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German Pages 451 Year 2007
Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Mathias Habersack, Peter O. Mülbert und Uwe H. Schneider
Band 173
Die Verantwortlichkeit von Banken in der Krise von Unternehmen Von
Mihai Vuia
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
MIHAI VUIA
Die Verantwortlichkeit von Banken in der Krise von Unternehmen
Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von
Prof. Dr. Mathias Habersack, Prof. Dr. Peter O. Mülbert und Prof. Dr. Uwe H. Schneider
Band 173
Die Verantwortlichkeit von Banken in der Krise von Unternehmen
Von
Mihai Vuia
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-12414-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
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Für Christine und Valeriu
Geleitwort Die Haftung von Kreditinstituten für die Folgen fehlgeschlagener Sanierungsversuche der von ihnen kreditfinanzierten Unternehmen beschäftigt die Rechtsprechung seit einer Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahre 1953 und wird im Schrifttum seither intensiv diskutiert. Die praktische Relevanz der damit verbundenen Fragen besteht entsprechend den zunehmenden Unternehmensinsolvenzen, die die Wirtschaft seit Jahren prägen, und dem Bemühen um vor- und außergerichtliche Sanierungen zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens fort. In rechtlicher Hinsicht haben sich feste Grundsätze und Kriterien für die Begründung und Begrenzung der Haftung der Kreditinstitute im Zusammenhang mit der Sanierung von Unternehmen, die sich in der Krise befinden, herausgebildet. Der Konsens hierüber ist aber bei näherem Zusehen weniger festgefügt als es scheinen mag und wird durch neuere Untersuchungen in Frage gestellt. Dies wirft grundsätzliche Fragen nach den rechtlichen Kriterien der Risikoallokation und ihrem Verhältnis zur Privatautonomie der Kreditinstitute auf. Die vorliegende Arbeit unternimmt es, die Haftung der Banken einerseits bei der Beteiligung an einem gescheiterten Sanierungsversuch, andererseits bei der verweigerten oder abgebrochenen Mitwirkung an der Sanierung eines Unternehmens umfassend und von den genannten Ansätzen ausgehend zu untersuchen. Die Arbeit untersucht in ihrem 1. Teil die in einer Unternehmenskrise aufeinander stoßenden Interessen und die für eine Risikoallokation maßgeblichen Kriterien, die aus dem ökonomischen, am Effizienzprinzip ausgerichteten Konzept des vollständigen Vertrags abgeleitet werden und maßgeblich dafür sind, ob ein Eingriff in die vertragliche Risikozuweisung und damit in die Privatautonomie durch korrigierende Haftungsregeln gerechtfertigt erscheint. Eine Legitimation hierfür wird in der Kompensation von Marktversagen in Bezug auf externe, die Gläubiger treffenden Effekte gesehen. Von diesem Ansatz her befasst sich die Arbeit im 2. Teil mit der Haftung der Bank, die sich an einem fehlgeschlagenen Sanierungsversuch beteiligt hat, während im 3. Teil die Haftung der Bank in den Fällen einer verweigerten oder abgebrochenen Mitwirkung an der Sanierung von Unternehmen untersucht wird. Dabei werden die in Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten rechtsdogmatischen Kriterien einer eingehenden Prüfung und Kritik unterzogen. Die Haftung der Banken bei der Sanierung von Unternehmen in ihren unterschiedlichen Konstellationen wird zu einem die Grundprinzipien und die Grenzen der Privatautonomie anhand der zuvor entwickelten Kriterien der effizienten Risikoallokation in konsistenter Weise umfassenden Haftungskonzept zusammengefügt. Hamburg, im Dezember 2006
Prof. Dr. Claus Ott
Vorwort Das Thema der Haftung von Banken in der Krise von Unternehmen ist ein weites Feld und in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Die vorliegende Arbeit nimmt die Interessen- und Risikoverteilung in der Unternehmenskrise zum Ausgangspunkt für die Frage, welche Haftungsrisiken für den Darlehensgeber hiermit einhergehen. In jüngerer Zeit haben Zusammenbrüche namhafter Unternehmen die Frage nach der Verantwortlichkeit der involvierten Kreditinstitute neu aufgeworfen. Die Ermittlung eines sachgerechten, nämlich effizienten Haftungssystems ist das Hauptanliegen dieser Arbeit. In diesem Zusammenhang ist insbesondere das Thema der Bankenhaftung für die Vergabe sog. Sanierungsdarlehen seit Anfang der 50er Jahre intensiv diskutiert worden und hat zahlreiche Diskussionsbeiträge hervorgebracht. Die vorliegende Untersuchung soll diese Lösungsansätze beleuchten und in ein neues Haftungskonzept unter Berücksichtigung der Ökonomischen Analyse des Rechts einreihen. Die Arbeit ist von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg als Dissertation angenommen worden. Sie wurde im Dezember 2005 eingereicht und berücksichtigt die bis dahin veröffentlichte Rechtsprechung und Literatur. Ganz herzlich danken möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Claus Ott, der die vorliegende Arbeit angeregt, betreut und gefördert hat. Herrn Professor Dr. Gerhard Struck danke ich herzlich für die Übernahme des Zweitgutachtens. Ganz herzlich danken möchte ich meiner Ehefrau Christine für zahlreiche Anregungen bei der Durchsicht dieser Arbeit. Danken möchte ich auch meinen Studienfreunden Jaquline Ahmadi, Jakob Kleineidam, Christian Mundhenk, Lars Naundorf und Hendrik Pahl, sowie der Bibliotheksverwaltung des Fachbereichs Rechtswissenschaft für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit. Ganz besonderer Dank gebührt meiner Mutter dafür, daß sie mir meinen beruflichen Werdegang ermöglicht hat. Hamburg, im November 2006
Mihai Vuia
Inhaltsübersicht Erster Teil
§ 1
§ 2
§ 3
§ 4
Grundfragen der Unternehmenskrise und der Verteilung ihrer Risiken
31
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
I. Anlaß und Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
II. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
Krise, Sanierung und Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
I. Der Krisenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
II. Anreize durch das Haftungsrecht: Sanierung oder Zerschlagung des Unternehmens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
III. Die einzelnen Sanierungsmaßnahmen und ihre praktische Bedeutung . . . . . . .
53
IV. Die rechtliche Ausgestaltung des Sanierungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
Die Verteilung der Risiken der Krise und der Sanierung zwischen den Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
I. Die „Sonderstellung“ der Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
II. Die Risikoverteilung gegenüber dem Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
III. Die Risikoverteilung gegenüber Dritten – Zum sog. Relativitätsprinzip . . . . .
77
IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
Abweichende Risikozuweisung und Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
I. Privatautonomie und formale Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
II. Von der formalen Vertragsfreiheit zur Vertragsgerechtigkeit? . . . . . . . . . . . . . . .
90
III. Die ökonomische Funktion der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
IV. Effizienz als Bestandteil der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
12 §
Inhaltsübersicht 5 Gründe für eine abweichende Risikozuweisung außerhalb der Krise . . . . . . . . . 120 I. Abweichende Risikozuweisung gegenüber dem Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . 121 II. Abweichende Risikozuweisung gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Zweiter Teil Die Verantwortlichkeit der Bank bei der Beteiligung an einem gescheiterten Sanierungsversuch
§ 6
156
Die vertragliche Verantwortlichkeit der Bank gegenüber dem Krisenunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I. Gründe für das Scheitern der Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 II. Die Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
§ 7
Die Sittenwidrigkeit der Bestellung von Sicherheiten und die Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 I. Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 II. Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
§ 8
Die Konzernhaftung der Banken in der wirtschaftlichen Krise . . . . . . . . . . . . . . . 178 I. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. Die Abhängigkeit (§ 17 Abs. 1 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 III. Die Innenhaftung gemäß §§ 311 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 IV. Die Haftung im qualifiziert faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
§ 9
Die Anwendung der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen (§§ 32a f. GmbHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 I. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 II. Der Zweck der §§ 32a f. GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 III. Die tatbestandlichen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Inhaltsübersicht
13
IV. Die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 § 10 Die Verantwortlichkeit der Bank gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 I. Die Problematik der drittschädigenden Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. Die (quasi)vertragliche Haftung der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 III. Die deliktische Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 IV. Die deliktische Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 V. Haftung gemäß § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 VI. Haftung nach Sonderdeliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 § 11 Die hypothetische Beteiligung der Mitgläubiger am Sanierungsversuch und ihre Umsetzung in der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 I. Die hypothetische Risikozuweisung durch die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 II. Umsetzung der Haftungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Dritter Teil Die Verantwortlichkeit der Bank bei einer verweigerten oder abgebrochenen Mitwirkung am Sanierungsversuch
329
§ 12 Die Pflicht der Bank zur Darlehensgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 I. Pflicht aus einer Sanierungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 II. Abbruch von Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 III. Allgemeiner Kontrahierungszwang außerhalb vertraglicher Beziehungen . . . 331 IV. Allgemeiner Kontrahierungszwang innerhalb vertraglicher Beziehungen . . . 333 V. Die Haftung gegenüber den Mitgläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 § 13 Die Pflicht der Bank zur Darlehensbelassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 I. Die Problematik der Darlehensbelassungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348
14
Inhaltsübersicht II. Dogmatische Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 III. Das Kündigungsrecht der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 IV. Das Rückforderungsrecht der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
§ 14 Die Pflicht der Bank zur Mitwirkung am Sanierungsversuch (sog. Akkordstörerproblematik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 II. Die Bindung der Bank durch Zustimmung zum Sanierungsvergleich . . . . . . . 383 III. Die Mitwirkungspflichten der Bank am Sanierungsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 IV. Die Durchsetzbarkeit eingeräumter Sonderkonditionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 § 15 Der Zahlungsverkehr in der wirtschaftlichen Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 I. Die Pflicht zum Abschluß von Überweisungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 II. Die Kündigung von Überweisungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
Inhaltsverzeichnis Erster Teil
§ 1
§ 2
Grundfragen der Unternehmenskrise und der Verteilung ihrer Risiken
31
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
I. Anlaß und Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
II. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
Krise, Sanierung und Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
I. Der Krisenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
1. Merkmale und Ursachen der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
2. Die sog. insolvenzrechtliche Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
a) Der Begriff der Insolvenzreife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
b) Die einzelnen Insolvenzgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
aa) Die (drohende) Zahlungsunfähigkeit (§§ 17, 18 InsO) . . . . . . . . . .
38
bb) Die Überschuldung (§ 19 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
3. Die sog. vorinsolvenzrechtliche Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
a) Weiter Krisenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
b) Enger Krisenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
II. Anreize durch das Haftungsrecht: Sanierung oder Zerschlagung des Unternehmens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
1. Die kollidierenden Interessen in der Unternehmenskrise . . . . . . . . . . . . . . . .
45
a) Das Interesse der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
b) Das Interesse der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
c) Das Interesse der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
16
Inhaltsverzeichnis d) Das Interesse von Politik und Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
e) Die Stellung der Banken und ihre Motive zur Beteiligung an einer Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
2. Der Ausgleich der widerstreitenden Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
III. Die einzelnen Sanierungsmaßnahmen und ihre praktische Bedeutung . . . . . . .
53
1. Der Sanierungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
2. Sanierungsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
b) Vor Eintritt der Unternehmenskrise gewährte Darlehen . . . . . . . . . . . . .
56
c) Nach Eintritt der Unternehmenskrise gewährte Darlehen . . . . . . . . . . .
57
aa) Projektbezogene Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
bb) Objektbezogene Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
cc) Überbrückungsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
dd) Existenzgründungsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
ee) Liquidationsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
d) Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
3. Umwandlung von Darlehensforderungen in Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . .
61
4. Gründung einer Sanierungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
5. Sonstige Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
a) Sicherheitenfreigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
b) Verzicht und Rangrücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
c) Zahlungsaufschub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
IV. Die rechtliche Ausgestaltung des Sanierungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
2. Die Sanierung in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
a) Die Bedeutung der Sanierung im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . .
66
b) Die Möglichkeiten einer Sanierung im Insolvenzverfahren . . . . . . . . .
67
c) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
aa) Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
bb) Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
Inhaltsverzeichnis
§ 3
§ 4
17
3. Die Sanierung in der Vorinsolvenzphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
a) Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
aa) Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
bb) Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
c) Die Problematik der Pfändbarkeit von Dispositionskrediten . . . . . . . . .
73
4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
Die Verteilung der Risiken der Krise und der Sanierung zwischen den Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
I. Die „Sonderstellung“ der Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
II. Die Risikoverteilung gegenüber dem Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
III. Die Risikoverteilung gegenüber Dritten – Zum sog. Relativitätsprinzip . . . . .
77
1. Der Schutz Dritter durch Isolation des Schuldverhältnisses . . . . . . . . . . . . .
78
2. Der Schutz der Parteien durch Isolation des Schuldverhältnisses . . . . . . . .
79
3. Das Problem der Kleingläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
4. Die Kritik am Relativitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
Abweichende Risikozuweisung und Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
I. Privatautonomie und formale Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
II. Von der formalen Vertragsfreiheit zur Vertragsgerechtigkeit? . . . . . . . . . . . . . . .
90
1. Objektive Vertragsgerechtigkeitstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
2. Subjektive Vertragsgerechtigkeitstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
a) Theorie vom subjektiven Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
b) Lehre von der Vertragsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
3. Die Theorie der vertragsrechtsgebundenen Selbstbestimmung . . . . . . . . . .
94
III. Die ökonomische Funktion der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
1. Ökonomische Funktion und formales Vertragsdenken . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
2. Das Problem der Transaktionskosten und des Marktversagens . . . . . . . . . .
99
3. Das Problem der externen Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Definition und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2 Vuia
18
Inhaltsverzeichnis b) Behandlung in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . 102 c) Die positiven externen Effekte in der Unternehmenskrise . . . . . . . . . . . 103 d) Die negativen externen Effekte in der Unternehmenskrise . . . . . . . . . . 104 4. Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 IV. Effizienz als Bestandteil der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Der Effizienzbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Die Kritik am Effizienzkriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 c) Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3. Die Funktionen des Effizienzprinzips in der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . 114 a) Die analytische Funktion des Effizienzprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Die rechtsfortbildende Funktion des Effizienzprinzips . . . . . . . . . . . . . . 115 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
§ 5
Gründe für eine abweichende Risikozuweisung außerhalb der Krise . . . . . . . . . 120 I. Abweichende Risikozuweisung gegenüber dem Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Die Pflicht zur Übernahme des Verwendungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Der Einwendungsdurchgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Die Begründung vorvertraglicher Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . 123 2. Die Pflicht zur Übernahme zusätzlicher Ausfallrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Daseinsvorsorge und volkswirtschaftliches Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) Monopolstellung und Marktmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 d) Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 e) Unterlegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 f) Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 g) Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Inhaltsverzeichnis
19
II. Abweichende Risikozuweisung gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Die Relevanz der sog. Drittschutzproblematik für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2. Das Interesse des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 3. Eingriff in das Risikoverteilungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 4. Die Intensität der Drittwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 5. Die Intensität der Drittgefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 6. Grad des Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 7. Das Vertrauensprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Grundaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 8. Berufspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 9. Der Haftungsdurchgriff bei der Verletzung der Grundsätze über die verantwortungsvolle Kreditvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Zweiter Teil Die Verantwortlichkeit der Bank bei der Beteiligung an einem gescheiterten Sanierungsversuch § 6
156
Die vertragliche Verantwortlichkeit der Bank gegenüber dem Krisenunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I. Gründe für das Scheitern der Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 II. Die Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Sanierungsunfähigkeit des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Fehlerhafte Sanierungsfähigkeitsprüfung durch die Bank . . . . . . . . . . . 158 b) Fehlerhafte Sanierungsfähigkeitsprüfung durch das Unternehmen . . 159 c) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Sanierungsfähigkeit des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 a) Mangelhafter Sanierungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 b) Fehlerhafte Umsetzung des Sanierungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 c) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Eintritt der Sanierungsunfähigkeit während des Sanierungsversuchs . . . . 164 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
2*
20 § 7
Inhaltsverzeichnis Die Sittenwidrigkeit der Bestellung von Sicherheiten und die Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 I. Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Das Verhältnis zur Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Sicherheitenbestellung und Abstraktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Aufhebung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit (Knebelung) . . . . 171 aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 c) Gläubigergefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 II. Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Gläubigerbenachteiligung und Sanierungsprivileg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Die Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Inkongruente Deckung (§ 131 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 b) Kongruente Deckung (§ 130 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 c) Bargeschäft (§ 142 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
§ 8
Die Konzernhaftung der Banken in der wirtschaftlichen Krise . . . . . . . . . . . . . . . 178 I. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. Die Abhängigkeit (§ 17 Abs. 1 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Beteiligungsrechtliche Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Ökonomische Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Meinungsstand in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 a) Das Thega-Urteil des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 b) Das BuM-Urteil des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Das Tiefbau-Urteil des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Inhaltsverzeichnis
21
III. Die Innenhaftung gemäß §§ 311 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 IV. Die Haftung im qualifiziert faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 § 9
Die Anwendung der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen (§§ 32a f. GmbHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 I. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 II. Der Zweck der §§ 32a f. GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter und ihre Einschränkung . . . 191 2. Die Begründung der Finanzierungs(folgen)verantwortung . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Das Mißbrauchsargument des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Das Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 c) Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 d) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 e) Unternehmerisch motiviertes Handeln der Gesellschafter . . . . . . . . . . . 197 f) Außerkraftsetzen des gesetzlichen Schutzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 III. Die tatbestandlichen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 2. Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Mindestbeteiligung für nichtgeschäftsführende Gesellschafter . . . . . . 203 b) Generelle Mindestbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 c) Beteiligung vor der Darlehensvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 d) Bankenprivileg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 e) Treuhandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 3. Darlehen eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Erfordernis eines Zurechnungszusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
22
Inhaltsverzeichnis b) Ausgestaltung des Zurechnungszusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 aa) Motive der Darlehensvergabe (Subjektive Theorie) . . . . . . . . . . . . 208 bb) Indizienbildung (Objektive Theorie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 4. Sanierungsdarlehen als Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 a) Das HeLaBa-Sonnenring-Urteil des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . 211 b) Streitstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 aa) Privilegierung von Sanierungsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 bb) Keine Privilegierung von Sanierungsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 5. Eigenkapitalersatzcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 a) Krise der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 b) Überbrückungsdarlehen als Eigenkapitalersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 c) Finanzplandarlehen und Eigenkapitalersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 6. Kenntnis der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 IV. Die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 a) Vermögensteilhabe des Nichtgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Quasi-Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 c) Rein schuldrechtliche Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Anwendungsfälle bei der Darlehensvergabe durch Banken . . . . . . . . . . . . . 223 a) Nachträgliche Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Atypische Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 c) Die Bank als Treugeberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 d) Verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 e) Verpfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 f) Faktische Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 g) Kapitalersatz und Financial Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
Inhaltsverzeichnis
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§ 10 Die Verantwortlichkeit der Bank gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 I. Die Problematik der drittschädigenden Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. Die (quasi)vertragliche Haftung der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 1. Haftung aus §§ 311 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Haftung aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 a) Die sog. Einheitslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Die Selbstbindung ohne Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 3. Haftung aus §§ 311 Abs. 3, 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 b) Eigenhaftung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 III. Die deliktische Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 1. Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 2. Das Forderungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 3. Vermögen als sonstiges Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 IV. Die deliktische Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Schutzgesetzcharakter des § 18 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 2. Schutzgesetzcharakter von Richterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 3. Verletzung der Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 a) Die Bank als Verpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Die Diskussion um die faktische Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 4. Beteiligung an der Insolvenzverschleppung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 a) Teilnahmehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Haupttat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 c) Teilnahmevorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 d) Die Insolvenzantragspflicht als Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 V. Haftung gemäß § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Das Verhältnis zu § 138 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
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Inhaltsverzeichnis 2. Das Verhältnis zur Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Die möglichen Konkurrenzlösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 c) Logischer Vorrang (Spezialität) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 d) Teleologischer Vorrang (Subsidiarität) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 3. Das Verhältnis zu §§ 32a f. GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 4. Der Sittenwidrigkeitsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Die Tatbestandsbildung des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 b) Die Fallgruppenbildung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 aa) Kredittäuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 bb) Gläubigergefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 cc) Wissensvorsprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 dd) Knebelung und Aussaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 ee) Stille Geschäftsinhaberschaft und Leitungsmacht . . . . . . . . . . . . . . 273 c) Vertrauen in Kreditkaskaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 d) Verobjektivierung der guten Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 aa) Konkretisierung durch Berufspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 bb) Konkretisierung mit Hilfe des Effizienzkriteriums . . . . . . . . . . . . . 276 cc) Konkretisierung durch ein bewegliches System . . . . . . . . . . . . . . . . 277 dd) Konkretisierung durch Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 5. Schädigungsvorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 6. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) Zum Haftungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 b) Zur Haftungsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 VI. Haftung nach Sonderdeliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
§ 11 Die hypothetische Beteiligung der Mitgläubiger am Sanierungsversuch und ihre Umsetzung in der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 I. Die hypothetische Risikozuweisung durch die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 1. Die Verhaltensweisen gesicherter und ungesicherter Gläubiger . . . . . . . . . 287 2. Die Übernahme der Risiken durch die Mitgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 a) Das Verhalten risikoneutraler Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Inhaltsverzeichnis
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b) Die Benachteiligung der ungesicherten Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 c) Die Sanierungsfähigkeitsprüfung und ihre Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 d) Die Erstellung und Durchführung des Sanierungsplans . . . . . . . . . . . . . 294 e) Die Vergabe von Überbrückungsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 3. Die Zuweisung der Risiken an die Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 a) Sanierungsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 b) Wissensvorsprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 aa) Kenntnis der Krise und des Sanierungsversuchs . . . . . . . . . . . . . . . . 296 bb) Kenntnis der Sanierungsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 cc) Kenntnis der Mangelhaftigkeit des Sanierungsplans . . . . . . . . . . . . 298 c) Opportunistisches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 aa) Die Opportunismusgefahr in der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 bb) Opportunismus und Sanierungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 cc) Opportunismus und Untätigkeit der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 4. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 a) Sanierungsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 b) Sanierungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 II. Umsetzung der Haftungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 1. Legitimatorische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 a) Gesetzeslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 aa) Die Bestimmung des § 676 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 bb) Die Anfechtungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 cc) Die Begrenzung der Haftung für die Verursachung reiner Vermögensschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 dd) Gesetzliche Durchgriffstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 b) Vorrang der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . 312 aa) Gesamtanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 bb) Die Abtretungskonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 cc) Ausdehnung der Erfüllungsgehilfenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
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Inhaltsverzeichnis 2. Dogmatische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 a) Die methodische Ausgestaltung der Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . 316 b) Die Methoden im gesellschaftsrechtlichen Durchgriff . . . . . . . . . . . . . . 317 c) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 3. Normative Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 a) Rechtfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 b) Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 aa) Mitverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 bb) Dritteinwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 c) Der Durchgriff in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 4. Vorbehalte und kritische Fragen zum Durchgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 a) Die allgemeine Skepsis gegenüber dem Durchgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 b) Der Durchgriff als Wiederbelebung der actio de in rem verso? . . . . . . 324 c) Der Durchgriff als Vertrag zu Lasten Dritter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Dritter Teil Die Verantwortlichkeit der Bank bei einer verweigerten oder abgebrochenen Mitwirkung am Sanierungsversuch
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§ 12 Die Pflicht der Bank zur Darlehensgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 I. Pflicht aus einer Sanierungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 II. Abbruch von Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 III. Allgemeiner Kontrahierungszwang außerhalb vertraglicher Beziehungen . . . 331 1. Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 2. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 IV. Allgemeiner Kontrahierungszwang innerhalb vertraglicher Beziehungen . . . 333 1. Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 2. Die Darlehensgewährungspflicht in der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 a) Die Ablehnung einer Darlehensgewährungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
Inhaltsverzeichnis
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3. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 a) Die Schutzwürdigkeit des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 b) Selbstwidersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium)
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c) Das Verbot der übermäßigen Schädigung (inciviliter agere) . . . . . . . . . 342 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 4. Darlehensgewährungspflicht und „negative Kreditkaskade“ . . . . . . . . . . . . 345 V. Die Haftung gegenüber den Mitgläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 § 13 Die Pflicht der Bank zur Darlehensbelassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 I. Die Problematik der Darlehensbelassungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 II. Dogmatische Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 1. Rückforderungsausschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 2. Ausschluß des Kündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 III. Das Kündigungsrecht der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 1. Das Recht zur ordentlichen Kündigung nach § 488 Abs. 3 BGB i.V.m. Nr. 19 AGB-Banken bzw. Nr. 26 AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 a) Inhalt der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 b) Wirksamkeit der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 aa) Kein Verstoß gegen §§ 307 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 bb) Verstoß gegen §§ 307 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 cc) Vermittelnde Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 c) Allgemeine Schranken des Kündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 aa) Kündigung zur Unzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 bb) Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 cc) Rechtsmißbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 dd) Ernstlicher Anlaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 d) Schranken in der wirtschaftlichen Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 aa) Abhängigkeit des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 bb) Schaffung eines Vertrauenstatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 cc) Zweckgebundenheit des Darlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360
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Inhaltsverzeichnis dd) Hinreichende Besicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 ee) Kündigung ohne ausreichende Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 2. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 490 BGB i.V.m. Nr. 19 AGB-Banken bzw. Nr. 26 AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 a) Inhalt der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 aa) Das Verhältnis von § 490 BGB zu § 314 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 bb) Das Kündigungsrecht in den Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 b) Kündigungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 c) Verhältnismäßigkeit (ultima ratio) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 d) Vertretenmüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 e) Allgemeine Schranken des Kündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 aa) Das Verbot der Kündigung zur Unzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 bb) Vorankündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 cc) Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 dd) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 ee) Tu quoque-Einwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 f) Schranken in der wirtschaftlichen Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 3. Das Recht zur Kündigung eines Sanierungsdarlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 a) Ordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 b) Außerordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 4. Die Beendigung eines Finanzplandarlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 IV. Das Rückforderungsrecht der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 1. Pflicht zum Abschluß einer Stundungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 2. Das Stehenlassen eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen . . . . . . 374 a) Das einfache Stehenlassen von Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 aa) Unterlassene Geltendmachung trotz Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 bb) Unterlassene Kündigung trotz bestehenden Kündigungsrechts . . . 376 cc) Unterlassene Rückforderung mangels Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . 376 b) Das qualifizierte Stehenlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 3. Das Stehenlassen von Finanzplandarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
Inhaltsverzeichnis
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§ 14 Die Pflicht der Bank zur Mitwirkung am Sanierungsversuch (sog. Akkordstörerproblematik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 1. Die Bedeutung des Sanierungsvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 2. Das Problem obstruktiven Gläubigerverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 3. Weiterer Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 II. Die Bindung der Bank durch Zustimmung zum Sanierungsvergleich . . . . . . . 383 III. Die Mitwirkungspflichten der Bank am Sanierungsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 1. Beteiligung an einem Sanierungskonsortium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 b) Entstehung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 aa) Sanierungskonsortium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 bb) Teilnahme an Sanierungsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 cc) Teilnahme an einem Sanierungsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 c) Entstehung und Umfang der Mitwirkungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 2. Mitwirkungspflichten kraft Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 a) Das co op-Urteil des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 b) Ablehnende Ansichten im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 c) Befürwortende Ansichten im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 IV. Die Durchsetzbarkeit eingeräumter Sonderkonditionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 1. Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 2. Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 3. Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 4. Scheingeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 5. Aufschiebend bedingter Vertragsschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 6. Vertragliches Rücktrittsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 7. Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 8. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401
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Inhaltsverzeichnis
§ 15 Der Zahlungsverkehr in der wirtschaftlichen Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 I. Die Pflicht zum Abschluß von Überweisungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 1. Das Zustandekommen des Überweisungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 2. Pflicht zum Vertragsschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 a) Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 3. Voraussetzungen der Abschlußpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 II. Die Kündigung von Überweisungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 1. Vor Beginn der Ausführungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 a) Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 2. Nach Beginn der Ausführungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
Erster Teil
Grundfragen der Unternehmenskrise und der Verteilung ihrer Risiken § 1 Einführung I. Anlaß und Ziel der Untersuchung Die wirtschaftliche Krise eines Unternehmens berührt in der Regel eine Vielzahl von Interessen unterschiedlicher Personengruppen. Bei den Arbeitnehmern führt sie häufig zu einer Existenzgefährdung, Gläubiger drohen mit ihren Forderungen auszufallen, potentielle Neugläubiger möchten davor bewahrt werden, in der Krise mit dem Unternehmen noch in geschäftliche Beziehungen zu treten. Ganze Wirtschaftsregionen können durch den Zusammenbruch eines Unternehmens und die hierdurch bedingten Folgeinsolvenzen gefährdet werden. Inmitten dieser teilweise widerstreitenden Interessen stehen die Banken, an die gegensätzliche Erwartungen herangetragen werden. Sie können auf die Krise unterschiedlich reagieren: Zum einen kann die Bank dem Unternehmen eine weitere Finanzierung bzw. eine anderweitige finanzielle Hilfe verweigern, was regelmäßig zum endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens führen wird. Zum anderen kann sie sich aber auch dazu entschließen, dem Unternehmen durch die Vergabe (weiterer) Darlehen wirtschaftlich wieder auf die Beine zu helfen. Schließlich könnte sie auf die Krise schlicht durch Abwarten reagieren, um zu sehen, ob sich das Unternehmen ohne ihr Zutun wieder erholt, was insbesondere dann naheliegt, wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf einer (kurzfristigen) Konjunkturschwankung und nicht auf einer Rezession beruhen. Gleich, für welche der genannten Verhaltensweise sich die Bank entscheidet, droht ihr bei einem Scheitern der Sanierung ein Haftungsrisiko: Verweigert sie eine Teilnahme an einem Sanierungsversuch, könnten das Krisenunternehmen bzw. die durch den Zusammenbruch geschädigten Mitgläubiger sie mit dem Argument in Anspruch nehmen, sie habe ein sanierungs- und damit überlebensfähiges Unternehmen nicht vor der Insolvenz bewahrt. Entschließt sich das Kreditinstitut dagegen für eine Teilnahme an einem Sanierungsversuch, könnte sie wiederum von den Mitgläubigern, insbesondere von solchen, die erst nach der Krise mit dem Unternehmen in geschäftliche Beziehungen getreten sind, mit der Behauptung in Anspruch genommen werden, sie habe ein insolvenzreifes Unternehmen durch ihr
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
Kreditengagement künstlich am Leben erhalten und so eine rechtzeitige Liquidation verhindert. Wartet die Bank einfach ab, wird man ihr vorwerfen, sie habe sehenden Auges ein insolvenzreifes Unternehmen am Markt belassen. Nicht zu Unrecht wird daher betont, das Kreditinstitut habe in dieser Situation nur die Wahl zwischen Szylla und Charybdis.1 Verschärft wird diese Situation noch dadurch, daß im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung zum Zeitpunkt der Entscheidung feststeht, daß das Unternehmen nicht sanierungsfähig war.2 Die für die Beurteilung der Haftungsfragen maßgebliche ex ante-Betrachtung droht dann außer Betracht zu bleiben.3 Hinzu kommt, daß die Banken bei einer Unternehmensinsolvenz regelmäßig der einzig noch liquide Anspruchsgegner sind. Hiermit einher geht die weit verbreitete Meinung, Banken seien in einem späteren Insolvenzverfahren ohnehin die unbillig Begünstigten und häufig selbst die Verursacher der Krise4. Die Entwicklung einer allgemeinen Kreditgeberhaftung in der Krise von Unternehmen läuft daher in der Sache auf ein Sonderhaftungsrecht für Banken hinaus. Dennoch gelten die im folgenden zu entwickelnden Grundsätze für alle Kreditgeber.5 Die Verantwortlichkeit der Banken in der wirtschaftlichen Krise von Unternehmen ist in der Rechtsprechung und im rechtswissenschaftlichen Schrifttum seit einer Grundsatzentscheidung6 des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. 7. 1953 eingehend diskutiert worden. Gleichwohl hat dies nicht dazu geführt, daß die für die Bank bestehenden Haftungsrisiken damit vorhersehbar und damit kalkulierbar geworden sind.7 Im Gegenteil haben die auch weiterhin bestehenden Unsicherheiten dazu geführt, daß Banken in der Krise im Zweifel von einer Beteiligung an einem Sanierungsversuch von vornherein Abstand nehmen. Im Schrifttum ist vor einer Teilnahme an einem Sanierungsversuch sogar ausdrücklich gewarnt worden.8 Angesichts der Tatsache, daß eine Teilnahme von Banken an einem Sanierungsversuch für eine erfolgreiche Sanierung unerläßlich ist, müssen derartige Äußerungen Anlaß dazu geben, die bislang entwickelten Konzepte zu überprüfen und klarere Haftungsvoraussetzungen zu entwickeln. Ziel dieser Untersuchung ist daher, die 1 BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 [108 ff.]; Gawaz, Rn. 5 f., 62 ff.; Groß, II Rn. 215; Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 150; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [164]; Köndgen, Bankrechtstag 1994, S. 141 [144]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.10; Wenzel, Risiken, S. 235; Wiegelmann, S. 5 ff.; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 30. 2 Vgl. Batereau, WM 1992, 1517 [1521]; Götz, S. 146; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 117; K. Schmidt, WM 1983, 490; Wenzel, Risiken, S. 255; Wiegelmann, S. 6. 3 Vgl. Riesenhuber, ZBB 2003, 325 [332]; überzeugend z. B. OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1692, rechte Spalte]. 4 Vgl. hierzu Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 115, 455 in einer Untersuchung aus dem Jahre 1978. 5 So auch Engert, S. 163. 6 BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 ff. 7 Engert, S. 3. 8 So Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.107.
§ 1 Einführung
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von Rechtsprechung und Schrifttum diskutierten Lösungsvorschläge zu analysieren und deren mögliche Schwächen aufzuzeigen, die zu den erheblichen Unsicherheiten in der Praxis geführt haben. Gleichzeitig sollen handhabbare Haftungskriterien entwickelt werden, die es Banken ermöglichen, die Folgen ihres Verhaltens in der Krise sicher zu kalkulieren und ihr Handeln danach auszurichten. Die praktische Relevanz des hier behandelten Themenkreises bedarf angesichts einer Zahl von 39.213 Unternehmensinsolvenzen im Jahr 20049 keiner besonderen Betonung. War die Insolvenz bis in die achtziger Jahre hinein noch ein Problem der klein- und mittelständischen Unternehmen10, so geraten in neuester Zeit auch Großunternehmen zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten, zu nennen sind etwa die spektakulären Unternehmenszusammenbrüche von Holzmann, Balsam, Walter-Bau oder Grundig, sowie die Sanierungsversuche von KarstadtQuelle und Opel. Während Gegenstand zahlreicher Urteile und rechtswissenschaftlicher Abhandlungen dabei bislang vor allem Fragen der Haftung von Banken wegen der Beteiligung an Sanierungsversuchen war, ist wohl aufgrund der nunmehr eher zögerlichen Haltung von Banken bei der Teilnahme an Sanierungsversuchen in jüngerer Zeit vor allem die Diskussion um mögliche Mitwirkungspflichten in der Krise wieder eingehender diskutiert worden.11 In der vorliegenden Untersuchung wird daher auch dieser Fragenkreis eingehend zu untersuchen sein.
II. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands Mit der Frage der Verantwortlichkeit von Banken in der Unternehmenskrise sind nicht nur haftungsrechtliche Fragen im engeren Sinne angesprochen, weil eine Verteilung der mit der Krise einhergehenden Risiken auf die Bank auch dann stattfindet, wenn man ihr etwa die Rückforderung der Darlehensforderungen nach §§ 32a, 32b GmbHG verwehrt oder der Bank bestellte Sicherheiten für sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB hält. Die Untersuchung hat daher sämtliche Instrumentarien einzubeziehen, die zu einer Umverteilung der Risiken auf die Bank führen können. Außer Betracht bleiben sollen im folgenden dagegen die speziellen handelsrechtlichen (§ 25 HGB)12, arbeitsrechtlichen (§ 613a BGB)13 und steuer9 Für das erste Halbjahr 2005 ist die Zahl mit 19.153 Unternehmensinsolvenzen leicht rückläufig; die Zahlen sind abrufbar auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes unter www.destatis.de. 10 Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 4. 11 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 ff. zur sog. Akkordstörerproblematik. 12 Ausführlich Picot / Aleth, Rn. 525 ff.; s. a. Wellensiek, WM 1999, 405 [408]. 13 Wegen § 613a Abs. 2 BGB besteht keine Haftung für Altverbindlichkeiten, vgl. BAG, Urt. v. 11. 10. 1995 – 10 AZR 984 / 94, BAGE 81, 132 ff.; Spielberger, S. 66; dies ist mit der Richtlinie 77 / 187 / EWG vom 14. 2. 1977 (ABl. EG 1977 Nr. L 61 / 26) vereinbar, vgl. Hanau / Berscheid, S. 1541 [1546 ff.] Rn. 9 ff.; s. ferner zu den arbeitsrechtlichen Fragen in der Krise Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Dauner-Lieb, § 14.
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
rechtlichen Fragen, die im Zusammenhang mit einer Beteiligung von Banken in der Unternehmenskrise, insbesondere bei der Gründung einer Sanierungsgesellschaft, einhergehen. Auch wettbewerbsrechtliche Fragen, die im Zusammenhang mit Sanierungsfusionen diskutiert werden14, bleiben außer Betracht. Nicht näher erörtert werden im folgenden auch die speziellen Problemfragen, die sich im Zusammenhang mit der Beteiligung der öffentlichen Hand an der Sanierung von Unternehmen ergeben, insbesondere, ob gegen eine staatliche Mitwirkung an einer Sanierung grundlegende Bedenken bestehen, der Staat also generell darauf beschränkt sein sollte, durch entsprechende Gesetze die Rahmenbedingungen für eine Bewältigung des Phänomens „Insolvenz“ zu setzen15. Ebenfalls nicht eingegangen wird im Rahmen dieser Untersuchung auf die Vereinbarkeit staatlicher Sanierungsmaßnahmen mit dem EG-Beihilferecht16. Nicht gesondert untersucht werden schließlich diejenigen Konstellationen, in denen die Krise bzw. der Zusammenruch auf unternehmensinternen Fehlentscheidungen, wie etwa Managementfehler, beruht. Die rechtlichen Probleme, die speziell mit dieser Ursache der Unternehmenskrise einhergehen, betreffen vor allem die Ausgestaltung der internen Verantwortlichkeit der Unternehmensleitung und der Notwendigkeit zur Bestimmung allgemeingültiger Verhaltensstandards. Diese Fragen, die Teil der Çorporate Governance“ sind, werden im folgenden nicht näher untersucht, da es im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich um die Frage geht, ob Banken in der Krise des Unternehmens bestimmte Pflichten treffen, gleich, welche Ursachen diese hat. Insbesondere geht es speziell um die Frage, ob besondere Verhaltenpflichten der Banken als Gläubiger des Unternehmens bei der Kreditvergabe sowohl dem Krisenunternehmen als auch Dritten gegenüber existieren. Bei der Çorporate Governance“ geht es demgegenüber um die Bestimmung allgemeiner Verhaltenspflichten bei der Unternehmensführung, womit andere Problembereiche angesprochen sind, die sich vor allem mit dem Interesse der Anteilseigner an einer sachgerechten Unternehmensführung auseinander zusetzen haben, nicht dagegen primär mit dem Schutz und den Interessen der Mitgläubiger bzw. des Krisenunternehmens im Hinblick auf die Unterstützung im Rahmen einer möglichen Sanierung. Daß die Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Unternehmens prüfen und dieses dadurch faktisch überwachen, führt noch nicht dazu, daß ihnen damit auch die Aufgabe zuzuweisen ist, die Unternehmensleitung zu kontrollieren. Die 14 Vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 12. 2. 1997 – 10 Wx 1 / 97, NJW-RR 1998, 178; Limmer, S. 1219 [1225 ff.]; K. Schmidt, AG 1982, 169 ff.; Spielberger, S. 79 ff.; zur europarechtlichen Behandlung von Sanierungsfusionen, insbesondere der „failing company defence-Doktrin“, Fiedler, EuZW 2001, 585 ff.; grundsätzlich besteht zwischen Insolvenz- und Wettbewerbsrecht ein freies Konkurrenzverhältnis, so daß es kein Insolvenzprivileg gibt, vgl. Fiedler, EuZW 2001, 585 [586]; MünchKomm-InsO / Ott, § 80 Rn. 116; einschränkend in bezug auf die Unternehmensfortführung im Eröffnungsverfahren MünchKomm-InsO / Haarmeyer, § 22 Rn. 109. 15 Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1648]. 16 Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.100, 5.102.
§ 1 Einführung
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Kreditgeber prüfen die Kreditwürdigkeit ausschließlich im eigenen Interesse und kontrollieren dadurch allenfalls reflexartig auch die Unternehmensleitung. Die Haftung der Kreditgeber stellt demnach kein Mittel zur Verbesserung der Corporate Gouvernance dar17 und wird im folgenden daher auch nicht als solche verstanden.
III. Gang der Untersuchung Im Ersten Teil der Untersuchung werden zunächst einige Grundfragen der Unternehmenskrise erörtert. Neben der Klärung der Begriffe „Krise“ und „Sanierung“ soll vor allem untersucht werden, wie auf die Krise eines Unternehmens grundsätzlich reagiert werden sollte. Diese Frage ist für die Ausgestaltung des Haftungssystems von grundlegender Bedeutung. Denn wer für eine frühzeitige Liquidation plädiert, müßte zur Schaffung entsprechender Anreize zu einer strengen Haftung der Banken bei einer Beteiligung an einem Sanierungsversuch kommen und umgekehrt. Ferner ist der Frage nachzugehen, wie das Sanierungsverfahren im einzelnen ausgestaltet sein sollte, ob also ein gerichtlich kontrolliertes Sanierungsverfahren oder eine freie Sanierung zu bevorzugen ist. Weiter wird im Ersten Teil der Untersuchung analysiert, wie die Risiken der Unternehmenskrise grundsätzlich zwischen den Beteiligten verteilt sind. In diesem Zusammenhang sollen vor allem zunächst diejenigen Rechtsprinzipien herausgearbeitet werden, die für diese grundsätzliche Risikoverteilung maßgeblich sind. Im Anschluß wird der Frage nachzugehen sein, welche Gründe es geben kann, um von dieser grundsätzlichen Risikoverteilung abzuweichen. Dabei kann auf eine breite Diskussion in Rechtsprechung und Schrifttum, etwa zur Vertrauens- oder zur Berufshaftung, zurückgegriffen und deren Ergiebigkeit für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand untersucht werden. Dies leitet über zur Funktion der Vertragsfreiheit. Dabei soll analysiert werden, inwiefern sich Eingriffe in die Privatautonomie der Bank, und um solche handelt es sich bei einer abweichenden Risikozuweisung ohne bzw. gegen den Willen der Bank, rechtfertigen lassen. Untersucht werden wird dabei vor allem die ökonomische Funktion der Vertragsfreiheit und der Verteilung der Risiken gemäß dem Effizienz-kriterium. Im Zweiten Teil werden die für Banken bei einer Beteiligung an einem Sanierungsversuch bestehenden Haftungsrisiken im einzelnen dargelegt und die von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Haftungskriterien untersucht. Dabei geht es neben der Ermittlung des Haftungsgrundes auch darum, welche Haftungsnorm sich für die Umsetzung der materiellen Entscheidungskriterien eignet. Vor diesem Hintergrund soll auf der Grundlage der im Ersten Teil entwickelten Erkenntnisse geprüft werden, unter welchen Voraussetzungen der Bank Risiken im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Sanierungsversuch zuzuweisen sind. Ferner wird der Frage nachgegangen, wie sich dieses Haftungskonzept in der 17
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Anders Engert, S. 4 f.; ders., Festschr. f. Heldrich, 2005, S. 87 [102].
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
Rechtsordnung umsetzen läßt. Entsprechend werden im Dritten Teil der Untersuchung diejenigen Konstellationen untersucht, in denen die Bank entweder die Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen aufgrund der Krise abbricht oder eine Mitwirkung am Sanierungsversuch von vornherein verweigert. Es wird dabei im einzelnen zu untersuchen sein, ob und unter welchen Voraussetzungen Banken zu einer Mitwirkung am Sanierungsversuch verpflichtet sein können, sei es in Form einer Pflicht zu einer (weiteren) Darlehensgewährung, sei es in Form einer Pflicht zu einer Belassung bereits ausgereichter Darlehen. Auch die sog. Akkordstörerproblematik soll dabei näher untersucht werden, insbesondere, ob sich aus dieser allgemeine Mitwirkungspflichten der Bank herleiten lassen.
§ 2 Krise, Sanierung und Insolvenz I. Der Krisenbegriff 1. Merkmale und Ursachen der Krise Gerät ein Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten, kann dies zunächst zu einem kurzfristigen Liquiditätsengpaß führen.18 Verfestigen sich diese jedoch zu einer dauerhaften Notlage oder tritt im Laufe der Zeit einer der gesetzlichen Insolvenzgründe ein, kann von einer „Krise“ gesprochen werden. Bestehende Zahlungsschwierigkeiten stellen also ein mögliches, wenn auch nicht zwingendes Merkmal für das Vorliegen einer Unternehmenskrise dar. Weiter können äußere Umstände auf eine wirtschaftliche Krise hindeuten: Abbruch von Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen, Gläubiger ziehen zur Verfügung gestelltes Kapitel ab oder weigern sich, (Waren-)Kredite zu gewähren. Die Ursachen für die wirtschaftliche Krise von Unternehmen sind dabei unterschiedlicher Natur. Sie können darauf beruhen, daß Schuldner mit der Begleichung ihrer Verbindlichkeiten in Verzug geraten; wird ein Großkunde insolvent, hat dies häufig auch eine dauerhafte wirtschaftliche Krise seiner Lieferanten zur Folge; insbesondere im Baugewerbe können Konjunkturschwankungen, aber auch äußerliche Einflüsse, wie etwa strenge Winter, zu erheblichen Umsatzeinbußen führen.19 Neben konjunkturellen und strukturellen Problemen können auch unternehmensinterne Fehlentscheidungen (Managementfehler) das Risiko einer Insolvenz nach sich ziehen.20 18 Hess / Fechner / Freund / Körner, B. Rn. 1 ff.; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [142]; Picot / Aleth, Rn. 3. 19 So der Sachverhalt bei OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1690]. 20 Vgl. BT-Drs. 13 / 2416, S. 1, 17, 19, 26; Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 2 Rn. 5 ff.; Gawaz, Rn. 27; Siebert, ZInsO 2004, 773; zur effektiven Krisenfrüherkennung Buth / Hermanns / Wieden, § 1 Rn. 62 ff.
§ 2 Krise, Sanierung und Insolvenz
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Vor diesem Hintergrund ist im folgenden zu untersuchen, wie der Begriff der Krise zu definieren und insbesondere von den gesetzlich geregelten Fällen abzugrenzen ist. Damit wird zugleich der zeitliche Rahmen für eine mögliche Haftung der Bank bestimmt. 2. Die sog. insolvenzrechtliche Krise a) Der Begriff der Insolvenzreife Es entspricht allgemeiner Ansicht, daß sich ein Unternehmern jedenfalls dann in einer wirtschaftlichen Krise befindet, wenn es entweder zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Ganz überwiegend wird darüber hinaus die Ansicht vertreten, daß von einer Krise auch dann auszugehen ist, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens lediglich droht.21 Demgegenüber wird zum Teil die Auffassung vertreten, daß allein die drohende Zahlungsunfähigkeit keine wirtschaftliche Krise bedeute. Begründet wird dies vor allem damit, daß es andernfalls zu einer zeitlichen Ausdehnung der Sanierungskreditproblematik komme.22 Dem liegt der Gedanke zugrunde, Haftungsrisiken dadurch zu minimieren, daß der Begriff der Krise möglichst eng gefaßt wird. Eine diesem Streit ähnliche Diskussion findet sich im Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen. Auch hier wird die Auffassung vertreten, daß eine Gesellschaft dann nicht kreditunwürdig sei, wenn lediglich dessen Zahlungsunfähigkeit drohe.23 Dabei geht es darum, den Haftungsrisiken im Zusammenhang mit einer Anwendung der §§ 32a ff. GmbHG durch eine enge Auslegung des Begriffs der Kreditunwürdigkeit zu begegnen. Eine gewisse Stütze findet die Ausklammerung der drohenden Zahlungsunfähigkeit in dem anfechtungsrechtlichen Krisenbegriff. Die §§ 130 Abs. 1, 131 Abs. 1 InsO greifen erst bei Zahlungsunfähigkeit; die drohende Zahlungsunfähigkeit genügt nur bei inkongruenten Deckungen, wenn die anfechtbare Rechtshandlung im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem vorgenommen worden ist (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO).24 Der Streit dürfte jedoch praktisch kaum von Bedeutung sein, weil rechtstatsächlich die Überschuldung meist vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit eintreten und die (drohende) Zahlungsunfähigkeit lediglich deren Folge sein wird. Solange der Schuldner nicht überschuldet ist, wird er in der Regel Fremdmittel akquirieren können, so daß schon eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit nicht angenommen werden kann.25 Aus diesem Grund trägt auch das Argument einer drohenden Ausdehnung der „Sanierungskreditproblematik“ nicht. 21 BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Gawaz, Rn. 11 ff.; Möllers, S. 21; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.104; Picot / Aleth, Rn. 7; Siebert, ZInsO 2004, 773; Uhlenbruck, BB 1998, 2009 [2011]; Wenzel, Risiken, S. 245; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Riegel, § 2 Rn. 10 ff. 22 Gawaz, Rn. 321 mit Fn. 11. 23 Hirte, Schwerpunkte, S. 145 [174]. 24 Hierzu Uhlenbruck / Hirte § 130 Rn. 41 f., § 131 Rn. 30 f.
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
b) Die einzelnen Insolvenzgründe aa) Die (drohende) Zahlungsunfähigkeit (§§ 17, 18 InsO) Nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (sog. Zeitpunkt-Illiquidität), was in der Regel der Fall sein wird, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO). Dagegen handelt es sich um eine bloße Zahlungsstockung, wenn die Illiquidität nur vorübergehender Natur ist.26 Auch geringfügige Liquiditätslücken sind unbeachtlich.27 Durch die Nichterwähnung der Merkmale „Dauer“ und „Wesentlichkeit“ hat die Neuregelung der Zahlungsunfähigkeit durch § 17 InsO allerdings die überwiegend restriktive Auslegung der Vorgängerregelung vermeiden wollen.28 Eine drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Zu dieser Feststellung bedarf es eines Liquiditätsplans, der die Gegenüberstellung von Ein- und Auszahlungen künftiger Perioden beinhaltet (sog. Zeitraum-Illiquidität). 29 bb) Die Überschuldung (§ 19 InsO) Für die Ermittlung des nur für juristische Person geltenden Insolvenzgrundes der Überschuldung gemäß § 19 Abs. 1 InsO vertritt die herrschende Meinung zur Feststellung der Überschuldung eine zweistufige Prüfung: Fällt die Fortbestehensprognose positiv aus, wird der Überschuldungsstatus auf der Basis der Fortführungswerte des Vermögens (sog. going concern-Werte) berechnet, wohingegen der Überschuldungsstatus bei einer negativen Fortbestehensprognose auf der Grundlage der Zerschlagungs- oder Liquidationswerte bestimmt wird.30 Dagegen wird Drukarczyk / Schüler, S. 95 [109] Rn. 38; Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [357]. Hierzu BGH, Urt. v. 24. 5. 2005 – IX ZR 123 / 04, WM 2005, 1468 [1469 ff.]; Breutigam / Blersch / Goetsch, § 17 Rn. 8 f.; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 1 / 85 f.; Lutter, ZIP 1999, 641 [642]; Neumaier, NJW 2005, 3041 ff.; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 1.137; Kübler / Prütting / Pape, § 17 Rn. 8 ff.; Picot / Aleth Rn. 111; FK-InsO / Schmerbach, § 17 Rn. 13 f.; MünchKomm-InsO / Eilenberger, § 17 Rn. 22; Nerlich / Römermann / Mönning, § 17 Rn. 14. 27 Nerlich / Römermann / Mönning, § 17 Rn. 16; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 1.138; Kübler / Prütting / Pape, § 17 Rn. 12 f.; Picot / Aleth, Rn. 112; FK-InsO / Schmerbach, § 17 Rn. 19 f. 28 BT-Drs. 12 / 2443, S. 114; BGH, Urt. v. 24. 5. 2005 – IX ZR 123 / 04, WM 2005, 1468 [1470]; Drukarczyk / Schüler, S. 95 [106] Rn. 30 ff.; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 1 / 83; Kübler / Prütting / Pape, § 17 Rn. 1, 5. 29 Drukarczyk / Schüler, S. 95 [109] Rn. 40 ff.; Breutigam / Blersch / Goetsch, § 18 Rn. 8 f.; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 1 / 89; Obermüller / Hess, Rn. 95; Nerlich / Römermann / Mönning, § 18 Rn. 32 ff.; Kübler / Prütting / Pape, § 18 Rn. 5 ff.; Picot / Aleth, Rn. 120 f.; FKInsO / Schmerbach, § 18 Rn. 9 ff. 30 Drukarczyk / Schüler, S. 95 [126] Rn. 86 ff.; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 46g; Breutigam / Blersch / Goetsch, § 19 Rn. 13, 16; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 1 / 98; 25 26
§ 2 Krise, Sanierung und Insolvenz
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im Schrifttum unter Rückgriff auf die bereits zur früheren Rechtslage entwickelte Ansicht von Uhlenbruck31 zum Teil auch eine dreistufige Prüfung vorgeschlagen: Es sei mit dem Erstellen eines Überschuldungsstatus auf der Grundlage von Zerschlagungswerten zu beginnen. Ergebe sich eine rechnerische Überschuldung, sei eine Fortführungsprognose zu erstellen. Falle diese positiv aus, sei der Überschuldungsstatus auf der Grundlage der going concern-Werte zu bestimmen.32 Gegen diese Ansicht spricht zum einen der Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO, da bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen ist, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Primär maßgeblich für die Frage, welche Werte der Vermögensbewertung zugrunde zu legen sind, ist nach dem Gesetz die Wahrscheinlichkeit der Unternehmensfortführung. Zum anderen ist das Vorgehen der herrschenden Meinung praktikabler, da eine Fortführungsprognose ohnehin zu erstellen ist und bei einer positiven Prognose die Erstellung eines Überschuldungsstatus auf der Grundlage von Zerschlagungswerten unterbleiben kann, wohingegen die Gegenansicht den Überschuldungsstatus in jedem Fall unter Zugrundelegung der Zerschlagungswerte ermittelt, was bei einer positiven Fortführungsprognose einen unnötigen Mehraufwand bedeuten würde.33 Ein grundsätzliches Problem bei der Bewertung von Unternehmensvermögen ist die Frage, wie Kapital zu berücksichtigen ist, das nicht mit konkreten Vermögenswerten beziffert werden kann, wie etwa die besonderen Fertigkeiten und spezifisches Wissen der Mitarbeiter des Unternehmens (sog. Humankapital oder intellektuelles Kapital). In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob neben der Gewinn- und Verlustrechnung hinsichtlich dieser nicht fassbaren Werte eine sog. Wissensbilanz zu erstellen ist.34 Eine positive Wissensbilanz kann dabei die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens steigern. Sie kann insbesondere der Akquisition von Kapital dienen, weil für den Kapitalgeber nahvollziehbar ist, wie Ressourcen investiert werden und wo die Wertschöpfung entsteht. In Österreich sind bereits weitgehende Vorschläge zur Erstellung sog. Wissensbilanzen gemacht worden35; so soll zwischen Human-, Struktur- und Beziehungskapital unterschieden und die Wissensziele finanziellen und immateriellen Ergebnissen gegenübergestellt werden. Maßgebend sollen dabei etwa die Weiterbildungstage je Mitarbeiter, Zu- und Abgänge, Effektivität bei Projektanträgen, Forschungstätigkeiten im Ausland und Anzahl der Gastwissenschaftler sein. In Deutschland ist mittlerweile vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft ein Leitfaden zur Erstellung von Wissensbilanzen erarbeitet worden.36 Lutter, ZIP 1999, 641 [642 ff.]; Obermüller / Hess, Rn. 103; Nerlich / Römermann / Mönning, § 19 Rn. 17; Kübler / Prütting / Pape, § 19 Rn. 7. 31 Uhlenbruck, KTS 1994, 169 [173]. 32 Picot / Aleth, Rn. 97 ff.; FK-InsO / Schmerbach, § 19 Rn. 6a, b. 33 Vgl. Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Riegel, § 2 Rn. 31. 34 s. hierzu FAZ v. 21. 07. 2004, S. 18. 35 Seit 2004 ist ein Gesetz in Kraft, das Hochschulen dazu verpflichtet, Wissensbilanzen vorzulegen, vgl. § 13 Österreichisches Universitätsgesetz, UG 2002.
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
Im Rahmen der Ermittlung einer Überschuldung im Sinne des § 19 InsO wäre das Human-, Struktur- und Beziehungskapital als Fortführungswert eines Unternehmens voll zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung von Zerschlagungswerten kann es dagegen nur insoweit Berücksichtigung finden, als es sich nicht um spezifisches Kapital handelt, es also nicht nur für das Krisenunternehmen einen wirtschaftlichen Wert darstellt, sondern auch bei anderen Unternehmen Verwendung finden kann. Bei dem Großteil des Human-, Struktur- und Beziehungskapitals dürfte es sich jedoch um spezifisches Kapital handeln, so daß deren Zerschlagungswerte meist bei Null liegen dürften. 3. Die sog. vorinsolvenzrechtliche Krise Liegt eine wirtschaftliche Krise also jedenfalls dann vor, wenn einer der im Gesetz genannten Insolvenzgründe erfüllt ist, soll im folgenden geklärt werden, ob und in wie weit auch vor diesem Zeitraum eine Situation eintreten kann, die der Insolvenzreife vergleichbar und daher ebenfalls in die Untersuchung einer möglichen Verantwortlichkeit von Banken einzubeziehen ist. Insbesondere nachdem der Gesetzgeber mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung (InsO) am 1. 1. 199937 die zeitlichen Grenzen der Insolvenzreife mit dem bereits erörterten Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit im Vergleich zur Konkursordnung (KO) ausgedehnt hat38, stellt sich die Frage, ob es einer weiteren zeitlichen Vorverlagerung überhaupt bedarf. Da der Bundesgerichtshof stets betont hat, daß die Grundsätze über die Kreditgeberhaftung wegen der Vergabe von Sanierungsdarlehen nicht verallgemeinerungsfähig, insbesondere also auf eine Kreditvergabe ohne Sanierungsbezug nicht anwendbar seien39, kommt der genauen Bestimmung der zeitlichen Grenzen des Krisenbegriffs eine erhebliche Bedeutung zu. a) Weiter Krisenbegriff Auch unabhängig von der Ausdehnung der Insolvenzreife durch die InsO wird verbreitet die Auffassung vertreten, daß bereits vor deren Eintritt ein Unternehmen in eine wirtschaftliche Krise geraten könne.40 Eine Krise soll dann vorliegen, wenn eine Entscheidung über das weitere Schicksal des Unternehmens (Sanierung oder Liquidierung) erforderlich werde, das Unternehmen also sanierungsbedürftig sei.41 36 Vgl. hierzu im einzelnen den Leitfaden 1.0 „Wissensbilanz – Made in Germany“, herausgegeben vom Bundesministerium für Wirtschaft, Dokumentation Nr. 536 (August 2004). 37 BGBl. 1994 I, S. 2866; eingehend K. Schmidt / Uhlenbruck, Rn. 555 ff. 38 BT-Drs. 12 / 2443, S. 84; Drukarczyk / Schüler, S. 95 [108] Rn. 36; Picot / Aleth, Rn. 668. 39 BGH, Urt. v. 4. 7. 1961 – VI ZR 236 / 60, WM 1961, 1126; BGH, Urt. v. 14. 4. 1964 – VI ZR 219 / 62, WM 1964, 671; s. hierzu Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]. 40 Für einen von den Insolvenzgründen losgelösten Krisenbegriff Engert, S. 53.
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Wann von einer solchen Sanierungsbedürftigkeit auszugehen ist, wird allerdings unterschiedlich beurteilt. Überwiegend wird eine Sanierungsbedürftigkeit dann angenommen, wenn das Unternehmen ohne unterstützende Maßnahmen von dritter Seite nicht erhalten werden kann, wenn es also ohne eine Kreditgewährung von dritter Seite zwangsläufig in die Insolvenz geraten muß.42 Dieses Verständnis weist Parallelen zu der Auslegung des in § 32a Abs. 1 GmbHG genannten Begriffs der Krise auf. Dieser wird von der herrschenden Meinung so ausgelegt, daß sich die Gesellschaft dann in einer Krise befindet, wenn sie kreditunwürdig ist, also im Zeitpunkt der Darlehensvergabe von dritter Seite keinen Kredit mehr zu marktüblichen Bedingungen erhalten hätte.43 Auch hier soll eine Krise vorliegen, wenn die Gesellschaft ohne Stützung von dritter Seite nicht mehr selbständig überlebensfähig ist. Die Stützung erfolgt dann von den Gesellschaftern, die dies aber nicht mittels einer Eigenkapitalerhöhung, sondern einer Gewährung von Fremdmitteln tun. Zum Teil wird von einer Krise aber auch bereits dann ausgegangen, wenn das Unternehmen ungeplante Anpassungsmaßnahmen vornehmen muß.44 Vereinzelt wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, daß die Sanierungsbedürftigkeit unter Rückgriff auf die §§ 92 Abs. 1 AktG, 49 Abs. 3 GmbHG dann vorliege, wenn ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals eintrete.45 b) Enger Krisenbegriff Insbesondere im Hinblick auf die mit der Bestimmung der Sanierungsbedürftigkeit einhergehenden Abgrenzungsschwierigkeiten geht ein Teil des Schrifttums demgegenüber davon aus, daß ein Unternehmen erst dann sanierungsbedürftig ist, wenn Insolvenzreife eintritt.46 Einen dieser vorgelagerten Zeitraum der Krise soll 41 Armspach, S. 57; De Meo, S. 296 f. Rn. 319; Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 2 Rn. 2; Buth / Hermanns / Buchalik, § 2 Rn. 1 f.; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.104; ders., ZIP 1980, 1059; Siebert, ZInsO 2004, 773; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Riegel, § 2 Rn. 10 f.; so wohl auch BGH, Urt. v. 14. 4. 1964 – VI ZR 219 / 62, WM 1964, 671 [673]; ähnlich BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233]; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668; OLG Schleswig, Urt. v. 2. 10. 1981 – 11 U 160 / 80, WM 1982, 25 [27 f.]. 42 Armspach, S. 57; Brandstätter, S. 6, 8, 11; De Meo, S. 296 f. Rn. 319; Ebbing, KTS 1996, 327 [331 f.]; Engert, S. 180; Hoffmann, S. 126; Möllers, S. 21; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.104; ders., Handbuch Rn. 1032; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [277]; Schlimm, S. 8; Wenzel, NZI 1999, 294; ders., Risiken, S. 245; Wiegelmann, S. 10 ff. 43 s. hierzu näher unten § 9 III. 5. a). 44 So Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 2 Rn. 2. 45 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [358 f.] im Rahmen der Frage, ab wann Kooperationspflichten des Gläubigers entstehen; dies ebenfalls erwägend Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]. 46 Gawaz, Rn. 214, 320; Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [434 ff.]; stillschweigend auch OLG Naumburg, Urt. v. 4. 9. 1997 – 7 U (HS) 14 / 97, OLGR Naumburg 1998, 398 ff.
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es demnach nicht geben. Auch für eine Haftung des Kreditgebers vor Eintritt der Insolvenzreife wäre dann kein Raum. Es kann insoweit von einem engen oder insolvenzrechtlichen Krisenbegriff gesprochen werden. Auch der Begriff der Krise der Gesellschaft in § 32a Abs. 1 GmbHG wird zum Teil so ausgelegt, daß eine solche erst dann vorliege, wenn das Unternehmen insolvenzreif sei.47 Fälle aus der Rechtsprechung hierzu existieren kaum48, weil die den einschlägigen Urteilen zugrunde liegenden Sachverhalte in der Regel Vorgänge im Zeitpunkt der Insolvenzreife betreffen. c) Stellungnahme Auch wenn aufgrund der vielfältigen Ursachen und kaum genau bestimmbaren Merkmale einer Unternehmenskrise eine exakte Begriffsbestimmung der Sanierungsbedürftigkeit in Abgrenzung zur Insolvenzreife erhebliche Schwierigkeiten bereitet, ist das Bedürfnis für eine mögliche Haftung, insbesondere wegen der Vergabe von Sanierungsdarlehen, unverkennbar. Denn auch wenn das Unternehmen noch nicht insolvenzreif ist, kann ein berechtigtes Interesse für den Rechtsverkehr, insbesondere die (potentiellen) Gläubiger, daran bestehen, daß solche Unternehmen nicht weiter am Marktgeschehen teilnehmen. Dieses Interesse der Gläubiger ist in der Phase vor Eintritt der Insolvenzreife sogar noch größer als bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens, da in dieser frühzeitigen Phase noch mehr Vermögenswerte vorhanden sind, die durch einen fehlgeschlagenen Sanierungsversuch vernichtet zu werden drohen, als bei einem Sanierungsversuch innerhalb eines Insolvenzverfahrens. Für die Ermittlung der Sanierungsbedürftigkeit kann allerdings nicht alleine darauf abgestellt werden, ob das Unternehmen ohne Hilfe von dritter Seite überlebensfähig ist. Dies ist nämlich insoweit zu eng, als ein Unternehmen dem Eintritt von wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht zwangsläufig mit der Aufnahme von Krediten begegnen muß. Vielmehr kommen zahlreiche andere mögliche Maßnahmen zur Reorganisation des Unternehmens in Betracht, wie etwa die Verringerung des Mitarbeiterbestands oder die Veräußerung oder Schließung von Unternehmensteilen. Von einer Sanierungsbedürftigkeit ist daher dann auszugehen, wenn sich das Unternehmen reorganisieren muß, um wirtschaftliche Schwierigkeiten abzuwenden, wenn es also – sei es interne, sei es externe – Maßnahmen ergreifen muß, um die Ertragsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig wiederherzustellen und es andernfalls zwangsläufig in die Insolvenz geraten muß. Entscheidend für die Sanierungsbedürftigkeit eines Unternehmens ist nach alledem nicht, ob das Unternehmen zur Reorganisation der Hilfe Dritter bedarf, sondern alleine, ob das Unternehmen auf lange Sicht ohne nachhaltige Reorganisationsmaßnahmen überlebens47 Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [432 f., 434 ff.]; offenlassend Preuß, JuS 1999, 342 [346] (jedenfalls bei Überschuldung). 48 Vgl. Engert, S. 53.
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fähig ist oder nicht. Der Begriff der Sanierungsbedürftigkeit ist insofern irreführend, als in einer solchen Situation nicht nur die Sanierung, sondern auch die Liquidation des Unternehmens in Betracht kommen kann. Gewährt eine Bank in dieser Phase einen Kredit, können sich daher im Grundsatz besondere Verhaltenspflichten ergeben. Dies gilt nach dem Gesagten ferner dann, wenn das Unternehmen die Krise auch durch interne Maßnahmen, also ohne Fremdkapital überwinden könnte, sich aber – etwa zur Vermeidung eines umfangreichen Stellenabbaus – dazu entscheidet, einen Kredit von dritter Seite aufzunehmen. Ob sich ein Unternehmen in einer solchen Krise befindet, ist ex ante zu bestimmen und läßt sich daher nur durch eine genaue Analyse der Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der für ihre Überwindung vorhandenen Mittel, also der Aktiva des Unternehmens, bestimmen. Denn nur auf diese Weise ist eine Feststellung darüber möglich, ob es sich um dauerhafte Schwierigkeiten handelt und ob diese nur durch eine grundlegende Neuorganisation behoben werden können oder das Unternehmen zu liquidieren ist. Dies erfordert nicht zuletzt eine Marktprognose, insbesondere wenn es sich um wirtschaftliche Schwierigkeiten infolge einer strukturellen Krise handelt, wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten ihren Grund also entweder konjunkturell bedingt sind oder wenn bestimmte Wirtschaftszweige wegzufallen drohen. Die für Banken mit dieser nur schwer anwendbaren Definition einhergehenden Ungewissheiten und damit Haftungsrisiken lassen sich adäquat nur dadurch beheben, daß die Krise für die Bank erkennbar gewesen sein muß, was insbesondere bei einer Darlehensgewährung im Zeitpunkt vor dem Eintritt der Insolvenzreife einer eingehenden Prüfung bedarf. Können dagegen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten beseitigt werden, ohne daß hierfür eine besondere Reorganisation der Unternehmensstruktur erforderlich ist, ist das Unternehmen nicht sanierungsbedürftig und befindet sich damit auch nicht in einer Krise. Die Ausweitung der Insolvenzgründe durch Inkrafttreten der Insolvenzordnung steht dem so verstandenen weiten Krisenbegriff nicht entgegen, weil diese nicht auf die Überlebensfähigkeit des Unternehmens abstellen, also zeitlich in der Regel wesentlich später eingreifen. Entscheidend für die hier vertretene Auslegung des Krisenbegriffs spricht ferner, daß ein Unternehmen in einer solchen Situation Risiken einzugehen bereit ist, die es ohne die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht eingegangen wäre. Insbesondere wird ein Krisenunternehmen Geschäfte auch dann tätigen, wenn die Verlustrisiken und der zu erwartende Schaden sehr hoch sind und den angestrebten Gewinn übersteigen. Im Hinblick auf die drohende Insolvenz wird das Unternehmen auch solche Geschäfte allein um der – wenn auch schlechten – Gewinnchance willen tätigen. Hierdurch kann es zu einer Verlagerung von Risiken auf die (potentiellen) Gläubiger des Unternehmens kommen. Dies rechtfertigt eine zeitlich extensive Auslegung des Begriffs der wirtschaftlichen Krise. Eine Beschränkung des Begriffs der wirtschaftlichen Krise auf die Insolvenzreife ist dagegen abzulehnen.49 49 Ebenso Armspach, S. 57; De Meo, S. 296 f. Rn. 319; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]; Wenzel, Risiken, S. 245; Wiegelmann, S. 10 f.
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
Eine wirtschaftliche Krise liegt nach alledem allgemein gesprochen dann vor, wenn sich das Unternehmen in einer Situation befindet, in der es zwangsläufig in die Insolvenz gerät, sofern es die auftretenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht durch eigene Maßnahmen oder durch Hilfen von dritter Seite abzuwenden in der Lage ist. Es kann insoweit von einem allgemeinen Krisenbegriff bzw. von einer wirtschaftlichen Krise im weiteren Sinne gesprochen werden, weil diese Definition unabhängig von gesetzlichen Tatbeständen den Zeitraum festlegt, in dem sich besondere Haftungsfragen stellen, insbesondere bei der Vergabe von Krediten. Dem steht nicht entgegen, daß im Rahmen gesetzlicher Spezialtatbestände, insbesondere § 32a Abs. 1 GmbHG, der Begriff der Krise mit der fehlenden Kreditwürdigkeit gleichgesetzt und damit enger ausgelegt wird, weil es dort darum geht, unter welchen Voraussetzungen ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten. Dies ist dann der Fall, wenn Dritte der Gesellschaft kein Fremdkapital zu den marktüblichen Bedingungen zur Verfügung gestellt hätten. Da die §§ 32a f. GmbHG die Umqualifizierung von nominellen Fremdkapital betreffen, kann es für den Krisenbegriff insoweit auch nur darauf ankommen, ob Dritte in dieser Phase einen Kredit gewährt hätten. Damit ist aber nicht gesagt, daß das Unternehmen sich nicht schon vor Eintritt der Kreditunwürdigkeit in einer Krise befinden kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn zwar ein Reorganisationsbedarf bei dem Unternehmen besteht, jedoch noch ausreichend Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, das der Bank als Sicherheit bei einer Kreditgewährung zur Verfügung gestellt werden kann. Dann ist das Unternehmen zwar nicht kreditunwürdig und befindet sich damit nicht in einer Krise im Sinne des § 32a Abs. 1 GmbHG, wohl aber ist das Unternehmen sanierungsbedürftig. Hieraus folgt, daß der Darlehensgeber bei einer Kreditgewährung in dieser Phase zwar nicht die drohende Umqualifizierung des Darlehens gemäß §§ 32a f. GmbHG zu gewärtigen hat, wohl aber eine allgemeine Kreditgeberhaftung in Betracht kommt.
4. Zusammenfassung Ein Unternehmen befindet sich zunächst dann in einer wirtschaftlichen Krise, wenn es insolvenzreif ist. Darüber hinaus kann von einer wirtschaftlichen Krise bereits dann gesprochen werden, wenn das Unternehmen zwangsläufig in die Insolvenz geraten muß, ergreift es nicht Maßnahmen zu einer Reorganisation. Unerheblich ist dabei, ob das Unternehmen für die Reorganisation auf die Hilfe von dritter Seite angewiesen ist oder nicht. Enger auszulegen ist dagegen der Begriff der Krise in gesetzlichen Spezialtatbeständen, insbesondere § 32a Abs. 1 GmbHG, weil es dort allein um die Umqualifizierung von nominellem Fremdkapital geht.
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II. Anreize durch das Haftungsrecht: Sanierung oder Zerschlagung des Unternehmens? Liegt eine wirtschaftliche Krise bereits dann vor, wenn sich das Unternehmen vor die Frage gestellt sieht, ob es sich saniert oder liquidiert, ist im folgenden die Frage zu klären, ob in einer solchen Situation durch die Rechtsordnung Anreize in die eine oder in die andere Richtung gesetzt werden sollten, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Beteiligung der Bank. Wird ein Vorrang der Sanierung befürwortet, darf diese nicht durch eine strenge Haftung der sich beteiligenden Bank vereitelt werden50. Wird dagegen von einem Vorrang der Zerschlagung ausgegangen, wäre es Aufgabe des Haftungsrechts, durch Sanktionierung von Sanierungsversuchen solche ganz zu unterbinden und das Unternehmen möglichst rasch zu zerschlagen. Ob von einem generellen Vorrang der Sanierung oder der Zerschlagung auszugehen ist, kann nicht ohne Blick auf die in der Krise kollidierenden Interessen der Beteiligten beantwortet werden. Hierauf ist im folgenden daher zunächst einzugehen. 1. Die kollidierenden Interessen in der Unternehmenskrise Gerät das Unternehmen in die Krise, sind die Interessen unterschiedlicher Personengruppen zu unterscheiden. Neben den Anteilseignern (Shareholders) ist dabei insbesondere die große Gruppe der Gläubiger des Unternehmens zu nennen (Stakeholders), zu denen u. a. die Mitarbeiter – bis hin zu den Managern –, die Lieferanten, die Kunden sowie die sonstigen Gläubiger des Unternehmens zählen, wie etwa die sog. nichtmarktlichen Anspruchsgruppen, beispielsweise der Staat (Steuerschulden etc.) sowie die Öffentlichkeit. a) Das Interesse der Unternehmensführung Das Management wird, um eine Aufrechterhaltung der Unternehmenstätigkeit sicherstellen zu können, auf die Gewährung neuer, die Liquidität erhaltender Darlehen drängen.51 Das Interesse zur Fortführung des Unternehmens muß vor allem vor dem Hintergrund gesehen werden, daß die Zerschlagung häufig mit dem Eingeständnis eigener Fehlentscheidungen, zumindest aber mit einer als persönlich empfundenen Niederlage der Unternehmensführung einhergeht. Regelmäßig wird diese daher versuchen, das Unternehmen so lange wie möglich am Leben zu 50 Gawaz, Rn. 41, 51, 77 ff.; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.101; K. Schmidt, Sanierung, D 27; in den USA ist das grundsätzlich freie Kündigungsrecht des Darlehensgebers von der Rechtsprechung faktisch ausgeschlossen worden, wohl um das im Bankruptcy Reform Act von 1978 vorgesehene Reorganisationsverfahren (11 U.S.C. §§ 301 ff.) zu begünstigen, s. Möllers, S. 110, 124 ff.; zur sog. lender liability ausführlich Böckstiegel, S. 186 ff. 51 Neuhof, NJW 1998, 3225; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.100.
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
erhalten. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob dieses Interesse schutzwürdig ist. b) Das Interesse der Gläubiger Die Interessen der Gläubiger eines Unternehmens lassen sich nicht einheitlich bestimmen. Neben den Vertrags- und Deliktsgläubigern ist insbesondere zwischen den gesicherten und den ungesicherten Gläubigern zu unterscheiden. Zu den ungesicherten Gläubigern zählen als Vertragsgläubiger insbesondere die Arbeitnehmer des Unternehmens sowie in aller Regel Dienstleistungsgläubiger. Ebenfalls ungesichert sind Deliktsgläubiger, sofern zu ihren Gunsten nicht eine Versicherung für das Unternehmen eintritt. Die ungesicherten Gläubiger werden in der Unternehmenskrise einer Unternehmensfortführung immer dann zustimmen, wenn überhaupt die Möglichkeit einer Erhöhung der haftenden Vermögensmasse besteht. Anders verhält es sich bei den gesicherten Gläubigern, zu denen als Vertragsgläubiger insbesondere Warenlieferanten sowie Banken zählen. Gesicherte Gläubiger werden einer Fortführung stets dann skeptisch gegenüberstehen, solange nur die Gefahr besteht, daß im Fall der Weiterführung eine geringere Befriedigung als im Liquidationsfall zu erwarten steht.52 Sofern die Gläubiger ihre Risiken vollständig abgesichert haben, besteht für sie im Falle einer Weiterführung des Unternehmens immer die Gefahr einer Entwertung der bestellten Sicherheiten53 wohingegen bei einer sofortigen Zerschlagung des Unternehmens die Sicherheiten vollständig realisiert werden könnten. Gesicherte Gläubiger werden in der Krise allenfalls dann ein Interesse an der Fortführung des Unternehmens haben, wenn zumindest teilweise nicht abgesicherte Risiken bestehen, wie etwa dann, wenn der Gläubiger die Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen aus Imagegründen aufrechterhalten will oder wenn der Gläubiger in das Unternehmen Kapital investiert hat, das nur bei diesem einen wirtschaftlichen Wert hat und im übrigen verloren ist (sog. spezifisches Kapital)54. Spezifisches Kapital stellen etwa Konstruktionspläne oder Produktanfertigungen dar, die nach den besonderen Wünschen des Unternehmens erstellt wurden und im übrigen nicht mehr verwendbar sind. Möglich ist jedoch auch, daß der gesicherte Gläubiger sonstige wirtschaftliche Einbußen bei einem Niedergang des Unternehmens befürchtet, die nicht durch die gestellten Sicherheiten aufgefangen werden können, etwa eigene wirtschaftliche Schwierigkeiten, weil das Krisenunternehmen Hauptkunde ist oder der drohende Verlust der gesicherten Gläubigerstellung (§ 32a GmbHG). Im Zusammenhang beispielsweise mit der In52 Eidenmüller, JZ 2001, 1041 [1050 f.]; H.-B. Schäfer / Ott, 20 / 4.4; undeutlich Kruppa, S. 85, der meint, die Bank sei grundsätzlich an einem Gelingen der Sanierung interessiert, damit aber nicht die Frage aufwirft, ob die Bank eine solche Sanierung überhaupt wünscht. 53 Vgl. hierzu Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Maier-Reimer, § 4 Rn. 14. 54 Dorndorf, Festschr. f. Merz, 1992, S. 31 [41].
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solvenz der Holzmann-AG hat die Deutsche Bank als eine der vier beteiligten Großbanken nachdrücklich eine Sanierung angestrebt, während die übrigen Banken dem ablehnend gegenüberstanden. Das Interesse der Deutschen Bank an einer Sanierung soll dabei vor allem auf ihrer maßgeblichen Beteiligung an der Holzmann-AG (19,6 %) und der drohenden Umwandlung der sich auf mehr als 300 Mio. Euro belaufenden Darlehen in Eigenkapitalersatz zurückzuführen gewesen sein.55 c) Das Interesse der Anteilseigner Die Shareholder werden einer Unternehmensfortführung stets zustimmen. Denn im Falle der Zerschlagung des Unternehmens wird das investierte Eigenkapital stets zur Befriedigung der Gläubiger eingesetzt und damit verbraucht werden. Den Anteilseignern droht damit ein Totalausfall. Anders als ungesicherte Gläubiger haben die Anteilseigner noch nicht einmal eine zumindest teilweise Befriedigung bei einer Zerschlagung des Unternehmens zu erwarten. Sie werden daher einer Unternehmensfortführung und einem Sanierungsversuch stets zustimmen. d) Das Interesse von Politik und Öffentlichkeit Der Zusammenbruch eines Unternehmens trifft nicht nur den gescheiterten Unternehmer, im Zweifel „lediglich“ eine juristische Person, sondern auch seine Arbeitnehmer, Zulieferer und Dienstleitungsunternehmen und mit ihnen unter Umständen die Steuerkraft und die soziale Situation einer ganzen Region.56 Die Schäden, die der Volkswirtschaft durch Insolvenzen entstehen, wurden für 2004 auf 39,4 Mrd. Euro geschätzt; die Zahl der von den Insolvenzen betroffenen Arbeitnehmer lag bei 605.000.57 Allein durch die Insolvenz der Holzmann-AG waren bis zu 2.000 mittelständische Zulieferunternehmen in ihrer Existenz bedroht.58 Dies führt häufig dazu, daß sich auch die Politik der Rettung in die Krise geratener Unternehmen annimmt. Berühmte Beispiele aus jüngerer Zeit sind etwa die Unternehmenskrisen der Holzmann-AG59 und der Fluggesellschaften Swiss Air60 und Sabena61. Von der Insolvenz der Holzmann-AG am 21. 3. 2002 waren rund 23.000 FAZ v. 22. 3. 2002, S. 2; FAZ v. 23. 3. 2002, S. 18. Arnold, ZIP 1982, 793 [796 f.]; Balz, ZIP 1983, 1153; Bork, InsO, Rn. 355; Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [198 f.]; ders., GmbHR 1996, 316 [320]; MünchKomm-InsO / Ganter, § 1 Rn. 85; Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 148; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 20 ff.; Lutter / Hommelhoff / Timm, BB 1980, 737; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.100. 57 S. NJW 2005, Heft 3, XVI; im ersten Halbjahr 2005 lag die Zahl bei 269.000. 58 FAZ v. 23. 3. 2002, S. 13. Zum Zusammenbruch der Grundig AG vgl. FAZ v. 15. 4. 2003, S. 13, 16. 59 Insolvenzantrag wurde am 21. 3. 2002 beim AG Frankfurt a.M. gestellt, vgl. FAZ v. 22. 3. 2002, S. 1. 60 Vgl. FAZ v. 2. 10. 2001. 55 56
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Arbeitnehmer des Konzerns weltweit und rund 15.000 Arbeitnehmer von Nachunternehmen betroffen.62 Vor diesem Hintergrund werden Banken häufig dazu gedrängt, Darlehen zu gewähren, um eine finanzielle Rettung des in die Krise geratenen Unternehmens zu ermöglichen.63 Die Unternehmensfortführung wird dann mit dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Wirtschaftskraft begründet. Durch die Sanierung soll der Verlust von Arbeitsplätzen und damit einhergehend eine Verringerung der Kaufkraft verhindert und eine Entlastung der staatlichen Sicherungssysteme erreicht werden. Die Öffentlichkeit, vertreten durch die Politik, hat daher ein volkswirtschaftliches Interesse an einer Unternehmensfortführung und wird diese meist befürworten. e) Die Stellung der Banken und ihre Motive zur Beteiligung an einer Sanierung Auch wenn die Bank selbst Gläubigerin des Krisenunternehmens ist und mit ihren Forderungen auszufallen droht64, nimmt sie unter den Gläubigern eine besondere Stellung ein. In der Krise ist die Bank potentieller Geldgeber und aufgrund ihres bereits bestehenden Kreditengagements zugleich meist mit dem Krisenunternehmen bereits über geraume Zeit wirtschaftlich verbunden. Das weitere Schicksal des in die Krise geratenen Unternehmens hängt daher in der Regel entscheidend von ihrer Reaktion ab:65 Sie kann die Zahlungsfähigkeit durch die Gewährung weiterer Darlehen aufrechterhalten bzw. wiederherstellen. Dasselbe Ergebnis wird häufig schon dadurch erzielt, daß die Bank von einer Darlehenskündigung absieht oder fällige Rückzahlungsforderungen stundet. Dann läuft sie aber Gefahr, von Mitgläubigern66 in Anspruch genommen zu werden oder mit ihren eigenen Forderungen gegen das Unternehmen auszufallen, wenn die Bestellung der Sicherheiten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist oder erfolgreich gemäß §§ 129 ff. InsO angefochten wurde. Die Bank wird das Unternehmen daher nur dann weiter stützen, 61 Insolvenzantrag wurde am 7. 11. 2001 gestellt. Die belgische Regierung lehnte einen Sanierungsversuch ab, gründete aber eine neue staatliche Fluggesellschaft. 62 FAZ v. 22. 3. 2002, S. 1 und FAZ v. 23. 3. 2002, S. 13; zur Insolvenz der Swiss-Air s. FAZ v. 12. 12. 2001. Öffentliches und damit auch politisches Interesse erlangt u.U. sogar schon die Umsetzung eines unternehmerischen Sparkonzepts, so geschehen im Fall der geplanten Einsparungen bei DaimlerChrysler, vgl. FAZ v. 15. 7. 2004, S. 9. 63 Eidenmüller, Sanierung, S. 26 ff.; Gawaz, Rn. 63. 64 Brandstätter, S. 26. 65 Vgl. Ahnert, BKR 2002, 254 [255]; Ebbing, KTS 1996, 327 [332 ff., 347 ff.]; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 46a; Götz, S. 74; Henssler, S. 7, 129 ff.; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3226]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.17 ff., 5.51 ff., 5.98 ff.; Räss, S. 113; Wenzel, Risiken, S. 235 ff. 66 Im Hinblick auf die Terminologie zur Gläubigermehrheit (§§ 420 ff. BGB) abweichend den Begriff der Drittgläubiger verwendend Armspach, S. 27. Vorliegend soll dagegen der Begriff „Mitgläubiger“ beibehalten werden, da dies deutlicher zum Ausdruck bringt, daß sämtliche Gläubiger gleichsam „in einem Boot“ sitzen.
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wenn ausreichende und unanfechtbare Sicherheiten vorhanden sind. Entschließt sich die Bank dagegen nicht zu einer Mitwirkung an einem Sanierungsversuch, kann sie dem Unternehmen den wirtschaftlichen „Todesstoß“ versetzen, indem sie eine weitere Gewährung von Darlehen verweigert bzw. bestehende Darlehen kündigt und die Gesamtsumme fällig stellt. In diesem Fall droht eine Haftung gegenüber dem Darlehensnehmer und ggf. wiederum gegenüber den übrigen Mitgläubigern. Schließlich kann das Kreditinstitut auch einfach abwarten, ob sich die Krise von selbst auflöst, insbesondere wenn diese lediglich auf einer Konjunkturschwankung und nicht auf einer Rezession beruht. Ist das Unternehmen jedoch auf Fremdmittel angewiesen, bewirkt das Stillhalten meist auch den Zusammenbruch des Unternehmens und dessen Zerschlagung. Zudem droht sie bei einem „Aussitzen“ der Krise, mit ihren Darlehensrückzahlungsforderungen auszufallen (§ 32a Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Die Bank wird sich dann an einem Sanierungsversuch beteiligen, wenn für sie damit keinerlei Risiken einhergehen, wenn also ausreichende Sicherheiten vorhanden sind. Darüber hinaus wird im Schrifttum zum Teil darauf hingewiesen, daß die Bank unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten in der Regel am Sanierungserfolg ihres Kunden interessiert sein werde, um Zins und Tilgung ihrer Darlehen sicherzustellen.67 Dieses Interesse der Bank wird aber dann nicht ausschlaggebend sein, wenn sie die bereits ausgereichten Darlehen hinreichend besichert hat, denn dann wird sie selbst bei einer Zerschlagung des Unternehmens ihre Ansprüche voll befriedigen können. Insofern besteht kein Unterschied zwischen der Gewährung eines Sanierungs- und eines „gewöhnlichen“ Darlehens. Auch wenn sich die Bank an einer Sanierung beteiligt, hat sie kein Interesse am Gelingen der Sanierung, das dem des Krisenunternehmens ähnlich wäre68, weil sich die Bank nur dann auf die Sanierung einlassen wird, wenn sie diese Risiken auch hinreichend absichern kann. Die Entscheidung der Bank, das Unternehmen weiter zu stützen oder nicht, muß allerdings nicht immer von dem Gedanken möglichst weitgehender Risikoabsicherung getragen sein. Im Zusammenhang mit der Insolvenz der Holzmann-AG soll eine Einigung zwischen den Gläubigerbanken aus geschäftspolitischen Gründen gescheitert sein.69 Ein Interesse der Bank an der Rückführung besicherter Darlehen wird vielmehr nur dann bestehen, wenn die Sicherheiten wertlos geworden oder in dem Unternehmen nicht mehr vorhanden sind. In einem solchen Fall bildet die Beteiligung an einer freien Sanierung in der Tat das schnellste und erfolgversprechendste Mittel zur Rettung bereits ausgereichter Kredite.70 Im übrigen kann die Motivation der Bank zur Beteiligung an einem Sanierungsversuch aber auch darin liegen, daß sie an dem Krisenunternehmen beteiligt ist und den vollständigen Verlust ihres Eigen67 68 69 70
4 Vuia
Gawaz, Rn. 66. So aber Wiegelmann, S. 213. FAZ v. 22. 3. 2002, S. 2; FAZ v. 23. 3. 2002, S. 18. Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 148.
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kapitals zu befürchten hat. Genannt sei hier beispielhaft wiederum das Engagement der Deutschen Bank für eine Sanierung der Holzmann-AG.71 Ferner können für eine Beteiligung der Bank auch reine Affektionsinteressen von Bedeutung sein, wie etwa das Image der Bank in der Öffentlichkeit72 oder die Aufrechterhaltung einer langjährigen Geschäftsbeziehung. Für die Bank gilt auch insoweit nichts anderes als für die übrigen Gläubiger des Unternehmens. In der Regel wird es sich bei den Gründen zur Beteiligung am Sanierungsversuch um ein Motivbündel handeln.73 2. Der Ausgleich der widerstreitenden Interessen Angesichts der Vielgestaltigkeit der durch die Krise betroffenen Interessen stellt sich die Frage, ob der vorbezeichnete Konflikt durch den Vorrang entweder der Sanierung oder der Zerschlagung des Unternehmens aufzulösen ist. Dem Haftungsrecht käme dann die Aufgabe zu, generell Anreize in die eine (Sanierung) oder andere Richtung (Zerschlagung) zu setzen. Für den Fall, daß das Unternehmen das Stadium der Insolvenzreife bereits erreicht hat, wenn also eine Krise im eng verstandenen Sinne74 vorliegt, wird im Schrifttum zum Teil die Auffassung vertreten, daß wegen der drohenden Minderung der Haftungsmasse durch fehlgeschlagene Sanierungsversuche eine Sanierung generell nicht mehr weitergeführt werden dürfe.75 Durch eine Liquidation könnten Produktionsfaktoren in gesunden Unternehmen zum gesamtwirtschaftlichen Vorteil sinnvoller genutzt werden.76 Demnach wäre eine Sanierung spätestens dann abzubrechen, sobald einer der gesetzlichen Insolvenzgründe vorliegt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die möglichst frühzeitige Zerschlagung des Unternehmens zwecks Erhalt einer möglichst großen Haftungsmasse zur Befriedigung der Gläubiger anzustreben ist. Zum Teil ist die Sanierung aus diesem Grunde auch als „Ausnahme“ bezeichnet worden.77 Diese Argumentation überzeugt zumindest seit Inkrafttreten des § 1 Satz 1 InsO jedoch nicht mehr, weil nunmehr der Erhalt des Unternehmens als eine Möglichkeit zur Erreichung einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung gesetzlich vorgesehen ist.78 Entgegen einer zum Teil im FAZ v. 22. 3. 2002, S. 2; FAZ v. 23. 3. 2002, S. 18. Gawaz, Rn. 68. 73 Gawaz, Rn. 69. 74 s. hierzu oben I. 2. 75 Meyer-Cording, NJW 1981, 1242 [1243]. 76 Meyer-Cording, NJW 1981, 1242 [1243]. 77 Kruppa, S. 12 ff. 78 BT-Drs. 12 / 2443, S. 109; Balz, Ziele, S. 3 [8] Rn. 17; Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [344]; ders., Sanierung, S. 26; MünchKomm-InsO / Ganter, § 1 Rn. 20, 45; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 5 / 481; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 152; Wellensiek, WM 1999, 405 [406]; Wittig, DB 1999, 197. 71 72
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Schrifttum vertretenen Auffassung79 ist die Unternehmenserhaltung allerdings kein eigenständiges Verfahrensziel, da diese wiederum nur dann anzustreben ist, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger besser erreicht werden kann als durch eine Zerschlagung. Auch der Insolvenzplan ist dem Ziel der gemeinschaftlichen Haftungsverwirklichung untergeordnet und bietet nur eine Möglichkeit für einen neutralen Weg zu einer optimalen Verwertungsentscheidung.80 Andere befürworten demgegenüber grundsätzlich eine Sanierung, weil der Konkurs wirtschaftliche Werte zerschlage und sozialpolitische Konsequenzen mit sich bringe, die es zu vermeiden gelte. Dem Gläubigerschutzgedanken komme angesichts der niedrigen Konkursquoten keine Bedeutung mehr zu.81 Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß durch die Zerschlagung wirtschaftliche Werte vernichtet werden, die bei einer Fortführung erhalten und zur Reorganisation und damit letztlich zur Befriedigung der Gläubiger eingesetzt werden könnten. Auch dies überzeugt in dieser Allgemeinheit jedoch nicht, da Ziel des Insolvenzverfahrens immer noch die möglichst gleichmäßige Gläubigerbefriedigung ist. Die Sanierung führt zu einer noch weitergehenden Zerschlagung wirtschaftlicher Werte, wenn das Unternehmen gar nicht sanierungsfähig ist. Der Sanierung kann daher nicht stets der Vorrang zukommen. Bei der Frage, ob eine Sanierung oder eine Zerschlagung des Unternehmens erfolgen sollte, ist stets zu berücksichtigen, daß die Interessen der Beteiligten in sich nicht homogen sind. Auch die Gläubiger können ein Interesse an einer Sanierung des Unternehmens haben, denn gelingt diese, können deren Forderungen voll befriedigt werden, wobei dies – wie oben gezeigt – auch für die gesicherten Gläubiger gelten kann. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, die Fortführung des Unternehmens stehe mit den Interessen der Gläubiger generell in Widerspruch bzw. die sofortige Zerschlagung des Unternehmens sei eine generell für die Gläubiger vorteilhaftere Reaktion.82 Zutreffend sieht daher § 1 Satz 1 InsO als eine Möglichkeit zur Erreichung einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung die Fortführung des Unternehmens vor. Andererseits kann der Sanierung durch weitere Kreditgewährung auch nicht stets der Vorrang eingeräumt werden, denn eine Darlehensvergabe in einer aussichtslosen Lage hält das Unternehmen künstlich am Markt, verzögert nur den unvermeidbaren Zusammenbruch und trägt damit zur Vernichtung bestehender Vermögenswerte bei. Weder die Sanierung noch die sofortige Zerschlagung des Unternehmens ist daher per se vorzugswürdig.83 Beide Bork, InsO, Rn. 355 f.; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 1 Rn. 25. Balz, Ziele, S. 3 [15] Rn. 40. 81 Uhlenbruck, ZIP 1980, 73 [75, 79]; ders., GmbHR 1982, 141 [148]; vgl. auch Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 1 Rn. 2 f. 82 Vgl. Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [198]; Grunewald, GmbHR 1997, 7 [8]; Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [440 f.]. 83 Ebenso Balz, ZIP 1988, 273 [276]; Gawaz, Rn. 49 ff.; MünchKomm-InsO / Ganter, § 1 Rn. 85; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 4; Picot / Aleth, Rn. 277; Wiegelmann, S. 154. 79 80
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Instrumente stehen vielmehr grundsätzlich gleichwertig nebeneinander, nicht nur als Ziel eines Insolvenzverfahrens, sondern generell, also bereits mit Eintritt einer Krise im weiteren Sinne. Hieraus folgt zugleich, daß dem Haftungsrecht nicht die Aufgabe zukommen kann, generell Anreize in die eine oder in die andere Richtung zu setzen. Ob eine Sanierung des Unternehmens versucht oder dieses sofort zerschlagen werden sollte muß sich allein danach ausrichten, ob das Unternehmen sanierungsfähig ist oder nicht. Nur wenn das Unternehmen sanierungsunfähig ist, sollten durch das Haftungsrecht Anreize dahingehend gesetzt werden, jegliche (weitergehenden) Stützungsmaßnahmen zu unterlassen. In wie weit eine Haftung im übrigen, also bei bestehender Sanierungsfähigkeit in Betracht kommt, kann dagegen nicht generell beantwortet werden. Vielmehr muß hierfür zunächst geklärt werden, wer das Risiko einer fehlgeschlagenen Sanierung im Grundsatz zu tragen hat und unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise eine abweichende Risikozuweisung in Betracht kommt84. Dem Haftungsrecht kann dann lediglich die Aufgabe zukommen, Anreize zu einem Verhalten zu setzen, das zu keiner hiervon abweichenden Risikozuweisung führt.85 In der Praxis orientiert sich die Frage einer möglichen Haftung der Bank dagegen häufig nicht an der ex ante zu beurteilenden Sanierungsfähigkeit des Unternehmens und der grundsätzlichen Risikoverteilung zwischen den Beteiligten, sondern an dem Ergebnis des Sanierungsversuchs. Auf den Punkt gebracht hat Geßler dieses Phänomen: „Gelingt die Sanierung, dann kümmert sich niemand um die rechtliche Problematik des Sanierungskredits, wehe aber wenn die Sanierungsmaßnahmen nur vorübergehend wirken und die Gesellschaft doch noch Konkurs anmelden muß, weil die Gläubiger zu weiterem Kredit oder zur Teilnahme an einer Kapitalerhöhung nicht mehr bereit sind“.86 In der Praxis wird dies gelegentlich durch entsprechende Klaganträge gegen die Banken eindrucksvoll untermauert: Der Kläger begehrt Schadensersatz von der beklagten Bank wegen einer sittenwidrigen Verschleppung des Insolvenzverfahrens und wegen vertragswidriger Nichtgewährung weiterer Finanzierungshilfen.87 Daß eine Sanierung nur dann vorzugswürdig ist, wenn das Unternehmen auch sanierungsfähig ist, bedarf angesichts der in der Praxis vorkommenden Unterstützungsentscheidungen einer besonderen Betonung, hat doch das Einschreiten der Bundesregierung im Fall der drohenden Insolvenz der Holzmann-AG gezeigt, daß über die Vornahme von Sanierungsmaßnahmen insbesondere bei Großunternehmen nicht selten politische Erwägungen eine Rolle spielen. Bekanntlich sind diese Unterstützungsmaßnahmen der Regierung gescheitert. Auch im Schrifttum ist zum Vgl. BGH, Urt. v. 12. 11. 1992 – IX ZR 236 / 91, ZIP 1993, 276 [280]; Kruppa, S. 23. s. zum Ganzen unten § 4. 86 Geßler, Festschr. f. Möhring, 1975, S. 173. 87 Vgl. hierzu den klägerischen Antrag im Sachverhalt von OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1690, 1693 rechte Spalte unten, 1694 rechte Spalte oben]; ähnliche Konstellationen, vor allem mit Hilfsanträgen, finden sich bei BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657; OLG Köln, Urt. v. 16. 3. 1984 – 3 U 71 / 83, WM 1985, 1128 [1129]; Kruppa, S. 15 ff. 84 85
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Teil die Berücksichtigung der wirtschaftspolitischen Folgen eines Unternehmenszusammenbruchs gefordert worden.88 In Anbetracht der zahlreichen an einem Unternehmenszusammenbruch hängenden Einzelschicksale von Arbeitern und Angestellten fällt es schwer, die Entscheidung über das Schicksal des Krisenunternehmens allein an der Überlebensfähigkeit des Unternehmens am Markt auszurichten. Die Frage, ob ein Unternehmen saniert werden sollte, ist dennoch von sanierungsfremden Motiven freizuhalten.89 Denn die Aufrechterhaltung eines sanierungsunfähigen Unternehmens führt letztlich nur zu einem Hinausschieben des Zusammenbruchs, Wettbewerbsverzerrungen und eine durch nichts gerechtfertigte Schmälerung der noch vorhandenen Haftungsmasse.90
III. Die einzelnen Sanierungsmaßnahmen und ihre praktische Bedeutung Eine allgemeingültige Definition der für eine Sanierung in Betracht kommenden Maßnahmen gibt es nicht.91 Umfasst sind vielmehr sämtliche Maßnahmen, die die nachhaltige finanzielle Gesundung eines Unternehmens bezwecken, also solche, die ex ante gesehen geeignet sind, ein Unternehmen zu sanieren.92 Im folgenden ist daher zunächst der Begriff der „Sanierung“ näher zu erörtern, ehe auf die einzelnen Sanierungsmaßnahmen eingegangen wird. 1. Der Sanierungsbegriff Im Schrifttum wird der Sanierungsbegriff nicht einheitlich definiert. Teile des Schrifttums greifen auf den steuerrechtlichen Sanierungsbegriff zurück, der von der Rechtsprechung93 im Rahmen des § 3 Nr. 66 EStG94 entwickelt worden ist.95 Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 564. Vgl. Balz, ZIP 1983, 1153; Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [198 f.]; MünchKommInsO / Ganter, § 1 Rn. 87; Gawaz, Rn. 50; Smid, WM 1998, 2489. 90 Eidenmüller, Sanierung, S. 26 f.; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 20 ff.; Kruppa, S. 12, 14 f.; Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [178]; Pilgram, S. 35 ff.; Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1647 f.]. 91 Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [197]; Gawaz, Rn. 9; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [167]; K. Schmidt, Sanierung, D 18; zur Bewertung von Sanierungskonzepten Buth / Hermanns / Herrmann / Röttgen, § 21. 92 Brandstätter, S. 253 ff.; Gawaz, Rn. 26; Möllers, S. 21; Räss, S. 118 ff.; Uhlenbruck, KTS 1981, 513 [536]; Wellensiek, NZI 2002, 233; K. Schmidt / Uhlenbruck / Wittig, Rn. 295 ff. 93 BFH, Urt. v. 27. 1. 1998 – VIII R 64 / 96, BFHE 186, 12 ff.; BFH, Urt. v. 18. 12. 1990 – VIII R 39 / 87, BFHE 164, 404 ff.; BFH, Urt. v. 28. 2. 1989 – VIII R 303 / 84, BFHE 157, 51 ff. 94 Aufgehoben durch Gesetz vom 29. 10. 1997 (BGBl. I, S. 2590). 95 Gawaz, Rn. 10; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 1; Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [186 mit Fn. 29, 188]; Meyer-Cording, NJW 1981, 1242 [1244]; Picot / Aleth, Rn. 3. 88 89
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
Danach soll eine erfolgreiche Sanierung vorliegen, wenn ein Unternehmen vor dem drohenden Zusammenbruch bewahrt und die Ertragsfähigkeit nachhaltig wiederhergestellt wird. Erforderlich ist danach also nicht nur die Wiederherstellung der Teilnahmefähigkeit am Markt, sondern auch deren Nachhaltigkeit. Demgegenüber legen Teile des Schrifttums einen betriebswirtschaftlichen Sanierungsbegriff zugrunde96, wonach eine Sanierung dann vorliegen soll, wenn die Finanzierungsgrundlage einer Betriebswirtschaft neugestaltet wird. Nicht vorausgesetzt wird dagegen die nachhaltige Wiederherstellung der Teilnahmefähigkeit am Markt. Wann ein Unternehmen tatsächlich saniert ist, kann nicht losgelöst von der oben gefundenen Definition der wirtschaftlichen Krise beurteilt werden. Von einer Sanierung des Unternehmens kann nur dann ausgegangen werden, wenn die wirtschaftliche Krise nachhaltig überwunden worden ist. Wenn eine dauerhafte wirtschaftliche Notlage vorliegt, die nur durch eine grundlegende Umstrukturierung beseitigt werden kann, ist eine Sanierung nur dann als erfolgreich zu bezeichnen, wenn diese Notlage dauerhaft beseitigt wird. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn das Unternehmen wieder dauerhaft am Marktgeschehen teilnehmen kann, ohne hierfür besondere Maßnahmen ergreifen zu müssen. Dies kann bei einer Neugestaltung der Finanzierungsgrundlage einer Betriebswirtschaft der Fall sein; zwingend ist dies jedoch nicht. Zugrunde gelegt werden kann daher lediglich der steuerrechtliche Sanierungsbegriff, denn nur wenn das Unternehmen langfristig Aussicht hat, wieder am Marktgeschehen teilnehmen und damit die bestehenden Defizite erwirtschaften zu können, kann auch von einer nachhaltigen Beseitigung der wirtschaftlichen Krise gesprochen werden.97 Das Unternehmen muß vereinfacht gesprochen durch die Sanierung wieder überlebensfähig gemacht werden. Letztlich wird nur hierdurch garantiert, daß durch die Sanierung die eigentlichen Ursachen der Unternehmenskrise beseitigt werden. Hinsichtlich der in Betracht kommenden Arten einer Sanierung kann zwischen der internen und der externen Sanierung unterschieden werden. Bei der internen Sanierung erfolgen lediglich Maßnahmen des Krisenunternehmens selbst, also solche, die die Unternehmensstruktur betreffen.98 Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem unternehmerische Maßnahmen wie etwa die Verringerung des Mitarbeiterbestandes, der Verkauf oder die Schließung selbständiger Unternehmensteile bzw. Betriebsstätten oder die Verkleinerung des Produktsortiments.99 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung geht es demgegenüber um Fälle sog. externer Sanierungsversuche, wenn also das Unternehmen die Sanierung nicht lediglich auf 96 Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [198]; De Meo, S. 20 Rn. 51; Künne, S. 51; Lutter / Hommelhoff / Timm, BB 1980, 737 [738]; Möllers, S. 21; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 363; Rümker, ZIP 1982, 1385 [1394]; K. Schmidt, Sanierung, D 20; H. P. Westermann, ZIP 1982, 379 [391]; Wiegelmann, S. 136 f., 139, 204. 97 Zum Merkmal der Nachhaltigkeit Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 1 Rn. 44. 98 Lutter / Hommelhoff / Timm, BB 1980, 737 [740 ff.]; Picot / Aleth, Rn. 287 ff.; Räss, S. 118 ff.; Uhlenbruck, BB 1998, 2009 [2012 f.]. 99 Brandstätter, S. 283 ff.; weiter Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 2 Rn. 2.
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eigene Bemühungen begrenzt, sondern die Hilfe Dritter, insbesondere der Banken, benötigt. Im folgenden werden daher ausschließlich diejenigen Maßnahmen im einzelnen untersucht, mit deren Hilfe die Finanzgrundlage des Unternehmens neu gestaltet werden kann (sog. finanzwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen)100; bei diesen Sanierungsmaßnahmen handelt es sich um Maßnahmen einer sog. externen Sanierung. 2. Sanierungsdarlehen a) Definition Unter einem Sanierungsdarlehen wird die darlehensweise Zuführung von finanziellen Mitteln durch Banken oder andere Darlehensgeber an sanierungsbedürftige Unternehmen mit dem Ziel, ein Insolvenzverfahren abzuwenden bzw. die Insolvenzgründe zu beseitigen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen, verstanden.101 Mit der Vergabe von Sanierungsdarlehen soll ebenso wie bei der Nichteinforderung von Altdarlehen vor allem die Liquidität des Unternehmens gewährleistet bzw. wiederhergestellt werden.102 Maßgeblich für die Qualifikation als Sanierungsdarlehen ist dabei die zwischen den Parteien getroffene Absprache, also der Sanierungszweck, der in einem Sanierungsvertrag vereinbart wird.103 Muß der Sanierungszweck damit per definitionem Inhalt der Darlehensabrede werden, folgt hieraus zugleich, daß die Bank die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens auch erkannt haben muß, es also nicht allein genügt, daß die Bank dem Unternehmen in der Krise ein Darlehen gewährt.104 Unter Aufgabe einer älteren Entscheidung105 vertritt dies nunmehr auch der Bundesgerichtshof.106 Damit ist klargestellt, daß die Parteien mit der Darlehensvergabe die Sanierung des Unternehmens bezwecken müssen. Wird der Sanierungszweck nicht schriftlich bzw. nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart, können sich diesbezüglich erhebliche Beweisprobleme ergeben, wenn Brandstätter, S. 249; näher hierzu Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Witt, § 3 Rn. 28, 30. Brandstätter, S. 26; De Meo, S. 23 Rn. 62; Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 3 Rn. 40; Gawaz, Rn. 31; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 8; Möllers, S. 21; Wenzel, Risiken, S. 245 f. 102 Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 5; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 28; Wittig, NZI 1998, 49 [52]. 103 BGH, Urt. v. 14. 4. 1964 – VI ZR 219 / 62, WM 1964, 671 [672]; Armspach, S. 57; Gawaz, Rn. 31, 35; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 15; Wiegelmann, S. 212. 104 Engert, S. 52 in Fn. 206; Wenzel, Risiken, S. 252. 105 BGH, Urt. v. 22. 1. 1962 – III ZR 198 / 60, WM 1962, 527 [529]. 106 BGH, Urt. v. 14. 4. 1964 – VI ZR 219 / 62, WM 1964, 671 [672]; ebenso schon BGH, Urt. v. 4. 7. 1961 – VI ZR 236 / 60, WM 1961, 1126 [1127]; BGH, Urt. v. 2. 2. 1955 – IV ZR 252 / 54, NJW 1955, 1272 [1274]; OLG Köln, Urt. v. 27. 2. 1981 – 22 U 117 / 79, WM 1981, 1238 [1240]. 100 101
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sich etwa die Bank im nachhinein darauf beruft, das Darlehen sei in Unkenntnis der Krise, jedenfalls aber nicht zu deren Abwendung gewährt worden. War für die Bank im Zeitpunkt der Darlehensvergabe jedoch ohne weiteres erkennbar, daß sich das Unternehmen in der Krise befunden hat, war die Krise also evident, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß die Darlehensvergabe in Kenntnis der Krise und zu deren Abwendung erfolgte. Es ist dann an der Bank im einzelnen darzulegen und zu beweisen, daß sie tatsächlich keine Kenntnis von der Krise hatte bzw. die Darlehensvergabe nicht zur Abwendung der Krise erfolgte. b) Vor Eintritt der Unternehmenskrise gewährte Darlehen Problematisch ist, ob von einem Sanierungsdarlehen auch dann gesprochen werden kann, wenn das Kreditinstitut bereits vor Eintritt der Krise gewährte Darlehen nicht kündigt oder verlängert, um eine Sanierung zu ermöglichen, ferner wenn das Kreditinstitut in der Krise ein bereits zuvor zugesagtes Darlehen auszahlt bzw. der Darlehensnehmer eine bereits vor der Krise eingeräumte Kreditlinie voll ausschöpft. Legt man die oben genannte Definition für ein Sanierungsdarlehen zugrunde, handelt es sich nicht um ein Sanierungsdarlehen, da im Zeitpunkt der Darlehensvergabe eine Sanierung des Unternehmens nicht bezweckt war. Hieran ändert sich allein durch den Eintritt der Krise nichts. Die Bank könnte das Darlehen nach Eintritt der Krise allenfalls wegen der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers kündigen. Die unterlassene Kündigung bedeutet jedoch nur die Nichtausübung eines Gestaltungsrechts und begründet noch keine Zweckabrede für die Darlehensgewährung107, da die Bank mit einer solchen gleichzeitig ein erhebliches Ausfallrisiko übernimmt. Hierfür bedarf es einer ausdrücklichen Sanierungszweckvereinbarung. Wenn und solange diese nicht vorliegt, handelt es sich bei vor der Krise gewährten Krediten nicht um Sanierungsdarlehen. Anders als bei einer Kreditgewährung spricht bei einem Stehenlassen von Darlehen nach Eintritt der Krise auch keine Vermutung des ersten Anscheins für eine konkludente Sanierungszweckvereinbarung. Während die Bank bei der Vergabe von Darlehen die Bonität des Krisenunternehmens regelmäßig prüfen wird und daher auch eine Vermutung dafür spricht, daß sie die Krise erkannt und das Darlehen zu deren Abwendung gewährt hat, kann hiervon bei einem schlichten Stehenlassen nicht ausgegangen werden. Insbesondere wird durch das Nichtgeltendmachen eines etwaigen Kündigungsrechts weder die Überschuldung noch die bestehende oder drohende Zahlungsunfähigkeit abgewendet. Aus diesem Grund bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, daß es zum Abschluß etwa einer Stundungsvereinbarung oder einer Prolongation gekommen ist.
107
Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.105; Wenzel, Risiken, S. 246.
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c) Nach Eintritt der Unternehmenskrise gewährte Darlehen Der Begriff des Sanierungsdarlehens umfaßt nach dem Gesagten eindeutig neue, also nach der Unternehmenskrise gewährte Darlehen, die wegen und zur Beseitigung der wirtschaftlichen Krise gewährt werden. Jedoch können auch nach diesem Zeitpunkt noch Darlehen gewährt werden, die keine Sanierungsdarlehen darstellen und damit auch nicht als solche rechtlich behandelt werden. Kein Sanierungsdarlehen liegt vor, wenn mit dem Darlehen nicht die Wiederherstellung der Liquidität des Unternehmens zur Beseitigung der Krise bezweckt wird. Hierauf ist im folgenden näher einzugehen. aa) Projektbezogene Darlehen Kein Sanierungsdarlehen liegt vor, wenn die Bank das Darlehen nur deshalb gewährt, damit das Unternehmen ein bestimmtes Projekt fertig stellen und damit wirtschaftliche Werte erhalten kann.108 Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sichergestellt werden soll, daß das Unternehmen zunächst halbfertige Produktionsteile fertig stellen kann, weil die fertiggestellten Produktionsteile von höherem Wert sind, insbesondere wenn sie durch ein Drittunternehmen nicht oder nur unter höherem Aufwand fertiggestellt werden könnten. Das Darlehen dient in diesem Fall lediglich dazu, eine Steigerung des Unternehmenswerts und damit der Insolvenzmasse herbeizuführen. Bei einem solchen Darlehen handelt es sich nicht um ein Sanierungsdarlehen, weil es nicht die Sanierung des Unternehmens bezweckt. bb) Objektbezogene Darlehen Auch Darlehen an Immobiliengesellschaften zur Finanzierung von Bauobjekten werden mit dem Ziel gewährt, den Ankauf und die Erstellung von Immobilien zu ermöglichen, nicht dagegen, um die Liquidität des Unternehmens zu erhöhen.109 Jedoch kann es mit Hilfe der durch die Errichtung bzw. den Verkauf der Immobilien erzielten Gewinne zu einer Sanierung des Unternehmens kommen. Ob dies für die Qualifizierung objektbezogener Darlehen als Sanierungsdarlehen genügt, erscheint problematisch, da die Sanierung nicht der primäre Zweck der Darlehensgewährung ist. Im Schrifttum wird vereinzelt dafür plädiert, auch mittelbar mit dem Darlehen verfolgte Zwecke einzubeziehen, so daß auch ein objektbezogenes Darlehen als Sanierungsdarlehen zu qualifizieren sein könnte.110 Dies erscheint aber fragwürdig, weil im Zeitpunkt der Darlehensvergabe noch völlig ungewiß ist, ob mit der Finanzierung der Objekte eine Sanierung überhaupt erreicht werden Eingehend zur Projektfinanzierung Knops / Bamberger / Maier-Reimer /Hoffmann, § 7c. OLG Frankfurt, Urt. v. 27. 9. 1989 – 21 U 247 / 88, WM 1990, 2010 [2012 f.]; Gawaz, Rn. 36; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 8. 110 Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]. 108 109
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kann. Ob dies der Fall ist, hängt in der Regel von zahlreichen Faktoren ab, insbesondere davon, ob das Unternehmen einen hinreichenden Sanierungsplan ausgearbeitet hat. Grundsätzlich kann ein objektbezogenes Darlehen daher nicht als Sanierungsdarlehen qualifiziert werden. Etwas anderes kann nach dem Gesagten nur dann gelten, wenn die Sanierung nur mit Hilfe der Finanzierung des Objekts zu erreichen ist, denn in einem solchen Fall wird die Vergabe des objektbezogenen Darlehens notwendiges Zwischenziel zur Erreichung der Sanierung.111 Dann ist mit der Vergabe des Darlehens auch die Sanierung des Unternehmens bezweckt im Sinne der oben genannten Definition. cc) Überbrückungsdarlehen Ein Überbrückungsdarlehen hat nicht zum Ziel, eine Unternehmenskrise, sondern einen Liquiditätsengpaß zu beseitigen. Es handelt sich daher nicht um ein Sanierungsdarlehen.112 Problematisch ist die Vergabe von Überbrückungsdarlehen in der Krise dann, wenn mit ihrer Hilfe die Sanierung des Unternehmens mitbezweckt wird, wenn also etwa die Gewährung eines Sanierungsdarlehens durch eine Drittbank ermöglicht oder die Insolvenzgründe der §§ 17, 18 InsO und damit einhergehend die Antragspflicht und die mit deren Unterlassung verbundene Haftung abgewendet werden soll.113 Letzteres wird allerdings in aller Regel wiederum nur dann der Fall sein, wenn die Vergabe eines Sanierungsdarlehens – sei es auch zu einem späteren Zeitpunkt – ermöglicht werden soll. Das Überbrückungsdarlehen bezweckt in diesen Konstellationen zumindest mittelbar auch die Sanierung des Unternehmens, so daß sich wiederum die Frage stellt, unter welchen Voraussetzung bei einer solchen mittelbaren Zwecksetzung von einem Sanierungsdarlehen gesprochen werden kann. Wird eine Sanierung erst durch die Vergabe eines Überbrückungsdarlehens ermöglicht114, etwa weil für die Dauer der Verhandlungen mit der grundsätzlich vergabebereiten Drittbank die Fremdmittel zur Aufrechterhaltung des Krisenunternehmens benötigt werden, stellt die Vergabe des Überbrückungsdarlehens ein notwendiges Zwischenziel zur Erreichung der Sanierung dar. Ob eine solche wirklich stattfinden wird, ist im Zeitpunkt der Darlehensvergabe zwar noch offen. Jedoch bestehen unter diesen Umständen dieselben Gefahren wie bei der Vergabe von langfristigen Sanierungsdarlehen115: Der Zusammenbruch des Unternehmens wird hinausgeschoben und die Haftungsmasse verringert.116 Ebenfalls um ein SanieInsoweit zutreffend Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]. BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 14 / 84, BGHZ 90, 370 [378]; Soergel / Häuser, § 607 Rn. 227; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Knops, § 7 A Rn. 8. 113 Batereau, WM 1992, 1517 [1519]; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3226, 3229]. 114 Vgl. Eidenmüller, Sanierung, S. 372; Wittig, NZI 1998, 49 [51]. 115 Batereau, WM 1992, 1517 [1519]; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 152; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.134; Wenzel, Risiken, S. 257. 111 112
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rungsdarlehen handelt es sich, wenn die das Überbrückungsdarlehen gewährende Bank Teil einer Gläubigergemeinschaft ist und zur Sanierung durch das Überbrükkungsdarlehen beiträgt oder sonst in die Sanierungskonzeption der Drittbank eingebunden ist. Wenn zum Teil die Ansicht vertreten wird, daß ein Überbrückungsdarlehen generell kein Sanierungsdarlehen darstellen könne117, so greift dies folglich zu kurz. dd) Existenzgründungsdarlehen Existenzgründungsdarlehen stellen ebenfalls keine Sanierungsdarlehen dar, weil sie nicht die Sanierung, sondern den Aufbau eines Unternehmens bezwecken (vgl. auch § 507 BGB).118 Dagegen wird eine Haftung der darlehensgewährenden Bank auch bei Existenzgründungsdarlehen dann diskutiert, wenn es sich bei der Existenzgründung für die Bank erkennbar um eine „Totgeburt“ handelt.119 Allerdings hat diese Fallkonstellation mit der Problematik des Sanierungsdarlehens nichts zu tun, da das Darlehen auch in diesen Fällen nicht der Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit des Unternehmens dient. Ob und unter welchen Voraussetzungen die Bank auch bei der Vergabe von Existenzgründungsdarlehen eine Haftung trifft, ist umstritten. Zum Teil wird eine Nachforschungspflicht des Kreditinstituts hinsichtlich der Überlebensfähigkeit des zu gründenden Unternehmens abgelehnt120, während andere eine Prüfungspflicht der Bank bejahen121. Letztlich geht es dabei um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bank in einem solchen Fall eine Durchgriffshaftung treffen kann. Damit sind allgemein die Verhaltenspflichten von Banken bei der Kreditvergabe angesprochen, die aber nicht Gegenstand dieser Untersuchung sind. ee) Liquidationsdarlehen Finanziert die Bank die stille Liquidation eines Unternehmens, handelt es sich ebenfalls nicht um ein Sanierungsdarlehen.122 Ein solches Liquidationsdarlehen Eidenmüller, Sanierung, S. 372. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30. 6. 1983 – 6 U 120 / 81, ZIP 1983, 786 [800]; Gawaz, Rn. 37, 33 f., 372; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 8; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 47; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229] (insofern anders als bei objektbezogenen Darlehen vgl. oben in Fn. 106). 118 BGH, Urt. v. 13. 5. 1958 – VIII ZR 331 / 56, WM 1958, 845 [846]; Gawaz, Rn. 38; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 8; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]. 119 OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1691 f.]; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]. 120 Batereau, WM 1992, 1517 [1522]; Gawaz, Rn. 38. 121 Neuhof, NJW 1998, 3225 [3229]. 122 Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.151. 116 117
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wird insbesondere dann gewährt, wenn eine Sanierung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und die stille Liquidation ein drohendes Insolvenzverfahren abwenden soll.123 Für die vorliegende Untersuchung haben derartige Darlehen daher keine Bedeutung.
d) Praktische Bedeutung Für eine nachhaltige Sanierung ist die Zuführung von Kapital – sei es Eigen-, sei es Fremdkapital – eine unverzichtbare Voraussetzung, weil nur durch die Wiederherstellung der Liquidität und damit der Fähigkeit, wieder am Marktgeschehen teilzunehmen, überhaupt eine Chance besteht, das Unternehmen nachhaltig zu sanieren. Die Gewährung von Sanierungsdarlehen als Gewährung von Fremdkapital stellt daher neben der Zuführung (weiteren) Eigenkapitals eine entscheidende Sanierungsmaßnahme dar.124 Allerdings bewirkt die Gewährung von Sanierungsdarlehen eine weitere Verschuldung des Unternehmens. Die Darlehensgewährung ist als alleinige Sanierungsmaßnahme daher ungeeignet, sofern es nicht lediglich um die Überbrückung eines Liquiditätsengpasses geht, also keine Überschuldung droht. Regelmäßig wird die Darlehensgewährung daher mit der Zuführung von Eigenkapital durch die Gesellschafter einhergehen. Daß das Unternehmen einen bislang Unbeteiligten dafür gewinnt, sich an dem Unternehmen mit Eigenkapital zu beteiligen, dürfte dagegen unwahrscheinlich sein, da die im Zeitpunkt der Krise bestehenden Verlustrisiken regelmäßig kaum kalkulierbar sein werden. Gewähren die Gesellschafter dem Unternehmen ein Darlehen, führt dies unter den Voraussetzungen der §§ 32a ff. GmbHG zu einer Umqualifizierung des Fremdkapitals zu Eigenkapital. Ob in einem solchen Fall mit der Vergabe nomineller Fremdmittel eine Überschuldung eintritt oder nicht, ist umstritten. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, daß eine Überschuldung auch bei der Gewährung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen eintritt, wenn Gesellschaft und Gesellschafter keinen Rangrücktritt vereinbart haben, weil die Bewertung als eigenkapitalersetzendes Darlehen im Einzelfall zweifelhaft sein könne und ein nicht zu beseitigendes Unsicherheitsmoment in die Frage nach der Insolvenzantragspflicht hineintrage; ferner wird angeführt, der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß die Passivierungspflicht geltendes Recht sei.125 Demgegenüber vertritt ein Teil des Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.151. Büschgen, S. 358 f.; Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [198]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 7; Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 153; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 41; Koenen, S. 179; Kruppa, S. 2, 83, 86; Wiegelmann, S. 2, 126; Wittig, NZI 1998, 49 [52]; s. zur Bedeutung der Liquidität zur Fortführung eines Unternehmens auch BGH, Urt. v. 3. 11. 2004 – IX ZR 227 / 03, NJW 2005, 675 [678]. 125 Vgl. nur BGH, Urt. v. 8. 1. 2001 – II ZR 88 / 99, BGHZ 146, 264 ff.; HansOLG Hamburg, Urt. v. 18. 7. 1986 – 11 U 77 / 84, WM 1986, 1110 ff.; Kruppa, S. 98 ff.; K. Schmidt, GmbHR 1999, 9 [14 f.]; ders., Festschr. f. Goerdeler, 1987, S. 487 [505] (unter Hinweis auf 123 124
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Schrifttums die Ansicht, daß eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen im Rahmen des Überschuldungsstatus generell außer Betracht zu bleiben haben, weil eigenkapitelersetzende Gesellschafterdarlehen funktionales Eigenkapital seien; ferner sei die Geltendmachung solcher Darlehen im Konkurs gerade ausgeschlossen, weshalb sie im Rahmen der Überschuldungsbilanz auch nicht berücksichtigt werden dürften.126 Angesichts der drohenden Unsicherheiten über die Qualifizierung eines Gesellschafterdarlehens wird man dann jedoch die Bildung angemessener Rückstellungen gemäß § 249 Abs. 1 HGB fordern müssen, was häufig zu einer rechnerischen Überschuldung führen wird.127 Letztlich kommt damit diesem Meinungsstreit keine praktische Bedeutung zu. Auch bei einer Gewährung von Gesellschafterdarlehen muß daher zur Abwendung der (drohenden) Überschuldung auch nominelles Eigenkapital zugeführt werden. 3. Umwandlung von Darlehensforderungen in Eigenkapital Es ist bereits dargelegt worden, daß die Zuführung von Kapital eine zentrale Bedeutung für jede Sanierung hat. Da durch die Gewährung von Fremdmitteln die Überschuldung des Unternehmens nicht beseitigt wird, bedarf es ferner der Zurverfügungstellung von Eigenkapital. Eine Möglichkeit bildet dabei die Umwandlung von Forderungen in eine Beteiligung am Unternehmen.128 Insbesondere aufgrund der erheblichen praktischen Schwierigkeiten, die mit dem Verzicht auf Darlehensforderungen verbunden mit Besserungsvereinbarungen einhergehen, wird dieses Mittel in der Praxis nur selten genutzt.129 Mit der Einführung des § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG durch Gesetz vom 1. 5. 1998 ist die Umwandlung von Darlehensforderungen in Eigenkapital (sog. Debt-Equity-Swap) zwar begünstigt worden.130 Ob dies in Anbetracht der bestehenden Ausfallrisiken zu einer erhöhten Vornahme von Umwandlungen führt, muß aber bezweifelt werden.131 Auch Banken werden in der wirtschaftlichen Krise des Darlehensnehmers ihre Darlehensforderungen in der Regel nicht in eine Unternehmensbeteiligung umwandeln. Denn mit der Umwandlung der Darlehensforderungen in Eigenkapital ist dieses in der Insolvenz des BT-Drs. 8 / 1347); offenlassend noch BGH, Urt. v. 6. 12. 1993 – II ZR 102 / 93, BGHZ 124, 282 ff. 126 Lutter / Hommelhoff, § 64 Rn. 17d; Teller, S. 86 ff.; Hachenburg / Ulmer, § 63 Rn. 46a. 127 Teller, S. 89. 128 Brandstätter, S. 261; Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 3 Rn. 69 ff.; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 5, 150, 150a; Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 151; Lutter / Hommelhoff / Timm, BB 1980, 737 [740]; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3227]; Pichler, WM 1999, 411 [413]; Picot / Aleth, Rn. 490; Räss, S. 129 ff.; Wittig, NZI 1998, 49 [54]; Himmelsbach / Achsnick, NZI 2006, 561 ff. 129 Honsell, Festschr. f. Frotz, 1993, S. 307 [317]; Wittig, NZI 1998, 49 [54]. 130 Vgl. BGH, Urt. v. 21. 11. 2005 – II ZR 277/03, NZI 2006, 604; Picot / Aleth, Rn. 490 ff.; Pichler, WM 1999, 411 [413]; K. Schmidt / Uhlenbruck / Wittig, Rn. 342 ff. 131 Eidenmüller, Sanierung, S. 293.
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
Krisenunternehmens verloren, wohingegen die Darlehensforderungen meist entsprechend insolvenzfest abgesichert sein werden. Dieser Sanierungsmaßnahme kommt daher für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand keine praktische Bedeutung zu.
4. Gründung einer Sanierungsgesellschaft Eine mögliche Form der Sanierung ist die Gründung einer Fortführungsgesellschaft. Diese bezweckt, den Betrieb des Unternehmens fortzuführen und zu reorganisieren.132 Soll die neu gegründete Gesellschaft die Sanierung durch eine zusätzliche Kapitalbeteiligung erreichen, spricht man von einer Sanierungsgesellschaft133, die als echte Auffanggesellschaft den Betrieb im eigenen Namen auf der Grundlage eines Pacht- oder Treuhandvertrages fortführt.134 In der Regel werden sich Banken jedoch nicht zu einer Beteiligung an einer Sanierungsgesellschaft bereit finden, da auch in diesem Fall das Eigenkapital in einer drohenden Insolvenz verloren wäre. Entschließt sich die Bank dagegen zur Beteiligung an der Gründung einer echten Auffanggesellschaft, wird sie dies vor allem deshalb tun, um eine größere Kontrolle über die zu treffenden unternehmerischen Entscheidungen zu erlangen.135 Möglich ist weiter die Übernahme des Krisenunternehmens durch eine Betriebsübernahmegesellschaft (sog. unechte Auffanggesellschaft)136 als Fall der übertragenden Sanierung. Es handelt sich dabei um einen Unternehmensverkauf in Form des sog. asset deal137, also eine Verwertung der Masse als Ganzes. Die hiermit einhergehenden Probleme sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Entgegen einer zum Teil im Schrifttum vertretenen Auffassung138 kann die übertragende Sanierung zwar nicht von vornherein aus dem Bereich der Sanierungsmaßnahmen ausgeklammert werden, da zumindest das Unternehmen saniert und lediglich der Unternehmensträger liquidiert wird139. Jedoch ergeben sich hieraus keine speziellen Haftungsfragen, die die Verantwortlichkeit von Banken in der Unternehmenskrise betreffen.
132 Brandstätter, S. 270 ff.; Groß, IV. Rn. 3; Picot / Aleth, Rn. 517; Wellensiek, WM 1999, 405 [408]; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 1 Rn. 31. 133 Brandstätter, S. 271 f.; Limmer, S. 1219 [1223] Rn. 10; Picot / Aleth, Rn. 519. 134 Brandstätter, S. 272; Groß, IV. Rn. 6; Limmer, S. 1219 [1225] Rn. 14 f.; Picot / Aleth, Rn. 524. 135 Wenzel, Risiken, S. 272 f. 136 Brandstätter, S. 272; Groß, II. Rn. 251; Limmer, S. 1219 [1224] Rn. 13; Picot / Aleth, Rn. 520. 137 Kluth, NZI 2002, 1 f.; Wellensiek, NZI 2002, 233 [234]; ders., WM 1999, 405 [408]. 138 Kluth, NZI 2002, 1 f. 139 Wellensiek, NZI 2002, 233 [234].
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5. Sonstige Hilfen a) Sicherheitenfreigabe Neben den genannten Sanierungsmaßnahmen bildet auch die Freigabe bestellter Sicherheiten eine Form der Sanierung, da dem Unternehmen damit Vermögen zur Verfügung steht, das es entweder als Sicherheiten für weitere Darlehen verwenden oder veräußern kann. Folgt der Freigabeanspruch allerdings wegen des Eintritts einer nachträglichen Übersicherung bereits aus dem der Darlehensvereinbarung zugrundeliegenden Sicherungsabrede140, handelt es sich nicht um eine Sanierungsmaßnahme, da es in diesem Fall an dem Sanierungszweck fehlt. Nur wenn die Bank Sicherheiten freigibt, um eine Sanierung, etwa die Aufnahme weiterer Darlehen bei Drittbanken, zu ermöglichen, kann von einer Sanierungsmaßnahme gesprochen werden. Allerdings werden Banken dies praktisch kaum tun, da sich hierdurch die Ausfallrisiken beträchtlich erhöhen. Auch der Sicherheitenfreigabe kommt damit für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand keine praktische Bedeutung zu. b) Verzicht und Rangrücktritt Ebenfalls einen Sanierungsbeitrag – insbesondere zur Beseitigung der Überschuldung – stellt der Verzicht gemäß § 397 Abs. 1 BGB, etwa auf Forderungen bzw. Zinsen, aber auch der Rangrücktritt bzw. der Forderungsverzicht mit Besserungsschein dar, wobei der Verzicht unter die auflösende Bedingung der Besserung der Vermögensverhältnisse gestellt wird.141 Die Begrifflichkeiten sind insofern mißverständlich, als es sich bei dem Besserungsschein weder um einen sachenrechtlichen Rangrücktritt (etwa § 880 BGB) noch notwendigerweise um eine Verbriefung des Verzichts handelt. Vielmehr wird das Angebot auf Abschluß eines die Forderungen zum Erlöschen bringenden Verzichtsvertrages unter die auflösende Bedingung der wirtschaftlichen Besserung des Schuldners gestellt, so daß die Forderungen im Falle der wirtschaftlichen Gesundung wiederaufleben.142 Im Überschuldungsstatus ist eine derartige Forderung nicht mehr zu berücksichtigen.143 140 BGH, Urt. v. 27. 11. 1997 – GSZ 1 / 97 u. 2 / 97, BGHZ 137, 212 ff.; Schimansky / Bunte / Lwowski / Ganter, § 90 Rn. 359 ff. 141 Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 3 Rn. 80 ff., 85 ff.; Gawaz, Rn. 26; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 5; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 1.166 f., 1.170 (für aufschiebende Bedingung); Lutter / Hommelhoff / Timm, BB 1980, 737 [740]; Wittig, NZI 1998, 49 [52 f.]; eingehend hierzu Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Lieser, § 9. 142 Obermüller, Bankpraxis, Rn. 1.168 f., 1.172. 1.182 ff.; K. Schmidt, GmbHR 1999, 9 [13]; Teller, S. 149 ff.; Wittig, NZI 1998, 49 [54]. 143 BGH, Urt. v. 9. 2. 1987 – II ZR 104 / 86, NJW 1987, 1697 f.; BGH, Urt. v. 4. 5. 1962 – VI ZR 226 / 61, WM 1962, 764 [765]; HansOLG Hamburg, Urt. v. 18. 7. 1986 – 11 U 77 / 84, WM 1986, 1110 [1112]; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17. 12. 1991 – 8 W 17 / 91, BB 1992, 531; Fleischer, ZIP 1996, 773 [774]; Gawaz, Rn. 32; Lutter / Hommelhoff, § 64 Rn. 17a;
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
Für die Abwendung der Überschuldung ist dabei irrelevant, ob es sich bei dem Rangrücktritt um einen die Forderung (auflösend bedingt) beseitigenden Verzichtsvertrag oder um einen verfügenden Schuldänderungsvertrag (§ 311 Abs. 1 BGB) handelt144, da die Darlehensforderungen auch bei letzterem in dem Überschuldungsstatus nicht mehr passiviert werden145. Dies gilt nach der Neuregelung der §§ 32a Abs. 1 GmbHG, 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auch für den bloßen Rangrücktritt, also ohne Forderungsverzicht.146 Banken werden wegen des damit einhergehenden Ausfalls in der Regel nicht auf einen (nennenswerten) Teil ihrer Forderungen verzichten. c) Zahlungsaufschub Eine weitere Möglichkeit zur Behebung von Zahlungsschwierigkeiten, insbesondere der (vorübergehenden) Zahlungsunfähigkeit, kann die Gewährung eines Moratoriums in Form einer Stundungsvereinbarung sein. Möglich ist auch der Abschluss eines sog. pactum de non petendo, der jedoch im Gegensatz zur Stundung die Fälligkeit der Forderungen nicht hinausschiebt.147 Als alleinige Maßnahme wird ein Moratorium allerdings kaum je geeignet sein, die Insolvenzgründe, geschweige denn die Krise zu beseitigen, so daß es mit weiteren Maßnahmen einhergehen muß.148 Prolongiert oder stundet die Bank ein bereits vor der Krise gewährtes Darlehen, stellt sich die Frage, ob sich hierdurch ein „gewöhnliches“ Darlehen durch eine nachträglich getroffene Sanierungsvereinbarung im Rahmen eines Zahlungsaufschubes in ein Sanierungsdarlehen umwandeln kann. Dies wird im Schrifttum zum Teil verneint.149 Da die Verlängerung eines gewährten Darlehens jedoch zur Belassung der gewährten Kreditmittel führt und wirtschaftlich wie die Neugewährung wirken kann, überzeugt diese Ansicht nicht. Vielmehr wandelt sich ein Darlehen durch eine Prolongation in ein Sanierungsdarlehen um.150 Eine solche Verlängerung kann auch dadurch erfolgen, daß die Bank auf ein ihr zustehendes Kündigungsrecht einvernehmlich mit dem Darlehensnehmer verzichtet, um eine erfolgreiche Sanierung zu ermöglichen. Entscheidend ist auch bei dieser Maßnahme, daß sie erfolgt, um die Sanierung des Krisenunternehmens zu ermöglichen. Praktisch kommen die Prolongation und die Stundung für Banken K. Schmidt, ZIP 1999, 1241 [1246]; ders., Festschr. f. Goerdeler, 1987, S. 487 [500, 501]; Obermüller, Bankpraxis, 1.175; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 19; Wittig, NZI 1998, 49 [53]. 144 K. Schmidt, ZIP 1999, 1241 [1246 f.]; Wittig, NZI 1998, 49 [53 f.]. 145 Limmer, S. 1219 [1231 f.] Rn. 32 f.; Teller, S. 8 ff., 91 ff.; Wittig, NZI 1998, 49 [54]. 146 Lutter, ZIP 1999, 641 [645 f.]; K. Schmidt, GmbHR 1999, 9 [11 ff.]. 147 Lutter / Hommelhoff / Timm, BB 1980, 737 [742]; Picot / Aleth, Rn. 493 f.; Wittig, NZI 1998, 49 [51]; s. ferner Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Dhonau / Velden, § 10. 148 Wittig, NZI 1998, 49 [52]. 149 Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.105; Wenzel, Risiken, S. 246. 150 Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 46c; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 9.
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in Betracht, wenn die verlängerten bzw. gestundeten Darlehen ausreichend besichert sind. 6. Ergebnis Von praktischer Bedeutung für die Beteiligung von Banken an der Unternehmenssanierung ist lediglich die Gewährung von Sanierungsdarlehen bzw. die Prolongation oder Stundung bereits vor der Unternehmenskrise ausgereichter Darlehen. Anderen Sanierungsmaßnahmen kommt dagegen wegen der mit diesen einhergehenden Ausfallrisiken keine praktische Bedeutung zu. Sie können im folgenden außer Betracht bleiben.
IV. Die rechtliche Ausgestaltung des Sanierungsverfahrens 1. Problemstellung Die Untersuchung hat gezeigt, daß ein Unternehmen weit vor Eintritt der Insolvenzreife sanierungsbedürftig wird und sich zu einer Sanierung gezwungen sehen kann. Es wurde auch gezeigt, daß die Interessen der Gläubiger bereits mit Eintritt einer solchen Krise im weit verstandenen Sinne betroffen sind. Im Gegensatz zu einem Sanierungsversuch im Insolvenzverfahren werden die Gläubiger bis zum Eintritt der Insolvenzreife jedoch an der Sanierung des Unternehmens nicht partizipieren. Im Gegenteil wird das Unternehmen darauf bedacht sein, die Sanierungsbedürftigkeit nicht offenzulegen. Problematisch ist ein solches Vorgehen aber nicht nur deswegen, weil die von der Sanierung betroffenen Gläubiger hiervon nichts erfahren und auch nicht an dem Sanierungsversuch teilnehmen können; problematisch an einer solchen „stillen“ Sanierung ist vor allem, daß es während des Sanierungsversuchs keinerlei gesetzliche Kontrollmechanismen gibt. Diese greifen erst mit Eintritt der Insolvenzreife, insbesondere was die gesetzlichen Insolvenzantragspflichten des Schuldners angeht. In der Insolvenz erfolgt die Sanierung dann durch den Insolvenzverwalter und unter Einbeziehung der Gläubiger sowie des Insolvenzgerichts, insbesondere bei Durchführung des Insolvenzplanverfahrens (§§ 1 Satz 2, 217 ff. InsO). Bis zum Eintritt der Insolvenzreife kann es jedoch bereits zu einer erheblichen Schmälerung der vorhandenen Haftungsmasse gekommen sein. Es stellt sich daher die Frage, ob eine Sanierung gesetzlich kontrolliert oder vielmehr „frei“ erfolgen sollte. Da de lege lata eine „kontrollierte“ Sanierung lediglich im Rahmen eines Insolvenzverfahrens möglich ist, käme dem Haftungsrecht dann die Aufgabe zu, mit Eintritt der Krise im weiteren Sinne jedwede Stützungsmaßnahmen zu unterbinden, die zu einer Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens führen. Wird dagegen eine „freie“, also nicht kontrollierte Sanierung befürwortet, dürften 5 Vuia
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
Sanierungsbemühungen in der Phase bis zum Eintritt einer Krise im engeren Sinne nicht durch Haftungsrisiken unterbunden werden. Allerdings müßte dann auch geklärt werden, welche Kontrollinstrumente an die Stelle der gesetzlichen Schutzvorschriften treten, weil eine „freie“ Sanierung nicht bedeutet, daß diese auch frei von jeglichen Haftungsrisiken ist. Im Gegenteil käme dem Haftungsrecht die Aufgabe zu, die Interessen der übrigen Gläubiger zu schützen. Um Sanierungsbemühungen in der Phase vor Eintritt der Insolvenzreife nicht von vornherein zu unterbinden, müßten die Haftungskriterien ihrerseits klar und für den potentiellen Haftungsgegner damit kalkulierbar ausgestaltet werden. Ob eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens oder bereits in dem Zeitraum vor Eintritt der Insolvenzreife vorzuziehen ist, kann dabei nicht ohne Blick auf die Vor- und Nachteile der jeweiligen Sanierungsverfahren geklärt werden. 2. Die Sanierung in der Insolvenz151 a) Die Bedeutung der Sanierung im Insolvenzverfahren Primäres Ziel der Durchführung des Insolvenzverfahrens ist die gleichmäßige Gläubigerbefriedigung (par condicio creditorum)152, was eine Vorwegbefriedigung der gesicherten Gläubiger nicht ausschließt. Sanierung und Liquidation stehen dabei als Mittel zur Erreichung dieses Ziels gleichrangig nebeneinander.153 Zweck der mit der Einführung der Insolvenzordnung einhergehenden Vorverlagerung des Eröffnungszeitpunkts ist vor allem die Sicherung einer die Durchführung des Verfahrens gewährleistenden Masse.154 Dieses Ziel begünstigt nicht nur eine gleichmäßige Gläubigerbefriedigung im Falle der Liquidation, sondern auch die Chancen einer Sanierung, da die für diese erforderliche Vergabe von Darlehen nach der Verfahrenseröffnung realistischerweise nur dann erwartet werden kann, wenn der Darlehensgeber Aussicht hat, mit seinem Rückzahlungsanspruch, der Masseverbindlichkeit ist (vgl. §§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, 55 Abs. 1 InsO), nicht auszufallen bzw. noch ausreichend Vermögensgegenstände als Sicherheiten zur Verfügung stehen. Eine möglichst frühe Verfahrenseröffnung kann damit eine Sanierung begünstigen.155 Eingehend hierzu Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Vallender, § 6. BGH, Urt. v. 15. 7. 2004 – IX ZR 224 / 03, NJW 2004, 3185 [3186]; Bork, InsO, Rn. 1 ff.; MünchKomm-InsO / Ganter, § 1 Rn. 20, 45; Picot / Aleth, Rn. 11, 666 f.; MünchKomm-InsO / Stürner, Einl. Rn. 1; Wellensiek, NZI 2002, 233 [234]; ders., WM 1999, 405 [406]; Wittig, NZI 1998, 49; ebenso zur Fortführung im Eröffnungsverfahren MünchKommInsO / Haarmeyer, § 22 Rn. 89; unklar dagegen Kübler / Prütting, § 1 Rn. 13 ff.; FK-InsO / Schmerbach, §§ 1 ff. Rn. 20 ff. 153 Bork, InsO, Rn. 11 ff.; MünchKomm-InsO / Stürner, Einl. Rn. 2; Uhlenbruck, BB 1998, 2009. 154 Picot / Aleth, Rn. 668. 155 Picot / Aleth, Rn. 668. 151 152
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b) Die Möglichkeiten einer Sanierung im Insolvenzverfahren Seit langem ist die Einführung eines einheitlich geregelten gesetzlichen Reorganisationsverfahrens auch in Deutschland gefordert worden.156 Nunmehr ist in den §§ 217 – 269 InsO mit dem Insolvenzplanverfahren, verbunden mit der Eigenverwaltung nach §§ 270 – 285 InsO, eine entsprechende Regelung eingeführt worden. Die Sanierung erfolgt mittels einer Eigensanierung durch das Unternehmen selbst oder durch die vollständige Übertragung des Unternehmens auf einen unbelasteten Träger (sog. übertragende Sanierung).157 Im Schrifttum ist die Möglichkeit einer Eigenverwaltung zum Teil auf Zustimmung gestoßen.158 In den U.S.A. ist die Eigenverwaltung (debtor in possession) die Regel.159 Ob sie uneingeschränkt sinnvoll erscheint, ist aber zweifelhaft, insbesondere wenn die Krise ihre Ursache zumindest auch in Fehlentscheidungen der Unternehmensspitze hat160. Eine Eigensanierung erscheint daher allenfalls dann sinnvoll, wenn die wirtschaftliche Krise nicht auf Managementfehler zurückzuführen ist161, ferner dann, wenn die Unternehmensfortführung ein Sonderwissen bzw. Sonderkönnen erfordert.162 c) Bewertung aa) Vorteile Als Vorteile des gerichtlichen Sanierungsverfahrens hat insbesondere Uhlenbruck163 das Einsetzen der Rückschlagsperre des § 88 InsO und die Möglichkeit von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO genannt. Auch bestehe die Möglichkeit, sog. Akkordstörer zu überstimmen (vgl. § 245 InsO).164 Da sich die Sozialansprüche der Arbeitnehmer an der Obergrenze des § 123 InsO orientierten, seien die Sozialplanbelastungen kalkulierbar. Auch werde der Weg eines Insolvenzplans und der Eigenverwaltung eröffnet (vgl. §§ 218, 270 InsO).165 Als Vorzüge des gericht156 Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 152 ff.; Lauer, Rn. 540 ff.; MünchKomm-InsO / Stürner, Einl. Rn. 33 ff. 157 Eidenmüller, Sanierung, S. 32 ff.; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 5 / 482; Maus, S. 931 [935] Rn. 15; Wellensiek, WM 1999, 405 [406]; ders. / Uhlenbruck, Rn. 779 ff. 158 Uhlenbruck, BB 1998, 2009 [2014]; ders., BB 2001, 1641 [1646]. 159 Birk / Kreuzer / Hopt, S. 55 f.; s. ausführlich Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Plank, § 19G. 160 U. Graf / Wunsch, ZIP 2001, 1029 [1033]; Wellensiek, BB 2000, 1 [5]. 161 AG Darmstadt, Urt. v. 20. 2. 1999 – 9 IN 1 / 99, ZIP 1999, 1494 [1495 f.]; AG Köln, Urt. v. 17. 9. 1999 – 71 IN 28 / 99, ZIP 1999, 1646. 162 Vgl. MünchKomm-InsO / Ganter, § 1 Rn. 122; U. Graf / Wunsch, ZIP 2001, 1029 [1033 f.]; Haarmeyer / Wutzke / Förster, Rn. 486. 163 Uhlenbruck, BB 1998, 2009 [2014]; s. ferner Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Uhlenbruck, § 5 Rn. 26 ff. 164 Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1646]; ebenso Wellensiek, NZI 2002, 233 [237]; Wittig, NZI 1998, 49 [50].
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
lichen Sanierungsverfahrens werden darüber hinaus die Instrumentarien zur Sicherung des Schuldnervermögens vor Einzelzugriffen von Gläubigern genannt (vgl. §§ 21 Abs. 2 Nr. 3, 89, 88, 129 ff. InsO).166 Schließlich könne den Gläubigern der Zugriff auf Gegenstände, die für die Fortführung des Unternehmens unerläßlich seien, verweigert werden (vgl. §§ 159, 165 ff. InsO, 30d ZVG). Für das Schuldnerunternehmen bzw. dessen Organe bestehe außerdem das Risiko der Strafbarkeit wegen Verletzung der kurz bemessenen Insolvenzantragsfristen (§§ 130a HGB, 92 Abs. 2, 268 Abs. 2 AktG, 64, 71 Abs. 4 GmbHG, 99 GenG). Diese Gefahr entfalle auch dann nicht, wenn die Frist später durch die Beseitigung der Insolvenzgründe beseitigt werde.167 Für die Gläubiger des Schuldnerunternehmens bestehe insbesondere eine Haftungsgefahr, etwa bei einer Anwendung der Vorschriften über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen oder bei der Insolvenzanfechtung bestellter Sicherheiten. bb) Nachteile Nachteilig an der Durchführung der Sanierung im Insolvenzverfahren ist insbesondere, daß das Schuldnervermögen in diesem Zeitpunkt in aller Regel nicht mehr ausreichen wird, um die für die Sanierung dringend erforderlichen Fremdmittel von dritter Seite zu erhalten.168 Die Banken werden neue Darlehen nur ausgeben bzw. bestehende Darlehen verlängern, wenn diese hinreichend besichert werden können. Hinzukommt, daß Darlehensforderungen, die im Eröffnungsverfahren von einem vom Insolvenzgericht eingesetzten vorläufigen Insolvenzverwalter begründet wurden, zwar nach § 55 Abs. 2 InsO als Masseforderung vorweg zu befriedigen sind; Entsprechendes gilt nach § 55 Abs. 1 InsO für im eröffneten Verfahren begründete Darlehensforderungen und wenn der Schuldner im Rahmen der Eigenverwaltung nach § 270 Abs. 1 InsO einen neuen Darlehensvertrag abschließt169. Das Kreditinstitut geht aber leer aus, wenn das Verfahren mangels Masse nicht eröffnet wird (vgl. § 26 InsO). Auch eine mögliche Haftung des Verwalters aus §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 61 Satz 1 InsO vermag im Hinblick auf § 61 Satz 2 InsO hieran nichts zu ändern.170 Anreize zur Gewährung der erforderlichen Sanierungsdarlehen werden daher im Insolvenzverfahren nicht gesetzt. Angesichts dieses Umstands und der Tatsache, daß Entsprechendes auch bei der Vorlage eines Insolvenzplans gilt171, ist zu prognostizieren, daß dem Sanierungsverfahren nach der Insolvenzordnung kein großer Erfolg beschieden sein wird.172 165 166 167 168 169 170 171 172
Uhlenbruck, BB 1998, 2009 [2014]; ders., BB 2001, 1641 [1644 f., 1646]. Wittig, NZI 1998, 49 [50]. Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1644]; ebenso Wellensiek, NZI 2002, 233 [237]. Wittig, DB 1999, 197 [200, 201 f.]. Wittig, DB 1999, 197 [205]. Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 46j; Wittig, DB 1999, 197 [199]. Vgl. Wittig, DB 1999, 197 [203]. Smid, WM 1998, 2489 [2490].
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Auch im übrigen gehen mit der Sanierung im Insolvenzverfahren erhebliche Nachteile einher. Im Gegensatz zum bisherigen Verständnis vom Konkurs sieht die InsO die Krise zwar als Chance, durch geeignete Maßnahmen die Reorganisation eines Unternehmens zu ermöglichen.173 Dennoch darf nicht übersehen werden, daß die Durchführung eines Insolvenzverfahrens faktisch immer noch mit einem „Makel“ behaftet ist.174 Auch in Zukunft werden viele Gläubiger, die von einem drohenden Insolvenzverfahren Kenntnis erlangen, die Geschäftsbeziehungen zu dem Schuldnerunternehmen sofort abbrechen, etwa aus Furcht, nunmehr lediglich auf die ohnehin nahe bei Null liegende Insolvenzquote verwiesen zu sein. Ob die Gläubiger das Anliegen der Insolvenzordnung, die Unternehmenskrise als Chance zu verstehen, annehmen werden, wird nicht zuletzt von der Zuverlässigkeit und der Erfolgsquote gerichtlicher Sanierungsverfahren abhängen. Gerade diese dürfte nach dem eben Gesagten aber nicht hoch sein. Zudem wird das Insolvenzplanverfahren erheblich dadurch erschwert, daß die Anfechtungstatbestände (§§ 129 ff. InsO) auch hier Anwendung finden, wodurch das Ziel einer Förderung von Sanierungen weitgehend konterkariert wird.175 Im übrigen besteht zwar die Möglichkeit der Privilegierung von Sanierungsdarlehen nach § 264 Abs. 1 InsO. Hiervon ausgenommen ist jedoch der Nachrang eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO (vgl. § 264 Abs. 3 InsO).176
3. Die Sanierung in der Vorinsolvenzphase a) Ausgestaltung Das Sanierungsverfahren in der Vorinsolvenzphase ist gesetzlich nicht geregelt und unterliegt auch keiner unmittelbaren gerichtlichen Kontrolle (sog. freie Sanierung)177. Zwar existiert nunmehr ein gesetzliches Reorganisationsverfahren im Rahmen der Insolvenz, jedoch wollte der Gesetzgeber mit dessen Einführung die außergerichtlichen Sanierungen nicht ausschließen.178 Vielmehr zeigt gerade die Aufhebung des § 419 BGB durch Art. 31 Nr. 16 EGInsO und die Einführung der §§ 58a – 58f GmbHG, daß der Gesetzgeber diese Möglichkeit sogar hat erweitern Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1642]; Wellensiek, BB 2000, 1. Wellensiek, BB 2000, 1 [2]. 175 Hierzu Eidenmüller, JZ 2001, 1041 [1050 f.]; Paulus, BB 2001, 425 [426 ff.]; Uhlenbruck, BB 2001, 1641. 176 Claussen, GmbHR 1996, 316 [320]. 177 Armspach, S. 56 f.; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 39; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 1 Rn. 32 f.; der Begriff stammt von K. Schmidt, Sanierung, D 103. Zu einer gerichtlichen Überprüfung und Genehmigung eines Reorganisationsplans ist es im Falle des texanischen Energiekonzerns Enron in den USA gekommen, vgl. FAZ v. 16. 7. 2004, S. 18. 178 BT-Drs. 12 / 2443, S. 77; Drukarczyk / Schüler, S. 95 Rn. 132; MünchKomm-InsO / Ganter, § 1 Rn. 86; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 152; Limmer, S. 1219 [1222] Rn. 6; Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1643]; Wittig, NZI 1998, 49 [50]. 173 174
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wollen.179 Schließlich erfolgte die unterbliebene Ergänzung der §§ 92 Abs. 2, 64 Abs. 1 GmbHG um den Antragsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit gerade mit dem Ziel, außergerichtliche Sanierungsversuche nicht a priori zu verhindern.180 In der Vorinsolvenzphase stehen den Beteiligten daher alle Möglichkeiten einer Sanierung offen. b) Bewertung aa) Vorteile Überwiegend wird die freie Sanierung für den erfolgversprechenderen Weg gehalten, eine Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern.181 Als Vorteile des außergerichtlichen Sanierungsverfahrens hat vor allem Eidenmüller die geringeren Kosten und die Möglichkeit einer privatautonomen Gestaltung herausgestellt.182 Das Insolvenzverfahren verursache neben den direkten Insolenzkosten, etwa durch die Kosten des Verfahrens, auch – zumeist in gleicher Höhe – sog. indirekte Insolvenzkosten, die durch die negative Signalwirkung der Verfahrenseröffnung und die damit einhergehende Reaktion auf eine drohende Liquidation entstünden. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, daß im Rahmen der Insolvenz der HolzmannAG allein durch die Stellung des ersten, später zurückgezogenen Insolvenzantrags im November 1999 durch Kündigungen von bestehenden Aufträgen ein Schaden von rund 50 Mio. Euro und durch die Stellung des zweiten Insolvenzantrags am 21. 3. 2002 ein Schaden von rund 3 Mrd. Euro entstanden sein soll.183 Diese indirekten Kosten entfielen weitgehend bei einer außergerichtlichen Sanierung.184 Ob eine außergerichtliche Sanierung auch in bezug auf die direkten Kosten Vorteile bringe, hänge dagegen maßgeblich auch mit der Anzahl der Gläubiger und der in diesem Zusammenhang entstehenden Transaktionskosten ab.185 Daneben biete das außergerichtliche Verfahren die Möglichkeit, die Sanierung privatautonom und unabhängig von gerichtlichen Entscheidungsbefugnissen zu gestalten. Da die Unternehmensgläubiger die Verhältnisse des Schuldners am besten kennen würden, ver179 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [344 in Fn. 7]; Uhlenbruck, BB 1998, 2009 [2011]; ders., BB 2001, 1641 [1643]; Wittig, NZI 1998, 49 [50]. 180 Picot / Aleth, Rn. 776; Schmidt-Räntsch, § 18 Rn. 4. 181 Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 150 f.; Heinzmann, S. 3; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 39 ff.; Paulus, BB 2001, 425 [426]; Spielberger, S. 52. 182 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [348 ff.]; ders., Sanierung, S. 331 ff.; ders., JZ 2001, 1041 [1050]; s. ferner Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Riegel, § 2 Rn. 58 f.; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Smid / Rühle, § 18 Rn. 10. 183 FAZ v. 22. 3. 2002, S. 1, 2. 184 Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 3 Rn. 3, 44; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 40; Mühl, NJW 1956, 401; Spielberger, S. 52; Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1644]; Wellensiek, NZI 2002, 233 [237]; Wittig, NZI 1998, 49 [50]. 185 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [348 f.]; ebenso Wiegelmann, S. 154 f.
§ 2 Krise, Sanierung und Insolvenz
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fügten sie über einen Informationsvorsprung, den nur ein außergerichtliches Verfahren optimal zur Geltung bringe. Schließlich erhöhe eine privatautonom gestaltete Sanierung auch den Grad der Akzeptanz.186 Der Gesetzgeber der InsO hat mit der Einführung der Möglichkeit der Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens ebenfalls zum Ausdruck gebracht, daß privatautonom getroffene Entscheidungen grundsätzlich einer gerichtlichen Entscheidung vorzuziehen sind.187 Neben diesen Argumenten ist ferner zu berücksichtigen, daß die außergerichtliche Sanierung nicht öffentlich erfolgt und damit auch nicht mit dem „Makel“ des wirtschaftlichen Scheiterns behaftet ist.188 Die Vorteile einer „stillen“ Sanierung können wirtschaftlicher (Vermeidung von übereilten Aufkündigungen der Geschäftsbeziehungen zu dem Schuldner) oder rein affektiver Natur sein (Wahrung des Prestiges für die darlehensgewährende Bank).189 Schließlich überzeugt auch der Hinweis auf die drohende Strafbarkeit nicht, denn werden die Fristen der §§ 130a HGB, 92 Abs. 2, 268 Abs. 2 AktG, 64, 71 Abs. 4 GmbHG, 99 GenG in Gang gesetzt, muß das Insolvenzverfahren eingeleitet und von Sanierungsbemühungen Abstand genommen werden. Idealerweise kommt es jedoch bereits gar nicht so weit. Auch die möglichen Haftungsrisiken für die sich an der Sanierung beteiligenden Gläubiger sprechen nicht gegen das freie Sanierungsverfahren. Haftungsrisiken spielen bei der Entscheidung der Gläubiger über die Teilnahme an einem Sanierungsversuch zwar naturgemäß eine große Rolle. Dies sollte jedoch nur als Anreiz dienen, kalkulier- und handhabbare Haftungsgrundsätze aufzustellen. Vor allem im Hinblick auf die für eine Besicherung der Darlehen notwendige Vermögensmasse ist ein freies Sanierungsverfahren daher zu präferieren, denn anders als bei bereits eingetretener Insolvenzreife dürfte in dem Zeitraum davor häufig eine Besicherung der Darlehen noch möglich sein. Eine freie Sanierung ist daher grundsätzlich und nicht lediglich im Zweifel190 einer Sanierung im Insolvenzverfahren vorzuziehen. bb) Nachteile Problematisch am freien Sanierungsverfahren sind die fehlenden gesetzlichen Kontrollmechanismen: Das Krisenunternehmen und die Bank entscheiden ohne Beteiligung der übrigen Gläubiger, also über deren Kopf hinweg, gleichsam im 186 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [349 f.]; ders., Sanierung, S. 337 ff., 340 ff.; ebenso Wellensiek, BB 2000, 1 [6]; Wiegelmann, S. 155. 187 BT-Drs. 12 / 7392, S. 181; BT-Drs. 12 / 2443, S. 76; Picot / Aleth, Rn. 791, 835; K. Schmidt / Uhlenbruck, Rn. 257 ff., 260. 188 Dechamps, S. 93; Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 147, 148; Heinzmann, S. 3; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3225, 3232]; Räss, S. 133; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [206]; Spielberger, S. 52; Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1643, 1646]; Wiegelmann, S. 154; Wittig, NZI 1998, 49 [50]. 189 Wittig, NZI 1998, 49 [50]. 190 So Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1647].
