhebt: f. 12r i.3f: HToq neNTXN2e-&Noc x i o y o e i N . . . ; f. 12r i.25f: N T o q n e N T \ q T \ u i e o e i i p . . .; f. 12v i i . 8 - 1 0 : N T o q r x p 186
nsNT&.nNOYTS n e j ö ; oyo>2. . . 188
189
W . E . C R U M , D i c t i o n a r y , 4 4 1 a : RII.PTCIMXNA, MFIT. NA,TPINE.
Zur Handschrift vgl. H. QUECKE, Handschrift, 4 8 8 - 5 0 5 ; J. TIMBIE, Procession, 4 1 5 - 4 4 1 ; ST. EMMEL, Corpus, 380. 190 J. TIMBIE, Procession, 427. 191 J. TIMBIE, Procession, 425. So bereits J. LEIPOLDT, Schenute, 96, vgl. B. LAYTON, Food, 26f; S. ELM, Virgins, 299. 192 FR-BN copte 68 f. 137r 3 - 5 (zitiert nach Mikrofilm-Aufnahmen): nMON^CTHpioN MneNeicüT eToy».ä,B ^n^ujeNoyTe. 193 J. TIMBIE, Procession, 427. 194 W V frg. 2r i.7f: u n T o o y [ ] NTeqpi.
148
Die Frage nach der Gattung
nach auf einem Berg, d.h. im Felsengebirge im Westen des Klosters. Aufgrund der Bruchstückhaftigkeit von FR-BN copte 1315 f. 12 ist nicht zu entscheiden, ob es sich bei T O O Y um Schenutes Kloster oder um seine Klause handelt. FR-BN copte 1315 f. 12 ist demnach ein Stück aus einer Lobrede oder einer Predigt auf Schenute, die vermutlich in seinem Kloster gehalten wurde. Die rhetorischen Fragen in FR-BN copte 1315 f. 12 können zwar als Entsprechung der von Menander Rhetor empfohlenen Bescheidenheitstopoi, die ihren Ort im Proömium haben, angesehen werden. Sie sind aber formal grundverschieden. 3.4 GB-BL Or. 3581A f . 190 GB-BL Or. 3581A f. 190 wurde von Crum im Katalog der koptischen Handschriften des Britischen Museums aus dem Jahr 1905 unter der Nummer 1001 aufgeführt 195 . Crum, der den Text unter der Überschrift „From an Encomium on Shenoute" zusammenfasste, gab den Text von GB-BL Or. 3581A f. 190r in einer englischen Kurzfassung wieder, ab GBBL Or. 3581A f. 190v i.10 führte er den sahidischen Text vollständig an. Das Pergamentblatt, dessen Paginierung nicht erhalten ist, ist in brauner Tinte geschrieben. Zur Dekoration werden die Initialen hervorgehoben, wobei bei der Umrandung derselben auch schwarze Tinte verwendet wird. Es finden sich Ornamente, die mit grüner Tinte verziert sind. Am inneren unteren Rand ist das Fragment beschädigt, so dass ca. zehn Zeilen der ersten Spalte des Recto sowie der zweiten Spalte des Verso nicht mehr existieren. Am oberen äußeren Rand sind ebenfalls 6-8 Zeilen beschädigt und der Text kaum noch rekonstruierbar. Der Text beginnt mit einem allgemeinen Lob (enMiioy) der Märtyrer und Mönche (f. 190r i.1-25) Dieser Teil des Textes ist durch rhetorische Fragen geprägt, wie sie auch in FR-BN copte 1315 f. 12 zu finden sind . Es ließe sich spekulieren, ob die beiden Fragmente Teile derselben Lobrede sind, wobei das Pariser Fragment dem Londoner vorausgehen könnte. Die beiden Fragmente gehören jedoch nicht zu derselben Handschrift. Nach einer Lücke im Text wird Johannes der Täufer erwähnt, wobei der Zusammenhang unklar bleibt (f. 190r ii.7-13). Dabei spricht ein Redner von sich in der 1. Pers. Sg. 197 In einer Uberleitung, die ebenfalls von einer Lücke im Blatt unterbrochen wird, bittet der Redner Gott und die Hörenden um Hilfe, damit ihm seine Rede nicht davonlaufe und er zu „diesem
195 196
Zu folgendem s. W.E. CRUM, Catalogue, 415f. GB-BL Or. 3851A f. 190r i.L: [MIM] neTHä.euiu^xe e - ; f. 190r. i.6-8: NÍH neTNä,eujen^iNOY H-. Zu FR-BN copte 1315 f. 12 s.o. S. 147 mit Anm. 186. 197 GB-BL Or. 3851A f. 190r ii.7: eiu^xe; ii,14f: eixiu . . . t ^ y -
Lobreden auf Schenute
149
großen, grenzenlosen Meer"198 eile (f. 190r ii. 14-29). Seine Hörer spricht er dabei im Vokativ als „meine Geliebten" an199. Im folgenden werden drei Geschichten aus Schenutes Leben erzählt. Zunächst wird seine Aufnahme ins Mönchtum durch Apa Pcol und Apa P§oi mit elf Jahren berichtet und Schenutes Gerechtigkeit und Vollkommenheit mit der Noahs verglichen (f. 190v i. 10-32). Daraufhin wird seine Nahrungsaskese während der „40 Tage des heiligen Passahs" geschildert (f. 190v i.33-ii.6). Mit der Erzählung einer Art Selbstkreuzigung während der Karwoche bricht der Text ab (f. 190v ii.7-25). Von Schenutes Aufnahme ins Mönchtum durch Pcol gibt es ausführlichere Erzählungen in den Langversionen, der syrischen Version aus Paris und in den sahidischen Fragmenten, in deren Zusammenhang auch Apa P§oi erwähnt wird (E 3). Zum Hinweis, dass Schenute elf Jahre alt war, als er Mönch wurde, gibt es keine Parallele200. Die Askese Schenutes wird ausführlich in E 4 der Langversionen dargestellt. Zur Nahrungsaskese Schenutes werden unterschiedliche Angaben gemacht: Während Schenute GB-BL Or. 3581A f. 190v i.35-ii.7 zufolge während des vierzigtägigen Fastens mit Salz gefülltes Brot aß, betonen die anderen Texte, dass er zu dieser Zeit gerade kein Brot, sondern nur Gemüse aß201. Brot und Salz werden als die alltäglichen Nahrungsmittel Schenutes genannt202. Der Bericht von Schenutes Selbstkreuzigung hat eine beinahe wörtliche Parallele in der arabischen Version203, allerdings auch nur dort. Diese fast wörtliche Übereinstimmung des Berichts der Selbstkreuzigung zwischen GB-BL Or. 3581A f. 190 und der arabischen Version lässt die Vermutung zu, dass GB-BL Or. 3581A f. 190 die Vorlage für den arabischen Text gewesen sein könnte. GB-BL Or. 3851A f. 190 ist eindeutig eine Lobrede, wie die Verwendung von rhetorischen Fragen sowie des Verbs loben (f. 190r i.7f: e r i M N o y ) und die Existenz eines Ich-Erzählers, der sein Publikum als „meine Geliebte" (f. 190 ii,14f: N^Mepao~e) anredet, verdeutlichen. Folgende Gliederung lässt sich trotz der Bruchstückhaftigkeit erkennen: Am Anfang steht ein allgemeines Lob von Märtyrern und Mönchen. Daraufhin 198
GB-BL Or. 3851A f. 190r ii.27-29: neïNOS H n e x ^ r o c N*.T*PHH ( ! ' C W GB-BL Or. 3851A f. 190r ii.15: NXMepi,Te. 200 Einer Inschrift im Kloster Schenutes sowie der arabischen Vita zufolge war Schenute neun Jahre alt: W.E. CRUM, Inscriptions, 554f; É. AMÉLINEAU, Monuments, 467f. 199
201
J . L E I P O L D T , V i t a e t O p e r a , 1: 1 3 , Z . 2 1 - 2 3 ; É . A M É L I N E A U , M o n u m e n t s , 3 1 4 ; G .
COLIN, Version éthiopienne (translatio), 6, Z. 9 - 1 0 (Schenute aß nur Kräuter); F. NAU, Version syriaque, 257. 202 J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 12, Z. 23; É. AMÉLINEAU, Monuments, 311; G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 5, Z. 33; F. NAU, Version syriaque, 256; vgl. EG-C Ç.G. 9251v ii.23-24 (Munier 65). 203
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , 3 1 3 f : A r 4 / 5 .
150
Die Frage nach der Gattung
betont der Sprecher, dass die Rede von Johannes dem Täufer sowie vermutlich den genannten Märtyrern und Mönchen mit einem grenzenlosen Meer zu vergleichen ist (GB-BL Or. 3581A f. 190r ii.27-29). Ersteres erinnert an das Proömium der syrischen Version, in der Schenute ebenfalls in eine Reihe mit anderen Erwählten gestellt wird. Die Erwähnung des Meeres ist mit dem Motiv aus der Einleitung der bohairischen und der arabischen Fassung vergleichbar, dass die Fülle der Wunder Schenutes wie das Wasser eines Meeres seien, in denen der Redner, i.e. Besa, ertrinken könne204. Da im folgenden - wie in den Langversionen, aber deutlich kürzer als in diesen - von Schenutes Aufnahme ins Mönchtum, seiner Gerechtigkeit und Askese berichtet wird, steht zu vermuten, dass mit GB-BL Or. 3851A f. 190 der Übergang von der allgemeinen Einleitung zur Darstellung des Lebens und der Tugenden Schenutes vom Sprecher in einer Lobrede bzw. Predigt auf Schenute erhalten ist. 3.5 IT-NB IB2 f f . 8-12
IT-NB IB2 ff. 8-12 besteht aus fünf aufeinanderfolgenden Blättern, von denen das erste (f. 12) in der Mitte von oben nach unten durchgeschnitten ist und die folgenden vier Blätter (ff. 8-11) die Seitenzahlen 113-120205 trugen. Sie wurden auszugsweise von Zoega als „Encomium abbatis Psjôl" veröffentlicht 206 , wobei mit Psjôl der Gründer des sog. Weißen Klosters und einer der Vorgänger Schenutes, nscux (Pcol), gemeint ist. Revillout sah in dem Text eine „biographie de l'abbé Pdjol" und nahm unter Vorbehalten Schenute als seinen Verfasser an207. Amélineau, der den ganzen Text edierte und übersetzte208, übernahm die Überschrift Zoegas und bekräftigte die Vermutung Revillouts, dass das Fragment Schenute zuzuschreiben sei209. Die Annahme, dass IT-NB IB2 ff. 8-12 eine Lobrede Schenutes über Pcol sei, hat Ladeuze mit den folgenden Argumenten bestritten210. Pcol sei lediglich der geistliche Vater dessen, von dem der Text rede. Der Name dieser Person werde jedoch in Text nicht erwähnt. Da nun Schenute der Nachfolger Pcols sei, gelte die Lobrede Schenute, nicht Pöol. Von Pöol werde nur ausgesagt, dass er den Mönchen einige Regeln gegeben habe. 204
205
J. LEIPOLDT, V i t a e t O p e r a , 1: 7 , Z . 1 9 - 2 2 ; É . AMÉLINEAU, M o n u m e n t s , 2 9 6 .
G. ZOEGA, Catalogus, 375. Heute sind nur noch die Zahlen 119 und 120 lesbar. 206 G. ZOEGA, Catalogus, 375-377, Nr. 181. 207 E. REVILLOUT, Origines, 409f. 208 É. AMELINEAU, Monuments, 229-236. Die folgenden Seitenzahlen im Text beziehen sich auf die Ausgabe Amélineaus. 209 É. AMELINEAU, Monuments, XLVII: „M. Revillout a attribué le fragment à Schnoudi: cela pourrait être, je n'y voir pour ma part aucune objection." 210 Zu folgendem s. P. LADEUZE, Étude, 148f.
Lobreden auf Schenute
151
Über den Verfasser des Textes konnte Ladeuze nur vermuten, dass sein Bericht vertrauenswürdig sei, er blieb ihm jedoch unbekannt. Leipoldt folgte Ladeuze' Beurteilung, dass die Rede Schenute zum Thema habe, maß ihr aber wenig Bedeutung zu211. Er stellte den Text mit einigen sahidischen Fragmenten der Vita Sinuthii212 unter die Überschrift „Verherrlichung Schenutes von unbekannten Verfassern" zusammen.Auch Emmel bezweifelt, dass IT-NB IB2 ff. 8-12 von Schenute stammt, und führt den Text im Abschnitt „Spurious [mondern] Attributions to Shenoute" auf 213 . IT-NB IB2 ff. 8-12 hat das Wachstum einer Klostergemeinschaft unter der Leitung einer namenlosen Autoritätsperson zum Thema. Das stark beschädigte erste Fragment scheint von der Ordnung des gemeinschaftlichen Lebens durch Gebote und Kanones zu handeln (229,1-6). Dabei ist Ladeuze zuzustimmen, dass Pcol als der Verfasser der Gebote und Kanones genannt wird, diese jedoch von einer andere Person angeordnet werden 2 ' 4 . Nach einer Lücke von zwei Spalten handelt der Text von der geistlichen Erziehung der Brüder durch Beispielerzählungen, durch das Evangelium und durch das Vorbild ihres Leiters (229,11-230,11). Daraufhin wird das Wachstum der Gemeinschaft beschrieben, das sich in der Erweiterung ihrer Wohnstätten, dem Bau eines Brunnens, in Pflanzung von Bäumen sowie ihres Bekanntwerdens in der Umgebung zeigt (230,11232,5). Es folgt der in sich geschlossene Bericht von Bruder Martes und dem Beginn des Webens von Kleidern in der Gemeinschaft (232,5233,15). Auf den Seiten 233,15-234,9 wird von der Einfuhrung eines Bekenntnisses ( j o i i o x o n ^ ) durch den Leiter der Gemeinschaft berichtet. Dabei schwören die Brüder „den Kanones und Befehlen des heiligen Mannes, von dem wir vorher geredet haben, Apa Pöol, und denen, die nach ihm waren" zu folgen (234,4-6). Hier ist mit Ladeuze festzuhalten, dass die Näherbestimmung Pcols als dem, von dem vorher schon die Rede war, nur dann sinnvoll ist, wenn nicht vorher die ganze Zeit von Pcol gesprochen wurde215. Die Fragmente enden in einer Rede des Leiters an seine Brüder, in der die Entstehung von Regeln für die Mönche in Ägypten nachgezeichnet wird (234,9-236,12). Der Redende spricht dabei von sich in der 1. Pers. Sg. bzw. in der 1. Pers. Pl., wenn er die Brüder, die er auch 211
J. LEIPOLDT, S c h e n u t e ,
18.
212
In der Terminologie dieser Arbeit mit FR 53-60, WX frg.1-3; J. LEIPOLDT, Schenute, 18f. 213 ST. EMMEL, Corpus, 896. 214 IT-NB IB2 f. 12r i.23-29 (vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 229, Z. 5f): Neqf AE S T o o T o y n e H N S H T O X H MHNKXHCÜN T H p o y MnpequfMipe H O Y T E - n e n e i o ) T - ^N^NSCOA.
Übersetzung É. AMELINEAU: „et le serviteur de Dieu, notre père apa Bgoul leur donnait toutes règles et tous ordres." Übersetzung P. LADEUZE, Étude, 149: „et il leur donnait toutes les règles et les ordres du serviteur de Dieu, notre père, apa Bgoul." 215
P . L A D E U Z E , É t u d e , 1 4 9 A n m . 1.
152
Die Frage nach der
Gattung
in der 2. Pers. PI. anredet, einschließt. Die Brüder werden zweimal im Vokativ angesprochen und zu Beginn der Rede zur Wachsamkeit aufgefordert.216 In der Rede wird auch Pcol erwähnt als „dieser vollkommene Mensch, auf dessen heiligem Fundament wir uns heute bauen, der unser Vater Pcol ist"217 (235,1-2) und er ist vermutlich auch in 236,7 gemeint218. Aufgrund dieser Stellen wurde vermutlich der ganze Text als Lobrede auf Pcol verstanden. Pcol wird hier jedoch nur in einer Rede erwähnt, die selbst in den Gesamttext eingebaut wurde219. Thema von IT-NB IB2 ff. 8-12 ist ein Nachfolger Pcols, unter dessen Führung das Kloster zur Blüte gelangte und die Weiterentwicklung von Bekenntnis und Regelwerk vorgenommen wurde. Diese Beschreibung passt gut zu dem, was von Schenute bekannt ist, so dass die Vermutung nahe liegt, dass der Text von Schenute handelt. IT-NB IB2 ff. 8-12 weist zwar einige Berührungspunkte mit den übrigen hagiographischen Texten über Schenute auf, wie z.B. bei der Einführung von Bekenntnis und Regeln oder beim Brunnenbau , aber keine eindeutige Parallele. Im Vergleich mit den anderen Texten über Schenute fällt besonders auf, dass sein Name nicht genannt wird. Selbst in IT-NB IB7 f. 1, FR-BN copte 1315 f. 12 und GB-BL Or. 3851A f. 190, von denen jeweils nur ein Blatt überliefert ist, wird Schenute jeweils mindestens einmal namentlich erwähnt. Nun stand zwischen Pcol und Schenute ein weiterer Mönch dem Kloster vor, der vermutlich den Namen Ebonh führte und über dem kaum noch Informationen existieren222. Es kann daher auch nicht ausgeschlossen werden, ob dieser Text nicht Ebonh zum Thema hat. Auch die Bezeichnung des Textes als Lobrede hält einer genauen Prüfung nicht stand. In ITNB IB2 ff. 8-12 fehlen, mit Ausnahme der Lobrede am Schluss, Hinweise auf eine Redesituation, wie z.B. Vokative, Aufforderungen zum Hören, Anrede in der 2. Pers. PI. oder rhetorische Fragen, wie sie sich z.B. in FRBN copte 1315 f. 12 und GB-BL Or. 3851A f. 190 finden. Die Charakterisierung des Textes durch Ladeuze, der ihn als einen ,nüchternen Bericht' 216
IT-NB IB2 f. lOv i . 2 2 - 2 4 f (vgl. É. AMELINEAU, Monuments, 234, Z. 9f): + 2 T H T N M e c H h y xyüJ NTefNNHe- ¿Na 106 NIM. Übersetzung: Gebt acht, Brüder, und seid nüchtern in allem. IT-NB IB2 f. lOv ii,13f (vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 234, Z. 13): e i x t o n n x i HxeiiHy. Übersetzung: Ich sage dies, o meine Brüder. 217 Der sahidische Text von IT-NB IB2 ff. lOv i i . 2 4 - l l r i.l (vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 2 3 5 , Z. 1 - 2 ) lautet: neipioMe R^p N T e x i o c - STTIKIUT MMON- e j p j J e x " N T e q c N T e e T o y ä ^ e • flnooy e T e n e n e i i u T nsu>\ n e . 218 IT-NB IB2 f. 11 v i i . 3 - 7 (vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 236, Z. 7): \ n e n n e T o y ^ \ R fieïcuT KCUT n o y j o y o e g p ^ i e x l i T O t i T Ü N N e q e i o T e ; Übersetzung: Unser heiliger Vater hat um etwas mehr auf dem Fundament seiner Väter gebaut. 219 D i e s e Struktur hat auch Ladeuze erkannt. Vgl. P. LADEUZE, Étude, 148. 220 Vgl. E 4/2. 221 Vgl. E 16. 222 ST. EMMEL, Corpus, 9; vgl. 569.
Zusammenfassung
der
Gattungsbestimmung
153
bezeichnet223, ist daher eher zuzustimmen als die Bezeichnung des Textes als Lobrede.
4 Zusammenfassung der Gattungsbestimmung Die Langversionen gliedern sich in drei Teile: In einen einleitenden Teil, in dem Schenutes Verdienste und Taten gewürdigt werden, in einen Hauptteil, der Episoden, zumeist Wunder, aus seinem Leben erzählt, und in einen Schlussteil. Die Einleitung kann verschiedene Formen annehmen. Die in den Langversionen überlieferten Proömien sind kunstvoll aufgebaut und entsprechen in weiten Teilen den Regeln des antiken Enkomion. Das dies nicht selbstverständlich ist, zeigt ein Vergleich mit der Einleitung der von Nau edierten syrischen Version sowie den anderen Lobreden über Schenute aus seinem Kloster. In GB-BL Or. 3581A f. 190 und FR-BN copte 1315 f. 12 dominieren rhetorische Fragen, IT-NB IB7 f. 1 betont die Situation, d.h. die Versammlung zum Gedenken an Schenute. Für IT-NB IB7 f. 1 und die Einleitung der von Nau edierten syrischen Version der Vita Sinuthii ist ferner eine Häufung von Bibelzitaten festzustellen. Gemeinsam ist allen Einleitungen, dass in ihnen der Redecharakter der Texte deutlich zu Tage tritt. Ein Sprecher wendet sich an sein Publikum, wirbt um dessen Aufmerksamkeit und betont in vielen Fällen seine Glaubwürdigkeit. Im Gegensatz dazu werden im Hauptteil die Episoden aus Schenutes Leben größtenteils mit formelhaften Wendungen eingeleitet, die keinen Sprecher erkennen lassen. Allein die Kodizes FR und WX weisen zu jeder Episode eigene Einleitungen auf, in denen der Sprecher sein Publikum direkt anspricht. Bereits Amelineau hatte in bezug auf die bohairische Version vermutet, dass das Fehlen ausfuhrlicher Episodenanfänge auf die redaktionelle Arbeit des Übersetzers zurückgehe 22 . In dieselbe Richtung geht die - nicht ausführlich begründete - Vermutung Müllers, dass Heiligenpredigten, die einen starken literarischen Charakter aufweisen, „verhältnismäßig spät" seien225. Die ausführlichen, nicht formalisierten Episodenanfange von FR und WX könnten somit ein Hinweis dafür sein, dass ihr Text früher als der Text der Langversionen und der ihnen ähnlichen sahidischen Fragmenten entstanden ist. Darüber hinaus finden sich in vielen hagiographischen Schriften über Schenute paränetische Elemente, wie z.B. die ,Lehre von den zwei Wegen' 223 P. LADEUZE, Étude, 149: „Son [i.e. der unbekannte Verfasser] récit, bien sobre, semble mériter confiance." 224
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , X I .
225
C.D.G. MÜLLER, Redekunst, 72.
154
Die Frage nach der Gattung
in den Proömien der arabischen und äthiopischen Version, der Tugendkatalog im ersten Predigtfragment Benjamins I. über Schenute 226 . Dieses Gemisch aus Formen und Inhalten ist typisch für die christliche Hagiographie. Laut Delehaye schafft der Hagiograph eine „neue Kunstgattung [...], die sich zusammensetzt aus Biographie, Panegyrikos und Sittenlehre" 227 . Eine ähnliche Entwicklung beobachtete Müller für die koptische Predigt, die ab dem fünften Jahrhundert immer mehr zu einer Mischung aus Wundererzählung und Ermahnung wird 228 . Dass in der Forschung in bezug auf die hagiographischen Texte über Schenute zwischen den Bezeichnungen ,Biographie' und ,Lobrede/Panegyrikos' geschwankt wurde, liegt somit in Form und Inhalt der Texte begründet, die biographische, enkomiastische und paränetische Elemente miteinander verbinden. Die Untersuchung der Texte haben ergeben, dass die Bezeichnung ,Biographie' bzw. ,Vita' nicht dem Umstand gerecht wird, dass die Texte als Reden gestaltet sind. Deshalb wurde auch der Sitz im Leben der Texte nicht hinreichend gewürdigt. In den Überschriften und Einleitungen der Langversionen sowie in IT-NB IB7 f. 1 wird die Gedenkfeier am Todestag Schenutes als Sitz im Leben genannt. Dies entspricht der Tradition der koptischen Kirche, in der im Morgengottesdienst der Gedenktage von Märtyrern und Heiligen Geschichten aus deren Leben vorgelesen wurden, „usually presented in the form of an encomium or homily for the edification of the congregation" 229 . Dass Besa im Rahmen eines Gedenkgottesdienstes eine Rede auf Schenute hielt, ist insofern wahrscheinlich, als es in der koptischen Kirche Sitte war und ist, am dritten, siebten und vierzigsten Tag nach dem Tod eines Menschen seiner zu gedenken 230 . Dass im Kloster Schenutes Gedenktage für ,Väter' gefeiert wurden, ist auch der Episode E 41 (,Die gierigen Kleriker') zu entnehmen 231 . Hinweise auf eine liturgische Verwendung finden sich ferner in den Episodenschlüssen der äthiopischen und arabischen Version, die mit einer Doxologie, einer Bitte um Fürbitte und Amen enden. Am Ende der arabischen Version wird auf die Eucharistiefeier im Anschluss an die Rede verwiesen 232 . Außerdem sind in liturgischen Randbemerkungen in der Handschrift der bohairischen Version und im Kodex FR erhalten, die
226
Vgl. auch die Bezeichnung .Katechese' in der Überschrift von IT-NB IB7 f. 1.
227
H . DELEHAYE, L e g e n d e n , 6 9 .
228
C.D.G. MÜLLER, Redekunst, 71 f. A.S. ATIYA, Art. Synaxarion, 2173.
229 230 231
V g l . C. WISSA WASSEF, Art. F u n e r a l C u s t o m s , 1 1 2 5 . J. LEIPOLDT, Vita et O p e r a , 1: 4 2 , Z. 2 5 f :
^OYESOOY
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fc>eNniM0N^CTHpi0N e^NeNiot n e . 232 É. AMELINEAU, Monuments, 477: „Mais finissons ici ce discours, car il est temps d'élever l'hostie sainte".
Zusammenfassung
der
Gattungsbestimmung
155
Hinweise für die Art der Rezitation der Texte geben233. Die Bewusstmachung des liturgischen Sitzes im Leben ist - wie im letzten Kapitel dieser Arbeit gezeigt wird - kein Selbstzweck, sondern trägt entscheidend zum Verständnis der Entstehung der hagiographischen Texte über Schenute bei. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die Abgrenzung der Texte, die zur sog. Vita Sinuthii gehören, und derjenigen hagiographischen Texte über Schenute, die ,nur' Lobreden sind, nur schwerlich möglich ist. Dies zeigt sich insbesondere an den Kodizes FR und WX. Einige Teile von FR und WX sind in der Forschung des öfteren nicht zur Vita Sinuthii gezählt worden. Bei anderen Fragmenten wurde ihre Zugehörigkeit zur Vita Sinuthii nie bestritten. Dies zeigt sich aber auch an GB-BL Or. 3581A f. 190, dass sich zwar formal deutlich von den Texten der sog. Vita Sinuthii unterscheidet, inhaltlich jedoch deutliche Überschneidungen aufweist und sogar in der arabischen Version wörtlich zitiert werden.
233
A. HEBBELYNCK/A. VAN LANTSCHOOT, Codices, Bd. 1, 4 7 7 ; C.D.G. MOLLER,
Homilie, 286 Anm. 2. Zu FR vgl. É. AMELINEAU, Monuments, 240 Anm. 3.
Kapitel 3
Die Suche nach dem Verfasser Als Verfasser der arabischen, bohairischen und äthiopischen Versionen wird in ihren Überschriften und Proömien der Nachfolger Schenutes, Besa, genannt. Dementsprechend wurde bisher davon ausgegangen, dass auch diejenigen sahidischen Texte, deren Überschriften und Einleitungen nicht mehr erhalten sind, die aber Parallelen mit den genannten Versionen aufweisen, sowie auch die beiden syrischen Versionen von Besa stammen. Für einige Episoden von FR bezweifelte jedoch schon Amelineau, dass Besa der Autor sein könne. Diese These wurde von Ladeuze und Leipoldt u.a. aufgenommen, wobei letzterer auch die Fragmente des Kodex WX nicht als Werk Besas ansah. Im folgenden wird überprüft, welche Hinweise die Texte selbst auf ihren Autor geben. Der Untersuchung der Texte geht ein Abschnitt mit Informationen zu Besa voraus.
1 Biographisches und Bibliographisches zu Besa Von Schenutes Nachfolger Besa1 sind einige Briefe und Predigten erhalten2, deren Überlieferung die Wertschätzung Besas ebenso verdeutlichen wie das Vorhandensein einer unveröffentlichten Vita über ihn3. Wie Schenute trug er den Titel ,Archimandrit' 4 . Über das Leben Besas ist wenig bekannt. Von Besas Ernennung zum Nachfolger Schenutes durch diesen selbst berichtet die Lobrede auf Makarius von Tköou5. Ferner scheint ein Gespräch Besas mit Kaiser Zenon (474-491) überliefert worden zu sein6. Zenon bestieg 474 den Thron, wurde aber von Basiliskus vertrieben und konnte seine Herrschaft erst 476 wieder sichern. Besa lebte daher vermutlich noch im Jahr 474, wahrscheinlich sogar bis mindestens 1 Im Sahidischen ist sowohl die Schreibweise BHCÄ, (IT-NB IB7 f . l [K.H. KUHN, Letters (textus), 126, Z. 6] und G B - B M EA 10820 f. 2r i.19) als auch q i c j , (WU 31 i.18) belegt. 2 Veröffentlicht von K.H. KUHN, Letters (textus), (translatio). Fünf der von Kuhn herausgegebenen Kodizes sind nicht Besa, sondern Schenute zuzuschreiben, ST. EMMEL, Coipus, 937. (Kuhn Museon) i A. KHATER/O.H.E. BURMESTER, Catalogue, 66f, Nr. 139. 4 IT-NB IB7 f. 1 (K.H. KUHN, Letters (textus), 126, Z. 6). 5 D.W. JOHNSON, Panegyric (textus), 26; ders., Panegyric (translatio), 20. 6 K.H. KUHN, A b b o t l , 38.
Biographisches und Bibliographisches zu Besa
157
476. Besas Charakter wird oft in Vergleich zu Schenute gesehen, so z.B. von Bell: „[Besa] was much gentler and far less ferocious than his formidable predecessor"7. Dagegen betonte Behlmer, dass diese Gegenüberstellung auf Fehlinterpretationen der Texte Besas und Schenutes zurückzuführen sei8. Die Briefe und Predigten Besas sind auf Sahidisch geschrieben9. Amelineau verglich den literarischen Stil in Besas Briefen mit dem der Vita Sinuthii und kam zum Ergebnis, dass der Stil Besas in seinen Briefen und Predigten genauso demütig und farblos sei wie in der Vita Sinuthii10. Kuhn vertrat dagegen die Auffassung, dass sich Besas Stil der jeweiligen Gattung seiner Texte anpasse und sich daher in den hagiographischen Texten von den Predigten unterscheide11. Die von Kuhn veröffentlichten Texte Besas sind Briefe und Predigten, die auf eine bestimmte Situation im Kloster Bezug nehmen12. Besa wendet sich in ihnen mit Ermutigungen und Ermahnungen an eine Hörerschaft oder einen Leser bzw. eine Leserin, was durch die häufige Verwendung des Vokativs und der 2. Person Singular und Plural deutlich wird. Beschreibende Passagen finden sich selten13. Damit unterscheiden sich die Texte Besas deutlich von der Vita Sinuthii, deren Gattung in dieser Arbeit bereits mit dem Ergebnis thematisiert wurde, dass v.a in den Langversionen eine Redesituation fast nur in den Proömien deutlich wird und Beispielerzählungen überwiegen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass bisher nicht einmal für Schenute, von dem ein weitaus größeres Werk erhalten ist als von Besa, eindeutige stilistische und grammatikalische Merkmale nachgewiesen werden konnten. Dies wird laut Emmel erst der Fall sein, wenn die koptische Sprache und Literatur besser als heute erforscht ist14. In den weiteren Untersuchungen wird daher auf eine stilistische Analyse der Texte verzichtet.
