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German Pages 578 Year 2012
Die Schreibsprache des Julius Pflug im Konfessionsstreit
Lingua Historica Germanica Studien und Quellen zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Band 1 Herausgegeben von Stephan Müller, Jörg Riecke, Claudia Wich-Reif und Arne Ziegler
Gesellschaft für germanistische Sprachgeschichte e.V.
Corinna Wandt
Die Schreibsprache des Julius Pflug im Konfessionsstreit Schreibsprachanalyse und ein edierter Dialog
Akademie Verlag
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978-3-05-005704-0 978-3-05-005899-3
Inhaltsverzeichnis
A Schreibsprache ..........................................................................................................
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A0 Vorwort .............................................................................................................. A1 Einleitung ........................................................................................................... A1.1 Forschungsziel und Forschungsstand ......................................................... A1.1.1 Forschungsziel .................................................................................... A1.1.2 Forschungsstand zu Julius Pflug ......................................................... A1.2 Biografisches und Julius Pflugs Schreibsprache ......................................... A1.2.1 Biografisches ....................................................................................... A1.2.2 Pflugs Schreibsprache ......................................................................... A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession ......................... A1.3.1 Geschriebene vs. gesprochene Sprache ............................................... A1.3.2 Sprachlandschaften und Sprachausgleich ............................................ A1.3.3 Konfessionalisierung ........................................................................... A1.3.3.1 Konfessionalisierung in historisch-theologischer Sicht ............... A1.3.3.2 Sprachliche Konfessionalisierung auf dem Weg zum Neuhochdeutschen ............................................................... A1.3.3.3 Konfessionalisierung bei Julius Pflug .......................................... A1.3.4 Hypothesen ......................................................................................... A2 Methodisches ..................................................................................................... A2.1 Das Korpus ................................................................................................. A2.1.1 Niklas, Veit und Dietrich: ein Gespräch zwischen zwei Protestanten und einem Katholiken ............................................ A2.1.1.1 Niklas, Veit und Dietrich ............................................................. A2.1.1.2 Das Andere Buch ......................................................................... A2.1.2 Passionspredigten, Sonntagsevangelien, Predigtanleitung .................. A2.1.3 Das Abendmahl unter einer oder beiderlei Gestalt – Traktat über den Laienkelch ............................................................... A2.1.4 Traktat zum Leipziger Religionsgespräch ........................................... A2.1.5 Briefe .................................................................................................. A2.2 Parameter für die Schreibsprachanalyse .....................................................
11 12 14 14 15 21 21 29 31 32 34 40 41 44 49 51 52 52 53 53 55 55 57 58 59 60
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Inhaltsverzeichnis
A2.3 Die Edition der Texte ................................................................................ A3 Die Schreibsprache Pflugs ................................................................................ A3.1 Phonologie / Graphematik ......................................................................... A3.1.1 Vokalismus ......................................................................................... A3.1.1.1 Mhd. ei ........................................................................................ A3.1.1.2 Mhd. ou vor Labialkonsonanten f, b ........................................... A3.1.1.3 Mhd. o in doch, noch, ob, oder und sal / sol .............................. A3.1.1.4 Umlautbezeichnung .................................................................... A3.1.1.5 Apokope beim Verb .................................................................... A3.1.1.6 Apokope beim Substantiv ........................................................... A3.1.1.7 Synkope in den Präfixen be- und ge- .......................................... A3.1.2 Konsonantismus ................................................................................. A3.1.2.1 Oberdeutsche und ostmitteldeutsche konsonantische Reflexe ........................................................................................ A3.2 Morphologie .............................................................................................. A3.2.1 Flexionsmorphologie .......................................................................... A3.2.1.1 Reflexivpronomen im Dat. Sg. / Pl. ............................................ A3.2.1.2 Genuswechsel der Substantive .................................................... A3.2.1.3 Nom. / Akk. Pl. ausgewählter a- / ja-stämmiger Neutra und die Plural-flexive -er + -e ..................................................... A3.2.1.4 Singular ausgewählter Feminina ................................................. A3.2.1.5 Epithese des -e im Präteritum starker Verben ............................. A3.2.1.6 Starke Verben der mittelhochdeutschen Klasse IIb im Singular .................................................................................. A3.2.1.7 Wechselflexion der mittelhochdeutschen Ablautklassen IIIb, IV, V und Präteritalausgleich bei starken Verben IIIa ........ A3.2.1.8 Rückumlaut ................................................................................. A3.2.1.9 Präfix ge- zur Bildung des Partizips Präteritum .......................... A3.2.1.10 wir / sie seind: 1. / 3. Ind. Pl. von sein ...................................... A3.2.1.11 Weiteres zur Flexionsmorphologie ........................................... A3.2.2 Wortbildungsmorphologie ................................................................. A3.2.2.1 Syntaktische und semantische Funktion von Suffixen ................ A3.2.2.2 Präfixe ver- und vor- ................................................................... A3.2.2.3 Suffixe -nis und -nus ................................................................... A3.2.2.4 Diminutivsuffix ........................................................................... A3.3 Syntaktisches ............................................................................................. A3.3.1 Negation ............................................................................................. A3.3.2 Futurperiphrasen ................................................................................ A3.3.3 Perfekt vs. Präteritum ......................................................................... A3.3.4 Pränominales Genitivattribut vs. uneigentliches Kompositum ........... A3.3.5 Begründende Konjunktionen ..............................................................
63 64 64 64 64 65 66 67 69 72 75 77 79 82 83 83 85 88 92 94 96 97 98 99 102 102 104 104 109 110 110 111 111 115 118 122 125
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A3.4 Lexik ........................................................................................................... A3.4.1 nicht, nit .............................................................................................. A3.4.2 ane, one ............................................................................................... A3.4.3 lestern, schenden, schmehen, spotten .................................................. A3.4.4 zur ehe greiffen, heiraten .................................................................... A3.4.5 gehorsam sein, gehorchen .................................................................. A3.4.6 vorstand, vornunfft .............................................................................. A3.4.7 streit, krig, zcanck ............................................................................... A3.4.8 preis .................................................................................................... A3.5 Die Schreibsprachanalyse im Überblick ..................................................... A3.5.1 Ostmitteldeutsche und oberdeutsche Charakteristika .......................... A3.5.2 Vergleich der Schreibsprache Julius Pflugs mit einer Auswahl an zeitgenössischem Schrifftum ........................................... A3.5.3 Hinweise auf textspezifische Elemente in Julius Pflugs Autografen ............................................................................... A4 Die Schreibsprache des Julius Pflug im Rahmen Autor – Region – Konfession ............................................................................. A4.1 Der Autor in seiner Region ......................................................................... A4.2 Region und Konfession – ein Autor im Spannungsfeld .............................. A4.2.1 Die inhaltliche Perspektive ................................................................. A4.2.2 Die (schreib-)sprachliche Perspektive ................................................. A4.2.2.1 Region – (Über-)Regionalität ...................................................... A4.2.2.2 Konfessionalisierung als retardierendes Moment des Sprachausgleichs .......................................................................... A4.2.2.3 Pflug am Beginn der Konfessionalisierung der Sprachlandschaften ...................................................................... A4.3 Zusammenfassung: Autor – Region – Konfession ...................................... A4.3.1 Weitere Einflüsse auf die Schreibsprache Pflugs ................................ A4.3.2 Schlussfolgerungen ............................................................................. A4.3.3 Ausblick ..............................................................................................
129 129 131 131 132 132 132 133 135 135 135
B Glossar ......................................................................................................................
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B1 Ziel, Benutzerkreis und Quellen ......................................................................... B2 Aufbau und Inhalt der Artikel im Glossar .......................................................... § 1 Aufbau der Artikel ......................................................................................... § 1.1 Der Artikelkopf ...................................................................................... § 1.2 Bedeutungsparaphrasen und Belege ...................................................... § 1.3 Angaben zur Häufigkeit ......................................................................... B3 Lemmatisierung .................................................................................................. § 1 Das Lemma und seine Nennform ..................................................................
159 161 161 161 162 162 163 163
137 143 144 144 146 146 146 146 147 149 153 153 154 155
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Inhaltsverzeichnis
§ 2 Angaben zur Wortart .................................................................................... § 3 Angaben zu den flektierten Formen im Artikelkopf ..................................... § 4 Bedeutungserläuterungen und dazugehörige Belege .................................... § 5 Graphematische Lemmatisierung ................................................................. B4 Alphabetisches Glossar (A–Z) ..........................................................................
163 164 164 165 166
C Edition .....................................................................................................................
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C1 Einleitung .......................................................................................................... C2 Dialoge in der Reformationszeit ........................................................................ C2.1 Allgemeines zu Reformationsdialogen ...................................................... C2.2 Ein Dialog im Nachlass Julius Pflugs ........................................................ C2.2.1 Inhaltliches, Struktur, Figuren ............................................................ C2.2.2 Sprachliche Merkmale des Dialogs .................................................... C3 Editionsphilologisches ....................................................................................... C3.1 Editionsziel ................................................................................................ C3.2 Editionsprinzipien ...................................................................................... C3.3 Apparat und Kommentar der Edition ......................................................... C3.4 Das Verhältnis von P1, S und P2 ............................................................... C4 Der edierte Dialog Niklas, Veit und Dietrich .................................................... C4.1 Niklas, Veit und Dietrich ........................................................................... C4.2 Das Andere Buch - von der gemeinen christlichen laer ............................ C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten .......................................... C4.4 Das vierde buch - von der einikeit der kirche ............................................ C4.5 Das andere buch ........................................................................................
357 361 361 362 362 368 371 371 371 374 376 383 383 416 445 484 513
Anhang ........................................................................................................................
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Abkürzungen ........................................................................................................... Abbildungen und Tabellen ...................................................................................... Literatur .................................................................................................................. Quellentexte Julius Pflugs .................................................................................. Sekundärliteratur für A und B ............................................................................ Sekundärliteratur für C ....................................................................................... Personenregister ...................................................................................................... Sachregister .............................................................................................................
553 557 558 558 558 567 572 576
A Schreibsprache
A0 Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2011 an der Philologischen Fakultät der Universität Leipzig als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde für diesen Druck geringfügig verändert. Dem Betreuer des Dissertationsprojekts, Prof. Dr. Hans Ulrich Schmid, bin ich zu großem Dank für Diskussionen und hilfreiche Kritik verpflichtet. Herrn Prof. Dr. Hans-Joachim Solms danke ich dafür, dass er das Korreferat übernommen hat. Zu danken ist vor allem der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. für die großzügige Förderung meines Vorhabens durch die Vergabe eines Promotionsstipendiums. Für unermüdliche Unterstützung in theologischen Belangen danke ich besonders herzlich Herrn Dr. Hans-Jochen Kühne. An Prof. Dr. Ernst Koch geht ein Dank für ein wertvolles Gespräch. Herrn Dr. Sebastian Kolditz danke ich für Hilfe bei der Entschlüsselung schwer lesbarer lateinischer Textabschnitte in Pflugs Autografen. Meinem Mann, Gabriel Wandt, danke ich von Herzen für seine englische Geduld und Stütze. Anja Saller und Ricarda Köllner gebührt ein Dank für genaues Lesen und wohlwollende Anteilnahme am Fortgang der Arbeit. Auch Andreas Hoffmann ist für sorgfältiges Korrekturlesen zu danken. Ein letzter Dank gilt den Archiven der Vereinigten Domstifter zu Merseburg, Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz – besonders dem Stiftsarchiv in Zeitz und dem Archiv in Naumburg – für die Freundlichkeit, die Autografe Julius Pflugs bereitzustellen.
A1 Einleitung
Julius Pflug, katholischer Bischof im Bistum Naumburg, ist in theologischer, historischer und im Besonderen in sprachhistorischer Sicht ein wichtiger Zeitgenosse Luthers und Akteur im Reformationsgeschehen, was mit den biografischen Daten und seinen Schriften zu belegen ist (Kap. A1.2.1). Seine Traktate, Predigten, ein ausführlicher Dialog, Briefe und die zu seinen Lebzeiten gedruckten Werke (Kap. A2.1) dokumentieren, dass er sich immer wieder um einen Ausgleich zwischen Altgläubigen und Anhängern der reformatorischen Gedanken bemüht (Raupp 1999, 1156ff.): (...) derwegen so die voranderung nach gestalt der zceit und lewffte nit notwendig were, wolte ich zcu angezceigter tollerantz nit raten. aber dohin ist es kummen, das man numals aus der not ein tugent mus machen, damit unsere kirchen nit in grossere fare geseczt werden. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 33 n. 4d, pag. 10)
Der Textauszug zeigt exemplarisch sowohl Pflugs Kompromissbereitschaft als auch seine Distanzierung, in diesem speziellen Fall zur Neuerung durch die Einführung des Laienkelchs. Zwar lässt er sich hier auf reformatorische Gedanken bedingt ein, befürwortet aber eindeutig die altgläubige Tradition.1 In drei Teilen wird in dieser Arbeit vorrangig die Schreibsprache Pflugs, aber auch seine Person und sein Wirken als Theologe unter im Folgenden näher auszuführenden Fragestellungen behandelt. Der erste Teil enthält die Analyse seiner Schreibsprache (A) und wird durch ein Glossar (B) ergänzt. Ein wichtiger Text aus seinem Nachlass zeigt durch die Anfertigung einer kommentierten Edition (C) nicht nur die Schreibsprache Pflugs in all den analysierten Facetten, sondern eben auch den Theologen und Vermittler. Das sprachhistorische Interesse an dem Autor Julius Pflug lässt sich mit dem Postulat eines Spannungsverhältnisses von Region und Konfession (Kap. A1.3) begründen. Pflug wurde im ostmitteldeutschen Gebiet geboren und blieb diesem auch sein Leben lang, nicht zuletzt geografisch, verhaftet. Seine Vermittlertätigkeit, als Teilnehmer bzw. Vorsitzender der Religionsgespräche in Regensburg 1541 und Worms 1557, führte ihn
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Im Traktat, dem das Zitat entnommen ist, wirft Julius Pflug die Laienkelchthematik auf und diskutiert anhand dreier Fragen, ob dem gemeinen Kirchgänger beim Abendmahl nicht nur das Brot, sondern auch der Wein gereicht werden darf (s. Kap. A2.1.3.).
A1 Einleitung
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jedoch auch in den Süden Deutschlands. Julius Pflug steht nicht nur konfessionell an der Schnittstelle von Altgläubigen und Protestanten, sondern befindet sich z.T. auch geografisch gesehen zwischen ostmitteldeutschem und südlichem, ostoberdeutschem Gebiet.2 Alle Texte des Korpus belegen eindeutig Charakteristika beider Varietäten (Kap. A3). Ob – und wenn, in welchem Grad – die Konfession Einfluss auf die Schreibsprache (Kap. A1.3.3) nimmt, wird anhand phonologisch-graphematischer, morphologischer, syntaktischer und lexikalischer Kategorien (Kap. A2.2 und A3) untersucht. Als zentrale Aspekte einer sprachhistorischen Herangehensweise an Pflugs Texte ist es unerlässlich, das Vorkommen der jeweiligen Varianten beider Varietäten und deren Verteilung sowie das Spannungsverhältnis von Region und Konfession – in Pflugs Fall dem ostmitteldeutschen und oberdeutschen Gebiet und der altgläubigen und der protestantischen Konfession – zu erforschen. Dass Julius Pflug, eine historisch sehr gut belegte Person, in einem konfessionellen und regionalen Spannungsfeld agierte, ist nicht zu bezweifeln (Kap. A1.2.1). Deswegen ist zu fragen, ob das nicht nur an die Person und ihre Lehre zu knüpfen ist, sondern ob sich Reflexe dieses Spannungsfeldes in der Schreibsprache niederschlagen. Mit den formulierten Hypothesen (Kap. A1.3.4), die aus der Darstellung der Begrifflichkeiten „Sprachlandschaften und Sprachausgleich“ (Kap. A1.3.2) und „Konfession / Konfessionalisierung“ (Kap. A1.3.3) resultieren, wird differenziert darauf Bezug genommen. Folgende Vorgehensweise und Fragestellungen leiten die vorliegende Untersuchung. Im ersten Teil (A) wird zunächst das Forschungsziel der vorliegenden Untersuchung beschrieben (Kap. A1.1) und im Anschluss der Forschungsstand in Bezug auf die Person Pflug, sein Schaffen und bisherige editorische Arbeiten (Kap. A1.1, A1.2.1) und zur Darlegung der Aspekte regionale Schreibsprache, Sprachausgleich, Konfession und Konfessionalisierung behandelt (Kap. A1.3) und zuletzt daraus die Hypothesen abgeleitet. In einem methodischen Teil werden das Korpus, das die textliche Grundlage der Analyse bildet (Kap. A2.1), die Kategorien der Analyse (Kap. A2.2), die Edition (Kap. A2.3 und C) und ein im Rahmen der Untersuchung erarbeitetes Glossar über die Schreibsprache Pflugs (B) erläutert. Die Ergebnisse der Schreibsprachanalyse werden gemäß der in Kap. A2.2 aufgestellten Kategorien jeweils detailliert unter Berücksichtigung des Forschungsstands bezüglich der einzelnen Parameter vorgelegt: Phonologie / Graphematik (Kap. A3.1), Morphologie (Kap. A3.2), Syntaktisches (Kap. A3.3), Lexik (Kap. A3.4). Im Rahmen einer zusammenfassenden Darstellung der Schreibsprachanalyse (Kap. A3.5) erfolgt ein Vergleich mit der Zeitzer Kanzleisprache und den ostmitteldeutschen Charakteristika (Kap. A3.5.2), um eventuelle Gemeinsamkeiten mit und Abweichungen von damaligen regionalen Schreibgewohnheiten herauszustellen. Die formulierten Hypothesen und das Postulat des Spannungsfelds von Region und Konfession werden anhand der erzielten Ergebnisse wieder aufgenommen und diskutiert (Kap. A4). Der umfangreichste sowie (sprach)historisch und theologisch wichtigste 2
Wenn nicht anders angegeben, ist mit südlichem Einfluss speziell ostoberdeutscher gemeint.
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A1 Einleitung
Text des Korpus wird in C behandelt. Ein im Nachlass enthaltenes fiktives Streitgespräch zwischen zwei Protestanten und einem Katholiken enthält umfassende Teile der pflugschen Lehre und gilt darüber hinaus als seltenes Exemplar eines Dialogs der Reformationszeit, der aus der katholischen Perspektive verfasst wurde. Die kommentierte Edition dieses Texts zeigt den interdisziplinären Charakter des Vorhabens: Theologische, historische und germanistische Forschungsinteressen werden berücksichtigt.