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
„stillen Kämmerlein“ auch über deren Interessen. Zweifelsohne muß das außergerichtliche Sanierungsverfahren daher auch de lege lata bestimmten Regelungen unterliegen.191 Damit Unternehmen und Bank bei ihrer Entscheidungsfindung die Interessen Dritter nicht unberücksichtigt lassen, muß das Haftungsrecht die zentrale Aufgabe erfüllen, Anreize dahingehend zu setzen, „unfaires“ Verhalten sowohl des Unternehmens als auch der Bank zu verhindern.192 Fehlen gesetzliche Kontrollinstrumente, tritt an die Stelle der gesetzlichen Kontrollmechanismen die Rechtsprechung, die die Haftungsgrundsätze bei der Auslegung bestehender Normen bzw. bei der Schaffung richterrechtlicher Institute bestimmt. Jedes Urteil zur Reichweite einer Haftung der Beteiligten bei einer Sanierung wirkt dabei verhaltenssteuernd und damit ordnend.193 Ob es tatsächlich zu einem Ausgleich des Schadens kommt, ist dagegen zweitrangig. Denn der Ausgleich des Schadens bedeutet lediglich eine Umverteilung und stellt damit ein Nullsummenspiel dar.194 Auch de lege ferenda sollte es dabei bleiben, daß der Ordnungsrahmen durch die Rechtsprechung festgestellt wird.195 Wollte man diesen durch gesetzliche Bestimmungen festlegen, würden die ausgeführten Vorteile gerade des freien Sanierungsverfahrens wieder in Frage gestellt. Gesetzliche Bestimmungen würden insbesondere die Möglichkeit einer privatautonomen Gestaltung einschränken und bei einer Beteiligung aller Gläubiger den Vorteil der Diskretion des Sanierungsversuchs gefährden. Die Vorzugswürdigkeit eines freien Sanierungsverfahrens wird durch einen Blick in die französische Rechtsordnung untermauert, die ein gesetzlich reglementiertes Sanierungsverfahren in der Vorinsolvenzphase kennt.196 Zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens, also als Teil einer wirksamen Insolvenzprophylaxe, sieht Art. 26 InsG die Möglichkeit der Durchführung eines außergerichtlichen Güteverfahrens vor (sog. réglement amiable).197 Dieses soll dann zum Zuge komDe Meo, S. 19 Rn. 47; K. Schmidt, D 105 f. Vgl. BGH, Urt. v. 12. 11. 1992 – IX ZR 236 / 91, ZIP 1993, 276 [280]; Adams, Ökonomische Analyse, S. 88 ff.; Behrens, Grundlagen, S. 175; Bitter, Durchgriff, S. 153 f.; Eidenmüller, Effizienz, S. 2, 403, 490; Horn, AcP 176 (1976), 307 [324 ff.]; Kötz / H.-B. Schäfer, S. 110 f.; H.-B. Schäfer, AcP 202 (2002), 808 [811]; H.-B. Schäfer / Ott, 3 / 7.5.3, 10 / 4; Schwintowski, JZ 1998, 581 [588]; Koller, JZ 1985, 1013 [1016 f., 1019]; Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [39]. 193 K. Schmidt, Sanierung, D 103. 194 Behrens, Grundlagen, S. 85, 174 f.; Eidenmüller, Effizienz, S. 401 f.; ders., JZ 2001, 1041 [1045]; H.-B. Schäfer, AcP 202 (2002), 808 [813 f.]; Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [146 ff.]. 195 s. hierzu weiter Eidenmüller, Sanierung, S. 261 ff.; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 27 f., 40 f.; Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1642]. 196 Zum österreichischen Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) Uhlenbruck / Uhlenbruck § 18 Rn. 1. 197 Das Verfahren der vorinsolvenzlichen Sanierung war jedoch bereits zuvor durch die Verordnung Nr. 67 – 820 vom 23. 9. 1967 eingeführt worden (sog. suspension provisoire des poursuites et d’apurement collectif du passif), vgl. Arnold, ZIP 1982, 793 ff.; Köndgen, Bankrechtstag 1994, S. 141 [174 f.]; eingehend Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bauerreis / Vallens, § 19A. 191 192
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men, wenn eine durch Frühwarnsysteme erkannte, zur Insolvenz tendierende Unternehmenskrise von einem noch solventen Unternehmen voraussichtlich nicht aus eigener Kraft bewältigt werden kann, wobei das Gesetz an eine vorausschauende Erfolgsrechnung (compte de résultat provisionnel) anknüpft. Erweist sich in dieser Phase der Sanierungsbedürftigkeit die Sanierungsunfähigkeit, kann ein Schlichter (conciliateur) eingesetzt werden, der zwischen dem Unternehmen und seinen Gläubigern einen Vergleich aushandeln soll. Dieser Vergleich soll allerdings nur die an diesem Verfahren Beteiligten binden.198 Dieses Verfahren hat jedoch nicht zu einer Vermeidung von Insolvenzen beigetragen199, da die Vollstreckungsmöglichkeiten für die Gläubiger nicht beschränkt wurden200. Dies verdeutlicht das Hauptproblem einer kontrollierten Sanierung: Da die Krise den Gläubigern bekannt wird, werden diese möglichst rasch die Befriedigung suchen. Damit hat eine Sanierung kaum noch Aussicht auf Erfolg. Auch die sog. Akkordstörerproblematik201 ist damit nicht gelöst. c) Die Problematik der Pfändbarkeit von Dispositionskrediten Aus dem oben Gesagten folgt, daß eine freie Sanierung in der Vorinsolvenzphase grundsätzlich zu begrüßen und zu fördern ist. Insbesondere die Vergabe von Sanierungsdarlehen kann dabei zur Wiederherstellung der Liquidität des Krisenunternehmens einen erheblichen Beitrag leisten. Dem zuwider würde es laufen, wenn den Gläubigern des in die Krise geratenen Unternehmens die Pfändung der zur Sanierung gewährten Darlehen möglich wäre. Damit ist die umstrittene Thematik der Pfändung in die offene Kreditlinie angesprochen. In diesem Zusammenhang stellen sich eine Reihe von Problemen, auf die hier nicht im einzelnen eingegangen werden kann und muß. Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand interessiert allein der im Schrifttum verschiedentlich gegen die Möglichkeit einer Pfändung in die offene Kreditlinie erhobene Einwand, deren Zulassung führe zu einer erheblichen Gefährdung einer vorinsolvenzlichen Sanierung, sei doch der pfändende Gläubiger zuerst zu befriedigen.202 Im Ergebnis vermag dieser Einwand jedoch nicht zu überzeugen. Zwar trifft es zu, daß eine Einzelzwangsvollstreckung in der Vorinsolvenzphase die eine Fortführung des Unternehmens gewährleistende Liquidität gefährden würde. Allerdings hat der IX. Zivilsenat in seinem Grundsatzurteil vom 29. 3. 2001203 Möglichkeiten für die Beteiligten zur Vermeidung dieser Folgen angedeutet. Danach soll die Bank Arnold, ZIP 1985, 321 [325]; Balz, ZIP 1983, 1153 [1155]. Arnold, ZIP 1982, 793 ff.; Balz, ZIP 1983, 1153 ff. 200 Uhlenbruck, BB 2011, 1641 [1642]; zum österreichischen Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) vgl. Uhlenbruck / Uhlenbruck § 18 Rn. 1. 201 s. hierzu eingehend unten § 14. 202 So Bitter, WM 2001, 889 [894]. 203 BGH, Urt. v. 29. 3. 2001 – IX ZR 34 / 00, BGHZ 147, 193 ff. 198 199
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
dem Vollstreckungsschuldner ein treuhänderisch gebundenes Sanierungsdarlehen zur Verfügung stellen können (vgl. §§ 851 Abs. 1 ZPO, 399 Alt. 1 BGB).204 Insoweit ist § 851 Abs. 2 ZPO dahingehend telelogisch zu reduzieren, daß nur solche Vereinbarungen zur Pfändbarkeit der Forderung führen, die allein den Zweck haben, dem Gläubiger Haftungsmasse zu entziehen.205 Damit kann allerdings das letzte Wort noch nicht gesprochen sein, denn gerade in der Phase der Prüfung eines Sanierungskonzepts müssen die notwendigen Überbrückungskredite, insbesondere zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, ebenfalls von der Pfändung ausgeschlossen bleiben, so daß die Ausführungen des Senats insoweit zu kurz greifen. Jedoch können auch die für die Sanierungsentscheidung notwendigen Überbrükkungskredite von einer treuhänderischen Vereinbarung erfaßt und so insgesamt der Pfändung entzogen werden. Die Möglichkeiten einer treuhänderischen Bindung sind allgemein auf Betriebsmittel- und Sanierungsdarlehen zu erweitern.206 Die Pfändbarkeit von Dispositionskrediten gefährdet daher nicht freie Sanierungsversuche. Deren Bedeutung führt vielmehr umgekehrt zur Unpfändbarkeit der Darlehen.
4. Zusammenfassung Ist nach dem Gesagten eine Sanierung des Unternehmens vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einem freien Sanierungsverfahren anzustreben, ist im folgenden weiter der Frage nachzugehen, welchen Haftungsrisiken Banken in dieser Phase im einzelnen ausgesetzt sind. Dabei werden im folgenden nicht nur Haftungsbestimmungen im engeren Sinne, sondern jegliche Regelungen untersucht, die im Ergebnis zu einer Umverteilung der Risiken einer Sanierung auf Banken führen können. Dem in der Vorinsolvenzphase geltenden Haftungsregime kommt dabei die zentrale Aufgabe zu, die weitgehend fehlenden gesetzlichen Kontrollmechanismen zu ersetzen und so vor allem ein Sanierungsverfahren zu sichern, das auch die Interessen der übrigen Gläubiger berücksichtigt.
Ebenso schon Hopt / Mülbert, § 607 Rn. 210. Canaris, BVR, Rn. 1225; Honsell, JZ 2001, 1143 in Fn. 4; Schmies, S. 42 f. 206 Brandi-Dohrn, BB 2001, 1115 [1116]; MünchKomm-HGB / Hefermehl, § 357 Rn. 13; GK-HGB / Herget, § 357 Rn. 11; Hopt / Mülbert, Vorbem. zu §§ 607 ff. Rn. 282, § 607 Rn. 406; Prütting / Stickelbrock, EWiR 2001, 599 [600]; Schmies, S. 46 ff.; Schuschke, ZIP 2001, 1084 [1086]; Sonnenhol, WuB IV E. § 829 ZPO 1.01, S. 970 [972]; Wagner, WM 1998, 1657 [1661]. 204 205
§ 3 Die Verteilung der Risiken der Krise
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§ 3 Die Verteilung der Risiken der Krise und der Sanierung zwischen den Beteiligten Im folgenden wird untersucht, wie die Risiken der wirtschaftlichen Krise und der Sanierung zwischen dem Krisenunternehmen, der Bank und ihren Mitgläubigern von der Rechtsordnung grundsätzlich verteilt sind. Im Anschluß ist der Frage nachzugehen, unter welchen Voraussetzungen von diesem Risikoverteilungsmodell abgewichen werden muß (§ 4).
I. Die „Sonderstellung“ der Banken Wie eingangs angedeutet, wird den Banken in der Krise des Kunden im allgemeinen eine Sonderstellung zugesprochen, insbesondere wenn sie eine langandauernde Geschäftsbeziehung zu diesem pflegen und dessen zentraler Geschäftspartner bei Finanzierungsangelegenheiten sind (sog. Hausbank)207. Zum Teil wird ganz allgemein von der „Macht der Banken“ gesprochen.208 Insbesondere die Hausbank gewährleistet die Liquidität ihres Kunden, die eine unerläßliche Voraussetzung für die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr ist.209 In der Krise kann die Bank oftmals als einzige Gläubigerin effektive Hilfe bei der Sanierung leisten, da sich bei ihr zahlreiche Forderungen kanalisieren und eine effektive Unterstützungsaktion einfacher, nämlich mit dem geringsten Kostenaufwand, zu bewerkstelligen ist.210 Im Schrifttum werden allein aus dieser Sonderstellung der Banken zum Teil konkrete haftungsbegründende Umstände, etwa ein bestehender Wissensvorsprung, abgeleitet. 211 Diese Sichtweise greift aber insoweit zu kurz, als auch ein bestehender Wissensvorsprung nicht per se zu einer Verantwortlichkeit der Bank führen muß, denn dann wäre die Bank allein aufgrund ihrer im eigenen Interesse durchgeführten Prüfung der Bonität ihres Darlehensnehmers stets in der Haftung. Allein die Sonderstellung der Banken besagt daher noch nichts über die konkreten 207 Armspach, S. 21 ff., 197; Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [199 f.]; Dechamps, S. 9 ff.; Gawaz, Rn. 5 in Fn. 18, 415; Grunwald, S. 223 f.; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 25; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [147 f.]; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Knops, § 7A Rn. 6; Kruppa, S. 192; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 147 f.; ders., ZHR 143 (1979), 174 [175]; Rümker, ZIP 1982, 1385; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 31, 34; ders., Festschr. f. Gernhuber, 1993, S. 387 [403]; M. Schmitz, S. 15 f.; Wiegelmann, S. 132 ff., 191 f.; Wittig, NZI 1998, 49 [51]; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [271]. 208 Vgl. Brendel, S. 5 ff. 209 Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [200]; Gawaz, Rn. 434. 210 Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [200]; Wittig, NZI 1998, 49 [51]. 211 Armspach, S. 169, 62 ff.; Gawaz, Rn. 417, 419, 429, 432, 434, 436; Schiemann, Festschr. f. Gernhuber, 1993, S. 387 [404 f.]; Erman / ders., § 826 Rn. 31; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [271].
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
Pflichten, die dem Kreditinstitut in der wirtschaftlichen Krise ihrem Kunden und dessen übrigen Gläubigern gegenüber erwachsen.212 Die herausragende Bedeutung der Banken für die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Wirtschaftsverkehrs ist zunächst nichts weiter als ein Faktum, das eine Untersuchung ihrer Stellung in der Krise von Unternehmen rechtfertigt. Eine andere Frage ist, welche Steuerungsinstrumente die Rechtsordnung bereit halten sollte, um die Entscheidungsdeterminanten der Bank in der Weise zu beeinflussen, daß die gewünschte Verhaltensweise in der Krise tatsächlich gewählt wird. Hier spielt die Sonderstellung eine wichtige Rolle. Sie allein wirkt aber nicht anspruchsbegründend.213
II. Die Risikoverteilung gegenüber dem Unternehmen Im Hinblick auf die Risiken der wirtschaftlichen Krise ergibt sich zunächst eine eindeutige Zuweisung zwischen der Bank und dem Unternehmen. Dieses hat die mit der Krise einhergehenden Risiken im Grundsatz allein zu tragen. Gerät das Unternehmen in die Insolvenz, verwirklicht sich das unternehmerische Risiko. Die finanzielle Lage, die Rentabilität und der Fortbestand des Unternehmens sind Umstände, die allein in den Risikobereich des Unternehmens selbst fallen.214 Weigert sich die Bank in der Krise, an einer Sanierung mitzuwirken, trägt damit allein das Krisenunternehmen die sich hieraus ergebenden negativen Folgen. Der Grundsatz der Privatautonomie bzw. der Vertragsfreiheit schützen die Bank davor, daß sie dieses Risiko gegen ihren Willen zu übernehmen hat. Gleichzeitig ist sie damit im Grundsatz auch berechtigt, eine Mitwirkung an einem Sanierungsversuch, etwa durch ein Sanierungsdarlehen, abzulehnen. Auch ist sie im Grundsatz berechtigt, die ausgereichten Darlehen zu kündigen und die Geschäftsbeziehungen zu beenden. Entschließt sich die Bank, an der Sanierung des Unternehmens mitzuwirken, trägt im Grundsatz allein das Krisenunternehmen das Risiko, daß eine Sanierung fehlschlägt. Die von dem Unternehmen „erkaufte“ Unterstützungshandlung der Bank, etwa in Form einer weiteren Darlehensgewährung oder einer Prolongation, erweist sich dann im nachhinein als wirtschaftlich sinnlos. Das Risiko einer solchen wirtschaftlichen Sinnlosigkeit trägt das Krisenunternehmen (sog. Verwendungsrisiko215). Dies ist deshalb interessengerecht, weil der Darlehensgeber in der Kruppa, S. 22; Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [178]. Engert, S. 161; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 346 ff. 214 BGH, Urt. v. 7. 10. 2004 – I ZR 18 / 02, NJW 2005, 1360 [1361 f.]; eine Ausnahme soll bei einem engen Vertrauensverhältnis, wie etwa einem Handelsvertretervertrag, gemacht werden, BGH, Urt. v. 7. 10. 2004 – I ZR 18 / 02, NJW 2005, 1360 [1362] m.w.Nachw. 215 Vgl. zum drittfinanzierten Immobilengeschäft nur BGH, Urt. v. 26. 10. 2004 – XI ZR 255 / 03, NJW 2005, 664 [667]; BGH, Urt. v. 28. 2. 1989 – IX ZR 130 / 88, BGHZ 107, 92 [101]; BGH, Urt. v. 18. 3. 2003 – XI ZR 188 / 02, NJW 2003, 2088 [2090]; BGH, Urt. v. 19. 5. 2000 – V ZR 322 / 98, NJW 2000, 3065 [3066 f.]; BGH, Urt. v. 27. 6. 2000 – XI ZR 212 213
§ 3 Die Verteilung der Risiken der Krise
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Regel dieses Risiko gar nicht oder nur schwer abschätzen kann. Das Unternehmen verfügt dagegen regelmäßig über sämtliche Informationen, die für eine angemessene Risikoabwägung erforderlich sind. Die Bank trägt bei Abschluß etwa eines Darlehensvertrages allein das Insolvenzrisiko des Unternehmens, gegen das sie sich, insbesondere in der Krise, absichern wird, sofern dies insolvenzfest überhaupt noch möglich ist216. Scheitert also die Sanierung, etwa weil die gewährten Unterstützungsmaßnahmen nicht ausgereicht haben oder weil das Unternehmen nicht sanierungsfähig war, hat das Unternehmen dieses Risiko im Grundsatz selbst zu tragen; die Bank wird und kann in der Insolvenz des Unternehmens dann auf die gestellten Sicherheiten zugreifen. Auch hier schützt der Grundsatz der Privatautonomie die Bank davor, daß sie gegen ihren Willen ein weitergehendes Risiko übernehmen muß.
III. Die Risikoverteilung gegenüber Dritten – Zum sog. Relativitätsprinzip Auch für die Zuweisung der Risiken der Krise gegenüber Dritten ist der Grundsatz der Privatautonomie maßgebend. Dieser findet hierbei in der sog. Relativität des Schuldverhältnisses seinen Ausdruck, die gesetzlich nicht geregelt ist, sondern sich nur mittelbar, nämlich aus den §§ 241 Abs. 1, 194 Abs. 1, 137, 305, 328, 333 BGB, ableiten läßt.217 Aus dem Relativitätsprinzip wird wiederum das sog. Trennungsprinzip abgeleitet.218 Sowohl der Inhalt als auch der Geltungsanspruch dieses Prinzips sind umstritten. Zum Teil wird der Erkenntnisstand hierzu als desolat bezeichnet.219 Im folgenden ist daher zunächst die Bedeutung des Relativitätsprinzips aufzuzeigen, ehe darauf eingegangen wird, welche Schlußfolgerungen sich hieraus für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ergeben. Eine genaue Bestimmung der Bedeutung des Relativitätsprinzips ist dabei vor allem zur Ermittlung seiner immanenten Grenzen zwingend erforderlich, was im Schrifttum220 zum Teil übersehen wird.
174 / 99, ZIP 2000, 1430 [1431]; BGH, Urt. v. 11. 2. 1999 – IX ZR 352 / 97, WM 1999, 678 [679]; s. ferner Böckstiegel, S. 69 f. 216 Soweit es sich bei den Sicherheiten um Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 KWG handelt, finden die §§ 21 Abs. 2 Satz 2, 81 Abs. 3 Satz 2, 130 Abs. 1 Satz 2, 147 Satz 1 InsO Anwendung, die durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2002 / 47 / EG über Finanzsicherheiten und zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes vom 05. 04. 3004 (BGBl. I, 502) neu eingefügt wurden. 217 Hirth, S. 87; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 14; Kraßer, S. 88; Medicus, JuS 1974, 613; Puhle, S. 43; Schmalzbauer, S. 74; Erman / O. Werner, Einl. § 241 Rn. 12. 218 Füller, ZBB 2001, 157 [161]; Gundlach, S. 142; Konzen, ZfA 1982, 259 [264]; M. Tröster, S. 77. 219 Dörner, S. 4. 220 J. Schmidt, AcP 190 (1990), 650 [652 f., 654].
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
1. Der Schutz Dritter durch Isolation des Schuldverhältnisses Dem Grundsatz der Relativität des Schuldverhältnisses kommt zunächst eine Schutzfunktion zugunsten des außerhalb des Schuldbands Stehenden zu: Dritte werden durch eine Isolation des Schuldverhältnisses davor geschützt, daß sie Nachteile aus einem fremden Schuldband treffen.221 Aus der Relativität der Obligationswirkungen folgt etwa das Verbot des Vertrages zu Lasten Dritter.222 Diese Schutzfunktion folgt aus der negativen Vertragsfreiheit des Dritten: Er darf nicht gegen seinen Willen aus dem fremden Schuldverhältnis verpflichtet werden.223 Dies läßt sich aber auf andere Drittwirkungen als vertragliche Verpflichtungen ausdehnen.224 So dürfen auch Vertragsrisiken Dritten nicht aufgebürdet werden. Der Schutz der Privatautonomie des Dritten führt damit zur Relativität des Schuldverhältnisses.225 Für die vorliegende Untersuchung ist diese Schutzfunktion des Relativitätsgrundsatzes insofern von Bedeutung, als die Bank gegenüber dem zwischen dem Unternehmen und den übrigen Gläubigern bestehenden Schuldverhältnis als Dritter anzusehen ist. Entschließt sich die Bank in der wirtschaftlichen Krise des Unternehmens gegen die Teilnahme an einem Sanierungsversuch und fällt das Unternehmen daraufhin in die Insolvenz, können die übrigen Gläubiger ihr Insolvenzrisiko aus dem Schuldverhältnis mit dem Unternehmen nicht auf die Bank abwälzen226. Auch wenn das Unternehmen bei einer Beteiligung der Bank hätte gerettet werden können, gilt nichts Abweichendes, denn allein dieser Umstand ändert nichts daran, daß die Gläubiger ihr Insolvenzrisiko zu tragen haben und sich entsprechend absichern müssen. Den Mitgläubigern steht gegen die Bank kein Anspruch darauf zu, das Krisenunternehmen zu retten und so das eigene Insolvenzrisiko abzuwenden. Wollte man den Gläubigern erlauben, die Bank allein wegen des Zusammenbruchs des Unternehmens in Anspruch zu nehmen, würde dieser letztlich ein (Insolvenz-)Risiko aus einem fremden Schuldverhältnis aufgezwungen. Dies ist mit dem Grundsatz der Privatautonomie unvereinbar. 221 OLG München, Urt. v. 10. 12. 2003 – 21 U 2392 / 93, NJW 2004, 224 [230]; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 24 f. und passim; Medicus, Probleme, S. 11; Papst, S. 205 ff. 222 Badde, S. 41; Denck, JuS 1981, 9 [9, 10]; Dörner, S. 10, 48 f., 75, 77; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 24 f.; Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [22 f.]; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 14; Kraßer, S. 89 f.; Medicus, JuS 1974, 613; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 434. 223 Vgl. Dörner, S. 70 f.; H.-E. Henke, S. 24; Paschke, AcP 187 (1987), 60 [63 ff.]; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 436. 224 Habersack, Vertragsfreiheit, S. 24 f., 95; Papst, S. 205 ff., 209, 213 f., 217, 219 f. 225 Vgl. Bayer, S. 220; Busche, S. 4 f., 64 f., 72 f.; Dörner, S. 77; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 24, 28; Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [23 mit Fn. 97]; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 14; Kraßer, S. 89 ff.; Medicus, Probleme, S. 13 f.; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 434. 226 Vgl. zu diesem Gedanken und dem Ausschluß der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag BGH, Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66 / 01, NJW-RR 2004, 81, 82 f.
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Aus der vorbezeichneten Schutzfunktion folgt dementsprechend der sog. caveat creditor-Grundsatz, der besagt, daß sich jeder Gläubiger selbst im Hinblick auf seine Risiken absichern muß.227 Ist eine entsprechende Besicherung entweder nicht möglich oder mit einem zu hohen Kostenaufwand verbunden, wird der Gläubiger das Geschäft mit dem Unternehmen entweder nicht durchführen oder das Ausfallrisiko entsprechend bei der Höhe der Gegenleistung berücksichtigen.228 Im übrigen wird er das Geschäft durchführen, wenn der zu erwartende Gewinn aus dem Vertrag den durch eine Insolvenz zu erwartenden Schaden multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts übersteigt.229 Dementsprechend haben allein die übrigen Gläubiger das Risiko der Insolvenz des Unternehmens zu tragen. Geschützt werden die Gläubiger insoweit durch die Insolvenzantragspflichten bei Überschuldung bzw. (drohender) Zahlungsunfähigkeit230. Diese Regelungen befreien den Gläubiger von den Kontrollkosten, bieten also ein kostensparendes Warnsystem. Sucht man nach Gründen für eine Durchbrechung, geht es in der Sache um die Frage, wann die Bank das Risiko aus dem Schuldverhältnis zwischen dem Krisenunternehmen und den übrigen Gläubigern zu übernehmen hat.
2. Der Schutz der Parteien durch Isolation des Schuldverhältnisses Entgegen zum Teil im Schrifttum vertretener Ansichten231 ist der Schutz des Dritten durch Isolation des Schuldverhältnisses nicht die einzige Funktion des Relativitätsprinzips. Geht es nicht darum, dem Dritten ein Risiko aus einem frem227 RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 372 / 30, RGZ 136, 293 [298]; RG, Urt. v. 7. 7. 1931 – II 447 / 30, RGZ 133, 234 [239]; BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, BGHZ 138, 230 ff.; BGH, Urt. v. 24. 9. 2002 – XI ZR 345 / 01, NJW 2002, 3695 [3697]; BGH, Urt. v. 14. 11. 1983 – II ZR 39 / 83, ZIP 1984, 37 [38]; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Ahnert, BKR 2002, 254 [259]; Bitter, Durchgriff, S. 188, 202 f., 207; Bruchner, WM 1999, 825; Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 3 Rn. 47; Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [288]; Füller, ZBB 2001, 157 [161]; Götz, S. 33 f., 139 ff., 157 f.; Graf, S. 127 f.; Gundlach, S. 142; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 79; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 108a; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 150, 155; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [170]; Knöfel, JA 1997, 723 [725 f.]; S. Koch, S. 93 ff.; Koller, JZ 1985, 1013 [1015]; Konzen, ZfA 1982, 259 [264]; Kruppa, S. 176; Nirk, NJW 1971, 1913 [1915]; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 343, 345 ff.; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [200 f.]; Staudinger12 / K. Schäfer, § 826 Rn. 146; Singer, venire, S. 263 f.; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 91; M. Tröster, S. 77; Wenzel, Risiken, S. 252, 269; H. P. Westermann, Festschr. f. Odersky, 1996, S. 897 [898]; Wiegand, S. 210 f. 228 Vgl. Bitter, Durchgriff, S. 189; Götz, S. 145; Kruppa, S. 177. 229 Vgl. Adams, Sicherungsrechte, S. 195; Bitter, Durchgriff, S. 189. 230 Ein weiteres gesetzliches „Frühwarnsystem“ sind die Mitteilungspflichten nach dem WpHG. 231 Dörner, S. 70 ff.; Esser / E. Schmidt, I / 1, § 5 V. 1., S. 100; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 17, 24 f. mit Fn. 42; Papst, S. 31; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 438; Winterfeld, S. 1, 74.
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den Schuldverhältnis zu übertragen, sondern um die Frage, wie sich negative Wirkungen von Schuldverhältnissen – hier etwa dem Darlehensvertrag zwischen der Bank und dem Krisenunternehmen – auf außerhalb dieses Schuldverhältnisses Stehende auswirken, geht es also um die rechtlichen Wirkungen von Schuldverhältnissen auf Dritte232, läßt sich der Relativität des Schuldverhältnisses entnehmen, daß Drittinteressen und Drittbeziehungen innerhalb eines Schuldverhältnisses rechtlich keinerlei Wirkungen entfalten.233 Hierdurch werden die Parteien eines Schuldverhältnisses vor den Interessen Dritter abgeschirmt (isoliert).234 Dem Relativitätsprinzip kommt insoweit keine Schutzfunktion für den Dritten, sondern nur eine Schutzfunktion für die Beteiligten des Schuldverhältnisses zu: Müßten diese auf außerhalb des Schuldbands Stehende Rücksicht nehmen, würde dies zu einer erheblichen Beschränkung ihrer Privatautonomie führen. Mit dem Abschluß von Verträgen würden unkalkulierbare Haftungsrisiken einhergehen, die letztlich zur Folge hätten, daß solche erst gar nicht geschlossen würden. Der Schutz der Privatautonomie führt damit zur Relativität des Schuldverhältnisses. Bei der Frage nach den Grenzen dieser Schutzfunktion geht es darum, unter welchen Voraussetzungen die Handlungsfreiheit der Parteien wegen der mit dem Schuldverhältnis einhergehenden Beschränkung der Freiheit eines Dritten zu begrenzen ist.235 Es geht also nicht um den Schutz des Dritten durch, sondern vor der Isolation des Schuldverhältnisses. Die Begründung von Ansprüchen Dritter gegen die am Schuldband Beteiligten bedarf einer eigenständigen Rechtsgrundlage236, da durch solche Ansprüche die eigentlich dem Dritten zugewiesenen Nachteile (Risiken) umverteilt werden. Für die vorliegende Untersuchung ist diese Schutzfunktion des Relativitätsgrundsatzes insofern von Bedeutung, als die Bank bei der Begründung eines Schuldverhältnisses mit dem Unternehmen, etwa bei der Vergabe eines Sanierungsdarlehens, grundsätzlich keine Rücksicht auf die Mitgläubiger zu nehmen braucht.237 Schlägt die Sanierung fehl, haben die Dritten die durch die Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintretenden Nachteile grundsätzlich selbst zu tragen. Das Risiko, daß das Unternehmen in eine wirtschaftliche Krise Vgl. Gernhuber, Festschr. f. Nikisch, 1958, S. 249 [274 mit Fn. 71]. OLG München, Urt. v. 10. 12. 2003 – 21 U 2392 / 93, NJW 2004, 224 [230]; Brecher, Festschr. f. Schmidt-Rimpler, 1957, S. 181 [208 f.]; ders., Festschr. f. H. Lange, 1970, S. 123 [129 ff.]; Büdenbender, JZ 1995, 920 [924 f.]; Canaris, BVR, Rn. 133; Denck, JuS 1981, 9 [11, 13]; Gilles, JZ 1975, 305 [308]; Gundlach, S. 142; H.-E. Henke, S. 10, 14, 54; Imbeck, S. 6; Karstendiek, MDR 1977, 94 [95]; H. L. Keller, S. 30; Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [24 f.]; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 14; Kraßer, S. 89 ff., 93, 298 ff.; Medicus, JuS 1974, 613; Papst, S. 209; Raab, S. 1 ff.; v. Reinersdorff, S. 15, 25 f. 234 Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [25 f., 27]; Martens, SAE 1972, 101 [103]. 235 Frotz, S. 64; Kraßer, S. 90 f.; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 434. 236 Kraßer, S. 90; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 449. 237 s. zur Insolvenzanfechtung BGH, Urt. v. 10. 2. 2005 – IX ZR 211 / 02, NJW 2005, 1121 [1122]. 232 233
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fällt, die mit der Insolvenz endet, kennt jeder Gläubiger bei Abschluß des Vertrages. Grundsätzlich muß die Bank daher lediglich die Vertragskosten aus der Rechtsbeziehung mit dem Darlehensnehmer tragen, etwa die einer SCHUFA-Auskunft im Rahmen der Bonitätsprüfung.238 Ferner muß sich auch die Bank bei ihrer Risikokalkulation lediglich auf das Risiko der Insolvenz des Krisenunternehmens beschränken und darf die Interessen anderer Gläubiger außer acht lassen. Es liegt bei den übrigen Gläubigern, sich gegen die durch die Unternehmenskrise eintretenden Nachteile selbst hinreichend abzusichern oder die Geschäftsbeziehungen zu dem Krisenunternehmen zu beenden bzw. schon gar nicht aufzunehmen. Dies gilt zudem dann, wenn die Bank die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch ihre Beteiligung an dem Sanierungsversuch verzögert. Auch in dieser Phase müssen die Gläubiger ihre Ausfallrisiken selbst absichern bzw. kontrollieren. Es gilt hier der caveat creditor-Grundsatz.239 Eine entsprechende Verteilung der Risiken gilt auch im Hinblick auf die durch die Bestellung von Sicherheiten bewirkten Nachteile für die übrigen Gläubiger240, nämlich die Schmälerung der Haftungsmasse durch die Begründung von Sicherheiten, die zu einer vorzugsweisen Befriedigung der gesicherten Gläubiger in der Insolvenz führen (vgl. §§ 47, 49 InsO)241. Andernfalls wäre die Bank ex ante nicht in der Lage, ihr Ausfallrisiko bei Vertragsschluß hinreichend zu bestimmen, weil das Unternehmen auch weiterhin frei über sein Vermögen verfügen (vgl. § 137 Satz 1 BGB) und weitere Verbindlichkeiten eingehen kann. Sie müßte daher aufwendige Kontrollen durchführen, was mit enormen Kosten verbunden wäre. Die fehlende Möglichkeit einer Absicherung der mit der Aktivität einhergehenden Risiken würde zu einem risikoaversen Verhalten der Bank führen242, da sie die Kontrollkosten zur Vermeidung des Ausfallrisikos in jedem Fall aufwenden wird. Die gewünschte Aktivität (Beteiligung am Sanierungsversuch) würde auf ein nicht allokationseffizientes Niveau reduziert bzw. ganz ausbleiben.243 Die Sicherungsrechte ermöglichen dem Gläubiger dagegen, die Rückzahlungsrisiken abzuschätzen, indem sie ihm Rechte einräumen, die von den weiteren Handlungen des Schuldners unberührt bleiben.244 Damit können sowohl Kontroll- als auch Informationskosten gesenkt werden.245 Die Senkung der Kosten wird dadurch bewirkt, 238 Adams, Sicherungsrechte, S. 148 ff.; Magoulas, Ökonomische Probleme, S. 265 [281 f.]. 239 Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [286 ff.]; Graf, S. 127 f.; Nirk, NJW 1971, 1913 [1915]; Wiegand, S. 210 f. 240 Bruchner WM 1999, 825 [832 f.]. 241 Adams, Sicherungsrechte, S. 9 ff.; Eidenmüller, JZ 2001, 1041 [1049]; Nacke, S. 239 ff.; Teubner, Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 261 [276]; Ulmer, Festschr. f. Duden, 1977, S. 661 [662 ff.]. 242 Adams, Sicherungsrechte, S. 101 ff.; Bitter, Durchgriff, S. 155; Eidenmüller, JZ 2001, 1041 [1042]; Götz, S. 138; Knöfel, JA 1997, 723 [725, 726]; Nacke, S. 221 ff. 243 Adams, Sicherungsrechte, S. 45, 47 ff., 157. 244 Adams, Sicherungsrechte, S. 43, 44 ff., 104 ff., 156 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 20 / 4.3.
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daß deren Aufwendung durch die Sicherheitenbestellung überflüssig wird. Gäbe es die Möglichkeit von Sicherungsrechten nicht, würde das Ausfallrisiko über den Zins abgesichert, was letztlich ebenfalls die Haftungsmasse verringern würde.246 Auch die durch die Bestellung von Sicherheiten herbeigeführten Nachteile haben die Gläubiger selbst zu tragen. Diese handeln auf eigenes Risiko, wenn sie sich keine Sicherheiten einräumen lassen und dürfen nicht darauf vertrauen, daß andere Gläubiger auf sie Rücksicht nehmen.247 Diese Gläubiger haben ihren Schaden allein zu tragen (casum sentit dominus).248 Für den Schuldner selbst gehen mit der Sicherheitenbestellung ohnehin keine zusätzlichen Belastungen einher, da diese lediglich zu einer Umverteilung der unverändert großen Haftungsmasse im Hinblick auf die Mitgläubiger führt, denn für die Darlehensschuld haftet der Darlehensnehmer ohnehin mit seinem gesamten Vermögen.
3. Das Problem der Kleingläubiger Von dem sog. caveat creditor-Grundsatz werden zum Teil Ausnahmen für „kleine“ Waren- bzw. Dienstgläubiger gemacht, da für diese eine hinreichende Besicherung häufig nicht möglich sei.249 Dies überzeugt jedoch nicht. Warengläubiger können sich durch einen (verlängerten) Eigentumsvorbehalt sichern. Ist dies nicht möglich bzw. nicht „üblich“, weil es sich lediglich um einen geringen Warenumfang handelt, bleibt Gläubigern nur der Weg, das Ausfallrisiko über die Höhe der Gegenleistung zu berücksichtigen. Hierdurch können zwar „kleine“ Gläubiger gegenüber Großgläubigern insofern benachteiligt werden, als jene die Möglichkeit haben, auf einen entsprechenden Preisaufschlag zu verzichten und das Ausfallrisiko durch eine entsprechend höhere Zahl an Transaktionen zu streuen. Dies allein kann jedoch nicht zu einer Durchbrechung des caveat creditor-Grundsatzes und damit im Ergebnis zumindest insoweit zu einer Verantwortlichkeit der Bank führen, denn andernfalls könnte sie das Risiko der Mitwirkung an einem Sanierungsversuch kaum abschätzen und die gewünschte Transaktion würde ebenso unterbleiben. Das eben geschilderte Problem sollte vielmehr dadurch gelöst werden, daß „kleine“ Gläubiger im Rahmen der Verteilung der Haftungsmasse des Adams, Sicherungsrechte, S. 153 ff. Vgl. Adams, Sicherungsrechte, S. 174 f., 192, 205 f. 247 Bitter, Durchgriff, S. 188; Knöfel, JA 1997, 723 [725]; Uhlenbruck, ZIP 1980, 73 [79]. 248 Vgl. Adams, Ökonomische Analyse, S. 48 ff.; Bengen, S. 46 f.; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 479 ff.; Graf, S. 153 f.; Koller, Risikozurechnung, S. 78 ff., 99 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 4 / 7. Insbesondere ist das Problem der Massearmut in der Insolvenz daher auch kein Anlaß für eine Änderung des Insolvenzrechts, vgl. H.-B. Schäfer / Ott, 20 / 4.3; anders dagegen Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 562 f. 249 BGH, Urt. v. 2. 2. 1955 – IV ZR 252 / 54, NJW 1955, 1272 [1273 f.]; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 364 f., 369 f.; Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 255; Kruppa, S. 262 f.; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 345, 346, 380; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [260, 268 f.]. 245 246
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Unternehmens im Insolvenzverfahren stärker berücksichtigt werden. Insoweit könnte im Hinblick auf die Benachteiligung der „kleinen“ an eine entsprechende Beschränkung der Befriedigung der gesicherten Gläubiger im Verteilungsverfahren nachgedacht werden. Hierauf kann an dieser Stelle nicht vertieft eingegangen werden. Jedenfalls bewirkt die Benachteiligung der kleinen Gläubiger aber keine Haftung der Bank, denn diese hat die in Rede stehenden Nachteile weder durch ihre Beteiligung noch durch ihre Weigerung zur Mitwirkung verursacht. Vielmehr bleiben die Gläubiger im Grundsatz selbst für eine Absicherung ihres Insolvenzrisikos verantwortlich.
4. Die Kritik am Relativitätsprinzip Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, daß sich dem Relativitätsprinzip eindeutige Zuweisungen der Risiken in der wirtschaftlichen Krise zwischen den Beteiligten entnehmen lassen. Im Schrifttum werden jedoch seit langem250 und in jüngerer Zeit vor dem Hintergrund des Aufkommens komplexerer Vertragsstrukturen wie etwa drittfinanzierter Erwerbsgeschäfte und koordinierter Vertriebssysteme (z. B. Franchising) vermehrt Zweifel am Sinn des Relativitätsgrundsatzes und dem aus diesem folgenden Trennungsdenken geäußert.251 So ist etwa die Behauptung aufgestellt worden, das BGB weise Lücken im Hinblick auf Langzeitbeziehungen und den Bereich zwischen nur bilateraler Interessenwahrung einerseits und gesellschaftsrechtlichem Verbund zu einer gemeinsamen Zweckverfolgung andererseits auf.252 Es wird dabei betont, die Bewältigung moderner Vertragsstrukturen bedürfe eines Aufbrechens verkrusteter Denkstrukturen253 und das BGB habe mit seiner Orientierung am zweiseitigen Vertrag als Grundfigur eher die Tür zum 19. Jahrhundert geschlossen, als die Pforte zum 20. Jahrhundert geöffnet254, oder das BGB habe der Sozialwirkung der Schuldverhältnisse nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen und durch sein Versagen die Rechtsanwendung alsbald vor Fragen gestellt, die sich mit den zur Verfügung gestellten Mitteln nicht sachgerecht beantworten ließen.255 Angesichts der Tatsache, daß es die Par250 Brecher, Festschr. f. H. Lange, 1970, S. 123 [134 f.]; Gernhuber, Festschr. f. Nikisch, 1958, S. 249 [250]; ders., Festschr. f. Larenz, 1973, S. 455 f.; ders., SV, § 2 II. 1., S. 12, § 31 I. 4., S. 711 f.; Schmalzbauer, S. 7; J. Schmidt, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 341 [359]. 251 Heermann, Erwerbsgeschäfte, S. 3, 84 f., 88, 92, 306; ders., AcP 200 (2000), 1, [16 f.]; Kümmeth, S. 2 ff., 6 f.; K. W. Lange, S. 223; Meder, JZ 1993, 539 f.; Papst, S. 1; Picker, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 397 [397 f., 428, 432]; Rohe, Netzverträge, S. 1, 64. 252 Brecher, Festschr. f. H. Lange, 1970, S. 123 [134 f.]; K. W. Lange, S. 223; Picker, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 397 f.; Rohe, Netzverträge, S. 1. 253 Heermann, Erwerbsgeschäfte, S. 306. 254 Gernhuber, SV, § 31 I. 4., S. 711 f.; Heermann, Erwerbsgeschäfte, S. 3; ders., AcP 200 (2000), 1, [16 f.]; Kümmeth, S. 2 ff., 6 f.; Picker, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 397 [397 f., 428, 432].
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teien weitgehend selbst in der Hand haben, langfristige Austauschbeziehungen und komplexe Vertragswerke durch sachgerechte Vereinbarungen zu regeln, ist diese Kritik überzogen; die Probleme, die sich mit den Außenbeziehungen komplexer Vertragsgebilde ergeben, lassen sich ohnehin kaum sachgerecht kodifizieren. Genauso kann aber auch nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, daß der Relativitätsgrundsatz keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen kann.256 Ein Denken, das die Bedeutung der begrifflichen Einordnung eines Sachverhalts überschätzt, weil es hieraus allein, ohne Rücksicht auf Stimmigkeit der Wertung, praktische Durchführbarkeit oder entgegenstehende Rechtsnormen, einen hinreichenden Grund für die Ableitung von Rechtsfolgen sieht, wird heute allgemein als reine Begriffsjurisprudenz abgelehnt.257 Vielmehr handelt es sich um ein Relativitätsprinzip, einen Grundsatz258, der im Regelfall gilt, selbst aber zahlreichen Durchbrechungen und Einschränkungen unterliegt und unterliegen muß.259 Es ist demnach nicht die Frage erörternswert, ob sich die Relativität stets durchführen läßt260, sondern nur, wie die zahlreichen Einschränkungen zu begründen sind, insbesondere vor dem Hintergrund, daß Durchbrechungen des Trennungsprinzips außerhalb des Gesellschaftsrechts weitgehend widerstandslos hingenommen werden261. Insoweit ist festzustellen, daß das Relativitätsprinzip erheblich aufgeweicht und in seinen Konturen unscharf wird. Um so dringlicher scheint eine teleologische Beschränkung des Trennungsprinzips, insbesondere zum Schutz des Rechtsverkehrs oder schutzwürdigen Vertrauens. Ein solches systematisch-teleologische Vorgehen vermeidet Zufallsentscheidungen und garantiert Gleichheit und Berechenbarkeit der Entscheidung in gleichen Interessensituationen und damit Rechtssicherheit.262 Jedes Rechtsprinzip wertet und ordnet zugleich einen typischen Lebensvorgang.263 Der Nutzen des Systems endet aber dort, wo ein von der 255 Gernhuber, Festschr. f. Nikisch, 1958, S. 249 [250]; ders., Festschr. f. Larenz, 1973, S. 455 f.; ders., SV, § 2 II. 1., S. 12, § 31 I. 4., S. 711 f.; J. Schmidt, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 341 [359]. 256 Baumann, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 13; Brecher, Festschr. f. Schmidt-Rimpler, 1957, S. 181 [208]; Coing, NJW 1977, 1793 [1794]; Franzmann, S. 47; Heermann, Erwerbsgeschäfte, S. 84 f.; H.-E. Henke, S. 28 f., 30 f.; H. L. Keller, S. 31 f.; Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [15]; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 342 f.; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [258]. 257 Franzmann, S. 114 mit Fn. 361, 116; H.-E. Henke, S. 65 f.; Karstendiek, DRiZ 1973, 345 [348]; Otte, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 433; U. Huber, Festschr. f. Lutter, 2000, S. 107 [138, 139]. 258 Vgl. Denck, JuS 1981, 9 [11]; H.-E. Henke, S. 11 ff., 14, 15, 79 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 421. 259 Esser / E. Schmidt, I / 1, § 5 V., S. 100; Heermann, Erwerbsgeschäfte, S. 48. 260 So aber Denck, JuS 1981, 861 in Fn. 1. 261 Rohe, Netzverträge, S. 496. 262 Adams, Ökonomische Analyse, S. 112 ff.; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 25 f., 343; Otte, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 433 [443]; Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [684 f.].
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Regel abweichender und daher von der regelhaft bewirkten Risikoverteilung nicht sachgerecht erfaßbarer Ausnahmefall vorliegt. Die Aufgabe besteht dann darin, diese Ausnahmekonstellation zu erkennen und deren Voraussetzungen zu analysieren sowie Instrumentarien für ihre Bewältigung bereitzuhalten. 264 Die dabei zugrundeliegenden Wertungsentscheidungen müssen vom Rechtsanwender offengelegt werden.265 Die Notwendigkeit zur Bildung solcher Ausnahmen widerlegt die grundsätzliche Richtigkeit des Trennungsdenkens nicht266, denn eine Regel gilt erst dann als widerlegt, wenn man ihr irrig eine Allgemeingültigkeit zuschreibt267. Erhebliche Lücken im BGB und damit Zweifel an der Allgemeingültigkeit des Trennungsdenkens findet aber nur der, der die mit dem Trennungsprinzip auftretenden Probleme mit Hilfe der Rechtsgeschäftslehre zu lösen beabsichtigt, denn insoweit kennt das BGB in der Tat keinen dreiseitigen (ringförmigen) Austauschvertrag. Dies würde aber voraussetzen, daß die Rechtsgeschäftslehre überhaupt der richtige Ansatzpunkt für die Lösung der mit dem Trennungsprinzip einhergehenden Probleme darstellt.268 Sucht man den Lösungsansatz dagegen in der Fortbildung bereits existierender Ausnahmebestimmungen, erweist sich das BGB weder als „lückenhaft“ noch als „rückständig“.
IV. Ergebnis Im Grundsatz sind die Risiken der Unternehmenskrise zwischen den Beteiligten eindeutig zugewiesen: Das Krisenunternehmen hat sowohl das Risiko zu tragen, daß die von der Bank gewährten Sanierungshilfen nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen (sog. Verwendungsrisiko), als auch das Risiko, daß das Unternehmen in die Insolvenz fällt und sich Dritte nicht mehr bereitfinden, das Unternehmen 263 Vgl. Karstendiek, MDR 1974, 980 [982]; ders., MDR 1977, 94; Larenz, Methodenlehre, S. 327; L. Raiser, Summum Ius, S. 145 [148 f., 162 f.]; Schünemann, S. 38 ff. 264 Vgl. Buchner, AcP 169 (1969), S. 483 [497]; Otte, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 433 ff.; Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 f. 265 Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [706 f.]. Es ist dagegen verfehlt, der Rechtsprechung immer dann, wenn sie am systematischen Denken festhält, reine Begriffsjurisprudenz vorzuwerfen, so U. Huber, Festschr. f. Lutter, 2000, S. 107 [138, 139]; Otte, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 433 [435 ff.]; vorwerfbar ist allenfalls fehlende Offenlegung des Wertungsvorgangs. 266 Denck, JuS 1981, 861; Dörner, S. 5; H.-E. Henke, S. 14; Hirth, S. 107 f.; Hopt / Mülbert, Vorbem. zu §§ 607 ff. Rn. 421; Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [48 f.]; Kraßer, S. 93; Medicus, Probleme, S. 12 ff., 18, 25; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 342 f., 375; v. Reinersdorff, S. 30; Ziegltrum, S. 151 f. 267 Canaris, Systemdenken, S. 53 f., 115 f.; Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [685 f.]; vgl. auch Engert, Festschr. f. Heldrich, 2005, S. 87 [101] zum Wertsteigerungsprinzip. 268 Oechsler, Gerechtigkeit, S. 343.
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
weiter zu stützen. Die Bank trägt dagegen im Grundsatz allein das Insolvenzrisiko des Unternehmens im Hinblick auf die von ihr mit dem Krisenunternehmen geschlossenen Verträge. Ferner muß die Bank grundsätzlich auch keinerlei Rücksicht auf die Mitgläubiger nehmen, weil diese sich selbst gegen das Insolvenzrisiko abzusichern haben. Tun sie dies nicht, handeln sie auf eigenes Risiko und können dieses nicht auf die Bank abwälzen.
§ 4 Abweichende Risikozuweisung und Privatautonomie Die Untersuchung hat gezeigt, daß der Grundsatz der Privatautonomie die Bank vor einer abweichenden Risikozuweisung gegen ihren Willen schützt. Hat sie das Risiko nicht freiwillig übernommen, muß daher eine abweichende Risikozuweisung mit diesem Grundsatz in Einklang stehen. Im folgenden ist daher auf Inhalt und Grenzen der Privatautonomie einzugehen, ehe die Frage geklärt wird, unter welchen Voraussetzungen eine abweichende Risikozuweisung möglich ist.
I. Privatautonomie und formale Vertragsfreiheit Mit dem Begriff der Privatautonomie wird allgemein die Freiheit zur Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen bezeichnet.269 Hierin findet das Selbstbestimmungsprinzip seinen Ausdruck, das seine verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 2 Abs. 1 GG hat.270 Die Vertragsfreiheit als der wichtigste Ausfluß der Privatautonomie umfaßt dabei zum einen die Freiheit zum Abschluß oder Nichtabschluß von Verträgen (positive und negative Vertragsschlussfreiheit) und zum anderen die Freiheit zur inhaltlichen Ausgestaltung von Verträgen.271 Darüber hinaus gewährleistet sie die Freiheit der Kontrahentenwahl sowie die Abänderungs- und Auflösungs- bzw. Beendigungsfreiheit.272 Dem ist immanent, daß es im Grundsatz allein bei den Parteien liegt, die Risiken aus einem Vertrag zuzuweisen.273 Es läge demnach auch im freien Belieben der Parteien, keine bzw. eine vollständig andere Risikozuweisung zu vereinbaren. In diesem Sinne würde das Selbstbestimmungsprinzip vollständig in der Privatautonomie aufgehen, dieses also vollständig abbilden. Die Funktion des Vertrages bestünde Vgl. nur Singer, Selbstbestimmung, S. 1. Vgl. nur Busche, S. 53 m.w.Nachw. 271 Vgl. nur Busche, S. 13 ff.; MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 8; H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 1; als „die ursprünglichste aus dem Wesen der Vertragsfreiheit sich ergebende Folgerung“ bezeichnet Nipperdey, S. 4 f. die Abschlußfreiheit. 272 Busche, S. 64 f. m.w.Nachw. 273 Vgl. Kötz, JuS 2003, 209 f.; H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 3, 12 / 2. 269 270
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dann ausschließlich darin, den Parteien ein Instrument für die vollständige Verwirklichung ihres selbstbestimmten Willens an die Hand zu geben. Dem Recht käme lediglich die Aufgabe zu, eine Durchsetzung des Vertrages zu gewährleisten.274 Dieses paläo-liberalistische Vertragsdenken im Sinne einer rein formalen Vertragsfreiheit liegt dem BGB zugrunde.275 Das Vertragsrecht hat dann lediglich die Funktion, eine Kompetenz zu einer privaten Sozialgestaltung zu schaffen. Eine Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Vertrages im Sinne einer Vertragsgerechtigkeit oder einer materialen Vertragsethik ist diesem Denken dagegen fremd.276 Danach bedeutete jede abweichende Risikozuweisung einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Vertragsfreiheit. Die Rechtswirklichkeit weicht von diesem rein formalen Verständnis der Vertragsfreiheit erheblich ab.277 Bei zahlreichen Vertragstypen hat bereits das Gesetz eine Risikozuweisung getroffen. So ist dem Verkäufer das Sachmängelrisiko zugewiesen (§§ 437, 434 ff. BGB). Ferner enthält das Gesetz Regelungen über die Tragung der Leistungs- und der Gegenleistungsgefahr (§§ 275, 326, 446, 447 BGB). Der Vorteil einer solchen gesetzlichen Regelung vertragstypischer Risiken liegt darin, daß den Parteien die Last genommen wird, bei jedem Vertrag diese Risiken ausdrücklich auszuhandeln und zuzuweisen.278 Das Vertragsrecht führt dadurch zur Einsparung von Transaktionskosten (Entlastungsfunktion).279 Zu einem Konflikt mit der Vertragsfreiheit kommt es hierbei nicht. Daraus folgt zugleich, daß das dispositive Recht nicht unbesehen zur Anwendung kommen kann, nur weil die Parteien eine abweichende Vereinbarung nicht getroffen haben; denn auch eine gesetzliche Risikoverteilung kann im konkreten Fall unbillig und daher aufzuheben sein.280 Diese eben beschriebene Entlastungsfunktion ist allerdings nicht der einzige Zweck gesetzlicher Risikozuweisungen. Denn oft wird es den Vertragsparteien gerade untersagt, in den individuellen Vertragsverhältnissen abweichende Regelun-
274
Vgl. Adams, Ökonomische Theorie, S. 74; MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145
Rn. 2. 275 Vgl. Busche, S. 49 f.; MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 2 m.w.Nachw.; s. hierzu auch die These von der „Selbstbestimmung in Selbstherrlichkeit“ bei Flume, II, S. 8; zum Streben des einzelnen nach Eigennutz s. auch Hackl, S. 13 f. 276 Vgl. Busche, S. 49, 64; Horn, AcP 176 (1976), 307 [319 ff.]; MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 2 f. 277 s. a. Adams, Ökonomische Theorie, S. 76; Busche, S. 51 f.; ferner die Zusammenstellung bei Paulus / Zenker, JuS 2001, 1 [4 ff.]. 278 Adams, Ökonomische Theorie, S. 119 f., 126 f., 135 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 4. 279 Bitter, Durchgriff, S. 156; Eidenmüller, S. 21; Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 181 f.; G. Graf, S. 334 ff.; Hagen, S. 147 f.; Imbeck, S. 121 f., 126 ff., 162; Kittner, Rn. 472, 474; Köhler, ZHR 144 (1980), 589 [596]; Kötz, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 283 [285 f.]; M. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 171, 307 f.; Nacke, S. 225; H.-B. Schäfer / Ott, 12 / 3; Schmalzbauer, S. 10; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 534; H. Westermann, S. 4. 280 MünchKomm-BGB / Roth, § 242 Rn. 424.
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
gen zu treffen, so etwa beim Verbrauchsgüterkauf (§ 475 Abs. 1 Satz 1 BGB). In diesem Fall ist den Parteien auch die Freiheit zur Wahl des jeweiligen Vertragstypus genommen (vgl. § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB)281; im Sachen-, Familien- und Erbrecht gilt der Grundsatz der Typenfreiheit ohnehin nicht. Auch im übrigen unterliegen von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Vereinbarungen einer Inhaltskontrolle, insbesondere nach den §§ 307 ff. BGB, aber auch den §§ 138, 242 BGB282. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich einen angemessenen Ausgleich der Interessen beider Vertragsparteien verfolgen (sog. Gerechtigkeitsgehalt des dispositiven Rechts283). Eine hiervon abweichende Vereinbarung kann darauf hindeuten, daß es sich nicht um einen „fairen“ Vertrag handelt, sofern die Parteien keine von dem dispositiven Recht abweichenden Interessen haben284. Nach der sog. Lehre von den Schuldvertragstypen sollen die im BGB geregelten Vertragstypen unter bestimmten Voraussetzungen Bindungswirkungen entfalten und damit bei abweichenden bzw. fehlenden Risikozuweisungen eine entsprechende Regelung treffen.285 Unter diesem Aspekt erfährt die Vertragsfreiheit zum Teil erhebliche Einschränkungen. Auch im Rahmen der sog. Drittschutzproblematik, also bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen außerhalb eines Schuldbandes Stehende ausnahmsweise Ansprüche gegen die Vertragsbeteiligten erlangen können, erfährt der Grundsatz der Privatautonomie eine erhebliche Einschränkung, da dem Schuldner ein weiterer Gläubiger „aufgedrängt“ wird. Die Rechtsprechung286 geht dabei von einer ergänzenden Vertragsauslegung aus (§§ 157, 242 BGB), wobei vom Willensprinzip jedoch weitgehend abgewichen wird, indem es nicht entscheidend darauf ankommen soll, was die Vertragsbeteiligten tatsächlich vereinbart hätten oder wirklich gewollt haben. Maßgeblich sollen allein objektive Haftungskriterien sein287; insbesondere die Rechtsprechung hat unter Rückgriff auf die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung darauf abgestellt, was die Parteien bei objektiver Betrach281 s. zur Umgehung der Bestimmungen des Verbrauchsgüterkaufs beim Gebrauchtwagenkauf durch Vereinbarung eines Agenturvertrages BGH, Urt. v. 26. 1. 2005 – VIII ZR 175 / 04, NJW 2005, 1039 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 19. 5. 2004 – 3 U 12 / 04, NJW 2004, 2169 ff. 282 Zutreffend weist Busche, S. 74 daher darauf hin, daß im BGB ein „formales Vertragsrechtssystem mit singulären materiellen Korrekturen verwirklicht“ sei. 283 BGH, Urt. v. 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71, BGHZ 60, 353 [356]; Behrens, Grundlagen, S. 30, 104, 110, 169 ff.; Eidenmüller, Effizienz, S. 64, 402; Kittner, Rn. 151 ff.; L. Raiser, Allgemeine Geschäftsbedingungen, S. 293 ff. 284 Köhler, ZHR 144 (1980), 589 [597]; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 139; H.-B. Schäfer / Ott, 12 / 4; Thomä, S. 6 ff., 72 ff. Vgl. zur Diskussion um die Reichweite der Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf Verträge zwischen Unternehmern FAZ v. 21. 07. 2004, S. 21. 285 Imbeck, S. 119 und passim. 286 Vgl. nur BGH, Urt. v. 1. 2. 1984 – VIII ZR 54 / 83, BGHZ 90, 69 [77]; BGH, Urt. v. 29. 4. 1982 – III ZR 154760, BGHZ 84, 1 [7]; BGH, Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250 / 02, NJW 2004, 3035 [3036]; BGH, Urt. v. 1. 2. 1952 – I ZR 123 / 50, NJW 1952, 540 [541]. 287 Vgl. zur ergänzenden Vertragsauslegung und zur Figur des faktischen Vertrages Busche, S. 5 f.
§ 4 Abweichende Risikozuweisung und Privatautonomie
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tungsweise redlicherweise vereinbart hätten bzw. wie sich ein vernünftiger Mensch zu verhalten pflegt.288 Auch im Schrifttum finden sich Äußerungen dahingehend, daß der hypothetische Parteiwille auf einer nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmenden Weiterentwicklung der sich im Vertragskomplex dokumentierenden Wertungen der Parteien beruhe, so daß der Vertrag ebenso wie ein unvollständiges Gesetz ausgelegt werden müsse289, oder daß der Richter den im Vertrag unvollständig zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien zu Ende denken bzw. auf die Gesamtumstände des Vertrags abstellen solle290. Der tatsächliche Parteiwille setzt der ergänzenden Vertragsauslegung dann nur noch insoweit Grenzen, als er a priori nicht in Betracht kommende Auslegungsergebnisse ausschließt.291 Wird der Gläubiger von einem Dritten, mit dem er nicht in vertraglichem Kontakt steht, unter Zugrundelegung dieser Wertungen aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Anspruch genommen, liegt hierin eine Umverteilung der grundsätzlich allein dem Dritten zugewiesenen Risiken. Hieraus ergibt sich eine wesentliche Einschränkung der Vertragsfreiheit.292 Auch im übrigen sind von der Rechtsprechung erhebliche Einschränkungen der Vertragsfreiheit vorgenommen worden, so etwa bei der Ermittlung hypothetischer Kausalverläufe im Rahmen der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB, etwa bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Partei einen Vertrag überhaupt bzw. zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte. Hierbei soll es auf eine Verhaltensorientierung an der objektiven Zweckmäßigkeit ankommen293; maßgeblich soll sein, was die Parteien bei objektiver Betrachtungsweise redlicherweise vereinbart hätten bzw. wie sich ein vernünftiger Mensch in einer solchen Situation zu verhalten pflegt (§§ 286, 287 ZPO).294 Zum Teil wird vertreten, daß es überhaupt 288 BGH, Urt. v. 30. 9. 1993 – IX ZR 73 / 93, BGHZ 123, 311 [317]; BGH, Urt. v. 1. 2. 1984 – VIII ZR 54 / 83, BGHZ 90, 69 [77]; BGH, Urt. v. 29. 4. 1982 – III ZR 154 / 80, BGHZ 84, 1 [7]; BGH, Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250 / 02, NJW 2004, 3035 [3036]; BGH, Urt. v. 12. 12. 2002 – IX ZR 99 / 02, NJW 2003, 822 [823]; BGH, Urt. v. 22. 3. 2002 – V ZR 41 / 01, NJWRR 2002, 1081; BGH, Urt. v. 7. 2. 1974 – VII ZR 93 / 73, NJW 1974, 795 [796]; BGH, Urt. v. 26. 3. 1962 – II ZR 151 / 60, NJW 1962, 1099 [1100]; BGH, Urt. v. 21. 12. 1960 – VIII ZR 145 / 59, NJW 1961, 777 [779]; BGH, Urt. v. 1. 2. 1952 – I ZR 123 / 50, NJW 1952, 540 [541]. 289 Dahm, S. 78 ff.; Hirth, S. 114. 290 Eidenmüller, Effizienz, S. 456 f.; Henssler, S. 97 ff.; Kümmeth, S. 86 f.; in diesem Sinne auch LAG Hamm, Urt. v. 16. 10. 1990 – 8 Sa 563 / 90, ZfS 1991, 307 [308 f.]. 291 Henssler, S. 99 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 12 / 4.3; Winterfeld, S. 37 f. 292 Busche, S. 6. 293 Für eine Beweislastumkehr BGH, Urt. v. 31. 5. 1990 – VII ZR 340 / 88, BGHZ 111, 314 [316 ff.]; BGH, Urt. v. 5. 7. 1973 – VII ZR 12 / 73, BGHZ 61, 118 [120 ff.]; BGH, Urt. v. 18. 6. 1996 – VI ZR 121 / 95, NJW 1996, 2503; BGH, Urt. v. 20. 9. 1996 – V ZR 173 / 95, NJW-RR 1997, 144 f.; für einen Anscheinsbeweis BGH, Urt. v. 24. 6. 1998 – XII ZR 126 / 96, NJW 1998, 2900 [2901]. 294 BGH, Urt. v. 30. 9. 1993 – IX ZR 73 / 93, BGHZ 123, 311 [317]; BGH, Urt. v. 1. 2. 1984 – VIII ZR 54 / 83, BGHZ 90, 69 [77]; BGH, Urt. v. 29. 4. 1982 – III ZR 154 / 80, BGHZ 84, 1 [7]; BGH, Urt. v. 12. 12. 2002 – IX ZR 99 / 02, NJW 2003, 822 [823]; BGH, Urt. v. 22. 3.
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nicht darauf ankomme, ob sich die Partei auf einen Vertrag mit einem abweichenden Inhalt eingelassen hätte.295 Auch hierin liegt eine deutliche Abkehr vom Willensprinzip.
II. Von der formalen Vertragsfreiheit zur Vertragsgerechtigkeit? Die vorbezeichneten zum Teil ganz erheblichen Einschränkungen formaler Vertragsfreiheit haben verschiedentlich die Auffassung aufkommen lassen, der Grundsatz der Vertragsfreiheit sei nicht mehr als eine Utopie, eine Fiktion; weil es Vertragsfreiheit in Wahrheit gar nicht gebe, müßten Kriterien und Verfahren für eine Vertragsgerechtigkeit entwickelt werden.296 1. Objektive Vertragsgerechtigkeitstheorien Nach der von Schmidt-Rimpler entwickelten Theorie von der objektiven Richtigkeitsgewähr sollen sich im Vertrag die Einzelinteressen zu einem sinnhaften Ganzen treffen. Dies soll allerdings nur dann der Fall sein, wenn der Vertragsinhalt einer überindividuellen Ordnung entspreche.297 Die Grenzen der Richtigkeitsgewähr sollen dort liegen, wo die Funktionsvoraussetzungen hierfür fehlten oder versagten; hier solle der Vertrag durch eine hoheitliche Gestaltung der Lebensverhältnisse ersetzt werden.298 Mittelbar werden die Vertragsbeteiligten dadurch gezwungen, die Voraussetzungen eines objektiven Gerechtigkeitsmodells einzuhalten.299 Problematisch hieran ist, daß die Kontrolle vertraglicher Vereinbarungen damit weitgehend unter dem Vorbehalt steht, zu einer „gerechten Ordnung“ zu führen. Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit stehen sich so verstanden diametral 2002 – V ZR 41 / 01, NJW-RR 2002, 1081; BGH, Urt. v. 7. 2. 1974 – VII ZR 93 / 73, NJW 1974, 795 [796]; BGH, Urt. v. 26. 3. 1962 – II ZR 151 / 60, NJW 1962, 1099 [1100]; BGH, Urt. v. 21. 12. 1960 – VIII ZR 145 / 59, NJW 1961, 777 [779]. 295 BGH, Urt. v. 14. 3. 1991 – VII ZR 342 / 89, BGHZ 114, 87 [94 f.]; BGH, Urt. v. 25. 5. 1977 – VIII ZR 186 / 75, BGHZ 69, 53 [58]; BGH, Urt. v. 12. 10. 1993 – X ZR 65 / 92, NJW 1994, 663 [664 f.]; ablehnend dagegen BGH, Urt. v. 24. 6. 1998 – XII ZR 126 / 96, NJW 1998, 2900 f.; S. Lorenz, NJW 1999, 1001 [1002]. 296 Schwerdtner, S. 132; H. P. Westermann, AcP 178 (1978), 150 [176]; Zweigert / Kötz2, S. 10; s. unter Bezugnahme auf die These von Steinbach, dem Grundsatz der Vertragsfreiheit wohne seiner Natur nach die Tendenz inne, sich selbst aufzuheben, auch Hackl, S. 15, 18; s. zur historischen Diskussion Busche, S. 49 f. 297 So insbesondere Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 ff., s. a. Busche, S. 50; MünchKomm-BGB / Roth, § 242 Rn. 424; auf die Herstellung einer gerechten Ordnung abstellend auch das sog. institutionelle Rechtsdenken von L. Raiser, Summum Ius, S. 145 [167]; auf die Herstellung einer materialisierten, sozialstaatlich tolerablen Vertragsfreiheit abstellend MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 5; ebenso Hackl, S. 18 ff. 298 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 139 [157]. 299 Busche, S. 78.
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gegenüber; die Korrekturen des Vertragsrechts beruhen dabei auf der Anwendung des Gerechtigkeitsprinzips.300 Die Vorstellung, Verträge müssten einem bestimmten Gerechtigkeitsideal entsprechen, setzt zwingend voraus, daß es ein solches überindividuelles Wertesystem gibt. Damit ist das Tor zu einer Fremdbestimmung geöffnet, was letztlich eine völlige Abkehr vom Selbstbestimmungsprinzip bedeuten würde.301 Die Funktion des Vertrages kann daher nicht darin gesehen werden, eine bestimmte „gerechte“ Ordnung zu sichern.302 Aus demselben Grund sind Versuche303 abzulehnen, eine auf sozialen Ausgleich und Verteilungsgerechtigkeit gerichtete Ordnung zu erreichen.304 2. Subjektive Vertragsgerechtigkeitstheorien a) Theorie vom subjektiven Interessenausgleich In Weiterentwicklung der Thesen Schmidt-Rimplers ist zum Teil versucht worden, den Begriff der Vertragsgerechtigkeit bezogen auf die unterschiedlichen Vertragsinteressen zu konkretisieren (sog. subjektiver Interessenausgleich). 305 Damit ist aber noch kein eigenständiger Lösungsansatz erreicht. Der subjektive Interessenausgleich besagt nicht mehr und nicht weniger, als daß grundsätzlich die Parteien selbst für einen ihren Bedürfnissen angemessenen Ausgleich ihrer Interessen sorgen. Durch den Vertrag wäre den Parteien ein solcher wiederum ermöglicht. Damit ist gegenüber dem formalen Verständnis der Vertragsfreiheit aber nichts gewonnen.306 Die Vermutung, die Parteien schlössen einen Vertrag mit einem angemessenen Interessenausgleich beinhaltet eine noch zu beweisende Behauptung und vermag daher als Lösungsansatz nicht zu überzeugen. Im übrigen ist diese These auch mit dem Selbstbestimmungsprinzip nicht vereinbar, da dieses auch nachteilhafte Verträge umfaßt.307 b) Lehre von der Vertragsnatur Eine an einem relativen Gerechtigkeitsbegriff orientierte Lehre von der Vertragsnatur hat Oechsler entwickelt. Der Begriff der Vertragsgerechtigkeit beBusche, S. 79 ff., 84. Zutreffend Busche, S. 81 ff. 302 Busche, S. 83. 303 Hierzu AK-BGB / Hart, Vor § 145 Rn. 27 ff.; Martens, AcP 177 (1977), 113 ff.; auch Nipperdey, S. 5, 33 spricht davon, daß eine völlige Abschlußfreiheit zu einer Gefährdung von Gemeininteressen führen könne, was von einer „Gesellschaft unter gewissen Umständen nicht zugelassen werden“ dürfe; von einer „sozial angemessenen“ Rechtsausübung spricht Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 39. 304 Busche, S. 86; s. a. Katz, S. 433 [444 f.]; Paulus / Zenker, JuS 2001, 1 [5]. 305 Habersack AcP 189 (1989), 403 [411]; Hart KritV 1986, 211 [238]. 306 Busche, S. 88. 307 Busche, S. 89 f. 300 301
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1. Teil: Grundfragen der Unternehmenskrise
zeichne das Maß, nach dem Rechte und Pflichten zwischen den Parteien eines Leistungsaustauschs zu verteilen seien.308 Die Vertragsgerechtigkeit erfülle dabei zwei Funktionen: Einmal sei sie Maßstab der Ergänzung einer möglicherweise lükkenhaften Parteivereinbarung, andererseits bilde sie die Bewertungsgrundlage für die Inhaltskontrolle vorformulierter Parteivereinbarungen.309 Mit dem Begriff der Vertragsgerechtigkeit werde dabei nicht ein bestehendes Normensystem beschrieben. Vielmehr stelle sie ein Kriterium für die Systemerweiterung dar: Die solchermaßen als gerecht anzusehenden Vereinbarungen erzeugten neue Rechtsfolgen, auch soweit sich für sie im geltenden Recht noch keine Parallele finde. Sie erweiterten daher das System bestehender Rechtssätze um neue, inter partes geltende Normen.310 Seien die Vertragsvereinbarungen dagegen nicht „gerecht“, seien sie unwirksam und gehörten dem System demnach nicht an. Die Vertragsgerechtigkeit nehme hierbei (bildlich gesprochen) eine Pförtnerfunktion an der Schwelle der vorrechtlichen, ökonomisch und sozial motivierten Vereinbarungen der Parteien zum Vertragsrecht ein. Diese Funktion könne die Vertragsgerechtigkeit jedoch nur erfüllen, wenn sie über die Regelungsinhalte der geltenden Rechtsnormen hinausreiche, also einen eigenen materialen Gehalt habe.311 Oechsler legt dabei einen relativen Gerechtigkeitsbegriff zugrunde, wonach sich die Vertragsgerechtigkeit nach der Natur des Vertrages richte. Dieser Begriff sei wiederum nicht an einem materialen Gerechtigkeitsinhalt zu orientieren312, sondern an dem von den Parteien durch die Vereinbarung der Hauptleistungspflichten bestimmten Charakter des von ihnen projektierten vertraglichen Leistungsaustauschs, also an den durch die Parteien geschaffenen Normen und die damit einhergehenden Verteilungsentscheidungen.313 Insbesondere die aufgrund des Leistungsversprechens erzeugten schutzwürdigen Erwartungen des Gläubigers würden dabei zum Beurteilungsmaßstab.314 Der jeweilige Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen lasse sich wiederum aus den vereinbarten Hauptleistungspflichten und den diese absichernden naturalis negotii bestimmen.315 Zugunsten dieses Lösungsansatzes spricht das Bemühen, die Vertragsgerechtigkeit nicht losgelöst von den vertraglichen Vereinbarungen zu bestimmen. Die Frage, was gerecht ist, wird nicht aus einem überindividuellen Gerechtigkeitsbegriff abgeleitet, sondern aus dem Charakter der von den Parteien bestimmten Hauptleistungspflichten. Dieser Ansatz trägt damit weitgehend dem Selbstbestimmungsprinzip, aber auch der Tatsache Rechnung, daß der Vertrag notwendiger308 309 310 311 312 313 314 315
Oechsler, Gerechtigkeit, S. 2; ders., RabelsZ 60 (1996), 91 [117 ff.]. Oechsler, Gerechtigkeit, S. 14, 21. Oechsler, Gerechtigkeit, S. 267 ff. Oechsler, Gerechtigkeit, S. 3, 14 f. Oechsler, Gerechtigkeit, S. 104 ff. Oechsler, Gerechtigkeit, S. 2 f., 4. Oechsler, Gerechtigkeit, S. 315 ff. Oechsler, Gerechtigkeit, S. 315 ff.
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weise einen Kompromiß zwischen den unterschiedlichen Interessen der Vertragsbeteiligten darstellt.316 Problematisch an der Lehre von der Vertragsnatur ist jedoch, daß der Vertrag oft nicht ein auf innere Geschlossenheit angelegtes Regelungswerk ist. Dies erschwert die Auslegung am Vertragszweck, mag man auch im Einzelfall an die Natur des Vertrags und den objektiven Zweck- und Sinnzusammenhang anknüpfen können.317 Undeutlich ist dabei der Hinweis von Oechsler, es gehe darum, ob sich Gerechtigkeit bei der Verteilung von Rechten und Pflichten im Vertrag durch Anwendung von Normen herstellen lasse; genauer geht es darum, ob sich durch Anwendung von Normen Gerechtigkeit bei der Verteilung von Rechten und Pflichten im Vertrag feststellen und erst bei einem negativen Befund – nämlich durch Derogation der vertraglichen Absprachen und Anwendung der Norm (vgl. § 6 AGBG, § 306 BGB) – herstellen läßt. Ohne weiteres läßt sich diese Frage bejahen, wenn eine vertragliche Abweichung von der gesetzlichen Risikozuweisung nicht vorliegt, vorausgesetzt eine solche Norm existiert überhaupt. Im übrigen kann man diese Frage bejahen, wenn man die Norm als Vergleichsmaßstab heranzieht. Da dabei jedoch die vertraglichen Absprachen die den Vertragsinhalt bestimmende Natur des Vertrags begründen sollen, droht ein nur schwer auflösbarer Zirkelschluß, insbesondere wenn der Inhalt des Vertrages anhand der Vertragsnatur begrenzt wird, die Vertragsnatur selbst jedoch aus den vertraglichen Absprachen abzuleiten sein soll. Ähnliches gilt für die sog. Lehre von den Schuldvertragstypen, da sich deren Bindungswirkung nicht ohne Rücksicht auf die Vereinbarungen und umgekehrt ermitteln läßt. Sicherlich gehen mit dem Abstellen auf das gesetzliche Risikoverteilungsmodell ähnliche Schwierigkeiten einher, da dieses ja gerade nicht uneingeschränkte Geltung beansprucht. Jedoch erscheint die Anknüpfung an die gesetzliche Wertentscheidung insofern weiterführend, als die entstehenden Risiken damit grundsätzlich angemessen verteilt werden und sich die Frage, ob die zugrundeliegenden Interessen eine Abweichung hiervon rechtfertigen, anhand dieser grundsätzlichen Zuweisung einfacher beantworten läßt. Schließlich ist die Lehre von der Vertragsnatur auch insofern problematisch, als der kaum faßbare Begriff der Vertragsgerechtigkeit von einem materialen Verständnis gelöst und aus der Natur des jeweiligen Vertrages heraus ermittelt werden soll. Für die Frage, ob die getroffene Risikozuweisung Bestand haben kann, muß auf materiale Entscheidungskriterien zurückgegriffen werden. Zwar vermeidet die Lehre von der Vertragsnatur mit dem Verzicht auf die Bestimmung eines materialen Gerechtigkeitsbegriffs das Problem des infiniten Wertungsregresses, der bei der Ermittlung eines absoluten Gerechtigkeitsprinzips entstünde318, jedoch auf Kosten eines dann drohenden und nicht auflösbaren Zirkelschlusses.
Busche, S. 73. Canaris, Feststellung, S. 53; Sutschet, S. 110 ff. 318 Vgl. F. Bydlinski, Privatautonomie, S. 103 ff.; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 10 f., 17 f.; Schünemann, S. 46 f. 316 317
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3. Die Theorie der vertragsrechtsgebundenen Selbstbestimmung Auf die Lehren Ludwig Raisers319 geht die von Busche vertretene Theorie der vertragsrechtsgebundenen Selbstbestimmung zurück. Aus der Erkenntnis, daß der Vertrag auf eine Interessenzusammenführung angelegt und damit die vollständige Selbstbestimmung jedes Vertragespartners ausgeschlossen sei, folge, daß mit dem Rechtsinstitut des Vertrages auch immanente Schranken zwingend verbunden seien. Vertragsfreiheit folgt demnach aus dem Selbstbestimmungsprinzip, verwirklicht dieses aber nicht vollständig. Es handele sich bei der Vertragsfreiheit vielmehr um eine gebundene Freiheit, da diese nur mit Rücksicht auf die konkurrierende Freiheit des jeweiligen Vertragspartners bestehe. Jeder Partei solle eine Wahrnehmung ihrer Interessen möglich sein. Die aus dem Vertrag folgenden Bindungen schlössen dagegen eine vollständige Durchsetzung eigener Interessen ohne Berücksichtigung der Interessen der Vertragsgegenseite aus.320 Vertragsfreiheit oder Privatautonomie ist nach diesem Verständnis von vornherein auf die vom Gesetzgeber anerkannten Freiheitsbereiche begrenzt. Sie gewährleistet dagegen keine vollständige rechtliche Selbstbestimmung für jede am Vertrag beteiligte Partei.321 Das Verdienst dieses Funktionsmodells ist es zunächst, den Blick auf einen wesentlichen Aspekt gelenkt zu haben: Die Forderung nach einer vollständigen Verwirklichung der Privatautonomie im Sinne einer vollständigen Umsetzung des Selbstbestimmungsprinzips jedes einzelnen ist nicht deshalb eine reine Fiktion, weil sie durch das Gesetz und von der Rechtsprechung zahlreichen Beschränkungen unterliegt, sondern deshalb, weil es eine solche vollständige Verwirklichung in der Realität gar nicht geben kann. Denn von der Privatautonomie gestützt wäre in der Tat auch eine „rücksichtslose“ Durchsetzung der Interessen des einzelnen, etwa durch Täuschung oder Drohung. Zuzustimmen ist dem Modell der vertragsgebundenen Selbstbestimmung auch darin, daß es keine Interessenverwirklichungsgarantie, sondern lediglich eine Interessenverwirklichungschance geben kann322. Schließlich ist ein ganz wesentlicher Aspekt in der Tat darin zu sehen, daß beiden Vertragsparteien die Möglichkeit gegeben sein muß, ihre Interessen zu verfolgen323. Problematisch ist dagegen, welche Konsequenzen aus diesem Befund gezogen werden, nämlich im Ergebnis die Begründung einer Rücksichtnahmepflicht auf den jeweiligen Vertragspartner und eine Beschränkung der Vertragsfreiheit und L. Raiser, Summum Ius, S. 145 ff. Busche, S. 102 ff., 72 f. und passim; in diese Richtung auch Schmidtchen / Kirstein, S. 1 [20 ff.]. 321 Busche, S. 20, 73, 80 f. 322 Busche, S. 104. 323 Busche, S. 52 f., 103 f. unter Bezugnahme auf M. Wolf, S. 57, 59, 60; ebenso Engert, S. 119; Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 227; Grigoleit, S. 76. 319 320
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dem Prinzip selbstbestimmten Handelns auf ein Handeln in diesem vorgegebenen Rahmen. Zum einen beinhaltet auch der Begriff der Rücksichtslosigkeit eine Wertung, die zunächst näher begründet werden müßte. Insbesondere müßte der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen ein Verhalten als „rücksichtslos“ bewertet werden kann, erst bestimmt werden. Hierbei droht wiederum eine Orientierung an einem überindividuellen Begriff der „gerechten Ordnung“ im Sinne der objektiven Vertragsgerechtigkeitstheorie. Zum anderen muß berücksichtigt werden, daß ein rücksichtsloses Durchsetzen eigener Interessen in der Regel gar nicht möglich ist, denn wer dies tut, wird niemanden finden, der einen Vertrag mit ihm abschließt. Auch der Vertragsgegner handelt ja interessenorientiert und versucht, seine eigenen Interessen durchzusetzen.324 Am Markt würden sich dann nur diejenigen Vertragspartner durchsetzen, die sich nicht vertragswidrig verhalten, weil mit den übrigen Individuen ein Vertrag nicht geschlossen werden würde.325 Da beide Vertragsparteien in diesem Sinne rücksichtslos handeln, ist bei Zustandekommen eines Vertrages davon auszugehen, daß beide Parteien ihre Interessen so weit verwirklichen konnten326, wie es für sie noch von Vorteil ist, denn ansonsten hätten sie dem Vertrag nicht zugestimmt327. Solche Verträge können als „gerecht“ bezeichnet werden, wobei besonders zu betonen ist, daß es auf diese Wertung für die Frage der Wirksamkeit des Vertrages und der in ihm enthaltenen Risikozuweisung nicht ankommt, weil der Vertrag gerade keinem überindividuellen Gerechtigkeitsmodell entsprechen muß. Anders formuliert könnte man sagen: Solange davon ausgegangen werden kann, daß beide Vertragsparteien ihre eigenen Interessen verfolgen, wird der Vertrag in der Regel auch einen angemessenen Interessenausgleich begründen. Vor diesem Hintergrund ist der Vertrag – wie es dem formalen Vertragsdenken entspricht – in der Tat nur das Instrument zur Erreichung einer beiderseits interessengerechten Lösung. In diesem Sinne kann auch davon gesprochen werden, daß einer vertraglich vereinbarten Risikozuweisung eine Richtigkeitsgewähr zukommt.328 Diese Vermutung einer interessengerechten Regelung besagt allerdings nur, daß eine abweichende Risikozuweisung jedenfalls dann ausscheidet, wenn die Parteien ihre Interessen verfolgen können, der Markt also „funktioniert“. In Frage gestellt wir die vorbezeichnete Vermutung einer beiderseits interessengerechten Lösung jedoch dann, wenn die Parteien ihre Interessen gerade nicht „rücksichtslos“ verfolgen können. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn eine 324 Adams, Ökonomische Theorie, S. 74 f.; plastisch spricht F. Bydlinski, Privatautonomie, S. 62 von einem Prozeß des „gegenseitigen Abschleifens entgegenstehender Interessen“. 325 H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 4. 326 Insbesondere muß derjenige, der sich eines Vertrages bedient, nicht „respektieren“, daß sein Vertragspartner ebenfalls versucht, seine Interessen zu verfolgen – so aber Busche, S. 103 und Hackl, S. 16 –, denn eine interessengerechte Lösung stellt sich auch ohne einen solchen „Respekt“ ein. Insbesondere bedarf es keiner Bindung an die Interessen des Vertragpartners, was Busche, S. 89 selbst zutreffend feststellt. 327 Adams, Ökonomische Theorie, S. 74. 328 Vgl. Hackl, S. 16 f.; Schweer, S. 10 f.
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vertragliche Vereinbarung negative Auswirkungen auf Dritte hat und bei diesen Schäden verursacht. Dieser Dritte erfährt möglicherweise von dem Vertrag nichts und kann daher seine Interessen auch nicht durchsetzen. Eine Einbeziehung des Dritten in den Vertrag im Verhandlungswege wird in der Regel an den hierfür erforderlichen Kosten scheitern. Ferner sind die Vertragsparteien nicht darauf angewiesen, die Interessen des Dritten einzubeziehen, weil sie diesen für die Durchsetzung ihrer Interessen nicht benötigen. Im Hinblick auf die Verursachung solcher sog. externer Effekte kann ein „rücksichtsloses“ Handeln problematisch sein. Ferner ist die Richtigkeitsvermutung eines Vertrages auch dann in Frage gestellt, wenn die Vertragspartner ihre Interessen nicht offenlegen, sondern verheimlichen. Verheimlicht etwa der Verkäufer einer Sache die vorhandenen Mängel, wird der Kaufpreis in der Regel zu hoch sein. Möglicherweise hätte der Käufer den Vertrag gar nicht geschlossen. Könnten sich solche Verträge durchsetzen, würden langfristig gesehen Verträge entweder gar nicht mehr oder nur gegen Zahlung einer Risikoprämie zustande kommen. Denn da die Vertragsparteien nicht wissen, ob ihr Gegenüber Informationen verschweigt, würden sie risikoavers handeln. Das Gesetz vermeidet eine solche Fehlentwicklung dadurch, daß es dem Käufer die Gewährleistungsrechte zur Seite stellt. Auch verborgenes Wissen kann also die „Richtigkeitsgewähr“ eines Vertrages in Frage stellen. Darüber hinaus kann es sein, daß eine individuelle Vereinbarung scheitert, weil eine Vertragspartei ihre Interessen durchzusetzen vermag, ohne daß hierüber eine Verhandlung überhaupt möglich ist. Akzeptiert etwa der Vertragspartner Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht, wird ein Vertrag mit diesem in der Regel nicht zustande kommen. Im Ergebnis werden die Vertragsbedingungen daher vom Verwender „diktiert“. Es geht dabei nicht um den Schutz des Schwächeren.329 Entscheidend ist, daß es ein freies Aushandeln Allgemeiner Geschäftsbedingungen, wie es dem Grundsatz der Vertragsfreiheit entspräche, nicht gibt330 und sich daher die für den Vertragspartner des Verwenders nachteiligsten Geschäftsbedingungen durchsetzen würden.331 Die redlichen Verwender hätten keine Möglichkeit, für die (potentiellen) Kunden nach außen erkennbare Zeichen dahingehend zu setzen, daß die verwendeten Geschäftsbedingungen interessengerecht sind332, anders als etwas hinsichtlich der Produktqualität durch die Einräumung langer Garantiefristen. Aus diesem Grund bedarf es zwingend einer Vertragsinhaltskontrolle (§§ 307 ff. BGB). Es überzeugt aufgrund des Gesagten dagegen nicht, wenn Posner meint, optimale Geschäftsbedingungen würden sich schon durch Wettbewerb herstellen.333 Auch Adams, Ökonomische Theorie, S. 124 f. s. hierzu BGH, Urt. v. 30. 11. 2004 – X ZR 133 / 03, NJW 2005, 422 [424]; MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 5. 331 s. zu diesem Problem eines „race to the bottom“ im Sinne von Akerlof Adams, Ökonomische Theorie, S. 127 f.; Engert, S. 16 ff.; Kötz, JuS 2003, 209 ff.; Kötz / H.-B. Schäfer, S. 193 ff.; s. a. H.-B. Schäfer, Festschr. f. Ott, 2002, S. 279 [295 ff.]. 332 Adams, Ökonomische Theorie, S. 128. 333 Posner, Economic Analysis, S. 116. 329 330
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wenn es zu Wiederholungsgeschäften kommt, ändert sich hieran nichts, weil die Qualität der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, anders als die Qualität der Produkte, zwar auch ein Vertrauensgut darstellt, jedoch die Qualität der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann zum Tragen kommt, wenn es tatsächlich zu Störungen innerhalb des Schuldverhältnisses kommt. Wird der Vertrag dagegen störungsfrei abgewickelt, kommen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gar nicht zum Tragen. Der Vertragspartner des Verwenders wird daher auch bei Wiederholungsgeschäften die Qualität der Geschäftsbedingungen nicht bei Abschluß des Vertrages berücksichtigen.334 Der Grund für einen Eingriff in die Vertragsfreiheit ist also nicht darin zu sehen, daß es an einer ausreichenden Rücksichtnahme auf den Vertragspartner fehlt. Das Selbstbestimmungsrecht eines Individuums ist nicht deshalb eingeschränkt, weil es sich des Rechtsinstituts „Vertrag“ bedient, sondern schlichtweg deshalb, weil beide Vertragspartner selbstbestimmt handeln und ihre eigenen Interessen durchzusetzen versuchen. Dem Vertragsrecht kann daher nicht die Aufgabe zukommen, immanente Schranken des Selbstbestimmungsprinzips aufzuzeigen335, sondern nur dort einzugreifen, wo eine solche, von der Selbstbestimmung beider Vertragsparteien getragene Vereinbarung nicht getroffen worden ist. Dem Vertragsrecht kommt damit letztlich die Aufgabe zu, selbstbestimmtes Verhalten der Parteien dort herzustellen, wo dies tatsächlich nicht möglich war. So verstanden bildet der Grundsatz der Privatautonomie bzw. die Vertragsfreiheit das Selbstbestimmungsprinzip vollständig ab.336 Es findet keine Inhaltskontrolle von Verträgen auf ihre materielle Gerechtigkeit statt. Vielmehr sollen die materiellen Entscheidungskriterien lediglich dazu beitragen, daß es beiden Vertragsparteien ermöglicht werden soll, Verträge unter Verfolgung ihrer eigenen Interessen zu schließen.337 Verursacht der Vertrag negative Außenwirkungen auf am Vertrag Unbeteiligte, ist der Grund für eine Beschränkung ebenfalls nicht darin zu sehen, daß die Parteien keine Rücksicht auf diesen nehmen, sondern ausschließlich darin, daß der Dritte seine Interessen im Rahmen des Vertrages nicht zu verfolgen vermag, wenn er in die Verhandlungen nicht einbezogen ist. Dem Vertragsrecht kommt dann die Aufgabe zu, solche negativen Außenwirkungen innerhalb des Vertrages angemessen zu berücksichtigen. Im folgenden sind also Kriterien herauszuarbeiten, nach denen sich bestimmen läßt, ob die Richtigkeitsvermutung von Verträgen in Frage gestellt ist oder nicht. Nach dem hier vertretenen Ansatz ist dies dann der Fall, wenn es eines Eingriffes gerade zur Wiederherstellung selbstbestimmten, egoistischen Verhaltens bedarf. Zunächst muß daher die Funktion der Vertragsfreiheit und des Vertragsrechts auf der Grundlage des bereits Gesagten vertieft werden, weil sich nur vor diesem Hin334 335 336 337
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Vgl. zum Problem der Wiederholungsgeschäfte Adams, Ökonomische Theorie, S. 129. So Busche, S. 103 und passim. Anders Busche, S. 73. Insoweit ebenso Busche, S. 103 f. unter Bezugnahme auf M. Wolf, S. 57, 59, 60.
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tergrund sagen läßt, welche funktionssichernden Eingriffe in das Marktsystem gerechtfertigt werden können.338 Es handelt sich bei diesen Beschränkungen dann lediglich formal um einen Eingriff in die Vertragsfreiheit; bei materieller Betrachtungsweise dienen diese gerade der Aufrechterhaltung (Funktionssicherung) einer privatautonomen Rechtsgestaltung und stellen keine systemfremden, von außen an die Vertragsrechtsordnung herangetragenen Elemente dar.339 Dies bedeutet jedoch gleichzeitig, daß derartige Beschränkungen auch nur dann zulässig sind, wenn eine Störung der formalen Vertragsfreiheit konzediert werden kann, wenn also der Markt nicht „funktioniert“.340 Es geht dagegen gerade nicht darum, wie sich die Vertragsfreiheit mit einem übergeordneten Gerechtigkeitsbegriff in Einklang bringen läßt oder in eine soziale Ordnung einfügt.
III. Die ökonomische Funktion der Vertragsfreiheit Wenn nach dem Gesagten die wesentliche Funktion der Vertragsfreiheit geklärt ist, fehlt es noch an materiellen Wertungskriterien, bei deren Vorliegen Eingriffe in die Privatautonomie zulässig und geboten sind. Im folgenden sollen diese Wertungskriterien unter Zugrundelegung der Ökonomischen Analyse ermittelt werden. Insbesondere wird aufgezeigt, daß sich auf der Grundlage des Effizienzprinzips Aussagen darüber treffen lassen, unter welchen Voraussetzungen eine Umverteilung von Risiken zulässig und geboten ist.
1. Ökonomische Funktion und formales Vertragsdenken Nach der von Coase begründeten Theorie der social costs verteilen sich die Handlungsrechte unter den am Markt Beteiligten von selbst, d. h. ohne gesetzliche Vorgaben, effizient, also wohlfahrtssteigernd, wenn die Transaktionskosten bei Null liegen.341 Transaktionskosten sind dabei die Kosten der Übertragung der Handlungsrechte.342 Würden alle Handlungsrechte allein durch die Parteien zugeVgl. Busche, S. 73, 75 f. s. Busche, S. 6 ff., 52 f., 63 ff. 340 H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 4; dies betonend auch MünchKomm-BGB / Roth, § 242 Rn. 424. 341 Coase, JLE 3 (1960), 1 ff.; s. hierzu auch Adams, Ökonomische Theorie, S. 15; Blaschczok, S. 142 ff.; Eidenmüller, Effizienz, S. 59 ff., 81 ff.; ders., Rechtsanwendung, S. 11 [12 ff.]; Griebe, S. 28 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, Einl. 5, 3 / 7.; Schmidtchen, S. 9 [17 ff.]. 342 Behrens, Grundlagen, S. 95, 106 ff.; Bitter, Durchgriff, S. 152; Brendel, S. 33 ff.; Coase, JLE 3 (1960), 1 [15]; Cooter / Ulen, S. 95 ff., 233 ff.; Duttle, S. 52 f.; Eidenmüller, Effizienz, S. 64, 97; ders., Rechtsanwendung, S. 11 [21 f.]; Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 135 f.; Götz, S. 119, 129 mit Fn. 508; Kittner, Rn. 138 ff.; Köhler, ZHR 144 (1980), 589 [591]; Nacke, S. 214; Nelle, S. 96 ff.; Salje, Rechtstheorie 15 (1984), 277 [281 f.]; Schmidtchen, S. 9 [19 f.]; Williamson, S. 18, 20 ff. 338 339
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wiesen, könnte sich die Rechtsordnung auf die Primärallokation, also die Institutionalisierung von Eigentumsrechten und die Zurverfügungstellung eines rechtlichen Handlungsinstrumentariums, insbesondere des Vertragsrechts, zur Übertragung der Eigentumsrechte beschränken.343 Wie die Rechtsordnung die Handlungsrechte zuweist, wäre dabei unbeachtlich, weil sich diese bei vollständiger Abwesenheit von Transaktionskosten in jedem Fall allokationseffizient verteilen würden. Der Vertragsfreiheit käme demnach primär die Aufgabe zu, den Parteien die Möglichkeit einer Zuweisung von Handlungsrechten zu eröffnen, um so einen Markt für Angebot und Nachfrage zu schaffen.344 Diese Funktion der Vertragsfreiheit entspricht dem formalen Vertragsdenken. In einer solchen Welt würden im Rahmen von Verträgen stets sämtliche Risiken effizient zugewiesen, es käme zu einem „vollständigen Vertrag“. Dieser wird im Schrifttum zum Teil auch als „vernünftiger Vertrag“ bezeichnet 345, ohne daß damit in der Sache etwas anderes gemeint ist. Tatsächlich handelt es sich bei der Theorie der social costs jedoch nur um ein Modell. In der Realität gibt es zahlreiche Faktoren, die einer allokationseffizienten Zuweisung von Handlungsrechten entgegenstehen. Insbesondere entspricht die Abwesenheit von Transaktionskosten nicht der Realität346.
2. Das Problem der Transaktionskosten und des Marktversagens Eine effiziente Risikozuweisung erfolgt zunächst nur dann, wenn die Parteien hierüber tatsächlich verhandeln. Dies wird nur dann der Fall sein, wenn dies nicht mit hohen Transaktionskosten verbunden ist. Soweit eine Risikozuweisung durch die Parteien daher nicht erfolgt ist, kommt dem Vertragsrecht ferner die Aufgabe zu, eine solche Risikozuweisung zu treffen.347 Der Rechtsanwender simuliert dabei eine effiziente Verhandlungslösung.348 Bei der Vereinbarung Allgemeiner Ge343 Behrens, Grundlagen, S. 127 f.; Coase, JLE 3 (1960), 1 [2 ff., 6 ff.]; H. Koch, Festschr. f. Zweigert, 1981, S. 851 [856]; s. zur historischen Diskussion zu der sog. formalen Vertragsethik Busche, S. 50. 344 H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 1. 345 G. Graf, S. 64 ff., 65 f. mit Fn. 4, 103 mit Fn. 69 und passim. 346 Adams, Ökonomische Theorie, S. 76 f.; Blaschczok, S. 182; Eidenmüller, Effizienz, S. 402; Fezer, JZ 1986, 817 [820, 823]; H. Koch, Festschr. f. Zweigert, 1981, S. 851 [855 f., 863]; Posner, Ökonomische Analyse, S. 79 [88 f.]; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [216]; H.B. Schäfer / Ott, 11 / 1, 12 / 1; Schmidtchen, S. 9 [14]. 347 Albrecht, S. 43 ff.; Bitter, Durchgriff, S. 156 ff.; Canaris, AcP 200 (2000), 273 [285]; Eidenmüller, Effizienz S. 150; G. Graf, S. 40 ff.; Imbeck, S. 128 f.; Jost, S. 221; Katz, S. 433 [436 f.]; Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [15 ff., 22 ff., 27 ff., 46 f.]; Köndgen / Randow, S. 122 [124 f.]; Kötz, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 283 [286]; Bruchner / Ott / WagnerWieduwilt, § 9 Rn. 48 f., 181; Rohe, Netzverträge, S. 142 ff., 152 ff., 158 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 4, 11 / 1, 3 / 3.2; Schmalzbauer, S. 93 ff.; Wehrt, KritV 1992, 358 ff.; Winterfeld, S. 39. 348 Behrens, Grundlagen, S. 175 ff.; Eidenmüller, Effizienz, S. 63, 112 ff., 402 f.; ders., JZ 2001, 1041 [1043]; ders., Sanierung, S. 610 f.; Engert, S. 121; Kittner, Rn. 145, 147 ff.;
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schäftsbedingungen etwa liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB dann vor, wenn die Parteien eine solche Vereinbarung bei einem freien Aushandeln nicht getroffen hätten.349 Der Versuch, Regelungen mit Hilfe eines (hypothetischen) Verfahrens zu finden, weist eine deutliche Nähe zur Diskursethik auf.350 Eine effiziente Risikozuweisung kann sich ferner nur dann einstellen, wenn faire Marktbedingungen herrschen, insbesondere wenn Täuschung, Drohung, Monopolmacht, verborgenes Wissen und verborgene Handlungen ausgeschlossen sind.351 Da dies in der Realität nicht vorkommt, kommt dem Vertragsrecht die Funktion zu, die Risiken dort zu reallozieren, wo diese infolge von Marktstörungen nicht allokationseffizient verteilt werden konnten, weil ein Fall des Marktversagens vorliegt, etwa wenn es auf Seiten einer Vertragspartei zu opportunistischem Verhalten gekommen ist352. Ein Verhalten kann dann als opportunistisch bezeichnet werden, wenn das Vertrauen, das bei einem anderen erweckt worden ist, zu einem unkooperativen Verhalten ausgenutzt wird, um statt der Vertrauensprämie eine Opportunismusprämie zu kassieren.353 Eine besondere Form des Marktversagens stellen sog. externe Effekte dar, bei denen durch das Verhalten von Rechtssubjekten Wirkungen bei Dritten erzeugt werden. Auf diese ist im folgenden näher einzugehen.
3. Das Problem der externen Effekte a) Definition und Problemstellung Mit dem Begriff der externen Effekte werden in der ökonomischen Analyse des Rechts diejenigen Folgewirkungen bezeichnet, die durch die Tätigkeit eines Wirtschaftssubjekts verursacht werden, wobei zwischen den sog. negativen und den sog. positiven externen Effekten unterschieden wird. Entstehen durch eine Tätigkeit Kosten, die das Wirtschaftssubjekt nicht selbst zu tragen hat, spricht man von negativen externen Effekten. Die negativen externen Effekte können ganz allgemein in materiellen Beeinträchtigungen, aber auch in allen übrigen Kosten einer (beliebigen) Aktivität, die der Akteur nicht selbst zu tragen hat, bestehen.354 EntH. Koch, Festschr. f. Zweigert, 1981, S. 851 [864]; Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [27, 29 f.]; Kötz, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 283 [286 f.]; M. Lehmann, GmbHR 1992, 200 [204 f.]; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 134 f.; Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [32]; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [217 f.]; H.-B. Schäfer, S. 1 [5 f.]; H.-B. Schäfer / Ott, 11 / 1, 3 / 3.1; v. Weizsäcker, S. 123 [144]. 349 Kötz, JuS 2003, 209 [213 f.]; ebenso BGH, Urt. v. 30. 11. 2004 – X ZR 133 / 03, NJW 2005, 422 [424] unter Hinweis auf MünchKomm-BGB / Basedow, § 307 Rn. 37. 350 Vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 [285 mit Fn. 34]. 351 Katz, S. 433 [440 ff.]; H.-B. Schäfer / Ott, 3 / 7.5, 10 / 1, 10 / 3. 352 Katz, S. 433 [443]; H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 4. 353 H.-B. Schäfer / Ott, 15 / 6.
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steht durch eine Tätigkeit dagegen ein Nutzen, den das Wirtschaftssubjekt nicht für sich verbuchen kann, spricht man von positiven externen Effekten.355 Die Entstehung solcher Externalitäten ist deshalb problematisch, weil sie bei der Entscheidung der Vornahme einer Aktivität keine Beachtung finden,356 was wiederum zu ineffizienten Verhaltensweisen führt: Entsteht ein Nutzen, den das Wirtschaftssubjekt nicht für sich verbuchen kann, erweist sich die Aktivität als relativ zu teuer, so daß sie unterbleibt. Entsteht durch die Aktivität ein Nachteil, den das Wirtschaftssubjekt nicht selbst zu tragen hat, erweist sie sich als vergleichsweise zu billig und wird daher übermäßig betrieben. Zur Erreichung eines optimalen Aktivitätsniveaus bedarf es daher einer Kompensation.357 Dadurch werden die externen Effekte bei der Entscheidung über die Vornahme der Aktivität durch das Subjekt berücksichtigt. Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum findet sich dieses Problem in dem sog. Präventionsgedanken wieder.358 Nicht jede Externalität führt jedoch zu einem Kompensationsproblem.359 Nur wenn durch die Aktivität eines Wirtschaftssubjekts auf andere Wirtschaftseinheiten Einflüsse ausgeübt werden, ohne daß diese durch das Preissystem reguliert werden können, also bei Marktversagen, bleiben die externen Effekte bei der Wahl der Aktivität unberücksichtigt.360 Beruht der Nachteil für den Dritten dagegen auf dem Vorteil der Vertragspartner, so handelt es sich um einen sog. Drittpartei- oder pekuniären Effekt (third party effect), der bei Abschluß von Verträgen im Zusammenhang von Märkten entsteht. Solcherlei Effekte stellen kein Internalisierungsproblem dar, denn eine Internalisierung würde dem Dritten den Nutzen einer Vertragspartei zuweisen, so daß deren Aktivität wiederum relativ zu teuer wäre und daher unterbliebe.361 Im Rahmen der Darlehensvergabe haben daher alle diejenigen Effekte auszuscheiden, die bei Dritten allein aufgrund der durch die Parteien aus354 Cooter / Ulen, S. 44; Eidenmüller, Effizienz, S. 145 f.; ders., Rechtsanwendung, S. 11 [19]; ders. ZZP 114 (2001), 3 [14]; Griebe, S. 53 ff.; Hagel, S. 232. 355 Adams, Sicherungsrechte, S. 249 ff.; Assmann, Prospekthaftung, S. 270; Behrens, Grundlagen, S. 85; Bitter, Durchgriff, S. 182; Coase, JLE 3 (1960), 1 f.; Cooter / Ulen, S. 44; Duttle, S. 51 mit Fn. 1, 242 ff.; Eidenmüller, Effizienz, S. 145; S. Koch, S. 39 f.; M. Lehmann, GmbHR 1992, 200 [205 f.]; Posner, Economic Analysis, S. 71; Ripperger, S. 25; H.-B. Schäfer / Ott, 3 / 7.5.4, 17 / 2.5. 356 Adams, Sicherungsrechte, S. 249; Behrens, Grundlagen, S. 86 f.; Coase, JLE 3 (1960), 1 [2 ff.]; Cooter / Ulen, S. 44 ff.; Katz, S. 433 [439]; Salje, Rechtstheorie 15 (1984), 277 [284 f.]; H.-B. Schäfer / Ott, 17 / 2.5, 10 / 2. 357 Adams, Sicherungsrechte, S. 14 f.; ders., Ökonomische Theorie, S. 59; Bitter, Durchgriff, S. 181 f.; Hagel, S. 232 ff., 241; H.-B. Schäfer / Ott, 3 / 7.9; Teubner, Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 261 [266]; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 13. 358 So vor allem Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [32 f.]; ebenso Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [98, 100 f.]; F. Peters, AcP 180 (1980), 329 [362]; Picker, Festschr. f. Medicus, 1999, 397 [432, 447]. 359 Jost, S. 223 ff.; Ripperger, S. 25, 175, 220 f.; H.-B. Schäfer / Ott, 4 / 9.1, 8 / 1, 10 / 2. 360 Adams, Ökonomische Theorie, S. 39, 42, 58 f.; Behrens, Grundlagen, S. 86 f.; Imbeck, S. 129 f., 161; Posner, Economic Analysis, S. 71; H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 2. 361 H.-B. Schäfer / Ott, 4 / 9.1.
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gehandelten Darlehensbedingungen entstehen. Dasselbe gilt für die Nachteile, die Konkurrenten allein dadurch entstehen, daß der Darlehensnehmer aufgrund der durch die Mittelvergabe verschafften Liquidität weiterhin am Markt als Konkurrent teilnimmt. Ein Schaden kann also nicht allein darin bestehen, daß das Krisenunternehmen durch die Darlehensvergabe länger als Konkurrent am Wettbewerb teilgenommen hat und daher dem konkurrierenden Unternehmen ein Gewinn entgangen ist.
b) Behandlung in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft Auch in der Rechtsprechung und im Schrifttum ist das den externen Effekten zugrunde liegende Problem, wenn auch mit anderer Terminologie, eingehend diskutiert worden. Das Phänomen externer Effekte wird etwa in den Fällen diskutiert, in denen sie bei Vertragsunbeteiligten entstehen. Eine feste Terminologie hat sich insoweit bislang nicht herausgebildet. Das Problem der Wirkungen von Schuldverhältnissen auf Dritte wird gemeinhin mit dem Begriff der „Sozialwirkungen“ bezeichnet.362 Dabei werden zum Teil solche Wirkungen ausgeschieden, die in der Rechtsökonomie als pekuniäre Effekte bezeichnet werden.363 Vor allem im Zusammenhang mit der inhaltlichen Ausgestaltung von Verträgen sind „Drittwirkungen“ eingehend untersucht worden.364 Dabei wird zwischen Verträgen zu Lasten Dritter, Verträgen mit Lastwirkungen und sonstigen Reflexwirkungen für Dritte unterschieden.365 Rechtliche Bedeutung können diese drittbezogenen faktischen Wirkungen in vielerlei Hinsicht erlangen. Insbesondere können sie zur Nichtigkeit des drittbelastenden Rechtsgeschäfts oder zu rechtlichen Ausübungsschranken führen (§§ 138, 242 BGB).366 Über die Rechtsfolgen besagen die Einteilungen der Vertragswirkungen entgegen einer in Teilen des Schrifttums vertretenen Ansicht367 362 Gernhuber, Festschr. f. Nikisch, 1958, S. 249 [250]; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 29, 92; Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [13, 18 f.]; Kraßer, S. 300 f.; Schirmer, Festschr. f. R. Schmidt, 1976, S. 821 [832 mit Fn. 38]; Schmalzbauer, S. 11, 65 f., 111, 116 ff., 129, 148 f.; Wiedemann, SAE 1969, 265 [268]. 363 Gernhuber, SV, § 23 I. 1., S. 553; Martens, SAE 1972, 101 [103]. 364 Gernhuber, SV, § 23 I. 2., S. 553; Kraßer, S. 7, 88; Martiny, JZ 1996, 19; Schirmer, Festschr. f. R. Schmidt, 1976, S. 821 [834]; Schmalzbauer, S. 11 f., 148 f. 365 Grundlegend Wiedemann, SAE 1969, 265 [268]; ebenso Gernhuber, SV, § 23 I. 1., S. 553; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 55 ff.; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 27; Martens, AcP 177 (1977), 113 ff.; ders., SAE 1972, 101 [103]; Schirmer, Festschr. f. R. Schmidt, 1976, S. 821 [831 ff.]; Schmalzbauer, S. 113, 116, 119 ff., 128, 131, 140. 366 BGH, Urt. v. 21. 4. 1999 – VIII ZR 128 / 98, NJW 1999, 2588 ff.; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668 ff.; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 20 f. und passim; Martens, AcP 177 (1977), 113 [126 f.]; Nirk, NJW 1971 1913 [1914 ff.]; Schmalzbauer, S. 133 ff. 367 Martens, AcP 177 (1977), 113 ff.; ders., SAE 1972, 101 [103 f.]; Schirmer, Festschr. f. R. Schmidt, 1976, S. 821 [832 ff., 840 f.]; Schmalzbauer, S. 6, 13, 113, 128 ff., 139 ff., 142 ff.
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allerdings nichts, da es sich dabei lediglich um eine Problembeschreibung handelt.368 In Rechtsprechung und rechtswissenschaftlichem Schrifttum wird über die eben genannten Fallgruppen hinaus vor allem im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung immer wieder betont, daß ein Auseinanderfallen von Handeln und Verantwortlichkeit ein haftungsbegründendes Element darstellen könne.369 Auch damit ist in der Sache die Problematik der negativen externen Effekte angesprochen, da es hierbei darum geht, daß die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich nicht persönlich haften, jedoch durch ihr Verhalten auf die Gesellschaft einwirken und so Außenwirkungen (Schäden) bei den Gläubigern der Gesellschaft verursachen. Die Problematik der negativen externen Effekte liegt schließlich auch der Diskussion um die Haftung im Rahmen komplexer Vertragsstrukturen, den sog. Netzwerkverträgen, zugrunde.370 Die Aufzählung dieser in Rechtsprechung und Schrifttum diskutierten Problembereiche ist nicht abschließend, soll jedoch verdeutlichen, daß die in der ökonomischen Analyse des Rechts mit dem Begriff der externen Effekte bezeichneten Problemkonstellationen auch in der Rechtswissenschaft bereits eingehend diskutiert wurden. Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum hat sich dabei die Erkenntnis der Regelungsbedürftigkeit dieses Problembereichs mittlerweile durchgesetzt. Heute geht es nur noch um die Frage, wie eine Lösung dogmatisch und sachlich auszugestalten ist.371 Als überholt dürfen vereinzelte Stellungnahmen in der Literatur bezeichnet werden, die eine Regelungsbedürftigkeit verneint haben.372 Damit ist freilich nur das Problem aufgezeigt, aber noch nichts über dessen Lösung gesagt373. c) Die positiven externen Effekte in der Unternehmenskrise Im Zusammenhang mit der vorliegenden Untersuchung können positive externe Effekte allenfalls bei einer Beteiligung von Banken am Sanierungsversuch relevant 368 Brecher, Festschr. f. H. Lange, 1970, S. 123 [144, 162]; Gilles, JZ 1975, 305 [311 in Fn. 95]; Diers, S. 88 f.; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 57, 76, 87; Wiedemann, SAE 1969, 265 [268]. 369 BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187 / 57, BGHZ 31, 272 ff.; BGH, Urt. v. 29. 5. 2001 – VI ZR 114 / 00, NJW 2001, 2632 [2633]; OLG Köln, Urt. v. 10. 9. 1999 – 19 U 93 / 97, ZIP 2000, 742 [744 f.]; OLG Oldenburg, Urt. v. 10. 2. 2000 – 8 U 187 / 99 (n.rek.), NZG 2000, 555 [556]; Füller, ZBB 2001, 157 [160]; Herkenroth, S. 84; Hopt, Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 265 [275]; Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [14]; Koller, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 357 [371 f.]; Papst, S. 216; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 102 f., 177 ff.; Raab, S. 101 f. 370 BGH, Urt. v. 28. 2. 1977 – II ZR 52 / 77, BGHZ 69, 82 [88 f.]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11. 2. 1982 – 6 U 151 / 81, ZIP 1982, 428 [430]; Hadding, Festschr. f. Werner, 1984, S. 183 [194 f.]; Möschel, AcP 186 (1986), 187 [211, 222 ff., 227]; J. Schmidt, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 341 [349 f.]. 371 F. Müller, S. 29 ff. 372 Ziegler, S. 68 ff., 75 ff. 373 Deutlich hierzu Kötz / H.-B. Schäfer, S. 70 ff.
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werden. Positive externe Effekte können zum einen bei Dritten entstehen, nämlich dann, wenn der Sanierungsversuch gelingt und damit auch die Forderungen der übrigen Mitgläubiger wieder werthaltig werden, diese also einen Nutzen aus der Beteiligung der Bank ziehen, ohne diese dafür zu entschädigen. Die Bank kann jedoch insofern an diesem durch die Sanierung geschaffenen Nutzen partizipieren, als sie sich entsprechende Beteiligungsrechte an dem Unternehmen bzw. Sicherungsrechte an den erwirtschafteten Gewinnen einräumen lassen kann, so daß sich hier keine relevanten Internalisierungsprobleme ergeben. Ist das Entstehen eines Nutzens ungewiß, erfolgt eine Sicherung dagegen an Vermögenswerten des Darlehensnehmers, die unabhängig von der Mittelverwendung bereits existieren. Auch in diesem Fall entsteht kein Internalisierungsproblem. Auftreten kann ein solches jedoch dann, wenn sich die Bank an der Sanierung beteiligt und selbst hierfür ein Vermögensopfer erbringt, etwa einen Teilverzicht, wie dies im Rahmen von Sanierungsvergleichen häufig vorkommt. Profitieren in diesem Fall Mitgläubiger, die ihre Mitwirkung verweigert haben (sog. Akkord- oder Vergleichsstörer), kann ein Kompensationsproblem entstehen, weil die Bank dann aufgrund des Verzichts nicht an den bei dem Unternehmen eintretenden positiven Effekten partizipieren kann, die sich verweigernden Mitgläubiger die Bank hierfür aber auch nicht entschädigen. Positive externe Effekte entstehen bei einem Gelingen des Sanierungsversuchs auch bei dem Krisenunternehmen selbst. Diese positiven externen Effekte sind aber dem Darlehensnehmer zugewiesen, der insoweit auch das Risiko eines Fehlschlags der Mittelverwendung zu tragen hat. Wollte man der Bank diese positiven Effekte zuweisen, würde die Aktivität des Unternehmens (Sanierung) ebenfalls unterbleiben, was ineffizient wäre. Die positiven Effekte sind daher allein dem Darlehensnehmer zu belassen. Mit den Zinsen vergütet dieser lediglich die Nutzungsmöglichkeit und damit die Chance einer gewinnbringenden Mittelverwendung. Ein Kompensationsproblem entsteht allenfalls dann, wenn die positiven Effekte statt bei dem Darlehensnehmer bei einem Dritten eintreten. Das Problem liegt dann aber nicht in der Aktivität der Bank (Darlehensvergabe), sondern in der Aktivität des Darlehensnehmers (Mittelverwendung) begründet, die zu der Externalität geführt hat. Die damit zusammenhängenden Fragen sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung. d) Die negativen externen Effekte in der Unternehmenskrise Negative externe Effekte können bei jeder Reaktion der Bank in der Krise des Unternehmens entstehen. Beteiligt sie sich am Sanierungsversuch, schlägt dieser aber fehl, entstehen Schäden bei dem Krisenunternehmen selbst, das in der Insolvenz zu liquidieren ist. Da die Haftungsmasse des in die Krise geratenen Unternehmens durch die weitere Teilnahme am Markt bzw. der Bestellung entsprechender Sicherheiten zugunsten der Banken in aller Regel verringert wird, fallen die Mitgläubiger mit ihren Forderungen weitgehend aus.374 Haben Gläubiger Forderungen
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vor Eintritt der Unternehmenskrise begründet, wird deren Schaden insbesondere darin liegen, daß sie nicht rechtzeitig für eine ausreichende Besicherung ihrer Forderungen gesorgt haben. Haben Gläubiger Forderungen mit dem Unternehmen nach Eintritt der Krise begründet, wird ihr Schaden insbesondere darin liegen, daß sie in Unkenntnis der Krise überhaupt mit dem Unternehmen kontrahiert haben. Bricht die Bank die Geschäftsbeziehungen zu dem Krisenunternehmen dagegen ab, kann dies zum wirtschaftlichen Niedergang des Unternehmens führen; war dies sanierungsfähig, werden damit sowohl für das Krisenunternehmen als auch die Mitgläubiger vorhandene Unternehmenswerte vernichtet und die Chance auf Wiederherstellung nicht werthaltiger Forderungen zunichte gemacht. Entsprechendes gilt, wenn die Bank auf die Unternehmenskrise überhaupt nicht reagiert und es daher zum endgültigen Zusammenbruch des Krisenunternehmens kommt. Diese in der Unternehmenskrise entstehenden Vermögensschäden können durch das Preissystem nicht reguliert werden: Durch die Fortführung vermindert sich der Bestand des Unternehmensvermögens und damit die Werthaltigkeit der Gläubigerforderungen; durch die weitere Teilnahme am Markt schließen Neugläubiger Verträge mit dem Krisenunternehmen; Altgläubiger verzichten im Glauben auf die Liquidität auf eine (weitere) Besicherung. Dasselbe gilt für Konkurrenten des Darlehensnehmers, wenn dieser bei der Preiskalkulation aufgrund des drohenden Zusammenbruchs nicht mehr risikoneutral bzw. risikoavers handelt und seine Produkte etwa unter den marktüblichen Bedingungen verkauft, um die drohende Verwertung zu Zerschlagungswerten zu verhindern, wenn also ein Marktversagen vorliegt. Diese negativen Effekte lassen sich durch das Preissystem nicht (mehr) regulieren, da der Darlehensnehmer entweder endgültig – wenn auch verzögert – aus dem Markt ausscheidet, wenn sich nämlich der Zusammenbruch nicht abwenden läßt, oder am Markt verbleibt, wenn sich nämlich der Zusammenruch abwenden läßt, dann aber wieder zu den marktüblichen Bedingungen verkauft. Es entsteht folglich in diesen Konstellationen ein echtes Internalisierungsproblem. Es geht dabei um die Frage, ob es dem Darlehensgeber erlaubt sein sollte, den Betroffenen durch seine Aktivität zu schädigen oder ob es dem Betroffenen gestattet sein sollte, seine Schäden bei dem Darlehensgeber zu kompensieren.375
4. Schlußfolgerungen Aufgrund des eben Gesagten ergeben sich zwei wesentliche Aufgaben des Vertragsrechts376: Adams, Sicherungsrechte, S. 5, 167 ff.; Kruppa, S. 138 f. Vgl. Coase, JLE 3 (1960), 1 [2]; Behrens, Grundlagen, S. 105; Köhler, ZHR 144 (1980), 589 [591]. 376 Der von H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 3, 10 / 4 genannten weiteren Funktion des Vertragsrechts, vertragsspezifisches Kapital zu schützen, kommt für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand keine Bedeutung zu. 374 375
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Zunächst muß es unfaires, insbesondere opportunistisches Verhalten durch die Begründung von Informations-, Verhaltens- und Mitwirkungspflichten vor und nach Vertragsschluß verhindern.377 Weiter muß das Vertragsrecht dort, wo eine Verhandlungslösung zwischen den Parteien mit prohibitiv hohen Transaktionskosten verbunden wäre, eine Zuweisung vornehmen, die derjenigen entspricht, wie sie rational handelnde Parteien getroffen hätten. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit der Aktivität von Rechtssubjekten externe Effekte einhergehen; bei Abwesenheit von Koordinationsproblemen und Transaktionskosten würde entsprechend dem Coase-Theorem auch bei externen Effekten durch Verhandlungslösungen eine Internalisierung dieser Effekte erreicht.378 Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ergibt sich hieraus, daß sich konkrete Verhaltenspflichten der Bank sowohl dem Krisenunternehmen als auch Dritten gegenüber dann ergeben können, wenn dies aufgrund eines unfairen (opportunistischen) Verhaltens, also wegen Marktversagens, erforderlich ist. Insbesondere im Rahmen einer möglichen Haftung der Bank gegenüber den Mitgläubigern muß eine hypothetische Verhandlungslösung simuliert werden, weil eine solche aufgrund der prohibitiv hohen Transaktionskosten in der Regel nicht zustande kommt. Das Erfordernis einer solchen hypothetischen Verhandlungslösung gewährleistet zugleich, daß zwar der Kreis möglicher Anspruchsberechtigter nicht überschaubar ist, nicht jedoch das für die Bank durch ihre Entscheidung in der Unternehmenskrise hinzutretende Haftungsrisiko.379 Denn die Bank kann dann stets abschätzen, unter welchen Voraussetzungen es zu einer Haftungserweiterung kommt. Eine abweichende Zuweisung ist demnach stets dann zu treffen, wenn dies zur Herstellung einer effizienten Risikozuweisung, so wie sie von den Parteien unter optimalen Bedingungen (Transaktionskosten von Null, faires Verhalten) getroffen worden wäre, erforderlich ist. Dies gilt unabhängig davon, weshalb sich eine optimale Verhandlungslösung nicht einstellt. Auch wenn sich eine Partei „unfair“ verhält, führt dies nicht immer zu einer Umverteilung von Risiken. Denn auch verborgen gehaltenes Wissen kann zu Effizienzgewinnen führen.380 Die vorgenannten Thesen beruhen auf der Annahme, daß die Funktion des Vertragsrechts darin zu sehen ist, einen möglichst hohen Grad an Effizienz zu gewährleisten. Dies setzt allerdings voraus, daß dem Effizienzkriterium überhaupt Wir377 Becker, S. 42; H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 4; s. zum Merkmal des opportunistischen Verhaltens bei der Beschränkung des Kündigungsrechts des Kreditgebers Böckstiegel, S. 175 f. 378 H.-B. Schäfer / Ott, 3 / 7.5.4; s. zur Rechtfertigung effizienter Regelungen mit dem Argument einer hypothetischen Zustimmung der Beteiligten auch Eidenmüller, S. 234 ff.; Engert, S. 121. 379 Vgl. zu diesem Aspekt Kötz / H.-B. Schäfer, S. 123. 380 Vgl. H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1.3.2.
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kung in der Rechtsordnung zukommt.381 Ob dies der Fall ist, ist umstritten und wird im folgenden näher untersucht.
IV. Effizienz als Bestandteil der Rechtsordnung 1. Der Effizienzbegriff Der Begriff der Effizienz könnte zunächst mit dem der Wirtschaftlichkeit gleichgesetzt werden. Als solcher ist er aber nicht mit dem Effizienzbegriff der ökonomischen Analyse des Rechts identisch, da er keine wertende Aussage über das verfolgte Ziel trifft, wohingegen der ökonomische Effizienzbegriff gerade auf die Folgenbewertung, also das erstrebte Ziel selbst abstellt.382 Mit dem Begriff der Allokationseffizienz wird dabei ein Zustand beschrieben, in dem alle Handlungsrechte effizient zugeteilt sind. Die insoweit maßgeblichen Effizienzkriterien bilden zum einen das Pareto-Kriterium, wonach ein Zustand einem anderen Zustand dann vorzuziehen ist, wenn mindestens eine Person hieraus einen Vorteil und keine einen Nachteil erleidet, und zum anderen das Kaldor-Hicks-Kriterium, wonach ein Zustand dann effizient ist, wenn es möglich ist, daß diejenigen Personen, die durch den Übergang zu dem anderen Zustand einen Vorteil erlangen, diejenigen Personen, die hierdurch einen Nachteil erlangen, ausgleichen könnten und nach einer Entschädigung der benachteiligten Personen zumindest eine Person diesen Zustand und keine Person den anderen Zustand vorziehen würde.383 Es handelt sich dabei nur um einen hypothetischen Test.384 Das, was die Parteien in einer Welt ohne Marktversagen und Transaktionskosten vereinbart hätten, richtet sich danach, was die gemäß der REM-Hypothese rational egoistisch und nutzenmaximierend handelnden Parteien vereinbart hätten.385 DemVgl. Canaris, Systemdenken, S. 38. Assmann, Kommentar, S. 45; Behrens, Grundlagen, S. 83 ff.; Cooter / Ulen, S. 3 f., 15 ff.; Eidenmüller, Effizienz, S. 55 ff.; Häberle, AöR 98 (1973), 625 ff.; Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [30 f., 40]; Leisner, S. 6 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, Einl. 1, 1 / 1. 383 Behrens, Grundlagen, S. 93; Bitter, Durchgriff, S. 153; Cooter / Ulen, S. 16 f., 48.; Dekkert, S. 104; Eidenmüller, Rechtsanwendung, S. 11 [12 ff.]; Engert, S. 123 f.; Hagel, S. 14 ff.; Kirchgässner, JZ 1991, 104 [109 f.]; Kittner, Rn. 122 f.; Kübler, Festschr. f. Steindorff, S. 687 [695]; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [218]; H.-B. Schäfer / Ott, S. 2 / 3, 2 / 6; Wehrt, KritV 1992, 358 [359 f.]. 384 Behrens, Grundlagen, S. 93; Eidenmüller, JZ 2001, 1041 [1045]; G. Graf, S. 37 f.; Kittner, Rn. 123; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [218]; H.-B. Schäfer, S. 1 [3]. 385 Albrecht, S. 41; Bitter, Durchgriff, S. 156 ff.; Cooter / Ulen, S. 217 ff.; Drexl, S. 128 ff.; Eidenmüller, Effizienz, S. 35 ff.; ders., JZ 1999, 53 [55 f.]; Engert, Festschr. f. Heldrich, 2005, S. 87 [93 ff.]; Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 182 f.; G. Graf, S. 54 ff.; Griebe, S. 33 ff.; Kirchgässner, JZ 1991, 104 [106]; Köhler, ZHR 144 (1980), 589 [590]; Köndgen / Randow, S. 126; S. Koch, S. 40 ff., 163 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 3 / 2, 11 / 1, 11 / 2; Koller, Risikozurechnung, S. 97, 207; Wehrt, KritV 1992, 358 [359 ff.]. 381 382
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zufolge hätte diejenige Partei ein Risiko übernommen, die dieses mit dem geringeren Kostenaufwand vermeiden bzw. beherrschen kann (sog. cheapest risk bearer).386 Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn eine Partei die für die Risikokalkulation erforderlichen Informationen mit dem geringeren Kostenaufwand hätte beibringen können (sog. cheapest information producer). Soweit keine der Parteien der cheapest risk bearer ist, hätten sie das Risiko derjenigen Partei zugewiesen, die es mit dem geringeren Kostenaufwand hätte versichern können (sog. cheaper insurer).387 Sofern ein Risiko von keiner der Parteien vermieden werden kann und auch eine Versicherung nicht möglich oder eine Selbstversicherung kostengünstiger ist, würde das Risiko in einem vollständigen Vertrag derjenigen Partei zugewiesen, die das Risiko mit den niedrigsten Informationskosten abschätzen und streuen kann (sog. superior risk bearer).388 Unmaßgeblich ist dagegen, wer von den Parteien die größte Leistungsfähigkeit hat (sog. deep pocket approach)389, denn dies allein besagt noch nichts über die effizienteste Zuweisung der Risiken. Würde derjenige haften, der die größte Leistungsfähigkeit hat, bestünden keine Anreize, eine solche überhaupt anzustreben, was wiederum zu einer Ressourcenverschwendung führen würde. Auch der Bundesgerichtshof weist Risiken in einem Vertrag – unter dem Deckmantel der Konkludenz390 – nach ähnlichen Kriterien zu. So heißt es in einem Urteil zur Übernahme eines Leistungshindernisses im Rahmen eines Vertrags zwischen einem Beleuchtungstechniker (Kläger) und der Konzertveranstalterin (Beklagten), nachdem die geplante Tournee aufgrund eines Zerwürfnisses der Künstlerinnen abgesagt werden mußte:391 „Das Berufungsgericht zeigt auch ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine stillschweigende Übernahme des Veranstaltungsrisikos durch die Beklagte auf: Nur ihr war es möglich, dieses Risiko vor Beginn der Tournee abzuschätzen, da sie im ständigen Kontakt mit den Managern der verschiedenen Künstlerinnen stand. Hingegen standen dem Kläger insoweit keine Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung. Die Störung wurde nicht von einer der Parteien, sondern durch einen Dritten verursacht, mit welchem nur die Beklagte, 386 Albrecht, S. 43 ff.; Hopt, Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 265 [275]; Kittner, Rn. 151 ff.; Köhler, ZHR 144 (1980), 589 [596 f.]; Kötz, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 283 [288 ff.]; Koller, Risikozurechnung, S. 78 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 11 / 2, 11 / 3; Wehrt, KritV 1992, 358 [359, 362 ff.]. 387 Albrecht, S. 43 ff.; G. Graf, S. 154; Kittner, Rn. 151 ff.; Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [33 f.]; Koller, Risikozurechnung, S. 89 ff., 178 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 11 / 4; Wehrt, KritV 1992, 358 [369 ff.]. 388 Behrens, Grundlagen, S. 159 f.; G. Graf, S. 99; Kittner, Rn. 151 ff.; Koller, Risikozurechnung, S. 89 ff., 308; H.-B. Schäfer / Ott, 11 / 6. 389 Calabresi, S. 39 ff.; Ott, JITE 153 (1997), 593 [595]; ders., Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [41 f.]. 390 Vgl. Adams, Sicherungsrechte, S. 3; Köndgen / Randow, S. 122 [125 f.]; Wehrt, KritV 1992, 358 [362 f.]. 391 BGH, Urt. v. 18. 10. 2001 – III ZR 265 / 00, NJW 2002, 595; ähnlich BGH, Urt. v. 24. 2. 2003 – V ZR 248 / 02, NJW 2003, 1316 f.
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nicht dagegen der Kläger, in einem Vertragsverhältnis stand. Das Risiko, daß ihr Vertragspartner sich nicht vertragsgerecht verhält, kann sie nicht auf den Kläger abwälzen. Ihr bleibt es vielmehr unbenommen, sich an ihrem Vertragspartner schadlos zu halten und den Vergütungsanspruch des Klägers in ihre eigene Schadensberechnung einzustellen.“
Das Urteil verdeutlicht, daß für die Zuweisung des Risikos nach den o.a. Kriterien nicht notwendig konkrete Erwartungswerte beziffert werden müssen. Es genügt, daß eine Partei das Risiko mit dem geringeren Kostenaufwand beherrschen kann, sei es auch nur, weil sie aufgrund der Gegebenheiten die Eintrittswahrscheinlichkeit besser abschätzen kann. Das Merkmal der Beherrschbarkeit wird auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum häufig genannt.392
2. Die Kritik am Effizienzkriterium a) Meinungsstand Das Modellbild des homo oeconomicus und der hieraus folgende Effizienzgedanke ist verschiedentlich Gegenstand heftiger Kritik gewesen.393 So soll die Ausrichtung am Effizienzkriterium die Eigentumsordnung zugunsten der ökonomisch Stärkeren verändern.394 Zum Teil ist gefordert worden, dieses Menschenbild zum Schutz von Freiheitsrechten Dritter oder des Einzelnen vor sich selbst (Paternalismus) einzuschränken.395 Auch Eidenmüller steht der Berücksichtigung des Effizienzkriteriums im Rahmen der Gesetzeskonkretisierung, etwa bei der ergänzenden Vertragsauslegung, skeptisch gegenüber.396 Im Gegensatz zur Rechtsprechung, die sich an dem hypothetischen Willen der Parteien und der Ermittlung der von diesen hypothetisch getroffenen Verhandlungslösung orientiere, gehe es der ökonomischen Analyse nicht darum, den Regelungsplan konkreter Parteien zu Ende zu denken, sondern einen fiktiven vollständigen Vertrag von homines oeconomici zu rekonstruieren. Insoweit sei das ökonomische Effizienzziel, nicht der hypothetische Wille der Parteien, relevant.397 Für die Gesetzeskonkretisierung könne das Effizienzkriterium daher nur Berücksichtigung finden, soweit es sich bei den Parteien um Menschen handele, die weitgehend dem Modellbild des homo oeconomi392 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 479 ff.; Gawaz, Rn. 446; G. Graf, S. 153 f.; auf das Merkmal der Beherrschbarkeit abstellend auch BGH, Urt. v. 30. 11. 2004 – X ZR 133 / 03, NJW 2005, 422 [424]. 393 A. Bruns, S. 45 ff.; F. Bydlinski, AcP 188 (1988), 447 [460]; Eder, Zeitschrift für Rechtssoziologie 7 (1986), 1 [12, 15 f.]; Fezer, JZ 1986, 817 [822]; Gotthold, ZHR 144 (1980), 545 [547 ff., 557]; Naucke, Rn. 226 f.; kritisch auch Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 18. 394 Gotthold, ZHR 144 (1980), 545 [557]. 395 Eidenmüller, Effizienz, S. 352 ff., 358 ff.; Fezer, JZ 1986, 817 [822]; Magoulas, Ökonomische Probleme, S. 265 [292]. 396 Eidenmüller, Effizienz, S. 454 ff.; ebenso Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [149 ff., 166 f.]. 397 Eidenmüller, Effizienz, S. 457.
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cus entsprächen.398 Auch insoweit sei jedoch Zurückhaltung geboten, da präzise Daten zur ex-ante Bewertung von Risiken, Höhe von Schadensvermeidungskosten und Versicherbarkeit von Risiken kaum je gegeben seien.399 Insoweit wurde auch angeführt, die Orientierung am Effizienzgedanken beeinträchtige die Voraussehbarkeit der Entscheidungen und damit die Rechtssicherheit.400 Hingewiesen wird schließlich auf Probleme, die mit der Bewertung von immateriellen Einbußen einhergehen, vor allem bei ethisch verwerflichen Handlungen (moralism) oder den psychischen Kosten.401 Insbesondere die Einbeziehung Vertragsunbeteiligter wird als schwierig bewertet.402 b) Bewertung Die Kritik am Effizienzkriterium beruht weitgehend auf einem Mißverständnis des mit dem Modellbild des homo oeconomicus verfolgten Regelungskonzepts.403 Sicher wird sich niemand gerne mit einem ausschließlich nutzenmaximierenden, egoistisch und kalkulierend handelnden Individuum vergleichen lassen wollen. Diese Vorstellung mag Befremden, angesichts des „Hauchs sozialer Kälte“ zuweilen sogar Schaudern auslösen.404 Es geht in der Sache aber um die Frage, wie der Rechtsanwender unvollständige Regelungen in Verträgen schließen kann, welche Interessen die Parteien beim Abschluß von Verträgen mithin verfolgen. Hier fällt es bereits leichter, grundsätzlich die Verfolgung der eigenen Interessen zu konstatieren und diese Grundhaltung auch bei der Füllung von Vertragslücken zugrunde zulegen. Um nichts anderes geht es aber, wenn mit Hilfe des Modellbilds eines „homo oeconomicus“ eine verläßliche Rekonstruktion einer hypothetischen Verhandlungslösung gefunden werden soll. Damit soll weder gesagt werden, daß alle Menschen diesem Modellbild entsprechen, noch daß sie dies sollten.405 Es ist 398 Eidenmüller, Effizienz, S. 457 f.; ders., Rechtsanwendung, S. 11 [18]; zustimmend Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [30]. 399 Eidenmüller, Effizienz, S. 83 ff., 458; ebenso Assmann, Kommentar, S. 45 [46]; Blaschczok, S. 253 f.; 255 ff., 266 f.; Deckert, S. 181; Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [165]; die Präventionsfunktion des Schadensrechts wegen der Ungewißheit der Schadenswahrscheinlichkeit stark einschränkend Hirte, Berufshaftung, S. 322. 400 F. Bydlinski, AcP 188 (1988), 447 [468 ff., 484]; Eder, Zeitschrift für Rechtssoziologie 7 (1986), 1 [16]. 401 Eidenmüller, Effizienz, S. 144 ff.; ders., JZ 1999, 53 [56 f.]; ders., Rechtsanwendung, S. 11 [19 ff., 23]; Fezer, JZ 1986, 817 [823]; Kittner, Rn. 135; Schwintowski, JZ 1998, 581 [587 f.]. 402 Eidenmüller, Effizienz, S. 150; Kittner, Rn. 134. 403 Blaschczok, S. 275 ff.; Kirchgässner, JZ 1991, 104; Kötz, Festschr. f. Drobnig, 1998, S. 563 [564]; Schmidtchen, S. 9 [14 f. mit Fn. 13]; v. Weizsäcker, S. 123 [123 f., 125 ff.]. 404 Fezer, JZ 1986, 817 [822]; Hagel, S. 89. 405 Drexl, S. 174 ff.; Eidenmüller, JZ 2001, 1041 [1042]; Götz, S. 111; G. Graf, S. 56 ff.; Kanzler, S. 43 ff.; Kirchgässner, JZ 1991, 104 [105, 106 f., 108, 111]; Ott, Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [27]; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [218 f.]; Schmidtchen, S. 9 [15]; zur fehlenden Stichhaltigkeit des Vorwurfs der Marktgläubigkeit Blaschczok, S. 269 ff.
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damit nur gesagt, daß für die Rekonstruktion nicht darauf abgestellt werden kann, ob die konkrete Vertragspartei – aus welchen Gründen auch immer – Austauschverträge aus rein altruistischen Motiven eingeht. Für die Rekonstruktion der hypothetischen Verhandlungslösung kann es nur darauf ankommen, wie sich Vertragsparteien in aller Regel verhalten, so daß entgegen zum Teil im Schrifttum geäußerter Ansichten406 unmaßgeblich ist, ob die konkrete Vertragspartei gerade dem Modellbild des homo oeconomicus tatsächlich entspricht oder gar nahe kommt.407 Daß es Vertragsparteien gibt, die von diesem Modellbild abweichende Präferenzen bei der Eingehung von Austauschverträgen verfolgen, kann und soll nicht bezweifelt werden. Die Zugrundelegung des Modellbilds des homo oeconomicus will dies nicht bestreiten, solcherlei abweichende Rationalitätserwägungen jedoch für die Analyse vertraglichen Handelns für unbeachtlich erklären, um den höchsten Grad an Allokationseffizienz zu ermöglichen408. Hierin liegt keine Herabwürdigung der Menschenwürde einzelner Marktteilnehmer und auch keine Veränderung der Rechtszuweisung zugunsten des ökonomisch Stärkeren.409 Nichts anderes macht die Rechtsprechung, wenn sie sich nicht an den Präferenzen der einzelnen Parteien, sondern an objektiven Kriterien orientiert und hierzu das Modellbild des vernünftig und redlich denkenden Menschen kreiert. Sofort erhebt sich die Frage, was „redlich“ und „vernünftig“ ist. Hier hilft das Modellbild des homo oeconomicus weiter, ohne daß damit in der Sache ein völlig neuer Weg eingeschlagen wäre.410 Gleichzeitig werden Entscheidungen damit gerade vorhersehbar und der Gefahr reiner Billigkeitsentscheidungen weicht ein Mehr an Rechtssicherheit.411 Auch bedarf es demnach keiner „Vermenschlichung“412 des homo oeconomicus. Dieses Modellbild bewertet nicht die Handlungsweisen der Menschen; egoistisches Verhalten ist nicht mit rücksichtslosem Verhalten gleichzusetzen. Egoistisch bedeutet vielmehr, daß davon auszugehen ist, daß jeder Mensch das aus seiner Sicht für sich Beste anstrebt.413 So verstanden kann auch rein altruistisches Verhalten als egoistisch bezeichnet werden, weil sich der altruistisch Handelnde „besser“ fühlt als vorher; auch solcherlei immaterielle Ziele menschlichen Handelns können daher in den Begriff des Egoismus einbezogen werden, ohne daß damit das menschliche Verhalten herabgewürdigt wäre. Eidenmüller, Effizienz, S. 83 ff., 458; ders., JZ 2001, 1041 [1045, 1051]. G. Graf, S. 61 f.; Kanzler, S. 44 f.; Schmidtchen, S. 9 [15]. 408 Vgl. Albrecht, S. 42 f.; Götz, S. 110; G. Graf, S. 57; Griebe, S. 35 ff.; Dick, S. 51; Kirchner, Ökonomische Analyse, S. 62 [64 f.]; Kübler, Property Rights, S. 105 [121]; ders., Festschr. f. Steindorff, S. 687 [702 f.]; Ott, Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [39 f.]; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [219]. 409 Eger / Nagel / Weise, S. 1 [19 ff.]. 410 Eger / Nagel / Weise, S. 1 [23 ff.]; H.-B. Schäfer / Ott, 12 / 2; v. Weizsäcker, S. 123 [139, 144]. 411 Vgl. Eger / Nagel / Weise, S. 1 [33]; H. Koch, Festschr. f. Zweigert, 1981, S. 851 [975]; Kübler, Festschr. f. Steindorff, S. 687 [697]. 412 So Hagel, S. 106 ff. 413 Schmidtchen, S. 9 [14 f., 16]. 406 407
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Wer dagegen fordert, bei der Rechtsanwendung das Menschenbild der grundrechtsorientierten Demokratie zugrunde zu legen414, muß auch konkrete Kriterien zur Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens entwickeln. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Verfolgung eigener Interessen durch den Abschluß von Austauschverträgen diesem Menschenbild nicht entsprechen sollte.415 So verstanden ist nicht ersichtlich, weshalb es einer Einschränkung zum Schutz der Freiheitsrechte Dritter oder zum Schutz des Betroffenen vor sich selbst bedarf. Schutz können die Beteiligten in bezug auf den Güter- und Leistungsaustausch nur bei Vorhandensein von Marktstörungen verlangen, da in einem solchen Fall eine effiziente Ressourcenallokation nicht möglich ist.416 Im übrigen geht es unabhängig von Marktstörungen um den Schutz liberaler Rechte und den Sozialschutz. Insbesondere können Umverteilungseffekte zugunsten des Sozialstaatsprinzips erforderlich werden, auch wenn mit diesen erhebliche Wohlfahrtsverluste einhergehen. Allerdings ist dies eine Aufgabe, die der Allgemeinheit zugewiesen ist, damit also weitgehend dem öffentlichen Recht. Das Vertragsrecht ist dagegen von Umverteilungsversuchen frei zu halten.417 Zutreffend an der am Effizienzkriterium geäußerten Kritik ist, daß es für die Ermittlung der hypothetischen Verhandlungslösung auf den tatsächlichen Willen der Parteien nicht ankommt, es sei denn, ein entgegenstehender Wille ist ersichtlich oder läßt sich aus den vorhandenen vertraglichen Absprachen entnehmen.418 Im übrigen handelt es sich bei der Rekonstruktion der hypothetischen Verhandlungslösung um eine objektive Vertragsergänzung, orientiert an Effizienzerwägungen419, so daß es folgerichtig nicht darauf ankommen kann, ob sich die Parteien tatsächlich wie homines oeconomici verhalten haben. Hiermit deckt sich die von der Rechtsprechung420 verwendete Formel zur ergänzenden Vertragsauslegung, wonach der Vertrag „zu Ende gedacht“ werden soll. Die Lösung ist demnach auch nicht in § 157 BGB zu suchen. Dies spricht aber nicht gegen, sondern gerade für dieses Konzept. Auch die Schwierigkeiten, die mit der Bewertung von moralischen oder psychischen Kosten einhergehen, stehen einer solchen Lösung nicht entgegen, denn es kann für die Ermittlung der hypothetischen Risikozuteilung nicht darum gehen, einen bezifferbaren Wert der Kosten einer Risikozuweisung zu finden.421 Die moralischen Kosten können daher bei der Bestimmung des überleSo Fezer, JZ 1986, 817 [822]. Gawaz, Rn. 439; Götz, S. 111; G. Graf, S. 58, 64 ff.; Kirchgässner, JZ 1991, 104 [107 f.]. 416 Kötz / H.-B. Schäfer, S. 81 f., 196 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 2. 417 Adams, Ökonomische Theorie, S. 93 f. 418 Ott, Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [22 f., 24 f.]; H.-B. Schäfer / Ott, 12 / 2. 419 Kötz / H.-B. Schäfer, S. 115. 420 Vgl. nur BGH, Urt. v. 1. 2. 1984 – VIII ZR 54 / 83, BGHZ 90, 69 [77]; BGH, Urt. v. 29. 4. 1982 – III ZR 154 / 80, BGHZ 84, 1 [7]; BGH, Urt. v. 1. 2. 1952 – I ZR 123 / 50, NJW 1952, 540 [541]; LAG Hamm, Urt. v. 16. 10. 1990 – 8 Sa 563 / 90, ZfS 1991, 307 [308 f.]. 414 415
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genen Risikoträgers ohne weiteres berücksichtigt werden. Auch die Einbeziehung Dritter in diese Verhandlungslösung birgt keine unlösbaren Probleme in sich422, da auch hier allein maßgeblich ist, wer das Risiko mit dem geringsten Kostenaufwand tragen konnte. Bestimmt man mit Hilfe des gesetzlichen Risikoverteilungsmodells die grundsätzliche Zuweisung der Risiken, können die Voraussetzungen einer Internalisierung ermittelt werden. Derartige Informationsprobleme sind Alltag für die Gerichte, ohne daß damit die Unmaßgeblichkeit des Effizienzkriteriums belegt wäre.423 Auch wenn sich mit Hilfe des Effizienzgedankens nicht alle gesetzlichen Bestimmungen, Rechtsinstitute und Rechtsprinzipien erklären lassen, spricht dies nicht gegen die Maßgeblichkeit des Effizienzkriteriums, weil auch dieses Kriterium seine Grenzen finden muß. Diese „Schwäche“ teilt der Effizienzgedanke aber mit zahlreichen anderen juristischen Erklärungsmodellen und Theorien, die allesamt nicht für sich in Anspruch nehmen können, sämtliche Probleme lösen zu können.424 c) Schlußfolgerungen Die an dem Effizienzkriterium geübte Kritik überzeugt nicht. Bei der Ermittlung hypothetischer Verhandlungslösungen ermöglicht es vielmehr praktikable Ergebnisse. Entgegen einer im Schrifttum zum Teil vertretenen Einschätzung425 werden die Grundaussagen der Ökonomischen Analyse heute demnach auch weitgehend für tauglich erachtet, konkrete Wertungskonflikte zu lösen.426 Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum setzt sich diese Auffassung immer mehr durch.427 Uneinig421 Vgl. anschaulich BGH, Urt. v. 18. 10. 2001 – III ZR 265 / 00, NJW 2002, 595; Blaschczok, S. 267 f.; Kötz / H.-B. Schäfer, S. 8 f., 13 f.; MünchKomm-BGB / Wagner, Vor § 823 Rn. 53. 422 Vgl. Adams, Sicherungsrechte, S. 173. 423 Eger / Nagel / Weise, S. 1 [33]; Kübler, Festschr. F. Steindorff, 1990, S. 687 [696]; Ott, Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [42 f.]; MünchKomm-BGB / Wagner, Vor § 823 Rn. 53, 55. 424 Engert, S. 125; Ott, JITE 153 (1997), 593 [594]; ders., Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [30 f.]; MünchKomm-BGB / Wagner, Vor § 823 Rn. 54. 425 Henssler, S. 121. 426 Vgl. H. Koch, Festschr. f. Zweigert, 1981, S. 851 [876 f.]; Kötz, Festschr. f. Drobnig, 1998, S. 563 f.; Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [128]. 427 Vgl. etwa Albrecht, S. 41 ff.; Assmann, Prospekthaftung, S. 22 ff., 240 f., 269 f., 276 ff.; Balz, Ziele, S. 3 [5 ff.]; Baudenbacher, JZ 1985, 661 [664]; Bender, S. 106 ff.; Bitter, Durchgriff, S. 150 ff.; Blaschczok, S. 216 ff., 243 ff.; Brüggemeier, AcP 182 (1982), 385 [386 ff.]; Deckert, S. 182 f.; Dick, S. 50; Drexl, S. 162 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 223 ff.; Gawaz, Rn. 438 ff.; Götz, S. 109 ff.; Griebe, S. 85 ff., 149 ff.; Hagel, S. 203 ff.; Henssler, S. 123 f., 10 f., 120 ff., 150 f., 237 f., 265 ff.; Herkenroth, S. 297 ff.; Hopt, AcP 183 (1983), 608 [648 ff.]; Jansen, S. 39 f., 632; Jost, S. 213 ff.; Knöfel, JA 1997, 723 ff.; H. Koch, Festschr. f. Zweigert, 1981, S. 851 [853 ff.]; S. Koch, S. 149 ff.; Kötz, JuS 2003, 209 [214 in Fn. 13]; Imbeck, S. 116 f., 127 f., 222 f.; Kittner, Rn. 117 ff. und passim; Köhler, ZHR 144 (1980), 589 ff.; Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [29 f.]; Kötz / Wagner, Rn. 41, 119 ff.,
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keit herrscht jedoch bei der Frage, welcher Stellenwert dem Effizienzkriterium im einzelnen zukommt. Soll Effizienz als materielles Entscheidungskriterium fruchtbar gemacht werden, muß es daher auch in der Rechtsordnung verankert sein.428 Nach der heute herrschenden normativen Wertungsjurisprudenz kommt dabei vor allem Rechtsprinzipien eine entscheidende Bedeutung zu.429 Es ist im folgenden daher zu untersuchen, ob das Effizienzkriterium als ein solches Rechtsprinzip anzusehen ist.
3. Die Funktionen des Effizienzprinzips in der Rechtsordnung a) Die analytische Funktion des Effizienzprinzips Nach Auffassung von Oechsler soll der Ökonomischen Analyse lediglich die Aufgabe einer Untersuchung der Rechtsnormen und Urteile zukommen, nicht dagegen die Synthese neuer an ökonomischer Effizienz ausgerichteter Norminhalte.430 Der Ökonomischen Analyse käme dann lediglich eine analytische, nämlich problemerfassende und -beschreibende Bedeutung zu.431 Folgt man dem, wäre der Wert der Ökonomischen Analyse für das Rechtssystem gering. Dieser bestünde in einer reinen Ergebniskontrolle. In eine ähnliche Richtung weisen Versuche, wonach die Rechtswissenschaft die Realfolgen von Rechtsnormen erklären und prognostizieren, dagegen keinen Eingriff in den Diskurs über das anzustrebende Ziel oder die Auflösung etwaiger Zielkonflikte anstreben solle.432 Auch danach käme der Ökonomischen Analyse lediglich eine analytische, nicht dagegen eine rechtsfortbildende Funktion zu. Es wäre allein Aufgabe des Gesetzgebers, Effizienzkriterien als normative Grundentscheidungen in der Rechtsordnung zur Geltung zu bringen433, wie dies im Schrifttum zum Teil vertreten wird.434 Danach wäre die 305 ff., 482 f., 541 f.; Kötz, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 283 ff.; ders., Festschr. f. Drobnig, 1998, S. 563 [565 ff.]; Koller, Risikozurechnung, S. 3, 4, 78 ff., 89 ff.; ders., Bankhaftung, S. 21 [29 ff.]; Krause, S. 93 ff.; Kübler, Property Rights, S. 105 ff.; ders., Festschr. f. Steindorff, S. 687 ff.; M. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 226 ff., 246 f., 248 ff., 314 ff.; Magoulas, Ökonomische Analyse, S. 23 ff.; ders., Ökonomische Probleme, S. 265 ff.; Nelle, S. 94 ff.; Salje, Rechtstheorie 15 (1984), 277 [297 ff.]; Schwintowski, JZ 1998, 581 ff.; MünchKommBGB / Wagner, Vor § 823 Rn. 52 ff.; Weimar, Rechtstheorie 15 (1984), 313 [319 ff.]. 428 Vgl. Eidenmüller, JZ 1999, 53 [58]; G. Graf, S. 49 ff., 332 f.; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 40 ff.; Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [31]. 429 F. Bydlinski, Methodenlehre, S. 19 ff., 128; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 28 f.; J. Petersen, S. 63, 65 ff.; Schmalzbauer, S. 82 f., 138; Schünemann, S. 45; Unger, KTS 1959, 33 [36 f.]; H. Westermann, S. 4, 8. 430 Oechsler, Gerechtigkeit, S. 136 ff. 431 Behrens, Grundlagen, S. 6 ff.; Blaschczok, S. 244 ff.; Eidenmüller, JZ 1999, 53 [57]; ders., Effizienz, S. 478 f.; H. Koch, Festschr. f. Zweigert, 1981, S. 851 [872]; Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [27]; Leisner, S. 59; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213; Schmidtchen, S. 9 [11]; Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [122]. 432 Albrecht, S. 42 f.; Eidenmüller, JZ 1999, 53 ff.
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ökonomische Analyse eine reine Gesetzgebungstheorie. Weitgehend unproblematisch ist die Berücksichtigung des Effizienzkriteriums danach nur dort, wo es um Normauslegungsprobleme geht und wo Effizienz bereits ein oder das mit dem Gesetz verfolgte Ziel, also gewissermaßen die „Politik des Gesetzes“ darstellt, denn dann ist sie bereits Teil des Gesetzestelos und bei der Auslegung zu berücksichtigen.435 In diesem Fall wäre es bedenklich, dem Richter eine am Effizienzdenken orientierte Vorgehensweise anzusinnen, denn dann würde dieser letztlich Rechtspolitik betreiben, was weder mit dem Gewaltenteilungs- noch mit dem Demokratieprinzip zu vereinbaren wäre.436 b) Die rechtsfortbildende Funktion des Effizienzprinzips Ist das Effizienzkriterium nicht zum gesetzgeberischen Ziel geworden, kann es im Rahmen der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung nur dann berücksichtigt werden, wenn es als Rechtsprinzip einen allgemeinen Geltungsanspruch hätte. Für die gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung gilt dies in jedem Fall. Das Effizienzkriterium kann daher nur dann Berücksichtigung finden, wenn man es als Prinzip, also Optimierungsgebot437, anerkennt. Insbesondere Eidenmüller hat den Stellenwert des Effizienzkriteriums eingehend untersucht. Zur Entstehung gelangten Rechtsprinzipien durch Rechtsnormen, wobei zwischen lokalen und globalen Rechtsprinzipien, also die Rechtsordnung überlagernden und punktuellen Prinzipien, zu unterscheiden sei. Das Effizienzkriterium stelle kein globales Prinzip dar, jedoch sei es teilweise, also als lokales, anerkannt, so etwa im öffentlichen Haushaltsrecht. Ob das Effizienzkriterium auch im übrigen bereits lokal anerkannt werde, sei zweifelhaft. Insbesondere könne hierauf nicht wegen der bereits heute weitgehend bestehenden objektiven Übereinstimmung der Ergebnisse von Urteilen mit den Ergebnissen der Ökonomischen Analyse geschlossen werden.438 Schließlich könnten anerkannte Rechtsprinzipien auch so ausgelegt werden, daß sie nicht im Dienste der Effizienz stünden. So könne etwa der Verbraucherschutz der Verteilungsgerechtigkeit dienen.439 Zudem könne der Effizienzgedanke nur dann zum Rechtsprinzip erhoben werden, wenn der Rechtsanwender dieses in Kenntnis des ökonomischen Modells anwende, also Eidenmüller, Effizienz, S. 4, 77, 398 ff.; Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [117 f.]. Assmann, Ökonomische Analyse, S. 17 [38 ff., 60]; Deckert, S. 105, 173 ff.; Eidenmüller, Effizienz, S. 397 ff., 414 ff.; ders., Rechtsanwendung, S. 11 [28]; Palandt / Heinrichs, Einl. 32; Kohl, S. 29 [45 f.]; Pilgram, S. 14 f.; Schmidtchen, S. 9 [10 f., 29 f.]. 435 Deckert, S. 99; Eidenmüller, Effizienz, S. 425 ff.; Kübler, Festschr. f. Steindorff, S. 687 [698]; Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [127, 136, 146 ff.]. 436 Eidenmüller, Effizienz, S. 403 f., 414 ff.; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [215]. 437 Alexy, S. 75 ff.; Canaris, Systemdenken, S. 46 ff.; Eidenmüller, Effizienz, S. 462 f.; Papst, S. 217; J. Schmidt, AcP 190 (1990), 650 [653]. 438 Eidenmüller, Effizienz, S. 464 ff. 439 Eidenmüller, Effizienz, S. 473 f. 433 434
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neben der objektiven auch eine subjektive Komponente gegeben sei.440 Selbst wenn dabei davon ausgegangen werden könne, daß einzelne Gerichte ökonomisch vorgingen441, könne ein Rechtsprinzip nur aus Gesetzen selbst, nicht jedoch durch einen richterlichen Wertungsakt entstehen.442 Die Richter seien nicht die Promotoren des Effizienzdenkens im Recht.443 Auch die Annahme, eine zur Lösung eines Problems entwickelte rechtliche Regel sei dann legitim, sofern ihr jedermann vernünftigerweise zustimme und die Erkenntnis, daß die ökonomische Analyse ihre Werturteile letztlich mit dem Konsenskriterium begründe444, führe nicht zu einer Anerkennung als Rechtsprinzip, da der Richter aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht im Wege der freien Rechtsfortbildung tätig werden könne und zudem auch die Konsensfähigkeit des ökonomischen Effizienzkriteriums nicht gegeben sei.445 Schließlich seien dem Effizienzkriterium verfassungsrechtliche Grenzen durch die Grundrechte gezogen und zwar hinsichtlich eines Schutzes vor Dritten und auch eines Schutzes des einzelnen vor sich selbst.446 Im Schrifttum ist das Effizienzkriterium demgegenüber teilweise als Rechtsprinzip anerkannt worden; darüber hinaus soll es noch weitergehend als oberster Rechtswert, als Vorrangregel zu verstehen sein, so daß es bei einer Kollision mehrerer Prinzipien eine konkrete Entscheidung zugunsten des Effizienzkriteriums treffen soll, dieses also vorgehen muß. Prinzipien wie die Verkehrs- und die Rechtssicherheit kämen nur zur Anwendung, wenn sie dem Effizienzziel dienten.447 Überwiegend ist jedoch gerade dieser Ausschließlichkeitsanspruch auf Ablehnung gestoßen, vor allem im Hinblick darauf, daß es andere Gerechtigkeitskriterien – etwa soziale Kriterien der Verteilungsgerechtigkeit 448 – gebe.449 Auch Eidenmüller, Effizienz, S. 472 ff. Ausdrücklich ist dies bis dato nicht erfolgt; vgl. auch schon Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [120]. 442 Eidenmüller, Effizienz, S. 476 ff.; ebenso M. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 242, 331. 443 Eidenmüller, Effizienz, S. 414 ff.; ders., JZ 2001, 1041 [1046, 1051]. 444 Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [31 f.]; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [217 f.]. 445 Eidenmüller, Effizienz, S. 479 f., 234 ff.; ders., Rechtsanwendung, S. 11 [24 ff.]; ebenso Assmann, Kommentar, S. 45 [46 f.]; Schwintowski, JZ 1998, 581 [587]. 446 Eidenmüller, Effizienz, S. 480 ff.; ebenso Kübler, Festschr. f. Steindorff, S. 687 [701 f.]; für eine Auffüllung der Grundsätze der Ökonomischen Analyse mit normativ juristischen Gedanken, insbesondere auch der Grundrechte, plädiert Blaschczok, S. 244 f., 265 ff., 279 ff. 447 So insbesondere H.-B. Schäfer / Ott, Einl. 6, 8; Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [25 f., 38 ff., 42 ff.]; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [214, 217]; H.-B. Schäfer, S. 1 [13 ff.]; v. Weizsäcker, S. 123 ff. 448 Behrens, Grundlagen, S. 81 ff.; Deckert, S. 184 f.; Eidenmüller, Effizienz, S. 473 f.; Fezer, JZ 1986, 817 [824]; Gotthold, ZHR 144 (1980), 545 [557]; Kübler, Property Rights, S. 105 [120, 121]; Martens, AcP 177 (1977), 113 [114 f.]. 449 Adams, Sicherungsrechte, S. 3 f.; Albrecht, S. 42; Assmann, Kommentar, S. 45 [48, 49]; ders., Ökonomische Analyse, S. 17 [22 ff.]; Behrens, Grundlagen, S. 51 f., 103 ff., 157, 440 441
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der sozialpolitische oder der arbeitsrechtliche Schutzgedanke wird im Schrifttum zum Teil als Risikoverteilungskorrektiv herangezogen.450 c) Stellungnahme Die Beschränkung der Ökonomischen Analyse und des Effizienzgedankens auf einen analytischen bzw. folgenabschätzenden Wert ist jedenfalls dann bedenklich, wenn sich mit deren Hilfe konkrete Lösungsansätze zur Behebung von Rechtsfragen tatsächlich finden lassen. In einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, weshalb die so gefundenen Kriterien nicht zur Beseitigung der Wertungskonflikte, wie sie sich beispielsweise vor dem Hintergrund der Verwendung generalklauselartiger Wendungen wie die „Natur der Sache“, der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“451 oder der „Macht der Tatsachen“ ergeben haben, herangezogen werden sollten.452 Eine andere Frage ist, ob das Effizienzkriterium damit bereits als Rechtsprinzip anzuerkennen ist. Es liegt dabei nahe, das Effizienzkriterium in den geltenden Rechtssätzen zu suchen. Zutreffend ist insoweit, daß das Effizienzprinzip jedenfalls nicht als globales Rechtsprinzip aus der Verfassung folgt. Darüber hinaus kann die Geltung des Effizienzkriteriums in bereits geltenden Rechtssätzen aber auch durch eine Analyse der Rechtsprechung ermittelt werden. Eine solche Analyse kann zwei Ergebnisse zeitigen: Sie kann ergeben, daß das Effizienzkriterium bereits in anderen Rechtssätzen verankert und als solches anzuerkennen ist, nämlich, dann, wenn die Richter bei ihren Entscheidungen eben dieses bereits in der Rechtsordnung existente Effizienzkriterium anwenden. Insoweit ist Eidenmüller ebenfalls zuzugeben, daß allein der Umstand, daß die Ergebnisse zahlreicher Urteile453 mit den Überlegungen der Ökonomischen Analyse des Rechts objektiv übereinstimmen oder gar Effizienzkri195 ff.; Blaschczok, S. 180 ff., 223 ff., 244 f., 250; Dick, S. 50 f.; Drexl, S. 168 ff., 175 f., 181 ff.; Eger / Nagel / Weise, S. 1 [30]; Eidenmüller, Effizienz, S. 12, 70 f., 273 ff., 321; Fezer, JZ 1986, 817 [819, 820]; Palandt / Heinrichs, Einl. Rn. 32; Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 148 f.; Häberle, AöR 98 (1973), 625 [634]; Henssler, S. 123, 125 mit Fn. 120, 266 f.; Horn, AcP 176 (1976), 307 [332 f.]; Jansen, S. 632; S. Koch, S. 162; H. Koch, Festschr. f. Zweigert, 1981, S. 851 [862, 873, 872, 873]; Kirchner, Ökonomische Analyse, S. 62 [66 f.]; Koller, Risikozurechnung, S. 4, 79 in Fn. 6, 207 f.; Kübler, Property Rights, S. 105 [120 f.]; ders., Festschr. f. Steindorff, S. 687 [698, 699 f., 702 f.]; Pilgram, S. 14 ff.; Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [125 ff., 135 f.]; Weimar, Rechtstheorie 15 (1984), 313 [330 f.]. 450 Koller, Risikozurechnung, S. 207 f., 383 ff., 393 ff. 451 s. hierzu jüngst BGH, Urt. v. 26. 1. 2005 – VIII ZR 175 / 04, NJW 2005, 1039 [1040]. 452 Adams, Sicherungsrechte, S. 2; Behrens, Grundlagen, S. 8, 109 f.; Kirchgässner, JZ 1991, 104 [107]; Köhler, ZHR 144 (1980), 589 [594]; Kötz / H.-B. Schäfer, S. 93 ff.; Kübler, Festschr. f. Steindorff, S. 687 [694, 700 f.]; M. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 232 ff.; Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [39 f., 44]; H.-B. Schäfer / Ott, 12 / 6. 453 Vgl. nur BGH, Urt. v. 18. 10. 2001 – III ZR 265 / 00, NJW 2002, 595.