7
D.N. BELL, Life, 3. H. BEHLMER, City, 26 mit Anm. 70. 9 Während Leipoldt davon ausging, dass Besa kein Griechisch konnte (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 2), vermutete Kuhn aufgrund zweier Wortspiele mit griechischen Lehnworten, dass Besa des Griechischen mächtig war /K.H. KUHN, Abbot I, 44f). 10 E. AMELINEAU, Monuments, XI. " K . H . KUHN, Abbot I, 45. 12 Vgl. K.H. KUHN, Abbot III, 35. 13 Vgl. z.B. die Beschreibung der Versorgung der hungernden Bevölkerung (K.H. KUHN, Letters [textus], 42). 14 ST. EMMEL, Corpus, 3 Of. 8
158
Die Suche nach dem
Verfasser
2 Die Untersuchung der Texte Ziel dieses Kapitels ist es zu prüfen, ob Besa der Autor der Vita Sinuthii ist15. Zunächst werden die Überschriften zur Vita Sinuthii, die in den Langversionen sowie in der von Nau edierten syrischen Fassung erhalten sind, miteinander verglichen. Anschließend wird untersucht, wo und auf welche Weise Besa als Sprecher bzw. als ein anonymer Ich-Erzähler in den einleitenden Sätzen zu den Episoden und in den einzelnen Episoden auftritt. 2.1
Überschriften
In den Überschriften zur bohairischen, arabischen und äthiopischen Version wird Besa als Verfasser des folgenden Textes namentlich angeführt. Besa habe die Rede zum Gedenken an Schenute an dessen Festtag, dem siebten Epeph, gehalten. Dagegen wird in der Überschrift der von Nau edierten syrischen Version weder ein Verfasser noch der Todestag Schenutes erwähnt. Die Überschrift lautet schlicht: „Nous écrivons maintenant les actions remarquables du saint père Schanoudin, homme de Dieu."16 2.2 Einleitende
Sätze
Die einleitenden Sätze zu den einzelnen Episoden sind für die Frage nach dem Verfasser von besonderer Bedeutung, weil sich der Redner in einigen Episoden in Ich-Form an sein Publikum wendet. Dies geschieht v.a. im ersten Teil der arabischen Version, der von den Voraussagen der Geburt Schenutes und von Schenutes Jugend berichtet, und in den sahidischen Kodizes FR und WX. In diesen Einleitungen spricht der Redner seine Zuhörer im Vokativ an und versucht, ihre Aufmerksamkeit zu erringen. Ferner führt der Redner Zeugen für seine Wundererzählungen an. Dies hat für die Geschichten über Schenutes Geburt und Jugend, die in der arabischen Version berichtet werden, eine innere Logik, da Besa damals noch nicht geboren war, also kein Augenzeuge sein konnte17. 15
Aufgrund ihres fragmentarischen Charakters werden die folgenden Fragmente nicht in die Untersuchung einbezogen: EG-C C.G. 9251, GB-BL Or. 3581B f. 72 und die von Guidi edierte syrische Version. 16 F. NAU, Version syriaque, 252. 17 Vgl. zu Ar 1/1: „Et quelqu'un qui a vécu autrefois nous a affirmé ..."; zu Ar 1/2: „ils [i.e. die heiligen Väter] nous ont encore fait cette affirmation étonnante..."; zu Ar 1/3: „nous vous apprendrons l'histoire de son père ... comme nous l'avons appris et entendu de la bouche de sa mère ... et il [i.e. der Vater Schenutes] nous a raconté ..."; zu Ar 1/4: „écoutez (la narration de) son père ... Il dit: ..."; zu Ar 2 (É. AMELINEAU, Monuments, 306): „et quant au berger, il nous a affirmé ceci..."; zu Ar 3: „Et le berger m'a encore affirmé ceci ...".
Die Untersuchung
der Texte
159
In den einleitenden Sätzen wird Schenute oft als ,mein' oder ,unser' Vater bezeichnet. Ob daraus weitreichende Konsequenzen zu ziehen sind, ist fraglich. So bevorzugt z.B. die bohairische Version in ersten Teil ,mein Vater', während Schenute im zweiten Teil eher als ,unser Vater' bezeichnet wird. Auffallig ist jedoch, dass in den sahidischen Kodizes FR und WX sowie in der von Nau edierten syrischen Version von Schenute immer als , unser Vater' und nie als ,mein Vater' gesprochen wird. In den sahidischen Kodizes FR und WX, die von Ereignissen aus Schenutes Erwachsenenleben berichten, werden gehäuft Zeugen oder Zeugnisse angeführt. Dies geschieht teilweise sehr unbestimmt, wie in E 36 oder in der Episode vom Dux Heraklius (E 38A), mit „man sagte [nun wiederum]" 18 , z.T. werden die Gewährsleute genauer bestimmt 1 oder Schenutes Predigten zitiert 20 . Besonders hervorzuheben sind zwei Einleitungen, die eine zeitliche Distanz zwischen dem Sprecher und seinen Zeugen bzw. Schenute selbst erkennen lassen. Zu Beginn von E 40 heißt es: „Und unsere Mönchsväter, die zur Zeit unseres Vaters Apa Schenute gelebt haben, haben [auch] gesagt ... " 21 . E 84 wird mit den Worten eingeleitet: „Diejenigen, die ihn im Körper getroffen haben, haben uns bezeugt ..."22. Der Sprecher von FR und WX behauptet in keinem Fall, Augenzeuge eines der Wunder gewesen zu sein, sondern ist stets darauf bedacht, Zeugen zu nennen, um seine Glaubwürdigkeit zu untermauern. Wie die Einleitungen von E 40 und E 84 zeigen, scheint er noch nicht einmal Zeitgenosse Schenutes zu sein23. Dieser Sprecher kann also nicht Besa sein und das, obwohl er Ereignisse berichtet, die sich - bis auf eine Ausnahme - alle auch in den Langversionen finden, die in ihren Überschriften und Einleitungen eindeutig Besa zugeschrieben werden. Die auffallige Nennung von Zeugen hat bereits das Misstrauen von Amelineau, Ladeuze, Leipoldt u.a. geweckt, die Teile von FR und WX, nämlich FR 45-48.53-60 und WX frg. 1-3, nicht als Werk Besas ansa-
18 WX frg. 2r ii.27f (E 37): n e x \ y ; FR 45 i.28 (Dux Heraklius): vpsooc A e OH; FR 58 i.6 (E 81): ¿.yxooc A E OH. 19
frg.
V g l . z . B . W X frg. 2r i i . 6 - 7 : 2ENPU>ME M n i ' C T O C ( v e r t r a u e n s w ü r d i g e L e u t e ) ; W X l r i.31-ii.2: HSNTXYBCDK eKCü[CTÄ.HTinoy]no\i[c] (diejenigen, die nach
Konstantinopel gegangen waren). 20 FR 54 ii.3-6; FR 55 i,12f. 21
FR 4 7
ii. 19—27:
^yxipfolc
A t e ON] N S m [ e n ] e i o T e
MMION^[XOC] N ^ I
HTx[y]TX2enK\ipoc HneH[e]iu)T \n[\]cyeiioy[Te]. 22
23
F R 5 9 i i . 2 3 - 2 7 : ^ y e p u T i + p e H^H N & L N E N T » . Y T ^ 2 O Q 2"HI"ICCUMX.
Der einzige mögliche Hinweis, dass der Sprecher doch ein Zeitgenosse Schenutes war, findet sich in FR 58 ii.26—59 i.l, wo es heißt: „als er schließlich uns sah, die wir zugeneigt waren" (xolnoti HTepeqN^y epon eNpone). Wer hier mit der 1. Pers. PI. gemeint ist, ist nicht eindeutig. Es können sowohl die Brüder, die in der Einleitung in der 3. Pers. PI. stehen (FR 59 i.6—9), als auch der Sprecher selbst gemeint sein.
160
Die Suche nach dem
Verfasser
hen24. Seit der Zusammenordnung der erhaltenen Fragmente von Kodex FR ist es jedoch nicht mehr möglich, einzelne Teile von FR verschiedenen Autoren zuzuschreiben, wie es bisher geschehen ist. Auch ist es wenig plausibel anzunehmen, dass ein Redaktor nur die genannten Teile eingefügt habe. Denn die Nennung von Zeugen ist ein Charakteristikum aller erhaltenen Fragmente von FR und WX, so dass davon ausgegangenen werden müsste, dass zufälligerweise nur die redaktionellen Teile von FR und WX erhalten geblieben und alle von Besa stammenden Stücke verloren gegangen seien, was sehr unwahrscheinlich ist. Die plausibelste Hypothese ist, dass der Sprecher der Kodizes FR und WX nicht der Zeitgenosse und Nachfolger Schenutes Besa ist. Die einleitenden Sätze der bohairischen und äthiopischen Fassung sowie der meisten sahidischen Fragmente sind formelhaft gestaltet und geben somit keine Auskunft über den Verfasser der Texte. 2.3
Episoden
In diesem Abschnitt wird untersucht, in welchen Episoden und Versionen Besa als Ich-Erzähler auftritt. Besa oder ein namenloser Ich-Erzähler kommt insgesamt in 25 Episoden vor25. Wie die Tabelle zeigt, scheint es willkürlich zu sein, ob ,ich, Besa' oder nur ,ich' steht. Daher wird im folgenden auch dann von einer Nennung Besas ausgegangen, wenn der namenlose Ich-Erzähler auftritt. Dies gilt jedoch nicht für die Proömien, wie genauer begründet werden wird. Untersuchung
der einzelnen
Episoden
Im folgenden werden alle Episoden vorgestellt, in denen Besa als IchErzähler auftritt. Genaue Quellenangaben werden im nur dort gemacht, wo der Wortlaut von besonderer Bedeutung ist. Für alle übrigen Stellen sei auf die Synopse in Kapitel 2.7 verwiesen. EIV. VI. VII Einleitung
In der bohairischen, arabischen und äthiopischen Version kündigt der Redner sein Vorhaben an, an diesem Festtag, dem Todestag Schenutes, wie den Überschriften zu entnehmen ist, von Schenutes Wundern zu berichten. Der Redner nennt dabei in der bohairischen und der arabischen Version seinen Namen, nämlich Besa. Er betont, dass er Schüler Schenutes war und
24 É. AMÉLINEAU, Monuments, 495f (FR 45-48); P. LADEUZE, Étude, 123f (FR 4 5 48.53-60); J. LEIPOLDT, Schenute, 19 (FR 45-48.53-60; WX frg. 1-3). 25 Nicht aufgeführt wird E 54, in der Name Besa durch den Herausgeber ergänzt wurde, G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 37, Z. 24.
Die Untersuchung der Texte
161
entweder Augenzeuge der folgenden Wunder gewesen sei oder sie von Schenute selbst gehört habe. In der von Nau edierten syrischen Fassung, deren Einleitung sich auch stilistisch völlig von den Einleitungen der anderen Versionen unterscheidet, bleibt der Redner anonym und präsentiert sich weder als Schüler Schenutes noch als Augenzeuge der folgenden Wunder. Der Todestag Schenutes wird vielleicht indirekt erwähnt26, ein anderer Sitz im Leben wird nicht deutlich. Da Besa auch nicht in der Überschrift dieser Version genannt wird, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Sprecher hier, so wie in den anderen Versionen, Besa ist. E 6 (,Die Versuchung des Anba Harqal') Die Episode ,Versuchung des Anba Harqal' (E 6) endet in WV 33 mit der Aufforderung des Engels an Schenute, „besuche deinen Sohn und die, die mit ihm sind", worauf es heißt: „Und er teilte mir mit, was sich ereignet hatte."27 In der Parallelstelle der arabischen Version ist dagegen allgemein von den Kindern Schenutes die Rede, und dass Schenute „uns" von den Ereignissen erzählte28. Dies ist besonders bedeutungsvoll, da dies die einzige Episode ist, in der Besa nicht in der arabischen, dafür aber in einer anderen Fassung erwähnt wird, und zwar, obwohl sich der sahidische Kodex WV und die arabische Version sehr nahe stehen. E 16 (,Der Bau der Zisterne') In E 16 (,Der Bau der Zisterne') der arabischen Version hebt der IchErzähler, also Besa, die Zisterne an einem anderen Ort aus, als von Schenute angeordnet, worauf die Zisterne auf die Arbeiter zu stürzen droht. Erst Schenutes Eingreifen verhindert das Unglück. In der bohairischen und äthiopischen Fassung wird weder Besa noch dessen eigenmächtiges Handeln erwähnt, sondern nur, dass auf Veranlassung des Satans der Brunnen auf die Arbeiter stürzt. Daraufhin rennt einer der Brüder, dessen Name nicht erwähnt wird, zu Schenute, der den Schaden abwendet. E 17 (,Besa möchte den Messias sehen') und E 18 (, Visionen Schenutes') Dass Besa in E 17 (,Besa will den Messias sehen') in allen Versionen erwähnt wird, ist aufgrund des Inhalts der Episode nicht verwunderlich. Erstaunlich ist jedoch die Art und Weise, wie dies in der äthiopischen und 26 Vgl. die Ankündigung des Redners: , j e révélerai (donc) les mérites du saint après sa mort." F. NAU, Version syriaque, 252. 27 WV 33 ii.8-14: . . . NîSMnipïNe MneKqjHpe mnnstnmm^ci . . . ^ytu ¿iqT&.Mçi eneNTa>qu} curie. 28 É. AMELINEAU, Monuments, 320, Z. lOf.
162
Die Suche nach dem
Verfasser
in der syrischen Fassung geschieht. Die äthiopische Version setzt nach einem einleitenden Satz mit dem Hinweis ein: „Awsä [i.e. Besa] dit: ,Je viens... " l29 . Demnach wird Besa hier als Zeuge aufgeführt. Letzteres überrascht, da der Überschrift zufolge der gesamte äthiopische Text von Besa stammen soll. Eine besondere Nennung Besas als Zeugen ist daher nicht notwendig, sondern unterbricht den Redefluss, und ließe sich am besten auf eine Vorlage zurückführen, in der Besa nicht der Sprecher der ganzen Rede war. Unterstützt wird diese Vermutung durch die Form von E 18 (,Visionen Schenutes'), die in der äthiopischen Version zunächst als Schülerbericht, eingeleitet mit „sein Schüler sagte", gestaltet ist, während es in der arabischen Fassung Besa selbst ist, der erzählt. Um die Verwirrung perfekt zu machen, wird der Schülerbericht der äthiopischen Fassung nach wenigen Sätzen mit den Worten unterbrochen: „II lui dit...", wobei hier mit ,il' nur der Schüler Schenutes gemeint sein kann, der also nicht mehr in der 1. Pers. Sg. steht. Zwei Sätze später findet allerdings ein erneuter Wechsel der Person statt. Nun heißt es: „il nous dit...", wobei jetzt Schenute in der 3. Pers. Sg. steht und unter der 1. Pers. PI. die Brüder allgemein zu verstehen sind, was auch mit dem Abschluss der Episode übereinstimmt. Die Form der syrischen Version aus Paris von E 17 lässt sich dagegen am leichtesten durch das umgekehrte Erklärungsmodell verstehen. Zu Beginn von E 17 wird Besa in der 3. Pers. Sg. als Schenutes Schüler vorgestellt und - ebenfalls noch in der 3. Pers. Sg. - von seinem Eintreffen bei Schenute und den ersten Worten zwischen den beiden berichtet30. Unvermittelt erfolgt dann ein Wechsel in die 1. Pers. Sg., und Besa, dessen Name nicht noch einmal genannt wird, erscheint als Ich-Erzähler bis zum Ende der Episode31. Die syrische Version gibt sich nicht als Rede Besas aus, weshalb es nur konsequent ist, dass Besa in der 3. Pers. Sg. steht. Der Wechsel zur 1. Pers. Sg. in E 17, wie auch die Verwendung dieser Form in der syrischen Version in E 23, ließe sich dadurch erklären, dass der Schreiber eine Vorlage, die Besa als Sprecher hatte, fehlerhaft umformuliert.
29
G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 10, Z. 38f. Der Stil erinnert an die Apophthegmata Patrum. Eine ähnliche Einleitung findet sich in der von Nau edierten syrischen Version zu E 31, mit dem Unterschied, dass es hier Schenute selbst ist, der als Zeuge zitiert wird: F. NAU, Version syriaque, 262: „Notre père Schanoudin nous racontait ce qui suit...". 30 F. NAU, Version syriaque, 258f: „[...] un disciple de Schanoudin [...] vint pour le voir. Il l'entendit ...". 31 F. NAU, Version syriaque, 259: „Et comme je le pressai ...".
Die Untersuchung der Texte
163
E 19 (,Das Brotwunder') Hier wird Besa in der arabischen, äthiopischen und bohairischen Version sowie in WU 31 von Schenute in die Speisekammer geschickt. E 23 (,Die Läuterung des Frauenmörders') In allen Versionen und Fragmenten, die diese Episode berichten, fragt Besa Schenute am Ende der Geschichte nach dem Mann, und Schenute erklärt, was geschehen ist. E 27/2 (,Der Brief des Theodosius an Schenute') In der Episode E 27/2 wendet sich Schenute in der arabischen Fassung an Besa und fordert ihn auf, sich um das Wohlergehen der Gäste, nämlich des Boten und seiner Soldaten, zu kümmern32. In der bohairischen und äthiopischen Version bittet Schenute den Boten direkt, sich mit seinen Soldaten im Kloster zu erholen33. Im sahidischen Fragment GB-BM EA 10820 f. lv i.7-11 ist diese Stelle größtenteils nicht lesbar, es steht aber zu vermuten, dass Besa hier ebenfalls nicht erwähnt wird. E 31 (,Der Bischof von Smin') Die Episode E 31 (,Der Bischof von Smin') ist mit zwei verschiedenen Schlüssen überliefert. In der bohairischen und syrischen Version sowie im sahidischen Fragment GB-BM EA 10820 f. 2v i.1-13 weist Jesus Christus, mit dem Schenute im Gespräch ist, diesen auf Mt 16,19 hin, worauf Schenute zum Bischof geht und diesen begrüßt. Der Bischof setzt daraufhin seine Reise in Frieden fort. In der arabischen Fassung und dem sahidischen Fragment VA-V Borg. Copt. 134 wird von dem Tod des Bischofs drei Tage nach dem Treffen mit Schenute berichtet. Schenute erklärt Besa daraufhin, dass ihm der Tod des Bischofs im voraus mitgeteilt worden war. E 48 (,Die ungeduldigen
Brüder')
In dieser nur in der arabischen Version überlieferten Episode, in der die ungeduldigen Brüder Christus durch ihr Murren vertreiben, überredet der Ich-Erzähler gemeinsam mit einem anderen Bruder Schenute zur Rückkehr ins Kloster.
32 33
É. AMELINEAU, Monuments, 366. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 30, Z. 2 8 - 3 1 , Z. 3. G. COLIN, Version éthiopienne
( t r a n s l a t i o ) , 2 4 , Z. 2 3 - 2 5 .
164
Die Suche nach dem
Verfasser
E 51/1 (,Die Gebete für die Nilflut') In allen Versionen, die diese Episode berichten, fungiert Besa in Abwesenheit Schenutes als Ansprechpartner des Gouverneurs im Kloster und stört Schenutes Gebete. E 52 (, Der fleißige und der faule
Bruder')
In der Episode E 52 findet in der arabischen Version zwischen Schenute und Besa ein erklärendes Gespräch über den faulen Bruder statt, das in der bohairischen Version nicht überliefert ist. E 53/3 (, Der vergessliche Besa') In dieser Episode, die nur in der arabischen Version überliefert ist, spielt Besa eine ambivalente Rolle. Er ist zum einen an einer Versöhnung zwischen den Mönchen beteiligt, wobei er eine Vision hat. Zum anderen vergisst er den Auftrag Schenutes, die Paradiesäpfel zu pflücken 34 . E 59 (,Besas Hilfe für Apa Makarius') In dieser Episode, die ebenfalls nur in der arabischen Version berichtet wird, wird Schenute von Christus aufgefordert, seinen Sohn zu Apa Makarius zu schicken, um diesen in seiner Bedrängnis zu befreien. Dass mit Schenutes Sohn, dessen Name nicht genannt wird, der aber von sich in der 1. Pers. Sg. spricht, Besa gemeint ist, wird aus der Parallelüberlieferung dieser Episode im Panegyrikos auf Makarius von Tköou deutlich35. E 64 (,Der Dämon in der Statue') In der arabischen Version, nicht aber in der äthiopischen Fassung, tritt am Ende der Episode Besa auf, dem Schenute vertraulich von seiner Begegnung mit dem Erzengel Gabriel berichtet. E 68/1 (, Sprüche Schenutes über sein Kloster') In dieser Episode, die sich nur in der arabischen Fassung findet, teilt Schenute Besa zwei Sprüche mit. E 77 (, Das Weizenwunder und der Besuch der Heiligen') In dieser Episode, die ebenfalls nur in der arabischen Fassung berichtet wird, wird Besa von Schenute nach Panopolis geschickt, um Brot zu kaufen, jedoch ohne Erfolg. Besa sieht später als erster in der Kirche den 34 35
E. AMELINEAU, Monuments, 419f. D.W. JOHNSON, Panegyric (textus), 28, Z. 23-34; 34-37.
Die Untersuchung
der Texte
165
Weizen und macht Schenute auf dieses Wunder aufmerksam. Die Heiligen, die nun in der Kirche erscheinen, werden nur von Schenute und Besa gesehen, wobei Schenute Besa die einzelnen Heiligen vorstellt36. E 78 (, Schenute und Mar Thomas') Zu Beginn dieser Episode, die nur in der arabischen Version überliefert ist, versichert Schenute Besa, dass Mar Thomas ein besonderer Heiliger sei, der mit dem Heiland und vielen Heiligen verkehre. E 79 (,Schenutes Wunder und Lehren') Diese Zusammenfassung des Lebens und Wirkens von Schenute im Stil des Proömiums findet sich in der bohairischen, arabischen und äthiopischen Version und ähnelt im Stil den Proömien dieser Texte (E IV und VI). In allen drei Versionen wird Besa namentlich genannt. Im sahidischen Kodex FR und in GB-BM EA 10820 fehlt diese Episode, die den Hauptteil abschließt und den Schlussteil vorbereitet. E 80 (, Lebensdauer des Mose') Über den Spruch Schenutes bezüglich seines Lebensalters heißt es, Schenute habe ihn ,den Brüdern' (FR 58 i.8f), ,uns' (in der bohairischen und äthiopischen Version) oder ,mir' (in der arabischen Fassung) mitgeteilt. In GB-BM EA 10820 fehlt die Episode, wobei nicht auszuschließen ist, dass sie - wie in der arabischen Version - an anderer Stelle steht. E 81/3; 82; 83 (Geschichten um Schenutes Tod) Im Bericht vom Sterben und Tod Schenutes spielt Besa in allen Versionen und Fragmenten mit Ausnahme des Kodex FR eine prominente Rolle. Besa bringt Schenute Gemüse (E 81/3), er ist der Sprecher der Brüder im Rahmen der Abschiedsreden (E 82), und er steht Schenute an dessen Todestag bei (E 83). In der arabischen Version erfolgt in E 82 außerdem die Einsetzung Besas zum Nachfolger Schenutes, die Schenute zuvor in einer Vision, die nur in der arabischen Version überliefert ist (E 81/2), von Christus befohlen worden war. Im Kodex FR wird von Schenutes Tod berichtet, ohne dass Besa erwähnt wird.
36 In dem von Behlmer und Alcock edierten sahidischen Text sendet Schenute einen Bruder, dessen Name nicht genannt wird, in die Stadt. Nach seiner erfolglosen Mission wird der Bruder nicht mehr erwähnt. Der sahidische Text endet, ohne von den Heiligen berichtet zu haben. GB-BM EA 71005/1,9-3,18 (Behlmer/Alcock 6 - 8 ) .
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Die Suche nach dem
Verfasser
E 86 (,Die Umbettung Schenutes') und 87 (,Schenute erscheint Besa') In der arabischen Version initiiert Besa ferner die Umbettung Schenutes (E 87) und sieht eine Erscheinung Schenutes in Begleitung vieler Heiliger (E 88).
2.4 Auswertung Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Besa in fünf Episoden (E 17.18.19.23.51/1) in allen Versionen und Fragmenten erwähnt wird. In zwei dieser Episoden, E 17 und 18, wird Besa zwar in allen Versionen erwähnt, in der äthiopischen und der von Nau edierten syrischen Version jedoch z.T. in der 3. Pers. Sg. und somit nicht als Sprecher des Textes in der 1. Pers. Sg. Darüber hinaus haben zwei weitere Episoden, E 19 und E 51/1, Dubletten, in denen Besa nicht vorkommt. E 19 (,Brotwunder') hat eine Parallele, nämlich in E 69/2 (,Der Schatz der Segnung'). In beiden Episoden verhandelt der Bruder, der für das Brot verantwortlich war, mit Schenute über die Essenssituation. Die enge Verbindung zwischen diesen Episoden wird insbesondere in der arabischen Version deutlich, in der beide Episoden mit derselben Ätiologie enden, die sich in den anderen Versionen nur in E 69/2 findet. Doch nur in E 19, nicht aber in E 69/2, wird Besa als Ansprechpartner Schenutes erwähnt, allerdings ohne dass ihm eine besondere Funktion für den Fortgang der Geschichte zukommt. Dasselbe Motiv, nämlich die wundersame Brotvermehrung in Schenutes Kloster, ist somit einmal mit und einmal ohne die Erwähnung Besas überliefert37. E 51/1 (,Gebete für die Nilflut') hat eine enge Parallele in E 57 (,Joseph unterbricht Schenutes Gebet'), in der sich Schenute ebenfalls zum Gebet um die Nilflut in die Wüste zurückgezogen hat, später aber im Kloster dringlich gebraucht wird. Während in E 51/1 Besa zu Schenute geht und sein Gebet unterbricht, ist es in E 57 Apa Joseph. Das Ende von E 57 erinnert ferner an E 17 (,Besa will den Messias sehen'), da es Apa Joseph versagt wird, die Besucher Schenutes, die zwölf Apostel, zu treffen. Für dieses Phänomen gibt es zwei Erklärungsmodelle: Entweder wurden die Elemente zweier Episoden (E 51/1 und E 17), die ursprünglich mit Besa verbunden waren, zu einer zusammengefügt (E 57) und mit Apa Joseph gekoppelt, oder es kursierten ähnliche Geschichten über Schenutes Aufenthalte in der Wüste, die mit unterschiedlichen Personen aus dem Kloster in Verbindung gebracht wurden. Die zweite Variante hat größere Plausibi37
In dem von Behlmer und Alcock edierten Fragment aus dem British Museum, das nicht zur Vita Sinuthii gezählt wird, in dem aber ein sehr ähnliches Brotwunder in Schenutes Kloster erwähnt wird, heißt es, dass der Ich-Erzähler einen bestimmten Bruder („diesen Bruder") aussendet, dessen Name jedoch nicht genannt wird: GB-BM EA 71005/10,16 (Behlmer/Alcock 12): M X o o Y m o o t i .
Interpretation
167
lität, da nicht der Klosterbruder im Zentrum der Geschichte steht, sondern Schenute mit seinem Rückzugsort in der Wüste und seiner Nähe zu biblischen Gestalten. In 13 Episoden (E IV-VII.6.16.27/2.31.52.64.77.79.80.81/3.82.83) wird Besa nicht in allen Versionen erwähnt. Dabei tritt Besa entweder an die Stelle aller Brüder (E 6 und 80) oder eines nicht näher bestimmten Bruders (E 16; vgl. E 19 und 77). In drei weiteren Episoden wird ein erklärendes Gespräch zwischen Besa und Schenute, das Schenute Raum zur Interpretation der Ereignisse gibt, nur in der arabischen Version (E 52.64) bzw. dieser Version und der ihr nahestehenden sahidischen Handschrift VA-V Borg. Copt. 134 f. 3 (E 31) berichtet. In E 27/2 nimmt Besa in der arabischen Version eine Vermittlerposition ein, die für den Fortgang der Geschichte nicht wesentlich ist, wie die übrigen Versionen, die Besa nicht erwähnen, zeigen. In der arabischen, äthiopischen und bohairischen Version präsentiert sich Besa als Sprecher und Augenzeuge der Wunder Schenutes in der Einleitung (E IV.VI) sowie in E 79, die vom Hauptteil zum Schluss überleitet. Im Proömium der von Nau edierten syrischen Version wird Besa nicht erwähnt (vgl. E VII), in den sahidischen Fragmenten FR und GB-BM EA 10820 f. 2r fehlt E 79 ganz. Im Bericht von Schenutes Tod (E 81/3.82.83) spielt Besa in allen Versionen mit Ausnahme des Kodex FR eine wichtige Rolle. Da Besa, wie in der Einleitung zu diesem Kapitel ausgeführt, keiner damnatio memoriae anheim fiel, ist es unwahrscheinlich, dass er aus dem Bericht der letzten Tage Schenutes herausgestrichen wurde. Es ist daher zu vermuten, dass die Episoden E 81/3.82.83 dem Verfasser von FR bzw. dessen Vorlage nicht bekannt waren. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der Verfasser nicht Besa war, da dieser ja selbst dabei gewesen sein soll. Die Vermutung, dass Besa nicht der Schreiber von FR oder dessen Vorlage ist, wird dadurch unterstützt, dass der Sprecher von FR und WX nicht von sich behauptet, Augenzeuge der Ereignisse gewesen zu sein, und dass Besa in keiner der erhaltenen Episoden dieser Kodizes erwähnt wird.
3 Interpretation In der bohairischen und äthiopischen Version, insbesondere aber in der arabischen Fassung ist Besa eine zentrale Figur. In den Überschriften dieser Versionen wird Besa als Autor der Texte genannt, und als dieser präsentiert er sich in den Einleitungen und der Zusammenfassung (E 79) vor dem Schlussabschnitt. Auch in den einzelnen Episoden tritt Besa immer wieder in Erscheinung, allerdings unterschiedlich häufig in den
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Die Suche nach dem
Verfasser
verschiedenen Versionen. Während er in ca. 17 % der Episoden der bohairischen und äthiopischen Fassung auftritt, wird er in der arabischen Fassung in 30 % der Episoden erwähnt. Diese Differenz liegt zum einen darin begründet, dass Besa in Episoden eine Rolle spielt, die allein in der arabischen Version überliefert sind (E 48.53/3.59.68/1.78.87.88). Zum anderen ist sie darauf zurückzuführen, dass Besa in einigen Episoden zwar in der arabischen, nicht aber in den anderen beiden Versionen als Ich-Erzähler erscheint (z.B. E 16.27/2.31.52.64). Vermutlich nahm Besa auch in den fragmentarisch erhaltenen sahidischen Kodizes WV und WU, die beide aus dem Kloster Schenutes stammen, sowie in VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 diese Zentralstellung ein. Die Episode E 6 in der Variante von WV 33 bietet sogar den einzigen Beleg dafür, dass Besa nicht in der arabischen, dafür aber in einer anderen Fassung auftritt, und dies, obwohl sich der sahidische Kodex WV und die arabische Version sehr nahe stehen. In VA-V Borg. Copt. 134 ff. 3 und 7 tritt Besa zweimal in Erscheinung (E 23 und 31), in E 31 sogar mit der arabischen Version gegen die Überlieferung der übrigen Fassungen dieser Episoden. Das Auftreten Besas in E 19 in WU 31 steht in Übereinstimmung mit allen anderen Versionen, die diese Episode überliefern. Die Bedeutung Besas in diesen Fragmenten sowie ihre Ähnlichkeiten zu den Langversionen38 lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass diese Kodizes dieselbe Rahmung, d.h. E IV.VI.79, aufwiesen wie die genannten Fassungen. In der von Nau edierten syrischen Version spielt Besa ebenfalls eine wichtige Rolle, wie E 17 und 23 zeigen. In Überschrift und Einleitung der syrischen Fassung wird er jedoch nicht erwähnt. Auf ähnliche Weise ist Besa im Bericht von Schenutes Krankheit und Tod, der in GB-BM EA 10820 f. 2 überliefert ist, in Übereinstimmung mit den Langversionen von zentraler Bedeutung. Da jedoch in GB-BM EA 10820 die Zusammenfassung vor dem Schlussteil fehlt (E 79), die in der arabischen, bohairischen und äthiopischen Version als Rede Besas gestaltet ist und der Einleitung nahe steht, ist fraglich, ob dem Text dieselbe Überschrift und Einleitung wie die Langversionen vorangestellt war. Der sahidischen Kodex FR sowie dessen Schwestemhandschrift WX, die wie Kodizes WV und WU aus Schenutes Kloster stammen, repräsentieren demgegenüber eine Überlieferung, die ohne Besa auskommt. Dies wird besonders im Bericht von Schenutes Tod deutlich, in dem Besa in FR nicht erwähnt wird, während er in den anderen Überlieferungen eine Zentralfigur darstellt. Darüber hinaus wird aus den einleitenden Sätzen zu den einzelnen Episoden deutlich, dass der Redner kein Augenzeuge der Wunder, noch nicht einmal Zeitgenosse Schenutes gewesen ist. 38
S.o. Kapitel 1.9.