A1.1 Forschungsziel und Forschungsstand A1.1.1 Forschungsziel „Die Entschlüsselung und Deutung historischer Schriftzeugnisse stellt in mehrfacher Hinsicht eine zentrale Aufgabe der Sprachgeschichtsforschung dar“ (Elmentaler 2003: 1). Als solche ist auch die Erforschung der Schriften Pflugs anzusehen und vor allem ist sie im Bereich der Sprachgeschichte anzusiedeln.3 Zur Analyse vormoderner Schreibsysteme und gleichzeitig zur Charakterisierung der historischen Schreibsprachenforschung hat Elmentaler (2003) einen wesentlichen Beitrag geleistet. Auf seinen Ansatz wird in Kap. A1.3.1 zurückzukommen sein. Mit einer Ausnahme sind ausschließlich die zum großen Teil in der Stiftsbibliothek Zeitz aufbewahrten Autografe Pflugs von Belang. Von Schreibern angefertigte Abschriften und die gedruckten Werke werden keine Rolle spielen,4 wenn die Schreibsprache Pflugs vor dem Hintergrund des oben schon skizzierten Spannungsfelds dokumentiert wird. Diese Ausrichtung impliziert bestimmte Kategorien für eine Analyse (Kap. A2.2) und schließt den Anspruch aus, ein vollständiges Graphemsystem zu ermitteln oder alle Ebenen des Sprachsystems umfassend zu beschreiben. Es werden hingegen einzelne Kategorien der jeweiligen Bereiche des Sprachsystems (Phonologie / Graphematik, Morphologie, Syntax und Lexik) unter der Fragestellung, inwiefern Konfession und Region auf die Schreibsprache Einfluss nehmen und ob und in welcher Weise sie sich komplementieren, herausgegriffen. Die Dokumentation der pflugschen Schreibsprache5 ist gleichermaßen Ziel und Mittel: Ziel insofern, als verschiedene Kategorien untersucht werden, um ein komplexes Bild der Schreibsprache Pflugs zeichnen zu können; Mittel deshalb, weil es darum geht, mit der Analyse und den erzielten Ergebnissen den Einfluss der Konfession, u.a. durch konfessionstypische Schreibungen, auszumachen und 3
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Über die Person Pflug gibt es gesicherte Erkenntnisse, nicht jedoch über seine Schreibsprache (s. Kap. A1.2.2). Das Korpus enthält einen Dialog in Anlehnung an das Muster der Reformationsdialoge. Die Edition dieses Texts erforderte die Verwendung der Abschrift, die ein Sekretär anfertigte (s. Kap. A2.1.1). Dokumentation bezieht sich auf die in Kap. A2.2 und A3 aufgestellten und erläuterten Kategorien.
A1.1 Forschungsziel und Forschungsstand
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zu beurteilen. In einer Person, Julius Pflug, manifestiert sich ein Spannungsfeld von Region und Konfession. Weil das die historischen Daten, Pflugs Texte und Zeugnisse anderer über ihn belegen, müssen die Autografe ediert bzw. transkribiert werden, um auf dieser Basis anschließend die Schreibsprache zu untersuchen. Dieses Feld ist noch wenig erforscht. Es existiert lediglich eine fünfbändige Edition der Korrespondenz Pflugs, angefertigt von Jacques V. Pollet.6 Zusammenfassend können die Forschungsziele folgendermaßen benannt werden: 1. Analyse und Dokumentation der Schreibsprache Pflugs unter Berücksichtigung der Aspekte Autor, Region und Konfession 2. Transkription / Edition der Autografe Pflugs (s. Kap. A2.1)
A1.1.2 Forschungsstand zu Julius Pflug In die Darlegungen zum Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession (Kap. A1.3) wird der dazugehörige Forschungsstand eingebunden. Im Folgenden wird ein Überblick über die Forschungen zu Person, Werken und Schriften Pflugs gegeben, wobei die deutschsprachigen Texte von besonderem Interesse sind. Julius Pflugs Leben lässt sich anhand der Vielzahl von erhaltenen Schriften und Akten historisch sicher rekonstruieren (s. Kap. A1.2.1). Eine Reihe theologischer Lexika weist Einträge über den Naumburger Bischof auf.7 Mehr oder weniger umfangreiche Publikationen enthalten biografische Daten. Die Personallisten des Bistums Naumburg (Wießner 1998) geben detailliert Aufschluss über Pflugs Herkunft und Jugend, seine Wahl zum Bischof im Jahre 1541 und die Zeit bis zu seinem Amtsamtritt 1547, den Gegenkandidaten für das Bischofsamt, Nikolaus von Amsdorf, über Pflugs Rolle in der Reichs- und Kirchenpolitik und in der Stiftsregierung sowie sein Wesen und seine literarische Tätigkeit, sein Testament und seinen Nachlass.8 Die Bischofswahl spielt aufgrund der Besonderheit der doppelten Wahl, nämlich des Protestanten Amsdorf durch den Kurfürsten einerseits und des Katholiken Pflug durch das Domkapitel andererseits, in weiteren Publikationen eine Rolle.9 Auch Hoffmann (1901), der die Zeit vor und während der Reformation in Naumburg thematisiert, legt einen Schwerpunkt auf die 6
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Pollet (1969–82) hat im Laufe mehrerer Jahre eine monumentale, verdienstvolle Edition erarbeitet, bei deren Benutzung mit sprachwissenschaftlicher Zielstellung dennoch der Vergleich mit dem Original empfohlen ist. Zur Angabe der Quellen: Einzig in den Kapiteln zum Forschungsstand (Kap. A1.1) wird von der üblichen Zitierweise im Autor-Jahr-System abgewichen und der (Kurz)Titel ergänzt. Herbert Immenkötter, „Pflug, Julius von“, in TRE 26, Berlin, New York 1996, 449–453; F. Lau, „Pflug, Julius“, in RGG, Bd. 6, 42003, 1249f.; Vinzenz Pfnür, „Pflug, Julius“, in LThK, Bd. 8, Freiburg, Basel 1999, Sp. 196f.; Clemens Brodkorb, „Pflug, Julius von“, in Erwin Gatz, Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches, 1448–1648, Berlin 1996, 528–531. Heinz Wießner (Hg.), Das Bistum Naumburg, Bd. 1.2, Berlin, New York 1998, 988–994. Siehe Anm. 7.
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A1 Einleitung
Wahl Julius Pflugs zum Bischof und sein diplomatisches Handeln.10 Gleichzeitig hebt er Charaktereigenschaften Pflugs hervor und verknüpft die Geschichte der Person mit der Geschichte Naumburgs und der Reformation. Pollet hat sich ausführlich mit Julius Pflug beschäftigt und seiner Edition der Korrespondenzen Pflugs chronologisch ausführliche Studien über ihn, seine Beziehungen zu Zeitgenossen und die jeweiligen historischen Umstände hinzugefügt. Diese in der Korrespondenz einzeln erschienenen Kapitel gehen in Pollets Biografie über Pflug ein.11 Pollets Beschreibung des freundschaftlichen Verhältnisses zwischen Julius Pflug und Johann Gropper12 nimmt ihren Anfang im Jahr des Augsburger Reichstags (1530) und endet im Jahr des Augsburger Religionsfriedens (1555), in dem sich Pflugs und Groppers Wege endgültig trennen. Aufgrund ihrer ähnlichen theologischen Ansichten sowie ihrer Teilnahme an Religionsgesprächen werden beide Personen oft zugleich erwähnt. Dennoch unterscheiden sie sich in wesentlichen Dingen, nicht zuletzt in ihrer Kompromissbereitschaft. Gropper sei nicht so verhandlungswillig, sondern härter gewesen als Pflug, auch bedingt durch die unterschiedliche Herkunft beider (Pollet 1972, 243).13 In den Actae Refomationis Catholicae sind vorrangig lateinische Texte Pflugs enthalten, bei denen es sich zumeist um von Schreibern verfasste Texte, in denen ausführliche Korrekturen Pflugs zu finden sind, handelt.14 Pflugs Verhältnis zu Eberhard Billick, einem Kölner Karmeliter, und seine Korrespondenz mit ihm, der entschieden den alten Glauben zu verteidigen gedachte15 (van Gulik 1904, 58), sowie mit Daniel Mauch, einem Wormser Domscholaster,16 wird durch van Gulik, der Schreiben und Briefe zwischen Pflug und den Genannten ediert hat, beschrieben.17 Pflugs Lehre und seine Haltung zu theologischen Disputen der Zeit, z.B. um die Eucharistie (Transsubstantiation und Laienkelch), tritt in historisch-theologisch orientierten Publikationen zu Reformation und Gegenreformation oftmals in den Hintergrund. Häufig steht hingegen, wie angeführt, neben der Bischofswahl sein Auftreten als Diplomat zu verschiedenen Religionsgesprächen im Mittelpunkt. Seine vermittelnde Tätig10
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Vgl. Ernst Hoffmann, Naumburg a. S. im Zeitalter der Reformation. Ein Beitrag zur Geschichte der Stadt und des Bistums, Leipzig 1901. Jacques V. Pollet, Julius Pflug (1499–1564). Et la crise religieuse dans l’allemagne du XVIe siècle, Leiden 1990. Vgl. Pollet zum ersten Brief der Korrespondenz zwischen Gropper und Pflug, er wurzele „im persönlichen, im nationalen und kirchlich-ökumenischen Bereich“ (Pollet 1972, 225). Gropper wurde in Soest geboren, war Bürgerssohn und lebte in Köln. Pflug hingegen war in Sachsen verankert und kleinadliger Herkunft. Vgl. Pollet (1972, 243). Vgl. ARCEG, Bd. IV–VI. Das zölibatäre Leben ist einer der gewichtigen Punkte, die Pflug und Billick in ihrer Korrespondenz erörtern. Daniel Mauch war erst im Dienst des Kardinals Campeggio und später Advokat am Bezirkskammergericht zu Speyer. W. van Gulik, „Zeitzer Beiträge zur Geschichte der Gegenreformation im 16. Jahrhundert. I. Julius Pflug und Eberhard Billick. II. Julius Pflug und Daniel Mauch“, in RQ 18, 1904, 57–83.
A1.1 Forschungsziel und Forschungsstand
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keit wird zwar oft erwähnt, jedoch kaum in seiner Lehre und in den Schriften belegt.18 Die überblicksartigen Angaben in einer Vielzahl Publikationen gehen nicht über die in der Allgemeinen Deutschen Biographie19, dem Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon20 und die bei Wießner verzeichneten Ergebnisse hinaus. Ausdrücklich zu Pflugs Wirken und seiner Verfassertätigkeit äußern sich Müller21, Offele22 und Kaliner23. Kaliner versucht, die Verfasserfrage der Christlichen Lehre24, eines Werks, das im Geist der Vermittlungstheologie des Erasmus geschrieben sei, zu klären. Als Autor wurde oft ungeprüft Johann von Maltitz25 angenommen, doch einiges spräche dafür, dass entweder Pflug oder Georg Witzel Urheber sein könnten (Kaliner 1972, 8). Der Vergleich der Christlichen Lehre mit Pflugs Von christlicher Busse26 und seiner Institutio Christiani Hominis27, seinem „größten und theologisch reifsten Werk“ (ebd. 1972, 27), widerlegt jedoch Pflugs Autorschaft. Zwar sei die Institutio eine Bearbeitung und Übersetzung der Christlichen Lehre, doch nicht von Pflug selbst verfasst worden. Vermutlich habe Pflug in noch weiteren Schriften Inhalte anderer Autoren übernommen. Deswegen müsse die „theologische Gestalt“ Pflug kritisch überprüft wer-
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Das ist nun durch die Erschließung der Autografe möglich. Die transkribierten und edierten Texte zeigen konkret seine ausgleichenden Überlegungen. Müller (1969) gibt aber zahlreiche Textbelege aus den gedruckten Werken. ADB, Bd. 25, 1887, 688–691. Werner Raupp, „Julius Pflug“, in BBKL, 1999, 1156–1161. Otfried Müller, „Schriften von und gegen Julius Pflug bis zu seiner Reise nach Trient 1551/52 – Ein Bericht aus der Stiftsbibliothek Zeitz“, in Erwin Iserloh / Konrad Repgen (Hg.), Reformata Reformanda, Festgabe für H. Jedin, Münster 1965, 29–69; Otfried Müller, „Bischof Julius Pflug von Naumburg-Zeitz in seinem Bemühen um die Einheit der Kirche“, in Franz Schrader (Hg.), Beiträge zur Geschichte des Erzbistums Magdeburg, 1969, 155–178. Wolfgang Offele, Ein Katechismus im Dienste der Glaubenseinheit. Julius Pflugs Institutio Christiani Hominis als katechetischer Beitrag zur interkonfessionellen Begegnung, Essen 1965. Walter Kaliner, Julius Pflugs Verhältnis zur „Christlichen Lehre“ des Johann von Maltitz, Leipzig 1972; ders., Katechese und Vermittlungstheologie im Reformationszeitalter. Johann VIII., Bischof von Meißen, und seine „Christliche Lehre“, Leipzig 1981. Johann Maltitz, Ein Christliche lere / zu gründtlichem und bestendigem underricht des rechten Glaubens / und eines Gotseligen / wandels / Durch den Hochwirdigen in Got Fürsten und Herrn / Herrn Johansen Bischofen zu Meyssen / allen frommen Christen / und in sonderheit seynem befolhenem volck / zur besserung fürgestelt. Gedrückt zu S. Victor ausserhalb Mentz / Durch Franciscum Behem, 1541. Johann von Maltitz, 1492 geboren, wurde 1538 in Meißen zum Bischof geweiht. Julius Pflug, Von Christlicher Busse / und dem Gesetze Gotts / gründlicher Bericht / des sich die Seelsorgere / auch das Volck zu yrem nutz und heil zu gebrauchen haben / Durch Herrn Julien Bischoffen zur Naumburg. Zu Cöln / durch die Erben Johan Quentels und Gerwinum Calenium, 1562. Julius Pflug, Institutio Christiani Hominis, Authore Julio Episcopo Numburgensi. Coloniae apud Haeredes Iohannis Quentel & Gervuinum Calenium, 1562.
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A1 Einleitung
den (ebd. 1972, 67).28 Johann von Maltitz und dessen Christliche Lehre behandelt Kaliner (1981) erneut in Katechese und Vermittlungstheologie im Reformationszeitalter. Anlässlich von Pflugs 400. Todestag stellt auch Müller (1965) den vermittelnden Pflug in den Vordergrund und prüft dessen Verfasserschaft der lateinischen und deutschsprachigen Schriften bis zu Pflugs Reise nach Trient. Müller (1969) schildert ihn anschaulich durch zeitgenössische Zeugnisse und stützt seine Aussagen über dessen Vermittlungstheologie und Vorstellungen zur Einheit der Kirche auf die von Pflug selbst veröffentlichten Werke29 und die Gegenschriften, z.B. von Matthias Flacius Illyricus oder Cyriakus Spangenberg. Pflugs Auftreten gegenüber Nicht-Katholiken wird u.a. durch Aussagen im Druck Christliche Ermahnungen, welche die Seelsorger (...) gebrauchen sollen vnd moegen illustriert. Offele klammert die kirchenpolitischen Bemühungen Pflugs aus und richtet seine Untersuchung der Institutio Christiani Hominis ausschließlich auf deren kerygmatische Zielsetzungen (Offele 1965, 22). Er gibt einen Überblick über Pflugs biografische Daten und bisherige Urteile über ihn, sowohl von Zeitgenossen als auch exemplarisch darüber hinausgehend, und erstellt eine kommentierte Übersetzung der Institutio. Der Stand der Pflug-Forschung, den Offele 1965 referiert,30 ist seither um wenige selbständige Arbeiten zu ergänzen: Pollets umfangreiche Edition der Korrespondenz und seine Biografie Pflugs, die Pflugiana31 als Tagungsband des internationalen Symposiums zu Julius Pflug und die überblicksartigen Schriften von Wagner32 und Kunde / Ludwig33. Wagners Bändchen enthält in äußerst knapper Form biografische Daten Pflugs, Überlegungen zu dessen Vorschlägen zur Reichs- und Kirchenreform34, zur
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Diese Forderung stellt Kaliner (1972). Zuvor hatte Müller (1965 u. 1969) sich mit ähnlichen Fragen beschäftigt. Die Edition des pflugschen Dialogs (s. Kap. A2.3 und C) wird es Theologen und Historikern erlauben, weitere Schlüsse über den Theologen Pflug zu ziehen. Von Christlicher Busse (...), Cöln 1562.; Christliche Ermanung an des Naumburgischen Stieffts Underthanen und Vorwandten, wes sie sich bey dem vorgefallenem hochbeschwerlichem Mißvorstand in Religions Sachen halten sollen, Köln 1562; Institutio Christiani Hominis, Köln 1562.; Christliche Ermanungenn, Welche die Seelsorgere des Stifftes Naumburg Bey dem Sacrament der Tauffe: Bey dem Sacrament des Altars: Bey der Verehlichung: Bey den Krancken gebrauchen sollen vnd moegen, Erfurt 1550. Ausführlich bei Offele behandelt: Albert Jansen, De Iulio Pflugio eiusque sociis reformationis aetate et ecclesiae concordieae et Germaniae unitate studiosis, Berlin 1858. Elmar Neuß (Hg.), Pflugiana. Studien über Julius Pflug (1499–1564). Ein internationales Symposium, Münster 1990. Susanne Kröner / Siegfried Wagner (Hg.), Julius Pflug (1499–1564). Der letzte Bischof des Bistums Naumburg, Naumburg 2001. Holger Kunde / Matthias Ludwig (u.a.), Schatzhaus der Überlieferung – Stiftsbibliothek und Stiftsarchiv Zeitz, Petersberg 2005. Martin Seils, „Die Vorschläge Julius Pflugs zur Reichs- und Kirchenreform“, in Susanne Kröner / Siegfried Wagner (Hg.), Julius Pflug 1499–1564. Der letzte Bischof des Bistums Naumburg, Naumburg 2001.