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terien zur Anwendung bringen (sog. Identitätsthese), nichts über die Frage aussagt, ob ein solches Rechtsprinzip bereits existiert.454 Zwar erscheint die Annahme, der Rechtsanwender müsse sich der Verwendung des Effizienzkriteriums „bewußt“ sein, zweifelhaft, denn eine Falschbezeichnung wäre unbeachtlich, wenn es sich bei dem verwendeten Kriterium in der Sache um den Effizienzgedanken handelte.455 Jedoch wäre mit einer entsprechenden Analyse der Rechtsprechung noch nicht bewiesen, daß das Effizienzkriterium bei den Entscheidungen tatsächlich das leitende Prinzip war. Die Gefahren eines solchen Induktionsschlusses hat bereits Larenz verdeutlicht.456 Entsprechendes gilt für die Tatsache, daß vielen Normen und Tatbeständen Effizienzgesichtspunkte zugrunde liegen457 oder daß sich zahlreiche Rechtsprinzipien mit dem Effizienzkriterium erklären lassen458. Der sog. Identitätsthese kommt daher in der Tat kein Gewicht zu. Eine Analyse der Rechtsprechung kann aber auch zu dem Ergebnis führen, daß der Effizienzgedanke durch die Rechtsprechung selbst Geltung erlangt hat. Die Richter sind nicht darauf beschränkt, den effizientesten Weg zur Erreichung des vom Gesetzgeber vorgezeichneten Ziels zu ermitteln.459 Vielmehr können sie auch selbst ein solches Effizienzkriterium entwickeln, dieses also nicht nur anwenden, sondern vielmehr – etwa bei der Auslegung gesetzlicher Generalklauseln460 – selbst in Geltung setzen. Dies wirft die Frage auf, ob im Hinblick auf das Gewaltenteilungsprinzip eine solche Entwicklung von Rechtsprinzipien zulässig ist. Rechtsprinzipien treten zueinander in Konflikt und bedürfen notwendigerweise einer gegenseitigen Beschränkung. Die Frage, wie weit ein Rechtsprinzip gilt, läßt sich daher nur durch eine wertende Abwägung bestimmen. Das Effizienzkriterium ist in diesem Zusammenhang in der Lage, bei Wertungskonflikten für einen entsprechenden Ausgleich zu sorgen, also die Grenzen in Konflikt miteinander tretender Rechtsprinzipien zu bestimmen. Ohne weiteres ersichtlich ist dies beim Prinzip der Rechtssicherheit. Auch dieses gilt nicht aus sich heraus461, sondern nur so lange und nur insoweit, wie dies zur Erreichung effizienter Ergebnisse erforderlich ist. Auch wenn sich damit anhand der existierenden Urteile nicht ermitteln läßt, ob die Rechtsprechung das Effizienzkriterium in dieser Weise bislang bereits entwikkelt hat, so läßt sich doch jedenfalls die Forderung aufstellen, daß sie dies tun sollte.462 Mit dem Gewaltenteilungsprinzip ist diese Forderung vereinbar, da materiale Vorgaben für die Entscheidung konkreter Wertungskonflikte im Hinblick auf 454 455 456 457 458 459 460 461 462
Ebenso Ott, Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [28 f.]. Eidenmüller, Effizienz, S. 473 f. Larenz, Methodenlehre, S. 385. Eidenmüller, Effizienz, S. 468 ff.; Taupitz, AcP 196 (1996), 114 [122]. Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [27, 28 ff.]. So H. Koch, Festschr. f. Zweigert, 1981, S. 851 [872 f., 875]. Kötz / H.B. Schäfer, S. VII f., 189; Ott, JITE 153 (1997), 593 [595]. Vgl. Wiedemann, Festschr. f. Larenz, 1973, S. 199 ff. Ott, JITE 153 (1997), 593 [595 f.].
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Praktikabilitätserwägungen notwendigerweise auch und gerade von der Rechtsprechung entwickelt werden müssen, nämlich insbesondere dann, wenn es um die Berücksichtigung der im Einzelfall jeweils betroffenen Interessen geht. Die Richter handeln dann nicht als Promotoren des Effizienzgedankens, sondern bilden das Recht dort, wo es erforderlich ist, fort. Seine innere Rechtfertigung findet diese Rechtsfortbildung in dem Erfordernis, für die auftretenden Wertungskonflikte, insbesondere die notwendige Begrenzung existenter Rechtsprinzipien, sachgerechte Entscheidungskriterien zu entwickeln und damit letztlich die Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung zu gewährleisten.463 Es handelt sich demnach auch nicht um eine „freie“, sondern an die übrigen Rechtsprinzipien gebundene Rechtfortbildung. Da der Gesetzgeber nicht in der Lage ist, für jeden Fall eine sachgerechte, nämlich effiziente Lösung zu finden, kommt den Gerichten die Aufgabe zu, im Einzelfall diese Lösungen zu ermitteln, ggf. auch losgelöst vom positiven Recht.464 Solange und soweit der Gesetzgeber sich daher nicht ausdrücklich hiergegen ausgesprochen hat, ist eine Rechtsfortbildung möglich. Ob das Effizienzkriterium darüber hinaus als oberster Rechtswert anzuerkennen ist, wird vor allem im Hinblick auf verfassungsrechtlich verankerte Rechtswerte, wie etwa dem Sozialstaatsprinzip, in Zweifel gezogen. In der Tat können insbesondere zur Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit Umverteilungen erforderlich sein, auch wenn mit diesen Wohlfahrtsverluste verbunden sind.465 Ferner kann nicht ernsthaft bestritten werden, daß das Effizienzkriterium nicht uneingeschränkt gelten kann, sondern insbesondere durch die Grundrechte seine Schranken findet.466 Allerdings sind hieraus sich ergebende Umverteilungsmaßnahmen in Form von Transferzahlungen ausschließlich dem öffentlichen Recht, nicht dagegen dem Vertragsrecht zuzuweisen.467 Vor allem im Zusammenhang mit dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand können Gesichtspunkte der Verteilungsgerechtigkeit und der sozialpolitischen Verträglichkeit – etwa im Hinblick auf die mit einer Unternehmensliquidierung verbundenen Entlassung von Arbeitnehmern – bei der Ermittlung der hypothetischen Verhandlungslösung keine Rolle spielen. Im Schrifttum ist zwar zum Teil gefordert worden, eine bestimmte Quote des Schuldnervermögens von jeder Besicherung freizuhalten und der Minderung der Gefahren publizitätsloser Sicherheitenbestellung durch ein allgemeines Rücksichtnamegebot, das aus der sozialen Verantwortung, insbesondere dem Sozialstaatsgedanken folge, entgegenzuwirken468; zum Teil ist auch ganz allgemein auf die „soziale“ Verantwortung der Bank abgestellt worden.469 Berücksichtigte man derOtt, Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [36 f., 44, 46]. Ott, Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [34 ff., 44 f., 46]. 465 Vgl. H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 2. 466 Vgl. Köhler, ZHR 144 (1980), 589 [609]; Kübler, Festschr. f. Steindorff, S. 687 [701 f.]; Ott, JITE 153 (1997), 593 [594]; dens., Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [38 f.]. 467 Adams, Ökonomische Theorie, S. 93 f.; H.-B. Schäfer / Ott, 10 / 2. 468 Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [265 f., 270 f.]. 469 MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 147. 463 464
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artige Aspekte der Verteilungsgerechtigkeit, würde dies in der vorliegenden Konstellation zu einer Verteuerung von Sanierungsdarlehen und damit im Ergebnis zu einem Ausschluß von Sanierungsversuchen führen.470 Letztlich bestünde dann nicht einmal die Chance, die gefährdeten Arbeitsplätze noch durch eine Sanierung zu retten. Unter dem Gesichtspunkt der sozialen Verantwortlichkeit der Bank lassen sich daher keine konkreten Haftungsforderungen herleiten.471 Es ist vielmehr Aufgabe des Gesetzgebers, die sozialen Probleme im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenbrüchen zu lösen, wie etwa durch die Gewährung eines Insolvenzausfallgeldes. Zumindest im Vertragsrecht kommt damit dem Effizienzkriterium der absolute Vorrang zu. 4. Ergebnis Die gegen die Anwendung des Effizienzkriteriums vorgebrachten Kritikpunkte sprechen nicht gegen dessen Anwendung im Recht. Sie verdeutlichen lediglich die konzeptionellen Grenzen dieses Lösungsansatzes, können ihn aber nicht grundsätzlich in Frage stellen.472 Mit Hilfe des ökonomischen Modells lassen sich zudem reine Billigkeitsentscheidungen vermeiden.473 Das Effizienzkriterium dient dabei nicht lediglich dazu, Wertungskonflikte zu analysieren, sondern dient als Rechts-prinzip der Auflösung konkreter Wertungskonflikte. Jedenfalls sollte es als Rechts-prinzip im Wege der Rechtsfortbildung in Geltung gesetzt werden. Der Effizienzgedanke stellt dabei eine absolute Vorrangregel zumindest im Vertragsrecht dar. Dem Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit kommt hier keine eigenständige Bedeutung zu.
§ 5 Gründe für eine abweichende Risikozuweisung außerhalb der Krise Die Untersuchung hat gezeigt, daß sich Verhaltenspflichten der Bank sowohl dem Unternehmen als auch den Mitgläubigern gegenüber dann ergeben können, wenn ein Fall von Marktversagen vorliegt oder eine Verhandlungslösung aufgrund der damit verbundenen Transaktionskosten nicht zustande kommt. Ehe im Zweiten und Dritten Teil dieser Arbeit im einzelnen auf die Risikozuweisung in der Krise eingegangen wird, soll im folgenden zunächst anhand von in der Rechtsprechung und Literatur außerhalb einer Krise diskutierten Fallgruppen untersucht werden, Vgl. Ott, Freundesg. f. Kübler, 1997, S. 21 [40 f.]. Zutreffend Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 346 f., 380. 472 Kirchgässner, JZ 1991, 104 [107 f., 110]; Ott / H.-B. Schäfer, JZ 1988, 213 [214 f.]. 473 Adams, Sicherungsrechte, S. 3; Esser / E. Schmidt, I / 1, § 2 IV. 5., S. 43 f.; Koller, Risikozurechnung, S. 17 ff., 74 f.; Köhler, ZHR 144 (1980), 589 [599]; Köndgen / Randow, S. 124 f.; H.-B. Schäfer / Ott, 12 / 5. 470 471
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aus welchen Gründen eine abweichende Risikozuweisung vorgenommen wird und ob sich hieraus allgemeingültige Aussagen ableiten lassen.
I. Abweichende Risikozuweisung gegenüber dem Unternehmen 1. Die Pflicht zur Übernahme des Verwendungsrisikos Entschließt sich die Bank zur Mitwirkung am Sanierungsversuch, trägt sie nach dem oben unter § 3 Gesagten nur ausnahmsweise das Risiko, daß die von ihr zur Verfügung gestellten Sanierungsmaßnahmen nicht zu dem gewünschten Erfolg (Sanierung) führen. In Rechsprechung und Schrifttum sind in anderem Zusammenhang verschiedentlich Gründe für eine Verlagerung des Verwendungsrisikos eines Darlehens auf den Darlehensgeber diskutiert worden, zum einen im Rahmen des Einwendungsdurchgriffs und zum anderen bei der Begründung vorvertraglicher Aufklärungspflichten bei drittfinanzierten Immobiliengeschäften.
a) Der Einwendungsdurchgriff Der sog. Einwendungsdurchgriff betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnis zu einem Dritten (Unternehmer) entgegenhalten kann.474 Ein solcher Einwendungsdurchgriff führt dazu, daß die Bank das Verwendungsrisiko zu tragen hat, weil der Darlehensnehmer die Rückzahlung der Valuta verweigern kann, wenn und soweit der finanzierte Vertrag nicht zu dem gewünschten Erfolg führt. Durch den Einwendungsdurchgriff werden Darlehensvertrag und finanzierter Vertrag rechtlich verbunden. Ein solcher Durchgriff ist zunächst dann möglich, wenn der Kreditnehmer ein Verbraucher ist und der Darlehensvertrag und das finanzierte Geschäft eine „wirtschaftliche Einheit“ im Sinne der §§ 358 Abs. 3 BGB, 9 Abs. 1 VerbrKrG bilden. Von einer solchen wirtschaftlichen Einheit ist insbesondere dann auszugehen, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers bedient hat (§ 358 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dem liegt letztlich der Gedanke einer Rollenüberschreitung der Bank zugrunde. Diese hält sich nicht in ihrer Rolle als Kreditgeberin, sondern „bedient“475 sich des Unternehmers zum Abschluss des Darlehensvertrages. Eine Umverteilung des Verwendungsrisikos ist in diesen Fällen deshalb geboten, weil die Bank dieses Risiko besser, nämlich mit dem geringeren Kostenaufwand abschätzen kann als der Darlehensnehmer. Dies ist zwingende Voraussetzung für einen Einwendungs474 475
Vgl. nur Gilles, JZ 1975, 305 [320 ff.]; T. Raiser, RabelsZ 33 (1969), 457 [458, 471]. Vgl. zu diesem Begriff MünchKomm-BGB / Habersack, § 358 Rn. 38 ff.
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durchgriff, da ansonsten eine Umverteilung der Risiken aus reinen Billigkeitserwägungen droht. Die Bank müsste andernfalls umfassende Nachforschungen anstellen, um der Überbürdung des Insolvenzrisikos zu entgehen476; diese zusätzlichen Kosten würde sie auf den Darlehensnehmer umlegen ohne Rücksicht darauf, ob dieser eine solche Information überhaupt wünscht. Besonders deutlich wird diese Gefahr einer Umverteilung von Risiken aus reinen Billigkeitserwägungen anhand der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Reichweite des Einwendungs- und Rückforderungsdurchgriffs bei der drittfinanzierten Beteiligung an geschlossenen Immobilienfonds.477 Diese Rechtsprechung stößt vor allem deshalb auf Bedenken, weil es der XI. Zivilsenat in ständiger Rechtsprechung bislang abgelehnt hat, allein in der diesen Geschäften zugrundeliegenden Vertriebsstruktur und der Mitwirkung der Banken am Zustandekommen des finanzierten Geschäfts einen haftungsbegründenden Umstand zu sehen.478 Dies zu Recht, weil eine Risikoverlagerung zwingend voraussetzt, daß die Bank die Risiken des Anlagegeschäfts auch besser abschätzen kann als der Darlehensnehmer, was jedoch allenfalls bei einem entsprechenden Wissensvorsprung der Fall ist. Es ist daher zweifelhaft, ob zwischen dem finanzierten Geschäft und dem Darlehensvertrag allein deshalb von einer wirtschaftlichen Einheit ausgegangen werden kann, weil die Bank um die Vertriebsstruktur weiß bzw. Dritten ihre Darlehensvertragsformulare überläßt.479 Hierbei handelt es sich allenfalls um ein Indiz für eine wirtschaftliche Einheit, begründet diese aber erst dann, wenn die Bank auch tatsächlich die wirtschaftlichen Risiken des Geschäfts besser abschätzen kann als der Darlehensnehmer, etwa weil sie derart in die Vertriebsorganisation eingebunden ist, daß sie um die besonderen Risiken des Geschäfts weiß480. Dies wird gerade bei drittfinanzierten Immobiliengeschäften selten der Fall sein, weil der Anleger die Risiken meist zumindest mit den gleichen Kosten wie die Bank abschätzen können wird. Zu berücksichtigen ist dabei, daß es sowohl bei der Weber / Kesselring, NJW 2004, 3469 [3473]. BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 392 / 01, WM 2004, 1518 ff.; BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 407 / 00, WM 2004, 1536 ff.; BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 393 / 02, WM 2004, 1529 ff.; BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 395 / 01, WM 2004, 1521 ff.; BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 374 / 02, WM 2004, 1525 ff.; BGH, Urt. v. 28. 6. 2004 – II ZR 373 / 00, WM 2004, 1675 f. 478 Vgl. nur BGH, Urt. v. 26. 10. 2004 – XI ZR 255 / 03, NJW 2005, 664 [665]; BGH, Urt. v. 18. 3. 2003 – XI ZR 188 / 02, NJW 2003, 2088 [2090]; BGH, Urt. v. 27. 6. 2000 – XI ZR 174 / 99, ZIP 2000, 1430 [1431]; ebenso BGH, Urt. v. 19. 5. 2000 – V ZR 322 / 98, NJW 2000, 3065 [3066 f.]. 479 So BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 407 / 00, WM 2004, 1536 ff.; BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 393 / 02, WM 2004, 1529 ff.; BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 395 / 01, WM 2004, 1521 ff.; BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 374 / 02, WM 2004, 1525 ff. 480 In diese Richtung BGH, Urt. v. 26. 10. 2004 – XI ZR 255 / 03, NJW 2005, 664 [667], wobei allerdings zweifelhaft ist, ob hierfür das Vorliegen kollusiver Absprachen erforderlich ist; deutlich dagegen BGH, Urt. v. 9. 11. 2004 – XI ZR 315 / 03, NJW 2005, 668 [670], wo der Senat von einem konkreten Wissensvorsprung hinsichtlich der speziellen Risiken des finanzierten Projekts spricht. 476 477
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Frage des Einwendungsdurchgriffs als auch der Begründung vorvertraglicher Aufklärungspflichten darum geht, wann der Bank das Verwendungsrisiko aufgebürdet werden kann. Es handelt sich in der Sache also um die gleiche Fragestellung, die lediglich mit unterschiedlichen Instrumentarien gelöst wird. Auch von daher müssen sowohl an den Einwendungsdurchgriff als auch die Begründung von Aufklärungspflichten dieselben Anforderungen gestellt werden. Letztlich stehen hinter der Rechtsprechung des II. Zivilsenats reine Billigkeitserwägungen481 (deep pokket approach). Unabhängig von den gesetzlich geregelten Fällen – insbesondere von Darlehensverträgen mit Verbrauchern – ist der Einwendungsdurchgriff von Rechtsprechung und Schrifttum als allgemeines Rechtsinstitut anerkannt worden.482 Nach dem insbesondere von Hopt konzipierten Verständnis des Einwendungsdurchgriffs soll der Darlehensgeber immer dann den Gegenrechten aus dem finanzierten Geschäft ausgesetzt sein, wenn er die ihm obliegende Neutralität gegenüber seinen Kunden aufgegeben und einseitig die Geschäftstätigkeit des Verkäufers gefördert hat.483 Diesem Konzept läßt sich als allgemeingültige Aussage entnehmen, daß eine Rollenüberschreitung des Darlehensgebers einen Durchgriff rechtfertigen kann. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand läßt sich dieser Gedanke der Überschreitung der „Rolle“ als Kreditinstitut insofern fruchtbar machen, als eine Umverteilung des Verwendungsrisikos auf die Bank zumindest dann naheliegt, wenn diese ihre neutrale Position als bloßer Darlehensgeber verlassen hat.
b) Die Begründung vorvertraglicher Aufklärungspflichten Um die Umverteilung des Verwendungsrisikos vom Darlehensnehmer auf den Darlehensgeber geht es auch bei der Diskussion um die Haftung der Banken bei drittfinanzierten Immobiliengeschäften. Anders als bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen werden mit dem Kredit in diesen Konstellationen bestimmte Projekte (Immobiliengeschäfte) finanziert. Da der Darlehensnehmer das Verwendungsrisiko grundsätzlich zu tragen hat, wird eine Haftung der Bank bei einem Scheitern des finanzierten Geschäfts im Grundsatz zu Recht verneint484, etwa 481 So deutlich BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 407 / 00, WM 2004, 1536 ff.; BGH, Urt. v. 14. 6. 2004 – II ZR 393 / 02, WM 2004, 1529 ff.; diese deutlich in Frage stellend BGH, Urt. v. 26. 10. 2004 – XI ZR 255 / 03, NJW 2005, 664 [667]. 482 BGH, Urt. v. 5. 4. 1962 – VII ZR 183 / 60, BGHZ 37, 94 [99]; Baudenbacher, JZ 1985, 661 ff.; Canaris, ZIP 1980, 709 [720 f.]; Hopt, Festschr. f. Stimpel, 1985, 265 [276]; Imbeck, S. 22 ff., 218 ff.; Immenga, ZHR 187 (1987), 148 [156]; Medicus, Probleme, S. 14; v. Reinersdorff, S. 18 ff., 98, 99; Rümker, ZHR 151 (1987), 162 [170 ff.]. 483 Hopt, Festschr. f. Stimpel, 1985, 265 [283]; Hopt / Mülbert, Vorbem. zu §§ 607 ff. Rn. 429 f. 484 Vgl. nur BGH, Urt. v. 28. 2. 1989 – IX ZR 130 / 88, BGHZ 107, 92 [101]; BGH, Urt. v. 18. 3. 2003 – XI ZR 188 / 02, NJW 2003, 2088 [2090]; BGH, Urt. v. 19. 5. 2000 – V
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wenn sich herausstellt, daß es sich bei dem finanzierten Vorhaben um eine sog. Schrottimmobilie handelt. Eine Haftung der Bank wird insbesondere von der Rechtsprechung lediglich in vier Ausnahmefällen anerkannt: Bestehen eines schwerwiegenden Interessenkonflikts485, Bestehen eines konkreten Wissensvorsprungs hinsichtlich der speziellen, über die allgemeinen Wagnisse hinausgehenden Risiken des finanzierten Geschäfts (sog. Informationsasymmetrie) 486, nach außen erkennbare Überschreitung der Rolle als Darlehensgeber487 oder Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes für den Darlehensnehmer488. In den genannten Konstellationen ist eine Haftung der Bank gerechtfertigt, weil sie das Verwendungsrisiko besser abschätzen kann als der Darlehensnehmer. Aufgegeben hat die Rechtsprechung dagegen inzwischen die Begründung von Aufklärungspflichten über das sog. Aufspaltungsrisiko.489 Dem ist zuzustimmen, denn allein aus der rechtlichen Trennung folgt noch nichts für die Frage, ob der Darlehensgeber den Darlehensnehmer hierauf hinweisen muß; die mit der rechtlichen Trennung einhergehenden Rechtsfolgen und die hierdurch begründete Risikoverteilung stellen, wie gezeigt, die Regel dar, können also nicht selbst schon hinreichender Grund für eine Durchbrechung des Trennungsprinzips sein. Die Voraussetzungen, unter denen eine Aufklärungspflicht ausnahmsweise bejaht worden ist, decken sich dann auch weitgehend mit den Voraussetzungen, die an einen Einwendungsdurchgriff gestellt werden490. Im Gegensatz zu den hier diskutierten Konstellationen geht es im Rahmen des vorliegenden Untersuchungsgegenstands zwar nicht um die Begründung von AufZR 322 / 98, NJW 2000, 3065 [3066 f.]; BGH, Urt. v. 27. 6. 2000 – XI ZR 174 / 99, ZIP 2000, 1430 [1431]. 485 BGH, Urt. v. 23. 3. 2004 – XI ZR 194 / 02, NJW 2004, 2378 [2380]; BGH, Urt. v. 19. 5. 2000 – V ZR 322 / 98, NJW 2000, 3065 [3067]; BGH, Urt. v. 27. 11. 1990 – XI ZR 308 / 89, NJW 1991, 693 f.; BGH, Urt. v. 17. 12. 1991 – XI ZR 128 / 91, NJW-RR 1992, 373 [374 f.]. 486 BGH, Urt. v. 23. 3. 2004 – XI ZR 194 / 02, NJW 2004, 2378 [2380]; BGH, Urt. v. 4. 4. 2001 – VIII ZR 32 / 00, NJW 2001, 2163 [2164]; BGH, Urt. v. 19. 5. 2000 – V ZR 322 / 98, NJW 2000, 3065 [3067]; BGH, Urt. v. 11. 2. 1999 – IX ZR 352 / 97, WM 1999, 678 [679]; BGH, Urt. v. 17. 12. 1991 – XI ZR 128 / 91, NJW-RR 1992, 373 [374 f.] Immenga, ZHR 187 (1987), 148 [154]. 487 BGH, Urt. v. 23. 3. 2004 – XI ZR 194 / 02, NJW 2004, 2378 [2380]; BGH, Urt. v. 19. 5. 2000 – V ZR 322 / 98, NJW 2000, 3065 [3067]; BGH, Urt. v. 16. 6. 1992 – XI ZR 166 / 91, WM 1992, 1269 [1270 f.]; BGH, Urt. v. 21. 1. 1988 – III ZR 179 / 86, NJW 1988, 1583 [1584 f.]. 488 BGH, Urt. v. 23. 3. 2004 – XI ZR 194 / 02, NJW 2004, 2378 [2380]; BGH, Urt. v. 11. 2. 1999 – IX ZR 352 / 97, WM 1999, 678 [679]; Immenga, ZHR 187 (1987), 148 [152 f., 153 f.]; Rümker, ZHR 151 (1987), 162 [168 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Siol, § 44 Rn. 34; s. zum ganzen eingehend Becker, S. 89 ff., 151 ff.; Böckstiegel, S. 99 ff. 489 BGH, Urt. v. 20. 2. 1967 – III ZR 134 / 65, BGHZ 47, 207 [214]; BGH, Urt. v. 5. 4. 1962 – VII ZR 183 / 60, BGHZ 37, 94 [99]; BGH, Urt. v. 17. 11. 1960 – VII ZR 56 / 59, BGHZ 33, 293 [300 f.]; BGH, Urt. v. 17. 11. 1960 – VII ZR 115 / 59, BGHZ 33, 302 [313]. 490 Weber / Kesselring, NJW 2004, 3469 [3476].
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klärungspflichten bezüglich projektbezogener Risiken. Immerhin lassen sich die von der Rechtsprechung diskutieren Ausnahmen jedoch auch hier insofern fruchtbar machen, als es ebenfalls um die Frage geht, wann der Darlehensgeber ausnahmsweise das sog. Verwendungsrisiko zu tragen hat. Im Rahmen einer Sanierung können insbesondere die Fallgruppen des Wissensvorsprungs, der Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes bzw. der Rollenüberschreitung fruchtbar gemacht werden. So kann eine Haftung der Bank etwa dann in Betracht gezogen werden, wenn sie Kenntnis von Umständen hat, die eine Sanierung von Anfang an als aussichtslos erscheinen lassen oder wenn sie einen aussichtsreichen Sanierungsversuch selbst vereitelt. In einem solchen Fall ist eine Umverteilung des Verwendungsrisikos gerechtfertigt, um opportunistisches Verhalten (verdecktes Wissen) und damit eine Fehlallokation zu verhindern. Denn ist die Sanierung aussichtslos, sollte die Aktivität (Darlehensvergabe) ganz unterbleiben.
2. Die Pflicht zur Übernahme zusätzlicher Ausfallrisiken a) Problemstellung Verweigert die Bank eine Mitwirkung am Sanierungsversuch oder bricht sie eine einmal begonnene Mitwirkung ab, geht es nicht um die Umverteilung des Verwendungsrisikos. Anders als in den eben diskutierten Konstellationen soll der Bank nicht ein Risiko zugewiesen werden, das sie im Zeitpunkt der Vergabe des Darlehens oder in der Folgezeit besser abschätzen konnte als der Darlehensnehmer und ihr damit zurechenbar ist. Es geht in den nunmehr zu diskutierenden Konstellationen vielmehr um die Aufbürdung eines neuen Risikos, sei es durch die Statuierung einer Pflicht zum Abschluß weiterer Darlehensverträge (Kontrahierungszwang), durch Ausschluß der Rückforderungs- bzw. Kündigungsmöglichkeit bereits ausgereichter Darlehen sowie durch Begründung bestimmter Mitwirkungspflichten an einem Sanierungsversuch. Für die Bank geht es dabei im Ergebnis um die Übernahme zusätzlicher, nämlich von ihr nicht kalkulierter Insolvenzrisiken. Wird die Bank zur Vergabe eines Sanierungsdarlehens im Wege eines Kontrahierungszwangs verpflichtet, muß sie das Ausfallrisiko übernehmen, ohne dieses selbst abschätzen bzw. absichern zu können. Wird ihr die Rückforderung bereits ausgereichter Darlehen verweigert, muß sie ebenfalls das Insolvenzrisiko des Unternehmens tragen. Bei Vertragsschluß war ihr dieses Risiko zwar bekannt, jedoch wird der Bank in der Krise der Rückgriff auf die für diesen Fall kalkulierten Gegenmaßnahmen (Fälligstellung des Darlehens und Zugriff auf die bestellten Sicherheiten) zumindest vorübergehend, möglicherweise aber auch endgültig verwehrt. Auch insoweit geht es also darum, inwieweit der Bank gegen ihren Willen zusätzliche, von ihr nicht kalkulierte Ausfallrisiken aufgebürdet werden können. Da die Bank bei einer Verweigerung der Mitwirkung untätig bleibt, kann sie nur dann haften, wenn sie eine Handlungspflicht trifft, wenn ihr Unterlassen also
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pflichtwidrig ist.491 Damit ist die Frage aufgeworfen, unter welchen Voraussetzungen sich eine solche Pflicht zu einer zusätzlichen Risikoübernahme ergeben kann, insbesondere, wann die Bank verpflichtet sein kann, das Krisenunternehmen weiter zu stützen und die drohende Insolvenz und damit die Verwirklichung des unternehmerischen Risikos erforderlichenfalls durch Übernahme eigener zusätzlicher, nicht absicherbarer Risiken abzuwenden. In Rechtsprechung und Schrifttum sind außerhalb der wirtschaftlichen Krise, insbesondere im Rahmen der Diskussion um die Begründung eines allgemeinen Kontrahierungszwangs, aber auch im Zusammenhang mit der Begründung besonderer Rücksichtnahme- und Mitwirkungspflichten innerhalb bestehender Vertragsbeziehungen unterschiedliche Konstellationen herausgearbeitet worden. Wie weit derartige Mitwirkungspflichten reichen, ob sich diese insbesondere bis hin zu einem Kontrahierungszwang verdichten, hängt davon ab, welches Maß an Mitwirkung zur Beseitigung der Störung erforderlich ist. Die Rechtsfolgen der im folgenden diskutierten materiellen Kriterien sind daher flexibel492 und können von der Pflicht zur bloß vorübergehenden Darlehensbelassung bis hin zu einer Pflicht zur Gewährung weiterer Darlehen reichen. b) Daseinsvorsorge und volkswirtschaftliches Interesse Soweit sich aus gesetzlichen Tatbeständen ein Kontrahierungszwang ergibt (vgl. § 458 HGB i.V.m. §§ 3, 9 EVO; § 8 PostG; § 10 Abs. 1 EnergieWiG; § 22 PBefG; §§ 13a Abs. 4 Satz 3, 90 Abs. 1 Satz 3 GKG; § 21 Abs. 2 LuftVG; § 4 Abs. 2 NWSparkVO; § 8 SächsSparkVO), liegt diesen der Gedanke der Sicherstellung einer öffentlichen Daseinsvorsorge zugrunde.493 Darüber hinaus ist in gesetzlichen Bestimmungen ein Kontrahierungszwang dann vorgesehen, wenn an dem Vertragsschluß ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit besteht (vgl. § 48 BRAO; § 15 PatG, § 61 UrhG; § 5 PflVersG). Wendet man die sich hieraus ergebenden Grundgedanken auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand an, könnte eine Pflicht zur Gewährung von Sanierungsmaßnahmen, zumindest aber eine Mitwirkungspflicht an der Sanierung daraus abgeleitet werden, daß die Aufrechterhaltung sanierungswürdiger und sanierungsfähiger Unternehmen auch ein Interesse der Allgemeinheit darstellt; dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der mit dem Unternehmenszusammenbruch einhergehenden Nachteile für die Volkswirtschaft, wie etwa Folgeinsolvenzen bei anderen Unternehmen oder die Gefährdung der wirtschaftlichen Situation der betroffenen Wirtschaftsregion.494 Es geht dabei allgemein um die Frage, ob Banken im volkswirtschaftlichen Interesse zu einer Wags. hierzu bereits Nipperdey, S. 55 ff. Vgl. MünchKomm-BGB / Roth, § 242 Rn. 425. 493 s. hierzu nur MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 10. 494 Vgl. OLG Köln, Urt. v. 10. 9. 1999 – 19 U 93 / 97, ZIP 2000, 742 [744]; MünchKommBGB / Mertens3, § 826 Rn. 147. 491 492
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nisfinanzierung verpflichtet sein können495. Wollte man eine solche Pflicht begründen, würden Banken zu öffentlichen, also jedem gegenüber verpflichteten Anbietern von Finanzierungsdienstleistungen (public services).496 In Frankreich, wo der Bankensektor verstaatlicht ist497, besteht gemäß Art. 58 Abs. 1 BankG allerdings lediglich eine Pflicht zur Kontoeröffnung, nicht dagegen zu einer Darlehensgewährung.498 In Deutschland wird insbesondere diskutiert, ob unter dem Gesichtspunkt einer gewissen Grundversorgung unabhängig vom kommerziellen Erfolg des Unternehmens eine Pflicht zur Gewährung von Finanzdienstleistungen, insbesondere eine Pflicht zum Abschluß eines Girovertrages, bestehen kann.499 Die Frage, ob Banken im Hinblick auf das nahezu existentielle Bedürfnis nach bestimmten Finanzdienstleistungen, insbesondere der Führung eines Girokontos, zu einer gewissen Grundversorgung verpflichtet sein können500, ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Vorliegend geht es vielmehr um die Frage, ob Banken verpflichtet sein können, auf eigenes Risiko ein Unternehmen in der Krise zu stützen.501 Denn wer eine Kontrahierungspflicht der Bank in der Krise befürwortet, muß diese auch für verpflichtet halten, die Verträge inhaltlich an die Bedürfnisse des Krisenunternehmens anzupassen. Diesem wäre nicht geholfen, wollte man der Bank die Möglichkeit geben, des mit der Unternehmenskrise verbundene Risikos einen angemessenen und damit entsprechend hohen Zins etwa für die Gewährung eines Sanierungsdarlehens zu verlangen. Auch müßte ein Sanierungsdarlehen ggf. ohne Sicherheiten gewährt werden, weil solche in der Krise meist nicht mehr zur Verfügung stehen. Gegen die Begründung einer solchen allgemeinen, im volkswirtschaftlichen Interesse liegenden Darlehensgewährungspflicht der Bank bestehen vor diesem Hintergrund erhebliche Bedenken.502 Die Begründung einer solchen Verpflichtung der Bank zur Übernahme derartiger Risiken ist mit der grundrechtlich geschützten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit der Kreditinstitute aus Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG nicht in Einklang zu bringen, insbesondere bedürfte ein so weitgehender Eingriff in die Privatautonomie einer gesetzlichen Grundlage. Zwar läßt Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [142]. Vgl. Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [143 f.]; M. Schmitz, S. 75 f. 497 Hadding / Schneider / Roblot / Reinecker, S. 74 ff.; M. Schmitz, S. 73 ff. 498 Cour d’appel de Paris vom 26. 5. 1967, J.C.P. 1986, II 15518; M. Schmitz, S. 75; Hadding / Schneider / Roblot / Reinecker, S. 74 ff. 499 Busche, S. 632 f., 634 ff., 640. 500 s. hierzu eingehend Brügmann, S. 51 ff., 91 ff. 501 Hierzu Knops / Bamberger / Maier-Reiner / Bamberger, § 16 Rn. 13, 45. 502 Zu Recht ablehnend daher Claussen, Bankrecht, § 8 Rn. 46a; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 44; Hildebrand, S. 5 f., 228 f.; Baumbach / Hopt / Merkt, (7) BankGesch G / 28; ders., ZHR 143 (1979), 139 [148 ff.]; Köndgen, Selbstbindung, S. 372; Kruppa, S. 21 ff.; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [278]; M. Schmitz, S. 16; ebenso in bezug auf die Pflicht zum Abschluß eines Girovertrages LG Stuttgart, Urt. v. 6. 9. 1996 – 27 O 343 / 96, NJW 1996, 3347 ff.; MünchKomm-HGB / Hadding / Häuser, ZahlungsV A 59. 495 496
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sich die öffentliche Verantwortung der Kreditinstitute für eine funktionierende Volkswirtschaft nicht bestreiten; allein aus dieser wirtschaftlichen Sonderstellung ergeben sich jedoch lediglich besondere Schutzaufgaben, die der Gesetzgeber auf den verschiedenen Ebenen des Bankaufsichts- und des Wettbewerbsrechts gewährleistet hat (vgl. §§ 13 ff., 18 KWG). Eine generelle Pflicht zur Wagnisfinanzierung im volkswirtschaftlichen Interesse läßt sich hieraus dagegen nicht herleiten. Darüber hinaus bestehen gegen eine allgemeine Darlehensgewährungspflicht im volkswirtschaftlichen Interesse aber auch deshalb schwerwiegende Bedenken, weil die Banken die mit einer solchen aufgezwungenen Risikoübernahme einhergehenden Kosten auf ihre Kunden abwälzen würden. Eine Verteuerung von Finanzdienstleistungen, insbesondere der Kredite, wäre die Folge. Die im Interesse der Allgemeinheit erzwungene Abschlußpflicht der Bank würde damit letztlich von den Kunden des jeweiligen Kreditinstituts finanziert werden. Eine Verteuerung von Krediten, die nicht im Zusammenhang mit den spezifischen Risiken des individuellen Vertrages steht, liegt ebenfalls nicht im volkswirtschaftlichen Interesse. Eine Abschlußpflicht kann sich daher nicht aus einem Interesse der Allgemeinheit, sondern allenfalls aus dem zwischen der Bank und dem Unternehmen bestehenden Rechtsverhältnis ergeben.503 c) Monopolstellung und Marktmacht Von einem Kontrahierungszwang wird allgemein bei Bestehen eines Monopols des Vertragsinteressenten ausgegangen.504 Im Schrifttum werden in diesem Zusammenhang ferner Begriffe wie „Marktmacht“ oder „Marktstärke“ verwendet.505 Auch dann soll ein Kontrahierungszwang allerdings nur dann in Betracht kommen, wenn es sich um Güter oder Dienstleistungen handelt, bei denen das „Interesse der Allgemeinheit“ es verlangt, daß der einzelne an den betreffenden Gütern teilhat.506 Die Begriffe „Marktstärke“ und „Interesse der Allgemeinheit“ vermögen aber kaum den eigentlichen Verpflichtungsgrund offenzulegen. In den genannten Konstellationen geht es nämlich darum, dass der Markt nicht funktioniert, weil es aufgrund der Monopolstellung kein Wechselspiel von Angebot und Nachfrage gibt. Dann kann der Monopolist sämtliche Bedingungen über den Abschluß, insbesondere den Preis, bestimmen. Dies rechtfertigt Eingriffe in Form eines Kontrahierungszwangs.507 Für 503 Zutreffend Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [148]; Kruppa, S. 21 f.; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [197]; Voglis, S. 147 ff.; Vortmann, WuB I E 1. Kreditvertrag 9.94, S. 762 [763 f.]. 504 MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 13; Nipperdey, S. 61 ff.; s. a. F. Bydlinski, AcP 180 (1980), 1 ff. 505 MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 13. 506 s. hierzu nur MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 13 m.w.Nachw.; s. a. Nipperdey, S. 15, 16 f. 507 Brügmann, S. 186; Katz, S. 433 [441].
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den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ergeben sich hieraus allerdings keine wesentlichen Aussagen, weil eine Monopolstellung im Bankensektor kaum vorstellbar ist.508 Relevant werden kann lediglich eine individuelle Machtstellung der Bank gegenüber dem einzelnen Krisenunternehmen; die hiermit angesprochenen Probleme werden jedoch weithin unter dem Begriff der „Abhängigkeit“ diskutiert, worauf im folgenden einzugehen ist. d) Abhängigkeit Im Schrifttum ist ein Kontrahierungszwang ferner dann diskutiert worden, wenn sich der Vertragsinteressent in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Anbieter befindet.509 Eine solche Abhängigkeit wird dann angenommen, wenn dem Vertragsinteressenten ein Ausweichen auf andere Anbieter nicht möglich ist.510 In diesem Zusammenhang wird zwischen sachlicher511, räumlich-zeitlicher 512 sowie konditionaler513 Abhängigkeit unterschieden; bei Vorliegen sachlicher Ausweichmöglichkeiten soll in der Regel auch keine räumlich-zeitliche bzw. konditionale Abhängigkeit vorliegen.514 Von einer Abhängigkeit soll ferner dann ausgegangen werden können, wenn der Vertragsinteressent wirtschaftlich an einen Anbieter gebunden ist (sog. wirtschaftliche Abhängigkeit). Selbst wenn andere Anbieter die Leistungen zu gleichwertigen Bedingungen anbieten, kann danach eine Abhängigkeit daraus folgen, daß der Anbieter einen Marktteilnehmer derart an sich bindet, daß dieser am Markt nicht mehr frei teilnehmen kann, etwa indem er sich sämtliches Vermögen zur Sicherung übertragen läßt. In Rechtsprechung und Schrifttum wird dies mit dem Begriff der (wirtschaftlichen) „Knebelung“515 oder der „Aussaugung“516 umschrieben. Zum Teil werden Eingriffe in die Privatautonomie auch Vgl. Brügmann, S. 192 ff., 201; Busche, S. 637 f. Busche, S. 131 ff.; Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [125 f., 132 f.]; Hoffmann, S. 141; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 380; Schweer, S. 11; Voglis, S. 161; Wiegelmann, S. 177 ff., 215 ff.; vgl. zur „Unterdrückung einzelner wirtschaftlich schwacher Existenzen“ bereits Nipperdey, S. 2; s. ferner Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 13. 510 Busche, S. 132. 511 Gleichwertigkeit und Gleichartigkeit der anderweitig angebotenen Leistungen. 512 Erfüllung des Vertragsinteresses auch bei räumlicher Entfernung. 513 Aus der Sicht des Nachfragers auch hinsichtlich der Vertragsbedingungen angemessenes Alternativangebot, ggf. auch unter Berücksichtigung „sekundärer“ Vertragskosten bei räumlich weit entfernten Anbietern. 514 Busche, S. 133 ff. 515 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [52]; BGH, Urt. v. 2. 2. 1955 – IV ZR 252 / 54, NJW 1955, 1272 [1273 f.]; De Meo, S. 299 Rn. 327; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 160; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 151; Olbers, S. 132 ff.; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [203]; Serick, I, § 30 VII., S. 73 ff.; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 95; K. Schmidt / Uhlenbruck / Wittig, Rn. 141 ff., 149 ff. 516 RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [253]; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 160; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 149 f. 508 509
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mit dem sich aus Art. 20 Abs. 1 GG abgeleiteten Sozialstaatsprinzip gerechtfertigt.517 Mit ähnlichen Argumenten sind im Schrifttum zum Teil besondere Rücksichtnahmepflichten von „Großgläubigern“ gegenüber „Kleingläubigern“ hergeleitet worden.518 Mit dem Merkmal der Abhängigkeit ist ein wichtiges, zugleich aber auch problematisches Entscheidungskriterium angesprochen. Problematisch ist dabei, welche Schlußfolgerungen aus einer bestehenden Abhängigkeit gezogen werden. Insbesondere kann Abhängigkeit nicht gleichbedeutend sein mit Angewiesenheit. In einem funktionierenden Markt kann es zahlreiche Situationen geben, in denen der Nachfrager ein berechtigtes Bedürfnis auf eine Leistung hat, es aber dennoch nicht zu der gewünschten Transaktion kommt. Insbesondere gegen die Begründung „sachlicher“, „räumlich-zeitlicher“ sowie „konditionaler“ Abhängigkeit bestehen Bedenken, weil die Ursachen für diese Abhängigkeiten nicht aus dem Verhältnis zwischen dem Anbieter und dem Nachfrager selbst resultieren. In diesem Sinne wäre Abhängigkeit in der Tat gleichbedeutend mit Angewiesenheit auf eine Leistung. In einem funktionierenden Markt würde selbst bei Bestehen einer Abhängigkeit in diesem Sinne eine Transaktion stattfinden, weil für den Anbieter kein Grund besteht, den Nachfrager abzulehnen. Tut er dies doch, ist dies hinzunehmen, es sei denn, es kann von einer Monopolstellung des Anbieters ausgegangen werden. Im übrigen aber sollten die berechtigten Interessen der Nachfrager bei einer Abhängigkeit im oben genannten Sinne nicht durch die Begründung eines Kontrahierungszwangs befriedigt werden, sondern durch staatliche Transferzahlungen, also durch die Allgemeinheit. Ansonsten bestünde wiederum die Gefahr, daß die mit der Begründung einer Abschlußpflicht einhergehenden Kosten auf die übrigen Kunden abgewälzt werden, was zu einer Verteuerung der Leistung und so zu einer Quersubventionierung führen würde. Problematisch am Begriff der „wirtschaftlichen Abhängigkeit“ ist, daß dieser völlig unbestimmt ist und meist nicht näher definiert wird. Wirtschaftliche Abhängigkeiten können ihren Grund in zahlreichen Faktoren haben. Insbesondere ist ein Krisenunternehmen immer auch abhängig von der Reaktion seiner Hausbank auf die Krise. Allein hieraus lassen sich aber, wie gezeigt, noch keine konkreten Verhaltenspflichten ableiten.519 Auch die Begriffe der „Knebelung“ und „Aussaugung“ sind in diesem Zusammenhang nicht weiterführend. Insbesondere Hausbanken werden Unternehmen zahlreiche und umfangreiche Kredite zur Verfügung stellen. Dann aber wird den Banken in der Regel auch ein Großteil des Betriebsvermögens als Sicherheiten zur Verfügung gestellt. Hierdurch ist dem Unternehmen die Möglichkeit genommen, sich anderweitig Kredite zu verschaffen. Dies wird das Unternehmen aber selbst in Kauf nehmen. Insbesondere hat die Bindung an eine Bank auch erhebliche Vorteile. Vor allem Such- und Informationskosten 517 518 519
Voglis, S. 150 f. Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [271]. Zutreffend hierzu auch Engert, S. 161.
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werden hierdurch minimiert. Ferner können die (übrigen) Gläubiger des Unternehmens auch nicht darauf vertrauen, daß ihnen das gesamte Betriebsvermögen als Haftungsmasse zur Verfügung steht. Diese müssen sich vielmehr selbst hinreichend absichern. Die wirtschaftliche Abhängigkeit vermag damit keinen hinreichenden Grund für eine Verantwortlichkeit der Bank zu begründen. Auch dem Sozialstaatsprinzip lassen sich infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine weitergehenden unmittelbaren Handlungsanweisungen entnehmen, die ohne gesetzliche Grundlage in geltendes Recht umgesetzt werden könnten. Das Sozialstaatsprinzip ist zwar bei der Auslegung und Anwendung von Normen zu beachten, jedoch folgen aus ihm keine konkreten Leistungsansprüche, wie etwa die Pflicht zur Gewährleistung einer angemessenen Darlehensversorgung, sei es auch im Wege eines Kontrahierungszwangs mit Hilfe des § 826 BGB.520 Eine solche zu begründen wäre allein Aufgabe des Gesetzgebers521, vorbehaltlich dessen, daß ein allgemeiner Kontrahierungszwang überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, worauf hier nicht näher eingegangen werden kann. Der Rechtsanwender könnte einen so weitreichenden Eingriff in die Grundrechtspositionen der Kreditinstitute jedenfalls nicht vornehmen. Im übrigen würden mit der Begründung eines Kontrahierungszwangs auch die bereits beschriebenen Nachteile einhergehen, insbesondere die Verteuerung von Finanzdienstleistungen. Konkrete Verhaltenspflichten der Bank können sich unter dem Gesichtspunkt der Abhängigkeit aber dann ergeben, wenn diese die wirtschaftliche Bindung des Nachfragers um der eigenen Vorteile willen ausnutzt. Ihr kann nämlich aufgrund dieser Bindungen eine sog. hold-out-Position zukommen.522 Dies gilt insbesondere in der wirtschaftlichen Krise, weil das Unternehmen dann auf das Verhalten der Bank nicht mehr dadurch reagieren kann, daß es die Geschäftsbeziehungen einfach abbricht. Es fehlt dann an einer Sanktionsmöglichkeit durch den Markt. Die Bank kann das Krisenunternehmen in einem solchen Fall etwa dahingehend beeinflussen, sich nicht am Markt Kredite von dritter Seite zu verschaffen, etwa indem sie Sicherheiten vertragswidrig nicht freigibt oder auf die Unternehmensführung entsprechend einwirkt, um sich selbst eine ausreichende Haftungsmasse für nicht oder nicht hinreichend besicherte Risiken zu erhalten. Dann liegt ein Fall des Marktversagens in Form opportunistischen Verhaltens vor. Ferner kann die Bank die wirtschaftlichen Bindungen dazu ausnutzen, um sich im Rahmen von Sanierungsverhandlungen Sonderkonditionen einräumen zu lassen. Auch hier fehlt es an einer Sanktion durch den Markt. Aus dem Gesagten folgt, daß die Abhängigkeit selbst keine konkreten Verhaltenspflichten zu begründen vermag. Sie kann jedoch der Bank die Möglichkeit er520 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [326 f.]; Armspach, S. 170; Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [871 f.]; Keitel, S. 113; Larenz, Methodenlehre, S. 474. 521 Gundlach, S. 9. 522 Vgl. H.-B. Schäfer / Ott, 19 / 1; s. a. Engert, S. 161 f.
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öffnen, die wirtschaftlichen Bindungen zu dem Unternehmen zu opportunistischem Verhalten auszunutzen, insbesondere in der wirtschaftlichen Krise. In diesem Fall können Eingriffe durch Begründung konkreter Verhaltenspflichten erforderlich sein. e) Unterlegenheit Ein weiteres Kriterium zur Begründung besonderer Verhaltenspflichten ist das der Unterlegenheit einer Marktseite. In diesem Sinne hat insbesondere das Bundesverfassungsgericht festgestellt, daß Vertragsfreiheit eine gleiche Verhandlungsstärke der Parteien voraussetze.523 In diesem Zusammenhang wird oft von einer „strukturellen Unterlegenheit“ gesprochen.524 Auch im Schrifttum ist dem Merkmal der Waffengleichheit und dem Machtgleichgewicht besondere Bedeutung beigemessen worden.525 In Teilen der Rechtsprechung und des Schrifttums wird ferner diskutiert, ob sich konkrete Verhaltenspflichten von Banken aufgrund einer Geschäftsunerfahrenheit und erkennbarer Schutzbedürftigkeit des Darlehensnehmers ergeben können.526 Das hierdurch erreichte Schutzniveau geht weit über das zuvor unter dem Merkmal der „Abhängigkeit“ Diskutierte hinaus, weil in diesem Fall Eingriffe in die Privatautonomie bereits dann möglich wären, wenn eine derartige Waffengleichheit nicht besteht, unabhängig davon, ob hieraus eine Abhängigkeit des Marktteilnehmers resultiert. Insbesondere ist versucht worden, den Verbraucherschutzgedanken unter dem Gesichtspunkt eines „informationellen“ Ungleichgewichts zu erklären.527 523 BVerfG, Beschl. v. 19. 10. 1993 – 1 BvR 1044 / 89, BVerfGE 89, 214 ff.; BVerfG, Beschl. v. 7. 2. 1990 – 1 BvR 26 / 84, BVerfGE 81, 242 ff.; ferner Knops / Bamberger / MaierReimer / Bamberger, § 16 Rn. 45. 524 MünchKomm-BGB / Roth, § 242 Rn. 428, 430, 436 („strukturell ungleiche Verhandlungsstärke“). 525 LG Darmstadt, Urt. v. 20. 12. 1999 – 10 O 120 / 99, ZfIR 2000, 115 [117 f.]; Becker, S. 38 ff.; Fuellmich / Rieger, ZIP 1999, 465 [466]; MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 3; Schwintowski / Schäfer, § 7 Rn. 99; ebenso bereits Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 [152]. 526 Bejahend LG Frankfurt, Urt. v. 8. 6. 2000 – 2 – 19 O 131 / 99, WM 2001, 257 [260]; LG Freiburg, Urt. v. 16. 3. 1999 – 5 O 404 / 98, BB 1999, 1717; Fuellmich / Rieger, ZIP 1999, 465 [469 ff.]; Schwintowski / Schäfer, § 7 Rn. 122 f.; Spickhoff / Petershagen, BB 1999, 165 [166]; Köndgen, NJW 2000, 468 [469 f.] verneint zwar eine eigene Fallgruppe der Unerfahrenheit, begrüßt aber die Tendenz der Rechtsprechung, sich an der individuellen Schutzbedürftigkeit des Kreditnehmers zu orientieren; ablehnend dagegen OLG Köln, Urt. v. 20. 6. 2000 – 22 U 215 / 99, WM 2000, 2139 [2144]; OLG München, Urt. v. 3. 9. 2000 – 17 U 2317 / 00, WM 2001, 252 [255]; OLG Stuttgart, Urt. v. 12. 1. 2000 – 9 U 155 / 99, WM 2000, 292 [298]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Siol, § 44 Rn. 37a; der Entscheidung BGH, Urt. v. 11. 2. 1999 – IX ZR 352 / 97, WM 1999, 678 [681] läßt sich nichts anderes entnehmen, da der Senat die Geschäftsunerfahrenheit nur zur Bekräftigung seiner Auffassung anführt („ . . . um so weniger . . . “), dagegen aus der Geschäftsunerfahrenheit keine eigenständige Aufklärungspflicht ableitet.
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Gegen das Kriterium der „strukturellen Unterlegenheit“ bzw. des „Machtungleichgewichtes“ sprechen im wesentlichen dieselben Bedenken wie gegen das Kriterium der Abhängigkeit. Insbesondere ist völlig unklar, wann von einer solchen Unterlegenheit ausgegangen werden kann. Das Anknüpfen an eine „strukturell“ bedingte Ungleichgewichtslage birgt ebenfalls die Gefahr in sich, zur Beschränkung privatautonomer Entscheidungen an außerhalb des jeweiligen Vertrages liegende Ursachen anzuknüpfen. Intellektuelle und wirtschaftliche Ungleichgewichte sind aber für einen funktionierenden Markt nicht außergewöhnlich. Problematisch werden diese erst, wenn es aufgrund der Unterlegenheit zu einem Marktversagen kommt, insbesondere wenn überlegenes Wissen zu opportunistischem Verhalten ausgenutzt wird. Im übrigen ist mit dem Merkmal der Unterlegenheit auch deshalb nichts Wesentliches gewonnen, weil auch bei einer gleichen Verhandlungsstärke ein Vertrag durch unfaires Verhalten (Täuschung, Verheimlichung) zustande kommen kann. Entscheidend ist also nicht, ob die Parteien über eine vergleichbare Verhandlungsmacht verfügen, sondern ob die Vertragspartner eine selbstbestimmte Entscheidung darüber treffen konnten, einen Vertrag einzugehen oder nicht. Dies ist gerade bei den viel diskutierten „Bürgschaftsfällen“ dann nicht der Fall, wenn der Bürge den Vertrag nur aus emotionaler Verbundenheit, also aus einer faktischen Zwangslage heraus geschlossen hat. Der maßgebliche Grund resultiert dann aber nicht aus einer Unterlegenheit des Bürgen, sondern daraus, daß dieser faktisch nicht frei entscheiden konnte. Ebenso ist Verbraucherschutz nicht erforderlich, weil die Verbraucher der Anbieterseite unterlegen sind, sondern nur deshalb, um Marktversagen zu verhindern.528 Die vorgenannten Grundsätze liegen in der Sache auch der Rechtsprechung zur sog. Vertragsbruchtheorie zugrunde, nach der eine Globalzession ausnahmsweise dann sittenwidrig sein kann, wenn der Sicherungsgeber hierdurch in eine derartige Zwangslage gerät, daß er gegenüber seinen Lieferanten, die ihre Waren nur gegen Einräumung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts veräußern, zum Vertragsbruch gezwungen ist.529 Der maßgebliche Grund liegt hier nicht primär in dem Schutz der Lieferanten, sondern darin, daß sich der Sicherungsgeber in einer faktischen Zwangslage befindet, da eine anderweitige Besicherung der Lieferanten aufgrund des Eigentumsverlustes nicht möglich ist. Insbesondere kommt keine Sicherungsübereignung in Betracht, weil der Sicherungsgeber ansonsten seinen Geschäftsbetrieb nicht aufrecht erhalten könnte. Eine solche faktische Zwangslage besteht etwa dann nicht, wenn eine anderweitige Besicherungsmöglichkeit besteht, wie gegenüber Vermietern des Sicherungsgebers.530 Ebenso wie bei dem Kriterium der Abhängigkeit können konkrete Verhaltenspflichten daher nicht aus der UnterSo insbesondere Dauner-Lieb, S. 67 und passim; s. ferner Becker, S. 40 f. H.-B. Schäfer / Ott, 9 / 1.9. 529 Hierzu eingehend Eidenmüller / Engert, Festschr. f. Kollhosser, S. 103 [107 ff.]. 530 Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 14. 7. 2004 – XII ZR 257 / 01, NJW 2005, 1192 [1193 f.] m.w.Nachw.; s. weiter Eidenmüller / Engert, Festschr. f. Kollhosser, S. 103 [112 ff.]. 527 528
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legenheit selbst, sondern allenfalls daraus resultieren, daß diese zu unfairem Verhalten ausgenutzt wird. Entscheidend ist also auch hier, daß es zu einem Marktversagen kommt. f) Treu und Glauben Besondere Verhaltenspflichten können sich ferner aus Treu und Glauben ergeben (§ 242 BGB). Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn sich der Verpflichtete mit seinem eigenen vorangegangenen Verhalten in Widerspruch setzt (venire contra factum proprium).531 Auch aus dem Verbot, sich auf sein eigenes pflichtwidriges Verhalten zu berufen (turpitudinem suam allegans nemo auditur), ist ein Ausschluß von Rechtspositionen des Verpflichteten angenommen worden. So hat die Rechtsprechung etwa das Recht eines Bürgschaftsgläubigers, seinen Anspruch gegen den Bürgen durchzusetzen, als verwirkt angesehen, wenn er unter Verletzung seiner Vertragspflichten gegenüber dem Hauptschuldner dessen wirtschaftlichen Zusammenbruch schuldhaft verursacht, also den Bürgschaftsfall selbst herbeigeführt und jeden Rückgriff des Bürgen vereitelt hat.532 Hiervon ist die Rechtsprechung etwa dann ausgegangen, wenn eine Bank den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Hauptschuldners dadurch herbeiführt, daß sie pflichtwidrig Verfügungen des Hauptschuldners nicht mehr zuläßt, etwa Schecks nicht mehr einlöst, obwohl sich die damit einhergehende Kontobelastung im Rahmen des vereinbarten Kontokorrentkredits gehalten hätte.533 In der Sache handelt es sich dabei um eine Internalisierung der bei dem Bürgen entstandenen negativen externen Effekte, indem es dem Gläubiger versagt wird, auf die Bürgschaft zuzugreifen. Auf der Grundlage von Treu und Glauben wird letztlich eine Handlungspflicht aus einem vorangegangenem pflichtwidrigen Tun (Ingerenz) begründet.534 Problematisch an den vorbezeichneten Kriterien ist, daß meist nicht hinreichend ersichtlich ist, unter welchen Voraussetzungen die Weigerung einer Bank als „pflichtwidrig“ bezeichnet werden kann. Insbesondere setzt die Beurteilung eines Verhaltens als pflicht- bzw. treuwidrig voraus, daß das Verhalten unter wertender Betrachtungsweise nicht hingenommen werden kann. Denn auch die Anwendung des § 242 BGB führt in den hier genannten Fällen zu einer zum Teil ganz erheblichen Beschränkung der Rechtsposition des Verpflichteten. Auch hier kommt die Funktion des Vertragsrechts zum Zuge: Treu- bzw. pflichtwidrig im Sinne des § 242 BGB ist ein Verhalten des Verpflichteten dann, wenn ein Fall des Marktversagens vorliegt. Hat die Bank sich durch Bestellung entsprechender Sicherheiten 531 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [124 f.]; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 36. 532 BGH, Urt. v. 14. 9. 2004 – XI ZR 184 / 03, BB 2004, 2544 [2547] m.w.Nachw. 533 BGH, Urt. v. 14. 9. 2004 – XI ZR 184 / 03, BB 2004, 2544 [2547] m.w.Nachw. 534 Vgl. zu diesem Gedanken auch Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 79.
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gegen das Ausfallrisiko abgesichert, kann sie hinsichtlich eines möglichen Zusammenbruchs des Unternehmens risikofreudig handeln. Führt die Bank selbst die Krise herbei und vereitelt sie damit einen Rückgriff etwa eines Bürgen, bestünde für die Bank kein Anreiz mehr, sich fair zu verhalten. Insbesondere zur Vermeidung opportunistischen Verhaltens kann daher ein Verhalten als pflicht- oder treuwidrig angesehen werden. Da die durch das Verhalten der Bank verursachten externen Effekte nicht durch den Markt reguliert werden, muß das Vertragsrecht entsprechende Anreize zu einem fairen Verhalten setzen. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand folgt hieraus: Verursacht die Bank die Krise des Unternehmens durch opportunistisches Verhalten, kann sie zur Mitwirkung an einem Sanierungsversuch verpflichtet sein. Wie weit solche Mitwirkungspflichten reichen, wird im Dritten Teil dieser Untersuchung im einzelnen erörtert.535 g) Vertrauensschutz Ein weiteres Kriterium zur Begründung von konkreten Verhaltenspflichten könnte sich aus der Inanspruchnahme von Vertrauen ergeben. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Bank bei dem Krisenunternehmen ein berechtigtes Vertrauen dahingehend geschaffen hat, daß sie die Krise abwenden, zumindest aber das Krisenunternehmen weiter stützen werde. Weigert sich die Bank dann, an einem Sanierungsversuch mitzuwirken, könnte sie hierzu wegen der Inanspruchnahme von Vertrauen verpflichtet sein. Eine solche Mitwirkungspflicht könnte sich dabei wiederum aus Treu und Glauben ergeben. Die Weigerung der Bank könnte als treuwidrig angesehen werden, insbesondere als Verstoß gegen das Verbot des venire contra factum proprium. Der Aspekt des Schutzes berechtigten Vertrauens wäre dabei ein materielles Kriterium zur Beurteilung eines Verhaltens als „widersprüchlich“. Bei einem Verstoß gegen diese Pflichten (§§ 241 Abs. 1, 242 BGB) würde die Bank entweder aus einem eigenständigen Schuldverhältnis (§§ 311 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB) oder wegen Verschuldens bei Vertragsschluß (§§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB) haften, letzteres etwa dann, wenn sie mit dem Krisenunternehmen Verhandlungen über den Abschluß einer Sanierungsvereinbarung aufnimmt, diese aber abbricht. Problematisch an der Begründung konkreter Pflichten auf Mitwirkung, insbesondere auf Abschluß eines Vertrages ist dabei zunächst die Frage, ob sich aus der Inanspruchnahme von Vertrauen überhaupt ein Anspruch auf Erfüllung eines nicht zustande gekommenen Vertrages ergeben kann. So heißt es in Rechtsprechung und Schrifttum immer wieder, eine Haftung wegen enttäuschten Vertrauens sei stets auf das negative Interesse gerichtet.536 Dies würde bedeuten, daß sich aus der InCanaris, ZHR 143 (1979), 113 [124 f.]. Vgl. nur BGH, Urt. v. 11. 2. 1999 – IX ZR 352 / 97, NJW 1999, 2032 [2034] m.w.Nachw.; BGH, Urt. v. 24. 6. 1998 – XII ZR 126 / 96, NJW 1998, 2900 [2901]; Bohrer, S. 258; MünchKomm-BGB / Emmerich, Vor § 275 Rn. 201 f.; A. Henke, S. 69; Staudinger / 535 536
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anspruchnahme von Vertrauen stets nur ein Anspruch ergeben würde, so gestellt zu werden wie man stünde, wenn das Vertrauen nicht in Anspruch genommen worden wäre. Dann aber wäre es zu keiner Mitwirkung der Bank gekommen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich aus der Inanspruchnahme von Vertrauen positive Leistungsansprüche auf Mitwirkung, insbesondere auf Abschluß eines Vertrages ergeben könnten, dessen Verletzung dann zum Ersatz des positiven Interesses führen würde. In dieser Allgemeinheit ist jedoch die Behauptung, die Haftung wegen enttäuschten Vertrauens sei stets auf das negative Interesse gerichtet, unzutreffend, zumindest aber ungenau. Die Inanspruchnahme von Vertrauen betrifft die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftung, etwa aus Verschulden bei Vertragsschluß (§§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB). Dagegen betrifft die Frage des zu ersetzenden Interesses die Rechtsfolge eines solchen Anspruchs. Diese ergibt sich aus den §§ 249 ff. BGB, insbesondere aus § 249 Abs. 1 BGB. Wie der Geschädigte zu stellen ist, ergibt sich hierbei insbesondere daraus, welche Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt wurde. War der Schuldner zum Abschluß eines Vertrages verpflichtet, ist der Geschädigte so zu stellen, als wäre der Vertrag zustande gekommen. Diese Abschlußpflicht kann sich aus einem Vorvertrag, aber auch aus Treu und Glauben ergeben. Letzteres ist unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme von Vertrauen allerdings allenfalls dann möglich, wenn der Schuldner gerade einen besonderen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen hat, daß der Vertrag sicher zustande kommen wird.537 Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Vertrag zwar zustande kommt, für den Gläubiger aber zu ungünstigeren Bedingungen.538 Voraussetzung für eine solche Haftung auf das Interesse aus einem nicht geschlossenen Vertrag ist, daß der Schädiger sich mit seinem vorherigen, das Vertrauen begründeten Verhalten, in Widerspruch setzen würde, verweigerte er den Abschluß eines solchen Vertrages.539 So ist anerkannt, daß aufgrund eines Schweigens ein Vertrag zustande kommen kann, wenn der Schweigende nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, seinen abweichenden Willen zu äußern.540 Auch dies verdeutlicht, daß sich aus der Inanspruchnahme von Vertrauen Pflichten zum Abschluß eines Vertrages ergeben können bzw. daß unter bestimmten Voraussetzungen ein solcher sogar als geschlossen betrachtet werden kann. Ferner zeigt nunmehr auch die Haftung nach § 311a BGB, daß die Enttäuschung des Vertrauens eine Haftung auf das positive Interesse auslösen kann, nämlich für das enttäuschte Vertrauen in eine Garantieübernahme.541 Löwisch, Vorbem. zu §§ 275 ff. Rn. 94 f.; Lorenz, NJW 1999, 1001; Nirk, Festschr. f. Möhring, S. 71 [86 ff.]. 537 Palandt / Heinrichs, Einf. v. § 116 Rn. 10. 538 Hierzu nur BGH, Urt. v. 11. 2. 1999 – IX ZR 352 / 97, NJW 1999, 2032 [2034] m.w.Nachw.; BGH, Urt. v. 24. 6. 1998 – XII ZR 126 / 96, NJW 1998, 2900 [2901]; Lorenz, NJW 1999, 1001; Nirk, Festschr. f. Möhring, S. 71 [90]. 539 Hans Stoll, JZ 1999, 95 [96]; ablehnend dagegen Staudinger / Löwisch, Vorbem. zu §§ 275 ff. Rn. 75. 540 s. hierzu nur Palandt / Heinrichs, Einf. v. § 116 Rn. 6 m.w.Nachw.
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Ist dagegen kein berechtigtes Vertrauen auf das Zustandekommen eines Vertrages geschaffen worden, besteht das in Anspruch genommene Vertrauen insbesondere lediglich in der Aufnahme von Vertragsverhandlungen, ist der Schuldner dagegen nicht zum Abschluß eines Vertrages verpflichtet. Eine Pflichtverletzung kann dann allenfalls darin gesehen werden, daß der Schuldner den Gläubiger nicht über seine geschwundene Vertragsgeneigtheit aufgeklärt hat. Dann schuldet der Aufklärungspflichtige allerdings nicht den Abschluß des Vertrages, weil dieser bei einer ordnungsgemäßen, also rechtzeitigen Aufklärung ebenfalls nicht geschlossen worden wäre. Allerdings kann auch in den Fällen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen das negative Interesse das positive Interesse umfassen, so etwa dann, wenn der Gläubiger im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages ein anderes Vertragsverhältnis gekündigt oder den Abschluß eines anderen Vertrages unterlassen hat.542 Soweit gegen die Herleitung von Mitwirkungspflichten aus der Inanspruchnahme von Vertrauen demnach keine dogmatischen Bedenken sprechen, bleibt jedoch noch die Frage, ob die Inanspruchnahme von Vertrauen überhaupt als materielles Kriterium überzeugt. Hierauf wird im Rahmen einer möglichen Vertrauenshaftung der Bank gegenüber Dritten im einzelnen einzugehen sein.543
3. Zusammenfassung Aus den in Rechtsprechung und Schrifttum außerhalb einer Krise diskutierten Fallgruppen läßt sich entnehmen, daß die Bank zur Übernahme des Verwendungsrisikos verpflichtet sein kann, wenn sie ihre Rolle als Kreditgeberin überschreitet, ferner dann, wenn sie über einen Wissensvorsprung verfügt oder einen besonderen Gefährdungstatbestand schafft. Geht es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Bank verpflichtet sein kann, an einem Sanierungsversuch mitzuwirken, ist entscheidendes Kriterium ebenfalls das Vorliegen von Marktversagen. Dies ist der Fall, wenn die Bank eine Monopolstellung, die wirtschaftliche Abhängigkeit bzw. Unterlegenheit des Unternehmens oder dessen Vertrauen zu opportunistischem Verhalten ausnutzt. Bei Vorliegen von Marktversagen muß diejenige Risikozuweisung hergestellt werden, die unter fairen Bedingungen erfolgt wäre. Dies kann zu besonderen Mitwirkungspflichten der Bank in der Krise führen.
541 Das Vertretenmüssen würde sich dann darauf beziehen, daß der Schuldner hätte erkennen können, daß die Garantiezusage falsch ist. 542 Das gilt allerdings nur dann, wenn dies erfolgt, nachdem der Schuldner seine Vertragsgeneigtheit aufgegeben und den Gläubiger nicht aufgeklärt hat, da die Pflichtverletzung sonst nicht kausal für den Schaden geworden ist. Im übrigen kann den Gläubiger auch ein Mitverschulden treffen, wenn er ein anderes Vertragsverhältnis kündigt oder den Abschluß eines anderen Vertrages im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages mit dem Schuldner ablehnt. 543 s. hierzu unten II. 7.
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II. Abweichende Risikozuweisung gegenüber Dritten Eine Haftung der Bank gegenüber Mitgläubigern des Krisenunternehmens führt zu einer Einschränkung der Schutzfunktion des Relativitätsprinzips. Ganz allgemein gesprochen geht es dabei um den Vermögensschutz Dritter, hier der Mitgläubiger. In Rechtsprechung und Schrifttum sind in diesem Zusammenhang mehrere Lösungsansätze eingehend diskutiert worden. Auch für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand können die dabei entwickelten Haftungskriterien relevant werden.544 Dogmatisch werden diese Haftungskriterien entweder im Rahmen einer Eigenhaftung Dritter aus culpa in contrahendo oder im Rahmen der Einbeziehung Dritter in die Schutzwirkung eines fremden Vertrages diskutiert. Beide bislang richterrechtlich entwickelten Rechtsinstitute sind nunmehr in § 311 Abs. 3 BGB zusammengefaßt.545 In der Sache geht es dabei um eine teleologische Reduktion des Relativitätsprinzips.546 1. Die Relevanz der sog. Drittschutzproblematik für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand Die in Rechtsprechung und Schrifttum unter dem Begriff der Drittschutzproblematik diskutierten Konstellationen befassen sich ganz überwiegend damit, unter welchen Voraussetzungen ein Dritter den Schuldner aufgrund einer dem Gläubiger eines Schuldverhältnisses gegenüber verletzten Primärpflicht auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann. In den dieser Untersuchung zugrunde liegenden Fällen kann eine solche Pflichtverletzung der Bank zunächst darin bestehen, daß sie die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens falsch einschätzt und diesem daher zur Sanierung rät. In dieser Situation geht es um die Frage, ob ein Mitgläubiger die Bank aufgrund einer solchen Fehlberatung auf Ersatz des durch die Gewährung eines Sanierungsdarlehens entstandenen Schadens in Anspruch nehmen kann. Entsprechendes gilt, wenn die Bank pflichtwidrig eine Mitwirkung an der Sanierung gegenüber dem Unternehmen verweigert. In diesen Fällen liegt eine der eingehend diskutierten Drittschutzproblematik vergleichbare Sach- und Interessenlage zugrunde. Entschließt sich die Bank zu einer Mitwirkung am Sanierungsversuch und gewährt sie ein Sanierungsdarlehen, kann sich die Frage nach einer Haftung gegenüber den Mitgläubigern aber auch dann stellen, wenn sie dem Unternehmen gegenüber keine Pflichtverletzung begangen hat, etwa weil sie diesem gegenüber die Pflicht zur Prüfung der Sanierungsfähigkeit nicht übernommen hat oder das UnterVgl. Gawaz, Rn. 394. Canaris, JZ 2001, 499 [520]; Reischl, JuS 2003, 40 [43 f.]. 546 Vgl. Bitter, Durchgriff, S. 97, 98, 100 ff., 136; Kiethe, ZIP 2000, 216 [217]; Papst, S. 187 ff., 203 ff., 211 ff.; Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 98, 107 f.; ders., Festschr. f. Fischer, 1979, S. 579 [580]. 544 545
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nehmen sanierungsfähig ist, die Sanierung aber aus anderen Gründen fehlschlägt. In einem solchen Fall entstehen den Mitgläubigern Schäden allein durch die Gewährung des Darlehens, nicht dagegen aufgrund einer dem Krisenunternehmen gegenüber verletzten Pflicht. Ein Haftungsanspruch gegen die Bank kann sich dann nur ergeben, wenn die Bank gegenüber den Mitgläubigern selbständige und ausschließlich diesen gegenüber bestehende Rücksichtnahmepflichten verletzt. In Rechtsprechung und Schrifttum sind vergleichbare Fragestellungen ebenfalls diskutiert und mit Hilfe der Begründung eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte behandelt worden.547 Um die Verletzung eigenständiger und ausschließlicher Pflichten geht es auch in den Fällen, in denen eine Eigenhaftung aus culpa in contrahendo diskutiert wird. Auch die in diesem Zusammenhang entwickelten materiellen Haftungskriterien sind also in die vorliegende Untersuchung einzubeziehen. 2. Das Interesse des Gläubigers Vor allem die Rechtsprechung stellt im Hinblick auf die Beachtlichkeit von Drittinteressen innerhalb eines Schuldverhältnisses darauf ab, ob der Gläubiger des Schuldverhältnisses ein Interesse an der Einbeziehung des Dritten hat. Hierher gehört die zunächst entwickelte „Wohl und Wehe“-Rechtsprechung 548. Eine Einbeziehung soll sogar dann möglich sein, wenn die Interessen des Dritten und des Gläubigers gegenläufig sind.549 Dogmatisch läßt sich dieses Konzept der (ergänzenden) Vertragsauslegung zuordnen. Für die Auslegung der Erklärungen wird darauf abgestellt, ob der eingetretene Schaden im Schutzbereich der Vereinbarung liegt550 oder die Haftungsrisiken erkennbar sind551. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ließe sich dieses Haftungskriterium nur dann fruchtbar machen, wenn das Krisenunternehmen ein Interesse an der Berücksichtigung der Interessen der übrigen Gläubiger hätte. Weshalb dies der Fall sein sollte, ist aber nicht ersichtlich.552 Auch wenn bei der Vergabe eines 547 BGH, Urt. v. 6. 7. 1965 – VI ZR 47 / 64, JZ 1966, 141 ff.; ferner Saar, JuS 2000, 220 [224]; Engert, S. 139 in Fn. 608 sieht dagegen generell eine Parallele zwischen der Kreditgeberhaftung und den „Gutachtenfällen“, ohne aber auf das Problem einer fehlenden Primärpflichtverletzung bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen einzugehen. 548 RG, Urt. v. 10. 2. 1930 – VI 270 / 29, RGZ 127, 218 ff.; BGH, Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250 / 02, NJW 2004, 3035 [3037]; BGH, Urt. v. 15. 2. 1978 – VIII ZR 47 / 77, NJW 1978, 883; BGH, Urt. v. 7. 2. 1968 – VIII ZR 173 / 65, NJW 1968, 694 ff.; Badde, S. 41 ff., 126, 130 ff.; Diers, S. 100 ff.; Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [7]; Papst, S. 30. 549 BGH, Urt. v. 7. 2. 2002 – III ZR 1 / 01, NJW 2002, 1196 [1197]; BGH, Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144 / 94, JZ 1998, 624 [626]. 550 BGH, Urt. v. 7. 2. 2002 – III ZR 1 / 01, NJW 2002, 1196 [1197]. 551 BGH, Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250 / 02, NJW 2004, 3035 [3037 f.]; BGH, Urt. v. 7. 2. 2002 – III ZR 1 / 01, NJW 2002, 1196 [1197]. 552 Vgl. Martiny, JZ 1996, 19 [23].
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Sanierungsdarlehens ein konkreter Verwendungszweck, nämlich der Einsatz zur Sanierung des Unternehmens, abgesprochen wird, ist nicht ersichtlich, welches Interesse das Krisenunternehmen an einer Einbeziehung der übrigen Gläubiger in den Schutzbereich des Sanierungsdarlehensvertrages haben sollte. Das Krisenunternehmen wird ausschließlich ein eigenes Interesse am Gelingen der Sanierung haben. Hier liegt ein deutlicher Unterschied zu den Fällen, in denen die Rechtsprechung von einer Einbeziehung des Dritten ausgegangen ist, wie etwa den typischen „Gutachterfällen“. Das Haftungskriterium des Gläubigerinteresses führt daher nicht weiter, vermag insbesondere die Drittschutzproblematik nicht umfassend zu lösen.
3. Eingriff in das Risikoverteilungsmodell Insbesondere im Rahmen der Diskussion um die gesellschaftsrechtliche Durchgriffshaftung ist von Rechtsprechung und Schrifttum die Störung des Risikoverteilungsmodells als Grund für eine Durchbrechung des Relativitätsprinzips zugunsten des Dritten herausgearbeitet worden.553 Es geht dabei um die Sanktionierung eines die grundsätzliche Risikozuweisung störenden Verhaltens.554 Im Hinblick auf mögliche Durchgriffslagen sind mehrere Fallgruppen entwickelt worden, auf die hier nicht im einzelnen eingegangen werden muß. Die Diskussion um die Durchgriffshaftung zeigt aber deutlich, daß eine Haftung wegen der Durchbrechung des gesetzlichen Risikoverteilungsmodells bereits in Teilbereichen der Rechtsordnung anerkannt und grundlegend diskutiert wird, vor allem von den sog. institutionellen Mißbrauchslehren, wobei entweder ein subjektiver555 oder ein objektiv-zweckwidriger556 Mißbrauch der Rechtsform verlangt wird. Der Gedanke eines Eingriffs in das Risikoverteilungsmodell liegt auch der neueren Rechtsprechung zum sog. existenzvernichtenden Eingriff557 zugrunde. In Rechtsprechung und Schrifttum werden Abweichungen vom normativen Risikoverteilungsmodell oft auch unter den Stichworten der Vereitelung des Gesetzeszwecks oder der Gesetzesumgehung diskutiert.558 In eine ähnliche Richtung, wenn auch in die Dogmatik einer VertragsEingehend hierzu Bitter, S. 100 ff. Kruppa, S. 246 ff.; Langenbucher, JuS 2004, 478 [481]; s. etwa anschaulich BGH, Urt. v. 20. 9. 2004 – II ZR 302 / 02, WM 2004, 2254 ff. (Haftung der Gesellschafter einer GmbH wegen planmäßiger Entfernung und Verlagerung von Vermögen). 555 Grundlegend Serick, Rechtsform, S. 22 f., 24, 33 und passim; ebenso BAG, Urt. v. 10. 2. 1999 – 5 AZR 677 / 97, ZIP 1999, 878 [880]; Drobnig, S. 25 ff.; Kamm, S. 153 ff. 556 BAG, Urt. v. 10. 2. 1999 – 5 AZR 677 / 97, ZIP 1999, 878 [879]; Bitter, Durchgriff, S. 100 ff.; Franzmann, S. 54 ff.; Kuhn, Festschr. f. Fischer, 1979, S. 351 [353 f.]; Ott, Recht und Realität, S. 49; Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 119 ff.; Reinhardt, Festschr. f. H. Lehmann II, 1956, S. 576 [586 ff.]. 557 s. anschaulich hierzu BGH, Urt. v. 13. 12. 2004 – II ZR 206 / 02, NJW-RR 2005, 335 [336]. 553 554
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haftung gekleidet, weist der Ansatz der Erklärungshaftung von Erman, der den Hintermann haften lassen will, weil und soweit er konkludent erklärt, sich in seiner Rolle als Hintermann redlich verhalten zu wollen.559 Ferner ist eine Durchbrechung des Relativitätsprinzips für den Fall angenommen worden, daß ein außerhalb des Schuldbands Stehender vor oder nach Vertragsschluß faktisch die Stellung einer Vertragspartei eingenommen hat.560 Schließlich ist die Inanspruchnahme eines Dritten dann befürwortet worden, wenn dieser ein wirtschaftliches Eigeninteresse verfolgt.561 Gemeinsam ist den vorbezeichneten Fallgruppen, daß der maßgebliche Haftungsgrund jeweils darin gesehen wird, daß durch ein Verhalten des potentiellen Haftungsgegners in das grundsätzliche Risikoverteilungsmodell eingegriffen worden ist und dessen Geltung daher in Frage steht. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand läßt sich hieraus die Erkenntnis gewinnen, daß jedenfalls dann die uneingeschränkte Geltung des Relativitätsprinzips in Frage gestellt sein kann, wenn die dem grundsätzlichen Risikoverteilungsmodell zugrunde liegenden Prämissen durch das Verhalten eines Akteurs in Frage gestellt werden.562 Hier zeigt sich eine deutliche Parallele zu dem oben gegenüber dem Krisenunternehmen diskutierten Kriterium der Überschreitung der Kreditgeberrolle, des Wissensvorsprungs und der Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestands. Auch hier können die Aussagen des Relativitätsprinzips nicht uneingeschränkt gelten. Entscheidend ist wiederum die Verhinderung opportunistischen Verhaltens. Insbesondere dann, wenn das eigene Verhalten nicht die Gefahr einer Haftung nach sich zieht, handelt der Akteur risikofreudig, was zu einem ineffizienten Aktivitätsniveau und Marktversagen führen kann. Dieser Gedanke läßt sich auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ohne weiteres übertragen: Handelt die Bank bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen ohne jedes Risiko, kann dies dazu führen, daß solche auch dann vergeben werden, wenn das Unternehmen sanierungsunfähig ist, das Unternehmen also aus dem Markt ausscheiden sollte. So kann die Bank etwa das Unternehmen künstlich am Leben erhalten, um 558 OLG Oldenburg, Urt. v. 10. 2. 2000 – 8 U 187 / 99 NZG 2000, 555 [556, 557]; Behrens, RabelsZ 46 (1982), 308 [316 ff., 350 f.]; Karstendiek, MDR 1977, 94 [99]; Teubner, KritV 1993, 367 [375]; ders., ZHR 165 (2001), 550 [568]. 559 Erman, KTS 1959, 129 [132]. 560 BGH, Urt. v. 13. 6. 2002 – VII ZR 30 / 01, NJW-RR 2003, 1309 [1310]; BGH, Urt. v. 6. 12. 2000 – IV ZR 28 / 00, WM 2001, 243 [244 f.]; A. Henke, S. 97, 120 ff., 132 f.; Hopt / Mülbert, Vorbem. zu §§ 607 ff. Rn. 430; Karstendiek, MDR 1977, 94 [97]; Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [178 f.]; Papst, S. 220; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [206]; Dauner-Lieb / Konzen / K. Schmidt / Vollkommer, S. 123 [135]. 561 Zur persönlichen Haftung des GmbH-Gesellschafters BGH, Urt. v. 1. 3. 1993 – II ZR 292 / 91, ZIP 1993, 763 ff.; allgemein zur Sachwalterhaftung Wiegand; bei der Kreditgeberhaftung wird ein Eigeninteresse in diesem Sinne allerdings kaum je vorliegen, vgl. Engert, S. 143 f. 562 Vgl. jüngst zum existenzvernichtenden Eingriff wegen Übertragung von Vermögenswerte der GmbH ohne marktgerechte Gegenleistung BGH, Urt. v. 13. 12. 2004 – II ZR 206 / 02, NJW-RR 2005, 335 [337].
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zunächst eigene (ungesicherte) Verbindlichkeiten zu befriedigen oder sich die noch vorhandenen Vermögenswerte zu sichern, ehe das Krisenunternehmen in die Insolvenz fällt. 4. Die Intensität der Drittwirkung Im Schrifttum ist zur Bestimmung der Grenzen des Relativitätsprinzips eine Unterscheidung nach der Intensität der durch das Schuldverhältnis erzeugten Drittwirkungen weit verbreitet. So wird zwischen Verträgen zu Lasten Dritter, die generell wegen Verstoßes gegen das aus der Privatautonomie folgende Selbstbestimmungsprinzip für unwirksam erachtet werden, und den Verträgen mit Lastbzw. Reflexwirkungen unterschieden, die nicht per se zu einer Unwirksamkeit führen sollen, sondern eine Abwägung der Interessen erforderten.563 Problematisch an diesem Lösungsansatz ist, daß ein konkretes materielles Entscheidungskriterium nicht genannt wird. Daß nicht jede Drittwirkung zu einer Haftung führen kann, muß nicht besonders ausgeführt werden. Daß sich dies auf der Grundlage einer Interessenabwägung ergeben soll, führt nicht weiter, wenn nicht ersichtlich ist, wie die Interessen dabei zu bewerten sind. Da es dabei nicht darum geht, wie Verpflichtungen für Personen entstehen können, sondern darum, wie die Drittwirkungen bestehender Verträge rechtlich zu behandeln sind564, können auch aus dem Verbot der Begründung von Drittverpflichtungen keine Aussagen über die Reichweite des Relativitätsprinzips abgeleitet werden. Die Unterscheidung nach der Intensität der Drittwirkung hat daher nur problembeschreibenden Charakter. 5. Die Intensität der Drittgefährdung Ebenfalls zur Ermittlung der Grenzen der Schutzfunktion des Relativitätsprinzips zugunsten der an einem Schuldverhältnis Beteiligten ist im Schrifttum eine Unterscheidung nicht nach der Intensität der Drittwirkung, sondern vielmehr nach der Intensität der durch das Schuldverhältnis bewirkten Drittgefährdung getroffen worden. Die Haftung wird dabei mit der gläubiger- bzw. schuldnergleichen Gefährdung des Dritten durch das Schuldverhältnis begründet565, wobei dies als Gebot 563 Grundlegend Wiedemann, SAE 1969, 265 [268]; ebenso Habersack, Vertragsfreiheit, S. 19, 30 ff., 55 ff.; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 27; Martens, AcP 177 (1977), 113 ff.; ders., SAE 1972, 101 [103]; Schirmer, Festschr. f. R. Schmidt, 1976, S. 821 [831 ff.]; Schmalzbauer, S. 113, 116, 140. 564 Vgl. Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 433 ff. 565 Grundlegend Gernhuber, Festschr. f. Nikisch, 1958, S. 249 [270 f.]; ders., SV, § 19 I. 5., S. 462, § 21 II. 6. c), S. 528 f.; ders., Karlsruher Forum 1963, S. 1 [3]; daran anschließend Bastein, S. 7; Hirth, S. 109 f., 112 f., 124 f.; Kümmeth, S. 18 ff.; Martiny, JZ 1996, 19 [23]; Papst, S. 167 f.; Stuckart, S. 88 f., 97, 99; Thiele, JZ 1967, 649 [653]; Ziegltrum, S. 181 ff.
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der Gerechtigkeit566 bzw. als verfassungsrechtlich geboten (Art. 3 Abs. 1 GG)567 angesehen wird. Der Dritte soll um seiner Interessen willen geschützt werden.568 Vom Hauptverhältnis soll dieser Schutz jedoch insoweit abhängen, als dieses wegen seiner Sozialwirkungen Anlaß für den Drittschutz sei und eine gläubigergleiche Drittgefährdung bereits in diesem angelegt sein müsse.569 Für die Frage, in Relation zu was der Dritte gläubiger- bzw. schuldnergleich gefährdet sein soll, wird zum Teil an die Art der Pflichtverletzung angeknüpft.570 Nur vereinzelt wird demgegenüber auf die Art des betroffenen Drittinteresses (Äquivalenz- oder Integritätsinteresse) abgestellt.571 Aus dem eben Gesagten ergibt sich ohne weiteres, daß das Merkmal der gläubigergleichen Drittgefährdung für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand allenfalls für diejenigen Konstellationen fruchtbar gemacht werden könnte, in denen die Bank eine Pflicht gegenüber dem Krisenunternehmen verletzt. In diesem Fall wäre auch der Dritte den Gefahren des Scheiterns eines Sanierungsversuchs ebenso ausgesetzt wie das Krisenunternehmen selbst. So ist im Schrifttum zum Teil angenommen worden, daß Mitgläubiger dann bestimmungsgemäß mit dem gewährten Sanierungsdarlehen in Kontakt gekommen sind, wenn die Bank eine mit dem Krisenunternehmen getroffene Sanierungsvereinbarung fehlerhaft umgesetzt hat.572 Insoweit ließe sich also das Merkmal der gläubigergleichen Drittgefährdung übertragen. Die Gläubigergleichheit ist aber als materielles Haftungskriterium deshalb ungeeignet, weil die durch den Vertrag begründeten Schutzpflichten, um deren Verletzung es in der Sache geht, zumeist mit den deliktischen, also der Allgemeinheit gegenüber bestehenden Pflichten identisch sind.573 Das ist vor allem dann plausibel, wenn man dem Vertrag als Sonderverbindung lediglich haftungsbegrenzende Funktion beimißt und die analoge Funktion im Deliktsrecht in der Beschränkung auf die absoluten Rechtsgüter sieht574, denn hier unterscheidet sich die Intensität der Drittgefährdung nicht von der des Gläubigers, so daß praktisch jede Drittgefährdung gläubigergleich wäre.575 Wird das Merkmal der Gläubigergleichheit 566 Dölle, ZgS 103 (1943), 67 [73]; Gernhuber, Festschr. f. Nikisch, 1958, S. 249 [250 f., 270 f.]; Winterfeld, S. 68 ff. 567 Bastein, S. 7; Gernhuber, Festschr. f. Nikisch, 1958, S. 249 [250, 270 f.]; Hölscheidt, S. 244; Papst, S. 60, 167 f., 182, 183; Schmalzbauer, S. 77 f.; Ziegltrum, S. 154 f., 181. 568 Badde, S. 141 ff.; Gernhuber, SV, § 21 II. 6. h), S. 530 f. 569 Gernhuber, Festschr. f. Nikisch, 1958, S. 249 [269, 270]; Martiny, JZ 1996, 19 [24]; Papst, S. 148 f., 181, 205 ff., 216, 222; Stuckart, S. 95; Winterfeld, S. 98 ff. 570 Gernhuber, SV, § 21 I. 2., S. 513, § 21 I. 4., S. 514, § 21 II., S. 518 ff., § 21 III., S. 534 ff.; MünchKomm-BGB / Gottwald, § 328 Rn. 93, 94; Martiny, JZ 1996, 19 [22 ff.]. 571 Keitel, S. 51 ff.; Martiny, JZ 1996, 19 [22 ff., 23]; Papst, S. 167 ff. 572 Eidenmüller, Sanierung, S. 380 f. unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 10. 11. 1994 – III ZR 50 / 94, BGHZ 127, 378 [379 ff.]. 573 Vgl. Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [19]; Martiny, JZ 1996, 19 [23]; H.-B. Schäfer / Ott, 8 / 2.2. 574 So Picker, AcP 183 (1983), 369 [399 ff.].
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der Gefährdung dagegen nicht qualitativ verstanden, stellt man also nicht auf die bedrohten Rechtsgüter und der diesen jeweils korrespondierenden Leistungs- und Verhaltenspflichten ab, sondern auf die durch die Leistungsnähe bewirkte Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung576, ist für die Lösung des Problems kaum etwas gewonnen, denn der Umstand, daß durch den Kontakt mit der vertraglichen Leistung die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung erhöht wird, ist nicht per se ein Grund für die Durchbrechung des Relativitätsgrundsatzes, sondern verdeutlicht lediglich das Bedürfnis nach einer präzisen Bestimmung seiner Grenzen.577 Nahezu jeder Vertrag kann für eine unbestimmte Anzahl weiterer Rechtssubjekte zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung führen. Das Merkmal der Leistungsnähe oder des bestimmungsgemäßen Kontakts erlaubt daher keine hinreichende Haftungsbegrenzung.
6. Grad des Verschuldens Im rechtsökonomischen Schrifttum wird die Auffassung vertreten, die Haftung Dritter für die Verursachung reiner Vermögensschäden sei nach dem Grad des Verschuldens auszurichten.578 Aus der Erkenntnis heraus, daß eine Haftung für die Verursachung reiner Vermögensschäden zu einer Übermaßhaftung und daher möglicherweise zu einer übermäßigen Abschreckung führt, wird danach differenziert, ob es um den Ersatz von Schäden auf Primär- oder Sekundärmärkten geht.579 Bei der Verursachung von Schäden auf Primärmärkten führe eine Haftung für einfache Fahrlässigkeit nicht zu einer Übermaßhaftung und damit auch nicht zu einer übermäßigen Abschreckung.580 Wenn sich etwa der Käufer einer Aktie, die erstmalig auf dem Markt angeboten wird, über ein Emissionsprospekt oder ein Wertgutachten informiere, wirke sich jede Überbewertung des Unternehmens unmittelbar auf die Höhe des Kaufpreises aus. Der Schaden des Käufers entspreche dann bei dem vorher festgelegten Preis dem Nutzen des Verkäufers. Ohne die Möglichkeit einer Bewertung des Preises etwa durch ein Wertgutachten würde die Transaktion unterbleiben. Eine Übermaßhaftung drohe dann nicht. Anders sei dies bei einer Haftung für Schäden auf Sekundärmärkten, wo der zu leistende Schadensersatz größer sein könne als der insgesamt angerichtete Schaden. Hier könne eine Übermaßhaftung nur dann verhindert werden, wenn die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit begrenzt werde581, insbesondere weil die im Verkehr erforderliche Sorgfalt sich nicht präzise festlegen lasse.582 575 Vgl. Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [18 f.]; Martiny, JZ 1996, 19 [23]; Picker, AcP 183 (1983), 369 [415 ff.]. 576 So Papst, S. 215. 577 Hirth, S. 109 f. 578 H.-B. Schäfer, Supreme Court Economic Review, 12 (2004), 181 ff. 579 H.-B. Schäfer, Supreme Court Economic Review, 12 (2004), 181 [185 ff.]. 580 H.-B. Schäfer, Supreme Court Economic Review, 12 (2004), 181 [202 ff.].
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Hauptanliegen dieses Lösungsvorschlages ist es, die Haftung für die Verursachung von Drittschäden durch die Verletzung vertraglicher Pflichten möglichst so auszugestalten, daß ein optimales Sorgfaltsniveau entsteht. Auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand lassen sich diese Grundsätze zunächst insoweit nicht übertragen, als die Bank gegenüber dem Krisenunternehmen keine Pflicht verletzt, etwa indem die Schädigung allein durch die Beteiligung der Bank an einem Sanierungsversuch entsteht. Es geht dann nicht um die Begründung eines optimalen Sorgfaltsniveaus, sondern zunächst um die Begründung einer entsprechenden Rücksichtnahmepflicht der Bank gegenüber den Mitgläubigern. Aber auch soweit die Bank eine Pflicht gegenüber dem Krisenunternehmen verletzt hat, können die vorgenannten Grundsätze keine Anwendung finden, weil der durch eine Beteiligung der Bank bei den Mitgläubigern verursachte Schaden, bei dem es sich um einen reinen Vermögensschaden handelt, auch ein gesellschaftlicher Schaden ist. Denn durch die Verringerung des Unternehmensvermögens kommt es zu einer Ressourcenzerstörung, indem die Forderungen der Mitgläubiger gegen das Krisenunternehmen wertlos werden. Die schädigende Handlung der Bank führt bei Dritten zu Schäden, nicht aber zu Gewinnen. In diesen Fall liegt keine Übermaßhaftung vor, und es droht auch keine übermäßige Abschreckung.583 7. Das Vertrauensprinzip Ein grundlegendes Entscheidungskriterium zur Beschränkung des Relativitätsprinzips stellt der Schutz berechtigten Vertrauens dar. Diesem könnte auch für die vorliegende Untersuchung eine wesentliche Bedeutung zukommen, könnte doch argumentiert werden, die Gläubiger vertrauten darauf, Banken würden bei der Beteiligung an einer Sanierung oder der Verweigerung einer Mitwirkung auf ihre Interessen Rücksicht nehmen. a) Grundaussagen Das Vertrauensprinzip ist zunächst von Dölle584 entwickelt und im Anschluß von Ballerstedt585 und Canaris586 weitergeführt und präzisiert worden. Im Schrifttum ist die Vertrauenshaftung zum Teil kritisiert worden587, sie hat jedoch auch H.-B. Schäfer, Supreme Court Economic Review, 12 (2004), 181 [198 ff.]. H.-B. Schäfer, Supreme Court Economic Review, 12 (2004), 181 [195 ff.]. 583 H.-B. Schäfer / Ott, 8 / 5.3. 584 Dölle, ZgS 103 (1943), 67 [74, 80, 82 f., 84]. 585 Ballerstedt, AcP 151 (1950 / 1951), 501 ff. 586 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 9 ff. und passim. 587 Assmann, Prospekthaftung, S. 230 ff.; Frotz, S. 57 ff.; Köndgen, Selbstbindung, S. 418 ff.; F. Müller, S. 316 f.; Picker, AcP 183 (1983), 369 [419 ff.]; Winterfeld, S. 49 f.; Ziegltrum, S. 122 ff.; Zugehör, NJW 2000, 1601 [1606]. 581 582
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eine große Anhängerschaft gefunden588. Neben der Begründung eines zurechenbaren Vertrauenstatbestandes und einer Vertrauensinvestition ist ein „Kontakt“ zwischen dem Vertrauenden und dem Haftenden gefordert worden.589 Das Merkmal des Kontakts zwischen dem Haftenden und dem Vertrauenden ist dabei nicht als haftungsbegründendes Element zu verstehen590, sondern dient vielmehr als haftungsbegrenzendes Element der Bestimmung des rechtlich relevanten Vertrauendürfens.591 Trotz der postulierten Unabhängigkeit des Vertrauensprinzips von der Rechtsgeschäftslehre hat insbesondere Canaris betont, daß die Vertrauenshaftung das Korrelat der Privatautonomie sei und damit einen rechtsgeschäftlichen Kontakt erfordere.592 Hieraus wird für den erforderlichen Vertrauenstatbestand gefolgert, daß dieser auf mündlichen Erklärungen, Urkunden oder konkludentem Verhalten beruhen müsse.593 Für die Zurechenbarkeit sei auf das Risikoprinzip und ebenfalls die Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr abzustellen.594 Insbesondere der Erklärungshaftung sei immanent, daß die Erklärung an den Dritten gerichtet bzw. adressiert gewesen sein müsse, ohne daß damit ein unmittelbarer Kontakt zu fordern sei.595 Fehle ein äußerer Vertrauenstatbestand, komme eine Haftung nur dann in Betracht, wenn der Verletzte im Rahmen des rechtsgeschäftlichen Verkehrs seine Rechtsgüter der Einwirkungsmöglichkeit des anderen Teils aussetze und sie ihm in diesem Sinne anvertraue (sog. Anvertrauenshaftung).596 588 Bohrer, S. 78 ff.; Diers, S. 1 ff. und passim; Engert, S. 1 ff. und passim; Esser / E. Schmidt, I / 2, § 29 I., S. 129 ff.; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 95; W.-D. Lange, S. 112; W. Lorenz, Karlsruher Forum 1963, S. 8 [15 f.]; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 211 f., 254 ff., 266, 316 ff., 350 f., 353 ff., 369 ff.; ders., RabelsZ 60 (1996), 91 [117 ff.]; Wilburg, AcP 163 (1963), 346 [378]. 589 Bohrer, S. 288 ff.; Canaris, Vertrauenshaftung, S. S. 491 – 518; ders., JZ 1968, 494 [500, 498 f.]; M. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 347 f.; Wiegand, S. 248 ff., 260 ff. 590 So aber Brüggemeier, AG 1982, 268 [271]; Kümmeth, S. 173 f., 180 f., 184 f.; M. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 304; Medicus, Probleme, S. 22 f.; Papst, S. 20 f., 23, 52 f. mit Fn. 229, 54; Picker, AcP 183 (1983), 369 [412 ff., 418]. 591 Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [107]; ders., ZHR 163 (1999), 206 [234 f. mit Fn. 88]; Dölle, ZgS 103 (1943), 67 [73, 77, 78]; F. Müller, S. 107. 592 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 433 ff., 439 ff., 442 ff., 538; ders., Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [106, 107]; ders., JZ 1968, 494 [502]; ders., JZ 1965, 475 [478]; ebenso BGH, Urt. v. 19. 12. 1977 – II ZR 164 / 76, BGHZ 70, 337 [344 f.]; Bohrer, S. 247 ff., 288 ff., 310; Dahm, S. 61 ff.; Diers, S. 49 ff.; Junker, S. 39 f.; M. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 304, 344 ff., 397; Nirk, Festschr. f. Hauß, 1978, S. 267 [282]; Picker, AcP 183 (1983), 369 [411 ff.]. 593 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 491 f. 594 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 479 – 490, 517 f., 538; ders., Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [105 ff.]; ders., JZ 1968, 494 [501 f.]. 595 Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [94 f., 96]. 596 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 540 in Anknüpfung an Heinrich Stoll, AcP 136 (1932), 257 [288, 291 ff., 298 ff.]; ders., Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [107]; ders., JZ 1968, 494 [500, 502, 503].
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Älter als die Lehre vom rechtsgeschäftlichen Kontakt ist die Lehre vom sozialen Kontakt.597 Haftungsbegründendes Moment sei dabei die tatsächliche Eröffnung der eigenen Integritätssphäre in Reaktion auf die gleichgerichtete fremde Veranlassung, also ein sozialer Kontakt der Rechtsgütersphären, indem die eigenen Rechtsgüter bewußt dem Einfluß und damit der Obhut und Sorgfalt des anderen anvertraut würden.598 Damit soll es für die Begründung eines Vertrauenstatbestandes nicht notwendig auf ein Handeln im rechtsgeschäftlichen Verkehr ankommen.599 Der rechtsgeschäftliche Kontakt soll nur eine, die intensivste Form eines solchen sozialen Kontakts darstellen.600
b) Schlußfolgerungen Wendet man die eben dargelegten Grundsätze der Vertrauenshaftung auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand an, so ergeben sich folgende Voraussetzungen für eine mögliche Haftung von Banken in der Unternehmenskrise: Zunächst bedürfte es der Begründung eines der Bank zurechenbaren Vertrauenstatbestandes zwischen ihr und dem Mitgläubiger. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob der Gläubiger überhaupt auf ein bestimmtes Verhalten der Bank vertraut, wenn er mit dem Unternehmen kontrahiert.601 Der Mitgläubiger müßte sich nämlich nicht nur konkrete Vorstellungen über die Zahlungsfähigkeit und die Mittelausstattung des Krisenunternehmens machen, sondern auch noch darauf vertrauen, daß die Bank dessen Zahlungsfähigkeit auch aufrechterhält bzw. Sanierungsdarlehen nur nach einer hinreichenden Prüfung der Sanierungsfähigkeit des Krisenunternehmens vergibt. Dies wird im Schrifttum zum Teil vertreten.602 Auch im Zusammenhang mit der Vergabe von Gesellschafterdarlehen wird die ratio legis der §§ 32a, 32b GmbHG teilweise darin gesehen, daß durch die Zurverfügungstellung von Fremdmitteln für den Rechtsverkehr der Eindruck einer ausreichenden Eigenkapitalausstattung und damit ein schutzwürdiges Vertrauen bei den Gläubigern erzeugt werde.603 Mit ähnlicher Argumentation könnte man im Hinblick auf 597 Grundlegend Dölle, ZgS 103 (1943), 67 ff.; ebenso Esser / E. Schmidt, I / 2, § 29 I. 1., S. 130; Gawaz, Rn. 427 f.; MünchKomm-BGB / Gottwald, § 328 Rn. 89; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 94; Staudinger / Jagmann, § 328 Rn. 83; W.-D. Lange, S. 112 ff.; Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [175]; Thiele, JZ 1967, 649 [652 f.]. 598 Dölle, ZgS 103 (1943), 67 [73, 74, 102]; Esser / E. Schmidt, I / 2, § 29 I. 2., S. 131 f., § 34 IV 2. b), S. 252 f.; Thiele, JZ 1967, 649 [652 f.]. 599 Esser / E. Schmidt, I / 2, § 29 I. 2., S. 132, § 34 IV. 2. b), S. 252 ff. 600 Dölle, ZgS 103 (1943), 67 [73 f., 79, 82 f., 84, 85]. 601 Kruppa, S. 179. 602 So Gawaz, Rn. 394, 421 ff. 603 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [388 f.]; BGH, Urt. v. 13. 7. 1981 – II ZR 256 / 79, BGHZ 81, 252 [257]; BGH, Urt. v. 17. 3. 1980 – II ZR 11 / 79, BGHZ 76, 320 [325]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [336 f.]; Fleck,
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die fehlende Pflicht der Gesellschafter, für eine ausreichende Kapitaldecke der Gesellschaft zu sorgen, auch bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen durch die Bank argumentieren. Der Vertrauenstatbestand läge dann ganz allgemein in der Herbeiführung des Anscheins eines mit ausreichendem Eigenkapital ausgestatteten Schuldners.604 Zum Teil wird auch allgemeiner von einem Vertrauen in die Wirtschaftskraft eines Unternehmens gesprochen.605 Aus der Kreditfinanzierung selbst hat demgegenüber Engert neuerdings ein abstraktes schutzwürdiges Gläubigervertrauen hergeleitet. Geschützt werde das Vertrauen anderer Gläubiger in die Kreditwürdigkeit von Unternehmen; dieses Vertrauen beruhe darauf, daß Unternehmen in alle Regel durch Kredite finanziert würden. Schon die Existenz von Unternehmen verbürge, daß es Kreditgeber gebe, die das Unternehmen für kreditwürdig hielten.606 Der Kreditgeber schaffe dabei mit der Kreditfinanzierung selbst einen Vertrauenstatbestand, indem er ein Auftreten des Unternehmens am Markt ermögliche. Schon dieses Auftreten biete den Marktteilnehmern eine Gewähr für die Überlebensfähigkeit und Kreditwürdigkeit des Unternehmens.607 Es ist aber fraglich, ob tatsächlich bereits aus der Existenz eines Unternehmens am Markt auf seine Überlebensfähigkeit bzw. Kreditwürdigkeit geschlossen werden kann. Auch ein insolventes Unternehmen kann, wenn Insolvenzanträge pflichtwidrig nicht gestellt werden, am Markt teilnehmen. Auch unterkapitalisierte Gesellschaften existieren am Markt, ohne daß diese kreditwürdig oder überlebensfähig wären. Spätestens seit dem Vordringen ausländischer Kapitalgesellschaften ohne ausreichende Eigenkapitaldecke auf den deutschen Markt608 dürfte ein tatsächliches Vertrauen in die Überlebensfähigkeit und Kreditwürdigkeit eines Unternehmens nachhaltig erschüttert sein. Zu Recht weist jedenfalls auch Engert darauf hin, daß sich eine so verstandene Haftung wegen der Inanspruchnahme abstrakten Gläubigervertrauens nicht mit den Grundsätzen der Vertrauenshaftung verträgt.609 Das maßgebliche materielle Entscheidungskriterium wird vielmehr in bestehenden Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [116]; Hildebrand, S. 104 ff.; Hommelhoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 421 [442]. 604 So Ahnert, BKR 2002, 254 [256 f.]; Wenzel, NZI 1999, 294 [295]. 605 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [399]; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668 [1669]; BGH, Urt. v. 4. 7. 1961 – VI ZR 84 / 60, WM 1961, 1103 [1006]; OLG Köln, Urt. v. 27. 2. 1981 – 22 U 117 / 79, WM 1981, 1238 [1240]; OLG Schleswig, Urt. v. 2. 10. 1981 – 11 U 160 / 80, WM 1982, 25; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [202]. 606 Engert, S. 1 f., 14. 607 Engert, S. 4. 608 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 9. 3. 1999 – Rs. C-212 / 97, Slg. 1999, I-1459 = NJW 1999, 2027 (Centros); EuGH, Urt. v. 5. 11. 2002 – Rs. C-208 / 00, Slg. 2002, I-9919 = NJW 2002, 3614 (Überseering); EuGH, Urt. v. 30. 9. 2003 – Rs. C-167 / 01, Slg. 2003, I-10 155 = NJW 2003, 3331 (Inspire Art). 609 Engert, S. 140 ff., 144.
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Informationsasymmetrien gesehen, die zu einer Kreditrationierung führen können, nicht jedoch alleine in dem investierten Vertrauen. Hierauf wird an späterer Stelle noch näher einzugehen sein.610 Selbst wenn der Gläubiger bei einem Kontrahieren mit dem Krisenunternehmen tatsächlich ein Vertrauen in dem oben genannten Sinne aufbringen sollte oder wenn man der Auffassung folgt, Vertrauen sei bereits bei Abwesenheit von Mißtrauen typisierend zu bestimmen611, müßte dieses Vertrauen auch schutzwürdig sein.612 Aus dem in § 3 Gesagten ergibt sich, daß gerade dies aber grundsätzlich nicht der Fall ist. Gemäß dem caveat creditor-Grundsatz haben die Gläubiger selbst für eine hinreichende Absicherung ihrer Risiken zu sorgen und dürfen daher auch nicht darauf vertrauen, daß eine ausreichende Haftungsmasse durch einen Dritten zur Verfügung gestellt wird. Von einem schutzwürdigen Vertrauen bei den Mitgläubigern kann daher nicht ohne weiteres ausgegangen werden.613 Zur Begründung eines Vertrauenstatbestandes bedürfte es darüber hinaus zumindest nach der Lehre vom rechtsgeschäftlichen Kontakt einer mündlichen Erklärung, einer Urkunde oder eines konkludenten Verhaltens. Nach der Lehre vom sozialen Kontakt bedürfte es einer tatsächlichen Eröffnung der eigenen Integritätssphäre der Mitgläubiger des Krisenunternehmens in Reaktion auf die gleichgerichtete Veranlassung, also eine bewußtes Anvertrauen der Rechtsgüter der Mitgläubiger in die Obhut und Sorgfalt der Bank. Zwar scheitert die Anwendbarkeit der Anvertrauenshaftung nicht daran, daß es in den hier zugrundeliegenden Konstellationen um reine Vermögensschäden geht.614 Im Grundsatz wird ein solcher rechtsgeschäftlicher Kontakt zwischen der Bank und den Mitgläubigern nicht vorliegen. Auch kann nach dem eben Gesagten grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, daß die Mitgläubiger ihre Rechtsgüter (Vermögen) in die Obhut und Sorgfalt der Bank legen und ihre Integritätssphäre damit eröffnen. Selbst wenn die Bank ihre Rolle als Kreditgeberin überschreitet und den Mitgläubigern gegenüber „auftritt“, kann kaum davon ausgegangen werden, daß die Gläubiger ihre Rechtsgüter der Bank „anvertrauen“. Selbst wenn im Einzelfall ein Verhalten der Bank vorliegen sollte, das den eben genannten Anforderungen entspricht, dürfte es in der Regel aber jedenfalls an einem unmittelbaren Kontakt zwischen der Bank und dem Mitgläubiger fehlen.615 Die Reaktion der Bank auf die wirtschaftliche Krise wird den Mitgläubigern regelmäßig verborgen bleiben. Dieses Problem könnte allerdings durch die an Vorarbeis. hierzu § 10 V. 4. c). So Canaris, Vertrauenshaftung, S. 503 f.; ders., JZ 1998, 603 [606]; ders., Festschr. f. Schimansky, 1999, S. 43 [56 f., 58]; Immenga, ZHR 187 (1987), 148 [158 f.]; Kruppa, S. 151 ff.; Urban, S. 181 f. 612 Jost, S. 127. 613 Adams, Sicherungsrechte, S. 179 ff. 614 Vgl. Canaris, Festschr. f. Schimansky, 1999, S. 43 [52]. 615 Vgl. Assmann, Prospekthaftung, S. 242; Kamm, S. 133; E. Schmitz, S. 123 f. 610 611
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ten von Canaris616 anknüpfende und von Junker entwickelte Rechtsfigur der sog. Vertretung im Vertrauen in Analogie zu den §§ 164 ff. BGB gelöst werden.617 Zum Teil wird auch direkt auf das Vertrauen des Gläubigers abgestellt.618 Abgesehen davon, daß die Annahme, das Krisenunternehmen vertrete den Mitgläubiger in seinem Vertrauen gegenüber der Bank auf eine Fiktion hinausliefe, erweist sich diese Rechtsfigur für die vorliegende Problematik schon deshalb als nicht weiterführend, weil die Bank gegenüber dem Krisenunternehmen ja gerade ein entsprechendes Vertrauen nicht in Anspruch nimmt. Dieses kennt die finanzielle Lage und vertraut daher nicht „in Vertretung“ der Mitgläubiger. Diese Rechtsfigur paßt auf die vorliegende Konstellation daher nicht. Als wirksam könnte sich allenfalls eine Erklärungshaftung erweisen, die einen abstrakten Vertrauensschutz gewährt, insbesondere also auf die Gerichtetheit der Erklärung verzichtete.619 Ein solcher Tatbestand wäre aber mit den Grundsätzen der Vertrauenshaftung nicht vereinbar.620 Trotz der erheblichen Bedeutung der Vertrauenshaftung kommt ihr im Zusammenhang mit dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand daher nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu. Dies liegt nicht etwa daran, daß die Vertrauenshaftung im Hinblick auf die Bestimmung des rechtlich relevanten Vertrauendürfens zu unbestimmt wäre, wie dies im Schrifttum häufig behauptet wird621. Bei der Bestimmung des rechtlich relevanten Vertrauendürfens müssen einzelne Unsicherheiten bleiben.622 Problematisch ist vielmehr, daß die Bewertung von inanspruchgenommenem Vertrauen als „berechtigt“ einen Rückgriff auf andere Wertungsprinzipien erforderlich macht, die sich nicht unmittelbar auf das Vertrauen beziehen. Diese lassen sich wiederum nur dadurch gewinnen, daß das Vertrauen vor dem grundlegenden Konzept der Vertragsfreiheit und des Vertragsrechts betrachtet wird. Die Investition von Vertrauen spart den Aufwand von Informationskosten.623 Überlegenes Wissen kann andererseits opportunistisches (unfaires) Verhalten zur Folge haben; aufgrund von Informationsdefiziten kann es zu Fehlallokationen Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [96]. Junker, S. 23 ff., 47 ff.; ebenso Canaris, JZ 1998, 603 [606]. 618 Canaris, ZHR 163 (1999), 206 [225 f., 234]; Hirth, S. 104; Urban, S. 118. 619 So das Erklärungshaftungskonzept von Erman, KTS 1959, 129 [132 ff.]. 620 Vgl. Canaris, Vertrauenshaftung, S. 372 in Fn. 95; Erman, KTS 1959, 129 [131 f.]; Kamm, S. 132 f. 621 Assmann, Prospekthaftung, S. 232; v. Bar, Verkehrspflichten, S. 226; Brüggemeier, AG 1982, 268 [269]; Damm, JZ 1991, 383 [381]; Frotz, S. 168 ff.; Hirth, S. 102; Hölscheidt, S. 329; Hopt, AcP 183 (1983), 608 [641]; Hüffer, ZHR 151 (1987), 93 [108 f.]; Köndgen, Selbstbindung, S. 101 f., 356; Kümmeth, S. 173 f.; W.-D. Lange, S. 113; Papst, S. 22 f.; Picker, AcP 183 (1983), 369 [420 f.]; Rohe, Netzverträge, S. 133 ff.; Wiegand, S. 237, 243.; Winterfeld, S. 46 f.; Ziegltrum, S. 126 ff. 622 Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [107 ff.]; Kötz, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 283 [293 ff.]. 623 H.-B. Schäfer / Ott, 15 / 1. 616 617
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kommen.624 Entscheidend für die Frage, wann Vertrauen rechtlich geschützt sein sollte, ist also, wann einerseits Informationen selbst beschafft und wann andererseits ein Anreiz zur Übertragung einer Information gesetzt werden sollte.625 Vertrauen kann dann schutzwürdig sein, wenn opportunistisches Verhalten vorliegt oder es Fehlallokationen zu verhindern gilt. Dies gilt sowohl für eine Vertrauensinvestition durch Dritte als auch für solche durch den Kreditnehmer. Insbesondere kann es unter diesen Voraussetzungen zur Begründung konkreter Mitwirkungspflichten der Bank kommen. Die Vertrauensinvestition selbst führt dagegen noch nicht ohne weiteres zu einer abweichenden Risikozuweisung, sie kann aber wesentlicher Anlaß hierzu sein. 8. Berufspflichten Ein häufig genanntes materielles Kriterium zur Durchbrechung der grundsätzlichen Risikoverteilung ist die berufliche Sachkunde626. In diesem Zusammenhang hat insbesondere Hirte deutlich gemacht, daß die haftungsbegründenden Tatbestände trotz der zum Teil völlig unterschiedlichen Einordnung der unterschiedlichen Dienstleistungen weitgehend übereinstimmen und daß das Kernproblem darin zu sehen ist, konkrete Verhaltenspflichten herzuleiten.627 Diese hat Hirte unter Rückgriff auf betriebswirtschaftliche Ansätze durch Zerlegung der Dienstleistungen in Einzelleistungen hergeleitet; insbesondere die Einteilung der Dienstleistungen in das Dienst- oder Werkvertragrecht sei sachlich nicht gerechtfertigt.628 Das Problem einer solchen Berufshaftung gegenüber Dritten wird vor allem in dem Erfordernis einer Beschränkung der Haftung auf vorhersehbare Schäden und den vorhersehbar betroffenen Personenkreis gesehen.629 Anliegen der Berufshaftung ist es dabei nicht, ein allgemeines Haftungskonzept zu entwickeln.630 Vielmehr H.-B. Schäfer / Ott, 15 / 4, 15 / 6. H.-B. Schäfer / Ott, 15 / 1. 626 BGH, Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250 / 02, NJW 2004, 3035 [3036]; BGH, Urt. v. 22. 3. 1982 – II ZR 114 / 81, BGHZ 83, 222 [224]; BGH, Urt. v. 17. 9. 2002 – X ZR 237 / 01, NJW 2002, 3625 [3626]; Armspach, S. 167 ff., 178 ff.; v. Bar, Verkehrspflichten, S. 233 ff.; Canaris, ZHR 163 (1999), 206 [219 f., 226]; Coing, WM 1980, 1026 [1029, 1030]; Gawaz, Rn. 253 f., 375 ff.; Grunewald, AcP 187 (1987), 285 [299 ff.]; Herrmann, JZ 1983, 422 ff.; Hopt, AcP 183 (1983), 608 [634 ff., 645 ff.]; K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S. 358 [361 ff.]; Jost, S. 200 ff., 237 ff.; Kessel, S. 35 ff., 282 ff.; Köndgen, Selbstbindung, S. 210 ff., 352 f.; Kötz / H.-B. Schäfer, S. 122 f.; Lammel, AcP 179 (1979), 337 [345 ff.]; W. Lorenz, Festschr. f. Larenz, 1973, S. 575 [591, 615 ff.]; Mertens, AcP 178 (1978), 227 [240 f., 252]; H.-B. Schäfer, AcP 202 (2002), 808 [827 f.]; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 31; ders., Festschr. f. Gernhuber, 1993, S. 387 [403, 404 f.]; Schwab, JuS 2002, 872 [877]; Wiegand, S. 216 ff., 245 ff. 627 Hirte, Berufshaftung, S. 135 ff., 357 ff., 412 ff. 628 Hirte, S. 357 ff. 629 Hirte, Berufshaftung, S. 415 ff. 630 Hirte, S. 1 ff., 412; Hopt, AcP 183 (1983), 608 [657 ff.]; Köndgen, S. 352; Papst, S. 74 f.; Rohe, S. 131; kritisch MünchKomm-BGB / Mertens, § 823 Rn. 466, 469. 624 625
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dient sie lediglich der Entwicklung konkreter Verhaltenspflichten. So wird auch betont, berufliche Spezialisierung sei nicht als Eigenschaft einer Person zu sehen, sondern als relationaler Begriff, als Rollenbeziehung.631 Hopt hat zudem dargelegt, daß die Berufshaftung auch ökonomisch der richtige Weg sei, da durch die Fehleinschätzung beruflicher Leistungen sowohl für den einzelnen als auch die Allgemeinheit Kosten entstünden, die der Berufsangehörige als cheapest cost avoider am günstigsten verhindern könne.632 In eine ähnliche Richtung, nämlich eine Haftung aus einer einseitigen Garantieerklärung für die Richtigkeit des Gutachtens, geht der Lösungsansatz von Grunewald.633 Die Grundsätze der Berufshaftung ließen sich ohne weiteres auch auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand übertragen. So sind im Schrifttum speziell im Rahmen der Diskussion um die Verantwortlichkeit von Banken in der Unternehmenskrise zum Teil konkrete Verhaltenspflichten der Bank als Berufspflichten begründet worden, auch unter Betonung ihrer besonderen Stellung in der Phase der Unternehmenssanierung bzw. mit ihrer Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit und der staatlichen Aufsicht nach § 7 Abs. 1 KWG.634 Teilweise wird die Rechtsprechung zur Bankenhaftung wegen der Vergabe von Sanierungsdarlehen „rechtssystematisch“ auch als Beispiel der Berufshaftung eingeordnet.635 Zutreffend dabei ist, daß die berufliche Stellung die zu stellenden Sorgfaltsanforderungen636, die Auslegung der von Fachleuten abgegebenen Willenserklärungen637 oder die Bewertung bestimmter Verhaltensweisen, wie etwa das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, beeinflußt.638 Berufliche Sachkunde kann ein wesentlicher Faktor für eine abweichende Risikozuweisung sein. Allein aufgrund der beruflichen Sachkunde eines der Beteiligten kann aber wiederum nicht per se von einer Durchbrechung des Risikoverteilungsmodells ausgegangen werden. Die berufliche Stellung des potentiellen Haftungsgegners kann diese Frage beeinflussen, 631 v. Bar, S. 234 f.; Hopt, AcP 183 (1983), 608 [646]; K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S. 358 [365 f., 379, 387]; Köndgen, S. 210 ff., 352 f.; Lammel, AcP 179 (1979), 337 [359 f.]. 632 Hopt, AcP 183 (1983), 608 [653 ff.]; kritisch dagegen insbesondere Papst, S. 93 f. 633 Grunewald, AcP 187 (1987), 285 [299 ff.]; ablehnend Papst, S. 79 f.; Schwab, JuS 2002, 872 [876]. 634 Armspach, S. 167 ff., 178 ff.; Coing, WM 1980, 1026 [1029, 1030]; Gawaz, Rn. 253 f., 375 ff., 416, 418, 422, 424 f. 635 Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 111. 636 BGH, Urt. v. 13. 12. 1994 – VI ZR 283 / 93, NJW 1995, 1150 ff.; v. Bar, Verkehrspflichten, S. 49 ff.; Becker, S. 64; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [83]; Staudinger / J. Hager, § 823 Rn. E 22, 373 ff.; Hölscheidt, S. 328; K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S. 358; Köndgen, Selbstbindung, S. 353, 372; ders., Karlsruher Forum 1998, S. 3 [9]; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 823 Rn. 214; Sutschet, S. 141; Soergel / Zeuner, § 823 Rn. 160 ff. 637 Vgl. Hopt, AcP 183 (1983), 608 [698 ff.]. 638 Vgl. Canaris, Vertrauenshaftung, S. 206 ff.; Hopt, AcP 183 (1983), 608 [658 ff., 672 ff., 686 ff.].
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muß es aber nicht.639 Ansonsten wären die betroffenen Sachkundigen stets in der Gefahr einer Haftung und dies, obgleich sie ihre berufliche Sachkunde überlicherweise nur gegen Zahlung eines Entgeltes zur Verfügung stellen. Letztlich kann die berufliche Stellung nur dazu führen, daß der Sachkundige den Schaden mit dem geringeren Kostenaufwand hätte vermeiden können. Auch kann die berufliche Sachkunde Indiz für eine Asymmetrie der Informationskosten sein.640 Problematisch ist dann allerdings, weshalb das Vertrauen des Dritten in die Sachkunde schutzwürdig sein soll, wenn dieser für die Professionalität keine Gegenleistung erbringt, diese also nicht entlohnt.641 Mit dem Abstellen auf die besondere Stellung einzelner Personen nennt die Berufshaftung damit also einen wichtigen Aspekt, löst das Problem jedoch nicht umfassend.642 Insbesondere ist das Haftungskriterium der beruflichen Sachkunde allenfalls geeignet, konkrete Verhaltenspflichten innerhalb bestehender Verträge zu konkretisieren, nicht jedoch, um auch gegenüber Dritten die Grenzen des Relativitätsprinzips zu bestimmen. Insbesondere begegnet dieses Konzept insoweit denselben Bedenken wie sie im Zusammenhang mit der Vertrauenshaftung bereits dargelegt wurden. 9. Der Haftungsdurchgriff bei der Verletzung der Grundsätze über die verantwortungsvolle Kreditvergabe Ein Richtlinienvorschlag der Kommission zur Änderung der Richtlinie 87 / 102 / EWG über den Verbraucherkredit vom 11. 9. 2002643 sah vor, Regelungen über die verantwortungsvolle Kreditvergabe einzuführen. Die noch in Art. 9 des Richtlinienvorschlags der Kommission vorgesehenen Bestimmungen sollten dabei nicht nur den Darlehensnehmer, sondern auch die übrigen Gläubiger des Darlehensnehmers schützen, hatten also keinen rein verbraucherschützenden Charakter.644 Im deutschen Recht existieren derartige Bestimmungen vor allem im bankaufsichtsrechtlichen Bereich (vgl. §§ 18 ff. KWG). Problematisch erschien dabei allein die Sanktion, die nach deutschem Recht für eine nicht verantwortungsvolle 639 Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [83]; Hölscheidt, S. 328; Honsell, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 211 [228 f.]; Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [9]; H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 6.4; Schürmann, S. 262 f.; Sutschet, S. 141. 640 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 580; H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 6.5. 641 Picker, Festschr. f. Medicus, 1999, 397 [403, 405]. 642 Assmann, Prospekthaftung, S. 246 ff.; Becker, S. 63 f.; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [83 f., 93 f.]; Dahm, S. 113; A. Henke, S. 87; Hölscheidt, S. 328; Hüffer, ZHR 151 (1987), 93 [110]; Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [9]; Papst, S. 75, 84 ff.; Picker, AcP 183 (1983), 369 [441 f.]; ders., JZ 1987, 1041 [1046 f.]; H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 6; Sutschet, S. 141. 643 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (Verbraucherkreditrichtlinie), KOM (2002) 443 endg., vom 11. 9. 2002, Abl C 331 E / 200, abgedruckt in: ZBB 2002, 437. 644 So deutlich KOM (2002) 443 endgültig, S. 17.
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Kreditvergabe im Sinne dieser Vorschriften vorgesehen ist, da die Bestimmungen des KWG keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind und damit andere Gläubiger des Darlehensnehmers keinerlei Ansprüche wegen ihrer Verletzung herleiten können. Es hätte daher einer eigenständigen Haftungsnorm bedurft, um eine Haftung der Bank bei einem Verstoß gegen die Grundsätze über die verantwortungsvolle Darlehensvergabe gegenüber Dritten zu begründen. Allerdings sah der Richtlinienvorschlag keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Schaffung eines solchen Anspruchs vor. In den Erwägungen hieß es lediglich, daß das Verantwortungsbewußtsein der Krediteber dadurch geschärft werden könne, daß zivil- oder handelsrechtliche Sanktionen verhängt werden; im übrigen war nur noch von der vertraglichen Haftung des Darlehensgebers gegenüber dem Darlehensnehmer die Rede.645 Auch Art. 31 des Richtlinienvorschlags der Kommission zwang zu keinem Haftungsdurchgriff, da diese Bestimmung allein für die Konkretisierung der Pflichten gegenüber dem Darlehensnehmer galt.646 Ein solcher allgemeiner Durchgriff wegen der Verletzung der Grundsätze über die verantwortungsvolle Darlehensvergabe wäre auch abzulehnen gewesen, da die Prüfung der Bonität des präsumtiven Darlehensnehmers allein Sache eines jeden Darlehensgebers selbst ist. Mittlerweile ist der Richtlinienvorschlag vom 11. 9. 2002 überarbeitet worden.647 Der bisherige Art. 9 des Richtlinienvorschlags über die verantwortungsvolle Kreditvergabe wurde ersatzlos gestrichen. Damit hat sich auch die Frage nach einem europarechtskonformen Haftungsdurchgriff im nationalen Recht erledigt. Art. 8 des Richtlinienvorschlags vom 11. 9. 2002 sah ferner die Einrichtung eines Datenbanksystems vor. Danach sollten bestimmte Informationen über die Bonität des Darlehensnehmers in eine zentrale Datenbank aufgenommen werden. Darlehensgeber sollten verpflichtet sein, vor einer Darlehensvergabe diese Datenbank abzurufen. Effektiv, da kostensenkend, hätte ein solches Datenbanksystem mit einer entsprechenden Haftung des Darlehensgebers bei einem Verstoß gegen die verantwortungsvolle Darlehensvergabe allenfalls dann sein können, wenn das Ausfallrisiko und damit die Notwendigkeit einer Sicherheitenbestellung für die Mitgläubiger des Unternehmens völlig hätte ausgeschlossen werden können. Daß dies der Fall gewesen wäre, kann aber kaum angenommen werden, da die Vergabe weiterer Darlehen nur eine von zahlreichen Möglichkeiten der Beeinträchtigung der Bonität des Darlehensnehmers darstellt. Zudem verpflichtete der Richtlinienvorschlag vom 11. 9. 2002 die Mitgliedstaaten nicht dazu, auch die Darlehensvergabe an sich in die Datenbanken aufzunehmen. Nur wenn der Darlehensnehmer mit seinen Rückzahlungspflichten in Verzug gerät, sah der Richtlinienvorschlag KOM (2002) 443 endgültig, S. 16, 17; Riesenhuber, ZBB 2003, 325 [330]. Vgl. Riesenhuber, ZBB 2003, 325 [330]. 647 Überarbeiteter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (Verbraucherkreditrichtlinie), KOM (2005) 483 endg., vom 7. 10. 2005. 645 646
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verpflichtend vor, daß diese Umstände in einer Datenbank erfaßt werden müssen (vgl. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 des Richtlinienvorschlags der Kommission vom 11. 9. 2002). Im übrigen sollten die Mitgliedstaaten bei der Gestaltung der Eintragungsumstände frei sein.648 Auch insoweit ließ sich ein Haftungsdurchgriff bei einem Verstoß gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Darlehensvergabe demnach nicht begründen. In dem überarbeiteten Richtlinienvorschlag vom 7. 10. 2005 ist Art. 8 wesentlich gekürzt worden. Danach sollen die Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Darlehen lediglich Kreditgebern aus anderen Mitgliedstaaten einen gleichen Zugang zu Datenbanksystemen gewähren. Weder ist die Errichtung eines solchen Datenbanksystems vorgesehen, noch sollen die Kreditgeber zu einer Abfrage dieser Datenbanksysteme verpflichtet werden. Auch insoweit hat sich damit die Frage nach einem europarechtskonformen Haftungsdurchgriff erledigt. Letztlich kommt Art. 8 des Richtlinienvorschlages vom 7. 10. 2005 keine eigenständige Bedeutung mehr zu, weil der Zugang zu dem Datenbanksystem eines Mitgliedstaats für Kreditgeber anderer Mitgliedstaaten bereits im Hinblick auf das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot und die Grundfreiheiten gewährleistet ist.
III. Ergebnis Die Untersuchung hat gezeigt, daß das Krisenunternehmen und die Mitgläubiger das Risiko eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs zu tragen haben. Wie auch die Bank, so haben sich die Mitgläubiger selbst gegen das Insolvenzrisiko abzusichern. Der Grundsatz der Privatautonomie schützt die Bank vor einer abweichenden Risikozuweisung. Eine solche ist nur dann und auch nur insoweit gerechtfertigt, als dies erforderlich ist, um privatautonomes Handeln der Beteiligten sicherzustellen. Dies ist dann der Fall, wenn die Parteien aufgrund von Marktversagen oder prohibitiv hoher Transaktionskosten keine bzw. keine selbstbestimmte Risikozuweisung treffen können. Dem Vertragsrecht kommt dann die Aufgabe zu, opportunistisches Verhalten zu verhindern und dort, wo eine effiziente Verhandlungslösung wegen der prohibitiv hohen Transaktionskosten nicht zustande kommt, eine effiziente Risikozuweisung zu simulieren. Im folgenden ist vor diesem Hintergrund die von Rechtsprechung und Schrifttum diskutierte Verantwortlichkeit von Banken in der Krise eingehend zu untersuchen. Dabei ist im Zweiten Teil zunächst auf diejenigen Konstellationen einzugehen, in denen die Bank sich zur Mitwirkung an einem Sanierungsversuch entscheidet. Im Dritten Teil sind sodann diejenigen Konstellationen zu diskutieren, in denen die Bank die Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen wegen der Krise abbricht und eine Mitwirkung am Sanierungsversuch verweigert.
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KOM (2002) 443 endgültig, S. 16, 43.
Zweiter Teil
Die Verantwortlichkeit der Bank bei der Beteiligung an einem gescheiterten Sanierungsversuch Im folgenden wird untersucht, welche Verhaltenspflichten Banken treffen, die sich zur Teilnahme an einem Sanierungsversuch entschließen, dieser später aber scheitert. Der Schaden, der den Mitgläubigern durch eine solche Teilnahme der Bank entstehen kann, liegt darin, daß sie mit dem Unternehmen in der Phase der Krise Geschäftsbeziehungen begonnen und aus diesen Forderungen erlangt haben, die sich nunmehr überhaupt nicht mehr oder allenfalls zu einem geringen Teil realisieren lassen. Zudem kann die Befriedigung der bereits vor der Krise entstandenen Forderungen durch den gescheiterten Sanierungsversuch erschwert worden sein, zum einen dann, wenn sich die Bank die noch vorhandenen Vermögenswerte im Unternehmen hat übertragen lassen oder deren Veräußerung durch die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bewirkt hat und zum anderen dann, wenn die Mitgläubiger im Vertrauen auf die fortbestehende Kreditwürdigkeit des Schuldners eine Besicherung unterlassen haben.1 In der Sache geht es damit um die Frage, ob die Bank verpflichtet sein kann, das Unternehmen in der Krise fallen zu lassen.2 Hierbei ist im folgenden zunächst auf die Verantwortlichkeit der Bank gegenüber dem Krisenunternehmen selbst einzugehen (§§ 6, 7, 8), denn wenn und soweit sich hierdurch die bei dem Krisenunternehmen entstandenen Nachteile in Form der Verringerung des Unternehmensvermögens kompensieren lassen, können die den Mitgläubigern entstandenen Nachteile weitgehend ausgeglichen werden.
§ 6 Die vertragliche Verantwortlichkeit der Bank gegenüber dem Krisenunternehmen I. Gründe für das Scheitern der Sanierung Eine Sanierung des Unternehmens kann zunächst deshalb scheitern, weil das Unternehmen von Anfang an nicht sanierungsfähig war. Zur Feststellung der Sanierungsfähigkeit bedarf es regelmäßig einer betriebswirtschaftlichen Analyse der 1 2
Koller, JZ 1985, 1013; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 31. Engert, S. 6.
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vorhandenen Verbindlichkeiten, des Unternehmensvermögens sowie der Gründe der Krise. Auch wenn das Krisenunternehmen grundsätzlich sanierungsfähig ist, kann ein Sanierungsversuch aus verschiedenen Gründen scheitern. Insbesondere bedarf es für eine erfolgreiche Durchführung der Sanierung eines Sanierungsplans. In diesem ist vorgesehen, welche Maßnahmen im einzelnen für eine erfolgreiche Sanierung des Unternehmens erforderlich sind. In Betracht kommen dabei zum einen Maßnahmen der internen Sanierung, wie etwa Einsparmaßnahmen im Rahmen des Produktionsablaufs, Schließung einzelner Werksteile, Veräußerung von verlustträchtigen Unternehmensteilen und die Verkleinerung der Belegschaft. In Betracht kommen zum anderen Maßnahmen der externen Sanierung. Welche Sanierungsmaßnahmen im einzelnen zu ergreifen sind, hängt von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und den Gründen der Krise ab. Haben diese konjunkturelle Ursachen, werden allein Maßnahmen der internen Sanierung oft nicht ausreichen, um die Krise zu beseitigen. Andererseits kann eine Veräußerung von besonders verlustträchtigen Unternehmensteilen genügen, sofern diese der einzige Grund für die Unternehmenskrise sind. Ist das Unternehmen selbst nicht in der Lage, einen ausreichenden Sanierungsplan zu erstellen, wird es damit einen Dritten, insbesondere Unternehmensberater beauftragen3. Diese können dann auf der Grundlage einer betriebswirtschaftlichen Prüfung das Ausmaß erforderlicher Sanierungsmaßnahmen bestimmen und einen Sanierungsplan erstellen. Nur wenn auf dieser Grundlage ein Sanierungsversuch zustande kommt, verspricht ein Sanierungsversuch überhaupt Aussicht auf Erfolg. Selbst wenn das Krisenunternehmen grundsätzlich sanierungsfähig und auch ein ausreichender Sanierungsplan erstellt worden ist, kann ein Sanierungsversuch daran scheitern, daß die sich aus dem Sanierungsplan ergebenden Vorgaben nicht umgesetzt werden bzw. nicht umgesetzt werden können. Dies kann zum einen daran liegen, daß bei der Umsetzung des Sanierungsplans Fehler gemacht werden oder daß das Krisenunternehmen aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst in der Lage ist, den Sanierungsplan richtig umzusetzen.4 Aber selbst dann, wenn die Vorgaben des Sanierungsplans zutreffend umgesetzt werden, kann der Sanierungsversuch daran scheitern, daß konjunkturelle Schwächeperioden in der Sanierungsphase eine wirtschaftliche Besserung des Unternehmens verhindern und dessen endgültigen Zusammenbruch bewirken. Vor dem Hintergrund dessen ist im folgenden im einzelnen zu prüfen, welche Verantwortlichkeit die Bank in der Krise treffen kann, wenn sie sich an einem Sanierungsversuch beteiligt, dieser aber scheitert.
3 Zur Haftung für eine fehlerhafte Sanierungsberatung Uhlenbruck / Leibner, KTS 2004, 505 [509 ff.]. 4 Eidenmüller, Sanierung, S. 381.
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
II. Die Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB Eine Haftung der Bank wegen des Scheiterns der Sanierung kann sich aus § 280 Abs. 1 BGB ergeben. Das hierfür erforderliche Schuldverhältnis ist in dem Sanierungsdarlehensvertrag zu sehen bzw. in der einer anderen Sanierungsmaßnahme zugrunde liegenden Vereinbarung.5 Bei einer Pflichtverletzung nach Abschluß des Sanierungsdarlehensvertrages kommt § 280 Abs. 1 BGB direkt zur Anwendung; bei einer Pflichtverletzung im Rahmen der Verhandlungen über den Abschluß eines solchen kommt § 280 Abs. 1 BGB über § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB zur Anwendung. Problematisch ist jeweils, unter welchen Voraussetzungen von einer Pflichtverletzung ausgegangen werden kann (vgl. §§ 241, 242 BGB).6 1. Sanierungsunfähigkeit des Unternehmens a) Fehlerhafte Sanierungsfähigkeitsprüfung durch die Bank Ist das Unternehmen von Anfang an sanierungsunfähig, könnte sich eine Pflichtverletzung zunächst daraus ergeben, daß die Bank die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens nicht hinreichend geprüft hat und daher von der unzutreffenden Annahme ausging, das Unternehmen sei sanierungsfähig. Die Bank wird die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens regelmäßig schon im Rahmen ihrer eigenen Bonitätsprüfung vor Vergabe des Sanierungsdarlehens ermitteln, denn für die Kalkulation ihrer Ausfallrisiken stellen die Erfolgsaussichten eines Sanierungsversuchs eine wesentliche Grundlage dar. Grundsätzlich ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Bank die Bonitätsprüfung allein im eigenen Interesse durchführt, nicht im Interesse des Krisenunternehmens.7 Insbesondere trägt allein das Unternehmen das Risiko einer erfolglosen Sanierung. Daher erfüllt die Bank durch die Prüfung der Sanierungsfähigkeit keine ihr dem Krisenunternehmen gegenüber obliegende Pflicht, sondern eine Obliegenheit in eigener Sache. Kommt die Bank aufgrund der eigenen Sanierungsfähigkeitsprüfung zu dem unzutreffenden Ergebnis, daß das Unternehmen sanierungsfähig ist, haftet sie für diesen Fehler gegenüber dem Unternehmen daher nicht. Es fehlt bereits an einer Pflichtverletzung, nicht erst am Vertretenmüssen (§ 276 Abs. 1 BGB). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bank die Sanierungsfähigkeitsprüfung (auch) auf die von dem Krisenunternehmen selbst vorgelegten Unterlagen gestützt hat, etwa wenn sich das Unternehmen von dritter Seite eine betriebswirtschaftliche Analyse über die wirtschaftliche Lage hat erstellen lassen 5 Dagegen lassen sich keine konkreten Verhaltenspflichten unter Zugrundelegung der sog. Lehre vom allgemeinen Bankvertrag herleiten, vgl. hierzu Becker, S. 52 ff. 6 Vgl. Hopt / Mülbert, Vorbem. zu §§ 607 ff. Rn. 408. 7 Vgl. BGH, Urt. v. 24. 9. 2002 – XI ZR 345 / 02, NJW 2002, 3695 [3697]; BGH, Urt. v. 12. 2. 1959 – VII ZR 70 / 58, WM 1959, 626 [631].
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und diese der Bank vorlegt. Die Pflichtverletzung erfolgt in diesem Fall allein in dem Verhältnis zwischen dem Krisenunternehmen und dem die Analyse erstellenden Dritten.8 Insbesondere wird der die Analyse erstellende Dritte nicht im Pflichtenkreis der Bank tätig, weil diese, wie dargelegt, im Grundsatz gerade keine Prüfung der Sanierungsfähigkeit schuldet. Die Bank ist damit im Grundsatz nicht anders zu stellen als jeder andere Eigen- oder Fremdkapitalgeber. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Richtlinienvorschlag der EG-Kommission zur Änderung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 11. 9. 2002, da die in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 genannten Aufklärungspflichten nur die Darlehensart, nicht die Mittelverwendung betreffen.9 Von einer Pflichtverletzung der Bank kann daher allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Bank selbst vertraglich gegenüber dem Krisenunternehmen die Sanierungsfähigkeitsprüfung übernommen hat. Dies wird allerdings in der Praxis selten der Fall sein, insbesondere weil auch die Bank kaum über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen wird, eine betriebswirtschaftliche Analyse über die wirtschaftliche Situation des Krisenunternehmens zu erstellen. Sie wird dies vielmehr ebenfalls auf einen Dritten übertragen. Da das Krisenunternehmen aber an der Erstellung eines Sanierungsplans in jedem Fall mitwirken muß, wird es dies in der Regel selbst tun. Eine vertragliche Übernahme der Sanierungsfähigkeitsprüfung durch die Bank wird daher praktisch kaum vorkommen. Soweit die Bank eine solche Pflicht ausnahmsweise dennoch übernommen hat, haftet sie bei einer zu vertretenden Fehlbewertung der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, ggf. unter Zurechnung des Vertretenmüssens nach § 278 Satz 1 BGB. b) Fehlerhafte Sanierungsfähigkeitsprüfung durch das Unternehmen Darüber hinaus könnte sich eine Haftung der Bank aber auch daraus ergeben, daß das Krisenunternehmen selbst die Sanierungsfähigkeitsprüfung fehlerhaft durchführt bzw. diese ganz unterläßt und die Bank über einen konkreten Wissensvorsprung verfügt, beispielsweise weil sie aufgrund der von ihr selbst durchgeführten Sanierungsfähigkeitsprüfung Kenntnis von der tatsächlich fehlenden Sanierungsfähigkeit hat oder ihr Umstände bekannt sind, die zu einer abweichenden Beurteilung der Sanierungsfähigkeit führen. Dies kann beispielsweise dann relevant werden, wenn die Bank Kenntnis davon hat, daß ein Hauptkunde des Krisenunternehmens selbst in die Krise geraten ist oder die Bank den Abbruch ihrer Geschäftsbeziehungen zu einem Hauptkunden des Krisenunternehmens plant und damit die Sanierung des Unternehmens trotz im Grundsatz bestehender Sanierungsfähigkeit aussichtslos erscheint.
8 Vgl. Neuhof, NJW 1998, 3225 [3230]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.132; Wenzel, Risiken, S. 255 f. 9 Vgl. KOM (2002) 443 endgültig, S. 15.
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
Fällt die Sanierungsfähigkeitsprüfung der Bank negativ aus, wird dies allerdings in der Regel zur Folge haben, daß sie dem Unternehmen kein Sanierungsdarlehen gewährt. In diesem Fall wird auch ein Sanierungsversuch von vornherein nicht stattfinden. Ferner wird das Krisenunternehmen die Sanierungsfähigkeitsprüfung in der Regel ebenfalls von dritter Seite durchführen lassen, so daß es selbst Kenntnis von der fehlenden Sanierungsfähigkeit haben und ein Sanierungsversuch wiederum nicht stattfinden wird. Eine Haftung der Bank kann daher allenfalls dann relevant werden, wenn dem Krisenunternehmen die fehlende Sanierungsfähigkeit trotz eigener bzw. veranlaßter Prüfung unbekannt geblieben ist, was vor allem dann vorkommen kann, wenn die Bank über Wissen verfügt, das weder dem Unternehmen selbst zur Verfügung steht, noch im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Analysen entdeckt werden kann, die Bank das Sanierungsdarlehen aber dennoch gewährt, weil sie sich hierdurch Vorteile verspricht oder das Krisenunternehmen die Sanierung ohne Beteiligung der Bank an der Sanierungsentscheidung durchführt. Die Bank verfügt in diesem Fall über einen konkreten Wissensvorsprung. Dieser begründet auch eine Aufklärungspflicht der Bank, weil es sich um eine wertsenkende Information handelt. Ist das Unternehmen nicht sanierungsfähig, führt dies zu einer verminderten Einschätzung des Unternehmenswerts, nämlich unter Zugrundelegung von Zerschlagungswerten. In einem solchen Fall ist eine Aufklärungspflicht zu bejahen, weil es sich um eine produktive Information handelt.10 c) Rechtsfolge Ist das Unternehmen von Anfang an sanierungsunfähig, sollte eine Sanierung nicht durchgeführt werden.11 Kommt es dennoch zu einem Sanierungsversuch, kann ein Schaden für das Unternehmen insbesondere dadurch entstehen, daß eine Verminderung des Unternehmensvermögens durch die zeitliche Verzögerung des Unternehmenszusammenbruchs eingetreten ist12, insbesondere dann, wenn das Unternehmen noch vorhandene Vermögenswerte für die Sanierung einsetzt. Vergegenwärtigt man sich, daß damit Ersatz der Verringerung der Insolvenzmasse und damit ein die Mitgläubiger betreffender Schaden zu ersetzen ist, kann auch hier von einem sog. Quotenschaden gesprochen werden.
10 11 12
Vgl. H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1.3.2. Adams, Sicherungsrechte, S. 175. Vgl. Engert, S. 41 f.
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2. Sanierungsfähigkeit des Unternehmens a) Mangelhafter Sanierungsplan Scheitert der Sanierungsversuch, weil der Sanierungsplan mangelhaft war bzw. mangelhaft geworden ist, etwa weil die dort vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen nicht ausgereicht haben oder nachträglich unzureichend geworden sind, kommt eine Haftung der Bank grundsätzlich nicht in Betracht, da allein das Krisenunternehmen das Verwendungsrisiko des Sanierungsdarlehens trägt. Auch hier kann sich etwas anderes zunächst dann ergeben, wenn die Bank die Erstellung des Sanierungsplans vertraglich übernommen hat. Dies wird aber, wie auch die Übernahme der Sanierungsfähigkeitsprüfung, kaum vorkommen. Insbesondere genügt nicht, daß die Bank Kenntnis von dem Sanierungsplan hat, weil die Bank Verpflichtungen aus einem Sanierungsplan wegen des hohen Haftungsrisikos regelmäßig nur gegen ein entsprechendes Entgelt übernehmen wird. Eine Prüfungspflicht der Bank besteht darüber hinaus nur dann, wenn das Krisenunternehmen darauf vertrauen durfte, die Bank werde die Geeignetheit des Sanierungsplans prüfen und es entsprechend aufklären. Dies kann dann relevant werden, wenn die Bank aufgrund einer eigenen Prüfung die fehlende Eignung des Sanierungsplans kennt. Ob dieses Vertrauen in die Prüfung der Bank berechtigt ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Vielmehr setzt die Begründung einer Prüfungspflicht sowie einer Aufklärungspflicht wegen eines bestehenden Wissensvorsprungs zunächst voraus, daß eine Asymmetrie der Informationskosten vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Bank die gewünschte Information mit dem geringeren Kostenaufwand als das Krisenunternehmen beschaffen kann.13 Dies ist nach dem Gesagten aber gerade nicht der Fall. Die für eine hinreichende Prüfung der Geeignetheit des Sanierungsplans erforderliche Sach- und Fachkunde wird regelmäßig nur ein Dritter, etwa ein Unternehmensberater, haben. Insbesondere muß das Krisenunternehmen selbst an der Prüfung mitwirken. Dieses kann die erforderlichen Informationen mit dem niedrigeren, wenigstens aber mit einem gleich hohen Kostenaufwand wie die Bank beschaffen. Die Geeignetheit des Sanierungsplans stellt zwar eine produktive Information14 dar, weil nur durch einen ausreichenden Sanierungsplan die Vernichtung noch vorhandenen Vermögens im Unternehmen verhindert werden kann. Jedoch würde die Begründung einer Aufklärungspflicht bei einer fehlenden Asymmetrie der Informationskosten allenfalls zu einer Umverteilung von Kosten, nicht aber zu deren Senkung führen.15 Vor allem sollten Anreize für eine Informationsbeschaffung gesetzt werden.16 Diese würden dem Krisenunternehmen genommen, wollte man dessen VerH.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1. s. zu diesem Erfordernis Adams, Ökonomische Theorie, S. 87 f.; H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1.2, 15 / 2. 15 H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1. 16 H.-B. Schäfer / Ott, 15 / 3. 13 14
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
trauen auf die Prüfung durch die Bank schützen. Das Krisenunternehmen würde dann eine solche Prüfung unterlassen, obwohl es diese mit dem geringeren Kostenaufwand bewerkstelligen könnte. Die Bank ist daher im Grundsatz auch nicht verpflichtet, den Sanierungsplan zu prüfen. Auch muß sie das Unternehmen nicht auf Mängel des Sanierungsplans hinweisen, es sei denn, dieses geht für die Bank erkennbar irrtümlich von der Geeignetheit des Sanierungsplans aus. Etwas anderes kann wiederum dann gelten, wenn die Bank über Sonderwissen verfügt, für das sie keine (spezifischen) Kosten aufgewendet hat, so etwa dann, wenn ihr bekannt ist, daß ein Großkunde des Krisenunternehmens ebenfalls in eine Krise geraten ist. Es handelt sich hierbei um sog. Zufallsinformationen, also um solche Informationen, die die Bank entweder ohne spezifischen Kostenaufwand oder jedenfalls „anstrengungslos“17 erlangt hat.18 In diesem Fall muß durch die Begründung einer Aufklärungspflicht ein Anreiz zu einer möglichst raschen Verbreitung dieser Information gegeben werden.19 Die Bank ist dann in jedem Fall verpflichtet, das Krisenunternehmen hierauf hinzuweisen. Auch das Bankgeheimnis steht einer solchen Aufklärungs- und Hinweispflicht nicht entgegen. Das Bankgeheimnis folgt als Treuepflicht gemäß § 242 BGB aus den Rechtsbeziehungen zwischen der Bank und dem Krisenunternehmen als Vertrauensverhältnis und findet sich (deklaratorisch) in Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken.20 Vorliegend tritt diese Treuepflicht in Kollision mit einer Aufklärungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Krisenunternehmen. Ob in einem solchen Fall das Bankgeheimnis vorgeht, ist das Ergebnis einer Abwägung, präjudiziert diese aber nicht.21 Insbesondere führt es nicht dazu, daß innerhalb einer Vertragsbeziehung bestehende Aufklärungs- und Hinweispflichten nicht bestehen. Es hat lediglich zur Folge, daß diese nur unter größt möglicher Schonung des durch das Bankgeheimnis Geschützten zu erfüllen sind, insbesondere muß die Bank keine konkreten Aussagen über die wirtschaftliche Lage machen, wohl aber auf die Krise hinweisen, wenn dies zur Aufklärung eines anderen Vertragspartners zwingend erforderlich ist.22 Hiervon ist in den oben genannten Konstellationen auszugehen. Dasselbe gilt, wenn die Bank nach Beginn der Sanierung Kenntnis von Umständen bekommt, die dazu führen, daß die vorgeSo die Bezeichnung von Adams, Ökonomische Theorie, S. 92 f. H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1.5. 19 H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1.5, 16 / 7. 20 Vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 25. 5. 2004 – 8 U 84 / 04, NJW 2004, 3266 f.; Schimansky / Bunte / Lwowski / Bruchner, § 39 Rn. 1 f., 7. 21 BGH, Urt. v. 11. 2. 1999 – IX ZR 352 / 97, WM 1999, 678 [680]; BGH, Urt. v. 27. 11. 1990 – XI ZR 308 / 89, NJW 1991, 693 [694]; Becker, S. 172 ff.; Canaris, BVR, Rn. 60; Schimansky / Bunte / Lwowski / Bruchner, § 39 Rn. 40; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 117; Schimansky / Bunte / Lwowski / Siol, § 43 Rn. 23, § 44 Rn. 27. 22 Dies kann etwa dann nicht der Fall sein, wenn es um öffentliche Äußerungen der Bank über die wirtschaftliche Situation ihre Kunden geht; aber auch in diesem Fall können die kollidierenden Interessen das Bankgeheimnis zurücktreten lassen, vgl. hierzu OLG München, Urt. v. 10. 12. 2003 – 21 U 2392 / 03, NJW 2004, 224 ff.; LG München I, Urt. v. 18. 2. 2003 – 33 O 8439 / 02, NJW 2003, 1047 ff. 17 18
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sehene Umsetzung des Sanierungsplans nicht ausreicht, dieser also nachträglich mangelhaft wird. Eine Haftung der Bank kommt ferner dann in Betracht, wenn sie die Mangelhaftigkeit des Sanierungsplans selbst herbeigeführt, also einen besonderen Gefährdungstatbestand für das Krisenunternehmen geschaffen hat, und es zu opportunistischem Verhalten kommt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Bank die für eine ordnungsgemäße Erstellung des Sanierungsplans notwendigen Informationen zurückhält und sich hierdurch einen Vorteil verspricht. Entsprechendes gilt unter dem Gesichtspunkt der Überschreitung der Kreditgeberrolle dann, wenn die Bank Einfluß auf die Unternehmensleitung dahingehend ausübt, bestimmte Sanierungsmaßnahmen nicht in den Sanierungsplan aufzunehmen, etwa den Abschluß weiterer Darlehen bei anderen Fremdkapitalgebern und die damit verbundene Übertragung von Unternehmensvermögen zu deren Sicherung, weil die Bank selbst auf dieses Unternehmensvermögen zur Absicherung eigener Risiken Zugriff haben will oder wenn die Bank dahingehend Einfluß nimmt, bestimmte Vermögensbestandteile des Unternehmens unter Wert an Dritte zu veräußern, an denen sie selbst maßgeblich beteiligt ist.23 b) Fehlerhafte Umsetzung des Sanierungsplans Scheitert die Sanierung an einer fehlerhaften, also mangelhaften oder mangelnden Umsetzung des Sanierungsplans, trifft die Bank wiederum grundsätzlich nur dann eine Haftung, wenn sie die Umsetzung des Sanierungsplans selbst vertraglich übernommen hat. Auch dies wird in der Praxis kaum vorkommen, da das Krisenunternehmen regelmäßig Dritte mit der Erstellung und der Umsetzung des Sanierungsplans beauftragen wird, die dann im Lager des Unternehmens stehen und nicht Erfüllungsgehilfen der Bank sind. Eine Haftung der Bank kommt jedoch unter dem Gesichtspunkt der Überschreitung der Kreditgeberrolle dann in Betracht, wenn sie Einfluß auf die Unternehmensleitung ausübt und es zu opportunistischem Verhalten kommt, wenn sie also wie ein „faktischer Geschäftsführer“ das Unternehmen leitet24. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Bank eine in dem Sanierungsplan eigentlich vorgesehene Sanierungsmaßnahme verhindert oder beeinflußt und sich hieraus einen Vorteil verspricht, so etwa dann, wenn sie die Aufkündigung einer verlustreichen Geschäftsbeziehung zu einem anderen Unternehmen vereitelt, an dem sie selbst maß23 Vgl. zu einem opportunistischen Verhalten bei der Ausübung des Widerrufsrechts im Lastschriftverfahren OLG Schleswig, Urt. v. 13. 3. 2001 – 3 U 174 / 99, NZI 2001, 428 f. (Verringerung der persönlichen Inanspruchnahme eines GmbH-Geschäftsführers); zum Merkmal der Einflußnahme auch BGH, Urt. v. 14. 4. 1964 – VI ZR 219 / 62, WM 1964, 671; Böckstiegel, S. 173 f.; Engert, Festschr. f. Heldrich, 2005, S. 87 [102 ff.], der dieses als Teil der sog. Corporate Governance diskutiert. 24 Eidenmüller, Sanierung, S. 380; s. ferner MünchKomm-BGB / Berger4, vor § 488 Rn. 113.
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geblich beteiligt ist oder wenn sie einen vorgesehenen Verkauf verlustträchtiger Unternehmensteile an ein anderes Unternehmen, an dem sie selbst maßgeblich beteiligt ist, verhindert. Entsprechendes gilt unter dem Gesichtspunkt der Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes dann, wenn die Bank sonst eine Umsetzung der vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen vereitelt, wie beispielsweise dann, wenn sie pflichtwidrig die Freigabe von Sicherheiten verweigert. Verfügt sie über Informationen, die eine Umsetzung der in dem Sanierungsplan vorgesehene Maßnahme unmöglich machen oder wesentlich erschweren und hat die Bank diese Informationen ohne (nennenswerten) Kostenaufwand erlangt, ist sie ebenfalls verpflichtet, das Krisenunternehmen hierauf hinzuweisen. Auch hier gilt im Grundsatz nichts anderes als bei einer Mangelhaftigkeit des Sanierungsplans, insbesondere weil die fehlerhafte, insbesondere die mangelnde Umsetzung desselben dazu führen kann, daß die in dem Sanierungsplan vorgesehenen Maßnahmen nicht mehr ausreichen. c) Rechtsfolge Ist das Unternehmen grundsätzlich sanierungsfähig, scheitert eine Sanierung aber dennoch, besteht der Schaden für das Krisenunternehmen darin, daß bei einer erfolgreichen Sanierung das Unternehmen samt seiner Werte hätten erhalten werden können. Der zu ersetzende Schaden besteht dann in der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert des Unternehmens bei einer erfolgreichen Sanierung, also unter Zugrundelegung von going-concern-Werten, und dem tatsächlichen Wert des Unternehmens bei seiner Zerschlagung, also unter Zugrundelegung der Zerschlagungswerte. Die Darlegungs- und Beweislast für den Schadensumfang trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Anspruchsteller.
3. Eintritt der Sanierungsunfähigkeit während des Sanierungsversuchs Ist das Unternehmen zunächst sanierungsfähig, kann ein Sanierungsversuch trotz ausreichendem Sanierungsplan und dessen ordnungsgemäßer Umsetzung daran scheitern, daß das Unternehmen im Laufe des Sanierungsversuchs sanierungsunfähig wird. Dies kann seinen Grund in einer bei Beginn des Sanierungsversuchs nicht vorhersehbaren Konjunkturschwäche oder dem Zusammenbruch eines Hauptkunden des Krisenunternehmens haben. Eine Haftung der Bank für solche, bei Erstellung des Sanierungsplans nicht vorhersehbare Risiken, kommt nicht in Betracht. Eine Garantie für das Gelingen des Sanierungsversuchs wird sie in keinem Fall übernehmen. Wenn im Schrifttum zum Teil die Ansicht vertreten wird, daß die Bank eine Garantie- bzw. einer Patronatserklärung bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen abgebe, wenn sie Angaben über die Sanierungschancen mache oder sich von ihrer Rolle als Helferin des Sanierungsunternehmens wegbe-
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wegt habe25, mögen diese Umstände dazu führen, daß die Bank bestimmte Sorgfaltspflichten bei der Umsetzung des Sanierungsplans treffen. Jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie unabhängig von dem Grund eines Scheiterns den Erfolg der Sanierung hat garantieren wollen. Die Bank ist aber auch in diesem Fall ausnahmsweise dazu verpflichtet, das Krisenunternehmen auf die eingetretene Sanierungsunfähigkeit hinzuweisen. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn die Bank nachträglich Kenntnis hiervon bzw. der die Sanierungsunfähigkeit begründenden Umstände erlangt und hierfür keine bzw. keine erheblichen Kosten aufwenden mußte, denn es handelt sich bei der Sanierungsfähigkeit um eine wertsenkende Information. Es gilt hier das oben bereits Gesagte entsprechend. Auch kann die Bank unter dem Gesichtspunkt der Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes zur Aufklärung verpflichtet sein, wenn sie die Geschäftsbeziehungen zu dem Hauptkunden abzubrechen beabsichtigt. Trifft die Bank aufgrund des eben Gesagten eine Haftung, so hat sie grundsätzlich nur denjenigen Schaden zu ersetzen, der gerade dadurch entstanden ist, daß das Krisenunternehmen den Sanierungsversuch nicht rechtzeitig abgebrochen hat. In diesem Fall ist als Schaden lediglich die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert des Unternehmens im Zeitpunkt des unausweichlichen Zusammenbruchs und dem tatsächlichen Wert des Unternehmens bei seiner Zerschlagung zu ersetzen, also derjenige Schaden, der gerade dadurch eingetreten ist, daß der Zusammenbruch früher erfolgt.26 Da das Unternehmensvermögen im Laufe eines Sanierungsversuchs häufig zunächst an Wert verliert, insbesondere dann, wenn das Unternehmen noch in eine Konjunkturschwächephase gerät, wird ein ersatzfähiger Schaden in der Regel nicht entstehen. Etwas anderes wird allenfalls dann der Fall sein, wenn sich das Krisenunternehmen bis zum Eintritt der Konjunkturschwäche bereits weitgehend erholt hat und dann die durch die Konjunkturschwäche bedingte Krise nicht überwinden kann. In diesem Fall kann im Zeitpunkt des Eintritts der Sanierungsunfähigkeit ein Vermögen vorhanden sein, das einen höheren Wert hat als zu Beginn des Sanierungsversuchs. Soweit dies der Fall ist, hat die Bank den Differenzbetrag als Schaden zu ersetzen. Tritt die Konjunkturschwäche dagegen in einem Zeitpunkt ein, in dem sich das Krisenunternehmen noch nicht von seiner Krise erholt hat, wird in der Regel ein ersatzfähiger Schaden zu verneinen sein. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bank selbst die Sanierungsunfähigkeit herbeigeführt hat, denn dann hat sie die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert des Unternehmens bei einer erfolgreichen Sanierung und dem tatsächlichen Wert des Unternehmens bei seiner Zerschlagung zu ersetzen.
Kruppa, S. 167 ff.; Wiegelmann, S. 214 ff. BGH, Urt. v. 19. 4. 1956 – III ZR 26 / 55, BGHZ 20, 275 [280 f.]; s. zur Berücksichtigung hypothetischer Schadensursachen auch Palandt / Heinrichs, Vorbem. § 249 Rn. 96, 99. 25 26
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III. Zusammenfassung Die Bank trifft im Grundsatz keine Haftung, wenn die Sanierung trotz ihrer Beteiligung scheitert. Allein das Krisenunternehmen trägt das Risiko, daß der Sanierungsversuch fehlschlägt. Etwas anderes gilt dann, wenn die Bank über einen konkreten Wissensvorsprung verfügt, den Erfolg des Sanierungsversuchs durch Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes gefährdet oder ihre Rolle als Darlehensgeberin überschreitet und selbst das Mißlingen des Sanierungsversuchs verursacht. In den vorgenannten Fällen kann die Bank eine Aufklärungspflicht treffen, deren Verletzung dazu führt, daß sie den durch die verspätete Aufklärung entstandenen Schaden zu ersetzen hat. Dieser kann entweder darin bestehen, daß der Sanierungsversuch erst verspätet abgebrochen wurde oder darin, daß der Sanierungsversuch trotz hinreichender Erfolgsaussichten mißlingt.
§ 7 Die Sittenwidrigkeit der Bestellung von Sicherheiten und die Insolvenzanfechtung Scheitert der Sanierungsversuch, besteht der Schaden des Krisenunternehmens und damit auch der Mitgläubiger darin, daß das Unternehmensvermögen im Zeitpunkt des Zusammenbruchs in aller Regel geringer zu veranschlagen ist als bei Beginn des Sanierungsversuchs. Einen Großteil der Verringerung des Unternehmensvermögens beruht dabei häufig auf der Übertragung von Vermögensbestandteilen auf die Bank zur Besicherung der ausgereichten Darlehen oder sonstigen Sanierungshilfen. Wäre die Sicherheitenbestellung sittenwidrig oder anfechtbar, würden die übertragenen Sicherheiten zu Lasten der Bank wieder dem Unternehmensvermögen zufallen.27 Dies würde zu einer Vergrößerung der Haftungsmasse für die Mitgläubiger führen. Im folgenden ist daher im einzelnen zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen die Bestellung von Sicherheiten in der Krise sittenwidrig oder anfechtbar ist.
I. Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung Die Bank wird die Gewährung des Sanierungsdarlehens in der Regel von der Stellung weiterer Sicherheiten abhängig machen. Dies hat zur Folge, daß das Krisenunternehmen die letzten noch vorhandenen Vermögensgegenstände auf die Bank übertragen wird. Der Grund für die Massearmut insolventer Unternehmen liegt daher größtenteils in der Bestellung von Kreditsicherheiten zugunsten von Banken.28 Eine Untersuchung aus dem Jahr 1978 hat gezeigt, daß 62,7 % der 27 Vgl. BGH, Urt. v. 12. 11. 1992 – IX ZR 236 / 91, ZIP 1993, 276 [280]; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3226]; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 69. 28 Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 111, 243.
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Sicherungsgläubiger Kreditinstitute sind, die durch die bestellten Sicherheiten rund 81 % ihrer Forderungen befriedigen konnten.29 Dies verdeutlicht, welche Bedeutung dem Tatbestand einer sittenwidrigen Sicherheitenbestellung in der Insolvenz des Unternehmens zukommen kann. 1. Das Verhältnis zur Insolvenzanfechtung Zunächst ist zu klären, in welchem Verhältnis die Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung zu einer möglichen Insolvenzanfechtung steht. Insbesondere stellt sich die Frage, ob angesichts der insolvenzrechtlichen Sonderbestimmungen der §§ 129 ff., 143 Abs. 1 Satz 1 InsO, 812 ff. BGB bei einer Gläubigerbenachteiligung durch eine Masseschmälerung überhaupt noch Raum für den allgemeinen Sittenwidrigkeitstatbestand des § 138 Abs. 1 BGB ist. Sofern bei einer Sittenwidrigkeit des Sicherungsvertrages ein Fall der Fehleridentität angenommen werden kann, also auch das dingliche Rechtsgeschäft unwirksam wäre, bestünde eine vollständige Identität der Rechtsfolgen der Sittenwidrigkeit und der Insolvenzanfechtung.30 Zudem entsteht die Rückgewährpflicht gemäß § 143 InsO bereits mit der Verwirklichung eines gesetzlichen Anfechtungsgrundes, spätestens aber mit der Verfahrenseröffnung kraft Gesetzes. Die Insolvenzanfechtung stellt demnach kein Gestaltungsrecht dar31, sondern führt – ebenso wie § 138 Abs. 1 BGB – zu einem schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr zur Masse, stimmt also auch in der Systematik mit der Nichtigkeitsfolge des § 138 Abs. 1 BGB überein. Tatbestandlich sind die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB strenger als die der Anfechtungsvorschriften, da diese eine Gläubigerbenachteiligung nicht voraussetzen, sondern bereits bei einer Gläubigergefährdung eingreifen.32 Um so dringlicher stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis eine mögliche Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung nach § 138 BGB zu einer Anfechtung des Rechtserwerbs gemäß den anfechtungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 129 ff. InsO, §§ 3 ff. AnfG steht. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, die Insolvenzanfechtung solle der Nichtigkeit der Sicherungsverträge gemäß § 138 Abs. 1 BGB vorgehen, da sie lex specialis sei.33 Die Anfechtungstatbestände sollen danach den Schutz der Insolvenzgläubiger abschließend regeln, so daß ein Rückgriff auf § 138 Abs. 1 BGB ausschließGessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 173. Vgl. BGH, Urt. v. 9. 7. 1987 – IX ZR 89 / 86, NJW-RR 1987, 1401; Häsemeyer, ZIP 1994, 418 [423]. 31 RG, Urt. v. 11. 12. 1917 – VII 262 / 17, RGZ 91, 367 [369]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1987 – IX ZR 107 / 86, BGHZ 101, 286 [288]; BGH, Urt. v. 29. 4. 1986 – IX ZR 163 / 85, BGHZ 98, 6 [9]; Kilger / K. Schmidt, § 29 Anm. 3; Nerlich / Römermann, § 129 Rn. 6 ff., 11. 32 BGH, Urt. v. 9. 7. 1987 – IX ZR 89 / 86, NJW-RR 1987, 1401. 33 Barkhausen, NJW 1955, 1272; Kübler / Prütting / Paulus, § 129 Rn. 39; Staudinger / Sack, § 138 Rn. 166; H. Westermann, S. 26. 29 30
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lich wegen einer Gläubigerbenachteiligung stets ausgeschlossen sein soll, wenn es allein um die Verletzung der durch die Anfechtungsvorschriften geschützten Rechtsgüter geht und dieser Sachverhalt von den Anfechtungstatbeständen erfaßt wird. Dagegen soll ein Rückgriff auf § 138 Abs. 1 BGB zulässig sein, soweit es um den Schutz einzelner Gläubiger (etwa der durch einen verlängerten Eigentumsvorbehalt gesicherten Warenlieferanten), also nicht um die Anreicherung der Insolvenzmasse geht.34 Ohne auf das Konkurrenzverhältnis näher einzugehen, wird häufig schlicht festgestellt, daß die Vorschrift des § 138 BGB neben den Anfechtungsregeln nicht anwendbar sei, es sei denn, das Rechtsgeschäft weise besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände auf.35 Zum Teil wird dagegen ein Anwendungsvorrang der §§ 129 ff. InsO, §§ 3 ff. AnfG verneint und betont, daß allein die Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen der Anfechtungsvorschriften noch keine Sittenwidrigkeit der Rechtshandlung im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB begründe, sondern darüber hinausgehende Umstände zu fordern seien.36 Aufgrund der Identität der Rechtsfolgen ist die Gefahr eines teleologischen Normenwiderspruchs zwischen § 138 Abs. 1 BGB und den Anfechtungstatbeständen groß. Allerdings führt dies noch nicht zwingend dazu, daß dieser drohende Normwiderspruch durch eine Vorrangregel aufgelöst werden muß. Vielmehr lassen sich die auftretenden Normenkonflikte im Wege einer restriktiven Auslegung des § 138 Abs. 1 BGB beseitigen.37 So ist der Begriff der Sittenwidrigkeit eng auszulegen. Aus der Existenz der §§ 129 ff. InsO, §§ 3 ff. AnfG folgt, daß nicht jede anfechtbare Rechtshandlung zugleich als sittenwidrig beurteilt werden kann.38 Vielmehr bedarf es hierfür weitergehender Umstände. Diese systematisch-teleologische Auslegung entspricht dem Verhältnis von § 123 BGB und § 138 BGB: Allein eine 34 Barkhausen, NJW 1955, 1272; Jaeger / Henckel, § 29 Rn. 201, 207; Kübler / Prütting / Paulus, § 129 Rn. 39. 35 RG, Urt. v. 19. 9. 1910 – VI 403 / 09, RGZ 74, 224 [226]; BGH, Urt. v. 11. 11. 1993 – IX ZR 257 / 92, BGHZ 124, 76 ff.; BGH, Urt. v. 23. 4. 2002 – XI ZR 136 / 01, BB 2002, 1227 [1229]; BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, ZIP 1998, 793 [795]; BGH, Beschl. v. 20. 6. 1996 – IX ZR 314 / 95, ZIP 1996, 1475; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668; BGH, Urt. v. 4. 3. 1993 – IX ZR 151 / 92, ZIP 1993, 602 [603]; BGH, Urt. v. 18. 2. 1993 – IX ZR 129 / 92, NJW 1993, 1640 [1641]; BGH, Urt. v. 11. 10. 1989 – VIII ZR 258 / 88, NJW-RR 1990, 142 [143 f.]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1987 – IX ZR 89 / 86, NJW-RR 1987, 1401; BGH, Urt. v. 26. 1. 1973 – V ZR 53 / 71, NJW 1973, 513; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 5 / 309; Palandt / Heinrichs, § 138 Rn. 16; M. Huber, § 1 Rn. 66; Kraemer / Schwentker, 14 / 56 f. 36 RG, Urt. v. 20. 10. 1942 – VI 24 / 42, RGZ 170, 328 [332]; BGH, Urt. v. 11. 11. 1993 – IX ZR 257 / 92, BGHZ 124, 76 ff.; BGH, Urt. v. 19. 3. 1992 – IX ZR 166 / 91, BGHZ 117, 374 ff.; BGH, Urt. v. 8. 10. 1986 – VIII ZR 342 / 85, BGHZ 98, 303 [314]; BGH, Urt. v. 5. 11. 1984 – II ZR 147 / 83, BGHZ 92, 386 ff.; BGH, IX ZR 129 / 92 – Urt. v. 18. 2. 1993, NJW 1993, 1640 [1641]; BGH, Urt. v. 5. 10. 1989 – III ZR 34 / 88, NJW 1990, 1356 [1357]; Soergel / Hefermehl, § 138 Rn. 67; Kilger / K. Schmidt, § 29 Anm. 6. 37 Zutreffend Kilger / K. Schmidt, § 29 Anm. 6; Serick, I, § 32 II. 2., S. 154 f. 38 M. Huber, § 1 Rn. 65.
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arglistige Täuschung führt lediglich zur Anfechtbarkeit, nicht dagegen zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Zur Vermeidung von Normwidersprüchen ist bei der Bestimmung des Sittenwidrigkeitsbegriffs ein subjektives Element zu fordern, insbesondere die Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände. In einem solchen Fall ist der Empfänger des Vermögensgegenstands nicht schutzwürdig. Hieraus folgt zugleich, daß selbst nach dem Ablauf der Anfechtungsfristen der Insolvenzverwalter eine Rückforderung der Sicherheiten auf der Grundlage der §§ 812 ff. BGB bzw. des § 985 BGB wegen Nichtigkeit der Sicherungsverträge bzw. des Übertragungsaktes nach § 138 Abs. 1 BGB verlangen kann. Ferner folgt hieraus, daß eine Anfechtung auf der Grundlage der §§ 129 ff. InsO, §§ 3 ff. AnfG dann ausgeschlossen ist, wenn die Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung dazu führt, daß eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne der Anfechtungstatbestände nicht vorliegt. Da es sich dabei um eine Tatbestandsvoraussetzung der Anfechtung handelt, scheitert eine solche, wenn die Reduzierung der Haftungsmasse bereits durch eine Nichtigkeit der Übertragungsgeschäfte nach § 138 Abs. 1 BGB kompensiert wird.39 2. Sicherheitenbestellung und Abstraktionsprinzip Die Sittenwidrigkeit des Sicherungsvertrages führt nicht ohne weiteres zur Nichtigkeit des Verfügungsgeschäfts, also des Übertragungsaktes. Es gilt vielmehr das Abstraktionsprinzip, wonach die Wirksamkeit des Verfügungs- von der des Verpflichtungsgeschäfts unabhängig ist. Etwas anderes gilt dann, wenn der Grund für die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts auch das Verfügungsgeschäft betrifft (sog. Fehleridentität) oder gar lediglich das Verfügungsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt. Dies ist bei einer sittenwidrigen Sicherheitenbestellung insbesondere dann der Fall, wenn es um die Benachteiligung der übrigen Gläubiger geht, denn diese werden vor allem durch den Entzug der Haftungsmasse, also das Verfügungsgeschäft geschädigt. Es ist daher regelmäßig davon auszugehen, daß die Sittenwidrigkeit auch das Verfügungsgeschäft erfaßt.40 Ist das Verfügungsgeschäft damit selbst nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, kommt es auf die Frage, ob auf das Verpflichtungs- und das Verfügungsgeschäft § 139 BGB Anwendung findet, nicht mehr an. 3. Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Bestellung von Sicherheiten in der wirtschaftlichen Krise sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB sein kann, 39 Kraemer / Schwentker, 14 / 57. Zur KO entsprechend BGH, Urt. v. 11. 11. 1993 – IX ZR 257 / 92, BGHZ 124, 76 ff.; Kilger / K. Schmidt, § 29 Anm. 6; Serick, I, § 31 II. 3., S. 155. Zur Anfechtung nach dem AnfG ebenso M. Huber, § 1 Rn. 67, 68. 40 Serick, I, § 4 II. 6. a), S. 65 f.
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ähnelt der Struktur nach der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Bank für die Vergabe von Sanierungsdarlehen gemäß § 826 BGB gegenüber Dritten haftet. § 138 Abs. 1 BGB betrifft jedoch ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Sicherungsgeber (Darlehensnehmer) und dem Sicherungsnehmer (Darlehensgeber)41, wohingegen die Haftung nach § 826 BGB insbesondere das Außenverhältnis, also dasjenige zwischen der Bank und den Mitgläubigern betrifft. Auch im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB gilt der Grundsatz, daß die Bank auf Umstände, die außerhalb des Sicherungsvertrages liegen, keine Rücksicht zu nehmen braucht.42 Im folgenden ist zu prüfen, wo dieser Grundsatz seine Grenzen findet. a) Übersicherung In Anbetracht der Tatsache, daß Unternehmensgegenstände bei einer Insolvenz des Unternehmens regelmäßig nur unter Wert verwertet werden können, werden sich die Banken Sicherheiten einräumen lassen, die im Wert deutlich über der Höhe der abgesicherten Darlehensforderungen liegen. Es kommt dann bei einer Sicherheitenbestellung in der Krise häufig zu einer Übersicherung. Eine solche kommt in Form einer anfänglichen und einer nachträglichen Übersicherung in Betracht. Die anfängliche Übersicherung kann zu einer Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB führen.43 Das für eine Nichtigkeit erforderliche grobe Mißverhältnis zwischen der bestellten Sicherheit und der mit ihr besicherten Forderung wird jedoch in der wirtschaftlichen Krise kaum je vorliegen, weil zwischen den bestellten Sicherheiten und einem umfangreichen Sanierungsdarlehen regelmäßig kein grobes Mißverhältnis vorliegen wird. Relevant für die Bestellung von Sicherheiten in der Krise dürfte daher allenfalls die nachträgliche Übersicherung sein. Diese führt aber nicht zur Nichtigkeit, da der Sicherungsgeber einen ermessensunabhängigen Freigabeanspruch hat, soweit die unter Rückgriff auf § 237 Satz 1 BGB zu bestimmende Freigabegrenze von 150 % erreicht ist. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Sicherungsgeber ein solcher Anspruch vertraglich eingeräumt wurde oder ob ein solcher sogar abbedungen oder beschränkt ist, da eine derartige Klausel gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB verstößt und an deren Stelle gemäß § 306 Abs. 2 BGB der dem Gesetz immanente ermessensunabhängige Freigabeanspruch tritt.44 Der Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung wegen Übersicherung kommt daher in der Krise des Unternehmens keine Bedeutung zu.
41 BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [232]; Coing, WM 1980, 1026 [1027]; Obermüller, Handbuch, Rn. 1002, 1197; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 9; Wenzel, Risiken, S. 251. 42 Wenzel, Risiken, S. 263. 43 BGH, Urt. v. 27. 11. 1997 – GSZ 1 / 97 u. 2 / 97, BGHZ 137, 212 ff.; BGH, Urt. v. 12. 3. 1998 – IX ZR 74 / 95, NJW 1998, 2047 [2048]; Lwowski, Festschr. f. Schimansky, S. 389 [390 ff.]; Wenzel, Risiken, S. 266. 44 BGH, Urt. v. 27. 11. 1997 – GSZ 1 / 97 u. 2 / 97, BGHZ 137, 212 ff.
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b) Aufhebung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit (Knebelung) Eine Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung wegen wirtschaftlicher Knebelung des Sicherungsgebers ist in Rechtsprechung und Schrifttum diskutiert worden, wenn durch die Bindung des Vermögens des Sicherungsgebers dessen wirtschaftliche Bewegungsfreiheit nahezu vollständig aufgehoben wird und die Sicherheitenbestellung in keiner angemessenen Relation zu dem Umfang des Darlehens steht.45 In der Krise kann es leicht zu einer nahezu vollständigen Übertragung des noch vorhandenen Unternehmensvermögens kommen, so daß im folgenden auf die Voraussetzungen einer Knebelung näher einzugehen ist. aa) Objektiver Tatbestand Während im Schrifttum vereinzelt angenommen wurde, daß eine Sittenwidrigkeit wegen Knebelung nie vorliegen könne46, vertritt die herrschende Meinung die Auffassung, daß eine die Knebelung des Sicherungsgebers bewirkende Aufhebung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit dann vorliege, wenn der Schuldner nicht mehr selbständig wirtschaften oder eigenverantwortlich am Geschäftsverkehr teilnehmen könne.47 Eine solche Beschränkung sei zunächst dann in Betracht zu ziehen, wenn der Sicherungsgeber (nahezu) sein gesamtes Vermögen auf einen Sicherungsnehmer übertrage und so in eine vollständige Abhängigkeit gerate.48 Nachdem der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs nunmehr aber den ermessensunabhängigen Freigabeanspruch des Sicherungsgebers bei einer eintretenden Übersicherung anerkannt hat, entspricht der Umfang der übertragenen Sicherheiten stets dem Sicherungsbedürfnis des Sicherungsnehmers. Eine unangemessene Knebelung kann daher nicht angenommen werden.49 Anders kann dies nur bei der anfänglichen Übersicherung sein, die jedoch in den vorliegend interessierenden Fallgruppen, wie gezeigt, keine Bedeutung hat. Eine die Knebelung des Sicherungsgebers bewirkende Aufhebung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit soll ferner dadurch entstehen können, daß das Kre45 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [51]; BGH, Urt. v. 14. 11. 1983 – II ZR 39 / 83, NJW 1984, 728; OLG Oldenburg, Urt. v. 21. 1. 1997 – 5 U 144 / 96, WM 1997, 1383 [1384]; Ahnert, BKR 2002, 254 [258 f.]; Ebbing, KTS 1996, 327 [338]; Hoffmann, S. 115; Ebenroth / Boujong / Joost / Thessinga, BankR IV Rn. 203. 46 Barkhausen, NJW 1953, 1412 [1413 f.]. 47 BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, ZIP 1998, 793 [797]; OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1692]; OLG Hamm, Urt. v. 20. 9. 1984 – 27 U 393 / 83, ZIP 1985, 298 [300]; Eidenmüller, Sanierung, S. 373 f.; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 157; Neuhof, NJW 1999, 20 [22]; Obermüller, Handbuch, Rn. 1184 ff.; Wenzel, Risiken, S. 264 f. 48 BGH, Urt. v. 26. 4. 1990 – VII ZR 39 / 89, ZIP 1990, 852; OLG Celle, Urt. v. 30. 6. 1982 – 3 U 258 / 81, ZIP 1982, 942 [944]. 49 BGH, Urt. v. 27. 11. 1997 – GSZ 1 / 97 u. GSZ 2 / 97, BGHZ 137, 212 ff.; Wenzel, Risiken, S. 265 f.
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ditinstitut sich Kontrollbefugnisse einräumen läßt, die über das durch die Darlehensvergabe bedingte Sicherungsinteresse hinausgehen. Eine Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung soll aber nur dann gegeben sein, wenn dem Sicherungsgeber durch die eingeräumten Rechte die Möglichkeit eines wirtschaftlich selbständigen Handelns genommen wird.50 Soweit dem Sicherungsgeber die Verfügungsbefugnis verbleibt (vgl. § 137 Satz 1 BGB), soll ein wirtschaftlich selbständiges Handeln stets möglich sein.51 Mit dem Problem der Nichtigkeit wegen Leitungsmacht der Bank ist ein wichtiges Kriterium benannt. Die Bank überschreitet dabei ihre Kreditgeberrolle, wenn sie die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens zu ihrem eigenen Vorteil wahrnimmt. Jedoch wird man dem Kreditinstitut eine Kontrolle des Darlehensnehmers jedenfalls insoweit ermöglichen müssen, als dies in Verfolgung legitimer Sicherungszwecke, insbesondere zur Vermeidung einer riskanten Geschäftspolitik, erforderlich ist, denn bei einer drohenden Insolvenz hat der Darlehensnehmer kaum noch etwas zu verlieren52. Die Frage, wann im einzelnen eine legitime Kontrolle und wann eine illegitime Übernahme der Geschäftsleitung vorliegt, ist damit noch nicht geklärt. Zu berücksichtigen ist, daß dies mit dem Tatbestand der Knebelung nicht in unmittelbarem Zusammenhang steht, da die Leitungsmacht nicht zwingend durch die Bestellung der Sicherheiten entsteht. Zumindest bei § 138 Abs. 1 BGB kommt dem Aspekt der faktischen Leitungsmacht daher keine eigenständige Bedeutung zu. bb) Subjektiver Tatbestand Das Merkmal der Sittenwidrigkeit setzt nach allgemeiner Ansicht ferner voraus, daß die Bank die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände gekannt oder sich der Kenntnisnahme dieser Umstände aus grober Nachlässigkeit verschlossen hat.53 Wenn die Bank von der fortbestehenden wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Sicherungsgebers überzeugt war, soll das Verdikt der Sittenwidrigkeit entfallen.54 Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand kommt dem subjektiven Element keine wesentliche Bedeutung zu, da nach dem Gesagten bereits die objektiven Voraussetzungen nicht gegeben sein werden. 50 BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, ZIP 1998, 793 [797]; BGH, Urt. v. 14. 11. 1983 – II ZR 39 / 83, NJW 1984, 728; BGH, Urt. v. 12. 10. 1978 – II ZR 217 / 77, WM 1978, 1400 [1401]; OLG Hamm, Urt. v. 20. 9. 1984 – 27 U 393 / 83, ZIP 1985, 298 [300]; OLG Köln, Urt. v. 27. 2. 1981 – 22 U 117 / 79, WM 1981, 1238 [1241]; Neuhof, NJW 1999 20 [22]; Obermüller, Handbuch, Rn. 1184 ff.; Wenzel, Risiken, S. 267. 51 BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, ZIP 1998, 793 [797]; BGH, Urt. v. 30. 10. 1990 – IX ZR 9 / 90, NJW 1991, 353; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [659]; Wenzel, Risiken, S. 267 f. 52 Eidenmüller, Sanierung, S. 375, 142, 22 f. 53 BGH, Urt. v. 8. 5. 1985 – IVa ZR 138 / 83, BGHZ 94, 268 [273]; Hoffmann, S. 117; Obermüller, Handbuch, Rn. 1193; ders., ZIP 1981, 352 [354]; Wenzel, Risiken, S. 268. 54 Wenzel, Risiken, S. 268 f.
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c) Gläubigergefährdung Nach allgemeiner Ansicht soll die Sicherheitenbestellung dann nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn hierdurch weitere Gläubiger des Sicherungsgebers gefährdet werden. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn durch die Übertragung der Sicherheiten die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger verringert würden. Die Verringerung der Haftungsmasse begründet jedoch lediglich einen anfechtungsrechtlichen Tatbestand im Sinne der §§ 129 ff. InsO, §§ 3 ff. AnfG, nicht aber das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit. Es bedarf daher weitergehender Umstände. Dabei soll eine Sittenwidrigkeit dann zu bejahen sein, wenn diese gleichzeitig verschleiert und Dritten die Kreditwürdigkeit des Schuldners vorgespiegelt werden soll. In diesem Fall soll es sich um eine Kredittäuschung handeln, die zur Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung führen könne.55 Im übrigen werden zur Bestimmung der Sittenwidrigkeit einer Sicherheitenbestellung folgende Grundsätze angewendet: Wird das Rechtsgeschäft unter Umständen abgeschlossen, die dazu geeignet und bestimmt sind, andere Gläubiger darüber zu täuschen, daß der Schuldner kein freies Vermögen mehr hat, soll ein Sittenverstoß in Betracht kommen können. Es könne auch genügen, daß die Vertragspartner mit der Möglichkeit gerechnet hätten, daß andere Gläubiger geschädigt würden und diese Möglichkeit billigend in Kauf genommen hätten. Kenne der begünstigte Gläubiger die Umstände, die den Schluß auf einen bevorstehenden Zusammenbruch des Schuldners begründeten, so handele er schon dann sittenwidrig, wenn er sich hierüber mindestens grob fahrlässig hinwegsetze. Habe er dagegen davon ausgehen dürfen, der Schuldner werde mit den gewährten Darlehen den Geschäftsbetrieb ordnungsgemäß weiterführen können, könne ihm nicht vorgeworfen werden, sich sittenwidrig über Belange anderer Gläubiger hinweggesetzt zu haben.56 Zwar wird den Mitgläubigern gegenüber regelmäßig nicht durch die Sicherheitenbestellung, sondern allenfalls durch die Gewährung weiterer Darlehen die Kreditwürdigkeit des Schuldners vorgespiegelt bzw. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinausgeschoben. Da die Sicherheiten dieses an sich sittenwidrige Vorgehen jedoch absichern, dessen wirtschaftlichen Erfolg also sicherstellen sollen, wird überwiegend auch deren Bestellung selbst als sittenwidrig angesehen.57 Problematisch an der Bestimmung des Begriffs der Sittenwidrigkeit in dem oben dargelegten Sinn ist, daß die Mitgläubiger des Krisenunternehmens im 55 BGH, Urt. v. 13. 7. 1995 – IX ZR 81 / 94, BGHZ 130, 331 [330 f.]; BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, ZIP 1998, 793 [796]; BGH, Urt. v. 2. 2. 1955 – IV ZR 252 / 54, NJW 1955, 1272 [1274]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Ganter, § 90 Rn. 363; Wenzel, Risiken, S. 270. 56 BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, ZIP 1998, 793 [796]; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668. 57 OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1693]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Ganter, § 90 Rn. 365; Wenzel, Risiken, S. 270 f.; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [264].
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Grundsatz selbst das Insolvenzrisiko zu tragen haben. Insbesondere muß die Bank auch bei der Bestellung von Sicherheiten die Interessen Dritter nicht berücksichtigen.58 Vor diesem Hintergrund kann auch nicht von einer Kredittäuschung ausgegangen werden, da dies wiederum voraussetzen würde, daß die Mitgläubiger auf die Kreditwürdigkeit des Krisenunternehmens vertrauen dürfen. Dies ist nach dem in § 3 dieser Untersuchung Gesagten aber gerade nicht der Fall. Wenn die Gläubiger sich nicht selbst gegen die Insolvenzrisiken hinreichend absichern, haben sie dieses Risiko grundsätzlich selbst zu tragen. Bei der Frage, wie der Tatbestand der Sittenwidrigkeit zu bestimmen ist, muß wiederum daran angeknüpft werden, ob Eingriffe zur Verhinderung opportunistischen Verhaltens zur Herstellung allokationseffizienter Lösungen erforderlich sind. Hierfür ist nicht darauf abzustellen, welche Absichten die Beteiligten verfolgt haben oder ob ihnen die Gefährdung anderer Gläubiger bekannt war. Gerade dies ist aber Voraussetzung für eine Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung, insbesondere vor dem Hintergrund der erforderlichen Abgrenzung des § 138 Abs. 1 BGB zu den anfechtungsrechtlichen Tatbeständen. Die Problematik drittgefährdender Sicherheitenbestellungen läßt sich daher über § 138 Abs. 1 BGB nicht lösen. Insbesondere vermag die Anwendung dieser Norm nicht das Problem masseverringernder Handlungen durch die Sicherheitenbestellung zugunsten der sanierungsdarlehensgewährenden Banken zu beseitigen.
II. Insolvenzanfechtung Neben der Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung kommt vor allem der Insolvenzanfechtung eine erhebliche Bedeutung im Hinblick auf masseverkürzende Maßnahmen in der Krise zugunsten von Banken zu. Durch eine Insolvenzanfechtung könnte wiederum die durch die Bestellung der Sicherheiten eingetretene Verringerung des Unternehmensvermögens insbesondere zugunsten der Mitgläubiger ausgeglichen werden. Im folgenden ist daher zu untersuchen, inwiefern eine Insolvenzanfechtung möglich ist.
1. Gläubigerbenachteiligung und Sanierungsprivileg Die Anfechtungsvorschriften setzen stets eine Gläubigerbenachteiligung voraus, die bei einer Übertragung von Vermögensgegenständen stets gegeben ist, da diese zu einer Verringerung der den übrigen Gläubigern haftenden Masse führt. Nach allgemeiner Ansicht ist dies auch dann der Fall, wenn die Rechtshandlung im Rahmen der Sanierung erfolgt; eine generelle Privilegierung von Sanierungsbemühungen wird abgelehnt.59 Im Hinblick darauf, daß Sanierungsbemühungen nicht in 58
270.
BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, ZIP 1998, 793 [796]; Wenzel, Risiken, S. 269,
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jedem Fall wünschenswert sind, ist dem zu folgen. Die besondere Bedeutung, die Sanierungsdarlehen zukommt, muß vielmehr innerhalb der einzelnen Anfechtungsbestimmungen, insbesondere bei deren tatbestandlicher Auslegung, Berücksichtigung finden. 2. Die Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) Eine Anfechtung der Sicherheitenbestellung kommt nach § 133 InsO dann in Betracht, wenn die Sicherheiten innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Verfahrenseröffnung erworben wurden und der Darlehensgeber den Vorsatz des Insolvenzschuldners, die Gläubiger vorsätzlich zu benachteiligen, kannte. Kennt der Gläubiger Umstände, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, ist zu vermuten, daß der Gläubiger die drohende Zahlungsunfähigkeit selbst kannte.60 Haben Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer jedoch Sanierungsverhandlungen geführt, spricht dies gegen den Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung, weil eine erfolgreiche Sanierung nicht zu einer Schädigung der Gläubiger führen würde.61 Auch wenn bei einem ernsthaften Sanierungsversuch die Möglichkeit einer Gläubigerschädigung durch das Scheitern des Sanierungsversuchs besteht, begründet dies noch keine Gläubigerbenachteiligungsabsicht.62 Der Sanierungsversuch stellt, wie dargelegt, für alle Beteiligten ein Risikogeschäft dar; ist die Sanierungsfähigkeit nicht von vornherein auszuschließen, besteht auch für die Mitgläubiger die Chance, ihre Forderungen bei einem Gelingen des Sanierungsversuchs vollständig befriedigen zu können. Zumindest bei bestehender Sanierungsfähigkeit des Unternehmens kommt daher der Vorsatzanfechtung keine Bedeutung zu. Nur für die Fälle der eigennützigen Sanierungskredite wird § 133 InsO relevant.63 3. Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO) a) Inkongruente Deckung (§ 131 InsO) Eine Anfechtung der zugunsten der Bank in der Krise bestellten Sicherheiten kommt weiterhin in Betracht, wenn die Deckung inkongruent ist. Dies ist dann der 59 BGH, Urt. v. 4. 7. 2000 – VI ZR 192 / 99, NJW 2000, 3138; OLG Hamm, Urt. v. 16. 4. 1996 – 27 U 197 / 95, ZIP 1996, 1140 f.; Kübler / Prütting / Paulus, § 129 Rn. 27. 60 BGH, Urt. v. 17. 7. 2003 – IX ZR 272 / 02, WM 2003, 1923 ff. 61 BGH, Urt. v. 4. 12. 1997 – IX ZR 47 / 97, NJW 1998, 1561; BGH, Urt. v. 12. 11. 1992 – IX ZR 236 / 91, ZIP 1993, 276 [279 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 87m; Kruppa, S. 53. 62 BGH, Urt. v. 4. 2. 1997 – IX ZR 47 / 97, NJW 1998, 1561; BGH, Urt. v. 18. 4. 1991 – IX ZR 149 / 90, NJW 1991, 1273 [1275]; Bork, ZBB 2001, 271 [277]; Kruppa, S. 53 f.; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Wenzel, 4 / 216. 63 Gogger, S. 197.
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Fall, wenn der Darlehensgeber gegen den Darlehensnehmer keinen Anspruch auf die konkrete Sicherheit hat. In diesem Fall ist die Sicherheitenbestellung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ohne weiteres anfechtbar, wenn sie innerhalb eines Monats vor der Verfahrenseröffnung erfolgte. Ist die Sicherheit im zweiten oder dritten Monat vor der Verfahrenseröffnung bestellt worden, ist sie nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, wenn der Darlehensnehmer im Zeitpunkt der Bestellung zahlungsunfähig im Sinne des § 17 InsO war. Die subjektiven Voraussetzungen auf Seiten des Darlehensgebers werden dann unwiderleglich vermutet. Schließlich ist gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine Sicherheitenbestellung bei inkongruenter Dekkung innerhalb der letzten drei Monate vor der Verfahrenseröffnung unabhängig von der Zahlungsunfähigkeit anfechtbar, wenn dem Darlehensgeber die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger bekannt war. Auf die Bestellung von Sicherheiten in der wirtschaftlichen Krise hat der Darlehensgeber bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen in der Regel keinen Anspruch, so daß eine inkongruente Deckung vorliegt. b) Kongruente Deckung (§ 130 InsO) Die Bestellung einer Sicherheit ist dann kongruent im Sinne des § 130 InsO, wenn dem Darlehensgeber gegen den Darlehensnehmer ein fälliger Anspruch auf die konkrete Sicherheit zusteht64. Nicht ausreichend ist dagegen der allgemeine Nachbesicherungsanspruch der Banken auf der Grundlage der Nr. 13 AGB-Banken bzw. Nr. 22 Abs. 1 AGB-Sparkassen. § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO eröffnet die Anfechtung der Sicherheitenbestellung bei kongruenter Deckung, wenn diese innerhalb der letzten drei Monate vor der Verfahrenseröffnung erfolgte, der Sicherungsgeber zahlungsunfähig im Sinne des § 17 InsO war und der Sicherungsnehmer die Zahlungsunfähigkeit kannte. Die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit wird gemäß § 130 Abs. 2 InsO unwiderleglich vermutet, wenn der Sicherungsnehmer die Umstände kennt, aus denen sich die Zahlungsunfähigkeit ergibt. Handelt es sich bei dem Sicherungsnehmer um die Hausbank des Sicherungsgebers, wird ihr die Zahlungsunfähigkeit regelmäßig schon aus den laufenden Geschäftsbeziehungen bekannt sein. Eine Sicherheitenbestellung nach dem Eröffnungsantrag ist unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 InsO anfechtbar. Dagegen scheidet eine Anfechtung der Sicherheitenbestellung mangels Gläubigerbenachteiligung aus, wenn die Sicherheiten von einem Dritten, insbesondere den Gesellschaftern des Darlehensnehmers, bestellt wurden.65 Bei der Besicherung von Sanierungsdarlehen in der Krise wird regelmäßig keine kongruente Deckung vorliegen.
64 Soweit es sich bei den Sicherheiten um Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 KWG handelt, finden die §§ 130 Abs. 1 Satz 2, 147 Satz 1 InsO Anwendung. 65 Bork, ZBB 2001, 271 [276]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 87p; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 6.67.
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c) Bargeschäft (§ 142 InsO) Eine Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung kommt dann nicht in Betracht, wenn es sich bei der in Frage stehenden Rechtshandlung um ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO handelt, da der durch die Rechtshandlung bewirkte Nachteil in Form eines Vermögensabflusses durch ein gleichwertiges Äquivalent in Form der Gegenleistung kompensiert wird.66 Ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO liegt folgerichtig nur dann vor, wenn Leistung und Gegenleistung gleichwertig und die Leistung des Insolvenzschuldners kongruent, also dem zugrundeliegenden Rechtsgeschäft entsprechend ist.67 Soweit die Sicherheitenbestellung in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Gewährung des Sanierungsdarlehens durch die Bank steht und der Wert der dieser bestellten Sicherheiten die Höhe des Darlehens nicht wesentlich übersteigt, liegt demnach ein unanfechtbares Bargeschäft vor.68 Kann dieser Bezug der Sicherheitenbestellung auf das gewährte Sanierungsdarlehen nicht hergestellt werden und beziehen sich die Sicherheiten auf bereits zuvor ausgereichte Darlehen, liegt dagegen ein insgesamt anfechtbares Rechtsgeschäft vor.69 Die Bestimmung des § 142 InsO ist entgegen zum Teil im Schrifttum vertretener Auffassungen70 über ihren Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen, daß eine Anfechtung von Bargeschäften nicht nur dann, möglich ist, wenn die Voraussetzungen des § 133 InsO vorliegen, sondern auch dann, wenn ein Fall des § 131 InsO gegeben ist, da inkongruenten Deckungen stets der Verdacht anhaftet, gläubigergefährdend zu sein.71 Dies hat zur Folge, daß bei der Bestellung von Sicherheiten bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen ein Bargeschäft die Anfechtung nach § 131 InsO nicht ausschließt. Jedoch ist, wie dargelegt, in einem solchen Fall eine Gläubigerbenachteiligung jedenfalls dann zu verneinen, wenn das Krisenunternehmen nicht von vornherein sanierungsunfähig ist.72
66 Vgl. Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 87b; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Wenzel, 4 / 220. 67 Bork, ZBB 2001, 271 [276]; Eckardt, ZIP 1999, 1417 [1419]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 87b. 68 BGH, Urt. v. 4. 12. 1997 – IX ZR 47 / 97, ZIP 1998, 248 [251]; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 5 / 331; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 87c; Nerlich / Römermann, § 142 Rn. 6; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.136, 6.68 ff.; Kübler / Prütting / Paulus, § 142 Rn. 10; zur Vergütung vgl. OLG Köln, Urt. v. 30. 11. 2000 – 18 U 147 / 00, ZIP 2001, 251 f. 69 Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 87c. 70 FK-InsO / Dauernheim, § 142 Rn. 1; Kübler / Prütting / Paulus, § 142 Rn. 1. 71 Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 87c; HK-InsO / Kreft, § 142 Rn. 9; ebenso zur KO entsprechend K. Schmidt, ZIP 1993, 162 [165]. 72 BGH, Urt. v. 4. 12. 1997 – IX ZR 47 / 97, NJW 1998, 1561; BGH, Urt. v. 12. 11. 1992 – IX ZR 236 / 91, ZIP 1993, 276 [279 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 87m; Kruppa, S. 53.
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III. Zusammenfassung Sowohl die Anwendbarkeit des § 138 Abs. 1 BGB als auch die Insolvenzanfechtung können dazu führen, daß die durch die Bestellung von Sicherheiten bei dem Krisenunternehmen eingetretene Verringerung des Unternehmensvermögens insbesondere zugunsten der Mitgläubiger überwiegend wieder ausgeglichen wird. Allerdings eignet sich § 138 Abs. 1 BGB aufgrund des für die Annahme einer sittenwidrigen Sicherheitenbestellung erforderlichen subjektiven Tatbestandes nicht zu einer Lösung des Problems masseverkürzender Sicherheitenbestellungen in der Krise zugunsten von Banken. Auch eine Insolvenzanfechtung kommt insoweit nicht in Betracht, wenn es sich um einen ernsthaften Sanierungsversuch handelt, wovon bereits dann ausgegangen werden kann, wenn das Unternehmen sanierungsfähig war. Eine solche einschränkende Auslegung der Anfechtungsvorschriften ist erforderlich, um nicht Sanierungsversuchen wegen der ansonsten unkalkulierbaren Haftungsrisiken von vornherein den Boden zu entziehen. Die Problematik opportunistischen Verhaltens von Banken in der Sanierung läßt sich durch eine Anwendung der Insolvenzanfechtungsvorschriften ebenfalls nicht umfassend lösen, insbesondere weil sich die Unterscheidung zwischen ernsthaften Sanierungsversuchen, redlichem Gläubigerverhalten und Scheinsanierungen nicht in die tatbestandlichen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtungstatbestände einfügen läßt.
§ 8 Die Konzernhaftung der Banken in der wirtschaftlichen Krise I. Praktische Relevanz Eine Konzernhaftung der Bank könnte ebenfalls dazu führen, daß durch masseverkürzende Maßnahmen verursachte Verringerungen des Unternehmensvermögens insbesondere zugunsten der Mitgläubiger wieder ausgeglichen würden. Eine Haftung der Bank auf der Grundlage der §§ 302, 303 AktG kommt bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen allerdings nur dann in Betracht, wenn es sich um einen AG-Vertragskonzern handelt und zwischen der Bank und dem Krisenunternehmen ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag besteht. Banken werden sich jedoch in der Regel nicht auf diese Weise an einen Unternehmen beteiligen73, insbesondere aufgrund der drohenden Haftung74. Auch einer analogen Anwendung der §§ 302, 303 AktG auf den GmbH-Konzern75 wird daher in den hier vorliegen-
De Meo, S. 272 f. Rn. 245; Eidenmüller, Sanierung, S. 383 f. Vgl. Scholz / Emmerich, Anh. § 44 Rn. 134, nach dem es sich bei den meisten GmbHKonzernen um faktische Konzerne handeln soll. 73 74
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den Konstellationen keine wesentliche Bedeutung zukommen. Im folgenden eingehender zu untersuchen sind dagegen diejenigen Konstellationen, in denen zwischen der Bank und dem Unternehmen kein Beherrschungsvertrag besteht, es sich also um einen sog. faktischen Konzern handeln könnte76. Der Begriff „Unternehmen“ ist dabei weit auszulegen, so daß jeder identifizierbare Rechtsträger im weitesten Sinne abhängiges Unternehmen sein kann.77 Es muß sich nicht um eine Gesellschaft handeln. Haben sich mehrere Banken zu einem Konsortium zusammengeschlossen, ist nicht die dadurch entstandene Gesellschaft bürgerlichen Rechts als herrschendes Unternehmen anzusehen, sondern die einzelnen Konsortialbanken, da diese die Anteile an dem Schuldnerunternehmen halten und nicht das Konsortium selbst.78 Für die Frage der relevanten Haftungstatbestände von erheblicher Bedeutung ist dabei die Auslegung des Begriffs der Abhängigkeit in § 17 Abs. 1 AktG, insbesondere ob das Abhängigkeitsverhältnis stets durch eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung vermittelt werden muß oder ob auch eine anderweitige, etwa wirtschaftliche Abhängigkeit ausreicht. Für die vorliegende Untersuchung kommt dem eine erhebliche praktische Bedeutung zu, da sich Banken häufig Kontrollrechte an dem Krisenunternehmen einräumen lassen bzw. dieses rein faktisch kontrollieren, ohne daß sie sich an dem Krisenunternehmen selbst beteiligen. Insbesondere wenn die Bank an einem Sanierungsversuch teilnimmt, wird sie zur Kontrolle des Darlehensnehmers Einfluß ausüben, etwa durch die Entsendung von Vertretern in das Schuldnerunternehmen.79
II. Die Abhängigkeit (§ 17 Abs. 1 AktG) Abhängig im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG ist ein Unternehmen nach allgemeiner Ansicht dann, wenn ein anderes Unternehmen auf dieses unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß ausübt.80 Bis heute umstritten ist die Frage, ob 75 Vgl. nur BGH, Urt. v. 11. 11. 1991 – II ZR 287 / 90, BGHZ 116, 37 [39, 41]; BGH, Urt. v. 24. 10. 1988 – II ZB 7 / 88, BGHZ 105, 324 [334, 336]; BGH, Urt. v. 14. 12. 1987 – II ZR 170 / 87, BGHZ 103, 1 [4]; Scholz / Emmerich, Anh. § 44 Rn. 187; Lutter / Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 71; Hachenburg / Ulmer, Anh. § 77 Rn. 222; ablehnend nunmehr BGH, Urt. v. 17. 9. 2001 – II ZR 178 / 99, BGHZ 149, 10 ff. [Bremer Vulkan]; daran anschließend BGH, Urt. v. 24. 6. 2002 – II ZR 300 / 00, BGHZ 151, 181 ff.; BGH, Urt. v. 25. 2. 2002 – II ZR 196 / 00, BGHZ 150, 61 ff. 76 Kritisch zu diesem Begriff Bitter, Durchgriff, S. 421 f. („Nichtvertragskonzern“); Wolfram Timm, NJW 1992, 2185 [2187]. 77 BGH, Urt. v. 23. 9. 1991 – II ZR 135 / 90, BGHZ 115, 187 [191]; BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275 / 84, BGHZ 95, 330 [334]; BGH, Urt. v. 13. 10. 1977 – II ZR 123 / 76, BGHZ 69, 334 [337]; De Meo, S. 274 Rn. 250; KK-AktG / Koppensteiner, § 15 Rn. 32, 53; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 51 Rn. 6. 78 De Meo, S. 275 f. Rn. 251 f., 253; Eidenmüller, Sanierung, S. 384 in Fn. 245. 79 Vgl. De Meo, S. 272 Rn. 244. 80 Vgl. nur Emmerich / Sonnenschein, § 3 II.; Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, § 17 Rn. 12.
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eine relevante Abhängigkeit auch dann vorliegt, wenn das beherrschte Unternehmen nicht konzernrechtlich, sondern ausschließlich wirtschaftlich abhängig ist, wenn also die Beherrschung nicht durch eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung vermittelt wird. Der Streit hierum ist vor allem in den 80er Jahren Gegenstand heftiger Kontroversen gewesen81, wird heute jedoch wieder zunehmend geführt, vor allem im Zusammenhang mit dem Aufkommen neuerer organisationsrechtlicher Vertragstypen82, aber auch im Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit von Banken in der Krise. 1. Meinungsstand im Schrifttum a) Beteiligungsrechtliche Betrachtungsweise Im Schrifttum83 herrscht die Meinung vor, daß ein beherrschender Einfluß im Sinne von § 17 Abs. 1 AktG gesellschaftsrechtlich bedingt, also durch eine entsprechende Beteiligung vermittelt sein muß, so daß eine rein wirtschaftlich bedingte Abhängigkeit, etwa auf der Grundlage von Darlehensverträgen, nicht ausreichen soll. Es wird dabei zwischen marktbedingter externer und verwaltungsbedingter interner Abhängigkeit unterschieden, wobei eine externe Abhängigkeit konzernrechtlich nicht relevant sei, da sich diese von außen gegen das Unternehmen richte, wohingegen allein die interne Abhängigkeit unter § 17 Abs. 1 AktG falle, weil diese unmittelbar auf die Unternehmensleitung einwirke.84 Den §§ 311 ff. AktG liege dabei die Vorstellung zugrunde, daß das herrschende Unternehmen ein konzernmäßiges Gesamtinteresse verfolge und die Einflußnahme daher legalisiert werden solle. Dagegen werde eine wirtschaftliche Einflußnahmemöglichkeit zu einer Ausbeutung ausgenutzt und verfolge keine Verbundinteressen.85 Anders als ein beherrschtes Unternehmen könne sich ein wirtschaftlich abhängiger Vertragspartner zudem aus der Austauschbeziehung zurückziehen und damit die Abhängigkeit aus eigener Kraft beenden.86 Schließlich seien die Hildebrand, S. 187 in Fn. 617. Vgl. Hirte, Konzern, S. 18 ff.; Oechsler, ZGR 1997, 464 [468 ff.]; hierzu aber bereits Dierdorf, S. 172 ff.; H. Werner, S. 144 ff. 83 Armspach, S. 100 f.; Bäcker, S. 189; Bitter, Durchgriff, S. 15; Bräutigam, S. 45 f.; De Meo, S. 280 Rn. 266; Eidenmüller, Sanierung, S. 385; Emmerich / Sonnenschein, § 3 II. 2.; Engert, S. 44 f.; Hildebrand, S. 187; Hommelhoff, Haftung, S. 41 ff.; Hüffer, AktG, § 17 Rn. 8; Köhler, NJW 1978, 2473 [2475 ff.]; KK-AktG / Koppensteiner, § 17 Rn. 26, 50, 65; ders., Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 811 [816 ff.]; Krieger, Festschr. f. Semler, S. 503 [505]; Kruppa, S. 196 ff.; K. W. Lange, S. 433 ff., 451; Martens, Abhängigkeit, S. 54 ff.; MünchKommBGB / Mertens3, § 826 Rn. 149; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 51 Rn. 23; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 31 II. 3. b), S. 946; M. Schmitz, S. 33 f.; Ulmer, ZGR 1978, 457 [470 ff.]; Versteegen, S. 42 f.; GK-AktG / Würdinger, § 17 Anm. 3, 8. 84 Köhler, NJW 1978, 2473 [2476 f., 2477 f.]. 85 Eidenmüller, Sanierung S. 386; Martens, Abhängigkeit, S. 61 ff.; H. P. Westermann, ZIP 1982, 379 [385]. 81 82
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§§ 311 ff. AktG primär ein Reaktionsinstrument auf eine gestörte innergesellschaftliche Machtbalance, das dem Schutz der Minderheiteninteressen und daneben auch der Gläubigerinteressen diene, nicht dagegen ausschließlich einen Schutz vor Gläubigergefährdungen gewähren solle.87 Diskutiert worden ist im Schrifttum jedoch vereinzelt die Frage, ob von dem Erfordernis einer beteiligungsrechtlichen Betrachtungsweise zumindest dann eine Ausnahme zu machen ist, wenn das herrschende Unternehmen die Mehrheitsbeteiligung bereits schuldrechtlich erworben hat, die mitgliedschaftliche Herrschaft also bevorsteht. In einem solchen Fall wird eine Abhängigkeit zum Teil bejaht88, wohingegen andere diese ebenfalls verneinen89. b) Ökonomische Betrachtungsweise Im Schrifttum ist in jüngerer Zeit insbesondere in bezug auf eine mögliche Bankenhaftung vereinzelt die Frage diskutiert worden, inwiefern eine Anwendung der Grundsätze über die Haftung im qualifiziert faktischen Konzern in Betracht kommt, wenn es an einer formalen Gesellschaftsbeteiligung der Bank fehlt.90 Neuhof will das Erfordernis einer Gesellschaftsbeteiligung nur auf die Haftung im qualifiziert faktischen AG-Konzern beschränken, im übrigen aber auch eine anderweitige faktische Einflußnahme ausreichen lassen91, ohne allerdings für die Notwendigkeit einer Vermittlung des beherrschenden Einflusses durch eine Gesellschaftsbeteiligung ausschließlich im qualifiziert faktischen AG-Konzern eine Begründung zu geben. Über die Fälle der mittelbaren Beteiligungen hinaus könne auch eine rein faktische Entmachung der Gesellschafter durch die Bank ausreichen, um das Kreditinstitut wie einen beherrschenden Unternehmensgesellschafter zu behandeln.92 Auch Fruhmann plädiert für eine Anwendung der Grundsätze über die Haftung im qualifiziert faktischen Konzern auf eine tatsächliche, also unabhängig von einer Gesellschaftsbeteiligung vermittelte Einflußnahme.93 Insbesondere Dierdorf hat sich eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, inwiefern auch rein faktische Einflußnahmemöglichkeiten in den AnwendungsbeGeßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, § 311 Rn. 87. KK-AktG / Koppensteiner, § 17 Rn. 50; ders., Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 811 [818]; ähnlich Köhler, NJW 1978, 2473 [2476, 2478]. 88 Lutter, Festschr. f. Steindorff, S. 125 [132 ff.]. 89 Krieger, Festschr. f. Semler, S. 503 ff. 90 Dierdorf, S. 38 ff., 152 ff.; Hirte, Konzern, S. 18 ff.; Martinek, S. 640 ff.; Nagel / Riess / Theis, DB 1989, 1505 [1508 ff.]; Oechsler, ZGR 1997, 464 ff.; H. Werner, S. 140 ff.; ebenso LG Oldenburg, Urt. v. 14. 3. 1991 – 15 O 478 / 88, ZIP 1992, 1632 [1636]. 91 Neuhof, NJW 1999, 20 [23] unter Hinweis auf die Entscheidung BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 ff. 92 Neuhof, NJW 1999, 20 [23]. 93 Fruhmann, BB 1995, 317 [318]. 86 87
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reich des § 17 Abs. 1 AktG fallen.94 Vor allem bei finanzwirtschaftlichen Verbindungen, wie der Darlehensgewährung, bestehe eine faktische Herrschaftsmacht beispielsweise dann, wenn das Schuldnerunternehmen auf die Darlehen, etwa in einer wirtschaftlichem Krise, dringend angewiesen, die Existenz des Unternehmens bedroht und eine anderweitige Kapitalbeschaffung nicht möglich sei, denn in diesen Fällen stelle sich der Verlust der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit als das geringere Übel für das Schuldnerunternehmen dar und die Drohung mit einem Entzug der Mittel biete eine effektive Einflußnahmemöglichkeit. 95 Bei Darlehensverträgen ergebe sich eine solche insbesondere bei der Vereinbarung von Zustimmungsrechten.96 Schließlich könne ein konsequenter Gläubigerschutz, wie ihn § 303 AktG biete, nicht von den Zufälligkeiten der Binnenorganisation des Konzerns abhängen, was letztlich § 117 AktG verdeutliche.97 Hieran anknüpfend kommt auch H. Werner zu dem Ergebnis, daß eine wirtschaftliche Abhängigkeit jedenfalls dann in den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 AktG falle, wenn sie durch ein einzelnes Unternehmen ausgeübt werde und sich daher nicht als „unternehmerische Unweltbedingung“ darstelle.98 Insbesondere bei der Vergabe von Darlehen sei eine Kontrolle der unternehmerischen Entscheidungen möglich, wenn durch eine Kündigung derselben der wirtschaftliche Zusammenbruch des Schuldnerunternehmens herbeigeführt werden könne.99 Ebenfalls für eine Anwendbarkeit des Konzernrechts auf Fälle wirtschaftlicher Abhängigkeit hat sich Oechsler ausgesprochen, jedenfalls soweit es um den Schutz des Gläubiger im qualifiziert faktischen Konzern geht.100 An der strengen Trennung zwischen mitgliedschaftlicher und austauschvertraglich vermittelter Abhängigkeit lasse sich auch aufgrund der ökonomischen Transaktionskostenanalyse zweifeln, da aus der Sicht der Marktteilnehmer die Organisationsformen, nämlich Austauschvertrag bzw. mitgliedschaftliche Beteiligung, prinzipiell gleichwertig seien und lediglich unterschiedliche ökonomische Kostensituationen zu bewältigen hülfen.101 Zudem komme die Verfolgung lockerer Verbunds- oder Gruppenzwecke auch im Rahmen dauerhafter Austauschbeziehungen in Betracht, so daß einer entsprechenden Anwendung nicht entgegenstehe, daß die §§ 311 ff. AktG den Einfluß des herrschenden Unternehmens legalisieren wollten und bei wirtschaftlicher Dierdorf, S. 152 ff. Dierdorf, S. 156 ff.; ähnlich Fruhmann, BB 1995, 317 f.; v. Godin / Wilhelmi, § 17 Anm. 2; H. Werner, S. 143; in diese Richtung auch Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, § 17 Rn. 35 – 41, 56. 96 Dierdorf, S. 149 ff.; insoweit ebenfalls zweifelnd, letztlich aber eine rein ökonomische Betrachtungsweise dennoch ablehnend Kruppa, S. 199. 97 Dierdorf, S. 261 ff.; ebenso Oechsler, ZGR 1997, 464 [484 ff.]; Prühs, DB 1972, 2001 [2005]. 98 H. Werner, S. 142. 99 H. Werner, S. 143, 148 f. 100 Oechsler, ZGR 1997, 464 ff. 101 Oechsler, ZGR 1997, 464 [467]. 94 95
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Abhängigkeit diese lediglich zur „Ausbeutung“ des beherrschten Unternehmens genutzt werde.102 Zudem verweist Oechsler auf die Haftung im qualifiziert faktischen Konzern, wobei es in den diesen Grundsätzen zugrunde liegenden Urteilen ebenfalls um eine Ausbeutung und nicht um eine Schädigung im Verbundinteresse gegangen sei.103 Schließlich habe die Rechtsprechung den konzernrechtlichen Gläubigerschutz längst von den Einzelheiten der Herrschaftsstruktur im Konzernverhältnis gelöst. Das Merkmal der Unmöglichkeit des Einzelausgleichs sei jedenfalls bei rein wirtschaftlicher Abhängigkeit in der Regel gegeben, so daß eine Anwendung der TBB-Grundsätze auf die rein wirtschaftliche Abhängigkeit naheliege.104
2. Meinungsstand in der Rechtsprechung a) Das Thega-Urteil des Reichsgerichts Der II. Zivilsenat des Reichsgerichts hatte sich mit Urteil vom 21. 4. 1941 mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Voraussetzungen an ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des § 15 Abs. 2 AktG (1937) zu stellen sind.105 Es solle allein darauf ankommen, daß sich das abhängige Unternehmen dem Willen des herrschenden Unternehmens unterworfen habe, gleich, welche Mittel das herrschende Unternehmen hierzu befähigten. Neben rechtlichen Gestaltungen könnten auch tatsächliche Gegebenheiten einen beherrschenden Einfluß gewähren.106 Da der Entscheidung eine mitgliedschaftlich vermittelte Beherrschung zugrunde lag, handelte es sich um ein obiter dictum.107 b) Das BuM-Urteil des Bundesgerichtshofs Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in seinem sog. BuM-Urteil vom 26. 3. 1984 mit den Voraussetzungen einer Abhängigkeit im Sinne von § 17 Abs. 1 AktG auseinandergesetzt.108 Die beklagte Bank war an dem Schuldnerunternehmen mit 20,5 % beteiligt und Hauptdarlehensgeberin (Hausbank). Sie hatte zudem ein Vorstandsmitglied für den Aufsichtsrat des Schuldnerunternehmens benannt. Der erkennende Senat erblickte in der unter 25 % liegenden Minderheitsbeteiligung keine ausreichende Grundlage für einen beherrschenden Einfluß auf 102 103 104 105 106 107 108
Oechsler, ZGR 1997, 464 [470]. Oechsler, ZGR 1997, 464 [483]. Oechsler, ZGR 1997, 464 [485 ff.]. RG, Urt. v. 21. 4. 1941 – II 128 / 40, RGZ 167, 40 ff. RG, Urt. v. 21. 4. 1941 – II 128 / 40, RGZ 167, 40 [49]. Köhler, NJW 1978, 2473 [2477]; Kruppa, S. 193 f. BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 ff.
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das Schuldnerunternehmern. Auch aus der Benennung eines Aufsichtsratsmitglieds folge nichts anderes. Schließlich stellte der Senat fest, daß sich aus den Geschäftsbeziehungen der BuM zu der beklagten Bank kein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG ergeben habe. Auch wenn die Darlehensbeziehung existenznotwendig für das Schuldnerunternehmen gewesen sei, müsse sich die Abhängigkeit auf der Grundlage einer aktien- oder jedenfalls gesellschaftsrechtlich geprägten Beziehung ergeben (§§ 17 Abs. 2, 18, 20 – 22 AktG).109 Zwar könnten auch rechtliche und tatsächliche Umstände sonstiger Art eine Abhängigkeit verstärken, jedoch müßten diese stets mit der Ausübung von Beteiligungsrechten einhergehen110, da ansonsten aufgrund der Vielfalt der möglichen Einflußnahmemöglichkeiten in kaum mehr überschaubarer Weise in das Marktgeschehen eingegriffen und damit über das Ziel der aktienrechtlichen Vorschriften über beherrschte Unternehmen weit hinausgegangen werde.111 Deren Aufgabe sei es nicht, Gefahren zu bannen, die jedem auf dem Markt auftretenden Unternehmern von der Ausübung fremder wirtschaftlicher Macht drohten, sondern es gehe vor allem um den Schutz der Minderheitsaktionäre vor nachteiligen Einwirkungen auf die Unternehmensführung innerhalb der abhängigen Gesellschaft, die sich aus einer Ausnutzung spezifisch gesellschaftsrechtlicher Möglichkeiten ergeben könnten und daher mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln zu bekämpfen seien.112 c) Das Tiefbau-Urteil des Bundesgerichtshofs Einen Grenzfall der gesellschaftsrechtlich vermittelten Abhängigkeit des beherrschten Unternehmens hatte der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem sog. Tiefbau-Urteil vom 20. 2. 1989 zu entscheiden.113 Nachdem der als Tiefbauunternehmer tätige Darlehensnehmer aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit der Rückführung seiner Darlehensverbindlichkeiten in Verzug zu geraten drohte, wurde eine GmbH gegründet, die das Bauunternehmen übernehmen sollte. Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH waren neben dem Darlehensschuldner auch ein Angestellter der beklagten Hausbank, der dort das Ressort „Mitglieder- und Kundenförderung“ leitete und mit 48 % beteiligt gewesen war. Diesen hatte die Beklagte bereits zuvor als Angestellten des Darlehensschuldners zu dessen kaufmännischer Leitung eingesetzt. Im Rahmen eines möglichen Anspruchs aus § 302 AktG analog legte der Senat dar, daß die GmbH von der beklagten Bank 109 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [395]; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 22. 7. 1993 – 6 U 84 / 92, WM 1994, 842 [845]. 110 Hierauf geht der Senat später näher ein, vgl. BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [397]. 111 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [395 f.], unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 13. 10. 1977 – II ZR 123 / 76, BGHZ 69, 334 [347]; BGH, Urt. v. 4. 3. 1974 – II ZR 89 / 72, BGHZ 62, 193 [199]. 112 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [396]. 113 BGH, Urt. v. 20. 2. 1989 – II ZR 167 / 88, BGHZ 107, 7 ff.
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abhängig im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG gewesen sei. Der Angestellte der Bank habe seine Anteile treuhänderisch für eine weitere GmbH gehalten, dessen Alleingesellschafter die Anteile wiederum treuhänderisch für die beklagte Bank gehalten habe. Die Gemeinschuldnerin sei daher nicht nur von der zwischengeschalteten GmbH, sondern auch von der beklagten Bank abhängig gewesen (§ 16 Abs. 4 AktG), so daß vermutet werde, daß die Beklagte mit der zwischengeschalteten GmbH und der Gemeinschuldnerin einen Konzern gebildet habe (§ 18 Abs. 1 Satz 3 AktG).114 Sodann bestätigt der Senat seine bereits im BuM-Urteil dargelegte Auffassung, daß eine wirtschaftliche Abhängigkeit im Zusammenhang mit einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung zu einer Beherrschung führen könne, indem er eine konzernrechtliche Beherrschung selbst dann annimmt, wenn lediglich der Angestellte der Bank Treuhänder der zwischengeschalteten GmbH gewesen sei.115 Der Senat sieht jedoch in der Übernahme der finanziellen Entscheidungen der GmbH durch den Angestellten der Beklagten eine hinreichende Einflußnahme, auch wenn die Geschäftsführung im Zusammenhang mit dem Baubetrieb aufgrund des fehlenden Sachverstands des Angestellten allein in der Hand des Darlehensschuldners gelegen habe.116 Bemerkenswert ist, daß der Senat also keineswegs eine umfassende Übernahme der Geschäftstätigkeit verlangt. Grundlage der Beherrschung war jedoch auch nach dieser Entscheidung die gesellschaftsrechtlich vermittelte Einflußnahme der beklagten Bank.
3. Stellungnahme Das Problem der Übernahme der Leitungsmacht bzw. der Ausübung eines beherrschenden Einflusses auf ein anderes Rechtssubjekt wirft Haftungsfragen auf. Auch hier geht es darum, daß es durch die Aktivität eines Wirtschaftssubjekts (der beherrschenden Bank) zu Marktversagen in Form opportunistischen Verhaltens sowie negativer externer Effekte kommen kann. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß gerade das Konzernhaftungsrecht das richtige Haftungsregime zur Lösung der hiermit aufgeworfenen Fragen ist. Eine Haftung auf der Grundlage der aktienrechtlichen Beherrschungstatbestände bedingt in jedem Fall, daß die Voraussetzungen einer Analogie vorliegen. Für eine solche fehlt es außerhalb der Haftung an der Gesellschaft beteiligter Personen an der erforderlichen vergleichbaren Sach- und Interessenlage, denn das Aktienrecht ist insoweit lediglich auf entsprechende Einflußnahmen durch einen gesellschaftsrechtlich Beteiligten angelegt. Nur für diese Personen spielen die mit einer solchen Beteiligung einhergehenden Handlungsmotive, die den entsprechenden Normen des AktG zugrunde liegen, eine Rolle. Auch wenn der Wortlaut der in Rede stehenden Bestimmung nicht entgegenstehen BGH, Urt. v. 20. 2. 1989 – II ZR 167 / 88, BGHZ 107, 7 [15]. BGH, Urt. v. 20. 2. 1989 – II ZR 167 / 88, BGHZ 107, 7 [15 f.], unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275 / 84, BGHZ 95, 330 [341 ff.]. 116 BGH, Urt. v. 202.1989 – II ZR 167 / 88, BGHZ 107, 7 [19 f.]. 114 115
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mag117, so spricht doch deren Systematik gegen eine entsprechende Anwendung. Es geht in den hier zu diskutierenden Konstellationen faktischer Abhängigkeitsverhältnisse nicht primär darum, die Interessen des beherrschten Unternehmens zu schützen, sondern um die Lösung eines Internalisierungsproblems zugunsten des Krisenunternehmens und der Mitgläubiger. Eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung ist für das Bestehen eines faktischen Abhängigkeits- und damit Beherrschungsverhältnisses zwar nicht erforderlich und meist auch nicht ausschlaggebend. Die Konzernhaftungstatbestände regeln jedoch Problembereiche, die gerade auf einer solchen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung, etwa der Ausübung gesellschaftsvertraglicher Einflußnahme- und Weisungsrechte, beruhen, nicht dagegen solche, die ihre Ursache in außerhalb der Beteiligung liegenden Umstände haben, also etwa einer auf der Krise beruhenden Abhängigkeit von einer weiteren Gewährung von Fremdmitteln durch die Bank. Entgegen der teilweise von Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung118 kann die wirtschaftliche Abhängigkeit daher auch nicht neben einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung zu einer solchen im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG führen.119 Ansonsten hinge es in der Tat von der mehr oder weniger zufälligen Frage ab, ob die Bank gesellschaftsrechtlich beteiligt ist oder nicht, obschon die Beteiligung ohnehin keine maßgeblichen Auswirkungen auf die Abhängigkeit hat. Die mit der wirtschaftlichen Abhängigkeit einhergehenden Probleme lassen sich daher nicht durch das Konzernhaftungsrecht lösen, sondern bedürfen eines anderen Haftungsregimes, wie etwa der Durchgriffshaftung.120
III. Die Innenhaftung gemäß §§ 311 ff. AktG Soweit die Bank an dem Krisenunternehmen beteiligt ist, es aber an einem Beherrschungsvertrag fehlt121, sind die §§ 311 ff. AktG anwendbar, sofern das Krisenunternehmen von der Bank abhängig im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG ist. Nach dem eben Gesagten darf die Abhängigkeit nicht lediglich aus einer wirtschaftlichen Abhängigkeit herrühren. Entgegen zum Teil im Schrifttum vertretener Ansichten122 gelten jedoch die Vermutungen der §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 Satz 3 AktG123, da es ausschließlich um die Bestimmung der Abhängigkeit, nicht aber 117 Vgl. KK-AktG / Koppensteiner, § 17 Rn. 50; ders., Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 811 [813 ff.]; Teubner, KritV 1993, 367 [372]. 118 BGH, Urt. v. 20. 2. 1989 – II ZR 167 / 88, BGHZ 107, 7 ff.; De Meo, S. 278 ff.; Eidenmüller, Sanierung, S. 386; Kruppa, S. 187 f.; Ulmer, ZGR 1978, 457 [473 ff.]. 119 Zutreffend KK-AktG / Koppensteiner, § 17 Rn. 26, 50, 65. 120 Vgl. Bitter, Durchgriff, S. 490 ff.; De Meo, S. 280 Rn. 266; Engert, S. 45 mit Fn. 177; Köhler, NJW 1978, 2473 [2476 ff.]; auch die Rechtsprechung ist daher zutreffend wieder zu einer Durchgriffshaftung übergegangen, vgl. die Nachweise in Fn. 75. 121 Auch die Einräumung von Kontroll- und Mitwirkungsrechten führt nicht zum Vorliegen eines Beherrschungsvertrages, vgl. Engert, S. 45 ff. 122 Vgl. nur H. Werner, S. 30 ff.
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abschließend der Haftung geht. Bei einer Mehrheitsbeteiligung wird daher eine Abhängigkeit in Analogie zu § 17 Abs. 2 AktG und damit auch eine Konzernbildung analog § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG vermutet.124 Umstritten ist, ob bereits eine Sperrminorität zur Begründung einer Abhängigkeit genügt.125 Die weit überwiegende Ansicht fordert neben einer Minderheitsbeteiligung weitere Umstände, die zu einer herrschenden Einflußnahmemöglichkeit führen (sog. qualifizierte Minderheitsbeteiligung).126 Nach dem Gesagten muß diese Einflußnahmemöglichkeit jedoch gerade auf der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung beruhen. In Betracht kommen neben den unmittelbaren Beteiligungen insbesondere mittelbare Beteiligungen, also etwa atypische stille Beteiligungen, wenn ein Gesellschafter als Strohmann eingesetzt wird und die Gewinne an die Bank abgeführt werden. Entsprechendes gilt für atypische stille Beteiligungen, atypische Pfandgläubiger, Unterbeteiligungen und Wandelgenußrechtsbeteiligungen. Ob die §§ 311 ff. AktG auf die Beherrschung einer GmbH analoge Anwendung finden, wird zum Teil bejaht127, wohingegen andere bereits das Bestehen einer Regelungslücke bezweifeln, da bei Einzelschädigungen eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, für welche das herrschende Unternehmen nach §§ 30, 31 GmbHG hafte.128 Auch die Rechtsprechung sieht für eine solche analoge Anwendung zu Recht kein Bedürfnis. Sie schützt das beherrschte Unternehmen vielmehr dadurch, daß dem herrschenden Unternehmen im GmbH-Konzern eine Treuepflicht auferlegt wird, die ihm eine Schädigung der abhängigen GmbH untersagt. Verstoße die Holding gegen das Schädigungsverbot, könnten Minderheitsgesellschafter sie auf Unterlassung und könne die abhängige GmbH sie auf Schadensersatz in Anspruch nehmen (§ 43 Abs. 2 GmbH analog), soweit die Minderheitsgesellschafter der abhängigen GmbH der Maßnahme nicht zustimmten.129 Gläubiger werden danach durch den Schutz der Minderheit mittelbar mitgeschützt und sollen die der beherrschten Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen zustehenden Schadensersatzansprüche im Falle der Vermögenslosigkeit der beherrschten GmbH geltend machen können (§§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG analog).130
Emmerich / Sonnenschein, § 3 II. 1. Zutreffend De Meo, S. 276 f. Rn. 256; Kruppa, S. 184. 125 So H. Werner, S. 110 ff., 130 ff. 126 De Meo, S. 278 ff.; Eidenmüller, Sanierung, S. 386; Kruppa, S. 187 f.; Ulmer, ZGR 1978, 457 [473 ff.]. 127 Dafür MünchKomm-AktG / Kropff, vor § 311 Rn. 96 ff. 128 Wolfgang Timm, JuS 1999, 867 [869]. 129 Vgl. BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275 / 84, BGHZ 95, 330 [340] unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 5. 6. 1975 – II ZR 23 / 74, BGHZ 65, 15 ff.; Scholz / Emmerich, Anh. § 44 Rn. 184 ff. 130 BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275 / 84, BGHZ 95, 330 [340]. 123 124
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IV. Die Haftung im qualifiziert faktischen Konzern Das bei Fehlen eines Beherrschungsvertrages einschlägige Innenhaftungsregime der §§ 311 ff. AktG läuft leer, wenn sich die Leitungsmacht der Holding derart verfestigt hat, daß einzelne und damit isolierbare Leitungsmaßnahmen nicht mehr auszumachen sind, denn dann ist der Einzelausgleich de facto unmöglich.131 Man spricht dann von einem qualifiziert faktischen Konzern.132 Wie die Haftung hier auszugestalten ist, ist Gegenstand eines heftigen Meinungsstreits, der bis in die jüngste Zukunft immer wieder neue Wendungen genommen hat.133 Von der bislang überwiegend vertretenen Auffassung werden die §§ 302, 303 AktG analog angewendet.134 Umstritten ist dabei, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall sein soll. Vertreten wurden die sog. Zustands- oder Strukturhaftung und die sog. Verhaltens- oder Konzernverschuldenshaftung. Die Rechtsprechung ist nach einer langen Odyssee durch die verschiedenen Haftungssysteme mittlerweile wieder zu einer Durchgriffs- im Sinne einer Missbrauchshaftung zurückgekehrt (sog. existenzvernichtender Eingriff).135 Nach dem Gesagten ist die zuletzt genannte Entwicklung zu begrüßen, da die unter dem Stichwort der Haftung im qualifiziert faktischen Konzern diskutierten Problemfragen systematisch nichts mit der Haftung im Vertragskonzern zu tun haben. Eine Haftung der Bank wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs wird in der Krise von Unternehmen praktisch kaum relevant werden. Zwar kann die Existenzvernichtungshaftung im Hinblick auf § 826 BGB auch Nichtgesellschafter treffen136. Jedoch werden die Voraussetzungen für einen solchen Eingriff kaum je vorliegen. Da durch die Vergabe von Darlehen die Liquidität des Unternehmens gerade wiederhergestellt wird, liegt hierin gerade kein existenzvernichtender Eingriff. Denn dieser setzt voraus, daß durch den ausgleichslosen Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen eine Tilgung der Verbindlichkeiten für die Gesellschaft nicht mehr oder nur noch in geringerem Maße möglich ist.137 Auch die im Rahmen der Darlehensvergabe erfolgende Vergabe von Sicherheiten kann daher keinen existenzvernichtenden Eingriff begründen.
131 Bitter, Durchgriff, S. 424; De Meo, S. 273 Rn. 246; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 53 Rn. 4, 53. 132 P. Bruns, WM 2001, 1497 [1502]; De Meo, S. 273 Rn. 247. 133 Für den qualifiziert faktischen AG-Konzern gelten dieselben Grundsätze, vgl. Hüffer, AktG, § 302 Rn. 6, 30. 134 BGH, Urt. v. 23. 9. 1991 – II ZR 135 / 90, BGHZ 115, 187 [197]; BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275 / 84, BGHZ 95, 330 [342 ff.]; P. Bruns, WM 2001, 1497 [1502 f.]. 135 So BGH, Urt. v. 17. 9. 2001 – II ZR 178 / 99, BGHZ 149, 10 ff.; daran anschließend BGH, Urt. v. 13. 12. 2004 – II ZR 206 / 02, NJW-RR 2005, 335 ff.; BGH, Urt. v. 13. 5. 2004 – 5 StR 73 / 03, NJW 2004, 2248 [2252 ff.]; BGH, Urt. v. 25. 2. 2002 – II ZR 196 / 00, BB 2002, 1012 ff. 136 BGH, Urt. v. 13. 12. 2004 – II ZR 206 / 02, NJW-RR 2005, 335 [336]. 137 BGH, Urt. v. 13. 12. 2004 – II ZR 206 / 02, NJW-RR 2005, 335 [336].
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V. Ergebnis Die Problematik masseverkürzender Eingriffe zugunsten von Banken in der Krise von Unternehmen läßt sich mit Hilfe einer Konzernhaftung nicht lösen. Die maßgeblichen Bestimmungen setzen eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Bank voraus. Ferner liegt den einschlägigen Haftungsbestimmungen der Gedanke einer gesellschaftsrechtlich motivierten Beherrschung zugrunde. Damit nicht im Zusammenhang steht die faktische Abhängigkeit des Krisenunternehmens von einer weiteren Stützung durch die Bank. Die hiermit in Zusammenhang stehenden Probleme lassen sich sachgerechter mit Hilfe einer Durchgriffshaftung lösen.
§ 9 Die Anwendung der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen (§§ 32a f. GmbHG)138 Ein weiteres Instrument zur Wiederherstellung einer ausreichenden Haftungsmasse für die Mitgläubiger könnte die Anwendung der §§ 32a f. GmbHG bei der sog. nominellen Unterkapitalisierung, also der Ersetzung notwendigen Stammkapitals durch Fremdmittel 139 auf die in der Krise von der Bank ausgereichten Darlehen sein.140 Damit würde den Banken auch der Zugriff auf die für die Darlehen gestellten Sicherheiten verwehrt. Die Anwendbarkeit der §§ 32a f. GmbHG könnte daher die für die Mitgläubiger durch die Beteiligung der Bank entstehenden Nachteile weitgehend wieder ausgleichen.141 Andererseits könnte eine extensive Auslegung der §§ 32a f. GmbHG faktisch zu einem vollständigen Ausschluß der Darlehensvergabe als Sanierungsmaßnahme führen.142 Aus diesem Grund ist im folgen138 s. zu dem gesetzgeberischen Vorhaben, die §§ 32a, 32b GmbHG unter Aufgabe des Merkmals „eigenkapitalersetzend“ aufzuheben und in das Insolvenzrecht (§§ 39, 44a, 135 InsO-RefE) zu verlagern, den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Mißbräuchen (MoMiG) vom 29. 5. 2006. 139 Scholz / Emmerich, § 13 Rn. 82; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 5 Rn. 6; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschafsrecht, § 9 IV. 4. a), S. 248; Ulmer, Festschr. f. Duden, 1977, S. 661 [670]. 140 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [317]; Altmeppen, ZIP 1993, 1677 [1682]; Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [259 f., 277]; Boujong, Festschr. f. Odersky, 1996, S. 739 [746 f.]; Kamm, S. 58 f., 67 f.; Rehbinder, Festschr. f. Fischer, 1979, S. 579 [585]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 14; ders., Gesellschaftsrecht, § 9 III. 2. e), S. 238, § 9 IV. 1. b), S. 241, § 9 IV. 4. a), S. 248, § 18 III. 4. b), S. 532. 141 Vgl. entsprechend zur Subsidiarität der Durchgriffshaftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 30 f. GmbHG BGH, Urt. v. 13. 12 2004 – II ZR 206 / 02, NJW-RR 2005, 335 [337]. 142 Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 147 [152]; Rümker, ZIP 1982, 1385; ders., Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 673 [691]; Wittig, NZI 1998, 49 [55]. Wenn im Schrifttum zum Teil eine
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den näher auf die Voraussetzungen und den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen einzugehen. In der Sache geht es hierbei um die Frage einer Finanzierungsfolgenverantwortung der Bank, ähnlich wie sie im Rahmen des § 826 BGB allgemein diskutiert worden ist. Zu Recht wird im Schrifttum daher darauf hingewiesen, daß sich auf der Grundlage des § 826 BGB eine Finanzierungsfolgeverantwortung gesellschaftsfremder Dritter begründen läßt.143
I. Praktische Relevanz Die praktische Relevanz der Anwendbarkeit der §§ 32a f. GmbHG für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ergibt sich zunächst daraus, daß sich Banken vor allem an Großunternehmen nicht selten beteiligen, etwa weil sie sich eine gewisse Kontrolle über das Krisenunternehmen verschaffen wollen oder die Anteile für einen späteren Investor halten144. Dabei rühren die Beteiligungen von Banken an Unternehmen meist aus der Zeit vor der Krise her. So war etwa die Bayerische Landesbank mit 66,3 % Hauptgesellschafterin der insolvent gewordenen Fluggesellschaft Aero Lloyd, wobei der Anteilserwerb bereits in der 80er Jahren erfolgte, um diese später auf einen Investor zu übertragen.145 Ferner ist etwa die Deutsche Bank mit 19,6 % an der Holzmann-AG beteiligt gewesen.146 Im Schrifttum wird die Diskussion um die „Macht der Banken“ gerade auf die zahlreichen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen an Unternehmen zurückgeführt.147 Banken werden zwar in aller Regel nicht in der Krise Anteile erwerben. Häufig aber führen (weit) vor der Krise erworbene Beteiligungen dazu, daß die Anwendbarkeit der §§ 32a f. GmbHG in der Krise von Unternehmen erhebliche Bedeutung hat. Aber auch dann, wenn sich Banken an dem Krisenunternehmen nicht beteiligen, könnte die Problematik masseverkürzender Handlungen dadurch gelöst werden, daß der Anwendungsbereich der §§ 32a f. GmbHG auch auf gesellschaftsrechtlich nicht Beteiligte ausgedehnt wird. Eine Anwendbarkeit dieser Bestimmungen auch auf Nichtgesellschafter kommt insbesondere wegen § 32a Abs. 3 GmbHG in Betracht. Für die Banken ergeben sich aus dieser weitgehend unklaren Reichweite der §§ 32a f. GmbHG erhebliche Haftungsrisiken.148 Im Schrifttum ist zum Teil der Privilegierung von Sanierungsdarlehen deshalb für nicht notwendig erachtet wird, weil eine Bankbeteiligung an Gesellschaften mbH die Ausnahme bilde, so überzeugt dies nicht, da die fehlende Bankenbeteiligung auch gerade auf der Gefahr einer Umqualifizierung beruhen kann, vgl. Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 63. 143 Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 335. 144 Vgl. Grunewald, Festschr. f. Bezzenberger, 2000, S. 85. 145 FAZ v. 17. 10. 2003, S. 13. 146 FAZ v. 22. 3. 2002, S. 2; FAZ v. 23. 3. 2002, S. 18. 147 Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 148. 148 Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [427, 453 f.]; anders Baumbach / SchulzeOsterloh, § 64 Rn. 18, der meint, die Tatbestandsmerkmale des § 32a GmbHG seien weitgehend nachvollziehbar geklärt; ebenfalls zurückhaltend dagegen Fleischer, ZIP 1996, 773
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ökonomische Sinn der Eigenkapitalersatzregeln ganz in Zweifel gezogen worden149. Wegen des fehlenden rechtspolitischen Sinns der Eigenkapitalersatzvorschriften ist sogar deren vollständige Abschaffung bzw. Ersetzung durch andere Haftungsinstitute gefordert worden.150 Demgegenüber findet sich auch die Behauptung, diese seien systemstimmig und breit akzeptiert151. Die hiermit aufgeworfenen Auslegungsfragen lassen sich nur mit Hilfe der teleologischen Auslegung bewältigen.152
II. Der Zweck der §§ 32a f. GmbHG153 1. Die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter und ihre Einschränkung Im Grundsatz steht es den Gesellschaftern frei, über das Ob und das Wie einer Finanzierung zu unterscheiden. Soweit sich die Gesellschafter nicht zu einer (bestimmten) Mittelzufuhr verpflichtet haben, sind sie nach der Aufbringung ihrer Einlagen nach allgemeiner Ansicht nicht zu einer weiteren Finanzierung verpflichtet.154 Im Hinblick auf die Pflicht zur Gewährung von Fremdmitteln stehen [775], der von „Pflöcken“ spricht, die die Rechtsprechung seit Inkrafttreten der §§ 32a, 32b GmbHG geschlagen habe, so daß die Unsicherheitsmarge zusehends geringer werde. 149 So Eidenmüller, Sanierung, S. 389 f., 395 f.; ähnlich Claussen, GmbHR 1996, 316 [317]; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47b. 150 Für eine ersatzlose Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts Grunewald, GmbHR 1997, 7 [9 f.]; für eine Ersetzung durch deliktsrechtliche Haftungsvorschriften Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [420 ff., 443 ff.]. 151 So Hommelhoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 421 [439]; Koppensteiner, AG 1998, 308 [309]. 152 Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [120 ff.]; Fleischer, ZIP 1996, 773 [777]; Grunewald, GmbHR 1997, 7 [8, 9]; Koppensteiner, AG 1998, 308 [309, 310]; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Maier-Reimer, § 4 Rn. 60; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 40 ff.; Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [421, 427]; Rümker / Denicke, Festschr. f. Lutter, 2000, S. 665 [672 f.]; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 5. Kritisch zur „ratio legis“ als Auslegungskriterium neuerdings Herzberg, JuS 2005, 1 [6 ff.]; zutreffend an dieser Kritik ist, daß der Sinn und Zweck einer Vorschrift nicht ohne Blick auf den Wortsinn, die Systematik und vor allem dem Willen des Gesetzgebers bestimmt werden kann; dem steht aber nicht entgegen daß der teleologischen Auslegung gerade dort eine ganz wesentliche Bedeutung zukommt, wo der Wortlaut einer Bestimmung überschritten oder unklar und auch ein bestimmter Wille des Gesetzgebers nicht erkennbar ist, wo also das Gesetz vom Rechtsanwender „zu Ende gedacht“ werden muß; zu kritisieren ist daher allenfalls die Postulierung eines absoluten und von den anderen Auslegungsmethoden unabhängigen Vorrangs der teleologischen Auslegung. 153 Zu weiteren, heute als überholt zu bezeichnenden Lösungsansätzen, vgl. Eichele, S. 39 ff.; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 2 – 10. 154 BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270 / 93, BGHZ 127, 336 [344 f.]; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [175]; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83,
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Gesellschafter den Nichtgesellschaftern grundsätzlich gleich. Dies gilt selbst dann, wenn die Gesellschaft in die Krise gerät. Allerdings folgt aus der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht, daß die Gesellschafter Sanierungsbemühungen anderer Gesellschafter oder Dritter nicht ohne hinreichenden Grund zunichte machen dürfen.155 Haben sich die Gesellschafter zur Zuführung weiterer Mittel entschieden, können sie grundsätzlich frei darüber entscheiden, wie sie dies tun, ob sie der Gesellschaft also Mittel in Form von Fremdkapital (Gesellschafterdarlehen) oder Eigenkapital zuführen. Für die Gewährung von Fremdkapital kann es dabei eine Reihe legitimer Gründe geben, so daß allein hieraus noch nicht auf den Eigenkapitalersatzcharakter eines Gesellschafterdarlehens geschlossen werden kann.156 In der Krise haben Gesellschafterdarlehen den Zweck, die Teilnahme der Gesellschaft am Wirtschaftsverkehr zu sichern, so daß ihnen wirtschaftlich die Funktion von Eigenkapital zukommt.157 Hiermit kollidiert die durch die §§ 32a f. GmbHG bewirkte Umqualifizierung einer als Fremdkapital gewährten Finanzierungshilfe in Eigenkapital. Eine derartige Beschränkung der Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter bedarf einer besonderen Legitimation, die unter dem Stichwort der Finanzierungs(folgen)verantwortung diskutiert wird.158 Unter diesen Umständen können die Gesellschafter nach Eintritt der Krise in ihrer Wahlfreiheit dahingehend beschränkt sein, daß lediglich die Zurverfügungstellung von Eigenkapital zulässig ist und dennoch gewährtes Fremdkapital wie Eigenkapital behandelt wird: Dies hat zur Folge, daß die Gesellschafter mit ihren Rückzahlungsansprüchen in der Insolvenz der Gesellschaft nur nachrangig befriedigt würden (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), was BGHZ 90, 381 [389]; BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213 / 77, BGHZ 76, 326 [333]; Bäcker, S. 184; Drax, S. 111 f.; Eidenmüller, Sanierung, S. 389; Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [146]; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [116]; Flume, I / 2, S. 84 f.; Hildebrand, S. 80 ff., 227 f.; Kruppa, S. 224, 260 f.; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 3; Preuß, JuS 1999, 342 [346]; Reinhardt, Festschr. f. H. Lehmann, 1956, S. 576 [591]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 3, 4, 16; Ulmer, Festschr. f. Duden, 1977, S. 661 [667, 674]; H. P. Westermann, Festschr. f. Odersky, 1996, S. 897 [919 f.]; Wiegand, S. 207; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, S. 309 ff. 155 BGH, Urt. v. 20. 3. 1995 – II ZR 132 / 85, BGHZ 129, 136 [137]. 156 BGH, Urt. v. 17. 3. 1980 – II ZR 11 / 79, BGHZ 76, 320 [330]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [337]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 7; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 7. 157 Preuß, JuS 1999, 342 [346]. 158 BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272 / 98, BGHZ 142, 116 [120 f.]; BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270 / 93, BGHZ 127, 336 [344]; OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1692]; Dauner-Lieb, JZ 2000, 312; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [176 f.]; Goette, ZHR 162 (1998), 223 [224]; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [467 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 125; Hommelhoff / Schwab, Festschr. f. Kraft, 1998, S. 263 [264 f.]; Koller, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 357 [372]; Lutter / Hommelhoff, § 32a / b Rn. 3; Preuß, JuS 1999, 342 [346]; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 16 f.; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 4, 7, 91; ders, ZIP 1999, 1241 [1244]; M. Schmitz, S. 19; Steinbeck, ZGR 2000, 503 [509]; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 7, 8.
§ 9 Anwendung der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen
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angesichts der geringen Quoten in der Regel zu einem Totalausfall159 und demnach faktisch zu einer Umqualifizierung der nominellen Fremdmittel zu haftendem Eigenkapital führen würde. Hieraus folgt zugleich eine Verlagerung unternehmerischer Risiken auf den Fremdkapitalgeber.
2. Die Begründung der Finanzierungs(folgen)verantwortung Im folgenden ist der Frage nachzugehen, welchen Grund die durch § 32a GmbHG bewirkte, gegenüber der Finanzierungs(folgen)verantwortung von Nichtgesellschaftern wesentlich rigorosere Beschränkung der Finanzierungsfreiheit hat. Zu kurz greift jedenfalls die häufig zu findende These, der Sinn der Eigenkapitalersatzvorschriften sei gerade in der besonderen Finanzierungsverantwortung selbst zu sehen160, weil es sich hierbei um eine petitio principii handelt. Denn um die Begründung der durch die Eigenkapitalersatzvorschriften bewirkte Finanzierungsfolgenverantwortung geht es gerade.161 Die Finanzierungsfolgenverantwortung ist lediglich die Rechtsfolge dieser begründungsbedürftigen Sollensnorm.162 a) Das Mißbrauchsargument des Reichsgerichts Ihren Ursprung hat die Rechtsprechung zum Eigenkapitalersatzrecht in der vom Reichsgericht vertretenen Auffassung, die Rückforderung eines Gesellschafterdarlehens könne nach §§ 242, 826 BGB ausgeschlossen sein, wenn der Gesellschafter die Gesellschaft nicht mit ausreichend Eigenkapital versorgt, sondern dieser absichtlich zu geringes Eigenkapital zugeführt habe, es sich also um einen Mißbrauch der Haftungsbeschränkung handele.163 Der Senat sanktionierte die nominelle Unterkapitalisierung mit einem Verbot, die Forderungen zur Konkurstabelle anzumelden, ohne allerdings eine sachliche Begründung dafür zu geben, warum ein Mißbrauch der Haftungsbeschränkung vorliegt, wenn der Gesellschafter zu 159 Altmeppen, NJW 1999, 2812; Eidenmüller, Sanierung, S. 383, 389; Hildebrand, S. 3; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 11; Preuß, JuS 1999, 342 [347]; Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [416]; K. Schmidt, ZIP 1999, 1241 [1243]. 160 So vor allem BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270 / 93, BGHZ 127, 336 [346]; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [175]; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [389]; BGH, Urt. v. 13. 7. 1981 – II ZR 256 / 79, BGHZ 81, 252 [257]; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [116, 122]; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 2; Preuß, JuS 1999, 342 [346]; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 8. 161 Zutreffend Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [147]; Grunewald, GmbHR 1997, 7 [9]; Koppensteiner, AG 1998, 308 [313]; Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [422, 426, 430]. 162 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [389]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 5. 163 RG, Urt. v. 3. 12. 1938 – II 84 / 38, JW 1939, 355 [356]; RG, Urt. v. 16. 11. 1937 – III 88 / 37, JW 1938, 862 [864].
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einer angemessenen Eigenkapitalausstattung gerade nicht verpflichtet sein soll.164 Der Mißbrauchsgedanke stellt damit keinen ausreichenden Grund für eine Umqualifizierung des Fremd- in Eigenkapitals dar, weil vor dem Hintergrund einer fehlenden Pflicht der Gesellschafter zu einer angemessenen Kapitalausstattung von einem Mißbrauch nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann. Der Mißbrauchsgedanke ist daher später zu Recht nicht weiter aufgegriffen worden. b) Das Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens Zum Teil wird die Einschränkung der Finanzierungsfreiheit in der wirtschaftlichen Krise mit dem Verbot des selbstwidersprüchlichen Verhaltens begründet, weil ein Gesellschafter widersprüchlich handele, wenn er einerseits der Gesellschaft funktional Eigenkapital zuführe, dieses Kapital andererseits aber zurückverlange.165 Gewährt der Gesellschafter jedoch nominell Fremdkapital, kann das Zurückfordern desselben nur dann als widersprüchlich angesehen werden, wenn er lediglich Eigenkapital hätte zuführen dürfen. Um die Begründung einer solchen Pflicht geht es jedoch gerade. Ohne die Begründung einer solchen Pflicht kann nicht von einem selbstwidersprüchlichen Verhalten ausgegangen werden, denn wer als Fremdkapitalgeber Finanzierungsmittel zur Verfügung stellt, verhält sich nicht widersprüchlich166, wenn er es später zurückverlangt167. Vielmehr verhält er sich dann seinem Vorverhalten konform. Die Rechtfertigung mit dem Verbot des venire contra factum proprium ist daher ebenfalls eine petitio principii und zur Erklärung des Eigenkapitalersatzrechts ungeeignet.168 Auch wenn ein Gesellschafter Fremdkapital zur Abwendung der Insolvenzantragspflicht gewährt, bedarf es zur Begründung der Umqualifizierung entgegen einer zum Teil vertretenen Ansicht169 nicht 164 Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [144]; Götz, S. 33; Koppensteiner, AG 1998, 308 [316]. 165 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [385 f., 388 f.]; BGH, Urt. v. 17. 3. 1980 – II ZR 11 / 79, BGHZ 76, 320 [329]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [336 f.]; BGH, Urt. v. 27. 9. 1976 – II ZR 162 / 75, BGHZ 67, 171 [175]; BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187 / 57, BGHZ 31, 272 f.; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [116]; Hachenburg / T. Raiser, § 14 Rn. 60; K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [183]; Staudinger / Weick, Einl. zu §§ 21 ff. Rn. 45; zum Teil wird dies als Begründungselement – so Hildebrand, S. 103, 116 – bzw. als Orientierungshilfe – so Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 6 – angesehen; in diese Richtung auch die Regierungsbegründung, vgl. RegE GmbHG, BT-Drs. 8 / 1347, S. 39. 166 Vgl. Singer, venire, S. 25 ff. 167 Zutreffend Altmeppen, NJW 2005, 1911 [1913]; Kamm, S. 147 f.; Singer, venire, S. 40 ff. 168 Eidenmüller, Sanierung, S. 390 mit Fn. 257; Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [144 f.]; Götz, S. 35; Grunewald, GmbHR 1997, 7 [8 f.]; Koller, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 357 [371 f.]; Koppensteiner, AG 1998, 308 [315]; Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [424 ff.]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 9; ders., Gesellschaftsrecht, § 18 III. 4. b), S. 532; Singer, venire, S. 40 – 42, 49, 30; Ulmer, Festschr. f. Duden, 1977, S. 661 [672 f.]; Vonnemann, GmbHR 1989, 145 [146 f.].
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der Rechtsfigur des venire contra factum proprium, weil dann von der konkludenten Vereinbarung eines Rangrücktritts auszugehen ist170. c) Vertrauensschutz Zum Teil wird der Zweck der Eigenkapitalersatzvorschriften auch darin gesehen, berechtigtes Vertrauen der Gläubiger zu schützen. Durch die Zurverfügungstellung von Fremdmitteln werde für den Rechtsverkehr der Eindruck einer ausreichenden Eigenkapitalausstattung erweckt.171 Auch dieser Erklärungsansatz ist problematisch. Abgesehen von der Frage, ob der Rechtsverkehr überhaupt konkret auf eine bestimmte Eigenkapitalausstattung vertraut172, müßte ein solches Vertrauen auch schutzwürdig sein. Der Rechtsverkehr muß mit anderen Worten auf eine ausreichende Eigenkapitalausstattung auch vertrauen dürfen173. Schutzwürdig ist ein solches Vertrauen aber nur dann, wenn die Gesellschafter verpflichtet wären, die Gesellschaft mit ausreichendem Eigenkapital auszustatten. Eine solche Pflicht besteht jedoch nach nahezu einhelliger Auffassung gerade nicht. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Pflicht begründet werden kann, ist die zu klärende Frage.174 Auch der Hinweis auf den Schutz des Gläubigervertrauens vermag daher den Zweck der §§ 32a f. GmbHG nicht zu erklären.175 d) Gläubigerschutz Der Zweck der §§ 32a f. GmbHG wird häufig in dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger gesehen. Im einzelnen sind dabei unterschiedliche Begründungsansätze entwickelt worden. Zunächst ist angeführt worden, die Gesellschafter hätten aufgrund ihres Wissensvorsprungs die Möglichkeit, ihre Darlehensforderungen noch vor dem endgültigen Zusammenbruch der Gesellschaft zurückzuführen und so die Insolvenzmasse Götz, S. 36 f. Ulmer, Festschr. f. Duden, 1977, S. 661 [671]. 171 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [388 f.]; BGH, Urt. v. 13. 7. 1981 – II ZR 256 / 79, BGHZ 81, 252 [257]; BGH, Urt. v. 17. 3. 1980 – II ZR 11 / 79, BGHZ 76, 320 [325]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [336 f.]; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [116]; Hildebrand, S. 104 ff.; Hommelhoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 421 [442]. 172 Dies im Hinblick auf die allseits bekannte Kapitalarmut ablehnend Koppensteiner, AG 1998, 308 [315]. 173 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 369; Erman, KTS 1959, 129 [132]; Götz, S. 66, 56 ff.; Kruppa, S. 171 f.; Singer, venire, S. 268; Unger, KTS 1959, 33 [37]. 174 Zutreffend Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [146 f.]; Götz, S. 66; Grunewald, GmbHR 1997, 7 [8]; Kamm, S. 128 ff. 175 BGH, Urt. v. 21. 3. 1988 – II ZR 238 / 87, 104, 33 [38]; Bäcker, S. 50; Götz, S. 63 f. 169 170
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zu verkürzen.176 Dieses Argument vermag jedoch deshalb das Wesen des Eigenkapitalersatzrechts nicht zu erklären, weil masseverkürzende Handlungen zu Lasten der Gläubiger von den Insolvenzanfechtungsregelungen erfaßt werden.177 Zudem können auch Nichtgesellschafter über einen konkreten Wissensvorsprung verfügen, insbesondere Banken, die aufgrund laufender Geschäftsbeziehungen Einblick in die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers haben und deren Kontrollrechte unter Umständen weiter reichen als die einiger Gesellschafter.178 So können Banken die Krise häufig schon an der hohen Ausnutzung der Kreditlinie und der schrumpfenden Umsätze frühzeitig erkennen.179 Es ist darüber hinaus nicht ersichtlich, wie mit Hilfe der §§ 32a f. GmbHG eine etwaige Schutzlücke des Insolvenzanfechtungsrechts geschlossen werden könnte. Auch das Argument, die Gesellschafter dürften ihre Forderungen nicht noch in die Insolvenztabelle einstellen und dadurch die Quote senken, überzeugt nicht, denn auch dies würde wiederum voraussetzen, daß die Gesellschafter verpflichtet sind, in der Krise nur noch Eigenkapital zu gewähren. Im Grundsatz ist es aber völlig legitim, wenn die Gläubiger ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden, denn die Gesellschaft konnte mit dem gewährten Kapital „arbeiten“ und die Gesellschafter tragen damit dasselbe Ausfallrisiko wie jeder andere Gläubiger.180 Warum die Einstellung der Forderungen durch die Gesellschafter in die Insolvenztabelle nicht möglich sein soll, bedürfte daher einer näheren Begründung, die letztlich wiederum die Begründung einer Pflicht zur Gewährung von Eigenkapital voraussetzt. Vor allem die Rechtsprechung hat die Finanzierungs(folgen)verantwortung der Gesellschafter mit dem Schutz der Mitgläubiger begründet. Die Gesellschafter dürften in der Krise nicht ihr Finanzierungsrisiko auf die übrigen Gläubiger abwälzen.181 Diese Ansicht hat auch im Schrifttum viele Anhänger gefunden.182 So verstanden wäre das Eigenkapitalersatzrecht – ebenso wie § 826 BGB für Nichtge176 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [388]; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [116]; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, S. 297. 177 Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [148 f.]; Götz, S. 76 f., 202 f.; Grunewald, GmbHR 1997, 7 [8]; Ulmer, Festschr. f. Duden, 1977, S. 661 [675 f.]. 178 Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [175]; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [205]. 179 Vgl. Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 250. 180 So überzeugend Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [148 f.]. 181 BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270 / 93, BGHZ 127, 336 [346]; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [175 f.]; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [388]; BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [317]; BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213 / 77, BGHZ 76, 326 [329, 333]; KG, Urt. v. 7. 6. 1998 – 23 U 4451 / 96, NZG 1999, 71 [73]. 182 Altmeppen, NJW 2005, 1911 [1913 f.]; Bäcker, S. 47; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 152 ff.; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [116]; Michalski / Heidinger, §§ 32, 32a Rn. 7, 10; Hildebrand, S. 106; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 191; Kruppa, S. 111, 239; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 4; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 17; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 4; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 8; ders., Festschr. f. Duden, 1977, S. 661 [674]; Vonnemann, GmbHR 1989, 145 [149 f., 150 f.]; H. P. Westermann, Festschr. f. Odersky, 1996, S. 897 [898].
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sellschafter – ein Instrument zur Vermeidung von Insolvenzverschleppungen.183 Letztlich vermag aber auch diese Auffassung den Grund der Eigenkapitalersatzvorschriften nicht hinreichend zu klären. Nicht überzeugend ist allerdings der gegen diese Auffassung vorgebrachte Hinweis, die Gesellschafter würden das Darlehen nur gewähren, wenn eine Sanierung ausreichend Aussicht auf Erfolg habe, den Gläubigern dann aber auch die Sanierung zugute komme und eine Sanierungschance für diese unter Umständen vorteilhafter sei184. Denn die Entscheidung der Gesellschafter über die Gewährung der Fremdmittel ist nicht von denselben Risikofaktoren wie die von Nichtgesellschaftern bestimmt, so daß die Risikostruktur eine andere ist. Nicht zu überzeugen vermag auch das Argument, die §§ 32a f. GmbHG dienten hauptsächlich dem Schutz der Gesellschaft185, denn in deren Insolvenz geht es nur noch um die möglichst effiziente Verwertung der Insolvenzmasse, sei es durch Liquidation, sei es durch Fortführung. Bedenklich an der Maßgeblichkeit des Gläubigerschutzes ist aber die Annahme, die Gesellschafter dürften ihr Finanzierungsrisiko nicht auf die übrigen Gläubiger abwälzen. Auch dies stellt lediglich eine Behauptung dar und würde voraussetzen, daß Gesellschafter, anders als Dritte, in der Krise nur noch Eigenkapital zuführen dürfen. Eine Erklärung für die Begründung einer solchen Pflicht ist damit noch nicht gegeben.186
e) Unternehmerisch motiviertes Handeln der Gesellschafter Zur Ermittlung des Zwecks der Eigenkapitalersatzvorschriften ist zunächst vor allem zu berücksichtigen, daß Gesellschafter in ihrer Finanzierungsfreiheit strengeren Regeln unterworfen werden sollen als Nichtgesellschafter. Der Grund für die Begründung einer solchen Pflicht zur ausschließlichen Gewährung von Eigenkapital in der Krise kann daher nur in der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung selbst liegen. Der Gesellschafter ist eben Darlehensgeber und Gesellschafter, nimmt also eine Doppelrolle ein.187 Der darlehensgewährende Gesellschafter tritt der Gesellschaft als Gläubiger gegenüber und ist andererseits an ihr mit unternehmerischem Eigeninteresse und unternehmerischem Risiko beteiligt.
s. hierzu Altmeppen, NJW 2005, 1911 [1914]. Grunewald, GmbHR 1997, 7 [8]; Koppensteiner, AG 1998, 308 [314 f.]. 185 So Hommelhoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 421 [429]. 186 Zutreffend Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [147, 149]. 187 Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [336 f.]; BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187 / 57, BGHZ 31, 272; Bäcker, S. 49; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 153; Koller, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 357 [372] („Insider“); Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Maier-Reimer, § 4 Rn. 61; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 4; Ulmer, Festschr. f. Duden, 1977, S. 661 [673]; H. P. Westermann, Festschr. f. Odersky, 1996, S. 897 [916 ff.]. 183 184
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Mit dieser Erkenntnis allein ist allerdings der Zweck des Eigenkapitalersatzes noch nicht abschließend ermittelt.188 Denn es ist bereits dargetan worden, daß etwa der aus der Doppelrolle folgende Wissensvorsprung des Gesellschafters allein noch keine ausreichende Begründung darstellt. Jedoch führt die Doppelrolle des Gesellschafters dazu, daß die bei der Finanzierungsentscheidung maßgeblichen Risikofaktoren andere sind als bei Nichtgesellschaftern. Eine Gesellschaft, die am Kreditmarkt ihren Fremdkapitalbedarf nicht mehr decken kann, wird alsbald illiquide und scheidet aus dem Markt aus.189 Dies beruht auf dem Umstand, daß die Fremdkapitalgeber ihr Risiko bei der Kreditvergabe kalkulieren, so daß sie der Gesellschaft nur dann Darlehen gewähren werden, wenn diese auf einer soliden finanziellen Grundlage steht. Anders sieht dagegen die Risikokalkulation der Gesellschafter aus, weil diese bereits Eigenkapital investiert haben und dieses bei einem Niedergang der Gesellschaft verlieren. Die Gesellschafter werden diesen Umstand bei ihrer Entscheidung, Fremdmittel zur Verfügung zu stellen oder nicht, berücksichtigen. Damit aber fehlt den Gesellschaftern die Risikoneutralität eines Fremdkreditgebers. Erst recht handeln Gesellschafter risikofreudig, wenn mit dem Ausscheiden der Gesellschaft und dem dadurch bedingten Verlust ihrer Beteiligungswerte die Existenzgrundlage der Gesellschafter selbst vernichtet wird.190 Mit der Vergabe von Darlehen in der Krise der Gesellschaft versprechen sich die darlehensgewährenden Gesellschafter daher nicht nur die Rückführung der der Gesellschaft gewährten Alt- bzw. Neudarlehen – insoweit unterscheiden sie sich nicht von jedem anderen nicht an der Gesellschaft beteiligten Fremdkapitalgeber 191 –, sondern auch die Gesundung der Gesellschaft und damit dauerhaft die Sicherung weiterer Gewinne und die Erhaltung des bereits zur Verfügung gestellten Eigenkapitals. Die Gesellschafter verfolgen also mit dem Sanierungsversuch nicht nur eigene Sicherungsinteressen, sondern handeln unternehmerisch motiviert. Während außenstehende Dritte einer in der Krise befindlichen Gesellschaft keine Darlehen gewähren würden, weil das Ausfallrisiko in bezug auf die Darlehensforderungen zu groß ist, können Gesellschafter dies aufgrund ihres mitgliedschaftlich begründeten Interesses und im Hinblick auf die nur beschränkte Haftung mit dem eingesetzten Eigenkapital auch in dieser Phase tun.192 Wegen des im Verhältnis zum Kreditrisiko höheren Eigenkapitalrisikos handeln die Gesellschafter bei ihrer Finanzierungsentscheidung risikofreudig193, werden also ein Darlehen auch dann gewähren, wenn sie 188 Anders offenbar Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 4; Knops / Bamberger / MaierReimer / Maier-Reimer, § 4 Rn. 61. 189 Vgl. Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 17. 190 Bitter, Durchgriff, S. 169 ff.; Koppensteiner, AG 1998, 308 [314]. 191 Insoweit zutreffend Koppensteiner, AG 1998, 308 [314]. 192 Bäcker, S. 50; Eidenmüller, JZ 2001, 1041 [1048 f.]; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [117, 118]; Ulmer, Festschr. f. Duden, 1977, S. 661 [673]; zweifelhaft insoweit Koppensteiner, AG 1998, 308 [314]. 193 Zweifelhaft daher Koppensteiner, AG 1998, 308 [314].
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mit diesem auszufallen drohen, behalten aber mit ihrem Gesellschaftsanteil gleichzeitig die Chance, bei einer erfolgreichen Sanierung nicht nur ihre Fremdmittel zurückzuerhalten, sondern zugleich das eingesetzte Eigenkapital sowie weiteren unternehmerischen Erfolg zu sichern.194 In dieser Situation kann es zu einem ineffizienten Aktivitätsniveau und zu negativen externen Effekten bei den Mitgläubigern kommen. Damit die Gesellschafter die durch die Darlehensgewährung betroffenen Interessen der Gesellschaftsgläubiger bei ihrer Finanzierungsentscheidung berücksichtigen, bedarf es einer entsprechenden Sanktionsnorm. Mit dem häufig in diesem Zusammenhang genannten Problem der Unterkapitalisierung hat die Finanzierungsfolgenverantwortung damit unmittelbar nichts zu tun195, da es zwar jeweils um eine angemessene Verteilung der Risiken zwischen Gläubigern und Gesellschaftern geht, bei der Unterkapitalisierung jedoch vor allem die Reichweite der Haftungstrennung im Mittelpunkt steht, wohingegen die §§ 32a f. GmbHG die Problematik unternehmerisch motivierten Gesellschafterverhaltens in der Krise der Gesellschaft betreffen.196 Das Problem der Unterkapitalisierung findet seinen Grund gerade nicht in der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung, sondern in den Folgen, die sich aus der Trennung der Vermögensmassen von Gesellschaft und Gesellschaftern und der damit einhergehenden Haftungstrennung des § 13 Abs. 2 GmbHG ergeben. Dies verdeutlicht zugleich, daß die Problematik der Unterkapitalisierung nicht mit einer (extensiven) Anwendung der §§ 32a f. GmbHG gelöst werden kann, sondern einer eigenständigen Haftungsbegründung im Rahmen der Durchgriffshaftung bedarf. f) Außerkraftsetzen des gesetzlichen Schutzsystems Mit der Vergabe von Darlehen an eine in die Krise geratene Gesellschaft kann diese „künstlich“ am Leben erhalten werden. Insbesondere können Insolvenzgründe beseitigt und damit das gesetzliche Schutzsystem der Insolvenzordnung außer Kraft gesetzt werden.197 Dies gilt nicht nur für die Darlehensvergabe durch Dritte, sondern auch für eine Darlehensvergabe durch Gesellschafter.198 Allerdings Ehricke, Konzernunternehmen, S. 153; Vonnemann, S. 59. Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [109]; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 18; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 3, 4, 7; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 7. 196 Zweifelhaft Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [417]. 197 Ehricke, Konzernunternehmen, S. 153 weist zudem auf die Verhinderung der Freisetzung gewisser „Selbstreinigungskräfte“ des Marktes hin, „um ,Leichen‘ aus dem Geschäftsverkehr zu eliminieren und damit das Risiko für andere Teilnehmer am Geschäftsverkehr, mit einer ,Skelett-Gesellschaft‘ Geschäfte zu machen, zu verringern.“ (Hervorhebungen im Original); ebenso Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [149 f.]; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 17; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [261, 262]. 198 Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [149 f., 152]; Kruppa, S. 100; in eine ähnliche Richtung auch Götz, S. 69 ff., der die Gefahr „schädigenden Selbstkontrahierens“ für maßgeblich hält. 194 195
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verdeutlicht dies wiederum, daß hierin nicht der entscheidende Grund für eine Beschränkung der Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter gesehen werden kann. Denn die durch das Außerkraftsetzen des gesetzlichen Schutzsystems einhergehenden Probleme ergeben sich aus der Rolle des Gesellschafters als Darlehensgeber, nicht als Gesellschafter. Damit ist allgemein die Frage aufgeworfen, welche Folgen es hat, wenn der Darlehensgeber bei der Kreditgewährung nicht nur seine berechtigten Sicherungsinteressen verfolgt, sondern versucht, anderweitige Risiken abzusichern, sich also opportunistisch verhält. In diesem Fall kann der Darlehensgeber risikofreudig handeln. Werden dann die gesetzlichen Schutzmechanismen außer Kraft gesetzt, bedarf es einer Haftung des Darlehensgebers, weil den Gläubigern durch die Insolvenzantragspflichten Kontrollkosten gerade abgenommen werden sollen. Dagegen wären die Kosten für eine Kontrolle der Gesellschafter für die Gläubiger exorbitant hoch.199 Eine eigenständige Begründung der Eigenkapitalersatzvorschriften ist damit aber, wie gesagt, nicht gefunden, weil sich diese Probleme bei jeder Darlehensgewährung stellen können, also auch bei Nichtgesellschaftern.200 Nur wenn man das Ziel der Eigenkapitalersetzvorschriften allein in der Verhinderung opportunistischen Verhaltens sähe, käme eine analoge Anwendung auf jeden Darlehensgeber in Betracht.201 Allerdings käme dann den Eigenkapitalersatzvorschriften dogmatisch keine, insbesondere gegenüber der Haftung aus § 826 BGB eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr wären die §§ 32a f. GmbHG Ausdruck einer allgemeinen Verhaltenspflicht für Darlehensgeber. Dies würde jedoch den gesellschaftsrechtlichen Charakter der §§ 32a f. GmbHG vernachlässigen. Das Ziel der Eigenkapitalersatzvorschriften kann daher nur darin liegen, ein risikofreudiges Handeln des Darlehensgebers zu erfassen, das auf dessen gesellschaftsrechtlicher Beteiligung beruht. Gerade den mit dem drohenden Verlust des bereits investierten Eigenkapitals einhergehenden Gefahren für die Mitgläubiger soll durch eine besondere Finanzierungsverantwortung begegnet werden. Diese geht zu Recht weiter als die allgemeine Finanzierungsfolgenverantwortung von Darlehensgebern, weil durch die gesellschaftsrechtliche Beteiligung zugleich die Möglichkeit eröffnet wird, die eigenen Interessen in der Gesellschaft durchzusetzen. Insbesondere muß die Darlehensgewährung daher weder sittenwidrig sein, noch eine Schädigung vorsätzlich herbeigeführt werden. Beruht das risikofreudige Verhalten dagegen auf anderen Umständen, läßt sich eine Haftung nicht durch eine Anwendung der §§ 32a f. GmbHG begründen. Wenn der Darlehensgeber im Einzelfall einen gesellschaftergleichen Einfluß auszuüben vermag, ist an eine Durchgriffshaftung zu denken, nicht jedoch an eine Analogie der Eigenkapitalersatzvorschriften.
Vgl. Eidenmüller, Sanierung, S. 22 ff. Vgl. BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213 / 77, BGHZ 76, 326 [330]. 201 So konsequent die Schlußfolgerung von Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [430]; dieses Konzept verfolgt etwa Kruppa, S. 88 ff., 102 ff. 199 200
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3. Ergebnis Die Vorschriften über die eigenkapitalsersetzenden Gesellschafterdarlehen tragen dem Umstand Rechnung, daß die Gesellschafter bei ihrer Finanzierungsentscheidung in der wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft risikofreudig, nämlich unternehmerisch motiviert handeln. Der Zweck der §§ 32a f. GmbHG besteht darin, die durch die Darlehensgewährung betroffenen Drittinteressen bei der Finanzierungsentscheidung zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund sind die einzelnen Voraussetzungen der Eigenkapitalersatzvorschriften und deren Bedeutung für die Vergabe von Sanierungsdarlehen durch Banken in der Krise im einzelnen zu untersuchen.
III. Die tatbestandlichen Voraussetzungen 1. Gesellschaft Die §§ 32a, 32b GmbHG gelten unmittelbar nur für die GmbH. Es stellt sich daher die Frage, ob die Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen auch auf andere Unternehmensformen anwendbar sind. a) Meinungsstand Regelungen über eigenkapitalersetzende Aktionärsdarlehen existieren bislang nicht. Ob die §§ 32a f. GmbHG für die AG analog gelten, ist umstritten. Der Bundesgerichtshof hat dies in seinem BuM-Urteil vom 26. 3. 1984 grundsätzlich bejaht, jedoch im Vergleich zur GmbH strengere Anforderungen gestellt.202 Die Grundsätze über das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen seien nur dann entsprechend anwendbar, wenn dem betroffenen Gesellschafter eine vermittelnde Unternehmerstellung zukomme, die eine Mitverantwortlichkeit für die Finanzierung der Gesellschaft begründe, was bei einer qualifizierten Beteiligung von mehr als 25 % der Fall sei.203 Darüber hinaus gelte Entsprechendes auch bei einem geringeren Aktienanteil, wenn ein bestimmender Einfluß auf die Unternehmensleitung bestehe und ein eigenes unternehmerisches Interesse verfolgt werde.204 In der 202 Vgl. BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 ff.; kritisch zu dieser Unterscheidung Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [431]. 203 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [389]; bestätigt durch BGH, Urt. v. 9. 5. 2005 – II ZR 66 / 03, DStR 2005, 1416 f.; ebenso Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.318 unter Hinweis auf § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO. 204 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [391 ff.]; offengelassen von LG Düsseldorf, Urt. v. 27. 5. 1981 – 12 O 318 / 80, ZIP 81, 601 ff.; konkretisierend BGH, Urt. v. 9. 5. 2005 – II ZR 66 / 03, DStR 2005, 1416, 1417; ebenso Hirte, Schwerpunkte, S. 145 [164].
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Lehre ist dem zum Teil unter Rückgriff auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz für Kapitalgesellschaften 205, zum Teil auch unter analoger Anwendung der §§ 32a f. GmbHG206 gefolgt worden. Dabei wird aber überwiegend die Auffassung vertreten, daß es bei der Abgrenzung zwischen Anlageaktionär und unternehmerischem Aktionär maßgeblich nicht auf die Höhe der Beteiligung, die lediglich für eine Vermutung spreche, ankomme, sondern auf die Nutzung einer bestehenden Informationsquelle zur finanziellen Lage des Unternehmens.207 Dagegen ist eine analoge Anwendung der §§ 32a f. GmbHG auf die AG von einem Teil der Rechtsprechung208 und des Schrifttums209 abgelehnt worden. Auf die GmbH & Co KG finden die §§ 32a, 32b GmbHG gemäß §§ 129a, 172a HGB ebenfalls Anwendung. Dasselbe gilt nach überwiegender Ansicht für die §§ 30, 31 GmbHG.210 Bei der gesetzestypischen KG und der OHG wird die Anwendbarkeit des Eigenkapitalersetzrechts zum Teil bestritten211, wohingegen unter Rückgriff auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze über die Behandlung eigenkapitalersetzender Darlehen eine analoge Anwendung der §§ 32a KO, 3b AnfG befürwortet wird.212 b) Stellungnahme Aus dem Zweck der §§ 32a f. GmbHG folgt, daß eine entsprechende Anwendung für die AG in Betracht kommt, denn auch bei dieser kann sich das Problem risikofreudigen Gesellschafterhandelns bei der Darlehensgewährung in der Krise stellen. Ob ein Aktionär risikofreudig handelt, läßt sich nicht anhand fester Beteiligungswerte ermitteln, sondern setzt eine Beteiligung voraus, die dazu führt, daß das Eigenkapitalrisiko höher ist als das für einen Fortbestand der Gesellschaft erforderliche Fremdkapitalrisiko. Grundsätzlich aber gelten die §§ 32a f. GmbHG für die AG und zwar unabhängig von der Höhe der Beteiligung. Beteiligt sich eine Bank an einer AG, kommt daher im Grundsatz eine Anwendung der §§ 32a f. GmbH in Betracht. Dasselbe gilt für sonstige Gesellschaftsformen. Gewährt ein 205 Ehricke, Konzernunternehmen, S. 197 ff.; Habersack, ZHR 162 (1998), 201 [215]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 21; ders., ZHR 147 (1983) 165 [171 ff.]. 206 Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 132; Kruppa, S. 91 ff.; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.315; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 19 Rn. 29, 33; M. Schmitz, S. 25. 207 Habersack, ZHR 162 (1998), 201 [218 ff.]; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 19 Rn. 32. 208 OLG Düsseldorf, Urt. v. 30. 6. 1983 – 6 U 120 / 81, NJW 1983, 2887 ff. 209 Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [201 f.]; s. aber dens., AG 1985, 173 [174 f.]. 210 BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213 / 77, BGHZ 76, 326 [329, 336]; BGH, Urt. v. 29. 9. 1977 – II ZR 157 / 76, BGHZ 69, 274 [279]; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 193 ff. 211 Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 131a; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 21; offengelassen von BGH, Urt. v. 2. 7. 1990 – II ZR 139 / 89, BGHZ 112, 31 [38 f.]. 212 Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 21 a.E., 22.
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Gesellschafter in der Krise ein Darlehen, ist in der Regel von einem risikofreudigen Verhalten dann auszugehen, wenn er sich hierfür keine ausreichenden Sicherheiten bestellen läßt. Denn dies wird der Gesellschafter nur dann tun, wenn das Eigenkapitalrisiko höher ist als das Fremdkapitalrisiko.
2. Gesellschafter Die Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzvorschriften setzt weiter voraus, daß es sich um ein Darlehen eines Gesellschafters handelt. In diesem Zusammenhang ist diskutiert worden, ob die §§ 32a f. GmbHG auf jeden Gesellschafter Anwendung finden oder ob nicht eine teleologische Reduktion durch die Entwicklung weitergehender Tatbestandsmerkmale geboten ist.213 Zum Teil sind durch das Gesetz weitergehende Einschränkungen gemacht worden. a) Mindestbeteiligung für nichtgeschäftsführende Gesellschafter Gemäß § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG sind die §§ 32a f. GmbHG auf nichtgeschäftsführende Gesellschafter, die lediglich mit 10 % oder weniger beteiligt sind, unanwendbar. In Anbetracht des mit den Eigenkapitalersatzvorschriften verfolgten Zwecks kann diese gesetzliche Einschränkung nicht überzeugen, denn von einem risikoneutralen Verhalten kann bei Gesellschaftern mit derartigen Beteiligungsverhältnissen nicht per se ausgegangen werden.214 b) Generelle Mindestbeteiligung Die überwiegende Meinung im Schrifttum215 und auch die Rechtsprechung216 sieht keine Notwendigkeit, die Eigenkapitalersatzvorschriften auf solche Gesellschafter zu beschränken, die eine bestimmte Mindestbeteiligung innehaben. Die Gegenansicht wollte Gesellschafter jedenfalls insoweit vor einer Umqualifizierung gewährter Darlehen bewahren, soweit diese lediglich Inhaber eines Zwerganteils 213 Bäcker, S. 182; Dörrie, ZIP 1999, 12 [13]; Canaris, Feststellung, S. 89; Larenz, Methodenlehre, S. 391. 214 Vgl. Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 88 ff.; zu Recht kritisch zu dieser Neuregelung v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [179 f.]; Goette, ZHR 162 (1998), 223 [227]. 215 Bäcker, S. 184 f.; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [122 f.]; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 2 / 47b; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [179 f.]; Habersack, ZHR 162 (1998), 201 [203]; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 17; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3233]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 30; ders., Gesellschaftsrecht, § 37 IV. 2., S. 1151 f.; M. Schmitz, S. 25; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 10, 35, 37. 216 BGH, Urt. v. 19. 2. 1990 – II ZR 268 / 88, BGHZ 110, 342 ff.; HansOLG Hamburg, Urt. v. 17. 2. 1989 – 11 U 241 / 88, GmbHR 1990, 130 [131].
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sind.217 Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Anwendbarkeit der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen lediglich für die AG von einer bestimmten Mindestbeteiligung abhängig gemacht.218 Im Hinblick auf die nunmehr gesetzlich geregelte Mindestbeteiligung von 10 % gemäß § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG hat sich dieser Streit jedoch erledigt219, denn neben dieser Vorschrift ist für eine teleologische Reduktion kein Raum mehr. Für die AG soll dagegen weiterhin die 25 %-Grenze gelten.220 Gegen die Festlegung bestimmter Mindestbeteiligungen bestehen jedoch die bereits geäußerten Bedenken.
c) Beteiligung vor der Darlehensvergabe Fraglich ist, ob die Anwendbarkeit der §§ 32a f. GmbH voraussetzt, daß die gesellschaftsrechtliche Beteiligung bereits vor der Darlehensvergabe bestanden hat.221 Dies ist zu bejahen, da ein risikofreudiges Verhalten bei der Darlehensvergabe grundsätzlich nur in diesem Fall angenommen werden kann. Ein unternehmerisch motiviertes Verhalten kann aber auch dann vorliegen, wenn die Darlehensvergabe gerade im Hinblick auf eine geplante gesellschaftsrechtliche Beteiligung erfolgt. d) Bankenprivileg Insbesondere im Hinblick auf die Gewährung von Sanierungsdarlehen ist im Schrifttum222 vereinzelt die Auffassung vertreten worden, daß die Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen generell auf institutionelle Darlehensgeber nicht anzuwenden seien, da die Behandlung von Darlehen als Haftkapital im Bankwesen unter bankaufsichtsrechtlichen Aspekten ein anderes Gewicht habe als bei typischen darlehensgebenden Gesellschaftern. Gegen die Begründung eines solchen generellen Bankenprivilegs223 bestehen jedoch erhebliche Bedenken. Hildebrand, S. 113 f.; Lutter / Hommelhoff14, § 32a, b Rn. 56 (weniger als 10 %); Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.309 („ . . . völlig unbedeutende Beteiligung . . . “); in diese Richtung ebenso, wenn auch letztlich offenlassend, Rümker, Festschr. f. Stimpel, 1985, 673 [675 f.]. 218 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [390 f.]; ebenso Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47c; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 132; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3233]; Rümker, Festschr. f. Stimpel, 1985, 673 [677 f.]; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 11; Wittig, NZI 1998, 49 [54 f.]. 219 Pichler, WM 1999, 411 [413]. 220 Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47c; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 146b; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 18; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3233 f.]; Pichler, WM 1999, 411 [419]. 221 Dafür Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [216 ff.]. 222 Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [214]; für ein Bankenprivileg im Rahmen des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG Ehricke, Konzernunternehmen, S. 166 f. 223 Kritisch gegen diesen Begriff Claussen, GmbHR 1996, 316 [323 f.]. 217
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Die ratio legis der §§ 32a, 32b GmbHG trägt auch eine Anwendung auf darlehensgewährende Gesellschafterbanken. Zwar beteiligen sich darlehensgewährende Banken oftmals lediglich an Schuldnerunternehmen, weil sie sich dadurch erhöhte Mitwirkungs- und Kontrollrechte zu sichern beabsichtigen.224 Jedoch kann auch bei einer Bank ein risikofreudiges Verhalten bei der Darlehensgewährung eine Rolle spielen. Wie auch bei sonstigen Gesellschaftern ist dies stets dann der Fall, wenn das Eigenkapitalrisiko höher als das Fremdkapitalrisiko ist und eine Darlehensgewährung ggf. auch dann erfolgt, wenn eine Sanierung keine Aussicht auf Erfolg hat oder eine (ausreichende) Besicherung von Darlehen nicht möglich ist. Ob bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen durch einen institutionellen Darlehensgeber daneben im Einzelfall ein Zurechnungszusammenhang zwischen der Gesellschafterstellung und der Darlehensvergabe entfällt, ist eine Frage der Normauslegung, nicht aber eines generellen Bankenprivilegs und daher an anderer Stelle zu diskutieren.225 Mit Recht lehnt die überwiegende Meinung daher (vorbehaltlich der Spezialregelung des § 25 UBGG) eine generelle Privilegierung von Gesellschafterbanken, also ein Bankenprivileg mit tatbestandlichem Ausschlußcharakter, ab.226 e) Treuhandschaft Hält die Bank die Anteile an der Gesellschaft als Treuhänderin, was in der wirtschaftlichen Krise insbesondere dann vorkommen wird, wenn ein Investor noch nicht gefunden ist und das Unternehmen vorerst aufrechterhalten werden soll oder wenn die Anteile zur Sicherheit übertragen wurden227, sind die Voraussetzungen des § 32a Abs. 1 GmbHG bei einer Darlehensvergabe erfüllt. Während der Treuhänder nach überwiegender Ansicht ohne weiteres als Gesellschafter im Sinne des § 32a Abs. 1 GmbHG angesehen wird228, plädiert ein Teil des Schrifttums für eine Vgl. Claussen, GmbHR 1996, 316 [325]. Zweifelhaft daher Bäcker, S. 182 und Rümker, ZIP 1982, 1385 [1393], die Fragen der Normauslegung und der Normanwendung vermengen. 226 BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [174 f., 176]; Bäcker, S. 186; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 156 f.; Eidenmüller, Sanierung, S. 391; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [125]; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [180 f.]; Grunewald, Festschr. f. Bezzenberger, 2000, S. 85 [86]; Hildebrand, S. 51; Baumbach / Hueck12, § 32a Rn. 18; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 40; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 137; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 22; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 34; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 10, 63. 227 Vgl. die Konstellation bei BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [175]; Hildebrand, S. 33; eine solche Konstellation lag auch der Beteiligung der Bayerischen Landesbank an der Fluggesellschaft Aero Llyod zugrunde, vgl. FAZ v. 21. 10. 2003, S. 19. 228 BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [175]; BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187 / 57, BGHZ 31, 272 ff.; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47b; Hildebrand, S. 28; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 1 Rn. 41, § 32a Rn. 23; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 123. 224 225
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teleologische Reduktion, soweit der Treuhänder selbst weisungsgebunden sei und das Treuhandverhältnis offengelegt werde229. Insbesondere die Rechtsprechung lehnt eine solche teleologische Reduktion jedoch ab.230 Dem ist zu folgen, da auch bei einer Treuhandschaft ein risikofreudiges Verhalten vorliegen kann. Der Treuhänder ist den Weisungen des Treugebers unterworfen (vgl. §§ 675 Abs. 1, 665 BGB). Dieser kann daher durch entsprechende Anordnungen die Finanzierungsentscheidung beeinflussen. Die Nachteile, die dem Treuhänder aus der Umqualifizierung der Mittel entstehen, sind dann im Innenverhältnis zu dem Treugeber auszugleichen.
3. Darlehen eines Gesellschafters Mit dem Tatbestandsmerkmal des Gesellschafterdarlehens sind zwei Fragen aufgeworfen: Wann kann von einem Darlehen eines Gesellschafters gesprochen werden (Gesellschafterdarlehen)? Welche Stützungsmaßnahmen sind Darlehen im Sinne des § 32a Abs. 1 GmbHG (Gesellschafterdarlehen)? Im folgenden ist zunächst auf ersteres einzugehen. Hier ist diskutiert worden, ob bei einer Darlehensvergabe nach der Doppelrolle des Gesellschafters differenziert werden, ob also das Darlehen gerade in der Funktion als Gesellschafter gewährt worden sein muß („Rollendifferenzierung“). Dies wird vor allem bei Banken bedeutsam, weil diese häufig trotz ihrer Beteiligung wie ein typischer Fremdkapitalgeber auftreten. a) Erfordernis eines Zurechnungszusammenhangs aa) Meinungsstand Die überwiegende Ansicht hält neben der Gewährung eines Darlehens durch einen Gesellschafter einen weitergehenden inneren Zusammenhang zwischen der Darlehensgewährung und der Gesellschafterstellung nicht für erforderlich.231 Stelle man auf die Motivation des Darlehensgebers ab, seien Manipulationen Tür und Tor geöffnet. Auch eine objektive Rollendifferenzierung sei nicht möglich, da die Bank nicht als professioneller Darlehensgeber tätig werde, wenn sie der GmbH in der Krise ein Darlehen außerhalb der marktüblichen Bedingungen gewähre. Auch sei eine dahingehende Einschränkung vom Normzweck nicht gedeckt.232 Rümker, Festschr. f. Stimpel, 1985, 673 [686, 688]. BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 155 / 87, BGHZ 105, 168 ff.; HansOLG Hamburg, Urt. v. 24. 7. 1987 – 11 U 182 / 86, NJW-RR 1988, 46 ff. 231 BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [314 f.]; Bäcker, S. 184 ff.; Eichele, S. 32 ff.; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [122]; Gehde, S. 121 ff.; Koppensteiner, AG 1998, 308 [314]; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 40; Habersack, ZHR 162 (1998), 201 [204, 207 f.]. 229 230
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Schließlich sei ein solcher Zusammenhang bei der Darlehensgewährung in der Krise stets gegeben, da der Gesellschafter aus unternehmerischen Interessen heraus handele.233 Nach dieser Auffassung soll es gleichgültig sein, ob der Gesellschafter unternehmerische oder reine Sicherungsinteressen verfolgt. Insbesondere K. Schmidt hat im Zusammenhang mit der Auslegung des § 32a Abs. 1 GmbHG demgegenüber dargelegt, daß der Begriff des kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens einen Doppeltatbestand markiere: Zum einen müsse das Darlehen kapitalersetzend sein, also an die Stelle notwendigen Eigenkapitals treten, zum anderen müsse ein Zurechnungszusammenhang zwischen der Gesellschaftereigenschaft, also der Teilhabe am unternehmerischen Risiko, und dem Darlehen bestehen.234 Beide Fragen seien sorgsam zu trennen. Danach soll erforderlich sein, daß zwischen der Gesellschaftereigenschaft und der Darlehensgewährung ein innerer Zurechnungszusammenhang besteht, dieses also societatis causae und nicht lediglich mutui causa gewährt werde. Dies rechtfertige sich aus der Tatsache, daß die §§ 32a, 32b GmbHG Ausdruck des Verbots widersprüchlichen Verhaltens seien und die Berufung auf die Doppelrolle als Gesellschafter und Darlehensgeber rechtsmißbräuchlich sein müsse.235 Einer solchen Auslegung der §§ 32a f. GmbHG stehe die gesetzliche Regelung nicht entgegen.236 bb) Stellungnahme Aus der ratio der Regeln über den Eigenkapitalersatz, die Darlehensgewährung durch risikofreudige Darlehensgeber unter Außerachtlassung der mit der Darlehensvergabe einhergehenden negativen externen Effekte zu verhindern, folgt, daß nicht jede Gewährung einer Finanzierungshilfe durch einen Gesellschafter ohne weiteres die Rechtsfolgen der §§ 32a f. GmbHG auslöst. Vielmehr muß ein derartiges risikofreudiges Verhalten auch nach den Umständen des konkreten Einzelfalls tatsächlich gegeben sein. Dies ist bei einer Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter aus den genannten Gründen in der Regel der Fall, kann jedoch auch zu verneinen sein, insbesondere dann, wenn der Darlehensgeber lediglich aufgrund der üblichen Sicherungsinteressen und gerade nicht unter dem Druck der Abwendung des unternehmerischen Risikos handelt. Dies wird bei institutionellen Darlehensgebern oftmals der Fall sein. Das Merkmal des Gesellschafterdarlehens ist demzufolge dahingehend restriktiv auszulegen, daß zwischen der Darlehensvergabe und dem Gesellschafter ein Zurechnungszusammenhang in dem Sinne be232 BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [175, 176, 178 f.]; Bäcker, S. 186 f.; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [120 ff.]. 233 Bäcker, S. 187. 234 Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 41; ders., ZHR 147 (1983), 165 [182]; ders., Gesellschaftsrecht, § 18 III. 4. c), S. 533; ebenso Altmeppen, ZIP 1993, 1677 [1682, 1683]; Menzel, AG 1982, 197 [203, 205]; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 71 ff. 235 K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [183]. 236 K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [181] unter Hinweis auf BR-Drs. 595 / 71, S. 111.
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stehen muß, daß der Darlehensgeber gerade zur Abwendung des unternehmerischen Risikos und mithin risikofreudig handelt. Dies folgt allerdings nicht aus dem Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens, da dieses die Bestimmungen der §§ 32a f. GmbHG, wie dargelegt, nicht hinreichend zu erklären vermag. b) Ausgestaltung des Zurechnungszusammenhangs Selbst soweit im Schrifttum ein Zurechnungszusammenhang zwischen der Gesellschafterstellung und der Darlehensvergabe gefordert wird, werden unterschiedliche Ansichten darüber vertreten, welche Anforderungen an diesen Zusammenhang zu stellen sind. aa) Motive der Darlehensvergabe (Subjektive Theorie) Im Schrifttum ist das Vorliegen eines Zurechnungszusammenhangs teilweise unter Bezugnahme auf die durch den Gesellschafter verfolgten Ziele, also dessen Motivation, verneint worden. Dabei wird die Ansicht vertreten, daß insbesondere institutionelle Darlehensgeber dann allein als Darlehensgeber handelten, wenn sie der Gesellschaft erst beiträten, um den nötigen Einfluß auf diese zu gewinnen.237 Dem hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entgegengehalten, daß bei einer Darlehensvergabe an eine kreditunwürdige Gesellschaft durch einen Gesellschafter kein Unterschied zwischen dem Gesellschafterinteresse und dem Gläubigerinteresse gemacht werden könne.238 In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, daß andernfalls eine massive Darlehensfinanzierung die beste Gewähr für den Ausschluß des eigenkapitalersetzenden Charakters späterer Sanierungsdarlehen sei.239 bb) Indizienbildung (Objektive Theorie) Vor allem K. Schmidt hat demgegenüber hervorgehoben, daß der Zurechnungszusammenhang dann abgebrochen sei, wenn ein Kreditinstitut dem Unternehmen in objektivierbarer Weise als institutioneller Darlehensgeber gegenübergetreten sei. Hieran ändere der Umstand, daß der Fremdkapitalgeber auch Anteile an der Darlehensnehmerin halte, nichts. Jedoch sei eine solche Abgrenzung anhand objektivierbarer Zurechnungskriterien aus praktischen Gründen kaum möglich.240 Eindeutig zu verneinen sei die Zurechnung aber jedenfalls dann, Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [215 ff.]. BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [175]; BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [314 f.]; ebenso Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [122]; Baumbach / Hueck12, § 32a Rn. 18; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 63. 239 K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [182]. 237 238
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wenn ein aus mehreren Banken bestehendes Finanzierungskonsortium an der Sanierungsdarlehensvergabe partizipiere.241 Desweiteren sei eine Zurechnung eindeutig zu verneinen, wenn das Unternehmen mehrere Banken gleich behandele und die Gesellschafterbank sich dem unterwerfe.242 Dagegen sei eine Zurechnung zu vermuten bei einer typisch personalistischen Beteiligung und bei einer wesentlichen Beteiligung, wobei diese keine Mehrheitsbeteiligung sein müsse.243 Negative Indizien seien dagegen die Beteiligung des Darlehensgebers mit einem Zwerganteil, wobei die Zurechnung in aller Regel ausscheide, wenn der Darlehensgeber zugleich die Hausbank sei.244 Insbesondere Uhlenbruck vertritt bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen durch eine Bank die Ansicht, daß diese im Zweifel in ihrer Eigenschaft als Gläubigerin handele, da die Darlehensvergabe nach Offenlegung der Krisensituation nicht dazu diene, die Eigenkapitalausstattung des notleidenden Unternehmens zu verbessern, wohingegen eine derartige Privilegierung bei Scheinsanierungen entfalle.245 Rümker vertritt demgegenüber die Ansicht, daß zwar das Kriterium der Identifikation des darlehensgewährenden Instituts mit dem unternehmerischen Risiko als Abgrenzungskriterium nicht tauge, da die Umwandlung des Darlehens in Haftkapital eine Folge des durch die Gesellschafter zurechenbar veranlaßten Rechtsscheins der Kreditwürdigkeit sei, jedoch eine Abgrenzung aus der Höhe der Beteiligungsquote erfolgen könne.246 Jedenfalls bei einer Mehrheitsbeteiligung trage der Gesellschafter eine gesteigerte Verantwortung, wohingegen die Frage nach einem entsprechenden Zusammenhang zwischen Gesellschaftereigenschaft und Darlehensvergabe bei einer geringeren Beteiligung je nach Einzelfall bewertet werden müsse und bei einem Zwerganteil in der Regel zu verneinen sei.247 Weiter bilde auch das tatsächliche (Alternativ-)Verhalten anderer Kreditinstitute einen Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung; soweit die Bank die Darlehensgewährung nach einer sorgsamen Prüfung unter Beachtung des § 18 KWG beschließe, sei dies das 240 Vgl. hierzu K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [183 ff.], wonach die Möglichkeit einer solchen Unterscheidung durch das „HeLaBa-Sonnenring“-Urteil nicht präjudiziert sei, sondern lediglich die konkrete Durchführung einer solchen Unterscheidung durch die Vorinstanz; ebenso Hildebrand, S. 51 f.; abweichend dagegen Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 143; H. P. Westermann, ZIP 1982, 379 [390]. 241 Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 41; ders., ZHR 147 (1983), 165 [185 f.]; ebenso BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [184]; Gawaz, Rn. 523; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 144; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 41; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 63. 242 K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [186]. 243 K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [186 f.]. 244 Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 41; ders., ZHR 147 (1983), 165 [187]. 245 Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [209, 214 f.]; H. P. Westermann, ZIP 1982, 379 [389, 391]; letztlich – wenn auch zögernd – offenlassend K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [187]. 246 Rümker, ZIP 1982, 1385 [1391 ff.]. 247 Vgl. hierzu Rümker, ZIP 1982, 1385 [1392 f.]; K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [185].
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Ergebnis einer berufsspezifischen Sorgfaltspflichterfüllung und nicht die Konsequenz einer autonomen Gesellschafterentscheidung. 248 cc) Stellungnahme Unter Berücksichtigung des Normzwecks der §§ 32a f. GmbHG kann der Zurechnungszusammenhang nur dann entfallen, wenn ein Gesellschafter nicht risikofreudig handelt. Unter welchen Voraussetzungen hiervon auszugehen ist, kann nicht einheitlich beantwortet werden. Zutreffend ist daher die Bildung objektiver Indizien, die auf eine bestimmte Motivation schließen lassen. Grundsätzlich ist ein risikofreudiges Verhalten aber jedenfalls dann nicht gegeben, wenn der Darlehensgeber ausschließlich die üblichen Ausfallrisiken zu gewärtigen hat, denn insoweit unterscheidet sich der Gesellschafter nicht von einem „gewöhnlichen“ Darlehensgeber. Es ist also stets danach zu fragen, ob das Eigenkapitalrisiko höher ist als das Fremdkapitalrisiko. Hierbei kann die Höhe der Beteiligung eine maßgebliche Rolle spielen. Wenn der Darlehensgeber das Darlehen nicht zu marktüblichen Bedingungen vergibt, es sich insbesondere nicht ausreichend besichern läßt, spricht eine Vermutung dafür, daß das Eigenkapitalrisiko überwiegt. Dasselbe gilt, wenn die Darlehensvergabe erfolgt, obwohl das Unternehmen nicht sanierungsfähig ist, denn auch dann spricht eine Vermutung dafür, daß der Darlehensgeber das eingesetzte Eigenkapital sichern möchte, also unternehmerisch motiviert handelt. Beruht die Darlehensvergabe dagegen vorwiegend auf anderen Gründen, spielt der Ausfall des Eigenkapitals für die Finanzierungsentscheidung also keine nennenswerte Rolle, kann diese Vermutung widerlegt werden, so etwa dann, wenn eine Bank nur wenige Anteile an einer Gesellschaft hält, dieser aber trotz Sanierungsunfähigkeit ein Darlehen gewährt, weil sie sich zunächst andere noch vorhandene Vermögensgegenstände sichern möchte. In einem solchen Fall ist die Darlehensvergabe ebenfalls nicht unternehmerisch motiviert, und für eine Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschriften ist dann kein Raum, sondern allenfalls für eine vertragliche Haftung gegenüber dem Unternehmen bzw. eine Durchgriffshaftung gegenüber Dritten. Soweit die Bank ein Sanierungsdarlehen zu marktüblichen Bedingungen ausreicht, insbesondere unter Einräumung hinreichender Sicherheiten, spricht dagegen eine Vermutung dafür, daß sie dabei ausschließlich ihre eigenen Sicherungsinteressen und keine unternehmerischen Interessen verfolgt hat. 4. Sanierungsdarlehen als Darlehen Im folgenden ist auf die andere, oben bereits aufgeworfene Frage einzugehen, wann von einem Gesellschafterdarlehen ausgegangen werden kann. Insbesondere die Gewährung von Sanierungsdarlehen fällt zunächst ohne weiteres in den An248
[189].
Rümker, ZIP 1982, 1385 [1393]; dies erwägt auch K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165
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wendungsbereich der §§ 32a f. GmbHG.249 Jedoch ist insoweit wiederum eine teleologische Reduktion250 erwogen worden. Ob ein solches generelles Sanierungsprivileg von Darlehen anzuerkennen ist, wird kontrovers diskutiert. a) Das HeLaBa-Sonnenring-Urteil des Bundesgerichtshofs Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem HeLaBa-SonnenringUrteil vom 21. 9. 1981 zu dieser Frage Stellung genommen und eine Privilegierung von Sanierungsdarlehen abgelehnt. Die Klägerin verlangte von der beklagten Bank Zahlung aus von ihr gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Forderungen einer GmbH an der die Beklagte zunächst beteiligt war und der sie ein Darlehen gewährt hatte. Der Senat verwehrte der Beklagten die Verrechnung des gepfändeten und an die Klägerin überwiesenen Anspruchs mit den ihr gegen die GmbH zustehenden Darlehensforderungen, da darin eine nach § 30 GmbHG verbotene Rückgewähr einer eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistung liege.251 b) Streitstand im Schrifttum aa) Privilegierung von Sanierungsdarlehen Im Schrifttum wird zum Teil die Auffassung vertreten, Sanierungsdarlehen seien anhand konkreter Fallgruppen zu privilegieren und von der Anwendbarkeit der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen auszunehmen. So soll etwa eine Anwendbarkeit nur dann zu bejahen sein, wenn die Bank als Gesellschafterin eine bestimmte Mindestbeteiligung erreiche.252 Es sei mit den zum Kündigungsrecht der Bank entwickelten Grenzen nicht vereinbar, wenn man den Darlehensgeber zu einer Darlehenskündigung zwinge, um nicht in die Gefahr des Ausschlußes des Rückzahlungsanspruchs gemäß § 32a Abs. 1 GmbHG zu geraten.253 Das Sanierungsdarlehen werde nicht gegeben, um die Eigenkapitalbasis des notleidenden Unternehmens zu verbessern, sondern um mit Fremdkapital Liquidität und damit die Zahlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. 254 Auch führe die Umqualifizierung dazu, daß die Kreditinstitute wegen der oftmals nur ex post möglichen Be249 Darauf weist K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [176] zutreffend hin. Zweifelhaft erscheinen dagegen Äußerungen im Schrifttum, wonach der II. Senat entschieden habe, die §§ 32a f. GmbHG seien auch auf die Gewährung von Sanierungsdarlehen anwendbar, vgl. Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 129; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3232], Wenzel, Risiken, S. 273. 250 Zutreffend K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [171 ff.]; M. Schmitz, S. 24. 251 BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [314, 320]. 252 Vgl. Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 151 f.; MünchKomm-InsO / Lwowski, § 35 Rn. 251; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.304 f. 253 Rümker, ZIP 1982, 1385 [1388]. 254 Rümker, ZIP 1982, 1385 [1388].
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gutachtung der finanziellen Situation mit einer erheblichen Unsicherheit bei der Ausnutzung ihrer Dispositionsmöglichkeiten nach § 12 KWG und der Eigenkapital- und Liquiditätsgrundsätze belastet würden.255 bb) Keine Privilegierung von Sanierungsdarlehen Eine im Schrifttum stark vertretene Ansicht lehnt dagegen jegliche Privilegierungen von Sanierungsdarlehen ab.256 Auch wenn die §§ 32a f. GmbHG weitgehend den Sinn hätten, eine fraudulöse Haftungsverfassung der GmbH zu sanktionieren, stelle die Gewährung von Gesellschafterdarlehen nichts Verbotenes oder Anstößiges dar, was jedoch die Anwendung der Vorschriften über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen nicht hindere, da es nicht um das Ob der Finanzierungsleistung, sondern das Wie gehe.257 Aus dem Sinn und Zweck der §§ 32a f. GmbHG folge vielmehr, daß auch Sanierungsdarlehen erfaßt seien, da die Gesellschaft ohne sie liquidiert hätte werden müssen, so daß ein Sanierungsdarlehen der klassische Fall des § 32a GmbHG sei.258 Auch rechtspolitisch sei die Einführung eines Sanierungsprivilegs nicht geboten, da neben den bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten in bezug auf die Voraussetzungen eines solchen Darlehens vor allem für jeden darlehensgebenden Gesellschafter die Möglichkeit bestünde, sich nachträglich auf den Sanierungszweck der Darlehenshingabe zu berufen.259
c) Stellungnahme Die uneingeschränkte Anwendbarkeit der Regelungen über den Eigenkapitalersatz auf Sanierungsdarlehen hätte die unerwünschte Folge, daß sich Banken entweder erst gar nicht an Unternehmen beteiligen oder ein Sanierungsversuch wegen der drohenden Umqualifizierung von Anfang an unterbliebe. Ob und inwieweit vor Rümker, ZIP 1982, 1385 [1389]. Bäcker, S. 186; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 158; Eidenmüller, Sanierung, S. 400; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [123 f.]; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [180 f.]; Grunewald, Festschr. f. Bezzenberger, 2000, S. 85 [86]; Heinzmann, S. 4; Hildebrand, S. 50 f.; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 39; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Maier-Reimer, § 4 Rn. 77; Menzel, AG 1982, 197 [203]; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 109; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 8, 36; ders., ZHR 147 (1983), 165 [175 ff.]; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 59, 63. 257 BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270 / 93, BGHZ 127, 336 [344]; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [1758]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [337]; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [108]; Hildebrand, S. 51; Baumbach / Hueck12, § 32a Rn. 2; K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [176, 179 f.]; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 7, 9. 258 Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 109; K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [176 f.]. 259 Ehricke, Konzernunternehmen, S. 158; K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [179]. 255 256
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diesem Hintergrund eine entsprechende Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschriften auf Sanierungsdarlehen möglich ist, bedarf allerdings nach Änderungen des GmbHG durch zwei am 1. 5. 1998 in Kraft getretene Gesetze einer differenzierteren Betrachtung. Der Gesetzgeber hat durch das am 1. 5. 1998 in Kraft getretene Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG)260 die Voraussetzungen der Eigenkapitalersatzbindung aufgehoben, soweit das Darlehen zu Sanierungszwekken gewährt wird und der Gesellschafter mit 10 % oder weniger am Stammkapital beteiligt ist (§ 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG, sog. Kleinstbeteiligtenprivileg). Zudem ist durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)261 hinsichtlich des Erwerbs von Gesellschaftsanteilen durch einen Darlehensgeber in der Krise der Gesellschaft eine Nichtanwendung der Regeln über den Eigenkapitalersatz eingeführt worden (§ 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG, sog. Sanierungsprivileg). Die Einführung dieser Neuregelungen hat aber keineswegs dazu geführt, daß die mit der Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschriften verbundenen Gefahren für darlehensgewährende Banken weggefallen sind. Diese lassen sich bei einer Gesellschaftsbeteiligung vor der Unternehmenskrise nur vermeiden, wenn die Beteiligung unter 10 % liegt und die Bank nicht geschäftsführende Gesellschafterin ist. Da die Kreditinstitute die Gesellschaftsbeteiligungen gerade im Hinblick auf eine mögliche Kontrolle der Unternehmensleitung übernehmen, häufig also gerade keine Kleinstbeteiligung vorliegt, wird der abschreckende Effekt der §§ 32a f. GmbHG auf Beteiligungen an einem Sanierungsversuch daher auch nach den vorbezeichneten Gesetzesänderungen weiterhin bestehen bleiben.262 Nachdem der Gesetzgeber nunmehr ein Sanierungsprivileg geregelt hat, ist für eine weitergehende Privilegierung von Sanierungsdarlehen allerdings kein Raum. Der Gesetzgeber hat insoweit eine abschließende Regelung getroffen. Die Zulassung weitergehender Ausnahmen würde dieses differenzierte Haftungssystem unterlaufen. Für ein allgemeines Sanierungsprivileg ist daher kein Raum mehr.263
5. Eigenkapitalersatzcharakter Das von dem Gesellschafter gewährte Darlehen muß darüber hinaus den Charakter von Eigenkapital haben. Dies ist nur dann der Fall, wenn es in einem Zeitpunkt gewährt wurde, in dem die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätten (Krise der Gesellschaft). Im folgenden ist daher zunächst der Begriff der Krise genauer zu klären, ehe auf einzelne Son260 Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbesfähigkeit deutscher Konzerne an Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen vom 20. 4. 1998, BGBl. I, 707; zur Reichweite und den Voraussetzungen des Sanierungsprivilegs MünchKomm-BGB / Berger4, vor § 488 Rn. 119 m.w.Nachw. 261 Gesetz vom 20. 4. 1998, BGBl. I, 786. 262 Zutreffend Pichler, WM 1999, 411 [413]. 263 Vgl. Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 109.
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derprobleme bei der Vergabe von Darlehen im Zusammenhang mit dem Eigenkapitalersatzrecht eingegangen wird. a) Krise der Gesellschaft Nach der Legaldefinition des § 32a Abs. 1 GmbHG liegt eine Krise vor, wenn ordentliche Kaufleute der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätten. Neben der Insolvenzreife wird davon auch bei der sog. Kreditunwürdigkeit ausgegangen. Kreditunwürdig soll die Gesellschaft sein, wenn sie im Zeitpunkt der Mittelzuführung von dritter Seite kein Darlehen mehr zu marktüblichen Bedingungen bekommen hätte und daher liquidiert hätte werden müssen.264 Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei die Gewährung des Darlehens.265 Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob die Gewährung eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens selbst zur Beseitigung der wirtschaftlichen Krise führen kann, ob also das Darlehen in der Überschuldungsbilanz nicht mehr zu passivieren ist und damit ggf. die Überschuldung als Insolvenzgrund beseitigt wird. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, daß ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen nicht zu passivieren ist.266 Diese Auffassung liegt deshalb besonders nahe, weil eine Passivierung jedenfalls dann eindeutig nicht zu erfolgen hat, wenn die Gesellschafter einen Rangrücktritt vereinbart haben. Zu einem Rangrücktritt führt aber gerade auch § 32a Abs. 1 GmbHG, weshalb sich die Frage stellt, warum eigenkapitalersetzende Darlehen überhaupt noch passiviert werden sollen.267 Die überwiegende Ansicht nimmt dies aber zu Recht an268, denn weiter264 BGH, Urt. v. 14. 12. 1992 – II ZR 298 / 91, BGHZ 121, 31 [38]; BGH, Urt. v. 17. 3. 1980 – II ZR 11 / 79, BGHZ 76, 320 [330]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17. 12. 1998 – 6 U 187 / 97, GmbHR 1999, 615 [616]; HansOLG Hamburg, Urt. v. 18. 7. 1986 – 11 U 77 / 84, WM 1986, 1110 [1115]; Altmeppen, NJW 2005, 1911 [1914]; Michalski / Heidinger, §§ 32, 32a Rn. 45, 58; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.342 f.; Preuß, JuS 1999, 342 [346] (jedenfalls bei Überschuldung); Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [432 f., 434 ff.] (Beschränkung auf Insolvenzreife); Rümker / Denicke, Festschr. f. Lutter, 2000, S. 665 [679]. 265 Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47d; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 134a; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 50; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 18 f.; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 45; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 57. 266 So OLG Düsseldorf, Urt. v. 18. 4. 1997 – 22 U 226 / 96, GmbHR 1997, 699 [701]; OLG München, Beschl. v. 8. 7. 1994 – 3 Ws 87 / 94, NJW 1994, 3112 [3114]; LG WaldshutTiengen, Urt. v. 28. 7. 1995 – 2 O 55 / 92, BB 1995, 2365 [2366]; Fleck, GmbHR 1989, 313 [322 f.]; Fleischer, ZIP 1996, 773 [777 ff.]; Lutter, ZIP 1999, 641 [644 ff.]; Lutter / Hommelhoff, § 64 Rn. 17d; Baumbach / Schulze-Osterloh, § 64 Rn. 18; Hachenburg / Ulmer, § 63 Rn. 46a. 267 So im Zusammenhang mit dem auf die Funktion der Überschuldungsbilanz bezogenen Argument Fleischer, ZIP 1996, 773 [777 f.]. 268 BT-Drs. 12 / 2443, S. 115; BGH, Urt. v. 8. 1. 2001 – II ZR 88 / 99, BGHZ 146, 264 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17. 12. 1998 – 6 U 187 / 97, GmbHR 1999, 615 [617]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 1. 1995 – 6 U 272 / 93, NJW-RR 1996, 1443 [1444]; HansOLG Hamburg,
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hin geht es um den Schutz der Gesellschaftsgläubiger und die Aussonderung solvenzschwacher Unternehmen vom Markt.269 Zudem ginge mit der Gegenauffassung im Hinblick auf die – strafbewehrte – Insolvenzantragspflicht eine erhebliche Unsicherheit für den Geschäftsführer einher.270 Der Hinweis auf die Pflicht zur Bildung entsprechender Rückstellungen nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB271 überzeugt daher nicht. Auch im übrigen werden gegen die Passivierungspflicht keine durchgreifenden Einwände erhoben. Das Argument, die Passivierung führe zu einer Vorverlagerung der Insolventantragspflicht 272, ist eine petitio principii, denn um den „richtigen“ Antragszeitpunkt geht es gerade. Allerdings überzeugt auch das Argument von Fastrich nicht, der meint, daß das Fortbestehen der Insolvenzantragspflicht im Interesse des darlehensgebenden Gesellschafters liege, da dieser einen die Überschuldung und damit die für den Geschäftsführer bestehende Insolvenzantragspflicht beseitigenden Rangrücktritt nur bei einer Beteiligung der übrigen Gesellschafter an seinem Sanierungsversuch durchsetzen könne273. Hiergegen spricht bereits, daß die Insolvenzantragspflichten zum Schutz der Gläubiger und nicht zum Schutz des darlehensgebenden Gesellschafters bestehen, der zudem in seiner Entscheidung, der Gesellschaft ein Darlehen zu gewähren, völlig frei ist und die übrigen Gesellschafter dann nicht noch in eine Finanzierungsverantwortung zwingen können darf.274 Hieraus folgt, daß Darlehen auch dann zu passivieren sind, wenn diese eigenkapitalersetzend sind. Nach Auffassung von K. Schmidt soll eine die Vorschriften über den Eigenkapitalersatz auslösende Kreditunwürdigkeit dann nicht vorliegen, wenn die Gesellschaft zwar kein Darlehen zu marktüblichen Bedingungen mehr erhalten kann, sie aber dennoch des Sanierungsdarlehens würdig, weil sanierungsfähig sei. Ein aufgrund festgestellter Sanierungsfähigkeit gewährtes Darlehen weise daher keinen Eigenkapitalersatzcharakter auf.275 Dem kann jedoch nicht gefolgt werden, da für Urt. v. 18. 7. 1986 – 11 U 77 / 84, WM 1986, 1110 [1112]; LG München I, Beschl. v. 1. 12. 1982 – 13 T 21079 / 92, ZIP 1983, 66 [67]; Claussen, GmbHR 1996, 316 [320]; Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [159 ff.]; Kruppa, S. 98 ff.; GK-AktG / Mertens, § 92 Rn. 31; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 60, § 63 Rn. 27; ders., GmbHR 1999, 9 [14 f.]; ders., Festschr. f. Goerdeler, 1987, S. 487 [505 ff.]; Vonnemann, GmbHR 1989, 145 [150]; für eine Vorbelastungsbilanz ebenso, im übrigen offenlassend BGH, Urt. v. 6. 12. 1993 – II ZR 102 / 93, BGHZ 124, 282 [284 ff.]. 269 So zutreffend HansOLG Hamburg, Urt. v. 18. 7. 1986 – 11 U 77 / 84, WM 1986, 1110 [1112]; Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [160]. 270 Zutreffend OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 1. 1995 – 6 U 272 / 93, NJW-RR 1996, 1443 [1444]; HansOLG Hamburg, Urt. v. 18. 7. 1986 – 11 U 77 / 84, WM 1986, 1110 [1112]; Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [160]. 271 So Fleck, GmbHR 1989, 313 [323]; Fleischer, ZIP 1996, 773 [779]. 272 Fleischer, ZIP 1996, 773 [778]. 273 Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [161 f.]. 274 Im Ergebnis ebenso Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 5. 275 K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [189]; dagegen will Rümker, ZIP 1982, 1385 [1393] diesen Gesichtspunkt bei der Frage der Rollendifferenzierung in Ansatz bringen.
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
die Anwendbarkeit der §§ 32a f. GmbHG das Vorliegen eines risikofreudigen Verhaltens des Darlehensgebers entscheidend ist, nicht dagegen, ob die Gesellschaft sanierungsfähig ist oder nicht. Auch bei einer sanierungsfähigen Gesellschaft kann der Darlehensgeber rein unternehmerisch motiviert handeln, wenn er etwa das Darlehen zu nicht marktüblichen Bedingungen, insbesondere ohne hinreichende Besicherung gewährt. Hieraus folgt, daß eine Krise der Gesellschaft stets dann vorliegt, wenn diese kein Darlehen mehr zu marktüblichen Bedingungen von Dritten mehr erhalten kann. b) Überbrückungsdarlehen als Eigenkapitalersatz Ob die Gewährung von Überbrückungsdarlehen in der Krise den eigenkapitalersetzenden Charakter der Darlehensvergabe begründet, ist umstritten. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, daß dies nicht der Fall sei, weil die gewährten Mittel für die Dauer der Krise als Ersatz von Eigenkapital fungieren müßten, was aber bei Überbrückungsdarlehen nicht der Fall sei.276 Eidenmüller lehnt demgegenüber einen pauschalen Ausschluß von Überbrückungsdarlehen ab. Die Eigenkapitalersatzregeln seien auf ein Überbrückungsdarlehen vielmehr dann anwendbar, wenn ein ordentlicher Kaufmann Eigenkapital gewährt haben würde. Zur Finanzierung der Sanierungswürdigkeitsprüfung sei Eigenkapital ungeeignet, so daß auch ein ordentlicher Kaufmann Fremdkapital in Form eines Überbrükkungsdarlehens zugeführt haben würde.277 Ehricke plädiert demgegenüber dafür, Überbrückungsdarlehen generell als eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen im Sinne des § 32a Abs. 1 GmbHG anzusehen. Dafür sprächen der Wortlaut des Gesetzes und die ansonsten bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten zu den übrigen Darlehen.278 Im Ersten Teil dieser Untersuchung ist bereits dargelegt worden, daß Überbrükkungsdarlehen zumindest mittelbar eine Sanierung bezwecken können und Sanierungsdarlehen dann gleichzustellen sind.279 Unter diesen Umständen kann ein 276 BGH, Urt. v. 19. 9. 1996 – IX ZR 249 / 95, BGHZ 133, 298 ff.; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [394]; BGH, Urt. v. 17. 3. 1980 – II ZR 11 / 79, BGHZ 76, 320 [330]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [337]; BGH, Urt. v. 28. 11. 1994 – II ZR 77 / 93, NJW 1995, 457 ff.; BGH, Urt. v. 27. 11. 1989 – II ZR 310 / 88, ZIP 1990, 95 ff.; De Meo, S. 259 Rn. 194; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47 f.; Gawaz, Rn. 527; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 130; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 29; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 34; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.344; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 36, 44; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 39; Rümker, Festschr. f. Stimpel, 1985, 673 [695]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 39; ders., ZHR 147 (1983), 16 [188]; im Ergebnis ebenso Uhlenbruck, GmbHR 1982, 141 [151]. 277 Eidenmüller, Sanierung, S. 399 f.; ebenso MünchKomm-BGB / Berger4, vor § 488 Rn. 118; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 34. 278 Ehricke, Konzernunternehmen, S. 169; zweifelnd auch Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 29.