Interpretation
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Inhaltlich kommt Besa eine ambivalente Rolle zu, die an die des Petrus in den Evangelien erinnert. Der Ich-Erzähler ist einerseits der Vertraute Schenutes (E 6.18.31.64.68/1.81/2.83. 87), sein Stellvertreter im Kloster (E 51/1.86), ein Verantwortungsträger (E 19.27/2.59.77) und Sprecher der Brüder (E 23.48.82). Andererseits wird sein Kleinglaube hervorgehoben (E 17) und er erfüllt - in der arabischen Version - zweimal die an ihn herangetragenen Aufträge nicht, einmal durch eigenmächtiges Handeln (E 16), einmal aus Vergesslichkeit (E 53/3). Dabei ist das Verhalten Besas oft topisch und kann - wie Dubletten oder eine anderslautende Überlieferung zeigen - auch mit anderen Personen verbunden werden. In zwei Episoden tritt Besa in besonderer Weise aus dem Kreis der Brüder hervor. Dies geschieht zum einen in E 59, in der Besa Apa Makarius zur Hilfe kommt. In dieser Episode wird ausgeführt, dass Schenute den Auftrag nicht selbst übernehmen kann, da er krank ist, und dass Besas Mission ausdrücklich von Christus, der Schenute nachts erscheint, angeordnet wird. Zum anderen wird Besa in den Abschiedsreden (E 82) von Schenute als sein Nachfolger eingesetzt, was zuvor ebenfalls durch Christus befohlen worden war (E 81/2). Beide Episoden werden nur in der arabischen Version berichtet und haben eine Parallele in einer Lobrede zu Ehren des Makarius von Tköou39. Als Ergebnis der Untersuchung, ob Besa der Autor der arabischen, äthiopischen und bohairischen Version ist, ist festzuhalten, dass folgende Beobachtungen gegen eine Autorenschaft Besas sprechen: Es gab in Schenutes Kloster eine hagiographische Tradition, die nicht mit dem Namen Besa verbunden war, obwohl sie Episoden aus Schenutes Leben berichtet, die ebenfalls in den anderen Versionen der Vita Sinuthii überliefert sind. Dies zeigen die Kodizes FR und WX, aber auch das zweite Predigtfragment des Patriachen Benjamin I. Gegen Besa als Autor spricht ferner, dass die Häufigkeit von Besas Auftreten in den einzelnen Episoden der arabischen, äthiopischen und bohairischen Versionen stark variiert, was jedoch auch in sekundären Bearbeitungen begründet sein kann. Darüber hinaus gilt für die Proömien der arabischen, äthiopischen und bohairischen Version (E IV.VI) als auch für die Überleitung E 79, in der Besa als Sprecher und Augenzeuge der Wunder Schenutes hervortritt, dass sie in den übrigen hagiographischen Texten über Schenute entweder keine inhaltlichen Parallelen haben, wie die Einleitung der von Nau edierten syrischen Version zeigt, oder sogar ganz fehlen, wie E 79 in FR und GBBM EA 10820 f. 2. Insgesamt weist die Figur Besas kaum originelle Züge auf, und in den wenigen Fällen, in denen sie es tut, scheint eine Quelle benutzt worden zu sein. 39
Zur Einsetzung als Nachfolger Schenutes s. D . W . JOHNSON, Panegyric (textus), 26; ders., Panegyric (translatio), 20.
170
Die Suche nach dem Verfasser
Es muss daher davon ausgegangen werden, dass Besa nicht der Verfasser einer vorausgesetzten Urform der Vita Sinuthii war, auch wenn durch die Proömien der Langversionen dieser Anschein erweckt wurde. Die Zweifel, die Keil an der Verfasserschaft Besas geäußert hatte, haben sich somit voll bestätigt.
Kapitel 4
Die Darstellung Schenutes in der Vita Sinuthii Der folgende Abschnitt untersucht, inwieweit die Langversionen und die beiden syrischen Fassungen sich inhaltlich voneinander unterscheiden. Dies wird an der Darstellung der Person Schenute in den verschiedenen Versionen erörtert. Schenute lebte in einem dichten Beziehungsgeflecht. Seine Leben als Mönch war Ausdruck seiner Beziehung zu Gott. Er wirkte nach innen, in sein Kloster und nach außen, v.a. durch seinen Einsatz für die Armen und durch seinen Kampf gegen die Heiden. Darüber hinaus stand er als einflussreicher Klostervorsteher in Beziehung zur Amtskirche. Diese Aspekte von Schenutes Leben, seine Askese, sein Wirken im Kloster und nach außen sowie sein Verhältnis zur Amtskirche werden im folgenden Abschnitt thematisiert.
1 Schenutes Lebensführung Schenutes Leben als Mönch zeichnete sich laut E 4 der bohairischen Version (Bo 3) aus durch seine Askese, die der des Elia glich, durch seine Lehre, die ihm vom Christus eingegeben wurde, und durch seine prophetische Gabe, die ihn die Sünden seiner Mitmenschen erkennen ließ. Die arabische Version fügt hinzu (Ar 4/3), dass sich Schenutes Ruhm bis Rom ausbreitete, wo Petrus von seinem Totenbett aufsteht, um Schenute zum 14. Apostel einzusetzen, und fuhrt weitere asketische Leistungen Schenutes auf, die sich nicht in der bohairischen und der äthiopischen Version finden. Die arabische Version überliefert in E 4 eine größere Zahl von Beispielen für Schenutes Heiligkeit als die bohairische und die äthiopische Version, zwischen den Darstellungen besteht jedoch eher ein quantitativer, als ein qualitativer Unterschied. Dieses Phänomen lässt sich in den Langversionen insgesamt beobachten, wie in diesem Kapitel gezeigt wird. Darüber hinaus enthält die arabische Version mehr Gebete Schenutes als die bohairische und die äthiopische Version, z.B. in E 4/4 das Karfreitags-Gebet Schenutes in Kreuzform, in E 13 die Fürbitten Schenutes für seine Mönche und Nonnen, in E 56 die Bitte um die Nilflut und in E 68/1 die Fürbitte Schenutes fiir alle, die zu ihm kommen. In E 14 wird hervorgehoben, dass die Tränen Schenutes, die er bei seinen Fürbitten vergoss, die Erde in Schlamm verwandelten. In E 9/2 (,Die Wolkenreise') findet
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Die Darstellung
Schenutes in der Vita Sinuthii
sich sowohl in der arabischen als in der äthiopischen Version ein langes Gebet Schenutes, nachdem ihm die Fahrt auf dem Schiff verweigert wurde. Die arabische Version berichtet ferner überproportional viele Episoden, in denen Schenutes Ringen mit dem Satan dargestellt wird1. Auf die Darstellung von Schenutes Leben als Mönch in E 4 folgt in der arabischen Version eine Versuchungsgeschichte Schenutes in der Wüste (E 5) und die Episode von Anba Harqal, der die Macht des Satan verleugnete und beinahe durch diesen vom rechten Weg abgekommen wäre (E 6). Darüber hinaus werden im Unterschied zu der bohairischen und äthiopischen Version in der arabischen Fassung Schenutes Gebete für die Nilflut als Konflikte mit dem Satan dargestellt (E 11, E 51 und E 56). Die Auseinandersetzung Schenutes mit dem Dämon in der Statue (E 64) findet sich in allen Langversionen, außer der bohairischen. Neben den Vergleich Schenutes mit Elia, der sich in allen Langversionen findet (E 3/3, E 4/1, E 9/2), wird in der arabischen Version der Vergleich mit Mose betont2. In E 80 (,Die Lebensdauer des Mose' 3 ), die sich in allen Langversionen und im sahidischen Kodex FR 58/59 findet, heißt es, dass Schenute dieselbe Lebensdauer wie Mose zugesprochen worden war. In FR und in der arabischen Version tragt Mose dabei das Ephiteton ,der Gesetzgeber', während er in der bohairischen und der äthiopischen Version als der erste der Propheten aufgeführt wird. In der arabischen Version folgt auf E 80 die Episode E 67 (,Der schändliche Priester'), in der Schenute mit seinem Stock auf die Erde klopft, wie Mose es am Sinai getan habt4, worauf die Erde den Priester und die von ihm verführte Frau verschlingt. Ferner heißt es, dass Schenute mit seinem Stock weitere Wunder wie Mose getan habe. In der folgenden Episode E 68 (,Die Weisheit Schenutes') wird gleich zu Beginn der Ausspruch Schenutes zitiert: „Tout ce que Dieu a fait avec Mo'ise sur la montagne du Sinai", Dieu m'accorde de le faire avec moi sur la montagne d'Athribis." 5 Hier wird Schenute wie schon in E 80 mit Mose in seiner gesetzgebenden Funktion verglichen. Mit E 80 (Ar 39), E 67 (Ar 40) und E 68 (Ar 41) stellt die arabischen Version drei Episoden zusammen, in denen Schenute in die Nähe des Mose gerückt wird. Schenutes Umgang mit Christus, Engeln und biblischen Figuren sowie seine Visionen werden in vielen Episoden in den Langversionen thematisiert (vgl. zu Christus: E 10.17.21.31 (nicht in der äthiopischen Version); E 1
V g l . R . S . SIMPSON, L i v e s , 2 9 f .
2
V g l . R . S . SIMPSON, L i v e s , 3 0 .
3 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 80 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. 4 Vermutlich eine Anspielung auf das Verschlingen der Rotte Korach durch die Erde in Num 16,32f, das jedoch nicht mehr am Sinai stattfand. 5
E . AMELINEAU, M o n u m e n t s , 3 9 2 .
Schenute und sein
Kloster
173
55/2.72; zu Engeln: E 10.36/2.45.49.55/2; zu biblischen Figuren: E 44 [David]; E 45 [David]; E 46 [Jeremia]; E 47 [Ezechiel und die zwölf Propheten]; E 54 [Johannes der Täufer, Elia und Elisa]; E 56 [die zwölf Apostel]; E 70 [Maria]; zu Visionen: E 10.22.69.70.83). Die arabischen Version berichtet ferner von Begegnungen Schenutes mit Christus, Engeln und Heiligen, die keine Parallelen in den beiden anderen Langversionen haben (vgl. zu Christus: E. 45.48; zu biblischen Figuren E 31 [Johannes der Täufer]; zu Heiligen: E 77; zu Engeln: E 7.27.32.64.66.67). Es finden sich auch weitere Visionen in der arabischen Version: E 13 (,Schenute sieht Höllenstrafen'), E 15 (,Die Johannes-Apokalypse') und E 81/2 (,Christus tröstet Schenute'). In der arabischen und in der äthiopischen Version werden die langen Visionen von E 18 überliefert 6 . Erstaunlicherweise findet sich in der arabische Version aber auch eine Warnung vor Visionen. In E 53 heißt es, Schenute habe in seinem neunten Kanon geboten, Visionen keinen Glauben zu schenken, es sei denn, sie zeigen Heilige und das Kreuz7. Darüber hinaus finden sich in der arabischen Version Heilungswunder, die in den anderen Langversionen nicht überliefert sind8, so in E 27/3 (,Schenutes Treffen mit Theodosius') und in E 61 (,Heilung des gichtkranken Bruders'). Nur in der äthiopischen Version wird die Heilung eines Bruders von seinen Bauchschmerzen berichtet (E 30). Die arabische Version erwähnt zusätzlich zu Schenutes finaler Krankheit, die in den Langversionen und in GB-BM 10820 f.2 geschildert wird, weitere Gebrechen Schenutes. In E 59 (,Besas Hilfe für Apa Makarius') heißt es, dass Schenute zu erschöpft und leidend war, um Makarius zur Hilfe zu kommen, und deshalb Besa zu ihm schickt. In der folgenden Episode, E 60 (,Besuch des Apa Makarius bei Schenute'), ist Schenute zu krank, um zu Dioskur und Makarius zu fahren 9 . Auch in E 53 scheint eine Krankheit Schenutes angedeutet zu werden.
2 Schenute und sein Kloster Schenutes Kloster bieten den Rahmen vieler Episoden. Es werden Aufgaben und Arbeiten im Kloster geschildert, wie z.B. die Herstellung von Brot 6
Z u E 1 8 v g l . D . FRANKFURTER, L e g a c y ,
192.
7
Zur Unterteilung von Schenutes Schriften in Kanones und Abhandlungen s. ST. EMMEL, Corpus. Zur aufgeführten Stelle s. ST. EMMEL, Corpus, 115. 8
9
V g l . R . S . SIMPSON, L i v e s , 3 1 .
Beide Episoden haben eine Parallele im Panegyrikos auf Makarius von Tköou. Zu E 59 vgl. D.W. JOHNSON, Panegyric (textus), 3 4 - 3 8 ; ders., Panegyric (translatio), 2 6 - 2 9 . Zu E 60 vgl. D.W. JOHNSON, Panegyric (textus), 102-104; ders., Panegyric (translatio), 79-81.
174
Die Darstellung
Schenutes in der Vita Sinuthii
(E 9/3.20.52), das Ausheben von Brunnen (E 16.53/2), den Bau der Kirche (E 21), die Beaufsichtigung von Tieren (E 50.53), Gartenarbeit (E 70). Als religiöse Praxis werden v.a. Gottesdienste (E 9/4.27/3.44.45.49.54.70.77) und das Lesen der Bibel, insbesondere der Propheten (E 46.47), erwähnt. In der arabischen Version wird außerdem das Lesen der Johannes-Apokalypse hervorgehoben (E 15). In vielen Episoden werden die Brüder des Klosters als fehlbare Menschen dargestellt. Einige Brüder kommen ihren religiösen und praktischen Verpflichtungen nicht mit den nötigen Eifer nach (E 46.47.52.62). Andere schwärzen ihre Mitbrüder zu Unrecht bei Schenute an (E 50.53.70). Besa, der Nachfolger Schenutes, wird als kleingläubig (E 17) und vergesslich (E 53/3) geschildert. Die Brüder beschweren sich bei Schenute über zu viel Arbeit (E 9/3.20) oder sie sind so auf den routinemäßigen Ablauf im Kloster fixiert, dass sie zusätzliche Segnungen nicht erkennen und würdigen können (E 44.48). In der arabischen Version prüft Schenute die Brüder, indem er sich verkleidet vor das Kloster setzt und die Brüder fragt, ob sie dem Gesetz Gottes und den Geboten ihres Klostervorstehers folgen (E 32). Die Brüder ärgern sich über den neugierigen Fremden und sind entsetzt, als sich Schenute zu erkennen gibt. Schenutes Reaktionen auf das Fehlverhalten seiner Mönche ist überwiegend milde und barmherzig. Denjenigen Brüdern, die sich über zu viel Arbeit beschweren, wird geholfen (E 9/3.20). Konflikte zwischen den Brüdern werden gelöst, indem die Schuldigen zurecht gewiesen werden (E 70.53) und bereuen (E 50). Ein Mönch, der aus dem Kloster ausgestoßen wurde, wird von Schenute wieder aufgenommen (E 49). Ein anderer wird von Schenute zur Läuterung in eine Höhle in der Wüste geschickt und dort von Schenute selbst versorgt (E 23). Schenute tröstet die Brüder, wenn sie das Ausmaß ihres Unverstandes erkennen und darüber betrübt sind (E 17.32). In E 48, die sich nur in der arabischen Version findet, ist Schenute zwar zornig auf die ungeduldigen Brüder und zieht sich einen Monat in die Wüste zurück, er ist jedoch besänftigt, als er von Besa und einem anderen Bruder um Verzeihung gebeten wird. Der kindische Bruder (E 62) stirbt zwar infolge seines falschen Betragens, er wird jedoch von Schenute nachträglich als Seele ohne Schmutz bezeichnet und für den himmlischen Gottesdienst würdig befunden. Auch in E 52 wird der Tod des faulen Bruder nicht als Strafe verstanden, sondern als das Eingehen zu Gott10. In E 52 wird ferner betont, dass Schenute den faulen Bruder nicht schlägt, woraus zu schließen ist, dass das Schlagen von Brüdern im Kloster üblich war. So lässt sich aus der Vita keine „brutale und mitleidlose Behandlung von Angehörigen der Mönchsgemeinschaft durch Schenute bei Ordnungs-
10
Vgl. auch E 8.
Schenute und sein
Kloster
175
verstoßen" ableiten, wie Hahn behauptet". Eher ist das Gegenteil der Fall, wie Krawiec andeutet12. Laut Krawiec wird Schenute in der Vita als eine strenge, aber barmherzige Führungspersönlichkeit porträtiert, was der Selbstdarstellung Schenutes in seinen eigenen Schriften entspricht. Inwieweit dies dem wirklichen Charakter Schenutes entsprach, steht auf einem anderen Blatt. In der oben beschriebenen Darstellung des Klosterlebens und der Brüder bestehen keine qualitativen Unterschiede zwischen den Langversionen. Es ist zwar auffallig, dass zwei der drei Episoden, die in der äthiopischen Version fehlen, von Konflikten zwischen Schenute und den Brüdern handeln (E 20 ,Die murrenden Bäcker' und E 52 ,Der fleißige und der faule Bruder'). Aber dieser Befund ist nicht eindeutig genug, um weitere Schlüsse daraus zu ziehen. Allein in der arabischen Version wird Schenutes Kloster mit Jerusalem gleichgesetzt. In E 13 sieht Schenute die Höllenstrafen und äußert daraufhin den Wunsch, dass seine Brüder nach Jerusalem wallfahren, um sich zu reinigen. Der Heiland antwortet Schenute, dass die Reise nicht nötig sei, da sein Kloster Jerusalem zur Ehre gereiche. Ebenso heißt es in E 68/1, dass diejenigen, die nicht nach Jerusalem fahren können, ihre Opfer zu Schenutes Kirche bringen sollen. Denn das Kloster sei vom Heiland gesegnet, der gesagt habe: „Ce monastère est Jérusalem." Darüber hinaus finden sich allein in der arabischen Version einige detaillierte Informationen über das Kloster. Zu Beginn von E 13 wird aufgezählt, wie viele Personen zu Schenutes Zeit zum Kloster gehören: „deux milles deux cents moines et mille huit cents femmes en religion, sans compter les novices et les serviteurs." Dies ist der einzige Hinweis in der Vita darauf, dass in Schenutes Kloster auch Nonnen lebten. Dass diese Information einen historischen Kern hat, lässt sich dadurch belegen, dass kein geringer Teil von Schenutes Briefen an Frauen in seinem Klosterkomplex gerichtet ist13. Ebenfalls durch Schenutes eigene Schriften belegt ist die Beschreibung der Versorgung von Gefangenen, die die arabischen Version in E 43/2 aufführt 14 . In E 76 findet sich in der arabischen Version eine ausführliche Darstellung der Armenspeisung in Schenutes Kloster.
11
12
J. H A H N , G e w a l t , 2 3 4 .
R. KRAWIEC, Shenoute, 74-77. 13 Zur Auseinandersetzung zwischen Schenute und den Frauen s. R. KRAWIEC, Shenoute. 14 Zu E 43 s.u. Kapitel 5.2.
176
Die Darstellung
Schenutes in der Vita Sinuthii
3 Schenutes Einsatz für die Armen und sein Kampf gegen Heiden und Häretiker Schenute wirkte über die Klostermauern hinaus durch seinen Einsatz für die Armen und seinen Kampf gegen die Heiden. Laut Hahn gehören diese Aspekte zusammen, weil arme christliche Bauern von den heidnischen Landbesitzer unterdrückt wurden15. In der Vita Sinuthii wird dieses Spannungsverhältnis v.a. in denjenigen Episoden, die den Konflikt Schenutes mit Gessius zum Thema haben16, deutlich. Der Gegensatz zwischen Armen und Heiden lässt sich jedoch nicht auf alle Episoden, in denen Schenute Armen oder Unterdrückten zur Hilfe kommt, ausweiten. In vielen Episoden wird die religiöse Zugehörigkeit der reichen Unterdrücker nicht ausdrücklich benannt17. In den Episoden, in denen die Notlage einer Frau ausgenutzt wird, sind die Gewalttäter ein Priester (E 67 ,Der schändlicher Priester') sowie ein Mann, der zumindest insoweit als christlich zu bezeichnen ist, als er Schenute als Anwalt der Armen aufsucht (E 37 ,Der schändliche Gefängniswärter'). Auch müssen nicht alle Reichen auch heidnisch sein, wie E 26 (,Der rechtschaffene junge Mann') zeigt. Bei einem anderen Reichen, der sich in einer Notlage an Schenute wendet, ist zu vermuten, dass er ebenfalls Christ war (E 24 ,Der reiche Geschäftsmann'). Schenute setzt sich in der Vita Sinuthii demnach nicht nur für die Armen gegenüber den Reichen ein, sondern hilft - fast - allen, die zu ihm kommen und ihn um Hilfe bitten18. Zwischen den Langversionen besteht in bezug auf die Anzahl der Episoden, in denen sich Schenute für Menschen in Notlagen einsetzt, wiederum nur ein quantitativer Unterschied, der sich mit der unterschiedlichen Länge der Versionen erklären lässt. Dagegen wird Schenutes Vorgehen gegen Heiden und Häretiker in der arabischen Version gewalttätiger als in der äthiopischen und der bohairischen Version dargestellt. Während Schenute in E 39/1 (,Die vergrabenen Zaubermittel') in der bohairischen und äthiopischen Version nur die Götzenbilder zerstört, zerschmettert Schenute in der arabischen Fassung auch die Köpfe derjenigen, die sich nicht bekehren lassen, und zerstört ihre Tempel. Anschließend wird in E 39/2 der arabischen Version berichtet, dass Schenute ein Dorf niederbrennt, weil dort von Heuchlern („hypocrites") Sünden begannen wurden. Entsprechend härter wird auch die Reak15
J. HAHN, Gewalt, 237.239. Diese Episoden werden genauer untersucht in Kapitel 5.1. 17 Vgl. z.B. E 36 (,Schenutes Aufenthalt in Konstantinopel'), E 65 (,Der arme Schuldner') und E 76 (,Der arme Mann und der Kürbis'). 18 Schenute kann dem Priester in E 73 (,Der Tod des Sünders') aufgrund seiner schweren Sünden nicht helfen. 16
Schenutes Einsatz für die Armen und sein Kampf gegen Heiden und Häretiker
177
tion der Heiden auf Schenute geschildert. In E 66 (,Schenute vor dem Dux') heißt es in der arabischen Version, dass sich Götzendiener („idolâtres") über Schenute beim Dux beschweren, der Schenute daraufhin den Prozess macht. In E 71, die in allen Langversionen erhalten ist, sitzt Schenute mit einigen Männern im Gespräch, als Raben vorbei fliegen. Ein Mann fragt daraufhin in die Runde, ob der Rabe wohl Glück bringe, was Schenute zu einer Rede gegen den Aberglauben veranlasst. In der arabischen und der bohairischen Version argumentiert Schenute mit Bibelzitaten gegen den Glaube an diesseitige Mächte. Die äthiopische Fassung ergänzt, dass eine Verehrung der Natur in die Hölle und zum Kirchenausschluss führt, und fordert verstärkt zur Umkehr auf. In E 71 wird deutlich, dass Aberglaube, wie der Glaube an die Vogelschau, auch in den Bevölkerungsgruppen, die mit Schenute verkehrten, vorhanden war. Es scheint nicht als widersprüchlich empfunden worden zu sein, sich einerseits von Schenute beraten zu lassen, andererseits die Raben zu befragen. Christentum und Heidentum erscheinen in E 71 nicht als getrennte Größen, sondern es zeigt sich ein verstecktes Heidentum, das bis in Schenutes Umfeld verbreitet war' 9 . Eine Rückeroberung des Heidentums wird zu Beginn von E 64 (,Der Dämon in der Statue') beschrieben, die in der arabischen und äthiopischen Version überliefert ist20. Dort heißt es, dass der Satan eifersüchtig auf den Erfolg Schenutes bei den Einwohnern der Stadt Akhmim war. Der Satan sendet mehrere Dämone in die Stadt, um die Leute zu verfuhren. Einer von ihnen, der eine Kupferstatue bewohnt, heilt viele Menschen, so dass sich die Einwohner von Schenute abwenden. Mit Hilfe des Engels Gabriel, der Unterstützung einiger Mönche und eines Schreiners, der die Statue anbohrt, gelingt es Schenute vor einer Menschenmenge, die Statue zu entzaubern und zu zerstören. Die Bewohner der Stadt werden in dieser Episode als wankelmütige Menschen geschildert, die demjenigen folgen, der das größere Wunder vollbringt. Das Christentum erscheint nicht als gefestigte Größe. Schenute bekämpfte ferner Häretiker, was in der Vita Sinuthii in der Auseinandersetzung mit Nestorius geschildert wird. Laut E 58/1 (,Das Konzil gegen Nestorius'), die in allen Langversionen überliefert ist, nahm Schenute mit Kyrill am Konzil von Ephesus teil21. Als sich Nestorius in der Versammlung auf den Stuhl setzt, der für die Evangelien reserviert war, schlägt Schenute ihn mit dem Evangelium zu Boden. Nach einem Wortwechsel zwischen den beiden wird Nestorius vor den Augen der 19 20 21
Vgl. ST. EMMEL, From the other side, 110f. Vgl. zur Episode J. HAHN, Gewalt, 24If. Zur Historizität des Ereignisses jüngst J. HAHN, Gewalt, 223.
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Die Darstellung
Schenutes
in der Vita
Sinuthii
Versammelten vom Satan befallen und Schenute daraufhin von Kyrill und der Synode geehrt. Die arabische Version erzählt weiter, dass Nestorius von der Synode ins Exil geschickt wurde. In E 58/2 (,Der Tod des Nestorius'), die sich ebenfalls nur in der arabischen Version findet, wird berichtet, dass sich Nestorius vor seinen Tod mit der Bitte an Schenute gewandt habe, seine Habe für ihn zu verteilen. Schenute habe ihm dafür die Bedingung gestellt, dass er denjenigen bekenne, der von der heiligen Jungfrau geboren wurde. Nestorius weigert sich und stirbt an seiner aufgeblähten Zunge22. In E 60 der arabischen Fassung (,Der Besuch des Apa Makarius bei Schenute') berichtet Schenute Makarius vom Tod des Nestorius. Nestorius ist auch der Grund der Reise von E 9 (,Die Reise mit Kyrill und Apa Viktor'). Während es in der bohairischen und äthiopischen Version nur knapp heißt, dass Schenute, Kyrill und Apa Viktor wegen Nestorius nach Konstantinopel fahren, führt die arabische Version aus: "pour instruire l'affaire du pécheur notoire, Nestorius, et le réfuter", und vermeldet später den Erfolg ihrer Reise: „Lorsqu'ils eurent été vainqueurs du maître de la parole fausse, Nestoirius l'hypocrite, ..."23. In der von Nau veröffentlichten syrischen Version fehlt E 9. Dies könnte theologische Gründe haben, da Nestorius in der Ostsyrischen Kirche nicht als Häretiker angesehen wurde. Zusammenfassend wird die Auseinandersetzung mit Nestorius in der arabischen Version stärker hervorgehoben als in der anderen Langversionen.
4 Schenutes Verhältnis zur Amtskirche Die deutlichsten Unterschiede zwischen den Langversionen bestehen in ihrer Darstellung der Beziehung zwischen Schenute und dem lokalen Klerus. Während die arabische Version von Konflikten zwischen Klerikern und Schenute berichtet, die die Kleriker nicht im besten Licht erscheinen lassen, ist die äthiopische Version dem Klerus freundlich gesinnt. Dies zeigt sich in E 67 (,Der schändliche Priester'), die nur in diesen beiden Versionen überliefert ist. E 67 handelt von einem Priester, der die Notsituation einer Frau ausnutzt und diese zum Ehebruch zwingt. In der arabischen Version bestraft Schenute sowohl den Priester als auch die Frau, indem er - wie Mose (Num 16,32f ) - mit seinem Stock auf die Erde schlägt, die sich sofort spaltet und beide verschlingt. Schenute wird daraufhin von den Bischöfen, Priestern und häretischen Mönchen, die 22 Dies wird als Vision des Makarius im Panegyrikos auf Makarius von Tköou beschrieben; D.W. JOHNSON, Panegyric (textus), 103f; ders., Panegyric (translatio), 80. 23 E. AMELINEAU, Monuments, 324.
Schenutes Verhältnis zur
Amtskirche
179
Schenute feindlich gesinnt waren, weil er sie zur Umkehr aufgefordert hatte, beim Dux von Antinoopolis des Mordes an dem Priester und der Frau angeklagt und vom diesem zum Tode verurteilt. Die Vollstreckung des Urteils wird von zwei Engeln verhindert. Im Unterschied zur Darstellung in der arabischen Version betont die äthiopische Version, dass der Priester gar kein Priester gewesen sei24. Im Verlauf der Episode wird der Mann zwar von der Erde verschluckt, die Frau dagegen vollständig rehabilitiert. Von Klerikern, die eine Anzeige gegen Schenute initiieren, wird nicht berichtet. Dafür findet sich in der äthiopischen Version ein langer Exkurs über die Sündenvergebung, in dem nicht Schenutes Fürbitten genannt werden, wie in der arabischen Version (E 60.68/1), sondern Bußhandlungen wie Fasten, Gebete, bittere Tränen, Almosen, Anbetung, vegetarischen Kost, Abstinenz, Flagellationen und Leiden des Körpers sowie Gebete und Messen durch einen Priester. Große Unterschiede in der Darstellung bestehen auch in E 41 (,Die gierigen Kleriker'), die sich in allen Langversionen findet25. In allen Versionen wird beschrieben, dass Kleriker26 während eines Festes in Schenutes Kloster mehrfach um einen Nachschlag bitten, der ihnen jedes Mal von Schenute gewährt wird. In der arabischen und bohairischen Version wird Schenute auf seine Großzügigkeit hin angesprochen und gibt zu verstehen, dass er das Verhalten der Kleriker nicht gutheißt. In der arabischen Version sagt er voraus, dass die gierigen Kleriker das nächste Fest nicht erleben werden, was auch eintritt; in der bohairischen Version spricht er ihnen die Hoffnung auf das ewige Leben ab. In der äthiopischen Version heißt es dagegen, dass die Anwesenden, also auch die Kleriker, durch Schenute gerettet werden, was letztere in einem deutlich besseren Licht dastehen lässt als in den anderen Versionen. Die Beziehung Schenutes zum lokalen Klerus wird am ausführlichsten in E 31 (,Der Bischof von Smin') thematisiert27. In E 31 kommt der Bischof von Smin auf dem Weg zum Patriarchen nach Alexandria an Schenutes Kloster vorbei und bittet Schenute, ihn zu empfangen, damit er mit ihm einige Angelegenheiten besprechen kann. Schenute spricht jedoch gerade mit dem Heiland und weigert sich, der Aufforderung des Bischofs nachzukommen. Erst als der Bischof Schenute mit der Exkommunikation 24 G. COLIN, Version éthiopienne (translatio), 45, Z. 34: „le prêtre qui n'était pas un prêtre"; 47, Z. 15: „ce prêtre de nom qui n'était pas prêtre"; 48, Z. 27f: „ce prêtre exécrable qui n'était pas prêtre". 25 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 41 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. 26 In der arabischen und bohairischen Version gehören die Kleriker und Kantoren nicht zum Kloster, in der äthiopischen Version scheinen sie Dienst im Kloster zu haben. 27 Eine Synopse der verschiedenen Versionen von E 31 in ihren Übersetzungen findet sich im Anhang dieser Arbeit.