A1.1 Forschungsziel und Forschungsstand
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Gesellschaftsordnung in Naumburg nach dem Schmalkaldischen Krieg35 und eine „Übertragung“ der Kleider- und Hochzeitsordnung Pflugs von 1549.36 Das Heft zur Information über die Zeitzer Stiftsbibliothek (Kunde / Ludwig 2005 u.a.) widmet sich hauptsächlich deren Aufbau und behandelt kurzgefasst Julius Pflug und seine Bibliothek, die einen der Bestandteile der Stiftsbibliothek ausmacht. Der Sammelband Pflugiana vereint differenzierte Ansätze einer „Pflug-Forschung“. Dem Humanisten und Universalgelehrten Pflug mit seinen Beziehungen zu den Zeitgenossen Petrus Mosellanus, Erasmus und Melanchthon nähern sich Kremer37, Stupperich38 und Kaliner39. Letzterer kommentiert Pflugs Bibliothek, welche die umfassende Bildung des Bischofs zeigt, anhand des von Rivius40 angefertigten Katalogs. Das Regensburger Religionsgespräch von 1541 und das in dessen Zuge entstandene Regensburger Buch41 sind für den in dieser Arbeit edierten Dialog von zentraler Bedeutung. Simoncelli42 versucht eine Rekonstruktion der diesbezüglichen Ereignisse für Italien. Fragen zum Stil Pflugs in den lateinischen und deutschsprachigen Texten werden von Thomson43, Neuhausen44 und Neuß45 diskutiert. An diese wichtigen Untersuchungen in Form von Stichproben müssen sich Forschungen, denen umfangreiche Korpora zugrunde liegen, anschließen. Zander-Seidel46 widmet sich in ihrem Aufsatz den Bildnissen des Julius Pflug. Listenow47 unternimmt den Versuch, die Persönlichkeitsstruktur Pflugs durch einen graphologischen Befund zu erhellen.48
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Ineke Justitz, „Die ‚hochnachtheylige Unordnung‘: Die Gesellschaftsordnung in der Stadt Naumburg nach dem Schmalkaldischen Krieg“, in Susanne Kröner / Siegfried Wagner (Hg.), Julius Pflug 1499–1564. Der letzte Bischof des Bistums Naumburg, Naumburg 2001. Zu empfehlen wäre eine Überarbeitung der „weitgehend buchstabengetreuen“ Übertragung (Wagner 2001, 25) und deren Ersatz durch eine kommentierte Transkription. Ulrich Michael Kremer, „Petrus Mosellanus und Julius Pflug. Ein Beitrag zur Geschichte des Einflusses von Erasmus in Sachsen”, in Elmar Neuß (Hg.), Pflugiana, Münster 1990. Robert Stupperich, „Melanchthon und Julius Pflug”, in Elmar Neuß (Hg.), Pflugiana, Münster 1990. Walter Kaliner, „Julius Pflug als Bibliophile”, in Elmar Neuß (Hg.), Pflugiana, Münster 1990. Johann Rivius war Rektor der Stiftsschule in Zeitz und fertigte einen Katalog über Pflugs Bibliothek im Jahr 1565 an. Siehe Kap. A2.1.1. Paolo Simoncelli, „Vom Humanismus zur Gegenreformation. Das Schicksal des Regensburger Buches in Italien. Versuch einer Rekonstruktion”, in Elmar Neuß (Hg.), Pflugiana, Münster 1990. Douglas F. S. Thomson, „The Latin Style of Julius Pflug”, in Elmar Neuß (Hg.), Pflugiana, Münster 1990. Karl August Neuhausen, „Sprache und Stil der lateinischen Briefe von Julius Pflug im Lichte seiner Stiltheorie sowie der Charakteristik bei Erasmus”, in Elmar Neuß (Hg.), Pflugiana, Münster 1990. Elmar Neuß, „Sprache und Stil der deutschen Briefe von Julius Pflug”, in Ders. (Hg.), Pflugiana, Münster 1990. Jutta Zander-Seidel, „Die Bildnisse des Julius Pflug“, in Elmar Neuß (Hg.), Pflugiana, Münster 1990.
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A1 Einleitung
In der Reihe Katholische Theologen der Reformationszeit sind Smolinskys49 (2004) Ausführungen zu Julius Pflug erschienen und von der Betonung dessen großen Interesses an der Einheit der Kirche sowie den religionspolitischen Unternehmungen Pflugs gekennzeichnet. Theologische Aspekte der Lehre Pflugs fasst Smolinsky zusammen, verweist aber immer wieder auf die noch ausstehende Auswertung der handschriftlichen Quellen. Über die Originalität der pflugschen theologischen Positionen kann er aus diesem Grund noch keine genauen Aussagen treffen,50 bewertet Pflug jedoch als einen von Erasmus beeinflussten Vermittlungstheologen „ohne allzu großen Tiefgang“ (Smolinsky 2004, 27): „Was viele Erasmianer der Zeit auszeichnete, nämlich dass sie Bibelhumanisten waren, lässt sich für Pflug nur mit Vorbehalten sagen. Seine Argumentationen aus der Heiligen Schrift sind exegetisch wenig entfaltet, wozu ihm wohl auch das handwerkliche Instrumentarium als Theologe fehlte. Die handschriftlich vorhandenen Exegesen, vor allem der Paulusbriefe, sind allerdings noch nicht ausgewertet und könnten das Urteil verändern.“ (ebd., 27)
Aufgrund der hier vorgelegten Edition des pflugschen Dialogs wird eine Neubewertung des Theologen Pflugs notwendig sein. Den „heute weithin Vergessenen“ Julius Pflug behandelt auch Held (2000, 53) als Vermittler zwischen den Konfessionen und als Kirchen- und Landesfürst. Durch die bisherigen Forschungsansätze kann die Person stichhaltig dargestellt und im angedeuteten Spannungsfeld verortet werden (Kap. A1.2.1). Obwohl u.a. mit der Pflugiana exemplarisch das Wirken und die Schriften Pflugs durch verschiedene Disziplinen – die historische, die kunsthistorische und die philologischen – zu beschreiben versucht werden, fehlt eine dezidiert sprachhistorische Herangehensweise und weitere Editionen, die historische und theologische Ansätze und Neubewertungen ermöglichen.
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Wulf M. Listenow, „Die Handschrift von Julius Pflug. Der graphologische Befund mit einem Anhang von Handschriftproben”, in Elmar Neuß (Hg.), Pflugiana, Münster 1990. Bei der Erstellung eines Charakterprofils sollte zuforderst auf Aussagen primärer und sekundärer Quellen Bezug genommen werden, um zu einem fundierten Ergebnis zu gelangen. Pflugs Charakter (s. Kap. A1.2.1) lässt sich anhand seiner eigenen Aussagen und (zeitgenössischer) Texte an und über ihn erschließen (z.B. Müller 1969). Seine Korrespondenzen und die unedierten Autografe liefern dafür u.a. stichhaltiges Material. Daran könnten sich dann bestätigend Listenows (1990, u.a. 231) blumige Wertungen anschließen. Heribert Smolinsky, „Julius Pflug (1499–1564)“, in Heribert Smolinsky / Peter Walter (Hg.), Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. VI, Münster 2004, 13–32. Vgl. Smolinsky (2004, 28ff.).
A1.2 Biografisches und Julius Pflugs Schreibsprache
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A1.2 Biografisches und Julius Pflugs Schreibsprache A1.2.1 Biografisches Eine biografische Skizze der Person Pflug wird zunächst selektiv anhand primärer und sekundärer Aussagen gezeichnet, um das Spannungsfeld von Region und Konfession an ihnen zu begründen. Der Fokus liegt dabei auf seiner diplomatischen Tätigkeit im Zuge der Verhandlungen zwischen den religiösen Lagern. Julius Pflug wurde im Jahr 1499 in der Nähe von Leipzig, in Eythra, geboren.51 Er entstammte einer Adelsfamilie (Offele 1965, 25) und stand durch Verwandtschaftsbeziehungen in Kontakt zum meißnischen Kleinadel (Wießner 1998, 988). Caesar von Pflug, sächsischer Kanzler und Oberhofrichter, war sein Vater und Magdalena von Carlowitz seine Mutter. Im Alter von elf Jahren wurde Pflug an der Universität Leipzig immatrikuliert. Schon während seiner frühen Studien wurde er mit dem humanistischen Bildungsgut vertraut und freundete sich mit dem nur fünf Jahre älteren Mosellanus (ursprünglich Peter Schade) an, der das Bindeglied zwischen Pflug und Erasmus werden sollte.52 Die Vermittlungstheologie des Erasmus wiederum beeinflusste Pflug später stark (Wießner 1998, 988). 1517 führten Pflugs Wege das erste Mal in den Süden, nach Italien: In Bologna und Padua widmete er sich seinen Studien, bevor er im Jahre 1521 nach Leipzig zurückkehrte. Er wurde der Rat Georgs des Bärtigen und 1523 an das Oberhofgericht berufen. Dort studierte er Jura. 1526 begleitete Pflug Herzog Georg zum Reichstag in Speyer und nahm 1530 in dessen Gefolge am Augsburger Reichstag, den Kaiser Karl V. einberufen hatte, um die drohende Türkengefahr und die Glaubensfragen zu erörtern, teil (Immenkötter 1981, 9ff.). Auf dem Reichstag wurde die Confessio Augustana (CA)53 verlesen (Müller 1969, 157). Päpstliche Theologen widerlegten die CA, nachdem sie öffentlich geworden war, mit der Confutatio54 (Immenkötter 1981), obwohl Lutheraner und Altgläubige einer Verständigung nicht abgeneigt gegenüber standen (Decot 1997, 28f.). Das Bekenntnis wurde reichsrechtlich erst 1555 durch den Augsburger Religionsfrieden anerkannt. Auch der Beginn des in Pflugs Nachlass enthaltenen Streitgesprächs (s. Kap. A2.1.1) zwischen dem Altgläubigen Ditterich und den 51 52
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Es wird teils auch Meißen als Geburtsort angenommen (Offele 1965, 25). Pflug hielt die Trauerrede auf Mosellanus und gab damit eine erste Biografie des von ihm verehrten Lehrers heraus (Kremer 1990, 3ff.). Die CA enthält 28 Artikel, die als Augsburger Glaubensbekenntnis bekannt geworden sind. Der erste Teil (Artikel 1–22) umfasst Artikel des Glaubens und der Lehre. Die Artikel 22–28 stellen Artikel über abgeschaffte Missbräuche dar (z.B. Abendmahl unter beiderlei Gestalt, Priesterberuf und Ehestand, Klostergelübde). Als Hauptverfasser der CA gilt Melanchthon, dessen Vorlagen die Schwabacher Artikel von 1529 und die Torgauer Artikel vom März 1530 waren. Vgl. Gassmann (1979, 12ff.) und Immenkötter (1980, 7–19). Mehr als 20 Altgläubige wurden u.a. von den Landesherrn beauftragt, eine Widerlegung des lutherischen Bekenntnisses zu erarbeiten. Julius Pflug zählte auch dazu. Vgl. TRE 4, 628ff.
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A1 Einleitung
beiden Protestanten Niklas und Veit greift die kontroversen Diskussionen um die CA auf: Niklas: Wue her due papist? were es nit zceit, das due dich ein mal bekerest? Ditterich: Wie sal ich mich bekeren? Niklas: Nemlich das due von dem Babstumb absehest und dich unszerer augspurgischen confession anhengest. Ditterich: Da behute mich got vor. (...) im fal, da ichs gleich thun wolte, wuste ich doch nit, weil ir confessionisten undereinander so gar getrennet und zerlumpt szeid, wuehin ich mich wenden, ia und wue ich ewre augspurgische confession finde solte. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 1r–2r)
Eine weitere Italienreise fand im Jahre 1528 statt. 153155 erhielt Pflug ein Kanonikat in Mainz. 153256 ging er als Propst des Kollegiatstifts nach Zeitz, wo die Reformation aufgrund der häufigen Abwesenheit Bischof Philipps57 schon Einzug gehalten hatte. Pflug hoffte dort schon im Jahr 1532 auf die Einführung des Laienkelchs, der Priesterehe und einer „sittlichen Besserung der Geistlichen“, um die Kirchenspaltung endgültig zu verhindern (Brodkorb 1996, 528). Er brachte gerade die sittliche Verwahrlosung der Geistlichen und auch die der Gemeinde immer wieder, auch Jahre später noch, mit der Aufforderung zur Besserung zur Sprache: Es ist ie und ie in der kirchen gots vor gut angesehen worden, das man eczliche gesaczte fasttage hette, wie ich oben angezeigt, damit das vollck lernet, szein fleisch castigiren, auff das es zcum gebete und anderen christlichen ubungen deste geschickter worde, aber solchs hat etwan Aetius, ein Arianer, angefochten und wirdet neben andern irsaln, darumb er vordampt, erzcelet. diesen irthumb haben ewre meister bei diesen zceiten ernewert, die gesaczten fast tage umbgestosszen und dargegen dem mutwilligen fleisch zcu aller szund gehulffen, weil szie die uppische fastnacht bei inen gut szein lasszen und mit grosser herlikeit, das ist mit fressen und sawffen, celebriren. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 40vf.) item ob nun die kirche gots gleich die speise, welche got geschaffen, an ir selbst nit (ge)tadelt, so heldet szie doch vor gut, das man zcur messigung ader casteiung des fleischs sich underweilen eczlicher speise, die solchem fleische zcu viel narung gibet und solchs zcur geilheit vorursacht, enthalte, aber der obgedachte Jouinianus hat solchs auch vorworffen. dem folgen nun die ewren nach und schemen sich nit dis fals, die alte kirchordenung mit grosser ungesunnigkeit anzcufechten. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 41vf.)58
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Die Jahresangaben schwanken: Brodkorb (1996, 528) hat 1531, Wießner (1998, 989) 1530. Entsprechend auch hier unterschiedliche Daten: Brodkorb (1996, 528) gibt 1532, Wießner (1998, 989) 1531 an. Philipp von Wittelsbach war in den Jahren 1517–41 Bischof von Naumburg, gleichzeitig aber auch Bischof von Freising. Durch diese Doppelbelastung besuchte er kaum das Bistum Naumburg und verlieh damit dem dortigen Domkapitel eine hohe Entscheidungsbefugnis (Wießner 1998, 952ff.). Beide Zitate sind dem Streitgespräch entnommen. Ditterich, der Katholik im Dialog, bezieht sich auf das Regensburger Religionsgespräch und das Regensburger Buch und diskutiert mit den Protestanten die Sakramente. Er bezeichnet die Protestanten als ketzerisch, weil sie die heiligen Traditionen der alten Kirche verwerfen.
A1.2 Biografisches und Julius Pflugs Schreibsprache
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Pflug setzte sich für das Zustandekommen des Leipziger Religionsgesprächs vom April 1534 ein (Offele 1965, 27). Damit wurde nach seiner Teilnahme am Augsburger Reichstag die Reihe der zahlreichen Verhandlungen, bei denen er in der Funktion des Initiators, Diplomaten oder Vorsitzenden auftrat, fortgesetzt. Am Hof Herzog Georgs bildete sich eine „Reformgruppe“ um Julius Pflug und seinen Schwager Georg von Carlowitz, die neben Georg Witzel, einem Freund Pflugs, als wichtige Teilnehmer der beiden Leipziger Religionsgespräche von 1534 und 1539 gelten (Wartenberg 1980, 35).59 Am zweiten Gespräch nahm Pflug offenbar nicht teil. Carlowitz wollte 1539 mit der altkirchlichen Lehre ein Instrument zur Lösung der Streitfragen gefunden haben, scheiterte jedoch (Wartenberg 1980, 39). Beide Gespräche blieben erfolglos. 1539 ließ Herzog Georg eine Formel verfassen, die maßgeblich von Pflugs Kommentaren beeinflusst zum Leipziger Einigungstext wurde (Henze 1995, 160).60 Bucer und Witzel erarbeiteten diesen Entwurf, der für die folgenden Religionsgespräche von Bedeutung war.61 Er wurde dann an Pflug übergeben, der sich ausführlich mit den Artikeln auseinandersetzte (Wartenberg 1980, 40).62 Pflugs Traktat zum Colloquium Lipsiense63 beginnt mit dem Appell, die strittigen Artikel zu diskutieren, um die Spaltung der Kirche zu vermeiden,64 59
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Georg von Carlowitz gilt als Initiator des zweiten Leipziger Religionsgesprächs von 1539 (Henze 1995, 153). Henze zitiert Pflug nach StBZ, 2° Ms. ct. pg. 26.1, 25–62. Verweis auf Pollet (1969, 417), der den Text ebenfalls wiedergibt: „Nachdem nun e. g. eczliche artickell vnndergebenn sindt, welche zw einem vorschlage angezeichter einigung dienen sollen habenn, E. g. dieselbtigenn mit vleiß ubersehen vnnd bewogenn, vnnd damit dieser handel Christlicher weise gefordert werden, habenn E. g. jr meinung darauf gestellet vnnd in diese schrifft vorfassen lassenn.“ Vgl. auch Henze (1995, 160, Anm. 34). Die Leipziger Formel stellt einen Unionsentwurf dar, der auf die Heilige Schrift, die Kirchenväter, die Konzilien und Ordinationen als Quellen zurückgreift. Die Artikel der Leipziger Formel sind folgende: 1. Erbsünde, Rechtfertigung, 2. freier Wille, 3. Buße, 4. Taufe, 5. Eucharistie, 6. Firmung, 7. Ordination, 8. Ölung, 9. Fasten, 10. Unterscheidung bei der Nahrung, 11. Mönchswesen, 12. Heiligenverehrung, 13. Feiertage, 14. Totengedächtnis, 15. Obrigkeiten (Henze 1995, 173ff.). Kontrastiv erfolgt eine Auflistung der Artikel des pflugschen Autografs in Anlehnung an Pflugs Wortlaut (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3, pag. 1–46). Offensichtlich ist der Traktat eine Erörterung der Leipziger Formel: 1. Erbsünde, 2. Vom freien Willen und Vermögen zum Guten, 3. Buße, 4. Taufe, 5. Vom heiligen Sakrament des Leibs und Bluts Christi, 6. Von der Confirmation, 7. Vom Verordnen oder Ordination der Kirchendiener, 8. Von der Ölung, 9. Vom Fasten, 10. Vom Unterschied der Speise, 11. Von der Möncherei, 12. Von der Verehrung der abgestorbenen Heiligen, 13. Von Feiertagen, 14. Von Gedächtnis der Toten. Vgl. auch Augustijn, Cornelis (Hg.) (1995): Martin Bucers Deutsche Schriften, Bd. 9/1, S. 13–51 sowie StBZ, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 1–4. Carlowitz behandelt bei der Darstellung seiner Forderungen für eine Verständigung der Parteien folgende Themen: Abendmahl in einer oder beiderlei Gestalt, Messe in altgläubiger oder lutherischer Form, Priesterehe, Fasten, Feiertage, Kloster- und Schulwesen. Sie stimmen mit den Punkten überein, die im Traktat mit dem Vermerk Colloquium Lipsiense aus Pflugs Nachlass, thematisiert sind.; s. Anmerkung 64. Im Nachlass Pflugs: StBZ, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3, pag. 1–46. Vgl. auch: Pollet (1969, 416f.).
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A1 Einleitung Erstlich wil zcum eingange anzcuzceigen sein das hochlich begern, das man die streitigen artikel unserer heiligen religion vorgleiche und in eine christliche einikeit zcihe, damit die spaltung, welche uns deuczschen zcu diser zceit am zceitlichen und ewigen unausprechlichen schaden zcufuget, auffgehoben und allenthalben das vorgenommen werde, dadurch besserung geschafft, gots ehere erhalten und die kirche christi in gute und christliche ruhe gestalt werde, wir undereinander einemlig werden, wie wir dan algereit ein hewpt und sin bekennen, das ist unsern hern Jesum christum. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3, pag. 1)
und endet mit dem vorsichtigen Bedenken, wegen eventueller resultierender Entzweiungen nicht zu offensiv Neuerungen einzuführen: derhalb wil auch ratsam sein, das man in vorgenommener christlicher voreinigung nit zcu seher newere in betrachtung, das solchs one ergernus und zceruttung nit geschehen mag, wie man aus der erfarung erkennet und der heilige augustinus trawlich warnet. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3, pag. 45f.)