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Gesellschafter auch bei der Vergabe von Überbrückungsdarlehen unternehmerisch motiviert handelt. Dagegen ist dies in der Regel dann nicht der Fall, wenn durch das Darlehen lediglich die Sanierungsfähigkeitsprüfung finanziert werden soll. Mit Eidenmüller ist daher von einer differenzierten Anwendung der §§ 32a f. GmbHG auf Überbrückungsdarlehen auszugehen. c) Finanzplandarlehen und Eigenkapitalersatz Finanzplandarlehen werden von den Gesellschaftern als nominelle Fremdmittel neben der Einlage gewährt, weil das Eigenkapital der Gesellschaft für die Erreichung des Gesellschaftszwecks nicht ausreichend ist. Je nach der konkreten Ausgestaltung können280 sie auf eine Krisenfinanzierung angelegt sein, oft sollen mit ihnen aber auch bestimmte Projekte der Gesellschaft finanziert werden, für die das Eigenkapital nicht ausreicht.281 Im Gegensatz zu den „üblichen“ Gesellschafterdarlehen, die vor der Krise auch wie jedes andere Fremdmittel behandelt werden, ist das Fremdkapital beim Finanzplandarlehen damit an die Stelle notwendigen Eigenkapitals getreten. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand relevant werden kann ein Finanzplandarlehen etwa dann, wenn die Bank sich an einer Sanierungsgesellschaft beteiligt und neben der erforderlichen Einlage ein Darlehen gewährt, weil ansonsten eine Sanierung nicht möglich ist. Gerät dann die Sanierungsgesellschaft in die Krise, kann der Eigenkapitalersatzcharakter des Finanzplandarlehens virulent werden. Um die Rechtsnatur des Finanzplandarlehens ist in den letzten Jahren eine lebhafte Diskussion entstanden, die sich vor allem um die Frage rankt, ob Finanzplandarlehen überhaupt eine eigenständige Bedeutung zukommt.282 Eine kürzlich ergangene Grundsatzentscheidung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs283 hat nur teilweise Klarheit geschaffen, ist im übrigen jedoch unterschiedlich interpretiert worden284. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, daß das FinanzplandarleHierzu oben § 2 III. 2. c. cc. Dagegen die Krisenfinanzierung noch als notwendiges Element fordernd BGH, Urt. v. 9. 10. 1986 – II ZR 58 / 86, NJW 1987, 1080 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 28. 3. 1994 – 1 U 196 / 93, GmbHR 1994, 620 [621]; anders nunmehr BGH, Urt. v. 21. 3. 1988 – II ZR 238 / 87, BGHZ 104, 33 [40]. 281 BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187 / 57, BGHZ 31, 272 ff.; Fleischer, Finanzplankredite, S. 9; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [192 f.]; Michalski / Heidinger, §§ 32, 32a Rn. 63 ff.; Hommelhoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 421 [439]; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 46a; K. Schmidt, ZIP 1999, 1241. 282 Dafür insbesondere Fleischer, Finanzplankredite, S. 99 ff., 155 ff.; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [460 ff.]; Sieger / Aleth, GmbHR 2000, 462 ff.; Steinbeck, ZGR 2000, 503 ff.; dagegen insbesondere Altmeppen, NJW 1999, 2812 ff.; Dauner-Lieb, JZ 2000, 312 ff.; zweifelnd auch K. Schmidt, ZIP 1999, 1241 ff. 283 BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272 / 98, BGHZ 142, 116 [120]. 284 Vgl. Altmeppen, NJW 1999, 2812 ff. und Dauner-Lieb, JZ 2000, 312 ff. einerseits; Sieger / Aleth, GmbHR 2000, 462 ff. und Steinbeck, ZGR 2000, 503 ff. andererseits. 279 280
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
hen eine Variante des eigenkapitalersetzenden Darlehens sei, so daß die Rückforderung derartiger Darlehen, allerdings unabhängig vom Bestehen einer Krise, ausgeschlossen sein soll.285 Die heute überwiegend vertretene Auffassung ordnet das Finanzplandarlehen dagegen nicht dem Eigenkapitalersatz zu.286 Vielmehr wird teilweise287 das formell als Fremdkapital gewährte Darlehen materiell als Eigenkapital angesehen, wobei zum Teil vertreten wird, es handele sich um echtes Eigenkapital 288, zum Teil aber auch eine analoge Anwendung der §§ 30 f. GmbHG befürwortet wird (sog. ergänzendes Eigenkapital).289 Vereinzelt wird die Ansicht vertreten, daß es sich sowohl bei dem Finanzplandarlehen als auch bei dem eigenkapitalersetzenden Darlehen um eine Ausprägung einer Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung handele.290 Schließlich wird die Auffassung vertreten, daß das Finanzplandarlehen weder Eigenkapitalersatz noch Eigenkapital darstelle, sondern schlicht Fremdkapital, das besonderen vertraglichen Bindungen unterliege.291 Auf die eben aufgeworfenen Streitigkeiten muß vorliegend nicht im einzelnen eingegangen werden, da in den dieser Untersuchung zugrundeliegenden Konstellationen stets eine Krise der Gesellschaft vorliegt. Wird ein Finanzplandarlehen nach Eintritt der Krise gewährt, finden die §§ 32a f. GmbHG nach allgemeiner Ansicht Anwendung.292 Lediglich in der Begründung divergieren die Auffassungen. So 285 Vgl. Ehricke, Konzernunternehmen, S. 178 f.; Hommelhoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 421 [439 ff., 442 f.]; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 46a f.; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3233]; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 62 f.; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 38; Hachenburg / Ulmer, §§ 32a, b Rn. 61; Wilken, ZIP 1996, 61 [62 ff.]; aus der Rechtsprechung ebenso KG, Urt. v. 17. 6. 1998 – 23 U 4451 / 96, NZG 1999, 71 [73]; HansOLG Hamburg, Urt. v. 18. 7. 1986 – 11 U 77 / 84, WM 1986, 1110 [1114]. 286 Altmeppen, NJW 1999, 2812; Fleischer, Finanzplankredit, S. 93, 156; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [193]; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [479]; ders., ZGR 2000, 384 [410 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 130 f.; Heckschen, S. 149; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 169; Picot / Aleth, Rn. 79 f.; Steinbeck, ZGR 2000, 503 [508 ff.]; nunmehr auch K. Schmidt, ZIP 1999, 1241 [1248, 1250], ders. / Uhlenbruck, Rn. 85; zustimmend auch BGH, Urt. v. 28.6. 1999 – II ZR 272 / 98, BGHZ 142, 116 [122]. 287 v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [193]; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [479]; Heckschen, S. 149; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 169; Picot / Aleth, Rn. 79 f.; Steinbeck, ZGR 2000, 503 [508 ff.]. 288 Fleischer, Finanzplankredit, S. 83 ff., 96. 289 OLG Karlsruhe, Urt. v. 29. 3. 1996 – 15 U 39 / 95, ZIP 1996, 918 [923]; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 ff.; Hildebrand, S. 47; Hommelhoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 421 [442 f.]; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 169, 175; Picot / Aleth, Rn. 80; Steinbeck, ZGR 2000, 503 [510 f., 513 f.]. 290 KG, Urt. v. 7. 6. 1998 – 23 U 4451 / 96, NZG 1999, 71 ff. 291 Altmeppen, NJW 1999, 2812 ff.; Dauner-Lieb, JZ 2000, 312 [313 f.]; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 50; K. Schmidt, ZIP 1999, 1241 [1249 f.]. 292 BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272 / 98, BGHZ 142, 116 [120]; HansOLG Hamburg, Urt. v. 18. 7. 1986 – 11 U 77 / 84, WM 1986, 1110 [1114] (obiter dictum); Altmeppen, NJW 1999, 2812; Brauer, GmbHR 1999, 914 [915]; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [195]; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [469]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 130c; Hommel-
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werden zum Teil in der Krise gewährte Darlehen bereits aus dem Tatbestand des Finanzplandarlehens herausgenommen293 und die Grundsätze über den Eigenkapitalersatz bei stehengelassenen Altdarlehen als vorrangig angesehen294, wohingegen insbesondere K. Schmidt dafür plädiert, den Begriff des Finanzplandarlehens ganz von der Notwendigkeit einer Gewährung vor der wirtschaftlichen Krise zu entkoppeln und demnach ein Nebeneinander von Finanzplan- und Krisenfinanzierung anzunehmen295. Im Ergebnis herrscht jedoch Einigkeit darüber, daß nach Eintritt der Krise die §§ 32a f. GmbHG auch auf Finanzplandarlehen Anwendung finden. Insbesondere kommt ihnen dann ein eigenkapitalersetzender Charakter zu.
6. Kenntnis der Krise Umstritten ist, ob der Gesellschafter im Zeitpunkt der Darlehensgewährung Kenntnis von der Krise haben muß. Während hiervon bei einem Stehenlassen der Darlehen überwiegend ausgegangen wird, lehnt die herrschende Meinung dies bei der Darlehensgewährung ab.296 Jedoch kann von einem unternehmerisch motivierten Verhalten eines Gesellschafters nur dann ausgegangen werden, wenn dieser sein Eigenkapital bedroht sieht, was in der Krise der Gesellschaft der Fall ist. Die Kenntnis ist dabei keine eigenständige Voraussetzung, sondern vielmehr Grundlage für den erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen der Gesellschafterstellung und der Darlehensvergabe. Allerdings kann eine entsprechende Kenntnis des Gesellschafters vermutet werden, wenn er die Krise ohne weiteres erkennen konnte.
hoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 421 [444]; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3233]; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 49, 50; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 42, 51, 86; ders., ZIP 1999, 1241 [1243]. 293 So Dauner-Lieb, JZ 2000, 312 [314 mit Fn. 24]; Habersack, ZHR 162 (1998), 201 [211]; Steinbeck, ZGR 2000, 503 [509 f.]. 294 So v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [195]; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [469]; ders., ZGR 2000, 384 [412]; Sieger / Aleth, GmbHR 2000, 462 [467]; Steinbeck, ZGR 2000, 503 [514]. 295 K. Schmidt, ZIP 1999, 1241 [1243, 1244]. 296 Vgl. aus der Rechtsprechung BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [176]; BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [314]; aus dem Schrifttum vgl. Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 49; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 40; Schimansky / Bunte / Lwowski / Stodolkowitz, § 84 Rn. 27; Hachenburg / Ulmer, §§ 32a, b Rn. 56; offenlassend demgegenüber BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270 / 93, BGHZ 127, 336 [344]; BGH, Urt. v. 14. 12. 1992 – II ZR 298 / 91, BGHZ 121, 31 ff.; BGH, Urt. v. 16. 10. 1989 – II ZR 307 / 88, BGHZ 109, 55 [60]; BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [315]; BGH, Urt. v. 17. 3. 1980 – II ZR 11 / 79, BGHZ 76, 320 [330]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [337 f.].
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IV. Die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG erweitert den Anwendungsbereich der Regeln über den Eigenkapitalersatz. Die Norm beinhaltet zunächst die hier nicht zu diskutierende Erweiterung des Kreises der relevanten Rechtshandlungen über die Darlehensgewährung durch Gesellschafter (§ 32a Abs. 1 GmbHG) oder Dritte (§ 32a Abs. 2 GmbHG) hinaus auf wirtschaftlich der Darlehensgewährung gleichstehende Rechtshandlungen. Darüber hinaus erweitert diese Bestimmung den persönlichen Anwendungsbereich. Angesichts des Wortlauts und der Systematik der Norm könnten allerdings Zweifel darüber aufkommen, ob § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG tatsächlich auch eine Erweiterung des Personenkreises anordnet. Insoweit könnte die Darlehensgewährung durch Dritte abschließend in § 32a Abs. 2 GmbHG erfaßt sein.297 Gleichwohl wird § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG nach allgemeiner Ansicht so verstanden, daß eine Darlehensgewährung durch Nichtgesellschafter nicht nur unter § 32a Abs. 2 GmbHG, sondern auch unter § 32a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 GmbHG fällt.298 Dies läßt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm und der Gefahr einer Umgehung des § 32a Abs. 1 GmbHG herleiten.299 Hierfür spricht nunmehr auch § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG.
1. Voraussetzungen a) Vermögensteilhabe des Nichtgesellschafters Eine im Schrifttum nur vereinzelt vertretene Ansicht schränkt den Anwendungsbereich des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG in der Weise ein, daß sie einen Nichtgesellschafter nur dann den Eigenkapitalersatzvorschriften unterstellt, wenn dieser mittelbar an der Gesellschaft beteiligt ist. Dies soll etwa dann der Fall sein, wenn der Nichtgesellschafter aufgrund der konkreten vertraglichen Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zu der Gesellschaft bzw. zu einem Gesellschafter an dem Vermögen der Gesellschaft teilhat, so daß der Dritte die wirtschaftlichen Folgen seiner Sanierungsentscheidung zu tragen habe und bei der Darlehensvergabe daher unternehmerische Interessen verfolge.300 Insbesondere die bloße (rechtliche oder faktische) Einflußnahme des Darlehensgebers auf das Schuldnerunternehmen soll für eine entsprechende Anwendung der §§ 32a f. GmbHG dagegen nicht ausreichen.
Vgl. Eidenmüller, Sanierung, S. 391. Vgl. nur BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [184 f.]; BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [315]; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 158; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 5, 84. 299 Bäcker, S. 31 ff.; Hachenburg / Ulmer, § 32a,b Rn. 5, 118, 83. 300 Bäcker, S. 50 f., 173, 176 f., 180; Eidenmüller, Sanierung, S. 395. 297 298
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b) Quasi-Gesellschafterstellung In der Rechtsprechung und im Schrifttum herrscht die Auffassung vor, daß ein Nichtgesellschafter dann gemäß § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG in den Anwendungsbereich der Eigenkapitalersatzvorschriften falle, wenn ihm rechtlich oder faktisch eine Position eingeräumt worden sei, die nach ihrer konkreten Ausgestaltung im wirtschaftlichen Ergebnis der Stellung eines Gesellschafters gleich- oder doch jedenfalls nahekomme. Dies sei etwa dann der Fall, wenn der Gesellschafter rechtlich dazu befugt oder faktisch dazu in der Lage sei, die Geschicke der Gesellschaft mitzubestimmen. Daß der darlehensgewährende Dritte dabei ausschließlich eigene Sicherungs- nicht dagegen unternehmerische Interessen verfolge, sei dann irrelevant.301
c) Rein schuldrechtliche Beziehung Im Schrifttum hat Kruppa die Auffassung vertreten, § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG solle zur Einbeziehung eines Dritten als Darlehensgeber sogar dann führen können, wenn die Beziehungen des Dritten zu der Gesellschaft rein schuldrechtlicher Natur sind, insbesondere bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen.302 Die Gewährung eines Sanierungsdarlehens stehe der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter wirtschaftlich gleich. Maßgeblich sei dabei das „wirtschaftliche Entsprechen“ einer Sanierungsdarlehensvergabe im Sinne des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG. Da die darlehensgewährende Bank wie ein Gesellschafter das Fortbestehen der Gesellschaft am Markt bewirke und damit Risiken für die Gläubiger verursache, solle sie auch wie ein darlehensgewährender Gesellschafter hierfür einzustehen haben.303
d) Stellungnahme Die Auslegung des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG hat sich wiederum an der Funktion der Norm zu orientieren. Sie soll Umgehungen der Eigenkapitalersatzvorschriften verhindern. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Darlehensgewährung eines Nichtgesellschafters der Darlehensgewährung eines Gesellschafters 301 BGH, Urt. v. 19. 3. 998 – IX ZR 22 / 97, BGHZ 138, 291 [298]; BGH, Urt. v. 13. 7. 1992 – II ZR 251 / 91, BGHZ 119, 191 ff.; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [391 f.]; OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1692]; Ahnert, BKR 2002, 254 [256]; De Meo, S. 256 Rn. 187; Baumbach / Hueck12, § 32a Rn. 18; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Maier-Reimer, § 4 Rn. 83; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3227, 3233]; K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [183]; M. Schmitz, S. 22 f.; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 62, 127; Heller / Steuer / Wenzel, Rn. 4 / 184b. 302 So dezidiert Kruppa, S. 71 ff. 303 Kruppa, S. 88 ff.
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in der Krise gleichgesetzt werden kann, läßt sich sinnvoll daher nur mit dem Schutzzweck der Eigenkapitalersatzvorschriften erklären.304 Wie gezeigt, kommt es dabei darauf an, ob der Dritte wie ein Gesellschafter unternehmerisch motiviert, also risikofreudig handelt. Von daher kann die in der Auffassung der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre zum Ausdruck kommende Idee der faktischen Leistungsmacht nicht überzeugen. Die Frage, wie dem Problem des Auseinanderfallens von Handlungsmacht und Verantwortung zu begegnen ist, läßt sich mit Hilfe der §§ 32a f. GmbHG nicht lösen, sondern ist als Fall der Mißbrauchshaftung Teil der Durchgriffsdiskussion. Von einem unternehmerisch motivierten Handeln kann bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen nicht gesellschaftsrechtlich beteiligter Banken nicht ausgegangen werden. Sieht man den Sinn der Eigenkapitalersatzvorschriften in dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger vor den negativen Effekten der Darlehensvergabe, wie dies die herrschende Meinung tut, ließe sich eine Gleichsetzung von Gesellschafterdarlehen mit der Vergabe von Sanierungsdarlehen von Nichtgesellschaftern, wie dies Kruppa befürwortet, allerdings ohne weiteres vertreten und wäre sogar folgerichtig.305 Jedoch geht eine solche Ausdehnung in die falsche Richtung. Denn der von der herrschenden Meinung als Grund für die Behandlung der Gesellschafterdarlehen als Eigenkapitalersatz angeführte Schutz der Gläubiger betrifft ebenso die durch die Darlehensgewährung eines Dritten bewirkten negativen externen Effekte. Ein haftungsrelevanter Unterschied ist nicht erkennbar. Unzutreffend ist damit aber nicht die geschlußfolgerte Ausdehnung der §§ 32a f. GmbHG auf nicht gesellschaftsrechtlich beteiligte Darlehensgeber, sondern die Begründung der mit den Eigenkapitalersatzbestimmungen verfolgten Zwecke. Es ist bereits gezeigt worden, daß diese ihren Grund insbesondere nicht darin finden, die durch die Darlehensvergabe verursachten externen Effekte zu beseitigen. Aus alledem folgt, daß ein Nichtgesellschafter nur dann den Eigenkapitalersatzvorschriften unterworfen werden kann, wenn er selbst an dem Vermögen der Gesellschaft teilhat und bei der Darlehensvergabe unternehmerisch motiviert handelt. Allein maßgeblich für die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG ist demnach die mittelbare vermögensrechtliche Beteiligung des Nichtgesellschafters. Fehlt es an einer solchen mittelbaren Beteiligung, vermag eine noch so große Einflußnahme auf die Geschäftsführung die Anwendbarkeit der §§ 32a f. GmbHG nicht begründen. Das Problem der Leitungsmacht ist vielmehr im Rahmen einer möglichen Durchgriffshaftung der Bank zu diskutieren.
Vgl. Bäcker, S. 16 ff., 40 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 IV. 1. c), S. 1151. Zu scharf daher K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [183], der diese Ansicht für abwegig und daher vernachlässigenswert hält. 304 305
§ 9 Anwendung der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen
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2. Anwendungsfälle bei der Darlehensvergabe durch Banken Neben der rein mitgliedschaftsrechtlichen Beziehung kommen die §§ 32a, 32b GmbHG gemäß § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG nach dem Gesagten nur dann zur Anwendung, wenn die Bank über eine der mitgliedschaftsrechtlichen Beziehung entsprechende, also mitgliedschaftsähnliche Position verfügt.306 Dabei können bei der Darlehensgewährung durch institutionelle Darlehensgeber vor allem die im folgenden zu erörternden Problemfragen auftreten.
a) Nachträgliche Beteiligung Die Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzvorschriften setzt voraus, daß der Darlehensgeber im Zeitpunkt der Darlehensgewährung oder einer wirtschaftlich vergleichbaren Rechtshandlung Gesellschafter war, die Doppelrolle also bereits bei der Darlehensgewährung innehatte. Dies ist ohne weiteres dann der Fall, wenn die Darlehensgewährung mit dem Erwerb der Gesellschafterstellung zusammenfällt307, ihr nachfolgt oder bereits eingeleitet war und erst nach der Darlehensgewährung vollendet wurde.308 Im übrigen finden die Eigenkapitalersatzvorschriften nur dann gemäß § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG Anwendung, wenn zwischen der Darlehensgewährung und dem Anteilserwerb ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, insbesondere wenn der Anteilserwerb gerade im Hinblick auf die Darlehensgewährung erfolgt, der Gesellschafter also unter faktischer Vorwegnahme der Doppelrolle handelt.309 Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Bank die Kredite gerade im Hinblick auf eine spätere Beteiligung an dem Darlehensnehmer ausreicht. b) Atypische Beteiligungen Die Voraussetzungen des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG sind ferner dann erfüllt, wenn die darlehensgewährende Bank die Anteile an dem Unternehmen nicht selbst hält, sondern den Anteilsinhaber derart vertraglich gebunden hat, daß ihr die Vorteile zufließen, dem Inhaber aber die Nachteile und Risiken verbleiben (mittelbare Stellvertretung).310 Dasselbe gilt, wenn die Bank eine Mittelsperson mit dem AnHachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 127. Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 27; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3227]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 31; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 38. 308 BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [317]; Bäcker, S. 165; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 27; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 39 f. 309 Bäcker, S. 165 f.; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 23; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 39. 310 OLG Hamm, Urt. v. 13. 9. 2000 – 8 U 79 / 99, ZInsO 2001, 227 [228 f.]; Bäcker, S. 176 f.; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.134; Rümker, Festschr. f. Stimpel, 1985, 673 [694]; 306 307
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
teilserwerb beauftragt und diese finanziert, also einen Strohmann „vorschickt“.311 § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG ist auf ein Darlehen eines Nichtgesellschafters weiter dann anwendbar, wenn dieser als Strohmann für einen Gesellschafter agiert.312 Dies wird bei der Vergabe von Darlehen durch Banken allenfalls dann vorkommen, wenn das beteiligte Kreditinstitut ein fremdes Kreditinstitut mit der Finanzierung beauftragt. In den genannten Konstellationen kann jeweils ein unternehmerisch motiviertes Handeln des Darlehensgebers vorliegen. c) Die Bank als Treugeberin Besteht zwischen dem Gesellschafter und dem darlehensgebenden Dritten ein Treuhandverhältnis, ist in bezug auf dessen Darlehensrückforderungsanspruch § 32a Abs. 1 GmbHG gemäß § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG dann anwendbar, wenn der Gesellschafter dem darlehensgewährenden Dritten die Mittel für die Darlehenshingabe zur Verfügung gestellt hat.313 Bei der Darlehensvergabe durch eine Bank in der Krise eines solvenzschwachen Unternehmens spielt diese Konstellation allerdings kaum eine Rolle, da die Bank die Mittel in der Regel selbst zur Verfügung stellt, also auf eigene Rechnung handelt.314 Möglich ist aber, daß die Bank ihre Gesellschaftsanteile auf einen Dritten überträgt, um so die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 1 GmbHG zu vermeiden. Überträgt die Bank ihre Anteile auf einen Dritten und hält dieser sie treuhänderisch für die Bank, handelt es sich um einen von § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG erfaßten Umgehungstatbestand. Das Treuhandverhältnis begründet dann ohne Rücksicht auf seine konkrete Ausgestaltung als Sicherungs- oder Verwaltungstreuhand ein Näheverhältnis zwischen dem Gesellschafter als Treuhänder und dem Kreditinstitut als Treugeber, da letzterer der wirtschaftliche Träger des Unternehmens ist und der Treuhänder die Anteile auf Rechnung des Treugebers hält (§§ 675 Abs. 1, 667, 670 BGB). Die formale Nichtgesellschafterstellung des darlehensgewährenden Kreditinstituts läßt demgegenüber das eigene Interesse an dem unternehmerischen Erfolg als typischen Grund für die Gewährung eigenkapitalersetzender Darlehen nicht entfallen.315 Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 119; anders BGH, Urt. v. 7. 11. 1988 – II ZR 46 / 88, BGHZ 106, 7 ff. 311 BGH, Urt. v. 7. 11. 1988 – II ZR 46 / 88, BGHZ 106, 7 ff.; BGH, Urt. v. 17. 12. 1984 – II ZR 36 / 84, NJW 1985, 1079 f.; Bäcker, S. 171; Ehricke, Konzernunternehmen, S 159 f.; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 134; Baumbach / Hueck12, § 32a Rn. 22; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.326; Pichler, WM 1999, 411 [412]; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 124; in diese Richtung auch Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 30 Fn. 91, 123. 312 BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [315 f.]; Bäcker, S. 171. 313 Bäcker, S. 171; Baumbach / Hueck12, § 32a Rn. 26; Kruppa, S. 247 f.; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 61; Preuß, JuS 1999, 342 [348]. 314 Vgl. Baumbach / Hueck12, § 32a Rn. 26 a.E. 315 Vgl. BGH, Urt. v. 8. 7. 1985 – II ZR 269 / 84, BGHZ 95, 188 [193]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [335]; Altmeppen, ZIP 1993, 1677 [1683];
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d) Verbundene Unternehmen Die Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzvorschriften auf darlehensgewährende Banken, die nicht selbst an dem Darlehensnehmer beteiligt sind, wird insbesondere dann virulent, wenn der Darlehensnehmer mit dem Kreditinstitut ein verbundenes Unternehmen bildet316 oder wenn der Darlehensgeber einen Gesellschafter des Darlehensnehmers beherrscht.317 Daß auf ein Darlehen der Bank in diesen Konstellationen § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG Anwendung finden kann, ist heute weitgehend anerkannt.318 Umstritten ist im wesentlichen nur noch die Frage, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist. Während die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG zum Teil generell befürwortet wird319, hält die Gegenauffassung eine Gleichstellung aller im Sinne der §§ 15 ff. AktG mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen für zu weitgehend und undifferenziert. Danach sollen sich aus den Tatbeständen der §§ 15 ff. AktG allenfalls Vermutungen ergeben. Im übrigen aber müsse eine Einflußnahmemöglichkeit konkret festgestellt werden.320 Dahingehend wurde auch der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verstanden, der in seiner HSW-Entscheidung dargelegt hat, daß eine Anwendung des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG auf einen Nichtgesellschafter dann möglich sei, wenn zwischen ihm und einem Gesellschafter eine wirtschaftliche Einheit bestehe, wie dies bei den §§ 15 ff. AktG der Fall sein könne, wohingegen das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung voraussetze.321 Eine solche wirtschaftliche Einheit sei dann zu bejahen, wenn der Nichtgesellschafter die FinanzierungsentBäcker, S. 172; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47b; Hildebrand, S. 28 f.; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 23; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.327; Pichler, WM 1999, 411 [412]; Preuß, JuS 1999, 342 [348]; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 29; Rümker, Festschr. f. Stimpel, 1985, 673 [687]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 96, 123; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 123; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 292. 316 Verlangt man für die Abhängigkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG, daß der Einfluß gesellschaftsrechtlich vermittelt sein muß – vgl. hierzu oben § 8 sub II. –, ist die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG allerdings in dieser Konstellation immer gegeben, vgl. Bäcker, S. 178 in Fn. 47, S. 192. 317 Dazu etwa OLG Oldenburg, Urt. v. 5. 11. 1998 – 1 U 107 / 98, NZG 2001, 37 [38]. 318 Ablehnend dagegen Geßler, BB 1980, 1385 [1391]; einschränkend auch Hommelhoff, WM 1984, 1105 [1110]. 319 Ehricke, Konzernunternehmen, S. 161 ff.; Hildebrand, S. 30; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 24; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 63; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.323, ders., Handbuch, Rn. 1154; Preuß, JuS 1999, 342 [348]; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 25 ff.; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 121; so grundsätzlich auch Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 121. 320 v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [182 f.]; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 63 f.; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 82; einen Einwand dahingehend zulassend, daß eine wirtschaftliche Einheit tatsächlich nicht besteht Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47b. 321 Vgl. BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [176 f.]. 15 Vuia
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scheidung des Gesellschafters beeinflussen könne, etwa wenn dem Dritten der Gewinn zufließe und er auch im übrigen den Gesellschafter bei seiner Entscheidungsfindung beeinträchtigen könne.322 Auch bei verbundenen Unternehmen genügt für die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG die bloße Möglichkeit einer Einflußnahme auf die Gesellschaft nicht. Solcherlei Einflußnahmen werden von den Grundsätzen der Konzernbzw. der Durchgriffshaftung erfaßt, nicht dagegen von den Eigenkapitalersatzvorschriften. Erforderlich ist daher auch hier, daß die darlehensgewährende Bank mit der Gesellschaft in einer gesellschaftsrechtlichen Sonderbeziehung steht, also bei der Darlehensgewährung ein unternehmerisches Eigeninteresse verfolgt. Hieraus folgt zugleich, daß sich allein mit Hilfe des § 15 AktG keine hinreichenden Aussagen über die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG treffen lassen.323 Die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG ist aber jedenfalls bei einer 100 %igen bzw. einer Mehrheitsbeteiligung zu bejahen, im u¨brigen nur dann, wenn das Kreditinstitut den Gesellschafter des Darlehensnehmers beherrscht im Sinne des § 17 AktG.324 e) Verpfändung Läßt sich die Bank, etwa zur Besicherung eines Darlehens, an den Gesellschaftsanteilen eines oder mehrerer Gesellschafter ein Sicherungsrecht einräumen und ist sie selbst nicht Gesellschafterin, so stellt sich die Frage, ob sie mit ihrem Rückforderungsanspruch gegen die Gesellschafter nicht nur zuvor gemäß § 32a Abs. 2 GmbHG auf die Sicherungsgeber, sondern darüber hinaus mit ihren Forderungen in den Nachrang zu verweisen ist. Als mögliche Sicherungsrechte an Gesellschaftsanteilen kommen dabei Pfandund Nießbrauchsrechte in Betracht. Wie dargelegt, erfordert die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG, daß dem Kreditinstitut eine dem Gesellschafter vergleichbare Rechtsstellung eingeräumt wurde, es also, wenn nicht unmittelbar, so doch wenigstens mittelbar an der Gesellschaft, also deren Gewinnen und Verlusten, beteiligt ist. Die Bestellung eines Pfandrechts räumt der Bank eine solche gesellschafterähnliche Stellung jedoch nicht ein, denn die Verpfändung gewährt nur das Recht, sich aus dem Gesellschaftsanteil durch dessen Verwertung zu befriedigen (vgl. § 1277 BGB), läßt jedoch die Mitgliedschafts- und Gewinnabzugsrechte unberührt, so daß der Pfandgläubiger nicht ohne weiteres Einfluß auf die Gesellschafterstellung des Verpfändenden nehmen kann.325 Auch aus dem BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [177 f.]. Zutreffend Bäcker, S. 180, 189 f. 324 BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [176 f.]; BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [315 f.]; Bäcker, S. 188. 325 BGH, Urt. v. 13. 7. 1992 – II ZR 291 / 91, BGHZ 119, 191 [195]; Altmeppen, ZIP 1993, 1677 [1679]; Gawaz, Rn. 504 in Fn. 283; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 322 323
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Sicherungsinteresse, das die Bank bei der Bestellung eines Pfandrechts im Hinblick auf die Darlehensgewährung verfolgt, ergibt sich nichts Gegenteiliges, da eine solche rein schuldrechtliche Beziehung, wie dargelegt, eine Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG generell nicht zu begründen vermag.326 Dies gilt selbst dann, wenn der Bank schuldrechtliche Ersatzansprüche für die Beeinträchtigung des Pfandrechts eingeräumt werden. Überschreitet die Bank jedoch die durch ihre legitimen Interessen gerechtfertigten Mitwirkungs- und Kontrollbefugnisse und läßt sie sich eine Position einräumen, die nach ihrer konkreten Ausgestaltung im wirtschaftlichen Ergebnis der Stellung eines Gesellschafters gleich- oder jedenfalls nahekommt, sind auf sie die §§ 32a f. GmbHG als sog. atypischer Pfandgläubiger anwendbar.327 Zum Teil wird dies auch nur unter den Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schuldnerknebelung angenommen.328 Dies sei z.B. dann der Fall, wenn sich die Bank neben der Verpfändung der Gesellschaftsanteile noch weitergehende Mitbestimmungsbefugnisse an der Geschäftsleitung einräumen läßt, etwa bei der Änderung des Gesellschaftsvertrags oder der Einbringung des Unternehmens in eine andere Gesellschaft; ferner wird die Bank dann als atypischer Pfandgläubiger angesehen, wenn sie sich neben den Geschäftsanteilen auch die Gewinnbezugsrechte aus den verpfändeten Geschäftsanteilen mitverpfänden und zudem die Ansprüche der Gesellschafter auf Auszahlung und Entnahme des Gewinns, auf Auszahlung von Abfindungsansprüchen in allen Fällen des Austritts, auf Auszahlung des Liquidationserlöses im Falle der Gesellschaftsauflösung und auf Zahlung des Kaufpreises im Falle der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen sicherungshalber abtreten läßt. In einem solchen Fall ist die Verpfändung weitgehend wie die Vollrechtsübertragung ausgestaltet und unterscheidet sich nur noch rein formal von einer solchen.329 Auch in diesem Fall ist von einem unternehmerisch motivierten Verhalten der Bank auszugehen. f) Faktische Gesellschafterstellung Problematisch ist, ob die §§ 32a f. GmbHG auch dann Anwendung finden, wenn sich das darlehensgewährende Institut weder unmittelbar noch mittelbar gesellRn. 133; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 21; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b GmbHG Rn. 54; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 34. 326 Altmeppen, ZIP 1993, 1677 [1680]; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 124. 327 BGH, Urt. v. 13. 7. 1992 – II ZR 251 / 91, BGHZ 119, 191 ff.; Ahnert, BKR 2002, 254 [256]; Bäcker, S. 173; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 133; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 21; Kümpel, Rn. 6.82; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b GmbHG Rn. 54; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3233]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.328; Pichler, WM 1999, 411 [412]; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 29; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 123; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 126; Wenzel, Risiken, S. 275, 276. 328 Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47b. 329 Vgl. nur den insoweit sicher extremen Fall bei BGH, Urt. v. 13. 7. 1992 – II ZR 251 / 91, BGHZ 119, 191 ff. 15*
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schaftsrechtlich an dem Schuldnerunternehmen beteiligt, sich aber wie ein Gesellschafter geriert. Insbesondere erhebt sich die Frage, ob dies auch dann der Fall ist, wenn die gesellschafterähnliche Position nicht durch eine rechtliche Ausgestaltung begründet wurde, sondern allein auf einer rein faktischen Stellung beruht (sog. faktische Entmachtung).330 Wie jedoch bereits dargelegt, folgt aus dem Sinn und Zweck der §§ 32a f. GmbHG, daß das Handeln des Darlehensgebers unternehmerisch motiviert sein muß. Das Problem bei der faktischen Einflußnahme besteht demgegenüber darin, daß Handlungsmacht und Verantwortlichkeit auseinanderfallen, also gerade keine persönlichen Konsequenzen an das Handeln gebunden sind. Die mit der faktischen Gesellschafterstellung angesprochenen Probleme betreffen daher wiederum die Problematik einer allgemeinen Durchgriffshaftung, nicht dagegen das Eigenkapitalersatzrecht. g) Kapitalersatz und Financial Covenants Insbesondere Banken sind zur Darlehensvergabe an Unternehmen oft nur bereit, wenn sie die Unternehmensleitung kontrollieren können, sei es, daß sie die Geschäftsleitung auf von ihnen bestimmte und ggf. kontrollierte Personen übertragen, sei es, daß sie bestimmte vertragliche Abreden mit dem Darlehensnehmer treffen. Verbreitet sind dabei in Darlehensverträgen insbesondere Absprachen, die dem Darlehensgeber Mitspracherechte und dem Darlehensnehmer bestimmte Verhaltenspflichten auferlegen (sog. financial covenants).331 Es handelt sich bei covenants in der Sache um gläubigerschützende, insbesondere bei der Darlehensvergabe die Kreditrisiken senkende vertragliche Nebenabreden. Gebräuchlich sind dabei zwei Klauselgestaltungen: Durch die „pari passu-Klausel“ garantiert der Schuldner, daß die übernommene Verbindlichkeit den gleichen Rang wie alle seine anderen ungesicherten Verbindlichkeiten besitzt und besitzen wird; diese Klausel ist lediglich im US-amerikanischen Rechtskreis zu finden. Durch die „negative pledge-Klausel“ verpflichtet sich der Schuldner, keine gesicherten Verbindlichkeiten zugunsten anderer Gläubiger zu begründen, wenn nicht gleichzeitig eine entsprechende (nachträgliche) Besicherung des ausgereichten Darlehens erfolgt.332 Der wesentliche Vorzug von covenants wird darin gesehen, daß diese ein adäquates Mittel zur Früherkennung von unternehmerischen Krisen sein können, da deren Verletzung eine wirtschaftliche Notlage indiziert.333 Angesichts dessen stellt sich die Frage, inwiefern die Vereinbarung von financial covenants eine gesellschafterähnliche Stellung im Sinne des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG begründen 330 Dafür BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270 / 93, BGHZ 127, 336 ff.; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 ff.; BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [316]; Neuhof, NJW 1999, 20 f.; Tetzlaff, S. 288 ff.; Wenzel, Risiken, S. 275 f. 331 Eidenmüller, Sanierung, S. 136 f.; Fleischer, ZIP 1998, 313. 332 Eidenmüller, Sanierung, S. 137 f.; Fleischer, ZIP 1998, 313 [314]. 333 Wittig, WM 1996, 1380 [1381, 1386, 1390 f.]; Eidenmüller, Sanierung, S. 142.
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kann. Zum Teil wird dies schon deswegen verneint, weil allein die Einräumung von Mitspracherechten für die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG nicht genüge, sondern vielmehr auch eine vermögensmäßige Teilhabe notwendig sein soll.334 Dem ist zu folgen, da nur in diesem Fall auch ein unternehmerisch motiviertes Handeln des Darlehensgebers vorliegt. Dem steht nicht entgegen, daß auch GmbH-Gesellschafter satzungsmäßig von der Gewinnbeteiligung ausgeschlossen werden können, denn dies spricht allenfalls für eine entsprechende teleologische Reduktion des § 32a Abs. 1 GmbHG, nicht gegen eine Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG auf die Vereinbarung von financial covenants nur bei einer Gewinnbeteiligung.335 Allein die Vereinbarung von Kontrollrechten bewirkt damit entgegen zum Teil im Schrifttum vertretener Auffassungen336 nicht per se die Anwendbarkeit der §§ 32a f. GmbHG. Nicht gerechtfertigt ist allerdings der Versuch, die entsprechend restriktive Auslegung des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG mit den angeblichen Vorteilen von covenants zu begründen. Insbesondere begründet deren Verletzung nicht ohne weiteres ein Warnsignal für eine unternehmerische Krise. Zwar wird die Verletzung insbesondere von „negative pledge-Klauseln“ ein Indiz für eine Krise sein. Dies setzt aber voraus, daß der Darlehensgeber von dieser Verletzung erfährt, der Darlehensnehmer sich vertragsgemäß verhält, also „mitspielt“.337 Dies wird aber gerade in der Krise regelmäßig nicht der Fall sein. Im übrigen folgt aus dem eben Gesagten lediglich, daß die §§ 32a ff. GmbH bei der Vereinbarung von Kontrollrechten nicht ohne weiteres anwendbar sind. Nicht gesagt ist damit, daß bei der Vereinbarung von Kontrollrechten auch eine Durchgriffshaftung der darlehensgewährenden Bank nicht in Betracht kommen kann. Insbesondere weil durch die Vereinbarung von covenants ungesicherte Darlehensgeber benachteiligt werden können338, kann im Gegenteil eine Haftung des darlehensgewährenden Kreditinstituts geboten sein. Die damit einhergehenden Fragen betreffen aber wiederum die Problematik einer allgemeinen Durchgriffshaftung, nicht des Eigenkapitalersatzes.
3. Zusammenfassung Die am Gesetzeszweck orientierte Auslegung des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG hat ergeben, daß eine entsprechende Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschrif334 Hagemeister / Bültmann, WM 1997, 549 [553 f.]; Kollhosser, WM 1985, 929 [933 f.]; H. P. Westermann, Festschr. f. Odersky, 1996, S. 897 [918]. 335 Zutreffend Fleischer, ZIP 1998, 313 [316]. 336 Fleischer, ZIP 1998, 313 [316 f.]; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 55; obiter ebenso BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [316 f.]. 337 Eidenmüller, Sanierung, S. 143 f. 338 Eidenmüller, Sanierung, S. 146 f.
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ten auf gesellschaftsrechtlich nicht beteiligte Personen dann geboten ist, wenn diese einem Gesellschafter vergleichbar unternehmerisch motiviert, bei der Darlehensvergabe also nicht – wie ein „gewöhnlicher“ Darlehensgeber – risikoneutral, sondern risikofreudig handeln. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Nichtgesellschafter vermögensrechtlich an den Unternehmen beteiligt ist. Außerhalb dieser Konstellationen läßt sich das Problem der gläubigergefährdenden Kreditvergabe dagegen nicht mit Hilfe der §§ 32a f. GmbHG lösen.
V. Ergebnis Die Vorschriften über den Eigenkapitalersatz finden nur dann Anwendung, wenn der Darlehensgeber bei seiner Finanzierungsentscheidung nicht wie jeder „gewöhnliche“ Darlehensgeber risikoneutral, sondern unternehmerisch motiviert, also risikofreudig handelt. Das Problem der faktischen Beherrschung des Darlehensnehmers und der Leistungsmacht ist im Rahmen einer möglichen Durchgriffshaftung des Darlehensgebers, sei es auf der Grundlage eines eigenständigen Rechtsinstituts, sei es gemäß § 826 BGB, zu lösen, nicht dagegen durch eine extensive Auslegung des Eigenkapitalersatzrechts. Bei der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung von Banken ist in der Regel der Zurechnungszusammenhang zwischen der Stellung als Gesellschafterin und der Vergabe des Darlehens abgebrochen, weil die Bank das Darlehen grundsätzlich allein unter Berücksichtigung ihres Ausfallrisikos ausreicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bank das Darlehen zu nicht marktüblichen Bedingungen ausreicht, weil das Eigenkapitalrisiko höher als das Fremdkapitalrisiko ist. Abzulehnen sind dagegen Bestrebungen, Banken generell von den Eigenkapitalersatzvorschriften freizustellen bzw. Sanierungsdarlehen generell zu privilegieren.
§ 10 Die Verantwortlichkeit der Bank gegenüber Dritten Stand im Mittelpunkt der bisherigen Ausführungen im Zweiten Teil dieser Untersuchung die Verantwortlichkeit der Bank gegenüber dem Krisenunternehmen, ist im folgenden der Frage nachzugehen, unter welchen Voraussetzungen die Bank Dritten, insbesondere den Mitgläubigern des Krisenunternehmens gegenüber haften kann.339
339
Eingehend hierzu jüngst Engert, S. 25 ff.
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I. Die Problematik der drittschädigenden Kreditgewährung Die Problematik der drittschädigenden Kreditgewährung betrifft Fälle, in denen bei außerhalb des Schuldverhältnisses – nämlich dem Darlehensvertrag – Stehenden eine Schädigung eintritt. Eine Haftung der Bank für die Verursachung solcher Schäden setzt eine Pflichtverletzung voraus. Möglicher Anknüpfungspunkt für die Begründung von Verhaltens- und Schutzpflichten der Bank gegenüber Dritten könnten zunächst diejenigen Umstände sein, die für die Bank bei der Kreditvergabe und dessen Durchführung von Bedeutung sind, namentlich die Prüfung der (fortdauernden) Sanierungsfähigkeit, die Erstellung eines Sanierungsplans etc. Hierbei können sich für die Bank spezifische Pflichten zunächst gegenüber dem Krisenunternehmen selbst ergeben. Eine Haftung der Bank wegen der Verletzung solcher Pflichten kommt gegenüber Dritten nur dann in Betracht, wenn die vertraglichen Schutzwirkungen auch zugunsten der Dritten wirken. Es kann daher von derivativen Schutzpflichten gesprochen werden. Da diese Pflichten sich auf Umstände in dem Unternehmen selbst beziehen, handelt es sich dabei stets auch um unternehmensbezogene Verhaltens- oder Schutzpflichten. Anknüpfungspunkt für eine Haftung könnte darüber hinaus aber auch die Verletzung originärer, ausschließlich gegenüber Dritten bestehender Schutz- und Verhaltenspflichten sein. Solche Pflichten können, müssen aber nicht zugleich unternehmensbezogen sein. Beispielsweise kann sich die Frage einer Pflicht zu einer ordnungsgemäßen Sanierungsfähigkeitsprüfung gegenüber den Gläubigern selbst dann stellen, wenn die Bank gegenüber dem Krisenunternehmen zu einer solchen Prüfung ohne eine vertragliche Übernahme nicht verpflichtet ist. Es handelt sich dann um eine unternehmensbezogene Schutzpflicht der Bank gegenüber den Mitgläubigern. Schutz- und Verhaltenspflichten der Bank gegenüber Dritten können jedoch auch ihren Grund alleine in den Interessen der Mitgläubiger finden, so beispielsweise dann, wenn durch die Kreditvergabe der Anschein erweckt wird, das Unternehmen sei überlebensfähig und kreditwürdig.340 In diesem Fall geht es in der Sache um die Begründung einer Pflicht der Bank, Dritte vor den Folgen einer weiteren Teilnahme des Unternehmens am Markt zu schützen. Insoweit kann von gläubigerbezogenen Schutzpflichten gesprochen werden. Innerhalb der unternehmensbezogenen Schutzpflichten kann sodann zwischen Pflichtverletzungen bei der Kreditvergabe selbst einerseits und bei dessen Durchführung, also nach der Kreditvergabe andererseits unterschieden werden. Bei der Kreditvergabe kommt die Verletzung von Pflichten etwa bei der Prüfung der Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens oder bei der Prüfung und / oder Erstellung eines ausreichenden Sanierungsplans in Betracht. Mögliche Pflichtverletzungen nach der Kreditvergabe stellen demgegenüber etwa die Behinderung oder gar Ver340 Ob das durch diesen Anschein erweckte Gläubigervertrauen schutzwürdig ist, ist eine andere Frage; s. hierzu unten V. 4. c).
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eitelung des Sanierungsversuchs selbst dar, beispielsweise durch die fehlerhafte Umsetzung eines Sanierungsplans oder dessen später eintretende Mangelhaftigkeit. Weiter kommen als mögliche Pflichtverletzungen im nachvertraglichen Stadium die mangelnde Überwachung der fortbestehenden Sanierungsfähigkeit des Unternehmens sowie der ordnungsgemäßen Verwendung der Kreditmittel in Frage. Die vorgenannte Unterscheidung zwischen den verschiedenen in Betracht kommenden Pflichtverletzungen hat Auswirkungen sowohl auf das Haftungsinstrument als auch auf die Rechtsfolgen einer möglichen Haftung. Hierauf wird im folgenden im einzelnen einzugehen sein. Gemein ist einer möglichen Haftung der Bank für eine drittschädigende Kreditgewährung, daß es in der Sache um die Begründung von Verhaltenspflichten der Bank zum Schutz des Vermögens der Mitgläubiger geht.341 Die bei diesen eintretenden Schäden sind reine Vermögensschäden, so daß es auch darum geht, die Reichweite einer Haftung für die Verursachung solcher Schäden zu bestimmen.
II. Die (quasi)vertragliche Haftung der Bank Eine (quasi)vertragliche Haftung der Bank liegt insbesondere bei einer Verletzung derivativer unternehmensbezogener Schutzpflichten nahe, weil hier eine für die Drittschutzproblematik typische Konstellation vorliegt: Die Bank begeht eine Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen und verursacht hierdurch auch Schäden bei Dritten. Dann stellt sich die Frage, ob die Pflicht drittschützenden Charakter hat. Aber auch bei einer Verletzung unternehmens- und gläubigerbezogener originärer Schutzpflichten kann eine (quasi)vertragliche Haftung der Bank begründet werden, etwa durch das Rechtsinstitut der Eigenhaftung Dritter oder eines gesetzlichen Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflichten (§ 311 Abs. 3 BGB)342.
1. Haftung aus §§ 311 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB Eine Haftung gegenüber den Mitgläubigern direkt aus § 280 Abs. 1 BGB kann sich nur dann ergeben, wenn die Bank sich diesen gegenüber vertraglich verpflichtet hat, die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens zu prüfen oder einen Sanierungsplan zu erstellen und / oder durchzuführen. Da die Bank jedoch häufig nicht einmal dem Krisenunternehmen gegenüber solche Pflichten vertraglich übernehmen wird, ist auch für eine vertragliche Verpflichtung gegenüber den Mitgläubigern kein 341 Zu diesem Gedanken BGH, Urt. v. 19. 12. 1977 – II ZR 164 / 76, BGHZ 70, 337 [345]; Canaris, JZ 1965, 475 ff.; Gawaz, Rn. 393; K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S. 359 [361 ff., 385]; Mertens, AcP 178 (1978), 227 [231 ff.]; Nirk, Festschr. f. Hauß, 1978, S. 267 [278 f.]. 342 s. hierzu Engert, S. 25, 139 ff.
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Raum. Im Schrifttum hat es zwar nicht an Versuchen gefehlt, einen hinreichenden Drittschutz über eine Ausdehnung der Rechtsgeschäftslehre zu erreichen. Ältere Lösungsansätze haben die Möglichkeiten eines Vertragsschlusses nicht auf eine rechtsgeschäftliche Einigung zwischen den Parteien beschränkt, sondern darüber hinaus auch tatsächliche Vorgänge ausreichen lassen; es ging dabei praktisch um die Begründung einer zweiten Spur vertraglicher Verpflichtungsgründe. Erinnert343 sei nur an die Lehre vom faktischen Vertrag344, aber auch an noch frühere Ansätze, wie etwa der Lehre vom „real abgeschlossenen Vertrag“, der „Vertragswirkung ohne Vertrag“, dem „Quasikontrakt“ oder der „typisierten Erklärungsakte mit normierter Wirkung“.345 Mittlerweile gilt die Notwendigkeit einer rechtsgeschäftlichen Einigung jedoch weithin als akzeptiert, wenn auch die einzelnen Voraussetzungen der Einigung, genauer die der Willenserklärung, in Frage gestellt werden. Im Rahmen der hier einschlägigen Konstellationen führt dies jedoch nicht zur Annahme eines Vertragsschlusses zwischen dem Dritten und der Bank, da es in der Regel an den erforderlichen Erklärungstatbeständen fehlen wird. Die Bank wird mit den Mitgläubigern regelmäßig schon nicht in Kontakt treten, diesen wird die Unternehmenskrise meist vielmehr verborgen bleiben. Die Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses346 liefe dann auf eine Fiktion hinaus.347 2. Haftung aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB Eine Haftung der Bank aufgrund eines Schuldverhältnisses im Sinne des § 311 Abs. 2 BGB kommt sowohl in den Fällen der Verletzung unternehmensbezogener derivativer als auch unternehmensbezogener und gläubigerbezogener originärer Schutzpflichten in Betracht. In diesen Konstellationen stellt sich die Frage, ob Dritte aufgrund eines „ähnlichen geschäftlichen Kontakts“ einen Haftungsanspruch gegen die Bank erhalten. Unter diese Generalklausel des § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB ließen sich vor allem weitergehende Verpflichtungstatbestände neben dem Vertrag (§ 311 Abs. 1 BGB) subsumieren. Im folgenden ist daher der Frage nach343 Vgl. Hopt, AcP 183 (1983), 608 [612]: „ . . . heute im wesentlichen nur noch Dogmengeschichte“. 344 Diesen befürwortend noch BGH, Urt. v. 29. 1. 1957 – VIII ZR 71 / 56, BGHZ 23, 175 [177]; BGH, Urt. v. 14. 7. 1956 – V ZR 223 / 54, BGHZ 21, 319 [333 ff.]; BGH, Urt. v. 16. 12. 1964 – VIII ZR 51 / 63, NJW 1965, 387 [388]; LG Bremen, Urt. v. 17. 8. 1966 – 8 O 512 / 66, NJW 1966, 2360 f. 345 F. Bydlinski, Privatautonomie, S. 70 ff., 85 ff.; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 445 ff. 346 Für einen konkludenten Vertragsschluß zwischen Gutachter und Drittem jüngst Philippsen, S. 131. 347 Vgl. Assmann, Prospekthaftung, S. 243 f.; v. Bar, Verkehrspflichten, S. 230 ff.; F. Bydlinski, Privatautonomie, S. 12 ff.; Canaris, Festschr. f. Schimansky, 1999, S. 43 [47 f.]; Ebke, Verantwortlichkeit, S. 51; Gawaz, Rn. 399; Hopt, AcP 183 (1983), S. 608 [617 f.]; K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1973, S. 359 [376]; Kötz / H.-B. Schäfer, S. 112; Jost, S. 166 ff.; Köndgen, Selbstbindung, S. 354 ff.; H.-B. Schäfer, AcP 202 (2002), 808 [817]; Schwab, JuS 2002, 872 [876]; Hans Stoll, Festschr. f. Flume, 1978, S. 741 [765].
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zugehen, ob und wie sich hierdurch eine quasivertragliche Haftung der Bank gegenüber Dritten konstruieren ließe. a) Die sog. Einheitslehren Vor allem im Zusammenhang mit dem Einwendungsdurchgriff sind durch die sog. Einheitslehren348, insbesondere der Lehre vom rechtsgeschäftlichen Verbund349 und der hierauf aufbauenden Theorie vom trilateralen Synallagma350, Versuche unternommen worden, neue, multilaterale Vertragstypen zu entwickeln. Zu nennen sind hier auch Versuche zur Entwicklung sog. Netzverträge.351 Mit Hilfe der Konstruktion eines die Einzelverträge überlagernden Rechtsgeschäfts352 ließen sich nicht nur die Probleme um den Einwendungsdurchgriff beheben, vielmehr würde das Entstehen eines solchen Verbunds zur Begründung einer Sonderverbindung führen, mit Hilfe derer sich auch Haftungsfragen für Dritte lösen ließen (vgl. §§ 280, 311 Abs. 2 BGB).353 Problematisch an diesem Vorschlag ist, daß die Lösung der mit dem Relativitätsprinzip einhergehenden Fragen allein im Vertragsrecht gesucht wird, obwohl die Voraussetzungen der Entstehung eines solchen multilateralen Vertragsverhältnisses mit dem Vertragsrecht selbst nicht zwingend in Zusammenhang stehen. Denn die Kriterien zur Begründung von Schuldverhältnissen müssen ihren Grund nicht in vertraglichen Vereinbarungen haben.354 Auch greift dieses vertragsrechtliche Konzept insoweit zu kurz, als sie das Problem ausdrücklich entgegenstehender Wil348 Nach der strengen Einheitslehre soll ein einheitliches Rechtsgeschäft entstehen, vgl. LG Braunschweig, Urt. v. 16. 9. 1954 – 7 S 8 / 54, MDR 1954, 739; LG Braunschweig, Urt. v. 12. 5. 1953 – 8 S 572 / 52, MDR 1953, 744; LG Siegen, Urt. v. 12. 12. 1955 – 1 S 165 / 55, MDR 1956, 292; AG Hamburg, Urt. v. 10. 11. 1950 – 5 C 2 / 50, MDR 1951, 675 [676]; Vollkommer, Festschr. f. Larenz, 1973, S. 703 [712 f.]. 349 Gernhuber, Festschr. f. Larenz, 1973, S. 455 [470 ff.], ders., SV, § 31 II. 13. h), S. 729 ff.; Vollkommer, Festschr. f. Merz, 1992, S. 595 [606 f.]; Vollkommer / E.-G. Koch, Jura 1980, 469 [478]. 350 Heermann, Erwerbsgeschäfte, S. 95 ff., 160; Imbeck, S. 107 ff., 194 ff.; M. Tröster, S. 113 ff., 117 ff. 351 Möschel, AcP 186 (1986), 187 [211, 222 ff., 227]; Rohe, 65 ff.; J. Schmidt, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 341 [349 f.]. 352 Füller, DZWiR 2000, 409 [414]; Heermann, Erwerbsgeschäfte, S. 53 ff., 139; MüllerLaube, S. 130; Nöcker, DB 1972, 370 [371 f.]; Otto, S. 109 ff.; Kulms, S. 248 ff.; Paschke, AcP 187 (1987), 60 [71 ff.]; M. Tröster, S. 113; s. zur Begründung einer gesellschaftsähnlichen Sonderverbindung im Rahmen außergerichtlicher Sanierungsversuche Eidenmüller, Sanierung, S. 594 ff.; ders., ZHR 160 (1996), 343 [350 ff.]; weiter § 14 III. 2. 353 Gernhuber, Festschr. f. Larenz, 1973, S. 455 [493]; ders., SV, § 31 V. 2., S. 741 f. 354 Vgl. Albrecht, S. 94 f.; Bräutigam, S. 41 f.; Brüggemeier, AG 1982, 268 [273 f.]; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [93 f.]; Diestelmeier, S. 95 f.; Ebke, Wirtschaftsprüfer, S. 72; Herrmann, JZ 1983, 422 [427]; Hirth, S. 151 f.; Hölscheidt, S. 272 ff.; Hüffer, ZHR 151 (1987), 93 [106 ff.]; Koller, Bankhaftung, S. 21 [25]; Papst, S. 77 f.; Singer, Selbstbestimmung, S. 90; Teubner, ZHR 165 (2001), 550 [558].
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lensäußerungen, etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nicht befriedigend zu lösen vermögen. Ferner dürfte der Anwendungsbereich für das Institut eines multilateralen Vertrages eher auf symbiotische Austauschbeziehungen begrenzt sein. Insbesondere in den dieser Untersuchung zugrunde liegenden Konstellationen müßte ein multilateraler Vertrag zwischen dem Krisenunternehmen, der Bank und den Mitgläubigern zustande kommen. Dies würde ebenfalls auf eine reine Fiktion hinauslaufen. Allein aus dem Umstand, daß die in Rede stehenden Rechtsbeziehungen sich gegenseitig in dem Sinne beeinflussen, daß die Reaktion der Bank auf die Krise Folgewirkungen in den jeweiligen anderen Rechtsbeziehungen zeitigt, kann noch nicht zur Entstehung eines multilateralen Vertragsverhältnisses führen, da solche Außen- und Wechselwirkungen häufig vorkommen, ohne daß damit bereits ein Haftungsgrund gefunden wäre. Zumindest für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand kommt diesem Konzept daher keine eigenständige Bedeutung zu.355 b) Die Selbstbindung ohne Vertrag Im Schrifttum ist versucht worden, die strikte Begrenzung der Selbstbindungen auf den Vertrag aufzulösen, also eine zweite Spur des Vertragsrechts zu schlagen356. Der erste Versuch in diese Richtung stammt von Ballerstedt, der ein durch in Anspruch genommenes Vertrauen begründetes vertragsähnliches Rechtsverhältnis als weiteren Verpflichtungsgrund neben den durch bindende Willenserklärungen als zweite Grundform stellen wollte.357 Später ist die Möglichkeit der Selbstbindung durch Vertrag um die sog. Selbstbindung ohne Vertrag358 erweitert worden.359 Jüngst hat Oechsler einen neuartigen, auf die byzantinischen Kompilatoren des Corpus Iuris zurückführbaren und im Gemeinen Recht unter dem Begriff der natura contractus oder naturalia negotii überlieferten Rechtsgedanken gestützten Lösungsansatz im Sinne eines vertragsimmanenten Vertrauensschutzes entwikkelt.360 Als vertraglicher Verpflichtungsgrund komme neben dem Willen der Parteien das Gläubigervertrauen in Betracht.361 Dogmatisch ließen sich diese Haftungskonzepte mühelos unter § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB subsumieren. Vgl. Engert, S. 144 ff. mit Fn. 631; Rohe, S. 348. Vgl. Köndgen, Selbstbindung, S. 362, 365; ders., Karlsruher Forum 1998, S. 3 [20 f.]. 357 Ballerstedt, AcP 151 (1950 / 1951), 501 [506 f.]. 358 Der Ausdruck stammt von Köndgen, Selbstbindung, S. 1 ff. und passim. 359 Köndgen, Selbstbindung, S. 97 ff., 156 ff., 419; einen ähnlichen Ausgangspunkt wählt Oechsler, Gerechtigkeit, S. 168 ff.; ähnlich auch Grunewald, AcP 187 (1987), 285 [299 ff.]. 360 Oechsler, Gerechtigkeit, S. 199 ff. 361 Oechsler, Gerechtigkeit, S. 168 ff., 211 f., 254 ff., 266, 350 f., 371 insoweit in Anknüpfung an Canaris, Vertrauenshaftung, S. 532 ff. 355 356
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Auch gegen diese Haftungsmodelle läßt sich vorbringen, daß mit der Anknüpfung an das Vertragsrecht zahlreiche dogmatische Zweifelsfragen einhergehen, die den Blick für die eigentliche Problematik zu verstellen drohen.362 Es geht zwar um die Grenzen des Selbstbestimmungsgrundsatzes und der Kriterien für eine von der gesetzlichen Risikoverteilung abweichende Zuweisung von Vertragsrisiken. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß eine Lösung gerade auch mit den Mitteln des Vertragsrechts gefunden werden muß. Für die Umsetzung des Haftungsgrunds kann sowohl das Deliktsrecht als auch ein Institut im Wege der Rechtsfortbildung furchtbar gemacht werden. Der Haftungsgrund selbst muß dagegen nicht zwingend im Vertragsrecht zu suchen sein. Auch die Vorstellung, der Ersatz reiner Vermögensschäden sei Aufgabe des Vertragsrechts363, geht an der Sache vorbei.364 Vertrags- und Deliktsrecht unterscheiden sich lediglich in den Mitteln der Begrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises, nicht jedoch im Hinblick auf die Ersatzfähigkeit dieser Schadensposten.365 Auch durch eine Selbstbindung ohne Vertrag läßt sich eine Haftung der Bank daher nicht begründen.
3. Haftung aus §§ 311 Abs. 3, 280 Abs. 1 BGB Für die Haftung der Bank wegen der Verletzung unternehmensbezogener derivativer Schutzpflichten läßt sich insbesondere das Institut des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte fruchtbar machen. Dagegen ist dies bei der Verletzung unternehmensbezogener und gläubigerbezogener originärer Schutzpflichten nicht möglich, weil bei Fehlen einer Pflichtverletzung gegenüber dem Krisenunternehmen die Mitgläubiger nicht wie das Krisenunternehmen selbst gefährdet sein können.366 Soweit ein Schuldverhältnis auf andere Weise als durch eine Pflichtverletzung auf Dritte einwirkt367, kann aber eine Eigenhaftung in Betracht kommen.368 Es ist Zutreffend Hirte, Berufshaftung, S. 140; T. Raiser, RabelsZ 33 (1969), 457 [474]. So etwa BGH, Urt. v. 15. 2. 1978 – VIII ZR 47 / 77, BGHZ 70, 327 [329]; Jost, S. 256 f. 364 Albrecht, S. 86; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [85 ff.]; Kümmeth, S. 28; H.-B. Schäfer / Ott, 8 / 3. 365 Picker, AcP 183 (1983), 369 [371 ff.]; ders., Festschr. f. Medicus, 1999, 397 [428 ff.]. 366 Vgl. BGH, Urt. v. 26. 6. 2001 – X ZR 231 / 99, NJW 2001, 3115 [3116]; BGH, Urt. v. 2. 7. 1996 – X ZR 104 / 94, NJW 1996, 2927 ff.; anders Saar, JuS 2000, 220 [224]; zweifelhaft Engert, S. 139 in Fn. 608, der davon spricht, die Kreditgeberhaftung liege näher an den „Gutachtenfällen“, weil es darum gehe, die Bank im Interesse der anderen Gläubiger und nicht im Interesse des Unternehmens und seiner Eigner zu kontrollieren; dies mag eine Parallele zu der auch bei den Gutachterfällen vorliegenden Gegenläufigkeit der Interessen begründen, ändert aber nichts daran, daß eine Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen in den hier in Rede stehenden Konstellationen fehlt; wird der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte mit der Rechtsprechung als Fall der ergänzenden Vertragsauslegung verstanden, ist für diesen bei der Verletzung originärer Schutzpflichten kein Raum. 367 Dazu etwa BGH, Urt. v. 19. 12. 1977 – II ZR 164 / 76, BGHZ 70, 337 [343]; BGH, Urt. v. 28. 2. 1977 – II ZR 52 / 75, BGHZ 69, 82 [85]; BGH, Urt. v. 13. 6. 2002 – VII ZR 30 / 01, NJW-RR 2003, 1309 [1310]; BGH, Urt. v. 29. 1. 1997 – VIII ZR 356 / 95, NJW 1997, 362 363
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daher keineswegs „konsequent“, wenn die Rechtsprechung die Haftung der Banken nicht mit Hilfe des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, sondern mit Hilfe des § 826 BGB begründet hat369. Sowohl die Eigenhaftung als auch der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte sind nunmehr in § 311 Abs. 3 BGB zusammengefaßt worden370, ohne daß sich damit an der dogmatischen Grunddiskussion um diese Haftungsinstitute etwas geändert hätte, weil durch § 311 Abs. 3 BGB lediglich geklärt ist, daß zu einem Dritten ein Schuldverhältnis entstehen kann, nicht jedoch wann dies der Fall ist.
a) Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte In Rechtsprechung und Schrifttum verbreitet ist die Lösung der Drittschutzproblematik mit Hilfe des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte. Wie dieser dogmatisch einzuordnen ist, ist umstritten. Die Rechtsprechung versteht ihn als Fall der (ergänzenden) Vertragsauslegung gemäß den §§ 133, 157, 242 BGB.371 Im Schrifttum wird er zum Teil auf § 242 BGB gestützt372. Nur noch vereinzelt vertreten wird heute eine direkte373 bzw. eine entsprechende374 Anwendung der §§ 328 ff. BGB. Bei diesem Streit handelt es sich nicht nur um ein „juristisches Glasperlen1233 ff.; BGH, Urt. v. 6. 7. 1965 – VI ZR 47 / 64, JZ 1966, 141 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. 2. 1971 – 13 U 6 / 70, NJW 1971, 942 f.; Brüggemeier, AcP 182 (1982), 385 [423, 448]; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [98]; Grote, S. 185 ff.; Nirk, Festschr. f. Hauß, 1978, S. 267 [276 f.]; Urban, S. 168. 368 Bei BGH, Urt. v. 6. 7. 1965 – VI ZR 47 / 64, JZ 1966, 141 ff. (sog. Testatfall) ging es um die Verletzung einer originären Schutzpflicht gegenüber dem Dritten; dennoch hat der BGH hier die Grundsätze des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte angewendet. Dogmatisch zutreffender dürfte es dagegen sein, diese Haftung als Fall der Eigenhaftung wegen der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens zu verstehen. 369 Vgl. Kruppa, S. 39. 370 Die Frage, ob der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte statt unter § 311 Abs. 3 BGB nicht vielmehr unter § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu subsumieren ist, spielt keine entscheidende Rolle. Insbesondere sind die in § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB genannten Haftungsvoraussetzungen nicht abschließend. Der Wortlaut des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB spricht dafür, auch den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte unter § 311 Abs. 3 BGB zu subsumieren, da bei diesem ein Schuldverhältnis zu einem Dritten entsteht. 371 Vgl. nur RG, Urt. v. 10. 2. 1930 – VI 270 / 29, RGZ 127, 218 ff.; BGH, Urt. v. 2. 7. 1996 – X ZR 104 / 94, BGHZ 133, 168 ff.; BGH, Urt. v. 15. 6. 1971 – VI ZR 262 / 69, BGHZ 56, 269 [273]; BGH, Urt. v. 7. 2. 2002 – III ZR 1 / 01, NJW 2002, 1196 [1197]; BGH, Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144 / 94, JZ 1998, 624 [626 f.]; BGH, Urt. v. 9. 10. 1968 – VIII ZR 173 / 66, NJW 1969, 41 f.; BGH, Urt. v. 23. 6. 1965 – VIII ZR 201 / 63, NJW 1965, 1758 ff.; ebenso Dahm, S. 73 ff.; Zugehör, NJW 2000, 1601 [1603 f.]. 372 MünchKomm-BGB / Gottwald, § 328 Rn. 80; Schmalzbauer, S. 78 ff., 138. 373 Sutschet, S. 18 ff., 80 ff.; ebenso noch RG, Urt. v. 3. 6. 1921 – III 470 / 20, RGZ 102, 231 ff.; RG, Urt. v. 7. 6. 1915 – VI 7 / 15, RGZ 87, 64 ff.; BGH, Urt. v. 10. 5. 1951 – III ZR 102 / 50, BGHZ 2, 94 ff. 374 BGH, Urt. v. 8. 5. 1956 – VI ZR 58 / 55, MDR 1956, 534 [535].
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spiel“, da die dogmatische Begründung Auswirkungen auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des Vertrages mit Drittschutzwirkung hat. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand relevant wird das Institut des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte immer dann, wenn die Bank eine Pflicht gegenüber dem Krisenunternehmen selbst verletzt hat. Folgt diese Pflichtverletzung aus einer gesonderten Sanierungsvereinbarung, die die Prüfung der Sanierungsfähigkeit oder die Erstellung und / oder Durchführung eines Sanierungsplans zum Inhalt hat, geht es darum, ob die Mitgläubiger in diese Sanierungsvereinbarung einbezogen sind. Steht dagegen eine Pflichtverletzung im Zuge der Kreditvergabe selbst im Raum (Beispiel: fehlerhafte Sanierungsfähigkeitsprüfung), rührt die Pflichtverletzung aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis der Bank gegenüber dem Krisenunternehmen her (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Bei einer Pflichtverletzung nach erfolgter Kreditvergabe (Beispiel: Fehler bei der Durchführung des Sanierungsplans) geht es dagegen um die Verletzung einer nachvertraglichen Pflicht (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 1, 242 BGB). In beiden Fällen geht es darum, ob die Mitgläubiger in dieses Schuldverhältnis einbezogen sind oder nicht (§ 311 Abs. 3 Satz 1 BGB). Im Schrifttum ist eine mögliche Einbeziehung der Mitgläubiger in Sanierungsvereinbarungen zwischen der Bank und dem Krisenunternehmen verschiedentlich diskutiert worden. Überwiegend wird jedoch eine Einbeziehung der Mitgläubiger verneint.375 Gawaz geht dabei davon aus, daß angesichts der geringen Anforderungen an einen Vertrag mit Drittschutzwirkungen eine Einbeziehung der Mitgläubiger möglich, jedoch eine Haftung wegen der Verletzung von Berufspflichten auf der Grundlage von § 826 BGB als „gesetzesnähere“ dogmatische Grundlage zu favorisieren sei.376 Demgegenüber wird überwiegend bereits eine Einbeziehung der Mitgläubiger für ausgeschlossen gehalten, zum einen, weil die erforderliche Leistungsnähe der Mitgläubiger fehle; diese kämen mit den Sanierungsmaßnahmen nicht bestimmungsgemäß in Berührung und seien den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen nicht ebenso wie der Schuldner ausgesetzt, da die nach dem Sanierungsvertrag geschuldeten Sanierungsmaßnahmen ihrem Inhalt nach nicht drittbezogen seien und allenfalls eine reflexive Gefährdung der Vermögensinteressen unbeteiligter Drittgläubiger bedeuteten.377 Zum anderen fehle es an dem Schutzinteresse der Gläubiger. Umstände, die einen auf den Schutz von Drittgläubigern gerichteten Parteiwillen begründen könnten, seien regelmäßig nicht gegeben.378 Demgegenüber wird die Einbeziehung der Mitgläubiger in den Schutzbereich von Sanierungsvereinbarungen von Eidenmüller dann bejaht, wenn die Bank das 375 De Meo, S. 217 f. Rn. 67 ff.; Gawaz, Rn. 400, 407 ff.; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [170]; Kruppa, S. 147 f.; s. ferner Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Uhlenbruck, § 5 Rn. 7. 376 Gawaz, Rn. 400, 407 ff. 377 De Meo, S. 217 Rn. 69. 378 De Meo, S. 217 f. Rn. 70.
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Unternehmen wie ein „faktischer Geschäftsführer“ führe, denn in einem solchen Fall seien Gläubiger von den Geschäftsführungsmaßnahmen der Bank ebenso betroffen wie das Unternehmen selbst.379 Das Merkmal der Leistungsnähe der Mitgläubiger sei daher bei einer Beteiligung der Bank am Sanierungsversuch zu bejahen. Insbesondere hinsichtlich der Arbeitnehmer des Krisenunternehmens erscheint diese Annahme naheliegend. Berücksichtigt man aber, daß die insoweit entstehenden Nachteile nach dem Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse zunächst allein von den Mitgläubigern zu tragen sind, bedarf es eines über diese Belastung hinausgehenden Grundes, um das Risiko des wirtschaftlichen Niedergangs des Unternehmens auf die Bank zu übertragen. Aus diesem Grund kann auch das Merkmal der gläubigergleichen Gefährdung des Dritten nicht allein haftungsbegründend sein.380 Legt man die von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zugrunde, ist nicht ersichtlich, welches Interesse das Unternehmen an einer Einbeziehung Dritter haben sollte.381 Zwar kommt es, da es sich um einen reinen Vermögensschaden handelt, auf das „Wohl und Wehe-Kriterium“ nicht an382, jedoch müßte die Vereinbarung zwischen der Bank und dem Unternehmen dahingehend ergänzt werden, daß auch der Dritte in die Sanierungsvereinbarung einbezogen werden soll. Davon kann jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden, weil kein Grund ersichtlich ist, welches Interesse das Unternehmen hieran haben sollte. Für einen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist daher kein Raum. b) Eigenhaftung Dritter Eine mögliche Eigenhaftung der Bank nach § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB beruht dogmatisch auf der Begründung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflichten383. Dieses Rechtsinstitut knüpft an die Entstehung eines eigenständigen Schuldverhältnisses zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner an. Dieses hängt insbesondere nicht davon ab, ob in dem Rechtsverhältnis des Schuldners zu einem Dritten eine Pflichtverletzung vorliegt oder nicht. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand könnte dieses Haftungsinstrument daher 379 Eidenmüller, Sanierung, S. 380 f. unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 10. 11. 1994 – III ZR 50 / 94, BGHZ 127, 378 [379 ff.]. 380 s. hierzu § 5 II. 4. 381 Vgl. Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [27 ff.]; Martiny, JZ 1996, 19 [23]. 382 Vgl. nur Hüffer, ZHR 151 (1987), 93 [101 f.]. 383 Vgl. Albrecht, S. 81, 97 ff.; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 539, 551; ders., Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [34, 89, 101, 102 ff.]; ders., ZHR 163 (1999), 206 [217 f., 240]; ders., JZ 1965, 475 [475, 476 f., 478 ff.]; ders., JZ 1968, 494 [496 ff., 501 ff.]; Diers, S. 84 ff., 88 ff.; Hagen, S. 20 f.; Junker, S. 38 f., 42; Konzen, ZfA 1982, 259 [286 f.]; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 75; Kruppa, S. 159 f.; Kümmeth, S. 155 ff.; W.-D. Lange, S. 111 f., 124; M. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 296 ff.; Nirk, Festschr. f. Hauß, 1978, S. 267 [280]; Schürmann, S. 242 ff.; Thiele, JZ 1967, 649 [650 f., 651 ff.]; Urban, S. 114 ff.
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
vor allem für eine mögliche Haftung der Bank wegen der Verletzung unternehmensbezogener und gläubigerbezogener originärer Schutzpflichten in Betracht kommen, aber auch für die Verletzung derivativer unternehmensbezogener Schutzpflichten. Es stellt sich dann noch die Frage, unter welchen Voraussetzungen zwischen den Mitgläubigern und der Bank ein solches gesetzliches Schuldverhältnis entstehen soll. Im Ersten Teil dieser Untersuchung ist bereits untersucht worden, daß das Vertrauensprinzip insoweit kein maßgebliches materielles Haftungskriterium darstellt.384 Zu diskutieren wäre das Entstehen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses aber auch gegenüber den Mitgläubigern, wenn die Bank ihre Rolle als Kreditgeberin überschreitet oder für die Gläubiger einen besonderen Gefährdungstatbestand schafft, indem sie das Krisenunternehmen durch die Vergabe der Sanierungsmittel künstlich am Leben erhält.385 Daß unter diesen Aspekten unter Umständen eine Verantwortlichkeit der Bank gegenüber dem Krisenunternehmen begründet werden kann, ist bereits an anderer Stelle untersucht worden.386 Auch gegenüber Dritten könnte sich hieraus eine Verantwortlichkeit ergeben. An dieser Stelle muß dies jedoch noch nicht vertieft werden, da bereits gegen die Tauglichkeit der Haftungsnorm selbst, nämlich gegen die Begründung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflichten, Bedenken bestehen. Zwar wäre es durchaus denkbar, bei Vorliegen materieller Haftungskriterien von der Entstehung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen der Bank und den Mitgläubigern auszugehen. Jedoch erweist sich die Annahme eines solchen Schuldverhältnisses als wenig flexibel, um die mit der erforderlichen Begrenzung des Relativitätsprinzips einhergehenden Probleme umfassend zu lösen. Insbesondere ist die Haftungsnorm auf den Ersatz eines Schadens nach der Maßgabe der §§ 249 ff. BGB begrenzt. Damit ist aber lediglich ein Teilbereich der sich mit den Grenzen des Relativitätsprinzips ergebenden Probleme erfaßt. 4. Zusammenfassung Eine (quasi)vertragliche Haftung der Bank gegenüber den Mitgläubigern kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die Bank diesen gegenüber vertraglich die Pflicht übernommen hat, die Sanierungsfähigkeit des Krisenunternehmens zu prüfen oder einen Sanierungsplan zu erstellen und / oder umzusetzen. Soweit dies nicht der Fall ist, kommt eine (quasi)vertragliche Haftung der Bank gegenüber Mitgläubigern nicht in Betracht, weil es im Vertragsrecht hierfür keine Anspruchsgrundlage gibt. Sowohl die Versuche, die Tatbestände vertraglicher Verpflichtungsgründe, als auch die Rechtsgeschäftslehre selbst zu erweitern, sind abzulehnen. Ferner liegen die Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte in den hier zugrunde 384 385 386
s. hierzu im einzelnen § 5 II. 7. Vgl. Eidenmüller, Sanierung, S. 380 f. s. hierzu im einzelnen unten § 10 I. 2.
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liegenden Konstellationen nicht vor. Gegen die Begründung eines Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflichten bestehen insoweit Bedenken, als sich dieses Haftungsinstrument als zu wenig flexibel erweist. Bietet damit das Vertragsrecht keine geeignete Anspruchsnorm für die Haftung der Bank gegenüber Dritten, ist im folgenden zu untersuchen, inwiefern sich hierfür das Deliktsrecht fruchtbar machen läßt. Eine deliktische Haftungsnorm käme nicht nur für die Verletzung originärer, sondern auch derivativer Schutzpflichten in Betracht. Letztere sind insbesondere nicht einer vertragsrechtlichen Haftung vorbehalten.387 Das Deliktsrecht bietet für die hier in Rede stehenden reinen Vermögensschäden allerdings nur einen eingeschränkten Schutz (vgl. §§ 823 Abs. 2, 824 Abs. 1, 826, 831, 832, 839, 839a BGB). Anders als bei der Verletzung absoluter Rechtsgüter steht hier nicht lediglich die Bestimmung von Verkehrssicherungspflichten im Mittelpunkt.388
III. Die deliktische Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB Im folgenden ist zunächst der auf die Verletzung absoluter Rechtsgüter ausgerichtete § 823 Abs. 1 BGB auf seine Eignung als Anspruchsgrundlage für einen möglichen Anspruch der Mitgläubiger gegen die Bank zu untersuchen.
1. Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb Verursacht die Bank durch ihre Beteiligung am Sanierungsversuch eine Verminderung des Haftungsvermögens oder verursacht sie den Zusammenbruch des Unternehmens, drohen die Mitgläubiger mit ihren Forderungen gegen das Kriseunternehmen auszufallen. Hierdurch können sie selbst in eine wirtschaftliche Krise, zumindest aber in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Es liegt daher der Gedanke nahe, die Bank unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs der Mitgläubiger haftbar zu machen.389 Das Recht am Gewerbebetrieb umfaßt dabei den Betrieb in seiner Gesamtheit; um eine Haftung für die Verursachung reiner Vermögensschäden zu verhindern, ist weiter erforderlich, daß der Eingriff betriebsbezogen war. Die Verletzungshandlung muß sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation richten und über bloße Belästigungen hinausgehen. Insbesondere wenn Rechte oder Rechtsgüter Vgl. Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [85 ff.]. Vgl. Damm, JZ 1991, 373 [375]; Honsell, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 211 f.; Larenz, Festschr. f. Ballerstedt, 1975, S. 397 [403]; Papst, S. 32 f.; H.-B. Schäfer, AcP 202 (2002), 808 [811]. 389 Hoffmann, S. 240. 387 388
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betroffen werden, die vom Betrieb ohne weiteres losgelöst werden können, liegt grundsätzlich kein betriebsbezogener Eingriff vor.390 In den vorliegenden Konstellationen wird es regelmäßig an einer solchen Betriebsbezogenheit des Eingriffs fehlen, da schon nicht Rechte des Unternehmens, sondern Rechtspositionen, nämlich die aus den bestehenden Darlehen herrührende Versorgungsbasis des Unternehmens betroffen ist.391 Die geschwundene Werthaltigkeit der Forderungen führt zu einer Verminderung des Unternehmensvermögens bei dem Mitgläubiger. Das Unternehmensvermögen an sich ist aber kein von dem Unternehmen ablösbares Recht. Zudem sind die Grundsätze über den Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht anwendbar, da sie gegenüber den §§ 20 Abs. 2 GWB, 826 BGB subsidiär sind.392 Unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb läßt sich daher kein Anspruch der Mitgläubiger herleiten.
2. Das Forderungsrecht Da der Schaden der Mitgläubiger bei einer Beteiligung der Bank an einem Sanierungsversuch darin bestehen kann, daß deren Forderungen gegen das Krisenunternehmen aufgrund der Verringerung des Unternehmensvermögens an Wert verlieren, könnte eine deliktische Haftung unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Forderungsrechts als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB in Betracht kommen, insbesondere wenn die Mitgläubiger in der Insolvenz des Krisenunternehmens mit ihren Forderungen (nahezu) vollständig ausfallen, wohingegen bei einer rechtzeitigen Liquidation eine höhere Quote hätte erzielt werden können. Welchen Schutz das Forderungsrecht genießt, ist umstritten. Ganz überwiegend wird die Auffassung vertreten, daß das Forderungsrecht nur gegenüber Eingriffen des Schuldners, nicht aber gegen solche Dritter geschützt sei, da es insoweit lediglich Verhaltensanordnungen gegenüber dem Schuldner begründe.393 Eine delikti390 Vgl. nur BGH, Urt. v. 21. 4. 1998 – VI ZR 196 / 97, BGHZ 138, 311 [317 f.]; BGH, Urt. v. 26. 6. 2001 – X ZR 231 / 99, NJW 2001, 3115 [3117]; BGH, Urt. v. 26. 10. 1961 – KZR 1 / 61, BGHZ 36, 91 [95]; LG München I, Urt. v. 18. 2. 2003 – 33 O 8439 / 02 (n.rek.), NJW 2003, 1046 [1051]; Busche, S. 217; Hoffmann, S. 240; MünchKomm-BGB / Wagner, § 823 Rn. 185. 391 Armspach, S. 176; De Meo, S. 291 f. Rn. 302; Hoffmann, S. 241; Kruppa, S. 25; Schlimm, S. 11 f.; M. Schmitz, S. 45. 392 Hoffmann, S. 241 f. 393 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 24. 2. 1954 – II ZR 3 / 53, BGHZ 12, 308 [317]; BGH, Urt. v. 16. 10. 1969 – VII ZR 145 / 69, NJW 1970, 137; OLG Hamm, Urt. v. 7. 12. 1998 – 31 U 38 / 98, MDR 1999, 556 [557]; Denck, JuS 1981, 861 in Fn. 1; Dörner, S. 11 ff. und passim; Enneccerus / H. Lehmann, § 234 I. 1. d), S. 943 f.; Fikentscher, Schuldrecht, § 15 Rn. 50; H.-E. Henke, S. 9 f., 64 ff.; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 22; Kraßer,
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sche Haftung der Bank käme demnach von vornherein nicht in Betracht. Die Gegenansicht hält Eingriffe Dritter in das Forderungsrecht dagegen unter bestimmten Voraussetzungen für möglich394, wobei insbesondere die Verletzung der Forderungszuständigkeit für relevant erachtet wird395. Letzteres spielt vorliegend allerdings keine Rolle, weil die Mitgläubiger nicht in ihrer Forderungszuständigkeit betroffen sind. Es steht lediglich die Beeinträchtigung der Werthaltigkeit der Forderungen im Raum. Gegen derartige Beeinträchtigungen des Forderungsrechts soll nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB eine Haftung in Betracht kommen.396 Lediglich Koziol vertritt die Ansicht, daß das Recht des Gläubigers, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, als ein auch gegenüber Eingriffen Dritter geschütztes Recht angesehen werden kann.397 So soll aus dem Umstand, daß das geltende Recht unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise einem unbeteiligten Dritten obligatorische Tatbestände zurechne folgen, daß Obligationen in bestimmtem Umfang auch gegenüber Dritten absoluten Schutz genießen könnten. Dies soll sich u. a. aus den Anfechtungstatbeständen sowie den §§ 419 a.F., 2382, 1086, 1088 BGB ergeben.398 Folgt man dem, wäre eine Haftung der Bank vorliegend in Erwägung zu ziehen, weil diese durch die Verschleppung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens das Unternehmensvermögen mindert und damit auch die den Gläubigern zustehende Haftungsmasse, es also zu einer Beeinträchtigung des Befriedigungsrechts kommen würde. Gegen diese Ansicht spricht aber zum einen, daß das der Haftung unterliegende Schuldnervermögen grundsätzlich nur in dem jeweils wechselnden Bestand ein Recht auf Befriedigung einräumt. Der in den Anfechtungstatbeständen vorgesehene Schutz besteht nur in bestimmten Ausnahmefällen. Ein allgemeines Verhaltensgebot läßt sich diesen Normen gerade nicht entnehmen.399 Zum anderen widerspräche ein solch umfassender Schutz des Forderungsrechts dem Grundsatz, daß das Vermögen als solches gegen Schädigungen grundsätzlich nicht geschützt ist. Damit würde letztlich das Vermögen als solches zumindest in Teilbereichen doch deliktischen Schutz im Rahmen der auf absolute Rechte zugeschnittenen Bestimmung des § 823 Abs. 1 BGB erlangen. Ferner spricht gegen den Schutz des Befriedigungsrechts des Gläubigers auch S. 298 ff.; Lang, S. 206; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 433, 438 ff.; MünchKomm-BGB / Wagner, § 823 Rn. 154. 394 Dörner, S. 66; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 442. 395 Vgl. nur Koziol, S. 140 ff.; Larenz, I, § 33 III. 396 BGH, Urt. v. 8. 5. 2003 – IX ZR 334 / 01, NJW-RR 2003, 1042 [1043]; Canaris, BVR, Rn. 128; Ebke, Wirtschaftsprüfer, S. 44; Gawaz, Rn. 395; H.-E. Henke, S. 66 f., 69 f.; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [170]; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 14, 18 ff., 22; Kraßer, S. 92, 104 f., 145 ff., 149 ff., 158 ff., 189 ff., 300 f.; Medicus, JuS 1974, 613 [617]; Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 348 f.; Schmalzbauer, S. 118 f.; Staudinger / J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 440; H. Westermann, S. 34 ff. 397 Koziol, S. 165 ff. 398 Koziol, S. 171. 399 Dörner, S. 78 f. 16*
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gegenüber Dritten, daß dies mit dem Relativitätsprinzip nicht zu vereinbaren wäre. Die Statuierung eines allgemeinen Verhaltensgebotes, Befriedigungsrechte Dritter nicht zu beeinträchtigen, bedürfte einer besonderen Begründung. Grundsätzlich muß die Einwirkung auf fremde Forderungsrechte daher für unbeachtlich erklärt werden. Andernfalls drohte eine unangemessene Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit Dritter bei der Teilnahme am Rechtsverkehr.400 Auch unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung des Forderungsrechts läßt sich vorliegend damit kein Haftungsanspruch gegen die Bank aus § 823 Abs. 1 BGB herleiten.
3. Vermögen als sonstiges Recht Eine Haftung auf der Grundlage des § 823 Abs. 1 BGB kommt nach dem Gesagten allenfalls dann in Betracht, wenn das Vermögen selbst als sonstiges Recht anzusehen wäre. Dann käme es nur noch darauf an, ob die Bank die Rechtsgutverletzung schuldhaft herbeigeführt hat. Von Mertens stammt in diesem Zusammenhang der Vorschlag, allgemeine Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens zu entwickeln, die auch bei reinen Vermögensschäden zu einer Haftung führen sollen.401 Daß der richtige Ort für eine solche Rechtsfortbildung das Deliktsrecht sei, zeige der Umstand, daß viele sonderprivatrechtliche Haftungstatbestände eigener Art unzureichend dogmatisch begründet werden könnten und eine Verwandtschaft mit dem Deliktsrecht aufwiesen.402 Eine dahingehende Ergänzung der deliktsrechtlichen Haftung um eine beschränkte deliktsrechtliche Generalklausel („§ 823 Abs. 3 BGB“) müsse vor allem im Hinblick auf die Erfassung des funktionswidrigen Machtgebrauchs, der sozialwidrigen Risikoabwälzung und der Übernahme einer fremdvermögensbezogenen sozialen Rolle offen sein und sich zu einem „beweglichen System“403 geschriebener und ungeschriebener Haftungsmerkmale und -prinzipien entwickeln, das eine Reintegration sonderprivatrechtlicher Haftungen in das Deliktsrecht ermögliche.404 Diese Grundsätze ließen sich auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand übertragen405, da es auch vorliegend darum geht, Risiken in bezug auf das Scheitern eines Sanierungsversuchs sachgerecht zu verteilen. Die ganz überwiegende Meinung lehnt eine derartige Ausdehnung der deliktischen Tatbestände wegen der Gefahr einer nahezu uferlosen Haftung und im Hinblick auf die Grundentscheidung des Gesetzgebers, auf die Normierung einer Dörner, S. 78 f.; s. a. Engert, S. 132 f. Mertens, AcP 178 (1978), 227 [231 ff.]; in diese Richtung auch Hopt, AcP 183 (1983), 608 [771 f., 662 f.]. 402 Mertens, AcP 178 (1978), 227 [232 ff.]. 403 Mertens, AcP 178 (1978), 227 [251 ff.]; zur Anwendung bei der Vergabe von Darlehen in der Krise Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [188 ff.]. 404 Grundlegend hierzu Wilburg, AcP 163 (1963), 346 ff. 405 Vgl. dazu Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [188 ff.]. 400 401
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deliktsrechtlichen Generalklausel zu verzichten, jedoch zu Recht ab.406 Die haftungsbegrenzende Funktion wird im Deliktsrecht durch die Beschränkung des § 823 Abs. 1 BGB auf absolute Rechtsgüter erreicht, nicht jedoch durch die Einengung der Verkehrspflichten, wie dies in anderen Rechtsordnungen, etwa in Frankreich, der Fall ist. Zweifelhaft an dem Konzept von Mertens ist auch die Ausgangsthese, die sonderprivatrechtliche Haftung stelle einen Hinweis auf eine Schutzlücke des Deliktsrechts dar407, denn die Existenz solcher sonderprivatrechtlicher Haftungstatbestände zeigt nur, daß die Rechtsordnung insgesamt lückenhaft ist. Davon zu unterscheiden ist die Frage, wo eine entsprechende Haftung in dem so verstandenen zweispurigen System von Vertrags- und Deliktsrecht verortet werden sollte. Nur soweit man hierzu das Deliktsrecht bemühen möchte, wäre eine Rechtsfortbildung im Rahmen der §§ 823 ff. BGB möglich.408 Jedoch läßt sich die Drittschutzproblematik nicht dem einen oder dem anderen Haftungsregime zuordnen. Daß es Pflichten zum Schutz fremden Vermögens geben muß, kann nicht bestritten werden.409 Das Haftungsregime ist damit aber noch nicht präjudiziert.410 Mit der überwiegenden Ansicht ist damit davon auszugehen, daß das Vermögen als solches kein Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ist.411 Auch insoweit läßt sich daher keine deliktsrechtliche Anspruchsnorm aus § 823 Abs. 1 BGB gegen die Bank herleiten.
IV. Die deliktische Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB Canaris hat überzeugend dargelegt, daß der Haftung wegen Schutzgesetzverletzung aus § 823 Abs. 2 BGB für den Ersatz reiner Vermögensschäden zwischen § 823 Abs. 1 BGB und § 826 BGB eine wichtige Ergänzungsfunktion zukommt.412 406 Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [37, 43 f.]; Dahm, S. 111, 112 f.; Ebke, Wirtschaftsprüfer, S. 44; Gawaz, Rn. 395; Staudinger / J. Hager, § 823 Rn. E 7, 9; Jost, S. 183 ff.; Kötz / H.-B. Schäfer, S. 137; F. Müller, S. 160; Picker, AcP 183 (1983), 369 [496]; Rohe, Netzverträge, S. 139 f.; H.-B. Schäfer, AcP 202 (2002), 808 [839]; Erman / Schiemann, § 823 Rn. 76; Schürmann, S. 212 ff.; MünchKomm-BGB / Wagner, § 823 Rn. 59, 214, 320; Soergel / Zeuner, § 823 Rn. 47; Ziegltrum, S. 141 f.; zutreffend weist Engert, S. 132 f. darauf hin, daß nicht die fehlende Schutzwürdigkeit der Vermögenspositionen Dritter, sondern die mit einer Haftung für die Verursachung reiner Vermögensschänden einhergehende abschreckende Wirkung für eine Begrenzung spricht. 407 So Mertens, AcP 178 (1978), 227 [231 f.]. 408 So auch Mertens, AcP 178 (1978), 227 [232]. 409 Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [83]. 410 Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [85 ff.]; Engert, S. 146 f. 411 BGH, Urt. v. 22. 4. 1958 – VI ZR 65 / 57, BGHZ 27, 137 [138]; BGH, Urt. v. 20. 6. 1978 – VI ZR 15 / 77, NJW 1978, 2032; Armspach, S. 176; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [36 ff.]; De Meo, S. 291 Rn. 302; Ebke, Wirtschaftsprüfer, S. 43, 44; Gawaz, Rn. 392, 395; Kötz, Deliktsrecht, Rn. 75 f.; M. Schmitz, S. 45. 412 Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [47 f.]; ebenso Papst, S. 84; MünchKommBGB / Wagner, § 823 Rn. 319; Ziegltrum, S. 141; auch Medicus, Probleme, S. 20 hält § 823
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Es liegt daher nahe, bei der Verursachung reiner Vermögensschäden durch eine Beteiligung von Banken an einem Sanierungsversuch die Lösung in § 823 Abs. 2 BGB zu suchen.
1. Schutzgesetzcharakter des § 18 KWG In dem vorliegenden Zusammenhang könnte das Bankaufsichtsrecht Bedeutung erlangen, da dieses Verhaltensweisen von Banken in der Krise determinieren könnte. Speziell zu dem hier vor allem einschlägigen § 18 KWG wird jedoch allgemein die Auffassung vertreten, daß diese Bestimmung keinen Schutzgesetzcharakter hat; vielmehr sollen die Bestimmungen des KWG primär der Bankenaufsicht dienen und damit gerade nicht dem Gläubigerinteresse.413
2. Schutzgesetzcharakter von Richterrecht Die Entwicklung allgemeiner Verhaltens- und Sorgfaltspflichten von Banken bei der Kreditvergabe an Krisenunternehmen ist in der Sache eine richterrechtliche Entwicklung allgemeiner Verkehrspflichten. Soweit diesen Schutzgesetzcharakter zukäme, ließe sich eine Haftung der Bank ohne weiteres auf der Grundlage von § 823 Abs. 2 BGB herleiten. Für die Entwicklung besonderer Berufspflichten wird dies im Schrifttum bereits vertreten.414 Dies ließe sich auf die Haftung von Banken bei der Kreditgewährung ohne weiteres übertragen. Im Schrifttum ist der Schutzgesetzcharakter richterrechtlich entwickelter Verkehrspflichten dagegen überwiegend auf Ablehnung gestoßen, insbesondere weil sonst eine uferlose Haftung drohe.415 Dies überzeugt nicht, weil die eine adäquate Haftungsbegrenzung auch im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB durch die jeweilige Ausgestaltung der Reichweite der Verkehrspflichten möglich wäre.416 Weiter wird der Lösung über § 823 Abs. 2 BGB teilweise entgegengehalten, daß bereits Art. 2 Abs. 2 BGB am ehesten für geeignet, den Ersatz primärer Vermögensverletzungen zu ergänzen. 413 Vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 8. 6. 2000 – 2 – 19 O 131 / 99, WM 2001, 257 [260]; LG München, Urt. v. 20. 1. 2000 – 6 O 10218 / 99, WM 2000, 820 [825]; LG Stuttgart, Urt. v. 11. 2. 2000 – 22 O 134 / 99, WM 2000, 1103 [1105]; LG Stuttgart, Urt. v. 24. 3. 1999 – 24 O 79 / 99, WM 1999, 1822 [1827]; Engert, S. 25 ff.; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [198 f.]. 414 So v. Bar, Verkehrspflichten, S. 157 ff., 235 f.; Deutsch / Ahrens, Rn. 276; K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S. 358 [377 ff.]; Mertens, AcP 178 (1978), S. 227 [2251 ff.]; MünchKomm-BGB / ders.3, § 823 Rn. 472; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 36. 415 Albrecht, S. 84; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [45 f.]; Ebke, Wirtschaftsprüfer, S. 53 f.; Gawaz, Rn. 397; Grunewald, AcP 187 (1987), 285 [297]; Papst, S. 85 f.; Rößing, S. 122; Wiegand, S. 184 f.; Ziegltrum, S. 139 f. 416 Diestelmeier, S. 63; K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S. 358 [383 f.].
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EGBGB der Anerkennung von Verkehrspflichten als Schutzgesetze entgegenstehe.417 Auch dies überzeugt jedoch nicht, weil Richterrecht eine rechtsverbindliche Norm begründet, ebenso wie Gesetzesrecht.418 Die Rechtsprechung hat sich dennoch ausdrücklich gegen diesen Lösungsweg und für den gewiß steinigeren Weg des § 826 BGB entschieden.419 Der Grund für die Ablehnung der Lösung über § 823 Abs. 2 BGB dürfte darin liegen, daß § 826 BGB mit der Generalklausel der Sittenwidrigkeit eine wesentlich flexiblere Handhabung ermöglicht, wohingegen § 823 Abs. 2 BGB die Formulierung konkreter Verhaltenspflichten voraussetzt, was wiederum die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erschweren würde. Der Richter hätte allgemeingültige Verkehrspflichten zu bestimmen420, die je nach den Umständen des Einzelfalls wieder relativiert werden müßten. Dies spricht in der Tat gegen eine Anerkennung richterrechtlich entwickelter Verkehrspflichten als Schutzgesetze. Auch insoweit läßt sich eine Haftung der Bank nicht aus § 823 Abs. 2 BGB herleiten.
3. Verletzung der Insolvenzantragspflicht Da Hauptvorwurf gegen die Bank bei deren Beteiligung an einem Sanierungsversuch die Verschleppung einer frühzeitigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist, liegt eine Haftung der Bank wegen der Verletzung der Insolvenzantragspflichten besonders nahe. Im folgenden ist daher zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen eine Haftung der Bank diesbezüglich in Betracht kommt. a) Die Bank als Verpflichtete Eine Haftung der Bank bei einer Vergabe von Sanierungsdarlehen wegen der Verletzung der Insolvenzantragspflicht kommt von vornherein nur dann in Betracht, wenn die Bank selbst zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet ist. Dies ist gemäß §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 AktG nur dann der Fall, wenn sie selbst Vorstand bzw. Geschäftsführer des Krisenunternehmens ist. Eine solche Konstellation wird in der Praxis nicht häufig vorkommen, weil sich die Banken meist nicht selbst an der Geschäftsleitung beteiligen. 421 Da einen an der Geschäftsleitung Unbeteiligten im Grundsatz keine Haftung wegen der Verletzung von Insolvenzantragspflichten trifft, drohen insoweit im Grundsatz auch keine Haf417 Gawaz, Rn. 397; Henssler, S. 193; Jost, S. 186 ff.; Kruppa, S. 30; Papst, S. 84; Picker, AcP 183 (1983), S. 369 [495 ff.]; Rößing, S. 121; Wiegand, S. 132 ff.; Ziegltrum, S. 139. 418 Zutreffend v. Bar, Verkehrspflichten, S. 163 ff., 226; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [45]; Dahm, S. 111; K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S. 358 [380 ff.]. 419 BGH, Urt. v. 26. 11. 1968 – VI ZR 212 / 66, BGHZ 54, 91 ff. 420 Vgl. Damm, JZ 1991, 373 [384 f.]; MünchKomm-BGB / Gottwald, § 328 Rn. 112. 421 Vgl. Engert, S. 40; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3227]; Wenzel, Risiken, S. 244.
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tungsrisiken. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn die Bank einen faktischen Einfluß auf die Geschäftsleitung des Krisenunternehmens ausübt, sei es, daß sie diese aufgrund einer wirtschaftlichen Abhängigkeit kontrolliert, sei es, daß sie selbst instruierte Vertreter in die Führung des Unternehmens eingeschaltet hat. In diesem Zusammenhang stellt sich vor allem die Problematik der Einräumung von Mitwirkungs- und Kontrollrechten (sog. covenants). b) Die Diskussion um die faktische Geschäftsleitung Ob denjenigen eine Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrags unabhängig von den rechtlichen Verhältnissen zu dem Schuldnerunternehmen trifft, der, ohne förmlich hierzu bestellt zu sein, im Einverständnis mit den Gesellschaftern die Stellung eines Geschäftsführers faktisch wahrnimmt422, wird kontrovers diskutiert. Unproblematisch ist insoweit nur die fehlerhafte Bestellung eines Gesellschafters. Dieser wird allgemein als „faktisches Organ“ der Insolvenzantragspflicht unterworfen. Darüber hinaus wird eine Anerkennung des faktischen Geschäftsführers zum Teil abgelehnt, da die Verletzung der Insolvenzantragspflicht nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG strafbewehrt sei und daher das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG entgegenstehe.423 Demgegenüber wird die Ansicht vertreten, daß in der Anerkennung des faktischen Geschäftsführers eine die Wortlautgrenze wahrende Auslegung der §§ 64 Abs. 1, 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG liege.424 Verlangt wird dann weiter, daß sich der Anspruchsgegner nach außen wie ein Geschäftsführer geriert hat.425 Zum Teil wird allerdings bereits jede bestimmende Einflußnahme auf die Geschäftsführung für ausreichend erachtet.426 Andere vertreten die Auffassung, daß eine Haftung als Täter nur dann in Betracht komme, wenn das Geschäftsführungsorgan verdrängt und die Entscheidung in die eigene Hand genommen worden sei.427
422 BGH, Urt. v. 22. 9. 1982 – 3 StR 287 / 82, BGHSt 31, 118 ff.; BGH, Urt. v. 21. 3. 1988 – II ZR 194 / 87, BGHZ 104, 44 ff.; BGH, Urt. v. 25. 2. 2002 – II ZR 196 / 00, NJW 2001, 1803 [1804]; BayObLG, Urt. v. 20. 2. 1997 – 5 St RR 159 / 96, NJW 1997, 1936 f.; Drax, S. 44 f.; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 229; Eidenmüller, Sanierung, S. 378 in Fn. 232; Engert, S. 30 ff.; Scholz / Emmerich, § 13 Rn. 92; Fleischer, ZIP 1996, 773 [776]; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Schaal, § 82 Rn. 11; Hachenburg / Mertens, Anh. § 13 Rn. 77; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3227]; Picot / Aleth, Rn. 622; K. Schmidt, ZIP 1988, 1497 [1500 f.]; Wenzel, Risiken, S. 243. 423 Scholz / Tiedemann, § 84 Rn. 27 ff.; kritisch, wenn auch letztlich offenlassend Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [448 ff.]. 424 Ehricke, Konzernunternehmen, S. 231 ff.; Baumbach / Schulze-Osterloh, § 64 Rn. 40; Rowedder / Schmidt-Leithoff, § 64 Rn. 17; Hachenburg / Ulmer, § 64 Rn. 11 f. 425 BGH, Urt. v. 22. 9. 1982 – 3 StR 287 / 82, BGHSt 31, 118 [121]. 426 In diesem Sinne BGH, Urt. v. 21. 3. 1988 – II ZR 238 / 87, BGHZ 104, 33 [46]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 [106]. 427 Engert, S. 39; Stein, S. 184 ff.
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c) Stellungnahme Der gegen die Anerkennung des faktischen Organs angeführte Hinweis auf das Analogieverbot überzeugt nicht, weil der strafrechtliche Begriff des Geschäftsführers anders ausgelegt werden kann als der zivilrechtliche. Insbesondere geht es bei der zivilrechtlichen Auslegung um die Begründung einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung der Insolvenzantragspflicht, nicht um die Verwirklichung der Strafnorm. Allerdings begegnet die Anerkennung des faktischen Organs insoweit Bedenken, als durch eine Ausdehnung der Insolvenzantragspflichten versucht wird, das Problem faktischer Einflußnahme auf ein fremdes Unternehmen durch einen Rückgriff auf das Insolvenzrecht zu lösen. Die Problematik der faktischen Leitungsmacht betrifft aber primär nicht ein Unterlassen (Stellung des Insolvenzantrages), sondern knüpft an ein vorangegangenes Tun an, nämlich der faktischen Übernahme der Geschäftsleitung. Die Probleme, die sich mit einer solchen faktischen Leitungsmacht stellen, sollten nicht durch eine Ausdehnung der Insolvenzantragspflichten gelöst werden. Es ist bereits im Zusammenhang mit einer möglichen Konzernhaftung der Bank dargelegt worden, daß sich dieses Problem adäquat nur im Rahmen einer Durchgriffshaftung lösen läßt. Es sollten daher die bestehenden gesetzlichen Insolvenzantragspflichten auf die tatsächliche Geschäftsleitung begrenzt bleiben.
4. Beteiligung an der Insolvenzverschleppung Sofern die Bank nicht selbst zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet ist, kommt eine Haftung in Betracht, wenn sie das Krisenunternehmen zu einem Unterlassen der Antragstellung anstiftet bzw. ihm dazu Beihilfe leistet (vgl. §§ 823 Abs. 2, 31, 830 Abs. 2 BGB i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, §§ 26 bzw. 27, 28 Abs. 1 StGB). Voraussetzung für eine solche Haftung ist eine taugliche Teilnahmehandlung, eine entsprechende Haupttat und der Teilnahmevorsatz.
a) Teilnahmehandlung Eine taugliche Teilnahmehandlung der Bank in Form einer Anstiftung liegt zunächst dann vor, wenn sie dem Krisenunternehmen vorschlägt, eine Antragstellung zu unterlassen (vgl. § 26 StGB). Zumindest nach Auffassung der Rechtsprechung genügt im übrigen jede Herbeiführung des Tatentschlusses als Anstiftungshandlung428, so daß es auch genügt, wenn die Bank in sonstiger Weise, etwa durch Ausüben wirtschaftlichen Drucks, bei dem Unternehmen den Entschluß herbeiführt, keinen Insolvenzantrag zu stellen. 428 Hierzu LK-StGB / Tröndle, § 26 Rn. 58 m.w.Nachw.; ferner Uhlenbruck / Leibner, KTS 2004, 505 [519].
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Schwieriger zu beurteilen ist dagegen, was als taugliche Beihilfehandlung von Seiten der Bank in Betracht kommt. Eine Unterstützung des bei dem Krisenunternehmen gefaßten Tatplans durch Rat und Tat wird kaum möglich sein, weil es um ein Unterlassen des Krisenunternehmens geht. Eine taugliche Beihilfehandlung läge hier allenfalls dann vor, wenn die Bank verhindern würde, daß ein Gläubiger von der Krise erfährt und selbst einen Insolvenzantrag stellt. Im übrigen stellt sich die Frage, inwiefern in bloßen Bekundungsäußerungen oder gar in einem schlichten Schweigen der Bank eine taugliche Beihilfehandlung gesehen werden kann. Insbesondere die Rechtsprechung geht hier sehr weit und läßt als sog. psychische Beihilfe auch Verhaltensweisen genügen, die sich in bloßen Solidaritätsbekundungen erschöpfen.429 Es genügt danach bereits eine Zustimmung der Bank zu dem strafbaren Verhalten des Krisenunternehmens, unabhängig von den Motiven der Bank430. Zwar hat die Rechtsprechung bei sog. Alltagshandlungen Einschränkungen auf der Vorsatzebene für sozialadäquate, also im Verkehr übliche Verhaltensweisen gemacht431. Von einer solchen Alltagshandlung kann aber zumindest dann keine Rede sein, wenn das Unternehmen in die Krise gerät, weil dann keine „sozialadäquaten“ Verhaltensweisen von Banken existieren. Im Hinblick auf das Eigenverantwortungsprinzip ist jedoch zu fordern, daß zwischen der Bank und dem Krisenunternehmen zumindest ein geistiger Kontakt, also ein subjektives Zusammenwirken, vorgelegen hat432. Andernfalls droht eine uferlose Haftung von Kreditinstituten in der Krise von Unternehmen, was wiederum dazu führen würde, daß Banken die Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen ohne Rücksicht auf die Sanierungsfähigkeit von vornherein abbrechen würden. Sofern die Bank überhaupt nicht auf das Krisenunternehmen einwirkt, liegt ein reines Unterlassen, also ein echtes Unterlassungsdelikt vor (Beihilfe zu einem Unterlassen durch Unterlassen). Ein solches Unterlassen wäre nur dann strafbar, wenn die Bank eine Garantenstellung innehat (vgl. § 13 StGB).433 Eine Garantenstellung kann sich in den hier interessierenden Konstellationen allenfalls aus Ingerenz dann ergeben, wenn die Bank für die Gläubiger einen besonderen Gefahrentatbestand geschaffen hat, der sich nunmehr gerade in der unterlassenen Antragstellung des Krisenunternehmens niederschlägt, wenn also die Bank etwa die Krise des Unternehmens selbst in vorwerfbarer434 Weise verursacht hat. Im übri429 BGH, Urt. v. 10. 1. 1956 – 5 StR 399 / 55, BGHSt 8, 390 ff.; OLG Naumburg, Urt. v. 21. 3. 2000 – Ss 509 / 99, NJW 2001, 2034; enger dagegen BGH, Urt. v. 25. 7. 2005 – II ZR 390 / 03, NJW 2005, 3137 [3139]. 430 Vgl. Neuhof, NJW 1998, 3225 [3227]; Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [451 f.]. 431 Zum Problem vgl. BGH, Urt. v. 8. 3. 2001 – 4 StR 453 / 00, NJW 2001, 2409 [2410 f.]; BGH, Urt. v. 20. 9. 1999 – 5 StR 729 / 98, NStZ 2000, 34. 432 Hommelhoff / Schwab, Festschr. f. Kraft, 1998, S. 263 [270]. 433 Ebenso Neuhof, NJW 1998, 3225 [3227]. 434 Daß eine Garantenstellung kraft Ingerenz ein „pflichtwidriges“ Vorverhalten voraussetzt, ist überwiegende Meinung, vgl. nur BGH, Urt. v. 6. 7. 1990 – 2 StR 549 / 89, BGHSt 37, 106 ff.
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gen aber liegt in einem solchen Fall keine strafbare Beihilfe durch Unterlassen vor. Eine Haftung wegen einer Teilnahme an der Insolvenzverschleppung scheidet dann aus.
b) Haupttat Voraussetzung einer strafbaren Teilnahme der Bank ist ferner eine teilnahmefähige Haupttat, also eine Insolvenzverschleppung durch den / die Geschäftsführer bzw. den Vorstand des Krisenunternehmens (§§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Umstritten ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Haupttat auch vorsätzlich begangen worden sein muß, ob das Krisenunternehmen also vorsätzlich seine Insolvenzantragspflicht verletzt haben muß. Im Strafrecht ist dies nach der lex lata unzweifelhaft der Fall (vgl. §§ 26, 27, 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Zum Teil wird daher auch für die zivilrechtliche Teilnahmehaftung für erforderlich gehalten, daß eine vorsätzliche Haupttat vorliegt.435 Die Gegenauffassung bejaht eine Haftung des Teilnehmers dagegen auch bei einer fahrlässig begangenen Haupttat.436 Diese Streitfrage wird bei der Beteiligung von Banken an einem Sanierungsversuch regelmäßig keine Rolle spielen, da das Krisenunternehmen seine finanzielle Lage kennt, also zumindest bedingter Vorsatz gegeben sein wird. Etwas anderes wird allenfalls dann gelten, wenn die Buchhaltung bei der Konzernmutter liegt.437 In einem solchen Fall sollte mit der herrschenden Meinung davon ausgegangen werden, daß eine Haftung wegen Beteiligung der Bank an einer fremden Insolvenzverschleppung nur bei Vorsatz in Betracht kommt, um eine uferlose Haftung in der Krise zu vermeiden. Dies verdeutlicht auch ein Blick in das österreichische Haftungsrecht. Dort folgt die Haftung aus § 1311 Satz 2 ABGB. Als Schutzgesetz kommt die fahrlässige Konkursverschleppung nach §§ 159 Abs. 1 Alt. 2, 12 öStGB in Frage, da im Gegensatz zum deutschen Strafrecht auch eine fahrlässige Teilnahme möglich ist. Die Gefahr ist dann aber, daß die Haftung wegen Beteiligung an einer Insolvenzverschleppung in die Nähe einer Gefährdungshaftung rückt.438 Sollte das Unternehmen in Unkenntnis über die Krise sein, ist allerdings noch zu prüfen, ob sich die Konzernmutter selbst einer Insolvenzverschleppung schuldig gemacht hat und ob die Bank nicht an dieser Tat beteiligt war. 435 BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 [107]; BGH, Urt. v. 29. 10. 1974 – VI ZR 182 / 73, BGHZ 63, 124 [126]; Baumbach / Schulze-Osterloh, § 64 Rn. 89; Hachenburg / Ulmer, § 64 Rn. 75. 436 Ehricke, Konzernunternehmen, S. 218 ff.; Hommelhoff / Schwab, Festschr. f. Kraft, 1998, S. 263 [269 f.]; Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [450]; Scholz / K. Schmidt, § 64 Rn. 45. 437 Vgl. Ehricke, Konzernunternehmen, S. 217. 438 Honsell, ZIP 1987, 705 [706] zum Eumig-Urteil, OGH, Urt. v. 14. 7. 1986 – 1 Ob 571 / 86, ZIP 1987, 702 ff.
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Ist demnach nur eine vorsätzlich begangene Insolvenzverschleppung eine teilnahmefähige Haupttat, stellt sich ferner die Frage, ob die Verletzung von Pflichten nach §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 AktG eine „unerlaubte Handlung“ im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB darstellt. Dies ist fraglich, weil die §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 AktG Pflichten aus dem Verhältnis des Geschäftsführers bzw. Vorstands zu der Gesellschaft selbst betreffen. Eine Möglichkeit, solche Pflichten dennoch als „unerlaubte Handlung“ zu verstehen, besteht darin, die rechtswidrige Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch den Geschäftsführer bzw. Vorstand als Eingriff in das durch § 823 Abs. 1 BGB geschützte Mitgliedschaftsrecht zu werten439 oder in den Organpflichten selbst Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu sehen440. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Begriff der „unerlaubten Handlung“ in § 830 Abs. 1 BGB so zu verstehen, daß dieser auch die Verletzung von Pflichten der Geschäftsleitungsorgane, also Organpflichten umfaßt und es sich bei der Verletzung der Insolvenzantragspflichten um solche und nicht lediglich um Pflichten aus dem Anstellungsvertrag zu der Gesellschaft handelt.441 Letzterer Meinung ist der Vorzug zu geben, weil die Insolvenzantragspflichten auch zum Schutz der Gläubiger bestehen. Daher begründet die Verletzung dieser Pflichten nicht lediglich eine Verletzung von Pflichten aus dem Anstellungsvertrag gegenüber der Gesellschaft. Bei der Verletzung solcher Organpflichten handelt es sich um die Verletzung einer den Gläubigern gegenüber bestehenden Pflicht und damit auch um eine unerlaubte Handlung im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB. c) Teilnahmevorsatz Setzt eine Haftung der Bank wegen der Beteiligung an einer Insolvenzverschleppung durch das Krisenunternehmen nach alledem voraus, daß das Krisenunternehmen vorsätzlich seine Insolventantragspflichten verletzt hat, stellt sich weiter die Frage, welche Anforderungen an den Vorsatz des Teilnehmenden zu stellen sind, insbesondere, ob die Bank auch hinsichtlich ihrer Beteiligungshandlung sowie der Haupttat selbst vorsätzlich gehandelt haben muß. Im Strafrecht ist ein solcher sog. doppelter Teilnahmevorsatz erforderlich. Auch für die zivilrechtliche Teilnahmehaftung wird jedenfalls hinsichtlich der Haupttat zumindest Eventualvorsatz verlangt.442 Gegenstimmen sind nur vereinzelt geblieben.443 Der Vorsatz der Bank bezüglich der Haupttat wird regelmäßig dann zu bejahen sein, wenn sie die Hausbank des Darlehensnehmers ist, da sie dessen Vermögensverhältnisse Hachenburg / Mertens, § 43 Rn. 105 ff. Stein, S. 157 ff. 441 Ehricke, Konzernunternehmen, S. 224 ff. 442 Vgl. BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 [107]; OLG Stuttgart, Urt. v. 26. 10. 1994 – 4 U 44 / 94, ZIP 1995, 126 ff.; Reiner, Festschr. f. Boujong, 1996, S. 415 [451]. 443 Karollus, ZIP 1995, 269 [273]. 439 440
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regelmäßig abschätzen kann, also zumindest bedingt vorsätzlich hinsichtlich des Bestehens der Insolvenzantragspflichten handeln wird.444 Wo die Beteiligung der Banken an dem Krisenunternehmen so stark ist, daß auf einen solchen Vorsatz geschlossen werden kann, werden sich im übrigen meist anderweitige Haftungsinstrumente, vor allem eine Haftung gemäß § 826 BGB, finden. Die Bedeutung einer Haftung der Banken wegen einer Beteiligung an einer Insolvenzverschleppung durch das Unternehmen wird daher kaum Bedeutung erlangen, insbesondere wegen der bestehenden Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des erforderlichen Teilnahmevorsatzes. d) Die Insolvenzantragspflicht als Schutzgesetz Kommt eine Haftung der Bank wegen einer Beteiligung an einer Insolvenzverschleppung in Betracht, stellt sich schließlich noch die Frage, ob die Insolvenzantragspflichten der §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 AktG Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs445 bejaht dies mit einem Teil der Lehre446. Der vom II. Zivilsenat des Reichsgerichts447 und auch im Schrifttum vertretenen Gegenansicht448, die die Verletzung der Insolvenzantragspflicht als reine Innenhaftung nach §§ 64 Abs. 2 GmbHG, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, 130a Abs. 3 HGB ausgestaltet wissen wollen, folgt die Rechtsprechung zu Recht nicht. Die §§ 64 GmbHG, 92 AktG gehören zu den Vorschriften, deren Aufgabe in dem Schutz der Vermögensausstattung der Gesellschaft liegt.449 Der von den §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 AktG bewirkte Gläubigerschutz soll zum einen die Verringerung der Haftungsmasse und damit die Gläubiger in ihrer Gesamtheit schützen. Zum anderen soll aber insbesondere auch die Insolvenzantragspflicht ein Warnsignal für die Gläubiger der Gesellschaft setzen. Damit verfolgen die Insolvenzantragspflichten auch den Zweck, solvenzschwache Unterneh444 Ebenso in bezug auf die entsprechende Situation bei einem herrschenden Unternehmen Ehricke, Konzernunternehmen, S. 215 f. 445 Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 30. 3. 1998 – II ZR 146 / 96, BGHZ 138, 211 ff.; BGH, Urt. v. 6. 6. 1994 – II ZR 292 / 91, BGHZ 126, 181 ff.; BGH, Urt. v. 3. 2. 1987 – VI ZR 268 / 85, BGHZ 100, 19 [21]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 [106]; BGH, Urt. v. 16. 12. 1958 – VI ZR 245 / 57, BGHZ 29, 100 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18. 4. 1997 – 22 U 226 / 96, GmbHR 1997, 699 [700]. 446 Drax, S. 47 f.; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 252 f.; Fleischer, ZIP 1996, 773; Gottwald / Haas, § 92 Rn. 50; Kruppa, S. 27; Lutter / Hommelhoff, § 64 Rn. 36; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3227]; Baumbach / Schulze-Osterloh, § 64 Rn. 82; ders., Festschr. f. Lutter, 2000, S. 707 [709 f.]; Hachenburg / Ulmer, § 64 Rn. 2, 47 f. 447 RG, Urt. v. 4. 2. 1910 – II 255 / 09, RGZ 73, 30 [35]; ebenso LG Köln, Urt. v. 13. 1. 1976 – 3 O 243 / 75, BB 1976, 760 [762 f.]; diese Frage offenlassend Schulze-Osterloh, Festschr. f. Lutter, 2000, S. 707 [709]. 448 Altmeppen, ZIP 2001, 2201 [2205 f., 2206 ff.]; die Schutzgesetzqualität zugunsten der Gläubiger als „fraglich“ bezeichnend Hüffer, AktG, § 92 Rn. 16. 449 Ehricke, Konzernunternehmen, S. 252 f.; Hachenburg / Ulmer, § 64 Rn. 2.
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men vom Markt fernzuhalten und Gläubiger davor zu schützen, mit einer solchen Gesellschaft noch Verträge zu schließen bzw. weiterhin abzuwickeln. Daher bezwecken sie auch den Schutz sog. Neugläubiger.450 Nach dem Gesagten kommt eine Haftung der Bank wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht bzw. einer Beteiligung an dieser zwar grundsätzlich in Betracht. Die praktische Bedeutung einer solchen Haftung ist jedoch eher gering.
V. Haftung gemäß § 826 BGB Die Diskussion um eine Haftung von Banken wegen der Beteiligung an einem Sanierungsversuch ist von der Rechtsprechung sowie dem überwiegenden Teil des Schrifttums im Rahmen einer sittenwidrigen Schädigung der Mitgläubiger aufgrund von § 826 BGB geführt worden.451 Im folgenden soll der Meinungsstand aufgearbeitet und kritisch analysiert werden. Im Zentrum dieser Diskussion stand dabei eine Haftung von Banken für eine drittschädigende Kreditgewährung im engeren Sinne und hierbei insbesondere die Verletzung originärer Schutzpflichten zugunsten der Mitgläubiger. Bevor auf den Stand der Diskussion einzugehen ist, muß zunächst geklärt werden, in welchem Verhältnis eine mögliche Haftung der Bank aus § 826 BGB zu denjenigen Haftungsinstrumenten steht, die dazu führen, daß die masseverkürzende Wirkung der Kreditgewährung rückgängig gemacht wird. Diese Haftungsinstrumente, die das Verhältnis zu dem Krisenunternehmen selbst betreffen, sind in den §§ 6 – 9 eingehend untersucht worden. Insbesondere kann eine Haftung der Bank aus § 826 BGB angesichts einer möglichen Vergrößerung der Haftungsmasse gerade auch zugunsten der Mitgläubiger dazu führen, daß für eine Haftung wegen sittenwidriger Schädigung gar kein Bedürfnis mehr besteht.
1. Das Verhältnis zu § 138 Abs. 1 BGB Im Zusammenhang mit der Frage, in welchem Verhältnis die §§ 826, 138 BGB zueinander stehen, wird zunächst richtigerweise betont, daß sich beide Tatbestände grundlegend voneinander unterscheiden452: Während § 826 BGB einen möglichen 450 Zutreffend Ehricke, Konzernunternehmen, S. 253; Gottwald / Haas, § 92 Rn. 57 ff.; abweichend Altmeppen, NJW 2005, 1911 [1914], der hier von reinen Kontrahierungsschäden spricht, die nichts mit der Insolvenzverschleppungshaftung zu tun hätten, sondern nach den Grundsätzen über die culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 3 BGB) zu behandeln seien. 451 Vgl. MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 69. 452 BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [232]; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Coing, WM 1980, 1026 [1027]; De Meo, S. 301 Rn. 336; Dechamps, S. 40; Eidenmüller, Sanierung, S. 371; Soergel / Hefermehl, § 138 Rn. 65; Jaeger / Henckel, § 29 Rn. 218; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 245; MünchKomm-
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Schadensersatzanspruch Dritter gegen die Bank begründet, führt § 138 Abs. 1 BGB dazu, daß Rechtsgeschäfte zwischen dem Schuldner und seiner Bank nichtig sind. Eine Haftung der Bank gegenüber den übrigen Gläubigern gemäß § 826 BGB setzt – anders als § 138 Abs. 1 BGB – stets einen konkreten Schaden voraus. Zwar kann eine potentielle Schädigung Dritter zur Begründung der Sittenwidrigkeit genügen. Ein Schaden ist damit aber allenfalls dann bereits eingetreten, wenn schon durch die Gläubigergefährdung ein meßbarer Vermögensverlust – sei es auch im Wege der normativen Schadensberechnung – eingetreten ist (sog. schadensgleiche Vermögensgefährdung). Diese Unterschiede in den tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 826, 138 BGB folgen jedoch nicht aus einer unterschiedlichen Auslegung des Begriffs der Sittenwidrigkeit, sondern aus dem Umstand, daß § 826 BGB neben der Sittenwidrigkeit weitere haftungsbegründende Merkmale voraussetzt. Insoweit, nicht was die Auslegung des Sittenwidrigkeitsbegriffs angeht, sind die Normen strikt zu trennen.453 Die genannten Unterschiede, insbesondere in bezug auf die Rechtsfolgen, führen dazu, daß § 826 BGB nicht als lex specialis angesehen werden kann.454 Wie sich vor diesem Hintergrund das Verhältnis von § 826 BGB zu § 138 Abs. 1 BGB im übrigen darstellt ist umstritten. Im älteren Schrifttum wurde zum Teil die Auffassung vertreten, § 138 Abs. 1 BGB sei gegenüber § 826 BGB subsidiär, weil die Folgen eines Sittenverstoßes, insbesondere einer Kredittäuschung, nur auf den betroffenen Mitgläubiger beschränkt werden dürften, wohingegen die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB die Anreicherung der Masse und damit eine Begünstigung aller übrigen Mitgläubiger zur Folge habe und für den Geschädigten dem Umfang nach letztlich kein angemessener Ausgleich verbleibe.455 Genau umgekehrt ist aber diskutiert worden, ob nicht § 138 Abs. 1 BGB der Vorrang vor § 826 BGB einzuräumen ist.456 Mit der herrschenden Auffassung457 sind diese Versuche, zwischen beiden Normen ein bestimmtes Rangverhältnis anzunehmen, jedoch abzuBGB / Mertens3, § 826 Rn. 92; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3230]; Nirk, NJW 1971 1913 [1915]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.14 f.; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 349; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [203]; Staudinger / Sack, § 138 Rn. 160; Wenzel, Risiken, S. 251. 453 BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Coing, WM 1980, 1026 [1027]; De Meo, S. 301 Rn. 336; Dechamps, S. 39; Engert, S. 51; Jaeger / Henckel, § 29 Rn. 218; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 245; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 44, 349; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 11. 454 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48; Dechamps, S. 42 f. 455 So Barkhausen, NJW 1953, 1412 [1413, 1415]; ders., NJW 1953, 1665; Jaeger / Henckel, § 29 Rn. 204, 218; H. Westermann, S. 27 f. 456 Dies erwägend Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [183]. 457 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [54]; BGH, Urt. v. 5. 12. 1974 – II ZR 24 / 73, WM 1975, 325 ff.; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Dechamps, S. 42 f.; Soergel / Hefermehl, § 138 Rn. 65; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 245; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 92; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 44, 349; Staudinger / Sack, § 138 Rn. 160.
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lehnen. Wie bereits dargelegt, behandeln beide Normen unterschiedliche Haftungsfragen in unterschiedlichen Rechtsbeziehungen. Zwar führt § 138 Abs. 1 BGB zu einer Anreicherung der Masse und damit auch zu einem Vorteil für alle übrigen Mitgläubiger. Hiergegen ist jedoch nichts einzuwenden, begründet die Insolvenzverschleppung doch einen Masse- und damit einen Gesamtschaden. Der Gläubiger kann nicht verlangen, insoweit besser gestellt zu werden, als wenn das Insolvenzverfahren ordnungsgemäß eröffnet worden wäre. Die Verneinung eines Rangverhältnisses bedeutet aber nicht, daß beide Normen völlig beziehungslos nebeneinander stünden. Vielmehr bewirkt die Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung 458, daß der dem Gläubiger entstandene Schaden aus der Insolvenzverschleppung kompensiert wird, da der Insolvenzverwalter die Sicherungsgegenstände in der Masse behalten bzw. zurückfordern kann (vgl. § 143 Abs. 1 InsO). Da der Quotenschaden insoweit durch § 138 Abs. 1 BGB kompensiert wird, scheidet ein Anspruch aus § 826 BGB aus.459 Nur wenn dem Gläubiger ein über die Sicherheitenbestellung herbeigeführte Verringerung der Masse hinausgehender Schaden entstanden ist, kann er diesen nach § 826 BGB ersetzt verlangen.460
2. Das Verhältnis zur Insolvenzanfechtung a) Praktische Relevanz Das Verhältnis von § 826 BGB zu den Anfechtungstatbeständen der §§ 129 ff. InsO, §§ 3 ff. AnfG wird kontrovers diskutiert. Relevant wird diese Frage insbesondere dann, wenn die Voraussetzungen der Anfechtungsnormen nicht vorliegen und eine Rückgewähr des übertragenen Gegenstands auf §§ 826, 249 Abs. 1 BGB gestützt wird. Seit der Anerkennung der publizitätslosen Bestellung von Darlehenssicherheiten gleichen sich die von den Anfechtungstatbeständen und der sittenwidrigen Gläubigerschädigung erfaßten Lebenssachverhalte weitgehend.461 Soweit im Schrifttum bei den Anfechtungstatbeständen von einem Dreipersonenverhältnis und einer offenen Vermögensreduzierung durch ein zu mißbilligendes Verhalten des Schuldners, bei der Haftung aus § 826 BGB dagegen von einem Zweipersonenverhältnis und einer verdeckten Vermögensreduzierung durch ein zu mißbilligendes Verhalten des Schädigers gesprochen wird462, ist dies insoweit miß458 Vorliegend soll der Terminus Sicherheitenbestellung als Oberbegriff der Vereinfachung dienen. 459 Dechamps, S. 43; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 44; zweifelhaft dagegen BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658], soweit eine Prüfung des Sicherungsübereignungsvertrages abgelehnt wird. 460 Vgl. Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 44 a.E.; K. Schmidt / Uhlenbruck, Rn. 1265 ff. 461 Zutreffend RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 ff.; Gawaz, Rn. 563, 578; Grunwald, S. 182; Jaeger / Henckel, § 29 Rn. 202; Kübler / Prütting / Paulus, § 129 Rn. 39; zweifelhaft daher BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658], soweit auf die Frage der Konkurrenz zu den Anfechtungsvorschriften nicht eingegangen wird.
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verständlich, als diese Unterschiede nicht zwingend sind, da auch bei einer offenen Vermögensreduzierung ein sittenwidriges Verhalten vorliegen und auch bei § 826 BGB im Hinblick auf die erforderliche Drittwirkung der Sicherheitenbestellung zwischen dem Darlehensgeber und dem Schuldner ein Dreipersonenverhältnis angenommen werden kann. Schließlich liegt auch bei § 826 BGB eine – meist durch die Bank veranlaßte – Vermögensübertragung des Schuldners vor.463 Daß die Normen jeweils an unterschiedliche Vorgänge anknüpfen, ist dagegen keine Frage der tatbestandlichen Identität.464 Allerdings ist auch fraglich, ob die von § 826 BGB und den Anfechtungsbestimmungen verfolgten Ziele identisch sind, weil es bei § 826 BGB um den Ersatz der bei einzelnen Gläubigern eingetretenen Schäden geht, wohingegen die Insolvenzanfechtungstatbestände die Vergrößerung der Insolvenzmasse zugunsten einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger gewährleisten sollen.465 Kein Konkurrenzproblem entsteht lediglich dann, wenn ein Schaden selbst bei einer erfolgreichen Anfechtung nicht entfallen würde466 oder wenn eine Handlung zur Sittenwidrigkeit der Schädigung führt, die keine taugliche Rechtshandlung im Sinne der Anfechtungsbestimmungen begründet467. b) Die möglichen Konkurrenzlösungen Sind zwei Normen auf ein und denselben Lebenssachverhalt anwendbar, ergibt sich für das Konkurrenzverhältnis folgendes: Kollidieren die Rechtsnormen, weil sie sich widersprechende Rechtsfolgen anordnen (sog. Antinomie), ist eine Auflösung des Normenwiderspruchs erforderlich, die entweder durch eine Auslegung der Tatbestände oder durch eine Vorrangregelung zu erfolgen hat.468 Bei einer sittenwidrigen Gläubigerschädigung durch eine Vermögensübertragung auf einen Gläubiger besteht jedoch kein solcher antinomischer Normwiderspruch, da sich die Rechtsfolgen gleichen. Sowohl nach den Anfechtungstatbeständen (vgl. § 11 Abs. 1 AnfG, § 143 InsO) als auch auf der Grundlage des § 826 BGB (vgl. § 249 Abs. 1 BGB) ist der betroffene Gegenstand zurückzuübertragen.469 Im Falle einer solchen Rechtsfolgenkongruenz der Normen kann ein Vorrang einer der beiden Tatbestände nur noch teleologisch damit begründet werden, daß durch die Anwendung der einen Norm der mit der jeweils anderen Norm verfolgte Zweck unterlauGrunwald, S. 180 f. Gawaz, Rn. 564. 464 Grunwald, S. 183. 465 Grunwald, S. 181, 184; Gawaz, Rn. 569 f., 573. 466 Vgl. Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 337. 467 BGH, Urt. v. 10. 2. 2005 – IX ZR 211 / 02, NJW 2005, 1121 [1124]. 468 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 313. 469 Vgl. BGH, Urt. v. 13. 7. 1995 – IX ZR 81 / 94, BGHZ 130, 314 [330]; BGH, Urt. v. 9. 5. 1996 – IX ZR 50 / 95, NJW 1996, 2231 [2232]; Gawaz, Rn. 575; Grunwald, S. 182 mit Fn. 1. 462 463
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fen würde. Die Auflösung eines solchen teleologischen Normenwiderspruchs erfolgt dann wiederum durch eine entsprechende Auslegung der Tatbestände, durch eine tatbestandliche Reduktion im Wege der Spezialität oder eine konkurrenzrechtliche Lösung im Wege der Subsidiarität. Hierauf ist im folgenden näher einzugehen. c) Logischer Vorrang (Spezialität) Zunächst ist fraglich, ob zwischen § 826 BGB und den Anfechtungsbestimmungen ein Spezialitätsverhältnis besteht. Zwischen zwei Normen besteht ein Rangverhältnis im Sinne einer Spezialität, wenn die speziellere Norm neben weiteren auch alle Tatbestandsvoraussetzungen der allgemeineren Norm enthält und sich die Rechtsfolgen ausschließen, weil die speziellere Norm sonst überhaupt kein Anwendungsgebiet hätte. Ob dies der Fall ist, ist im Wege der Normexegese zu ermitteln.470 Teilweise wird davon ausgegangen, daß § 826 BGB von den Anfechtungstatbeständen als leges speciales verdrängt wird.471 Im übrigen aber wird das genaue Konkurrenzverhältnis meist nicht näher bestimmt und schlicht von einem Vorrang der Anfechtungstatbestände ausgegangen.472 Für die Annahme eines Spezialitätsverhältnisses fehlt es jedoch bereits an der tatbestandlichen Kongruenz der konkurrierenden Normen. Insbesondere die Anfechtungstatbestände der §§ 129 ff. InsO sind zum Teil ohne Rücksicht auf die Kenntnis des begünstigten Gläubigers von der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger anwendbar (vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO), setzen also keinen „Schädigungsvorsatz“ voraus. Dasselbe gilt für die Anfechtungstatbestände der §§ 3 ff. AnfG, die eine Kenntnis des Gläubigers von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners genügen lassen, einen Schädigungsvorsatz dagegen nicht fordern. Selbst wenn man also in jeder anfechtbaren Handlung zugleich eine sittenwidrige Schädigung sähe, ergäbe sich aus § 826 BGB nicht ohne weiteres ein Anspruch, sondern allenfalls dann, wenn der Gläubiger auch mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat. Der Anwendungsbereich des § 826 BGB ist daher wesentlich enger als der der Anfechtungsbestimmungen. Ein Rangverhältnis im Sinne einer Spezialität besteht demnach nicht.473
Grunwald, S. 183; Larenz, Methodenlehre, S. 267 f.; Rüthers, Rn. 771. Jaeger / Henckel, § 29 Rn. 208, 218; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 134, 336; Kübler / Prütting / Paulus, § 129 Rn. 39. 472 BGH, Urt. v. 13. 7. 1995 – IX ZR 81 / 94, BGHZ 130, 314 [330 f.]; BGH, Urt. v. 5. 7. 1971 – II ZR 176 / 68, BGHZ 56, 339 [355]; BGH, Urt. v. 4. 7. 2000 – VI ZR 192 / 99, NJW 2000, 3138 [3139]; BGH, Urt. v. 9. 5. 1996 – IX ZR 50 / 95, NJW 1996, 2231 [2232]; BGH, Urt. v. 18. 2. 1993 – IX ZR 129 / 92, NJW 1993, 1640 [1641]; Barkhausen, NJW 1955, 1272; Engert, S. 82 in Fn. 408; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 5 / 309; M. Huber, § 1 Rn. 66; Nerlich / Römermann, § 129 Rn. 13; Palandt / Thomas, § 826 Rn. 19. 473 Zutreffend Grunwald, S. 183; Serick, I, § 32 II. 1., S. 151. 470 471
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d) Teleologischer Vorrang (Subsidiarität) Eine Subsidiarität im Sinne eines teleologischen Vorrangverhältnisses ist dann anzunehmen, wenn der mit den Anfechtungstatbeständen verfolgte Zweck durch eine Anwendung des § 826 BGB unterlaufen würde.474 Da die Konkurrenzfrage bei der Subsidiarität nicht auf der Tatbestands-, sondern auf der Rechtsfolgenseite entschieden wird, bedarf es keiner Kongruenz der tatbestandlichen Anwendungsbereiche. Insbesondere im Hinblick auf die Anfechtungsfristen der §§ 129 ff., 139, 146 InsO bzw. der §§ 3 ff., 12 AnfG könnte eine Anwendung des § 826 BGB wegen der längeren, insbesondere kenntnisabhängigen Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB die Anfechtungstatbestände unterlaufen.475 Die Gefahr einer Aushöhlung der Anfechtungsbestimmungen bestünde jedoch nur dann, wenn man den Begriff der Sittenwidrigkeit dahingehend auslegen würde, daß in jeder eine Anfechtung begründenden Handlung zugleich auch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu sehen ist.476 Eine Gleichstellung des Sittenwidrigkeitsbegriffs mit der Vornahme einer gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlung im Sinne der §§ 3 ff. AnfG, 129 ff. InsO würde dann zu einem teleologischen Normenwiderspruch führen. Dieser drohende Normenwiderspruch läßt sich jedoch durch eine entsprechend restriktive Auslegung des Sittenwidrigkeitsbegriffs auflösen.477 Hieraus folgt, daß die Vermögensübertragung auf einzelne Gläubiger nur dann wegen Gefährdung der anderen Gläubiger als sittenwidrig angesehen werden kann, wenn über diesen Sachverhalt hinaus weitere Umstände vorliegen, welche die Schadenszufügung als sittenwidrig erscheinen lassen.478 Insbesondere ist zu forGrunwald, S. 183; Larenz, Methodenlehre, S. 268 f. So Jaeger / Henckel, § 29 Rn. 208. 476 Vgl. RG, Urt. v. 19. 9. 1910 – VI 403 / 09, RGZ 74, 224 [226]; RG, Urt. v. 12. 3. 1901 – VII 375 / 00, RGZ 48, 401 ff.; BGH, Urt. v. 9. 7. 1987 – IX ZR 89 / 86, NJW-RR 1987, 1401; BGH, Urt. v. 26. 1. 1973 – V ZR 53 / 71, NJW 1973, 513; Jaeger / Henckel, § 29 Rn. 201, 203, 205; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 336 f.; Staudinger / Sack, § 138 Rn. 166; Serick, I, § 32 II. 2., S. 152. 477 Zutreffend RG, Urt. v. 20. 10. 1942 – VI 24 / 42, RGZ 170, 328 [332]; Kilger / K. Schmidt, § 29 Anm. 6; in diesem Sinne wohl auch BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, BGHZ 138, 291 ff.; BGH, Urt. v. 5. 7. 1971 – II ZR 176 / 68, BGHZ 56, 339 [355]; BGH, Urt. v. 4. 3. 1993 – IX ZR 151 / 92, ZIP 1993, 602 [603], wobei die Senate allerdings nicht deutlich machen, weshalb § 138 Abs. 1 BGB nicht zur Anwendung kommt: Anwendungsvorrang wegen Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung oder am Zweck der Anfechtungsvorschriften orientierte restriktive Auslegung; ebenso undeutlich Dechamps, S. 46; Grunwald, S. 183 f.; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 251, 251a. 478 BGH, Urt. v. 4. 7. 2000 – VI ZR 192 / 99, NJW 2000, 3138 [3139]; BGH, Urt. v. 9. 5. 1996 – IX ZR 50 / 95, NJW 1996, 2231 [2232]; BGH, Urt. v. 18. 2. 1993 – IX ZR 129 / 92, NJW 1993, 1640 [1641]; BGH, Urt. v. 11. 10. 1989 – VIII ZR 285 / 88, NJW-RR 1990, 142 [143 f.]; BGH, Urt. v. 5. 10. 1989 – III 34 / 88, NJW 1990, 1356 [1357]; Dechamps, S. 43 f.; Götz, S. 77; Grunwald, S. 183; Haarmeyer / Wutzke / Förster, 5 / 309; Jaeger / Henckel, § 29 Rn. 203 a.E.; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 100; Kilger / K. Schmidt, § 29 474 475
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dern, daß dem begünstigten Gläubiger in bezug auf die Sittenwidrigkeit ein Schuldvorwurf gemacht werden kann, sei es, daß er im Hinblick auf die Gläubigergefährdung vorsätzlich, sei es, daß er diesbezüglich auch nur grob fahrlässig gehandelt hat. Es genügt für den Sittenwidrigkeitsvorwurf daher auch nicht, daß der Anfechtungsgegner die Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners kannte. Vielmehr ist der Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens allenfalls dann begründet, wenn Schuldner und Gläubiger kollusiv zum Nachteil der übrigen Gläubiger zusammenwirken oder eine Schädigung der übrigen Gläubiger durch eine Täuschung über die Kreditwürdigkeit herbeigeführt wird.479 Insoweit ist auch unbeachtlich, daß eine Sittenwidrigkeit objektiv bereits dann bejaht werden kann, wenn lediglich eine Gläubigergefährdung, nicht aber eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt. Legt man den Begriff der Sittenwidrigkeit solchermaßen restriktiv aus, wird der drohende Normenwiderspruch vollständig aufgelöst. Schließlich setzt § 826 BGB im Gegensatz zu den Anfechtungstatbeständen einen Schädigungsvorsatz des Anfechtungsgegners voraus. Im Gegensatz zu einer häufig vertretenen Auffassung480 bedarf es daher einer Vorrangregelung im Sinne einer Subsidiarität des § 826 BGB nicht. Schließlich werden durch eine Anwendung des § 826 BGB auch die Anfechtungsfristen nicht unterlaufen. Diese bezwecken den Schutz des Empfängers des anfechtbar erlangten Gegenstands. Liegen aber die besonderen Voraussetzungen des § 826 BGB vor, ist der Anfechtungsgegner nicht schutzwürdig.481 Während es bei § 826 BGB um den Ersatz des bei einem Gläubiger eingetretenen Schadens wegen eines zu mißbilligenden Verhaltens des Schädigers – also des Anfechtungsgegners – geht, sollen die Anfechtungstatbestände die Haftungsmasse zugunsten einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger gewährleisten, indem sie an ein zu mißbilligendes Verhalten des Schuldners anknüpfen.482 Demnach besteht zwischen § 826 BGB und den Anfechtungsbestimmungen kein besonderes Rangverhältnis. Jedoch kann die Anfechtung der Sicherheitenbestellung, wie auch deren Sittenwidrigkeit, jeweils zum Entfallen des Schadens führen483, so daß § 826 BGB dann nur insoweit zu einem Anspruch führt, als der eingetretene Schaden durch die Anfechtung nicht beseitigt werden kann bzw. beseitigt Anm. 5; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.173; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 72; zum AnfG M. Huber, § 1 Rn. 66; Serick, I, § 32 II. 1., S. 150 f. 479 BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, BGHZ 138, 291 ff.; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668. 480 BGH, Urt. v. 13. 7. 1995 – IX ZR 81 / 94, BGHZ 130, 314 [330 f.]; BGH, Urt. v. 4. 7. 2000 – VI ZR 192 / 99, NJW 2000, 3138 [3139]; BGH, Urt. v. 9. 5. 1996 – IX ZR 50 / 95, NJW 1996, 2231 [2232]; M. Huber, § 1 Rn. 66; Nerlich / Römermann, § 129 Rn. 13. 481 RG, Urt. v. 19. 9. 1910 – VI 403 / 09, RGZ 74, 224 [226 f.]; Häsemeyer, ZIP 1994, 418 [422 f.]. 482 Grunwald, S. 181, 184; für ein freies Konkurrenzverhältnis, allerdings ohne nähere Begründung auch MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 41. 483 Serick, I, § 32 II. 1., S. 151.
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worden ist. Nach der hier vertretenen Ansicht kommt eine Rückübertragung des Gegenstands nach §§ 826, 249 Abs. 1 BGB in diesem Fall aber auch dann in Betracht, wenn die Anfechtungsfristen verstrichen sind.
3. Das Verhältnis zu §§ 32a f. GmbHG Soweit ein Darlehen als kapitalersetzend im Sinne der §§ 32a f. GmbHG angesehen werden kann, bedarf es im Hinblick auf die Umqualifizierung insoweit keiner Haftung der Bank gegenüber Dritten. Nur soweit noch weitergehende Schäden bei den Mitgläubigern eingetreten sind, die trotz der Umqualifizierung des Darlehens entstanden sind, können diese unter den Voraussetzungen des § 826 BGB geltend gemacht werden. Soweit die Voraussetzungen der §§ 32a f. GmbHG nicht vorliegen, etwa weil ein Darlehen nicht den erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen der Gesellschafter- und der Gläubigerstellung aufweist, kommt daneben eine Haftung nach § 826 BGB in Betracht, weil die insoweit maßgeblichen materiellen Haftungskriterien für die teleologisch eng auszulegenden Eigenkapitalersatzvorschriften nicht ausschlaggebend sind. Insbesondere kommt eine Haftung der Bank nach § 826 BGB dann in Betracht, wenn sie ihre Rolle als Darlehensgeber, nicht als Gesellschafter überschritten hat. Entsprechendes gilt, wenn die Bank ohnehin nicht an dem Krisenunternehmen gesellschaftsrechtlich beteiligt ist. Ein Stufenverhältnis zwischen § 826 BGB und den Eigenkpitalersatzvorschriften besteht damit nicht. Zu Normwidersprüchen führt dies dann nicht, wenn die Tatbestände der §§ 32a f. GmbHG sowie der Sittenwidrigkeit in § 826 BGB entsprechend eng ausgelegt werden. Insoweit gilt auch hier das zum Konkurrenzverhältnis des § 826 BGB zu den Anfechtungsbestimmungen sowie der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB Gesagte entsprechend.
4. Der Sittenwidrigkeitsbegriff Der Sittenwidrigkeitsbegriff des § 826 BGB wird nach allgemeiner Ansicht dahingehend ausgelegt, daß als sittenwidrig zu bewerten ist, was gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.484 Da diese Definition nicht subsumtionsfähig ist, bedarf der Sittenwidrigkeitsbegriff einer Konkretisierung. Im folgenden sind die hierzu von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten, zum Teil völlig unterschiedlichen Konzepte herauszuarbeiten und im einzelnen zu analysieren.
484 Vgl. nur BGH, Urt. v. 29. 9. 1977 – III ZR 164 / 75, BGHZ 69, 295 [297]; BGH, Urt. v. 28. 11. 1990 – XII ZR 16 / 90, NJW 1991, 913 [914]; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 7.
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a) Die Tatbestandsbildung des Reichsgerichts Zur Systematisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Sittenwidrigkeit hat vor allem der IX. Zivilsenat des Reichsgerichts mit Urteil vom 9. 4. 1932485 mehrere Fallgruppen im Sinne fester Tatbestände der Gläubigerbenachteiligung durch Zusammenwirken anderer Gläubiger mit dem Schuldner herausgearbeitet, nämlich die Knebelung und die Kredittäuschung. Letztere solle sich aus der Konkursverschleppung, der Aussaugung, der stillen Geschäftsinhaberschaft, des Kreditbetrugs und der Gläubigergefährdung zusammensetzen. Diese Tatbestände wurden dabei nicht dichotomisch verstanden, sondern sollten sich in ihren Anwendungsbereichen zum großen Teil überschneiden.486 b) Die Fallgruppenbildung des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof hat mehrfach zunächst ganz im Sinne des caveat-creditor-Grundsatzes betont, daß ein Darlehensgeber nicht verpflichtet sei, seine eigenen Interessen hinter die der anderen zurückzustellen.487 Ein Haftungsrisiko bestehe für den Darlehensgeber bei der Gewährung von Darlehen daher im Grundsatz nicht.488 Dies soll selbst dann gelten, wenn durch einen Sanierungsversuch die Möglichkeit des Mißlingens und damit der Schädigung nichtinformierter Geschäftspartner bestehe.489 Vor diesem Hintergrund sind jedoch mehrere Ausnahmen von diesem Grundsatz entwickelt worden. In seinem Grundsatzurteil vom 9. 7. 1953 hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zunächst dargelegt, daß es einen allgemeinen „Tatbestand“ der Gläubigergefährdung im Rahmen der Sittenwidrigkeitsprüfung (hier § 138 Abs. 1 BGB) RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [253 f.]. RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [256]. 487 BGH, Urt. v. 14. 11. 1983 – II ZR 39 / 83, NJW 1984, 728; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; BGH, Urt. v. 15. 6. 1962 – VI ZR 268 / 61, WM 1962, 962 [965]; BGH, Urt. v. 27. 9. 1960 – VIII ZR 230 / 59, WM 1960, 1223 f.; BGH, Urt. v. 13. 4. 1959 – II ZR 17 / 58, WM 1959, 1032 [1033]; BGH, Urt. v. 20. 12. 1957 – VI ZR 188 / 56, WM 1958, 249 [250]; ebenso OLG Zweibrücken, Urt. v. 17. 10. 1984 – 2 U 39 / 83, WM 1985, 86 [89]; Grunwald, S. 225 f.; Hoffmann, S. 113; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 150; Kümpel, 6.47, 6.54; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.113; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 343; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 146; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 91; Wenzel, NZI 1999, 294 [295]; ders., Risiken, S. 248, 252; Wittig, NZI 1998, 49 [52]. 488 BGH, Urt. v. 4. 7. 1961 – VI ZR 84 / 60, WM 1961, 1103 [1006]; BGH, Urt. v. 7. 3. 1956 – V ZR 106 / 54, NJW 1956, 787 [788]; ebenso Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 115; Obermüller, Handbuch, Rn. 1033. 489 BGH, Urt. v. 26. 6. 1989 – II ZR 289 / 88, BGHZ 108, 134 [144]; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 ff.; BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [234]; BGH, Urt. v. 14. 7. 1952 – IV ZR 1 / 52, BGHZ 7, 111 [114]; ebenso OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1693]; Groß, II. Rn. 235; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 151; Baumbach / Hopt / Merkt, (7) BankGesch G / 32; Wenzel, Risiken, S. 249, 252; K. Schmidt / Uhlenbruck / Wittig, Rn. 308. 485 486
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nicht gebe. Es komme vielmehr allein auf die Umstände des Einzelfalls an.490 Freilich anerkennt auch der Bundesgerichtshof die einzelnen Fallgruppen der Kredittäuschung und der Insolvenzverschleppung, mißt diesen aber allenfalls eine Orientierungsfunktion zu. Deren Verwirklichung sei unter Würdigung des Einzelfalls zu bestimmen.491 Die bloße Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll demnach nicht per se zur Sittenwidrigkeit der Schädigung führen. Dieser Sichtweise haben sich die Obergerichte angeschlossen.492 Auch weite Teile des rechtswissenschaftlichen Schrifttums sind dieser Auffassung gefolgt.493 Für die Vergabe von Sanierungsdarlehen ist in diesem Zusammenhang die Fallgruppe der Gläubigerbenachteiligung494 von entscheidender Bedeutung. Sie erfaßt wiederum als Untergruppe die Kredittäuschung495 und die Gläubigergefährdung.496 Die Insolvenzverschleppung stellt einen Unterfall der Gläubigergefährdung dar.497 aa) Kredittäuschung Eine Kredittäuschung soll vorliegen, wenn der Darlehensgeber im kollusiven Zusammenwirken mit dem Schuldner die übrigen Gläubiger über die Kreditwür490 BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [232]; ebenso BGH, Urt. v. 9. 7. 1987 – IX ZR 89 / 86, NJW-RR 1987, 1401; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; BGH, Urt. v. 2. 2. 1955 – IV ZR 252 / 54, NJW 1955, 1272 [1273]. 491 BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [232 ff.]; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]. 492 OLG Köln, Urt. v. 27. 2. 1981 – 22 U 117 / 79, WM 1981, 1238 ff.; OLG Schleswig, Urt. v. 2. 10. 1981 – 11 U 160 / 80, WM 1982, 25 ff. 493 Aden, MDR 1979, 891 [892 f.]; Canaris, BVR, Rn. 132; Coing, WM 1980, 1026 [1028]; De Meo, S. 298 Rn. 323; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 38; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 143; M. Schmitz, S. 49; Serick, I, § 31 II. 1., S. 106; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 24, 94 a.E.; Palandt / Thomas, § 826 Rn. 2; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 70 ff., 78. 494 Von Gläubigerbenachteiligung als Oberbegriff sprechen ebenso Canaris, BVR, Rn. 132; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 145; M. Schmitz, S. 49; dagegen spricht Gawaz, Rn. 376 von Gläubigergefährdung im weiteren Sinne. Nach Dechamps, S. 77 ist die Kredittäuschung der Oberbegriff für den Kreditbetrug, die Konkursverschleppung und die Gläubigergefährdung. 495 Serick, I, § 30 VI. 1., S. 63 versteht Gläubigergefährdung dagegen als einen Tatbestand der Kredittäuschung. 496 Für eine Unterscheidung zwischen Gläubigergefährdung und Kredittäuschung Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 156; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 96. Die Gläubigerbenachteiligung wird zum Teil als Gläubigergefährdung im engeren Sinne bezeichnet – vgl. Gawaz, Rn. 376; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 159; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 31 – zum Teil auch selbst als Gläubigergefährdung – Kötz, Deliktsrecht, Rn. 681. 497 Zutreffend MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 145, 152; abweichend Engert, S. 49 ff., der allerdings selbst für eine Aufgabe des Tatbestandes der Gläubigergefährdung eintritt, vgl. dens., S. 158 f.
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digkeit des Schuldners absichtlich irreführt.498 Eine solche Kredittäuschung ist unabhängig von der Insolvenzreife oder der Sanierungsbedürftigkeit des Schuldners möglich, gewinnt jedoch insbesondere in diesen Konstellationen an Bedeutung, da nur dann eine ausreichende Haftungsmasse für die Mitgläubiger nicht mehr vorhanden ist. Ein kollusives Zusammenwirken zwischen Bank und Darlehensnehmer zur Täuschung der übrigen Gläubiger wird jedoch kaum je vorliegen, zumindest wird es sich in der Praxis kaum je nachweisen lassen. Auch geht es der Bank bei einer Beteiligung an einem Sanierungsversuch regelmäßig nicht darum, die Mitgläubiger über die Kreditwürdigkeit zu täuschen. Selbst wenn die Bank das Unternehmen zwecks Übertragung weiterer Sicherheiten „über Wasser“ halten will, geschieht dies in der Regel nicht, um die übrigen Gläubiger zu weiteren Leistungen zu veranlassen, sondern zur Sicherung eigener Vorteile, etwa zur Ermöglichung einer Übertragung noch vorhandenen Vermögens des Krisenunternehmens. Die Bank beabsichtigt in diesen Fällen mit der Darlehensvergabe nicht eine Täuschung über die Kreditwürdigkeit des Schuldners, sondern nimmt eine solche allenfalls billigend in Kauf. Das Merkmal der Kredittäuschung wird daher für eine mögliche Haftung der Bank bei der Beteiligung an einem Sanierungsversuch kaum praktisch relevant werden.499 bb) Gläubigergefährdung Eine sittenwidrige Gläubigergefährdung soll dann vorliegen, wenn Mitgläubiger über die Zahlungsfähigkeit des Schuldners getäuscht werden und dadurch einen Schaden zu erleiden drohen, also konkret gefährdet werden.500 Der Schaden tritt dabei durch eine Verschleppung der Insolvenzverfahrenseröffnung ein. Im Gegensatz zur Kredittäuschung soll hierbei ein Täuschungsvorsatz nicht erforderlich sein.501 Die Kredittäuschung soll stets auch eine Gläubigergefährdung begründen, nicht aber umgekehrt.502 Da der Eindruck der Zahlungsfähigkeit auf zahlreichen Umständen beruhen kann, bedarf es jedoch für die Begründung einer sittenwidrigen Gläubigergefährdung noch weitergehender Umstände. Welche dies sind, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Einigkeit besteht, daß eine sittenwidrige Gläubigergefährdung durch eine Beteiligung der Bank an einem 498 RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [254]; BGH, Urt. v. 19. 3. 1998 – IX ZR 22 / 97, BGHZ 138, 291 ff.; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668; Dechamps, S. 72; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 38a; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 108a, 117; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 156, 157; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 145; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 340; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 31, 33; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [260]. 499 Engert, S. 50; Obermüller, ZIP 1981, 352 [357]. 500 Ahnert, BKR 2002, 254 [259]; Engert, S. 71 f.; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3230]. 501 RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [254]; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 159. 502 Dechamps, S. 76.
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Sanierungsversuch dann vorliegt, wenn das Unternehmen erkennbar sanierungsunfähig war und damit auch das Darlehen erkennbar ungeeignet gewesen ist, den Darlehensnehmer nachhaltig zu sanieren.503 Sofern das Unternehmen für die Bank nicht erkennbar sanierungsunfähig ist, soll nach Auffassung der Rechtsprechung und weiten Teilen des Schrifttums für den objektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit darauf abzustellen sein, welche Beweggründe und Absichten die Bank mit der Beteiligung an dem Sanierungsversuch verfolgt hat. Bezwecke sie nicht die Sanierung des Darlehensnehmers, sondern wolle sie lediglich ein Hinausschieben des Zusammenbruchs erreichen, um sich Vorteile gegenüber anderen Gläubigern zu verschaffen, handele sie sittenwidrig.504 Verfolge die Bank dagegen den Zweck, den Darlehensnehmer wirklich zu sanieren, könne von einer Sittenwidrigkeit der Schädigung nicht ausgegangen werden.505 Aus dem Umstand, daß es auf die Beweggründe der Bank ankommen soll, ist überwiegend gefolgert worden, daß die Bank die Sanierungsfähigkeit des Krisenunternehmens prüfen müsse.506 Für die Reichweite einer solchen Prüfungspflicht stellen die Rechtsprechung und ein Teil des Schrifttums darauf ab, ob die Bank das Darlehen eigennützig gewähre oder nicht.507 Später hat die Rechtsprechung ihre 503 Grundlegend BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233 f.]; ebenso BGH, Urt. v. 26. 6. 1989 – II ZR 289 / 88, BGHZ 108, 134 [144]; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [399]; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668. 504 s. allgemein zur Haftung wegen Insolvenzverschleppung ohne die Verletzung einer Insolvenzantragspflicht den Fall bei BGH, Urt. v. 10. 2. 2005 – IX ZR 211 / 02, NJW 2005, 1121 [1124]: „Arbeitet der Schuldner planmäßig mit einem Dritten zusammen, um sein wesentliches pfändbares Vermögen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen und es sich selbst zu erhalten oder dem Dritten zuzuwenden, liegt regelmäßig eine sittenwidrige Schädigung vor“; ebenso in der Sache bereits BGH, Urt. v. 13. 7. 1995 – IX ZR 81 / 94, BGHZ 130, 314 [331] m.w.Nachw. 505 Grundlegend BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233 f.]; ebenso BGH, Urt. v. 26. 6. 1989 – II ZR 289 / 88, BGHZ 108, 134 [144]; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [399]; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668; Aden, MDR 1979, 891 [892]; Armspach, S. 70; Canaris, BVR, Rn. 131; De Meo, S. 296 Rn. 318; Eidenmüller, Sanierung, S. 376, 371 f.; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 46d; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 149; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 158; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.108; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 352; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 90; Palandt / Thomas, § 826 Rn. 38; Wiegelmann, S. 158. 506 BGH, Urt. v. 26. 6. 1989 – II ZR 289 / 88, BGHZ 108, 134 [144]; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [399]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233 f.]; Ahnert, BKR 2002, 254 [257]; Armspach, S. 59 ff., 191; Dechamps, S. 82 ff.; Ebbing, KTS 1996, 327 [349 f.]; Hildebrand, S. 212 f.; Koller, JZ 1985, 1013 [1018]; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 152; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3228 f., 3230]; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 34; Wenzel, Risiken, S. 253; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [262 f., 268 f.]. 507 BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [234]; Brandstätter, S. 28 f.; De Meo, S. 297 Rn. 320; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 151; Neuhof, NJW 1998,
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Auffassung dahingehend präzisiert und entschärft, daß eine Haftung stets nur bei Eigennutz in Betracht komme, wobei es darauf ankommen solle, daß sich die Bank besondere Vorteile gegenüber den Mitgläubigern verschaffe.508 Das Merkmal der Eigennützigkeit ist dagegen im Schrifttum überwiegend für nicht relevant erachtet worden, da die Bank stets eigennützig handele.509 Umstritten ist auch, ob die Bank die Sanierungsfähigkeitsprüfung vor der Darlehensvergabe vorgenommen haben muß510, oder ob auch eine nachträgliche Prüfung ausreichend ist511. Ferner wird die Auffassung vertreten, daß die Bank in der Folgezeit eine Überwachungspflicht dahingehend treffen soll, daß sie den Sanierungsversuch abbrechen müsse, wenn die Sanierung doch fehlzuschlagen drohe.512 Nur vereinzelt ist eine Pflicht zur Prüfung der Sanierungsfähigkeit infragegestellt worden.513 Für die Sanierungsfähigkeitsprüfung der Bank forderte der VI. Senat ferner, daß diese durch einen externen Wirtschaftsfachmann vorgenommen werden müsse.514 Diese Voraussetzung ist vom II. Senat in einer späteren Entscheidung nicht erwähnt worden515, woraus im Schrifttum zum Teil geschlußfolgert wurde, daß dieses Erfordernis aufgegeben worden sei516. Gerade die Verschärfung der Prüfungspflichten durch die Rechtsprechung spricht jedoch gegen eine Rechtsprechungsänderung517. Allerdings hat der IX. Senat bei der Prüfung einer Gläubiger3225 [3229 f.]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.109 ff.; ders., ZIP 1980, 1059 [1060]; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 34; Wittig, NZI 1998, 49 [52]; Wiegelmann, S. 127; s. zum Merkmal des eigennützigen Handelns auch OLG Schleswig, Urt. v. 13. 3. 2001 – 3 U 174 / 99, NZI 2001, 428 f.; Engert, S. 57. 508 BGH, Urt. v. 4. 7. 1961 – VI ZR 84 / 60, WM 1961, 1103 [1006]; ebenso BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [399]; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668 [1669]; OLG Köln, Urt. v. 27. 2. 1981 – 22 U 17 / 79, WM 1981, 1238 [1240]; OLG Schleswig, Urt. v. 2. 10. 1981 – 11 U 160 / 80, WM 1982, 25 [27]; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [202]. 509 Ahnert, BKR 2002, 254 [257]; Armspach, S. 188 f.; Coing, WM 1980, 1026 [1029]; Dechamps, S. 89 f., 91; Gawaz, Rn. 145, 341, 346; Koller, JZ 1985, 1013 [1015, 1016, 1020]; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 155; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 162, 341, 366; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [205]; Wenzel, Risiken, S. 247 f.; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [263]. 510 So BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233 f.]. 511 So Canaris, BVR, Rn. 130; Gawaz, Rn. 335. 512 Gawaz, Rn. 626, 629; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 120; Baumbach / Hopt / Merkt, (7) BankGesch G / 32; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3232]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.133. 513 Barkhausen, NJW 1955, 1272; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [198]; H. Westermann, S. 38. 514 BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 Leitsatz [234]; die Begründung ist insoweit in der Amtlichen Sammlung nicht abgedruckt, vgl. Gawaz, Rn. 140; offenlassend BGH, Urt. v. 21. 12. 1955 – VI ZR 192 / 54, WM 1956, 283 [284]; wohl auch MünchKomm-BGB / vor § 488 Rn. 114. 515 BGH, Urt. v. 11. 11. 1985 – II ZR 109 / 84, BGHZ 96, 231 ff. 516 Engert, S. 60; Wenzel, Risiken, S. 250, 256; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, 257 [263].