180
Die Darstellung Schenutes in der Vita Sinuthii
droht und der Heiland Schenute an seinen Bund mit Petrus nach Mt 16,19 erinnert, empfangt Schenute den Bischof. Die bohairische und die von Nau veröffentliche syrische Version sowie die sahidische Handschrift GB-BM EA 10820 enden mit der Weiterreise des Bischofs nach Alexandria. In der arabischen Version und in der ihr nahestehenden sahidischen Handschrift VA-V Borg. Copt. 134 ff. 6-7 fordert der Bischof von Schenute eine Erklärung für seine abweisende Haltung. Schenute entschuldigt sich damit, dass er durch den Besuch eines heiligen Mannes unabkömmlich gewesen sei. Der Bischof versteht die Anspielung und versöhnt sich mit Schenute, was jedoch unterschiedlich geschildert wird. In der sahidischen Handschrift erklärt der Bischof Schenute zu einem freien Mann (pM2e), es wird jedoch nicht explizit ausgeführt, worauf sich der Freisprcuh bezieht. In der arabischen Version erlaubt er Schenute, wieder an den Altar zu treten. Drei Tage später stirbt der Bischof und Schenute erklärt Besa, dass ihm der Heiland dieses Ereignis vorausgesagt habe. Ferner habe er, als er sich dem Bischof näherte, eine Vision Johannes des Täufers gehabt, der auf ihn Schenute - mit seinem rechten Finger gezeigt habe und ihm Freiheit - in der sahidischen Handschrift - bzw. den Zugang zum Altar - so in der arabischen Version - zugesagt habe. Die Deutung dieser Episode ist umstritten. Leipoldt sah in ihr den Beweis der hohen Wertschätzung Schenutes durch die kirchlichen Würdenträger seiner Zeit28. Dies bestreitet Hahn, für den die Episode den „fundamentalen Machtkonflikt" zwischen Schenute und dem Bischof zeigt: „Thematisiert wird mithin der Superioritätsanspruch der Kirchenhierarchie gegenüber dem Unabhängigkeitsstreben der Klostergemeinschaften und Mönche" 29 . Beide Elemente, Wertschätzung und Konflikt, werden jedoch in der Episode deutlich. Der Auseinandersetzung zwischen Schenute und dem Bischof geht voraus, dass der Bischof sich mit Schenute besprechen will, worin die Wertschätzung des Bischofs für Schenute zum Ausdruck kommt. Demgegenüber wirkt die Drohung des Bischofs, Schenute zu exkommunizieren, übertrieben, ja fast schon grotesk angesichts der geringfügigen Verfehlung Schenutes. Hier wird ein Machtkonflikt zwischen Schenute und dem Bischof deutlich, der in der Episode insbesondere in VA-V Borg. Copt. 134 ff. 6-7 und der arabischen Version zugunsten von Schenute entschieden wird. Es stellt sich daher die Frage, ob die Freiheit, die Schenute in der sahidischen Handschrift vom Bischof zugesprochen wird, im Sinne einer Exemtion von der bischöflichen Gerichtsbarkeit verstanden werden kann. Es ist bekannt, dass die Klöster in der Sketis dem Patriarchen direkt unterstanden30. Diese Klöster gehörten aber im Unter28 29 30
J. LEIPOLDT, Schenute, 159. J.HAHN, Gewalt, 251. H . G . EVELYN-WHITE, M o n a s t e r i e s , 1 7 9 f .
Schenutes
Verhältnis zur
Amtskirche
181
schied zu Schenutes Kloster nicht zu einer Diözese. Schenute selbst erwähnte in seinen Schriften, soweit diese bekannt sind, den Bischof von Smin nicht, stand aber in brieflichen Kontakt mit mehreren Patriarchen von Alexandria31. Schenute stand somit wahrscheinlich in einer engeren Beziehung zum Patriarchen von Alexandria als der Provinzbischof von Smin zum Patriarchen. Die Episode ist daher als Ausdruck des Selbstbewusstseins von Schenutes Kloster gegenüber der kirchlichen Hierarchie zu verstehen. Diese Aussageintention kann als Grund für das Fehlen von E 31 in der äthiopischen Version vermutet werden, da diese Version der kirchlichen Hierarchie weniger kritisch gegenüber steht als insbesondere die arabische Fassung. Auffallig ist ferner, dass in der von Nau veröffentlichten syrischen Version von E 31 betont wird, dass Christus den Bund nach Mt 16,19 nicht allein mit Petrus, sondern auch mit allen Aposteln und allen ordinierten Priester geschlossen hat, was ebenfalls als Stärkung der Amtskirche verstanden werden kann. Die starke Stellung Schenutes gegenüber dem Klerus wird auch in E 68/2 (,Das Zeugnis des Kyrill über Schenute'), die nur in der arabischen Version überliefert ist, betont. Kyrill schreibt in dieser Episode an seine Priester, sie dürften für den Fall, dass sich Schenute in ihren Gottesdienst befindet, ihr Priesteramt nur ausüben, wenn sie Schenute zuvor um Erlaubnis gebeten haben. In E 68/2 wird Schenutes Überlegenheit gegenüber dem Klerus durch einen Brief des Patriarchen Kyrill ausdrücklich sanktioniert. In einer anderen Episode (E 60: ,Besuch des Apa Makarius bei Schenute'), die ebenfalls nur in der arabischen Version zu finden ist, wird vom Patriarchen Dioskur berichtet, dass ihm jedes Mal, wenn er über Schenute sprach, einige seiner Sünden vergeben wurden. Außerdem legt Schenute in E 60 Zeugnis über Dioskur ab3 . Hier scheint Schenute dem Patriarchen Dioskur gleich-, wenn nicht sogar höhergestellt zu sein. Eine ähnliche Tendenz ist in der arabischen Version auch in E 9/2 festzustellen. In E 9/2 wird Schenute auf dem Rückweg vom Konzil von Ephesus nicht auf dasselbe Schiff wie Kyrill und Apa Viktor, dem Abt von Tabennisi, gelassen. Schenute bittet im Gebet um Hilfe, woraufhin eine Wolke erscheint und ihn mitnimmt. Als Schenute auf seiner Wolke das Schiff Kyrills erreicht, bitten Kyrill und Apa Viktor um Schenutes Segen, den Schenute ihnen auch spendet. In der bohairischen und äthiopischen Version bittet Kyrill zwar ebenfalls um Segen, Schenute antwortet jedoch mit der Bitte, Kyrill möge sich seiner in seinen Gebeten erinnern. Durch Schenutes 31
Vgl. ST. EMMEL, Corpus, 8. In der Parallele von E 60 im Panegyrikos auf Makarius von Tköou finden sich die oben aufgeführten Äußerungen von und über Dioskur nicht; vgl. D.W. JOHNSON, Panegyric (textus), 102-104; ders., Panegyric (translatio), 7 9 - 8 1 . 32
182
Die Darstellung Schenutes in der Vita Sinuthii
demütige Antwort wird in der bohairischen und äthiopischen Version die Anstößigkeit der Szene - Schenute steht oben auf einer Wolke, Kyrill und Viktor schreien unten im Boot - etwas entschärft. Eine weitere Verbindung zwischen Kyrill, Apa Viktor und Schenute wird in E 78/1 gezogen, die nur in der arabischen Version überliefert ist. In E 78/1 wird vorausgesagt, dass Schenute am Tag der Geburt von Kyrill und Apa Viktor sterben soll. Dass dies mit den bekannten Lebensdaten diese Männer nicht vereinbar ist, ist offensichtlich 33 . In E 1/2, die sich ebenfalls nur in der arabischen Fassung findet, wird ferner prophezeit, dass Schenute am Todestag von Athanasius geboren werden soll. Auch diese Angabe ist biographisch nicht nachvollziehbar34. Ferner heißt es in E 1/2, dass sich Athanasius' Seele an seinem Todestag halbieren und die eine Hälfe auf Schenute fallen werde nach dem Vorbild von Elia und Elisa. Hier wird der Vergleich mit Elia auf eine andere Weise vollzogen als in E 3/3, E 4/1 und E 9/235. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in der arabischen Version Kleriker als schwarze Folie dienen, vor deren Hintergrund Schenutes Heiligkeit besonderes erstrahlt. Ferner wird ein starkes Selbstbewusstsein sowohl gegenüber dem lokalen Klerus als auch den Patriarchen von Alexandria zum Ausdruck gebracht. In der bohairischen und äthiopischen Version wird ein weniger gegensätzliches Bild gezeichnet, da einige Episoden der arabischen Fassung in diesen Versionen nicht berichtet werden (E 68/2 und E 60 sowie E 31 in der äthiopischen Version) und weitere Episoden in andere Textgestalt überliefert sind, in der der Klerus in einem weniger dunklen Licht erscheint bzw. Schenutes Überlegenheit weniger deutlich herausgestellt wird (E 9/2, E 31 in der bohairischen Version, E 67 in der äthiopischen Version).
5 Interpretation Der Forschungsüberblick zur Entstehung der nicht-sahidischen Texte der Vita Sinuthii hat gezeigt, dass bei der Frage, welches die älteste Fassung sei, auch inhaltliche Kriterien aufgeführt wurden. Amelineau vertrat die These, dass der Übersetzer der bohairischen Version die erbaulichen Züge des Originals übernommen, die historischen Informationen dagegen ausgelassen habe. Dagegen betonten Ladeuze und Leipoldt, dass in der arabische Version die übernatürlichen Züge gegenüber der bohairischen Version
33
Kyrill wurde zwischen 370-380 n.Chr. geboren. Athanasius starb am zweiten oder dritten Mai 373; um diese Zeit war Schenute vermutlich schon Mönch im sog. Weißen Kloster s. ST. EMMEL, Corpus, 11. 35 Vgl. R.S. SIMPSON, Lives, 30. 34
Interpretation
183
gesteigert seien, was für eine Ergänzung der bohairischen Fassung hin zur arabischen Version spreche. Die Untersuchung der Darstellung Schenutes in den Langversionen hat gezeigt, dass die Forschungspositionen nicht als Gegensätze aufzufassen sind. Die arabische Version bietet auffallig mehr detaillierte Informationen über das Leben in Schenutes Kloster als die übrigen Versionen. Sie berichtet aber auch mehr übernatürliche Begegnungen Schenutes, jedoch nicht überproportional viele, außer bei Berichten von Engeln, für die die arabische Version eine besondere Affinität zeigt. In bezug auf die Darstellung von Schenutes Askese, seinem Wirken im Kloster und seinem Einsatz für die Armen bestehen zwischen den verschiedenen Versionen kaum inhaltliche, sondern v.a. quantitative Unterschiede, d.h. dass die lange arabische Version mehr Beispiele für die genannten Aspekte aus Schenutes Leben enthält. Dagegen unterscheiden sich die Versionen in ihrer Darstellung von Schenutes Verhältnis zur Amtskirche und seinem Kampf gegen Heiden und Häretiker. In der arabischen Version steht ein selbstbewusster und konfliktfreudiger Schenute dem lokalen Klerus und den Patriarchen von Alexandria gegenüber, während in den anderen Fassungen, v.a. in der äthiopischen, diese Gegensätze eingeebnet werden. Dieses Selbstbewußtsein kommt in der arabischen Version auch dadurch zum Ausdruck, dass Schenutes Kloster mit Jerusalem gleichgesetzt wird. Gegen Heiden, insbesondere aber gegen den Häretiker Nestorius geht Schenute in der arabischen Version kämpferischer vor als in den anderen Fassungen. Zusammenfassend betrachtet ist die arabische Version stärker in Schenutes Kloster verwurzelt und zeichnet ein differenzierteres Bild von Schenute als die bohairische und die äthiopische Version, die Schenutes Leben und Wirken in generalisierter Form darstellen. Eine Kürzung der arabischen Version vom Besonderen hin zum Allgemeinen, was zur Entstehung der bohairischen und der äthiopischen Versionen führte, hat deshalb größere Plausibilität als eine Verlängerung der bohairischen bzw. äthiopischen Version, die aus dem Generellen zum Speziellen fuhrt.
Kapitel 5
Der Vergleich mit den Schriften Schenutes In diesem Kapitel soll anhand einiger Episoden auf Zusammenhänge zwischen der Vita Sinuthii und Schenutes eigenen Schriften hingewiesen werden. Bereits Amélineau und Ladeuze hatten die Schriften Schenutes als Quellen für einzelne Episoden der hagiographischen Schriften aufgeführt 1 . Dementsprechend konstatierte Jacques van der Vliet fast ein Jahrhundert später: „Bekanntlich hat die K/ta-Tradition systematisch aus den eigenen Werken Schenutes geschöpft." 2 Im selben Jahr, 1993, forderte Emmel: „The Bohairic Life of Shenoute requires complete reevaluation in the light of Shenoute's own writings, especially in comparision with a füll collection of the Sahidic fragments related to this Life."3 Emmels Forderung kann in dieser Arbeit nicht entsprochen werden. Zwar ist es gelungen, in einem bisher einzigartigen Überblick alle sahidischen Fragmenten der Vita Sinuthii zusammenzustellen und diese mit der bohairischen Version zu vergleichen. Für die Schriften Schenutes wird jedoch noch einige Zeit in Geltung bleiben, was Emmel 1993 so zusammenfasste: „much of Shenoute's literary corpus remains unedited, and many of the existing editions must be regarded as preliminary." 4 Jede Aussage über die Schriften Schenutes steht demnach unter dem Vorbehalt, dass ein Großteil seines Werks noch nicht ediert ist. So kam z.B. Emmel aufgrund seiner Kenntnis eines bisher unveröffentlichten Manuskripts in bezug auf die Bewertung des Konflikts zwischen Schenute und Gessius zu anderen Ergebnissen als alle vorausgegangenen Arbeiten zu diesem Thema, wie im folgenden Abschnitt dargestellt werden wird. In dieser Arbeit wird daher die Beziehung zwischen den hagiographischen Schriften über Schenute und Schenutes eigenen Werken nur exemplarisch und exkursartig anhand einiger ausgewählter Episoden untersucht. Aussagen, dass ein Ereignis etc. nicht in Schenutes eigenen Schriften überliefert ist, stehen dabei immer unter dem genannten Vorbehalt.
1 É. AMELINEAU, Monuments, LVIII. P. LADEUZE, Étude, 137-140. Vgl. R.S. SIMPSON, Lives, 33. 2 J. VAN DER VLIET, Heidentum, 102 Anm. 16. 3 ST. EMMEL, Corpus, 13 Anm. 31. 4 ST. EMMEL, Corpus, 27.
E 38; E 40; E 42; E 57 Schenutes Konflikt mit Gessius
185
1 E 38; E 40; E 42; E 57 Schenutes Konflikt mit Gessius Häufige Themen sowohl der Predigten Schenutes als auch der sog. Vita Sinuthii sind sein Einsatz für die wirtschaftlich Armen bzw. seine Auseinandersetzungen mit den Wohlhabenden und sein Kampf gegen Götzenverehrung und Aberglaube. Beide Aspekte verbinden sich in Schenutes Konflikt mit einem reichen Mann aus Panopolis, dessen Name Schenute selbst in keiner erhaltenen Predigt in den Mund nimmt. Auch in der Vita Sinuthii wird von einem Konflikt Schenutes mit einem wohlhabenden heidnischen Mann aus Panopolis berichtet, der in einigen Episoden g e s sius' genannt wird. Die Identität des reichen Mannes aus Schenutes Predigten mit der Person des Gessius aus der Vita wurde zumindest für einige Episode (E 42.57) schon von Leipoldt vermutet und hat sich allgemein durchgesetzt, wie mehrere grundlegende Arbeiten aus dem letzten Jahrzehnt belegen5. In diesen Arbeiten ist auch der Versuch der historischen Einordnung des Gessius unternommen worden, wobei die Identität des Gessius mit folgenden Männern diskutiert wird6: Erstens mit einem Gessius, über dessen Tod der Dichter Palladas von Alexandria im vierten Jahrhundert acht Epigramme verfasste. Zweitens richtete der Antiochenische Rhetor Libanius mehrere Briefe an Männer namens Gessius, von denen einer ein Ägypter war7. Als dritter wird Flavius Aelius Gessius (OXauLOC A'lXloc Teooioc) genannt, der 378 Gouverneur der Thebais war. Emmel konnte nachweisen, dass Schenutes Gessius Gouverneur war, da Schenute in einer größtenteils unpublizierten und daher bisher in der Diskussion nicht aufgenommenen Predigt auf Gessius' Amtszeit als Gouverneur (MNT2HreMcüM) anspielt8. Darüber hinaus datiert Emmel die Auseinandersetzung zwischen Schenute und Gessius auf die Jahre um 400: „when the flrst wave of imperial encouragement of and support for pagan-
5
J.
LEIPOLDT,
Schenute,
168.180
mit
Anm.
6;
H.-J.
THISSEN,
Begegnung;
H.
BEHLMER, Historical Evidence; J. VAN DER VLIET, Heidentum; H. BEHLMER, Schenute, L X X X V - L X X X V I I I ; ST. EMMEL, F r o m t h e O t h e r S i d e ; ST. EMMEL, T e m p l e s ; J. H A H N , G e w a l t , 2 3 8 - 2 4 1 . V g l . b e r e i t s J. B A R N S , S h e n u t e , 6
153-155.
Eine Zusammenfassung der Belege findet sich bei ST. EMMEL, From the Other Side, 100f. 7 O. SEECK, Briefe, 164f, vgl. A. CAMERON, Palladas, 287. 8 ST. EMMEL, From the Other Side, 106. Emmel zitiert aus Schenutes Werk Let Our Eyes aus dem Kodex MONB.ZJ 22: i . l 9 - i i . 3 2 . Let Our Eyes konnte durch neue Textfunde aus dem Weißen Kloster in der Biblioteca Apostolica Vaticana, die 2001 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, von ST. EMMEL rekonstruiert werden. Die Veröffentlichung des koptischen Textes und einer Übersetzung in die englische Sprache sind in Vorbereitung: ST. EMMEL, Shenoute.
186
Der Vergleich mit den Schriften
Schenutes
bashing was at its peak" 9 . Es steht daher für Emmel fest, dass Schenute sich mit Flavius Aelius Gessius streitet, dessen Karriere nach seiner Amtszeit als Gouverneur vermutlich nicht ganz gradlinig verlaufen war, so dass er sich in Panopolis als reicher Grundbesitzer niedergelassen hatte10. Im folgenden wird anhand einzelner Episoden untersucht, inwieweit die Darstellung von Schenutes Konflikt mit Gessius bei Schenute selbst mit den Berichten in der sog. Vita Sinuthii übereinstimmt bzw. ob Informationen aus den Schriften Schenutes in die Vita-Tradition eingeflossen sind. E 38 ,Der heidnische
Gewalttäter'
Die Episode E 38 wird in FR 43—45 sowie in der bohairischen, arabischen und äthiopischen Version berichtet11. Alle Versionen stimmen darin überein, dass Schenute sich nach Panopolis begab12, um einen Heiden wegen seiner Ungerechtigkeit gegenüber den Armen zu tadeln und ihn an die Strafen Gottes zu erinnern. Aber der Heide schlug ihm ins Gesicht. Sogleich erschien eine Autoritätsperson, die den Heiden packte, zum Nil schliff, mit ihm untertauchte, woraufhin beide nicht mehr gesehen wurden, was die beistehende Menge zum Lobpreis Gottes animierte. Der Heide aus E 38 wird auf ähnliche Weise wie Gessius in Schenutes Schriften Not because a Fox Barks und Let Our Eyes charakterisiert: Er stammt aus Panopolis, ist wohlhabend, aber unsozial, und gottlos. In FR 45 i. 15-18 wird er ,jener gottloser Heide" (n2exAHN n^ceBHO eTeMH^y) und „Gewalttäter" (FR 44 ii.l7f: n p e q x i m s o N ö ) genannt. In einer akephalen Schrift Schenutes, der Behlmer den Titel De iudicio gab13, bezeichnete er seinen namenlosen Gegner, der höchstwahrscheinlich mit Gessius identisch ist14, auf ähnliche Weise als , jenen Gottlosen" (fol. XLIr ii.21f: N ^ O E B H C S T H H ^ Y 1 5 ) oder ,jenen Gewalttäter" (fol. LVv i . 1 - 3 : 16 17 n i p e q x i N 6 0 N C ©TMM^Y ) . Von einem Streit zwischen Schenute und seinem Feind aus Panopolis, bei dem es zu Tätlichkeiten kam, berichtet
9 ST. EMMEL, From the Other Side, 113. Zu demselben Ergebnis kam mit einer anderen Begründung auch H.-J. THISSEN, Begegnung, 163. Vgl. H. BEHLMER, Historical Evidence, 18 Anm. 49. Vliet datierte den Konflikt zwischen Schenute und Gessius auf ca. 430, J. VAN DER VLIET, Heidentum, 103, vgl. H. BEHLMER, Schenute, LXXXVIII. 10 ST. EMMEL, From the Other Side, 102f. 11 Zu den Unterschieden zwischen den Versionen s.o. S. 73. Vgl. J. HAHN, Gewalt, 238. 12 Diese Information fehlt FR, in dem der Anfang der Episode verloren gegangen ist. 13 Schenutes Schrift De iudicio wurde mit deutscher Übersetzung veröffentlicht von H. BEHLMER, Schenute. Vgl. ST. EMMEL, Corpus, 380f. 14 H. BEHLMER, Schenute, LXXXVIII. 15 H. BEHLMER, Schenute, 91. 16 H. BEHLMER, Schenute, 118. 17 Weitere Epitheta nennt Behlmer, Schenute, L X X X V - L X X X V I .
E 38; E 40; E 42; E 57 Schenutes Konflikt mit Gessius
187
Schenute in Lei Our Eyesls. Im Unterschied zu E 38 ist jedoch nicht die Ausbeutung von Armen, sondern die mangelnde Rechtgläubigkeit des Gessius der Streitpunkt, und es ist Schenute, nicht Gessius, der handgreiflich wird, indem er Gessius vor die Brust schlägt. Auch findet der Streit nicht in Panopolis, sondern in der Kirche in Schenutes Kloster statt, allerdings ebenfalls vor einer Menschenmenge. Dass Schenute den Tod des Gessius erlebt, wird sowohl in seiner Schrift God Is Blessed berichtet 19 als auch in E 42 (,Die Verfluchung des Gessius'). In der Vita Sinuthii wird kein Zusammenhang erkennbar zwischen dem Ertrinken des heidnischen Gewalttäters und der Verfluchung des Gessius, die sich nicht auf seine Todesart, aber auf das Schicksal nach seinem Tod bezieht. So kann an dieser Stelle nur festgehalten werden, dass zwar die Charakterisierung des heidnischen Gewalttäters in E 38 mit der des Gessius in den Schriften Schenutes übereinstimmt. Dass es jedoch zu einer öffentlichen handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen Schenute und Gessius gekommen ist, die zum Tod des Gessius durch Ertränken fiihrte, kann anhand von Schenutes eigenen Schriften nicht verifiziert werden. E 40 ,Das Versenken der Insel' Der sahidische Kodex FR sowie die drei Langversionen berichten in E 40, dass Schenute eine Insel im Nil versenkt habe 20 . Laut FR lag die Insel westlich von Panopolis und war mit einigen Weinbergen bedeckt, die jedoch keinen guten Wein hervorbrachten. Die Armen, die in der Umgebung und auf der Insel wohnten, wurden gezwungen, den verdorbenen Wein zu einem hohen Preis zu kaufen (iieycyire M M O O Y N O Y N O S NTIMH 2M»ipn NgeMX gucoMc). In der arabischen Version wird berichtet, dass die armen Bauern mit schlechten Wein bezahlt und so in den Ruin getrieben wurden. Die Armen beschwerten sich über diese Ungerechtigkeit bei Schenute, der sich daraufhin - wie in den Langversionen berichtet wird des nachts zur Insel aufmachte und dieser befahl, sich in die Mitte des Nils zu begeben und dort zu versinken, was die Insel auch sofort tat.
18 19 20
Kodex MONB.WW 34: i.1-5. ST. EMMEL, Corpus, 618. Z u E 4 0 s . o . S. 7 4 f . V g l . H . BEHLMER, H i s t o r i c a l E v i d e n c e , 16 A n m . 10; J. HAHN,
Gewalt, 237.
188
Der Vergleich mit den Schriften
Schenutes
Nur zu Beginn des Kodex FR wird Gessius als der Besitzer der Insel genannt (FR 48 i.5f: r e c t o c n2ex\HM). Später heißt es, dass Schenute lange mit jenen Heiden' (Plural!) (FR 48 ii.22f: N62exAhN ©tmm^y) verhandelte. Dies entspricht den drei Langversionen, die von Anfang an nur Heiden im Plural als Eigentümer der Insel nennen. In den Schriften Schenutes wird sowohl die Bezahlung mit schlechtem Wein21 als auch der erzwungene Kauf von schlechtem Wein22 als verbrecherisches Verhalten der Reichen gegenüber den Armen getadelt. Ein besonderer Zusammenhang zu Schenutes Intimfeind aus Panopolis ist jedoch nicht ersichtlich. Auch von einer Insel, die Gessius gehörte, ist nichts in Schenutes Schriften zu lesen. An dieser Stelle sei aber noch einmal darauf hingewiesen, dass bei weitem nicht alle Schriften Schenutes erhalten bzw. veröffentlicht sind. So ist das Incipit Gesios writes to his estate administrators ... einer Schrift Schenutes bekannt, die Schrift selbst aber vermutlich verloren gegangen23. Es ist denkbar, aber nicht belegbar, dass Schenute in dieser Schrift Mißstände in der Verwaltung der Landgüter des Gessius angeprangert hat, die denen in E 40 genannten ähnlich sind. Die Langversionen und die Schriften Schenutes stimmen in der Schilderung von ungerechtem Verkauf bzw. von erzwungener Bezahlung mit schlechtem Wein durch wohlhabende Heiden überein. Dass Gessius auf ähnliche Weise seine Landarbeiter ausbeutete, ist durchaus möglich, wird aber in Schenutes Schriften nicht explizit ausgeführt. Gessius wird zwar zu Beginn der Episode in FR erwähnt, im Verlauf der Episode werden jedoch allgemein Heiden als Ansprechpartner Schenutes genannt. Es ist daher zu vermuten, dass die legendenhafte Erzählung vom Versenken der Insel einen weit verbreiteten Missstand zum Hintergrund hat und nur in FR und auch dort nicht durchgängig - mit dem Namen Gessius verbunden wurde.
21 22 23
So in Schenutes Werk A 8: J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 92, Z. 9. So z.B. in H. BEHLMER, Schenute, fol. XXXIv i. 19-24. ST. EMMEL, From the Other Side, 100 Anm. 17.
E 38; E 40; E 42; E 57 Schenutes
Konflikt
mit
Gessius
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E 42 , Die Verfluchung des Gessius' Die drei Langversionen berichten in E 4224, dass ein Heide (oy2exHiioc) mit Namen Gessius, hier K S C I O C geschrieben, sehr gottlos war und lästerlich über Christus redete (M N © O Y ^ C © B H C n e MNI2OYO O Y O 2 N^qepBAM3HMiN e n x c e q x e o y ^ ©poq). Als Schenute davon erfuhr, verfluchte er ihn, indem er sagte: „His tongue shall be bound to the big toe of his foot in hell!"25. In der bohairischen und arabischen Version heißt es weiter, dass Schenute Kesius nach dessen Tod in der Hölle gesehen habe, wobei seine Zunge - entsprechend Schenutes Fluch - an seinen Zeh gebunden gewesen sei. Schenute berichtet selbst von einem ähnlichen Fluch, den er gegen Gessius ausgesprochen habe26. In Let Our Eyes schildert er zuerst seinen Einbruch in Gessius' Haus und dann eine Auseinandersetzung mit Gessius, die zuvor stattgefunden hatte. Schenute unterstellt Gessius, dass dieser nur vorgebe, Christ zu sein, und verflucht ihn mit den Worten: „Until they cut out your tongue, with which you uttered blasphemy, doubting that Jesus was
God!"
(UJ^NTOYUJCUIDT
©BOA.
HRSKA^C
NT^KXIOY^
N2HTQ
n e Tc)27. Auf ähnliche Weise berichtet Schenute in seiner Predigt The Lord Thundered, dass „dieser Sohn der Pest" 28 gesagt habe: „Jesus, der Sohn Gottes, ist nicht göttlich!"29 Schenute fahrt mit dem Wunsch fort: „Seine Zunge möge an die Zehen seiner Füße gebunden werden am Tag seiner Bedrängnis!"30 Ferner ist Schenutes Schrift God Is Blessed zu entnehmen, dass Schenute Gessius' Tod erlebte31. Sowohl in E 42 als auch in den beiden Predigten Schenutes scheint es um denselben Mann zu gehen, der blasphemisch über Christus redete, und den Schenute daraufhin verfluchte. Dass dieser Mann Gessius ist, ist durch den Namen , Kesius' in der bohairischen Version sowie durch den Kontext von Let Our Eyes, in dem zuvor von Schenutes Einbruch in Gessius' Haus berichtet wird, als sicher anzusehen. Die Verfluchung des Gessius wird demnach sowohl von Schenute selbst als auch in den hagiographischen Schriften über ihn berichtet. xe©M©oyNoyTe
24 Die bohairische Version (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1 : § 88) wird auszugsweise in Klammern angegeben. 25 D.N. BELL, Life, 68; J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 43, 16f: eyeMoyp M n e q x x c e t i N i N T e T e q s ^ \ o x ebpHi t>©Ni.HeHt. 26 Auf diesen Zusammenhang wies bereits P. LADEUZE, Étude, 1 3 9 - 1 4 0 , hin. 27 Schenute, Let Our Eyes, frg. 1 Abs. 27 (EMMEL, Temples). 28 É. AMELINEAU, Œuvre, 1: 379, 9f: n e i u j H p e N>.OIMOC. 29 É. AMELINEAU, Œuvre, 1: 379,9: o y N o y T e \ N n e Tc nujHpe H n N o y T e . 30 É. AMELINEAU, Œuvre, 1: 379, lOf: M^poyMoyp H n e q w c e g o y N ©NTHHB© N N e q o y e p H T e ¿ M n e j o o y NTeqa.NA.rKH, 31 Vgl. ST. EMMEL, Corpus, 618. Der koptische Text mit deutscher Übersetzung findet sich bei H.-J. THISSEN, Begegnung, 158.
190
Der Vergleich mit den Schriften
Schenutes
E 57 ,Der Raub der Götzen aus Gessius' Haus' Die bohairische32, arabische und äthiopische Version berichten von einem Eindringen Schenutes in das Haus des Gessius ( r e c i o c ) in der Stadt Panopolis. Schenute hatte sich des nachts (benniextupj) heimlich (beNoyxcwn) mit zwei Mönchen auf Reittieren aufgemacht und auf wundersame Weise den Nil überquert. Beim Haus des Gessius angelangt, öffneten sich die Türen des Hauses, eine nach der anderen (¿aiipcuoy NTenim oyiüN NCMioyepHoy), so dass Schenute mit seinen Begleitern bis zu dem Ort, an dem die Götzen waren, (ninturi e p e n i i A c u x o t i H b H T q ) vordringen konnte. Sie nahmen die Idole, brachten sie zum Fluss, wo sie sie zerschlugen (xyKopxoy) und ins Wasser warfen. Beim Rückweg zum Kloster gelangten die Mönche wiederum ohne Hilfe über den Fluss und auch die Reittiere verrieten sie nicht durch Lärm, woraufhin alle in Gotteslob ausbrachen33. E 57 hat eine sehr klare Parallele in Schenutes Schrift Let Our Eyes und derselbe Vorfall wird auch in Not because a Fox Barks erwähnt. In Let Our Eyes beschreibt Schenute sein Eindringen in Gessius' Haus so: „[they lied about me...] because we made an example of him by removing his idols [tteqeiAcuxon] from a private chamber [^NOYKCMTIUN] during the night [MTeyujh] quietly [2NOYC6px2T] even though the doors protected them securely. He who brought His fear upon those living there and around there, until we accomplished this work during the whole night [2NTeyuiH T H p c ] , was also the one who enabled us to open the doors [ n e N T ^ q f ^ e 34 N3wN © o y c o N N N p i u o y ] as He wanted." 35 In Not because a Fox Barks schildert Schenute sein Vorgehen im Hause des Gessius, nach Emmel handelt es sich um seinen ersten ,Besuch', folgendermaßen: „I peacefully [jHoycspA^T] removed your gods [NeKNoyTe] and caused your reproach and your shame, written upon papyrus, to be affixed to the door-posts of your house, when your filthy concoctions bottled like
32 Die folgenden bohairischen Belege finden sich bei J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: §§ 125-127. 33 Die bohairische, arabische und äthiopische Überlieferung sind einander sehr ähnlich. Die arabische Version ergänzt die Namen der beiden Mönche, die Schenute begleiten (Mar Yusab und Akhnoukh). 34 Schenute, Let Our Eyes, frg. 1 Abs. 2 1 - 2 2 (EMMEL, Temples). 35 Sahidischerf Text veröffentlicht von J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 79-84, als Nr. 24 unter der Titel: Adversus Saturnum II. Eine englische Übersetzung findet sich bei J. BARNS, Shenute, 156-159. Zur Gattung des Textes s. ST. EMMEL, From the Other Side, 107f Anm. 60.
E 38; E 40; E 42; E 57 Schenutes Konflikt mit Gessius
191
wine had been broken [e^YOY">6n] on the threshold of your house and in your doorways and the doorways of those like yourself." 36 Leider macht Schenute in diesem Stück kaum Angaben zu den äußeren Umständen seines Eindringens, so dass sich hier fast keine Vergleichsmöglichkeit zu E 57 ergibt, abgesehen davon, dass beide Texte von einer heimlichen Aktion sprechen, was jedoch aus dem Kontext selbstverständlich ist. Die Behandlung der Götzen bzw. der Kultgegenstände wird dagegen in beiden Texten unterschiedlich dargestellt: Während Schenute die öffentliche Zurschaustellung der gefundenen corpora delicti hervorhebt, werden die Götzen in E 57 noch in der Nacht im Nil versenkt. Folgende Gemeinsamkeiten bestehen zwischen dieser Darstellung und E 57: Schenute, der vermutlich nicht allein war37, drang nachts in das Haus ein, wobei sich die Türen auf wundersame Weise öffneten. Ihm wurde der Weg bis zu einem bestimmten Raum gewiesen, in dem sich die Idole befanden, die er mit sich nahm. In Übereinstimmung mit der Schilderung in Not because a Fox Barks bestand das Ziel der Aktion in Let Our Eyes in der öffentlichen Enthüllung der Götzen, während E 57 betont, dass alles im Verborgenen geschehen war. Während bisher in der Forschung davon ausgegangen wurde, dass Schenute - wie in E 57 geschildert - nur einmal in das Haus des Gessius eingedrungen sei, hat Emmel eine Folge von Besuchen bzw. Überfallen rekonstruiert38. Nach einem Besuch des Gessius im Kloster Schenutes, bei dem dieser Schenute davon zu überzeugen versuchte, dass er dem Heidentum abgeschworen hätte, dringt Schenute in Gessius' Haus ein, entwendet Götzen und macht verdächtige Papyri und Tränke öffentlich. Dieser erste Einbruch in Gessius' Haus wird laut Emmel in Not because a Fox Barks geschildert und ist nicht mit E 57 identisch. Gessius reagiert, indem er behauptet, dass nun keine weiteren Götzen in seinem Haus seien, und Schenute zu einer Durchsuchung seines Hauses einlädt, damit sich dieser selbst davon überzeugen könne. Schenute kommt der Einladung nach und kann keine weiteren Beweise für Gessius' Heidentum finden, wie er in seiner Rede Not because a Fox Barks ausfuhrt, die er in Anschluss an diesen zweiten ,Besuch' in Gessius' Haus hielt. Um endgültig beweisen zu können, dass Gessius immer noch ein praktizierender Heide ist, dringt Schenute ein zweites Mal heimlich in Gessius' Haus ein, gelangt bis in Gessius' Schlafzimmer, in dem er Altäre und Götzen findet. In Let Our Eyes berichtet Schenute triumphierend von seiner Entdeckung, er vertei36
J. BARNS, Shenute, 156; Der koptische Text findet sich bei: J. LEIPOLDT, Vita et
O p e r a , 3: 7 9 , 1 8 - 2 3 .
37 In einer anderen Schrift erwähnt Schenute, dass er von sieben Mönchen begleitet wurde; J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 91, Z. 24-92, Z. 3. S. ST. EMMEL, From the Other Side, 105 Anm. 49. 38 Zu folgendem s. ST. EMMEL, From the Other Side, 106-108.