Das zweite Leipziger Religionsgespräch war ein „direktes Vorspiel für die weitergehenden Verhandlungen auf Reichsebene in Hagenau, Worms und Regensburg“ (Wartenberg 1980, 35). 1539 ging Pflug als Rat Albrechts von Brandenburg nach Mainz. Dort fand er auch Exil in den Jahren, in denen er gewaltsam daran gehindert wurde, sein Bischofsamt in Naumburg anzutreten (Offele 1965, 29). Im Januar 1541 wurde Julius Pflug zum Bischof von Naumburg gewählt. Philipp von Wittelsbach hatte dieses Amt seit 1517 inne und war gleichzeitig Bischof von Freising. Nach seinem Tod wählte das Domkapitel Pflug zum Nachfolger. Der Kurfürst Johann Friedrich zeigte sich damit nicht einverstanden und wünschte sich mit Nikolaus von Amsdorf65 einen Protestanten in dieses Amt. Pflug bat das Domkapitel um Bedenkzeit und wandte sich dann an den Kaiser und den Papst. Es wurden ihm zwei Mal sechs Monate Aufschub gewährt (Wießner 1998, 990f.). Dennoch zögerte er zu lange, sodass Amsdorf, ein Freund Luthers, im Januar 1542 in Naumburg als Bischof eingeführt wurde (Offele 1965, 29). Pathetisch beschreibt Hoffmann Pflugs Zweifel in dieser Zeit: „Wir sahen ihn 1540/41 in schweren Bedenken, das undankbare Bischofsamt anzunehmen; wie sehr widersprach doch der Kampf seiner ganzen Natur von jeher! Er wurde in ihn hineingetrieben; aber gerade in diesen Jahren setzte er neben Contarini für das große Versöhnungswerk seine Kraft ein.“ (Hoffmann 1901, 153)
Protestantischen Einfluss hatte es in Naumburg schon zuvor gegeben. Ab 1520 war Johann Langer, ein protestantischer Prediger, in der Stadt und wurde 1525 an die Stadtkirche St. Wenzel berufen (Wießner 1996, 154). Auch Nikolaus Medler, der Stadtprediger, der 1536 nach Naumburg kam, war Protestant und befürwortete das Abendmahl 65
Starkes Interesse erfuhr die Erforschung des Wirkens und der Lehre Amsdorfs. Julius Pflug ist ein mindestens ebenso wichtiger Zeitgenosse und verdient intensivere Erforschung, als bisher vorhanden. Die unterschiedliche Berücksichtigung beider kann deren Charakter bzw. der Art und Weise ihres religionspolitischen Wirkens geschuldet sein: Pflugs katholisch-diplomatische Haltung gegenüber Amsdorfs z.T. protestantisch-hitziger Gesinnung. Vgl. auch zu Amsdorf: Lerche (1937), Brunner (1961), Dingel (2008).
A1.2 Biografisches und Julius Pflugs Schreibsprache
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unter beider Gestalt. Justus Jonas predigte drei Monate an St. Wenzel (Hoffmann 1901, 65). Pflug erhob auf dem Reichstag in Speyer (1542) Klage gegen Amsdorfs Amtsantritt mit dem Resultat eines regen Austausches an Streitschriften (Wießner 1998, 991). Sein Anliegen wurde im Februar 1544 vor den Kaiser gebracht, der ein Mandat gegen den Kurfürsten Johann Friedrich erließ. Im August 1545 wurde Pflug auf dem Reichstag zu Worms das Bistum Naumburg vom Kaiser zugesprochen, doch Johann Friedrich schenkte auch einem weiteren Mandat, das Amsdorf seines Amts entheben sollte, keine Beachtung. Erst während des Schmalkaldischen Kriegs zog Pflug mit Herzog Moritz 1546 in Naumburg ein (Wießner 1998, 991ff.). Endgültig trat er sein Bischofsamt erst im Mai 1547 an (Offele 1965, 30). Da er vorsichtige Rekatholisierung beabsichtigte, reetablierte er im Naumburger Dom und in der Zeitzer Stiftskirche den katholischen Gottesdienst. Durch die protestantischen Prediger und die sechs Jahre umfassende Amtszeit Amsdorfs war man in Naumburg aber dem Gedankengut der Anhänger Luthers zugeneigt, auch wenn noch ein altgläubiges Domkapitel existierte (Brodkorb 1996, 529). Kurz nachdem Julius Pflug zum Bischof gewählt worden war, wurde im April 1541 der Regensburger Reichstag eröffnet und dauerte bis Juli 1541 an (Offele 1965, 31).66 Johannes Eck, Johannes Gropper und Julius Pflug wurden auf der Seite der Altgläubigen, Philipp Melanchthon, Martin Bucer und Johannes Pistorius auf der Seite der Protestanten zu Kollokutoren ernannt. Streitpunkte beim Gespräch waren u.a. die Rechtfertigung und das Abendmahl. Am Ende der Verhandlungen legten die Protestanten eine Liste über wenige verglichene und zahlreiche unverglichene Artikel vor. Somit brachten die Vermittlungsversuche kaum Ergebnisse. Es wurde beschlossen, dass die verglichenen Artikel bis zu einem Konzil bestehen sollten (Lexutt 1996, 45). In dem schon erwähnten fiktiven Streitgespräch zwischen Ditterich als katholischem Vertreter sowie Niklas und Veit als Protestanten bezieht sich Pflug sowohl auf das Wormser Buch, an dessen Anfertigung Bucer und Capito beteiligt gewesen sein müssen, als auch auf das Regensburger Religionsgespräch.67 Zum zweiten Regensburger Religionsgespräch von Januar bis März 1546 wurde Pflug ins Präsidium berufen (Brodkorb 1996, 530). 66
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Zuvor wurde zum Wormser Religionsgespräch (1540) das Wormser Buch ausgehandelt. Dieses sollte erneut in Geheimverhandlungen zwischen Gropper und Veltwyck, auf Seiten der Altgläubigen, und Bucer und Capito, als Vertreter der protestantischen Partei, diskutiert werden. Es bildete die Grundlage des Regensburger Gesprächs und wurde verändert (Ganzer / zur Mühlen 2007, XX). Vgl. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 6v–8r: Ditterich: (...) und begere alleine des berichtet zusein, wurumb ir mich nit lieber zcu der gepflogenen und gewilligten regensburgischen religionshandelung weiset. Niklas: Was meinest due vor ein handelung? Ditterich: die, welche auff das keiserliche buche zcu regensburgk anno 41 im colloquio doselbst und hernoch vorgefallen ist. Niklas: O lieber, schweig vom keiserischen buch und der darauf erfolgten handelung! Ditterich: Lieber, due must mir die wol unuorachtet lassen, dan sie ist viel besser gegrundt dann eben Ewre confession! So haben dozcumal Ewre trefflichsten theologen Capito und Bucerus solch buch helffen machen. Niklas: Wue? Ditterich: Zcu wormbs, da man des orts das erste colloquium halten solte. Nachdem nun die Keiser. Mst. das buch den colloquenten zcu regensburg hat vorlegen lassen, ist
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A1 Einleitung
Das Augsburger Interim von 1548 beendete dann „die Ära der Religionsgespräche“ (Mehlhausen 1996, 11). Pflug hatte an dessen Erarbeitung wesentlichen Anteil (Brodkorb 1996, 530). Das Interim wurde am 17. August 1548 verkündet, Pflug kehrte nach Zeitz zurück und verhandelte im August 1548 mit Melanchthon und Fürst Georg von Anhalt über die Umsetzung des Augsburger Interims in Sachsen. Im Dezember 1548 kam es unter Pflugs Vorsitz zu Interimsverhandlungen in Leipzig, zu denen beraten wurde, wie sich die Augsburger Beschlüsse in Kursachsen verwirklichen ließen (Offele 1965, 32f.). Die Unstimmigkeiten, die es bei Diskussionen über den Opfercharakter und den Kanon der Heiligen Messe gab, wurden beseitigt. Pflug gelang es, eine Ergänzung zur Rechtfertigungslehre, die im Augsburger Interim noch ausgelassen worden war, hinzuzufügen.68 Dies betone Pflugs Gewissenhaftigkeit und Treue gegenüber der Kirche, auch wenn sein Handeln hier wieder vom „Willen zur Friedfertigkeit“ (Offele 1965, 33) geprägt gewesen sei, stellt aber auch eine Öffnung zur evangelischen Seite hin dar, um eine sächsische Lösung zu erzielen. Moritz hatte dem Interim widersprochen und war für die Bewahrung der protestantischen Rechtfertigung und die Ablehnung der katholischen Messe eingetreten. Trotz seiner nachhaltigen Wirkung auf das katholische und das protestantische Lager wurde das Augsburger Interim durch das Trienter Konzil zurückgedrängt, denn dieses entschied den Fortgang der weiteren Entwicklung in der Kirchenpolitik (Mehlhausen 1996, 10). Pflug setzte große Hoffnungen in das Tridentinum und nahm an der zweiten Tagungsperiode von November 1551 bis März 1552 daran teil (Offele 1965, 41).69 In Worms war Pflug 1557 das letzte Mal zu Verhandlungen anwesend. Hier führte er den Vorsitz. Am wieder eröffneten Trienter Konzil 1562 konnte er krankheitsbedingt nicht teilnehmen. Er starb 1564. Die Bibliothek Julius Pflugs stellt einen der drei Teile der Zeitzer Bibliothek dar. Mit ihren über 900 Bänden gilt Pflugs Sammlung als eine der größten, für damalige Verhältnisse hochmoderne, spätmittelalterliche Privatbibliothek Mitteldeutschlands (Kunde 2005, 7f.). In seinem Testament ließ Pflug verfügen, dass seine Bibliothek in Zeitz verbleiben solle: Jm Nahmen der Hailigen Drayfaldigkeit hab Jch, Julius, von Gotts gnaden bestettigter zum Bischoff zur Naumburg, bey mir bedacht. Weil ich die schult der nathur bezahlen vnd entlich sterben muß, vnd aber der stunde meines abschieds von dieser welt vngewiß, daß ich desto vleissiger wachen vnd auf die zukunft des herren, wan ehr mich aus diesem jhammerthal fordern wirdet, warten soll; (...) Jtem, meine Biblioteca, die ich zum mehren thail ehr dan ich ins Stifft kommen, von dem meinen erzeugt, die soll vnuormindert alhir zu Zeitz an dem orth, dahin ich
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eine vorgleichung darauff ervolget bis auf eczliche artickel, wie aus den gedruckten actis colloquii zcuuornemen. solche vorgleichung haben inen ewre protestierenden stende und Theologen, so dazcumal in grosser anzcal bei einander waren, gefallen lassen. und ist dazcumal die augspurgische confession zcu ruck gesaczt worden (...). Dieser Zusatz wiederum war für die Reformatoren nicht akzeptabel (Offele 1965, 33). Julius Pflug führte Tagebuch über seine Teilnahme am Konzil (Offele 1965, 42). Er verfasste u.a. ein Votum mit dem Titel „Reformatio interioris hominis“, doch er musste das Konzil verlassen, als Karl V. ihn zum Friedensschluss mit Sachsen nach Innsbruck rief (Brodkorb 1996, 530).
A1.2 Biografisches und Julius Pflugs Schreibsprache
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sie gelegt, bleiben, vnd meinen Successoribus vnd dem Stifft zum besten erhalten werden. (Pollet 1982, 385)
Auch der handschriftliche Nachlass befindet sich zu großen Teilen in der Stiftsbibliothek in Zeitz. Es sind sowohl eine Vielzahl lateinischer als auch deutschsprachiger Texte darin enthalten, wobei letztere als Autografe und zahlreiche Abschriften verschiedener Sekretäre vorliegen.70 Dass sich Pflugs Bereitschaft zum Kompromiss einerseits auf seinem von Versöhnung geprägten Charakter, andererseits aber auch auf den Missständen der Zeit gründete, zeigt seine Bitte, die er 1549 gemeinsam mit Maltitz an den Kaiser richtete und ihn um die Gewährung der Priesterehe und den Laienkelch ersuchte. Der Laienkelch wurde Naumburg erst 1564 zugesprochen. Der Zölibat sollte ausgesetzt werden, bis wieder Priesternachwuchs vorhanden sei (Brodkorb 1996, 530). Diese Einstellung wird von Pflug selbst in seinem Traktat über das Abendmahl unter beider Gestalt bestätigt: man hat vil statlicher ursachen, wurumb es nit thulich sei, der beiden gestalt des sacraments vor denn leihen stat zcugeben, aber weil aus denn umbstenden erkant wirdet, das man solchs dem leihen in diesen landen nit mehe kan weren, wil aus der not eine tugent zcumachen sein, (...) was vor ungehorsam und unwille und zceruttung in unsern kirchen hiraus erwechst, emphinden wir leider alzcu seher. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 33 n. 4d, pag. 4f.) dan an deme ist es, das ein ide newerung betrubet, ob sie gleich an ir selber fruchtbar ist, (...) aber dohin ist es kummen, das man numals aus der not ein tugent mus machen, damit unsere kirchen nit in grossere fare geseczt werden. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 33 n. 4d, pag. 10)
Um Zerwürfnissen vorzubeugen, wurden Neuerungen, so z.B. die Duldung des Abendmahls unter beider Gestalt, in Kauf genommen. Pflug war um die Menschen bemüht, die einmal der Kirche angehörten, sich aber wieder von ihr gelöst hatten (Müller 1969, 163). Seine vermittelnde Haltung wurde ihm mitunter als Schwäche, teils sogar als Kryptolutheranismus ausgelegt (ADB 1887, 689). Seine ganze Lebenskraft war der Einheit der Kirche gewidmet. Diese Einheit sollte von innen bewirkt und vom Bild des Leibs Christi geprägt sein (Müller 1969, 164ff.).71 Neben aller Diplomatie spricht aus Pflugs Texten eindeutig ein treuer Katholik, der auf das Wohl der alten Kirche bedacht war und klare Vorstellungen von deren Aufbau hatte. zcuerhaltung christlicher einikeit in der kirchen gots ist vonnoten, das darinnen ein Bischoff sei, der uber die andern gewalt habe und das also der stand der kirche in eine monarchi gezcogen werde (...). (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3, pag. 36)
„Die Katholizität ist für Pflug die allgemeine Verbreitung der alten Kirche in der ganzen Welt“, die jedoch ohne Gewalt vonstatten gehen soll (Müller 1969, 170, 175).72 Die 70
71 72
Vgl. dazu maschinenschriftlicher Katalog, angefertigt von Jacques V. Pollet (StBZ), der Auskunft über handschriftliche Texte Pflugs in zahlreichen Bibliotheken und Archiven Deutschlands gibt. Vgl. oben Kap. A1.2.1, Zitat aus StBZ, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3, pag. 1. Vgl. auch Pollet (1972, 241). Müller (1969, 171) zitiert aus Pflugs Druck „Christliche Ermanungen (...)“: „pfleget die allgemeyne Kyrche keines weges zu jrren“, „die sewle vnd grunduehste der warheit“.
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A1 Einleitung
Kirche kann nicht irren und hat ihr Fundament in der Heiligen Schrift: derhalb ob wol die traditiones veritatis und dogmata gemeinlich iren grundt in der schrifft haben, gleichwol da ein christ solchen grundt nit begreifft, ist ime doch genug, das er sich an ungeschribene tradition halte und sich mit deme, welchs von algemeiner kirchen gehalten worden und nach gehalten wirdet, vorgleiche, zcuforderst weil die kirche in solchen dingen nit pfleget zcuirren (...) weil der kirchen warheit unwandelbar, sal ein ider iczo vor war halden, was die kirche vor tawsent iaren vor war gehalten hat. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 189v / 190v)
Weil Spaltungen vorhanden und nicht mehr zu vermeiden waren, mussten sie möglichst durch einen von Verständnis geleiteten Dialog beseitigt werden. So ist das letzte Buch des in vier Bücher geteilten Streitgesprächs in Pflugs Nachlass der einikeit der kirche gewidmet.73 Pflug steht vor den Neuerungen, aber eine definitive Trennung der Kirche gibt es für ihn noch nicht. Er hält am Einigungsstreben fest. Auch wenn Julius Pflug oft kirchenpolitisch in Erscheinung trat, darf sein Wirken als Seelsorger durch die Predigttätigkeit nicht gering geschätzt werden. Sein Nachlass enthält u.a. Predigtreihen74 sowie eine Anleitung zum Predigen75, die davon zeugen, wie stark er sich um das Heil seiner Gemeindeglieder bemühte. Last uns nun (...) bewegen, was uns got, unser himmelischer vater, durch christum, seinem eingeborenen son, zcu groser gnade erzceigt hat. Dan da wir an den stricken des tewffels, unsers hewptfeindes, waren und unserm vordinste nach der ewigen vordammnus und pein im hellischen fewer zcugewarten hatten, da erbarmete sich der herre unser. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23, pag. 121)
Die Menschen von ihrem sündigen Verhalten abzubringen und zu ihrer sittlichen Besserung beizutragen, stellte ein wichtiges Anliegen Pflugs dar. Zuforderst sei Buße zu predigen, um sie von ihrer Sünde zu bekehren. Item nachdem der mensch, mit welchem der prediger zcuhandeln, gebrechlich und sunthafftig, ist erstlich die busse zcupredigen, also, das der mensche im seine geubte sunde las leit sein, mit gutem vorsacz sich furder dero zcuenthalten, item das er erkenne seine gebrechlikeit, welche im seinem fleisch hafftet, weil er lebet. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23, pag. 215)
Auch sein Ringen um den konfessionellen Frieden, um den einen Glauben, die eine Kirche – also sein gesamtes kirchenpolitisches Agieren – ist für ihn ein seelsorgerliches Anliegen. Pollet (1972) beschreibt Pflug als Gelehrten eindrücklich folgendermaßen: „An dieser Stelle verliert sich Pflug seiner Gewohnheit gemäß in einer lehrhaften Erörterung“ (Pollet 1972, 240).76 Weiter charakterisiert er – und dies lässt sich auf eine Vielzahl 73 74 75 76
StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 188r–234v. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23, 1–212. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23, 215–230. Siehe C. Der edierte Dialog Pflugs bestätigt diese Aussage. Zahlreiche Passagen zeugen davon, dass ein Dialog dozierenden, einem Monolog ähnlichen Passagen weicht. Identifizierte man den Autor mit der Figur des Altgläubigen im Dialog, so träfe die Pollets Beschreibung Pflugs völlig zu.
A1.2 Biografisches und Julius Pflugs Schreibsprache
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seiner Texte anwenden – den Naumburger Bischof durch eine Reihe positiver Schilderungen: „Pflug findet stets das rechte Wort, die angemessene Lösung, aus den Tiefen christlicher Lehre geschöpft und zugleich der jeweiligen Situation angepaßt. Zugleich legt er seine Gedanken in der schlichtesten und ungezwungensten Weise vor, in der Form einer Selbsterschließung einem Freund gegenüber, der zugleich Theologe ist und der allein geeignet sein dürfte, ihn zu verstehen. Die treffende Kürze seiner Sätze, der maßvolle Ausdruck, dessen er sich gewöhnlich bedient, die Sorgfalt des Stils, von dem die zahlreichen Verbesserungen im Manuskript zeugen, lähmen keineswegs den beredten Schwung dieses meisterlichen Briefes (...)“ (Pollet 1972, 242)77
Die hier aufgelisteten geografischen und konfessionellen, im Besonderen kirchenpolitischen, Konstellationen zeigen Julius Pflug als eine starke Persönlichkeit zwischen mehreren Polen. Obwohl er im ostmitteldeutschen Gebiet geboren und verankert ist, wird seine Hinwendung zum Süden, konkret räumlicher Art und seiner konfessionellen Tätigkeit entsprechend, durch seine Teilnahme an den zahlreichen Disputen deutlich. Durch drei einander bedingende Attribuierungen kann Pflug charakterisiert werden: der Vermittler – zwar konservativer Katholik, aber in seinem Wirken und Schrifttum auf Ausgleich zwischen den religiösen Lagern bedacht; der Rhetoriker – sein Ziel der Vermittlung erreichte er nicht zuletzt durch Beherrschung der rhetorischen Regeln;78 der Prediger – dem das Wohl der Gemeinde am Herzen liegt79.