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benachteiligungsabsicht im Sinne des § 31 Nr. 1 KO eine solche dann abgelehnt, wenn sich die Bank auf die Prüfung eines von ihr eingesetzten Unternehmensberaters verlassen hat518. In einer späteren Entscheidung hat der IX. Senat für eine Prognose der Durchführbarkeit eines Sanierungsversuchs die Beurteilung eines unvoreingenommenen, nicht aber notwendigerweise unbeteiligten branchenkundigen Fachmanns gefordert519. Es spricht daher einiges dafür, daß zumindest das Erfordernis der Prüfung durch einen externen Fachmann nicht mehr gilt. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, daß die Beauftragung eines externen Fachmanns in der Regel unerläßlich sei, wobei zum Teil argumentiert wird, daß eine Prüfung durch das Eigeninteresse der Bank ansonsten zu stark vorgeprägt werde.520 Die im Schrifttum vereinzelt vertretene Gegenauffassung hält eine derart pauschale Betrachtung von Eigenprüfungen durch die Bank dagegen nicht für berechtigt. Vielmehr habe die Bank aufgrund der oft jahrelangen Geschäftsbeziehungen zu dem Kunden einen besseren Einblick in die Vermögensverhältnisse des Unternehmens, vor allem im Hinblick auf die Kürze der für eine Entscheidung zur Verfügung stehenden Zeit.521 Soweit zudem ein Gutachten durch die Gesellschafter des Unternehmens selbst vorliege (sog. Sanierungsplan) und dieses ein plausibles Sanierungskonzept beinhalte, sei das Erfordernis eines weiteren Gutachtens ein unnötiger bürokratischer Aufwand.522 Überwiegend wird auch die Ansicht vertreten, die Prüfung der Sanierungsfähigkeit sei dann entbehrlich, wenn diese durch eine staatliche Behörde vorgenommen worden sei.523 Etwas anderes soll dann aber wieVgl. Gawaz, Rn. 210; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3230]. BGH, Urt. v. 12. 11. 1992 – IX ZR 236 / 91, ZIP 1993, 276 [279 f.]. 519 BGH, Urt. v. 4. 12. 1997 – IX ZR 47 / 97, ZIP 1998, 248 [251] unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [234]; zweifelhaft dagegen OLG Naumburg, Urt. v. 4. 9. 1997 – 7 U (HS) 14 / 97, OLGR Naumburg 1998, 398 [400], das allein das Vertrauen der Bank in das von der Geschäftsführung erarbeitete und sogar von den Gesellschaftern abgelehnte Sanierungskonzept ausreichen läßt. 520 Armspach, S. 59 ff., 191 f.; Canaris, BVR, Rn. 130; Gawaz, Rn. 141, 214, 226, 327, 593, 597, 602; Hildebrand, S. 213; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 11 [47]; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3230 f., 3232]; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 366; K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [189]; M. Schmitz, S. 51; Wiegelmann, S. 151 f.; wohl auch Groß, II. Rn. 235 und Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 150; unklar Picot / Aleth, Rn. 507. 521 Barkhausen, NJW 1953, 1665; Brandstätter, S. 43 f.; Grunewald, Festschr. f. Bezzenberger, 2000, S. 85 [87]; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 151; Eidenmüller, Sanierung, S. 377 in Fn. 230; Kümpel, 6.55; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.125, 5.129, 5.131; ders., Handbuch, Rn. 1042; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [205]; Serick, I, § 30 V. 4. c., S. 61; Wenzel, NZI 1999, 294 [297 f.]; ders., Risiken, S. 256 f.; in diese Richtung auch Aden, MDR 1979, 891 [895]; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 91, 100; Grunwald, S. 216 f., 223; unklar Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 46 f. 522 Ahnert, BKR 2002, 254 [258]; Rümker, KTS 1981, 493 [511]; Wenzel, Risiken, S. 256 f. 523 Brandstätter, S. 31; Canaris, BVR, Rn. 130; Dechamps, S. 85; Gawaz, Rn. 330; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [207]; Serick, I, § 30 V. 4. b., S. 61; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.125, ders., Handbuch, Rn. 1043; s. ferner Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Knops, § 7A Rn. 14. 517 518
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
derum für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute gelten, da diese in erster Linie rentabilitätsorientiert und nur nachrangig gemeinwohlorientiert handelten.524 Der subjektive Tatbestand einer sittenwidrigen Gläubigergefährdung sollte nach Ansicht der Rechtsprechung dann gegeben sein, wenn die Bank von der Sanierungsunfähigkeit des Unternehmens überzeugt gewesen sei.525 Später hat der Bundesgerichtshof seine Auffassung dahingehend präzisiert, daß die Bank keinen ernsten Zweifel am Sanierungserfolg gehabt haben dürfe, sie jedoch die Ursachen der Krisenlage zu ermitteln und zu überlegen habe, mit welchen Mitteln eine Gesundung erreicht werden könne.526 Das Bestreben dieser Rechtsprechung ist, die mit der auf die Absichten der Bank abstellenden Sichtweise einhergehenden Beweisschwierigkeiten zu beheben. Die Bank soll danach bei der Vergabe eines zur Sanierung ungeeigneten Darlehens nur dann haften, wenn sie von der fehlenden Sanierungseignung weiß, also die Möglichkeit einer fehlenden Eignung erkennt und diese billigend in Kauf nimmt oder sich der Erkenntnis des voraussichtlichen Scheiterns leichtfertig verschließt527, obgleich die Gefährdung von Drittinteressen evident ist.528 Ein Bewußtsein der Rechtswidrigkeit wird von der überwiegenden Ansicht529 dagegen nicht verlangt, wohingegen die Gegenauffassung530 dies auf der Grundlage der im Zivilrecht geltenden Vorsatztheorie fordert. Eine solche Durchbrechung der Vorsatztheorie wird von der herrschenden Meinung als gerechtfertigt angesehen, da ansonsten dem Schädiger unter Berufung auf die eigene Gewissenlosigkeit eine Exkulpationsmöglichkeit eingeräumt werde.531
Gawaz, Rn. 330, 332. Grundlegend BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233]; ebenso BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 100; noch weitergehender BGH, Urt. v. 9. 2. 1965 – VI ZR 153 / 63, WM 1965, 475 [476]; OLG Naumburg, Urt. v. 4. 9. 1997 – 7 U (HS) 14 / 97, OLGR Naumburg 1998, 398 [400] läßt es genügen, wenn die Bank auf ein zwar von den Gesellschafter abgelehntes, aber von der Geschäftsführung erarbeitetes und „verteidigtes“ Sanierungskonzept vertraut. 526 BGH, Urt. v. 11. 11. 1985 – II ZR 109 / 84, BGHZ 96, 231 ff. 527 RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 372 / 30, RGZ 136, 293 [295]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233]; De Meo, S. 293 Rn. 307; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 158; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 340. 528 BGH, Urt. v. 10. 10. 1985 – VII ZR 292 / 84, BGHZ 96, 124 ff.; BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233]; BGH, Urt. v. 16. 3. 1995 – IX ZR 72 / 94, NJW 1995, 1668; OLG Frankfurt, Urt. v. 27. 9. 1989 – 21 U 247 / 88, WM 1990, 2010 [2012]; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 151; Kümpel, 6.57; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 96 a.E.; Palandt / Thomas, § 826 Rn. 8; Wenzel, Risiken, S. 252 f. 529 RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 372 / 30, RGZ 136, 293 [298]; RG, Urt. v. 15. 11. 1909 – VI 382 / 08, RGZ 72, 175 [176]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233]; BGH, Urt. v. 24. 11. 1952 – III ZR 164 / 51, BGHZ 8, 83 [87 f.]; Deutsch / Ahrens, Rn. 234; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 54; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 42; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 64 f.; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 19, 23. 530 v. Bar, Verkehrspflichten, S. 212 ff.; Grunwald, S. 201, 203 f. 531 Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 64, 67, 218. 524 525
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Zusammenfassend soll damit eine sittenwidrige Gläubigergefährdung dann vorliegen, wenn die Bank mit der Beteiligung an dem Sanierungsversuch nicht die Sanierung des Unternehmens bezweckt, sondern eigene Vorteile sichern will. Hieraus wird gefolgert, daß die Bank die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens prüfen müsse. Die Reichweite der Prüfungspflicht soll sich daran bemessen, ob die Bank eigennützig handele oder nicht. Weiter soll erforderlich sein, daß die Bank von der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens überzeugt gewesen ist. Unterläßt die Bank die Prüfung der Sanierungsfähigkeit, soll der zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden erforderliche Zurechnungszusammenhang dann entfallen, wenn die Darlehensvergabe nach einer ordnungsgemäßen Prüfung hätte erfolgen dürfen.532 Die Beweislast für ein solches rechtmäßiges Alternativverhalten trägt die darlehensgewährende Bank.
cc) Wissensvorsprung Problematisch und umstritten ist, ob eine Beteiligung der Bank an einem Sanierungsversuch bereits dann sittenwidrig ist, wenn sie die Krise bzw. ihre Beteiligung gegenüber den Mitgläubigern nicht offen legt. Häufig verspricht ein Sanierungsversuch jedoch nur dann Erfolg zu haben, wenn das Kreditinstitut die Mitgläubiger über die wirtschaftliche Krise des Unternehmens nicht informiert und sich publizitätslose Sicherheiten bestellen läßt (sog. stille Sanierung).533 Andernfalls wird eine erfolgreiche Sanierung in vielen Fällen unabhängig von den realen Erfolgsaussichten schon daran scheitern, daß ein Großteil der Mitgläubiger die Geschäftsbeziehungen zu dem Krisenunternehmen abbricht oder umgehend auf noch vorhandenes Unternehmensvermögen zugreift. Trotz dieser Gefahr wird gerade aus dem Umstand einer mangelnden Information der Gläubiger deren Benachteiligung hergeleitet.534 Im Schrifttum finden sich zahlreiche Stimmen, die den Wissensvorsprung der Bank im Hinblick auf den Eintritt der Krise für haftungsbegründend halten.535
Vgl. Engert, S. 179 ff.; Wenzel, Risiken, S. 259. RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [56]; RG, Urt. v. 19. 10. 1914 – VI 354 / 14, RGZ 85, 343 [346]; Aden, MDR 1979, 891 [894]; Brandstätter, S. 30; Dechamps, S. 93; Eidenmüller, Sanierung, S. 406 f.; Gawaz, Rn. 55, 297, 418; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 4, 110; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 153; Birk / Kreuzer / Hopt, S. 11 [40]; Koller, JZ 1985, 1013 [1018]; Lutter / Hommelhoff / Timm, BB 1980, 737, 741; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3232]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.141; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 162, 341; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [206]; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 78; Wenzel, Risiken, S. 246; Wellensiek, NZI 2002, 233 [237]; Wiegelmann, S. 154. 534 Vgl. Aden, MDR 1979, 891 [894]; Lutter / Hommelhoff / Timm, BB 1980, 737 [742]. 535 Armspach, S. 169, 62 ff.; Gawaz, Rn. 417, 419, 429, 432, 434, 436; MünchKommBGB / Mertens3, § 826 Rn. 147 f., 154; Schiemann, Festschr. f. Gernhuber, 1993, S. 387 [404 f.]; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [271]. 532 533
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
Auch in der Rechtsprechung ist die Frage einer Pflicht zur Offenbarung des Eintritts der Krise, zumindest aber zur Aufklärung über die von dem Schuldner im Rahmen einer Darlehensgewährung zugunsten der Bank bestellten Sicherheiten kontrovers diskutiert worden. Der VI. Zivilsenat des Reichsgerichts erkannte zwar grundsätzlich das Interesse an der Geheimhaltung der Sicherungsverträge an, sah hierin aber dennoch eine sittenwidrige Schädigung der Mitgläubiger.536 Demgegenüber lehnte der IX. Zivilsenat des Reichsgerichts eine Pflicht des Sicherungsnehmers zur Aufklärung der Mitgläubiger über die empfangenen Sicherheiten ab537, wohingegen der VI. Zivilsenat des Reichsgerichts auch weiterhin an seiner These festhielt, daß die unterlassene Offenbarung der Darlehensgewährung und der mit dieser einhergehenden Sicherheitenbestellung grundsätzlich zu mißbilligen sei und daher eine Verpflichtung des darlehensgebenden Sicherungsnehmers zur Offenbarung des Darlehensverhältnisses gegenüber den anderen Gläubigern grundsätzlich möglich sei.538 Der VI. Zivilsenat schränkte seine Auffassung allerdings später dahingehend ein, daß bei einer unterlassenen Offenbarung dann kein Sittenverstoß vorliege, wenn die Bank davon überzeugt gewesen sei, daß durch seine Maßnahme der Zusammenbruch hätte verhindert werden können.539 Auch das OLG Köln hat sich mit der Problematik des stillen bzw. verdeckten Sanierungsversuchs auseinandergesetzt. Danach soll allein die Möglichkeit des Mißlingens und damit einer Schädigung nichtinformierter Mitgläubiger nicht gegen die guten Sitten verstoßen, wenn das Kreditinstitut die Krise den Umständen nach für überwindbar habe halten dürfen.540 Im Schrifttum ist eine entsprechende Offenbarungs-541, Aufklärungs-542, Hinweis-543 bzw. Warnpflicht544 des darlehensgewährenden Instituts in bezug auf die Hereinnahme publizitätsloser Sicherheiten zum Teil generell auf Ablehnung gestoßen.545 Andere wollen solche Pflichten des Kreditinstituts grundsätzlich verneinen und nur bei einer außergewöhnlich umfangreichen Sicherungsübereignung oder bei einer bewußten Kalkulation mit 536 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [56]; RG, Urt. v. 19. 10. 1914 – VI 354 / 14, RGZ 85, 343 [345]. 537 RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [258]. 538 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [56]. 539 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [56]; ebenso BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Dechamps, S. 72 f. 540 BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 ff. 541 So die Terminologie von Dechamps, S. 72; Gawaz, Rn. 352; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 156, 157, 158; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 162; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 153; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 35; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 97. 542 So die Terminologie bei RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [258]; Aden, MDR 1979, 891 [894]; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 153. 543 So die Terminologie von Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 162. 544 So die Terminologie von Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 153; Koller, JZ 1985, 1013 [1018]. 545 Aden, MDR 1979, 891 [894]; Baumbach / Hopt / Merkt, (7) BankGesch G / 32; H. Westermann, S. 35 ff.
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einem Irrtum der Mitgläubiger bejahen.546 In der Lehre ist jedoch auch die Ansicht vertreten worden, daß die echten Sanierungsdarlehen von einer Offenbarungspflicht freizustellen seien. Nur soweit das Unternehmen nicht sanierungsfähig sei, bestehe kein Interesse mehr an der Vertraulichkeit.547 Auch für den Fall, daß der Schaden für die potentiellen Gläubiger größer sei als die Aufwendungen, die für die Schadensabwehr erforderlich seien, wird eine Offenbarungspflicht befürwortet.548 Von dem bislang Diskutierten zu unterscheiden ist die im Schrifttum umstritten diskutierte Frage, ob die Sittenwidrigkeit der Darlehensvergabe stets dann zu verneinen ist, wenn der Sanierungsversuch offenbart wird. Zum Teil wird in einem solchen Fall eine sittenwidrige Schädigung generell für ausgeschlossen gehalten549, wohingegen die Gegenansicht auch bei Offenlegung der Darlehensvergabe von der Möglichkeit einer Haftung aus § 826 BGB ausgeht550. dd) Knebelung und Aussaugung Grundsätzlich soll die wirtschaftliche Knebelung des Schuldners zur Nichtigkeit der zwischen ihm und dem Gläubiger bestehenden Absprachen gemäß § 138 Abs. 1 BGB führen.551 Sie bewirkt aber dann auch gegenüber den Mitgläubigern eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB, wenn diese durch den Anschein der Zahlungsfähigkeit und der Selbständigkeit zu einer weiteren Darlehensgewährung oder zu sonstigen Leistungen an den Schuldner veranlaßt werden.552 Bei dieser Konstellation handelt es sich allerdings nicht um einen Unterfall der Gläubigergefährdung, sondern der Kredittäuschung553, da ein solches Verhalten im Hinblick 546 BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 97, 98; dies erwägend auch Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 153, 158. 547 Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 151; Baumbach / Hopt / Merkt, (7) BankGesch G / 32; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 341. 548 Gawaz, Rn. 297 f., 354, 607 ff.; Koller, JZ 1985, 1013 [1017]. 549 Brandstätter, S. 30 f.; Gawaz, Rn. 624 f.; Obermüller, Handbuch, Rn. 1047; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [199 f.]; Wenzel, Risiken, S. 252. 550 Neuhof, NJW 1998, 3225 [3232]; für die Einräumung von Darlehenssicherheiten ebenso Armspach, S. 193; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 148. 551 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [52]; BGH, Urt. v. 4. 3. 1958 – VIII ZR 213 / 57, WM 1958, 590 [591 f.]; BGH, Urt. v. 2. 2. 1955 – IV ZR 252 / 54, NJW 1955, 1272 [1273 f.]; De Meo, S. 299 Rn. 327; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 160; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 151; Olbers, S. 132 ff.; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [203]; Serick, I, § 30 VII., S. 73 ff.; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 95; K. Schmidt / Uhlenbruck / Wittig, Rn. 141 ff., 149 ff. 552 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [52]; BGH, Urt. v. 14. 7. 1952 – IV ZR 1 / 52, BGHZ 7, 111 ff.; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [659]; Dechamps, S. 77; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 157, 160; Koller, JZ 1985, 1013; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 342; Olbers, S. 135; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 149; Serick, I, § 31 II. 1., S. 106 f.; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 95, 96, 99.
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
auf den caveat creditor-Grundsatz nur dann als sittenwidrig angesehen werden kann, wenn die Bank auch mit Täuschungsabsicht gehandelt hat. Weiterhin soll das darlehensgewährende Kreditinstitut dann sittenwidrig handeln, wenn es seine wirtschaftliche Machstellung gegenüber dem Darlehensnehmer derart ausnutzt, daß es die bei diesem noch vorhandenen Vermögensgegenstände unter Verleitung des Krisenunternehmens zum Vertragsbruch an sich zieht (sog. Aussaugung).554 Im Schrifttum ist das Merkmal der Aussaugung zum Teil als „Gebilde vampiristischer Phantasie“ kritisiert worden.555 Tatsächlich wird es praktisch kaum je relevant werden556, weil Banken sich die noch vorhandenen Vermögensgegenstände in der Regel zur Absicherung der von ihnen ausgereichten Darlehen übertragen lassen werden. In einem solchen Fall kann aber nicht von einer sittenwidrigen „Aussaugung“ die Rede sein. Befindet sich das Unternehmen in der Krise, wird es regelmäßig nur noch beschränkt über „freies“ Unternehmensvermögen verfügen. Überträgt es dieses zur Durchführung eines Sanierungsversuchs auf die Bank, kann hierin allein noch keine sittenwidrige Schädigung der Mitgläubiger gesehen werden. Insbesondere sind diese nach wie vor selbst verpflichtet, ihre Forderungen hinreichend zu besichern. Auch eine Ausnutzung der „wirtschaftlichen Abhängigkeit“ vermag hieran nichts zu ändern, weil sich die Abhängigkeit des Krisenunternehmens regelmäßig allein daraus ergibt, daß es auf eine Kreditgewährung angewiesen ist. Dann aber liegt kein Ausnutzen einer wirtschaftlichen Machtstellung durch die Bank vor. Vielmehr ist das Krisenunternehmen auf den Markt angewiesen. Hierin kann aber allein noch keine haftungsbegründende Abhängigkeit gesehen werden.557 Haftungsbegründend könnte daher allenfalls sein, daß die Bank das Krisenunternehmen zum Vertragsbruch gegenüber den Mitgläubigern verleitet. In einer solchen Konstellation beruht das haftungsbegründende Element darauf, daß das Krisenunternehmen in eine faktische Zwangslage gebracht wird.558 Diese führt aber allenfalls dazu, daß die zwischen dem Krisenunternehmen und der Bank bestellten Sicherheiten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig und damit von der Bank zurückzugewähren sind. Für eine Haftung gegenüber den Mitgläubigern ist daneben jedoch kein Raum.
RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [52]. RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [253]; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 160; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 149 f. 555 Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [185]; die Ansicht, eine Knebelung könne generell nicht sittenwidrig sein – so Barkhausen, NJW 1953, 1412 [1413 f.]; ders., NJW 1955, 1272 – wird heute nicht mehr vertreten. 556 Vgl. Aden, MDR 1979, 891 [892], Engert, S. 50 und den der Entscheidung RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [259] zugrunde liegenden Sachverhalt. 557 Vgl. Engert, S. 161. 558 s. hierzu oben § 5 I. 2. e); Engert, S. 70, 79. 553 554
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ee) Stille Geschäftsinhaberschaft und Leitungsmacht Eine sittenwidrige Gläubigergefährdung wird auch dann angenommen, wenn die Bank die Leitungsmacht über den Darlehensnehmer ausübt und dadurch das eigene unternehmerische Risiko auf die Mitgläubiger verlagert, indem sie die Gewinne aus den durch den Darlehensnehmer durchgeführten Geschäften abschöpft, das unternehmerische Risiko jedoch bei dem Darlehensnehmer und damit letztlich bei dessen übrigen Gläubigern beläßt.559
c) Vertrauen in Kreditkaskaden In jüngster Zeit hat Engert die Kreditgeberhaftung mit Vertrauen unter Kreditgebern in Kreditkaskaden begründet.560 Eine Kreditkaskade soll vorliegen, wenn nachfolgende Kreditgeber ihrem eigenen Signal bei der Kreditprüfung keine Beachtung mehr schenken und sich stattdessen ausschließlich auf die von ihnen beobachteten positiven Kreditentscheidungen ihrer Vorgänger stützten.561 Derartige Kreditkaskaden verbesserten die Kreditversorgung. Das Modellbild der Kreditkaskade sei im Hinblick darauf, daß die Kreditwürdigkeit eine veränderliche Größe und eine klare zeitliche Abfolge der Kreditentscheidungen in der Realität nicht feststellbar sei, jedoch dahingehend zu modifizieren, daß das Vertrauen in eine fremde Kreditentscheidung eine erhebliche Kostenersparnis bewirke; angeführt werde die Kreditkaskade von denjenigen Kreditgebern, die die Informationen mit dem geringsten Aufwand beschaffen könnten.562 Gestört werde dieses Vertrauen bei Vorliegen einer Interessendivergenz, wenn nämlich ein Kreditgeber ein besonderes, gesteigertes Interesse an der Kreditgewährung habe und eine Kreditkaskade auslöse, dieses besondere Interesse bei den Nachfolgern der Kaskade aber nicht bestehe, so daß der informierte Kreditgeber nicht das gleiche Interesse an einer Vermeidung zu hoher Kreditrisiken habe wie die nachfolgenden Kreditgeber.563 Der Markt wirke solchen Interessendivergenzen nur teilweise entgegen, verhindere diese aber nicht in jedem Fall.564 Interessendivergenzen könnten sich insbesondere aus der veränderten wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens ergeben, vor allem im Hinblick auf Befriedigungsvorteile, die einzelne Gläubiger im Fall der Insolvenz erhielten, so etwa aus den Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 161; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 149; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 151; Erman / Schiemann, § 826 Rn 33; BGBRGRK / Steffen, § 826 Rn. 101. 560 Engert, S. 86 ff. 561 Engert, S. 87. 562 Engert, S. 88 f. 563 Engert, S. 99 ff., 118: „Eine Interessendivergenz entfremdet den Anführer einer Kaskade von seinen Nachfolgern“. 564 Engert, S. 106 f. 559
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
bestellten Kreditsicherheiten oder einer Verbesserung der Anspruchsposition.565 Es komme dann zu einer Abnahme der Verläßlichkeit von Kreditkaskaden, was ein Mehr an Kreditrationierung zur Folge habe. Eigentlich rentabele Unternehmen würden so aufgrund von Informationsasymmetrien von Finanzierungsquellen abgeschnitten.566 Vor diesem Hintergrund sei eine Leitlinie für die zweckbezogene Konkretisierung der guten Sitten bei der Gewährung von Krediten zu entwickeln. Hierbei sei als normatives Entscheidungskriterium auf das Effizienzkriterium zurückzugreifen.567 Für dieses Kriterium spreche die hypothetische Zustimmung der Beteiligten und die Kompensation der Benachteiligten über den Markt.568 Der Kreditgeber soll danach so entscheiden, daß die Summe der Werte aller Anspruchspositionen maximiert würden. Durch die rechtliche Erfassung eines Sachverhalts ergäben sich jedoch auch Kosten infolge von Rechtsunsicherheit. Eine Regelung solle dann unterbleiben, wenn das zu erreichende Regelungsziel die durch die rechtliche Erfassung entstehenden Nachteile nicht aufwiege. Vor diesem Hintergrund sei eine Kreditgeberhaftung in einem Fall ohne Interessendivergenz abzulehnen, weil dies zu einer übermäßigen Abschreckung und einer ungerechtfertigten Vernichtung von Unternehmenswerten führe. Anders zu beurteilen sei dies für einen Fall mit Interessendivergenz; je ausgeprägter diese sei, desto eher verwandele sich die übermäßige Abschreckung in eine zu geringe Abschreckung. Divergierende Interessen verminderten daher die Kosten, die durch Rechtsunsicherheit entstünden. Daher seien Kreditgeber in den Fällen einer Interessendivergenz einer rechtlichen Kontrolle zu unterziehen.569 Im Falle einer Interessendivergenz liege eine qualifizierte Verletzung fremder Interessen vor, die zur Beurteilung des Verhaltens als „sittenwidrig“ führe, weil es zu einer Vermögensverschiebung zugunsten des Kreditgebers und zu Lasten der übrigen Kreditgeber komme.570 Dabei sei ein einheitlicher Tatbestand der sittenwidrigen Kreditgewährung zu entwickeln. Wer Anspruchsberechtigter und wer Verpflichteter sei, richte sich danach, wer die Kreditkaskade anführe, also danach, wer die geringsten Informationskosten aufwenden müsse. Weiter sei eine qualifizierte Interessendivergenz erforderlich, um für den Rechtsanwender die Haftungskriterien handhabbar und den Kreditgeber damit die Haftungsrisiken vorhersehbar zu machen. Von einer qualifizierten Interessendivergenz sei dann auszugehen, wenn die Kreditgewährung für den Kreditgeber in jedem Fall vorteilhaft sei, insbesondere auch dann, wenn das Unternehmen zusammenbreche, dem Kreditgeber durch die Kreditgewährung also ein risikoloser Vorteil verschafft werde. Die Fortführung des Unternehmens sei dann für die Gesamtheit der Anspruchsinhaber praktisch im565 566 567 568 569 570
Engert, S. 108 ff., 114 ff. Engert, S. 119, 18 ff. Engert, S. 120 ff. Engert, S. 123 ff.; s. hierzu auch dens., Festschr. f. Heldrich, 2005, S. 87 [92 ff.]. Engert, S. 126 ff., 132 ff., 138. Engert, S. 154 f.
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mer mit Verlustrisiken verbunden.571 Der Kreditgeber müsse dabei den risikolosen Vorteil auch erkennen.572 Weitere Voraussetzung sei die Unvertretbarkeit der Kreditgewährung. Dies sei dann der Fall, wenn das Unternehmen nicht kreditwürdig sei. Indizien für die bestehende Kreditwürdigkeit seien etwa das Verhalten Dritter (anderer Kreditgeber, Unternehmenseigner) oder die Prüfung der Sanierungsfähigkeit durch einen Branchensachverständigen.573 Maßgeblich sei auch das Verhalten des Kreditgebers selbst, wenn nämlich der Kreditgeber bei der Kreditprüfung einen hohen Aufwand betreibe, da dieser bei einem risikolosen Vorteil nicht zu erwarten sei.574 Ziehe sich der Kreditgeber aus dem Kreditengagement zurück, obschon sich die Lage des Unternehmens nicht wesentlich verschlechtert habe, spreche ein Anscheinsbeweis für eine sorgfaltswidrige Kreditgewährung.575 Im übrigen sei eine Kreditentscheidung nur dann vertretbar, wenn der Kreditgeber den Kredit auch ohne den risikolosen Vorteil gewährt hätte.576 Ferner müsse der Kreditgeber die Unvertretbarkeit der Kreditgewährung erkannt haben.577 Zusammenfassend soll damit eine Kreditgeberhaftung anzunehmen sein, wenn ein Fall der qualifizierten Interessendivergenz in Form eines risikolosen Vorteils vorliegt und eine dann gebotene Überprüfung der Kreditentscheidung zu dem Ergebnis führt, daß die Kreditgewährung unvertretbar war, weil das Unternehmen nicht kreditwürdig gewesen ist und die Bank den Kredit ohne das Vorliegen einer qualifizierten Interessendivergenz nicht gewährt hätte. d) Verobjektivierung der guten Sitten Im Schrifttum sind unterschiedliche Versuche unternommen worden, den unbestimmten Rechtsbegriff der guten Sitten zu verobjektivieren, also auf ein subjektives Element zu verzichten. Gemeinsam ist den im folgenden darzulegenden Konzepten damit, daß die Grundentscheidung des Gesetzgebers, die Haftung für reine Vermögensschäden neben den §§ 831, 839, 823 Abs. 2 BGB nur in den Fällen einer vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung zuzulassen, insoweit aufgeweicht wird, als es auf ein subjektives Element für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht ankommen soll.578 Lediglich der Schädigungsvorsatz soll noch als subjektive Komponente erforderlich sein.579 Engert, S. 163 ff., 168. Engert, S. 170 f. 573 Engert, S. 180 ff. 574 Engert, S. 187 f. 575 Engert, S. 190 f. 576 Engert, S. 192 f. 577 Engert, S. 194. 578 Armspach, S. 181 ff., 195 f.; Coing, WM 1980, 1026 [1029]; Grunwald, S. 36 ff., 199 f. 579 Vgl. zu der so verstandenen Funktion des § 826 BGB instruktiv die Ausführungen bei Busche, S. 157 f.: „Aufgabe des § 826 BGB ist es demnach, den durch das Handeln einzelner 571 572
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aa) Konkretisierung durch Berufspflichten Eine von Coing begründete, im Schrifttum in neuerer Zeit an Bedeutung gewinnende Auffassung tritt für eine Objektivierung des Sittenwidrigkeitsbegriffs mit Hilfe der Begründung konkreter Berufspflichten ein. Der Sittenwidrigkeitsbegriff umfasse die Grundsätze der guten Ordnung einer Gemeinschaft, worunter auch Grundpflichten einzelner Berufe, insbesondere der Kreditinstitute bei der Vergabe von Sanierungsdarlehen – etwa Prüfungspflichten im Hinblick auf eine mögliche Gläubigergefährdung – fielen.580 Die Begründung der besonderen Berufs- im Sinne von Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens wird dabei zum Teil aus der besonderen Machtstellung der Bank und deren Rolle im Wirtschaftsverkehr hergeleitet.581 Zum Teil werden die Berufspflichten aber auch mit dem Vertrauen der Gläubiger auf das professionelle Verhalten der Bank und deren besondere Stellung in der Phase der Unternehmenssanierung bzw. mit der Selbstdarstellung der Banken in der Öffentlichkeit und der staatlichen Aufsicht unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 KWG legitimiert.582 Die Motivation bzw. die Intention der Bank bei der Darlehensvergabe soll dagegen ohne Belang sein.583 bb) Konkretisierung mit Hilfe des Effizienzkriteriums Unter Rückgriff auf die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts und des Effizienzkriteriums ist insbesondere Koller für eine Objektivierung des Sittenwidrigkeitsbegriffs eingetreten.584 Im Rahmen der Haftung des Darlehensgebers nach § 826 BGB und der Unwirksamkeit von Sicherheitenbestellungen nach § 138 Abs. 1 BGB gehe es darum, die durch die Darlehensvergabe bei den Mitgläubigern eintretenden negativen externen Effekte zu verhindern.585 Gemäß der sog. Learned Rechtssubjekte nicht beachteten Rechtsprinzipien zu angemessener Wirksamkeit zu verhelfen. . .Die Konkretisierung des Begriffs der guten Sitten erfordert mithin eine Einzelfallbetrachtung anhand konkreter sachlicher Kriterien . . . Es gilt . . . , die prinzipienoptimierende Funktion der „guten Sitten“ im Einzelfall herauszuarbeiten. Damit wird zugleich eine gewisse Objektivierung des Sittenbegriffs erreicht, indem die darin manifestierten Wertentscheidungen der Rechtsordnung der Beliebigkeit einer an Leerformeln ausgerichteten Interpretation entzogen werden.“ (Hervorhebung im Original). 580 Grundlegend Coing, WM 1980, 1026 [1029, 1030]; ebenso Armspach, S. 167 ff., 178 ff.; v. Bar, Verkehrspflichten, S. 233 ff., 157 ff.; Gawaz, Rn. 253 f., 375 ff.; Köndgen, Selbstbindung, S. 374 f.; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 147; ders., ZHR 143 (1979), 174 [180]; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 31; ders., Festschr. f. Gernhuber, 1993, S. 387 [403, 404 f.]. 581 Armspach, S. 169, 62 ff.; Gawaz, Rn. 417, 419, 429, 432, 434, 436; Schiemann, Festschr. f. Gernhuber, 1993, S. 387 [404 f.]; in diese Richtung auch MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 147 f., 154; ders., ZHR 143 (1979), 174 [175, 188 ff.]. 582 Gawaz, Rn. 416, 418, 422, 424 f.; vgl. zu dieser Argumentation auch Dechamps, S. 11. 583 Armspach, S. 188 f. 584 Koller, JZ 1985, 1013 [1017 ff.]; in diese Richtung auch Armspach, S. 189 f.
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Hand-Formel sei gesamtwirtschaftlich die Vermeidung oder die Verringerung eines drohenden Schadens dann effizient, wenn der Aufwand für die Vermeidung oder die Verringerung eines drohenden Schadens geringer sei als der potentielle Betrag, um den der Schaden gemindert werden könnte.586 Dem Erwartungswert des im Falle einer Insolvenz drohenden Schadens Dritter sei die Möglichkeit der Verhütung des Schadens gegenüberzustellen. Eine Unterbindung des Schadenseintritts durch Information anderer potentieller Darlehensgeber oder dadurch, daß durch einen Darlehensentzug der baldige Zusammenbruch des Schuldners herbeigeführt werde, sei effizient, wenn die Insolvenz des Unternehmens sicher sei.587 Demgegenüber überwögen die Chancen einer Sanierung den Erwartungswert des Schadens Dritter, wenn das Unternehmen sanierungsfähig sei.588 Die Bestellung publizitätsloser Sicherheiten sei dabei zur Vermeidung von Transaktionskosten, die sonst durch eine Kreditwürdigkeitsprüfung entstünden, erforderlich. Der dadurch bewirkte Täuschungseffekt sei gering, da mit einer niedrigeren Eigenkapitalausstattung gerechnet werden müsse und im übrigen bei ungesicherten Darlehen nur eine zweitrangige Rolle spiele.589 cc) Konkretisierung durch ein bewegliches System Ein weiterer Vorschlag stammt von Mertens.590 Danach sei die Gläubigerbenachteiligung der Oberbegriff für eine Kredittäuschung und eine Gläubigergefährdung, wobei die Insolvenzverschleppung ein Hauptanwendungsfall der Gläubigergefährdung sei.591 Weiterhin sollen sich für Banken besondere Pflichten zur Rücksichtnahme auf Gläubiger aus deren Machtstellung und bei einem Wissensvorsprung ergeben.592 Der Sittenwidrigkeitsbegriff wird dabei durch ein bewegliches System konkretisiert. dd) Konkretisierung durch Interessenabwägung Dechamps greift zur Bestimmung der guten Sitten die zum Wettbewerbsrecht entwickelte Interessenabwägung auf, wonach auf der ersten Stufe die betroffenen Interessen festzustellen, sodann auf der zweiten Stufe deren Schutzwürdigkeit zu prüfen und diese schließlich auf der dritten Stufe gegeneinander abzuwägen 585 Koller, JZ 1985, 1013; hierauf abstellend auch Armspach, S. 189; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 31. 586 Koller, JZ 1985, 1013 [1017]. 587 Koller, JZ 1985, 1013 [1018]. 588 Koller, JZ 1985, 1013 [1018]. 589 Koller, JZ 1985, 1013 [1020]. 590 MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 156; ders., ZHR 143 (1979), 174 [188 ff.]. 591 MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 145. 592 MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 147.
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seien.593 Für die Beurteilung einer Darlehensvergabe in der Krise sollen dabei insbesondere für die Vergabe eines Sanierungsdarlehens die Erfolgschancen einer Sanierung als objektives Element und auch Faktoren aus der Person der Beteiligten und öffentliche Belange eine Rolle spielen. Im Hinblick auf die höhere Rechtssicherheit soll es zur Bestimmung der guten Sitten dabei vornehmlich auf objektive Gesichtspunkte ankommen. Vor dem Hintergrund der Funktion des § 826 BGB, reine Vermögensschäden selektiv in den Schutzbereich des Deliktsrechts einzubeziehen, stellt Wagner für eine Konkretisierung des Sittenwidrigkeitsbegriffs entscheidend darauf ab, was in der Sache zu einer funktionalen Interpretation des Sittenwidrigkeitsbegriffs in § 826 BGB führe.594 5. Schädigungsvorsatz In Rechtsprechung und Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, daß in bezug auf die Schädigung – nicht jedoch hinsichtlich des Sittenwidrigkeitsurteils – stets zumindest ein bedingter Vorsatz vorliegen müsse.595 Im Rahmen der Vergabe von Sanierungsdarlehen sind die an den Schädigungsvorsatz zu stellenden Voraussetzungen umstritten. Zum Teil wird gesagt, der erforderliche Schädigungsvorsatz solle bei Vorliegen eines eigensüchtigen Handelns vermutet werden.596 Überwiegend wird dabei auch die Auffassung vertreten, daß von der Art und Weise des sittenwidrigen Verhaltens auf den Schädigungsvorsatz geschlossen werden könne.597 Ausreichend sei zudem die Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände, um auf den Schädigungsvorsatz schließen zu können.598 593 Dechamps, S. 96 ff., hierzu Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [188 ff.]; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [207]. 594 MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 10 ff. 595 BGH, Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250 / 02, NJW 2004, 3035 [3038 f.]; BGH, Urt. v. 15. 1. 1988 – V ZR 183 / 86, BGHZ 103, 72 [82]; BGH, Urt. v. 24. 9. 1987 – III ZR 187 / 86, BGHZ 101, 380 [388]; BGH, Urt. v. 20. 5. 2003 – VI ZR 312 / 02, NJW 2003, 2825 [2826]; OLG Oldenburg, Urt. v. 10. 2. 2000 – 8 U 187 / 99 , NZG 2000, 555 [557]; Armspach, S. 89; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 67; Canaris, ZHR 163 (1999), 206 [214 f.]; De Meo, S. 293 Rn. 308; Engert, S. 62; M. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 289; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 59; M. Schmitz, S. 54; Serick, I, § 31 II. 2., S. 108; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 29, 33. 596 RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [51, 52]; BAG, Urt. v. 3. 9. 1998 – 8 AZR 189 / 97, ZIP 1999, 24 [28]; BGH, Urt. v. 4. 7. 1961 – VI ZR 236 / 60, WM 1961, 1126 [1127]; OLG München, Urt. v. 1. 10. 2002 – 30 U 855 / 01, NJW 2003, 144 [146]; Ahnert, BKR 2002, 254 [257]; Coing, WM 1980, 1026 [1029]; Dechamps, S. 114, 116 f.; Deutsch / Ahrens, Rn. 236; Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [278]; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 64; Baumbach / Hopt / Merkt, (7) BankGesch G / 31; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3231]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.140; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 75; Olbers, S. 131 f., 138 mit Fn. 54; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [203]; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 154; MünchHdb.GesR III / Schiessl, § 35 Rn. 14; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 33; Palandt / Thomas, § 826 Rn. 9, 12. 597 BGH, Urt. v. 20. 3. 1995 – II ZR 132 / 85, BGHZ 129, 136 [176]; Canaris, BVR, Rn. 136; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, Rn. 3 / 38a; Soergel / Hönn / Dönneweg,
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Die Gegenauffassung tritt für eine weitgehende Normativierung des Schädigungsvorsatzes und eine Einbeziehung grober Fahrlässigkeit ein.599 Zum Teil werden auch weitgehende Beweiserleichterungen zugelassen. So soll von einem grob fahrlässigen Handeln auf das Vorliegen eines Vorsatzes geschlossen werden können.600 Auch soll der Schädigungsvorsatz dann entfallen, wenn die wirtschaftliche Krise des Unternehmens bereits allgemein bekannt geworden ist, etwa in der Presse, und die Bank dann ein Darlehen ohne Sanierungsfähigkeitsprüfung gewährt.601 Engert hat den Schädigungsvorsatz dahingehend präzisiert, daß dieser zum einen ein intellektuelles Moment voraussetze, das gegeben sei, wenn der Täter die Schaffung einer unerlaubten Gefahr durch sein Handeln erkenne, insbesondere ihm diese bewußt sei, was bei professionell handelnden Kreditgebern unterstellt werden könne; zum anderen setze der Schädigungsvorsatz ein voluntatives Element voraus, das gegeben sei, wenn sich der Täter von der Gefährdungshandlung einen erheblichen Gewinn verspreche, wobei an die Erheblichkeit des zu erwartenden Gewinns keine zu hohen Anforderungen zu stellen seien. Diese Gewinnaussicht müsse dem Täter bewußt gewesen sein. Professionellen Kreditgebern seien ihre Gewinnaussichten stets bewußt. 602
6. Stellungnahme Bei der Diskussion um die Haftung der Bank gegenüber den Mitgläubigern wegen der Beteiligung an einem Sanierungsversuch sind zwei Problembereiche voneinander zu trennen: Zum einen geht es um die Entwicklung eines adäquaten materiellen Haftungskriteriums (Haftungsgrund). Zum anderen geht es darum, wie dieses materielle Haftungskriterium umzusetzen ist (Haftungsnorm).
§ 826 Rn. 67; Jost, S. 182 f.; Kötz, Deliktsrecht, Rn. 666; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 53, 60; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 98; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [203]; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 33; Palandt / Thomas, § 826 Rn. 9; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 26. 598 BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233]; OLG Oldenburg, Urt. v. 10. 2. 2000 – 8 U 187 / 99, NZG 2000, 555 [557]; Busche, S. 223; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 86; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 33. 599 Gawaz, Rn. 230, 233 ff., 279 f., 369; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 823 Rn. 470, § 826 Rn. 60, 150, ders., ZHR 143 (1979), 174 [182 f.]. 600 BGH, Urt. v. 14. 4. 1986 – II ZR 132 / 85, WM 1986, 904 ff.; BGH, Urt. v. 11. 11. 1966 – Ib ZR 91 / 64, NJW 1967, 493 [495]; Armspach, S. 91, 110 f.; Grunwald, S. 215; Koller, JZ 1985, 1013 [1020]; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 60; Palandt / Thomas, § 826 Rn. 12; Wenzel, Risiken, S. 253; Wittig, NZI 1998, 49 [52]. 601 Batereau, WM 1992, 1517 [1521]; Gawaz, Rn. 363 f.; Obermüller, ZIP 1980, 1059 [1061]; ablehnend Engert, S. 184 f. 602 Engert, S. 147 ff.
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a) Zum Haftungsgrund Zu Recht wird heute603 von einer festen Tatbestandsbildung Abstand genommen, da sie sich als zu wenig flexibel erwiesen hat und auch nicht alle relevanten Konstellationen zu erfassen vermag.604 Zwar ist das Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit insbesondere in bezug auf die Kalkulierbarkeit von Haftungsrisiken wünschenswert.605 Jedoch ist dies mit den bewußt offen gehaltenen Tatbeständen der §§ 138 Abs. 1, 826 BGB unvereinbar. Die Bildung fester Tatbestandsmerkmale birgt daher die Gefahr in sich, zahlreiche haftungsrelevante Aspekte aus der Sittenwidrigkeitsbeurteilung auszublenden und damit Schutzlükken zu verursachen. Diese können nicht auf Kosten des Haftungsziels in Kauf genommen werden606, sofern ausreichende Wertungskriterien zur Verfügung stehen. Aber auch die von Rechtsprechung und Schrifttum vertretene Fallgruppenbildung vermag nicht zu überzeugen. Bedenklich hieran ist insbesondere, daß konkrete Prüfungspflichten der Bank zugunsten der Mitgläubiger hierbei vorausgesetzt werden. Solche Prüfungspflichten sind aber das Ergebnis materieller Haftungskriterien, die bislang insbesondere von der Rechtsprechung nicht hergeleitet worden sind. Nicht zu überzeugen vermag auch die von Engert entwickelte Lösung des Vertrauens in Kreditkaskaden. Zutreffend ist zwar, daß zwischen der Bank und den Mitgläubigern des Krisenunternehmens regelmäßig eine Informationsasymmetrie besteht. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Bank die für die Prüfung der Sanierungsfähigkeit und des Sanierungsplans erforderlichen Informationen von dem Krisenunternehmen bereits im Rahmen der Kreditprüfung erhält. Auch wird die Bank meist aufgrund der Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen das Ausmaß der Krise leichter erkennen können als die Mitgläubiger. Daher besteht zwischen der Bank und den Mitgläubigern in aller Regel eine Informationskostenasymmetrie. Ferner ist die Information, in die Gläubiger ihr Vertrauen setzen, nämlich die Frage der Sanierungsfähigkeit bzw. der Erfolgsaussichten des Sanierungsversuchs, gesamtgesellschaftlich produktiv. Jedoch führt diese nicht stets dazu, daß die Bank verpflichtet ist, die Kreditprüfung „als Sachwalter“607 fremder Interessen, nämlich der Mitgläubiger, auszuüben.608 Übersehen wird hierbei, daß die Mitgläubiger den Kreditgeber für die Vornahme der Kreditprüfung und damit für das Ablehnend bereits RG, Urt. v. 21. 12. 1933 – VI 196 / 33, RGZ 143, 48 [52]. Vgl. BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Dechamps, S. 81; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 145 in Fn. 246; ders., ZHR 143 (1979), 174 [185 f.]; für einen einheitlichen Tatbestand der sittenwidrigen Kreditgewährung unter Inkaufnahme etwaiger Schutzlücken demgegenüber jüngst Engert, S. 157 ff. 605 Coing, WM 1980, 1026 [1028]; Dechamps, S. 68; Gawaz, Rn. 379. 606 So aber Engert, S. 165 f. 607 So Engert, S. 179. 608 Jost, S. 221; Kötz, Festschr. f. Drobnig, 1998, S. 563 [567 f., 569 ff.]; Magoulas, Ökonomische Analyse, S. 23 [28 ff.]; Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [35]; H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1, 16 / 4.2; in dieser Allgemeinheit zweifelhaft dagegen BGH, Urt. v. 27. 11. 1990 – XI ZR 308 / 89, NJW 1991, 693. 603 604
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in Anspruch genommene Vertrauen nicht entschädigen.609 Die mit der Prüfung der Erfolgsaussichten des Sanierungsversuchs einhergehenden Kosten hat zunächst allein die Bank aufzuwenden, insbesondere handelt es sich bei diesen nicht um Zufallsinformationen. Auch kann die Bank die hierfür erforderlichen Kosten nicht anderweitig auf die Gläubiger abwälzen.610 Die Begründung einer Prüfungspflicht auch gegenüber den Mitgläubigern würde zu einem erhöhten Haftungsrisiko und damit zu einer Verteuerung der Kreditprüfung führen. Die Bank würde diese erhöhten Kosten auf das Krisenunternehmen abwälzen. Dies würde das Sanierungsdarlehen erheblich verteuern und damit auch den Sanierungserfolg in Frage stellen. Es käme zu einer Quersubventionierung zugunsten der Mitgläubiger. Der Ausschluß von Kreditrationierung würde dann um den Preis der Verteuerung von Krediten erkauft. Zumindest große Kreditgeber würden bei einer Kreditprüfung diese Haftungsrisiken selbst dann mit berücksichtigen, wenn sie nicht Anführer einer Kreditkaskade wären, weil kein Kreditgeber weiß, ob er eine Kreditkaskade anführt bzw. auslöst. Durch die Begründung einer Prüfungspflicht der Bank gegenüber den Mitgläubigern würde dieser der Anreiz genommen, die Erfolgsaussichten des Sanierungsversuchs überhaupt zu ermitteln.611 Bei der Feststellung der Erfolgsaussichten handelt es sich aber um eine werterhöhende Information, weil das Unternehmen dann nicht zerschlagen werden sollte. Es ist aber auch fraglich, ob es eines Vertrauens in Kreditkaskaden überhaupt bedarf, um das Problem der Kreditrationierung zu lösen. In der Krise wird das Unternehmen die für die Durchführung einer Sanierung erforderlichen Mittel in der Regel von einem großen Kreditgeber erhalten. Eine drohende Haftung wegen des Vertrauens anderer Kreditgeber in eine ausgelöste Kreditkaskade würde eher dazu führen, daß es zu einer Kreditrationierung durch diese großen Kreditgeber käme. Maßgeblich für die Entscheidung über die Kreditgewährung ist die Frage, ob die Kreditrisiken hinreichend abgesichert werden können. Sofern dies möglich ist, wird ein Vertrauen in eine Kreditkaskade nicht maßgeblich für die Kreditentscheidung sein. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Besicherung nicht möglich ist. Der Kreditgeber wird ein Darlehen in diesem Fall nur dann gewähren, wenn der zu erwartende Gewinn den Erwartungswert des Schadens, also den im Falle einer Insolvenz entstehenden Schaden multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz, übersteigt. Insoweit kann es in der Tat zu einer Kreditrationierung kommen, weil die ungesicherten Gläubiger die Insolvenzwahrscheinlichkeit nicht hinreichend abschätzen können. Allerdings wird diesem Effekt jedenfalls teilweise durch die gesetzlichen Insolvenzantragspflichten entgegengewirkt. Soweit es dennoch zur Kreditrationierung kommt, dürfte diese kaum wesentlich ins Gewicht fal609 Vgl. auch Bohrer, S. 310 mit Fn. 58; Damm, JZ 1991, 373; Picker, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 397 [403, 405]; Rohe, BKR 2003, 267 [270]. 610 Vgl. BGH, Urt. v. 7. 2. 2002 – III ZR 1 / 01, NJW 2002, 1196 f.; Canaris, Festschr. f. Schimansky, 1999, S. 43 [66]; Jost, S. 235; Land, S. 53 f.; H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 6.5.2. 611 Vgl. Aden, MDR 1979, 891 [893 f.]; Koller, JZ 1985, 1013 [1021]; Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [193 f.]; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 76.
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len und ist insbesondere vor dem Hintergrund sonst steigender Kreditkosten hinzunehmen. Im übrigen dürfte das Modell der Kreditkaskaden auch deshalb für eine Begründung konkreter Rücksichtnahmepflichten nicht taugen, weil den Finanzierungsentscheidungen der Darlehensgeber regelmäßig völlig unterschiedliche Risikoabschätzungen zugrunde liegen. Ob eine Bank das Risiko einer Darlehensvergabe eingeht, hängt nicht zuletzt von der Risikofreudigkeit des Darlehensgebers ab und dessen Einschätzung der Schadenswahrscheinlichkeit. Diese divergieren aber von Darlehensgeber zu Darlehensgeber. Ferner ist fraglich, ob mit dem Merkmal der Interessendivergenz ein hinreichendes materielles Entscheidungskriterium gefunden ist. Wie gezeigt, divergieren die Interessen von Kreditgebern hinsichtlich der Kreditentscheidung schon im Hinblick auf die Möglichkeit einer Besicherung des Darlehens. Das Vorliegen von Interessendivergenzen dürfte daher die Regel darstellen612, insbesondere weil die erwartete Rückzahlung eines besicherten Kredits stets hoch ist. Auch die Konkretisierung von Interessendivergenzen im Sinne risikoloser Vorteile vermag die Problematik der Kreditgeberhaftung nur teilweise zu erfassen. Insbesondere führt das Vorliegen einer qualifizierten Interessendivergenz nicht dazu, daß die Fortführung des Unternehmens für die Gesamtheit der Anspruchsinhaber praktisch immer mit Verlustrisiken verbunden ist. Ist das Unternehmen sanierungsfähig, kann das Unternehmen den Sanierungsversuch zum Erfolg bringen. Dann profitieren hiervon auch die Mitgläubiger. Es kommt zu positiven externen Effekten. Der maßgebliche Grund für die Haftung wegen eines risikolosen Vorteils kann daher nicht in der Enttäuschung des Vertrauens in eine Kreditkaskade gesehen werden. Problematisch ist das Vorliegen eines risikolosen Vorteils vielmehr dann, wenn sich die Bank gegenüber den Mitgläubigern opportunistisch verhält, indem sie sich etwa einen Sondervorteil verschafft. Ein solcher Sondervorteil liegt dann vor, wenn die Gläubiger der Bank diesen nicht zugestanden hätten, hätten sie hierüber verhandelt. Der risikolose Vorteil begründet nur dann eine Haftung der Bank. Das Problem eines opportunistischen Verhaltens kann sich aber auch dann stellen, wenn die Bank keinen risikolosen Vorteil hat, sondern im Gegenteil risikofreudig handelt, wie etwa dann, wenn sie selbst mit Eigenkapital an dem Unternehmen beteiligt ist. In diesem Fall droht der Bank bei einem Zusammenbruch des Unternehmens ein erheblicher Schaden, der über die (abgesicherten) Kreditrisiken hinausgeht. Dies kann dazu führen, daß die Bank selbst dann einen Sanierungsversuch unterstützt, wenn das Unternehmen aus dem Markt ausscheiden sollte, etwa um den Sanierungsversuch dafür zu nutzen, ihre Beteiligung an dem Unternehmen auf einen Dritten zu übertragen und so aus dem Unternehmen auszuscheiden. Insoweit handelt die Bank wie ein ungesicherter Gläubiger. Auch soweit Rechtsprechung und Schrifttum den Sittenwidrigkeitsbegriff unter Rückgriff auf die Motive der Bank, insbesondere das Merkmal des Eigennutzes 612
Vgl. Engert, S. 105 ff.
§ 10 Die Verantwortlichkeit der Bank gegenüber Dritten
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bestimmen, ist damit der materielle Haftungsgrund noch nicht hinreichend erfaßt. Zwar ist das Merkmal des Eigennutzes im Sinne eines eigensüchtigen Verhaltens der Bank zu verstehen, weil es eine uneigennützige Darlehensvergabe nicht gibt. Ob haftungsbegründende Eigensucht oder legitimer Eigennutz der Bank vorliegt, ist jedoch das Ergebnis eines auf der Grundlage von materiellen Entscheidungskriterien herbeigeführten Wertungsprozesses. Dagegen ist Eigensucht nicht bereits selbst ein materielles Haftungskriterium. Insbesondere begegnet das Abstellen auf die Beweggründe der Bank bei der Darlehensvergabe insoweit Bedenken, als die durch ihre Beteiligung an der Krise verursachten negativen externen Effekte unabhängig davon eintreten, was die Bank mit ihrer Beteiligung bezweckt. Allerdings ist mit dem Merkmal der Eigensucht insoweit ein wichtiges Ziel der Kreditgeberhaftung in der Unternehmenskrise angesprochen, nämlich die Vermeidung opportunistischen Verhaltens. Denn unter den Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung ein eigensüchtiges Verhalten der Bank angenommen hat, liegt ein solches Verhalten der Bank vor.613 Soweit im Schrifttum auf subjektive Elemente für die Begründung des Sittenwidrigkeitsbegriffs verzichtet wird, werden häufig kaum handhabbare Haftungskriterien entwickelt, insbesondere nicht durch die Annahme eines beweglichen Systems oder der Vornahme einer Interessenabwägung.614 Daß sich aus der „Macht der Banken“ oder der „Sonderstellung der Banken im Wirtschaftsverkehr“ keine konkreten Handlungspflichten ableiten lassen, ist an anderer Stelle bereits dargelegt worden.615 Unberücksichtigt geblieben ist in der Diskussion um eine Kreditgeberhaftung in der Krise bislang insbesondere, daß es zunächst die Parteien selbst sind, die für eine angemessene Verteilung der Risiken sorgen und auch zu sorgen haben. Soweit dies nicht möglich ist, etwa weil die Kosten für eine entsprechende Vereinbarung zu hoch sind, trifft das Gesetz entsprechende Zuteilungen. Wird die grundsätzliche Risikozuweisung etwa durch den Eintritt der Krise in Frage gestellt, ist es wiederum an den Parteien selbst, die Risiken anders zuzuweisen. Da dies in der Realität bei Eintritt der Unternehmenskrise aber nicht vorkommt, muß die Rechtsordnung eine entsprechende Zuweisung treffen. Das Bestehen eines Wissensvorsprungs, die Überschreitung der Kreditgeberrolle, die berufliche Sachkunde und ähnliche Kriterien können insoweit einen Anlaß geben, eine abweichende Risikozuweisung in Betracht zu ziehen, begründen diese aber noch nicht. Auch Leitungsmacht und faktische Geschäftsführung sind zunächst lediglich Anlaß, eine abweichende Risikozuweisung zu treffen, begründen diese aber noch nicht. Diese ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Parteien, hätten sie hierüber verhandelt, eine solche auch getroffen hätten. Dabei kommt dem Effizienzkriterium eine entscheidende Bedeutung zu.616 613 Anschaulich BGH, Urt. v. 10. 2. 2005 – IX ZR 211 / 02, NJW 2005, 1121 [1124] zur Haftung des Schuldners wegen Insolvenzverschleppung. 614 Koller, JZ 1985, 1013 [1015 f.]; Kruppa, S. 48. 615 s. hierzu § 5 I. 2. b). 616 Koller, JZ 1985, 1013 [1017 ff.]; in diese Richtung auch Armspach, S. 189 f.
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
b) Zur Haftungsnorm Auf Bedenken stößt ferner die von der herrschenden Meinung befürwortete Anwendung des § 826 BGB. Auch in anderen Bereichen, in denen es um die Haftung für die Verursachung primärer Vermögensschäden geht – wie etwa der gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung – wird diese Norm fruchtbar gemacht, um eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung zu vermeiden.617 Problematisch an der Anwendung des § 826 BGB ist jedoch, daß dessen subjektive Elemente dabei ausgehöhlt werden.618 Die zu weitgehenden Haftungsvoraussetzungen des § 826 BGB werden aufgeweicht und faktisch durch eine Haftung für grobe Fahrlässigkeit ersetzt, auch wenn formal zumindest an dem Erfordernis eines Schädigungsvorsatzes noch festgehalten wird.619 Besonders deutlich wird dies auch, wenn aus bestimmten äußeren Umständen, wie etwa der Professionalität auf ein entsprechendes Bewußtsein geschlossen wird, denn auch hierbei wird in der Sache auf die Feststellung eines konkreten Schädigungsvorsatzes verzichtet.620 Es ist aber auch fraglich, ob zumindest der Sittenwidrigkeitsbegriff verobjektiviert werden kann. Insbesondere bedarf es zur Abgrenzung des § 826 BGB zu den anfechtungsrechtlichen Bestimmungen eines subjektiven Elements. Die Bemühungen um eine Aufweichung des Sittenwidrigkeitsbegriffs und des Schädigungsvorsatzes verdeutlichen vielmehr, daß § 826 BGB nicht die „ideale“ Haftungsnorm, sondern vielmehr eine Verlegenheitslösung ist. Wer § 826 BGB in seinen einzelnen Tatbeständen so weitgehend öffnet, schafft damit in der Sache einen Sondertatbestand621, obschon das deutsche Recht eine Fahrlässigkeitshaftung für die Verursachung reiner Vermögensschäden gerade nicht kennt.622 Mit den Grundgedanken des § 826 BGB ist ein solches Haftungskonzept nicht vereinbar.623 Besonders deut617 Ehricke, AcP 199 (1999), 256 [287, 289, 297 f., 303, 304]; Emmerich, NZG 2000, 558 f.; s. etwa anschaulich BGH, Urt. V. 20. 9. 2004 – II ZR 302 / 02, WM 2004, 2254 ff. (Haftung der Gesellschafter einer GmbH wegen planmäßiger Entfernung und Verlagerung von Vermögen). 618 Vgl. Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [39]; Damm, JZ 1991, 373 [384]; Hopt, AcP 183 (1983), 608 [633]; Jost, S. 75 f.; Möschel, AcP 186 (1986), 187 [218 ff., 221]; H.-B. Schäfer, AcP 202 (2002), 808 [836 f.]; Wiegand, S. 125 ff. 619 Kraßer, S. 258. 620 So deutlich Engert, S. 150 in Fn. 658. 621 K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S. 358 [373]; Kötz / H.-B. Schäfer, S. 132 ff.; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 32; M. Schmitz, 144 f.; sehr deutlich wird dies bei Busche, S. 156, 160, 651; F. Müller, S. 75 f. 622 M. Schmitz, S. 146. 623 Zutreffend Assmann, Prospekthaftung, S. 246; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [38 f.]; ders., BVR, Rn. 136 f.; ders., ZHR 163 (1999), 206 [214 f.]; Ebke, Wirtschaftsprüfer, S. 53, 55 f.; Hölscheidt, S. 326; Lutter / Hommelhoff, § 13 Rn. 8; Honsell, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 211 [214 ff.]; K. Huber, Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S. 358 [375]; Kamm, S. 165 f.; Kruppa, S. 43 f.; Lammel, AcP 179 (1979), 337 [342]; Möschel, AcP 186 (1986), 187 [211, 221]; Papst, S. 99; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 29 Rn. 31; Rümker, ZHR 143
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lich wird dies, soweit sogar für eine Normativierung des Schädigungsvorsatzes eingetreten wird. Vielmehr werden durch die Anwendung des § 826 BGB erhebliche dogmatische Schwierigkeiten aufgeworfen, die die eigentlich maßgeblichen Wertungskriterien zu verdecken drohen.624 Auch dies hat eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge.625 Nicht zu überzeugen vermag auch der Hinweis, daß die Kreditgeberhaftung eher dem Deliktsrecht zuzuordnen sei, weil dies dem Grundgedanken der Begrenzung der Haftung für die Verursachung reiner Vermögensschäden näher komme als das Vertragsrecht, das grundsätzlich eine Haftung für die Verursachung reiner Vermögensschäden vorsehe und sich dann die Frage nach einer Begrenzung stelle.626 Denn jedenfalls für die Verursachung reiner Vermögensschäden bei Dritten enthält auch das Vertragsrecht mit dem Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse eine strikte Begrenzung bereit. Angesichts der noch wenig geklärten Grenzen dieses Grundsatzes627 mutet die Haftungsbegrenzung des Vertragsrechts insoweit noch strenger an als die des Deliktsrechts. Die Haftungsnorm läßt sich daher weder dem Vertrags- noch dem Deliktsrecht zuordnen.
VI. Haftung nach Sonderdeliktsrecht Ein weiterer Vorschlag zur Begründung von Verhaltens- und Sorgfaltsanforderungen zum Schutz fremden Vermögens und damit auch einer möglichen Haftungsnorm für Mitgläubiger gegenüber sich am Sanierungsversuch beteiligender Banken ist unter dem Stichwort der deliktischen Haftung in Sonderbeziehungen von Brüggemeier entwickelt worden. Diese Schutzpflichten fänden ihre dogmatisch-konstruktive Grundlage in einem gesetzlichen Schuldverhältnis, das nicht dem Vertragsrecht zuzuordnen, sondern aufgrund der geschützten Interessen Anwendungsfälle des deliktischen Prinzips seien, als solche aber nicht dem allgemeinen Deliktsrecht der §§ 823 ff. BGB, sondern einem Sonderdeliktsrecht unterfielen.628 Das damit geschaffene Sonderdeliktsrecht wird als „dritte Spur“ neben der Verschuldens- und Gefährdungshaftung als Unterfall der Verhaltenshaftung verortet.629 Nach Auffassung von Brüggemeier sei die Berufshaftung als Teil der (1979), 195 [196]; M. Schmitz, S. 141 f.; Wiegand, S. 125 ff.; Zugehör, NJW 2000, 1601 [1608]. 624 Vgl. Canaris, Systemdenken, S. 50; dens., Festschr. f. Schimansky, 1999, S. 43 [46]; dens., JZ 1968, 494 [499]; Gilles, JZ 1975, 305 [311]; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 36, 37 f., 39. 625 Koller, JZ 1985, 1013 [1015 f.]. 626 So Engert, S. 147. 627 s. hierzu § 3 III. 628 Brüggemeier, AcP 182 (1982), 385 [423 f., 436, 448, 450 f.]; ders., AG 1982, 268 [277]. 629 So deutlich Brüggemeier, AG 1982, 268 [276 f.].
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Sonderdeliktshaftung schon de lege lata begründbar630, wohingegen Köndgen, der ebenfalls für eine Sonderdeliktshaftung bestimmter Sachverständiger eintritt631, ein solches Haftungskonzept nur de lege ferenda für möglich hält632. Gegen die Begründung von Sonderdeliktsrecht spricht jedoch, daß damit die Gefahr einer Ausdehnung der deliktischen Tatbestände und damit eine nahezu uferlose Haftung droht. Dies ist im Hinblick auf die Grundentscheidung des Gesetzgebers, auf die Normierung einer deliktsrechtlichen Generalklausel zu verzichten, abzulehnen. Gegen dieses Haftungskonzept sprechen daher dieselben Bedenken wie gegen die Entwickelung eines Deliktsrechts als bewegliches System.633
VII. Zusammenfassung Auch aus dem Deliktsrecht ergibt sich keine passende Norm für eine Haftung der Bank gegenüber den Mitgläubigern. Insbesondere § 826 BGB eignet sich als Haftungsnorm aufgrund der sehr strengen Anspruchsvoraussetzungen nicht. Die von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Haftungskriterien, insbesondere das Merkmal eigensüchtigen Verhaltens, können eine abweichende Risikozuweisung begründen. Dennoch ist damit noch kein handhabbares materielles Haftungskriterium gewonnen. Im folgenden Teil der Untersuchung ist daher sowohl ein eigenständiger, handhabbarer Haftungsgrund als auch eine eigenständige Haftungsnorm zu entwickeln.
§ 11 Die hypothetische Beteiligung der Mitgläubiger am Sanierungsversuch und ihre Umsetzung in der Rechtsordnung Im Ersten Teil dieser Untersuchung ist herausgearbeitet worden, daß eine zentrale Aufgabe des Vertragsrechts darin besteht, Verhandlungslösungen zwischen den Beteiligten dort zu simulieren, wo diese in der Realität nicht stattfinden, sei es, weil diese mit prohibitiv hohen Transaktionskosten verbunden sind, sei es, weil sich eine Partei unfair (opportunistisch) verhält. Dies ist bei Eintritt der Krise in aller Regel der Fall, weil eine Verhandlung der Beteiligten, insbesondere auch unter Einbeziehung sämtlicher Mitgläubiger zu kostenaufwendig wäre. Auch beBrüggemeier, AcP 182 (1982), 385 [423 f., 436, 447]; ders., AG 1982, 268 [277]. Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [47 f.]; ebenso Brüggemeier, AcP 182 (1982), 385 [423 f., 436]. 632 Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [48]. 633 Albrecht, S. 89 f., 92 f.; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [83, 92, 106]; ders., ZHR 163 (1999), 206 [218 ff.]; Kümmeth, S. 27 ff.; Teubner, ZHR 154 (1990), 295 [313]; ders., ZHR 165 (2001), 550 [558 f.]. 630 631
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stünde das Problem, daß einige Gläubiger irrational reagieren und die Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen sofort abbrechen würden. Im folgenden ist zunächst auf die Voraussetzungen einer solchen hypothetischen Risikozuweisung einzugehen (I.), ehe die Frage geklärt wird, wie sich eine abweichende hypothetische Risikozuweisung in der Rechtsordnung umsetzen läßt (II.).
I. Die hypothetische Risikozuweisung durch die Beteiligten Nach dem hier vertretenen Lösungskonzept kommt eine Kreditgeberhaftung in der Krise nur dann in Betracht, wenn die Beteiligten bei einer hypothetischen Verhandlung die Risiken des Sanierungsversuchs der Bank zugewiesen hätten. Es stellt sich mit anderen Worten die Frage, wie die Beteiligten, also das Krisenunternehmen, die Bank sowie sämtliche Mitgläubiger, die Risiken der Unternehmenskrise und des Sanierungsversuchs zugewiesen hätten, hätten sie sich bei Eintritt der Krise zusammengesetzt und über die Vornahme eines Sanierungsversuchs beraten. Soweit die Risiken bei dem Krisenunternehmen sowie den Mitgläubigern belassen worden wären, entspricht dies der durch den caveat creditor-Grundsatz getroffenen Risikozuweisung, und eine Kreditgeberhaftung kommt dann nicht in Betracht. Ob die Mitgläubiger einem Sanierungsversuch durch eine Beteiligung der Bank und der damit einhergehenden Schmälerung der Haftungsmasse durch die Übertragung von Unternehmensvermögen als Sicherheiten sowie der Gefahr einer weiteren Schmälerung der Haftungsmasse durch die Verzögerung der Liquidation bei einem Scheitern des Sanierungsversuchs zugestimmt hätten, ist zunächst danach zu beurteilen, welche Interessen die Gläubiger des Unternehmens verfolgen. Hierbei ist zwischen den gesicherten und den ungesicherten Gläubigern zu unterscheiden.
1. Die Verhaltensweisen gesicherter und ungesicherter Gläubiger Für die Ermittlung des hypothetischen Gläubigerverhaltens ist zunächst zu berücksichtigen, daß für die Gläubiger bei einer erfolgreichen Sanierung die vollständige Befriedigung ihrer Forderungen möglich ist. Andererseits droht bei einem Scheitern des Sanierungsversuchs ein Totalausfall. Die Wahrscheinlichkeit des Eintretens des einen oder des anderen Falles hängt maßgeblich davon ab, wie hoch die Erfolgsaussichten des Sanierungsversuchs sind. Es hat daher den Anschein, als müßte sich die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung zu einem Sanierungsversuch primär danach ausrichten, wie wahrscheinlich das Scheitern der Sanierung ist und welche Schäden dies zur Folge hätte. Dennoch wird sich die Entscheidung der Gläubiger nicht an den Erfolgaussichten des Sanierungsversuchs orientieren. Maßgeblich wird vielmehr sein, ob die Gläubiger ihre Forderungen (hinreichend) besichert haben oder nicht. Gesicherte
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Gläubiger würden in der Krise im Zweifel einer Sanierung nicht zustimmen, denn für diese besteht ohnehin kein Ausfallrisiko. Sie würden einer Sanierung ablehnend gegenüberstehen, weil sie an einem Gelingen der Sanierung kein Interesse haben, wohl aber das Risiko eines Wertverlustes ihrer Sicherheiten scheuen. Gesicherte Gläubiger handeln daher risikoavers. Bei den gesicherten Gläubigern handelt es sich stets um Vertragsgläubiger. Ungesicherte Gläubiger dagegen würden einer Sanierungsmaßnahme schon dann zustimmen, wenn ein Erfolg der Sanierung jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, da sie bei einer Insolvenz des Unternehmens ein hohes Ausfallrisiko zu tragen und damit selbst bei einem Scheitern des Sanierungsversuchs wenig zu verlieren hätten.634 Ungesicherte Gläubiger handeln daher risikofreudig. Die Gruppe der ungesicherten Gläubiger setzt sich meist aus den Kleingläubigern, den Arbeitnehmern sowie den Zwangsgläubigern zusammen. Die Entscheidungen beider Gläubigergruppen wären jeweils ineffizient, da sie sich nicht an dem Erwartungswert des Schadens orientieren würden. Eine Sanierung des Unternehmens sollte jedoch nur dann betrieben werden, wenn die Nutzung der Ressource in dem Unternehmen einen höheren Wert besitzt als dies bei einer Nutzung außerhalb des Unternehmens der Fall wäre.635 Nicht risikoavers oder risikofreudig, sondern risikoneutral handelnde Gläubiger würden für eine Sanierung des Unternehmens stimmen, wenn dadurch der Erwartungswert der Vermögenswerte des Unternehmens zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Fortführung gesteigert würde und zwar selbst dann, wenn das Risiko eines Scheiterns der Sanierung und damit einhergehend eine Absenkung der Insolvenzquote bestehen würde.636 Für die Ermittlung der hypothetischen Verhandlungslösung kann es daher nur darauf ankommen, wie risikoneutral handelnde Gläubiger die Risiken des Sanierungsversuchs zugewiesen hätten. Die Besicherung der Darlehen ist dagegen außer Betracht zu lassen, da nur bei Geltung der par condicio creditorum-Regel eine effiziente Entscheidung über die Fortführung des Unternehmens gewährleistet ist und die Geltung der Vorrangregel, wie sie bei der Besicherung von Darlehen gilt, zu ineffizienten Verhaltensweisen bei den Gläubigern führen würde.637 Da bei bestehender Sanierungsfähigkeit der Erwartungswert der Vermögenswerte des Unternehmens zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Fortführung gesteigert würde, ist davon auszugehen, daß die Mitgläubiger einem Sanierungsversuch zugestimmt hätten. Ist das Unternehmen dagegen sanierungsunfähig, hätten die Gläubiger in keinem Fall einer Sanierung zugestimmt.
634 Vgl. hierzu Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 3 Rn. 4 f.; Duttle, S. 133 ff.; Engert, S. 110 f. 635 Vgl. Duttle, S. 135 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 20 / 3, 20 / 5. 636 Vgl. H.-B. Schäfer / Ott, 20 / 5. 637 Vgl. hierzu Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 3 Rn. 4 – 6; H.-B. Schäfer / Ott, 20 / 5.
§ 11 Die hypothetische Beteiligung der Mitgläubiger am Sanierungsversuch
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2. Die Übernahme der Risiken durch die Mitgläubiger Hätten risikoneutral handelnde Gläubiger nach alledem einem Sanierungsversuch bei bestehender Sanierungsfähigkeit zugestimmt, stellt sich im Anschluß die Frage, wie risikoneutral handelnde Beteiligte die hiermit einhergehenden Risiken untereinander verteilt hätten. Danach bestimmt sich, wie diese Risiken zu verteilen sind und unter welchen Voraussetzungen hiervon abgewichen werden kann. a) Das Verhalten risikoneutraler Gläubiger Für alle Gläubiger besteht bei einem Scheitern der Sanierung die Gefahr, daß sich die zur Verfügung stehende Haftungsmasse weiter verringert, die Insolvenzquote also sinkt. Dies führt häufig zu einem weitgehenden Ausfall der noch offenen Verbindlichkeiten gegen das Schuldnerunternehmen. Möglich ist zudem, daß durch die Verzögerung der Insolvenzverfahrenseröffnung bestellte Sicherheiten entwertet werden. Der Sanierungsdarlehensgeber begründet sogar in Kenntnis der drohenden Insolvenz zu dem Schuldner eine neue Verbindlichkeit. Andererseits besteht bei einem Gelingen der Sanierung für alle Gläubiger die Chance, die noch offenen Forderungen vollständig zu befriedigen bzw. den Wert der bestellten Sicherheiten beträchtlich zu erhöhen, da diese nunmehr nicht mehr nach Zerschlagungswerten, sondern nach sog. going-concern-Werten beurteilt werden.638 Die Sanierung stellt also für alle Beteiligten ein Risikogeschäft dar.639 Insoweit kann in bezug auf die Gläubiger des Unternehmens in der Tat von einer Schicksals- oder Risikogemeinschaft gesprochen werden.640 Die Bank nimmt gegenüber den Mitgläubigern insoweit eine Sonderstellung ein, als sie die für die Sanierung erforderlichen Mittel bereitstellen soll. Ohne die Beteiligung der Bank wäre ein Sanierungsversuch von vornherein nicht möglich. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, daß risikoneutral handelnde Beteiligte der Bank eine entsprechende Absicherung dieser zusätzlichen Risiken zugebilligt hätten, um eine Chance auf Vollbefriedigung ihrer Forderungen zu erhalten. Es kann dagegen nicht davon ausgegangen werden, daß rational handelnde Beteiligte vereinbart hätten, die Bank solle allein die durch die Beteiligung am Sanierungsversuch entstehenden Nachteile, insbesondere die eintretende Wertminderung des Unternehmensvermögens, tragen. Andernfalls verblieben die Risiken eines Sanierungsversuchs bei der Bank641, die Gläubiger hätten dagegen die Chance einer Vollbefriedigung. Dann würde die Bank von vornherein die Beteiligung an einem Sanierungsversuch ablehnen, und zwar auch dann, wenn das Unternehmen Vgl. BGH, Urt. v. 27. 11. 1997 – GSZ 1 / 97 u. GSZ 2 / 97, BGHZ 137, 212 ff. Dies betonend auch Canaris, BVR, Rn. 130. 640 Gawaz, Rn. 233; Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [270]. 641 Vgl. Armspach, S. 73, 193; Barkhausen, NJW 1953, 1665; Eidenmüller, Sanierung, S. 376 f., 373; Grunwald, S. 217, 220; Koller, JZ 1985, 1013 [1023]. 638 639
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sanierungsfähig und damit fortführungswürdig ist. Da die Gläubiger selbst mit dem geringsten Kostenaufwand für eine Absicherung ihrer Kreditrisiken hätten sorgen können, ist daher davon auszugehen, daß die Beteiligten die Risiken des Sanierungsversuchs dem caveat creditor-Grundsatz entsprechend zugewiesen hätten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Darlehensgewährung der Bank nicht ausreicht und eine Sanierung nur dadurch erreicht werden kann, daß die Mitgläubiger Darlehen gewähren, insbesondere Lieferanten. Die Beteiligten hätten dann jedem Kreditgeber, der für die Sanierung erforderliche Mittel zur Verfügung stellt, auch eine Besicherung der Forderungen eingeräumt. Den nicht informierten Warenkreditgebern kann dann das Ausfallrisiko nicht allein aufgebürdet werden.642 Die Bank muß daher dafür Sorge tragen, daß auch für diese Gläubiger eine ausreichende Sicherung im Unternehmen verbleibt. Tut sie dies nicht, hat sie ihnen die durch die Beteiligung an dem Sanierungsversuch entstandenen Nachteile zu ersetzen, entweder indem sie diesen ihr übertragene Sicherheiten zur Verfügung stellt oder sie für die entstandenen Nachteile entschädigt. Praktisch umsetzen läßt sich dies dadurch, daß sich die Bank bei der Kreditgewährung Sicherheiten einräumen läßt, die auch eine Befriedigung der ungesicherten Kreditgeber ermöglicht. Da mit den Sicherheiten auch die Forderungen der ungesicherten (Waren)Kreditgeber besichert werden sollen, liegt kein Fall der Übersicherung vor. b) Die Benachteiligung der ungesicherten Gläubiger Da nach dem Gesagten die hypothetische Verhandlungslösung unabhängig davon ermittelt wird, ob es sich um gesicherte oder ungesicherte Gläubiger handelt, scheint die hier befürwortete Lösung vor allem die ungesicherten Gläubiger zu benachteiligen 643, insbesondere die Arbeitnehmer sowie Klein- und Zwangsgläubiger. Diese erleiden bei einem Scheitern des Sanierungsversuchs in der Regel einen Totalausfall mit ihren Forderungen gegen das Krisenunternehmen644, wohingegen die gesicherten Gläubiger, zu denen auch die Bank gehört, allenfalls eine Verringerung des Wertes ihrer Sicherheiten zu befürchten haben. Trotzdem werden die ungesicherten Gläubiger hierdurch nicht unangemessen benachteiligt. Vertragsgläubiger werden auf eine Besicherung ihrer Forderungen nur dann verzichten, wenn das Ausfallrisiko geringer ist als die Kosten einer Sicherheitenbestellung. Ist eine Besicherung ihrer Forderungen nicht möglich, werden sie den Vertrag nur dann schließen, wenn der Erwartungswert des Schadens (Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz x eintretender Schaden) geringer ist als die sich aus dem Zutreffend Armspach, S. 193; Grunwald, S. 226 f.; Palandt / Thomas, § 826 Rn. 38. Vgl. Wiegelmann, S. 158 f. 644 Hinsichtlich der Arbeitnehmer kann sich zumindest ein Anspruch auf Insolvenzausfallgeld ergeben. 642 643
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Vertrag ergebenden Vorteile. Ferner ist der Gläubiger, der zahlreiche Geschäfte ohne Besicherungsmöglichkeit abschließt, in der Lage, sich gegen die Insolvenz seiner Geschäftspartner zu versichern bzw. das Risiko zu streuen. Ferner muß der ungesicherte Gläubiger auch während der laufenden Geschäftsbeziehungen keine hohen Kosten für die Überwachung der Solvenz seines Geschäftspartners aufwenden. Zumeist werden insbesondere Kleingläubiger als erste von der wirtschaftlichen Krise erfahren, wenn die ihnen gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten von dem Krisenunternehmen nicht beglichen werden. Gerade die Verbindlichkeiten gegenüber Kleingläubigern werden in der Krise häufig als erste nicht mehr bedient.645 Die eintretenden Zahlungsschwierigkeiten sind für den Gläubiger ein Warnsignal, das mit keinerlei Kostenaufwand verbunden ist. Zum anderen gewährleistet auch das Gesetz in mehrfacher Hinsicht einen hinreichenden Schutz der ungesicherten Gläubiger.646 Zum einen ist der Schuldner zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet, wenn das Stadium der Insolvenzreife erreicht ist. Dieser kann mit dem geringsten Kostenaufwand seine wirtschaftliche Lage einschätzen. Die ungesicherten Gläubiger werden dann davor bewahrt, neue Verbindlichkeiten mit dem Krisenunternehmen einzugehen. Das sich in bezug auf die vor der Krise begründeten Verbindlichkeiten realisierende Ausfallrisiko haben die Gläubiger bei Vertragsschluß dagegen kalkuliert und müssen es daher auch selbst tragen. Durch die Beteiligung der Bank wird in dieses Schutzsystem nicht eingegriffen, weil die Darlehensgewährung allenfalls zur Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit, nicht aber zur Beseitigung einer Überschuldung führt. Werden die Insolvenzgründe im Rahmen eines Sanierungsversuchs beseitigt647, so ist dies auch für die ungesicherten Gläubiger von Vorteil, da das Krisenunternehmen dann wieder zahlungsfähig bzw. entschuldet worden und damit auch eine Tilgung der Verbindlichkeiten möglich ist. Soweit der Schuldner einen Insolvenzantrag verschleppt, haftet er hierfür, ebenso wie die Bank, die sich hieran beteiligt. Die ungesicherten Gläubiger werden daher durch die hier vorgeschlagene Lösung nicht unangemessen benachteiligt. Vielmehr ist ein ausreichender Schutz insbesondere durch die gesetzlichen Insolvenzantragspflichten gewährleistet. Dies wird übersehen, wenn im Schrifttum zum Teil auch während der Geschäftsbeziehungen ein aktiver Darlehensschutz gefordert wird.648 Auch vermögen aus demselben Grund Bestrebungen nicht zu überzeugen, die Organe der Gesellschaft zur Information der Gläubiger über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft anzuhalten. Nach den Vorschlägen der von der Europäischen Engert, S. 90. Vgl. Kruppa, S. 78 ff., 86 f., 89 f., 233 f., 238 f.; ebenso Boujong, Festschr. f. Odersky, 1996, S. 739; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 253; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 191. 647 Vgl. BGH, Urt. v. 2. 2. 1955 – IV ZR 252 / 54, NJW 1955, 1272 [1274]; Armspach, S. 191; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 153; Grunwald, S. 214 f.; Koller, JZ 1985, 1013 [1018]; Kruppa, S. 81 f. 648 So Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [201 f.]. 645 646
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Kommission eingesetzten Expertengruppe zur Reform des EU-Gesellschaftsrechts sollen Organmitglieder gemäß der aus dem englischen Recht stammenden „wrongful trading rule“ haften; diese Haftung geht erheblich weiter als das deutsche Recht und hat vor allem präventiven Charakter.649 Damit würde letztlich eine Durchgriffshaftung der Organmitglieder für eine unterlassene Aufklärung der Gläubiger wegen der bevorstehenden Insolvenz begründet; eine solche kann jedoch nicht ohne weiteres überzeugen, da es primär Aufgabe der Gläubiger ist, sich über die Zahlungsfähigkeit des Schuldners zu informieren und ggf. Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Die aus dem englischen Recht stammende „wrongful trading rule“ findet ihre Rechtfertigung vor allem darin, daß dort keinerlei Garantie für eine Mindestkapitalausstattung von Gesellschaften existiert. In einem solchen Fall kann es erforderlich sein, einen Schutz der Gläubiger durch entsprechende Aufklärungspflichten zu begründen. Ein solches Bedürfnis besteht im deutschen Recht nicht, weil entweder ein bestimmtes Eigenkapital garantiert ist oder die Gesellschafter persönlich für die Verbindlichkeiten haften.650 Schwieriger zu beurteilen sind die Interessen der Zwangsgläubiger, also derjenigen, die nicht aufgrund einer freien Entscheidung mit dem Krisenunternehmen in Beziehungen treten, sondern dies gar nicht verhindern können. Hierzu zählen insbesondere Deliktsgläubiger.651 Diese haben keine Möglichkeit darüber zu entscheiden, einen Vertrag mit dem Krisenunternehmen zu schließen oder das von ihnen übernommene Risiko zu kalkulieren. Gegenüber dem Unternehmen kann dies dazu führen, daß zur Vermeidung einer Kostenexternalisierung eine Durchgriffshaftung gegenüber den Gesellschaftern erforderlich ist.652 Gegenüber der Bank besteht das Erfordernis einer solchen Durchgriffshaftung im Grundsatz nicht, weil die Bank kein Risiko auf die Mitgläubiger abwälzt, indem sie eine besonders riskante Tätigkeit in eine unterkapitalisierte Gesellschaft auslagert. Vielmehr geht die Bank bei der Beteiligung an dem Sanierungsversuch selbst ein Ausfallrisiko ein. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn ein opportunistisches Verhalten der Bank vorliegt. Hierauf wird im folgenden noch näher einzugehen sein.
Maul, DB 2003, 27 [29]. Das Vorhaben, im deutschen Recht die Bestimmungen über das Mindestkapital zu lokkern, insbesondere nach dem Aufkommen ausländischer Gesellschaftsformen wie etwa der Ltd. – hierzu Altmeppen, NJW 2005, 1911 f. – ist (vorerst) gescheitert; s. nunmehr zu den Bestrebungen, das erforderliche Eigenkapital auf A 10.000,00 herabzusetzen, den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Mißbräuchen vom 29. 5. 2006. 651 H.-B. Schäfer / Ott, 18 / 1; ähnliche Erwägungen wie für die Zwangsgläubiger gelten auch für die Arbeitnehmer des Krisenunternehmens, die zwar Vertragsgläubiger sind, jedoch häufig schon aufgrund der Arbeitsmarktlage nicht „frei“ wie ein Geschäftspartner des Unternehmens darüber entscheiden, mit dem Unternehmen in vertragliche Beziehungen zu treten oder nicht; anders Engert, S. 125. 652 s. hierzu Bitter, Durchgriff, S. 184 ff., 200; H.-B. Schäfer / Ott, 24 / 3.2.1. 649 650
§ 11 Die hypothetische Beteiligung der Mitgläubiger am Sanierungsversuch
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c) Die Sanierungsfähigkeitsprüfung und ihre Risiken Den bisherigen Überlegungen lag zugrunde, daß bei Vornahme des Sanierungsversuchs jeweils feststand, ob das Unternehmen sanierungsfähig war oder nicht. Tatsächlich ist dies jedoch äußerst ungewiß. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und wann die Beteiligten vereinbart hätten, die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens zu prüfen. Ferner muß geklärt werden, wie die Beteiligten das Risiko einer fehlerhaften Sanierungsfähigkeitsprüfung verteilt hätten. Vorstellbar ist zunächst, daß die Beteiligten bei Ungewißheit über die Chancen eines Sanierungsversuchs vereinbart hätten, die Sanierung ganz ohne Sanierungsfähigkeitsprüfung durchzuführen. Dies werden die Beteiligten jedoch allenfalls dann tun, wenn der Erwartungswert des Schadens bei einem Scheitern der Sanierung unter den für die Sanierungsfähigkeitsprüfung erforderlichen Kosten liegt. Dies wird regelmäßig nicht der Fall sein, weil das Krisenunternehmen über die erforderlichen Informationen für eine hinreichende Sanierungsfähigkeitsprüfung verfügt. Der Schadenserwartungswert wird die Kosten für eine Prüfung der Sanierungsfähigkeit daher in der Regel deutlich übersteigen. Hätten die Beteiligten demnach vereinbart, eine Sanierungsfähigkeitsprüfung vorzunehmen, so hätten sie diese dem Krisenunternehmen übertragen, weil dieses mit dem geringsten Kostenaufwand hierzu in der Lage ist.653 Das Krisenunternehmen verfügt über die erforderlichen Informationen, insbesondere was die Ursachen der Krise sowie die noch vorhandenen Unternehmenswerte angeht. Hieraus folgt zugleich, daß die Bank auch den Mitgläubigern gegenüber nicht verpflichtet ist, die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens zu prüfen. Tut dies die Bank dennoch, erfüllt sie damit auch den Mitgläubigern gegenüber keine Pflicht, sondern eine reine Obliegenheit in eigener Sache. Die Bank ist daher auch nicht verpflichtet, die Prüfung durch einen externen Wirtschaftsfachmann durchführen zu lassen. Die wesentlich strengere Rechtsprechung unterstellt eine solche umfassende Prüfungspflicht der Bank, ohne diese jedoch hinreichend zu begründen. Da für die Zustimmung der Gläubiger und die Zuweisung der Risiken des Sanierungsversuchs allein die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens maßgeblich ist und diese von dem Krisenunternehmen selbst mit dem geringsten Kostenaufwand bewerkstelligt werden kann, besteht eine dahingehend Pflicht der Bank gerade nicht. Die Frage der Sanierungsfähigkeitsprüfung hat damit keine haftungsbegründende bzw. haftungsausschließende Bedeutung. Insbesondere kann die Bank die Sanierungsfähigkeit selbst durchführen oder sich sogar auf die von dem Krisenunternehmen vorgelegten Unterlagen verlassen. Entgegen älterer Judikate654 und mit Stimmen in der Litera653 Auch unter den Gläubigern können unterschiedliche Kosten für eine Sanierungsfähigkeits- bzw. Kreditwürdigkeitsprüfung anfallen; insbesondere ist es Gesellschaftern mit dem geringeren Kostenaufwand möglich, die Risiken einer Investition von Eigenkapital abzuschätzen. Insoweit kommt auch eine Haftung der Bank dann nicht in Betracht; etwas anderes gilt folgerichtig etwa bei Neuaktionären, vgl. BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 ff.; Engert, S. 67.
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
tur655 und neuerer Tendenzen in der Rechtsprechung656 ist daher auch nicht davon auszugehen, die Bank müsse vom Erfolg eines Sanierungsversuchs überzeugt sein. Bei der Teilnahme an dem Sanierungsversuch handelt es sich, wie gesagt, für alle Beteiligten um ein Risikogeschäft. Bei einem solchen ist das Abstellen auf einen bestimmten Grad an Überzeugung von vornherein kein sinnvolles Haftungskriterium.657 Wenn nach dem Gesagten die Bank grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens zu prüfen, insbesondere nicht durch einen externen Wirtschaftsfachmann, ist damit nicht gesagt, daß dem Umstand einer unterbliebenen Sanierungsfähigkeitsprüfung im Rahmen einer möglichen Kreditgeberhaftung überhaupt keine Bedeutung zukommt. Vielmehr kann eine unterlassene Sanierungsfähigkeitsprüfung ein Indiz für ein opportunistisches Verhalten der Bank sein. Hierauf wird sogleich noch zurückzukommen sein. Ist die Bank auch den Mitgläubigern gegenüber nicht verpflichtet, die Sanierungsfähigkeit zu prüfen, haftet sie grundsätzlich selbst dann nicht, wenn sie eine solche Prüfung dennoch durchgeführt hat und diese fehlerhaft war.
d) Die Erstellung und Durchführung des Sanierungsplans Für die Pflicht zu Erstellung und Durchführung eines Sanierungsplans und die damit einhergehenden Risiken gilt das zur Sanierungsfähigkeitsprüfung Gesagte entsprechend. Auch hier hätten die Beteiligten dem Krisenunternehmen die Pflicht zugewiesen, einen ausreichenden Sanierungsplan zu erstellen und diesen umzusetzen. Wiederum ist es das Krisenunternehmen, das hierzu mit dem geringsten Kostenaufwand in der Lage ist. e) Die Vergabe von Überbrückungsdarlehen Weiter stellt sich ferner die Frage, wie die Beteiligten die mit der Vergabe von Überbrückungsdarlehen verbundenen Risiken verteilt hätten. Soweit diese Darlehen die Sanierungsfähigkeitsprüfung ermöglichen sollen, ist ebenfalls davon auszugehen, daß die Gläubiger gemäß dem caveat creditor-Grundsatz diese Nachteile übernommen hätten.658 Überbrückungsdarlehen, die in der Phase der Prüfung der 654 BGH, Urt. v. 9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52, BGHZ 10, 228 [233]; ebenso BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 100. 655 Canaris, BVR, Rn. 130. 656 BGH, Urt. v. 11. 11. 1985 – II ZR 109 / 84, BGHZ 96, 231 [236]; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [399]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 [114]; OLG Köln, Urt. v. 27. 2. 1981 – 22 U 17 / 79, WM 1981, 1238 [1240]. 657 Zutreffend Aden, MDR 1979, 891 [895]; Eidenmüller, Sanierung, S. 377 in Fn. 230; Gawaz, Rn. 144, 224 ff., 350; Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [187]. 658 Vgl. BGH, Urt. v. 14. 4. 1964 – VI ZR 219 / 62, WM 1964, 671; BGH, Urt. v. 4. 7. 1961 – VI ZR 236 / 60, WM 1961, 1126.
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Sanierungsfähigkeit gewährt werden und damit wenigstens einen mittelbaren Sanierungsbezug aufweisen, werden lediglich für die regelmäßig kurze Phase bis zu der Beendigung einer Sanierungsfähigkeitsprüfung gewährt und führen daher zu keiner wesentlichen Gefährdung der Gläubigerinteressen. Wollte man dagegen der Bank das Risiko einer Sittenwidrigkeit des Überbrückungsdarlehens und der im Hinblick auf dieses bestellten Sicherheiten für den Fall aufbürden, daß die Prüfung negativ ausfällt, würde ein Sanierungsversuch von Anfang an unterbleiben. Die Feststellung der Sanierungsfähigkeit des Schuldners liegt dabei auch im Interesse risikoneutral handelnder Gläubiger. Eine Haftung kommt bei der Vergabe von Überbrückungsdarlehen daher nicht in Betracht, wenn die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens nicht von vornherein offensichtlich ausgeschlossen war.659 Erweist sich das Unternehmen als sanierungsunfähig, ist die Bank verpflichtet, ihr Kreditengagement sofort zu beenden, weil die Gläubiger einer Durchführung eines Sanierungsversuchs dann nicht zugestimmt hätten. Dann hat die Bank ihr Kreditengagement sofort einzustellen.660 Andernfalls haftet sie für den hieraus entstandenen Schaden. f) Ergebnis Die Beteiligten hätten die Risiken des Sanierungsversuchs grundsätzlich dem caveat creditor-Grundsatz entsprechend zugewiesen. Eine Haftung der Bank bei einer Beteiligung an einem Sanierungsversuch eines sanierungsfähigen Unternehmens kommt daher nicht in Betracht, auch wenn hierdurch Schäden bei den Mitgläubigern entstehen.661 Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn dies zur Verhinderung opportunistischen Verhaltens oder aus Gründen sonstiger Marktstörungen erforderlich ist.
3. Die Zuweisung der Risiken an die Bank a) Sanierungsunfähigkeit Ist das Unternehmen nicht sanierungsfähig, hätten die Gläubiger einem Sanierungsversuch von vornherein nicht zugestimmt. Dann sollte auch jede Beteiligung der Bank verhindert werden. Da das Unternehmen so schnell wie möglich liqui659 Vgl. nur Ahnert, BKR 2002, 254 [257]; Buth / Hermanns / Buchalik, § 2 Rn. 71, 73; s. a. Eidenmüller, Sanierung, S. 372 f.; Engert, S. 72 f. 660 Vgl. Engert, S. 194. 661 Aden, MDR 1979, 891 [894]; Eidenmüller, Sanierung, S. 377; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 151; Gawaz, Rn. 51, 77 ff.; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 4; Kümpel, 6.52, 6.55; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 155; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.107, 5.108, 5.130; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 34; K. Schmidt, Sanierung, D 27; ders., WM 1983, 490 [492]; Wittig, NZI 1998, 49 [52].
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
diert werden sollte, ist jede Bemühung um eine Sanierung zu sanktionieren.662 Die Bank ist dann insbesondere nicht berechtigt, die Insolvenz des Unternehmens hinauszuschieben, um noch eine Rückführung ihrer Kredite zu erreichen.663 Ist die Bank jedoch irrtümlich davon ausgegangen, das Unternehmen sei sanierungsfähig, etwa aufgrund einer eigenen oder einer fremden fehlerhaften Sanierungsfähigkeitsprüfung, führt dies grundsätzlich nicht zu einer Haftung, weil die Bank nicht verpflichtet ist, die Sanierungsfähigkeit zu prüfen.664 b) Wissensvorsprung Die Bank kann gegenüber den Mitgläubigern in vielfältiger Hinsicht über einen Wissensvorsprung verfügen. Im folgenden sind diese unterschiedlichen Konstellationen im einzelnen daraufhin zu untersuchen, inwiefern sich hieraus eine abweichende Risikozuweisung ergibt. aa) Kenntnis der Krise und des Sanierungsversuchs Aufgrund der laufenden Geschäftsbeziehungen kann es sein, daß die Bank als erste die Krise des Unternehmens erkennt665. Es stellt sich dann die Frage, ob sie die Mitgläubiger über den Eintritt der Krise, wenigstens aber über ihre Beteiligung an dem Sanierungsversuch und die damit einhergehende Übertragung von Unternehmensvermögen als Sicherheiten informieren muß. Da die uninformierten Gläubiger die Krise nicht kennen, werden sie weiterhin von einer Kreditwürdigkeit des Unternehmens und dabei von einem unzutreffend kalkulierten Ausfallrisiko ausgehen.666 Insoweit werden die Gläubiger auf die Kreditwürdigkeit und Überlebensfähigkeit des Unternehmens vertrauen.667 Ein solches Vertrauen ist jedoch nur unter den folgenden Voraussetzungen auch rechtlich schutzwürdig: Asymmetrie der Informationskosten, gesamtgesellschaftliche Produktivität der Information, Existenz einer Vertrauensprämie sowie die Höhe der Opportunismusprämie im Verhältnis zur Vertrauensprämie.668 Kruppa, S. 81 f., 87. BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 ff. [BuM]; Engert, S. 176 f. 664 s. hierzu oben 2. c. 665 Häufig wird das Unternehmen allerdings zunächst die Forderungen von Kleingläubigern nicht erfüllen, die dann als erste von der Krise Kenntnis erlangen. 666 Vgl. BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [338]; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 152 f.; Kruppa, S. 81 ff. 667 So insbesondere Engert, S. 4 und passim. 668 Vgl. ferner Jost, S. 221; Kötz, Festschr. f. Drobnig, 1998, S. 563 [567 f., 569 ff.]; Magoulas, Ökonomische Analyse, S. 23 [28 ff.]; Ott, Allokationseffizienz, S. 25 [35]; H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1, 16 / 4.2; zu pauschal dagegen BGH, Urt. v. 27. 11. 1990 – XI ZR 308 / 89, NJW 1991, 693. 662 663
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Zunächst besteht zwischen den Gläubigern und der Bank eine Asymmetrie der Informationskosten, weil die Bank die wirtschaftliche Krise meist mit dem geringeren Kostenaufwand erkennen kann als die Gläubiger.669 Sofern das Unternehmen die Krise nicht durch geschicktes Jonglieren der Finanzgeschäfte zwischen mehreren Banken verdeckt (sog. Loch-auf-Loch-zu-Politik670), wird die Bank in der Regel schon aufgrund der Kontobewegungen frühzeitig Kenntnis von der Krise erlangen. Beteiligt sie sich am Sanierungsversuch, ist ihr die Krise ohnehin bekannt. Auch die Sanierungsfähigkeit kann sie mit dem geringeren Kostenaufwand beurteilen, weil sie die hierzu erforderlichen Informationen von dem Krisenunternehmen im Rahmen der Kreditprüfung erhält. Ferner ist die Information, in die Gläubiger ihr Vertrauen setzen, gesamtgesellschaftlich produktiv. Jedoch ist das von den Gläubigern investierte Vertrauen deshalb nicht schutzwürdig, weil sie der Bank nicht die Kosten der Informationsbeschaffung ersetzen, also keinerlei Vertauensprämie zahlen.671 Die mit der Sanierungsfähigkeits- sowie Kreditwürdigkeitsprüfung einhergehenden Kosten hat zunächst allein die Bank aufzuwenden, insbesondere handelt es sich nicht um Zufallsinformationen. Auch kann die Bank die hierfür erforderlichen Kosten nicht anderweitig auf die Gläubiger abwälzen.672 Darüber hinaus würde die Bank bei einer entsprechenden Information der Mitgläubiger auch keinerlei sonstige Vorteile erhalten. Denn ist das Unternehmen sanierungsfähig, würde eine Information der Gläubiger dazu führen, daß diese ihre Geschäftsbeziehungen zu dem Krisenunternehmen gleichwohl abbrechen würden, vor allem weil sie risikoavers handeln. Eine Sanierung wäre von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Durch die Begründung einer Aufklärungspflicht der Bank gegenüber den Mitgläubigern über den Eintritt der Krise würde dieser der Anreiz genommen, die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens überhaupt zu ermitteln673, da eine erfolgreiche Sanierung bei einer Pflicht zur Weitergabe der Information an die Mitgläubiger nicht möglich wäre. Bei vorhandener Sanierungsfähigkeit handelt es sich um eine werterhöhende Information, weil das Unternehmen dann fortführungswürdig ist und nicht zerschlagen werden sollte. Etwas anderes gilt, wenn das Unternehmen nicht sanierungsfähig ist, denn dann handelt es sich um eine wertsenkende Information.674 Ist die Bank demnach im Grundsatz nicht verpflichtet, die Mitgläubiger über die Krise in Kenntnis zu setzen, ist sie umgekehrt aber auch nicht von jeder Haftung s. Engert, S. 15 f., 83 ff. Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 250 f. 671 Vgl. auch Bohrer, S. 310 mit Fn. 58; Damm, JZ 1991, 373; Picker, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 397 [403, 405]; Rohe, BKR 2003, 267 [270]. 672 Vgl. BGH, Urt. v. 7. 2. 2002 – III ZR 1 / 01, NJW 2002, 1196 f.; Canaris, Festschr. f. Schimansky, 1999, S. 43 [66]; Jost, S. 235; Land, S. 53 f.; H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 6.5.2. 673 Vgl. Aden, MDR 1979, 891 [893 f.]; Koller, JZ 1985, 1013 [1021]; Mertens, ZHR 143 (1979), 174 [193 f.]; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 76. 674 Vgl. H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 1.3.2. 669 670
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frei, wenn sie ihre Beteiligung an dem Sanierungsversuch offenlegt. Durch eine Offenlegung der wirtschaftlichen Krise bzw. der Beteiligung der Bank an einem Sanierungsversuch erhalten zumindest die Neugläubiger die Möglichkeit einer zutreffenderen Risikokalkulation als bei Unkenntnis der Krise. Für Altgläubiger gilt dies dagegen nicht. Diese können zwar versuchen, ihre Forderungen gegen das Krisenunternehmen zwangsweise durchzusetzen. Jedoch wird dies nicht gelingen, wenn kein freies bzw. pfändbares Unternehmensvermögen mehr vorhanden ist. Es kann dann durch eine Beteiligung der Bank an einem erfolglosen Sanierungsversuch zumindest hinsichtlich der Altgläubiger noch zu Schäden kommen. Die Offenlegung der Krise kann daher allenfalls dazu führen, daß Neugläubiger in keinem Fall Haftungsansprüche gegen die sich an der Sanierung beteiligende Bank erwerben, wohl aber Altgläubiger. Auch die Offenlegung der Sicherheitenbestellung würde über die Kapitalstruktur des Unternehmens wenig aussagen.675 Informiert die Bank daher die Mitgläubiger von der Krise bzw. ihrer Beteiligung an dem Sanierungsversuch, führt dies allenfalls dazu, daß eine Haftung gegenüber den Neugläubigern nicht mehr in Betracht kommt, wohl aber gegenüber den Altgläubigern. bb) Kenntnis der Sanierungsunfähigkeit Weiß die Bank, daß das Unternehmen sanierungsunfähig (geworden) ist, muß sie hierüber die Mitgläubiger informieren. Auch diesen gegenüber handelt es sich um eine wertsenkende Information. Weist die Bank die Mitgläubiger nicht auf die (eingetretene) Sanierungsunfähigkeit hin, ist dies durch eine entsprechende Haftung zu sanktionieren. cc) Kenntnis der Mangelhaftigkeit des Sanierungsplans Auch die Mitgläubiger können nicht darauf vertrauen, die Bank werde die Erstellung und Durchführung eines ausreichenden Sanierungsplans prüfen bzw. kontrollieren. Zwar besteht auch insoweit eine Asymmetrie der Informationskosten, jedoch leisten die Mitgläubiger wiederum keine Vertrauensprämie an die Bank. Hat die Bank selbst die Mangelhaftigkeit des Sanierungsplans herbeigeführt oder verfügt sie über Sonderwissen, so führt dies gegenüber den Mitgläubigern ebenfalls zu keiner Haftung. Vielmehr hat die Bank in diesem Fall das Krisenunternehmen hierüber zu informieren. Das Krisenunternehmen kann hierauf entsprechend reagieren und den Sanierungsplan nachbessern. Dagegen berührt die Mangelhaftigkeit des Sanierungsplans die Interessen der Mitgläubiger nicht. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Mangel des Sanierungsplans nicht behebbar, das Krisenunternehmen also sanierungsunfähig wäre. Dann wäre die Bank, wie dargelegt, zur Aufklärung auch gegenüber den Mitgläubigern verpflichtet. 675
Adams, Sicherungsrechte, S. 179 ff., 193.
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c) Opportunistisches Verhalten aa) Die Opportunismusgefahr in der Krise Eine abweichende Risikozuweisung ist geboten, wenn die Bank sich opportunistisch verhält. Ein solches Verhalten liegt vor, wenn jemand das Vertrauen eines anderen erweckt, dieser sich kooperativ gegenüber dem anderen verhält und jener das Vertrauen bricht, die unkooperative Strategie wählt und statt der Vertrauensprämie lieber eine Opportunismusprämie kassiert. Die Gefahr opportunistischen Verhaltens besteht insbesondere dann, wenn die Vertrauensprämie kleiner ist als die Opportunismusprämie.676 Zunächst ist fraglich, ob die Mitgläubiger der Bank überhaupt eine Vertrauensprämie entrichten. Es ist eben gezeigt worden, daß dies hinsichtlich des Vertrauens in die Prüfung der Sanierungsfähigkeit nicht der Fall ist. Vorliegend geht es jedoch um eine andere Fragestellung. Hätten die Gläubiger einem Sanierungsversuch zugestimmt und der Bank eine Besicherung ihres Sanierungsdarlehens gestattet, bestünde die Vertrauensprämie in dem Gewinn, den die Bank aus der Rückführung des Sanierungsdarlehens erzielen kann. Daß die Bank diese Vorteile nicht direkt von den Mitgläubigern erhält, ist unbeachtlich.677 Die Gefahr von opportunistischem Verhalten der Bank ist in der Krise insbesondere dann sehr hoch, wenn die Bank neben dem Sanierungsdarlehen noch weitere Ausfallrisiken trägt.678 Dies ist etwa dann der Fall, wenn ihr noch Forderungen aus Altkrediten zustehen, insbesondere wenn diese nicht hinreichend besichert wurden. Ferner besteht die Gefahr opportunistischen Verhaltens, wenn die Bank den Verlust von investiertem Eigenkapital zu befürchten hat. In diesen Fällen wird eine Opportunismusprämie regelmäßig wesentlich größer sein als die Vertrauensprämie. Dann ist die Gefahr opportunistischen Verhaltens besonders groß. Die Darlegungs- und Beweislast für ein opportunistisches Verhalten trägt grundsätzlich der Anspruchsteller, also der Mitgläubiger. Allerdings reicht es aus, daß der Mitgläubiger Tatsachen vorträgt, die das Vorliegen eines opportunistischen Verhaltens nahelegen. Die Bank trifft dann eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast dafür, daß dies tatsächlich nicht der Fall gewesen ist.679 Ein Indiz für opportunistisches Verhalten kann dabei eine unterlassene Sanierungsfähigkeitsprüfung sein. Auch wenn die Bank zu einer solchen weder dem Krisenunternehmen noch den Mitgläubigern gegenüber verpflichtet ist, wird sie diese schon im eigenen Interesse durchführen.680 Tut sie dies nicht, spricht dies dafür, daß sie mit der Dar676 H.-B. Schäfer / Ott, 15 / 6; dies ist stets bei „risikolosen Vorteilen“ im Sinne des Haftungskonzepts von Engert der Fall. 677 H.-B. Schäfer / Ott, 16 / 6.5.3. 678 s. hierzu auch Neuhof, WM 2005, 405 [409]. 679 Vgl. Engert, S. 172 f., 195.
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lehensvergabe nicht die Sanierung des Unternehmens bezweckt.681 Keine Indizwirkung hat die unterlassene Sanierungsfähigkeitsprüfung nur dann, wenn die Bank sich auf die Prüfung eines Dritten oder des Krisenunternehmens verlassen hat und diese nicht offensichtlich fehlerhaft war. Ein Indiz für opportunistisches Verhalten liegt ferner dann vor, wenn die Bank die (faktische) Leitungsmacht über das Unternehmen innehat oder dieses aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeit unter Druck setzen kann. Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Einräumung von Mitwirkungs- und Kontrollrechten (sog. financial covenants)682 im Rahmen von Sanierungsbemühungen. Diese sind jedenfalls insoweit unbedenklich, als sie die sachgerechte Mittelverwendung gewährleisten sollen. Die Mitgläubiger hätten der Bank derartige Rechte eingeräumt, um eine sachgerechte Mittelverwendung kontrollieren zu können. Die covenants sollen dabei die Ausfallrisiken der Bank im Hinblick auf das Sanierungsdarlehen minimieren und sind daher ebenso wie die Besicherung des Sanierungsdarlehens selbst zu beurteilen.683 Etwas anderes gilt folgerichtig nur dann, wenn die Kontrollrechte dazu mißbraucht werden, auf das Krisenunternehmen der eigenen Vorteile willen Einfluß zu nehmen. Zu opportunistischem Verhalten der Bank kann es ferner dann kommen, wenn diese risikofreudig handelt, etwa weil sie mit Eigenkapital an dem Krisenunternehmen beteiligt ist.684 Im folgenden ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen von einem opportunistischen Verhalten der Bank im einzelnen gesprochen werden kann. bb) Opportunismus und Sanierungszweck In der Krise liegt ein opportunistisches Verhalten der Bank dann vor, wenn sie den Sanierungsversuch dazu ausnutzt, sich eigene Vorteile zu sichern, die außerhalb des Sanierungszwecks liegen.685 Welches Verhalten vom Sanierungszweck gedeckt ist, ergibt sich aufgrund dessen, was die Beteiligten hypothetisch vereinbart hätten. Oechsler spricht zutreffend von einer zweckgebundenen, nämlich von Sanierungsbemühungen abhängigen Befugnis zur Verschleierung der Vermögensverhältnisse.686 Das opportunistische Verhalten der Bank kann von den Mitgläubi680 Gawaz, Rn. 599; Hadding / Hopt / Schimansky / Häuser, S. 113; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3231, 3232]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.129; Wenzel, Risiken, S. 255 f. („Sanierungsprüfungsobliegenheit“). 681 Zutreffend spricht Brandstätter, S. 31 von einem faktischen Zwang zur Sanierungsfähigkeitsprüfung; vgl. auch Engert, S. 187 ff. 682 Vgl. Gottwald / Drukarczyk / Brüchner, § 2 Rn. 24 ff., § 3 Rn. 19 ff.; K. Schmidt / Uhlenbruck / Wittig, Rn. 28 ff. 683 Duttle, S. 2, 25 ff., 47 ff. 684 Vgl. BGH, Urt. v. 27. 11. 1990 – XI ZR 308 / 89, NJW 1991, 693. 685 Vgl. BGH, Urt. v. 11. 2. 1999 – IX ZR 352 / 97, WM 1999, 678 [680 f.]; BGH, Urt. v. 28. 1. 1997 – XI ZR 22 / 96, NJW 1997, 1361 [1362]; OLG Frankfurt, Urt. v. 19. 7. 2000 – 19 U 190 / 99, WM 2000, 2135 [2137 f.]; Engert, S. 56.
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gern nicht bzw. nicht ohne unverhältnismäßigen Kostenaufwand entdeckt werden. Hierdurch kann der gesamte Erfolg des Sanierungsversuchs in Frage gestellt werden. Zur Vermeidung opportunistischen Verhaltens ist eine Sanktion in Form einer Haftung der Bank erforderlich. Andernfalls würden die Mitgläubiger die Risiken opportunistischen Verhaltens über den Preis regulieren, was zu einer ineffizienten Kostenerhöhung führen würde.687 Die Rechtsprechung hat mit dem Abstellen auf den „Eigennutz“ ein in der Sache ähnliches Haftungskriterium entwickelt. Dieser Begriff ist jedoch zumindest mißverständlich. Die Bank verspricht sich – wie jeder andere Gläubiger auch – von der Sanierung eine Befriedigung ihrer Altdarlehen und auch des Sanierungsdarlehens.688 Daß die Bank ein ungesichertes Darlehen ausgibt und eine Inanspruchnahme einer zwischenzeitlich zurückgeführten Kreditlinie zuläßt, wird kaum je vorkommen.689 Die Bank verfolgt daher mit der Sanierungsdarlehensvergabe immer auch den Zweck, bestehende Verbindlichkeiten, sei es auch nur das Sanierungsdarlehen, zurückzuführen. Dieses Bestreben ist eigennützig, jedoch nicht haftungsbegründend, solange die Bank die Rückführung allein mit Hilfe einer erfolgreichen Sanierung anstrebt. Allein die Möglichkeit zur Rückführung begründet noch kein opportunistisches Verhalten, weil auch die Mitgläubiger diese Möglichkeit bei einer Fortführung des Unternehmens haben. Auch das Vorliegen einer qualifizierten Interessendivergenz ändert hieran nichts, denn wenn das Unternehmen sanierungsfähig ist, haben auch die Mitgläubiger die Möglichkeit zur Rückführung ihrer Kredite.690 Geht es dem Kreditgeber um die Rettung von Altkrediten, liegt ebenfalls kein opportunistisches Verhalten vor, weil der Kreditgeber dann lediglich auf das Gelingen des Sanierungsversuchs hofft.691 Die Rückführung und die Aussicht zur Rettung von Altkrediten hält sich damit im Rahmen des Sanierungszwecks. Nutzt die Bank dagegen den Sanierungsversuch aus, um auf noch vorhandenes Unternehmensvermögen vor den Mitgläubigern zugreifen oder eine vorzeitige Tilgung von Altkrediten erreichen zu können692, han686 Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 163; in diesem Sinne auch LG Köln, Urt. v. 13. 1. 1976 – 3 O 243 / 75, BB 1976, 760 [761]; Armspach, S. 190; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 108a. 687 Vgl. Duttle, S. 75 ff.; H.-B. Schäfer / Ott, 20 / 4.2.2. 688 Vgl. Ahnert, BKR 2002, 254 [257]; Armspach, S. 188 f.; Coing, WM 1980, 1026 [1029]; Dörrie, ZIP 1999, 12 [14]; Gawaz, Rn. 341, 346; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 155; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 341, 366; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [205]. 689 Vgl. BGH, Urt. v. 3. 12. 2001 – II ZR 308 / 99, WM 2002, 220 [221]; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3230]; Wenzel, Risiken, S. 248. 690 Zweifelhaft daher Engert, S. 176 f. 691 Im Ergebnis ebenso Engert, S. 174. 692 RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [253]; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1693 f.]; Ahnert, BKR 2002, 254 [257, 258]; Schimansky / Bunte / Lwowski /
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
delt sie eigensüchtig.693 Hierbei handelt es sich um Sondervorteile, die außerhalb des Sanierungszwecks liegen und die die Mitgläubiger der Bank nicht zugestanden hätten. Mit Eigennutz ist daher genauer Eigensucht gemeint694. Ein opportunistisches Verhalten der Bank liegt nach dem Gesagten insbesondere dann vor, wenn sie den Sanierungsversuch dazu ausnutzt, ungesicherte Risiken abzusichern, insbesondere wenn sie mit Hilfe des noch vorhandenen Unternehmensvermögens auf Kosten der Mitgläubiger nicht besicherte Altkredite zurückzuführen beabsichtigt.695 Die Bank überschreitet dann den Sanierungszweck, weil die Mitgläubiger ihr diese Vorteile nicht eingeräumt hätten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bank auf die Möglichkeit einer sofortigen Geltendmachung ihrer nicht besicherten Altkredite verzichtet hat, um den Sanierungsversuch zu ermöglichen. Denn dann stellt auch das Belassen der Altkredite einen Teil der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen dar. Die Mitgläubiger hätten der Bank hier die Möglichkeit einer Besicherung zugestanden.696 cc) Opportunismus und Untätigkeit der Bank In Rechtsprechung und Schrifttum findet sich häufig die Behauptung, daß eine Bank jedenfalls dann keine Haftung treffe, wenn diese untätig bleibe.697 In diesem Bruchner, § 39 Rn. 40; De Meo, S. 297 Rn. 320; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 46d; Grunwald, S. 216; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 116; Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 149; Hildebrand, S. 214; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 149; Kötz, Deliktsrecht, Rn. 677; Kümpel, 6.53, 6.61 f.; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 152; Obermüller, Bankpraxis, Rn 5.115; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 352; Staudinger12 / Schäfer, § 826 Rn. 147; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 31; Wenzel, Risiken, S. 253 f. 693 Vgl. nur BGH, Urt. v. 11. 11. 1985 – II ZR 109 / 84, BGHZ 96, 231 [235]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 [114]; BGH, Urt. v. 14. 11. 1983 – II ZR 39 / 83, ZIP 1984, 37 [38]; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Aden, MDR 1979, 891 [894]; Ahnert, BKR 2002, 254 [257]; Gawaz, Rn. 145, 347; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3228]; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 352. 694 Vgl. BGH, Urt. v. 14. 11. 1983- II ZR 39 / 83, NJW 1984, 728 f.; BGH, Urt. v. 20. 1. 1971 – VIII ZR 129 / 69, WM 1971, 441 [442]; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; klarstellend BGH, Urt. v. 11. 11. 1985 – II ZR 109 / 84, BGHZ 96, 231 [235]; BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 [114]; OLG Schleswig, Urt. v. 2. 10. 1981 – 11 U 160 / 80, WM 1982, 25 [28]; De Meo, S. 297 Rn. 320; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 151; Engert, S. 57; Gawaz, Rn. 339 in Fn. 39; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 116; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3228 f., 3230]; Erman / Schiemann, § 826 Rn. 34; Wenzel, Risiken, S. 247; Wiegelmann, S. 127; Wittig, NZI 1998, 49 [52]. 695 BGH, Urt. v. 11. 2. 1999 – IX ZR 352 / 97, WM 1999, 678 ff.; Ahnert, BKR 2002, 254 [255, 256]; Engert, S. 167; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.36 ff.; zum Merkmal der Nachbesicherung s. a. Engert, S. 73 ff. 696 Im Ergebnis ebenso Engert, S. 167. 697 So BGH, Urt. v. 29. 5. 2001 – VI ZR 114 / 00, NJW 2001, 2632 [2633]; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; BGH, Urt. v. 9. 2. 1965 – VI ZR 153 / 63, WM 1965, 475 [476]; BGH, Urt. v. 14. 4. 1964 – VI ZR 219 / 62, WM 1964, 671 [673];
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Zusammenhang wird häufig darauf hingewiesen, daß allein die Untätigkeit der Bank keine Haftung begründen könne, da ein Verhalten, das nach § 92 Abs. 2 AktG einem ordentlichen Geschäftsleiter erlaubt oder gar geboten sei, nicht gleichzeitig sittenwidrig sein könne.698 Da es sich vorliegend um ein Unterlassen der Bank handelt, müßte sie in der Tat eine Pflicht zum Handeln treffen.699 Dennoch ist auch eine reine Untätigkeit der Bank in der Krise nicht völlig unproblematisch. Insbesondere überzeugt der Hinweis auf § 92 Abs. 2 AktG nicht, weil diese Bestimmung lediglich eine Pflicht des Vorstandes zur Stellung eines Insolvenzantrags begründet. Nicht gesagt ist damit, daß die Untätigkeit auch im übrigen nicht haftungsbegründend sein kann. Da die Untätigkeit der Bank jedoch auf die Risikoverteilung gegenüber dem Krisenunternehmen sowie den Mitgläubigern keinerlei Auswirkungen hat, trifft es im Grundsatz zu, daß die Bank keine Haftung trifft. Das bloße Stillhalten führt nicht zu einer Verschleppung der Insolvenzeröffnung und damit auch nicht zu einer Umgehung des gesetzlichen Schutzsystems. Wenn der Bundesgerichtshof davon spricht, daß dann ein sittenwidriges Handeln vorliege, wenn die Bank die Eröffnung des Konkursverfahrens durch ihr Stillhalten und Weitergewähren bewirke oder dulde700, ist dies insoweit mißverständlich, als allein das Stehenlassen des Darlehens die Eröffnungsgründe nicht beseitigt. Die Bank ist daher im Grundsatz weder gegenüber dem Kreditnehmer noch gegenüber Dritten verpflichtet, bestehende Darlehen zu kündigen bzw. die Ausschöpfung eingeräumter Kreditlinien zu verweigern.701 Die Rechtsprechung hat etwas anderes dann angenommen, wenn der Kreditgeber einen beherrschenden Einfluß auf das Unternehmen ausgeübt hat702, wie beispielsweise dann, wenn die Bank sich durch Auffüllung von Globalsicherheiten zu Lasten anderer Gläubiger Vorteile verschafft oder wenn die Bank eigene Risiken aus ihrer Rechtsbeziehung zu dem Krisenunternehmen auf die Mitgläubiger verlagert hat703. Allerdings beruht hier die Haftung der Bank nicht auf ihrer Untätigkeit, s. ferner Aden, MDR 1979, 891 [893]; Ahnert, BKR 2002, 254 [255]; MünchKomm-BGB / Berger4, vor § 488 Rn. 109; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 92, 94; Koller, JZ 1985, 1013 [1021]; Rümker, KTS 1981, 493 [512]. 698 BGH, Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 118 / 77, BGHZ 75, 96 [114]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 114 a; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 355; Olbers, S. 139 f. 699 Vgl. BGH, Urt. v. 10. 7. 2001 – VI ZR 160 / 00, NJW 2001, 3702 [3703]; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 94; Nirk, NJW 1971, 1913 [1915]. 700 BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658, 659]. 701 BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; Ahnert, BKR 2002, 254 [255]; Dechamps, S. 70; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 114; Hildebrand, S. 210; Koller, JZ 1985, 1013 [1021]; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 159; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3226]; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 353; Uhlenbruck, Festschr. f. Vieregge, S. 883 [889]; Wenzel, Risiken, S. 241 f. 702 BGH, Urt. v. 9. 2. 1965 – VI ZR 153 / 63, WM 1965, 475 [476]. 703 Vgl. BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; BGH, Urt. v. 9. 2. 1965 – VI ZR 153 / 63, WM 1965, 475 f.; Ahnert, BKR 2002, 254 [255, 256]; Dechamps,
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
sondern auf dem Mißbrauch ihrer Einflußnahmemöglichkeiten und ihrer Stellung im Sanierungsverfahren zu opportunistischem Verhalten. Ein solches Verhalten kann unabhängig davon in Betracht kommen, ob der Kreditgeber ein Darlehen gewährt oder nicht. Anknüpfungspunkt für die Haftung ist nicht die Ausreichung eines Darlehens, sondern das opportunistische Verhalten des Darlehensgebers im Laufe des Sanierungsversuchs. Die so verstandene Kreditgeberhaftung ist nicht daran gebunden, daß sich die Bank durch ein Sanierungsdarlehen beteiligt, auch wenn Darlehensgeber häufig den Druck einer notwendigen Kreditgewährung dazu ausnutzen, sich Kontrollrechte einräumen zu lassen.704 Problematisch werden kann die Untätigkeit selbst in der Krise dann sein, wenn sich die Bank ihr Stillhalten abkaufen läßt.705 Hier kommt eine Haftung in Betracht, wenn die Mitgläubiger dem nicht zugestimmt hätten, was regelmäßig dann der Fall ist, wenn das Stillhalten nicht für die Durchführung des Sanierungsversuchs erforderlich ist. Insoweit gelten die Ausführungen zur Nachbesicherung entsprechend.
4. Rechtsfolge a) Sanierungsunfähigkeit Ist das Unternehmen von Anfang an sanierungsunfähig gewesen oder ist die Sanierungsunfähigkeit später eingetreten, sind die Gläubiger so zu stellen, als wenn das Unternehmen rechtzeitig liquidiert worden wäre.706 Die Altgläubiger können den Schaden ersetzt verlangen, der sich daraus ergibt, daß sich das Unternehmensvermögen durch die Verzögerung der Insolvenzverfahrenseröffnung verringert hat (sog. Quotenschaden).707 Soweit die sich aus der Verringerung der Haftungsmasse ergebende Schädigung dadurch behoben wird, daß die Bank zur Rückübertragung der Sicherheiten verpflichtet ist, liegt kein ersatzfähiger Schaden vor.708 Im übriS. 71; Kümpel, 6.60; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 149, 159, 160; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.27 ff.; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3226]; Wenzel, Risiken, S. 242 f. 704 Zweifelhaft daher Engert, S. 82, der meint, bei der Haftung wegen Leitungsmacht handele es sich um eine Haftung für die Gewährung von Kredit; eine Haftung wegen Leitungsmacht kommt aber auch ohne eine Gewährung von Kredit bei einem Belassen eines Darlehens in Betracht, vgl. Engert, S. 55. 705 Engert, S. 55 f. 706 Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bank selbst die Sanierungsunfähigkeit herbeigeführt hat, denn dann sind die Mitgläubiger so zu stellen, als sei das Unternehmen erfolgreich saniert worden. 707 Vgl. RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [254 f.]; BGH, Urt. v. 28. 4. 1997 – II ZR 20 / 91, NJW 1997, 3021 [3022]; Ahnert, BKR 2002, 254 [258]; Dechamps, S. 120; Engert, S. 65; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 123; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 154; Obermüller, Handbuch, Rn. 1048; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 357; K. Schmidt / Uhlenbruck, Rn. 1237 ff.; BGB-RGRK / Steffen, § 826 Rn. 100a; Wenzel, Risiken, S. 258 f. 708 s. hierzu oben § 7; Engert, S. 76.
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gen können die Altgläubiger nicht mit dem Argument den vollen Ausgleich ihrer Forderungen verlangen, sie hätten bei Kenntnis der Krise vollstreckt, weil bei einer rechtzeitigen Eröffnung des Verfahrens eine Vollstreckung nicht möglich gewesen wäre.709 Auch käme ein Ersatz des Vertrauensschadens nur dann in Betracht, wenn eine Vollstreckung erfolgreich gewesen wäre.710 Den Neugläubigern entsteht durch die Verzögerung der Verfahrenseröffnung ebenfalls ein Quotenschaden, der sich daraus ergibt, daß sich das Unternehmensvermögen vom Zeitpunkt der Begründung der Forderung an bis zum tatsächlichen Zusammenbruch verringert. Da sich das Unternehmen bei Begründung der Forderungen allerdings bereits in der Krise befand, wird der Quotenschaden geringer ausfallen als der der Altgläubiger.711 Den Quotenschaden können die Neugläubiger als Teil ihres Vertrauensschadens selbst geltend machen.712 Problematisch ist, unter welchen Voraussetzungen die Neugläubiger einen über diesen Quotenschaden hinausgehenden Vertrauensschaden geltend machen können. Die Verbindlichkeit zu dem Krisenunternehmen wäre gar nicht entstanden, wäre das Unternehmen rechtzeitig liquidiert worden und aus dem Markt ausgeschieden. Ersatz in Höhe der von ihnen begründeten Forderungen könnten die Neugläubiger jedoch nur dann verlangen, wenn bereits dadurch ein Schaden entsteht, daß diese Gläubiger einen von Anfang an wertlosen Anspruch gegen das Krisenunternehmen erwerben. Der Bundesgerichtshof hat gemeint, daß allein in der Begründung einer wertlosen Forderung noch kein Schaden zu sehen sei, sondern allenfalls darin, daß der Gläubiger seine Gegenleistung an das Krisenunternehmen erbringe.713 Bei der Haftung eines GmbH-Geschäftsführers gegenüber Neugläubigern hat die Rechtsprechung einen ersatzfähigen Vertrauensschaden angenommen714, allerdings handelte es sich dabei um Vertragsgläubiger, die jeweils eine Gegenleistung erbracht hatten. Bereits die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Entstehung eines wertlosen Anspruchs stelle keinen Schaden dar, überzeugt jedoch nicht. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist von der Entstehung eines Schaden auszugehen, weil von Zutreffend Engert, S. 65. BGH, Urt. v. 15. 6. 1962 – VI ZR 268 / 61, WM 1962, 962 [965]; RG, Urt. v. 9. 4. 1932 – IX 74 / 31, RGZ 136, 247 [254]; Engert, S. 76. 711 Engert, S. 65. 712 So BGH, Urt. v. 30. 3. 1998 – II ZR 146 / 96, NJW 1998, 2667 [2668] (§ 92 Satz 1 InsO steht nicht entgegen); s. a. BGH, Urt. v. 1. 3. 1993 – II ZR 292 / 91, ZIP 1993, 763 [769]; Altmeppen, ZIP 2001, 2201 [2205]. 713 BGH, Urt. v. 8. 3. 1999 – II ZR 159 / 98, NJW 1999, 2182 [2183] (Anspruchsteller war eine AOK, die ihren Ausfall an Sozialversicherungsbeiträgen während der Zeit der Fortführung gegenüber dem GmbH-Gesellschafter geltend machte; der BGH verneint einen Schaden, weil die gesetzliche Sozialversicherung nicht an Äquivalenzgesichtspunkten orientiert sei). 714 BGH, Urt. v. 1. 3. 1993 – II ZR 292 / 91, ZIP 1993, 763 ff.; Ahnert, BKR 2002, 254 [258]; Dechamps, S. 121 f.; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 123; Obermüller, Handbuch, Rn. 1048; ders., Bankpraxis, Rn. 5.145; Wenzel, Risiken, S. 259. 709 710
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
Anfang an keine Chance auf Befriedigung der Forderung bestand. Allerdings führt dies nicht ohne weiteres dazu, daß die Neugläubiger damit auch Ersatz in Höhe der eingegangenen Verbindlichkeit verlangen können. Denn dabei würde es sich in der Sache um die Erfüllung des Vertrages, also um den Ersatz des positiven Interesses handeln.715 Die Neugläubiger können jedoch nur verlangen, so gestellt zu werden, als sei das Unternehmen rechtzeitig aus dem Markt ausgeschieden. Dann hätten die Neugläubiger auch keinen Erfüllungsanspruch gegen das Krisenunternehmen erworben. Ein Vertrauensschaden kann daher allenfalls dann vorliegen, wenn die Neugläubiger ihre Gegenleistung an das Krisenunternehmen erbracht haben. Wäre das Unternehmen rechtzeitig liquidiert worden, wäre es hierzu nicht gekommen. Ein Vertrauensschaden kann in der Entstehung des wertlosen Anspruchs gegen das Krisenunternehmen auch nicht darin gesehen werden, daß die Neugläubiger gerade wegen ihrer Unkenntnis über die Krise eine Besicherung ihrer Forderung unterlassen haben. Denn bei einer rechtzeitigen Liquidierung des Unternehmens wäre eine insolvenzfeste Besicherung nicht möglich gewesen. Die Neugläubiger können demnach einen Vertrauensschaden nur insoweit geltend machen, als sie eine Gegenleistung an das Krisenunternehmen erbracht haben. In Frage kommt ein solcher Anspruch allenfalls bei Vertrags-, nicht dagegen bei Zwangsgläubigern. Deren Nachteil liegt allein darin, daß sie einen wertlosen Anspruch erworben haben. Hierin liegt zwar ein Schaden, jedoch können sie diesen nicht ersetzt verlangen, da es sich dabei um das positive Interesse handelt. Insoweit verbleibt den Zwangsgläubigern nur die Geltendmachung eines Quotenschadens.716 b) Sanierungsfähigkeit Ist das Unternehmen sanierungsfähig, scheitert aber der Sanierungsversuch, weil etwa der Sanierungsplan mangelhaft war oder fehlerhaft umgesetzt wurde bzw. die Bank die Sanierungsunfähigkeit selbst herbeigeführt hat, sind die Gläubiger so zu stellen, als wäre der Sanierungsversuch ordnungsgemäß zu Ende geführt worden. Wäre das Krisenunternehmen dann saniert worden, könnten die Gläubiger volle Befriedigung ihrer Forderungen verlangen, weil ohne das schädigende Ereignis das Unternehmen wieder überlebensfähig geworden wäre und seine Verbindlichkeiten hätte erfüllen können. Insbesondere bei der Verletzung derivativer Schutzpflichten kann dem Krisenunternehmen selbst gegen die Bank ein Schadensersatzanspruch zustehen. Das Krisenunternehmen kann dann von der Bank verlangen so gestellt zu werden, als sei es saniert worden. In der Sache muß dann die Bank auch die Erfüllung der offenen 715
Zutreffend BGH, Urt. v. 8. 3. 1999 – II ZR 159 / 98, NJW 1999, 2182 [2183]; Engert,
S. 66. 716 So BGH, Urt. v. 8. 3. 1999 – II ZR 159 / 98, NJW 1999, 2182 [2183]; zweifelhaft dagegen BGH, Urt. v. 26. 6. 2989 – II ZR 289 / 88, NJW 1989, 3277 [3279].
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Verbindlichkeiten übernehmen, wenn und soweit diese aus dem Unternehmensvermögen hätten befriedigt werden können. Insoweit sind das Krisenunternehmen und die Mitgläubiger als Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB anzusehen. Wie sich aus § 255 BGB ergibt, erlöschen dagegen die Ersatzansprüche der Mitgläubiger gegen die Bank nicht, weil dem Krisenunternehmen ebenfalls ein Schadensersatzanspruch zusteht. Im übrigen können die Mitgläubiger unabhängig davon einen weitergehenden Schaden geltend machen, wie etwa im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch entstehende Kosten im Rahmen des Insolvenzverfahrens. 5. Zusammenfassung Bei der Ermittlung einer hypothetischen Verhandlungslösung über die Vornahme eines Sanierungsversuchs ist zugrundezulegen, was risikoneutral handelnde Gläubiger vereinbart hätten, weil die Verhaltensweisen gesicherter und ungesicherter Gläubiger jeweils ineffizient sind. Risikoneutral handelnde Gläubiger hätten der Vornahme einer Sanierung bei bestehender Sanierungsfähigkeit zugestimmt. Sie hätten dabei der Bank eine Besicherung des Sanierungsdarlehens zugebilligt, weil die Bank hiermit ein zusätzliches Ausfallrisiko übernimmt und andernfalls eine Sanierung von Anfang an unterbliebe. Die Pflicht zur Prüfung der Sanierungsfähigkeit hätten die Beteiligten dem Krisenunternehmen auferlegt, weil dieses die Prüfung mit dem geringsten Kostenaufwand durchführen kann. Die Bank ist daher nicht zur Prüfung der Sanierungsfähigkeit verpflichtet und haftet im Grundsatz auch nicht für eine fehlerhafte Prüfung. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn sie über Zufallsinformationen verfügt oder ihr die Sanierungsunfähigkeit bekannt ist. Im übrigen trägt die Bank die Risiken des Sanierungsversuchs dann, wenn sie das Darlehen an ein erkennbar sanierungsunfähiges Unternehmen ausreicht. Kennt die Bank die Mangelhaftigkeit des Sanierungsplans, kann sie allenfalls dem Krisenunternehmen gegenüber zur Aufklärung hierüber verpflichtet sein, weil die Interessen der Mitgläubiger hiervon nicht betroffen sind. Im übrigen begründet ein Wissensvorsprung über den Eintritt der Krise und der Vornahme des Sanierungsversuchs bzw. das Vertrauen der Gläubiger in eine ordnungsgemäße Kreditprüfung keine abweichende Risikozuweisung, weil die Mitgläubiger hierfür keinerlei Vertrauensprämie entrichten. Ferner haftet die Bank stets dann, wenn sie sich opportunistisch verhält und Risiken, die außerhalb des Sanierungsdarlehens liegen, auf die Mitgläubiger abwälzt.
II. Umsetzung der Haftungskriterien Die hypothetische Verhandlungslösung läßt sich zunächst ohne weiteres im Rahmen einer vertraglichen Haftung gegenüber dem Krisenunternehmen durch Auslegung der §§ 242, 241, 280 BGB umsetzen. Dagegen läßt sie sich, wie gezeigt, nicht im Rahmen der §§ 138, 826 BGB umsetzen, weil diese Bestimmungen eng 20*
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
auszulegen sind. Da nach der hier vertretenen Ansicht eine Haftung der Bank gegenüber den Mitgläubigern nach § 826 BGB ausscheidet, läßt sich eine Haftung nur durch eine Rechtsfortbildung bewerkstelligen.717 In Betracht kommt eine Durchgriffshaftung der kreditgewährenden Bank. Im folgenden sind für die Zulässigkeit einer solchen Rechtsfortbildung mehrere Fragen zu unterschieden:718 Zunächst muß geklärt werden, ob es überhaupt zulässig ist719, das Trennungsprinzip auf die genannte Weise einzuschränken bzw. zu durchbrechen (sog. legitimatorische Ebene720). Bejahendenfalls stellt sich die Frage nach der Methode und deren dogmatische Begründung (sog. dogmatische Ebene). Schließlich sind die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen eine Durchbrechung des Trennungsprinzips zu bestimmen (sog. normative Ebene).
1. Legitimatorische Ebene Eine Rechtsfortbildung ist nur zulässig, wenn das Gesetz lückenhaft ist (a). Ferner ist zu prüfen, ob vorrangige Mittel der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung existieren (b). a) Gesetzeslücke Eine Gesetzeslücke ist die unbewußte Nichtregelung eines regelungsfähigen, in den Sachbereich eines auf Vollständigkeit angelegten Normenkomplexes fallenden Sachverhalts.721 Der Begriff der „bewußten Regelungslücke“ ist demnach ein Paradoxon und der der „unbewußten Regelungslücke“ ein Pleonasmus (Tautologie). In bezug auf eine vom Gesetzgeber bewußt nicht geregelte Materie ist das Gesetz nicht unvollständig. Diese fällt vielmehr nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Ob der Gesetzgeber dies durch Nichterwähnung der Materie oder 717 Albrecht, S. 67 f.; Canaris, Feststellung, S. 162 ff.; Hirth, S. 108 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 413 f. 718 Drax, S. 12 f.; Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [261 f., 271 f.]; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 9 II., S. 228. 719 Verneinend LG Bonn, Beschl. v. 14. 12. 1987 – 5 T 184 / 87, NJW 1989, 1225; v. Arnim, NZG 2000, 1001 [1007 f.]. 720 In der Terminologie anders Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [271], der von methodischer Ebene spricht und damit ebenfalls die Zulässigkeit der Einschränkung im Sinne der juristischen Methodenlehre meint; der Begriff „methodische“ Ebene droht jedoch, Mißverständnisse dahingehend auszulösen, daß es um die dogmatische Begründung einer Durchgriffshaftung geht. 721 Canaris, Feststellung, S. 16, 37, 39 f., 51, 54, 57, 134 f.; Keitel, S. 78 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 370, 371 f., 375, 413 f.; Puhle, S. 43; Ziegltrum, S. 150, 151 f.; so wohl auch Hirth, S. 88, 106 f.; zur Unterscheidung von Sach- und Schutzbereich und zur ggf. verfassungsrechtlichen Gebotenheit der erweiternden Gesetzesauslegung bzw. Rechtsfortbildung BVerfG, Beschl. v. 26. 6. 1991 – 1 BvR 779 / 85, BVerfGE 84, 212 [216, 227].
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durch eine Negativregelung zum Ausdruck bringt, ist im Ergebnis irrelevant, mag die zweite Alternative auch der Rechtsklarheit dienlicher sein. Vor diesem Hintergrund ist im folgenden zu prüfen, ob gesetzliche Bestimmungen existieren, die einer Rechtsfortbildung entgegenstehen.722 aa) Die Bestimmung des § 676 BGB Insbesondere bei der Haftung nichtvertragsbeteiligter Personen ist eingehend diskutiert worden, ob dieser § 676 BGB entgegensteht. Vorliegend könnte diese Bestimmung einer Haftung der Bank gegenüber den Mitgläubigern entgegenstehen, weil diese für die von der Bank zu beachtenden Rücksichtnahmepflichten keinerlei Gegenleistung erbringen. Jedoch steht § 676 BGB einer Haftung nichtvertragsbeteiligter Personen nach ganz überwiegender Meinung nicht entgegen.723 Praktisch hat § 676 BGB damit jede Bedeutung verloren. Auch wenn man über den rechtspolitischen Sinn dieser Vorschrift streiten kann, ist allerdings der in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wille eindeutig und das häufig kritiklose Übergehen dieser Norm durch die Rechtsprechung bedenklich.724 Sie bietet einen weiteren Grund dafür, eine Lösung der auftretenden Probleme nicht im Vertragsrecht zu suchen. Für das Institut des Durchgriffs würde § 676 BGB jedenfalls dann keinerlei Sperrwirkungen entfalten, wenn diese Bestimmung mit der überwiegenden und zutreffenden Ansicht725 lediglich als Hilfe zur Auslegung von Willenserklärungen verstanden wird.726 Jedenfalls läßt sich § 676 BGB nicht so verstehen, daß damit jedwede Rechtsfortbildung ausgeschlossen ist. Ein solches Verständnis als Ausschließlichkeitsnorm ist weder dem Wortlaut noch der Systematik dieser Vorschrift zu entnehmen. bb) Die Anfechtungstatbestände Mit Hilfe der Anfechtungsbestimmungen der InsO und des AnfG ließen sich, wie gezeigt, einzelne negative Effekte der Darlehensvergabe und insbesondere der Sicherheitenbestellung ausgleichen, so daß sich insoweit die Frage stellt, ob daneben eine weiterreichende Haftung in Betracht kommt. Es ist bereits dargelegt worden, daß die Anfechtungsbestimmungen eine Haftung der Bank nur insoweit begrenzen, als sie zum Ausschluß eines Schadens für den Gläubiger führen können. Vgl. nur BGH, Urt. v. 13. 3. 2003 – I ZR 290 / 00, NJW 2003, 1932 [1933 f.]. Hierzu nur Hirte, Berufshaftung, S. 164 f., 174 f.; Lammel, AcP 179 (1979), 337 [345 f.]; Schwartz, S. 15 ff. 724 Zutreffend Wiegand, S. 90 ff. 725 BGH, Urt. v. 24. 1. 1978 – VI ZR 105 / 76, WM 1978, 576 f.; Bohrer, S. 19 ff.; Canaris, BVR, Rn. 77, 88; Ebke, Wirtschaftsprüfer, S. 67, 69; Jost, S. 101 ff.; Wiegand, S. 88 ff.; wohl auch Honsell, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 211 [213, 215, 221, 223]. 726 Vgl. Wiegand, S. 170. 722 723
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In demselben Sinne können die Bestimmungen auch eine Durchgriffshaftung entfallen lassen. Da aber eine Rechtsfortbildung nur dann geboten ist, wenn die Parteien eine anderweitige Risikozuweisung vereinbart hätten, die Anfechtungsbestimmungen dagegen vor allem den Schutz der Gläubiger des Krisenunternehmens im Blick haben und dabei auch auf subjektive Elemente abstellen, besteht zwischen beiden Regelungsbereichen kein Ausschließlichkeitsverhältnis. Liegen die Voraussetzungen einer abweichenden Risikozuweisung entsprechend einer hypothetischen Verhandlungslösung vor, ist diese durch eine Rechtsfortbildung umzusetzen, gleichviel, ob daneben auch die Voraussetzungen einer Anfechtung vorliegen. Können die Anspruchsteller ihre Schäden jedoch durch eine Anfechtung beseitigen, ist dies im Rahmen der Rechtsfolgen zu berücksichtigen. cc) Die Begrenzung der Haftung für die Verursachung reiner Vermögensschäden Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung geht es vor allem um die Frage, ob die Banken wegen der Verursachung reiner Vermögensschäden haften. Das BGB sieht eine solche grundsätzlich nicht vor. Vielmehr ist die Haftung auf die Verletzung absoluter Rechtsgüter im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB beschränkt und nur in engen Grenzen auch für reine Vermögensschäden zugelassen (vgl. §§ 823 Abs. 2, 824 Abs. 1, 826, 831, 832, 839, 839a BGB). Jedoch ist unumstritten, daß in gewissen Grenzen eine Haftung wegen der Verursachung reiner Vermögensschäden über die engen Voraussetzungen des BGB möglich sein muß.727 Meist wird die Lösung dann in einer sehr weitherzigen Auslegung der gesetzlichen Haftungsnormen, also in der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung gesucht. Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Haftung für reine Vermögensschäden zuzulassen ist, ist unmaßgeblich, ob das Gesetz eine Beschränkung vorsieht oder ob eine solche der Rechtsprechung überlassen bleibt728 („gouvernement des juges en maitière de responsabilité civile“), wie dies vor allem in Frankreich729 und in den USA730 der Fall ist. Dort geht es meist um eine Begrenzung der grundsätzlich weiten Haftung (certain type of relationship, foreseeability, proximate cause bzw. remoteness of damage)731, wohingegen es im deutschen Recht um die Ausdehnung der engen Schranken des BGB geht. Entscheidend ist jeweils die Ermittlung materieller Ent727 v. Bar, Deliktsrecht, § 1 Rn. 24, Rn. 26; Honsell, Festschr. f. W. Lorenz, 2001, S. 483 [484, 486 f., 488 ff.]. 728 v. Bar, Deliktsrecht, § 1 Rn. 44; Land, S. 177 ff.; F. Müller, S. 328; Schwartz, S. 76. 729 Vgl. Kraßer, S. 47 – 86. 730 Zur Produkthaftung Greenman v. Yuba Power Products, Inc., 377 P.2d 897, 59 Cal.2d 57 (1963); Ultramares Corp. v. Touche & Co., 255 N.Y. 170, 174 N.E. 441 (1931); MacPherson v. Buick Motor Co., 217 N.Y. 382, 111 N.E. 1050 (1916); Ebke, Verantwortlichkeit, S. 7 f., 8 ff.; Lang, S. 205 ff.; Reinken, S. 48 ff. 731 Decku, S. 35 ff.; Kessel, S. 11, 15 ff.; Land, S. 120 ff.; Lang, S. 208 ff., 227 ff., 252 ff.; F. Müller, S. 210 ff., 243 ff.; Reinken, S. 54 f., 62 ff.
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scheidungskriterien.732 Auch geht es jeweils um einen Akt der richterlichen Rechtsfortbildung. Der Vorteil einer Begrenzung auf absolute Rechtsgüter kann zwar in der bestehenden Rechtssicherheit gegenüber einer Generalklausel gesehen werden733; daß Rechtssicherheit aber nicht um jeden Preis gilt, zeigen die zahlreichen und tiefgehenden Meinungsstreitigkeiten um die Auslegung der absoluten Rechtsgüter in § 823 Abs. 1 BGB. Die Frage, ob auch in Deutschland eine Generalklausel eingeführt werden sollte734, ist damit letztlich sekundär735. Einer Rechtsfortbildung steht die gesetzliche Begrenzung der Haftung für reine Vermögensschäden jedenfalls nicht entgegen. dd) Gesetzliche Durchgriffstatbestände Gesetzliche Beschränkungen des Relativitätsprinzips sind ohne weiteres zulässig.736 Im deutschen Recht finden sich zahlreiche Tatbestände, die das Relativitätsprinzip einschränken737: §§ 166, 278 BGB, § 334 BGB, § 359 Satz 1 BGB, § 362 Abs. 2 BGB, § 419 BGB a.F., §§ 404, 406, 407, 417 BGB, § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB, §§ 546 Abs. 2, 581 Abs. 2, 604 Abs. 4 BGB738, § 566 BGB, § 613a BGB, § 618 Abs. 3 i.V.m. §§ 844, 845 BGB, § 641 Abs. 2 BGB (sog. Durchgriffsfälligkeit), § 701 BGB, §§ 767 ff. BGB, §§ 816, 822 BGB, § 846 BGB, § 883 Abs. 2 BGB, § 986 Abs. 2 BGB, § 991 Abs. 2 BGB, § 1137 BGB, § 1211 BGB, § 1251 Abs. 2 BGB, § 1298 Abs. 1 Satz 1 BGB, §§ 1380, 1382 BGB, §§ 2287, 2329 BGB, §§ 25, 28 HGB, § 128 Satz 1 HGB, § 369 Abs. 2 HGB, §§ 433 ff. HGB, § 69 VVG, § 3 Nr. 1 PflVersG, §§ 71d, 56 Abs. 2, 136 Abs. 3, 151 AktG, § 14 KStG, § 2 Abs. 2 UStG, § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG, § 74 Abs. 1 Satz 1 AO, § 21 Abs. 2 HAG, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG, § 28e Abs. 2 SGB IV, § 117 Abs. 2 GewO;739 bei entsprechender Auslegung auch §§ 652, 119 Abs. 2 BGB740. Grenzen sind dem Gesetzgeber insoweit nur durch die verfassungsrechtlich verankerte 732 733 734 735
Drax, S. 39 f. Vgl. v. Bar, Deliktsrecht, § 1 Rn. 35 a. E. Hierzu Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [35 ff.]. v. Bar, Deliktsrecht, § 1 Rn. 44; Honsell, Festschr. f. W. Lorenz, 2001, S. 483 [486 ff.,
508]. Gernhuber, SV, § 31 I. 2., S. 710; T. Raiser, RabelsZ 33 (1969), 457 [471]. Im französischen Recht findet sich hinsichtlich einzelner Primäransprüche ein Durchgriff im Sinne einer action directe ausdrücklich in den Art. 1798, 1753 CC. 738 Vgl. AG Hamburg, Urt. v. 18. 3. 1992 – 40 b C 1959 / 91, WuM 1992, 484 [484, 485]. 739 Baumann, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 13 [14, 15]; Coester-Waltjen, Jura 1999, 656 [657 ff.]; Denck, JuS 1981, 9 [11 f.]; Dörner, S. 2, 5; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 18; H.-E. Henke, S. 30 ff., 53 f., 59 ff.; Karstendiek, MDR 1977, 94 [95]; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. § 241 Rn. 26; Kraßer, S. 93, 106 ff.; Medicus, JuS 1974, 613 [615 ff.]. 740 Coing, NJW 1977, 1793 [1795 f.]; Drax, S. 33 f.; Soergel / Hadding, Vor § 21 Rn. 35a; Hüffer, AktG, § 1 Rn. 23; Kuhn, Festschr. f. Fischer, 1979, S. 351 [355 f.]; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 29 Rn. 9 ff.; MünchKomm-BGB / Reuter, Vor § 21 Rn. 23, 26. 736 737
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Privatautonomie gesetzt (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG). Sofern gesetzliche Spezialbestimmungen existieren, ist für einen allgemeinen Durchgriff nur dann Raum, wenn die Spezialvorschrift nicht abschließend zu verstehen ist (lex specialis derogat legi generali). So ist etwa im Rahmen des § 359 Satz 1 BGB ein allgemeiner Einwendungsdurchgriff ausgeschlossen, wenn § 359 Satz 1 BGB gemäß § 492 Abs. 3 BGB nicht zur Anwendung kommt.741 Außerhalb des Regelungsbereichs der entsprechenden Spezialbestimmungen – also vor allem außerhalb des persönlichen Anwendungsbereichs der §§ 491 ff., 358 f. BGB – ist dagegen Raum für einen Einwendungsdurchgriff.742 Auch die gesetzlichen Bestimmungen, die zu einer Beschränkung des Relativitätsprinzips führen, stehen damit einer Rechtsfortbildung nicht entgegen. b) Vorrang der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung Zur Schließung von Gesetzeslücken und zur Aufnahme bzw. Ausbildung neuer, im Gesetz angedeuteter Rechtsgedanken, wie dies für den Durchgriff der Fall ist, ist mit Larenz zwischen der gesetzesimmanenten, also der zwar den Wortlaut der Norm überschreitenden, aber sich noch im Rahmen der Teleologie des Gesetzes haltenden und der gesetzesübersteigenden, also der zwar die Grenzen der Teleologie des Gesetzes übersteigenden, sich aber noch innerhalb des Rahmens der leitenden Prinzipien haltenden Rechtsfortbildung zu unterscheiden.743 Eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung ist nur dann und nur insoweit zulässig, als die Lücke weder im Wege der Auslegung noch einer den sich ergebenden Bedürfnissen genügenden gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung geschlossen werden kann.744 Letzteres muß außer Zweifel stehen.745 Im folgenden sind daher zunächst vorrangige Lösungsmöglichkeiten zu untersuchen. In der gesellschaftsrechtlichen Literatur wird dies oft mit dem Begriff der Subsidiarität des echten Durchgriffs gegenüber dem – unpassend746 – als „unecht“ bezeichneten Durchgriff umschrieben.747 In concreto geht es um die Frage, ob es eines eigenständigen Durchgriffs741 Vgl. BGH, Urt. v. 18. 4. 2000 – XI ZR 193 / 99, WM 2000, 1245 [1247]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14. 12. 1999 – 24 U 183 / 98, CR 1994, 146; Bruchner, WM 1999, 825 [827]; Füller, ZBB 2001, 157 [163]; Bruchner / Ott / Wagner-Wieduwilt, § 9 Rn. 176; offenlassend OLG Braunschweig, Urt. v. 13. 2. 1997 – 2 U 117 / 96, WM 1998, 1223 [1227 f.]; LG Stuttgart, Urt. v. 13. 1. 2000 – 17 O 250 / 99, WM 2000, 1388 [1393]. 742 Canaris, BVR, Rn. 1447; v. Westphalen / Emmerich / v. Rottenburg, § 9 Rn. 62; Kümmeth, S. 153 ff., 159 ff., 234; Palandt / Heinrichs, § 359 Rn. 1. 743 Larenz, Methodenlehre, S. 366 ff.; ebenso Dahm, S. 38 ff.; Keitel, S. 76 ff.; Puhle, S. 42; Winterfeld, S. 20 ff.; Ziegltrum, S. 148 ff. 744 Larenz, Methodenlehre, S. 426; ebenso Bork, ZGR 1994, 237 [259]; Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [284 f., 286 ff.]. 745 Larenz, Methodenlehre, S. 426; dies betonend auch Mayer-Maly, JZ 1986, 557 [560 ff.]. 746 Unpassend deshalb, weil es sich überhaupt nicht um einen Durchgriff handelt, auch nicht um einen unechten.
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instruments überhaupt bedarf.748 Für den gesellschaftsrechtlichen Durchgriff wird dies häufig verneint749, zum Teil aber auch bejaht750. aa) Gesamtanalogie Es ist bereits gezeigt worden, daß es im deutschen Recht zahlreiche Durchgriffstatbestände gibt. Diese könnten entsprechend teleologisch extensiv ausgelegt bzw. reduziert werden. Soweit der Wortlaut überschritten ist, besteht die Möglichkeit einer Analogiebildung. Allerdings bieten die meisten gesetzlichen Vorschriften hierfür keine geeignete Grundlage751, da es sich in der Regel um gesetzliche Spezialbestimmungen handelt, die aufgrund ihres engen Anwendungsbereichs nur schwer für eine Analogie nutzbar gemacht werden können.752 Zwar erweist sich die Annahme, Ausnahmebestimmungen seien nicht analogiefähig, als unzutreffend753, da auch Ausnahmebestimmungen analogiefähig sind, wenn und soweit der ungeregelte Sachverhalt der Sach- und Interessenlage gleicht. Es wird aber regelmäßig gerade an einer solchen entsprechenden Sach- und Interessenlage fehlen, obschon damit nichts über die grundsätzliche Regelungsbedürftigkeit des Sachverhalts ausgesagt wäre. In Betracht käme dann aber noch eine Gesamtanalogie etwa zu den §§ 546 Abs. 2, 816, 822, 991 Abs. 2 BGB, §§ 25, 28, 128 HGB, § 3 Nr. 1 PflVersG.754 Von einer Gesamtanalogie wird gesprochen, wenn mehrere Normen als Regelungsvorbilder dienen.755 Es handelt sich bei einem solchen Vorgehen allerdings 747 So BGH, Urt. v. 4. 5. 1981 – II ZR 193 / 90, WM 1981, 1021 [1022]; LAG Berlin, Urt. v. 1. 9. 1989 – 6 Sa 48 / 89, EWiR 1989, 949 f.; Bork, ZGR 1994, 237 [257 f., 260 mit Fn. 94]; Drax, S. 17, 27 ff., 41 – 61, 176 ff.; Drobnig, S. 57, 66; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 147; Erman, KTS 1959, 129 [134]; Franzmann, S. 56 f.; Soergel / Hadding, Vor § 21 Rn. 35a, 40; Kamm, S. 169 f.; KK-AktG / Kraft, § 1 Rn. 48, 58; Nirk, Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 443 [461]; ders., Festschr. f. Hauß, 1978, S. 267 [285]; Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 102, 161; Teubner, Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 261 [262]; zum Einwendungsdurchgriff entsprechend Hopt / Mülbert, Vorbem. zu §§ 607 ff. Rn. 431, 491; Rümker, ZHR 151 (1987), 162 [171 f.]. 748 Vgl. Chiusi, S. 213; Teubner, ZHR 154 (1990), 295 [296, 297, 299, 312]. 749 Drax, S. 22, 184 ff.; Scholz / Emmerich, § 13 Rn. 84, 91 ff.; ders., NZG 2000, 558 [559]; Fleck, GmbHR 1993, 552; Nirk, Festschr. f. Hauß, 1978, S. 267 [285]; Schanze, S. 14 f., 102 ff.; MünchHdb.GesR III / Schiessl, § 35 Rn. 14; Wilhelm, Rechtsform, S. 335 ff. 750 Erman, KTS 1959, 129 [130]; Geißler, GmbHR 1993, 71 ff.; Soergel / Hadding, Vor § 21 Rn. 40; Lutter / Hommelhoff, § 13 Rn. 5; Rehbinder, Festschr. f. Fischer, 1979, S. 579 [582]; MünchKomm-BGB / Reuter, Vor § 21 Rn. 33 ff. 751 Canaris, Feststellung, S. 49 f., 51 f. 752 Vgl. Wiegand, S. 288 ff. 753 BGH, Urt. v. 13. 3. 2003 – I ZR 290 / 00, NJW 2003, 1932 [1933]. 754 In diese Richtung Winterfeld, S. 77. 755 J. Schmidt, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 341 [361]; Larenz, Methodenlehre, S. 368.
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
nicht um eine Analogie im eigentlichen Sinne. Vielmehr wird induktiv das den Vorbildregelungen immanente Prinzip ermittelt und aus diesem die Lösung des konkreten Problems deduziert. Es geht dabei in der Sache um die Schaffung eines neuen oder die Herausarbeitung eines bereits existierenden Prinzips, damit also ebenfalls um einen Akt der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung, wohingegen die Analogie in den Bereich der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung fällt.756 Eine solche Gesamtanalogie würde dabei bedingen, daß den genannten Vorschriften ein gemeinsames Prinzip innewohnt. Dies dürfte aber zu bezweifeln sein, da sich die Grenzen des Relativitätsgrundsatzes nur rechtsgebietsspezifisch bestimmen lassen. Eine Gesamtanalogie ist daher nicht möglich.757 bb) Die Abtretungskonstruktion Die durch die Trennung von Rechtsgeschäften eintretenden Probleme lassen sich häufig ohne weiteres durch die Abtretung der Ansprüche, die innerhalb der Vertragskette bestehen, lösen; vorliegend wäre etwa an eine Abtretung der Ansprüche des Unternehmens gegen ihre Bank auf Ersatz der durch eine Pflichtverletzung entstandenen Schäden zu denken.758 Im Hinblick auf die Rechte des Käufers bei Mängeln der Sache ist die Abtretungskonstruktion beispielsweise beim Leasing gängige und akzeptierte Praxis. Soweit die Parteien eine Abtretung ihrer jeweiligen Ansprüche gegen den anderen Beteiligten der Vertragskette – wie auch im Rahmen der dieser Untersuchung zugrunde liegenden Problematik – nicht im voraus vereinbart haben und sich eine solche auch nicht konkludent oder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermitteln läßt – zu denken ist auch an § 255 BGB –, läuft dieser Lösungsweg allerdings leer. Selbst wenn sich ein Vertragspartner zu einer Abtretung seiner Ansprüche verpflichtet hat, wird sich dieser Anspruch gerade in den Fällen, in denen ein Durchgriff typischerweise zur Diskussion steht – etwa wie vorliegend in der Insolvenz des Vertragspartners – kaum realisieren lassen. Zutreffend hat die Rechtsprechung die Abtretungskonstruktion daher für wenig sachgerecht erachtet.759 Darüber hinaus käme im Hinblick auf §§ 80, 81 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens allenfalls noch eine Abtretung durch den Insolvenzverwalter oder eine Freigabe760 der Forderung in Betracht. Der Insolvenzverwalter wird aber schon deshalb eine solche Abtretung nicht vornehmen, weil diese Ansprüche zur Masse gehören. Vor diesem Hintergrund könnte eine Abtretung der Wiegand, S. 156, 157. Vgl. Hirth, S. 99. 758 Vgl. BGH, Urt. v. 20. 12. 1996 – V ZR 259 / 95, NJW 1997, 652; OLG Hamm, Urt. v. 27. 3. 1974 – 20 U 281 / 73, NJW 1974, 2091 ff.; Diestelmeier, S. 82 ff.; Heermann, Erwerbsgeschäfte, S. 21; Köndgen, Karlsruher Forum, 1998, S. 3 [26]; Müller-Laube, S. 79 ff.; Schürmann, S. 140 ff. 759 BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187 / 57, BGHZ 31, 272 ff.; ebenso H. L. Keller, S. 211 f. 760 Hierzu MünchKomm-InsO / Ott, § 80 Rn. 65 ff. 756 757
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Forderungen allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Geltendmachung der Forderungen mit hohen Kosten verbunden sind und in der Sache kaum Aussicht auf Erfolg besteht. Dann aber werden die Mitgläubiger regelmäßig auch kein Interesse an der Forderung haben. Möglich bliebe allerdings die Pfändung der Ansprüche des Vertragspartners gegen den Dritten.761 Auch damit können die Durchgriffsprobleme jedoch nicht umfassend gelöst werden. Abgesehen von der Undurchführbarkeit der Pfändung in der Insolvenz des Vertragspartners (vgl. §§ 88, 89 InsO), hat die Untersuchung gezeigt, daß die Durchgriffsproblematik wesentlich umfassender ist. Sie läßt sich daher nicht allein mit Hilfe eines reinen Innenhaftungskonzepts762 und mit Hilfe der Abtretungs- bzw. Pfändungskonstruktion lösen. Aus diesen Gründen erweist sich auch die Drittschadensliquidation als inadäquate Alternative. Möglich wäre dann zwar die Begründung eines Abtretungsanspruchs gegen den Vertragspartner bzw. die Begründung eines eigenen Anspruchs des Geschädigten aufgrund einer normativen Schadensbetrachtung763, allerdings begrenzt die überwiegende Ansicht die Drittschadensliquidation auf Fälle einer zufälligen Schadensverlagerung764. Da sich die Drittschadensliquidation nur konstruktiv, nicht aber im Hinblick auf die zugrundeliegende Problematik von den bislang diskutierten Fragen unterscheidet765, ist auch insoweit eine einheitliche Lösung mit Hilfe des Durchgriffs vorzuziehen.
cc) Ausdehnung der Erfüllungsgehilfenhaftung Im Schrifttum ist vor allem von Köndgen die Drittschutzproblematik mit Hilfe einer extensiven Anwendung des § 278 Satz 1 BGB zu lösen versucht worden.766 Dies hilft dem Dritten aber dann nicht weiter, wenn sich – wie in den vorliegend diskutierten Konstellationen – das Risiko gerade in der Insolvenz seines Vertragspartners verwirklicht hat, denn dann muß ein Haftungsdurchgriff an die Seite des Zurechnungsdurchgriffs treten. Dem Mitgläubiger würde es nicht helfen, wollte 761 Vgl. BGH, Urt. v. 27. 1. 1997 – II ZR 123 / 94, BGHZ 134, 333 [339 f.]; BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187 / 57, BGHZ 31, 272 ff.; Bitter, Durchgriff, S. 72 ff.; Wilhelm, Rechtsform, S. 378. 762 Zu einem solchen etwa BGH, Urt. v. 27. 1. 1997 – II ZR 123 / 94, BGHZ 134, 333 [338 ff.] für die Haftung der Gesellschafter in der Vor-GmbH. 763 Büdenbender, JZ 1995, 920 ff.; Hagen, S. 151 ff.; Medicus, Probleme, S. 6; F. Peters, AcP 180 (1980), 329 [343 ff., 348 ff.]; Puhle, S. 97 ff.; Urban, S. 53 ff.; Winterfeld, S. 166 ff. 764 Staudinger / Jagmann, § 328 Rn. 114; F. Peters, AcP 180 (1980), 329 [335 ff., 350 ff., 364 ff., 367 ff.]; Puhle, S. 76 ff.; Sutschet, S. 30 ff.; Urban, S. 19 ff.; Winterfeld, S. 128 ff. 765 Canaris, Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27 [99]; Gernhuber, SV, § 21 I. 5., S. 515 f., § 21 III. 4., S. 540; MünchKomm-BGB / Gottwald, § 328 Rn. 96; Junker, S. 10, 22; W.-D. Lange, S. 2; Papst, S. 187 ff., 228 ff.; Sutschet, S. 46 ff.; Zugehör, NJW 2000, 1601 [1605]. 766 Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 [11 mit Fn. 41, 17, 26]; ders., Bankenhaftung, S. 133 [146 ff.]; ebenso Diestelmeier, S. 98 ff.