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Der Vergleich
mit den Schriften
Schenutes
digt aber auch das Hauspersonal gegen den Vorwurf, ihn ins Haus gelassen zu haben. Diese dritte ,Visite' Schenutes bei Gessius wird laut Emmel in E 57 geschildert. Emmel kommt zu dieser Rekonstruktion der Ereignisse, weil er im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung davon ausgeht, dass Gessius nicht „an der Spitze des lokalen heidnischen Widerstandes"39 steht, wie es beispielsweise Vliet formulierte, sondern dass Gessius ein „crypto-pagan" sei, d.h. „a professed Christian who was secretly a practicing pagan"40, der immer wieder versucht habe, Schenute davon zu überzeugen, dass er nicht mehr an den heidnischen Bräuchen und Göttern hänge. Vor diesem Hintergrund sei auch das Diktum des Gessius, dass Jesus nicht Gott sei, nicht länger als anti-christlich zu interpretieren, sondern im Rahmen der christologischen Streitigkeiten zu sehen41. Diese differenzierte Sichtweise des Gessius kann anhand der hagiographischen Schriften nicht bestätigt werden. In FR 48 i.5f trägt Gessius das Epitheton ,der Heide' (recioc ngexAHN), in der Einleitung von E 42 wird er als ein Heide, der lästerlich über Christus gesprochen habe, vorgestellt42. Im folgenden werden die Schilderungen der Einbrüche des Schenutes, wie sie in seinen Predigten und in E 57 dargestellt werden, verglichen. Emmel ist darin zuzustimmen, dass E 57 der Darstellung in Let Our Eyes näher steht als der in Not because a Fox Barks. Dass die Zuordnung von E 57 zu dem von Emmel postulierten dritten ,Besuch' Schenutes bei Gessius passt, ist daher durchaus möglich. Andererseits ist - wie noch in der Zusammenfassung ausgeführt wird - bei hagiographischen Texten mit einer Nivellierung von besonderen Zügen zugunsten von Typisierungen zu rechnen43. Diese Tendenz lässt sich anhand der unterschiedlichen Aussagerichtungen der Darstellung des Einbruchs bei Schenute und in der Hagiographie verdeutlichen. In seinen Schriften versucht Schenute wortreich, seine Zuhörer bzw. Leser davon zu überzeugen, dass Gessius ein praktizierender Heide ist. Dabei muss er sich für das Eindringen in dessen Haus ebenso rechtfertigen, wie er auch das Personal gegen den Vorwurf in Schutz nehmen muss, sie hätten ihn unrechtmäßigerweise ins Haus gelassen44. E 57 schildert zwar die Wegnahme und die Vernichtung der Götzen aus Gessius' Haus, der Skopus der Episode liegt aber auf dem wundersa39
J. VAN DER VLIET, Heidentum, 102. Vgl. J. HAHN, Gewalt, 238f. ST. EMMEL, From the Other Side, 110. ST. EMMEL, From the Other Side, 109. 42 J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 43, Z. 11-13: o y j e A H N O c eneqpi.Nne K e c i o c H e o Y ^ c e B h c n e n n ^ o y o oyc>2 N^qepBA.^chHit) e n x c . Die Bezeichnung ,Heide' als Übersetzung von J C X X H I I ist vielschichtig und bezieht sich nicht allein auf die religiöse, sondern auch auf die ethnische, sprachliche und soziale Ausrichtung bzw. Herkunft des so Bezeichneten; s. M. VlNZENT, Das .heidnische' Ägypten, 3 8 - 4 0 . 43 F. LOTTER, Erkenntnisse, 332f. 44 MONB.ZJ 27:i.l0-28:i.4. 40 41
E 43 , Der Einfall der
Barbaren'
193
men Hin- und Rückweg, sowie dem übernatürlichen Öffnen der Türen. Nicht die Bloßstellung des Gessius steht im Vordergrund, sondern die wunderbaren Umstände der Götzenvernichtung, die Anlass zum Gotteslob geben. Vor diesem Hintergrund kann E 57 als eine hagiographische Umformung des Konflikts zwischen Schenute und Gessius verstanden werden, bei dem mehrere Ereignisse zu einer Episode verdichtet wurden. Aufgrund der großen Übereinstimmungen in der Darstellung von E 57 in der sog. Vita Sinuthii mit Schenutes eigenen Schriften ist eine literarische Abhängigkeit der Vita von Schenute überaus wahrscheinlich.
2 E 43 ,Der Einfall der Barbaren' Von einer Invasion der Kuschiten und deren Auswirkungen auf das Klosterleben berichtet Schenute in seiner Predigt Continuing to Glorijy the Lorct5. Auf dasselbe Ereignis bezieht sich die Episode E 43 (,Der Einfall der Barbaren') der Vita Sinuthii. In seiner Predigt beschreibt Schenute die Aufnahme und Versorgung von ca. 20.000 Flüchtlingen, Männern, Frauen und Kindern, in seinem Kloster für drei Monate. Unter den Flüchtlingen waren Kranke, die ärztlich behandelt werden mussten, annähernd 100 Menschen starben und 52 Kinder wurden geboren. Schenute berichtet detailliert über die Verpflegung, die von der Klostergemeinschaft sowohl für die aufgenommenen Menschen als auch für ihre Tiere bereitgestellt werden musste, und die Grundnahrungsmittel und Wasser, aber auch besondere Güter wie Kleidung, Wein, Tauben und Weintrauben einschloss. Darüber hinaus kaufte das Kloster hundert Kriegsgefangene frei, die ebenfalls versorgt werden mussten. Schenute belässt es jedoch nicht bei einer reinen Darstellung des Sachverhalts, sondern interpretiert die erstaunliche Leistung, die das Kloster durch die Verpflegung der Menschenmassen erbracht hat, theologisch als Segnung Gottes, die mit den wundersamen Speisungen in den Evangelien (Mk 6,35-44parr; Mk 8,l-9par) oder mit der Mehl- und Ölvermehrung bei der Witwe von Sarepta (lKön 17,7-16) zu vergleichen sei. Gott, dem 45 Die Predigt wurde von J. LEIPOLDT unter der Nr. 22.1 mit dem Titel De Aethiopum invasionibus III und kritischem Apparat ediert; J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 69, Z. 4 74, Z. 9. Leipoldt hatte den Text bereits 1903 mit deutscher Übersetzung veröffentlicht (J. LEIPOLDT, Berichte, 130-137), 60 Jahre später gab er eine weitere deutsche Übersetzung der Predigt heraus (J. LEIPOLDT, Kriegsnot, 5 4 - 5 6 ) . Zur Überlieferung von Continuing to Glorify the Lord s. ST. EMMEL, Corpus, 591f.759f. Zu WV frg. 3 vgl. ST. EMMEL, Corpus, 92.
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Der Vergleich mit den Schriften
Schenutes
Herrn des Alls, gehören alle Dinge, und wer an ihn glaubt, dessen Güter werde Gott segnen. Die Predigt Continuing to Glorijy the Lord gehört zu Kanon 7 der Werke Schenutes und bildet dort zusammen mit The Rest of the Words and It Is Obvious eine Art Anhang46. Die übrigen Werke von Kanon 7 stehen in Zusammenhang von Bautätigkeiten im Kloster, die auch die Errichtung der Kirche einschlössen. Laut Einleitung zu The Rest of the Words ereignete sich die Invasion der Barbaren und die Aufnahme der Flüchtlinge im zweiten Jahr nach dem Bau der Kirche47. Beide Ereignisse lassen sich nur näherungsweise datieren. Emmel vermutet, dass der Bau der Kirche vor dem Konzil von Chalcedon abgeschlossen war48. Darüber hinaus habe laut Emmel die These, dass derselbe Einfall der Barbaren die Flüchtlinge ins Kloster und Nestorius aus seinem Exilort, der Großen Oase, nach Panopolis fliehen ließen, durchaus Plausibilität. Da Nestorius sich seit 435 im Exil befand, kann dieses Jahr der terminus ante quem non für die Invasion angesehen werden. Von Einfallen der Barbaren berichten mehrere Episoden der Vita Sinuthii, nämlich E 51/2 (,Der Kampf des Dux gegen die Barbaren'), E 63 (,Der Komes bittet um Segen gegen die Barbaren') und E 38A (,Der Dux Heraklius'), die in FR 45-47 überliefert ist. Solche Überfalle ereigneten sich immer wieder zu Lebzeiten Schenutes und sind nicht mit der in Continuing to Glorijy the Lord geschilderten Invasion gleichzusetzen49. Dasselbe Ereignis und seine Folgen für Schenute und sein Kloster werden jedoch z.T. mit wörtlichen Parallelen in der Episode E 43 (,Der Einfall der Barbaren') berichtet. In Umkehrung der Reihenfolge in Schenutes Predigt wird in E 43 zuerst die Befreiung von Kriegsgefangenen durch Schenute erzählt (E 43/1), wenn auch in etwas anderer Form. Demnach habe es sich ereignet, dass, als Schenute das Lager der Barbaren um der Gefangenen willen betrat, alle Hände, die sich gegen Schenute erhoben, verdorrt seien. Angst und Schrecken verbreitete sich im Lager, und der König der Barbaren flehte Schenute an, die Hände seiner Männer wiederherzustellen, was dieser auch tat. Als Dank erhielt Schenute die Gefangenen, die er zum Kloster brachte, ausstattete und nach Hause schickte. Die unterschiedlichen Darstellungen desselben Ereignisses sprechen für sich: Aus dem knappen Bericht von 46
Zu Kanon 7 und den zu diesem Kanon gehörigen Werken s. ST. EMMEL, Corpus, 582-585. 47 Der Anfang der Predigt findet sich als Nr. 21 unter dem Titel De Aethiopum invasionibus II, J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 67, Z. 24-69, Z. 2. Deutsche Übersetzung der einleitenden Worte bei ders., Berichte, 129 und ders., Kriegsnot, 53f. Eine englische Übersetzung mit hilfreichen Anmerkungen bei ST. EMMEL, Historical Circumstances, 85. 48 Zu folgendem s. auch ST. EMMEL, Historical Circumstances, 94. 49 Vgl. ST. EMMEL, Historical Circumstances, 86f.
E 43 , Der Einfall der Barbaren '
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Lösegeldzahlungen für Gefangene in Schenutes Predigt ist ein Rettungswunder geworden. Dennoch sei auf folgende Besonderheiten hingewiesen: Die Darstellung von E 43/1 in FR 53/54 stimmt in einigen Details, die sich nicht in den anderen Versionen finden, mit Schenutes Predigt überein. In FR 54 i.7-8 wird von Gefangenen berichtet, die Pfeile und Lanzen erhalten hatten (NeNT&.YxicoTe 2'm^k^t). Dementsprechend erwähnt Schenute, dass sich Ärzte um diejenigen kümmerten, die Pfeilschüsse erhalten hatten oder von Lanzen verwundet worden waren (NeNT^Y^icoTe h ¿.yujoosoy 2NMHa>.K^.T50). In FR 54 i.9-16 heißt es, dass Schenute den Gefangenen Proviant ( M I J C O X C U M ^ ) und Fährlohn (¿HM©) gab und sie nach Hause schickte (en©YHi). Schenute berichtet ebenfalls, dass den Gefangenen Proviant und Fährlohn gegeben wurde, bis man sie in ihre Häuser brachte 51 . Die bohairische und die arabische Version wissen zwar von Lebensmitteln, nicht aber von einem Fährlohn, und die Gefangenen werden zu ihrem Wohnort bzw. in ihr Land geschickt 52 . Im Unterschied zur Predigt Schenutes berichtet der bohairische und der arabische Text von einer Invasion der Blemmyes (B^\NeMMU)OYi bzw. Bega 53 ), während Schenute von Kuschiten bzw. Äthiopiern ( e s o o u j e ) spricht. Diese Differenz sollte jedoch nicht überbewertet werden, da schon Leipoldt darauf hinwies, dass ,„Blemmyer' im Volksmunde ein Sammelname für Räuberhorden geworden ist" 54 . In dieser Arbeit wird daher allgemein von ,Barbaren' gesprochen. Die Episode E 43/2, die bruchstückhaft in WV frg. 3v und komplett in der arabischen Version überliefert ist, berichtet von der Versorgung der Opfer der Barbaren in Schenutes Kloster und ist teilweise eine fast wörtliche Parallele zu seiner Predigt Continuing to Glorify the Lord55. Leipoldt hatte vorgeschlagen, den Urtext der Predigt mit Hilfe der arabischen Version zu rekonstruieren, schränkte jedoch ein, dass dies erst nach einer Neuedition des arabischen Textes möglich sei56. Im folgenden wird daher nur WV frg. 3v mit der Predigt Schenutes verglichen. Vom Text der ersten Spalte von WV frg. 3v sind nur noch wenige Buchstaben erkennbar, was Crum vermutlich veranlasste, diese in seinem 50
J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 69, Z. 14f. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 71, Z. 16f: MIIBOX NJOMNT J I J O E I T E ?i&ea».N9^\A)HA> pipHHe uj^nToyxiToy eneYHei. 2 J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 44, Z. 17-19: xqtXMXXOJHi, muoy ^qx^Y SBO\ fc.eNOY2ipHNH niOYM nioy^i e n e a H \ Htucuni. É. AMELINEAU, Monuments, 399, Z. 9f: „nous leur donnâmes des provisions et les renvoyâmes vers leur pays". 51
53 54
J . LEIPOLDT, V i t a e t O p e r a , 1: 4 3 , Z . 2 2 f ; E . AMELINEAU, M o n u m e n t s , 3 9 6 , Z . 12. J . LEIPOLDT, B e r i c h t e , 1 3 8 . V g l . W . E . CRUM, D i c t i o n a r y , 6 5 b z u e6iou>.
53 In seiner Edition der Predigt Schenutes bezeichnet Leipoldt das sahidische Fragment der Vita als Codex ,F': J. LEIPOLDT,Vita et Opera, 3 : 5 . Vgl. R . S . SIMPSON, Lives, 33. 56
J. LEIPOLDT, K r i e g s n o t , 5 3 .
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Der Vergleich mit den Schriften
Schenutes
Katalog nicht aufzuführen. Mit H i l f e der Predigt Schenutes lässt sich j e d o c h w e n i g s t e n s ein sinnvoller Halbsatz rekonstruieren, w i e Tabelle 17 zeigt, in der Unterschiede z w i s c h e n d e n T e x t e n durch Unterstreichungen h e r v o r g e h o b e n wurden. Tabelle
17: Vergleich the Lord
1 zwischen
Vita Sinuthii
und Continuing
Vita Sinuthii Continuing to Glorify the Lord (Leipoldt, Opera, 69,13f) Zeile (WVfrg. 3v i. 22-26)
to
Glorify
Übersetzung Leipoldt, Kriegsnot, 54
1
. . ] . . . cxtpq
caopq
Sieben
2
[nc\]eiii • ey-f
NC^em e y t
Ärzte behandelten
3 4
[n^2pe] eNSTtiitu
n a ^ p e SHSTUitDNe
ihre Kranken
5
[ne M]nNeHTxy [xtcojre
NPHTOY
6
und die, die Pfeilschüsse erhalten hatten,. . .
MNHSHT^YXICOTe
D i e z w e i t e Spalte v o n W V frg. 3 v ist besser erhalten und z e i g t eine größtenteils wörtliche Ü b e r e i n s t i m m u n g mit der Predigt Schenutes (s. Tabelle 18). Tabelle Zeile
18: Vergleich 2 zwischen the Lord Vita Sinuthii WVfrg. 3v ii. 16-28
Vita Sinuthii
Übersetzung
und Continuing
uieT^ioy N^ecThc
ipeTMoy NäßCTHC
150 Krüge
2
NN62 • n e nu?r
Öl war das Maß NN62ne nuji
3
NTSiHoycun-
des Essens,
eTNnice MMoq Nxy
das wir für sie kochten
6
MMHHN6 •
täglich.
7
euiiune oy^pujm n e
Wenn es Linsen eujcune oy^pujiNne waren,
8 9
MNTCMIKI HSpTOq
17 Artaben 57 ,
5
57
Glorify
Continuing to Glorify... Übers. (Leip., (Leipoldt, Opera, 70,3-7) Kriegsnot, 54)
1
4
to
HundertfUnfzig Becher
Öl war das Maß einer Mahlzeit NoysiHoyiüM e n c o n HNepooy THPOY jedesmal an allen Tagen. Man kochte e y n i c s Ni.y ihnen täglich, MMHHNe
oycon HHHTC>.u)qe NepToq
wenn es Linsen waren, einmal siebzehn Scheffel
Ein pToq entspricht einer ¿pTttßri (W.E. CRUM, Dictionary, 305b), einem Hohlmaß
f ü r G e t r e i d e , g e w ö h n l i c h 3 8 , 7 8 L i t e r ( R . S . B A G N A L L / B . W . FRIER, D e m o g r a p h y , 3 3 2 ) .
E 43 , Der Einfall der
Zeile
Vita Sinuthii
Übersetzung
WVfrg. 3v ii. 16-28
Continuing (Leipoldt,
10
197
Barbaren'
to Glorify...
Opera, 70,3-7)
c o n M N T ^ c e n e p T o q e i n m a l 16
c o n HMNTxee
NepToq
Artaben 12
X t u p i c XHOM
13
c j T o NTpip e Y T i u s o e i K V i e r Ö f e n
ohne uns.
buken Brot
(Leip., 54)
täglich,
MMHN6
11
Übers.
Kriegsnot,
einmal sechzehn Scheffel,
con
NpoYo
q T O HTpip 6YTU)Ä o e m
einmal mehr. Vier Öfen buken Brot
Folgende Unterschiede zwischen den Texten fallen auf: In Schenutes Predigt finden sich oftmals präzisere Angaben (Tabelle 1, Z. 4; Tabelle 2, Z. 4.8.10). Im hagiographischen Text steht an zwei Stellen die 1. Pers. PI. (Tabelle 2, Z. 5.12), während Schenute entweder unpersönlich (Tabelle 2, Z. 5) oder inhaltlich unterschiedlich formuliert (Tabelle 2, Z. 12)58. In einem Fall vertritt WV frg. 3 die grammatikalisch richtige und dem Standardsahidisch entsprechende Lesart (Tabelle 2, Z. 9)59. An der Episode E 43 zeigt sich, in welch unterschiedlicher Form ein historisches Ereignis aus dem Leben Schenutes in den hagiographischen Texten über Schenute erzählt werden kann. Die Befreiung von Kriegsgefangenen wird in den hagiographischen Texten als ein wundersamer Triumph Schenutes über die Barbaren und ihren König geschildert. Die Verwandlung eines Freikaufs von Gefangenen, wie es der nüchterne Bericht in Schenutes eigener Predigt darstellt, in ein Hilfswunder weist auf eine Entstehung der Episode in der mündlichen Überlieferung hin60. Dabei hat der sahidische Kodex FR gegenüber den anderen Versionen einige Details bewahrt, die sich in Schenutes Predigt finden und daher einen hohen historischen Wert haben. Der Bericht von der Versorgung der Flüchtlinge in der arabischen Version bzw. dessen Bruchstück im sahidischen Kodex WV ist größtenteils wörtlich aus Schenutes Predigt übernommen.
58 Der arabische Text formuliert im ersten Fall ebenfalls unpersönlich, im zweiten stimmt er mit WV frg. 3 überein; E. AMELINEAU, Monuments, 398, 5f. 59 Zu HHTCMUUE: Die Zehner werden i.d.R. im sahidischen mit MNT- formuliert, vgl. Tabelle 18, Z. 11: MHT^CS. MHT ist eine Nebenform. e p T o q ist maskulin, weshalb aus Gründen der Kongruenz auch die maskuline Form des Zahlwortes ( o \ t y q ) erforderlich ist. 60
V g l . F. LOTTER, E r k e n n t n i s s e , 3 3 0 - 3 3 5 .
198
Der Vergleich
mit den Schriften
Schenutes
3 E 66 ,Schenute vor dem Dux' In der Episode E 66 (,Schenute vor dem Dux'), die in FR 54-58 und in der arabischen Version überliefert ist61, wird berichtet, dass Schenute von den heidnischen Bewohnern von Pleueit ( n A e y e l T 6 2 ) und Panopolis vor einem heidnischen Dux (oyaoy3. N26AXHN63) in Antinoopolis verklagt wurde, da er ihre Tempel zerstört und ihre Götzenbilder verbrannt hatte, woraufhin Schenute vor den Dux zitiert wurde. Als der Dux Schenute in Antinoopolis einschüchtern wollte, wurde er - wie er es zuvor von Gott erfahren hatte über den Richterstuhl des Dux in die Luft erhoben. Die Menge reagierte auf dieses Wunder mit einer ,Heis-Theos'-Akklamation. Als Schenute nach einiger Zeit wieder auf den Boden herabgelassen wurde, trug ihn die Menge in eine Kirche, wo er die Anwesenden segnete. Nach seiner Rückkehr ins Kloster hielt Schenute eine Predigt gegen die Heiden und ihre Götzenbilder, die mit dem Psalmvers (Ps 17,14 LXX) begann: „Der Herr hat vom Himmel gedonnert, der Erhabene ließ seine Stimme erschallen."64 In FR wird ferner hervorgehoben, dass Schenute diese Episode in seinen Schriften (Plural!) selbst aufgeschrieben und - wenn auch nur kurz - mit seinem lügenlosen Mund bezeugt habe. Der Vergleich mit den Schriften Schenutes kann an drei Stellen einsetzen. Erstens ist nach der Predigt ,Der Herr hat vom Himmel gedonnert' zu fragen. Zweitens ist zu prüfen, in welchen Schriften Schenute von dem Ereignis in Antinoopolis berichtet und drittens stellt sich die Frage, ob etwas über die Ursache der Anklage, die Tempelzerstörungen von Pneueit und Panopolis und Verbrennung von Götzenbildern von Schenute selbst zu erfahren ist. In der Tat ist eine Predigt Schenutes überliefert, die mit Psalm 17,14 der Septuaginta beginnt, The Lord Thunderecf5. Die Überschrift des Werkes lautet: „Dieses sind die Worte, die Schenute in einer Predigt (K^HrHCic) gesagt hat, in den Tagen, als er von Antinoopolis gekommen war, zu der 61
Zu den Unterschieden zwischen den beiden Versionen s.o. S. 76. Vgl. zur Episode
J. H A H N , G e w a l t , 2 4 1 f. 62
FR 54 ii.22. Zu Pneueit bzw. Pleueit s. St. Timm, Ägypten Teil 4, 1 9 8 7 - 9 0 . FR 54 i i . l 7 f . . FR 57 ii.25 - Fr 58 i.5: x n x o e i c +2pc>YBàJ ëBO>. ¿ H t n e - ^ n n e T x o c e + NTeqÔMH. 65 J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 8 4 - 8 6 ; É. AMÉLINEAU, Œuvre, 1: 3 6 5 - 3 8 7 ; 2: 1 3 4 143; weitere Teile sind unveröffentlicht; s. ST. EMMEL, Corpus, 6 1 8 f . 8 0 6 - 8 0 8 . Der Anfang des Textes lautet (J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 85, Z. 4 - 5 ) : ^ n x o e i c t2POBB\I 63
64
SBOA. [JLUTNE, \YU> [ \ r i n © T ] x o c e F N T 6 Q [ C H H ] . V g l . ST. EMMEL, F r o m t h e O t h e r S i d e ,
112 Anm. 79. Zum Zusammenhang mit den hagiographischen Texten vgl. R.S. SIMPSON, Lives, 33. Vgl. ST. EMMEL, Corpus, 92.
E 66 ,Schenute
vor dem Dux'
199
Zeit, als die götzenverehrenden Priester die Christen anklagten und man sie dorthin zu der Aufstellung des Gouverneurs (2nr©McuN) brachte, an dem Tag, als sie ihren Tempel in Pneueit zerstört hatten." 66 Dies entspricht ungefähr der Rahmenerzählung von E 66, mit dem Unterschied, dass wohl nicht oder nicht allein Schenute, sondern Christen allgemein angeklagt worden waren und dies von Priestern, nicht von den Bewohnern von Panopolis und Pneueit 67 . In The Lord Thundere^ verweist Schenute zwar beiläufig auf der Zerstörung von Tempeln und Götzenbildern 69 sowie darauf, dass Christen vor Herrschern ( \ p x i o i i ) und Gouverneuren (2Hr©MiüN) angeklagt wurden 70 . Explizit erwähnt er jedoch weder die Tempelzerstörung von Pneueit oder Panopolis noch ein Gerichtsverfahren in Antinoopolis, jedenfalls nicht, soweit das Werk bisher veröffentlicht ist. Thema von The Lord Thundered ist allgemein das gottlose Treiben der ,Heiden und Häretiker' ( N a e x A h N M N N 2 \ i p e T i K o c 7 1 ) , was der Charakterisierung von The Lord Thundered in FR 57 als Rede gegen die Heiden und ihre Götzenbilder im großen und ganzen entspricht. Von einer Gerichtsverhandlung in Antinoopolis wird auch in einem bisher nicht zugeordneten Fragment von Schenute berichtet, indem Schenute erzählt, dass er zusammen mit Christen vor die Richter in Hermopolis (kopt. UIMOYM) und Antinoopolis gegangen war 72 . Die Christen waren von Priestern verklagt worden, weil sie den Tempel in ihrem Dorf, dessen Name nicht genannt wird, zerstört hatten. Dabei scheint es - wie in E 66 zu einer Massenversammlung gekommen zu sein, so dass Schenute sich gegen den Vorwurf wehren muss, einen Aufstand und tpTopTp) 73 angezettelt zu haben . Sowohl die Nennung von Christen allgemein als auch von Priestern erinnert an die Darstellung der Ereignisse in der Überschrift von The Lord Thundered, so dass vermutet werden kann, dass in
66
Übersetzung ST. EMMEL/I. Hinerasky. Sahidischer Text bei J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 84, Z. 2 7 - 8 5 , Z. 3 (Nr. 25: De idolis vici Pneueit I). 67 In E 67 (Der schändliche Priester) wird in der arabischen Version ebenfalls von einer Anklage gegen Schenute vor dem Gouverneur von Antinoopolis berichtet. Grund der Anklage ist die Tötung eines Priesters und einer Frau. Ankläger sind: „les évêques, les prêtres et les moines hérétiques", É. AMELINEAU, Monuments, 391. 8 Vgl. die Zusammenfassung des Werkes bei ST. EMMEL, Corpus, 614f. 69 É. AMELINEAU, Œuvres, 2: 135,12f. 70 É. AMELINEAU, Œuvres, 1: 366,13-367,1. 71 Vgl. z.B. É. AMELINEAU, Œuvres, 1: 366,6. 72 J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 91, Z. 16-24 (Nr. 28: De iniuriis Sinuthii). Das Fragment ist laut Emmel die Seiten 223/224 des Kodex D D aus dem ,Weißen Kloster', ST. EMMEL, Corpus, 917 vgl. 366.368. 73 Dies wird von J. VAN DER VLIET, Heidentum, 108, und ST. EMMEL, From the Other Side, 112 Anm. 78, unter Hinweis auf die kaiserliche Gesetzgebung von 399 gedeutet, der zufolge die Niederreißung von Tempel sine turba ac tumultu vorzunehmen sei (Cod. T h e o d . 16,10, 16 [ed. M o m m s e n 1905, 9 0 2 ] ) .
200
Der Vergleich mit den Schriften
Schenutes
dem Fragment ebenfalls auf die Tempelzerstörung in Pneueit verwiesen wird74. Aber, wie Emmel feststellt: „Just what happened in Pneueit is not clear"75. Leipoldt rekonstruierte den Vorfall in Pneueit anhand von Schenutes Werk Only I Teil Everyone Who Dwells in this Village76, in dem von Plünderungen von heidnischen Kultgegenständen in einem Dorf berichtet wird77. Diese Sichtweise Leipoldts, die allgemeine Akzeptanz gefunden hat78, wird von Emmel als pure Spekulation bewertet, da der Name des Dorfes, in dem die Unruhen stattfanden, nicht genannt wird79. Darüber hinaus ist Only I Teil Everyone Who Dwells in this Village und somit auch die Vorfalle, von denen die Schrift berichtet, aufgrund einer Erwähnung Kyrills auf dessen Amtszeit (412-444) datierbar . Emmel vermutet, dass der Tempel in Pneueit zeitgleich mit dem Tempel von Panopolis zerstört wurde81, was nicht lange nach der Zerstörung des Serapeum in 391 erfolgt sei82. Die drei Langversionen berichten in E 39/1 (,Die vergrabenen Zaubermittel'), dass Schenute in ein Dorf gegangen sei, um die dortigen Götzenbilder zu zerstören. In der bohairischen Fassung heißt das Dorf Pleueit ( n x e y i T ) , in äthiopischen Versionen wird dagegen die Stadt Assiut genannt, Amelineaus Angaben zur arabischen Fassung sind widersprüchlich83. Die Dorfbewohner versuchen, Schenute den Weg zu blockieren, indem sie Zaubertränke, so die bohairische Version, bzw. Zauberbücher, so die arabische und äthiopische Versionen, vergraben. Die Zaubermittel werden von dem Esel, auf dem Schenute reitet, ausgegraben, woraufhin sie Schenute um den Hals seines Dieners hängt. Als die Bewohner des Dorfes dies sehen, fliehen sie und Schenute kann die Götzenbilder in ihrem Tempel ungehindert zerstören. Allein in der arabischen Fassung wird von Tempelzerstörungen berichtet. Laut FR 54f haben jedoch nicht nur die Bewohner von Pneueit, sondern auch die von Panopolis Schenute wegen Tempelzerstörungen und der OA
74 75 76 77
78
Vgl. J. VAN DER VLIET, Heidentum, 108. ST. EMMEL, From the Other Side, 112 Anm. 79.. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 8 6 - 9 0 (Nr. 26: De idolis vici Pneueit II). J. LEIPOLDT, S c h e n u t e ,
179.
Vgl. z.B. jüngst J. VAN DER VLIET, Heidentum, 107 Anm. 41. 79 ST. EMMEL, Corpus, 681; vgl. ders., From the Other Side, 112 Anm. 79. 80 Vgl. in letzter Zeit H. BEHLMER, Schenute, LXV Anm. 190; J. HAHN, Gewalt, 255. 81 ST. EMMEL, From the Other Side, 112 Anm. 79. 82 ST. EMMEL, From the Other Side, 113; vgl. H. BEHLMER, Schenute, LXVI. Anders J. VAN DER VLIET, Heidentum, 103. 83 Amélineau übersetzt Baniout, was Pneueit entspricht, vermerkt aber in einer Fußnote: „On serait tenté de lire [...] Assiout, mais il ne s'agit pas de cette ville", É. AMELINEAU, Monuments, 385 Anm. 2. Warum Amélineau Assiout lesen will, ist dem von ihm veröffentlichten Text nicht zu entnehmen.
Zusammenfassung
und
Interpretation
201
Verbrennung von Götzenbildern (TACUXOII84) verklagt. Die Zerstörung eines Tempels in Panopolis wird in Schenutes Schriften - mit dem üblichen Vorbehalt - nicht erwähnt. In einer nur in der arabischen Version überlieferten Episode wird die Zerstörung eines Tempels in Panopolis Athanasius zugeschrieben (E 1/2), was laut Vliet historisch nicht sehr wahrscheinlich ist 5 . In E 64 wird ausführlich die Zerstörung einer Statue ( n e T o y c ü T ) und die damit verbundene Austreibung eines Dämons auf dem Marktplatz von Panopolis berichtet86. Wie im Abschnitt über die Auseinandersetzung mit Gessius ausführlich dargestellt, hat Schenute laut eigenen Angaben mindestens einmal Götzenbilder aus dem Haus des Gessius in Panopolis entwendet und ist deswegen mit der Bevölkerung von Panopolis in Konflikt geraten87. Viele Angaben der Rahmenerzählung von E 66 werden durch Schenutes Schriften bestätigt. So ist die Schrift The Lord Thundered überliefert, die ihrer Überschrift zufolge nach dem Zwischenfall in Antinoopolis von Schenute gehalten wurde. Von einer Gerichtsverhandlung in Antinoopolis wegen Tempelzerstörungen, bei der es zu Massendemonstrationen gekommen sei, berichtet Schenute in einem weiteren Fragment. Im Unterschied zu E 66 werden jedoch sowohl in diesem Fragment als auch in der Überschrift zu The Lord Thundered allgemein Christen als Angeklagte genannt und Priester als Kläger. Von dem Leviationswunder, dass sich laut E 66 in Antinoopolis zugetragen hat und von dem Schenute in seinen eigenen Schriften berichtet haben soll, erfahren wir von Schenute selbst nichts. Was genau sich in Pneueit (und Panopolis) zugetragen hat, ist aus Schenutes Schriften nicht zu rekonstruieren, aber dass in diesem Ort zumindest Kultgegenstände unter Mitwirkung von Schenute zerstört worden sind, ist auch aufgrund der Parallelüberlieferung von E 39/1 als sehr wahrscheinlich anzusehen.