A1.2.2 Pflugs Schreibsprache Der Überblick über die bisherige Pflug-Forschung (s. Kap. A1.1.2) zeigt, dass die Person oft Gegenstand verschiedener Arbeiten war. Eine Analyse der Schreibsprache Pflugs steht jedoch bislang aus. Lediglich Neuß (1990) untersucht Sprache und Stil der deutschen Briefe Pflugs. Er wählt dazu Texte aus dem Zeitraum von 1519 bis 1564, die Pollets Edition enthält. Da „Julius Pflug (...) zu seinen Lebzeiten als glänzender lateinischer Stilist gerühmt“ worden ist (Neuß 1990, 177), er sich in schriftlicher Korrespondenz aber ebenso der deutschen Sprache bediente,80 war ein Ziel der Analyse Neuß’, die Korrelation der Sprachen Latein und Deutsch im syntaktischen Bereich zu beurteilen. 77
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Da sich Pollet hier auf den Stil eines Briefs Pflugs bezieht, ist die Angabe bezüglich der Länge der Sätze gerechtfertigt. In den Traktaten und den lehrhaften Passagen des Dialogs dominieren durchkomponierte, komplexe Sätze. Zahlreiche Verbesserungen zeugen tatsächlich von seiner Bedächtigkeit und seiner Sorgfalt. Vgl. Kremer (1990, 19ff.) und Neuß (1990, 177ff.). Vgl. u.a. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23 und StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50. Die Zahl der deutschen Schreiben Pflugs erhöht sich deutlich in den Jahren 1530–1532 durch Pflugs Dienst bei Herzog Georg dem Bärtigen. In den Jahren 1533–39 geht die Zahl wieder zurück. Neuß erklärt das mit der humanistischen Gesinnung Pflugs. Erst als Pflug dann zum Bischof von Naumburg gewählt wurde, steigt sein deutsches Schrifttum wieder an. Vgl. (Neuß 1990, 184).
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A1 Einleitung
Sein Korpus enthält sowohl 153 lateinische als auch 235 deutsche Briefe. Es wird gefragt, an welcher Stelle sich Pflug „auf dem Wege zu einer deutschen Einheitssprache“ (Neuß 1990, 178) befindet. Dies lasse sich am besten im graphematischen Bereich beurteilen. Neuß kommt zu dem Ergebnis, dass für Pflugs Schreibsprache eine große Einheitlichkeit in der Schreibung charakteristisch sei und sich demnach seine „orthografischen Gewohnheiten“ bis zu seinem 30. Lebensjahr gefestigt hätten (Neuß 1990, 184f.). Die überwiegende Einheitlichkeit in der Schreibung lässt sich mit dem in dieser Arbeit erstellten Glossar (s. Anhang) und der angefertigten Schreibsprachanalyse bestätigen (s. Kap. A3). Neuß (1990, 190) bemerkt ferner: „Bei aller Regelmäßigkeit, die die Pflugschen Autographen durch die Jahrzehnte hindurch auszeichnet, bleibt dennoch festzuhalten, daß auch die von Pflug angewandte, vom ostmitteldeutschen Usus geprägte Schreibnorm, vom Status einer orthographisch endgültig geregelten Schriftsprache wie etwa dem Lateinischen noch ein ganzes Stück weit entfernt gewesen ist.“
Dass eine endgültig geregelte Schriftsprache für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts in noch keinem Fall angenommen werden kann, steht außer Frage (s. Kap. A1.3.2). Nicht zuletzt die Reformation hat die Ausgleichsvorgänge zu einer überregional gültigen Norm beeinflusst (s. Kap. A1.3.3.2). Des Weiteren konstatiert Neuß, Pflugs Schreibusus sei zwar ostmitteldeutschen Charakters, weise aber auch deutlich oberdeutsch-nürnbergische Züge auf. Als ostmitteldeutsche Schreibungen werden u.a. folgende Merkmale herausgestellt: kegen, Präfixe vor- und zur-, ad(d)er, sal, glewben, aw für mhd. iu (neben ew). Die oberdeutschen Neuerungen wie ai-Graphien oder Suffix -nus seien nicht belegbar, doch synkopiertes Präfix bei ge- bzw. be- sowie p statt b im Anlaut (pergen-bergen) seien oberdeutsche Reflexe in Pflugs Briefen.81 Private Schreiber befänden sich damals im Spannungsfeld regional gebundener und überregional gültiger Varianten, wobei Pflug sich an der Norm der sächsischen Kanzlei orientiere (Neuß 1990, 186f.).82
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Das Suffix -nus dominiert jedoch in den untersuchten Autografen (s. Kap. A3.2.2.3); -nis ist nur vereinzelt belegt, und zwar in den Briefen. Synkope in den Präfixen ge- / be- (s. Kap. A3.1.1.7) und p statt b (s. Kap. A3.1.2.1) im Anlaut sind vereinzelt belegt. Das wird an den Autografen expliziert (s. Kap. A3.5.2) und überprüft.
A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession
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A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfesssion Um Pflugs Schrifttum in diesem Spannungsfeld zu verankern, ist zunächst eine Beschreibung der Faktoren Region und Konfession erforderlich. Die in das Korpus aufgenommenen Autografe sind in die erste Hälfte und auf den Anfang der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und somit in eine Zeit des Sprachausgleichs zu datieren. „Es hat wohl keine Periode in der deutschen Sprachentwicklung so radikale und rapide Umbrüche im schriftsprachlichen Bereich gezeitigt wie dieses 16. Jahrhundert. Bestimmte in ihrer Zusammensetzung noch nicht ausreichend geklärte schreiblandschaftliche Konstellationen setzen sich sprachlich weithin durch, andere Regionen mit z.T. sehr langer Schreibtradition werden überfremdet und schließlich völlig überdeckt.“ (Besch 1967, 15)
Regional gebundene Varianten charakterisieren die jeweiligen Schreibsprachen, werden jedoch allmählich nach bestimmten Prinzipien selektiert, sodass letztlich eine überregional gültige Schreibnorm entsteht. Im Folgenden ist für die Analyse der pflugschen Autografe zu erläutern, warum ausschließlich die Schreib- und nicht etwa die Lautsprache in den Mittelpunkt gestellt wird (Kap. A1.3.1) und inwiefern Konzepte von Sprachausgleich im 16. Jahrhundert für die Beurteilung der Schreibsprache Pflugs zum Tragen kommen werden (Kap. A1.3.2). „Schon früh im 16. Jahrhundert reagiert man von katholischer Seite aus auf das Sprachansehen Luthers. In deutlich religiös-konfessioneller Motivation werden Luthers Schriften abgelehnt“ (Josten 1976, 112). Aufgrund von Pflugs Zugehörigkeit zu den Altgläubigen ist auch bei seiner Position zwischen den religiösen Lagern ein Einfluss der Konfession auf seine Schreibsprache zu vermuten. Es gilt, die Konfessionalisierung von Sprache und somit mögliche Schreibungen, Formen und Konstruktionen im Sinne einer ebenso gearteten „religiös-konfessionellen Motivation“ (ebd., 112) zu fokussieren und ins Verhältnis zu regional bedingten Selektionsprozessen83 zu setzen (s. Kap. A1.3.3). So geht auch Rössler (2005) vor, wenn er mit den drei Faktoren Schreibvariation, Sprachregion und Konfession anhand einer Vielzahl von österreichischen und bayerischen Drucken das Ineinandergreifen inner- und außersprachlicher Faktoren auf den Ebenen der Graphematik und Morphologie für den Zeitraum des 16. –18. Jahrhunderts untersucht.84 83
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Dabei sind beispielsweise, wie noch zu erläutern sein wird (s. Kap. A1.3.2), Beschs vier Strukturprinzipien des Geltungsareals, des Geltungsgrads, der Geltungshöhe und der strukturellen Disponiertheit gemeint. Durch die Reihung dieser drei Faktoren kann suggeriert werden, sie seien nicht hierarchisch geordnet. Sie bilden nicht nur den Rahmen für Rösslers, sondern auch für diese Arbeit. Doch darf nicht übersehen werden, dass die Schreibvariation innerhalb einer und zwischen mehreren Sprachregion(en) konfessionell bestimmt sein kann. Rössler erhält letztlich für eine Reihe von Merkmalen eine ostmitteldeutsch-oberdeutsche Dichotomie, kann aber für weit weniger dieser Ausprägungen tatsächlich konfessionelle Motivation nachweisen.
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A1 Einleitung
A1.3.1 Geschriebene vs. gesprochene Sprache Zur Bewertung früherer Sprachstufen können lediglich schriftliche Zeugnisse herangezogen werden, das heißt, es muss eine Auseinandersetzung mit genau diesen Quellen erfolgen (Wolf 1975, 151).85 In der Diskussion über die Genese der neuhochdeutschen Schriftsprache86 ist sich die jüngere Forschung einig darüber, dass die Entwicklung zur einheitlichen Schriftsprache über die Schreibsprachen ging und unabhängig von den Mundarten begann (Rieke 1998, 16).87 Die geschriebene Sprache führt ein strukturelles, von der Mündlichkeit nicht direkt abhängiges Eigenleben. Deswegen muss einer phonologischen Interpretation schreibsprachlicher Elemente stets eine deskriptive Analyse zugrunde liegen (Glaser 1985, 27). Gegen die Auffassung, den Schwerpunkt auf das Schriftsystem zu legen und auf die gesprochene Sprache nur dann abzuheben, wenn herausgestellt werden soll, dass Buchstaben bzw. -sequenzen ein Phonem oder eine Phonemfolge bestimmen (Wolf 1975, 152f.),88 spricht Elmentalers (2003) phonografischer Ansatz. Dass lautlich ausdeutbare Schreibungen und vorrangig phonografische Schreibsysteme vorliegen könnten, ist eine kontrovers diskutierte Sicht (Elmentaler 2003, 19). An Duisburger Quellen aus dem 14.–17. Jahrhundert wird die Hypothese der phonografischen Ausrichtung der Schreibsysteme überprüft (ebd., 51) und schließlich synchron betrachtet für ein Schreibsystem aus der Zeit um 1400 nachgewiesen, dass die Variabilität der geschriebenen Sprache an die jeweiligen Strukturen in der gesprochenen Sprache gebunden ist. Damit wird die Forschungstradition, die Schreibsprachen als in sich abgeschlossene Systeme sieht, die keinerlei Hinweise auf die gesprochene Sprache zuließen, in Frage gestellt. Gleichzeitig wird durch die diachronische Analyse eine Diskontinuität der Veränderungen und somit deren Unabhängigkeit von den lautlichen Bezugssystemen belegt. Als Deutungsansatz für die Variabilität der Schreibsprachen wird eine schreibstilistisch begründete Erklärung gesehen, das heißt, die Schreiber hätten sich an unterschiedlichen Schreibstilen, mit denen sie während ihres Lebens konfrontiert wurden, orientiert (ebd., 309f.). 85
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Vgl. Wolf (2000, 1537): „Gleichzeitig sehen wir aber, daß es im Dt. vor allem die Schriftlichkeit ist, die zu einer Einheitssprache führt.“ Schriftsprache meint die aus den Ausgleichsprozessen hervorgegangene neuhochdeutsche Schriftsprache, der überregional gültige Normen zugrunde liegen. Schreibsprache bezieht auf regional gebundene Schreibdialekte. Zu Müllenhoffs, Burdachs, Frings u.v.a Theorien zur Entstehung der neuhochdeutschen Schriftsprache vgl. Besch (2003b), Rieke (1998, 15–18), Wegera (1986); vgl. auch Rieke (1998, 28): „Da aber nach neueren Forschungsergebnissen sicher davon auszugehen ist, daß die nhd. Schriftstsprache als Ausgleichsprache auf schriftlicher Grundlage entstanden ist, hat dieser Mangel [an mündlichen Quellen, Cw.] die Arbeit nicht beeinträchtigt.“ Wolfs (1975, 151ff.) Definition von Graphem und Phonem wird hier übernommen. Er bezieht sich auf Fleischer (1965 und 1966) und definiert Graphem als „kleinste distinktive Einheit geschriebener Sprache, die ein Phonem repräsentiert“. Graphie wird in dieser Arbeit im Sinne von ‚Schreibweise‘ benutzt.
A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession
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Eine vermittelnde Grundposition zwischen einer Bezugnahme auf die Schreibung oder einer deren phonologische Interpretation präferierende Herangehensweise beinhaltet sowohl die Abhängigkeit als auch die Unabhängigkeit von Schreib- und Lautsystem, geht aber von Interdependenzen zwischen beiden aus (Wiesinger 1996b, 1).89 „Nachdem das Dogma der Abhängigkeit von geschriebener und gesprochener Sprache für das Frnhd. zu verwerfen ist“ (Bremer 1985, 1381), sie vielmehr „in einem komplexen wechselseitigen Verhältnis zueinander stehen“ (Schmid 2007, 2), „wird eine Neubestimmung ihres Verhältnisses (...) notwendig“ (Bremer 1985, 1381). Anders als für den von Elmentaler und Mihm90 mit Duisburg als Beispiel untersuchten westlichen Sprachraum, der in zahlreiche Kleinterritorien gegliedert war, können für das ostmitteldeutsche Gebiet großräumige Ausgleichstendenzen (zwischen den benachbarten Varietäten Ostmitteldeutsch und Oberdeutsch) angenommen werden:91 „Das wohl bemerkenswerteste und sprachgeschichtlich wichtigste Ergebnis einer Zusammenschau von Graphem- und Phonemsystem(en) des Frnhd. ist die Einsicht, daß, was das ‚Osthochdeutsche‘ betrifft, im Schriftsystem schon weitgehend eine Vereinheitlichung stattgefunden hat. Wir können die schon erwähnte These wagen, daß die Graphemsysteme dieser Schriftdialekte, also des Oobd. und des Omd., bereits als Subsysteme eines noch nicht realisierten schriftsprachlichen Archi- bzw. Supersystems anzusehen sind.“ (Wolf 2000, 1536)
Elmentaler (2003, 2ff.) macht auf die Probleme der historischen Schreibsprachenforschung aufmerksam. Dem junggrammatischen Postulat von der Homogenität einer Sprache widerspricht die Variabilität der Schreibsysteme, der Variantenreichtum in frühneuhochdeutschen Texten. Drei Kernprobleme werden im Anschluss an Hermann Pauls Analyse des Verhältnisses von Schrift und Lautsprache formuliert (ebd., 9ff.). Es handelt sich dabei einmal um die Morphologisierung von Sprache und die Frage nach der Datierbarkeit des Übergangs von einem phonologischen Prinzip zum morphologischen. Auch für das 16. Jahrhundert ist noch eine fehlende Morphemkonstanz anzunehmen. Das lässt sich an Julius Pflugs Texten bestätigen, die zwar relativ gefestigte, aber doch von Invariabilität noch weit entfernte Schreibungen aufweisen (s. Kap. A1.2.2). Die Festigung der Schreibungen kann bei Pflug teilweise aus einem Ausgleich zwischen mehreren regionalen Formen, also aus einer Orientierung an der regionalen Schreibtradition, entstanden sein (s. Kap. A1.3.2). Nicht nur Bezug auf die graphematische Wortkonstanz, sondern auch die jeweils konstanten oder variablen Formen und Konstruktionen, d.h. syntaktische und (wortbildungs- und flexions)morphologische Aspekte einer Schreibsprache, sind in eine Untersuchung einzubeziehen. 89
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Diese vermittelnde Position folgt auf vier vorangegangene Extrempositionen, die jeweils von einer einseitigen Abhängigkeitsbeziehung des Lautsystems vom Schreibsystem oder umgekehrt ausgehen, vgl. Wiesinger (1996b, 1) und Reichmann / Wegera (1993, 13). Z.B. Mihm (2001b), Mihm / Elmentaler (2000). Vgl. Glaser (2003, 58): „Mattheier (1981) hat sich für ein modifiziertes Konvergenzkonzept ausgesprochen, da zumindest in den (nord)westlichen Regionen eher mit einer Varietätenüberschichtung als mit Konvergenz im eigentlichen Sinne zu rechnen sei.“ Vgl. auch von Polenz (2000, 160ff.) und Schmid (2007, 5).
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A1 Einleitung
Der Übergang vom phonologischen zum morphologischen Schreibprinzip bedingte eine Zwischenphase (Elmentaler 2003, 17), in der die Schriftnorm wesentlich größeres Gewicht hatte als die gesprochene Sprache, und die man mit der schon oft nach Karl Bischoff zitierten Aussage kennzeichnen könne, man schreibe, wie man zu schreiben gelernt habe und nicht, wie man spreche (ebd., 17). Damit ist ein weiteres Kernproblem der Schreibsprachenforschung angedeutet: das Verhältnis von gesprochener und geschriebener Sprache (s. Kap. A1.3.1). Den dritten Problembereich bildet die Funktionalität der graphematischen Varianz, für deren Erklärung Elmentaler (2003, 23ff.) unterschiedliche Ansätze aufzeigt.92 Schließlich werte das von Besch und Stopp entworfene Modell des Sprachausgleichs die Varianz wieder auf, bringe aber letztlich keine Neuerungen, weil ausschließlich der zur neuhochdeutschen Schriftsprache führende Variantenabbau behandelt werde (ebd., 26). An genau dieses Modell und an die Interferenzhypothese, d.h. auch an einen vermuteten außersprachlichen, soziokulturellen Einfluss auf die Schreibung, soll jedoch mit der hier vorgenommenen Schreibsprachenanalyse angeknüpft werden (s. Kap. A1.3.3.2). „Für die Raumtypik im hochdeutschen Bereich spielen meines Erachtens sprachimmante Barrieren hinsichtlich einer schriftsprachlichen Einigung keine Rolle, wenn man einmal von lexikalischer Konkurrenz absieht. Insofern darf und muß längerfristig behauptete Variation im Rahmen des neuen, gebietsübergreifenden Schrifttypus als Ausdruck außersprachlicher Konfigurationen gedeutet werden.“93 (Besch 2003a, 14)
A1.3.2 Sprachlandschaften und Sprachausgleich „Spätestens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts (...) existiert in Deutschland eine Art Hauptströmung neuer, hochdeutscher Schriftlichkeit. Diese ist ein Produkt mehrseitigen, landschaftlichen Sprachausgleichs, bei dem die ostmitteldeutschen und ostoberdeutschen Regionen besondere Urheberrechte beanspruchen können.“ (Macha 1991, 49)
Inwiefern der für das 15. und 16. Jahrhundert charakteristische Sprachausgleich94 für die Erforschung der Schreibsprache Julius Pflugs relevant ist, wird im Folgenden durch die Darstellung der von Besch formulierten, mittlerweile allgemein akzeptierten Prinzipien, die auf die Ausgleichsprozesse wirken (Glaser 2003, 61), und mit ergänzenden 92
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Mit der Dysfunktionalitätsthese wird auf negative Bewertungen der Varianz, wie „Verwahrlosung“ oder „Regellosigkeit“, referiert. Die Interferenzhypothese steht dem entgegen und erklärt die Varianz als Varietätenmischung, sowohl regional als auch diachron. Eine ornativ motivierte Variabilität und somit eine intentionale, stilistisch bestimmte Wahl der Schreiber für eine Vielzahl Varianten wurde teils angenommen (Schreibschmuckhypothese). Auch für die Überschichtung des Niederdeutschen durch das Hochdeutsche – Besch (2003a, 10) spricht von Sprachwechsel – werden primär außersprachliche Faktoren verantwortlich gemacht. Er behandelt hier die Thematik einer Raumtypisierung, nicht den durch seine vier Prinzipien zu charakterisierenden Sprachausgleich im 15. Jahrhundert. Im Folgenden nehmen die Begriffe „Sprachausgleich“ und „Sprachlandschaften“ Bezug auf die von Besch (1967) beobachteten Ausgleichsprozesse im 15. Jahrhundert.