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
man dem Krisenunternehmen ein Fehlverhalten der Bank zurechnen. Auch im übrigen erweist sich eine Extension des § 278 Satz 1 BGB als wenig überzeugende Alternative. Will man die Norm direkt und nicht analog anwenden, bedarf es der Begründung entsprechender Pflichten innerhalb des bestehenden Schuldverhältnisses. Diese wiederum müßten sich auf ein Verhalten eines Dritten beziehen, bedürften also einer besonderen Begründung innerhalb des bestehenden Schuldverhältnisses. Gerade bei der Verletzung originärer Pflichten gegenüber den Mitgläubigern greift dieses Konzept zu kurz. Nur wenn entsprechende Pflichten in dem bipolaren Verhältnis begründet werden können, könnte davon gesprochen werden, daß der unmittelbare Verursacher der Externalitäten im Pflichtenkreis des Schuldners tätig geworden ist. Verzichtete man dagegen auf das Erfordernis der Tätigkeit im Pflichtenkreis, wie dies in neuerer Zeit vereinzelt befürwortet wird767, läge bereits eine Analogie vor, die ihrerseits begründungsbedürftig wäre. c) Ergebnis Für die Haftung der Bank gegenüber mit ihr nicht in vertraglichen Beziehungen stehender Mitgläubiger ist ein Haftungsinstrument im Wege der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung zu entwickeln. Es besteht insoweit eine Gesetzeslücke, die auch nicht mit den Mitteln der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung geschlossen werden kann. Im folgenden ist daher zu untersuchen, wie eine solche Rechtsfortbildung methodisch und dogmatisch im einzelnen umzusetzen ist.
2. Dogmatische Ebene a) Die methodische Ausgestaltung der Rechtsfortbildung Im folgenden ist zu untersuchen, wie die Rechtsfortbildung methodisch auszugestalten ist. Denkbar wäre zunächst, zwischen der Bank und dem Mitgläubiger das Entstehen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflichten anzunehmen. Gegen diese Methode sind jedoch bereits Einwände erhoben worden, auf die hier verwiesen werden kann.768 Es bleibt daher die Begründung eines Durchgriffs der Mitgläubiger gegen die das Krisenunternehmen finanzierende Bank. Der Durchgriff ist als eigenständiges Rechtsinstitut bislang nur im Gesellschaftsrecht diskutiert worden, was damit zusammenhängen mag, daß die Durchbrechung der gesetzlichen Risikoverteilung hier besonders augenfällig wird769. In 767 So etwa OLG München, Urt. v. 20. 4. 1999 – 25 U 4876 / 98, WM 1999, 1818 [1820 f.]; OLG Nürnberg, Urt. v. 16. 8. 1999 – 12 W 2417 / 99, WM 1999, 2305; LG Freiburg, Urt. v. 16. 3. 1999 – 5 O 404 / 98, BB 1999, 1727; LG Meiningen, Urt. v. 30. 8. 2000 – 2 O 149 / 00, VuR 2001, 55 [59]. 768 s. hierzu § 10 II. 3. b). 769 Vgl. Drax, S. 35; Franzmann, S. 80; Wiegand, S. 204 in Fn. 34.
§ 11 Die hypothetische Beteiligung der Mitgläubiger am Sanierungsversuch
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der Sache geht es dabei jedoch um eine Verlagerung von Risiken auf die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter, so daß man in diesem Sinne auch dann von einem Durchgriff sprechen kann, wenn dieser auf bürgerlichrechtlichen Haftungsnormen, etwa § 826 BGB, beruht.770 Geht es um eine sachgerechte Verteilung von Risiken, ist die dogmatische Ausgestaltung des Durchgriffsinstruments letztlich irrelevant.771 Dies erhellt beispielsweise auch der Umstand, daß die von den §§ 32a, 32b GmbHG erfaßten Fallkonstellationen vor deren Inkrafttreten weithin mit Hilfe des § 826 BGB gelöst wurden.772 Die Begründung einer eigenständigen Haftung auf der Grundlage eines Durchgriffs stellt insoweit nur eine Möglichkeit der Internalisierung dar. Im folgenden soll es lediglich um die dogmatische Begründung eines solchen Instruments, also die Durchgriffsmethode gehen. b) Die Methoden im gesellschaftsrechtlichen Durchgriff In der gesellschaftsrechtlichen Durchgriffsdiskussion werden zwei Möglichkeiten, einen Durchgriff zur Überwindung des Relativitätsprinzips zu konstruieren, diskutiert: Zum einen werden die sich aus der rechtlichen Selbständigkeit von Gesellschaft und Gesellschaftern ergebenden Konsequenzen aufgehoben. Teilweise wird dabei die Trennung der Haftungsmassen verneint (sog. Massedurchgriff). Es käme dann zu einer Haftung ohne Schuld773, da nur hinsichtlich der Haftung eine Erweiterung der Masse vorläge, also eine Vollstreckung in das Vermögen der Gesellschafter wegen einer Schuld der Gesellschaft geduldet werden müßte.774 Andere vertreten die Auffassung, der Dritte habe auch für die fremde Schuld einzustehen (sog. Schuldnerdurchgriff).775 Mit dem Begriff der Durchgriffshaftung ist dann nicht eine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern die Methode, nämlich die Durchbrechung der Personenverschiedenheit unter Beseitigung der rechtlichen Selbständigkeit des Schuldners gemeint, weshalb nicht von einer Durchgriffshaftung gesprochen werden sollte.776 Die eigentliche Anspruchsgrundlage ergäbe sich 770 Zum „Durchgriff“ bei der Produzentenhaftung bereits grundlegend Canaris, JZ 1968, 494 [495 ff.]; zur einer möglichen teleologischen Extension des § 661a BGB (ablehnend) BGH, Urt. v. 15. 7. 2004 – III ZR 315 / 03, NJW 2004, 3039 [3040 f.]. 771 Versteegen, S. 24, 289, 290 ff. 772 Fleck, Festschr. f. Werner, 1984, S. 107 [115]; Mertens, AcP 178 (1978), 227 [233 f.]. 773 Vgl. Behrens, RabelsZ 46 (1982), 308 [312]; v. Gierke, S. 27, 50 ff.; Erman / O. Werner, Einl. § 241 Rn. 31; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 4 III., S. 220. 774 Kamm, S. 62 f., 114 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 9 II. 1., S. 229; Reinhardt / Schultz, Rn. 44, 328; H.-B. Schäfer / Ott, 24 / 3.2.1; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 4 III., S. 220. 775 Vgl. BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275 / 84, BGHZ 95, 330 [332] (die zusätzliche Nennung der §§ 105, 128 HGB stellt insoweit jedoch einen dogmatischen Bruch dar, da diese Vorschriften die rechtliche Selbständigkeit der Gesellschaft gerade voraussetzen); Nirk, Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 443 [457 f., 459]; H. Tröster, S. 2; Medicus, JuS 1974, 613 [621]. 776 So aber Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [267 f.].
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allein aus dem Anspruch gegen den Schuldner (hier des Mitgläubigers gegen das Krisenunternehmen). Wie insbesondere die sog. Strohmann-Fälle zeigen777, ist dies auch bei der Teilnahme natürlicher Personen möglich. Eine solche Identität der verschiedenen Rechtssubjekte wäre allerdings eine reine Fiktion778, soweit die Rechtsfähigkeit des Schuldners feststeht, also von der Rechtsordnung anerkannt wird.779 Die Fiktion der Personenidentität bedeutete einen Angriff auf die Rechtsfähigkeit des Schuldners, letztlich deren Mißachtung.780 Im Schrifttum wird daher zum Teil die rechtliche Selbständigkeit der Rechtssubjekte anerkannt781 und die Durchgriffsprobleme durch Schaffung einer eigenständigen Haftungsnorm gelöst.782 c) Bewertung Für die zugrundeliegende Untersuchung kommt nur die zuletzt genannte Möglichkeit in Betracht, denn an der rechtlichen Selbständigkeit des Krisenunternehmens kann nicht gezweifelt werden. Die allgemeine Skepsis gegenüber der Selbständigkeit des Unternehmens783 greift hier nicht. Zutreffend ist vielmehr, allgemein die rechtliche Selbständigkeit von Personen – sei es juristischer, sei es natürlicher – anzuerkennen und die Probleme des Trennungsdenkens mit Hilfe der gesetzesimmanenten, aber auch der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung zu lösen. Der Durchgriff eignet sich als eigenständiges Rechtsinstitut zu einer umfassenden Lösung der Probleme, die sich aus dem Trennungsdenken ergeben. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Flexibilität der Rechtsfolgen.784 Dies kann 777 Vgl. BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187 / 57, BGHZ 31, 272 ff.; BGH, Urt. v. 28. 5. 2002 – XI ZR 199 / 01, NJW 2002, 2634 [2635]; BGH, Urt. v. 25. 4. 2002 – 4 StR 152 / 01, NJW 2002, 2724 [2725 f.]; BGH, Urt. v. 13. 3. 2002 – VIII ZR 292 / 00, NJW 2002, 2030 [2031]; BGH, Urt. v. 15. 1. 2002 – XI ZR 98 / 01, NJW 2002, 956; BGH, Urt. v. 3. 11. 1976 – I ZR 157 / 74, WM 1977, 73 [75]. 778 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 9 I. 1., S. 224; Unger, BB 1976, 290 [291 in Fn. 16]. 779 Als überholt kann die früher zum Teil vertretene Ansicht bezeichnet werden, wonach das Gesellschaftsvermögen Sondervermögen der Gesellschafter ist, das im Wege der Durchgriffshaftung lediglich wieder zusammengeführt werde, vgl. Drax, S. 16; Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [268]. 780 Drax, S. 14 f.; Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [261, 267]; MünchKomm-BGB / Roth, § 242 Rn. 495a; H. Tröster, S. 2.; Wilhelm, Rechtsform, S. 285, 289. 781 Flume, I / 2, § 3 I., S. 67 ff.; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 13 Rn. 127; Wilhelm, Rechtsform, S. 23 ff., 291 ff. 782 BAG, Urt. v. 10. 2. 1999 – 5 AZR 677 / 97, ZIP 1999, 878 [879]; Bitter, Durchgriff, S. 100; Boujong, Festschr. f. Odersky, 1996, S. 739 [743]; Kittner, Rn. 406; Kraft / Kreutz, S. 62; Kuhn, Festschr. f. Fischer, 1979, S. 351 [360]; Langenbucher, JuS 2004, 478 [481]; Lutter / Hommelhoff, § 13 Rn. 7; Nirk, Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 443 [462]; Teubner, Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 261 [278]. 783 Vgl. Bork, ZGR 1994, 237 [258]; T. Raiser, Festschr. f. Lutter, 2000, S. 637 [638 f.]. 784 Bitter, Durchgriff, S. 98; Bork, ZGR 1994, 237 [240 f., 245, 256, 258]; Drax, S. 13, 14, 17, 39 f.; Erman, KTS 1959, 129 [130 f.]; Franzmann, S. 58 f., 113, 114 in Fn. 361; Nirk, Festschr. f. Stimpel, 1985, S. 443 [458]; Versteegen, S. 287 in Fn. 6.
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als Durchgriffshaftung bezeichnet werden, klarer wäre aber wohl der Begriff der Direkthaftung, da ein „Griff durch die juristische Person auf die Gesellschafter“ nicht vorliegt785, sondern ein „Griff vorbei“ an einem Schuldverhältnis direkt auf den Schuldner. Das Bild einer solchen „action directe“ am „Eck“ vorbei paßt dann, wenn auch der Dritte zu einem der an einem fremden Schuldverhältnis Beteiligten eine vertragliche Beziehung hat. Das oft bemühte Bild des „piercing the corporate veil“786 geht dagegen an der Sache vorbei und provoziert Mißverständnisse.787 Dies besagt aber entgegen einer im Schrifttum zum Teil vertretenen Ansicht788 nicht, daß damit eine Rechtsfortbildung ganz ausscheidet. Vielmehr ist eine solche gerade geboten.
3. Normative Ebene Die Voraussetzungen, unter denen eine Durchbrechung des gesetzlichen Risikoverteilungsmodells erfolgen sollte, sind unter I. bereits dargelegt worden: Ein Durchgriff hat immer dann zu erfolgen, wenn die Parteien die Risiken anderweitig zugewiesen hätten. Im folgenden sind daher nur noch die Rechtsfolgen und die Grenzen des Durchgriffs zu erörtern. a) Rechtfolgen Die Rechtsfolgen des Durchgriffs sind nicht einheitlich zu beurteilen.789 Da es sich der Sache nach um eine teleologische Reduktion der mit dem Trennungsprinzip einhergehenden Risikoverteilung handelt, kommen alle Instrumentarien der Internalisierung externer Effekte in Betracht, so etwa die Beachtlichkeit von Einwendungen und Einreden aus einem fremden Schuldverhältnis (sog. Einwendungsdurchgriff)790, die Überleitung von Primärpflichten aus einem Schuldverhältnis (sog. Schuldnerdurchgriff)791, die Unbeachtlichkeit der fehlenden Gegenseitigkeit von Forderungen (sog. Aufrechnungsdurchgriff)792, die Begründung eines eigenständigen Schadensersatzanspruches gegen einen an dem Schuldband Beteiligten 785 Flume, I / 2, § 3 III. 3., S. 85 f. Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [270] spricht von einem Nebengriff. 786 Dazu nur M. Lehmann, GmbHR 1992, 200 [201]. 787 T. Raiser, Festschr. f. Lutter, 2000, S. 637 [641]; Versteegen, S. 288. 788 v. Arnim, NZG 2000, 1001 [1007 f.]. 789 Bork, ZGR 1994, 237 [240 f.]; Hachenburg / Mertens, Anh. § 13 Rn. 19; Stimpel, Festschr. f. Goerleder, 1987, S. 601 [612 ff.]. 790 Vgl. H.-E. Henke, S. 54; v. Reinersdorff, S. 14, 25. 791 Vgl. Kamm, S. 165. 792 BGH, Urt. v. 7. 11. 1957 – II ZR 280 / 55, BGHZ 26, 31 [33]; BGH, Urt. v. 3. 7. 1953 – I ZR 216 / 52, BGHZ 10, 205 [207]; Drax, S. 23 ff.; v. Westphalen / Emmerich / v. Rottenburg, § 9 Rn. 198.
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(sog. Haftungsdurchgriff), die Zurechnung von Wissen, Eigenschaften oder Umständen von Dritten (sog. Zurechnungsdurchgriff793) etc.794 Soweit der Anspruch gegen den Schuldner nicht in einer Forderung besteht, können die Verhaltenspflichten einen Dritten ebenfalls treffen (sog. Rechtsfolgendurchgriff), etwa bei einem Wettbewerbsverbot.795 Bei der Darlehensvergabe von besonderer Bedeutung ist dabei der Haftungsdurchgriff in Form einer Überleitung eines fremden Primäranspruchs eines Mitgläubigers gegen das Krisenunternehmen auf die Bank, die dann im Ergebnis wie ein Garant für die Erfüllung der Verbindlichkeit einzustehen hat.796 Dies kommt – wie bereits dargelegt – etwa dann in Betracht, wenn die Bank die Sanierung des Unternehmens verhindert hat und es bei Durchführung des Sanierungsversuchs zu einer Befriedigung der Forderung des Mitgläubigers gekommen wäre. Geht es dagegen allein um die Verzögerung der Insolvenzverfahrenseröffnung, können die Gläubiger nur die gerade durch diese Verzögerung bewirkten Nachteile ersetzt verlangen. b) Grenzen aa) Mitverschulden Eine Grenze bildet ein Mitverschulden der Mitgläubiger (§ 254 BGB analog). Die vorwerfbare Unkenntnis des Gläubigers von der wirtschaftlichen Lage bei Eingehung der Verbindlichkeit führt zwar nicht dazu, daß bereits eine Durchgriffslage nicht besteht. Ein solcher Umstand ist jedoch bei einer möglichen Kürzung des Duchrgiffsanspruchs zu berücksichtigen.797 Die analoge Anwendung des § 254 BGB ist einem vollständigen Ausschluß eines Durchgriffsanspruchs vorzuziehen, da dies eine wesentlich flexiblere Handhabung ermöglicht als der komplette Ausschluß der Haftung und damit die Anwendung des Alles-oder-Nichts-Prinzips. bb) Dritteinwendungen Insbesondere soweit mit Hilfe des Durchgriffs die Inanspruchnahme eines Vertragsbeteiligten durch einen Vertragsunbeteiligten ermöglicht werden soll, stellt sich die Frage nach den Grenzen des Durchgriffs, genauer nach dem Grad der Abhängigkeit des Durchgriffsanspruchs von dem Rechtsverhältnis, an dem der Inanspruchgenommene beteiligt ist, das bildlich gesprochen „für den Dritten geöffnet wird“ – analog zur Isolation des Schuldverhältnisses vor Dritteinflüssen durch das Vgl. Bork, ZGR 1994, 237 [240, 248]. Vgl. Bork, ZGR 1994, 237 [238 f.]; Drax, S. 36 ff. 795 LG Köln, Urt. v. 11. 8. 1992 – 31 O 384 / 92. 796 Für einen gesetzlichen Schuldbeitritt H.-E. Henke, S. 32 f. 797 Vgl. BGH, Urt. v. 6. 6. 1994 – II ZR 292 / 91, BGHZ 126, 181 ff.; Wenzel, Risiken, S. 252, 259. 793 794
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Relativitätsprinzip. Beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte wird hier insbesondere die Problematik des Einwendungsdurchgriffs nach § 334 BGB, vor allem dessen Anwendbarkeit bei Gegenläufigkeit der Interessen diskutiert.798 Auch stellt sich die Frage nach der Verjährung des Durchgriffsanspruchs. Aus der dogmatischen Konstruktion des hier befürworteten Konzepts lassen sich diese Fragen ohne weiteres klar beantworten. Da der Durchgriff im Ergebnis zu einer Verlagerung der Risiken auf den Darlehensgeber führt799, findet er dort seine Grenzen, wo die Störung der gesetzlichen Risikoverteilung nicht auf dem Verhalten des Inanspruchgenommenen beruht. So kann der Anspruchsteller von dem Anspruchsgegner nicht mit Hilfe des Durchgriffs mehr verlangen, als er von seinem eigentlichen Vertragspartner erhalten würde. Für den Schuldnerdurchgriff gilt auch insoweit die für das den übergeleiteten Anspruch begründende Rechtsverhältnis geltende Verjährungsfrist, denn das Risiko der Verjährung eines Anspruchs trägt der jeweilige Gläubiger, und daran kann auch der Durchgriff nichts ändern. Anders ist die Frage in bezug auf diejenigen Risiken zu beurteilen, die es gerade zu verlagern gilt, insbesondere die Bonitätsbzw. Insolvenzrisiken. Insoweit kann der Anspruchsteller mit Hilfe des Durchgriffs das Insolvenzrisiko auf den Anspruchsgegner abwälzen und zwar zu Recht, denn dieser hat gerade insoweit auf die gesetzliche Risikoverteilung eingewirkt. Dann aber hat er auch für dieses besondere Risiko einzustehen. Diesbezügliche Einwendungen und Einreden bleiben also unbeachtet, vielmehr soll der Durchgriff die mit diesen zusammenhängenden nachteiligen Folgen für den Anspruchsteller gerade überwinden helfen. Dies entspricht weitgehend der Systematik der §§ 128 Satz 1, 129 HGB bzw. §§ 765 Abs. 1, 778, 770 BGB.800 Anders zu beurteilen ist die Situation beim sog. Haftungsdurchgriff, da hier ein eigenständiger Haftungsgrund vorliegt. Der Durchgriffsanspruch verjährt insoweit gemäß den §§ 195, 199 BGB. Eine Abhängigkeit in bezug auf Einwendungen oder Einreden von einem der besagten Rechtsverhältnisse besteht nicht.
c) Der Durchgriff in der Insolvenz Schließlich stellt sich noch die Frage, wie der Durchgriffsanspruch von Gläubigern gegen die Bank in der Insolvenz des Krisenunternehmens geltend zu machen ist, insbesondere soweit mit Hilfe des Durchgriffs die durch die Darlehensvergabe bewirkten Schäden einer Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, also ein Gesamtschaden beseitigt werden soll. Konkret geht es um die Frage, ob der Vgl. nur Papst, S. 95 ff. Vgl. Franz, S. 121 f.; MünchKomm-BGB / Habersack, § 9 VerbrKrG Rn. 74; Bruchner / Ott / Wagner-Wieduwilt, § 9 Rn. 47. 800 Im Ergebnis ebenso Gernhuber, SV, § 21 II. 7. e), S. 534. 798 799
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Durchgriff in der Insolvenz von den Gläubigern oder von dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann. Für die persönliche Haftung von Gesellschaftern einer KG findet sich eine ausdrückliche Regelung in § 172 Abs. 1 Alt. 1 HGB. Eine dieser Norm entsprechende, allgemein für Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit geltende Vorschrift stellt § 93 Alt. 1 InsO dar. Sie ist in der Insolvenz analog auch auf die Durchgriffshaftung von Gesellschaftern einer GmbH angewendet worden.801 Dies gilt für den allgemeinen Durchgriff ebenfalls, soweit mit diesem von den Mitgläubigern ein Gesamtschaden geltend gemacht wird. Schließlich ist auch § 92 Satz 1 InsO anwendbar.802 Die Geltendmachung möglicher Durchgriffsansprüche der Mitgläubiger gegen die sich an einem Sanierungsversuch beteiligende Bank wegen hierdurch entstandener Schäden obliegt also allein dem Insolvenzverwalter.
4. Vorbehalte und kritische Fragen zum Durchgriff a) Die allgemeine Skepsis gegenüber dem Durchgriff Dem Durchgriff wird im Schrifttum überwegend mit Skepsis begegnet. Immer wieder wird vor allem in der gesellschaftsrechtlichen Diskussion betont, die Rechtsprechung habe eine Durchgriffshaftung bislang kaum jemals angenommen803 und selbst die als Ausnahmen angeführten Entscheidungen werden zum Teil als nicht verallgemeinerungsfähige Sonderfälle bezeichnet 804. Diese Skepsis mag mit der allgemeinen „Angst“ vor der Fortbildung des Rechts805 zusammenhängen. Sie sollte jedoch einer rationaleren Betrachtungsweise weichen. Das Trennungsdenken hat seinen guten Sinn. Als Rechtsprinzip gewährleistet es eine kalkulierbare Risikoverteilung und trägt damit zur Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei. Gleichwohl gilt diese Rechtsregel nicht ausnahmslos. Daß der Richter nicht bei der schieren Subsumtion eines Sachverhalts unter eine Norm stehen bleiben darf, er also nicht als bloßer Anwender eines an 801 BGH, Urt. v. 25. 7. 2005 – II ZR 290 / 03, NJW 2005, 3137 [3140 f.]; BAG Urt. v. 14. 12. 2004 – 1 AZR 504 / 03, NJW 2005, 2172 [2174]; LG Hildesheim, Urt. v. 16. 1. 2001 – 10 O 135 / 00, ZInsO 2001, 474 [475]; Langenbucher, JuS 2004, 478 [481]; dem steht BGH, Urt. v. 4. 7. 2002 – IX ZR 265 / 01, NJW 2002, 2718 f. nicht entgegen, weil die dort in Rede stehenden Ansprüche keine Gesamtschäden betrafen. 802 Vgl. BGH, Urt. V. 20. 9. 2004 – II ZR 302 / 02, WM 2004, 2254 [2256]; BGH, Urt. v. 8. 5. 2003 – IX ZR 334 / 01, NJW-RR 2003, 1042 [1044]. 803 Vgl. Ehricke, AcP 199 (1999), 257 [264 ff.]; Franzmann, S. 158 f., 154; Stimpel, Festschr. f. Goerleder, 1987, 601 [603]. 804 Scholz / Emmerich, § 13 Rn. 86; Kiethe, ZIP 2000, 216 [217 f., 224]; Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 109. 805 Vgl. Gernhuber, SV, § 21 II. 6. b), S. 528; Hirth, S. 114 f.; Papst, S. 2.
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Ordnungs- bzw. Gattungsbegriffen orientierten Systems fungiert, ist die wesentliche Erkenntnis aus der Abkehr von der insbesondere im 19. Jahrhundert von den Vertretern der Pandektistik propagierten reinen Begriffsjurisprudenz.806 Vielmehr soll der Richter auch und gerade die in dem jeweiligen Einzelfall betroffenen Interessen bei der Rechtsanwendung berücksichtigen, sei es auch um den Preis vollkommener Rechtssicherheit durch Rechtsanwendungsgleichheit.807 Die Grenzen des Trennungsdenkens zu erkennen und die mit der Lösung des jeweiligen Interessenkonflikts verbundenen Wertungen offenzulegen, muß Ziel einer die reine Begriffsjurisprudenz überwindenden Rechtsanwendung im Sinne einer normativen Wertungsjurisprudenz sein.808 Die Versuche, die Durchgriffsprobleme mit Hilfe der „altbewährten Hausmittel“ zu lösen, verdecken dagegen das Sachproblem und tragen damit nicht zur Rechtsklarheit bei.809 Wie die bisherige Untersuchung gezeigt hat, handelt es sich bei dem Durchgriff auch nicht um eine Durchbrechung des Trennungsdenkens, sondern um die Bestimmung seiner immanenten Grenzen. Er ist so verstanden kein Fremdkörper in einem ansonsten gut funktionierenden geschlossenen System, sondern gerade ein wesentlicher Faktor zur Aufrechterhaltung desselben und bewirkt damit dessen Widerspruchsfreiheit. Dieser hat das Bundesverfassungsgericht sogar Verfassungsrang beigemessen.810 Desweiteren dient die Rechtsfortbildung aber auch der Vermeidung von Konstruktionsjurisprudenz, womit die vor allem in der Rechtsprechung verbreitete 806 Karstendiek, DRiZ 1973, 345 [347]; Larenz, Methodenlehre, S. 19 – 35, 437 ff., 454; damit soll nicht gesagt sein, daß der systematisch Auslegung keine eigenständige Bedeutung zukäme, denn diese trägt zur Systemstimmigkeit und damit zur Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung bei; hierzu Herzberg, JuS 2005, 1 [5]. 807 Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 19. 4. 1971 – II ZR 98 / 68, BGHZ 56, 97 [101]; BGH, Urt. v. 6. 10. 1960 – II ZR 215 / 58, BGHZ 33, 189 ff.; Busche, S. 17; Gernhuber, Billigkeit, S. 211; Larenz, Methodenlehre, S. 438; Mayer-Maly, JZ 1986, 557 [561]; K. Schmidt, WM 1983, 490; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 26, 27 f.; Otte, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 433 [444]. 808 Vgl. F. Bydlinski, Methodenlehre, S. 34 ff., 123 ff.; Canaris, Systemdenken, S. 144; Gernhuber, Billigkeit, S. 206 f., 207 f.; Palandt / Heinrichs, Einl. 33; Kraßer, S. 287; Larenz, Methodenlehre, S. 128 ff., 453 f.; Papst, S. 2; J. Petersen, S. 56; Schmalzbauer, S. 7 f., 10, 138; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 III. 1. a), S. 204 f.; Schünemann, S. 43 f.; Versteegen, S. 14 f.; H. Westermann, S. 4; den „Tod“ der Begriffsjurisprudenz anzweifelnd dagegen Otte, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 433 [434 ff.]. 809 Brecher, Festschr. f. H. Lange, 1970, S. 123 [135 f.]; Ebke, Wirtschaftsprüfer, S. 53; Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [146]; Gernhuber, Festschr. f. Nikisch, 1958, S. 249 [251]; Hirth, S. 109; Köndgen, Selbstbindung, S. 373, 419; Larenz, Festschr. f. Michaelis, 1971, S. 193 [199]; W. Lorenz, Festschr. f. Larenz, 1973, S. 575 [590 f.]; Möschel, AcP 186 (1986), 187 [231]; Papst, S. 2, 3, 145 f.; Picker, Festschr. f. Medicus, 1999, S. 397 [412, 415, 416 f., 432]; Rößing, S. 8; Rohe, Netzverträge, S. 88. 810 BVerfG, Urt. v. 7. 5. 1998 – 2 BvR 1991, 2 BvR 2004 / 95, BVerfGE 98, 106 [125 ff.]; BVerfG, Urt. v. 7. 5. 1998 – 2 BvR 1876 / 91 u. a., BVerfGE 98, 83 [97 f.]; BVerfG, Urt. v. 27. 10. 1998 – 1 BvR 2306, 2314 / 96, 1108, 1109, 1110 / 97, BVerfGE 98, 265 [301].
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
Methode bezeichnet wird, das als richtig empfundene Ergebnis unter Vernachlässigung dogmatischer Bedenken durch die Konstruktion einer sich in das äußere System einpassenden Lösung zu gewinnen.811 Das Problem eines solchen Vorgehens liegt nicht in den erzielten Ergebnissen812, denn über diese herrscht meist weitgehend Einigkeit.813 Problematisch ist vielmehr, daß die zugrundeliegenden Interessen und deren Auflösung durch ein solches Vorgehen ausgeblendet werden.814 Stattdessen wird mit argumentativem Aufwand eine dogmatische Konstruktion gewählt, obschon mit der Einordnung in das äußere System nichts gewonnen ist, weil es inhaltlich um die Auflösung des zugrundeliegenden Interessenkonfliktes geht, diese aber gerade nicht aus dem System deduziert werden soll. Gleichzeitig wird damit ein dogmatischer Streit provoziert, der wiederum die Gefahr in sich birgt, die der Lösung eigentlich zugrundeliegenden Wertungen und deren gegenseitige Abwägung zu verdecken.815 Das Ergebnis ist erstaunlich: Konstruktions- als Ausdruck der Interessenjurisprudenz, gleichwohl aber nach außen mit dem Bemühen nach einer sich in das äußere System einfügenden und damit einem Anliegen der Begriffsjurisprudenz Rechnung tragenden Konstruktion, gleichsam also Interessen im Gewande der Begriffsjurisprudenz. Schon aus Gründen der Methodenehrlichkeit ist dem nicht zu folgen.
b) Der Durchgriff als Wiederbelebung der actio de in rem verso? Da der Durchgriff einem Dritten (Mitgläubiger) einen Direktanspruch an Rechtsverhältnissen (hier dem Darlehensvertrag zwischen Bank und Unternehmen einerseits und dem Schuldverhältnis zwischen dem Mitgläubiger und dem Unternehmen andererseits) vorbei begründen kann, werden unweigerlich Assoziationen zu der heute allgemein für unzulässig gehaltenen816 Versionsklage geweckt. Der 811 Vgl. Bayer, S. 192; Canaris, Festschr. f. Larenz, 1973, 799 [857 f.]; Gernhuber, Billigkeit, S. 221 f.; ders., Festschr. f. Larenz, 1973, S. 455 [464]; Gilles, JZ 1975, 305 [312]; Honsell, JZ 2001, 1143 [1144]; Jost, S. 205 f.; Kamm, S. 132; Koller, Bankhaftung, S. 21 [29]; Papst, S. 12; J. Petersen, S. 22, 36, 41, 79, 88; T. Raiser, RabelsZ 33 (1969), 457 [473]; Wilburg, AcP 163 (1963), 346 [379]. 812 Ebenso Papst, S. 12. 813 Deutlich Canaris, JZ 1995, 441 [442., 446]; J. Petersen, S. 40; Picker, AcP 183 (1983), 369 [490]; ders., Festschr. f. Medicus, 1999, S. 397 [441 f.]; zum Einwendungsdurchgriff Löhr / Simon, S. 61 [75]. 814 J. Petersen, S. 41; zum Problem der verdeckten Wertungen Oechsler, Gerechtigkeit, S. 36, 37 f., 39. 815 Zutreffend Canaris, JZ 1995, 441 [444]; Wiedemann, Festschr. f. Larenz, 1973, S. 199 [206]; ein Antibeispiel findet sich bei BGH, Urt. v. 7. 7. 1998 – X ZR 17 / 97, BGHZ 139, 177 [182 ff.]. 816 Vgl. nur BGH, Urt. v. 25. 2. 1987 – VIII ZR 47 / 86, BGHZ 100, 95 [104]; BGH, Urt. v. 11. 6. 1958 – VIII ZR 114 / 57, JZ 1958, 697 [698 f.]; OLG Hamm, Urt. v. 9. 1. 1974 – 11 U 198 / 73, NJW 1974, 951 [952 f.]; OLG Saarbrücken, Urt. v. 7. 5. 1997 – 1 U 771 / 96, NJW 1998, 828 f.; Erman / Ehmann, Vor § 677 Rn. 16.
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Durchgriff scheint eine Wiederbelebung dieses Rechtsinstituts nachgeradezu heraufzubeschwören. Dennoch sind auch diese Vorbehalte unbegründet. Um diesen zu begegnen lohnt eine kurze Rückbesinnung auf die Entwicklung der Versionsklage und deren Bedeutung im heutigen Recht.817 Die actio de in rem verso entstammt dem römischen Recht und sollte dem Umstand Rechnung tragen, daß bei einem Handeln von nicht rechtsfähigen Personen (Sklaven, Hauskindern) eine Verpflichtung nicht möglich war.818 Um die Gewaltunterworfenen nicht völlig von der Teilnahme am Rechtsverkehr auszuschließen, ist den Gläubigern unter besonderen Voraussetzungen eine Klage direkt gegen den Gewaltherren eröffnet worden, die neben die Verpflichtung des Gewaltunterworfenen trat.819 Eine dieser Klagen war die sog. actio de peculio (Pekuliarklage), mit Hilfe derer der Geschäftsherr für die Verpflichtung des Gewaltunterworfenen bis zur Höhe des diesem überlassenen Sondervermögens haftete.820 Hatte der Gewaltunterworfene das Erworbene in das sonstige Vermögen eingebracht (in rem vertere), haftete dieser ebenfalls für die Verbindlichkeit, wenn und soweit der Gewaltherr noch bereichert war (actio de peculio vel de in rem verso). Im gemeinen Recht wurde die Versionsklage erheblich ausgeweitet. Sie sollte immer dann Anwendung finden, wenn jemand für einen anderen wie für einen Geschäftsherren, also als Geschäftsführer ohne Auftrag (sog. negotiorum gestor) handelte (sog. actio utilis de in rem verso), insbesondere also unabhängig vom Bestehen eines Gewaltverhältnisses.821 Unter immer weitergehender Extension ihres Anwendungsbereichs wurde sodann eine allgemeine Verwendungsklage eingeführt, die den zugrundeliegenden Interessen keine Beachtung schenkte, sondern losgelöst von dem Verhältnis des Handelnden zu dem Geschäftsherren und ohne eine schematische Regel zugrundezulegen822, aus gefühlsmäßiger Billigkeit heraus im Sinne eines allgemeinen Bereicherungsverbots Anwendung fand.823 Der vor diesem Hintergrund durch den preußischen Gesetzgeber 1794 eingeführte Verwendungsanspruch (§ 262 ALR I. 13, § 1041 ABGB) wurde zunächst ganz im Sinne dieser ausdehnenden Theorie verstanden. Diese Auslegung setzte sich jedoch in Widerspruch zu den Grundsätzen der bereicherungsrechtlichen RückabwickKupisch, S. 11 ff. Kupisch, S. 11; Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [686]. 819 Chiusi, S. 15 – 43; Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [686 f.]. 820 Vgl. Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [686]. 821 Vgl. dazu RG, Urt. v. 14. 1. 1880 – Rep. I 126 / 79, RGZ 1, 143 [146 f.]; Kupisch, S. 17 ff.; v. Tuhr, S. 298 ff.; Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [687 f.]; in diesem Sinne auch wieder RG, Urt. v. 3. 2. 1880 – Rep. IVa 502 / 79, RGZ 1, 159 [160]. 822 Die Formulierung, bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung verbiete sich jede schematische Lösung – vgl. nur BGH, Urt. v. 25. 9. 1986 – VII ZR 349 / 85, NJW 1986, 185 [186] – erweckt insoweit zu Recht Bedenken, sollte damit mehr gemeint sein, als die Berücksichtigung der zugrundeliegenden Interessenlage. 823 Dazu RG, Urt. v. 14. 1. 1880 – Rep. I 126 / 79, RGZ 1, 143 [146 f.]; Kupisch, S. 21 ff.; Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [687 ff., 690]. 817 818
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
lung.824 Insbesondere das Reichsgericht kehrte daher in der Folgezeit zu einer restriktiveren Handhabung zurück.825 Vor allem neueren pandektenrechtlichen Strömungen im Schrifttum826 folgend entschieden sich die Verfasser des BGB gegen die Aufnahme einer actio de in rem verso utilis in das Gesetz.827 Durch den Ausschluß der Versionsklage sollte gesichert werden, daß kein Beteiligter einen Nachteil dadurch erleidet, daß die Abwicklung statt über die gestörten Leistungsverhältnisse im Wege des Durchgriffs erfolgt, insbesondere sollte es zu einer angemessenen Verteilung des Insolvenzrisikos kommen.828 Dies entspricht den Voraussetzungen, unter denen heute im Bereicherungsrecht eine Durchgriffskondiktion zugelassen wird.829 Die allgemein abgelehnte Form der actio utilis de in rem verso bezieht sich nicht auf die römischrechtliche Versionsklage, sondern auf ihre gemeinrechtliche Interpretation, wonach jeder, aus dessen Vermögen etwas an einen Dritten gelangt ist, von diesem die Herausgabe verlangen können sollte.830 Mit dem Anliegen der römischrechtlichen actiones directae hat diese Interpretation der Versionsklage nichts mehr zu tun. Für die zugrundeliegende Untersuchung folgt hieraus, daß der Durchgriff nicht als Instrument für eine beliebige und damit willkürliche Durchbrechung des Trennungsdenkens mißbraucht werden darf. Eine solche Gefahr läßt sich nur dadurch wirksam bannen, daß bei der Anwendung des Durchgriffsinstruments die Wertungen offengelegt werden und anhand des gesetzlichen Risikoverteilungsmodells unter Zuhilfenahme der Effizienzkriterien eine Lösung des Interessenkonflikts erfolgt. Zu vermeiden sind insbesondere reine Billigkeitsargumente, wie etwa die Inanspruchnahme desjenigen, der den Schaden wirtschaftlich besser tragen kann (sog. deep pocket approach).831 Unter Beachtung dieser Grundsätze 824 Vgl. v. Tuhr, S. V, S. 294 f.; Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [694 ff.]. 825 RG, Urt. v. 3. 5. 1888 – Rep. IV 32 / 88, RGZ 21, 236 [238 ff.]; RG, Urt. v. 3. 2. 1880 – Rep. IVa 502 / 79, RGZ 1, 159 [160 f.]; RG, Urt. v. 14. 1. 1880 – Rep. I 126 / 79, RGZ 1, 143 [148 ff.]. 826 Vgl. nur v. Tuhr, S. 293 ff. 827 Mot. II S. 871 ff. = Mugdan II, S. 487 f.; Chiusi, S. 208 ff.; Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [690 ff.]. 828 Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [693]; einzige Ausnahme sollte § 822 BGB sein. 829 Wieling, Festg. Zivilrechtslehrer 1934 / 1935, 1999, S. 683 [694 ff.] meint dagegen, hier eine erneute Einführung der actio utilis de in rem verso ausmachen zu können; kritisch dagegen Chiusi, S. 212 in Fn. 111. 830 Hierzu Chiusi, S. 1 f., 193, die darauf hinweist, daß die actio de in rem verso eine Geschichte des Mißverständnisses und eines Mißbrauchs dieses Begriffs sei; zutreffend dagegen OLG Karlsruhe, Urt. v. 10. 3. 1999 – 6 U 149 / 98, NJW-RR 2000, 1005 [1006]; OLG Karlsruhe, Urt. v. 14. 9. 1994 – 6 U 80 / 94, WM 1994, 445 [446]; Rohe, Netzverträge, S. 369 in Fn. 31; undeutlich Fikentscher, AcP 190 (1990), 34 [52, 81 f., 106]. 831 Hierzu Koller, Risikozurechnung, S. 89 f., 93 f.; Oechsler, Gerechtigkeit, S. 182; H.-B. Schäfer / Ott, 11 / 6.
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bestehen gegen den Durchgriff – wie schon gegen die römischrechtlichen actiones directae – keine Bedenken.
c) Der Durchgriff als Vertrag zu Lasten Dritter? Aus dem Prinzip der Selbstverantwortlichkeit und der Privatautonomie folgt, daß Verträge zu Lasten Dritter unzulässig sind.832 Nach der hier vertretenen Auffassung kann ein an dem Schuldband Unbeteiligter ggf. zur Erfüllung eines fremden Vertrages verpflichtet sein, so daß es die Frage zu klären gilt, wie der Durchgriff mit diesem Grundsatz in Einklang zu bringen ist. Bei genauerem Hinsehen erweist sich der Konflikt nur als scheinbarer Widerspruch. Das Verbot des Vertrages zu Lasten Dritter besagt nur, daß ein Dritter nicht deswegen aus einem fremden Rechtsverhältnis verpflichtet werden darf, weil die Parteien des Schuldverhältnisses dies vereinbart haben.833 Es ist daher zutreffend, den Vertrag zugunsten Dritter als das Pendant zum Vertrag zu Lasten Dritter zu bezeichnen.834 Belastende Drittwirkungen sind gerechtfertigt, weil und soweit der Selbstverantwortlichkeitsgrundsatz gewahrt bleibt, die Drittwirkung ihren Grund also nicht (allein) in der Vereinbarung durch die Beteiligten eines Schuldverhältnisses findet. Hiergegen verstößt ein Durchgriff nicht, wenn er an ein Verhalten des Verpflichteten selbst anknüpft, wie vorliegend etwa an ein opportunistisches Verhalten der Bank.835 So hat etwa die Rechtsprechung bereits die Pflicht eines Dritten zur Erfüllung eines fremden Vertrages auf der Grundlage der culpa in contrahendo für möglich erachtet, wenn dieser leistungsorientierte Verhaltenspflichten verletzt und dadurch – sei es auch ohne Verschulden – den Vertragszweck vereitelt hat.836
III. Ergebnis Die Bank trifft bei einer Beteiligung an einem Sanierungsversuch im Grundsatz kein Haftungsrisiko, wenn das Unternehmen sanierungsfähig war. Risikoneutral handelnde Gläubiger hätten einem Sanierungsversuch ebenfalls zugestimmt, weil sie durch die Vornahme eines erfolgreichen Sanierungsversuchs die Chance auf eine Vollbefriedigung ihrer Forderungen erlangt hätten. Der Bank wäre von risikoneutral handelnden Gläubigern auch das Recht eingeräumt worden, ihre Sanie832 Vgl. dazu nur Habersack, Vertragsfreiheit, S. 26; Martens, AcP 177 (1977), 113 [139]; Schmalzbauer, S. 121 ff.; Schirmer, Festschr. f. R. Schmidt, 1976, S. 821 [830]. 833 Habersack, Vertragsfreiheit, S. 28 ff.; Schirmer, Festschr. f. R. Schmidt, 1976, S. 821 [831]; Schmalzbauer, S. 119 f. 834 Habersack, Vertragsfreiheit, S. 26 f. 835 Vgl. Habersack, Vertragsfreiheit, S. 31 f.; Papst, S. 205 ff., 212 f.; Schmalzbauer, S. 112 f., 116 ff., 121 ff. 836 BGH, Urt. v. 17. 9. 1954 – V ZR 32 / 53, BGHZ 14, 313 [318].
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2. Teil: Die Verantwortlichkeit der Bank an einem gescheiterten Sanierungsversuch
rungsdarlehensforderung zu besichern, weil die Bank in Kenntnis der Krise eine Verbindlichkeit zu dem Unternehmen eingeht und damit ein zusätzliches Ausfallrisiko auf sicht nimmt. Eine Haftung der Bank kommt demgegenüber stets dann in Betracht, wenn sie Risiken schafft oder abzusichern beabsichtigt, die außerhalb des Sanierungszwecks liegen, wenn also die Bank den Sanierungsversuch etwa dazu ausnutzt, nicht besicherte Altverbindlichkeiten zu tilgen oder nachträglich zu besichern. Die Bank handelt dann opportunistisch. Zur Vermeidung eines solchen Verhaltens bedarf es einer Haftungssanktion.
Dritter Teil
Die Verantwortlichkeit der Bank bei einer verweigerten oder abgebrochenen Mitwirkung am Sanierungsversuch Im folgenden Teil ist die Verantwortlichkeit der Bank in denjenigen Konstellationen zu untersuchen, in denen sie eine Mitwirkung an einem Sanierungsversuch verweigert bzw. eine zunächst zugesagte oder begonnene Mitwirkung am Sanierungsversuch abbricht und dieser scheitert. Die Weigerung der Bank zur Mitwirkung an einem Sanierungsversuch wird häufig mit der Kündigung bereits vor der Krise ausgereichter Darlehen einhergehen. Ein Abbruch einer zunächst zugesagten oder erfolgten Beteiligung an einem Sanierungsversuch kommt etwa dann vor, wenn die Bank die Risiken einer Beteiligung zunächst nicht voll abschätzen konnte oder Umstände eingetreten sind, die einen Sanierungserfolg fragwürdig erscheinen lassen. Eine Haftung kommt in diesen Fällen nur in Betracht, wenn die Bank eine Pflicht zur Mitwirkung am Sanierungsversuch trifft und wenn die Sanierung gerade aufgrund der Verweigerung fehlschlägt. Ging es im Zweiten Teil dieser Untersuchung darum, ob die Bank verpflichtet sein kann, das Unternehmen fallen zu lassen, geht es im folgenden um die genau umgekehrte Frage, ob die Bank dazu verpflichtet sein kann, das Unternehmen weiter zu stützen. Da eine Weigerung der Bank an einer (weiteren) Mitwirkung in der Regel den Zusammenbruch des Unternehmens zur Folge hat, erlangt eine mögliche Haftung der Bank auch hier vor allem für die Mitgläubiger eine erhebliche Bedeutung. Gesetzliche Tatbestände, die ausdrücklich eine Handlungspflicht der Bank in der Krise begründen, existieren nicht.
§ 12 Die Pflicht der Bank zur Darlehensgewährung Weigert sich die Bank, an einem Sanierungsversuch durch Gewährung eines Sanierungsdarlehens mitzuwirken, kann sie hierfür nur in Anspruch genommen werden, wenn sie dazu verpflichtet war, ein Sanierungsdarlehen zu gewähren. Ob es eine solche Darlehensgewährungspflicht1 von Banken, insbesondere in der wirtschaftlichen Krise, gibt, ist im Schrifttum eingehend diskutiert worden und soll im 1
Wiegelmann, S. 159, 160 ff., 190 ff.
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
folgenden untersucht werden. Die Begründung einer solchen Pflicht muß dabei mit dem Grundsatz der Privatautonomie im Einklang stehen, weil dieser die Bank dazu berechtigt, eine Darlehensgewährung abzulehnen.2
I. Pflicht aus einer Sanierungsvereinbarung Unproblematisch ist die Bank zur Gewährung eines Darlehens dann verpflichtet, wenn sie sich hierzu im Rahmen einer Sanierungsvereinbarung gegenüber dem Krisenunternehmen verpflichtet hat.3 Rechtsgrundlage für die Begründung der Darlehensgewährungspflicht ist dann die Sanierungsvereinbarung selbst (§ 311 Abs. 1 BGB). Gegenüber den Mitgläubigern ist die Bank hieraus nur dann zu einer Darlehensgewährung verpflichtet, wenn sich die Bank hierzu den Mitgläubigern gegenüber unmittelbar, etwa durch Patronatserklärungen, oder gegenüber dem Krisenunternehmen in einem Vertrag zugunsten der Mitgläubiger verpflichtet hat.4 Ersteres wird in der Praxis kaum vorkommen. Letzteres wird in der Regel nicht der Fall sein, weil nicht erkennbar ist, welches Interesse das Krisenunternehmen daran haben sollte, den Mitgläubigern einen solchen Anspruch einzuräumen. Gewährt die Bank pflichtwidrig das Darlehen nicht, haftet sie den Mitgläubigern hierfür nicht aus Vertrag. Neben der Möglichkeit einer ausdrücklichen Verpflichtung der Bank zu einer Darlehensgewährung stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Verpflichtung konkludent zustande kommt. Gewährt die Bank in Kenntnis der Krise dem Unternehmen ein Darlehen, kommt die für das Vorliegen eines Sanierungsdarlehens erforderliche Zweckabrede konkludent zustande.5 Diese führt etwa dazu, daß das Sanierungsdarlehen nicht frei gekündigt werden kann. In diesem Fall geht es aber nicht primär um die Begründung einer Darlehensgewährungs-, sondern vielmehr um die Begründung einer Darlehensbelassungspflicht. Denn auch wenn die Bank in Kenntnis der Krise ein Darlehen gewährt, besagt dies noch nicht, daß sie auch zu einer noch weitergehenderen Stützung des Unternehmens verpflichtet ist. Vielmehr führt dies allenfalls zu einer Bindung des bereits ausgereichten Darlehens, nicht aber ohne weiteres zu einer Pflicht, das Unternehmen auch durch weitergehende Maßnahmen zu stützen. Eine solche Pflicht könnte sich Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [123 f.]. Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 15; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [169]; Möllers, S. 21; Picot / Aleth, Rn. 505; Vortmann, WuB I E 1. Kreditvertrag 9.94, S. 762 [763 f.]. 4 Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [156, 170 f.]. 5 Vgl. BGH, Urt. v. 3. 3. 1956 – IV ZR 334 / 55, BGHZ 20, 159 ff.; BGH, Urt. v. 21. 1. 1960 – VII ZR 170 / 58, WM 1960, 576 ff.; BGH, Urt. v. 13. 6. 1957 – VII ZR 221 / 56, WM 1957, 949 ff.; Soergel / Häuser, § 609 Rn. 71; Hopt, WuB I E 1. Kreditvertrag 3.90, S. 166 [167]; Hopt / Mülbert, § 607 Rn. 209; Möllers, S. 22; problematisch ist dies bei einer bloß geduldeten Überziehung. 2 3
§ 12 Die Pflicht der Bank zur Darlehensgewährung
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allenfalls daraus ergeben, daß die Bank bei dem Krisenunternehmen den Eindruck erweckt, es in der Krise weiter zu stützen. Dabei sind aber hohe Anforderungen an ein entsprechendes Verhalten der Bank zu stellen, weil es auch hierbei darum geht, eine Pflicht zur Darlehensgewährung, nicht dagegen lediglich zur Darlehensbelassung zu begründen. Ruft die Bank bei dem Krisenunternehmen lediglich den falschen Eindruck hervor, das Krisenunternehmen weiter zu stützen, kann ihr jedoch allenfalls vorgeworfen werden, das Krisenunternehmen nicht über den Irrtum aufgeklärt zu haben. Folge ist dann nicht die Pflicht zum Abschluß eines Vertrages, sondern der Ersatz des Vertrauensschadens. Stellt die Bank die Gewährung eines Sanierungsdarlehens vorbehaltlos als sicher dar, ist bereits ein entsprechender Vorvertrag geschlossen worden. Dann trifft die Bank aus diesem eine Pflicht zum Abschluß eines Darlehensvertrages, im Zweifel zu den marktüblichen Bedingungen (§§ 315, 242, 157, 133 BGB).
II. Abbruch von Vertragsverhandlungen Eine Haftung der Bank gemäß §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 280 Abs. 1 BGB könnte sich dann ergeben, wenn sie mit dem Krisenunternehmen zunächst eine Verhandlung über den Abschluß einer Sanierungsvereinbarung aufnimmt und diese dann abbricht. Wie bereits dargelegt6, besteht die Pflichtverletzung beim Abbruch von Vertragsverhandlung darin, daß der die Verhandlungen Abbrechende seinen Gegenüber nicht über die geschwundene Vertragsgeneigtheit informiert. Das Krisenunternehmen könnte daher gemäß § 249 Abs. 1 BGB nur denjenigen Schaden ersetzt verlangen, der ihm gerade durch die unterbliebene Aufklärung entstanden ist, also das negative Interesse. Dieses kann allerdings auf den Ersatz des positiven Interesses aus einem nicht zustande gekommenen Vertrages gerichtet sein, so etwa dann, wenn das Krisenunternehmen den Abschluß einer Sanierungsvereinbarung mit einem anderen Darlehensgeber im Hinblick auf die bestehenden Vertragsverhandlungen ablehnt. Die Pflichtverletzung ist aber auch dann nur kausal für diesen Schaden geworden, wenn die Ablehnung durch das Krisenunternehmen erfolgt, nachdem die Bank zum Vertragsschluß nicht mehr bereit war.
III. Allgemeiner Kontrahierungszwang außerhalb vertraglicher Beziehungen Mit dem Begriff des „allgemeinen“ Kontrahierungszwangs sind gesetzlich nicht geregelte Fälle einer Pflicht zum Abschluß eines Vertrages gemeint.7 Die Ans. hierzu § 5 I. 2. g). Zur Terminologie s. Busche, S. 118 f.; s. a. F. Bydlinski, AcP 180 (1980), 1 ff.; MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 13. 6 7
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
nahme eines solchen Kontrahierungszwangs würde dazu führen, daß die Bank zur Darlehensgewährung gegenüber dem Krisenunternehmen zu den marktüblichen Bedingungen verpflichtet ist. Im folgenden ist zu untersuchen, auf welcher Rechtsgrundlage und unter welchen Voraussetzungen sich ein allgemeiner Kontrahierungszwang begründen ließe. Dabei ist zunächst auf den Fall einzugehen, daß zwischen der Bank und dem Krisenunternehmen keinerlei geschäftliche Beziehungen bestanden, das Krisenunternehmen also praktisch an eine völlig fremde Bank mit dem Wunsch auf Beteiligung an einem Sanierungsversuch herantritt. In der Praxis wird dies allerdings kaum vorkommen, weil das Krisenunternehmen meist seine Hausbank um eine Mitwirkung am Sanierungsversuch bitten wird, schon weil diese die Geschicke des Unternehmens seit längerer Zeit begeleitet und daher in die wirtschaftlichen Gegebenheiten einen weitgehenden Einblick hat. Dennoch erscheint ein solches Vorgehen des Krisenunternehmens nicht völlig ausgeschlossen, insbesondere dann, wenn es für eine erfolgreiche Durchführung des Sanierungsversuch noch auf weitere Kreditgeber angewiesen ist. 1. Rechtsgrundlage Als Rechtsgrundlage für einen allgemeinen Kontrahierungszwang ist zum Teil § 826 BGB herangezogen worden, der über die nach § 249 Abs. 1 BGB geschuldete Naturalrestitution zu einem (mittelbaren) Kontrahierungszwang führe.8 Teilweise ist ein Kontrahierungszwang auch aus einem quasi-negatorischen Unterlassungsanspruch oder aus einem „positiven Handlungsanspruch“ auf „Naturalpraestation“ hergeleitet worden, der im Unterschied zur vorbeugenden Unterlassungsklage auf die Vornahme einer Handlung (den Vertragsschluß) gerichtet sei und insbesondere kein Verschulden des Pflichtigen voraussetze.9 2. Voraussetzungen Die Rechtsprechung hat zunächst einen allgemeinen Kontrahierungszwang bei Mißbrauch einer Monopolstellung angenommen, in späteren Urteilen jedoch ganz allgemein bei einer erheblichen wirtschaftlichen und sozialen Machtstellung einen Kontrahierungszwang befürwortet.10 Hiervon ausgehend hat insbesondere Busche allgemeingültige Voraussetzungen für einen allgemeinen Kontrahierungszwang herausgearbeitet und zwischen sachlicher, räumlich-zeitlicher sowie konditionaler Abhängigkeit unterschieden.11 Von einer Abhängigkeit soll ferner dann ausgegan8 Grundlegend Nipperdey; ebenso vor allem die Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Busche, S. 151 f. 9 Hierzu und zum Meinungsstand MünchKomm-BGB / Kramer, Vor § 145 Rn. 13 m.w.Nachw. 10 s. hierzu eingehend Busche, S. 162 ff. m.w.Nachw. 11 Busche, S. 133 ff.; s. hierzu eingehend § 5 I. 2. d).
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gen werden können, wenn der Vertragsinteressent wirtschaftlich an einen Anbieter gebunden sei (sog. wirtschaftliche Abhängigkeit). Letztere Variante wird allerdings meist nur bei einer bereits bestehenden Vertragsbeziehung in Betracht kommen. Legt man diese Grundsätze dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand zugrunde, werden die Voraussetzungen eines allgemeinen Kontrahierungszwangs außerhalb von Vertragsbeziehungen in aller Regel nicht vorliegen. Insbesondere wird das Krisenunternehmen die freie Wahl zwischen mehreren Anbietern haben. Es wird bereits an einer sachlichen Abhängigkeit fehlen. Sofern zwischen dem Krisenunternehmen und der Bank daher nicht bereits eine Rechtsbeziehung besteht, ist für einen allgemeinen Kontrahierungszwang kein Raum. Insbesondere kann sich ein solcher auch nicht aus einem allgemeinen volkswirtschaftlichen oder sozialstaatlichen Interesse ergeben.
IV. Allgemeiner Kontrahierungszwang innerhalb vertraglicher Beziehungen Wesentlich größere Bedeutung kommt dem allgemeinen Kontrahierungszwang innerhalb bestehender vertraglicher Beziehungen zu, insbesondere weil hier eine wirtschaftliche Bindung des Unternehmens an die Bank häufig vorliegen wird. Im folgenden sind daher Rechtsgrundlage und Voraussetzungen eines solchen Kontrahierungszwangs im einzelnen zu untersuchen. 1. Rechtsgrundlage Bestehen zwischen dem Krisenunternehmen und der Bank bereits geschäftliche Beziehungen, ließe sich eine Darlehensgewährungspflicht aus § 242 BGB herleiten. Dieser kommt innerhalb der Vertragsbeziehungen zur Anwendung, entweder innerhalb bestehender Giro- oder Darlehensverträge oder – mit der Lehre vom Bankvertrag – innerhalb des Rahmenvertrages. Aus letzterem lassen sich allerdings keine konkreten Vertragsabschlußpflichten ableiten12, so daß auch insoweit eine vertragliche Verpflichtung nur dann in Betracht kommt, wenn dies nach Treu und Glauben geboten ist. Im folgenden ist daher der Frage nachzugehen, ob sich eine Pflicht der Bank zum Abschluß eines Sanierungsdarlehensvertrages dogmatisch auf § 242 BGB stützen ließe. Überwiegend wird die Ansicht vertreten, daß eine solche aus einer Treuepflicht und aus dem Verbot des Rechtsmißbrauchs folgen kann; beides fuße letztlich auf § 242 BGB.13 Canaris hat dabei zunächst die vor allem im 12 Vgl. BGH, Urt. v. 24. 9. 2002 – XI ZR 345 / 01, NJW 2002, 3695 ff.; Wiegelmann, S. 193 ff. 13 OLG Köln, Urt. v. 6. 3. 1984 – 3 U 71 / 83, WM 1985, 1128 [1132]; Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [121 f.]; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [159]; Münstermann, WuB I E 1. Kredit-
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Gesellschaftsrecht entwickelte allgemeine Treuepflicht auf die Geschäftsverbindung zwischen dem in die Krise geratenen Bankkunden und dessen Hausbank übertragen. Dem stehe die von der herrschenden Meinung entwickelte Ansicht, daß Gesellschafter nicht nachschußpflichtig seien, nicht entgegen, da die Darlehensgewährung anders als die Leistung von Einlagen nur von vorübergehender Natur sei, der Darlehensgeber nicht nur einen unsicheren Gewinnanspruch, sondern einen festen Zinsanspruch habe und schließlich nicht nur durch die Einlagenerhöhung, sondern durch die Stellung weiterer Sicherheiten abgesichert sei.14 Eine Verpflichtung zum Abschluß weiterer bzw. zur Änderung bereits bestehender Darlehensverträge leitet Canaris ferner15 aus dem allgemeinen Verbot des Rechtsmißbrauchs her. Dieses – ebenso wie die allgemeine Treuepflicht – auf dem Gebot von Treu und Glauben beruhende Verbot führe zwar nicht ohne weiteres zu einer Anspruchsbegründung, da die Weigerung einen Akt der Privatautonomie darstelle. Jedoch könnten aus diesem allgemeinen Grundsatz nicht nur rechtsbegrenzende, sondern u.U. auch rechtsbegründende Funktionen abgeleitet werden; wie außerhalb von Sonderbeziehungen ein Kontrahierungszwang aus § 826 BGB folgen könne, sei dies innerhalb von Sonderbeziehungen nach § 242 BGB der Fall.16 Nur vereinzelt ist die Begründung eines Kontrahierungszwangs auf der Grundlage von § 242 BGB kritisiert17 bzw. abgelehnt worden, weil sie aufgrund der gesellschaftsähnlichen Verbindung der an einem außergerichtlichen Vergleich Beteiligten überlagert werde18. Die Einwände gegen die Begründung eines Abschlußzwangs aus § 242 BGB überzeugen jedoch nicht, weil selbst bei Bestehen eines gesellschaftsähnlichen Verhältnisses zwischen den Beteiligten an einem Sanierungsvergleich eine vertragliche Treuepflicht nicht ausgeschlossen sein muß. Im übrigen lassen sich mit Hilfe des § 242 BGB durchaus im Einzelfall sachgerecht vertragliche Abschlußpflichten begründen. Bei den Grundsätzen von Treu und Glauben handelt es sich um eine konkretisierungsbedürftige Generalklausel, so daß entscheidend allein ist, nach welchen Kriterien diese ausgestaltet wird, unter welchen Voraussetzungen also eine Weigerung zum Vertragsschluß als treuwidrig angesehen und damit eine Vertragsabschlußpflicht angenommen werden kann. Es ist im folgenden daher weiter zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist.
vertrag 13.91, S. 1236; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 185; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 4. 14 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [121]; ebenso Hoffmann, S. 139 f. 15 Dies nicht erwägend Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [285 f.]. 16 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [121 f.]; ders., BVR, Rn. 1262 ff.; ebenso Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [285]; Voglis, S. 149 f. 17 Wiegelmann, S. 207. 18 Eidenmüller, Sanierung, S. 458 in Fn. 404, 459 ff.
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2. Die Darlehensgewährungspflicht in der Krise Bevor die Voraussetzungen eines allgemeinen Kontrahierungszwanges der Bank geklärt werden, ist zunächst auf die Frage einzugehen, ob die Bank in der Krise eines Unternehmens eine solche Pflicht überhaupt treffen kann. In der Rechtsprechung, insbesondere aber dem Schrifttum ist diese Frage kontrovers diskutiert worden. a) Die Ablehnung einer Darlehensgewährungspflicht Weite Teile der Rechtsprechung19 und des Schrifttums20 vertreten die Auffassung, daß die Bank in der wirtschaftlichen Krise generell nicht verpflichtet sein kann, Darlehen zu gewähren, wenn sie diese Pflicht nicht vertraglich übernommen hat und zwar selbst dann nicht, wenn das Unternehmen sanierungsfähig ist und ausreichende Sicherheiten zur Verfügung stehen. Auch der Bundesgerichtshof betont in ständiger Rechtsprechung, daß es der Bank freistehe, ob sie ein in die Krise geratenes Unternehmen fallen lassen wolle oder nicht.21 Allerdings hat er sich dabei bislang lediglich mit Konstellationen beschäftigt, in denen auch in der Literatur niemand eine Abschlußpflicht befürwortet, etwa dann, wenn das Krisenunternehmen über keine ausreichenden Sicherheiten verfügt22 oder das Unternehmen nicht 19 Vgl. hierzu nur RG, Urt. v. 23. 7. 1937 – VII 36 / 937, Bankarchiv 1937 / 1938, 311 [312]; OLG Frankfurt, Urt. v. 7. 3. 1985 – 1 U 98 / 84, MDR 1986, 849; OLG Karlsruhe, Urt. v. 3. 8. 1990 – 10 U 168 / 89, WM 1991, 1332; OLG München, Urt. v. 14. 10. 1993 – 19 U 3437 / 93, WM 1994, 1028 [1030]; OLG Zweibrücken, Urt. v. 21. 9. 1984 – 1 U 244 / 82, WM 1984, 1635 [1638]; LG Traunstein, 31. 1. 1991 – 1 O 4723 / 90, WM 1991, 850 [852]. 20 Batereau, WM 1992, 1517 [1519]; MünchKomm-BGB / Berger4, vor § 488 Rn. 109 f.; Brandstätter, S. 32 f.; Claussen, ZHR 147 (1983), 195 [200]; ders., Bankrecht, § 8 Rn. 46; De Meo, S. 181 in Fn. 214, S. 295 f. Rn. 317; Ebbing, KTS 1996, 327 [352]; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [112]; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 44 ff., 3 / 46b; Gawaz, Rn. 239; Hadding, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 183 [200]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 44; Soergel / ders., § 609 Rn. 69; Soergel / Hönn / Dönneweg, § 826 Rn. 150; Hildebrand, S. 200 f.; Derleder / Knops / Bamberger / J. Hoffmann, § 15 Rn. 42; Luther, S. 105 mit Fn. 520; Meyer-Cording, NJW 1981, 1242 [1244]; Möllers, S. 55; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.154 ff.; ders., ZIP 1980, 1059 [1061 f.]; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 378; Picot / Aleth, Rn. 505; Rümker, ZHR 147 (1983), 27 [39]; K. Schmidt, WM 1983, 490 [492]; ders., Sanierung, D 105; Ebenroth / Boujong / Joost / Thessinga, BankR IV Rn. 12; Uhlenbruck, Festschr. f. Vieregge, S. 883 [888 f.]; Vortmann, WuB I E 1. Kreditvertrag 9.94, S. 762 [763 f.]; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 77, 81; Wenzel, Risiken, S. 237 ff.; Wiegelmann, S. 190 ff.; Wittig, NZI 1998, 49 [51]. 21 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171 / 83, BGHZ 90, 381 [399]; BGH, Urt. v. 29. 5. 2001 – VI ZR 114 / 00, NJW 2001, 2632 [2633]; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [658]; ebenso OLG Köln, Urt. v. 6. 3. 1984 – 3 U 71 / 83, WM 1985, 1128 [1132]. 22 Vgl. BGH, Urt. v. 21. 9. 1989 – III ZR 287 / 88, NJW-RR 1990, 110 [111]; BGH, Urt. v. 26. 5. 1988 – III ZR 115 / 87, WM 1988, 1223 [1224]; offenlassend daher auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 30. 6. 1983 – 6 U 120 / 81, ZIP 1983, 786 [795].
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sanierungsfähig ist23. Ob in bestimmten Ausnahmefällen eine Pflicht zur Darlehensgewährung bestehen kann, mußte der Bundesgerichtshof bislang noch nicht entscheiden. Die Ablehnung einer Pflicht zur Gewährung von Darlehen in der Krise wird häufig damit begründet, daß dem Kreditinstitut ansonsten zwangsweise und unter Verstoß gegen die Privatautonomie eine unternehmerische Mitverantwortung nach Art eines Gesellschafters für den Darlehensnehmer auferlegt würde, obwohl es lediglich Mittel seiner Anleger ausleihe.24 Eine solche Verlagerung des unternehmerischen Risikos notleidender Unternehmen wird auch mit dem Regelungsgehalt des KWG für unvereinbar erachtet, da zum Schutz der Einleger nach § 18 KWG eine Darlehensvergabe nur erfolgen dürfe, wenn dies mit der Bonität des Schuldners vereinbar sei.25 Schließlich führe eine gegenteilige Ansicht zu dem Ergebnis, daß die Gewährung eines Darlehens unter Umständen die Pflicht zur Aufstockung nach sich ziehe und somit jedes Darlehen mit einem nicht vertretbaren Risiko in der Weise behaftet sei, daß ein Zusatzdarlehen von nicht vorhersehbarer Höhe eingeräumt werden müsse.26 In diesem Zusammenhang wird auch auf die drohende Haftung der darlehensgewährenden Bank hingewiesen.27 Ferner führe eine Verpflichtung der Bank zur Gewährung von Sanierungshilfen zu dem ordnungspolitisch problematischen Effekt, die (unfreiwilligen) Beteiligungen der Banken aufzustocken und diesen sogar branchenfremde unternehmerische Aktivitäten aufzuerlegen.28 Als weiteres Argument wird angeführt, daß sich aus § 321 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht sogar in bezug auf die Vorleistungspflicht bei einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse ergebe; dann aber müsse ein Ablehnungsrecht erst Recht dann bestehen, wenn eine Verpflichtung noch nicht einmal begründet worden sei.29 Verfüge der Darlehensnehmer über aus23 Vgl. BGH, Beschl. v. 30. 5. 1985 – III ZR 112 / 84, WM 1985, 1136; ebenso besondere Pflichten als obiter dictum prüfend daher OLG Köln, Urt. v. 6. 3. 1984 – 3 U 71 / 83, WM 1985, 1128 [1133]; OLG Zweibrücken, Urt. v. 21. 9. 1984 – 1 U 244 / 82, WM 1984, 1635 [1638] sub II. 3. d). 24 OLG Karlsruhe, Urt. v. 3. 8. 1990 – 10 U 168 / 89, WM 1991, 1332; OLG Zweibrücken, Urt. v. 21. 9. 1984 – 1 U 244 / 82, WM 1984, 1635 [1638]; Rümker, KTS 1981, 493 [505]; Vortmann, WuB I E 1. Kreditvertrag 9.94, S. 762 [763 f.]; Wenzel, Risiken, S. 238; Wiegelmann, S. 205; Wittig, NZI 1998, 49 [51]. 25 Batereau, WM 1992, 1517 [1519]; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [172]; Möllers, S. 55; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.158; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 378; Rümker, ZHR 147 (1983), 27 [39 f.]; K. Schmidt, WM 1983, 490 [492]; Vortmann, WuB I E 1. Kreditvertrag 9.94, S. 762 [763 f.]; Wenzel, Risiken, S. 238; Wiegelmann, S. 208 ff. 26 Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.160; Rümker, ZHR 147 (1983), 27 [40]. 27 OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999 – 7 U 3090 / 98, WM 2000, 1689 [1694]; Batereau, WM 1992, 1517 [1519]; Brandstätter, S. 33; Hadding, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 183 [200]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 44; Möllers, S. 55. 28 Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [172] unter Hinweis auf § 24 Abs. 1 Nr. 3 und 9 KWG. 29 Batereau, WM 1992, 1517 [1519]; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [168]; Möllers, S. 55; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.155; Wenzel, Risiken, S. 237.
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reichende Sicherheiten, bedürfe es keiner Abschlußpflicht, da er sich in diesem Fall anderweitig Kredit besorgen könne. Seien andere Institute hierzu nicht bereit, seien die Sicherheiten nicht leicht verwertbar.30 Schließlich habe sich der Gesetzgeber im Zuge der GmbH-Novelle darauf beschränkt, kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen im Rang zurückzustufen, also nicht einmal dem Gesellschafter zugemutet, neue Gelder in das insolvenzreife Unternehmen zu investieren. Erst recht könne der Bank dies nicht zugemutet werden.31 Auch wird bei der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse auf § 610 BGB a.F. (§ 490 Abs. 1 BGB n.F.) hingewiesen.32 Zudem könne nicht durch eine Konstruktion bankvertraglicher Sanierungspflichten die Last der Sanierung praktisch allein den Gelddarlehengläubigern aufgebürdet werden, während diese Problematik ebenso die Warendarlehengläubiger betreffe.33 b) Bewertung Da die Bank mit der Gewährung eines Sanierungsdarlehens ein erhebliches Ausfallrisiko übernimmt, bedarf die Statuierung eines Abschlußzwangs im Hinblick auf den Grundsatz der Privatautonomie einer besonderen Begründung. Da eine privatautonome Entscheidung nicht vernünftig sein muß, werden auch willkürliche Entscheidungen von der Privatautonomie der Bank gedeckt. Folgerichtig kann die Bank selbst dann nicht zur Darlehenshingabe verpflichtet sein, wenn das Unternehmen sanierungsfähig ist und, auch wenn dies in der Praxis kaum je vorkommen wird, über ausreichende Sicherheiten verfügt, wenn also die Entscheidung der Bank objektiv als wirtschaftlich unvernünftig zu bezeichnen ist. Auch dann muß es der Bank offenstehen, eine Darlehensvergabe abzulehnen, selbst wenn die Rückführung des Darlehens hinreichend gesichert wäre. Die privatautonome Entscheidung der Bank darf dann nicht durch die Entscheidung eines Dritten (etwa eines Gerichts) ersetzt werden. Vor diesem Hintergrund kann eine Abschlußpflicht daher nur dann angenommen werden, wenn sich die Bank vertraglich zu einer weiteren Darlehensvergabe verpflichtet und damit die mit einer Darlehensvergabe einhergehenden Risiken eigenverantwortlich übernommen hat. Auch das ökonomische Denkmodell des homo oeconomicus hilft hier nicht weiter, weil dieses gerade nicht besagt, daß eine privatautonom getroffene Entscheidung auch wirtschaftlich vernünftig (effizient) sein muß. Vielmehr steht es den Individuen selbstverständlich frei, auch ineffiziente Entscheidungen zu treffen. Dann verbietet sich jeder Eingriff von außen. Auch das Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.156; Wenzel, Risiken, S. 238; Wiegelmann, S. 191, 203. Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [172]; Möllers, S. 55; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.157; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 185; Wenzel, Risiken, S. 237 f.; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 4; Wittig, NZI 1998, 49 [51]. 32 OLG Köln, Urt. v. 6. 3. 1984 – 3 U 71 / 83, WM 1985, 1128 [1132]. 33 Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [172]. 30 31
22 Vuia
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ökonomische Denkmodell will lediglich die Wahl effizienter Verhaltensweisen ermöglichen, nicht aber diese erzwingen. Allerdings muß der Grundsatz der Privatautonomie stets vor dem Hintergrund der Funktion der Vertragsfreiheit sowie des Vertragsrechts gesehen werden. Wie bereits im Ersten Teil dieser Untersuchung herausgearbeitet worden ist34, soll das Vertragsrecht gerade eine egoistische Interessenverfolgung der Parteien ermöglichen. Dort, wo die Entscheidung der Bank, eine (weitere) Darlehensgewährung zu verweigern, daher das Produkt eines frei von Marktstörungen verlaufenden Prozesses ist, verbietet das Vertragsrecht jedweden Eingriff. Anders ist dies zu beurteilen, wenn eine Marktstörung vorliegt. Insbesondere kann es zu opportunistischen Verhalten der Bank durch Ausnutzung einer wirtschaftlichen Machtstellung kommen. Unter diesen Voraussetzungen gebietet das Vertragsrecht Eingriffe zur Funktionssicherung eines freien Marktgeschehens. Diese stellen dann keinen Fremdkörper im Rahmen der Vertragsfreiheit und der Privatautonomie dar, sondern stellen diese vielmehr wieder her. Unter diesen Voraussetzungen kann es geboten sein, die Bank zur Teilnahme an einem Sanierungsversuch zu zwingen. Die Argumente, die gegen eine solche ausnahmsweise Darlehensgewährungspflicht in der Krise vorgebracht werden, vermögen nicht zu überzeugen.35 Es trifft nicht zu, daß jede Darlehensgewährung die Gefahr einer Aufstockung bzw. der Pflicht zur Vergabe zusätzlicher Darlehen nach sich zieht, da die Privatautonomie der Bank uneingeschränkt gilt, sofern sie nicht ihre Rolle als Kreditgeberin überschreitet. Das Argument, daß die Bank lediglich das Geld ihrer Anleger ausleihe und eine Verlagerung unternehmerischer Risiken den Grundsätzen des KWG widerspreche, greift in diesen Fällen ebenfalls nicht. In den hier dargelegten Ausnahmefällen wird der Bank nicht die Übernahme branchenfremder Aktivitäten und ein fremdes unternehmerisches Risiko aufgebürdet; vielmehr ist es die Bank selbst, die ihre Rolle als Kreditgeberin überschreitet und so die Risikoübernahme verursacht. Auch das Argument der drohenden Haftung der darlehensgewährenden Bank überzeugt nicht, da die Bank es selbst in der Hand hat, diese dadurch auszuschließen, daß sie sich auf die Vergabe des bereits zugesagten Darlehens beschränkt. In diesem Fall droht der Bank – ebenso wie den Warenkreditgläubigern – keine Verantwortlichkeit. Ebenfalls nicht zu überzeugen vermögen die Hinweise auf §§ 321, 490 BGB und die §§ 32a ff. GmbHG. Diese Bestimmungen betreffen ebenfalls Konstellationen, in denen sich der Darlehensgeber in seiner Rolle als Darlehensgeber hält. Daß andernfalls eine Risikoverlagerung auf den Darlehensgeber ausgeschlossen ist, läßt sich diesen Normen nicht entnehmen. Auch der Hinweis auf die fehlende Nachschußpflicht von Gesellschaftern überzeugt nicht, da auch diese unter Umständen eine Pflicht zu einer weiteren Finanzierung in besonderen Ausnahmefällen treffen kann. Es bleibt damit festzuhalten, daß eine Darlehensgewährungspflicht der Bank und damit eine Beschränkung der 34 35
Eingehend hierzu § 4. Vgl. auch Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 73.
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Privatautonomie des Kreditgebers in Ausnahmefällen36 angenommen werden kann. Im folgenden gilt es, mögliche Ausnahmekonstellationen im einzelnen herauszuarbeiten. 3. Voraussetzungen Im Schrifttum ist insbesondere von Canaris ein umfassendes Konzept zur Begründung einer Darlehensgewährungspflicht in der Krise entwickelt worden.37 Hierauf ist im folgenden näher einzugehen. a) Die Schutzwürdigkeit des Darlehensnehmers Da eine Abschlußpflicht einen Akt der Rechtsbegründung und nicht lediglich der Rechtsbegrenzung und damit einen erheblichen Eingriff in die Privatautonomie darstellt, fordert Canaris zunächst, daß der Darlehensnehmer schutzwürdig sein müsse.38 Schutzwürdig sei der Darlehensnehmer zunächst nur dann, wenn das Unternehmen sanierungsfähig sei.39 Ferner müsse der Darlehensnehmer die Gewähr für eine zweckgerichtete und erfolgversprechende Verwendung des Darlehens – ggf. durch die Einschaltung eines Treuhänders – bieten.40 Zudem müßten sich die Gesellschafter des Unternehmens angemessen an der Sanierungsaktion beteiligen, etwa durch eine Einlagenerhöhung oder die Bestellung dinglicher Sicherheiten an ihrem Privatvermögen.41 Canaris hält dabei allerdings die Bestellung von Personalsicherheiten nicht für zumutbar, sofern dies nicht die einzige mögliche Sicherheit darstelle.42 In der Rechtsprechung ist die Bestellung von Personalsicherheiten ferner dann für zumutbar erachtet worden, wenn dem Gesellschafter über Jahre hinweg, auch in Verlustzeiten, beträchtliche Gewinne zugewiesen worden sind.43 Zum Teil wird auch ganz allgemein von einer Pflicht zur Mitwirkung am Sanierungsversuch ausgegangen.44 Schließlich fordert Canaris als weitere Voraussetzung, daß der Darlehensnehmer über ausreichende Sicherheiten verfügen müsse45. Hinsichtlich der Bewertung der Schlimm, S. 56. Neuerdings befürwortend Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 74 ff. 38 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [123 f., 133 ff.]. 39 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [133 ff.]; Wiegelmann, S. 191; zweifelnd für Überbrükkungsdarlehen Eidenmüller, Sanierung, S. 459. 40 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [133 ff.]. 41 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [133 ff.]; ebenso Hopt, WuB I E 1. Kreditvertrag 3.90, S. 166 [167]; Voglis, S. 100. 42 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [134 f.]. 43 OLG Frankfurt, Urt. v. 7. 3. 1985 – 1 U 98 / 84, MDR 1986, 849 (obiter dictum). 44 OLG Düsseldorf, Urt. v. 9. 2. 1989 – 6 U 90 / 88, WM 1989, 1838 [1842]. 45 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [136]; ebenso Hoffmann, S. 140; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [159]; Münstermann, WuB I E 1. Kreditvertrag 13.91, S. 1236; Obermüller, Bankpraxis, 36 37
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zur Verfügung stehenden Sicherheiten ist umstritten, ob auf den bei einer Zwangsversteigerung erzielbaren Wert abzustellen ist (sog. Zerschlagungswerte)46 oder den Wert der Sicherheit bei Fortführung des Unternehmens (sog. going-concernWerte)47. Zum Teil wird die Zugrundelegung von Zerschlagungswerten nur bei einer ex ante gegebenen Sanierungsunfähigkeit gefordert.48 Nur vereinzelt ist das Erfordernis einer hinreichenden Besicherungsmöglichkeit in Frage gestellt worden.49 b) Selbstwidersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) Auch soweit die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Abschlußpflicht der Bank von Canaris nur dann bejaht worden, wenn daneben noch weitere, besondere Voraussetzungen gegeben sind. Unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchsverbots leitet Canaris insbesondere aus dem Verbot des venire contra factum proprium eine Abschlußpflicht her, wenn auf der Grundlage des Geschehensablaufs eine Bindung in Form eines besonderen Vertrauensschutzes eingetreten sei.50 Dabei werden mehrere Fallgruppen selbstwidersprüchlichen Verhaltens unterschieden: Eine Abschlußpflicht soll zunächst bei einer Abhängigkeit des Darlehensnehmers vom Darlehensgeber bestehen. In einem solchen Fall sei ein selbstwidersprüchliches Verhalten gegeben, sofern der Darlehensgeber selbst den Darlehensnehmer in eine besondere Abhängigkeit gebracht habe, etwa wenn ihm wesentliche Teile des Unternehmensvermögens zur Sicherheit übertragen worden seien und eine Kreditierung von dritter Seite ausgeschlossen worden sei. Das Vertrauen des Darlehensnehmers in die Darlehensgewährung in der Krise begründe dann ein schutzwürdiges Vertrauen gegenüber seiner Hausbank, zumal der Darlehensnehmer diese Abhängigkeit nicht ohne weiteres aus einem freien Entschluß in Kauf nehme. Eine Beschränkung der Privatautonomie des Darlehensgebers sei daher gerechtfertigt, soweit für die Darlehensverweigerung nicht ein berechtigter Grund bestehe.51 Rn. 1052; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 185; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 4; aus diesem Grund die praktische Relevanz verneinend Derleder / Knops / Bamberger / J. Hoffmann, § 15 Rn. 42. 46 OLG Celle, Urt. v. 30. 6. 1982 – 3 U 258 / 81, ZIP 1982, 942 [953]; Ahnert, BKR 2002, 254 [260]; Böckstiegel, S. 146; Canaris, BVR, Rn. 1266; ders., ZHR 143 (1979), 113 [136]; Soergel / Häuser, § 609 Rn. 36; Hildebrand, S. 186; Hoffmann, S. 140; Obermüller, Handbuch, Rn. 1052; Picot / Aleth, Rn. 502; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 212. 47 Möllers, S. 15 f. 48 Möllers, S. 157. 49 Wiegelmann, S. 203. 50 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [124 f.]; in diese Richtung auch Claussen, Bankrecht, § 8 Rn. 46.
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Ferner wird ein selbstwidersprüchliches Verhalten dann angenommen, wenn zwischen der Darlehensgewährung und einem bestimmten Projekt des Darlehensnehmers ein enger Zusammenhang besteht und der Verwendungszweck des Darlehens Gegenstand des Darlehensvertrages geworden ist oder die Bank an der Vorbereitung oder Bewertung des Projekts selbst mitgewirkt hat.52 Im Schrifttum wird in einem solchen Fall jedoch zu Recht ein konkludenter Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung über die Pflicht zu einer (weiteren) Darlehensgewährung angenommen.53 Denkbar ist schließlich eine Verpflichtung aufgrund einer Zweckbindung, wenn diese nur durch eine Anschlußfinanzierung erreicht werden kann.54 Hier ergibt sich eine Darlehensgewährungspflicht (konkludent) aus dem Darlehensvertrag selbst. Insoweit handelt es sich um ein Problem der Vertragsauslegung, so daß entscheidend ist, ob aus dem Verhalten der Bank auf einen Verpflichtungswillen geschlossen werden kann. Schließlich wird ein selbstwidersprüchliches Handeln der Bank dann angenommen, wenn sie ein bestimmtes Verhalten des Darlehensnehmers duldet. Allein die vorbehaltlose Gestattung der Überziehung der Kreditlinie wird dabei allgemein nicht als ausreichend zur Begründung schutzwürdigen Vertrauens angesehen, da der Darlehensnehmer die Möglichkeit habe, sich einen Überziehungskredit einräumen zu lassen bzw. der Grund der Duldung auch in einer bloßen Gefälligkeit liegen könne.55 Auch eine mehrmalige geduldete Überziehung der Kreditlinie führe nicht zu einem schutzwürdigen Vertrauen, das einen Anspruch auf weitere Darlehensgewährung, sondern allenfalls Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Warn- und Hinweispflichten begründe.56 Dem ist zuzustimmen, weil in einem solchen Fall kein Vertrauen des Krisenunternehmens dahingehend begründet worden ist, die Bank werde ihm auch weiterhin Darlehen zur Verfügung stellen. Die vorbezeichneten Umstände können allenfalls zu einem Ausschluß der Rückforderungsmöglichkeiten führen, nicht aber zur Begründung einer Abschlußpflicht für weitere Darlehen. Ferner wird eine Verpflichtung in Form einer Art Selbstbindung bejaht, wenn der Darlehensnehmer alle Voraussetzungen einer öffentlich bekannt gegebenen 51 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [125 f.]; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 380; Voglis, S. 161; Wiegelmann, S. 215 ff. 52 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [127]; Hoffmann, S. 140. 53 Olbers, S. 122 f. 54 Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [160]; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 378; MünchKommBGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 4. 55 OLG Düsseldorf, Urt. v. 9. 2. 1989 – 6 U 90 / 88, WM 1989, 1838 [1842]; OLG Köln, Urt. v. 6. 3. 1984 – 3 U 71 / 83, WM 1985, 1128 [1132]; Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [127 f.]; Hoffmann, S. 138 f.; Irmen, WuB I A. Nr. 14 AGB-Banken 6.91, S. 802 [804]; Hopt, WuB I E 1. Kreditvertrag 3.90, S. 166 [167]; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [285]; Voglis, S. 162; Vortmann, WuB I E 1. Kreditvertrag 9.94, S. 762 [763 f.]; Wiegelmann, S. 180 ff. 56 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [127 f.]; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 44; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [158]; Singer, venire, S. 332 f.; Voglis, S. 162; Wiegelmann, S. 65.
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Richtlinie zur Darlehensvergabe erfülle und der persönliche Charakter der Darlehensgewährung nicht im Vordergrund stehe.57 In einem solchen Fall geht es der Sache nach um den Schutz des Vertrauens auf eine antizipierte Vergabepraxis des Darlehensgebers. c) Das Verbot der übermäßigen Schädigung (inciviliter agere) Die Begründung einer Abschlußpflicht wird des weiteren auf der Grundlage des Verbots der übermäßigen Schädigung diskutiert. Canaris bejaht bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen (Schutzwürdigkeit) aus dem Verbot der übermäßigen Schädigung eine Pflicht der Bank nur für die Gewährung eines Überbrückungsdarlehens. Dagegen soll sich eine Pflicht zum Abschluß eines längerfristigen Sanierungsdarlehens nicht aus dem Verbot der übermäßigen Schädigung herleiten lassen können, wenn nicht – etwa aufgrund einer starken Abhängigkeit des Darlehensnehmers von seiner Bank – eine Mitwirkung des Kreditinstituts an einem Sanierungsversuch unerläßlich sei.58 Ferner wird im Schrifttum überwiegend eine ausnahmsweise Pflicht der Bank zur Gewährung einer kurzzeitigen Überziehung befürwortet.59 Zum Teil wird aber eine Pflicht zur kurzfristigen Darlehensgewährung gänzlich abgelehnt, da diese nicht die wirtschaftliche Notlage beseitige, sondern nur die Insolvenzverfahrenseröffnung verzögere und unter Umständen ein Springen von Krise zu Krise ermögliche.60 K. Schmidt hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die Erfolgsaussichten einer Sanierung nur im Wege einer komplizierten ökonomischen Analyse feststellbar seien und eine rechtsverbindliche Entscheidung über die Teilnahme an einer solchen Sanierungsaktion den Beteiligten selbst überlassen bleiben sollte. Den Interessen des Kunden werde Genüge getan, wenn der Bank die Pflicht zur Entscheidung über die Gewährung kurzfristiger Liquiditätshilfen frei von sachfremden Erwägungen auferlegt werde.61 d) Stellungnahme Es ist bereits dargelegt worden, daß eine Abschlußpflicht der Bank allenfalls aus einem Marktversagen resultieren kann. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [159 f.]. Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [132 f.]; Hoffmann, S. 141; Wiegelmann, S. 177 ff. 59 MünchKomm-BGB / Berger4, vor § 488 Rn. 112; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [159]; Münstermann, WuB I E 1. Kreditvertrag 13.91, S. 1236; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 185; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 4. 60 Vgl. zu diesem Argument aus der Rechtsprechung OLG Hamm, Urt. v. 22. 1. 1990 – 8 U 129 / 89, WM 1991, 1116 [1118]. 61 K. Schmidt, WM 1983, 490 [492]. 57 58
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Kriterien zur Begründung einer Abschlußpflicht zum Teil als zu eng, zum Teil als zu weitgehend. Ist das Unternehmen sanierungsfähig und verfügt es über ausreichende Sicherheiten, führt dies noch nicht zu einer Darlehensgewährungspflicht der Bank, auch dann nicht, wenn das Unternehmen alle Voraussetzungen einer öffentlich bekannt gegebenen Richtlinie zur Darlehensvergabe erfüllt und der persönliche Charakter der Darlehensgewährung nicht im Vordergrund steht. Findet das Krisenunternehmen trotz alledem auf dem freien Markt keinen Darlehensgeber, beruht dies unter Umständen darauf, daß die Darlehensgeber die mit einer Darlehensvergabe einhergehenden Risiken abweichend bewerten. Dann kann aber die Kreditverweigerung nicht durch die Begründung eines Abschlußzwangs sanktioniert werden, weil dies das Ergebnis eines freien Marktprozesses ist. Dies gilt auch für kurzfristige Liquiditätshilfen in der Krise. Auch aus dem Verbot übermäßiger Schädigung ergibt sich keine Abschlußpflicht, weil dies voraussetzen würde, daß die Bank eine besondere Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Krisenunternehmen trifft, die dazu führen müßte, daß die Bank zur Übernahme eines Kreditrisikos verpflichtet ist. Kann der Darlehensnehmer frei auf dem Markt agieren, kann sich aus dem Verbot übermäßiger Schädigung eine solche Pflicht nicht ergeben. Die Begründung einer Abschlußpflicht kommt nur dann in Betracht, wenn ein Marktversagen vorliegt, insbesondere wenn die Bank sich opportunistisch verhält. Das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit ist hierfür in seiner Allgemeinheit ungeeignet.62 Folgt die wirtschaftliche Bindung allein daraus, daß das Unternehmen auf die Bank angewiesen ist, so ist dies die Folge eines wirtschaftlichen Bedarfs bei dem Krisenunternehmen. Schon aus diesem Grund können sich hieraus keinerlei Pflichten für die Bank ergeben. Auch wenn die wirtschaftliche Bindung aus der Übertragung des gesamten Unternehmensvermögens als Sicherheiten resultiert, ergibt sich nichts Abweichendes. Sind die Sicherheiten erforderlich, um das Ausfallrisiko der Bank abzudecken, folgt die wirtschaftliche Abhängigkeit allein aus dem von der Bank gedeckten finanziellen Bedarf des Unternehmens. Übersteigen die Sicherheiten dagegen das Ausfallrisiko, besteht ein gesetzlicher ermessensunabhängiger Freigabeanspruch. Auch dann kann von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht gesprochen werden. Entsprechendes gilt, wenn sich die Bank Mitwirkungs- und Kontrollrechte einräumen läßt und diese nicht zu einem opportunistischen Verhalten ausnutzt.63 So verstanden ist die wirtschaftliche Abhängigkeit des Unternehmens von der Bank das Ergebnis eines finanziellen Nachfragebedürfnisses des Krisenunternehmens, das von der Bank gedeckt worden ist. Interventionen würden in diesem Fall zu Eingriffen in einen funktionierenden Markt führen. Auch die aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit folgende verminderte Verhandlungsmacht des Krisenunternehmens rechtfertigt dann keinen Eingriff.64 62 63
s. hierzu auch § 5 I. 2. d). Zur Problematik der sog. covenants s. § 11 I. 3. c) aa).
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Problematisch kann eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Unternehmens jedoch dann werden, wenn die Bank diese dazu ausnutzt, sich eigene Vorteile zu sichern, so etwa dann, wenn die Bank eine weitere Darlehensgewährung von der Einräumung von Sonderkonditionen abhängig macht, wie die Nachbesicherung nicht abgedeckter Kreditrisiken. Ferner kann die Bank die bestehende Abhängigkeit auch dadurch ausnutzen, daß sie sich weigert, erforderliche Sicherheiten freizugeben und so eine Teilnahme des Unternehmens am Markt verhindert, beispielsweise um das Krisenunternehmen weiterhin an sich zu binden. In diesen Fällen liegt ein Marktversagen in Form opportunistischen Verhaltens vor, das Eingriffe zur Wiederherstellung eines funktionierenden Marktes erforderlich macht. Nur unter diesen Voraussetzungen kann von einer „übermäßigen“ Schädigung des Krisenunternehmens gesprochen werden. Eine Marktstörung kann ferner dann vorliegen, wenn die Bank selbst die wirtschaftliche Krise herbeigeführt hat. Allerdings ist auch insoweit zu unterscheiden, ob die Krise das Ergebnis eines wirtschaftlichen Marktprozesses ist oder ihre Ursache darin findet, daß die Bank die Krise herbeigeführt hat, um sich eigene Vorteile zu sichern. Tritt eine Krise des Unternehmens ein, weil die Bank ihre Geschäftsbeziehungen zu einem Großkunden des Krisenunternehmens abbricht, ist dies die Folge eines freien Marktgeschehens. Etwas anderes gilt dann, wenn die Bank die Krise des Unternehmens herbeiführt, um dieses bewußt in die Insolvenz zu treiben, weil sie sich hierdurch Vorteile verspricht, etwa wenn die Bank an einem Konkurrenzunternehmen mit Eigenkapital beteiligt ist. In einem solchen Fall ergibt sich eine Pflicht der Bank zur Beseitigung der Krise und damit unter Umständen auch eine Pflicht zur Gewährung weiterer Darlehen aufgrund eines vorangegangenen pflichtwidrigen Tuns (Ingerenz). Entscheidend ist nach dem Gesagten damit nicht, ob das Krisenunternehmen schutzwürdig, sondern vielmehr, ob es schutzbedürftig ist. Von einer Schutzbedürftigkeit ist allein dann auszugehen, wenn die Bank selbst die Marktstörung verursacht hat. Ob das Unternehmen über ausreichende Sicherheiten verfügt oder sich die Gesellschafter zu einer Mitwirkung entschließen, ist dann unerheblich. Insbesondere kann die Bank unter Umständen verpflichtet sein, das Sanierungsdarlehen auch ohne Sicherheiten zu gewähren, sofern dies zur Beseitigung der Marktstörung erforderlich ist. Nur sofern das Krisenunternehmen nicht sanierungsfähig ist, besteht eine Abschlußpflicht in keinem Fall, da eine Darlehensgewährung an sanierungsunfähige Unternehmen generell zu unterbleiben hat. Die im übrigen diskutierten Ausnahmefälle selbstwidersprüchlichen Verhaltens betreffen demgegenüber weitgehend die Frage, wie das Verhalten der Bank aus der Sicht des Krisenunternehmens zu verstehen ist. Insbesondere kann sich aus dem Verhalten der Bank eine bestimmte Zweckbindung ergeben, aus der unter Umständen auch eine weitergehende Darlehensgewährungspflicht folgt. Damit ist allerdings nicht das Problem von Marktversagen angesprochen. Vielmehr geht es um 64
Zweifelhaft daher Voglis, S. 162.
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die Voraussetzungen, unter denen von einem konkludenten Verhalten der Bank ausgegangen werden kann. Insoweit kommen allenfalls konkludente Zweckvereinbarungen in Betracht, die jedoch lediglich Pflichten zur Darlehensbelassung, nicht aber zur Darlehensgewährung auslösen. Im übrigen begründet die Enttäuschung von Vertrauen durch widersprüchliches Verhalten lediglich einen Anspruch auf das negative Interesse, nicht aber einen solchen auf Abschluß eines Darlehensvertrages. Es ist bereits mehrfach angedeutet worden, daß sich aus einem Marktversagen nicht zwingend eine Abschlußpflicht ergeben muß. Ob dies der Fall ist, hängt vielmehr von der Art der Störung ab. Nur soweit dies zur Beseitigung des Marktversagens erforderlich ist, muß die Bank ein Sanierungsdarlehen gewähren, insbesondere dann, wenn sie die Krise des Unternehmens selbst pflichtwidrig herbeigeführt hat. Verfügt das Unternehmen dann nicht über ausreichende Sicherheiten, muß das Darlehen unbesichert gewährt werden. Ferner muß die Bank das Darlehen zu solchen Konditionen gewähren, daß dem Krisenunternehmen die Rückführung des Darlehens möglich ist. Hat die Bank dagegen das Unternehmen unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Abhängigkeit davon abgehalten, von dritter Seite ein Sanierungsdarlehen zu erhalten, muß sie dem Krisenunternehmen ein solches zu den marktüblichen Bedingungen, insbesondere also auch zu dem üblichen Marktzins gewähren. Ferner kommt eine Darlehensgewährungspflicht in diesem Fall nur dann in Betracht, wenn das Unternehmen auch über ausreichende Sicherheiten verfügt, denn ansonsten hätte es auf dem freien Markt von dritter Seite keinen Kredit erhalten. Ob das Krisenunternehmen tatsächlich ein Sanierungsdarlehen von einem anderen Kreditgeber erhalten hätte, ist dagegen für die Darlehensgewährungspflicht irrelevant. Soweit erforderlich, können die Bank auch sonstige Mitwirkungspflichten treffen. Sofern Dritte zur Stützung des Unternehmens bereit sind, kann es ggf. auch ausreichen, wenn sich die Bank darauf beschränkt, ihre Forderungen gegen das Unternehmen (zeitweilig) nicht geltend zu machen. Hierauf wird im folgenden Teil der Untersuchung noch zurückzukommen sein. 4. Darlehensgewährungspflicht und „negative Kreditkaskade“ Dem Modellbild der Kreditkaskade65 liegt der Gedanke zugrunde, daß Darlehensgeber ihr Verhalten an der Finanzierungsentscheidung anderer Darlehensgeber ausrichten. Die Begründung eines freien Ablehnungsrechts der Bank könnte dazu führen, daß ein Unternehmen am Markt selbst dann keinen Kredit mehr erhält, wenn es sanierungsfähig ist. Die eine Darlehensvergabe verweigernde Bank könnte dann Anführerin einer „negativen“ Kreditkaskade werden. Negativ deshalb, weil es hier nicht um eine Darlehensgewährung, sondern eine Darlehensverweigerung durch die Bank geht. Andere Darlehensgeber würden demzufolge einer Darlehensgewährung ebenfalls – ohne eigene Prüfung – ablehnend gegen65
s. hierzu näher oben § 10 V. 4. c).
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überstehen. Allerdings kann dieser Gesichtspunkt nicht zur Begründung eines Abschlußzwangs der Bank führen. Denn mit dem Vertrauen in Kreditkaskaden lassen sich allenfalls besondere Sorgfaltspflichten der Bank, nicht jedoch Vertragsabschlußpflichten begründen. Andernfalls würde die Vertragsfreiheit der Bank zugunsten einer Kostenersparnis für andere Kreditgeber beschränkt. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu der Begründung einer „positiven“ Kreditkaskade durch die Gewährung eines Darlehens, wo es zumindest naheliegend erscheint, die Kosten einer Bonitätsprüfung nachfolgender Darlehensgeber durch den Schutz des Vertrauens auf die positive Kreditentscheidung eines anderen Darlehensgebers zu sparen.
V. Die Haftung gegenüber den Mitgläubigern Eine deliktische Haftung des Kreditinstituts gegenüber Dritten wegen einer Darlehensverweigerung oder Darlehenskündigung ist in Rechtsprechung und Schrifttum unter dem Gesichtspunkt einer sittenwidrigen Schädigung diskutiert worden (§ 826 BGB). Überwiegend wird die Ansicht vertreten, daß eine solche Haftung selbst dann nicht gegeben sei, wenn die Schädigung im Bewußtsein geschehe, daß andere Gläubiger dadurch möglicherweise geschädigt würden.66 Dagegen hat das OLG Köln eine Rücksichtnahmepflicht des Kreditinstituts auch gegenüber Dritten auf der Grundlage der besonderen Verantwortung der Kreditwirtschaft für die volkswirtschaftlich wichtige Darlehensversorgung hergeleitet, denn wenn ein Schuldner in besonderer Weise auf ein Darlehen angewiesen sei, wirke sich dies auch auf Mitgläubiger aus, insbesondere wenn der Darlehensnehmer sein eigenes auch auf die Befriedigung seiner Geschäftspartner gerichtetes Interesse gegenüber der Bank nicht zu behaupten vermöge.67 Daß sich aus dem volkswirtschaftlichen Interesse an einer Darlehensversorgung keine konkreten Pflichten der Bank herleiten lassen, ist bereits an anderer Stelle dargelegt worden.68 Im übrigen kommt eine Haftung der Bank wegen einer verweigerten Darlehensgewährung grundsätzlich nicht in Betracht, weil die Bank dem Relativitätsprinzip gemäß keinerlei Rücksicht auf die Mitgläubiger nehmen muß. Eine Haftung der Bank wegen einer verweigerten Darlehensgewährung gegenüber den Mitgläubigern kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die Bank auch dem Krisenunternehmen gegenüber zu einer Darlehensgewährung verpflichtet ist. Denn anders als bei der Vergabe eines Darlehens führt die Verweigerung einer Darle-
66 BGH, Urt. v. 9. 12. 1969 – VI ZR 50 / 68, NJW 1970, 657 [659]; Aden, MDR 1979, 891 [893]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 113; MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 146; Palandt / Thomas, § 826 Rn. 37. 67 OLG Köln, Urt. v. 10. 9. 1999 – 19 U 93 / 97, ZIP 2000, 742 [744]; ebenso MünchKomm-BGB / Mertens3, § 826 Rn. 147. 68 s. hierzu § 5 I. 2. b).
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hensgewährung nicht dazu, daß die Bank und das Krisenunternehmen über eine Fortführung des Unternehmens ohne die Beteiligung der Gläubiger entscheiden. Auch haben die Mitgläubiger keinen Anspruch darauf, daß die Zahlungsfähigkeit des Krisenunternehmens von dritter Seite aufrechterhalten wird. Es kann sich daher keine originäre Pflicht der Mitgläubiger auf eine weitere Stützung des Krisenunternehmens ergeben. Aber auch eine derivative Pflicht gegenüber den Mitgläubigern kann sich bei einer pflichtwidrigen Darlehensverweigerung nicht ergeben. Anders als bei der Beteiligung der Bank an einem Sanierungsversuch kann es hier nicht darauf ankommen, ob die Beteiligten auch den Mitgläubigern einen Darlehensgewährungsanspruch eingeräumt hätten. Verweigert die Bank die Darlehensgewährung, kann diese Entscheidung nicht durch die Simulation einer hypothetischen Verhandlungslösung ersetzt werden. Es käme allenfalls dann eine Darlehensgewährungspflicht der Bank auch den Mitgläubigern gegenüber in Betracht, wenn dies erforderlich wäre, um die Marktstörung, insbesondere ein opportunistisches Verhalten der Bank, zu beseitigen. Ein solches Marktversagen kann eine Darlehensgewährungspflicht aber stets nur gegenüber dem Krisenunternehmen zur Folge haben, weil die Marktstörung ausschließlich im Verhältnis der Bank zu dem Krisenunternehmen besteht und den Rechtskreis der Mitgläubiger nicht betrifft. Die Darlehensgewährungspflicht der Bank findet ihren Grund gerade darin, daß das Krisenunternehmen selbst an einer eigennützigen Durchsetzung seiner Interessen gehindert ist. Dies gilt gegenüber den Mitgläubigern nicht. Diese können daher nur insoweit von einer entsprechenden Darlehensgewährungspflicht der Bank profitieren, als das Krisenunternehmen bei der Verletzung einer solchen Pflicht gegenüber der Bank einen Schadensersatzanspruch zur Seite gestellt bekommt, der die durch die Pflichtverletzung entstandenen Nachteile ausgleicht. Hierdurch kommt es zu einer Vergrößerung der Haftungsmasse. Die Darlehensgewährungspflicht kommt den Mitgläubigern daher mittelbar zugute.
VI. Zusammenfassung Im Grundsatz ist die Bank nicht zu einer Darlehensgewährung in der Krise verpflichtet, wenn sie sich hierzu nicht vertraglich verpflichtet hat. Dies gilt selbst dann, wenn das Unternehmen sanierungsfähig ist und über ausreichende Sicherheiten verfügt. Auch die Gewährung kurzfristiger Darlehen kommt dann nicht in Betracht. Etwas anderes ergibt sich nicht aus einer wirtschaftlichen Abhängigkeit des Unternehmens, solange diese die Folge eines freien Marktprozesses ist. Etwas anderes gilt dann, wenn die Bank die wirtschaftliche Abhängigkeit zu opportunistischem Verhalten ausnutzt oder die Krise des Unternehmens selbst herbeiführt und sich dadurch eigene Vorteile erhofft. Die Folge eines solchen Marktversagens kann die Pflicht zur Gewährung eines Sanierungsdarlehens auch ohne hinreichende Sicherheiten und zu Sonderkonditionen sein, soweit dies zur Behebung der Marktstörung erforderlich ist.
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§ 13 Die Pflicht der Bank zur Darlehensbelassung Eine erfolgreiche Sanierung kann nicht nur daran scheitern, daß sich die Bank weigert, das Krisenunternehmen weiter zu stützen. Eine Sanierung kann vielmehr auch und gerade davon abhängen, daß die Bank bereits vor der Krise ausgereichte Darlehen nicht kündigt bzw. bereits fällige Darlehensrückzahlungsforderungen gegenüber dem Krisenunternehmen nicht geltend macht. Bricht die Bank die Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen in der Krise ab, kann sie auch hierfür nur dann haften, wenn sie verpflichtet gewesen ist dem Unternehmen die ausgereichten Darlehen zu belassen, also etwa auf eine Kündigung zu verzichten oder das Darlehen zu prolongieren (sog. Darlehensbelassungspflicht).
I. Die Problematik der Darlehensbelassungspflicht Es ist bereits im Ersten Teil dargelegt worden, daß die Vertragsfreiheit nicht nur die Vertragsabschluß-, sondern auch die Vertragsbeendigungsfreiheit umfaßt.69 Die Begründung einer Darlehensbelassungspflicht stellt daher einen Eingriff in die Vertragsfreiheit dar. Allerdings scheint dieser Eingriff weniger schwer zu wiegen als die Begründung einer Darlehensgewährungspflicht, weil die Bank die Risiken der Darlehensvergabe privatautonom abschätzen konnte, insbesondere die Möglichkeit hatte, die Ausfallrisiken hinreichend abzusichern. Bei der Begründung einer Darlehensbelassungspflicht geht es daher nicht darum, der Bank durch die Gewährung weiterer Mittel ein zusätzliches Risiko aufzubürden, sondern vielmehr darum, ob die Bank sich an ihrer bei der Darlehensvergabe angestellten Risikokalkulation festhalten lassen muß.70 Es trifft zwar zu, daß die Beschränkung des Kündigungsrechts bei Dauerschuldverhältnissen im Unterschied zur Durchsetzbarkeit von Einzelansprüchen zum Fortbestand des Dauerschuldverhältnisses über den der Parteidisposition kraft Mindestdauervereinbarung oder Nichtausnutzung früherer Kündigungstermine entzogenen Zeitraum hinaus führt und damit mittelbar zur Entstehung neuer Einzelpflichten bzw. zur Fortdauer der ständig geschuldeten Pflichtenanspannung.71 Jedoch kann die Bank dieses Risiko bei der Darlehensvergabe berücksichtigen. Insbesondere wird sich die Bank hinreichend gegen die Ausfallrisiken absichern, so daß der Eingriff in die Vertragsbeendigungsfreiheit weniger schwer wiegt als bei einem Eingriff in die Vertragsabschlußfreiheit durch Begründung eines Kontrahierungszwangs. Dies führt jedoch nicht dazu, daß die Bank in jedem Fall zur Darlehensbelassung verpflichtet wäre. Vielmehr bedarf es auch hierfür einer besonderen Begründung.
69 70 71
s. § 4 I. Vgl. Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [123]. Ulmer, Festschr. f. Möhring, 1975, S. 295 [302 f.].
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Neben dem Eingriff in die Vertragsfreiheit kann die Begründung einer Darlehensbelassungspflicht aber auch für den Markt negative Wirkungen entfalten. Da die Bank gehindert wird, die von ihr ausgereichten Darlehen wirksam zurückfordern zu können, kommt es am Markt auch zu keinerlei Signalwirkung für Dritte, insbesondere andere Darlehensgeber. Unter Zugrundelegung des Modellbildes sog. Kreditkaskaden72 würde auf diese Weise verhindert, daß sich andere Darlehensgeber verläßlich an der Entscheidung anderer Darlehensgeber orientieren können. Denn diese unterlassen die Rückforderung bereits ausgereichter Darlehen nicht, weil sie den Kreditnehmer nach wie vor für kreditwürdig halten, sondern alleine, weil ihnen die Rückforderung rechtlich nicht möglich ist. Abgesehen von den bereits an anderer Stelle73 gegen dieses Modell geäußerten Bedenken ergäbe sich aus diesem Gedanken vorliegend jedenfalls deshalb kein relevanter Gesichtspunkt für die Begründung einer Darlehensbelassungspflicht der Bank, weil Darlehensgeber Kredite häufig auch bei einer eintretenden Kreditunwürdigkeit des Darlehensnehmers belassen werden, insbesondere nämlich dann, wenn diese hinreichend besichert sind. Ferner kann ein Darlehensgeber aus der Untätigkeit eines anderen Darlehensgebers auch deshalb keine Rückschlüsse für seine eigene Finanzierungsentscheidung ziehen, weil dieser – anders als bei der Vergabe eines Darlehens durch einen Dritten – nicht weiß, ob die Untätigkeit des anderen Darlehensgebers auf einer bewußten Finanzierungsentscheidung beruht oder schlicht auf dessen Unkenntnis über die aktuelle Bonität des Darlehensnehmers. Aus dem Modell der Kreditkaskaden lassen sich daher für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Darlehensbelassungspflicht der Bank angenommen werden kann, keine relevanten Aussagen entnehmen. Maßgeblich bleibt nach dem Gesagten daher allein der Grundsatz der Vertragsfreiheit.
II. Dogmatische Herleitung 1. Rückforderungsausschluß Wird ein befristeter Darlehensvertrag nach § 488 Abs. 2 BGB durch Zeitablauf fällig, kann die Bank nur dann an einer Durchsetzung ihrer Forderungen gehindert sein, wenn sie eine Pflicht zu einer Prolongation, sei es auch nur vorübergehend, trifft. Weigert sich die Bank, dem Krisenunternehmen eine solche Verlängerung des Darlehens zu gewähren, was gerade in der Krise häufig der Fall sein wird, kann sich eine dahingehende Belassungspflicht allenfalls wiederum aus § 242 BGB ergeben, entweder in Form einer Pflicht zur Prolongation oder in Form einer dilatorischen Einrede. Einen gesetzlichen Ausschluß der Rückforderung sieht das Gesetz etwa für eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen vor. 72 73
s. hierzu näher oben § 10 V. 4. c). Hierzu im einzelnen § 10 V. 6. a).
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2. Ausschluß des Kündigungsrechts Bei unbefristeten Darlehen und befristeten Darlehen vor Ablauf der Frist wird die Bank häufig mit Eintritt der Krise die Kredite kündigen, um die Rückführung sicher zu stellen. Für das Krisenunternehmen kann dies, insbesondere wenn die Bank die Geschäftsbeziehungen vollständig abbricht, den endgültigen Zusammenbruch bedeuten. Ein Sanierungsversuch wird dann von vornherein keinerlei Aussicht auf Erfolg haben. Abwenden ließe sich dies nur, wenn die Kündigungsmöglichkeiten der Bank beschränkt werden. Auch dies läßt sich dadurch bewerkstelligen, daß es der Bank gemäß § 242 BGB untersagt wird, das Darlehen überhaupt bzw. es gerade während schwebender Sanierungsverhandlungen zu kündigen. Auch hierfür bedarf es der Begründung einer entsprechenden Darlehensbelassungspflicht.74 Im folgenden sind daher die Kündigungsmöglichkeiten der Bank im allgemeinen und in der Krise des Unternehmens im besonderen im einzelnen zu untersuchen. Für sonstige Finanzierungshilfen sind die §§ 313, 314 BGB anwendbar.
III. Das Kündigungsrecht der Bank 1. Das Recht zur ordentlichen Kündigung nach § 488 Abs. 3 BGB i.V.m. Nr. 19 AGB-Banken bzw. Nr. 26 AGB-Sparkassen a) Inhalt der Regelung Das ordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers ist in § 488 Abs. 3 BGB nicht geregelt. Diese Vorschrift betrifft als Spezialregelung gegenüber § 271 Abs. 1 BGB nur die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs, begründet also selbst kein Kündigungsrecht. Das Recht zur ordentlichen Kündigung wird von § 488 Abs. 3 BGB vielmehr als selbstverständlich vorausgesetzt. Die für nach dem 1. 1. 2003 abgeschlossenen Darlehensverträge geltende75 Vorschrift des § 488 Abs. 3 BGB beinhaltet in ihrem Satz 2 lediglich eine Bestimmung über die Kündigungsfrist. Diese wird jedoch durch die seit dem 1. 1. 1993 geltende Nr. 19 AGBBanken bzw. in Nr. 26 AGB-Sparkassen (Nr. 17 AGB-Banken a.F. bzw. Nr. 13 AGB-Sparkassen a.F.) abbedungen.76 Maßgeblich für die Reichweite des Kündi74 Vgl. Böckstiegel, S. 133 f. (Rücksichtnahmepflicht als Grund für eine Kündigungsbeschränkung). 75 Vgl. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB. 76 Dauner-Lieb / Konzen / K. Schmidt / Langenbucher, S. 570; zu § 609 Abs. 2 BGB a.F. OLG München, Urt. v. 25. 2. 1983 – 19 U 3659 / 82, WM 1984, 128 [129]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 50; Möllers, S. 7; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 609 Rn. 1.
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gungsrechts sind damit allein die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen. Danach besteht ein ordentliches fristloses Kündigungsrecht des Darlehensgebers für die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftsbeziehungen ohne Laufzeit oder abweichender Kündigungsregelung.77 Ein ordentliches Kündigungsrecht steht dem Kreditinstitut jedoch auch danach nur dann zu, wenn es eine angemessene Kündigungsfrist einhält, wobei es bei der Bemessung der Länge der Frist Rücksicht auf die berechtigten Belange des Kunden zu nehmen hat (vgl. Nr. 19 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 Satz 2 AGB-Sparkassen).78 Für Darlehensverträge findet sich in Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken eine speziellere Regelung, die der allgemeinen Kündigungsbestimmung inhaltlich entspricht, insbesondere muß die Bank auch hier Rücksicht auf die berechtigten Belange des Kunden nehmen (Nr. 19 Abs. 2 Satz 2 AGB-Banken). Dagegen ist bei Festdarlehen das Recht zur ordentlichen Kündigung vor Fristablauf ausgeschlossen79 oder es gilt die individuell vereinbarte Kündigungsregelung. Auf die besonderen Voraussetzungen des § 498 BGB ist nicht einzugehen, da diese bei Unternehmern keine Anwendung findet (§§ 491 Abs. 1, 14 Abs. 1 BGB). b) Wirksamkeit der Regelung Ob die in den Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen vorgesehenen Modifikationen des § 488 Abs. 3 BGB wirksam sind, ist umstritten. Da eine der Vorschrift des § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB entsprechende Regelung in § 488 Abs. 3 BGB fehlt, richtet sich die Wirksamkeit nach den allgemeinen Bestimmungen (§§ 307 – 309 BGB). Wären die Regelungen in den Geschäftsbedingungen unwirksam, würde dies in der Krise zumindest durch die gesetzlich vorgesehene Frist in § 488 Abs. 3 Satz 2 BGB zu einem faktischen Zahlungsaufschub führen. aa) Kein Verstoß gegen §§ 307 ff. BGB In der Rechtsprechung ist in der Regelung über das ordentliche Kündigungsrecht nach Nr. 17 Satz 1 AGB-Banken a.F. kein Verstoß gegen die §§ 9 – 11 AGBG gesehen worden.80 Vielmehr wurden dem Verbot der Kündigung zur Unzeit sowie den Grundsätzen über die Treuepflicht und dem Verbot des Rechtsmißbrauchs allgemeine Schranken für die fristlose ordentliche Kündigung entnommen.81 Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum breite Zustimmung gefunden.82 Aus dem GeCanaris, BVR, Rn. 1243 (zu § 609 BGB a.F.). Voglis, S. 62 ff. 79 MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 609 Rn. 3. 80 Vgl. nur BGH, Beschl. v. 30. 5. 1985 – III ZR 112 / 84, WM 1985, 1136 f.; BGH, Beschl. v. 28. 2. 1985 – III ZR 223 / 83, WM 1985, 769 f. 81 Vgl. nur BGH, Urt. v. 20. 5. 2003 – XI ZR 50 / 02, NJW 2003, 2674 [2676]; Möllers, S. 149 ff.; Voglis, S. 3. 77 78
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setz folge, daß die Regelung einer ordentlichen und dennoch fristlosen Kündigung auch bei gewichtigen Rechtsfolgen sachgerecht sei.83 Der Bundesgerichtshof hat zu Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken bisher nicht ausdrücklich Stellung genommen, in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist jedoch auch diese Regelung überwiegend als mit dem AGBG vereinbar angesehen worden.84 Durch die Neuregelung des Darlehensrechts im Zuge des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. 11. 200185 hat sich an der Rechtslage nichts geändert, da sich in § 488 Abs. 3 BGB eine dem § 609 Abs. 2 BGB a.F. entsprechende Regelung findet. Die Problematik der Wirksamkeit abweichender Geschäftsbedingungen der Banken findet in den einschlägigen Stellen der Gesetzesbegründung86 keine Erwähnung. Es ist daher davon auszugehen, daß der Gesetzgeber an der bisherigen Rechtslage nichts hat ändern wollen. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Regelung des Kündigungsrechts ist nach dieser Auffassung also auch als mit den §§ 307 – 309 BGB vereinbar anzusehen. bb) Verstoß gegen §§ 307 ff. BGB Voglis sieht demgegenüber sowohl in Nr. 17 Satz 1 AGB-Banken a.F. als auch in Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken einen Verstoß gegen § 9 AGBG (§ 307 BGB).87 Luther konstatiert darüber hinaus auch einen Verstoß gegen § 10 Nr. 3 AGBG (§ 308 Nr. 3 BGB).88 Trotz der nunmehr in Nr. 19 Abs. 2 Satz 2 AGBBanken bzw. Nr. 26 Abs. 1 Satz 2 AGB-Sparkassen vorgesehenen Pflicht des Kreditinstituts, auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen, soll die Regelung unangemessen den Darlehensnehmer benachteiligen, da zwischen der Unangemessenheit der Regelung an sich einerseits und der Grenzen der Ausübung andererseits unterschieden werden müsse. Die Inhaltskontrolle müsse losgelöst von der Ausübungskontrolle erfolgen. Aufgrund der im Rahmen der Inhaltskontrolle anzuwendenden typisierenden Betrachtungsweise könne nur von dem 82 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [119 f.]; ders., BVR, Rn. 1239; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 146; Hadding, Festschr. f. Heinsius, S. 183 [187]; Soergel / Häuser, § 609 Rn. 25; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 72; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 12; Wiegelmann, S. 26 ff. 83 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [119] unter Hinweis auf §§ 627 Abs. 1, 723 BGB. 84 OLG Karlsruhe, Urt. v. 4. 12. 1997 – 12 U 102 / 97, WM 1998, 1178 [1180]; OLG Köln, Urt. v. 22. 1. 1999 – 6 U 70 / 98, WM 1999, 1004 [1005]; LG Köln, Urt. v. 25. 2. 1998 – 26 O 90 / 97, WM 1998, 1067; Ulmer / Brandner / Hensen, Anh. §§ 9 – 11 AGBG, Rn. 167a f.; Soergel / Häuser, § 609 Rn. 26; Baumbach / Hopt / Merkt, (8) AGB-Banken Nr. 19 Rn. 1 ff.; Wolf / Horn / Lindacher, § 23 Rn. 770; Ebenroth / Boujong / Joost / Thessinga, BankR IV Rn. 120; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 12. 85 BGBl. I, S. 3138. 86 BT-Drs. 14 / 6040, S. 253. 87 Voglis, S. 69 ff. 88 Luther, S. 98 ff.
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Regelfall ausgegangen werden, daß die Bank fristlos ordentlich kündigen könne.89 Aus den §§ 609, 609a, 621, 565 BGB a.F., § 89 HGB (nunmehr § 314 BGB) ergebe sich, daß für beide Vertragspartner eines Darlehensvertrages ein ordentliches Kündigungsrecht mit angemessener Frist anzuerkennen sei.90 § 609 Abs. 2 BGB a.F. (§ 488 Abs. 3 Satz 2 BGB) sei demnach analog auf die übrigen Zahlungs- und Haftungskredite anwendbar.91 Auf der Grundlage dieses Leitbildes sei Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken bei einer Kündigung nach der Valutierung wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 AGBG (§ 307 Abs. 2 BGB) unwirksam. Zwar sehe Nr. 19 Abs. 5 AGB-Banken eine Abwicklungsfrist für die Rückzahlung des Darlehens vor, die die Fristlosigkeit der Kündigung kompensiere, jedoch könne die Frist nicht zuverlässig berechnet werden, so daß die Klausel ferner wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sei (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).92 Dasselbe gelte für die Kündigung vor der Valutierung. Dieses Recht ergebe sich allein aus Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken. Zwar könne die Fristlosigkeit der Kündigung hier nicht zu einer Benachteiligung führen, jedoch ergebe sich die Unwirksamkeit aus dem Rechtsgedanken des § 10 Nr. 3 AGBG (§ 308 Nr. 3 BGB). Dieser Gedanke lasse sich auch auf Dauerschuldverhältnisse übertragen, so daß Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB- Banken für die Kündigung vor der Valutierung zumindest wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) unwirksam sei, da für die Bank sonst keine vertragliche Bindung bestehe und die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet werde.93 Die Unwirksamkeit der Kündigungsregelungen gelte auch bei der Verwendung gegenüber Unternehmern (§ 24 AGBG, § 310 Abs. 1 BGB)94, da diese gegenüber den Banken über keinerlei besondere Verhandlungsmacht verfügten. Aufgrund der Folgen, die eine fristlose Kündigung eines Betriebsmittelkredits zeitigen könne und aufgrund der damit einhergehenden Machtstellung der Banken sei eine Unwirksamkeit der Klauseln auch gegenüber Unternehmern gerechtfertigt.95 cc) Vermittelnde Ansicht Möllers sieht in Nr. 17 AGB-Banken a.F. nur dann keinen Verstoß gegen §§ 9 – 11 AGBG (§§ 307 – 309 BGB), wenn die Klausel kundenfreundlich dahingehend eingeschränkt werde, daß die Kündigung der Einhaltung einer angemessenen Frist bedürfe, wohingegen ein berechtigter Anlaß nicht notwendig sei.96 Dies soll desVoglis, S. 70. Voglis, S. 71. 91 Voglis, S. 71 f. 92 Voglis, S. 72 f. 93 Voglis, S. 73 ff. 94 Mit Gesetz vom 27. 6. 2000, BGBl. I, S. 897, ist in § 14 BGB eine Definition des Unternehmerbegriffs getroffen worden. 95 Voglis, S. 77 f. 96 Möllers, S. 149 ff. 89 90
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halb notwendig sein, weil eine fristlose Kündigung oft zu einem Schaden bei dem Darlehensnehmer führe, der in keinem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen und Interessen der Bank stehe und dem Kunden nicht die Möglichkeit gegeben werde, eine Bankverbindung mit einer neuen Bank aufzunehmen.97 Dies ergebe sich aus § 9 Abs. 2 AGBG (§ 307 Abs. 2 BGB), wobei als Leitbild die Frist des § 609 Abs. 2 BGB (§ 488 Abs. 3 Satz 2 BGB) diene. Demnach wären die abweichenden Regelungen in den Geschäftsbedingungen wegen der nunmehr in Nr. 19 Abs. 2 Satz 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 Satz 2 AGB-Sparkassen vorgesehenen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Belange des Kunden wirksam. dd) Stellungnahme Die hier zur Prüfung gestellte Regelung der Nr. 19 Abs. 2 AGB-Banken wirft keine anderen Fragen auf, als bereits seine Vorgängerregelung, die Nr. 17 Satz 1 AGB-Banken, denn beide Vorschriften sehen ein Recht des Kreditinstituts zur ordentlichen fristlosen Kündigung des Darlehensvertrages vor, soweit es sich nicht um ein Festdarlehen handelt oder eine abweichende Vereinbarung besteht. Die nunmehr in Nr. 19 Abs. 2 Satz 2 AGB-Banken aufgenommene salvatorische Klausel, daß die Bank bei der Kündigung auf die berechtigten Belange des Darlehensnehmers Rücksicht zu nehmen hat, beinhaltet in der Sache keine Neuerung, da dies bereits der bis dahin ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprach.98 Die durch die Neufassung der AGB-Banken erfolgte ausdrückliche Aufnahme dieser auf dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot fußenden Pflicht ist zwar im Hinblick auf die notwendige Transparenz zu begrüßen, der Sache nach handelt es sich dabei aber lediglich um eine Klarstellung, die nunmehr allenfalls eine Unwirksamkeit gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ausschließt, nicht aber eine sonstige Benachteiligung beseitigen würde. Entgegen der Auffassung der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung im Schrifttum ist Nr. 19 Abs. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen gemäß § 307 Abs. 2 BGB unwirksam. Durch die Einräumung eines fristlosen ordentlichen Kündigungsrechts wird dem Darlehensnehmer die Möglichkeit genommen, sich auf die mit einer solchen Kündigung einhergehenden Belastungen einzustellen. Daß die Bank diese Belange bei der Kündigung zu berücksichtigen hat, ändert nichts daran, daß eine fristlose Kündigung zunächst im Raum steht und Tatsachen schaffen kann, die durch einen sich anschließenden Schadensersatzprozeß gegen die kündigende Bank nicht mehr aus der Welt geschafft werden können. Ein jederzeitiges Kündigungsrecht nähme dem Darlehensnehmer jegliche Planungssicherheit. Das ordentliche Kündigungsrecht muß daher unter Einhaltung Möllers, S. 149. s. nur BGH, Urt. v. 20. 5. 2003 – XI ZR 50 / 02, NJW 2003, 2674 [2676]; s. a. Möllers, S. 149 ff.; Voglis, S. 3. 97 98
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einer bestimmten Frist ausgeübt werden, die das Gesetz pauschal auf drei Monate festgelegt hat (§ 488 Abs. 3 Satz 2 BGB). Daß das ordentliche Kündigungsrecht befristet sein muß, folgt nunmehr auch deutlich aus der unabdingbaren Regelung des § 489 BGB. Diese Vorschrift enthält jeweils befristete Kündigungsrechte, die dem Darlehensgeber eine angemessene Reaktion auf eine ordentliche Kündigung ermöglichen sollen. Die Regelung wahrt sowohl die berechtigten Interessen des Darlehensnehmers als auch die des Darlehensgebers (vgl. § 490 Abs. 2 BGB). Dies muß dann aber auch für das Kündigungsrecht des Darlehensgebers gelten. Die durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken vorgesehene Regelung eines ordentlichen fristlosen Kündigungsrechts verstößt daher gegen § 307 BGB und ist damit unwirksam. Ein Verstoß gegen § 308 Nr. 3 BGB liegt allerdings nicht vor, da diese Vorschrift nichts über die Kündigungsfrist aussagt und zudem ausdrücklich nicht für Dauerschuldverhältnisse gilt. Diese Auslegung findet auch eine Stütze im Europarecht. Der Anhang zur EGRichtlinie 93 / 13 / EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über rechtsmißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen99 enthält eine als Hinweis dienende Liste von Klauseln, die von den Mitgliedstaaten als mißbräuchlich erklärt werden können (Art. 3 Abs. 3 RL). Die Liste dient im Rahmen des § 307 BGB als Auslegungshilfe.100 Bei Finanzdienstleistungen kann eine Klausel, die ein fristloses Kündigungsrecht vorsieht, dann als mißbräuchlich angesehen werden, wenn die Klausel die Kündigung nicht auf das Vorliegen eines triftigen Grundes beschränkt (Nr. 2 a RL / Anhang). Da die entsprechenden Regelungen der AGB-Banken und der AGBSparkassen eine solche Voraussetzung nicht aufstellen, handelt es sich bei ihnen um eine mißbräuchliche Klausel im Sinne der Nr. 1 g RL / Anhang. Allerdings müssen diese Kündigungsregelungen nur dann im Wege der richtlinienkonformen Auslegung als Verstoß gegen § 307 BGB gewertet werden, wenn sie auch gegen die verbindliche Regelung des Art. 3 Abs. 1 RL verstoßen, also zu einem erheblichen und ungerechtfertigten Mißverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner führen. Hiervon wird man ausgehen müssen, nachdem das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nunmehr ausführlich in § 490 BGB geregelt ist. Allein dieses stünde bei einer Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken ausdrücklich unter dem Vorbehalt einer Berücksichtigung der berechtigten Belange auf der Tatbestandsebene, nicht dagegen das Kündigungsrecht der Banken. Daß die Ausübungskontrolle in den Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen eingeschränkt ist, vermag diesen Nachteil nicht auszugleichen, weil es vorliegend allein um die Inhaltskontrolle der Kündigungsklauseln am Maßstab der §§ 307 ff. BGB geht, nicht aber um die Ausübungskontrolle. Diese Grundgedanken lassen sich auch auf die Verwendung entsprechender Klauseln gegenüber Unternehmern übertragen, da es auch diesen gegenüber zu einer Störung des vertraglichen Äquivalenzinteresses käme, wollte man der Bank ein ABl. EG Nr. L 95 vom 21. 4. 1993, S. 29 ff. Staudinger / Coester, § 9 AGBG Rn. 88 f.; Ulmer / Brandner / Hensen, § 24a AGBG Rn. 55; Voglis, S. 64; Wolf / Horn / Lindacher, Art. 3 RL Rn. 32. 99
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freies, dem Unternehmer dagegen ein gebundenes Recht zur ordentlichen Kündigung einräumen. Aus alledem folgt, daß die Bank ein unbefristetes Darlehen nur befristet ordentlich kündigen kann. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate (§ 488 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die hiervon abweichenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen sind unwirksam. c) Allgemeine Schranken des Kündigungsrechts Auch wenn das ordentliche Kündigungsrecht demnach nur in der nach § 488 Abs. 3 Satz 2 BGB vorgesehenen Frist ausgeübt werden kann, kann ein Bedürfnis bestehen, das Kündigungsrecht weiteren Beschränkungen zu unterziehen, weil auch in diesem Fall die Rückforderung der Kredite durch die Bank einem Sanierungsversuch entgegenstehen kann bzw. die Sanierungsverhandlungen nicht innerhalb der Frist abgeschlossen werden konnten. In der Rechtsprechung sind mehrere Schranken entwickelt worden. Im Schrifttum wird vereinzelt betont, daß diese Beschränkungen sehr weit reichten.101 Dem ist im folgenden nachzugehen. aa) Kündigung zur Unzeit Das Verbot, ein Vertragsverhältnis zur Unzeit zu kündigen, findet sich im Gesetz nur vereinzelt ausdrücklich normiert (vgl. §§ 627 Abs. 2, 671 Abs. 2, 675 Abs. 1 Hs. 2, 723 Abs. 2 BGB), wird jedoch auf der Grundlage von Treu und Glauben auch als allgemeiner Rechtsgedanke als Schranke für die Ausübung eines Kündigungsrechts angesehen.102 Für die Darlehenskündigung findet dieses Verbot nur im Hinblick auf fristlose Kündigungen Anwendung. Da die Bank jedoch, wie gezeigt, nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist zur ordentlichen Kündigung berechtigt ist, besteht insoweit kein Bedarf für eine solche weitergehende Beschränkung des Kündigungsrechts. Zudem folgt aus einem Verstoß gegen dieses Verbot entgegen einer im Schrifttum103 vereinzelt vertretenen Meinung nicht die Unwirksamkeit der Kündigung, sondern lediglich eine Schadensersatzverpflichtung des unzeitig Kündigenden, weil nicht die Kündigung an sich in Frage steht, sondern nur deren Zeitpunkt.104 Seinem Umfang nach erfaßt der Schadensersatz101 Köndgen, Bankrechtstag 1994, S. 141 [177 ff.]: „Pointiert gesagt ist der Schuldner. . .vor der fristlosen Kündigung sicher bis zum dem Zeitpunkt, wo er auf richterliche Sanierungshilfe zählen kann“. 102 BGH, Urt. v. 10. 11. 1977 – III ZR 39 / 76, NJW 1978, 947 [948]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 9. 2. 1989 – 6 U 90 / 88, WM 1989, 1838 [1841]; OLG Köln, Urt. v. 6. 3. 984 – 3 U 7 / 83, WM 1985, 1128 [1132]; Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [114]; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [163]; Dauner-Lieb / Konzen / K. Schmidt / Langenbucher, S. 570; Olbers, S. 116 ff.; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [280 f.]. 103 van Venrooy, JZ 1981, 53 ff.
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anspruch nur durch die Unzeitigkeit entstandene Schäden, denn gemäß § 249 Abs. 1 BGB wird nicht der Schaden ersetzt, den der Darlehensnehmer durch die Kündigung selbst erlitten hat.105 Ein gerade durch die Unzeitigkeit entstandener Schaden wird insbesondere in der wirtschaftlichen Krise eines Unternehmens kaum jemals nachweisbar sein. Dem in die Krise geratenen Unternehmen ist mit einem solchen Anspruch also nicht geholfen.106 bb) Treuepflicht Relevanz erlangen können dagegen die aus § 242 BGB hergeleiteten allgemeinen Schranken aus einer Treuepflicht der Bank gegenüber ihrem Kunden. Die früher zum Teil vertretene Auffassung, Treuepflichten seien als Sondererscheinungen auf das Handels- und Gesellschaftsrecht zu beschränken, kann heute als überholt bezeichnet werden. Vielmehr ist mittlerweile allgemeine Ansicht, daß Treuepflichten als Ausfluß des Grundsatzes von Treu und Glauben auf jedes Vertragsverhältnis anwendbar sind, soweit ein über den gewöhnlichen Austauschvertrag erheblich hinausgehendes Vertrauensverhältnis begründet wurde.107 Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Treuepflicht ist allerdings grundsätzlich ebenfalls nur die Zubilligung eines Schadensersatzanspruchs, während nur ausnahmsweise von einer Unwirksamkeit der Kündigung ausgegangen werden kann.108 Im Hinblick darauf werden sich auch hieraus zumindest für den in die Krise geratenen Kunden keine weiterführenden Ansprüche ergeben.109 cc) Rechtsmißbrauch Die Bank kann in ihrem Kündigungsrecht ferner dann beschränkt sein, wenn sie dieses rechtsmißbräuchlich ausübt.110 Die Rechtsfolge wäre, daß sich das Kredit104 BGH, Urt. v. 19. 11. 1977 – III ZR 39 / 76, NJW 1978, 947 [948]; Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [115]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 55; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 87; Möllers S. 19; Olbers, S. 117; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [281]; Rümker, ZHR 147 (1983), 27 [39]. 105 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [115]; Hoffmann, S. 137; Ulmer, Festschr. f. Möhring, 1975, S. 295 [310]. 106 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [115 f., 117]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 55. 107 Wiegelmann, S. 23 ff.; ebenso bereits Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [116]. 108 Vgl. Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [118]; Hoffmann, S. 124. 109 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [117]. 110 BGH, Urt. v. 18. 11. 1955 – I ZR 176 / 53, BGHZ 19, 72 [75]; Böckstiegel, S. 137 f.; Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [117 f.]; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 150; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 56; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [162]; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 77; Kümpel, 5.140; Luther, S. 105; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [279 f.]; Rümker, ZHR 147 (1983), 27 [39]; M. Schmitz, S. 67 f.;
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institut nach § 242 BGB nicht auf die Wirksamkeit der Kündigung berufen könnte und damit der Rückzahlungsanspruch nicht fällig würde (§ 488 Abs. 3 Satz 1 BGB). Im Gegensatz zur Treuepflichtverletzung ist bei einem Rechtsmißbrauch die Unwirksamkeit der Kündigung die Regel und ein Schadensersatzanspruch die Ausnahme.111 Die Einrede würde nicht nur dilatorisch wirken, da sich der Ausschluß nicht nur auf die Art und Weise des Zustandekommens der Kündigung, sondern auf den Grund der Kündigung selbst bezieht. Allerdings wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, daß eine so weitreichende Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts den Grundsatz der jederzeitigen Kündbarkeit eines Darlehens in Frage stelle und die ordentliche Kündigung zu einer kleinen Schwester der außerordentlichen Kündigung aus einem minderwichtigen Grund verkümmern lasse. Dies gelte auch dann, wenn dem Kreditinstitut ausreichende Sicherheiten zur Verfügung stünden und wenn die Kündigung den endgültigen Zusammenbruch des Darlehensnehmers bewirke, da das Ausscheiden in der Marktwirtschaft ein normaler Vorgang sei und im Wettbewerb eine wichtige Indiz- und Steuerungsfunktion zukomme, die nicht verfälscht werden dürfe.112 Diese Kritik ist jedoch insoweit überzogen, als eine Beschränkung des Kündigungsrechts wegen Rechtsmißbrauchs allenfalls in eng begrenzten Ausnahmefällen zur Anwendung kommen kann. Schon von daher bedarf es keines wichtigen Grundes, wie etwa bei der außerordentlichen Kündigung. Eine Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts aufgrund eines rechtsmißbräuchlichen Verhaltens ist daher grundsätzlich möglich. dd) Ernstlicher Anlaß Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen die These aufgestellt, daß das Kreditinstitut bei einem langfristigen Darlehen von seinem ordentlichen Kündigungsrecht nicht ohne ernstlichen Anlaß Gebrauch machen dürfe.113 Diese Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts ist im Schrifttum als zu weitgehend überwiegend auf Ablehnung gestoßen.114 Das ordentliche Kündigungsrecht Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 185; Voglis, S. 86 ff.; Wiegelmann, S. 37 f.; zum Verbot der übermäßigen Schädigung als Ausübungsschranke Böckstiegel, S. 145 ff. 111 Vgl. Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 79; Wiegelmann, S. 22. 112 Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 58; Hopt, WuB I E 1. Kreditvertrag 3.90, S. 166; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [285]; K. Schmidt, WM 1983, 490; vgl. zu diesem Argument auch Fastrich, Festschr. f. Zöllner, 1998, S. 143 [149 f.]. 113 BGH, Urt. v. 21. 5. 1987 – III ZR 38 / 86, WM 1987, 921 f.; BGH, Urt. v. 6. 3. 1986 – III ZR 245 / 84, NJW 1986, 1928 [1929]; BGH, Urt. v. 14. 7. 1983 – III ZR 176 / 82, WM 1983, 1038 f.; BGH, Urt. v. 28. 6. 1977 – III ZR 13 / 75, WM 1977, 834 [835]; ebenso OLG Dresden, Urt. v. 15. 11. 2001 – 7 U 1956 / 01, WM 2002, 486 [489]; HansOLG Hamburg, Urt. v. 22. 10. 1964 – 1 U 23 / 64, MDR 1965, 294 [295]; OLG München, Urt. v. 25. 2. 1983 – 19 U 3659 / 82, WM 1984, 128 [131]; Luther, S. 105. 114 Canaris, BVR, Rn. 1266, 1329; Soergel / Häuser, § 609 Rn. 35; Hopt, 143 (1979), 139 [162]; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 78; Möllers, S. 147 f.; K. Schmidt, WM 1983, 490 [491];
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sei eine Konkretisierung des Selbstbestimmungsrechts und bedürfe daher keiner Rechtfertigung.115 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Mit der Forderung nach einem berechtigten Anlaß wäre zwar den Grundgedanken der EG-Richtlinie 93 / 13 / EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über rechtsmißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Nr. 2 a RL / Anhang) Genüge getan. Wer jedoch für die Ausübung eines ordentlichen Kündigungsrechts einen ernstlichen Anlaß verlangt, sieht sich zu Recht dem Vorwurf ausgesetzt, die Unterschiede zwischen dem ordentlichen und dem außerordentlichen Kündigungsrecht zu verwischen. d) Schranken in der wirtschaftlichen Krise Ob und wie weit die wirtschaftliche Krise des Kunden zu besonderen, sich aus den allgemeinen Kündigungsschranken ergebenden Beschränkungen des Kündigungsrechts der Bank führen kann, wird unterschiedlich beurteilt. Da die Privatautonomie auch die Kündigungsfreiheit gewährleistet116, wird aber stets betont, daß der Ausschluß des Kündigungsrechts nur vorübergehender Natur sein dürfe.117 Im folgenden ist auf diese besonderen Beschränkungen in der wirtschaftlichen Krise im einzelnen einzugehen. aa) Abhängigkeit des Darlehensnehmers Hat die Bank den Kunden selbst in erheblichem Maße an sich gebunden, verstößt eine Darlehenskündigung in der wirtschaftlichen Krise des Kunden nach Auffassung von Canaris gegen das Verbot des venire contra factum proprium, wenn sie ohne berechtigten Grund kündigt, wobei die Abhängigkeit bereits dann bestehen soll, wenn der Darlehensnehmer einen wesentlichen Teil seiner verfügbaren Mittel dem Darlehensgeber zur Sicherheit übertragen habe.118 Die Gegenansicht läßt allein die wirtschaftliche Abhängigkeit des Darlehensnehmers nicht für eine Beschränkung des Kündigungsrechts genügen.119 Vielmehr müsse die Bank über Ebenroth / Boujong / Joost / Thessinga, BankR IV Rn. 122; Voglis, S. 66 f.; MünchKommBGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 9. 115 Voglis, S. 66 f. 116 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [122 f.]; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [280]; M. Schmitz, S. 64; Voglis, S. 52; Wiegelmann, S. 41 f. 117 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [122 f.]; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [163]; Voglis, S. 83 ff. 118 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [125 ff.]; ebenso Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 61; Hoffmann, S. 132; Luther, S. 105; Rümker, ZHR 143 (1979), 195 [197]; Schlimm, S. 48; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 192, 212; Voglis, S. 92, 106 f.; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 609 Rn. 16; Wiegelmann, S. 54; für eine Beschränkung des Kündigungsrechts wegen wirtschaftlicher Abhängigkeit auch OLG Hamm, Urt. v. 21. 6. 1985 – 11 U 111 / 84, WM 1985, 1411 [1413]; Böckstiegel, S. 143 ff. 119 Hildebrand, S. 188; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 80; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.68, ders., Handbuch, Rn. 1021; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [283 f.]; M. Schmitz, S. 68 f.; Wenzel, Risiken, S. 240; Wiegelmann, S. 44 ff.
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diese Abhängigkeit hinaus noch eine erhöhte Verantwortung treffen, indem sie auch tatsächlich einen Einfluß ausgeübt habe, etwa wenn sie gerade das Verhalten, das zu der wirtschaftlichen Krise geführt habe, empfohlen habe, sich also auf die Darlehensgewährung nicht beschränke oder wenn es dem Krisenunternehmen die Aufnahme von Darlehen bei Dritten untersagt habe (sog. Beherrschungsinitiative).120 Es ist bereits dargelegt worden, daß sich aus dem Merkmal der Abhängigkeit allein keine Pflicht der Bank zur Risikoübernahme ergibt.121 Etwas anderes gilt auch hier, wenn die Bank den Abhängigkeitstatbestand dazu ausnutzt, sich eigene Vorteile zu sichern oder zu verschaffen, also bei einem opportunistischen Verhalten. Hier kommt eine Kündigungsbeschränkung in Betracht, sofern und soweit dies erforderlich ist, um die Krise wieder zu beseitigen. bb) Schaffung eines Vertrauenstatbestandes Duldet das Kreditinstitut ein bestimmtes Verhalten des Darlehensnehmers, etwa die Aufnahme von Sanierungsverhandlungen, liegt zunächst die Annahme eines stillschweigend geschlossenen Sanierungsvertrages nahe.122 Soweit dies nicht der Fall ist, kann die Bank mit der Kündigung gegen das Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens verstoßen, wenn sie durch die Duldung des Verhaltens des Darlehensnehmers einen dahingehend Vertrauenstatbestand geschaffen hat.123 Dabei wird jedoch stets betont, daß ein Ausschluß der Kündigung wegen Schaffung eines Vertrauenstatbestandes nur selten vorkomme, da ein hinreichender Anlaß für ein Abweichen von der bisherigen Praxis stets darin erblickt werden könne, daß sich die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers verschlechtert hätten.124 Gerade in der Krise wird es daher an einem selbstwidersprüchlichen Verhalten der Bank in der Regel fehlen, wenn sie nunmehr aufgrund der drohenden Insolvenz ihre Kredite abziehen möchte. cc) Zweckgebundenheit des Darlehens Besteht zwischen der Darlehensgewährung und einem von dem Krisenunternehmen durchgeführten Projekt ein enger Zusammenhang, insbesondere wenn die Bank das Darlehen gerade für ein Projekt gewährt, ist das Darlehen an diesen Zweck gebunden und kann insoweit nicht vor Ausführung des Projekts ordentlich gekündigt werden, wenn die Zweckerreichung hierdurch gefährdet würde.125 In 120 Möllers, S. 42; Obermüller, ZIP 1980, 337 [342]; ders., Bankpraxis, Rn. 5.68, ders., Handbuch, Rn. 1021; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 380; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [283 f.]. 121 Hierzu § 5 I. 2. d). 122 Vgl. Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [282]; Singer, venire, S. 332. 123 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [127 f.]; Schlimm, S. 49. 124 Singer, venire, S. 333 ff.; Wiegelmann, S. 62 f.
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der wirtschaftlichen Krise gilt dies allerdings nur dann, wenn die Zweckgebundenheit auch nach Eintritt einer Krise fortbestehen soll.126 Hiervon wird man nur dann ohne weiteres ausgehen können, wenn das Risiko einer Krise bei Abschluß des Darlehensvertrages erkennbar war oder das Projekt noch vor Eintritt der Insolvenzreife fertiggestellt werden könnte. Dann liegt allerdings wiederum ein konkludenter Abschluß eines Sanierungsvertrages nahe.127 Im Ergebnis führt eine Zweckgebundenheit damit zu einer inhaltlichen Beschränkung des Kündigungsrechts. Die Reichweite dieser Kündigungsbeschränkung ist wiederum im Wege der Auslegung zu ermitteln, also im Hinblick auf die Zweckabrede selbst. dd) Hinreichende Besicherung Im Schrifttum ist zum Teil eine Beschränkung des Kündigungsrechts für den Fall angenommen worden, daß das Darlehen hinreichend besichert sei. Durch die Kündigung erwachse dem Darlehensgeber dann kein Vorteil.128 Diese Kündigungsbeschränkungen sollen auch in bezug auf noch nicht valutierte Darlehen gelten. Zwar werde damit der Vorteil der Bank, das Darlehen nicht ausreichen zu müssen, beseitigt, dies sei jedoch hinzunehmen, da sich der Liquiditätsentzug in der Krise des Kunden derart katastrophal auswirken könne, daß die Kündigung angesichts des Vorhandenseins ausreichender Sicherheiten als unverhältnismäßig qualifiziert werden müsse.129 Diese Beschränkung wird aus dem Verbot übermäßiger Schädigung hergleitet; zwar gelte dieses im Rahmen der Ausübungskontrolle nur eingeschränkt, weil die ordentliche Kündigung keines Grundes bedürfe und damit kein Ziel verfolge, das durch ein schonenderes Mittel erreicht werden könne.130 Jedoch komme das Gebot der Angemessenheit wenn nicht in Form einer umfassenden Interessenabwägung, so doch in Form des Verbots der übermäßigen Schädigung zur Anwendung. Demgegenüber wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, daß allein das Vorhandensein ausreichender Sicherheiten keine Einschränkung des Kündigungsrechts 125 Böckstiegel, S. 139 ff.; Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [127]; Hoffmann, S. 132 f.; Schlimm, S. 47 f.; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 212; Voglis, S. 91, 100; MünchKommBGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 4; Wiegelmann, S. 64 ff. 126 Vgl. Picot / Aleth, Rn. 505. 127 Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 74, 80; Möllers, S. 32 ff.; Pleyer, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 271 [281 f.]; Wiegelmann, S. 55 ff. 128 Grundlegend Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [131]; ebenso Ahnert, BKR 2002, 254 [260]; Groß, II. Rn. 218; Hadding, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 183 [200]; Hoffmann, S. 135 f.; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [163]; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 115; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.65 f.; ders., Handbuch, Rn. 1020; Voglis, S. 97 ff.; Wiegelmann, S. 178. 129 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [131]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 61. 130 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [130]; Hoffmann, S. 133; Hopt, ZHR 143 (1979), 139 [163]; Voglis, S. 97; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 609 Rn. 6.
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bewirke, es sei denn, es bestünden daneben Tatsachen, die einen besonderen Vertrauensschutz des Kreditnehmers begründeten.131 Zum Teil wird auch eine Darlehensbelassungspflicht des Kreditinstituts gänzlich abgelehnt, auch wenn der Kreditnehmer sanierungsfähig sei, weil der Banken andernfalls eine unternehmerische Mitverantwortung aufgedrängt werde132, obgleich nicht einmal ein Gesellschafter gezwungen werden könne, seinem in die Krise geratenen Unternehmen ein Darlehen zu gewähren. Etwas anderes könne allenfalls für kurzfristige Überziehungen gelten, da die Bank nach Nr. 19 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken zur Rücksichtnahme auf die Belange des Kunden verpflichtet sei.133 Auch wird angeführt, daß die Beschränkung des Kündigungsrechts die Ausnahme sei und daher nicht zur Regel gemacht werden dürfe. Ferner sei dem Darlehensnehmer eine Abbedingung des ordentlichen Kündigungsrechts bei Vertragsschluß möglich und zumutbar.134 Schließlich wird eine Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts auch mit dem Argument abgelehnt, es drohe in diesem Fall eine Haftung der Bank aus § 826 BGB.135 Entscheidend gegen eine Beschränkung des Kündigungsrechts bei einer ausreichenden Besicherung spricht jedoch, daß in einem solchen Fall keine Marktstörung vorliegt. Der Bank wurden die bestellten Sicherheiten gerade zur Sicherung ihrer Rückforderungsansprüche bestellt. Ein Eingriff in die Privatautonomie läßt sich dann nicht rechtfertigen.
ee) Kündigung ohne ausreichende Sicherung Canaris leitet eine Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts aus dem Verbot der übermäßigen Schädigung selbst dann her, wenn eine ausreichende Sicherheit nicht besteht. Dies gelte vor allem dann, wenn das Darlehen bereits gewährt sei und die Stellung der Bank durch die Kündigung nicht wesentlich verbessert werde, weil es an einer raschen Zugriffsmöglichkeit oder dergleichen fehle.136 Anders sei dies bei noch nicht ausgezahlten Darlehen, da das Kreditinstitut bei Fehlen ausreichender Sicherheiten ein elementares Eigeninteresse an der Zurückhaltung des Darlehens habe.137 H. P. Westermann will dem nur für außergewöhnliche Ausnahmefälle folgen, etwa wenn im Rahmen einer von der Bank selbst 131 Hildebrand, S. 186; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 79, Möllers, S. 148 f.; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 351; Schlimm, S. 253 f.; K. Schmidt, WM 1983, 490 [492]; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 185; 132 Vgl. Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 82. 133 Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 162; Staudinger / Oechsler, § 826 Rn. 351, 378; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 185; Wenzel, Risiken, S. 239. 134 Schlimm, S. 46 f., 246 f. 135 Hildebrand, S. 186 f. 136 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [138]; ders., BVR, Rn. 1266; zustimmend Hoffmann, S. 136; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 82; Voglis, S. 98; Wiegelmann, S. 179. 137 Canaris, BvR, Rn. 1266; ebenso Hoffmann, S. 136.
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betriebenen an sich aussichtsreichen Sanierungsaktion das Kreditierungsbedürfnis und damit das Sicherungsvolumen unterschätzt worden sei.138 Auch hier gilt das oben bereits zur Darlehensgewährungspflicht Gesagte139 entsprechend: Eine Beschränkung der Privatautonomie der Bank kommt nur bei einem Marktversagen in Betracht. Ist dies zur Beseitigung der Marktstörung erforderlich, kann die Bank an einer Kündigung bereits ausgereichter Darlehen auch dann gehindert sein, wenn ihre Forderungen nicht hinreichend besichert sind. Auch hier zeigt sich, daß die Begründung einer Darlehensbelassungspflicht im Schrifttum teilweise zu weit geht, teilweise aber auch zu kurz greift.
2. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 490 BGB i.V.m. Nr. 19 AGB-Banken bzw. Nr. 26 AGB-Sparkassen a) Inhalt der Regelung aa) Das Verhältnis von § 490 BGB zu § 314 BGB Ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht bei Dauerschuldverhältnissen kraft Gesetzes gemäß § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB. Bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. 1. 2002 ergab sich ein solches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund als allgemeiner, in den §§ 626 Abs. 1, 554a, 723 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. zum Ausdruck kommender Rechtsgrundsatz.140 Das außerordentliche Kündigungsrecht ist sowohl für den Darlehensnehmer als auch für den Darlehensgeber jedoch in § 490 Abs. 1 BGB speziell geregelt. Zwar bleibt § 314 BGB davon gemäß § 490 Abs. 3 BGB unberührt, jedoch hätte die Sonderregelung für die Kündigung von Darlehensverträgen keine eigenständige Bedeutung, wenn § 314 BGB stets neben § 490 BGB zur Anwendung käme. Der Verweis ist daher so zu verstehen, daß die in § 490 BGB genannten Gründe allein noch nicht das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 314 BGB rechtfertigen. Soweit also etwa eine Vermögensverschlechterung bei dem Darlehensnehmer eingetreten ist, die keine Kündigung des Darlehens nach § 490 BGB rechtfertigt, kann diese allein auch keine Kündigung aus wichtigem Grund nach § 314 Abs. 1 BGB rechtfertigen. Es müssen für eine Kündigung nach § 314 Abs. 1 BGB vielmehr Umstände hinzutreten, die außerhalb des Regelungsbereichs des § 490 Abs. 1 BGB liegen.141 Entsprechendes gilt auch für § 313 BGB. Das Recht des Darlehensgebers, gemäß § 610 BGB a.F. nach Vertragsschluß die Darlehenszusage zu widerrufen, wenn eine objektive wesentliche Verschlechterung 138 139 140 141
MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 4. Hierzu näher § 12 IV. 3. Olbers, S. 79; Möllers, S. 8. MünchKomm-BGB / Berger4, § 490 Rn. 53 m.w.Nachw.
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der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers eingetreten ist, ist mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts in § 490 Abs. 1 BGB aufgegangen. Danach ist eine fristlose außerordentliche Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets zulässig. Im übrigen gelten auch insoweit die allgemeinen Beschränkungen der Kündigungsmöglichkeiten. Schon § 610 BGB a.F. wurde von der überwiegenden Ansicht dabei so ausgelegt, daß auch für diesen die für eine Kündigung geltenden Beschränkungen Anwendung finden, der Widerruf also wie eine Kündigung vor Valutierung wirke.142 Dem hat der Gesetzgeber nunmehr mit der Abschaffung des § 610 BGB a.F. und der Neuregelung des Widerrufsrechts als Kündigungsrecht in § 490 Abs. 1 BGB Rechnung getragen.143 Bei dieser Regelung handelt sich um einen Sonderfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (clausula rebus sic stantibus).144 Die allgemeinere Regelung des § 313 BGB wird von § 490 Abs. 1 BGB insoweit verdrängt (lex specialis derogat legi generali). bb) Das Kündigungsrecht in den Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen Für Darlehensverträge findet sich in Nr. 19 Abs. 3 Satz 1 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen eine Regelung über das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers. Die Kündigung bedarf danach eines wichtigen Grundes, der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen beispielhaft definiert ist. Diese Regelungen entsprechen weitgehend den heute gesetzlich geregelten Kündigungsgründen des § 490 Abs. 1 BGB. Die Voraussetzungen, die an das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu stellen sind, werden dabei durch die in Nr. 19 Abs. 5 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 Satz 2 AGB-Sparkassen vorgesehene Abwicklungsfrist zugunsten des Darlehensnehmers nicht abgesenkt145, da diese Frist lediglich die Rechtsfolgen einer Kündigung betrifft, nicht dagegen deren Voraussetzungen. Soweit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen inhaltlich mit den gesetzlichen Kündigungsregeln übereinstimmen, findet eine Inhaltskontrolle nach den §§ 307 – 309 BGB gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht statt. Soweit dagegen eine Abweichung vorliegt, ist jeweils zu prüfen, ob diese Klauseln insoweit auch wirksam sind. Da auch § 490 BGB eine dem § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB entsprechende Vorschrift nicht kennt, es sich bei § 490 BGB also um dispositives Recht handelt146, gelten wiederum die §§ 307 – 309 BGB als Prüfungsmaßstab. 142 Zutreffend wurde das Widerrufsrecht des § 610 BGB a.F. daher den Kündigungsregeln zugeordnet, vgl. Canaris, BVR, Rn. 1253; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 1; anders dagegen Staudinger / Hopt / Mülbert, § 610 Rn. 2 ff. 143 BT-Drs. 14 / 6040, S. 253 ff. 144 Canaris, BVR, Rn. 1251; Möllers, S. 8; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 177. 145 OLG Hamm, Urt. v. 21. 6. 1985 – 11 U 111 / 84, WM 1985, 1411 [1412]; Voglis, S. 108. 146 Dauner-Lieb / Konzen / K. Schmidt / Langenbucher, S. 572; MünchKomm-BGB / Berger4, § 490 Rn. 23.
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b) Kündigungsgrund Die außerordentliche Kündigung gemäß § 490 Abs. 1 BGB setzt – wie § 314 Abs. 1 BGB – einen wichtigen Grund voraus, der im Zeitpunkt der Kündigung vorgelegen haben muß, wobei jedoch ein „Nachschieben“ von Gründen zulässig sein kann.147 Der wichtige Grund muß dem Gekündigten nicht mitgeteilt werden; die Vorschrift des § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB gilt für § 490 Abs. 1 BGB nicht, auch nicht analog. In § 490 Abs. 1 BGB sind besondere, mit der Darlehensvergabe häufig einhergehende wichtige Gründe für eine Kündigung genannt. Danach besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht dann, wenn sich die bei Abschluß des Darlehensvertrages für die Kalkulation des Ausfallrisikos maßgeblichen Kalkulationsfaktoren nachträglich verändert haben, nämlich die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers oder der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit. Diese Beeinträchtigung der Kalkulationsgrundlage begründet ein Kündigungsrecht für den Darlehensgeber jedoch nur dann, wenn dadurch die Rückerstattung des Darlehens, selbst nach einer Verwertung der Sicherheiten, gefährdet wird. Wie sich aus der Formulierung des § 490 Abs. 1 BGB ergibt („eintritt oder einzutreten droht“), muß die Verschlechterung der Kalkulationsgrundlage nach Abschluß des Darlehensvertrages eingetreten sein, so daß eine bereits bestehende schlechte Vermögenslage eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermag.148 Auch ein Rückgriff auf § 314 Abs. 1 BGB ist nach dem oben Gesagten dann ausgeschlossen. Möglich ist aber eine Anfechtung des auf Abschluß des Darlehensvertrages gerichteten Angebots der Bank nach §§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 2 BGB.149 Weitere Kündigungsgründe finden sich in den Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen (Nr. 19 Abs. 3 Satz 2 AGBBanken; Nr. 26 Abs. 2 Satz 1 AGB-Sparkassen).150 Diese spielen für die vorliegende Untersuchung jedoch keine Rolle. c) Verhältnismäßigkeit (ultima ratio) Die außerordentliche Kündigung ist nur zulässig, wenn auch eine zeitlich begrenzte Fortsetzung des Darlehensvertrages unzumutbar ist (Nr. 19 Abs. 3 Satz 1 AGB-Banken; Nr. 26 Abs. 2 Satz 1 AGB-Sparkassen).151 Die Unzumutbarkeit 147 BGH, Urt. v. 6. 3. 1986 – III ZR 245 / 84, NJW 1986, 1928 ff.; BGH, Urt. v. 26. 9. 1985 – III ZR 213 / 84, WM 1985, 1493; KG, Urt. v. 14. 7. 1978 – 5 U 2595 / 77, WM 1979, 1178 ff.; OLG Zweibrücken, Urt. v. 21. 9. 1984 – 1 U 244 / 82, WM 1984, 1635 ff.; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 157; Hadding, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 183 [192]; Möllers, S. 18; Voglis, S. 114 f.; Wiegelmann, S. 110 ff. 148 Voglis, S. 133; vgl. ferner MünchKomm-BGB / Berger4, vor § 488 Rn. 111. 149 Canaris, BVR, Rn. 1213; Voglis, S. 134; anders Flume, II, § 24 3. b), S. 487 unter Hinweis auf § 321 BGB. 150 Vgl. Hadding, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 183 [192 ff.]; Voglis, S. 127 ff.; Wiegelmann, S. 70 ff. 151 Möllers, S. 8; Voglis, S. 109.
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wird regelmäßig dann zu bejahen sein, wenn einer der wichtigen Gründe gegeben ist, da dann stets das die Geschäftsverbindung zwischen den Parteien prägende Vertrauensverhältnis entfallen ist. Der „ultima-ratio-Gedanke“ kommt auch im Rahmen des § 490 Abs. 1 BGB zur Anwendung. Das Merkmal der Unzumutbarkeit einer Fortsetzung folgt als allgemeiner Rechtsgedanke aus § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB. d) Vertretenmüssen Ein Vertretenmüssen ist keine notwendige Bedingung einer außerordentlichen Kündigung.152 Eine solche Voraussetzung findet sich weder in § 490 BGB noch in § 314 BGB. Eine eigenständige Bedeutung im Sinne eines Tatbestandsmerkmals kommt dem Vertretenmüssen nicht zu. Die Frage, ob dem Gekündigten ein Vertretenmüssen zur Last gelegt werden kann, ist aber bei der Interessenabwägung im Rahmen der Zumutbarkeit einer Vertragsfortsetzung und des Vorliegens eines wichtigen Grundes zu berücksichtigen, spielt also mittelbar eine Rolle.153 e) Allgemeine Schranken des Kündigungsrechts aa) Das Verbot der Kündigung zur Unzeit Ob das Verbot der Kündigung zur Unzeit auch auf die außerordentliche Kündigung Anwendung findet154 oder ob hier nicht vielmehr alle abwägungserheblichen Belange bereits durch das Erfordernis eines wichtigen Grundes „aufgebraucht“ wurden155, kann letztlich dahinstehen, denn selbst wenn man das Verbot der Kündigung zur Unzeit anwenden wollte, käme ihm jedenfalls, wie gezeigt156, kaum ein eigenständiger Bedeutungsgehalt zu. bb) Vorankündigung Hat die Bank ein schutzwürdiges Vertrauen auf der Seite des Darlehensnehmers in die Belassung des Darlehens erweckt, kann sie den Darlehensvertrag dennoch 152 BAG, Urt. v. 21. 1. 1999 – 2 AZR 665 / 98, BAGE 90, 367 ff.; BGH, Urt. v. 27. 3. 1991 – IV ZR 130 / 90, NJW 1991, 1828 [1829]; BGH, Urt. v. 10. 3. 1976 – VIII ZR 268 / 74, WM 1976, 508 [509]; MünchKomm-BGB / Berger4, § 490 Rn. 54; Ebenroth / Boujong / Joost / Thessinga, BankR IV Rn. 137; Voglis, S. 111. 153 Voglis, S. 111. 154 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [115]; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.71; MünchKomm-BGB / Ulmer, § 723 Rn. 35. 155 Eidenmüller, Sanierung, S. 158; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 159; Hadding, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 183 [198 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 79; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 44. 156 s. oben 1. c) aa).