4 Zusammenfassung und Interpretation Die Untersuchungen haben die Beobachtungen von Amelineau, Ladeuze, Leipoldt u.a. bestätigt, dass einige - exemplarisch ausgewählte - Ereignisse sowohl in Schenutes eigenen Werken als auch in den hagiographischen Schriften über ihn berichtet werden. Dabei konnte eine unterschiedlich große Übereinstimmung in der Darstellung der Ereignisse festgestellt 84
FR 55 i.3. J. VAN DER VLIET, Heidentum, 102 Anm. 11, der weitere Quellen nennt. 86 Vgl. bereits J. LEIPOLDT, Schenute, 181. Vliet vermutet, dass es sich um die Statue des Gottes Pan handelt, Heidentum, 102. 87 Vgl. MONB.ZJ 2 7 - 2 8 . 85
202
Der Vergleich
mit den Schriften
Schenutes
werden. Während in E 43/2 wörtlich aus einer Predigt Schenutes zitiert wird - ohne dass dieses Zitat als solches gekennzeichnet wird - und die Verfluchung des Gessius aus E 42 eine sehr nahe Parallele in einem Ausspruch Schenutes hat, konnten für E 38, E 40, E 43/1 und E 66 die Umstände der Wunder im großen und ganzen durch Schenute selbst bestätigt, für die berichteten Wunder dagegen keine Parallelen gefunden werden. E 57 nimmt eine Zwischenposition ein, da zwar keine literarische Abhängigkeit der Episode zu einer Schrift Schenutes nachgewiesen werden konnte, aber sowohl der Rahmen als auch Teile des Wunders selbst von Schenute berichtet werden. Zu diesen Beobachtungen stellt sich zum einen die Frage, was diese Ergebnisse für die Bestimmung des historischen Wertes der Vita Sinuithii bedeuten. Zum anderen ist nach dem Entstehungszusammenhang der Vita Sinuthii mit dem Corpus Sinuthii zu fragen. Friedrich Lotter stellte in seiner Untersuchung zur Gewinnung historischer Erkenntnisse aus hagiographischen Quellen eine „Gesetzmäßigkeit der Legendenbildung" 88 fest. Danach liegt Wunderepisoden zwar größtenteils historische Geschehen zugrunde, das jedoch „im Munde verschiedener Berichterstatter oft schon zu Lebzeiten des Heiligen in der hagiographischen Perspektive' der der Epoche geläufigen Heiligkeitsvorstellungen gedeutet, umgeformt und unter Auslassung individueller und Hinzufügung typischer Züge allmählich gewissen Grundtypen [...] angeglichen" werde89. Daraus folgt für Lotter, dass „der historische Aussagewert einer Wundererzählung [...] nicht so sehr in dem Ereignis an sich, sondern in der Beschreibung von Situation und Umständen" liegt90. Der Vergleich der hagiographischen Schriften über Schenute mit seinen eigenen Werken hat für die Episoden E 43/2, E 57, die Verfluchung des Gessius in E 42 und für Teile von E 66 das Diktum Vliets, dass „die VitaTradition systematisch aus den eigenen Werken Schenutes geschöpft" 91 hat, bestätigt. Ferner wurde in Übereinstimmung mit der These Lotters für diejenigen Episoden, die nicht in direkter literarischer Abhängigkeit einer Schrift Schenutes stehen, gezeigt, dass die Darstellung von Personen und Ereignissen in den hagiographischen Texten zu Typisierungen neigt, wie z.B. bei der Charakterisierung von Gessius, und dass die Rahmenhandlungen, in denen die Umstände geschildert werden, weitgehend von Schenute selbst bestätigt wurden. Diese Episoden weisen damit die Charakteristika einer mündlichen Überlieferung auf 92 . Eine mündliche Tradition in 88 89 90 91 92
F. LOTTER, Erkenntnisse, 331. F. LOTTER, Erkenntnisse, 332f. F. LOTTER, E r k e n n t n i s s e , 3 3 6 . J. VAN DER VLIET, H e i d e n t u m , 1 0 2 A n m . 16. V g l . F. LOTTER, E r k e n n t n i s s e , 3 3 0 .
Zusammenfassung
und
Interpretation
203
bezug auf Schenute wird in einer syrische Handschrift bezeugt93. Darin treffen sich Paphnutius und Dioskur in Gangra. Dioskur erzählt von den Taten Kyrills von Alexandria und Paphnutius von Schenutes Jugend, seinen Studien und seine Wolkenreise nach Konstantinopel. Darüber hinaus wird vermutlich das Verlesen der Schriften Schenutes im Gottesdienst sowie die ständige Beschäftigung der Klostermitglieder mit den Anweisungen in seinen Briefen 94 mündliche Überlieferungen initiiert haben. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass zwischen den hagiographischen Schriften über Schenute und Schenutes eigenen Werken vielfaltige Entstehungszusammenhänge gibt. Die Frage nach dem historischen Wert derjenigen Informationen in den hagiographischen Schriften, die entweder aus Schenutes Schriften direkt übernommen wurden oder von ihnen bestätigt werden, scheint dagegen leichter zu beantworten zu sein, und zwar dahingehend, dass dieser sehr hoch sei. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Zwei Wunder werden auch von Schenute berichtet: Die Versorgung der Kriegsgefangenen und das Öffnen der Türen beim Eindringen in Gessius' Haus. In beiden Fällen muss Schenute sich selbst gegen das Misstrauen seiner Zeitgenossen zur Wehr setzten. In bezug auf die Versorgung der Flüchtlinge scheint Schenute vorgeworfen worden zu sein, dass sein Kloster nicht so mittellos gewesen sei, wie es die Nachfolge Christi gebietet, da es sonst nicht so viele Menschen hätte ernähren können. Schenute rechtfertigt dies mit dem Verweis auf die Speisungswunder im Alten und Neuen Testament. Im zweiten Fall betont Schenute gegenüber dem Vorwurf, das Hauspersonal habe ihn in das Haus des Gessius gelassen, dass die fest verschlossenen Türen aus den Angeln gefallen seien, als er sie berührte95. Ob die Einwohner von Panopolis Schenutes Deutung der Wirklichkeit geglaubt haben, sei dahingestellt. In beiden Fällen wird das Ereignis an sich, nämlich der Einbruch in Gessius' Haus und die Aufnahme von Flüchtlingen, von Schenutes Zeitgenossen nicht angezweifelt, so dass auch bei diesen Wundern der historische Kern zumindest in der Rahmenhandlung zu finden ist. Ob darüber hinaus die Angaben Schenutes in bezug auf die Nahrung der Flüchtlinge etc. historisch ptausibel sind, wäre eine weitere Untersuchung wert. Die These Leipoldts, dass den hagiographischen Texten über Schenute „kein hoher geschichtlicher Wert zukommt" 96 , hat sich - zumindest für die in diesem Kapitel untersuchten Episoden - nicht bestätigt. Nicht nur, weil 93
F. NAU, Histoire, 298f. Vgl. F. NAU, Version syriaque, 363. ST. EMMEL, Corpus, 607: „Shenoute worte the letters that make up the Canons with the intention that as a set of .rules' they should be read again and again by the members of his community". 95 MONB.ZJ 27:i.l0-28:i.4. 94
96
J. LEIPOLDT, S c h e n u t e , 13.
204
Der Vergleich mit den Schriften
Schenutes
sich viele ihrer Angaben durch Schenute selbst belegen lassen, sondern auch, weil sie Informationen bewahrt haben, die über das, was in Schenutes eigenen Schriften berichtet wird, hinausgeht, wie z.B. der Name des ,Heiden' aus Panopolis, Gessius. Die der arabischen Version nahestehende Überlieferungsschicht sowie der sahidische Kodex FR scheinen dabei besonders viele historische Informationen bewahrt haben, wie E 43/3 und E 66 zeigen. Die Frage, ob sich diese Ergebnisse auf die übrigen Episoden übertragen lassen, bedarf weiterer Untersuchungen. Anknüpfungspunkte für weitere Analysen könnten sein, dass sich das Zitat aus Schenutes Predigt in E 43/2 durch seine detaillierte Aufzählung stilistisch deutlich von den übrigen Wundererzählungen unterscheidet. Die Verfluchung des Gessius in E 42, die sich auch bei Schenute findet, könnte daraufhinweisen, dass Überlieferungen, die als Aussprüche Schenutes gekennzeichnet und nicht in eine Wunderepisode eingebettet sind, die ipsissima vox Sinuthii bewahrt haben. Der historische Wert der Texte ist jedoch nicht zu unterschätzen, auch wenn sie sich nicht länger auf Besa als Zeitzeugen zurückführen lassen.
Kapitel 6
Die Vita Sinuthii als ,Living Literature' Bisher wurde in der Forschung in Übereinstimmung mit der koptischen Tradition davon ausgegangen, dass Besa während seiner Amtszeit als Vorsteher des sog. Weißen Klosters eine Biographie Schenutes, die Vita Sinuthii, auf Sahidisch verfasste. Dieser sahidische Urtext sei durch Zusätze bzw. Kürzungen verändert worden, was zur Entstehung der verschiedenen Versionen führte. Dieses einfache Entstehungsmodell hat sich im Rahmen dieser Arbeit als unhaltbar erwiesen. So konnte durch die Untersuchung von vier sahidischen Kodizes aus Schenutes Kloster sowie durch den Vergleich der sahidischen Fragmente mit den Langversionen aufgezeigt werden, dass es eine weitaus größere Zahl von Versionen der sog. Vita Sinuthii gibt bzw. gegeben hat, als bisher angenommen, von denen keine als Urtext bestimmt werden kann. Einige dieser Versionen, wie die sahidischen Kodizes FR und WX, aber auch das Fragment GB-BM EA 10820, unterscheiden sich dabei in den aufgeführten Episoden und ihrem Wortlaut deutlich von den Langversionen. Im Unterschied zu den Langversionen, in deren Überschriften und Einleitungen Besa als Verfasser genannt wird, findet sich in FR und WX keinerlei Hinweis darauf, dass Besa der Autor des Textes ist. Besa wird in keiner Episode von FR und WX erwähnt, nicht einmal im Bericht von Schenutes Tod, in dem er in den Langversionen eine zentrale Rolle einnimmt. Darüber hinaus gibt der Sprecher von FR und WX nicht vor, Augenzeuge der Wunder Schenutes oder dessen Zeitgenosse gewesen zu sein, sondern ist vielmehr bemüht, Zeugen zu benennen. Die systematische Untersuchung der Langversionen und den ihnen nahestehenden sahidischen Fragmente führte ferner zu dem Ergebnis, dass auch diese nicht von Besa verfasst wurden. Es muss also davon ausgegangen werden, dass Besa nicht nur nicht der Verfasser des Textes ist, der sich in den Handschriften FR und WX findet, sondern auch nicht der Autor der übrigen Texte der sog. Vita Sinuthii. Dieses Ergebnis wird durch die Existenz eines Predigtfragmentes aus Schenutes Kloster, dass dem Patriarchen Benjamin I. zugeschrieben wird, gestützt, da dieses Fragment aus einer Episode berichtet, die ebenfalls in den Langversionen erzählt wird. In den Langversionen wird jedoch durch die Überschriften und Einleitungen, aber auch durch das Eintragen Besas in einzelne Episoden der Anschein erweckt, dass Besa der Autor der Texte sei. In Schenutes Kloster wurde
206
Die Vita Sinuthii als ,Living
Literature'
demnach dieselbe Episode unterschiedlichen Verfassern, Besa und Benjamin I., zugeschrieben. Die Gattung der sog. Vita Sinuthii wurde mit dem Ergebnis untersucht, dass es sich bei ihr um eine für die christliche Hagiographie typische Mischung aus biographischen, enkomiastischen und paränetischen Elementen handelt. Es konnte aber auch gezeigt werden, dass die Langversionen durch ihre Rahmungen und die sahidischen Kodizes FR und WX durch die Einleitungen ihrer Episoden als Reden gestaltet sind. Als Reden haben die Langversionen ihren Einleitungen zufolge einen bestimmten Sitz im Leben, dem Gottesdienst am Gedenktag Schenutes. Sie wurden liturgisch verwendet, wie auch liturgische Randbemerkungen in einigen Handschriften der Vita Sinuthii zeigen. Darüber hinaus wurde die Vita Sinuthii mit Fragmenten von Lobreden auf Schenute verglichen mit dem Ergebnis, dass sie sich formal und inhaltlich zumeist deutlich unterscheiden. In einem Fragment (GB-BL Or. 3581A f. 190) werden jedoch Begebenheiten aus Schenutes Leben berichtet, die sich auch in den Texten der Vita Sinuthii finden, in letzteren jedoch weitaus ausführlicher und ausgeschmückter. Ferner finden sich z.B. mehrere, sich mehr oder weniger unterscheidende Brotwunder sowohl in den Langversionen (E 19.69/2.77) als auch in GB-BM EA 71005. Ereignisse und Episoden aus Schenutes Leben wurden demnach vielfach in Schenutes Kloster und darüber hinaus überliefert, ohne dass sich eine Ursprungsbeziehung für diese Überlieferungen nachweisen lässt. Außerdem wurde die Beziehung zwischen der Vita Sinuthii und den Schriften Schenutes exemplarisch anhand einiger Episoden untersucht. Zwischen den Schriften Schenutes und der Vita Sinuthii besteht eine Vielzahl von Verbindungen, die von einer literarischen Abhängigkeit bis zu einer losen Übereinstimmung in der Rahmenerzählung und der Motivik reichen. Es konnten ferner Hinweise auf eine mündlicher Überlieferung von Episoden gefunden werden. Die Texte der sog. Vita Sinuthii sind demnach als Überreste einer breiten mündlichen und schriftlichen Überlieferungstradition über Schenutes Leben zu verstehen. Die schriftliche Neufassung oder Bearbeitung von Texten, wie sie in den Langversionen erfolgte, setzt voraus, dass eine Veränderung dieser Texte als legitim angesehen wurde, was jedoch bei weitem nicht für alle antiken Texte galt. Bradshaw unterscheidet daher zwischen literarischen' und , liturgischen' Texten. Literarische Manuskripte wurden mit dem Ziel abgeschrieben, „to preserve antiquity and make an accurate reproduction of the original."1 Liturgische Texte, die zur „living literature" gehören, waren dagegen ständigen Überarbeitungen und Neuschreibungen ausgesetzt, mit denen veränderten historischen und 1
Zu folgendem s. P.F. BRADSHAW, Origins, 5.
Die Vita Sinuthii als , Living
Literature'
207
kulturellen Umständen Rechnung getragen wurde. Liturgische Texte zeichnen sich daher durch folgende Charakteristika aus: „The existence of multiple recensions, sometimes exhibiting quantatitive differences (i.e. longer and shorter versions) and sometimes qualitative differences (i.e. various ways of saying the same thing, often with no clear reflection of a single Urtext) and sometimes both." 2 Dementsprechend ist es besonders schwierig, liturgische Texte auf einen Urtext zurückzuführen. Andererseits erhalten die verschiedenen Versionen von liturgischen Texten ein großen Eigenwert, da sie nicht als willkürliche Fehler, sondern als bewusste Bearbeitung zu verstehen sind, die wertvolle Informationen über ihre Entstehungssituation enthalten3. Diese Charakterisierung trifft sehr gut auf die Texte der Vita Sinuthii zu, da sie durch ihren Sitz im Leben in einem Gedenkgottesdienst liturgische Texte sind und in verschiedenen Versionen überliefert sind. Für die Vita Sinuthii wird folgendes Entstehungsmodell vorgeschlagen: Entsprechend der koptischen Tradition wurden jedes Jahr an Schenutes Todestag in seinem Kloster Lobreden auf ihn gehalten. Es kann davon ausgegangen werden, dass Besa als Nachfolger Schenutes an diesem Gedenktag über Schenute gepredigt hat, wobei mit IT-NB IB7 f. 1 vermutlich der Beginn einer solchen Predigt überliefert ist. Zumindest einige dieser Gedenkreden über Schenute wurden in der Klosterbibliothek aufbewahrt, abgeschrieben, aber auch überarbeitet. Denn die Schreiber beschränkten sich oftmals nicht auf das bloße Kopieren von Kodizes, sondern sie arbeiteten sie um, „creating new texts from pieces of existing ones."4 Bei den Lobreden auf Schenute scheint derjenige Teil, der das Leben und die wunderbaren Taten Schenutes betraf, vergrößert worden zu sein, indem Episoden ausgeweitet oder neue Episoden, die z.B. aus der mündlichen Tradition oder aus Schenutes eigenen Schriften bekannt waren, eingefügt wurden. Im Rahmen dieser Überarbeitungen wurden diejenigen Teile der Texte, die auf die Redesituation hinwiesen, wie z.B. die ausführlichen Einleitungen zu einzelnen Episoden, verschliffen. Diese Überarbeitungen dienten vermutlich auch einem praktischen Zweck, den Kuhn mit Bezug auf eine Lobrede auf Johannes den Täufer (und den Band, aus dem die Lobrede stammt), der dem Patriarchen Theodosius (535-566) zugeschrieben wird, folgendermaßen beschreibt: „Is it not possible that books of homilies were compiled for certain occasions, in this case for the commemoration day of John the Baptist? Any preacher, or any copying scribe, would be at liberty to select from the material assembled there, and thus to produce a refashioned sermon suitable in length and character for his 2 3 4
P.F. BRADSHAW, Origins, 5. P.F. BRADSHAW, Origins, 9 I f . T. ORLANDI, Library, 220.
208
Die Vita Sinuthii als ,Living Literature '
particular public." 5 Die Texte der Handschriften FR und WX, die noch individuelle Episodenanfange bewahrt haben, sind frühe Zeugnisse dieser Entwicklung zu Materialsammlungen. Die Langversionen stehen dagegen am Ende dieser Entwicklung, wie ihr überdimensional großer Hauptteil, der die Wundertaten Schenutes enthält, und die formelhaften Einleitungen zu den einzelnen Episoden zeigen. Es stellt sich die Frage, wie die unterschiedlichen Längen der Langversionen zu erklären sind. Dabei sind drei Erklärungsmodelle, wie bereits ausführlich begründet, denkbar6. Das erste Modell geht davon aus, dass eine Vorlage mit dem kurzen Umfang der bohairischen Version in zwei Etappen auf die Länge der arabischen Fassung gewachsen ist, dem zweiten Modell zufolge ist eine Vorlage vom Umfang der arabischen Fassung in mehreren Schritten gekürzt worden und das dritte geht von einer mittelgroßen Sammlung vom Umfang der äthiopischen Fassung aus, die sowohl verlängert als auch verkürzt wurde. Diese Frage nach der Redaktionsgeschichte der Langversionen bzw. ihrer sahidischen Vorlagen kann nur unter Vorbehalten beantwortet werden, da die den Langversionen nahestehenden sahidischen Fassungen nur als Fragmente erhalten sind und es noch keine verlässlichen Editionen der arabischen Handschriften der sog. Vita Sinuthii gibt. Letzteres ist besonders gravierend, da in dieser Arbeit die These vertreten wird, dass in Schenutes Kloster zuerst eine Materialsammlung vom Umfang der arabischen Version entstand. Ziel des Schreibers bzw. Redaktors scheint gewesen zu sein, alles zusammenzustellen, was über Schenute und das Klosterleben zu Schenutes Zeit bekannt war. Dafür schöpfte er aus vielen Quellen. Dem Redaktor lagen u.a. eine Version des Panegyrikos auf Makarius von Tköou vor, ferner eine Version der Zwei-Wege-Lehre, Schriften Schenutes, Lobreden auf Schenute, vermutlich auch GB-BL Or. 3581A f. 190 oder eine Vorlage davon, da er aus diese Lobrede wörtlich zitiert, und eine Fassung des Textes, der heute von den Kodizes FR und WX repräsentiert wird. Darüber hinaus schuf dieser Redaktor die Proömien und die Zusammenfassung vor dem Tod Schenutes (E 79). Die dabei deutlich werdenden Übereinstimmungen mit Empfehlungen antiker Rhetoriker zeigen, dass er über eine gute rhetorische Bildung verfügt haben muss. Dies entspricht der Vermutung Orlandis, dass in der Bibliothek des Klosters Schenutes ein hoher Bildungsstandard gepflegt wurde7. Durch die Proömien wurden die Texte mit dem Namen Besas verbunden, vermutlich da Besa als Nachfolger Schenutes als ein besonderer Garanten der Überlieferung galt. Darüber hinaus wurde Besa in der einen oder anderen Episode aus Schenutes Leben namentlich erwähnt und 5 6 7
K.H. KUHN, John the Baptist, XVIII. Vgl. M VAN UYTFANGHE, L'hagiographie, 60. S.o. S. 114f. T. ORLANDI, Library, 224.
Die Vita Sinuthii als ,Living
Literature'
209
es wurde zumindest eine weitere Lobrede auf Schenute, die Besa an dessen Gedenktag gehalten haben soll, in Schenutes Kloster überliefert (IT-NB IB7 f. 1). Von dieser langen Version sind auf Sahidisch drei Repräsentanten erhalten: Kodex WV und GB-BL Or. 3581B f. 72, die aus Schenutes Kloster stammen, und VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7, das sicher nicht in diesem Kloster hergestellt wurde. Da diese Texte nur in bruchstückhafter Form bewahrt wurden, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob sie alle Episoden der arabischen Version enthielten. Dies ist jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, da die Fragmente viele Episoden enthalten, die nicht in den anderen Langversionen überliefert sind, die Übereinstimmung im Wortlaut mit der arabischen Version in eben diesen Episoden besonders hoch ist und die Seitenzählung von Kodex WV den Rückschluss zulässt, dass der Kodex zumindest am Anfang den Umfang der arabischen Version hatte. Wird also davon ausgegangen, dass diese Materialsammlung alle Episoden der arabischen Version und somit auch die Voraussage des Arabereinfalls und die folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen enthielt, ist ihre Entstehung auf das Ende des siebten Jahrhunderts zu datieren8. Schenute wird in dieser Version als durchsetzungsfahiger, zugleich aber auch barmherziger Klostervorsteher geschildert. Schenute steht in Konflikt mit dem lokalen Klerus, er ist selbstbewusst gegenüber den Patriarchen von Alexandria und kämpferisch gegen Heiden und Häretiker. Seinen Mönchen und Menschen, die ihn um Hilfe bitten, steht Schenute mit größtem Einsatz bei. Darüber hinaus wird Schenute implizit als Gründer des sog. Weißen Kloster dargestellt. Der eigentliche Gründer des Klosters, Pcol, erscheint lediglich als Eremit und verbindet Schenute mit der Tradition der Wüstenväter9. Der Bau der Kirche durch Schenute ist eine ganze Episode gewidmet. Schenutes Kloster wird als ein vom Heiland gesegneter Ort dargestellt und mit Jerusalem gleichgesetzt. Das Werk des Redaktors ist somit auch Ausdruck des Selbstbewusstseins von Schenutes Kloster. Diese lange Version wurde schon in Schenutes Kloster gekürzt, wie der Kodex WU zeigt, der viele Auslassungen gegenüber der langen Version aufweist. Weitere gekürzte Fassungen, die sich auch in der Aussageintention von der langen Version unterscheiden, liegen mit der äthiopischen und der bohairischen Version vor. Diese Versionen sind für ein breites Publikum, das nicht auf Schenutes Kloster beschränkt ist, bestimmt, was neben ihrem Dialekt bzw. ihrer Sprache - daran zu erkennen ist, dass Details über das Klosterleben wegelassen und diejenigen Züge Schenutes, die außerhalb seinen Kloster als anmaßend empfunden werden konnten, 8
É . AMELINEAU, M o n u m e n t s , L V I I I . V g l . J. LEIPOLDT, S c h e n u t e , 1 4 .
9
V g l . R . S . SIMPSON, L i v e s , 1 3 .
210
Die Vita Sinuthii als ,Living
Literature'
zurückgenommen wurden. Das allgemein Erbauliche der Episoden aus Schenutes Leben tritt gegenüber dem Speziellem, das eine identitätsstiftende Funktion für Schenutes Kloster hatte, in den Vordergrund, insbesondere nachdem die Texte die Klostermauern verlassen haben. Damit wird Amélineaus These gestützt, nach der die bohairische Version als eine gegenüber ihrer Vorlage gekürzte Fassung sei, in die das Erbauliche übernommen wurde, die historischen Informationen aber ausgelassen wurden10. Die sog. Vita Sinuthii ist demnach als Vergewisserung der eigenen Wurzeln zu verstehen, zuerst für Schenutes Kloster, später dann für die plebs coptica. Neben dem liturgischen Sitz im Leben ergibt sich somit für die Vita Sinuthii ein weiterer Sitz. Ihr Nutzen lag nicht allein darin, dass sie zur Erbauung und Identitätsstiftung vorgelesen und gehört werden konnte, sie konnte auch als ein Nachschlagewerk benutzt werden, das Informationen über Schenute und sein Kloster, aber auch über die Blütezeit der koptischen Kirche bewahrt hat. Neben der inhaltlichen Argumentation spricht für das Entstehungsmodell der mehrfachen Verkürzung, dass mit den anderen Modellen nicht erklärt werden kann, warum in Schenutes Kloster eine Materialsammlung entstand, die nicht alle Episoden der älteren Überlieferung, die von den Kodizes FR und WX repräsentiert wird, enthielt. Denn weder die äthiopische noch die bohairische Version enthalten alle Episoden aus FR und WX. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass es bei weitaus mehr verschiedenen Versionen der sog. Vita Sinuthii gibt als bisher angenommen. Dies wurde durch die Zuordnung der meisten sahidischen Fragmente zu Kodizes, die je verschiedenen Versionen repräsentieren, deutlich. Darüber hinaus hatte schon Colin darauf hingewiesen, dass die äthiopische Version zwar aus dem Arabischen übersetzt sei, diese arabische Vorlage aber nicht die von Amélineau edierte arabische Version war. Es gab daher mindestens zwei verschiedenen arabische Versionen und es ist sehr wahrscheinlich, dass die unveröffentlichten arabischen Texte der Vita Sinuthii weitere Versionen vertreten. Die bekannten Versionen sind daher nur als zufallige Auswahl anzusehen. Daher wird in dieser Arbeit auf den Versuch, ein Stemma der verschiedenen Versionen der Vita Sinuthii zu zeichnen, verzichtet. Im Ergebnis wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass die sog. Vita Sinuthii nicht länger als eine Biographie Schenutes angesehen werden kann, die von seinem Nachfolger Besa verfasst wurde und sich dementsprechend auf einen Urtext zurückführen lässt. Vielmehr markieren die uns bekannten Texte verschiedene Zweige der Entwicklung der Texte von Lobreden, die an Schenutes Gedenktag gehalten wurden, zu Sammlungen von Episoden
10
É. AMELINEAU, Monuments, Xlf.
Die Vita Sinuthii als , Living
Literature'
211
aus Schenutes Leben, die erst zu einem späteren Zeitpunkt Besa zugeschrieben wurden, um ihnen größtmögliche Autorität zu verleihen.
Literaturverzeichnis Die folgenden sahidischen Texte, von denen einige unveröffentlicht sind, werden nach der Transskriptionen bzw. Kollationen zitiert, die die Verf.in selbst angefertigt hat. Fragmente aus dem Koptischen Museum in Kairo und der Biblioteca Nazionale in Neapel wurde von St. Emmel transskribiert bzw. kollationiert. Kodex FR Kodex WU Kodex WV (s. auch im Anhang dieser Arbeit) Kodex WX GB-BL Or. 3581B f. 72 GB-BL Or. 3581Af. 190 GB-BM EA 10820 FR-BN copte 1315 f. 12 IT-NB IB2 ff. 8-12 VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2 - 7 (s. auch im Anhang dieser Arbeit) Die Literatur wird mit Kurztiteln zitiert. Die verwendeten Abkürzungen richten sich nach: Schwertner, S., Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin/New York 2 1994. ABBADIE, A. D', Catalogue raisonné de manuscrits éthiopiens, Paris 1859. AMELINEAU, É., La géographie de l'Égypte à l'époque copte, Paris 1893 (= Osnabrück 1973). DERS., Les moines égyptiens. Vie de Schnoudi, AMG, Bibliothèque de vulgarisation, Paris 1889. DERS., Monuments pour servir à l'histoire de l'Égypte chrétienne aux IV e et V e siècle, MMAF 4, Paris 1888-95. DERS., Œuvres de Schenoudi. Texte copte et traduction française, 2 Bände, Paris 19071914. ASSEMANI, G.S., Bibliotheca orientalis Clementino-Vaticana ..., Vol. 1, Rom 1719. ATIYA, A.S., Art. Synaxarion, copto-arabic / List of Saints, in: Coptic Encyclopedia, Vol. 7, New York/Toronto u.a. 1991, 2173-2190. BAGNALL, R.S./FRIER, B.W., The Demography of Roman Egypt, Cambridge Studies in Population, and Society in Past Times 23, Cambridge 1994. BARNS, J., Shenute as a Historical Source, in: Actes du X e congrès international de papyrologues, Varsovie-Cracovie 3 - 9 Septembre 1961, ed. by J. Wolski, Wroclaw/Varsovie/Cracovie 1964, 151-159.
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Anhang 1
VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 (Sahidischer Text) VA-VBorg. Copt. 134f. 2r = S. 29A Transkribiert im Vatikan von Stephen Emmel, Juni 2002. Kollationiert im Vatikan von Stephen Emmel und Nina Lubomierski, April 2003.
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222
Anhang 1
VA-VBorg. Copt. 134f. 2v = S. 30 vacai
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1
2
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24
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26
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27
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27
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28
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28
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29
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29
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30
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30
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31
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31
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19
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32
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32
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33
34
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34
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CP^POI-
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VA-V Borg. Copi. 134 f f . 2-7 (Sahidischer Text) VA-VBorg.
Copi.
134 f . 3v (sic)
= S.
30A vacai
vacai
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
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223
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
n\q xeeicii NOS NpiOMS MOYT6 époK- qNikOYU>q)B 2cocoq N'qxooc • - xe^XH-e-toc + pxp'ià. nxì' Mneqó moy' xoinoN ^qBcuK NSi'nenp^r Mà.TeYTHC- ^q2© © poc NTa^q x o o c N^q- ^ytcu OYN MnecM^Y' ^Y®' cp^n^eicuT • ^Yft pocKYiiei MMoq• ^nAì'KàJoc cp^xe MMneNT\qcYxx nriH ì • xen^cpiipe t NNecKhye Mneì pcoMe N^q- H©Kf oce nx^y- nexe iipcuM© Ni.q- x e i . NOK ^N neNTaJqiTOY • nexen^eìcuT N^q XefNO'l 20>C0T M naJ nà.a}Hpe- n e xencoN xekcp^N T^pKeiipcoMe NM X©HNSqT\MeXàAY nTHpq-qN\2© è MeqeìAoc ©yoyox ^nxeì'cuT a© Tpeii PIOM© cupK Nivq xeNtM^OYeN2' kx'ic
224
Anhang 1
VA-VBorg. Copt. 134 f. 3r (sic) = S. 31 vacai 1
MN2TOB ©BOX QJÀ.
2 3 4 5 6
n©200Y Hn^Moy à.ycu NTSYNoy • xifqeriM^-eTe
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8 9 10 11
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12
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14
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15
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22
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23
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24
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25
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26 27
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28
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29
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30 31
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32
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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
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nexeiipcoM© N^q xen©NTà.KK© x e y è MMoqè>à>q eip^cpe • ^yw ^ q e i ©BOX 2'ÌTOOTq
à.qBCUK" i^Ytü NT©YMOY ' N Tà^qBlUK ép^KOT©NTSYNOY NTa^q TCÜKM 2P^I 2HIÌ x o ' r ^q2© ©npcuM© ©T©p©T©Tp^nez^ N2^T NTOOTq ©CCM2 2NTeCM[HTe] N6ìlÌpà.M Hn©N ©Ì'CUT MlìpOh THC • è^Yio è>npiu M© MSKHOYKq 2 paJ H2Hneq2HTxeeiu^Nujion N T©Tpajiez\- rupi n© NèwKàwàwT àvN • é x i x a ^ y M'TOOTq Mnxeìan MIX iy©NOYT© • ©BOX xe^qT^MOi MnM^ NN^XPHMX" NTepeqBCUK A© ON ©20YN ©Tnoxic-
VA-VBorg.
Copt. 134ff. 2-7 (Sahidischer
225
Text)
VA-V Borg. Copt. 134 f . 4r = S. 31A vacat
vacat
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32
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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
N'rcporic- ÑToq A e n e x d , q N^q x e c e • ¡K\\¡>. Mâ.T^MOÏ XeÑTá.K+OYHp 2^ poc-nexenNeeB • xeaJfüjMOYN • Ñ 2OXOKOTTÏNOC 2^
poc • nexenAïK\ï o c N^q- x e ù n e nà. ujhpe- N^NOYTMe e 2 o y e ernsoA. • q T o o y Ñ20X0K0TTÍN0C • NeNT^KTè>AY p o c - tN^Y epOK M riN^y ÑTavKiyoric^npiüMe pdjrmpe Mn¿.e'icüT- x e á . [XH-9-CDC
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226
Anhang 1
VA-VBorg.