A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession
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Erklärungsansätzen beschrieben. Wird das Schrifttum des Naumburger Bischofs in die damaligen räumlichen und zeitlichen und nicht zuletzt auch sprachlichen Gegebenheiten eingeordnet, müssen die Prozesse des Sprachausgleichs für das 15. und das 16. Jahrhundert den Rahmen bilden. In dieser Zeit des Umbruchs im schriftsprachlichen Bereich, in einem Gebiet „ostmitteldeutsch-ostoberdeutscher Schreiballianz“ (Besch 2003b, 2261f.) lebt und schreibt Julius Pflug, für den als Zeitgenossen Luthers problemlos übernommen werden kann, sein Wirken falle „zeitlich mitten hinein in die letzte große schreibsprachliche Angleich- und Ausgleichsbewegung im deutschen Osten.“ (Besch 1967, 362). Die Schreibsprache Pflugs lässt sich durch ihre charakteristischen Züge und den Vergleich dieser mit sowohl den Schreibgewohnheiten der Zeitzer Kanzleischreiber95 als auch mit den jeweils allgemeingültigen Annahmen für das damalige Schrifttum96 als Teil eines Konvergenzprozesses97 verstehen. Um zu zeigen, inwiefern das Schrifttum Pflugs diesen Prozess widerspiegelt und welche Einflussfaktoren auf die Auswahl bestimmter Formen angenommen werden können, wird Beschs Modell vom Sprachausgleich, teils dessen Modifikation und bestehende Kritik, im Folgenden dargestellt und mit den hier vorliegenden Forschungsinteressen verknüpft. Besch (1979, 131) greift Maurers Frage auf, wie die Mischung aus oberdeutschen und mitteldeutschen Elementen zustande gekommen sei98 und stellt anhand seiner Kartenbefunde, die Charakteristika der verschiedenen Schreibsprachen des 15. Jahrhunderts dokumentieren, vier Erklärungsprinzipien für die Auswahlregularitäten auf.99 Dem Prinzip des Geltungsareals einer sprachlichen Form – bezogen auf die weiträumigere Verbreitung einer Form gegenüber einer anderen – fügt er zu dessen näherer Bestimmung noch das mit Landschaftskombinatorik bezeichnete Kriterium, das auf die Abhängigkeit von bestimmten sprachgeografischen Konstellationen abzielt, hinzu. Neben dem Geltungsareal ist als zweites primäres Prinzip der Geltungsgrad, die Frequenz des Vorkommens einer Variante, zu sehen. Die Auffassung, dass strukturelle Disponiertheit unabdingbar ein Auswahlprinzip ausmacht, wurde besonders von Fleischer gestützt.100 Nach den Ansätzen von Müllenhoff, Burdach und Frings ist „die Forschung gegenüber 95
Siehe Kap. A3.5.2 Bezug auf Ottos (1970) Untersuchung zur Sprache der Zeitzer Kanzleischreiber im 16. Jahrhundert. 96 In Kap. A2.2 werden die jeweils in Pflugs Schrifttum untersuchten graphematischen, morphologischen, syntaktischen und lexikalischen Parameter dargestellt. Bei der Auswertung werden die Ergebnisse für die Schreibsprache Pflugs zu bereits bestehenden Annahmen bezüglich jedes Parameters in Beziehung gesetzt (s. Kap. A3). 97 Konvergenz wird im Sinne von Glaser (2003, 58) verstanden: „(...) wobei mit Konvergenz hier die Herausbildung einer neuen Varietät durch gegenseitige Anpassung verschiedener frühneuzeitlicher Sprachvarietäten und zunächst nicht Anpassung an eine bereits vorhandene Einheitssprache gemeint ist.“ 98 Dass für Pflug genau diese Mischung konstatiert werden kann, ergeben schon die überblicksartig angeführten Merkmale aus Neuß’ Analyse der Briefe Pflugs (s. Kap. A1.2.2). 99 Im Folgenden Bezug auf Besch (1979, 132ff.), vgl. auch u.a. Besch (1967 und 1993). 100 Er erklärt die Durchsetzung einer Variante u.a. mit strukturellen Gesichtspunkten, wie z.B. mit klarer Abhebung der Oppositionen und etymologischer Durchsichtigkeit (Besch 1979, 133).
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A1 Einleitung
den vergangenen Jahrzehnten erheblich weitergekommen“ (Besch 1979, 132). Dies gelte allerdings nur, wenn sich die Prinzipien halten und absichern ließen. So wurden sie zwar immer wieder bemüht, den Sprachausgleich zu erklären, doch auch diskutiert und durch Bezug auf außersprachliche Faktoren ergänzt. Hugo Stopp (1976) bestätigte, erweiterte und widerlegte Beschs Prinzipien. Für die Graphie des Suffixes -nisse stellt Stopp das Prinzip des Geltungsareals in Frage, da sich im Laufe der Entwicklung -nusFormen ausbreiteten, sich letztlich auf dem Weg zum Neuhochdeutschen aber doch die -nis-Graphie durchsetzte. Auch bei Julius Pflug ist die Dominanz von -nus zu belegen. Dem von Besch (1967, 225ff.) für das 15. Jahrhundert konstatierten Befund einer klaren landschaftlichen Verteilung von -nis und -nus widersprechen Stopps Ergebnisse für das 16. Jahrhundert. Stopp (1973, 37) modifiziert Beschs Prinzipien u. a. dahingehend, dass er dem Geltungsareal größere Bedeutung als dem Geltungsgrad zumisst und die strukturelle Disponiertheit zurücksetzt. Für die Annahme bzw. Abstraktion von Gesetzmäßigkeiten für den gesamten Ausgleichsprozess müssen zunächst die Regularitäten in den verschiedenen Teilbereichen im Mittelpunkt stehen (Besch 1979, 135), da auf den unterschiedlichen Sprachebenen kein gleich gearteter und gleich verlaufender Sprachausgleich anzunehmen ist (Stopp 1976, 74 und Besch 1979, 150).101 Geht man davon aus, dass es den Sprechern der damaligen Zeit zweifelsohne an Kenntnissen über den Status der Varianten mangelte, aber „dass mit den ‚Entwicklungsprinzipien‘102 zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Konstellationen und spätere Verhältnisse in einen objektiven Zusammenhang gebracht werden können“ (Glaser 2003, 62), so ergibt sich damit auch der Rahmen für die Beurteilung der Schreibsprache Pflugs. Deren Merkmale werden in ein System integriert, das die damals möglichen sprachlichen Formen und die Gegebenheiten für eine Zeit vor ihm (das 15. Jahrhundert) und nach ihm (mit Schwerpunkt auf der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts) einordnet. Zwar kann keine detaillierte Charakterisierung eines jeden Selektionsprozesses vorgenommen werden. Doch gerade durch Einzeluntersuchungen müssen mögliche selektive Prinzipien erfasst werden, um diese in einem die Genese der einheitlichen Schriftsprache betreffenden Wirkungsgeflecht zu verorten. Auch Stopp (1973, 43) bezweifelt, dass die frühneuhochdeutschen Schreiber wirklich umfassendes Wissen über die Sprache in anderen Regionen besaßen. Sie orientierten sich an der nächsten überregionalen Schreibung103. Die einheitliche Schreibung sei daraus nach und nach entstanden. Damit ließe sich jedoch nicht der von Mattheier (1981), Macha (1991) und Peters (2003) nachgewiesene oberdeutsche Einfluss auf niederdeutsches Schrifttum erklären (Glaser 2003,
101
Dieser Tatsache wird die vorliegende Schreibsprachanalyse gerecht, indem die untersuchten Parameter folgendermaßen gegliedert sind (s. Kap. A3): Phonologie / Graphematik, Morphologie, Syntaktisches, Lexikalisches. 102 Bezug auf Beschs Prinzipien. 103 Vgl. auch Glaser (2003, 64ff.).
A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession
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65).104 Ob sich die „oberdeutsche Mode“ möglicherweise auf Prestigeformen bezieht oder eher ein konfessioneller Einfluss anzunehmen ist (s. Kap. A1.3.3.2), müsste differenzierter betrachtet werden.105 Ebenso werden die Reichstage und die Reichskammergerichte für die Notwendigkeit von überregional gültigen – hochdeutschen – Formen verantwortlich gemacht (Peters 2003, 157). Auch Julius Pflug ist, wie gezeigt wurde, ein wichtiger Teilnehmer an Reichstagen und Religionsgesprächen. Möglicherweise wird die Wahl oberdeutscher Elemente bei ihm teils auch dadurch begünstigt. Peters (2003, 164) weist darauf hin, dass die Variantenkombination der kursächsischen Kanzlei, die ihm als Vergleichsgröße für eine Beurteilung oberdeutschen Einflusses auf niederdeutschem Gebiet dient,106 weniger ostmitteldeutsch sei als erwartet, da sich der oberdeutsche Einfluss im ostmitteldeutschen Gebiet in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts schon geltend gemacht hatte. Dies könnte allerdings wiederum die Annahme stützen, die oberdeutsche Schreibmode komme über genau das ostmitteldeutsche Gebiet ins Niederdeutsche.107 Sprachbewertung ist genauso ausschlaggebend (Möller 1998, 5). Möller bezieht sich bei der Erklärung der Durchsetzung des Neuhochdeutschen auf Mattheiers Beispiel mit der Stadt Köln, wofür zuerst mit einem ostoberdeutschen und danach mit einem ostmitteldeutschen Einfluss zu rechnen ist.108 Auch Mihm (2001a) vermutet Prestigeformen zwischen Nachbarsprachen und geht somit zu der oben belegten Annahme Stopps, Schreiber orientierten sich zunächst an der Nachbarvarietät, konform (Glaser 2003, 65). Mit Prestigeformen hängt die Adressaten- / Empfängerorientierung zusammen, die Möller (1998) für das Schrifttum verschiedener Kanzleien untersucht. Dabei stellt sich heraus, dass es im 15. Jahrhundert – mit Köln als Ausnah104
Peters (2003, 173) spricht mit Macha (1991, 53) von einer „oberdeutschen Mode“ und setzt mit dessen Untersuchungen – allerdings für die zweite Hälfte des 16. und die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts – ein Zweiphasenmodell an, mit dem zunächst eine Orientierung an hochdeutschen Schreibgewohnheiten und später ein Einfluss der bairisch-oberdeutschen Region angenommen wird. 105 Hinzu kommt ebenso der historische Fakt des bairischen Einflusses: „das ‚bavarophile‘ 17. Jahrhundert, in dem die süddeutsche Machtarrondierung am Rhein durch die Wittelsbacher vollzogen ist.“ (Macha 1991, 48). 106 Dabei nimmt er auf die von Kettmann (1967) herausgearbeiteten Merkmale Bezug. 107 Vgl. hierzu Macha (1991, 49), nach dem der schon fortgeschrittene Vereinheitlichungsprozess eine Herkunftbestimmung vieler Varianten schwierig mache. Die als oberdeutsch geltenden Merkmale, die Peters (2003, 163) untersucht, gehen auch in die Analyse der Schreibsprache Pflugs ein. Es wird aber nicht um eine Beurteilung des oberdeutschen Einflusses auf das Niederdeutsche gehen. Dazu sind weitere detaillierte Untersuchungen erforderlich. 108 Es würden nicht heterogene Varianten, sondern Varietäten übernommen. Vgl. auch Mattheier (1981). Möller gibt das Aufkommen des Suffixes -nus im Ripuarischen im 16. Jahrhundert an. -nus klassifiziert er als ostoberdeutsches Suffix, -nis hingegen als ripuarische, ostmitteldeutsche und spätere neuhochdeutsche Form. Er lässt somit die oben gezeigte Diskussion zwischen Besch und Stopp außer Acht und vernachlässigt die Tatsache, dass sich im 16. Jahrhundert auch im ostmitteldeutschen Gebiet die -nus-Schreibungen durchsetzen bzw. durchgesetzt haben und -nus demnach nicht mehr als ausschließlich ostoberdeutscher Einfluss anzusehen ist.
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me – unüblich war, regionale Varianten wegen sprachlicher Anpassung an das Gegenüber aufzugeben (Möller 1998, 289ff.). Dort, wo Empfängerorientierung vorlag, müsse jedoch nicht zwangsläufig ein Zusammenhang von Aufgabe regionaler Varianten und empfängerorientierter Schreibung bestehen. Beschs (2003) Modell eines typisierenden Regionenüberblicks hebt die außersprachlichen Faktoren hervor. Im Jahre 1650 sieht er im Blick auf konvergenzfördernde und konvergenzhindernde Faktoren eine Wende. Vorher gelte die Regionalmaxime, die danach einer Deutschmaxime weiche. Einer zeitgenössischen Einschätzung Ende des 16. Jahrhunderts zufolge109 wird eine Teilung in das Kölnische (Ripuarisch), Sächsische (Niederdeutsch) und Flämische / Brabantische (Niederrhein) gegenüber dem Hochbzw. Oberdeutschen vorgenommen (Besch 2003a, 6f.). Diese Klassifikation veranlasst Besch dazu, für die Zeit vor 1650 zunächst unter Ausklammerung der außersprachlichen Faktoren vier Kritierien zur Typisierung der Regionen aufzustellen: sprachlicher Abstand (bzw. linguistische Nähe) zu der sich abzeichnenden Ausgleichsvarietät, Randlage / Mittellage der jeweiligen Varietät bezogen auf das gesamte Gebiet deutscher Sprache, die Größe des Geltungsareals110 und anderweitige sprachliche Anschlussmöglichkeit. Über allen Faktoren steht eine sich abzeichnende Ausgleichsvarietät, die neuhochdeutsche Schriftsprache. Mit der niederdeutschen Region gibt Besch ein Beispiel für linguistischen Abstand, jedoch nicht für Randlage. Warum sich die neuhochdeutsche Schriftsprache auf diesem Gebiet trotzdem durchsetzte, wird nun doch mit außersprachlichen Faktoren erklärt: „Dies alles, sowie merkantile, politische, konfessionelle, territoriale Gründe werden Berücksichtigung finden müssen, will man das gesamte Bedingungsgefüge dieses großen Sprachwechsels eruieren. Ein Ergebnis steht aber fest: die außersprachlichen Wirkungsfaktoren sind die eigentlich bestimmenden.“ (Besch 2003a, 10)
Anhand der aufgestellten, in sich schlüssigen sprachimmanenten Kriterien „als Differenzierungsgrößen hinsichtlich der Einschätzung von Regionen“ (Besch 2003a, 23) kann Besch zwar Aussagen zu konvergenzhindernden bzw. -fördernden Faktoren treffen und feststellen, in welchen Gebieten es zu einer verzögerten Durchsetzung der neuhochdeutschen Schriftsprache kommt. Diese Größen genügen aber weder, die jeweiligen Prozesse ausreichend zu beschreiben noch sie zu erklären, da mehrfach außersprachliche Faktoren bemüht werden müssen. Trotzdem veranschlagt Besch verallgemeinernd die sprachimmanenten Faktoren als Differenzierungsgrößen hinsichtlich einer Einschätzung der Regionen. Hinzu kommt neben der ersten Gruppe konvergenzhindernder / -fördernder Faktoren dann eine zweite Gruppe, zu der politische Selbständig109 110
Besch bezieht sich auf Sebastian Helbers Teutsches Syllabierbüchlein aus dem Jahr 1593. An dieser Stelle benutzt Besch die Benennung eines seiner 1967 aufgestellten vier Prinzipien – das Geltungsareal. In Besch (2003a) allerdings geht es nicht um die Regularitäten in Bezug auf den sprachlichen Ausgleich (Geltungsareal, Geltungsgrad, Landschaftskombinatorik und strukturelle Disponiertheit), sondern es soll eine Raumtypisierung vorgenommen werden, bei deren Erstellung die neuhochdeutsche Schriftsprache schon als Bezugsgröße feststeht.
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keit und territoriale sowie konfessionelle Zuordnung zu zählen sind. Es ist fraglich, ob bei der Aufstellung sprachimmanenter Größen die zeitgenössische Einteilung in Drucksprachen geeignet ist, wenn als Ausgleichsvarietät eine viel später entstandene und fassbar gewordene neuhochdeutsche Schriftsprache steht.111 Eine andere Problemformulierung sollte zuforderst die außersprachlichen Faktoren, die dafür verantwortlich zu machen sind, dass sich in einigen Regionen trotz konvergenzhindernder Bedingungen die neuhochdeutsche Schriftsprache schließlich durchsetzt, zum Gegenstand haben.112 Als feste Größe wird auch in vorliegender Untersuchung die neuhochdeutsche Schriftsprache angesehen und ergänzend zu Julius Pflugs Position auf dem Weg hin zu einer klar geregelten Schriftsprache der Einfluss außersprachlicher Faktoren auf die Selektionsprozesse und die sie bestimmenden Prinzipien zu beschreiben versucht. Damit wird an die von Stopp (1976, 25) formulierte Frage nach den Selektionsprinzipien derjenigen, die die neuhochdeutsche Schriftsprache geschaffen haben, angeknüpft.113 Zu beachten ist, dass mit diesen Akteuren eine Vielzahl von Personen gemeint sein muss, die aufgrund unterschiedlicher sprachlicher und soziokultureller Verhältnisse, in denen sie sich befanden, verschiedene Selektionsprinzipien, derer sie sich nicht zwangsläufig bewusst waren, zur Geltung brachten. Mit Julius Pflug soll ein Vertreter einer dieser vielfältigen Gruppen von Schreibern, die im von sprachlichen Ausgleichsprozessen dominierten 16. Jahrhundert lebten, dahingehend betrachtet werden. Es wird einerseits deskriptiv unter Berücksichtigung der verschiedenen Ebenen des Sprachsystems untersucht, welche Formen er auswählt. Einflussfaktoren außersprachlicher Art, wie beispielsweise die Konfession, müssen dabei unbedingt eine Rolle spielen.114 An Beschs Modell vom Sprachausgleich wird angeknüpft, indem die charakteristischen Merkmale der Schreibsprache Pflugs auch in Bezug zu den dargestellten Strukturprinzipien gesetzt werden (s. Kap. 2.2) und durch Vergleichsgrößen eine Einschätzung dahingehend, ob sich Pflugs Schreibsprache durch Modernität, Konservativität oder einer für die damaligen Verhältnisse adäquaten Verwendung von Formen und Varianten kennzeichnet, möglich sein wird. Die Analyse der Schreibsprache Pflugs wird im Anschluss an Glasers (2003, 69) Forderung verstanden: „Das Zusammenspiel von Übernahme fremder Varianten einerseits und Vermeidung lokaler Besonderheiten andererseits ist schon lange bekannt. Systematische Untersuchungen dazu in 111
Für die Raumtypik im hochdeutschen Gebiet nimmt Besch (2003a, 14) keine sprachimmanenten Faktoren als bestimmend an und auch für die anderen drei dargestellten Regionen kommen letzten Endes zur Erklärung die außersprachlichen Faktoren in Betracht. 112 Die erste Gruppe Differenzierungsgrößen lässt lediglich eine Beurteilung der jeweiligen Region hinsichtlich für sie geltender konvergenzfördernder oder -hindernder Faktoren zu. Hat sich trotz konvergenzhindernder Faktoren die neuhochdeutsche Schriftsprache früher oder später durchgesetzt, müssen außersprachliche Bedingungen für eine Erklärung ergänzt werden. Das impliziert die Frage, ob die sprachimmanenten Kriterien über eine deskriptive Funktion hinausweisen (sollten). 113 Vgl. Stopp (1976, 25): „Was haben diejenigen, welche diese Schriftsprache geschaffen haben, woraus weshalb ausgewählt?“ 114 Siehe Kap. A1.3.3.2.