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kündigen, wenn sie dies in angemessener Zeit ankündigt, die Vertrauensbasis also zerstört.157 Letztlich ist auch das Merkmal der Vorankündigung lediglich bei der Abwägung der Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung zu berücksichtigen, da dem Darlehensnehmer hierdurch die Möglichkeit eingeräumt wird, sich auf die durch die Kündigung bewirkten Folgen einzustellen. Die Vorankündigung kann also dazu führen, daß die abwägungserheblichen Belange zugunsten des Darlehensgebers überwiegen.
cc) Verwirkung Die Bank kann ihr Recht zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 242 BGB verwirken, wenn sie die den wichtigen Grund begründenden Umstände kennt und nach Verstreichenlassen einer angemessenen Überlegungsfrist nicht handelt.158 Jedoch gilt in bezug auf die Überlegungsfrist nicht § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB analog.159 Vielmehr gilt auch für § 490 Abs. 1 BGB die Bestimmung des § 314 Abs. 3 BGB, denn insoweit enthält § 490 Abs. 1 BGB keine Sonderregelung (§ 490 Abs. 3 BGB). Die Kündigung verstößt zudem dann gegen § 242 BGB, wenn die Bank das vertragswidrige Verhalten des Kunden duldet, da sie damit zum Ausdruck bringt, daß sie dieses selbst nicht als gewichtig genug für eine außerordentliche Kündigung angesehen hat. Beruft sie sich später dennoch auf diesen Grund, handelt sie widersprüchlich.160 Das Kündigungsrecht ist dann verwirkt.
dd) Abmahnung Die Bank ist nach herrschender Meinung nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer vor der außerordentlichen Kündigung abzumahnen. Die Entbehrlichkeit einer solchen Abmahnung ergebe sich bereits daraus, daß ein wichtiger Grund nur dann vorliege, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Bank nicht zumutbar sei.161 Dagegen verlangt Voglis eine Abmahnung des Darlehensnehmers.162 Teil157 Ebenroth / Boujong / Joost / Thessinga, BankR IV Rn. 122 a.E.; anders OLG Düsseldorf, Urt. v. 5. 4. 1984 – 6 U 239 / 82, WM 1984, 586 ff.; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 128. 158 Für eine Frist von nicht mehr als drei Monaten BGH, Urt. v. 26. 5. 1999 – VIII ZR 123 / 98, WM 1999, 1986 [1989]; BGH, Urt. v. 26. 4. 1983 – III ZR 186 / 82, WM 1983, 753; für eine zweimonatige Frist bei Vertragshändlerverträgen BGH, Urt. v. 15. 12. 1993 – VIII ZR 157 / 92, ZIP 1994, 293 [294]. 159 BGH, Urt. v. 12. 7. 1984 – III ZR 32 / 84, WM 1984, 1273; OLG Köln, Urt. v. 22. 7. 1992 – 16 U 31 / 92, WM 1993, 325 [328]; Soergel / Häuser, § 609 Rn. 40; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 45; Ebenroth / Boujong / Joost / Thessinga, BankR IV Rn. 137. 160 Voglis, S. 120 f. 161 BGH, Urt. v. 5. 10. 1989 – III ZR 34 / 88, WM 1990, 54 [57]; BGH, Urt. v. 6. 3. 1986 – III ZR 245 / 84, NJW 1986, 1807 [1808]; BGH, Urt. v. 19. 9. 1979 – III ZR 93 / 76, WM 1979, 1176 [1179 f.]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 9. 2. 1989 – 6 U 90 / 88, WM 1989, 1838 [1841 f.]; OLG Hamm, Urt. v. 21. 6. 1985 – 11 U 111 / 84, ZIP 1985, 1387 [1389]; OLG Köln,
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
weise wird auch vertreten, daß eine Abmahnung dann erforderlich sei, wenn der Darlehensgeber durch sein Verhalten ein besonderes Vertrauen begründet habe oder wenn die Behebung des wichtigen Grundes möglich sei.163 Da das Vorliegen eines wichtigen Grundes jedoch die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses voraussetzt und die Abmahnung eine Verhaltensänderung des Vertragspartners und damit gerade eine Fortsetzungsfähigkeit des Vertragsverhältnisses impliziert, kann es auf eine Abmahnung des Darlehensnehmers nicht ankommen. Eine Ausnahme ist nur dann anzunehmen, wenn das Kreditinstitut wiederholten Überziehungen nicht entgegengetreten ist. In diesem Fall hat sie bei dem Darlehensnehmer Zweifel darüber entstehen lassen, ob sie dessen Verhalten billigt oder nicht. Dann wird die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung nur dadurch begründet, daß die Bank den Darlehensnehmer abmahnt und dieser dennoch die Überziehungen fortsetzt.164 Auch aus § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB folgt kein Abmahnungserfordernis, da auch diese Vorschrift unter dem Vorbehalt steht, daß die Abmahnung noch zu einer Verhaltensänderung führen kann (§§ 314 Abs. 2 Satz 2, 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). ee) Tu quoque-Einwand Die Bank ist zur außerordentlichen Kündigung nur dann berechtigt, wenn sie sich selbst vertragstreu verhält.165 Das Verhalten der Bank muß jedoch das Vorliegen des wichtigen Grundes mit verursacht haben, mit diesem also in einem Bedingungszusammenhang stehen. Soweit die Bank selbst konkrete Maßnahmen in der Krise des Kunden gefordert hat, die zu der Vermögensverschlechterung beigetragen haben, ist dieses Verhalten also dann nicht als vertragswidrig anzusehen, wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zu dem Zweck erfolgten, die in der Krise aufgetretenen Risiken zu vermeiden. Schlägt die Bank dagegen Maßnahmen zur Überwindung der Krise vor und führt dies zu einer Vermögensverschlechterung Urt. v. 25. 11. 1988 – 6 U 69 / 88, WM 1989, 526 [527]; OLG Zweibrücken, 21. 9. 1994 – 1 U 244 / 82, WM 1984, 1635 [1638]; MünchKomm-BGB / Berger4, § 490 Rn. 59; Groß, II. Rn. 218; Hadding, Festschr. f. Heinsius, S. 183 [197]; Soergel / Häuser, § 609 Rn. 53 f.; Hopt / Mülbert, § 609 Rn. 125 ff.; Luther, S. 112; Möllers, S. 12 f.; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.87; Palandt / Putzo, § 609 Rn. 16; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 19; Wiegelmann, S. 114. 162 Voglis, S. 112 f. 163 Hildebrand, S. 194; Olbers, S. 91. 164 BGH, Urt. v. 10. 11. 1977 – III ZR 39 / 76, NJW 1978, 947 [948]; MünchKomm-BGB / Berger4, § 490 Rn. 59; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 159; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 77; Möllers, S. 13, 38. 165 Vgl. BGH, Urt. v. 7. 3. 2002 – IX ZR 293 / 00, NJW 2002, 1788 ff.; BGH, Urt. v. 13. 11. 1998 – V ZR 386 / 97, NJW 1999, 352 f.; BGH, Urt. v. 15. 10. 1993 – V ZR 141 / 92, NJWRR 1994, 372 f.; OLG Köln, Urt. v. 22. 7. 1992 – 16 U 31 / 92, WM 1993, 325 [327]; OLG Zweibrücken, Urt. v. 1. 12. 1994 – 4 U 47 / 94, WM 1996, 621 [625]; Soergel / Häuser, § 609 Rn. 40; Voglis, S. 121.
§ 13 Die Pflicht der Bank zur Darlehensbelassung
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des Darlehensnehmers, kann sich die Bank hierauf nicht berufen. Handelt die Bank vertragswidrig, kann es auch auf ein Vertretenmüssen nicht ankommen, da ein solches auch auf der Seite des Darlehensnehmers nicht erforderlich ist.166 Handelt die Bank ohne Verschulden, sollte sie zur außerordentlichen Kündigung allerdings dann noch berechtigt sein, wenn der Darlehensnehmer schuldhaft gehandelt hat. Im übrigen sind die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. f) Schranken in der wirtschaftlichen Krise Gerät das Unternehmen in die Krise, liegt stets auch eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse vor, die die Rückerstattung des Darlehens gefährdet. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob das außerordentliche Kündigungsrecht noch weitergehenden Beschränkungen unterliegt. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, daß ein wichtiger Grund auch in diesem Fall nur dann vorliegen solle, wenn der Darlehensnehmer falsche Angaben gemacht habe und sich diese auf die dem Darlehensgeber bestellten Sicherheiten ausgewirkt hätten, sie also vertragserheblich seien. Die Vermögensverschlechterung oder Gefährdung müsse die Bank ferner in nicht unwesentlicher Weise beeinträchtigen, was vor allem bei einer ausreichenden Besicherung regelmäßig zu verneinen sei, es sei denn, ein Wertverfall der Sicherheiten sei zu erwarten und der Bank drohe hierdurch ein Schaden.167 Dabei handele es sich um eine an Treu und Glauben orientierte restriktive Auslegung und nicht um eine verdeckte Inhaltskontrolle.168 Ferner wird betont, daß eine solche Beschränkung des Kündigungsrechts voraussetze, daß das Unternehmen sanierungsfähig sei und der Ausschluß des Kündigungsrechts nur vorübergehender Natur sein könne.169 Dagegen wird die Pflicht zu einer Darlehensbelassung selbst bei einer ausreichenden Besicherung zum Teil schon deswegen verneint, weil der Bank bei einer Darlehensbelassung eine Haftung aus § 826 BGB drohe.170 Ferner könne sich der Darlehensnehmer nicht auf Treu und Glauben berufen, wenn er selbst seine Verpflichtungen gröblich verletzt und dadurch einen Grund zu einer außerordentlichen Kündigung geschaffen habe.171 Auch hier gilt das bereits zur Darlehensgewährungspflicht Gesagte entsprechend: Die Bank kann an einer außerordentlichen Kündigung bereits gewährter Voglis, S. 122. OLG München, Urt. v. 5. 5. 1995 – 14 U 875 / 94, WM 1996, 1623; Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [120]; ders., BVR, Rn. 1247 in Fn. 64; Möllers, S. 14, 154 ff.; K. Schmidt, WM 1983, 490 [491]; Schwintowski / F. A. Schäfer, § 7 Rn. 212; Voglis, S. 132; MünchKomm-BGB / H. P. Westermann, § 610 Rn. 6; ferner Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 100, 105. 168 Canaris, ZHR 143 (1979), 113 [120]; Möllers, S. 154 ff. (zu Nr. 17 AGB-Banken). 169 Hadding, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 183 [199 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 70; Obermüller, Handbuch, Rn. 1025. 170 Hadding, Festschr. f. Heinsius, 1991, S. 183 [200]; Olbers, S. 114 f. 171 Wenzel, Risiken, S. 238. 166 167
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
Darlehen dann gehindert sein, wenn dies zur Beseitigung eines Marktversagens erforderlich ist. Der Kündigungsausschluß ist dann an keine weitergehenden Voraussetzungen gebunden. Liegt dagegen kein Marktversagen vor, kann die Bank von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen, ohne daß weitergehende Beschränkungen bestehen. 3. Das Recht zur Kündigung eines Sanierungsdarlehens Im folgenden ist der Frage nachzugehen, unter welchen Voraussetzungen die Bank ein einmal zugesagtes oder gewährtes Sanierungsdarlehen wieder kündigen kann. Zahlt sie das Darlehen entgegen der vertraglichen Verpflichtung nicht aus, haftet sie dem Krisenunternehmen bzw. der Insolvenzmasse gegenüber aus §§ 280 Abs. 1, 488 BGB bzw. §§ 280 Abs. 3, 283 BGB172. a) Ordentliche Kündigung Das dem Kreditinstitut gemäß § 489 BGB in Verbindung mit Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen zustehende Recht zur ordentlichen Kündigung haben die Parteien bei der Gewährung eines Sanierungsdarlehens regelmäßig – sei es auch konkludent – ausgeschlossen.173 Auch das sich insoweit möglicherweise aus § 610 BGB a.F. ergebende Widerrufsrecht wird durch die Sanierungsvereinbarung aufgehoben, soweit dieses nicht ohnehin durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen abbedungen ist. Soweit die Sanierung daher erwartungsgemäß verläuft, kann die Bank sich ihrer Verpflichtung nicht durch eine Kündigung entziehen. Der Auffassung von Schlimm174, der hier das Verbot des venire contra factum proprium angewendet wissen will, kann dagegen nicht gefolgt werden, da die Abbedingung des ordentlichen Kündigungsrechts für die Durchführbarkeit der Sanierungsvereinbarung unerläßliche Voraussetzung ist und sich damit bereits aus den Absprachen zwischen den Parteien selbst ergibt, ohne daß dies noch einer ausdrücklichen Erwähnung bedürfte. Das Sanierungsdarlehen kann ferner durch Zeitablauf enden, etwa wenn die Darlehensvertragsparteien vereinbart haben, daß das Sanierungsdarlehen nach Verstreichen einer bestimmten Frist enden soll, sofern nicht eine spürbare wirtschaftliche Gesundung des Unternehmens eingetreten ist.175 Zur Vertragsaufsage BGH, Urt. v. 16. 3. 1988 – VIII ZR 184 / 87, BGHZ 104, 6 [13]. BGH, Urt. v. 21. 1. 1997 – VI ZR 338 / 95, BGHZ 134, 304 ff.; BGH, Urt. v. 14. 9. 2004 – XI ZR 184 / 03, BB 2004, 2544 [2547]; BGH, Urt. v. 20. 12. 1955 – I ZR 171 / 53, WM 1956, 217 ff.; OLG Hamm, Urt. v. 22. 1. 1990 – 8 U 129 / 89, WM 1991, 1116 [1118]; De Meo, S. 190 Rn. 195; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 162; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 62 f.; Derleder / Knops / Bamberger / J. Hoffmann, § 15 Rn. 40; Hopt, ZHR 143 (1979), 143 [169]; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Knops, § 7A Rn. 26; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.80; Picot / Aleth, Rn. 505; Voglis, S. 79; Wenzel, Risiken, S. 260; Wiegelmann, S. 227 ff. 174 Schlimm, S. 41; für eine subsidiäre Anwendung De Meo, S. 190 f. Rn. 196. 172 173
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b) Außerordentliche Kündigung Das Recht zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 490 BGB (Nr. 19 Abs. 3 Satz 1 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 Satz 1 AGB- Sparkassen) bleibt dagegen auch bei der Gewährung eines Sanierungsdarlehens bestehen, so daß die Bank dieses außerordentlich kündigen kann, wenn die Sanierung nicht erwartungsgemäß verläuft und sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens noch weiter verschlechtert (vgl. § 490 Abs. 1 BGB).176 Der wirtschaftliche Rückschlag muß aber so gewichtig sein, daß durch ihn das gesamte Sanierungskonzept, mit anderen Worten die zunächst bestehende Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, ernsthaft in Frage gestellt bzw. beseitigt wird.177 Kündigungsgründe können auch aus der Sphäre des Darlehensnehmers herrühren, etwa wenn dieser der Bank gegenüber falsche Angaben gemacht hat, von dem vereinbarten Sanierungskonzept ohne Grund abweicht (vgl. §§ 490 Abs. 3, 314 Abs. 1 BGB)178 oder der Bank weitere, die bestehende Sanierungsvereinbarung übersteigende Risiken aufgebürdet werden. Letzteres ist stets dann der Fall sein, wenn ein völlig neues Sanierungskonzept erstellt wird.
4. Die Beendigung eines Finanzplandarlehens Insbesondere wenn sich die Bank, beispielsweise im Rahmen einer übertragenden Sanierung, an dem Krisenunternehmen bzw. der Auffanggesellschaft beteiligt, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen und wie sog. Finanzplandarlehen beendet werden können.179 Finanzplandarlehen werden von den Gesellschaftern als nominelle Fremdmittel neben der Einlage gewährt, weil das Eigenkapital der Gesellschaft für die Erreichung des Gesellschaftszwecks nicht ausreichend ist. Je nach der konkreten Ausgestaltung können180 sie auf eine Krisenfi175 Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 62; Obermüller, Handbuch, Rn. 1028; Wenzel, Risiken, S. 261. 176 BGH, Urt. v. 14. 9. 2004 – XI ZR 184 / 03, BB 2004, 2544 [2547]; BGH, Urt. v. 12. 2. 1959 – VII ZR 70 / 58, WM 1959, 626 [629]; BGH, Urt. v. 20. 12. 1955 – I ZR 171 / 53, WM 1956, 217 [220]; OLG Celle, Urt. v. 30. 6. 1982 – 3 U 258 / 81, ZIP 1982, 942 [944 ff.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 72, 76; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.82; Picot / Aleth, Rn. 505; Schlimm, S. 26; Wenzel, Risiken, S. 261. 177 BFH, Urt. v. 13. 1. 1959 – I 4457 U, WM 1959, 639 [640]; BGH, Urt. v. 20. 12. 1955 – I ZR 171 / 53, WM 1956, 217 [220]; OLG Karlsruhe, Urt. v. 3. 8. 1990 – 10 U 168 / 89, WM 1991, 1332; MünchKomm-BGB / Berger4, vor § 488 Rn. 111; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 73; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 5.81 f.; Wenzel, Risiken, S. 262. 178 OLG Frankfurt, Urt. v. 13. 1. 1992 – 4 U 80 / 90, WM 1992, 1018 [1022]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 75; Wenzel, Risiken, S. 262. 179 Vgl. BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272 / 98, BGHZ 142, 116 [119 f., 122 f.]. 180 Dagegen die Krisenfinanzierung noch als notwendiges Element fordernd BGH, Urt. v. 9. 10. 1986 – II ZR 58 / 86, NJW 1987, 1080 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 28. 3. 1994 – 2
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
nanzierung angelegt sein, oft sollen mit ihnen aber auch bestimmte Projekte der Gesellschaft finanziert werden, für die das Eigenkapital nicht ausreicht.181 Im Gegensatz zu den „üblichen“ Gesellschafterdarlehen, die vor der Krise wie jedes andere Fremdmittel behandelt werden, tritt das Fremdkapital beim sog. Finanzplandarlehen an die Stelle notwendigen Eigenkapitals. Die Gesellschafter bringen das Stammkapital auf, gewähren aber, da dieses zur Erreichung des Gesellschaftszwecks nicht ausreicht, noch weitere Mittel in Form von Fremdkapital, das der Erreichung des Gesellschaftszwecks dienen soll, also zweckgebunden ist.182 Ob der Gesellschafter zur Erfüllung der Darlehenszusage verpflichtet ist, ergibt sich aus den zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft getroffen Abreden, nicht dagegen aus den §§ 32a f. GmbHG.183 Ob sich eine Verpflichtung der sich beteiligenden Bank zur Auszahlung des Darlehens auch in der Unternehmenskrise ergibt und dem Darlehensgeber die Berufung auf § 490 Abs. 1 BGB zu versagen ist, ist ebenfalls eine Frage der zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter getroffenen Abreden (vgl. §§ 133, 157, 242 BGB), nicht dagegen der §§ 32a f. GmbHG. Bei der Gewährung eines Finanzplandarlehens an eine Auffanggesellschaft zur Sanierung des Krisenunternehmens ist davon auszugehen, daß das ordentliche Kündigungsrecht abbedungen worden ist, sei es auch konkludent.184 Ob die der Darlehensgewährung zugrunde liegenden Finanzplanabreden wieder aufgehoben werden können, ist äußerst strittig. Einigkeit besteht aber immerhin insoweit, daß eine Darlehenszusage vor der Unternehmenskrise durch die Parteien einvernehmlich aufgehoben werden kann (vgl. § 311 Abs. 1 BGB).185 Nach Eintritt der Krise soll eine solche Aufhebung dagegen nach Ansicht des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs an einer analogen Anwendung des § 19 Abs. 2 und 3 GmbHG scheitern, soweit nicht eine Kapitalherabsetzung nach § 58 GmbHG erfolgt.186 U 196 / 93, GmbHR 1994, 620 [621]; anders nunmehr BGH, Urt. v. 21. 3. 1988 – II ZR 238 / 87, BGHZ 104, 33 [38, 40]. 181 BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187 / 57, BGHZ 31, 272 ff.; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [192 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 130b; Hildebrand, S. 46; Hirte, Konzern, S. 151 f.; Hommelhoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 421 [439]; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 46a; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 169, 179; Koppensteiner, AG 1998, 308 [312]; Picot / Aleth, Rn. 78; T. Raiser, § 38 Rn. 59; K. Schmidt, ZIP 1999, 1241; ders., Gesellschaftsrecht, § 37 IV. 2. c), S. 1154 f.; Sieger / Aleth, GmbHR 2000, 462 [463]; Steinbeck, ZGR 2000, 503 [504]; Wilken, ZIP 1996, 61 f. 182 Vgl. Picot / Aleth, Rn. 82. 183 BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272 / 98, BGHZ 142, 116 [119 f., 122 f.]; Altmeppen, NJW 1999, 2812 [2813]; Thümmel, BB 1999, 1674 [1675]. 184 BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272 / 98, BGHZ 142, 116 [121]; Brandstätter, S. 32. 185 BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272 / 98, BGHZ 142, 116 [121]; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [194]; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [479 f.]; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 181. 186 BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272 / 98, BGHZ 142, 116 ff.; für einen Ausschluß der Aufhebbarkeit nach Eintritt der Krise auch Fleischer, Finanzplankredit, S. 162; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [479]; Hommelhoff / Kleindiek, Festschr. 100 Jahre GmbH-Gesetz,
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Finanzplandarlehen werden dabei aufgrund der Finanzplanbindung als Eigenkapital qualifiziert. Bei einem Finanzplandarlehen handelt es sich jedoch nicht um Eigenkapital, so daß die Finanzplanabrede einvernehmlich auch nach der Krise aufgehoben werden kann.187 Sofern sich die Bank mit der Auffanggesellschaft darauf verständigt, die Finanzplanabrede wieder aufzuheben, ist sie an die Darlehenszusage nicht mehr gebunden. Das dann auftretende Problem der unzureichenden Ausstattung der Auffanggesellschaft mit Eigenkapital läßt sich allenfalls im Wege einer Durchgriffshaftung lösen, nicht jedoch durch einen Eingriff in die Aufhebungsfreiheit der Parteien. In Anbetracht der Tatsache, daß niemand darauf vertrauen kann, mit einer Gesellschaft zu kontrahieren, die über eine ausreichende Kapitaldecke verfügt, wird sich eine Durchgriffshaftung allerdings kaum begründen lassen.
IV. Das Rückforderungsrecht der Bank 1. Pflicht zum Abschluß einer Stundungsvereinbarung Im Schrifttum ist eine Pflicht der Bank zum Abschluß einer Stundungsvereinbarung dann angenommen worden, wenn mit der Prolongation die wirtschaftliche Krise abgewendet werden kann und soll. Es gehe dabei nicht um eine Wagnisfinanzierung, da das Darlehen bereits gewährt worden sei. Weil sich die Bank insoweit auch zumeist ausreichend abgesichert habe, sei ihr eine Verlängerung des Darlehens, etwa für die Dauer von Sanierungsverhandlungen oder bei der Durchführung einer Sanierung, zuzumuten, soweit nicht andere schutzwürdige Interessen im Einzelfall betroffen seien.188 Dies überzeugt jedoch nicht, weil auch eine Pflicht der Bank zur Prolongation eines Darlehens einen Eingriff in die Privatautonomie der Bank begründet. Eine Pflicht zur Prolongation eines Darlehens kommt daher ebenfalls grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn sich die Bank hierzu verpflichtet hat. Im übrigen kann sich eine dahingehende Pflicht nur unter den selben Voraussetzungen ergeben wie ein Ausschluß der Kündigungsrechts, nämlich bei einem Marktversagen. Die Rückforderung der Valuta soll zudem dann nach § 242 BGB ausgeschlossen sein, wenn die Bank dem Darlehensnehmer noch vor Ablauf der Frist eine Verlängerung des Darlehens in Aussicht gestellt und der Darlehensnehmer im Vertrauen hierauf Dispositionen getroffen hat.189 Die Bank dürfe dann den Rückforderungsanspruch nicht geltend machen und auch Sicherheiten nicht verwerten, bis die 1992, S. 421 [444]; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 181 f.; Steinbeck, ZGR 2000, 503 [513 f.]; Hachenburg / Ulmer, §§ 32a, b Rn. 61. 187 Altmeppen, NJW 1999, 2812 [2813]; Dauner-Lieb, JZ 2000, 312 [314]. 188 Wiegelmann, S. 177 f. 189 Vgl. Wiegelmann, S. 164.
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
Krise entweder überwunden oder das Insolvenzverfahren eröffnet sei. In einem solchen Fall dürfte allerdings schon eine konkludente Prolongation gegeben sein. Im Schrifttum ist neben der Pflicht zur Prolongation erwogen worden, dem Darlehensnehmer eine dilatorische Einrede gegen den fälligen Darlehensrückzahlungsanspruch zuzugestehen, damit sich der Darlehensnehmer eine neue Bankverbindung aufbauen könne; die wirtschaftlichen Interessen des Kreditinstituts würden dagegen lediglich mittelbar beeinträchtigt. 190 Dies kann jedoch nur dann zutreffen, wenn sich das Ausfallrisiko der Bank in der Krise nicht wesentlich erhöht. Da in der wirtschaftlichen Krise wegen der fortlaufenden Verringerung der Haftungsmasse eine wirtschaftliche Gefährdung des Anspruchs eintritt, kommt dieser Einrede für die vorliegende Konstellation keine Bedeutung zu. Eine Pflicht zur Prolongation betrifft nur Ansprüche aus einem bereits ausgereichten Darlehen. Duldet das Kreditinstitut dagegen lediglich eine Überziehung der eingeräumten Kreditlinie, wird dadurch der Dispositionskredit nicht ohne weiteres erhöht. Der Bank steht dann ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB zu. Jedoch kann die geduldete Überziehung auch zu einer konkludenten Erweiterung des Dispositionskredits führen.191 In einem solchen Fall gelten die vorbezeichneten Grundsätze uneingeschränkt. Andernfalls kann die Bank die Rückzahlung der geduldeten Überziehung verlangen.
2. Das Stehenlassen eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen Eine Pflicht der Bank zur Darlehensbelassung kann sich bei sog. eigenkapitalersetzenden Darlehen ergeben.192 Neben der Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs enthält § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG nämlich die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf andere Rechtshandlungen als die Darlehensvergabe. Dabei kann eine entsprechende Anwendung auf solche Rechtshandlungen in Betracht kommen, die keine Gewährung eines Darlehens darstellen, aber auch auf solche, bei denen es sich nicht um die Gewährung eines Darlehens handelt. Letztere Konstellationen spielen für die vorliegende Untersuchung allerdings keine Rolle und haben daher außer Betracht zu bleiben.
190 Möllers, S. 153 (zum vorübergehenden Ausschluß des Kündigungsrechts); Wiegelmann, S. 162 f. 191 OLG Düsseldorf, Urt. v. 11. 7. 1991 – 6 U 220 / 90, NJW 1991, 2429 [2430]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 9. 2. 1989 – 6 U 90 / 88, WM 1989, 1838 [1842]; OLG Hamm, Urt. v. 21. 6. 1985 – 11 U 111 / 84, WM 1985, 1411 [1413]; Ebenroth / Boujong / Joost / Thessinga, BankR IV Rn. 45, 225; Wiegelmann, S. 183 ff. 192 Hierzu näher oben § 9.
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a) Das einfache Stehenlassen von Darlehen Unter dem Begriff des einfachen Stehenlassens von Darlehen sollen im folgenden Konstellationen diskutiert werden, in denen das bereits ausgezahlte Darlehen beim Darlehensnehmer verbleibt, ohne daß dies auf einer Absprache mit dem Darlehensgeber beruht. Ob und unter welchen Voraussetzungen hier die §§ 32a, 32b GmbHG anwendbar sind, ist umstritten. aa) Unterlassene Geltendmachung trotz Fälligkeit Die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG wird insbesondere in den Konstellationen kontrovers diskutiert, in denen der Darlehensgeber die Darlehensrückzahlungsforderung nicht geltend macht, obgleich dieser fällig ist, sei es durch Fristablauf (§ 488 Abs. 2 BGB), sei es durch Kündigung (§ 488 Abs. 3 Satz 1 BGB). Ob in diesem Fall bereits die bloße Untätigkeit des Darlehensgebers genügt, um darin eine der Darlehensgewährung vergleichbare Rechtshandlung im Sinne des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG zu sehen, wurde vor allem vom II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs193 im Anwendungsbereich der §§ 30, 31 GmbHG und auch von weiten Teilen des Schrifttums194 zunächst einschränkungslos bejaht. Demgegenüber hat sich ein Teil der Lehre dafür ausgesprochen, die Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzvorschriften von einer stillschweigenden Finanzierungsabrede195 oder wenigstens von der Kenntnis des Gesellschafters von der Krise der Gesellschaft196 abhängig zu machen. Insbesondere die Anwendbarkeit der §§ 32a, 32b GmbHG auf stehengelassene Bankdarlehen wird abgelehnt, da sich die Bank sonst dem Risiko ausgesetzt sehe, einerseits dem Kunden wegen der Darlehenskündigung zu haften, anderseits Gefahr zu laufen, die für das gewährte Darlehen bestellten Sicherheiten zu verlieren.197 Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ist diesen einschränkenden Auffassungen mittlerweile entgegengekommen. Er fordert nunmehr als subjektives Erfordernis für die Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzregeln, daß der Gesellschafter die Möglichkeit gehabt haben müsse, die wirt193 BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 87, BGHZ 105, 168 [185]; BGH, Urt. v. 28. 9. 1981 – II ZR 223 / 80, BGHZ 81, 365 [367]; BGH, Urt. v. 17. 3. 1980 – II ZR 11 / 79, BGHZ 76, 320 [329]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 ff.; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 17. 12. 1998 – 6 U 187 / 97, GmbHR 1999, 615 [616 f.]. 194 Beinert / Hennerkes / Binz, GmbHR 1981, 10 [11]; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [113]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 129a, 137; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3232]; Hachenburg / Ulmer, Anh. § 30 Rn. 86; Wiedemann, ZIP 1986, 1296 [1297]. 195 Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 38; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 49; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 44, 46; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 30, 31. 196 So Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 47; offengelassen von BGH, Urt. v. 16. 10. 1989 – II ZR 307 / 88, BGHZ 109, 55 [60]; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255 / 88, BGHZ 105, 168 ff.; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [339]. 197 K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165 [191].
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schaftliche Krise der Gesellschaft zu erkennen, wovon in der Regel ausgegangen werden könne.198 Nur vereinzelt geblieben sind dagegen Stimmen, die die Anwendbarkeit der Eigenkapitalsersatzregeln auf das bloße Stehenlassen von Darlehen generell ablehnen.199 Angesichts der geringen Anforderungen, die an das Vorliegen einer Finanzierungsabrede zum Teil gestellt wurden, hat der Meinungsstreit allerdings kaum je Relevanz erlangt.200 Da es für die Anwendbarkeit der §§ 32a f. GmbHG allein darauf ankommt, daß der Gesellschafter risikofreudig handelt, kann eine solche Abrede auch nicht entscheidend sein. Liegt ein unternehmerisches Eigeninteresse des Darlehensgebers vor, macht es wirtschaftlich keinen Unterschied, ob das Darlehen gewährt oder stehengelassen wird. Von einem risikofreudigen Verhalten des Gesellschafters kann allerdings nur gesprochen werden, wenn dieser die Krise kennt. bb) Unterlassene Kündigung trotz bestehenden Kündigungsrechts Kündigt der Gesellschafter ein von ihm der Gesellschaft gewährtes Darlehen trotz Bestehen eines Kündigungsrechts nicht, steht dies ebenfalls nach § 32a Abs. 3 GmbHG einer Gewährung eines Darlehens gleich.201 Die Gegenansicht202 ist aus den bereits genannten Gründen abzulehnen. Jedoch kommt es auch hierbei darauf an, daß der Gesellschafter die Krise hätte erkennen können. Einigkeit besteht auch darin, daß eine der Darlehensgewährung vergleichbare Rechtshandlung jedenfalls dann vorliegt, wenn eine einmal ausgesprochene Kündigung einvernehmlich rückgängig gemacht wird.203 cc) Unterlassene Rückforderung mangels Fälligkeit Läßt der Darlehensgeber das Darlehen stehen, weil ihm dessen Rückforderung nicht möglich ist, sei es, weil die Forderung nicht fällig oder, etwa aufgrund einer vor der Krise getroffenen Abrede, nicht durchsetzbar ist und auch eine Möglichkeit zur Kündigung oder Aufhebung der entgegenstehenden Abrede nicht besteht, kann 198 BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270 / 93, BGHZ 127, 336 [342 ff.]; ebenso Bäcker, S. 113 ff.; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 175 f.; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 47g; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [468 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 140; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 17 f. 199 Gebhard, DB 1984, 1385; Götz, S. 56 ff., 81 f., 173 ff.; Thöne, DB 1980, 2179. 200 Bäcker, S. 117; Fleck, Festschr. f. W. Werner, 1984, S. 107 [113]; Hildebrand, S. 63 f. 201 BGH, Urt. v. 13. 7. 1981 – II ZR 256 / 79, BGHZ 81, 252 [257]; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104 / 77, BGHZ 75, 334 [338]; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 47; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 137; für eine analoge Anwendung Bäcker, S. 123 f. 202 Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 40; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 32. 203 BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104 / 80, BGHZ 81, 311 [316 f.]; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 34; Hachenburg / Ulmer, §§ 32a, b Rn. 29.
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ein solches Stehenlassen prima vista schon nicht von § 32a Abs. 3 GmbHG erfaßt werden, da es an einer Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters in der Krise fehlt.204 Kann der Gesellschafter das Rückforderungshindernis jedoch deshalb beseitigen, weil er die Gesellschaft auflösen oder den Geschäftsführer zur Freigabe der Darlehen anweisen kann, ist ihm entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht205 eine Berufung auf die fehlende Rückforderungsmöglichkeit abgeschnitten, da er in einem solchen Fall treuwidrig handeln würde (venire contra factum proprium).206 Problematisch und unter dem Stichwort der Liquidationshoheit des Gesellschafters diskutiert wird dabei allerdings die Frage, ob eine die Anwendung des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbH rechtfertigende Finanzierungsentscheidung auch dann gegeben ist, wenn dieser nicht allein über die Liquidation der Gesellschaft entscheiden kann, sondern hierfür der Mitwirkung der übrigen Gesellschafter bedarf. Während der Gesellschafter nach einer Ansicht selbst in der Lage sein muß, die Liquidation notfalls gegen den Willen der Mitgesellschafter durchzusetzen, also nur, wenn er im Hinblick auf § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG über eine Mehrheit von 75 % der Stimmrechte verfügt207, soll nach der Gegenauffassung die Möglichkeit eines entsprechenden Zusammenwirkens mit den Mitgesellschaftern bzw. der Versuch der Herbeiführung eines Liquidationsbeschlusses im Sinne einer kollektiven Entscheidungsobliegenheit genügen208. Nur soweit alle Gesellschafter einvernehmlich auf eine Liquidation verzichteten, liege eindeutig eine Finanzierungsentscheidung vor.209 Habe der Gesellschafter die Herbeiführung eines Liquidationsbeschlusses versucht, sei er jedoch an dem Widerstand der Mitgesellschafter gescheitert, so könne er sich auf eine fehlende Liquidationsmöglichkeit ebenfalls nicht berufen, wenn die darlehensgewährenden Mitgesellschafter aufgrund einer mitgliedschaftlichen Treuepflicht auf der Grundlage einer Beitragsverpflichtung zur Mitwirkung verpflichtet seien, denn dann müsse der Gesellschafter die übrigen Gesellschafter daraus in Anspruch nehmen. Seien die Mitgesellschafter nicht zu einer Mitwirkung verpflichtet, etwa weil diese selbst kein Darlehen gewährt hätten und sich auch aus
204 BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270 / 93, BGHZ 127, 336 [345]; Bäcker, S. 124; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [186]; Goette, ZHR 162 (1998), 223 [225]; Habersack, ZHR 162 (1998), 201 [205]; ders., ZHR 161 (1997), 457 [468 f.]; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 140; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a, b Rn. 49 f.; T. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 38 Rn. 36. 205 Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [472 in Fn. 64]. 206 BGH, Urt. v. 14. 12. 1991 – II ZR 298 / 91, BGHZ 121, 31 ff.; K. Schmidt, ZIP 1999, 1241 [1245]. 207 So Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 50. 208 So vor allem BGH, Urt. v. 11. 7. 1994 – II ZR 146 / 92, BGHZ 127, 1 [6]; BGH, Urt. v. 14. 1. 1993 – III ZR 33 / 88, BGHZ 121, 131 [136]; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [472 f.]; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 40b. 209 OLG Karlsruhe, Urt. v. 29. 3. 1996 – 15 U 39 / 95, ZIP 1996, 918 ff.; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [473].
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sonstigen schuldrechtlichen Absprachen keine Mitwirkungspflichten ergäben, sei der Gesellschafter nur auf den Versuch der Herbeiführung eines Liquidationsbeschlusses auf der Grundlage des § 50 GmbHG zu verweisen. Soweit er einen solchen Versuch unternommen habe, könne er sich auf die Unmöglichkeit einer Liquidation berufen, so daß man auch nicht von einer die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG rechtfertigenden Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters ausgehen könne.210 Eine solche Einschränkung der Zurechnung von Finanzierungsentscheidungen bei einem Stehenlassen von Altdarlehen ist aber im Schrifttum zu Recht auf Ablehnung gestoßen, da es auch hier allein auf die Finanzierungsentscheidung des darlehensgewährenden Gesellschafters ankommt und zwar unabhängig von der Frage, ob der Gesellschafter zur Liquidation in der Lage ist, so daß es auf eine irgendwie geartete Liquidationskompetenz des darlehensgewährenden Gesellschafters nicht ankommt.211 b) Das qualifizierte Stehenlassen Unter dem Begriff des qualifizierten Stehenlassens von Darlehen sollen im folgenden Fälle behandelt werden, in denen zwischen dem Darlehensgeber und dem Darlehensnehmer konkrete Absprachen über das Stehenlassen getroffen werden. In Betracht kommt eine Prolongation des Darlehens, eine Stundung der Darlehensrückzahlungsforderung oder ein pactum de non petendo. Die Verlängerung eines gewährten Darlehens bzw. die Stundung einer fälligen Darlehensforderung fällt dabei in den Anwendungsbereich des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG, da der Gesellschafter in dieser Situation eine erkennbare Finanzierungsentscheidung getroffen hat.212 Zum Teil wird zwar die Stundung einer Darlehensforderung nicht als vergleichbare Rechtshandlung im Sinne des § 32a Abs. 3 GmbHG angesehen, weil keine Kapitalzufuhr erfolge, sondern nur die Liquidation einer möglicherweise schon entwerteten Forderung aufgeschoben werde, so daß die Vergleichbarkeit mit der Darlehensgewährung fehle.213 Einer so engen Auslegung des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG kann nicht gefolgt werden, da auch bei der Stundung im Wege einer Abrede die Fälligkeit der Forderung hinausgeschoben wird. Da der Darlehensnehmer das bereits gewährte Kapital damit weiter nutzen kann, liegt wirtschaftlich eine der Neugewährung vergleichbare Rechtshandlung vor.214 Forderte Habersack, ZHR 161 (1997), 457 [474 ff.]. K. Schmidt, ZIP 1999, 1241 [1245]. 212 Vgl. hierzu LG Ulm, Urt. v. 20. 7. 1983 – 1 O 84 / 83, ZIP 1983, 1441 [1442]; Bäcker, S. 101 f.; Ehricke, Konzernunternehmen, S. 173 f.; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 140; Hildebrand, S. 53, 54 ff.; Baumbach / Hueck / Fastrich, § 32a Rn. 34, 35; Lutter / Hommelhoff, §§ 32a / b Rn. 52; Menzel, AG 1982, 197 [201]; Scholz / K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 45; Hachenburg / Ulmer, § 32a, b Rn. 28, 29. 213 Ullrich, GmbHR 1983, 133 ff. 214 Zutreffend Ehricke, Konzernunternehmen, S. 174, 175. 210 211
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man zugleich noch die Auszahlung von Geldmitteln, verlöre die Bestimmung des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG wegen völliger Identität zur Darlehensgewährung im Sinne des § 32a Abs. 1 GmbHG ihren Anwendungsbereich.215 Nichts anderes hat auch für den die Fälligkeit der Forderung unberührt lassenden, die Durchsetzbarkeit der Forderung jedoch hindernden pactum de non petendo zu gelten, der ebenfalls auf einer vertraglichen Absprache über das Belassen beruht.216
3. Das Stehenlassen von Finanzplandarlehen Ein Finanzplandarlehen 217 hat nach Eintritt der Krise selbst dann eigenkapitalersetzenden Charakter, wenn der Darlehensgeber das Darlehen nach Eintritt der Krise nicht kündigen konnte, weil ein solches Kündigungsrecht im Rahmen der Finanzplanabrede ausgeschlossen worden ist. Denn in diesem Fall beruht die Unfähigkeit zur Kündigung und damit zum Abzug der Fremdmittel auf einer (vorweggenommenen) Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters vor der Krise. Dann kann sich der Gesellschafter nicht darauf berufen, daß dem Stehenlassen kein Eigenkapitalersatzcharakter zukommt (omissio libera in causa).218
V. Zusammenfassung Die Bank ist im Grundsatz weder daran gehindert, ein bereits ausgereichtes Darlehen zu kündigen, noch ist sie verpflichtet, ein solches zu prolongieren. Dies gilt selbst dann, wenn das Unternehmen sanierungsfähig ist und über ausreichende Sicherheiten verfügt. Etwas anderes gilt auch für die Pflicht zur Darlehensbelassung nur dann, wenn die Bank die wirtschaftliche Abhängigkeit des Krisenunternehmens zu opportunistischem Verhalten ausnutzt oder die Krise selbst herbeiführt und sich dadurch eigene Vorteile erhofft. Die Folge eines solchen Marktversagens kann die Pflicht zur Belassung eines bereits ausgereichten Darlehens auch ohne hinreichende Sicherheiten sein, soweit dies zur Behebung der Marktstörung erforderlich ist.
Zutreffend Bäcker, S. 101 ff. Vgl. Bäcker, S. 103. 217 Hierzu näher oben § 9 III. 5. c). 218 Vgl. Altmeppen, NJW 1999, 2812; dens., ZIP 1996, 909 [911]; v. Gerkan, ZGR 1997, 173 [185 f.]; Baumbach / Hueck12, § 32a Rn. 46 b; Rowedder / Schmidt-Leithoff / Pentz, § 32a Rn. 49. 215 216
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
§ 14 Die Pflicht der Bank zur Mitwirkung am Sanierungsversuch (sog. Akkordstörerproblematik) Mit dem Stichwort der Akkordstörerproblematik ist eine besondere Konstellation angesprochen, bei der die bisherigen zur Darlehensgewährungs- und der Darlehensbelassungspflicht erörterten Fragen kumulieren: Finden sich einige Gläubiger des Krisenunternehmens bereit, an einem Sanierungsversuch mitzuwirken und setzt eine erfolgreiche Sanierung zusätzlich die Mitwirkung der Bank voraus, stellt sich die Frage, ob diese hierzu verpflichtet sein kann. Der Beitrag der Bank kann dabei entweder in der Gewährung eines Sanierungsdarlehens, dem Verzicht oder der Stundung fälliger Forderungen oder in der Belassung bereits früher ausgereichter Darlehen liegen. Im Gegensatz zu dem bisher Diskutierten besteht hier die Besonderheit darin, daß eine Sanierung nicht allein durch die Bank gewährleistet werden soll, sondern daß sich auch andere Gläubiger bereit finden, an einem Sanierungsversuch mitzuwirken, die Bank jedoch ihren Beitrag verweigert. Der Bank wird in diesem Fall also kein „Sonderopfer“ abverlangt. Hieraus könnten sich weitergehende Ansätze für eine Mitwirkungspflicht der Bank ergeben, auf die im folgenden einzugehen ist.
I. Problemstellung 1. Die Bedeutung des Sanierungsvergleichs Die besonderen Fragestellungen, die sich bei der Akkordstörerproblematik ergeben, erschließen sich aus der Funktion und der Wirkungsweise des Sanierungsvergleichs. Schließen sich mehrere Gläubiger zu einem Sanierungsversuch zusammen, kommt es zwischen diesen und dem Schuldner in der Regel zu einem solchen Vergleich. Dieser dient zunächst dazu, ein möglichst wirksames Sanierungskonzept zu erarbeiten und den Gläubigern Gewißheit darüber zu geben, mit welchen Mitteln die Sanierung des Unternehmens und die damit einhergehende vollständige Befriedigung ihrer Forderungen erreicht werden kann. Bereits aus dem Begriff des Sanierungsvergleichs folgt, daß hierfür ein Nachgeben der Gläubiger und des Schuldners erforderlich ist. Da die Vergabe weiterer Fremdmittel zwar die Zahlungsunfähigkeit, nicht aber die Überschuldung des Unternehmens verhindern würde, müssen die Gläubiger vor allem auch eigene Vermögensopfer etwa durch einen Verzicht zumindest auf einen Teil ihrer Forderungen erbringen. Die Gläubiger müssen also als Gegenleistung für die Chance auf eine Vollbefriedigung ihrer Forderungen eigene Opfer bringen, wobei sie im Rahmen der Vergleichsverhandlungen die Möglichkeit haben, das Ausmaß dieser Opfer zu bestimmen und entsprechend der Höhe der Forderungen gegen das
§ 14 Die Pflicht der Bank zur Mitwirkung am Sanierungsversuch
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Schuldnerunternehmen auszuhandeln. Ziel des so zustande kommenden außergerichtlichen Vergleichs ist, anders als etwa bei einem Liquidationsvergleich219, die Sanierung des Unternehmens. Banken werden als potentielle Beteiligte eines solchen Vergleichs oft schon deshalb in Betracht kommen, weil sich bei ihnen meist zahlreiche Forderungen gegen das Krisenunternehmen kanalisieren und eine kostengünstige Ausarbeitung und Durchführung eines Sanierungsvergleichs möglich ist.220 Gesicherte Gläubiger werden einer Beteiligung an einem solchen Sanierungsvergleich allerdings in der Regel ablehnend gegenüber stehen, weil für sie kein Anlaß besteht, ein eigenes Vermögensopfer zu erbringen.221 Dagegen werden solche Sanierungsvergleiche insbesondere dann zustandekommen, wenn die Gläubiger in nicht unerheblichem Maße mit Eigenkapital an dem Unternehmen beteiligt sind oder sonst durch einen Unternehmenszusammenbruch erhebliche Vermögensopfer zu befürchten haben, gegen die sie nicht abgesichert sind.
2. Das Problem obstruktiven Gläubigerverhaltens Weigert sich ein Gläubiger, an dem Sanierungsvergleich mitzuwirken und handelt es sich nicht lediglich um einen vernachlässigenswerten Teil der gegen das Krisenunternehmen bestehenden Forderungen, wird in der Regel ein Sanierungsversuch von vornherein unterbleiben. Die sanierungsbereiten Gläubiger können dem obstruierenden Gläubiger aber dessen Forderungen abkaufen, um sodann einen Sanierungsversuch allein zu starten. Andererseits kann es auch so sein, daß sich der obstruierende Gläubiger seine Mitwirkung am Sanierungsversuch von dem Krisenunternehmen durch die Einräumung von Sondervorteilen entlohnen läßt. Gelingt die Sanierung, kann dieser Gläubiger seine Forderungen voll befriedigen und zusätzlich von den vereinbarten Sonderkonditionen profitieren. Auf den ersten Blick scheint die Akkordstörerproblematik jedenfalls dann keine besonderen Probleme aufzuwerfen, wenn die sanierungsbereiten Gläubiger die Sanierung trotz der Weigerung einzelner Gläubiger erfolgreich durchführen: Ist das Unternehmen saniert worden, können die Gläubiger allesamt ihre Forderungen voll befriedigen. Zwar wird der sich weigernde Gläubiger im Vergleich zu den sich beteiligenden Gläubigern bevorzugt. Das Krisenunternehmen wird jedoch immerhin saniert, erlangt also seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wieder und die übrigen Gläubiger erhalten für ihre Vermögensopfer eine vollständige Befriedigung ihrer noch bestehenden Forderungen. Das Problem der Akkordstörerproblematik liegt aber nicht primär in der Benachteiligung der sanierungsbereiten Gläubiger und des Krisenunternehmens. Problematisch an den Folgen obstruktiven 219 220 221
Vgl. Mühl, NJW 1956, 401 ff. Vgl. Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 239. Vgl. hierzu § 11 I. 1.
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
Gläubigerverhaltens ist vielmehr, daß eine Sanktionslosigkeit der Verweigerungsstrategie einzelner Gläubiger Anreize dahingehend setzen würde, eine Mitwirkung zunächst abzulehnen, um sich dann die Mitwirkungsbereitschaft abkaufen zu lassen oder auf die Opferbereitschaft der sanierungsbereiten Gläubiger zu setzen, um sodann eine vollumfängliche Befriedigung der einzelnen Forderungen zu erlangen. Werden Anreize dahingehend gesetzt, sich nur gegen Einräumung von Sonderkonditionen an der Sanierung zu beteiligen, werden Sanierungsversuche letztlich auch dann unterbleiben, wenn einzelne Gläubiger zu einer Sanierung bereit sind. Denn das Krisenunternehmen wird nicht in der Lage sein, jedem Gläubiger Sonderkonditionen einzuräumen. Gläubiger werden vor diesem Hintergrund nur dann sanierungsbereit sein, wenn auch sämtliche Gläubiger einen Anteil zu der Sanierung leisten. Sie wissen allerdings nicht, ob die übrigen Gläubiger hierzu bereit sein werden bzw. ob das Krisenunternehmen mit einzelnen Gläubigern nicht verdeckt Sonderkonditionen ausgehandelt hat, so daß sie Verhandlungsbemühungen gleich unterlassen werden, was dann dazu führt, daß das Unternehmen zwangsläufig in die Insolvenz fällt. Es kommt hier zu positiven externen Effekten durch die Sanierungsbemühungen anderer Gläubiger und einem Internalisierungsproblem.222 Die Akkordstörerproblematik betrifft damit das Problem des sog. Gefangenendilemmas: Die Beteiligten schädigen sich bei rationalem Verhalten gegenseitig, obwohl sie durch Kooperation ihre Lage verbessern könnten.223 Da jeder Gläubiger möglichst ohne Vermögensopfer eine Chance auf Vollbefriedigung erlangen möchte, wird eine Sanierung und damit auch eine Chance auf Vollbefriedigung von vornherein unterbleiben, wenn nicht sämtliche Gläubiger an dem Sanierungsversuch mitwirken oder die Gefahr besteht, daß sich einzelne Gläubiger ihre Mitwirkung abkaufen lassen. Überwunden werden könnte dieses Dilemma durch die Statuierung von Mitwirkungspflichten, also die Pflicht zu kooperativem Verhalten. Da es um die Frage geht, welche Anreize ex ante für die Gläubiger gesetzt werden sollten, kommt es dabei nicht darauf an, ob die Sanierung später gelingt oder nicht. Unter welchen Voraussetzungen vor diesem Hintergrund Gläubiger an einer Mitwirkung am Sanierungsversuch verpflichtet werden kann, ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Auch der Bundesgerichtshof hat dieses Problem in der sog. co op-Entscheidung erörtert und eine Lösung rechtspolitisch für wünschenswert erachtet.224
s. hierzu oben § 4 III. 3. c). Vgl. Eidenmüller, Sanierung, S. 346 ff., 19 ff.; dens., JZ 2001, 1041 [1050]; ders. ZZP 114 (2001), 3 [22 f.]; H.-B. Schäfer / Ott, 15 / 4.3; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / MaierReimer, § 4 Rn. 17. 224 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [322]; ebenso BAG, Urt. v. 9. 11. 1999 – 3 AZR 361 / 98, NZA 2000, 1290 [1292]; LAG Saarbrücken, Urt. v. 4. 3. 1998 – 2 Sa 180 / 96, LAGE § 9 BetrAVG Nr. 1, S. 13. 222 223
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3. Weiterer Gang der Untersuchung Verweigert die Bank eine Mitwirkung an einem Sanierungsversuch, kann ein solcher von vornherein unterbleiben. Problematisch ist dann, ob die Bank wegen ihrer Weigerungshaltung zum Schadensersatz verpflichtet sein kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Bank zur Mitwirkung verpflichtet war. Wagen dagegen die übrigen Gläubiger trotz der verweigerten Mitwirkung einen Sanierungsversuch und gelingt dieser, kann die Bank ihre Forderungen gegen das Krisenunternehmen voll durchsetzen, die übrigen Gläubiger dagegen nur, soweit sie auf diese in dem Sanierungsvergleich nicht verzichtet haben. Schlägt die Sanierung fehl, stehen der Bank ihre Forderungen vollumfänglich gegen die Masse zu, die übrigen Gläubiger haben dagegen ebenfalls nur einen Anspruch auf den Teil ihrer Forderungen, auf den diese nicht verzichtet haben. Die Bank wäre nur dann an einer Durchsetzung eines Teils ihrer Forderungen gehindert, wenn sie ebenfalls an den zwischen dem Krisenunternehmen und den übrigen Gläubigern geschlossenen Sanierungsvergleich gebunden wäre oder wenn den Forderungen der Bank ein Leistungsverweigerungsrecht entgegenstünde. Beides ließe sich wiederum nur mit einer entsprechenden Mitwirkungspflicht der Bank begründen. Die Bindung der Bank an einen fremden Sanierungsvergleich stellt lediglich die Rechtsfolge der Verletzung von Kooperationspflichten dar. Wirkt die Bank an einem Sanierungsversuch mit, läßt sie sich diese aber durch die Einräumung von Sondervorteilen abkaufen, stellt sich die Frage, ob die Bank diese Sonderkonditionen auch durchsetzen kann.
II. Die Bindung der Bank durch Zustimmung zum Sanierungsvergleich Eine Bindung der Bank an den zwischen dem Krisenunternehmen und den Mitgläubigern geschlossenen Sanierungsvergleich ist zunächst dann ohne weiteres anzunehmen, wenn sie dem Vergleich zugestimmt hat. Nach der sog. Einzelvertragstheorie kommt der Sanierungsvergleich dabei durch zahlreiche Einzelvergleiche zwischen dem Krisenunternehmen und den Gläubigern zustande.225 Da besondere Vorschriften über den außergerichtlichen Sanierungsvergleich nicht existieren, ist auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 779, 397 BGB zurückzugreifen.226 In der Zustimmung ist ein Angebot auf Abschluß eines Vergleichsvertrages zwischen dem jeweiligen Gläubiger und dem Krisenunternehmen zu sehen. Eine Bindung an die übrigen, zwischen dem Unternehmen und den anderen 225 So BAG, Urt. v. 9. 11. 1999 – 3 AZR 361 / 98, NZA 2000, 1290 [1292]; Köndgen, Bankrechtstag 1994, S. 141 [146]; Kohler-Gehrig, S. 49 f.; Picot / Aleth, Rn. 510; Kilger / K. Schmidt, § 3 Anm. 10, § 173 Anm. 5. Zum Schuldenbereinigungsplan ebenso LG München, Beschl. v. 4. 7. 2001 – 7 T 2729 / 01, InVo 2001, 409 [410]; MünchKomm-InsO / Ott, § 305 Rn. 11. 226 Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865; Künne, S. 38 f.; Picot / Aleth, Rn. 509.
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
Mitgläubigern geschlossenen Verzichtsverträge besteht dagegen grundsätzlich nicht. Eine solche Bindung würde einen Eingriff in die Privatautonomie begründen. Gibt die Bank daher kein Angebot auf Abschluß eines Vergleichsvertrages ab, kann sie im Grundsatz auch nicht zur Erfüllung eines solchen, also etwa zu einem Verzicht auf einen Teil ihrer Forderungen, verpflichtet sein. Nichts anderes gilt auch der sog. Gesamtvergleichstheorie zufolge, nach der der Sanierungsvergleich nicht durch zahlreiche Einzelverträge zustande kommt, sondern zwischen dem Schuldner einerseits und den Gläubigern in ihrer Gesamtheit andererseits. Danach soll es sich bei dem Sanierungsvergleich nicht um mehrere Einzelvergleiche, sondern um einen Gesamtvergleich handeln227. Auch nach dieser Ansicht bedarf es jedoch einer konstitutiven Zustimmungserklärung des Gläubigers zur Bindung an den Gesamtvergleich.228 Der Sanierungsvergleich kommt also auch danach nur zwischen dem Krisenunternehmen und den zustimmenden Gläubigern zustande.229
III. Die Mitwirkungspflichten der Bank am Sanierungsversuch 1. Beteiligung an einem Sanierungskonsortium a) Problemstellung Schließen sich mehrere Gläubiger zusammen, um das Krisenunternehmen zu sanieren, kommt zwischen den Beteiligten eine Gesellschaft zustande.230 Dabei wird es sich in der Regel um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handeln (Konsortium). Verweigert die Bank bei einer Beteiligung an einer solchen Gesellschaft eine Mitwirkung am Abschluß eines Sanierungsvergleichs, ist sie an einen dennoch zwischen den übrigen Gesellschaftern geschlossenen Sanierungsvergleich nicht gebunden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gläubiger eine von §§ 714, 709 Abs. 1 BGB abweichende Regelung getroffen haben, so daß die Bank durch das Handeln der übrigen Gläubiger Partei des Sanierungsvergleichs geworden wäre (§§ 164 ff. BGB). Eine solche abweichende Vertretungsregelung wird jedoch bei einer Sanierungsgesellschaft aufgrund der bestehenden Risiken kaum vereinbart werden. Es stellt sich auch hier daher meist nur die Frage, ob und wie weit sich aus 227 RG, Urt. v. 9. 1. 1937 – VII 75 / 37, JW 1938, 178; KG, Urt. v. 28. 4. 980 – 20 U 310 / 80, ZIP 1980, 963 [964]; OLG Celle, Urt. v. 29. 10. 1964 – 1 U 147 / 64, NJW 1965, 399 f.; Habscheid, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, 1980, S. 253 [262]; Künne, S. 52 f., 354; Staudinger / Marburger, § 779 Rn. 55; ebenso Mühl, NJW 1956, 401 [403] für einen außergerichtlichen Liquidationsvergleich. 228 Vgl. Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [870]; Mühl, NJW 1956, 401 [403]. 229 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [321 f.]. 230 Vgl. Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [869, 870]; Kohler-Gehrig, S. 50 f.
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dem Gesellschaftsverhältnis konkrete Pflichten für die Bank für eine weitergehende Mitwirkung an einer Sanierung ergeben können. Im folgenden ist zum einen darauf einzugehen, unter welchen Voraussetzungen eine solche Gesellschaft zwischen den Gläubigern zustande kommt und zum anderen, inwiefern sich aus dem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis eine Mitwirkungspflicht der Bank ergeben kann. b) Entstehung der Gesellschaft aa) Sanierungskonsortium Eine Gesellschaft zwischen den Gläubigern kommt ohne weiteres dann zustande, wenn sich diese zu einem Konsortium zusammenschließen mit dem Ziel, das Krisenunternehmen zu sanieren oder einen Sicherheitenpool zu gründen231. Es handelt sich dabei um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die rechtsfähig und daher Vertragspartnerin des Schuldners ist232, zumindest soweit es sich um ein offenes Sanierungskonsortiums handelt. bb) Teilnahme an Sanierungsverhandlungen Schwieriger gestaltet sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen zwischen den Gläubigern über diese Konstellation hinaus eine Gesellschaft (konkludent) zustande kommt. Dies kann nur dann ohne weiteres verneint werden, wenn die Bank jegliche Mitwirkung von Anfang an verweigert, denn hierin kann unter keinen Umständen ein Angebot auf Abschluß eines Gesellschaftsvertrages mit dem Zweck der Sanierung des Unternehmens gesehen werden. Weitgehend unproblematisch ist ferner der Fall, daß sich die Bank zunächst nur an Verhandlungen der Gläubiger untereinander bzw. mit dem Krisenunternehmen beteiligt, denn solange sich die Gläubiger nicht auf eine Sanierung des Unternehmens einigen, liegt jedenfalls noch kein gemeinsamer Gesellschaftszweck vor. Die schlichte Teilnahme der Bank an Sanierungsverhandlungen begründet daher keine Beteiligung an einer Sanierungsgesellschaft. cc) Teilnahme an einem Sanierungsversuch Problematisch ist, unter welchen Voraussetzungen eine Teilnahme der Bank an einem Sanierungsversuch zu der Entstehung einer Sanierungsgesellschaft führt. Umstritten ist insbesondere, ob bei einer Beteiligung der Bank an einem SanieVgl. Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 151. Vgl. BGH, Urt. v. 29. 1. 2001 – II ZR 331 / 00, BGHZ 146, 341 ff.; De Meo, S. 34 ff., 133 ff., 172 ff.; Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [868]; Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [368]; MünchKomm-BGB / Ulmer, § 705 Rn. 33. 231 232
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rungsvergleich in jedem Fall zugleich auch eine Gesellschaft zwischen den Gläubigern des Krisenunternehmens zustande kommt. Hieraus könnten sich dann Pflichten der Bank zur Mitwirkung an einem weiteren Sanierungsversuch bzw. zu einer Erweiterung des zunächst vereinbarten Sanierungsvergleichs ergeben.233 Insbesondere Vertreter der sog. Gesamtvergleichstheorie gehen davon aus, daß bereits durch die Teilnahme an einem Sanierungsvergleich zwischen den Gläubigern eine Gesellschaft zustande kommt.234 Dies erscheint plausibel, da der Sanierungsvergleich nach dieser Auffassung nicht ein Bündel aus zahlreichen Einzelverträgen, sondern einen Vergleich zwischen dem Krisenunternehmen und den Gläubigern darstellt. In den individuellen Zustimmungserklärungen der einzelnen Gläubiger zu dem Gesamtvergleich soll dann gleichzeitig ein Antrag zur Bildung einer materiellen Rechtsgemeinschaft liegen. Der Schuldner soll dabei im Rahmen der Annahme des Vergleichsantrages als Bote der einzelnen Gesellschafter jeweils deren Erklärung zum Beitritt zu einer Gläubigergemeinschaft an die weiteren Gläubiger übermitteln, deren Annahme des Beitritts jeweils nicht zugangsbedürftig sei (vgl. § 151 Satz 1 BGB). Dagegen gehen insbesondere Vertreter der sog. Einzelvertragstheorie davon aus, daß für das Entstehen einer Rechtsgemeinschaft nicht schon die Beteiligung an einem Sanierungsvergleich an sich genügen soll, sondern daß stets noch ein konstitutiver Akt in Form einer Gläubigerversammlung oder einer sonstigen ausdrücklichen Verständigung als Zeichen gemeinsamer Willensbildung vorliegen müsse.235 Auch dies ist konsequent, da die Beteiligung des Gläubigers an dem Vergleich zunächst nur die Abgabe eines Angebots auf Abschluß eines Vertrages mit dem Krisenunternehmen darstellt. Vertreter beider Auffassungen sehen die dann ggf. entstehende Rechtsgemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts an236, wohingegen zum Teil von der Entstehung einer schlichten Rechtsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB ausgegangen wird.237 Anknüpfungspunkt für das Entstehen der Gemeinschaft ist nach 233 Vgl. etwa die Konstellation im „co op-Urteil“, BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 ff. 234 RG, Urt. v. 9. 1. 1937 – VII 75 / 37, JW 1938, 178; KG, Urt. v. 28. 4. 980 – 20 U 310 / 80, ZIP 1980, 963 [964]; Habscheid, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, 1980, S. 253 [262]; Künne, S. 52 f., 354; Staudinger / Marburger, § 779 Rn. 55; ebenso Mühl, NJW 1956, 401 [403] für einen außergerichtlichen Liquidationsvergleich. 235 So Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [869]; Kohler-Gehrig, S. 50; offenlassend OLG Celle, Urt. v. 29. 10. 1964 – 1 U 147 / 64, NJW 1965, 399 f. 236 RG, Urt. v. 9. 11. 1937 – VII 75 / 37, JW 1938, 178; KG, Urt. v. 28. 4. 1980 – 20 U 30 / 80, ZIP 1980, 963 [964]; OLG Celle, Urt. v. 29. 10. 1964 – 1 U 147 / 64, NJW 1965, 399 [400]; Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [869]; Habscheid, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, 1980, S. 253 [262]; Künne, S. 52, 354; Staudinger / Marburger, § 779 Rn. 55; Mühl, NJW 1956, 401 [403]. 237 So Berges, KTS 1957, 49 ff.; die analoge Anwendung der §§ 741 ff. BGB ist neuerdings für die Beteiligten beim drittfinanzierten Erwerbsgeschäft von Heermann, Erwerbsgeschäfte, S. 274 befürwortet worden.
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allen Ansichten nicht die Gläubigerschaft an sich, sondern eine aktive Beteiligung der Bank an der Sanierung in Form eines Sanierungsvergleichs. Beteiligen sich die Gläubiger an einem Sanierungsvergleich, verfolgen sie denselben Zweck, nämlich die Sanierung des Krisenunternehmens. Dies allein genügt jedoch noch nicht, um auch von einem gemeinsam verfolgten Gesellschaftszweck auszugehen. Nicht jede Identität der Interessen verschiedener Personen führt automatisch zur Entstehung einer Rechtsgemeinschaft. Allerdings setzt eine erfolgreiche Sanierung gerade ein gemeinsames Zusammenwirken der Gläubiger voraus, so daß von der Entstehung einer Rechtsgemeinschaft auszugehen ist, sobald sich die Gläubiger entschließen, einen Sanierungsversuch, ggf. durch Abschluß eines Sanierungsvergleichs, zu wagen. Der gemeinschaftlich verfolgte Zweck besteht dann in dem Abschluß und der Durchführung eines Sanierungsvergleichs. Die Gesellschaft entsteht daher bereits vor Abschluß des Vergleichs. Es ist ungenau, wenn im Schrifttum der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages mit dem Abschluß des Sanierungsvergleichs angenommen wird.238 Entstünde die Gesellschaft erst mit dem Vergleichsabschluß, wäre dieser Zweck sofort erreicht. Die Gesellschaft besteht daher, sobald sich die Gesellschafter geeinigt haben, gemeinsam das Unternehmen zu sanieren. Ein Schweigen der Bank auf einen von den übrigen Gläubigern ausgearbeiteten Sanierungsplan kann dabei nach Treu und Glauben zu einer Beteiligung der Bank an der Sanierungsgesellschaft führen, wenn etwa von der Bank erhobene Forderungen in diesem aufgenommen wurden, denn dann hätte die Bank widersprechen müssen, wenn sie sich nicht an einer Sanierungsgesellschaft hätte beteiligen wollen.
c) Entstehung und Umfang der Mitwirkungspflichten Mit der Feststellung, daß zwischen den Beteiligten eines Sanierungsversuchs eine Sanierungsgesellschaft zustande gekommen ist, ist allerdings noch nichts darüber gesagt, welche Pflichten hiermit konkret einhergehen, insbesondere, ob die Bank zu einer Mitwirkung an einem weitergehenden Sanierungsversuch verpflichtet sein kann. Mitwirkungs- und Stillhaltemaßnahmen ergeben sich zunächst nur – je nachdem, wie weit der Sanierungsversuch fortgeschritten ist – für den ursprünglichen Sanierungsvergleich.239 Diese Pflichten können dann ggf. im Wege der Gesellschafterklage (actio pro socio) durchgesetzt werden. Eine Pflicht zu einer weitergehenden Mitwirkung kann sich im Grundsatz auch nicht aus der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht zur Mitwirkung an der Realisierung des Gesellschaftszwecks ergeben, weil ein weitergehender Sanierungsvergleich nicht Gegenstand des Gesellschaftszwecks geworden ist.240 Etwas anderes gilt daher nur dann, 238 239 240
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So Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [869]. De Meo, S. 67 ff. Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [869]; Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [368].
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wenn die Gläubiger einen weitergehenden Vergleich bereits bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages verabredet haben. Der Bundesgerichtshof konnte diese Frage in der sog. co op-Entscheidung offenlassen, weil er die Bank im Hinblick auf § 745 Abs. 3 BGB nicht zur Mitwirkung an einem weitergehenden Vergleich gebunden sah.241 Ferner hat der Senat angenommen, die Bank habe sich von dem zugrunde liegenden Sanierungsvergleich wirksam gemäß § 326 Abs. 1 BGB a.F. analog gelöst.242 Aus der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht folgt im übrigen zunächst nur, daß die Gesellschafter Sanierungsbemühungen anderer Gesellschafter oder Dritter nicht ohne hinreichenden Grund zunichte machen dürfen.243 Darüber hinaus besteht auch hier eine Mitwirkungspflicht der Bank allenfalls unter den bereits oben erörterten Voraussetzungen, da die Begründung von Mitwirkungspflichten gegen den Willen der Bank nur dann in Betracht kommt, wenn dies aufgrund eines Marktversagens erforderlich ist. Die Bank kann daher allenfalls dann die Pflicht zu einer Mitwirkung an einem weitergehenden Sanierungsvergleich treffen, wenn sie etwa das Zustandekommen eines solchen Sanierungsvergleichs verhindert, indem sie einen eigentlich sanierungsbereiten Gläubiger dazu veranlaßt, von einer Mitwirkung Abstand zu nehmen, weil sich die Bank durch die Insolvenz des Unternehmen Vorteile verspricht.
2. Mitwirkungspflichten kraft Rechtsfortbildung Lassen sich demnach auch aus einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht keine weitergehenden Pflichten zur Mitwirkung an einem Sanierungsversuch herleiten, ist im folgenden der Frage nachzugehen, inwiefern sich Mitwirkungspflichten kraft Rechtsfortbildung entwickeln lassen244, insbesondere ob sich aus deren Verletzung eine Bindung des obstruierenden Gläubigers an einen fremden Sanierungsvergleich herleiten läßt. In Rechtsprechung und Schrifttum wird diese Frage kontrovers diskutiert. a) Das co op-Urteil des Bundesgerichtshofs Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einem Grundsatzurteil vom 12. 12. 1991245 mit der Problematik des sog. Akkordstörers auseinandergeBGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [327 f.]. BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [330 ff.]; zustimmend Uhlenbruck, WuB IV A. § 779 BGB 1.92, S. 556 [557 f.]. 243 BGH, Urt. v. 20. 3. 1995 – II ZR 132 / 85, BGHZ 129, 136 [137]; s. ferner Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 36, 52 ff. 244 Vgl. Habscheid, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, 1980, S. 253 [262 f.]. 245 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 ff. 241 242
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setzt. Dem Urteil lag die Rettung des co op-Konzerns vor einem Konkursverfahren zugrunde, wobei es zwischen den insgesamt etwa 150 Gläubigern zu einer Vereinbarung gekommen war, wonach ein Rangrücktritt bzw. eine Stundung der Gläubigerforderungen vereinbart wurde. Nachdem weitere Verzichtsleistungen notwendig wurden, verweigerten einige Gläubiger eine weitere Mitwirkung, kündigten die Vergleichsvereinbarung und klagten ihre noch offenstehenden Forderungen ein. Der Konkurs des co op-Konzerns konnte dennoch abgewendet werden, nachdem die übrigen Gläubiger einen weiteren Sanierungsvergleich schlossen. Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Der erkennende Senat hielt das Begehren der klagenden Bank für begründet, da deren Forderungen nicht nach § 397 Abs. 1 BGB durch den außergerichtlichen Sanierungsvergleich erloschen seien. Ein Verzicht setze eine Einigung der Vertragsparteien voraus, die nicht vorgelegen habe, da die klagende Bank ihre Mitwirkung an der zweiten Sanierungsvereinbarung verweigert habe. Eine sonstige Bindung eines obstruierenden Gläubigers an eine außergerichtliche Sanierungsvereinbarung könne de lege lata nicht begründet werden. Zwar möge es rechtspolitisch verständlich erscheinen, einzelne Gläubiger für ihre Obstruktion nicht dadurch zu belohnen, daß ihre Forderung aufgrund der durch die übrigen Gläubiger erbrachten Vermögensopfer nachträglich erst wieder werthaltig geworden seien246. Dadurch werde zwar der Anreiz für die Gläubiger, an einer Sanierungsaktion mitzuwirken und damit die Zerschlagung wirtschaftlicher Werte zu verhindern, beseitigt, jedoch stelle die geltende Rechtsordnung keine Instrumente bereit, den obstruierenden Gläubiger zum Beitritt zu einem außergerichtlichen Sanierungsvergleich zu zwingen.247 Aus dem Grundsatz der in § 8 Abs. 1 VerglO und in § 181 Satz 1 KO zum Ausdruck kommenden Gleichbehandlung könne nichts Gegenteiliges abgeleitet werden, da sich diese Normen nur auf den gerichtlichen Vergleich bezögen.248 Der Senat folgt auch einer im Schrifttum vertretenen Auffassung, wonach zwischen den Gläubigern eines insolventen Schuldners eine Gemeinschaft in Analogie zu den §§ 741 ff. BGB bestehen soll, nicht, da die Entstehung einer solchen Gemeinschaft jedenfalls bei einem außergerichtlichen Vergleich an den Abschluß des Vergleichs geknüpft sei.249 Eine richterliche Rechtsfortbildung durch Begründung einer Bindung an den Sanierungsvergleich aus § 242 BGB lehnt der Senat im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG ab. Der Gesetzgeber habe in der KO und der VerglO vielmehr die Voraussetzungen, unter denen ein Vergleich auch gegenüber obstruierenden Gläubigern 246 Ebenso BAG, Urt. v. 9. 11. 1999 – 3 AZR 361 / 98, NZA 2000, 1290 [1292]; LAG Saarbrücken, Urt. v. 4. 3. 1998 – 2 Sa 180 / 96, LAGE § 9 BetrAVG Nr. 1, S. 13. 247 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [322]; ebenso BAG, Urt. v. 9. 11. 1999 – 3 AZR 361 / 98, NZA 2000, 1290 [1292]; Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [866 ff.]; Uhlenbruck, WuB IV A. § 779 BGB 1.92, S. 556 [557]. 248 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [323]; zustimmend Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [866]. 249 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [323 f.]; zustimmend Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [868 ff.].
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Wirksamkeit entfalten könne, im einzelnen festgelegt. In ein derart geschlossenes gesetzgeberisches Konzept einzugreifen sei dem Richter untersagt, zumal es an einer entsprechenden allgemeinen Rechtsüberzeugung fehle.250 Es sei ausschließlich Sache des Gesetzgebers, dem Sanierungsgedanken in einem weiteren Umfang Geltung zu verschaffen.251 Auch aus dem Sozialstaatsprinzip könne keine Rechtsfortbildung gefolgert werden, da dieses keine konkrete Handlungsanweisung ohne gesetzliche Grundlage vorgebe.252 Der IX. Zivilsenat sieht eine Bindung der klagenden Bank an den außergerichtlichen Vergleich auch nicht aufgrund der Teilnahme der Klägerin an der ersten Vereinbarung für gegeben. Zwar möge es gute Gründe geben, die Teilnehmer einer Sanierungsvereinbarung als eine Gemeinschaft mit gesellschaftlichen Zügen anzusehen, in der Mehrheitsentscheidungen für alle bindend seien; jedoch ergebe sich aus § 745 Abs. 3 BGB, daß eine solche Bindung jedenfalls dann ausscheide, wenn die Sanierungsvereinbarung ihren Inhalt grundlegend geändert habe.253 Schließlich hält der Senat den Rückzahlungsanspruch auch für durchsetzbar. Ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 242 BGB stehe dem Darlehensnehmer nicht zu. Weder handele die Klägerin rechtsmißbräuchlich, noch sei sie einem Gegenanspruch der Beklagten bzw. der Mitgläubiger ausgesetzt, den die Beklagte hätte geltend machen können.254 b) Ablehnende Ansichten im Schrifttum Auch im Schrifttum ist die Auffassung verbreitet, eine freie Sanierung solle stets eine freiwillige Sanierung und ein Kooperationszwang abzulehnen sein.255 Zwar 250 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [325 f.] unter Hinweis auf BVerfG, Urt. v. 3. 4. 1990 – 1 BvR 1186 / 90, BVerfGE 82, 6 [12]; BVerfG, Urt. v. 12. 3. 1985 – 1 BvR 571 / 81, 494 / 82, 47 / 83, BVerfGE 69, 188 [204]; BVerfG, Urt. v. 19. 10. 1983 – 2 BvR 485 / 80, 486 / 80, BVerfGE 65, 182 [185]; BVerfG, Urt. v. 14. 2. 1973 – 1 BvR 112 / 65, BVerfGE 34, 269 [290]; zustimmend BAG, Urt. v. 9. 11. 1999 – 3 AZR 361 / 98, NZA 2000, 1290 [1292]; Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 86 [870 f.]; Stürner, LM § 779 BGB Nr. 58; Uhlenbruck, WuB IV A. § 779 BGB 1.92, S. 556 [557]. 251 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [326]; zustimmend Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [871]; Uhlenbruck, WuB IV A. § 779 BGB 1.92, S. 556 [557]. 252 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [326 f.]; zustimmend Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [871 f.]. 253 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [327 f.]. 254 BGH, Urt. v. 12. 12. 1991 – IX ZR 178 / 91, BGHZ 116, 319 [328 f.]; zustimmend BAG, Urt. v. 9. 11. 1999 – 3 AZR 361 / 98, NZA 2000, 1290 [1292]. 255 Claussen, Bankrecht, § 8 Rn. 46c; Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 ff.; Hellner / Schröter / Steuer / Weber / Früh, 3 / 162; Groß, XIV Rn. 1, 3; Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 20; Birk / Kreuzer / Heinsius, S. 148 f., 151; Köndgen, Bankrechtstag 1994, S. 141 [146, 193 f.]; Neuhof, NJW 1998, 3225 [3226]; Picot / Aleth, Rn. 510; Räss, S. 132 f.; Spielberger, S. 52; Stürner, LM § 779 BGB Nr. 58; Uhlenbruck, WuB IV A. § 779 BGB 1.92, S. 556 [557 f.]; ders., BB 1998, 2009 [2011 f.]; ders., BB 2001, 1641 [1644 f.]; MünchKomm-BGB / Wagner, § 826 Rn. 81; Wenzel, Risiken, S. 240 f.
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bestehe die Gefahr, daß Gläubiger einem außergerichtlichen Sanierungsvergleich nur noch bereit seien zuzustimmen, wenn alle Gläubiger an ihm teilnähmen. Dies sei rechtspolitisch jedoch tragbar, da die Möglichkeit eines gerichtlichen Zwangsvergleichs dem Schuldner immer offenstehe.256 Zudem sei ein außergerichtlicher Vergleich ohne die im gerichtlichen Vergleichsverfahren gegebenen verfahrensmäßigen Sicherungen mit der Rechtsschutzgewährleistung der widerstrebenden Gläubiger nicht zu vereinbaren (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).257 Eine analoge Anwendung des § 82 VerglO (§ 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO) wird nicht für möglich gehalten, da diese Norm ausschließlich auf den gerichtlichen Vergleich anwendbar sei.258 Jedoch wird zum Teil dann eine Haftung des Akkordstörers gemäß § 826 BGB für möglich gehalten, wenn der infolge des obstruktiven Verhaltens eingetretene Gesamtverlust den vom Akkordstörer erzielbaren individuellen Vorteil bei weitem übersteige.259 c) Befürwortende Ansichten im Schrifttum Das Urteil des IX. Zivilsenats ist im Schrifttum zum Teil jedoch auch auf Ablehnung gestoßen.260 Insbesondere Eidenmüller hat sich eingehend mit der Frage befaßt, inwiefern den Gläubigern Kooperationspflichten in bezug auf einen Sanierungsvergleich bis hin zu einer Pflicht zur Zustimmung zu einem solchen treffen können.261 Unter dem Begriff der Kooperationspflichten sollen sowohl Verhandlungs- als auch Zustimmungspflichten zu erfassen sein. Funktion der Kooperationspflichten sei es, die durch die Gefahr opportunistischen Verhaltens entstehenden Sanierungshindernisse zu beseitigen, das Sanierungsverfahren kostengünstig zu strukturieren und eine Rechtsförmigkeit des Verfahrens zu gewährleisten.262 Die Kooperationspflichten entstünden ab dem nach §§ 92 Abs. 1, 49 Abs. 3 GmbHG maßgeblichen Zeitpunkt, um dem Schuldner die Ausarbeitung eines Sanierungsprogramms zu ermöglichen.263 Innerhalb der Verhandlungspflichten sei zwischen deren Gegenstand, etwa der Pflicht zur fairen Verhandlungsführung, den Pflichten in bezug auf die Gestaltung des Verhandlungsprozesses und den Pflichten im Hinblick auf konkrete Vergleichsvorschläge und deren Intensität, etwa die Entgegennahme eines Vorschlags, Unterbreitung eines Gegenvorschlags und unaufgeUhlenbruck, WuB IV A. § 779 BGB 1.92, S. 556 [558]. Stürner, LM § 779 BGB Nr. 58. 258 BGH, Urt. v. 7. 5. 1985 – VI ZR 229 / 83, WM 1985, 1151 [1152]; BGH, Urt. v. 27. 2. 1961 – VII ZR 108 / 59, WM 1961, 403 [404]; Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [866]. 259 So Köndgen, Bankrechtstag 1994, S. 141 [194]. 260 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 ff.; Baumbach / Hopt / Merkt, (7) BankGesch G / 32; Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 33 ff. 261 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 ff.; ders., Sanierung, S. 551 ff. 262 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [354 f.]. 263 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [358 f.]. 256 257
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
forderte Unterbreitung eines Sanierungsvorschlags, zu unterscheiden. Einen Schritt weiter gehe die Pflicht zur Zustimmung zu einem Vergleich bzw. der Ergreifung weiterer konkreter Maßnahmen.264 Für die Frage, welche Strategien dabei einer fairen Verhandlung entsprächen, sei auf das normative Konzept des rationalen Verhandelns (principled negotiation) zurückzugreifen. Hinsichtlich des konkreten Inhalts von Vergleichsvorschlägen sei auf ökonomische Überlegungen abzustellen, insbesondere bei der Frage, ob eine Liquidierung oder eine Sanierung erfolgen solle. Bei einer angestrebten Sanierung müsse wiederum danach differenziert werden, ob Maßnahmen der leistungswirtschaftlichen (Überprüfung und Restrukturierung aller Unternehmensfunktionen) oder der finanziellen Sanierung (Verbesserung der Eigenkapitalausstattung) in Frage stünden.265 Im Hinblick auf die Bestimmung des Inhalts von Kooperationspflichten seien zudem weitere Wertungen wie die Erforderlichkeit und die Zumutbarkeit zu berücksichtigen. Erforderlich seien Kooperationspflichten nur dann und nur so weit, wie nicht andere Mechanismen der Kooperation zur Verfügung stünden, seien es gesetzliche oder vertragliche. In bezug auf die Zumutbarkeit sei neben dem Aspekt des Minderheitenschutzes und des Schutzes von Kleingläubigern auch darauf abzustellen, ob es sich bei dem jeweiligen Gläubiger um einen Zwangsgläubiger oder vielmehr einen Vertragsgläubiger handele.266 Aufgabe der Rechtsprechung sei es, dieses flexible bewegliche System in Zukunft zu stabilisieren und zur Minderung der systembedingten Rechtsunsicherheit beizutragen.267 Dogmatisch begründet Eidenmüller die Mitwirkungspflichten aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und den Gläubigern einerseits (sog. mittelbare Kooperationspflichten), wobei der „ausbrechende“ Gläubiger treuwidrig handele und sich einem Leistungsverweigerungsrecht aus § 242 BGB ausgesetzt sehen solle, und aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Gläubigern untereinander (sog. unmittelbare Kooperationspflichten) andererseits, wobei dies bei Bestehen einer schuldrechtlichen Beziehung – etwa einer Gesellschaft – schon aus einer Treuepflicht folgen könne, im übrigen aber aus den Grundsätzen über die sog. Interessengemeinschaft unter analoger Anwendung der §§ 741 ff. BGB.268 Bereits Habscheid hat eine Gefahrengemeinschaft 269 im Sinne einer außervertraglichen SozialEidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [360 f.]. Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [362 f.]. 266 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [365]. 267 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [366 f.]. 268 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [367 ff.]; ders., JZ 2001, 1041 [1050]; ebenso Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 21, 33. 269 Ohne hieraus besondere Verpflichtungen abzuleiten sprechen auch Gawaz, Rn. 233, Künne, S. 52 f., 354, Mertens, AcP 178 (1978), 227 [249] und Wüst, Festschr. f. Wilburg, 1965, S. 257 [270] von einer Gefahrengemeinschaft; ebenso zur „Funktionsgemeinschaft“ Brecher, Festschr. f. H. Lange, 1970, S. 123 [135, 145]. 264 265
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beziehung270 zwischen den Gläubigern eines Krisenunternehmens angenommen, die er in Vorwirkung zur Abwendung eines drohenden Insolvenzverfahrens als Gefahrengemeinschaft begreift, in welcher die Durchsetzung von Einzelforderung an § 242 BGB scheitern könne, wenn die analog § 74 VerglO zu bestimmende Gläubigermajorität einen Vergleich abgeschlossen habe.271 Auch Würdinger sieht in den Gläubigern eine schlichte Interessen- oder Schicksalsgemeinschaft, auf die die §§ 744 Abs. 2, 748 BGB zumindest analog anwendbar seien.272 Den Gläubigern gehe es dabei um die Erhaltung der Forderungen. Ein gemeinsames Interesse der Gläubiger entstehe dadurch, daß die rücksichtslose Verfolgung der jeweiligen Einzelinteressen zu einem für alle Gläubiger suboptimalen Zustand führen könne, da das Ergebnis bei einem Scheitern der Sanierungsbemühungen alle Gläubiger schlechter stelle als bei einer gelungenen Rettungsaktion. Alle Gläubiger hätten daher ein gemeinsames Interesse an der Maximierung der ihnen zur Verfügung stehenden Haftungsmasse und damit auch an einer Sanierung des Schuldners.273 Folge ist, daß der Akkordstörer als Teil der Interessengemeinschaft den Sanierungsvergleich als notwendige Erhaltungsmaßnahme im Sinne des § 744 Abs. 2 BGB zu tragen hätte (§ 748 BGB). Insbesondere entstünde die Interessengemeinschaft unabhängig von der Teilnahme an einem Sanierungsversuch, nämlich zwischen allen Gläubigern mit der Entstehung der Forderung gegen den Schuldner. Anknüpfungspunkt für das Entstehen einer Gemeinschaft ist demnach nicht die Teilnahme an einem Vergleich, sondern die Gläubigerschaft an sich bzw. genauer die mit dieser verbundene Interessenidentität aller Beteiligten.274 Folge der Verletzung der Kooperationspflichten sei, daß der Akkordstörer seine Forderungen gegen den Schuldner nicht mehr durchsetzen könne, da diesem ein Leistungsverweigerungsrecht zustehe. Dieses führe zu einem indirekten Sanktionenmechanismus, der Anreize zu einem kooperationspflichtgemäßen Verhalten setze. Die im Verhältnis zwischen den Gläubigern bestehende Interessengemeinschaft führe dazu, daß den Gläubigern gegen den Akkordstörer ein einklagbarer Erfüllungsanspruch und ggf. ein Schadensersatzanspruch zustehe (sog. direkter Sanktionenmechanismus).275 Einen damit vergleichbaren Vorschlag hat A. Schwartz gemacht. Er plädiert für eine Privatisierung der Insolvenzabwicklung in der Weise, daß in Darlehens- und Lieferverträgen Klauseln aufgenommen werden sollten, die den Gläubiger im Falle der Insolvenz zu einer Mitwirkung an einem außergericht270 So die Terminologie bei Paschke, AcP 187 (1987), 60 ff.; ähnlich J. Schmidt, Gedächtnisschr. f. Schultz, 1987, S. 341 [342 ff., 364]. 271 Vgl. Habscheid, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, 1980, S. 253 [262 f.]. 272 Würdinger, S. 12 ff., 63 ff.; ebenso RG, Urt. v. 3. 2. 1914 – II 625 / 13, RGZ 84, 125 [128 ff.]; Berges, KTS 1957, 49 ff.; Wüst, Interessengemeinschaft, S. 56 ff.; zum drittfinanzierten Erwerbsgeschäft ebenso Heermann, Erwerbsgeschäft, S. 274 – 279. 273 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [369]. 274 Deutlich Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 33, 36. 275 Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 [372 f.].
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
lichen Sanierungsvergleich verpflichten. Auch dies setzt aber voraus, daß solche Vereinbarungen auch getroffen werden. d) Stellungnahme Im Grundsatz kann auch für die Akkordstörerproblematik nichts anderes gelten als für die Begründung einer Darlehensgewährungs- sowie einer Darlehensbelassungspflicht. Die Begründung von Mitwirkungspflichten und die hieraus unter Umständen sich ergebende Bindung der Bank an einen fremden Sanierungsvergleich stellen Eingriffe in die Vertragsfreiheit der Bank dar, weil sie gegen ihren Willen zur Mitwirkung verpflichtet und erforderlichenfalls auch an einen fremden Vertrag gebunden wird. Eine solche allgemeine Mitwirkungspflicht läßt sich de lege lata nicht begründen.276 Die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung sind überschritten, wenn es um die Verfolgung rechtspolitisch erwünschter Ziele geht. Es steht allein dem Gesetzgeber zu, eine allgemeine Mitwirkungspflicht in der Krise zu begründen, um der Gefahr obstruktiven Gläubigerverhaltens und der Verhinderung wirtschaftspolitisch erwünschter Sanierungsversuche zu begegnen. Die negativen Folgen einer verweigerten Mitwirkung an einem Sanierungsversuch, nämlich die Befriedigungsmöglichkeit hinsichtlich sämtlicher Forderungen für den obstruierenden Gläubiger und die eingeschränkte Durchsetzbarkeit der Forderungen für die sanierungsbereiten Gläubiger ließen sich dann nur noch dadurch umkehren, daß den benachteiligten Gläubigern ein Recht eingeräumt wird, sich von dem Sanierungsvergleich zu lösen. Das aufgeworfene Internalisierungsproblem läßt sich damit nicht beheben, weil hierdurch keinerlei Anreiz zu kooperativem Verhalten gesetzt wird. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn es nicht um die Begründung einer allgemeinen, sondern einer besonderen Mitwirkungspflicht der Bank geht, nämlich dann, wenn ein Eingriff in die Privatautonomie der Bank erforderlich ist, um die Vertragsfreiheit zwischen den Beteiligten wiederherzustellen. Dies ist bei Vorliegen eines Marktversagens, etwa in Form eines opportunistischen Verhaltens der Fall. Auch hier gelten die bereits im Rahmen der Begründung einer Darlehensgewährungspflicht gemachten Aussagen entsprechend. Die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind nicht überschritten, weil der Gesetzgeber solche besonderen Mitwirkungspflichten nicht regeln könnte. Insoweit ist das Bestehen von Kooperationspflichten nicht nur ein „Wunschtraum“.277 Unter denselben Voraussetzungen, unter denen die Bank zu einer Gewährung weiterer Darlehen verpflichtet sein kann, kann sie auch die Pflicht treffen, an dem Sanierungsversuch mitzuwirken, indem sie auf einen Teil ihrer Forderungen verzichtet. Ziel dieser Mitwirkungspflicht ist nicht die Verhinderung obstruktiven Gläubigerverhaltens, son276 Einschränkend auch Knops / Bamberger / Maier-Reimer / Bamberger, § 16 Rn. 36 (keine Pflicht zur Zustimmung zu einem Sanierungsvergleich). 277 So aber Uhlenbruck, BB 2001, 1641 [1647].
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dern die Wiederherstellung der freiheitssichernden Funktion der Privatautonomie. Umsetzen läßt sich die Begründung einer solchen ausnahmsweisen Mitwirkungspflicht auf mehreren Wegen: Möglich erscheint in Einzelfällen ein vollstrekkungsrechtlicher Schutz des Krisenunternehmens bzw. der Insolvenzmasse über § 765a ZPO.278 Ferner kann die Bank an der Durchsetzung ihrer Forderungen gegenüber dem Krisenunternehmen bzw. der Insolvenzmasse nach § 242 BGB insoweit gehindert sein, als sie zu einer Mitwirkung verpflichtet gewesen wäre (von Eidenmüller indirekter Sanktionenmechanismus genannt). Gegen die Umsetzung im Einzelfall bestehender Kooperationspflichten durch Begründung einer schlichten Interessengemeinschaft unter analoger Anwendung der §§ 741 ff. BGB bzw. einer Sozialbeziehung, also gegen den von Eidenmüller als direkt bezeichneten Sanktionenmechanismus bestehen durchgreifende Bedenken.279 Die Begründung einer außervertraglichen Sozialbeziehung scheitert schon an der nahezu unbewältigbaren Aufgabe, die zahllosen Sozialbeziehungen, die zwischen den Rechtssubjekten bestehen, zu den rechtlich relevanten abzugrenzen, hier also die lose Gläubigergemeinschaft zur rechtlichen Interessengemeinschaft. Ferner fehlt es an der erforderlichen Gemeinschaftsordnung, denn in den Vorschriften über die Einzelzwangsvollstreckung wird man eine solche nicht erblicken können, gilt hier doch das Präventionsprinzip280. Und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens existieren in den §§ 67 ff. InsO Normen, die diese „Sozialbeziehung“ bereits hinreichend erfassen. Auch ist der Erkenntnisgewinn für die Überwindung des Haftungsproblems gering, da ein Anspruch nur in Betracht kommt, wenn der Geschädigte selbst Teil der Sozialbeziehung ist. Gegen die des weiteren vertretenen Modelle einer rechtlich relevanten Gläubigergemeinschaft bestehen im Grundsatz zwar keine Bedenken, eine einklagbare Mitwirkungspflicht statt einer Bindung der obstruierenden Bank an den Sanierungsvergleich anzunehmen, weil auf diese Weise die berechtigten Interessen des Akkordstörers bei den Vergleichsverhandlungen Berücksichtigung finden können, wohingegen dies bei einer Mehrheitsentscheidung nicht ohne weiteres gewährleistet wäre. Jedoch bestehen gegen die Annahme einer schlichten Rechtsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB schon deshalb Zweifel, weil diese voraussetzt, daß den Gemeinschaftern ein Recht gemeinschaftlich zusteht, wohingegen die Gläubiger jeweils über eigene Forderungen gegen den Schuldner verfügen. Daher fehlt es auch für eine Analogie an der erforderlichen vergleichbaren Sach- und Interessenlage. Aber auch die Theorie von der Interessen- bzw. Gefahrengemeinschaft vermag nicht zu überzeugen, denn abgesehen von den Problemen, die sich um die Voraussetzungen über das Entstehen einer solchen Gemeinschaft ranken, dürfte die Begründung einer solchen mit derart weit reichenden Pflichten die Grenzen der zulässigen richterlichen Rechtsfortbildung übersteigen. 278 279 280
Vgl. dazu den Hinweis von Schimansky / Bunte / Lwowski / Häuser, § 85 Rn. 20. Ablehnend auch Kohler-Gehrig, S. 49. Vgl. nur Adams, Sicherungsrechte, S. 25.
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3. Zusammenfassung Grundsätzlich ist die Bank zu einer Mitwirkung am Sanierungsvergleich nicht verpflichtet. Ausnahmsweise treffen sie Kooperationspflichten dann, wenn dies zur Beseitigung eines Marktversagens, insbesondere in Form eines opportunistischen Verhaltens, erforderlich ist. In diesem Rahmen lassen sich Kooperationspflichten durch Rechtsfortbildung entwickeln, die dazu führen, daß das Krisenunternehmen nach § 242 BGB die Forderungen der Bank zurückweisen kann. Dagegen lassen sich gegen die Bank keine einklagbaren Kooperationspflichten herleiten. Ist die Bank einer Sanierungsgesellschaft beigetreten, treffen sie Mitwirkungspflichten im Hinblick auf den gesellschaftsvertraglich vereinbarten Sanierungsvergleich, nicht dagegen ohne weiteres für einen weitergehenden Sanierungsversuch. Insoweit ist sie lediglich verpflichtet, Sanierungsbemühungen der anderen Gesellschafter bzw. Dritter nicht ohne Grund zu vereiteln. Ferner ergeben sich auch hier Mitwirkungspflichten ausnahmsweise dann, wenn die Bank den negativen Verlauf des Sanierungsversuchs selbst verursacht hat.
IV. Die Durchsetzbarkeit eingeräumter Sonderkonditionen Wirkt die Bank gegen Einräumung von Sonderkonditionen an der Sanierung mit, liegt eigentlich kein Fall einer Verweigerung durch die Bank vor. Dennoch ist auch diese Konstellationen hier zu erörtern, weil die Bank – anders als in den im Zweiten Teil untersuchten Fällen – sich zwar ebenfalls an der Sanierung beteiligt, jedoch die Risiken für die Mitgläubiger nicht aus der Beteiligung der Bank selbst herrühren, sondern aus dem Umstand, daß die Bank sich ihre Mitwirkung abkaufen läßt, sich also nicht vorbehaltlos an der Sanierung beteiligt. Die Einräumung von Sonderkonditionen ist dabei die Folge eines (befürchteten) Akkordstörerverhaltens der Bank. Die Probleme, die sich hieraus ergeben, ließen sich zum einen dadurch lösen, daß der Bank die Durchsetzung ihrer Sonderkonditionen nach Abschluß des Sanierungsversuch verwehrt wird. Zum anderen bestünde auch die Möglichkeit, den übrigen Gläubigern die Möglichkeit einzuräumen, sich von dem Sanierungsvergleich zu lösen und so die dem Krisenunternehmen gewährten Vorteile wieder rückgängig zu machen. In Rechtsprechung und Schrifttum sind beide Möglichkeiten eingehend diskutiert worden. Hierauf ist im folgenden näher einzugehen.
1. Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz Zunächst ist eine Nichtigkeit des Vergleichs zwischen den Gläubigern und dem Krisenunternehmen bei einer Bevorzugung einzelner Gläubiger wegen Verstoßes
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gegen den im Vergleichsverfahren geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 8 Abs. 1 VerglO) erwogen worden. Allerdings würde ein dahingehender Verstoß nicht zur Nichtigkeit des Vergleichsvertrages führen, weil die Normen der VerglO auf den außergerichtlichen Sanierungsvergleich nicht anwendbar sind. Aus diesem Grunde scheidet eine Nichtigkeit nach § 8 Abs. 3 VerglO bzw. § 134 BGB i.V.m. § 8 Abs. 1 VerglO bzw. § 108 Abs. 3 KO insoweit aus. Ein allgemeines Verbot der Bevorzugung einzelner Gläubiger existiert dagegen nicht.281
2. Sittenwidrigkeit Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, die zwischen dem Schuldner und dem bevorzugten Gläubiger ausgehandelten Sonderkonditionen für sittenwidrig und damit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig zu erklären. In diesem Falle entfiele die bestehende Ungleichbehandlung gegenüber den anderen, an die Stundungs- bzw. Verzichtsvereinbarungen gebundenen Gläubigern. Der Bank wäre eine Durchsetzung ihrer Sonderkonditionen verwehrt. Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob allein die Vereinbarung der vollen Befriedigung zwischen dem Krisenunternehmen und dem bevorzugten Gläubiger einen Sittenverstoß im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB zu begründen vermag. Das OLG Celle ging hiervon in einem Urteil vom 29. 10. 1964 aus.282 Teilweise wird ein Sittenverstoß auch darin erblickt, daß die Sondervereinbarung gegenüber den übrigen geheimgehalten werde.283 Überwiegend wird jedoch die Ansicht vertreten, daß allein die Vereinbarung von Sonderkonditionen zu Lasten der übrigen Gläubiger einen Sittenverstoß noch nicht zu begründen vermag, es sei denn, daß geheime Abreden vertraglich verboten worden seien.284 3. Anfechtung Im Schrifttum wird den benachteiligten Gläubigern zum Teil die Anfechtung ihrer auf den Abschluß des Sanierungsvergleichs gerichteten Willenserklärungen gemäß §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB gestattet.285 Habe der Schuldner mit dem Gläubiger die Sonderkonditionen heimlich ausgehandelt und diesen trotz der Vergleichszustimmung voll befriedigt, könnten die Gläubiger den Vergleich anfechten und damit volle Befriedigung verlangen. Den übrigen Gläubigern würde damit 281 Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [866]; Habscheid, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, 1980, S. 253 [255 f.]; Kohler-Gehrig, S. 52; Mühl, NJW 1956, 401 [403 f.]. 282 OLG Celle, Urt. v. 29. 10. 1964 – 1 U 147 / 64, NJW 1965, 399 [400]. 283 KG, Urt. v. 28. 4. 1980 – 20 U 310 / 80, ZIP 1980, 963; Kohler-Gehrig, S. 52. 284 Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [867]; Habscheid, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, 1980, S. 253 [262]; andeutungsweise auch Mühl, NJW 1956, 401 [404]. 285 So Künne, S, 448, 451; grundsätzlich zustimmend Kohler-Gehrig, S. 52.
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
also ermöglicht, sich von dem Vergleichsvertrag zu lösen und so die dem Krisenunternehmen gewährten Vorteile rückgängig zu machen.
4. Scheingeschäft Ob sich aus der Bestimmung des § 117 BGB für die vorliegende Problematik herleiten läßt, hängt maßgeblich davon ab, wie der Sanierungsvergleich rechtstechnisch einzuordnen ist. Nach der Einzelvergleichstheorie kann sich eine Nichtigkeit des Vergleichs zwischen dem bevorzugten Gläubiger und dem Krisenunternehmen aus § 117 BGB ergeben, nämlich dann, wenn nach außen ein Teilverzicht des Gläubigers vereinbart, im Innenverhältnis dem Gläubiger jedoch eine volle Befriedigung seiner Forderungen eingeräumt wird. Die Bank wäre aber selbst bei einer Nichtigkeit des Vergleichs zwischen dem Krisenunternehmen und dem bevorzugten Gläubiger nur dann an der Durchsetzung der Sonderkonditionen gehindert, wenn die Nichtigkeit des Vergleichs auch die Vereinbarung der Sonderkonditionen erfaßt. Dies könnte sich aus § 139 BGB ergeben. Nach der Gesamtvergleichstheorie liegt dagegen schon kein Scheingeschäft vor, da die mit dem Schuldner den Vergleich abschließende Gläubigergemeinschaft diesen auch tatsächlich vollziehen will.286 5. Aufschiebend bedingter Vertragsschluß Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs sieht in jedem Einzelvergleich die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB des Inhalts, daß mindestens diejenigen Gläubiger dem Vergleich zustimmen, deren Zustimmung es zu dessen Durchführung bedarf.287 Eine Bindung an einen Sanierungsvergleich ist dann jedenfalls ausgeschlossen, wenn sich einige Gläubiger an dem Sanierungsversuch nicht durch Abschluß einer Verzichtsvereinbarung beteiligen wollen, insoweit also die Möglichkeit einer vollen Befriedigung fortbesteht. Dies betrifft vor allem den Fall, daß die Gläubiger noch nicht wissen, ob sich die übrigen Gläubiger überhaupt an dem Sanierungsvergleich beteiligen, jedoch bereits ihre Bereitschaft zur Teilnahme nach außen signalisieren wollen. Für die vorliegende Konstellation würde dieser Ansatz nur dann weiterhelfen, wenn von der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Fall der Einräumung von Sonderkonditionen für einzelne Gläubiger ausgegangen werden könnte. Auch dies würde dazu führen, daß die übrigen Gläubiger nicht mehr an die in dem Sanierungsvergleich getroffenen Absprachen gebunden wären.
Vgl. OLG Celle, Urt. v. 29. 10. 1964 – 1 U 147 / 64, NJW 1965, 399 f. BGH, Urt. v. 27. 2. 1961 – VII ZR 108 / 59, WM 1961, 403 f.; ebenso RG, Urt. v. 23. 3. 1937 – VII 222 / 36, RGZ 153, 395 ff.; Künne, S. 354. 286 287
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6. Vertragliches Rücktrittsrecht Bereits der VII. Zivilsenat des Reichsgerichts suchte mit Urteil vom 23. 3. 1937 eine Lösung über eine ergänzende Auslegung des Vergleichsvertrages gemäß §§ 133, 157, 242 BGB.288 Dabei gelte zunächst, daß eine Nichtteilnahme von Inhabern kleinerer Forderungen nicht zu einem Lösungsrecht führe, da deren Befriedigung regelmäßig keine relevante Ungleichbehandlung bewirke.289 Im übrigen wird jedoch unter dem Stichwort des modifizierten290 Gleichbehandlungsgrundsatzes ein Rücktrittsrecht des Gläubigers für den Fall einer Ungleichbehandlung als ausbedungen angesehen. Dabei wird die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes entweder als Hauptleistungspflicht des Schuldners angesehen, so daß bei einer Verletzung derselben ein Rücktrittsrecht aus § 325 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB a.F. (§§ 326 Abs. 5, 323 Abs. 1 BGB) folge, oder es wird ein vertragliches Rücktrittsrecht angenommen, das unter der Bedingung der Gläubigerdiskriminierung stehe. Auch wird ein Rücktrittsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage diskutiert.291 Für die Frage, ab wann die Nichtteilnahme zu einem Rücktrittsrecht bzw. zum Eintritt der Bedingung führt, hat Habscheid dargelegt, daß eine Nichtbeteiligung dann für die Wirksamkeit des Sanierungsvergleichs im übrigen unbeachtlich sei, soweit die Bevorzugung der Gläubigerminorität kostengünstiger als ein gerichtliches Insolvenzverfahren sei.292 Auch diesem Lösungsansatz liegt das Problem zugrunde, daß die Gläubiger nicht wissen, ob sich die anderen Gläubiger überhaupt beteiligen. Bei der Einräumung von Sonderkonditionen stünde den benachteiligten Gläubigern unter dem Gesichtspunkt einer Ungleichbehandlung dann ein Rücktrittsrecht zu, was wiederum dazu führen würde, daß die übrigen Gläubiger nicht mehr an die in dem Sanierungsvergleich getroffenen Absprachen gebunden wären.
7. Schadensersatz Schließlich werden den benachteiligten Gläubigern Schadensersatzansprüche eingeräumt, wobei sich diese gegenüber dem Bevorzugten aus § 826 BGB293 bzw. gegenüber dem Schuldner aus § 280 Abs. 1 BGB (früher pVV294) ergeben sollen. 288 RG, Urt. v. 23. 3. 1937 – VII 222 / 36, RGZ 153, 395 [397]; ebenso Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [867]; Habscheid, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, 1980, S. 253 [262]. 289 Vgl. Mühl, NJW 1956, 401 [402]. 290 Modifiziert gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz nur für den gerichtlichen Sanierungsvergleich gilt. 291 Kohler-Gehrig, S. 49; Künne, S. 451; Picot / Aleth, Rn. 512. 292 Habscheid, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, 1980, S. 253 [262]; ebenso Ebenroth / Grashoff, BB 1992, 865 [867]. 293 So Kohler-Gehrig, S. 53. 294 So Künne, S. 451.
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
Der Anspruch führt dann nach § 249 Abs. 1 BGB entweder zu einem Anspruch auf Verzicht auf die sich aus dem Sonderabkommen ergebenden Privilegien bzw. auf Lösung von dem Vergleichsvertrag, genauer auf Abgabe eines Angebots auf Abschluß eines Aufhebungsvertrags, vollstreckbar nach § 894 ZPO. 8. Stellungnahme Anders als bei der Begründung von Mitwirkungspflichten geht es bei der Einräumung von Sonderkonditionen um das Problem, daß der bevorzugte Gläubiger sich nach außen vorbehaltlos an der Sanierung beteiligt, diese aber ohne Vermögensopfer für ihn bleibt295. Hier werden daher erhebliche Anreize für die Gläubiger zu unkooperativem, opportunistischem Verhalten gesetzt. Da das Krisenunternehmen nicht sämtlichen Gläubigern Sonderkonditionen einräumen kann und die übrigen Gläubiger nicht wissen, ob sich die anderen Gläubiger fair verhalten, wird ein Sanierungsversuch von vornherein unterbleiben. Das Vorhandensein von Informationsasymmetrien führt hier zu einem Marktversagen. Zur Verhinderung eines unfairen Verhaltens und eines hierdurch bedingten Marktversagens ist eine Sanktion erforderlich. Diese führt zwar nicht dazu, daß keinerlei Sonderkonditionen mehr vereinbart werden. Die benachteiligten Gläubiger wissen aber, daß unfaires Verhalten sanktioniert wird und werden daher einem Sanierungsversuch dennoch zustimmen. Die Sanktion sollte sich nicht darauf beschränken, den benachteiligten Gläubigern die Möglichkeit einzuräumen, sich von dem Sanierungsvergleich zu lösen.296 Denn hierdurch wäre kein Anreiz für die Gläubiger gesetzt, sich fair zu verhalten. Der einzige Nachteil für bevorzugte Gläubiger wäre, daß auch die übrigen Gläubiger ihre Forderungen durchsetzen könnten. Bei einem Gelingen des Sanierungsversuchs bedeutete dies eine Sanktion für das Krisenunternehmen, nicht aber für die bevorzugten Gläubiger. Dennoch würde auch das Krisenunternehmen die Vereinbarung von Sonderkonditionen nicht unterlassen, weil es ansonsten keinerlei Chance hätte, saniert zu werden. Bei einem Scheitern des Sanierungsversuchs bedeutete eine vollständige Befriedigungsmöglichkeit für alle Gläubiger ebenfalls keine ausreichende Sanktion für die bevorzugten Gläubiger, insbesondere wenn diese hinreichend abgesichert sind. Die Gläubiger werden sich solange gegen Einräumung von Sonderkonditionen zur Teilnahme an einem Sanierungsversuch bereit finden, wie diese Vorteile den drohenden Schaden übersteigen. Insbesondere 295 Im Rahmen der Auslegung des § 250 Nr. 2 InsO hat der BGH dem Merkmal der Heimlichkeit zwar keine Bedeutung beigemessen; jedoch soll es auch hier entscheidend darauf ankommen, ob die übrigen Gläubiger dem zustimmen konnten, was eine Ausweisung im Insolvenzplan voraussetzt, vgl. BGH, Beschl. v. 3. 5. 2005 – IX ZB 153 / 04, BB 2005, 960 [961 f.]. 296 Lediglich bei einer verweigerten Mitwirkung der Bank am Sanierungsversuch kann dies die einzige Möglichkeit darstellen, die für die benachteiligten Gläubiger entstandenen Nachteile zu beseitigen.
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wenn die Sonderkonditionen in der Gewährung zusätzlicher Sicherheiten bestehen, wird dies stets der Fall sein. Richtigerweise ist dem bevorzugten Gläubiger daher die Durchsetzung seiner Sonderkonditionen zu versagen. Die Vereinbarung von Sonderkonditionen kann dabei nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn in diesen eine Verleitung zum Vertragsbruch gesehen werden kann, etwa weil sich das Krisenunternehmen gegenüber anderen Gläubigern verpflichtet hat, mit anderen Gläubigern keine Sonderkonditionen zu vereinbaren. Im übrigen ist der bevorzugte Gläubiger gemäß § 242 BGB an einer Durchsetzung der Sonderkonditionen gehindert. Etwas anderes würde allenfalls dann gelten, wenn die Sonderkonditionen ein besonderes Risiko des bevorzugten Gläubigers absichern sollen, das dieser nicht bereits vor Eintritt der Krise hinreichend hätte berücksichtigen können. Insoweit gilt das im Zweiten Teil dieser Untersuchung zur Nachbesicherung Gesagte entsprechend auch hier.297 Die Nichtigkeit der Vereinbarung über die Sonderkonditionen führt nicht gemäß § 139 BGB auch zur Nichtigkeit des Vergleichsvertrages zwischen dem bevorzugten Gläubiger und dem Krisenunternehmen, da sich der bevorzugte Gläubiger redlicherweise ohne die Einräumung von Sonderkonditionen an dem Sanierungsversuch hätte beteiligen müssen. Er muß sich also an den in dem Vergleichsvertrag getroffenen Absprachen festhalten lassen. Andernfalls bestünde wiederum kein ausreichender Anreiz für die Gläubiger, sich fair zu verhalten, denn dann bestünde lediglich die Gefahr, die eingeräumten Sonderkonditionen nicht durchsetzen zu können. Es käme trotz der Gefahr einer Sanktionierung zur Vereinbarung von Sonderkonditionen, weil der drohende Schaden lediglich darin bestünde, einen eingeräumten Sondervorteil nicht zu erhalten, nicht dagegen, darüber hinaus bereits bestehende Vermögensbestandteile zu verlieren.
V. Zusammenfassung Die Bank ist im Grundsatz nicht verpflichtet, an einem Sanierungsversuch teilzunehmen. Finden sich andere Gläubiger zu einem solchen bereit, kann es zu einem Internalisierungsproblem kommen, weil die Bank bei einem Gelingen des Sanierungsversuchs ihre Forderungen voll befriedigen kann, wohingegen die sanierungsbereiten Gläubiger Vermögensopfer hierfür erbringen mußten. Problematisch hieran ist, daß die Beteiligung an Sanierungsversuchen aus diesem Grund unterbleiben wird. Es ist daher rechtspolitisch wünschenswert, eine Mitwirkungspflicht an einem Sanierungsvergleich zu begründen. Allerdings ist die Begründung einer solchen allgemeinen Kooperationspflicht Aufgabe des Gesetzgebers. Lediglich dann, wenn eine Mitwirkungspflicht zur Beseitigung eines Marktversagens erforderlich ist, kann eine solche im Wege der Rechtsfortbildung entwickelt werden. 297
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s. hierzu oben § 11 I. 3. c) bb).
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
Beteiligt sich die Bank an einem Sanierungsversuch, läßt sie sich hierfür aber Sonderkonditionen von dem Krisenunternehmen einräumen, ist sie an der Durchsetzung dieser Sondervorteile gehindert. Gegenüber den übrigen, benachteiligten Gläubigern käme es andernfalls zu unfairem Verhalten, das dazu führen würde, daß Sanierungsversuche von vornherein unterbleiben würden. Bei der Einräumung von Sondervorteilen liegt ein opportunistisches Verhalten des bevorzugten Gläubigers vor, das einer Sanktion bedarf.
§ 15 Der Zahlungsverkehr in der wirtschaftlichen Krise Eine unverzichtbare Voraussetzung der Teilnahme des Unternehmens am Wirtschaftsverkehr ist die Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs, also die Durchführung von Überweisungen, die Ausführung von Lastschriften, die Einlösung von Schecks und Wechseln. Das laufende Konto bildet den Kristallisationspunkt der Kontobewegungen des Unternehmens und gewährleistet dessen Teilnahme am Markt.298 Weigert sich das Kreditinstitut, den Zahlungsverkehr des in die Krise Geratenen fortzuführen, wird die Krise bei den Mitgläubigern schnell bekannt, was ein vorzeitiges Ende von Sanierungsbemühungen bedeuten kann. Die Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs stellt daher einen nicht unwesentlichen Beitrag der Bank zu einem Sanierungsversuch dar, sei es auch nur mittelbar.
I. Die Pflicht zum Abschluß von Überweisungsverträgen 1. Das Zustandekommen des Überweisungsvertrages Nach dem (vollständigen)299 Inkrafttreten des der Umsetzung der Überweisungsrichtlinie 97 / 5 / EG300 vom 27. 1. 1997 dienenden Überweisungsgesetzes301 vom 21. 7. 1999 am 1. 1. 2002 ist die Überweisung nicht mehr als Weisung des Kontoinhabers auf der Grundlage des mit der Bank bestehenden Girovertrages zu verstehen (vgl. §§ 675 Abs. 1, 665 Satz 1 BGB); vielmehr setzt die Pflicht zur Überweisung einen entsprechenden Überweisungsvertrag voraus. Zwar wird im Schrifttum zum Teil eine Rückkehr zum Weisungsmodell gefordert.302 Diese Vgl. BGH, Urt. v. 29. 3. 2001 – IX ZR 34 / 00, BGHZ 147, 193 ff. Das Überweisungsgesetz ist am 14. 8. 1999 für grenzüberschreitende Überweisungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und in Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (Liechtenstein, Island und Norwegen) in Kraft getreten. Es gilt nach Art. 228 Abs. 2 EGBGB seit dem 1. 1. 2002 auch für Inlandsüberweisungen und Überweisungen in Drittstaaten. 300 ABl. EG Nr. L 43, S. 25 ff. 301 BGBl. I, S. 1642 ff. 298 299
§ 15 Der Zahlungsverkehr in der wirtschaftlichen Krise
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Forderung läßt sich jedoch de lege lata nicht umsetzen, weil dem Gesetz eindeutig das Vertragsmodell zugrunde liegt.303 Der Überweisungsvertrag kommt dabei unter den Voraussetzungen des § 151 Satz 1 Var. 2 BGB zustande.304 Es genügt also, wenn der Annahmewille nach außen für einen Dritten erkennbar betätigt wird.305
2. Pflicht zum Vertragsschluß Ist die Bank zur Ausführung einer Überweisung demnach nur verpflichtet, wenn sie einen entsprechenden Überweisungsvertrag mit dem Kunden schließt, stellt sich die Frage, ob die Bank im allgemeinen und in der wirtschaftlichen Krise im besonderen zu einem solchen Vertragsschluß verpflichtet sein kann.
a) Meinungsstand im Schrifttum Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum wird dem Kreditinstitut überwiegend das Recht zugestanden, frei über die Annahme des Angebots auf Abschluß eines Überweisungsvertrages zu entscheiden. Ein Kontrahierungszwang sei abzulehnen, da aus § 676 f Satz 1 BGB nur die Pflicht zur Ausführung bereits geschlossener Überweisungsverträge folge. Auch stehe ein Kontrahierungszwang im Widerspruch zu der freien Kündigungsregelung des § 676 Abs. 3 Satz 1 Var. 1 BGB.306 Demgegenüber wird die Auffassung vertreten, daß die Bank zum Abschluß des Überweisungsvertrages jedenfalls auf der Grundlage des mit dem Kontoinhaber ebenfalls bestehenden Girovertrages verpflichtet sein könne und ihr ein Ablehnungsrecht im übrigen nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zustehe. Dabei soll es sich nicht um einen Kontrahierungszwang, sondern um eine Pflicht zum Abschluß eines Überweisungsvertrages aus dem bereits zuvor mit dem Kontoinhaber geschlossenen Girovertrag handeln.307
302 Ebenroth / Boujong / Joost / Grundmann, BankR II Rn. 38; Häuser, WM 1999, 1037 [1042]; Schimansky / Bunte / Lwowski, § 49 Rn. 1 d. 303 Zutreffend Bork, ZBB 2001, 271 [272]. 304 BR-Drs. 163 / 99, S. 43; Einsele, JZ 2000, 9 [11]; Gößmann / van Look, WM 2000, Sonderbeil. Nr. 1, S. 5 [30]; Langenbucher, S. 131; Risse / Lindner, BB 1999, 2201 [2202]. 305 Vgl. BGH, Urt. v. 7. 5. 1979 – II ZR 210 / 78, BGHZ 74, 352 [356]; BGH, Urt. v. 10. 5. 2001 – XII ZR 60 / 99, NJW 2001, 2324 f.; BGH, Urt. v. 6. 2. 1990 – X ZR 39 / 89, NJW 1990, 1656 [1657]; Staudinger / Bork, § 151 Rn. 15; Einsele, JZ 2000, 9 [11]; Obermüller, ZInsO 1999, 690 [691]. 306 P. Bydlinski, WM 1999, 1046 [1048]; Einsele, JZ 2000, 9 [10 f.]; Baumbach / Hopt / Merkt, (7) Bankgeschäfte C / 2; Klamt / C. Koch, DB 1999, 943 [944]; Risse / Lindner, BB 1999, 2201 [2202]; Schmidt-Räntsch, ZIP 1999, 676 [678 f.]; ebenso der Gesetzgeber: BTDrs. 14 / 745, S. 19; BR-Drs. 163 / 99, S. 44. 307 Becher, DStR 1999, 1360 [1362]; Gesmann-Nuissl, JA 2000, 465 [467]; Gößmann / van Look, WM 2000, Sonderbeil. Nr. 1, S. 5 [22]; Langenbucher, S. 136 ff.; Schulz, ZBB
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
b) Stellungnahme Für die Statuierung eines allgemeinen Kontrahierungszwangs bietet allein die Geschäftsbeziehung der Bank zu dem Krisenunternehmen in aller Regel keine ausreichende Grundlage.308 Zudem hat der Gesetzgeber die Abschlußfreiheit der Banken insbesondere aufgrund des mit dem werkvertraglichen Charakter und der verschuldensunabhängigen Haftung einhergehenden Risikos absichtlich wahren wollen.309 Grundsätzlich ist das Kreditinstitut daher in seiner Entscheidung frei, einen Überweisungsvertrag zu schließen oder nicht. Jedoch darf dabei nicht übersehen werden, daß der Überweisungsvertrag nicht isoliert das Rechtsverhältnis zwischen dem Kontoinhaber und dem Kreditinstitut prägt. Vielmehr besteht neben dem Überweisungsvertrag auch der Girovertrag zu dem Kunden. Aus diesem kann sich ohne weiteres eine Pflicht zum Abschluß weiterer Verträge, insbesondere auch von Überweisungsverträgen, ergeben310, soweit nicht besondere Gründe entgegenstehen (§§ 241, 242 BGB). Etwas anderes gilt folgerichtig allein bei Einmalüberweisungen (vgl. § 676a Abs. 1 Satz 3 BGB).311 Der Wortlaut des § 676 f BGB, der nur die Pflicht zur Durchführung bereits abgeschlossener Überweisungsverträge beinhaltet, steht nicht entgegen, weil diese Bestimmung nicht abschließend alle Pflichten aus dem Girovertrag erfassen will, sondern nur dessen Hauptpflichten. Sie steht der Vereinbarung weiterer Verpflichtungen, insbesondere bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen, nicht entgegen.312 Das freie Kündigungsrecht des § 676a Abs. 3 Satz 1 Var. 1 BGB steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Auch dieses kann (ggf. durch Auslegung des Girovertrages) eingeschränkt bzw. abbedungen werden, so daß der Verweis hierauf eine petitio principii darstellt. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. §§ 80, 116 InsO) und vor Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots im vorläufigen Insolvenzverfahren (vgl. § 21 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Alt. 2 InsO) kann die Bank daher verpflichtet sein, einen Überweisungsvertrag mit ihrem Kunden abzuschließen. 3. Voraussetzungen der Abschlußpflicht Kann dem Girovertrag nach dem Gesagten die Pflicht zum Abschluß von Überweisungsverträgen entnommen werden, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist. Aus dem zugrunde liegenden Geschäftsverhältnis 1999, 287 [291]; Palandt / Sprau, § 676 f. Rn. 14; Wilkens, MDR 1999, 1236 [1237]; andeutungsweise Köndgen, ZBB 1999, 103 [104]. 308 s. hierzu bereits oben § 12 IV. 1. 309 Vgl. BT-Drs. 14 / 745, S. 19; BR-Drs. 163 / 99, S. 44. 310 Zur Pflicht zum Abschluß von Überweisungsverträgen aus einer Sparurkunde BGH, Urt. v. 15. 6. 2004 – XI ZR 220 / 03, NJW 2004, 2517 [2518]. 311 Häuser, WM 1999, 1037 [1041]; Köndgen, ZBB 1999, 103 [104]. 312 Schulz, ZBB 1999, 287 [291, 292 f.].
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der Bank zu dem Kunden folgt, daß die Bank den Abschluß eines Überweisungsvertrages dann nicht ablehnen darf, wenn für sie hiermit keinerlei besondere Risiken einhergehen oder sie die Risiken bei Vertragsschluß übernommen hat. Eine Abschlußpflicht besteht namentlich auch in der Krise dann, wenn das Krisenunternehmen noch über ein entsprechendes Guthaben verfügt oder ihm eine Kreditlinie eingeräumt wurde.313 In letzterem Fall muß sich das Kreditinstitut bereits bei Vertragsschluß gegen einen möglichen Ausfall absichern, so daß sie auch in der Krise einen sich im Rahmen der Kreditlinie haltenden Überweisungsauftrag annehmen muß. Dies entspricht den Interessen aller am Vertrag Beteiligten (§§ 133, 157, 242 BGB). Aus der dem Überweisungsvertrag zugrunde liegenden Geschäftsbeziehung folgt im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung, daß sich die Bank in diesen Fällen zu einem Abschluß von Überweisungsverträgen verpflichtet hat. Der Bank ist die Ausführung bei einem entsprechenden Guthaben zumutbar, da ihr ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 675 Abs. 1, 670 BGB zusteht, der in das Kontokorrent eingestellt werden kann; dem stehen die §§ 96 Nr. 3, 129 ff. InsO nicht entgegen, da es sich hierbei um ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO handelt.314 Hat die Bank einen entsprechenden Kredit gewährt, so hat sie auch das Insolvenzrisiko des Kunden zu tragen, wenn sie das Darlehen nicht nach § 490 Abs. 1 BGB kündigt. Da die Bank sowohl in bezug auf den Abschluß als auch die konkrete Ausgestaltung des Girovertrages völlig frei entscheiden kann, ist ihre Bindung an diesen in Form der Pflicht zum Abschluß von Überweisungsverträgen weder ein Verstoß gegen die Privatautonomie noch die Statuierung eines allgemeinen Kontrahierungszwangs. Geht mit der Überweisung dagegen ein zusätzliches Risiko für die Bank einher, ist sie zum Abschluß des Überweisungsvertrages im Grundsatz nicht verpflichtet. Etwas anderes gilt auch hier allenfalls dann, wenn sie nach den oben bereits dargelegten Grundsätzen auch zur Gewährung weiterer Sanierungshilfen verpflichtet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann die Bank verpflichtet sein, den Zahlungsverkehr in der Krise aufrechtzuerhalten. Die zum Überweisungsverkehr gemachten Aussagen gelten entsprechend für den übrigen Zahlungsverkehr, etwa für die Einlösung von Schecks und die Ausführung von Lastschriften.315
313 Vgl. BGH, Urt. v. 21. 10. 1997 – XI ZR 5 / 97, BGHZ 137, 43 [46]; BGH, Urt. v. 5. 5. 1986 – II ZR 150 / 85, BGHZ 98, 24 [28]; Canaris, BVR, Rn. 320; Einsele, AcP 199 (1999), 145 [146]; Gößmann / van Look, WM 2000, Sonderbeil. Nr. 1, S. 5 [8 f.]; Häuser, NJW 1994, 3121 f.; Staudinger / Martinek, § 675 Rn. B 24; Schimansky / Bunte / Lwowski, § 49 Rn. 1; Schön, AcP 198 (1998), 401 [418 f.]; Schulz, ZBB 1999, 287 [289]. 314 BGH, Urt. v. 25. 2. 1999 – IX ZR 353 / 98, NJW 1999, 3264 ff.; Bork, ZBB 2001, 271 [273]; Obermüller, ZInsO 1999, 690 [691]; eingehend zum ganzen Peschke. 315 Eingehend zum Wechsel- und Scheckverkehr in der Krise Knops / Bamberger / MaierReimer / Kulke, § 15.
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
II. Die Kündigung von Überweisungsverträgen Ist ein Überweisungsvertrag zwischen dem Kontoinhaber und dem Kreditinstitut einmal zustande gekommen, stellt sich die Frage, ob sich die Bank von ihren Pflichten aus diesem Vertrag durch eine Kündigung desselben befreien kann. Bedeutung erlangt dies insbesondere dann, wenn die Bank erst nach Vertragsschluß von der Krise des Kunden erfährt bzw. diese erst nach Vertragsschluß eintritt.
1. Vor Beginn der Ausführungsfrist Unter Geltung der §§ 675 Abs. 1, 662 ff. BGB war die Bank an die Weisungen des Kontoinhabers gebunden. Unter Geltung des Überweisungsgesetzes steht ihr dagegen ein Kündigungsrecht zu (§ 676a Abs. 3 Satz 1 BGB). Vor Beginn der in § 676a Abs. 2 BGB genannten Ausführungsfrist kann das Kreditinstitut den Überweisungsvertrag nach dem Wortlaut des Gesetzes aus freien Stücken kündigen. Es stellt sich wiederum die Frage, ob die Bank damit den Überweisungsvertrag ohne weiteres kündigen kann oder ob sie bestimmten Schranken unterliegt. a) Meinungsstand im Schrifttum Trotz des insoweit eindeutigen Wortlautes des § 676a Abs. 3 BGB wird im rechtswissenschaftlichen Schrifttum die Frage eingehend diskutiert, ob das freie Kündigungsrecht des Kreditinstitutes nach § 676a Abs. 3 Satz 1 Var. 1 BGB Beschränkungen unterliegt. In der Lehre herrschend ist die Ansicht, daß die Bank den Überweisungsvertrag ohne Angabe eines Grundes kündigen kann. Insbesondere wird dabei auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers verwiesen.316 Dagegen wird im Schrifttum zum Teil die Ansicht vertreten, daß auch eine Kündigung vor Beginn der Ausführungsfrist eines wichtigen Grundes bedürfe, da die Einräumung eines freien Kündigungsrechts den Interessen der Beteiligten nicht gerecht werde.317 b) Stellungnahme Inwieweit sich aus § 676a Abs. 3 Satz 1 Var. 1 BGB ein freies Kündigungsrecht der Bank ergibt, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Der Wortlaut des § 676a 316 Einsele, JZ 2000, 9 [10 f., 12]; Baumbach / Hopt / Merkt, (7) Bankgeschäfte C / 9; Joeres, S. 109; Nerlich / Römermann / Kießner, § 116 Rn. 10; Klamt / Koch, NJW 1999, 2776 [2778]; Obermüller, ZInsO 1999, 690 [691, 692]; Risse / Lindner, BB 1999, 2201 [2202]; Schulz, ZBB 1999, 287 [291]; Palandt / Sprau, § 676 a Rn. 12. 317 Becher, DStR 1999, 1360 [1366]; Gesmann-Nuissl, JA 2000, 465 [470]; Gößmann / van Look, WM 2000, Sonderbeil. Nr. 1, S. 5 [33 f.]; Wilkens, MDR 1999, 1236 [1237].
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Abs. 3 Satz 1 Var. 1 BGB ist insoweit eindeutig. Er gewährt dem Kreditinstitut ein freies Kündigungsrecht ohne Angabe eines Grundes. Auch die Systematik zu dem Kündigungsrecht aus § 676a Abs. 3 Satz 1 Var. 2 BGB spricht für dieses Ergebnis. Nach Beginn der Ausführungsfrist ist die Kündigung auf die in dieser Norm genannten Gründe beschränkt. Hieraus folgt, daß eine Kündigung im übrigen ohne weiteres möglich und nicht an das Vorliegen besonderer Voraussetzungen gebunden sein soll. Da der Gesetzgeber auch den Abschluß des Überweisungsvertrages in das freie Ermessen des Kreditinstituts gestellt hat, war die Einführung eines freien Kündigungsrechts vor Beginn der Ausführungsfrist ein konsequenter Schritt. Der Gesetzgeber wollte gerade aufgrund der erfolgsbezogenen Natur des Überweisungsvertrages auch ein freies Kündigungsrecht einführen.318 Allerdings zeigen die §§ 723 Abs. 2, 671 Abs. 2, 627 Abs. 2 BGB, daß die Statuierung eines freien Kündigungsrechts durchaus unter dem Vorbehalt der Beachtung der Interessen der am Vertrag beteiligten Personen stehen kann.319 Ein freies Kündigungsrecht müßte aber auch mit dem Zweck der §§ 676 ff. BGB und den Zielen des Überweisungsgesetzes übereinstimmen. Ziel des neuen Überweisungsgesetzes ist es, die fristgerechte und ungekürzte Ausführung von Überweisungen sowie die kostenlose Gutbringung fehlgeschlagener Überweisungen sicherzustellen.320 Das Gesetz bezweckt damit gerade die vertragsgemäße Ausführung von Überweisungen. Ein einseitiges Lösungsrecht von den Verpflichtungen aus einem Vertrag führt demgegenüber immer zu einer Verlagerung vertraglicher Risiken auf den Kunden. Das Kreditinstitut wird den Überweisungsvertrag nur kündigen, wenn ihr durch dessen Ausführung Nachteile entstehen, sei es, daß diese aus der Sphäre des Kunden, sei es, daß diese aus ihrer eigenen Risikosphäre herrühren. Durch ein freies Kündigungsrecht würde daher empfindlich in die vertragliche Risikostruktur eingegriffen. Letztlich bestünde für das ausführende Kreditinstitut kein Anreiz, möglicherweise auftretende Risiken durch den Einsatz eigener Mittel, etwa durch Einholung von Informationen oder durch eigene Nachforschungen, zu vermeiden, selbst wenn das Kreditinstitut diese Mittel mit dem geringeren Kostenaufwand einsetzen könnte. Auch wenn der Wortlaut und der Wille des Gesetzgebers dagegen sprechen, muß das freie Kündigungsrecht teleologisch reduziert werden. Zudem sind die Bestimmungen der §§ 676 ff. BGB richtlinienkonform auszulegen. Die Überweisungsrichtlinie der EG enthält zwar keine konkreten Vorgaben im Hinblick auf ein Kündigungsrecht der Bank. Jedoch würde ein freies Kündigungsrecht auch das Ziel der Überweisungsrichtlinie, Dienstleistungen bei grenzüberBT-Drs. 14 / 745, S. 20. Gößmann / van Look, WM 2000, Sonderbeil. Nr. 1, S. 5 [34]; GK-HGB / Herget, § 355 Rn. 117. 320 BT-Drs. 14 / 745, S. 8; Ehmann / Hadding, WM 1999, Sonderbeil. Nr. 3, S. 3 [4 f.]; Gößmann / van Look, WM 2000, Sonderbeil. Nr. 1, S. 5 [6]; Schmidt-Räntsch, ZIP 1999, 676 f. 318 319
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3. Teil: Verantwortlichkeit einer verweigerten Mitwirkung am Sanierungsversuch
schreitenden Überweisungen zu verbessern und den Zahlungsverkehr zu beschleunigen, gefährden, könnte das Kreditinstitut doch in der wirtschaftlichen Krise des Kunden dessen Konten durch die Kündigung aller Überweisungsverträge bzw. durch die Weigerung, solche zustande zu bringen, dauerhaft „einfrieren“. Ein freies Kündigungsrecht verträgt sich daher auch nicht mit den Zielen der EG-Richtlinie und ist einzuschränken. Aus alledem folgt, daß die Bank den Überweisungsvertrag nur kündigen darf, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Selbst wenn man dem hier gefundenen Ergebnis nicht folgt, etwa weil man dem Willen des Gesetzgebers den Vorrang einräumt321, steht es den Parteien frei, das so verstanden freie Kündigungsrecht vertraglich einzuschränken (vgl. Nr. 19 AGBBanken; Nr. 26 AGB-Sparkassen), da § 676a Abs. 3 Satz 1 Var. 1 BGB dispositives Recht darstellt. Dabei läßt sich die Reduktion des Kündigungsrechts ggf. im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung wiederum orientiert an den durch die Parteien übernommenen Risiken dahingehend einschränken, daß die Bank auch vor Beginn der Ausführungsfrist zu einer Kündigung nur dann berechtigt sein soll, wenn ihr das Festhalten an dem Überweisungsvertrag unzumutbar ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn durch die Ausführung Risiken aufträten, welche die Parteien bei Abschluß des Vertrages nicht dem Kreditinstitut zugewiesen haben oder dies, hätten sie über den fraglichen Punkt diskutiert, nicht getan hätten. Das Gesetz selbst enthält in den §§ 321, 775 Abs. 1 Nr. 1, 1133 BGB diesen letztlich auf § 242 BGB fußenden Rechtsgedanken. Selbst wenn man § 676a Abs. 3 Satz 1 Var. 1 BGB daher nicht teleologisch reduzieren wollte, folgte dasselbe Ergebnis jedenfalls aufgrund der vertraglichen Absprachen aus dem Girovertrag.
2. Nach Beginn der Ausführungsfrist Nach Beginn der Ausführungsfrist kann das Kreditinstitut den Überweisungsvertrag nur noch kündigen, wenn über das Vermögen des Überweisenden das Insolvenzverfahren eröffnet oder ein zur Durchführung der Überweisung erforderlicher Kredit gekündigt worden ist (§ 676a Abs. 3 Satz 1 Var. 2 BGB). Der Überweisungsvertrag besteht im übrigen trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort (§ 116 Satz 3 InsO). Der entstehende Aufwendungsersatzanspruch der Bank stellt eine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO dar.322
Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 343 ff. Gößmann / van Look, WM 2000, Sonderbeil. Nr. 1, S. 5 [35]; Obermüller, ZInsO 1999, 690 [695]. 321 322
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III. Zusammenfassung Die Bank ist zu einer Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs des in die Krise geratenen Unternehmens nur dann verpflichtet, wenn damit für sie keine Risiken einhergehen oder sie die entstandenen Risiken hinreichend hätte absichern können, wenn also das Krisenunternehmen noch über ein ausreichendes Guthaben verfügt oder ihm von der Bank ein entsprechender Kredit eingeräumt und dieser nicht wirksam von der Bank gekündigt worden ist. Darüber hinaus ist die Bank nur dann zur Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs verpflichtet, wenn sie nach den bereits dargelegten Grundsätzen auch sonst zu weiteren Stützungsmaßnahmen in der Krise verpflichtet ist.
Ergebnisse 1. Ein Unternehmen befindet sich in einer wirtschaftlichen Krise, wenn es insolvenzreif ist. Darüber hinaus kann von einer Krise bereits dann gesprochen werden, wenn das Unternehmen zwangsläufig in die Insolvenz geraten muß, wenn es nicht Maßnahmen zur Reorganisation ergreift. Unerheblich ist dabei, ob das Unternehmen hierfür auf die Hilfe von dritter Seite angewiesen ist oder nicht. Für den weiten Krisenbegriff spricht vor allem, daß ein Unternehmen in einer solchen Situation Risiken übernimmt, die es ohne die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht eingegangen wäre. Insbesondere wird ein Krisenunternehmen Geschäfte auch dann tätigen, wenn die Verlustrisiken und der zu erwartende Schaden hoch sind und den angestrebten Gewinn übersteigen. Hierdurch kann es zu einer Verlagerung von Risiken auf die (potentiellen) Gläubiger des Unternehmens kommen. Eine Beschränkung des Begriffs der wirtschaftlichen Krise auf die Insolvenzreife ist dagegen abzulehnen. 2. Ist das Unternehmen sanierungsunfähig, sollte es möglichst rasch liquidiert werden. Jede weitere Stützungsmaßnahme verbietet sich dann. Ist das Unternehmen dagegen sanierungsfähig, sollte es auch saniert und nicht zerschlagen werden. Da eine Sanierung vor allem dann Erfolg verspricht, wenn sich die Krise des Unternehmens noch nicht derart verfestigt hat, daß das Unternehmen insolvenzreif ist, sollten Anreize zu einer möglichst frühzeitigen Sanierung des Unternehmens gesetzt werden. Dabei ist ein freies Sanierungsverfahren einem gesetzlich kontrollierten Sanierungsverfahren, insbesondere innerhalb des Insolvenzverfahrens, vorzuziehen. Dem Haftungsrecht kommt daher zum einen die Aufgabe zu, Anreize zu einer möglichst frühzeitigen Sanierung zu setzen. Zum anderen kommt dem Haftungsrecht bei einer vorinsolvenzlichen Sanierung vor allem auch die Aufgabe zu, die fehlende gesetzliche Kontrolle eines solchen „freien“ Sanierungsverfahrens zu ersetzen, insbesondere unfaires Verhalten der Beteiligten zu sanktionieren. 3. Fällt das Unternehmen in die Krise, verwirklicht sich das unternehmerische Risiko. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit schützt die Bank davor, daß sie gegen ihren Willen dazu verpflichtet wird, in dieser Phase weitergehende Risiken zu übernehmen. Insbesondere ist die Bank grundsätzlich nicht verpflichtet, das Krisenunternehmen (weiter) zu stützen. Beteiligt sich die Bank an einem Sanierungsversuch, trägt das Krisenunternehmen selbst die Gefahr, daß die Sanierung fehlschlägt und damit der wirtschaftliche Sinn der Darlehensgewährung ausbleibt (sog. Verwendungsrisiko). Auch die Mitgläubiger können die Bank grundsätzlich nicht für die durch die Krise bzw. den Sanierungsversuch entstandenen Schäden in An-
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spruch nehmen. Aus dem Relativitätsprinzip folgt, daß die Bank grundsätzlich keine Rücksicht auf die Interessen der Mitgläubiger zu nehmen braucht. Vielmehr müssen sich diese selbst hinreichend gegen die Risiken eines Unternehmenszusammenbruchs absichern (caveat creditor). Tun sie dies nicht, handeln sie auf eigenes Risiko. Das Relativitätsprinzip gewährleistet dabei ein privatautonomes Handeln der Bank. 4. Eine von den vorbezeichneten Grundsätzen abweichende Risikozuweisung gegen den Willen der Bank setzt sich prima facie in Widerspruch zur Privatautonomie und muß mit diesem Prinzip in Einklang gebracht werden. Der Privatautonomie liegt der Gedanke der formalen Vertragsfreiheit zugrunde, nach dem sich ein interessengerechter Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Beteiligten von selbst einstellt. Da alle Beteiligten egoistisch und nutzenmaximierend handeln, ist davon auszugehen, daß eine vertragliche Risikozuweisung einer allseits interessengerechten Lösung entspricht. Fehlt eine solche Absprache, ergibt sich die Risikozuweisung aus dem Gesetz bzw. den diesem zugrunde liegenden Prinzipien, wie etwa dem Relativitätsprinzip. Diese Prinzipien entsprechen einer Risikoverteilung, wie sie von den Parteien vorgenommen worden wäre, hätten sie hierüber verhandelt. In Frage gestellt wird diese Grundannahme jedoch immer dann, wenn sich eine Störung des freien Marktgeschehens ergibt, sei es aufgrund unfairen Verhaltens einer Partei, sei es, daß eine interessengerechte Zuweisung der Risiken aufgrund der damit einhergehenden prohibitiv hohen Transaktionskosten gar nicht erfolgt. Dem Vertragsrecht kommt dann die Aufgabe zu, eine interessengerechte Marktlösung zu simulieren und opportunistisches Verhalten zu verhindern. Ein besonderer Fall des Marktversagens stellt die Verursachung negativer externer Effekte dar, die durch den Markt nicht ausgeglichen werden. Marktversagen kann damit Eingriffe in die Vertragsfreiheit rechtfertigen. Diese stellen keine Eingriffe „von außen“ dar, sondern sollen im Gegenteil gerade die freiheitssichernde Funktion der Privatautonomie wiederherstellen. Kein Ziel des Vertragrechts sollte dagegen sein, durch Eingriffe in die Vertragsfreiheit eine „gerechte“ Ordnung im Sinne einer übergeordneten Vertragsgerechtigkeit herzustellen. 5. Die Idee der formalen Vertragsfreiheit und ihrer freiheitssichernden Funktion leitet über zur ökonomischen Funktion der Vertragsfreiheit und des Vertragsrechts. Danach erfolgt eine Zuweisung der Risiken gemäß dem Effizienzgedanken. Diesem kommt nicht lediglich eine analytische, sondern vielmehr und insbesondere auch eine rechtsfortbildende Funktion zu. Der Effizienzgedanke ist als Rechtsprinzip Teil der Rechtsordnung. Bei einem Marktversagen können daher Eingriffe geboten sein, um dem Effizienzgedanken zur Wirksamkeit zu verhelfen. Damit soll nicht gesagt werden, daß sich Individuen tatsächlich diesem Gedanken entsprechend verhalten. Auch ist damit nicht gemeint, daß sie dies tun sollten. Sofern kein Marktversagen vorliegt, sind die privatautonom zustandegekommenen Absprachen
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der Beteiligten in jedem Fall hinzunehmen, und zwar selbst dann, wenn sie ineffizient sein sollten. 6. Allein durch den Eintritt der wirtschaftlichen Krise wird die grundsätzliche Verteilung der Risiken nicht in Frage gestellt. Insbesondere trifft die Bank grundsätzlich keine Verantwortlichkeit, wenn sie sich an einem Sanierungsversuch beteiligt und dieser scheitert. Dies gilt auch gegenüber den Mitgläubigern, weil davon auszugehen ist, daß die Risiken des Sanierungsversuchs zwischen risikoneutral handelnden Beteiligten, hätten sie hierüber verhandelt, so zugewiesen worden wären, wie dies dem Grundsatz des caveat creditor entspricht. Auch ist die Bank grundsätzlich nicht verpflichtet, das Krisenunternehmen durch die Gewährung weiterer Darlehen zu stützen oder diesem bereits ausgereichte Darlehen zu belassen. Zu einer Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs ist die Bank in der Krise nur dann verpflichtet, wenn für sie hiermit keinerlei Risiken einhergehen, nämlich dann, wenn das Krisenunternehmen über ein entsprechendes Guthaben verfügt oder ihm ein entsprechender Kreditrahmen eingeräumt worden ist. Abweichend hiervon kann die Bank zur Übernahme zusätzlicher Kreditrisiken dann verpflichtet sein, wenn sie sich opportunistisch verhält. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Bank eine bestehende Abhängigkeit des Krisenunternehmens zur Verschaffung oder Sicherung eigener Vorteile ausnutzt oder die Krise des Unternehmens selbst herbeiführt, um sich eigene Vorteile zu verschaffen oder zu sichern. Beteiligt sich die Bank an einem Sanierungsversuch, kann sie dann zudem verpflichtet sein, die Planung und Durchführung des Sanierungsversuchs zu überwachen. Auch eine Haftung gegenüber den Mitgläubigern kommt dann in Betracht. Dem von der Rechtsprechung entwickelten Merkmal der „Eigensucht“ liegt derselbe Gedanke zugrunde. Dieses Haftungskriterium ist jedoch lediglich das Ergebnis eines materiellen Wertungsprozesses. Der von der Rechtsprechung entwickelten Kreditgeberhaftung fehlt daher eine (auch dogmatisch richtige) Wertungsgrundlage und damit die erforderliche Vorhersehbarkeit möglicher Haftungsrisiken. Hat die Bank zusätzliche Kreditrisiken zu übernehmen, kann sie zu einer weiteren Darlehensgewährung bzw. -belassung sowie einer weitergehenden Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs verpflichtet sein. Welche Pflichten die Bank hier im einzelnen treffen hängt davon ab, welche Maßnahmen zur Beseitigung der Marktstörung erforderlich sind. Hat die Bank die Krise selbst herbeigeführt oder das Krisenunternehmen davon abgehalten, am Markt Hilfe von dritter Seite zu erhalten, ist sie aus Ingerenz zur Gewährung eines Sanierungsdarlehens verpflichtet und zwar unter Umständen zu Konditionen, die eine Beseitigung der Krise erlauben. Insbesondere kann die Bank zur Darlehensgewährung selbst ohne ausreichende Sicherheiten verpflichtet sein. Verweigert die Bank eine Mitwirkung an einem Sanierungsversuch, haftet sie allerdings den Mitgläubigern gegenüber für den hierdurch entstandenen Schaden
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nicht, weil die Marktstörung in diesem Fall allein das Verhältnis der Bank zu dem Krisenunternehmen betrifft. Anders als bei einer Beteiligung der Bank an einem Sanierungsversuch geht es hier nicht um eine Entscheidung über die Fortführung des Unternehmens ohne Beteiligung der Mitgläubiger. Das opportunistische Verhalten der Bank berührt bei einer verweigerten Mitwirkung den Rechtskreis der Mitgläubiger nicht. Diese profitieren nur mittelbar dadurch, daß das Unternehmen entsprechende Ansprüche gegen die Bank erwirbt und damit die Haftungsmasse erweitert wird. 7. Keine konkreten Pflichten der Bank lassen sich aus dem volkswirtschaftlichen Interesse an einer Darlehensgewährung oder dem Sozialstaatsprinzip ableiten. Das Vertragsrecht ist von Umverteilungsversuchen freizuhalten. Auch aus dem Gesichtspunkt der Abhängigkeit, der Störung der Vertragsparität sowie der Inanspruchnahme von Vertrauen lassen sich alleine keine konkreten Verhaltenspflichten der Bank entnehmen, sondern nur dann, wenn diese Umstände zu einem opportunistischen Verhalten ausgenutzt werden. Keine über das bereits Gesagte hinausgehende, allgemeine Mitwirkungspflicht trifft Banken dann, wenn sich Gläubiger zu einer Sanierung des Unternehmens bereit finden, die Bank jedoch eine Mitwirkung verweigert. Die Probleme, die sich aus dieser sog. Akkordstörerproblematik ergeben, insbesondere die Entstehung positiver externer Effekte bei der Bank durch das Verhalten der übrigen Gläubiger, sollten zwar durch die Begründung von Kooperationspflichten in Form eines Obstruktionsverbots gelöst werden. Jedoch ist dies de lege lata nicht möglich. Etwas anderes gilt auch hier bei einem opportunistischen Verhalten, das bei einem (drohenden) Akkordstörerverhalten vor allem dann vorliegt, wenn sich die Bank nur gegen die Einräumung von Sonderkonditionen zu einer Mitwirkung am Sanierungsversuch bereit findet. 8. Die Haftung der Bank gegenüber den Mitgläubigern wegen einer Beteiligung an einem Sanierungsversuch läßt sich dogmatisch weder durch eine (quasi)vertragliche noch eine deliktische Haftung umsetzen. Insbesondere der von der Rechtsprechung herangezogene § 826 BGB ist hierfür aufgrund seiner strengen Haftungsvoraussetzungen ungeeignet. Auch die Konzernhaftungsgrundsätze sowie die Eigenkapitalersatzregeln eignen sich nicht, um eine Haftung von Banken bei der Beteiligung an einem Sanierungsversuch umfassend zu lösen. Eine Haftungsnorm läßt sich nur im Wege der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung gewinnen. Unter den o.g. Voraussetzungen kann die Bank eine Durchgriffshaftung treffen. Diese führt dazu, daß die Bank für die Verbindlichkeiten des Krisenunternehmens gegenüber dem Mitgläubiger einzustehen hat, wenn diese Forderungen bei einer Sanierung des Unternehmens befriedigt worden wären (sog. Schuldnerdurchgriff). Im Hinblick auf Schäden, die den Mitgläubigern durch masseverkürzende Handlungen der Bank, wie etwa der Bestellung von Sicherheiten, entstanden sind, können diese entfallen, sofern die zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte gemäß § 138
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Abs. 1 BGB sittenwidrig oder nach dem AnfG bzw. der InsO anfechtbar sind. Für weitergehende Schäden kann den Mitgläubigern ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zustehen (sog. Haftungsdurchgriff). In der Insolvenz des Unternehmens sind diese Ansprüche vom Insolvenzverwalter geltend zu machen, sofern mit diesen ein Gesamtschaden beseitigt werden soll.
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Sachwortverzeichnis Abbruch von Vertragsverhandlungen 331 Abhängigkeit 12, 20, 27, 129 ff., 171, 179 ff., 225, 248, 272, 300, 321 f., 332, 340 ff., 359 f., 360, 379, 412 f. Abmahnung 367 Abschlußpflicht 340, 342 actio de in rem verso 324 ff. Akkordstörerproblematik 33, 36, 73, 380 ff., 394, 413 Allokationseffizienz 72, 100, 107, 111, 114 ff., 280, 296 Anvertrauenshaftung 146, 149 Arbeitnehmer 31, 46 f., 67, 119, 239, 290, 292 Aufspaltungsrisiko 124 Ausführungsfrist 406 ff. Aussaugung 129 f., 262, 271 f. Bankaufsichtsrecht 246 Bankenprivileg 204 f. Bankgeheimnis 162 Begriffsjurisprudenz 84 f., 232, 325 Berufshaftung 35, 110, 151 f., 236, 285, 309 Berufspflichten 151 f., 238, 246, 276 Besicherung 71, 79, 82, 105, 119, 133, 156, 166, 177, 295, 216, 226, 228, 281 f., 288, 290, 299, 300 ff., 361 f., 369 Bewertung der Sicherheiten 340 Beziehungskapital 39 f. Bonitätsprüfung 81, 158, 346 BuM-Urteil 138, 183, 201 casum sentit dominus 82 caveat creditor-Grundsatz 79, 81 f., 149, 272 cheaper insurer 108 cheapest information producer 108 cheapest risk bearer 108
co op-Urteil 386, 389 Corporate Governance siehe Managementfehler Darlehensbelassung 126, 331, 345 ff. Darlehensbelassungspflicht 330, 348 ff., 362 f., 380, 394 Darlehensgewährungspflicht 127 f., 329 ff., 363, 369, 394 Daseinsvorsorge 126 Debt-Equity-Swap 61 deep pocket approach 108, 123, 327 Deliktsgläubiger 46, 292 Dispositionskredit 73 f. drittschädigende Kreditgewährung 88, 138, 240, 232, 237, 245, 316 Durchgriff 26, 312 ff. Durchgriffshaftung 59, 103, 140, 186, 189, 199 f., 210, 223 ff., 249, 284, 292, 308, 310, 322, 373, 413 Effizienzbegriff 107 Effizienzkriterium 35, 106, 109 ff., 274, 283 EG-Beihilferecht 34 Eigenhaftung Dritter 138, 232, 239 Eigenkapital 44, 47, 60 ff., 148, 192 ff., 210 ff., 282, 292 ff., 344, 371, 373, 381 Eigenkapitalerhöhung 41 Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen 49, 64, 215, 379 Eigennutz 87, 265 f., 283, 301 f., 412 Eigenverwaltung 67 f. Einheitslehren 234 Einwendungsdurchgriff 121 ff., 234, 312 f., 320, 324 Entlastungsfunktion siehe Vertragsrecht Entscheidungsdeterminanten 76 Existenzgründungsdarlehen 59 externe Effekte 100 ff., 134 f., 207, 222, 276, 283
448
Sachwortverzeichnis
faktische Geschäftsleitung 227 f., 248 Fehleridentität 167, 169 Financial Covenants 228 Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter 191 f., 200 Finanzierungs(folgen)verantwortung 192 f., 196 Finanzplandarlehen 217, 219, 371, 373, 379 Fortbestehensprognose 38 Fortführungswerte 38 Fremdkapital 43 f., 60, 192, 194, 212, 216 ff., 372 Gerechtigkeitsgehalt des dispositiven Rechts 88 Gesamtanalogie 313 f. gesetzesimmanente Rechtsfortbildung 115, 308, 310 ff. gesicherte Gläubiger 46, 288, 381 Gewaltenteilungsprinzip 118 Gläubigerbenachteiligung 167 ff., 174 ff., 260 ff., 277 Gläubigergefährdung 167, 173, 255, 260 ff. Gläubigerschutz 182 f., 195, 253 Gleichbehandlungsgrundsatz 396 Grundsätze über die verantwortungsvolle Kreditvergabe 153 Haftungsdurchgriff 153 ff., 312, 316, 320, 322, 414 Haftungsrisiko siehe Risiko Hausbank 75, 130, 176, 184 f., 209, 252, 332, 334, 340 HeLaBa-Sonnenring-Urteil 211 hold-out-Position 131 homo oeconomicus 109 f., 337 Humankapital 39 Identitätsthese 118 inciviliter agere 342 Informationskosten 81, 108, 130, 150, 153, 161, 296 ff. Ingerenz 134, 250, 344, 412 Insolvenzanfechtung 48, 68, 80, 166 ff., 174, 178, 256, 258 Insolvenzordnung 40, 43, 66 ff., 199 Insolvenzplanverfahren 67 ff.
Insolvenzreife 37, 40 ff., 50, 65, 71, 214, 264, 291, 361, 410 Insolvenzverfahren 55, 60, 69, 70, 256, 374, 399 Insolvenzverschleppung 249 ff., 263, 265, 277, 283 intellektuelles Kapital siehe Humankapital Juristische Person 38, 47 Kaldor-Hicks-Kriterium 107 Kapitalerhöhung 52 Knebelung 129 f., 171, 262, 271 f. Konkursordnung 40 Kontrahierungszwang 125 ff., 331 ff., 403 Konzernhaftung 178 ff., 249 Kreditkaskade 273 ff., 280 ff., 345 ff. Kredittäuschung 173 f., 255, 262 ff., 271, 277 Kreditunwürdigkeit 37, 44, 214, 216, 349 Kreditversorgung 131, 346 Krise der Gesellschaft 42, 198 ff., 213 ff., 375 Krisenbegriff – insolvenzrechtlicher 42 – weiter 36 f., 40 ff., 410 Kündigung zur Unzeit 351, 356, 366 Kündigungsrecht der Bank 211, 350, 407 f. Lehre vom faktischen Vertrag 233 Lehre vom rechtsgeschäftlichen Kontakt 147, 149 Lehre von den Schuldvertragstypen 88, 93 Lehre von der Vertragsnatur siehe Vertragsgerechtigkeitstheorien Liquidation 32, 35, 43, 50, 59, 66, 70, 197, 242, 287, 377 f. Liquidationsdarlehen 59 Liquidität 45, 55, 75, 212 Liquiditätsengpaß 36 Managementfehler 34, 36, 67, 136 Marktmacht 128 Mitwirkungspflichten 33 ff., 106, 125 f., 135 ff., 151, 345, 378, 382, 384, 387, 388, 392 ff., 400 Monopolmacht 100
Sachwortverzeichnis negative pledge-Klausel 228 negotiorum gestor 325 Netzwerkverträge 103 Neugläubiger 31, 105, 254, 298, 305 f. objektbezogene Darlehen 57 Obstruktion 389 Obstruktionsverbot 413 Opportunismus 300, 302 Opportunismusprämie 100, 296, 299 opportunistisches Verhalten 106, 115, 125, 132, 135, 151, 155, 292 ff., 327, 347, 402, 411 Optimierungsgebot 115 pactum de non petendo 64, 378 par condicio creditorum 66, 288 Pareto-Kriterium 107 pari passu-Klausel 228 Paternalismus 109 Präventionsgedanke 101 Primärallokation 99 Privatautonomie 35, 76 ff., 142, 146, 155, 233, 312, 327, 330, 334 ff., 373, 384, 394, 405, 411 – Vertragsfreiheit 78, 94 projektbezogene Darlehen 57 Rangrücktritt 60, 63, 214, 389 Rechtsklarheit 323 Rechtsmißbrauch 357 f. Rechtsprinzipien 115 Rechtssicherheit 323 règlement amiable 72 Relativitätsprinzip 77, 80 ff., 234, 244, 311, 321, 346, 411 REM-Hypothese 107 Reorganisation 42 ff., 51, 69, 410 Rezession 31, 49 Richterrecht 246 f. Risiko – Ausfallrisiko 196, 198, 290 f. – Haftungsrisiko 31, 106, 262, 281, 328 Risikoverteilung 35, 52, 76 f., 85, 87, 124, 151, 236, 303, 317, 320 ff., 411 Risikozuweisung 35, 52, 86 ff., 283 ff., 296, 299, 307, 310, 411 29 Vuia
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Sanierung 16 f., 31 ff., 99, 104, 120 ff., 156 ff., 186 f., 191 ff., 205, 212, 216 f., 220 f., 228 f., 234, 239 ff., 248, 254, 265 ff., 277 f., 281, 287 ff., 307, 320, 329, 334 ff., 348, 366, 370 ff., 380 ff., 391 ff., 400, 410, 413 – externe 55 – Kontrollmechanismen 65, 71 ff. – Sanierungsdarlehen 56 ff., 69, 204, 210 f., 278 – sanierungsfähig 52, 138, 147, 156 ff., 175, 216, 231 f., 238, 240, 250, 265 ff., 271 ff., 306 f., 339, 362, 371 – Sanierungskredit 40, 42, 55 ff., 73 ff., 120, 123, 137, 138 ff., 160, 164, 170, 175 ff., 190, 201, 205, 208 ff., 230, 247, 263, 271, 276, 281, 299 ff., 312, 329, 330, 334, 345, 370 f. – Sanierungsversuch 48 f., 175, 179, 198, 262, 266, 269, 270 f., 342, 393 – Vorinsolvenzphase 69 ff. Sanierungsbedürftigkeit 41 f., 55, 65, 73, 264 Sanierungsbegriff 53 f. Sanierungsfähigkeitsprüfung 158 ff., 217, 231, 238, 266, 279, 293, 294 ff. Sanierungsfusionen 34 Sanierungsgesellschaft 34, 62, 217, 385 ff., 296 Sanierungskonsortium 384 f. Sanierungsmaßnahmen, finanzwirtschaftliche 34, 52 ff., 62 ff., 212, 126, 157, 161 ff., 238, 302 Sanierungsplan 58, 157, 161 ff., 232, 240, 267, 294, 298, 306, 387 Sanierungsprivileg 174, 211, 213 Sanierungsvergleich 334, 380 ff. Sanierungsversuch 31 ff., 42, 47, 49, 65, 71, 76 ff., 145, 155 ff., 347, 350, 356, 380 ff. Sanierungszweck 55, 63, 212, 300, 302 Sanierungszweckvereinbarung 56 Schmälerung der Haftungsmasse 53 Selbstbestimmungsprinzip 86, 91 ff., 97, 142 Selbstbindung ohne Vertrag 235 f. Shareholders 45 Sicherheiten 48 ff., 63 ff., 169 ff., 264, 270, 277, 295, 334 ff., 358, 361 ff., 374 f.
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Sachwortverzeichnis
Sicherheitenfreigabe 63 Sittenwidrigkeit 23, 48, 167 ff., 254 ff., 271, 276, 397 Sonderdeliktsrecht 285 f. Sonderstellung 75, 128 Sozialstaatsprinzip 112, 130, 390 Sozialwirkung der Schuldverhältnisse 83, 102, 143 spezifisches Kapital 40, 46 Stakeholders 45 Stehenlassen von Darlehen 56, 375 f. Stillhalten 303 Strohmann 187, 224, 318 Stundung 64 f., 378 ff., 389 Stundungsvereinbarung 56, 64, 373 superior risk bearer 108 Thega-Urteil 183 Theorie der vertragsrechtsgebundenen Selbstbestimmung siehe Vertragsgerechtigkeitstheorien Theorie vom subjektiven Interessenausgleich siehe Vertragsgerechtigkeitstheorien third party effect 101 Tiefbau-Urteil 184 Transaktionskosten 70, 75, 87, 98 f., 106 f., 120, 155, 277, 286, 411 Trennungsdenken 323, 325 Trennungsprinzip 77, 85, 308, 319 f. Treu und Glauben 333 f., 356 f., 367, 369, 373, 390, 392 f. – Verbot des venire contra factum proprium 134 f., 194, 340, 359, 370, 377 Typenfreiheit 88 Überbrückungsdarlehen 58 f., 216 ff., 294, 339, 342 Überschreitung der Kreditgeberrolle 141, 163, 283 Überschuldung 37 ff., 56, 60 ff., 79, 214, 291, 380 Überschuldungsstatus 38, 61, 63 Überweisungsvertrag 403 ff. Überziehung der Kreditlinie 341 – geduldete Überziehung 341, 374 Unternehmensfortführung 34, 39, 46 ff., 67
Unternehmensinsolvenz 32 verborgenes Wissen 96, 100 Verbot des Vertrages zu Lasten Dritter 91, 115 ff. Verteilungsgerechtigkeit 91, 115 ff. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte 89, 236 ff., 321 Verträgen mit Lastwirkungen 102 Vertragsfreiheit 35, 76 ff., 86 ff., 132, 142, 146 ff., 311, 327, 338, 346 ff., 394, 410 f. Vertragsgerechtigkeit 87, 90 ff., 411 Vertragsgerechtigkeitstheorien 90, 91, 93 Vertragsgläubiger 46, 288, 290, 292, 305, 392 Vertragsrecht 87, 92, 97 ff., 106, 112, 119 f., 135, 155, 234, 236, 240 f., 285, 309, 338, 411, 413 Vertrauen 100, 135 ff., 147 ff., 195, 235, 267, 273, 276, 280 f., 296 ff., 307, 340 f., 345 f., 366 ff., 373, 413 Vertrauensprämie 100, 296 ff., 307 Vertrauensprinzip 145, 240 Vertrauensschutz 135, 150, 195, 362 Verwendungsrisiko 76, 85, 121 ff., 161, 410 volkswirtschaftliches Interesse 48, 126 vollständiger Vertrag 99, 108 f. Vorrang der Sanierung 45 Vorrang der Zerschlagung 45 Wagnisfinanzierung 127 f., 373 Warenlieferanten 46, 168 Willensprinzip 88 wirtschaftliche Abhängigkeit 182, 185, 359 wirtschaftliche Einheit 121 ff., 225 f. Wissensbilanz 39 f. Wissensvorsprung 75, 122, 124 f., 137, 141, 159 ff., 195 ff., 269, 277, 283, 296, 307 Zahlungsaufschub 64, 351 Zahlungsstockung 38 Zahlungsunfähigkeit 37 ff., 56, 64, 70, 79, 175 ff., 291, 380 Zahlungsverkehr 402 ff. Zeitraum-Illiquidität 38 Zerschlagung 45 ff., 70, 164 f., 389 Zufallsinformationen 162, 281, 297, 307