Copt. 134f. 4v = S. 33 (sic)
XF 1
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30
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1
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2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32
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vacai peneKN\ Tà.2°r n e x e n \ e i c o T Nè.q xeèpe+HN+pM MèkÓ Hne'ÌKOCMOC TMTCUN • E Y Ó 2 Ì M E
unopNH • H n o o y 62MneKHÌ - pa>CTe A e è p e T o o f c ÓHO N'T MNKeoy \ • T e Noy A e neTMii UJà. NNHOyB • NTà^Y ccopM • aoiNoyTe T ^ \ y N^q- ¿.yió NrN^ÓNToy C9^èNe2npcoMe A e ¿.qBcoK [2']N[O]YMO6 Ncpìne
M[NNC^2N200y] ^2NPi"Me e ì cy^ni.eìcoT- è p e N e y 2 0 ì T e nH2 2 1 c u o y eyp2HBe 6 H X T© • ¿ . y n ^ T o y é XHi*iKà,2 • xyfi pocKYNei Mn\eicuT NOYNO6 N N \ y xeM^peneKNà. T&, 20N • x e ^ y q i H n e T N T À ^ N NXToyé M noYK^A.\^y Nei AOC ' eÌMHTÌ neTSK Ni.y é p o q - ¿ . y x o o c
VA-VBorg.
Copi. 134ff. 2-7 (Sahidischer
227
Text)
VA-VBorg. Copi. 134f. 5r = S. 37A vacai 1
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33
Ao'inoN • ^q'puiOMNT NoyMoy 2^2*fM rippo- MNNClOC AB OH À,na.rrexoc AS ÓNxy 2a.pna.ze HMOq- MNTeKXOO x e Noyoeiii • èpao5q enMONà.CTHpÌON L'IcyOHI i r iioy N o y a.qpnccooY2 MNlieCNHY ¿M + OYUJH N O Y C D T • M
n e x a ^ y e i n e èneN Ti.qujconeI*IXMN NTepenoyò e'iN ujà. • ¿.yxooc tirile ìcdt- xeyto [oyn ] t>cya.y Hnei'HJ,' nexeri AìKaJoc • M riBexeT\pioc- x e iai^y naopHpe x e K N ^ X O O C Hrippo xea.qpN06 Npco M 6 • MNIYSOM M
Moq è e i - MeKfòce Nxa.\y- nexa.q Mna.eìcoT x e - è ujiune kMhy ¿MneKTCUT • f NJ.qìTK TeMoy 2 MivK • a.ycb NTeyMoy k
vacai 1
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33
n^eiiuT c o o y f n eBOX- NTeqtìx TeqóTOAh eToy a^B • ¿.qeìNe è BOX n TeniCTOXH • Mrip po- ¿ . q T ^ c MfiBe XeTXpì'OC- HT6 peqsiuujT AB èxcoc ^qcoyiòN'c • XGT\ rippo Ae- a.q2e NTey Noy éxMneq20a.na.eì'coT 6p\r i xe MMoq•xe^M SOM • cu n\ignpe- rtr CUUJ NNUJà.Xe M rippo - a.qTU)oyM M M O C - A.qcocg 2'I cucp[c] U J I A N T qei] ÉXN MMYCThpiÓ" eT2NTeqMHTe MN rippo - ^qScoujT è 2oyM 2Mri2o Mnx eiurr- eqncoujc N 2HTNTepeq oyco Ae eqiou) M HOC - È X I N A ^ f q 2À.
NoyèpHTe Mnà.eiioT - xe ¿.XH-&10C NTKOY PCUM6 ikN • NKJk. NeKoyèpHTe ¿.H é Mootpe 2ix'MriKa.2 • eTxa.2M ' eqx'TO M M O C
228
Anhang
VA-VBorg.
Copt.
134f.
5v = S.
1
38
Ah 1
2 3 4 5 6 7 8
9 10 11 12 13 14 15
vacat
N+CeNTK E B O A uj^ne20oy Mna. moy' nexe n^eiurr N\q XSH ncup n^ujhpe-TCÜ OYN 6 e WrBcüK cp^ rippo MNNöKMVTOi xeqcptN© NCCÜK Vfib QH© HMOK ©MÄ> TenexeiiBeA© T^pioc • xeecgiune KN^NOXT ©BOA a^Ytü N ' r ^ T M HONäiXOC- i^piT^ rMiN M'rÖMOY 6 p o i
1
2 3 4 5 6 7 8
9 10 11 12 13 14 15
16
CD nMepiT HIINOY
17
T e ^YtünM^N
17
18
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18
19 21 22 23 24 25 26 27 28 29
O Y ^ B • inM\Ka>. p i o c A e ÖMOY ©poq • ¿NTeqT^npo e r OY^B • xeepeii x o e i c Tc n e x c ÖMOY 6poK-Nqn^2MK ©2K 2"OY©ipHNh •
31 32 33 34 35
¿.Ctpion© A6 HOY 2 0 0 Y " X2NPCÜM© N Te+noAüc e i uj^poq©YOYcucp ©xiÖMOYMN2NMONäOCOC NT© CpihT- VfCYNZh TH MNIIAIKMOC- X© OYNMON^XOC ¿NTireNel- MNN r©N©^ TNHY ' Na^-ee MneNM^K^p'l'OC a^N TCÜNIOCnexena.ei'cuT A© M3vY' XepcyivNMMO NaOCOC MI1KOCMOC Thpq- CCUOY2 ©YM^ NOYIÜT • ä.Yli> NST NHY MNNCIUOY' THpOY'M©YpOY^N TCÜNiOC NOYCÜT ' NSCNHY A© XYi'tlJ nHp© Mflül^x© M linpOHThC^YXiCMOY ^Y+e OOY MIINOYT©A^NPMTNOAIC A © 2TU O Y ' U ^ X © NMMÄIXJ•
XeNOYCUUJ Tp©K B©Aneiu)a.x© ©poN • x e e i c o Y ö e i c p - ©qö NPCUOYU) N3.N ©T© naJ ne- xeNei'pcu H6- MMHei'f BNOOYÖ" MHNi'2^Aa^Te ©T c e H o o y 2 M n i ©PO'
VA-VBorg. VA-VBorg.
Copt.
Copt. 134 f f . 2-7 (Sahidischer
134 f . 6v
(sic)
S.
38A
vacat 1
vacat
©YQ> © B O X Ñ2H I'III^Y ILÏN • \
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9 10
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13 14 15 16 17 18 19 20 21
MNXàkà^Y m^cún'2 eïMHTeï N'qceMOOY eTBen^ï OYiijnH pe ne riMOYTe • a.Yiü OYMOÏ2© THpq ne ....y.•¿Hñ KôJpoc ÑTeMHpe\Y©nà.ïNOY Mn\eïcuT xea.KCXCiuxM
22
23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33
229
Text)
M
2NNEKU}A.XE G T
¿.Yeï ©BOX 2í TOOTq•6Yt©ooY M iiNOYTe • ¿.ctycune Ae OM NOY 200Y' èpen^eïcuT 2MOOC eqqja.xe MNnccop- ¿.nenie Konoc MneïTcou) na.pa.re MMON • M nà.TeqoYœf B è 2HTèpà.KOT620X'5-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
ÑqnpocKYNe'í M na.p*nénïCKonoca.qxooY ©20YN epa. n^eïcuT xeà.pïTa. ra.nH • Ñre'í Ta.à. na.NTa. èpoK" M MON eÏBHK U}a.I*l na.na.c a.Ycù +PX pïâ. MMOK • ÑTepoY©¿ AS iya.na. eïCûT- Í.YTC02M Mnpo-Mneq'poYtù MXY 2 t u * ° c ' ©BOX xeNeqèMooc ne MNnexc•eqcoxdx MMoq-eTBeNeqsï c e eioujxoïncpN a^eï tp^ne nïcKonoc Ñó'ín pcoMe- a.qTa.Moq xeMneqpoYtö Na.N • 2t»XOC IÍTH pq -¿.nenïCKonoc OYtuujB 2toc peu Me • e q ô Ñe^OYCíá. xeécpcune Meqeï 6BOX Tà.a.na.NTa. é poq • eqetyœne 2Ï BOX ipa.TTa.KTH ' \Y©Ï u)a.na.eïcuT • à,y TÔ.MOq éBOX X6M nexa.a.Y ©iMe x e eq2Mooc -MNnujH pe MnNOYTe •
230
Anhang 1
VA-VBorg.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
Copt. 134 f . 6r (sie) = S. 39.
XOinOM èJlCCUTHp k T o q èn^eìcoT • XeTCOOYN NTTà. 2eneniCKonocNeqK&AK 2Ì2°YN XeKeUJOMMT t'l 2 0 0 y n e cy^NTeq H o y ä-Y^ èN'ró NiiTCOOyM • NT AÌ^-e-HKH NTMÓ MMTC MMneTpoc ' neHT\i't N^q NN CpOCllT NTMNTepO MMnHY©'XSN6 TeKN^MOpOY 2ÌXH iÌKà.2 ' ceNà.q}cune eyMHp ¿MMnHyéà.yd) iieTeKM^BO x o y 2ÌXHnKa.2 ce N^qjcone eyBH\ ¿NMnHyè- ¿>q BU)K 62PM ©MriHY© eqstoqjT NccuqHMMCCUC
CUT • BcoK cy^ne nì'CKonoc T^X^' ^yj^nà-NTà. S N e y é p H y ¿NoyMOiS N p^cye- n e x e n e n'i'CKonoc tìnà. etcuT- x e e T B e o y ¿.K2oriK è p o i • 2M neKMONa.CTHP'ÌOM •
MneKà.à.T MMÓ cpà. NTSKn^ppoy
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
vacai c'tà. • n e x e r i A ì KàJOC 2NOYNOS N •e-'BBÌÓ ' X6KU) NM è BOX n^eicuT- ^ y ^ n i C T e y é NàJ 9N • x e MIIN^Y ÌITÈ. VA-VBorg. Copt. 134f. 2v: i.2: i.e. eKcpxN (Konditionalis), i.l8: exempli gratia. i.24: Shy exempli gratia. Nur Platz für 2-3 Buchstaben. i.27: Vielleicht ï. ii.4: Vielleicht n e c p \ q t N\q.
234
Anhang
2
ii.12: i.e. eiiT^qqjtone (ne + Relativkonverter), ungewöhnliche Schreibweise für neiiT^qtpcune (Clefit-Sentence). ii.18: exempli gratia. Möglich ist auch epenxciüM^. ii.19: Vielleicht eMvre. 2^CTe wird i.d.R. mit dem Konjunktiv konstruiert. ii.29: N: sie. ii.32: ujäiTeNOY = q^TeyNoy? i.e. eNTà.Keï (Relativkonverter). Vgl. die Konstruktion cy^nii^y + Relativsatz in der Parallelstelle der bohairischen Version, J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 25, Z. 3. VA-VBorg. Copt. 134 f . 3v (sie): Anmerkungen i.llf: i.e. eNT^cujcon© (Relativkonverter). i. 18: Beginn der Episode ,Der reiche Geschäftsmann' (E 24). Vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 25, Z . 17ff; É . A M É L I N E A U , Monuments, 358ff; G. C O L I N , Version éthiopienne, 21, Z . 23ff; F . N A U , Version syriaque, 261. i.20: Trema sichtbar? i.30: Lücke über ÜJOMNT. ii.10: i.e. eiiTà.qxooc (Relativkonverter). ii.18: »nei: Trema in Lücke. ii.29: ô c e ? ii.34: oyeN2: Punkt in Lücke. VA-V Borg. Copt. 134 f . 3r (sie): i.10: Punkt: sie? i.31: Der Schreiber hat zuerst èpoK (statt epoc) geschrieben, hat aber danach (oder jemand hat danach) ein c über den K nachgetragen. Die Lesung époc ist grammatikalisch vorzuziehen. i.32: Unter Te - befinden sich ,Zierstriche'. ii.l2f: i.e. ©NTÄ.qBcüK (Relativkonverter). ii.22: Möglicherweise auipeu. ii.24: «¿H: sie. VA-V Borg. Copt. 134 f . 4r: i.lf: Vielleicht enptuMe. i. 12: MI: sie. i. 13 : nur der rechte Punkt des Trema sichtbar, i. 16: NNN: sie, oder vielleicht IINH. i.24: Vielleicht x e e i c ? i.31: NToq: offensichtlich sie. i.31f: oycoujTeTp^nez^: orthographisch richtig: oyeep- (status nominalis).
Anmerkungen
VA-VBorg.
Copt. 134ff.
2-7
235
i i . l l : e n : sic. ii.15: i.e. eiT\Kcporic (Relativkonverter). ii,18f: Ergänze z.B. wie im arabischen Paralleltext ( É . AMÉLINEAU, Monuments, 360, Z. 9): Du bist ein Heiliger. ii.29: Vielleicht e x œ ï . ii.30: nur der rechte Punkt des Trema sichtbar ii.31: Vielleicht T'q. ii.32: T 2 n o ? ii.34: Vielleicht eri. VA-V Borg. Copt. 134 f . 4v: i.6f: i.e. eiiT^Mcpepncy^xe (Relativkonverter). i.16: NToq Ae exempli
grafia.
i.17: Die Spuren am Ende der Linie stammen nicht von n, sondern sind vielleicht von einem cu. i. 17: i.e. eNTxqujtun (Relativkonverter). i.21 Ù20A0K0T: Punkt in []. i.23f: i.e. eiiTàJiAÏ[KàJ]oc (Relativkonverter). i i . l l : i.e. eMTà^ycœpM (Relativkonverter). ii.12: x: sie. ii.17: [¿IN: Punkt in []. i i . 1 8 : vel sim: H N N C M M ( A e ) vel MNNCCOC A e ; cf. 5r: i.3f; 7r: ii.4. Beginn der Episode ,Die bestohlenen Männer' (E 25), vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 361 ff. ii.22f: Vielleicht eil [Me . . . J e T à J . ii.28: Trema ist zu sehen von einem ï, das in ein N verbessert wurde. VA-V Borg. Copt. 134 f . 5r: i . l : Der Text setzt mitten in der Episode E 27 ein, im Abschnitt ,Schenutes Treffen mit Theodosius' (E 27/3). Vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 33, Z. 22ff; É. AMÉLINEAU, Monuments, 371 f; G. COLIN, Version éthiopienne, 26, Z. 6ff. i . l l : 2N+: Punkt in []. ii.7: NTe: Punkt in []. ii.10: Ae (sie): i.e. Te. ii.25f: H|HOC: sie.
ii.28: xeo: sie. ii.30: fiKdk.: i.e. e N f K \ , oder N'rKi.? VA-V Borg, copte 134 f . 5v: i . l : Vgl. W U 49 ( É . AMELINEAU, Monuments, 638). i.16: CÜ n: sie.
236
Anhang 2
i. 19: \ i i : Punkte in []. i.25: NÏM: Trema in [], I unsicher. i.28: k: Punkt ist vielleicht nur Abdruck. i.29: NN: sie. Abdruck gibt den falschen Eindruck, dass Punkte über ST stehen. ii.l: Beginn der Episode ,Die Frage nach Antonius' (E 28). Vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, Z. 7ff; É. AMÉLINEAU, Monuments, 372f; G. COLIN, Version éthiopienne, 2 6 , Z. 31 ff; F. NAU, Version syriaque, 2 6 2 , W U 49f (É. AMÉLINEAU, Monuments, 6 3 8 ) . ii.10: i.e. ©TNHY (bare ©T-). ii.17: ^ycb: Punkt in []. ii.l9: Heyp : Punkt in [], p unsicher. ii.23: fin: sic. ii.24: Nicht a.yxï. ii.26: Beginn der Episode ,Die Frage nach der Nilflut' (E 29). Vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 373f. ii.26: Offensichtlich nicht n o x ï c . ii.30: Offensichtlich nicht e ï c . ii.30f: W . E . CRUM, Dictionary, 499b 2 5 - 2 6 , hat: e q o Nptooytp epoN. ii.31: pcuoyui: sie. ii.34: Ist ey (statt ST) ZU lesen (oder ist der Text so zu korrigieren)? VA-VBorg. Copt. 134 f . 6v (sie): i.6f: riNoyTe: vielleicht n N o y T e . i.9: i.e. N(N)eyoycü2 ¿-M (Negation des 2. Tempus). i. 16: riNoyTe: vielleicht l i N o y T e . i. 19: KàJpc>c: Trema in [], i unsicher. Die Lesung NTSMHP© ist von N. Lubomierski erst nach der Kollationierung vorgeschlagen worden. i.18: Lies © n e ^ o y ç ? i.26: Beginn der Episode ,Der Bischof von Smin' (E 32). Vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 35, Z. 19ff; É. AMÉLINEAU, Monuments, 374ff; F. N A U , Version syriaque, 262f; W U 50 (É. AMÉLINEAU, Monuments, 63 8f). i i . 2 2 f : liTHpq: i.e. enThpq.
VA-V Borg, copte 134 f . 6r (sie): i.5: N©q: i.e. N'q (Konjunktiv). i.10: i.e. e t n ^ï (Relativkonverter). i.12: Vgl. G B - B M E A 10820 f. 2r i.lff ( A . F . SHORE, Extracts, 138). i. 19: gïxMriK^^: Trema und Punkte in [], n sowieso unsicher. i.28: ¿N0YN06: Punkt in []. i.30: Lies ni'CKon[oc]? Mn^: Punkt in [].
Anmerkungen
VA-VBorg.
Copt. 134ff.
2-7
237
i.32: epo'i: Trema in []. ii.6: i.e. eiiT^Kei (Relativkonverter). ii.8: Vielleicht e q o y i ^ B ii.l4f: eriM^: vielleicht ©iim^. ii.20: Offensichtlich nicht eniCKonoc. ii.34: i.e. eiiT^ncxiJp (Relativkonverter). VA-V Borg. Copt. 134 f . 7r: i.9f: i.e. eiiT^nccup (Relativkonverter). i.18: ©ICÜ2^HMHC e n n x p : Punkte und Trema in []. i . 2 1 : NOYN^M: s i e .
i.23: Beginn der Episode ,Schenute prüft seine Brüder' (E 32). Vgl. E. Monuments, 376ff. i.30: eyK^g: sie. ii.3: i.e. eNTa,q:xooc (Relativkonverter). ii.10: ¿Noy Punkt über dem o vermutlich Abdruck. ii.15: N-&e noy: sie. ii. 18: N2NOYON ii: Punkte in []. ii.20: enNOMOc: sie. ii.21f: N'NTOAH: sie. ii.22f: i.e. etrt Ä.nef n e i ü j r (Relativkonverter). ii.23: Orthographisch richtig: 20Noy (status pronominalis). ii.35: Strich unter HO, die als „exceeding letters" unter dem Ende der Zeile 34 geschrieben wurden.
AMELINEAU,
VA-V Borg. Copt. 134 f . 7v: i.l: i.e. eiiT^yn\pä,re (Relativkonverter). i.2: a^yiu: Punkt in []. i.7: Orthographisch richtig: xqoyoN^q (status pronominalis). i. 18: lipocKyMei: Punkt und Trema in []. i.20: e n e q s ' i x n m i e q : Trema und Punkt in [], i unsicher. i.24: Miei'Re m: Trema und Punkt in []. i.25: HoyK^2: vielleicht NoyK^2i.27: tu (am Zeilenende): vielleicht cu. i.33: ^n^e'icüT: Trema in []. ii.18: oyä.: Punkt in []. ii.23f: npoTpene'i'KON: sie. ii.28: SIN: sie. ii.30: Beginn der Episode ,Der Kampf mit dem Teufel im Kloster' (E 33), vgl. E. AMELINEAU, Monuments, 378. ii.32: 2MOOC: Punkt in [].
Anhang 3
Übersetzung VA-V Borg. Copt. 134 ff. 2-7 VA-VBorg. Copt. 134f. 2r [Er sagte] (29A) zu ihm[:] „Ge[h]e hin, [lau]fe! Du wirst [einen] Mann find[en], der [un]ter einem Strunk (KaAa|ari) si[tzt] und [da]s Haar seines Kopf[es] [k]ämmt, wobei dieser Wasserkrug bei ihm ist. Sage zu ihm: ,Dein Bruder, der mit dir gekommen ist, hat gesagt: Wie ich zu dir gesprochen habe: „Sitze hier, bis ich geprüft habe, ob der große Mann ein Geber von Almosen ist oder nicht", steh jetzt auf und folge mir!'" Dann ging der Bruder und teilte ihm die Worte unseres Vaters mit. Der Mann wunderte sich über die Weitsicht (öewpia) des Heiligen. Er sagte: „Wahrhaftig, es gibt keinen gerechten Mann, der diesem gleicht auf der ganzen Erde." Es geschah nun auch eines Tages, dass ein Mann aus einem fernen Land (col. ii) zu uns kam. Schnell hörte er von den [Wu]ndern, die mein Vater vollbrachte. Er kam, um von ihm gesegnet zu werden. Der Gerechte sagte zu ihm: „Wie soll ich dich segnen, da du eine große und sehr schwere Sünde begangen hast?" Der Mann sagte zu ihm: „Ich weiß von keiner Sünde, die ich begangen habe. Denn ich bin seit meiner Jugend Christ." Mein Vater sagte zu ihm: „Erinnerst du dich nicht an den Tag, als du abends in deinem Haus gegessen hast und der Satan erfüllte alle deine Glieder und betrog dich? Du nahmst dein Schwert, gingst hinaus auf die Straße, fandest eine Frau und schlitztest sofort ihren Bauch auf." Der Mann sagte: „Wahrhaftig, wahr ist dein Wort. Gibt es etwa gar keine Umkehr mehr für mich, o mein Vater?" VA-VBorg. Copt. 134f. 2v (30) Der Gerechte sagte zu ihm: „Doch, wenn du die Lehre, die ich dir erteilen werde, erduldest, wirst du gerettet werden. Denn der Herr will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er auf seinem bösen Weg umkehre und lebe 1 ." Der Mann sagte zu ihm: „Ich [ver]lasse dich nicht bis zum Tage meines Todes." Und der Gerechte schnitt das Haar seines Kopfes und er machte ihn zu einem Mönch. Nach drei Tagen na[hm] er ihn die innere [Wüste] 2 , die 13 Meilen von dem Kloster entfernt war. Er ließ ihn in einer [engen] Höhle, nur (eiMHTi) von der Größe seiner Höhe. Es war nicht möglich, das Knie zu beugen. Und die Tür der Höhle öffnete sich über ihm wie ein Fenster. 1 2
Ez 33, 11. in die tiefste Wüste??
Übersetzung
VA-VBorg.
Copt. 134ff.
2-7
239
Unser Vater besuchte ihn nun einmal pro Woche (col. ii) und [feierte Gottesdienst mit i]hm am Sam[st]ag und am Sonntafg], und er gab ihm einen Wasserkrug und ein wenig Brot für seinen Bedarf. Nach einem Jahr von Tagen ging mein alter Vater zu ihm und sagte zu ihm: „Was ist dir geschehen? Heute erzähle es mir!" Der Bruder sagte zu ihm: „Ich sah mich, als das Tageslicht [auf]ging, [wobei mein Körper] so stark [zitterte], dass ich sagte: Man hat die Muskeln meines Körpers entfernt. Ich wurde bekümmert und dachte, dass ich sterben würde. Etwas kam aus meinem Körper, das wie menschlicher Eiter stank. Es ging hinunter zur Spalte des Steins wie rauchender Dampf. Es verschwand und ich war betäubt,3 bis du jetzt zu mir gekommen bist." Mein Vater sagte zu ihm: VA-V Borg. Copt. 134 f . 3v
(30A) „Dir ist die Heilung heute widerfahren und der Herr hat dir vergeben." Und er brachte ihn zu uns ins Kloster. Wir sahen ihn und wunderten uns. Ich sagte zu dem Heiligen: „O mein Vater, wo war dieser bis heute versteckt?" Und er erzählte mir, wie ihm geschehen war, wobei er zu mir sagte: „Der Wolf hat ihn verwundet. Ich habe ihn zum Arzt gebracht und er hat ihn geheilt." Es geschah nun auch e[ines T]ages, dass ein Mann aus S[min], der sehr reich war, schn[ell] zu ihm kam. Er sagte zu meinem Vater: „Hilf mir, denn mein Haus wurde ausgeraubt und mir wurde gar nichts gelassen." Mein Vater sagte zu ihm: „Steh auf und geh nach Siout. Du wirst drei Männer finden, die bei dem Tor der Stadt sitzen, wobei sich einer von ihnen das Haar seines Kopfes kämmt, (col. ii) Sage zu ihm: ,Siehe, der große Mann ruft dich'. Er wird seinerseits antworten und zu dir sagen: ,Wahrhaftig, ich habe das Bedürfnis, seinen Segen zu empfangen.'" Und der Geschäftsmann ging und er fand es, wie er ihm gesagt hatte. Sie standen beide auf und kamen zu meinem Vater. Sie warfen sich vor ihm nieder. Der Gerechte sprach zu dem, der das Haus ausgeraubt hatte: „Mein Sohn, gib diesem Mann seinen Hausrat und du wirst nicht belangt." Der Mann sagte zu ihm: „Ich war es nicht allein, der ihn genommen hat." Mein Vater sagte zu ihm: „Ich weiß dieses selbst, mein Sohn." Der Bruder sagte: „Wenn du mir den Mann schwören lässt, dass er es überhaupt niemanden erzählt, so wird er seine Güter (et8oc)4 vollständig finden." Mein Vater ließ den Mann schwören: „Ich werde
3 4
W.E. CRUM, Dictionary, 355b, in Anlehnung an die anderen Versionen. H.G. Liddell/R. Scott, Lexicon, 482b.
240
Anhang 3
VA-VBorg. Copt. 134f. 3r (31) die Sache bis zum Tage meines Todes nicht aufdecken." Und sogleich führte er ihn zu dem Ort, an dem sein Hausrat war und gab ihn ihm, dem Befehl meines heiligen Vaters entsprechend. Sie kamen zu meinem Vater und erzählten ihm, was geschehen war. Der Gerechte sagte zu dem Reichen: „Gib diesem armen Mann ein wenig 5 !" Und er gab ihm [fünf Solidi], dem Befehl meines heiligen Vaters entsprechend. Der Geschäftsmann warf sich vor meinem Vater nieder und sagte: „Wahrhaftig, du hast mir große Barmherzigkeit erwiesen." Der Gerechte sagte zu ihm: „Siehe, du wirst unverzüglich nach Alexandria gehen. Den Tisch, den du finden wirst, wobei mein Name auf seiner Mitte steht: (col. ii) Kaufe ihn und bringe ihn mir. Das, was du für ihn geben wirst, werde ich dir geben nach dem Willen Gottes." Der Mann sagte zu ihm: „Was du befiehlst, werde ich freudig tun." Und er verließ ihn und reiste ab. Und als er nach Alexandria kam, fand er, als er sogleich aus dem Boot stieg, den Mann, der den silbernen Tisch bei sich hatte, wobei auf dessen [Mitte] der Name unseres prophetischen Vaters geschrieben war. Und der Mann dachte in seinem Herzen: „Wenn ich den Tisch kaufe, wird die Scham es mir nicht zulassen, etwas von meinem Vater Apa Schenute zu nehmen, denn er hat mich den Ort meiner Habe lernen lassen." Als er nun in die Stadt hineinging, VA-VBorg. Copt. 134f. 4r (31A) traf er den Mann, wobei er den Tisch bei sich hatte, und er kaufte ihn nicht. Nach weiteren zwei Tagen fand er den Mann wieder, wobei er ihn (i.e. den Tisch) jedem zeigte, und er kaufte ihn nicht. Als er alle seine Dinge erledigt hatte, kam er, um das Boot zu besteigen. Wieder kam der Mann mit dem T[i]sch und er kaufte ihn nicht. Aber einer der Schiffer, die mit ihm an Bord gingen, [bot] ihm [vier Sol]idi für ihn und kaufte ihn, wobei er sagte: „Ich bringe ihn zum Ort von Apa Schenute, [denn siehe!] sein Name steht auf ihm geschrieben." Als sie in ihre Stadt kamen, brachte der Schiffer den Tisch und gab ihn unserem Vater, wobei er sagte: „Willst du den Tisch (col. ii) und kaufst du ihn?" Und er sagte zu ihm: „Ja, aber erzähle mir, wie viel du für ihn gegeben hast." Der Schiffer sagte: „Ich habe acht Solidi für ihn gegeben." Der Gerechte sagte zu ihm: „Nein, mein Sohn. Die Wahrheit ist besser als die Lüge. Vier Solidi waren es, die du für ihn gegeben hast. Ich sehe dich, als du ihn gekauft hast." Der Mann staunte über meinen Vater:
5
Wörtlich: Ein kleines etwas, oder: Ein kleines Ding.
Übersetzung
VA-VBorg.
Copt. 134ff.
2-7
241
„Wa[hrhaftig - VA Zeilen fehlen - 6 ]". Doch mein Vater sagte zu ihm: „Ich gebe dir fünf Solidi für ihn." Der Man[n] sagte [zu ihm:] „Das sei ferne! [Ich werde] niemals etwas für ihn v[on dir] nehmen. Erinnere dich meiner und bete für mich in [Li]ebe." Er empfing Segen und verließ ihn, wobei ihn mein Vater begleitete 7 : „Ich vertraue auf Gott, VA-V Borg. Copt. 134 f . 4v (33 [sie]) dass du deinen Lohn unverzüglich finden wirst, wobei er um ein vielfaches verdoppelt sein wird." Innerhalb eines Monats 8 kam der Geschäftsmann, über den wir vorher geredet haben, zu meinem Vater, wobei er betrübt war. Er sagte zu meinem Vater: „Ich habe eine Börse von Gold verloren 9 . Ich weiß nicht, wohin sie gelangt ist, noch auf welchen Weg sie gefallen ist." [Aber] der Schiffer, [der] den Tisch für (?) meinen Vaters [... hatte], fand sie liegend, wobei sie 60 Soli[di] enthielt 10 , und er [...] was der Ge[rech]te zu [dem Schiffer] gesagt hatte: „Du wirst deinen Lohn unverzüglich finden." Und der reiche Mann fuhr fort, ihn anzuflehen: „Laß (col. ii) deine Barmherzigkeit über mich kommen!" Mein Vater sagte zu ihm: „Der Reichtum dieser Welt gleicht einer unzüchtigen Frau. Heute ist sie in deinem Haus und morgen schließt sie sich einem anderen an 11 . Nun hat Gott das verlorene Gold dem gegeben, der es verdient, und du wirst es nie finden." Und der Mann ging [m]it großer Scham. Na[ch einigen Tagen] kamen Männer zu meinem Vater, deren Kleider auf ihnen zerrissen waren und die sehr traurig waren. Sie warfen sich zu Boden, sie warfen sich vor meinem Vater für eine lange Zeit nieder (und sagten): „Laß deine Barmherzigkeit über uns kommen. Denn man hat gestohlen, was wir besitzen, und man hat (uns) keinen Teil gelassen, außer den, den du siehst." Sie sagten [Lücke von acht Seiten] VA-V Borg. Copt. 134 f . 5r (37A) Und er war drei Stunden beim König. Danach ergriffen ihn wieder die beiden Engel mit der lichten Wolke in drei Stunden zum Kloster. Er nahm in derselben Nacht mit den Brüdern am Gottesdienst teil 12 und 6 Ergänze z.B. nach dem arabischen Paralleltext (E. AMELINEAU, Monuments, 360, Z. 9): Du bist ein Heiliger.
7
8
von Tgno?
W.E. CRUM, Dictionary, 54a: von (30) Tagen W.E. CRUM, Dictionary, 637b. 10 Oder: sie 60 Solidi wert war (W.E. CRUM, Dictionary, 83b) 11 Bell übersetzt: she makes a contract with someone else, D.N. BELL, Life, 57. W.E. CRUM, Dictionary, 338a: lay hand with, agree with. 12 W.E. CRUM, Dictionary, 373b. 9
242
Anhang 3
niemand wußte, was geschehen war. Doch als das Tageslicht aufging, sagten sie zu meinem Vater: „[Steh auf ...] hier." Der Gerechte sagte zu dem Boten: „Siehe, mein Sohn: Wirst du zu dem König sagen: ,Er ist ein alter Mann. Es ist ihm nicht möglich zu kommen'? Du wirst keinen Schaden erleiden." Er sagte zu meinem Vater: „Wenn du nicht freiwillig kommst, werde ich dich jetzt gegen deinen Willen nehmen." Und sogleich (col. ii) streckte mein Vater seine Hand unter sein heiliges Gewand und brachte den Brief des Königs hervor. Er gab ihn dem Boten. Als er ihn sah, erkannte er, dass er (i.e. der Brief) vom König war 13 . Er fiel sogleich auf sein Gesicht. Mein Vater schlug das Kreuz über ihm: „Sei stark, o mein Sohn, und lies die Worte des Königs." Er hob ihn (i.e. den Brief) auf und las [ihn], b[is er] zu den Geheimnissen [kam], die zwischen ihm und dem König waren. Er sah in das Gesicht meines Vaters und war verstört. Als er ihn zu Ende gelesen hatte, fiel er meinem Vater zu Füßen und sagte: „Wahrhaftig, du bist kein Mensch! Du erlaubst es Deinen Füßen nicht, auf dem schmutzigen Boden zu gehen VA-VBorg. Copt. 134f. 5v (38) und ich verlasse dich nicht bis zum Tag meines Todes." Mein Vater sagte: „Nein, mein Sohn, steh nun auf und geh zum König mit deinen Soldaten, denn er fragt nach dir und er liebt dich sehr." Der Bote sagte: „Wenn du mich wegjagen und mich nicht zum Mönch machen wirst, sei so gut und segne mich, o Geliebter Gottes und Wohnstätte des heiligen Geistes." Und der Selige segnete ihn mit seinem heiligen Mund: „Der Herr Jesus Christus möge dich segnen und dich vor allem Bösen erretten und dich vor dem Fallstrick des Teufels erretten und du mögest Anteil erhalten an den guten Dingen, die für immer bleiben." Und so verlies er ihn dankbar mit denen, die mit ihm waren, und sie gingen in Frieden. (col. ii) Und es geschah eines Tages, dass einige Männer der Stadt zu ihm kamen, die Segen empfangen wollten, und einige Mönche aus der Sketis. Sie diskutierten mit dem Gerechten: „Wird ein Mönch in dieser Generation und in den kommenden Generationen wie unser seliger Antonius sein?" Mein Vater sagte zu ihnen: „Wenn sich die Mönche der ganzen Welt an einem einzigen Ort versammelten und alle, die nach ihnen kommen, würden sie nicht einem einzigen Antonius gleichkommen." Die Brüder wunderten sich über das Wort des Propheten. Sie empfingen Segen und lobten Gott. Die Männer der Stadt redeten auch mit ihm: „Wir wollen, dass du uns diesen Spruch erklärst, denn seit (langer) Zeit bereitet er uns etwas Sorgen,
13
dass er der vom König war.