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A1 Einleitung unterschiedlichen Regionen, verschiedenen Zeiträumen, verschiedenen Textsorten und unter verschiedenen kulturellen Rahmenbedingungen kann es aber nicht genug geben.“
A1.3.3 Konfessionalisierung Nicht nur Sprache und Literatur konnten von der Konfession beeinflusst werden, sondern auch weitere kulturelle Bereiche wie die Malerei, die Baukunst und die Musik. So gab beispielsweise das Konzil von Trient Richtlinien für die Kirchenmusik vor.115 Werke wurden komponiert, die „sehr wohl die Bezeichnung ‚konfessionelle Musik‘ verdienen“ (Danckwardt 1995, 372). Doch es wird einleuchten, wenn eine Grenzziehung zwischen katholischer und protestantischer Musik schwierig ist, denn nur der Text bzw. die Konfession des Komponisten könnten eindeutig konfessionelle Merkmale transportieren, wenn nicht sogar einige Kirchenmusiker für beide Konfessionen komponierten. Ähnlich wie in Bezug auf die Schriftsprache des 16. Jahrhunderts die sprachlichen Varianten oft stärker von Regionalität als von Konfessionalität zu zeugen scheinen, lässt sich für die Musik festhalten, dass die verschiedenen Stilarten eher „regional und personell als konfessionell geprägt“ (Danckwardt 1995, 379) sind. Auch für Kunstwerke, für religiöse Bilder, wie z.B. Cranachs lutherische Rechtfertigungsbilder, des 16. Jahrhunderts werden religiöse Bezüge als „oftmals fließend“ (Koepplin 1992, 495) bezeichnet. Bevor Tendenzen eines konfessionellen Einflusses auf die Schriftsprache beurteilt werden können, ist eine Skizzierung des Begriffs der Konfessionalisierung im Rahmen historisch-theologischer Diskussionen unerlässlich. Mögliche Datierungen und Definitionen der Konfessionalisierung, Konfessionsbildung116 oder Gegenreformation117 werden bezüglich ihrer Relevanz für ein konfessionsspezifisches sprachliches Verhalten geprüft, bevor Literatur und vor allem Sprache im Widerstreit der Konfessionen – mit Schwerpunkt auf einer frühen Phase, nämlich dem 16. und 17. Jahrhundert – und zuletzt Julius Pflugs Spannungsverhältnis zwischen dem protestantischen und dem altgläubigen Flügel in sprachlicher Hinsicht umrissen wird.118
115
Es wurde u.a. das Verbot mehrstimmiger Musik für die Liturgie diskutiert (Danckwardt 1995, 372). Vgl. Zeeden 1985. 117 Vgl. zur Mühlen 1999. 118 Siehe Kap. A3. 116
A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession
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A1.3.3.1 Konfessionalisierung in historisch-theologischer Sicht „Die Erforschung des ‚Konfessionalisierung‘,‚Konfessionsbildung‘ oder ‚konfessionelles Zeitalter‘ genannten historischen Sachzusammenhangs bildet, anknüpfend an wichtige Studien Zeedens seit den 1950er Jahren und in den letzten Jahren besonders ausgelöst durch einschlägige Beiträge Heinz Schillings v.a. zur ‚reformierten‘ und Wolfgang Reinhards zur ‚katholischen Konfessionalisierung‘ einen Schwerpunkt der gegenwärtigen, stark an gesellschaftsgeschichtlichen und so auch besonders Aspekten ‚religiöser‘Geschichte interessierten Frühneuzeitforschung.“ (Kaufmann 1997, 23f.)
Kaufmann (ebd., 23) deutet nicht nur die Komplexität der Bezeichnungen für die Glaubenskämpfe, Spannungen und Spaltungen zwischen Altgläubigen und Protestanten an – auch die innerprotestantischen Auseinandersetzungen sind zu bedenken – sondern referiert ebenso auf deren gesamtgesellschaftliche Auswirkung. Zeeden (1985, 67) datiert den Beginn eines konfessionsbildenden Zeitalters119 auf die zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts mit dem Aufkommen und der anschließend raschen Verbreitung protestantischer Predigten. Mit den angeführten gesellschaftsgeschichtlichen bzw. gesamtgesellschaftlichen Dimensionen der Konfessionalisierung negiert Kaufmann eine terminologische Trennung in Konfessionsbildung und Konfessionalisierung, wie Oelke sie vornimmt. Nicht erst im Zuge der Konfessionalisierung, dem „Ausgreifen der lutherischen, reformierten und katholischen Konfessionsbildung in den gesamtgesellschaftlichen Raum“ (Oelke 1992, 89), sondern bereits in der frühen Reformation – nach Oelke die Zeit der Konfessionsbildung – hätten gesamtgesellschaftliche Kräfte über den „primär kirchenhistorischen Prozeß“ (Oelke ebd.) hinaus gewirkt. Zur Einteilung der Konfessionalisierung in die der drei Konfessionen120 geben drei Tagungsbände des Vereins für Reformationsgeschichte ausführlich Auskunft.121 Im Folgenden wird vergleichend die jeweilige Definition für Konfessionalisierung angeführt, um zu einer übergreifenden Beschreibung zu gelangen. Für die Typisierung des Prozesses auf altgläubiger, katholischer Seite vermeidet Ziegler die Verwendung des Begriffs „Konfessionalisierung“ wegen dessen mangelnder „historischer Tiefenschärfe“ 119
Unter Konfessionsbildung versteht Zeeden (1985, 69): „die geistige und organisatorische Verfestigung der seit der Glaubensspaltung auseinanderstrebenden verschiedenen christlichen Bekenntnisse zu einem halbwegs stabilen Kirchentum nach Dogma, Verfassung und religiös-sittlicher Lebensform. Zugleich ihr Ausgreifen in die christliche Welt des frühneuzeitlichen Europas; ihre Abschirmung gegen Einbrüche von außen mit den Mitteln der Diplomatie und Politik; aber auch ihre Gestaltung durch außerkirchliche Kräfte, insonderheit die Staatsgewalt.“ Vgl. Kaufmann (1997, 22ff.) zur weiteren Diskussion von „Konfessionsbildung“ und Wallmann (1992, 35ff.) zur Differenzierung von „Konfessionsbildung“ und „Konfessionalisierung“ bei Heckel (1983). 120 Hier mit Orientierung an – analog den drei Tagungen des Vereins für Reformationsgeschichte – der Trikonfessionalität, somit an lutherischer, katholischer und reformierter Konfessionalisierung und nicht an einem möglichen Dualismus der Konfessionen (und somit einer Teilung in protestantische und katholische Konfession). Vgl. Wallmann (1992) zu Heckels (Dualismus) und Schillings (Trikonfessionalität) Ansatz. 121 Vgl. Schilling (1986), Rublack (1992), Reinhard / Schilling (1995) und zu Forschungsperspektiven der Konfessionalisierung vgl. Schindling / Ziegler (1997, bes. 11–14).
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A1 Einleitung
und fehlender Erfassung der „vollen geschichtlichen Wirklichkeit“ (Ziegler 1995, 417). Er vernachlässige als Konstrukt auf intellektueller Ebene all die konkreten gesamtgesellschaftlichen Prozesse, wie z. B. den tatsächlichen Kampf der Bevölkerung und territoriale und obrigkeitliche Ordnungen. Luttenberger (2006) spricht von katholischer Reform und von Konfessionalisierung und distanziert sich vom Begriff „Gegenreform“, um die nachtridentinische Reformbewegung nicht als bloße Reaktion auf die lutherische Reformation zu verstehen. Mit „lutherischer Konfessionalisierung“ hat sich die ältere Forschung wenig beschäftigt, sondern eher den Gegensatz Protestantismus–Katholizismus in den Vordergrund gestellt. Es gebe jedoch die Rede von einem „Paradigmenwechsel“ hin zu eben dieser „lutherischen Konfessionalisierung“ (Wallmann 1992, 51). „Zweite Reformation“ und „reformierte Konfessionalisierung“ werden durchaus synonym verwendet. Heckel (1986, 11) plädiert jedoch für die ausschließliche Verwendung des letzteren Begriffs und klassifiziert eine Zweite Reformation als „einseitigen historischen Kampfbegriff“, der in Abgrenzung zur lutherischen Orthodoxie die Reformierten im 16. / 17. Jahrhundert als Vollender einer von Luther begonnenen Reformation sähe.122 Zwar könne eine reformierte Konfessionalisierung veranschlagt werden, doch eine Zweite Reformation habe es nicht gegeben, da die gesamte Reformation eine Abgrenzung vom mittelalterlichen Kirchensystem bedeutete, aus der verschiedene Konfessionen hervorgingen (Neuser 1986, 385). Weil die nachreformatorische Zeit neben und gleichzeitig mit der Konfessionalisierung von Territorialisierung bestimmt ist (Wallmann 1992, 44), gilt es, „(...) eine Antwort darauf zu finden, warum die Konfessionen sich gerade so und nicht anders über Deutschland verteilt haben, warum gerade im Nordosten so viele Länder evangelisch wurden, im Südosten katholisch blieben.“ (Ziegler 2008, 61). Welche Territorien sich für oder gegen Luther entschieden, hing von der Größe und dem Alter des jeweiligen Gebiets, dessen Stellung in der Reichshierarchie, von der Modernität des Staatssystems und von dem Vorhandensein eines Bischofs und einer Universität im Territorium ab (ebd., 61ff.). Um zu einer für die vorliegende Arbeit grundlegenden Definition von Konfessionalisierung als datierbarem Prozess zu gelangen, wird von einer trikonfessionellen Teilung abgesehen und mit Ziegler (2008) polarisierend die Gebiete eines verstärkt evangelischen Nordosten und überwiegend katholischen Südosten, die als Orte der Konfessiona122
Zum Aufkommen des Begriffs „Zweite Reformation“, vgl. Neuser (1986, bes. 380f.): Die Verwendung des Begriffs „Zweite Reformation“ sei aufgrund einer Aussage aus dem Nassauischen Bekenntnis zustande gekommen. Selbst wird dort jedoch nicht von „Zweiter Reformation“ gesprochen, sondern von der Reformation als einem Gesamtprozess. Schilling (1986, 387ff., bes. 393– 401) hingegen setzt die „Zweite Reformation“ gleich mit reformierter Konfessionalisierung und sieht sie als eine Kategorie der Geschichtswissenschaft an, hinter der sich eine Vielzahl Einzelvorgänge verbergen: „Die Zweite Reformation war eine der markantesten Ausprägungen dieser Konfessionalisierung“ (ebd., 390). Es sei ihm zufolge in Deutschland eine Geschichte der „Zweiten Reformation“ anzustreben (ebd., 400).
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lisierung und deren Ergebnis zugleich gelten können, angenommen. Konfessionalisierung umfasst: „in der weiten Definition (...) einen gesellschaftsgeschichtlichen fundamentalen Wandlungsvorgang, der kirchlich-religiöse und mentalitätsmäßig-kulturelle Veränderungen ebenso einschließt wie staatlich-politische und soziale. (...)‚Konfessionalisierung‘ meint einen gesellschaftlichen Fundamentalvorgang, der in meist gleichlaufender, bisweilen auch gegenläufiger Verzahnung mit der Herausbildung des frühmodernen Staates, mit der Formierung einer neuzeitlich disziplinierten Untertanengesellschaft, die anders als die mittelalterliche Gesellschaft nicht personalfragmentiert, sondern institutionell-flächenmäßig organisiert war, sowie (...) das öffentliche und private Leben in Europa tiefgreifend umpflügte.“ (Schilling 1995, 4)123
Schnabel-Schüle (1999, 23f.) gibt jedoch zu bedenken, dass neben der Ansicht, es existierte ein gesellschaftlicher Fundamentalprozess, an dessen Spitze die Konfessionalisierung stand, auch ein Modell möglich ist, nach dem Konfessionalisierung gleichberechtigt neben Territorialisierung, Verrechtlichung und beispielsweise einer Ausbildung eines frühkapitalistischen Wirtschaftssystems erscheint. Beide Modelle heben jedoch konfessionelle Prozesse als das gesamte Leben bestimmend hervor und betonen damit eine Auswirkung auf den Sprachgebrauch. Auch die Rolle der Territorialisierung ist zu beachten und bei der Bewertung der Schreibsprache Pflugs im Spannungsfeld von Region und Konfession einzubeziehen. Problematisch an einer Datierung der Konfessionalisierung, so wie oben umrissen, ist sowohl deren Gliederung in lutherische, reformierte und katholische als auch eine Gleichsetzung des nachtridentinischen mit dem altgläubigen Katholizismus (SchnabelSchüle 1999, 28f., 40). Nach Zeeden (1985, 64) wird im Jahr 1555 mit dem Augsburger Religionsfrieden zwar eine Phase der Geschichte abgeschlossen. Dennoch stelle dies keine echte Zäsur dar. Einer Gliederung des übergreifenden Zeitraums von 1517 bis 1648 in eine erste Phase von 1517 bis 1555 und einen zweiten Abschnitt, der die Zeit vom Augsburger Religionsfrieden bis zum Westfälischen Frieden umfasst, stehe sachlich aber nichts im Weg.124 Reinhard (1983, 259) setzt im Jahr 1530 – dem Jahr, in dem die Augsburger Confession veröffentlicht wurde – eine Zäsur, nach der das konfessionelle Zeitalter beginnt. Für die Zeit davor wird von einem Reformzeitalter gesprochen. Über einen deutlich längeren Zeitraum erstreckt sich Konfessionalisierung bei Schna123
Vgl. Wallmann (1992, 35): Konfessionalisierung meint nicht „den Prozeß der Konfessionsbildung, der Entstehung konfessioneller Kirchentümer, sondern den Prozeß der Durchdringung, Umwandlung und Formierung von Staat, Kultur, Rechtsleben, Wissenschaften, schließlich der ganzen Gesellschaft durch den Geist eines konfessionellen Christentums.“ 124 Für Schilling (1986, 393) hingegen ist diese Teilung in Bezug auf die Erforschung der reformierten Konfessionalisierung unsachgemäß, weil die Prozesse in der zweiten Hälfte des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit ihrer längerfristigen Ausdehnung und Wirkung zu beachten seien. Für die Geschichte der reformierten Konfessionalisierung gibt er (1986, 401–411) vier Phasen an: 1. eine vorkonfessionelle (frühe 1540er – späte 1570er Jahre), 2. die 1570er Jahre als Druck der Konfessionalisierung, 3. 1580–1619 als Konfessionalisierung an sich und die Durchführung der zweiten Reformation und 4. eine Phase nach der Konfessionalisierung. Vgl. auch Schilling (1988).
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A1 Einleitung
bel-Schüle (1999, 24), die deren Endpunkt im Jahr 1648 bestreitet und „Konfession“ und deren Wirkung für die gesamte Frühe Neuzeit unter ausdrücklicher Berücksichtigung einer Aufspaltung in lutherische, reformierte und katholische Konfessionalisierung postuliert.125 Es empfiehlt sich ein Anschluss an Schnabel-Schüles Periodisierungsvorschlag bei einer Erforschung des Einflusses der Konfession auf Sprache (s. Kap. A1.3.3.2), da u.a. mit zeitlicher Verzögerung gerechnet werden muss, ehe die Konfession(alisierung) die Lebensbereiche derart durchdrungen hatte, dass sprachliche Identifikatoren davon zeugten.
A1.3.3.2 Sprachliche Konfessionalisierung auf dem Weg zum Neuhochdeutschen Seit dem Beginn der Reformation kam protestantische und katholische Kontroversliteratur auf,126 die große Verbreitung in Form von Flugblättern und -schriften fand. Reformationsdialoge zählten zu dieser Art konfessionell geprägter Literatur (s. Kap. C2.1)127. Erbauliche Literatur wurde konfessionell wirksam. Flugblatt und Einblattdruck boten sich für polemisierende, konfessionell bestimmte Literatur an. In Augsburg – der Stadt zwischen zwei Konfessionen, wenn auch überwiegend protestantisch – gab es zunächst bis 1539 katholische Drucker und dann erst ab 1600 wieder (Wallenta 2003, 294ff.).128 Als Besonderheit dieser Stadt gelten die Briefmaler und damit die augsburgische Sonderentwicklung und „das Engagement der katholischen Kirche, die im 17. Jahrhundert als Hauptauftraggeber für Einblattdrucke theologisch-erbaulichen Inhalts in Erscheinung trat“ (ebd., 296). Noch Ende des 18. Jahrhunderts war die Stadt geteilt: Protestantische Drucker bevorzugten das „Lutherdeutsch“, katholische Drucker hielten am oberdeutschen Sprachgebrauch fest (Breuer 1998, 189). Mit dem Augsburger Religionsfrieden wird eine Territorialisierung der Konfessionen begünstigt und eine Polemisierung in das lutherische Deutsch und das „rechtgläubige Deutsch“ ermöglicht (Besch 1988, 193). Wenn Konfession als Einfluss auf den Sprachausgleich (s. Kap. A1.3.3.2) angenommen werden soll, muss er an konkret sprachlichen Merkmalen – graphematischer, morphologischer, syntaktischer oder lexikalischer Art – festgemacht werden können. Für einen im 16. Jahrhundert beginnenden Zeitraum kann von einem katholischen Schrifttum oberdeutscher Prägung und einem ostmitteldeutsch 125
Vgl. Holzem (2000, bes. 455ff.), der ausgehend von einer Untersuchung der Sendgerichte eine ähnlich weite Periodisierung der Konfessionalisierung für das Fürstbistum Münster vornimmt. 126 Buchwesen, Sprache und Literatur werden seit 1550 Instrumente der Konfessionalisierung, vgl. Breuer (1998, 189) und (1995, 170). 127 Der Zweig der Agitationsliteratur bzw. konfessioneller Kontroversliteratur wird gesondert in Kap. C2.1 behandelt, da sich im Nachlass Julius Pflugs ein Dialog im Muster der Reformationsdialoge befindet, der als herausragendes Beispiel – ein aus katholischer Sicht abgefasstes Gespräch zwischen zwei Protestanten und einem Katholiken – in die Schreibsprachanalyse eingeht und im Rahmen dieser Arbeit ediert worden ist. 128 Vgl. auch Breuer (1998, 189): „Daß es selbst in einer paritätisch regierten Reichsstadt wie Augsburg eine unsichtbare Grenze zwischen den Konfessionen gab (...)“.