Übersetzung VA-VBorg. Copt. 134ff
2-7
243
nämlich: Da diese Menschen und diese Tiere und diese Vögel Wasser im Fluss trinken VA-V Borg. Copt. 134 f . 6v (sie)
(38A) und immer von ihm nehmen, wird er abnehmen oder nicht?" Mein Vater sagte zu ihnen: „Gott ist Herr über alles. Die Sache ist klar, denn sie fügen ihm (i.e. dem Fluss) nichts hinzu, aber sie nehmen immer von ihm. Und niemand wird leben, außer wenn er Wasser trinkt. Deshalb ist Gott wunderbar und er ist [noch] wunderbar[er] zum Zeitpunkt der [Überschwemmjung." Sie lobten meinen Vater: „Du hast uns getröstet mit deinen süßen Worten." Sie verließen ihn, wobei sie Gott lobten. Und es geschah auch eines Tages, als mein Vater saß und mit dem Retter redete, dass der Bischof dieses Gebiets an uns vorbeiging, bevor er vorübergegangen war nach Norden, nach Alexandria, (col. ii) um sich vor dem Erzbischof niederzuwerfen. Er sandte hinein zu meinem Vater: „Sei so gut und komm, damit ich dich treffe, denn ich bin unterwegs zum Vater (i.e. der Patriarch von Alexandria) und brauche dich." Als sie (i.e. die Boten des Bischofs) zu meinem Vater kamen, klopften sie an die Tür. Er antwortete ihnen überhaupt nicht, weil er mit Christus zusammensaß, wobei er ihn wegen seiner vielen Leiden tröstete. Und der Mann kam zum Bischof und erzählte ihm: „Er hat uns ganz und gar nicht geantwortet." Der Bischof antwortete wie ein Mann, der Vollmacht hat: „Wenn er nicht heraus kommt, damit ich ihn treffe, wird er exkommuniziert14 in aller Form (?)." Sie kamen zu meinem Vater und berichteten es ihm, denn niemand wusste, dass er mit dem Sohn Gottes zusammensaß. VA-V Borg. Copt. 134 f . 6r (sie)
(39) Schließlich wandte sich der Retter an meinen Vater: „Steh auf und triff den Bischof. Er möge dich wieder (in die Kirche) hineinnehmen, denn es sind nur noch drei Tage, bis er stirbt. Und du bist nicht unwissend in bezug auf den Bund, den ich mit Petrus geschlossen habe, der, dem ich die Schlüssel des Himmelreiches gegeben habe: ,Die, die du auf der Erde binden wirst, werden in den Himmeln gebunden sein. Und die, die du auf der Erde lösen wirst, werden in den Himmeln gelöst sein.' 15 " Und er ging hinauf in den Himmel, während er (i.e. Schenute) ihm nachschaute. Danach ging mein Vater schnell zum Bischof und sie trafen einander mit großer Freude. Der Bischof sagte zu meinem Vater: „Warum hast du dich vor mir in deinem Kloster versteckt? Hast du mich deiner Gegenwart nicht für würdig befunden?" (col. ii) Der Gerechte sagte in großer Demut: 14 15
W.E. CRUM, Dictionary, 36b. Mt 16,19.
244
Anhang 3
„Vergib mir, mein Vater, und glaube mir auch, als du zu uns gekommen bist, saß ein heiliger Vater bei mir, der das Vertrauen vieler Seelen hat. Er gestattete mir nicht, zu dir zu kommen, bis er sich selbst zurückgezogen hatte, wohin er wollte. Siehe, ich bin gekommen, um mich vor dir niederzuwerfen." Als der Gerechte dies gesagt hatte, war es dem Bischof, als ob ihn sein Engel ermahnte, und er sagte zu meinem Vater: „Du bist ein freier Mensch von jetzt an bis in alle Ewigkeit. Amen." Er (i.e. Schenute) kehrte zu uns zum Kloster in großem Frieden zurück. Und der Bischof ging nach Norden, zur Stadt Siout, und er starb, wie es der Retter meinem Vater gesagt hatte. VA-VBorg. Copt. 134f. 7r (39A) Ich sagte zu dem Gerechten: „Die Urteile des Herrn sind wahr und aufrecht. Der Herr hat bestimmt und dieser Mann ist nicht bei uns gestorben." Und mein Vater erzählte mir, wie der Retter gesagt hatte: „Es sind nur noch drei Tage, bis er stirbt." Mein Vater hat mir bezeugt: „Als ich mich dem Bischof nährte, sah ich Johannes, den Jungfräulichen 16 , wobei er seinen rechten Finger zu mir ausstreckte: ,Die Wahrheit wird dich (zu einem) frei(en Mann) machen.'" Ich werde euch noch ein weiteres großes Wunder erzählen. Ein Engel des Herrn ergriff die Hand meines Vaters und nahm ihn in die Stadt Oase. Er zeigte ihm einen heiligen Boden: „Baue hier eine Kirche im Namen (col. ii) der heiligen Trinität (Tpi^c)." Und er tat, wie er ihm gesagt hatte. Nach einigen Tagen, als er in jener Kirche war, ergriff der Engel des Herrn seine Hand und brachte ihn unverzüglich 17 zu seinem Kloster. Und mein Vater veränderte sein Aussehen und setzte sich vor das Tor wie ein Fremder, wobei er die, die vorübergingen, prüfte. Er s[a]gte zu einigen von ihnen: „Befolgt ihr das Gesetz Gottes und die Gebote, die euer Vater euch befohlen hat?" Einer von ihnen wurde zornig auf ihn. Sie gingen und berichteten dem Rest. Sie kamen ebenfalls, um zu sehen, was er für einer war. Als sie ihn gesehen hatten, redeten sie mit ihm: „Woher bist du? Wir haben viele Fremde gesehen, VA-VBorg. Copt. 134f. 7v (40) die vorübergegangen sind, und keiner von ihnen hat so mit uns geredet." Als mein Vater ihre bösen Herzen sah, gab er sich ihnen als Vater des Klosters zu erkennen. Als sie ihn sahen, kam eine große Furcht über sie und sie wurden halb tot. Einige waren verstört und verzweifelt, [eijnige flohen [a]us Scham, andere warfen sich vor ihm nieder und küssten seine 16 17
I.e. Johannes, der Täufer. W.E. CRUM, Dictionary, 372b.
Übersetzung VA-VBorg. Copt. 134ff.
2-7
245
Hände und Füße: „Du bist zu Recht gekommen, der Hirte (und) Schäfer seiner Schafe. Wir dürsten nach dir wie ein durstiger Boden nach Wasser. Vergib uns, o unser Vater, und hilf unseren Brüdern. Siehe, du weißt, dass der Teufel uns haßt." Mein Vater hatte Mitleid (col. ii) mit ihnen. Er richtete die, die gefallen waren, auf und tröstete den Rest. Schließlich widerfuhr ihnen allen eine große Freude und sie führten ihn mit großer Ehrerbietung hinein, wobei sie Psalmen vor ihm sangen. Mein Vater aber, durch seine große Demut und seine gute Erkenntnis, erklärte ihnen den Spruch, der im Evangelium ist über die, die auf guten Boden fielen: Einer gab 100, ein anderer 60, ein anderer 3018. Fürwahr, als er sie gut belehrte mit ermunternden Worten, hörten sie auf ihn und gewannen ihre Seelen wieder, dadurch dass er zu ihnen gekommen war. Es geschah wiederum eines Tages, als mein Vater im Klo[s]ter saß [...]
18
Mk 4,8.20parr.
Anhang 4
Kodex WV (sahidischer Text) FR-BNcopte 129n f . 75r = WVfrg. lr Veröffentlicht von E . AMELINEAU, Monuments, 6 3 3 - 6 3 4 (Nr. I). Kollationiert in Paris von Nina Lubomierski, Februar 2 0 0 4 . [ ] 1
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247
Kodex WV (sahidischer Text)
FR-BNcopte 12912 f . 75v = WVfrg. Iv Veröffentlicht von E . AMELINEAU, Monuments, 633-634 (Nr. I). Kollationiert in Paris von Nina Lubomierski, Februar 2004. t ] 1
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248
Anhang 4
GB-BL Or. 358JB f . 70r = WV 33
Veröffentlicht von W.E. Crum, Catalogue, 164f. Transskribiert in London von Nina Lubomierski, August 2003.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
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257
Anhang 5
Anmerkungen Kodex WV FR-BN copte 12912 f . 75r: Maße: Blatt insgesamt: Höhe: 360 mm; Breite: 280 mm; Spalte 1: 86 mm (Durchschnitt), 100 mm (Maximum); Spalte 2: 115 mm (Beginn), 205 mm (Durchschnitt); 211 mm (Maximum). Zehn Zeilen: 93, 95, 91 mm. Am rechten unteren Rand ist die Zahl ,187' (?) und ,vie de Schnoudi' auf das Blatt geschrieben. In der Mitte des unteren Randes steht die Zahl ,75' (rot). Rubriziert: i.3, i.13, i.24-25 (IIAHNI nexenujtoc), i.28, ii.11-12 (Ä>NOK| r>p), ii. 17 ( n e x e ) , ii.28. i.5: Ende der Episode ,Die Geburt Schenutes' (E 1/4): Vgl. É. A M É L I N E A U , Monuments, 304f. i.6ff: Beginn der Episode ,Der junge Schenute beim Schäfer' (E 2), vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: §§ 3-4; É. A M É L I N E A U , Monuments, 305ff; F . N A U , Version syriaque, Abschnitt 2; G. C O L I N , Version éthiopienne, 3, Z. 7ff. i.7: i.e. MeoYoyoeie. ii.l xeeqescoipT: Vgl. die boh. Version: NTeqxoYUJT, J . LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 8, Z. 15. Zum sahidischen Text vgl. W . E . C R U M , Dictionary, 649b. ii.5f: vgl. E. A M É L I N E A U , Monuments, 305, Z. lOf: et je te supplie, toi et sa mère, d'avoir pitié de moi. ii.6: zur Konstruktion vgl. W.E.
CRUM,
Dictionary, 716b.
FR-BN copte 129n f . 75v: Maße: Spalte 1: 85 mm (Durchschnitt), 96 mm (Maximum); Spalte 2: 115 mm (Beginn), 119 mm (Durchschnitt); 209 mm (Maximum). Zehn Zeilen: 92, 96, 90 mm. Zwischen den Spalten, in der oberen Hälfte steht ,vie de Schnoudi' und die Zahl ,108'(?). Rubriziert: i.16, i.19, ii. 15, ii. 19, ii.23-24 (oygooYl Ae). i.l MMHHNE: auch HMHNS mgl., vgl. WV frg. lr i,15f. Der Schreiber des Text scheint Schwierigkeiten mit diesem Wort zu haben, vgl. WV frg. lv i.12; ii.23. i.12 MMHHHe: HH oberhalb der Zeile nachgetragen.
Anmerkungen
Kodex WV
259
GB-BL Or. 3581B f . 70r: Maße: Blatt insgesamt: Höhe 318 mm, Breite 257 mm; Spalte 1: 82 mm (Minimum), 94 mm (Maximum); Spalte 2: 117,5 mm (Beginn), 195 mm (Minimum), 219 mm (Maximum). Zehn Zeilen: 94, 95 mm. Auf Höhe der zweiten Spalten steht in der Mitte mit blauen Buntstift eine „70" geschrieben, die mit einem Bleistift durchgestrichen worden ist. Die ,70' bezieht sich vermutlich auf die Katalognummer des Fragments. Die Tinte ist schwarz. Zu Verzierung der Initialen wurde schwarze, rote, grüne und gelbe Tinte verwendet. Rubriziert: i.2, ii.15, ii.27. i.l: Vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 319f. ii.3-5 i.e. seNNOS Me MMNTip^NgThq Mn©NC^2. ii.9 SMnujïNe: soMnujïNe? ii. 14: Ende der Episode ,Die Versuchung des Anba HarqaP (E 6), vgl. E. AMÉLINEAU, Monuments, 316-20. ii.15: Alle Buchstaben mit roter Tinte verziert. Beginn der Episode ,Peter von Oushem' (E 7 ) ; vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 320ff; G . COLIN, Version éthiopienne, 6-7. ii.28: Ergänzungsvorschläge von W.E. CRUM, Catalogue, 165. ii.28 [en]: Hier ist u.U. noch Platz für einen Buchstaben mehr. GB-BL Or. 3581B f . 70v: Maße: Spalte 1: 76 mm (Minimum), 99 mm (Maximum); Spalte 2: 119 mm (Beginn), 197 mm (Minimum), 215 mm (Maximum). Zehn Zeilen: 95, 97 mm. Rubriziert: i.l3, i.20, ii.3, ii.18. Auf der Höhe der fünften Zeilen steht in der Mitte des Blattes ein senkrechter Strich und eine Neun. Am Ende der 12. Zeile der 2. Spalte beginnt ein Riß, der am Rand geklebt wurde, wodurch einige Buchstaben unleserlich wurden. i.3f: i.e. e i i T ^ K X Ï r c (Relativkonverter). i.5 A e = T e .
i.25: i.e. Ncj+oce (Konjunktiv). AT-NB K 947Ir: Maße: Blatt insgesamt: Höhe 353 mm, Breite 297 mm; Höhe der Spalte: 271 mm; Spalte 1: 87 mm (Durchschnitt), 99 mm (Maximum); Spalte 2: 120 mm (Beginn), 203 mm (Durchschnitt), 214 mm (Maximum). Zehn Zeilen: 91, 96, 97, 92 mm. Haarseite Rubriziert: i.l, ii. 14. i . l l CNHY: Der Text setzt am Ende der Episode E 7 (,Peter von Oushem') ein. Vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 322.
260
Anhang 5
i . 6 : i . e . MNNOYB.
i. 17-29 Restaurierung exempli gratia, basierend auf Amelineaus Übersetzung des arabischen Textes (Monuments, 322). i.19-20 MMHHN© sie anderswo in dieser MS, aber MMHN© ist auch möglich. i.21 MMOC: oder ist MMOQ wahrscheinlicher? i.23: Platz nach NI]M leer. i.24f: i.e. e t i T ^ n e n p o < | > i i T H C (Relativkonverter). i.26: x o o y oder x o o q ? Eher x o o q vgl. WV 36 i. 14, aber auch 36:i.2325. i.29 eTNTa.q: vgl. WV 34 i.19. ii.l c oberhalb der Linie hinzugefügt. ii.14 Beginn der Episode E 8 (,Der bußfertige Mörder'); vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: §§ 14-16; E. AMELINEAU, Monuments, 324-327; G. COLIN, Version ethopienne, 7-8. AT-NB K 947lv: Maße: Höhe der Spalte: 276 mm; Spalte 1: 87 mm (Durchschnitt), 98 mm (Maximum); Spalte 2: 121 mm (Beginn), 202,5 mm (Durchschnitt), 216 mm (Maximum). Zehn Zeilen: 93, 91, 90 mm. Fleischseite Rubriziert: i.5, i.9, i.19-20 (^qoycuq}B{ N 6 i n p t u M e ) , i.26, ii.2, ii.7, ii.l8. i.2 ueq: i.e. ifq (Konjunktiv), i.löf: i.e. eKcp^NTMCcuTM. i . 2 3 : i.e. ¿N2CUB.
ii.4-5 Schwer zu lesen aufgrund einer Falte im Pergament. ii.l9-30 Restaurierung exempli gratia, basierend auf Amelineaus Übersetzung des arabischen Textes (Monuments, 323). 11.29 oy: Hochstehender Punkt ist unsicher. 11.30 Der Text geht vermutlich auf der nächsten Seite weiter mit n o y c o T N2HTq.
FR-BNcopte 12913 f . 91r: Maße: Blatt insgesamt: Höhe 146 mm, Breite 168 mm; Spalte 1: 78 mm (Durchschnitt), 82,5 mm (Maximum); Spalte 2: 110 mm (Beginn). Zehn Zeilen: 94 mm. Eine unbestimmte Anzahl von Zeilen fehlt am oberen und unteren Ende des Fragments. Am linken Rand des Fragments steht ,vie de moine'. i.7-22: Aus der Episode ,Der Wettstreit mit dem Satan' (E 11), vgl. E. AMELINEAU, Monuments, 329, Z . 5-9. i.17 [nexe]n^e[icü]T x e : vermutlich ausgerückt. i.21 [ n e x \ q M n ] * . e i t o [ T ] : v e r m u t l i c h a u s g e r ü c k t .
Anmerkungen
Kodex WV
261
FR-BN copte 12913 f . 07 v: Rubriziert: ii.14 (eqtp\ti). ii.7-22: Aus der Episode ,Die Askese Schenutes in seiner Einsiedelei' (E 12), vgl. É. AMÉLINEAU, Monuments, 330, Z. 9-14. ii.15: Unsicher. ii.20: AM Ende der Zeile scheint etwas oberhalb der Zeile zu stehen. ii.22: ergänze z.B. NKOTK nach É. AMÉLINEAU, Monuments, 333, Z. 13. GB-BL Or. 3581B f . 71r: Maße: Blatt insgesamt: nicht mehr erkennbar; Spalte 1: 77 mm (Minimum), 95 mm (Maximum); Spalte 2: 115 mm (Beginn), unbekannt (Minimum), unbekannt (Maximum). Zehn Zeilen: 103, 105 mm. Auf Höhe der 15. Zeile steht in der Mitte des Blattes eine mit blauen Buntstift geschriebene „71", die sich vermutlich auf die Katalognummer bezieht. Auf Höhe der 18. Zeile ist ferner mit Bleistift eine „73" geschrieben. Die Tinte ist schwarz, für die Verzierungen der Initialen wurde ferner grüne und rote Tinte verwendet. Rubriziert: i.16, i.25, ii.23. i. 14: Wie viele Zeilen fehlen, ist unbekannt. Die Spalten enden mit Zeile ,28'. i.15: Der Text setzt in der Episode E 43/1 (,Die Befreiung der Gefangenen') ein, vgl. É . AMÉLINEAU, Monuments, 396f; G. COLIN,Version éthiopienne, 32; J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1 : § 89f. i.l8f: i.e. eNT^yqiTOY (Relativkonverter). GB-BL Or. 3581B f . 71v: Maße: Spalte 1 : nicht mehr nachvollziehbar; Spalte 2: unbekannt (Beginn), 73 mm (Minimum), 94 mm (Maximum). Zehn Zeilen: 100 mm. Rubriziert: i. 22 (ca^uiq), ii.16, ii.21 (eujœne), ii.27. i.21 . KONS: Vielleicht AI^KONSI. i.22: Der Text setzt in der Episode 43/2 (,Die Versorgung der befreiten Gefangenen') ein, vgl. É . AMÉLINEAU, Monuments, 397f. S. die Predigt Schenutes Continuing to Glorify the Lord, ediert bei J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 69,13f. ii.16: S. die Predigt Schenutes Continuing to Glorify the Lord, ediert bei J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 3: 7 0 , 3 - 7 . IT-NB IB15 f . 56r: Haarseite In der Mitte der Seite, auf Höhe der 1. Zeile, befindet sich eine mit Bleistift geschriebene „9".
262
Anhang 5
Ebenfalls in der Mitte der Seite, auf Höhe der 26. Zeile, befindet sich folgende Anmerkung, die mit Bleistift geschrieben ist: CXXIV. In der linken unteren Ecke des Blattes ist mit Tinte eine „3" geschrieben. Rubriziert sind: i.20, ii.3, ii.6-7 ( n e l x e ) , ii.10, ii.25. i.l: Ergänze z.B. nach J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 48, Z. 26f: MM" Ngexnic MM©T\NOI^. Vgl. auch WV frg. 34 ii.5-6. i.l: Der Text setzt in der Episode ,Der ausgestoßene Bruder' (E 49) ein, vgl. J. LEIPOLDT, Vita et Opera, 1: 4 8 , Z. 27; É. AMÉLINEAU, Monuments, 4 0 7 , Z . 9 ; G . COLIN, Version éthiopienne, 3 5 , Z . 10. i.8f: i.e. eNT^KCMNTC (Relativkonverter). i.23f: i.e. eNTxqoyiON2 (Relativkonverter). i.26-ii.l: i.e. eiiTMieÏMe (Relativkonverter). IT-NB IB14 f .
56v:
Maße: Blatt insgesamt: Höhe: 309 mm; Breite: 271 mm; Höhe der Spalte: 257,5 mm (Durchschnitt); Spalte 1: 92 mm (Durchschnitt), 93 mm (Maximum); Spalte 2: 115-120 mm (Beginn), 200 mm (Durchschnitt); 202 mm (Maximum). Zehn Zeilen: 101, 99, 98 mm. Fleischseite Rubriziert: i.l, i.l3 (^ncon), ii.3—4 ( n e x e l n ) , ii.9, ii.17-18 (¿¡.n^eicuTl T), ii.22. i.4f: i.e. e i i T \ n ^ r r e x o c (Relativkonverter). i.22 Letzter Buchstabe vielleicht co oder cp. i.26—ii.l: i.e. e i i T a j i ^ r r e x o c (Relativkonverter), ii: Möglicherweise die Spur einer Unterschrift sichtbar.
Anhang 6
Übersetzung Kodex WV WVfrg. Ir = FR-BNcopte 12912 f . 75r [...] in großer Freude. Das, was geschrieben steht, hat sich für mich vollendet: „Der [...] mit mir." Der Vater dieses Gerechten war ein [Bauer] und besaß einige wenige Schafe. Er gab sie dem Hirten, damit er sie hüte. Der kleine Junge wuchs und wurde täglich schöner, und wobei die Gnade Gottes bei ihm war und alle Zeit leuchtete und wobei seine Worte mit Salz gewürzt waren, wie geschrieben steht: „Seine Worte wurden fetter als Öl"1, doch der Hirte sagte zu dem Vater dieses Gerechten: „O wenn du [mir] doch diesen [kleinen] Jungen gäbest, (col. ii) [damit er] mit mir nach den Schafen [schaut]! Ich werde dir [ein] wenig von meinem Lohn überlassen, [Du und die] Mutter, [du] hast [Mit] leid mit mir, denn ich bin [ein] [armes] Waisenkind. Es gibt keinen, den ich bitten kann, außer dir und Gott. Denn ich, ich bin dein Diener alle Tage meines Lebens." Als sie aber sahen, wie niedergeschlagen der Hirte war, sagte die Mutter des kleinen Jungen zu dem Hirten: „Siehe, ich werde dir meinen Sohn geben, aber schicke ihn mir jeden Tag am Abend, denn er ist mein einziges Kind, und weil ich an Gott hänge, wie ich an ihm hänge (?)." Der Hirte sagte: „Ich werde ihn zu euch senden WVfrg. 1 v = FR-BNcopte
129'2f. 75v
jeden Tag am Abend, bevor die Sonne untergeht, wenn ich Dank sage und Gott danke." Und der Hirte nahm den kleinen Jungen [Apa] Schenute und er hütete mit ihm die Schafe. Und jeden Tag, als es Abend wurde, pfelgte der Hirte den kleinen Jungen zu seinen Eltern zu schicken. Und der kleine Junge Apa Schenute seinerseits ging: Wenn der Hirte ihn entließ, indem er sagte: „Geh nach Hause!", pflegte er hinab zu einer kleinen Wasserzisterne zu gehen, die ein wenig vom Dorf entfernt lag. Jener Tag fiel in den Monat Tobe. {col. ii) [Er] breitete seine Hände aus und betete, während das Wasser bis zu seinem Hals anstieg. Jeden Tag, wenn das Tageslicht heraufkam, stritt die Mutter des gerechten kleinen Jungen und sein Vater mit dem Hirten: „Warum hast du uns unseren Sohn nicht ins Dorf geschickt? Wir haben Angst, dass ihm auf deine Veranlassung hin etwas Böses zustößt!" Der Hirte sagte zu ihnen: „Wahrlich, ich schicke ihn jeden Tag abends zu euch." Eines Tages aus einem Tag (?) ging der Hirte dem kleinen Jungen nach, bis er die Wasserzisterne erreichte. Sogleich 1
Vgl. Ps 55,22.
264
Anhang 6
WV 33 = GB-BL Or. 3851B f . 70r
Ihn (?) jetzt. Schließlich gingen beide miteinander, indem sie rezitierten (^leletaGj), bis sie zum Wohnort kamen. Sie fanden ihn tot mit einem einzelnen Palmenblatt in seiner Hand. Mein Vater sagte: „Du bist gerecht, o Herr, und deine [Urteile] sind recht2, denn [...] ein [gerechtes] Urteil3 [ca. 14 Zeilen fehlen] (col. ii) mit meinem Vater und tröstete ihn, indem er sagte: „Groß ist das Mitleid unseres Lehrers mit seiner Ähnlichkeit und seinem Bild4. Nun geh, und besuche deinen Sohn und die, die mit ihm sind. Denn wenn sie dich sehen, werden sie getröstet." Und er teilte mir mit, was geschehen war. Noch ein Mann kam zu meinem prophetischen Vater. Er war aus dem Gebiet von Oushem, Petros war sein Name, er war ein [reicher] Mann und wollte durch meinen Vater Segen empfangen. Er sagte zu dem Gerechten: „Segne mich, o mein heiliger Vater." Mein Vater aber sagte [zu] ihm: „Du bist [des] Segens WV 34 = GB-BL Or. 3851B f . 70v
(34) meines Herrn [nicht würdig], denn du hast eine große Sünde begangen, wegen der Frau, die du genommen hast. Weil sie die Tochter deiner Schwester ist, hast du wahrhaftig einen großen Frevel vor dem Herrn begangen. Die Arme deiner eigenen Schwester hast du berührt." Er sagte: „Mein Vater, mein Besitz ist vermischt mit dem ihren. Deshalb hat mein Vater sie mir gegeben, damit nicht ein Fremder das, was wir besitzen, erhält." Der Prophet sagte zu ihm: „Hast du nicht gehört: ,Wenn der Mensch die ganze Welt gewönne und er nähme aber Schaden an seiner Seele: Was ist sein Nutzen?' 5 Und auch: ,Was ist es, das der Mensch (col. ii) geben wird als Vergeltung für seine Seele?' 6 " Der Mann sagte zu ihm: „Mein Herr Vater, gibt es gar keine Buße für mich?" Mein Vater sagte zu ihm: „Doch." Der Mann verließ ihn, er ging und brachte 150 Solidi, [er] gab sie meinem Vater: „Ich bitte dich, [sie] als Liebesgabe für mich zu [geben]." Der Hefilige] sagte [zu ihm]: „Dies ist [kein] Ort [des Empfangens], sondern dies ist [der Ort] des Gebens, denn [wir], immer geben wir [...] und den [...]. Aber [geh zu dem Ort] von [Apa Apol]lo7 [3 Zeilen fehlen]" 2
Vgl. Ps 119,37. Die Rede endet im unleserlichen Absatz. 4 Vgl. Gen 1,26. 5 Mk 8,36. 6 Mk 8,37. 7 Die wörtliche Rede endet in einem unleserlichen Absatz, vermutlich heißt es weiter: und siehe, ob du jemanden findest, dem du die Summe geben kannst. Vgl. E. 3
AMELINEAU, Monuments, 321 Z. 34f.
Übersetzung Kodex WV WV35
=AT-NBK
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947lr
Er verließ ihn und ging nach Bawit. Er fand Apa Paulos, den Vater von Pauet, sitzend. Er gab ihm das Gold und er nahm es von ihm mit Freude. Er sagte zu ihm: „Du hast den Brüdern Nächstenliebe erwiesen." Und er empfing Segen und verließ ihn. Als er zu seinem Haus gegangen war, sagte er [zu] seiner Frau: „[0 meine] Schwester, also [leben wir] in [Sünde täglich, aber ohne] es zu wissen." So [sagte er] seiner Frau [alles, was der Prophet Apa] Schenufte] ihm [gesagt hatte], [Und so trug] er alles [zusammen, was er besaß, und] ließ es (col. ii) seiner Frau. Er kehrte zu Apa Schenute, zu dem Kloster, zurück. Er erzählte ihm, was ihm geschehen war, und mein Vater Apa Schenute machte ihn zum Mönch. Er vollendete sein Leben wohl in großer Geduld. Es geschah wiederum eines Tages, dass ein Mann zu meinem Vater Apa Schenute kam, der zu einem Dorf im Süden, nämlich Semhout in dem Gebiet von Psoi, gehörte, und sehr betrübt wegen einer Sache war. Und er sandte zu ihm hinein: „Segen durch dich will ich empfangen! Vielleicht werden mir Gott und deine heiligen Gebete WV 36 = AT-NB K
947lv
(36) Barmherzigkeit erweisen und er wird mir meine zahlreichen Sünden vergeben, denn sie sind sehr zahlreich." Und unserem heiligen Vater Apa Schenute wurde erzählt, was der Mann gesagt hatte. Mein Vater aber sagte zu dem, der mit ihm geredet hatte: „Geh! Sage ihm: Wenn du mir gehorchen wirst in dem, das ich dir sagen werde, komm und sieh mein Gesicht! Wenn du mir nicht gehorchst, wirst du mein Gesicht nicht sehen." Der Mann antwortete: „Ich werde dir gehorchen, o mein Herr Vater, in allem, was du mir befehlen wirst." Der Heilige sagte: „Bringe ihn herein." Und er aber kam, warf sich nieder und begrüßte meinen Vater {col. ii) mit großer Demut. Unser Vater sagte zu ihm: „Bekenne, was du getan hast, und du entkomme einer großen Gefahr." Der Mann sagte zu ihm: „Es geschah mir eines Tages, als ich bei der Tenne meines Dorfes saß, dass ein Mann an mir vorbeikam, mit einer Börse an seinem Hals, um den eine Schnur sichtbar gebunden war. Der Mann [ritt] auf [seinem Maultier], Ich nahm [mein Schwert], [rannte hinter ihm her und tötete] ihn. Ich nahm die Börse, [wobei ich dachte], dass [ich] viel [Gold finden würde, mit dem ich mich viele Tage vergnügen könnte. Dann fand ich] einen [einzigen Solidus in ihr] WVfrg.
2r = FR-BN copte 129'3 f . 91 r
(aus Sp. i) [...] des Berges [...] seiner Zelle. Der Teufel stellte sich zu ihm und sagte zu ihm: „Weißt du nach allen diesen Qualen, die du durch-
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machst, nicht, ob der Fluß kommt [jedes Jahr]?" Mein [Vater sagte]: „Alles ist [... des] Befehls des Herrn." [Er sagte zu] meinem Vater [...] WVfrg. 2v = FR-BNcopte
12913 f . 91v
(aus Sp. ii), [wobei er jede Nacht kam], indem er in ihn8 hinabstieg, seine Hände ausbreitete und die ganze Nacht nach dem Abbild des Kreuzes betete. Und wenn er sah, dass das Licht [aufging ...] WVfrg. 3r = GB-BL Or. 3851Bf. 71r [ca. eine halbe Spalte fehlt] mein Vater ging zu ihnen wegen der Kriegsgefangenen, die sie genommen hatten. Als er sich ihnen näherte, nahmen die ersten ihre Lanzen, wobei sie ihn töten wollten. Ihre Hände wurden steif, sie verdorrten wie Holz und sie konnten sie nicht zu sich biegen. {col. ii) [ca. eine halbe Spalte fehlt] [er] ba[t ihn]: Hei[le die Hände] meiner Männer [...] und du wirst finden, was du willst." Der Gerechte [bekre]uzigte sie und sie genasen sogleich und er [W2 Zeilen fehlen] er wollt[e] nicht WVfrg. 3v = GB-BL Or. 3851B f . 71v [ca. 2/3 einer Spalte fehlen] sieben [Är]zte, wobei sie den Kran[ken Arzneien] gaben [u]nd denen, die [Pfeile erhalten hatten, und denen, die mit Lanzen geschlagen worden worden] {col. ii) [ca. eine halbe Spalte fehlt] 150 Krüge (£eai:r|