A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession
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bestimmten protestantischen Schrifttum ausgegangen werden,129 so wie Raabs (1984) Skizze „(...) ein Problem, (...) das (...) unter den Gesichtspunkten Konfession und Sprache, Glaubensspaltung und deutsche Einheit, katholische Inferiorität, protestantische Überlegenheit, bayerische Selbstbehauptung und Nordlichter, aufzugreifen sich lohnt“, illustriert. Breuer (1971, 53) fordert, bei der Analyse von Texten das sprachliche Bezugssystem nicht zu vernachlässigen, beschäftigt sich (1971) mit dem oberdeutschen Literaturprogramm130 des 17. Jahrhunderts und stellt wie Ziegler (2008) einem protestantischen Norden einen katholischen Süden entgegen, wobei sich die katholischen Autoren stark von den protestantischen Sprachgesellschaften abgrenzten. Die protestantischen Autoren Oberdeutschlands schließen sich jedoch dem für sie fernen Lutherdeutsch131 an (Breuer 1971, 54). Josten (1976, 110) erklärt das mit der Vorbildwirkung des Lutherdeutschen bei den Protestanten in Oberdeutschland.132 Es ließe sich also vermuten, dass im Spannungsfeld von Region und Konfession die konfessionellen Faktoren größeres Gewicht als regionaler Schreibgebrauch und Sprachausgleich haben können. Laurentius von Schnüffis, ein Autor, der sich eigentlich dem oberdeutschen Literaturprogramm verpflichtet hatte, legte geradezu „programmwidriges Verhalten“ (Breuer 1971, 74) an den Tag, als er sich an „protestantischen“ Schreibungen und stilistischen Zügen orientierte und versuchte, „das obd. Literaturprogramm in eine neue Richtung zu lenken“ (ebd., 83). Die Literatur der katholischen Konfessionalisierung wird meist von Gelehrten getragen, die sich vom Lutherdeutsch abgrenzen, sich an jedermann wenden und somit eine für alle bzw. viele verständliche Sprache wählen müssen, wohingegen sich die Protestanten von einer allgemein verständlichen Sprache abheben und elitäre Sprachformen bevorzugen, wodurch das Lutherdeutsch bei ihnen der alleinige Maßstab wurde (Breuer 1995, 170ff.). Eine mögliche Herangehensweise nähert sich konfessionell bedingten Schreibungen von der oberdeutschen, katholischen Seite. Dieses Phänomen lässt sich auch vom protestantischen, ostmitteldeutschen Standpunkt aus analysieren, so wie Raab (1984, 18) das lutherische Deutsch, das sich seit dem 16. Jahrhundert immer mehr zur „Konfessi129
Dabei sollen zeitgenössische Äußerungen zum Themenkomplex nicht umfassend wiedergegeben werden, sondern das Spannungsfeld skizziert, Datierungsvorschläge gemacht und auf ein Abheben Julius Pflugs Schreibsprache auf genau diese konfessionellen Einflüsse hin gearbeitet werden. 130 Das oberdeutsche Literaturprogramm definiert Breuer (1971, 61) über den Begriff des Poetischen. Es lasse sich nur gesellschaftlich definieren, hätte schon immer in Konkurrenz zu den Sprachgesellschaften gestanden (ebd., 55) und impliziere ebenso politische Programmatik (ebd., 60). Die wichtigsten Autoren, die Breuer in diesem Themenkreis erwähnt, sind Albertinus, Spee, Balde, Khuen, Laurentius von Schnüffis und auch Grimmelshausen. 131 Vgl. u.a. Bach (1974), Erben (1954). 132 Josten (1976, 110): „Den frühesten Hinweis auf das Ansehen der Luthersprache in Süddeutschland gibt Albrecht Dürer in einem Brief an Spalatin aus dem Jahre 1520“. Jostens Überblick über „zeitgenössische“ (2. Hälfte des 16. Jahrhunderts) Aussagen zu Luthers Vorbildwirkung, zur konfessionell motivierten ablehnenden Haltung gegenüber Luthers Sprachansehen von Katholiken des 16. Jahrhunderts sowie die Rezeption der Luthersprache im 17. Jahrhundert illustriert Luther im Umfeld des „personalen Autoritätsprinzipes“ (Josten 1976, 103), vgl. auch Reiffenstein (1985).
46
A1 Einleitung
onssprache“ entwickelte, als Kapitel eines Sprach- und Kulturkampfs133 betrachtet. In den katholischen und damit auch verstärkt in den südlichen Teilen Deutschlands wurde das Meißnische für das Deutsch der Ketzer gehalten (Raab 1984, 19), obwohl es schon früh hohes Ansehen genoss, das durch die Reformation noch verstärkt wurde (Reiffenstein 1985, 1741f.). Um 1600 kommen in Köln, das unter wittelsbachischem Einfluss steht, oberdeutsche Schreibungen in Mode (Macha 1991, 53). Darunter ist einerseits regional die Hinwendung zum Süden und andererseits konfessionell die Orientierung an der Gegenreformation zu vermuten.134 Besch (2003a) betont nachdrücklich den Einfluss außersprachlicher Faktoren auf den Sprachausgleich (s. Kap. A1.3.2), im Besonderen „die konfessionelle Markierung unterschiedlicher Sprachmerkmale“ (Besch 2003a, 20f.). Hinweise auf eine mögliche Datierung des konfessionellen Zeitalters in Bezug auf Niederschläge in der Sprache bestärken den Anschluss an Schnabel-Schüles Periodisierung: Bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts werde in vielen katholischen Gebieten an einem oberdeutschen Typus der Schriftsprache festgehalten (Breuer 1971, 79).135 Diesen Typus charakterisiert Reiffenstein (2009, 54) durch einen zweifachen Konservativismus, der sich in einer Weiterführung orthographischer Traditionen der süddeutschen Schreibsprachen des Spätmittelalters und durch die Bewahrung von Eigenheiten des 17. Jahrhunderts, die im übrigen Sprachgebiet nicht mehr verwendet wurden, äußerte. Ebenso für diese weitgefasste Datierung spricht, dass noch im Jahre 1723 die kurbayerische Literaturzeitschrift „Parnassus Boicus“ den oberdeutschen Sprachgebrauch gegenüber dem „protestantischen“ verteidigt (Breuer 1984, 201). Noch bis ins 18. Jahrhundert wurde über das zum lutherischen Deutsch Gehörige diskutiert und noch im 19. Jahrhundert herrschte „eine tiefe Kluft“ zwischen Protestanten und Katholiken (Raab 1984, 21). Die starke Polarisierung zwischen protestantischen und katholischen Territorien erfolgte mit dem Augsburger Religionsfrieden und nach dem Ende des Trienter Konzils. Zuvor hatten die oberdeutschen Merkmale noch nicht den Charakter „katholischer“ Kennschreibungen.136 Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts nimmt die konfessionell be133
Dabei bezieht er sich auf die Wirkung des Lutherdeutschen in den katholischen Territorien und nennt für eine dem Luthertum und der ostmitteldeutschen Schreibweise besonders abgeneigte Haltung die Gebiete Fulda, Würzburg, Passau und Kurbayern. Mainz unterhielt Beziehungen zu Erfurt und war u.a. aus diesem Grund weniger ablehnend gegenüber dem Ostmitteldeutschen und somit auch gegenüber der neuhochdeutschen Schriftsprache. 134 Vgl. auch Peters (2003) und Hoffmann (1988). 135 Vgl. Breuer (1998, 180): „(...) daß es im Alten Reich von 1550 bis 1750 zwei konfessionspolitisch sich gegeneinander abgrenzende Kulturräume mit je eigener Schriftsprache und Literatur gab: die protestantischen Territorien, in denen sich das meißnische Deutsch identitätsstiftend mehr und mehr durchsetzte (...) und die katholischen Territorien, in denen die oberdetusche Schriftsprache (...) als einheitliche Sprachnorm galt.“ 136 Als Merkmale nennt Breuer (1984, 200f.): Apokope, Synkope, Konsonantenschwund, fehlender Umlaut, oberdeutsche Rundung sowie Entrundung, alte Diphthongierung, oberdeutsche Flexionsformen (s. Auflistung unten Kap. A1.3.3.2.).
A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession
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dingte Konkurrenz der beiden Varietäten ab (Besch 1993, 136). Im Folgenden werden die oberdeutschen Charakteristika aufgelistet, die für konfessionell beeinflusste Schreibungen in Betracht kommen könnten und am Beispiel Julius Pflugs überprüft werden:137 − Apokope des tonschwachen e138, z.B. Seel − Synkope139, z.B. gnant, bschluss − alte Diphthongierung140 − unterbliebener Umlaut141, z.B. uben − mhd. ei als , 142, z.B. kain, haylig − Präposition auf143 − Rundung, Entrundung, z.B. schröcken, dinn144 − Konservierung der u- / o-Brechung145 − frnhd. p im Anlaut146 − kh-, ckh-, kch-Graphien147 − fehlende Endung bei Adjektiven vor Substantiven148 − oberdeutsche Flexionsform: sie seind149 − Besonderheiten in der Flexion, z.B. thet, müst, kundten, dörffts150 − Pluralformen des bestimmten Artikels,151 z.B. denen reissenden Winden − fehlender er-Plural152 − Lateinische Flexion von Eigennamen (im poetischen Kontext)153 − Suffix -nus154 − Diminutivsuffix -lein155 137
Dabei werden oberdeutsche Charakteristika nicht per se aufgelistet, sondern nur genau die einbezogen, die bereits im Rahmen der Konfessionalisierung als konfessionelle Kennschreibungen erwähnt oder vermutet worden sind. Ausgangspunkt bilden die oberdeutschen Merkmale. 138 Breuer (1971, 57), Besch (1988, 194), Besch (1993, 135), Macha (2004, 170). 139 Breuer (1971, 64), Peters (2003, 163), Macha (1998, 64), Macha (2004, 169). 140 Breuer (1984, 201), Macha (2004, 168). 141 Breuer (1971, 69), Besch (1988, 194), Macha (2004, 169). 142 Breuer (1971, 69), Macha (1998, 64), Schmid (1998b, 19). 143 Peters (2003, 163), Macha (2004, 171). 144 Breuer (1971, 69), Macha (2004, 169). 145 Breuer (1971, 69). 146 Peters (2003, 162), Macha (2004, 170). 147 Macha (1998, 61), Macha (2004, 170). 148 Besch (1988, 194), Besch (1993, 135), Macha (2004, 172). 149 Breuer (1971, 65). 150 Breuer (1971, 69). 151 Breuer (1971, 76). 152 Besch (1988, 194). 153 Breuer (1971, 69). 154 Peters (2003, 163), Macha (2004, 171). 155 Breuer (1971, 76).
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A1 Einleitung
− − − − − −
Beibehaltung der alten Verbstellung im Vers156 Endstellung des Verbs im Hauptsatz157 Ellipse des tempusbildenden Hilfsverbs158 Konjunktion sintemal159 Wortform: nit160 Lexikalisches161: gleißner / trügner (vs. heuchler), schmähen / spotten / schenden (vs. höhnen), zur Ehe greifen / heiraten (vs. freien), gehorsam sein (vs. gehorchen), widerspenstig / streitig (vs. storrig), preis oberdeutsch nicht bekannt
Bestimmend für die – hier wichtige ostmitteldeutsch-oberdeutsche – Region ist der durch verschiedene Prinzipien geregelte Sprachausgleich auf den Ebenen des Sprachsystems. Vorrangig wird dafür Beschs Modell herangezogen und um außersprachliche Faktoren ergänzt.162 In genau dieser Region, die als „Raum“ des Bischofs Julius Pflug zu sehen ist, treffen die beiden Varietäten Ostmitteldeutsch und Ostoberdeutsch aufeinander, mischen sich, gleichen sich aus und beginnen schließlich im Zuge der Konfessionalisierung zu konkurrieren. Wie stark die Konfession tatsächlich auf den Sprachausgleich wirken kann, wird exemplarisch an den Schriften Pflugs untersucht. Die Region als räumliche Größe erhält zunächst scheinbar den Vorzug, indem in den Bereichen Graphematik / Phonologie, Morphologie, Syntax und Lexik die Schreibsprache dahingehend beschrieben wird, inwiefern sich der Einfluss der jeweiligen Varietät geltend macht, um in einem weiteren Schritt diese Charakteristika in Bezug zu den möglicherweise für einzelne Merkmale konfessionell geprägten Varietäten Ostmitteldeutsch und Ostoberdeutsch zu setzen. Dafür wurden sowohl Definition und Datierung von Konfessionalisierung und eine Zusammenstellung möglicher konfessioneller Schreibungen gegeben. Nach wie vor handelt es sich bei einer derartigen Untersuchung um ein Desiderat der sprachhistorischen Forschung. Die Grenzen des Spannungsfelds stecken nicht nur Terrain ab, innerhalb dessen primär innersprachliche Faktoren dominieren, sondern reichen hinein in ein Forschungsfeld, das die historisch-theologischen Prozesse des Reformationszeitalters im Zusammenhang mit der Territorialisierung zu beachten hat. Für frühe Konfessionalisierung im „konfessionell geschlossenen Territorium“ (Schindling 1997, 20) werden u.a. immer wieder Beispiele wie Hessen und Württemberg, Kursachsen oder Bayern als Modelle angeführt. Damit stünden sich idealtypisch in Julius Pflugs Wirkungsraum zwei Staaten und zwei Konfessionen gegenüber: ein überwiegend protestantisches Kursachsen und ein dominierend katholisches Bayern. 156
Breuer (1971, 70). Breuer (1971, 76). 158 Breuer (1971, 76). 159 Breuer (1971, 76). 160 Breuer (1971, 64), Peters (2003, 163), Macha (2004, 171). 161 Vgl. Musseleck (1981, 185ff.). 162 Siehe Kap. A1.3.2. 157
A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession
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Die Polarisierung von Region und Konfession wird durch die von Territorialisierung und Konfessionalisierung ergänzt, wodurch das umrissene Spannungsfeld modizifiert werden kann.
A1.3.3.3 Konfessionalisierung bei Julius Pflug Pflugs Figuren im Dialog bezeichnen einander und ihre Handlungen mit keczer und keczerei, so z.B. „Ich habe mein lebentag vor keczereien und schismaten eine abschew getragen“163 und „so sollen wir die keczere nit grussen“164. Das erste Zitat ist der Ausspruch eines Katholiken, das zweite die Äußerung eines Protestanten. In beiden liegt die Polarisierung zwischen Ketzern und Rechtgläubigen vor – je nach eingenommener Perspektive – wenn auch mit inhaltlichem und weniger sprachlichem Bezug.165 Die Schreibsprache Julius Pflugs wird in dieser Arbeit unter dem Aspekt möglicher konfessionsspezifischer Merkmale betrachtet (s. Kap. A3 und A4). Wie die Datierungsvorschläge zeigen (s. Kap. A1.3.3.1), lebte und schrieb Julius Pflug in jedem Fall in einer Frühphase der Konfessionalisierung. In Bezug auf seinen Sprachgebrauch ist zu untersuchen, ob er nicht nur in seinen kirchenpolitischen Aktivitäten als Vermittler auftritt, sondern ob dies auch für seinen Schreibgebrauch gelten könnte, wie umgekehrt für die protestantischen Gebiete Oberdeutschlands, die „den Prozeß der sprachlichen Umorientierung zum Lutherdeutsch hin“ (Breuer 1984, 201) nicht immer mitmachen, sondern „vielfach eine vermittelnde Position“ (ebd., 201) beziehen. Um es zu explizieren: Pflug lebt als Katholik im ostmitteldeutschen Territorium und kann sich nun entweder entsprechend seiner Konfession oberdeutsche Schreibgewohnheiten aneignen oder aber (überwiegend) bei den ostmitteldeutschen (aber protestantischen) bleiben.166 Es ist zu fragen, ob in dem Modell von Region und Konfession (s. Abb. 1) der territoriale oder der konfessionelle Einfluss dominiert bzw. wie sich ein Zusammenspiel beider auf den sprachlichen Ebenen gestaltet. Die mittleren Sprachlandschaften bezeichnet Besch (2003a, 21) als zum Sprachausgleichstyp gehörig und räumt ihnen „kleinere territorial-konfessionelle Verzögerungen zeitlicher Art“ ein. Ist Pflugs Sprachgebrauch als fortschrittlich, konservativ oder bezüglich der Gegebenheiten der Zeit als angemessen einzuschätzen? Schmids (2007, 3) Modell für die Erforschung der ostmitteldeutschen Schreibsprachen kann modifiziert auch für die Einflussfaktoren auf Julius Pflugs Schreibsprache 163
StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 48v. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 64v. 165 Mit der zweiten Äußerung sagt Niklas, der Protestant in Pflugs Dialog (s. Kap. A2.1.1 und Kap. C2.2), zu Veit, einer weiteren protestantischen Figur des Dialogs, dass sie die Ketzer – hier auf die Altgläubigen bezogen – nicht grüßen sollten, weil die apostolische Schrift gebiete, das zu unterlassen. Die Bezeichnung Ketzer nimmt hier also schon generalisierend den Status eines Schimpfworts, das beide Parteien aus ihrer Sicht benutzen können, an. 166 Hierbei ist noch nicht die Rede von den durch Sprachausgleich eingedrungenen oberdeutschen Einflüssen im ostmitteldeutschen Gebiet (s. Kap. A1.3.2). 164
50
A1 Einleitung
herangezogen werden. Folgendes Schema ergibt sich unter Hinzufügung der Konfession:
Region (ostmitteldeutsch-ostoberdeutsche Schreiballianz im (15. und) 16. Jahrhundert)
Konfession (Konfessionalisierung)
Schreibsprache des Autors Julius Pflugs
1. Konvention / Tradition
7. Prestige
2. Lexem 4. Textsorte
5. Medium
3. Sprachebene
6. Sprachkontakt
Abb. 1: Einflüsse auf die Schreibsprache(n)
Die gesamte Analyse der Schreibsprache Pflugs wird unter Bezug auf das Spannungsfeld von Region und Konfession durchgeführt. Julius Pflug bewegt sich in dem Gebiet, für das Besch eine ostmitteldeutsch-ostoberdeutsche Sprachallianz nachweist und befindet sich konfessionell, bedingt durch seine vermittelnde Tätigkeit, an der Schnittstelle zwischen Altgläubigen und Lutherischen. Den seine Schreibsprache167 prägenden Faktoren der Region und der Konfession sind weitere inner- und außersprachliche Einflüsse unterzuordnen (s. Abb. 1): 1. Konventionelle oder traditionelle Schreibungen können auch in den Autografen Pflugs auszumachen sein. Mit der Frage, ob seine Schreibsprache in dem sie umgebenden Raum und der damaligen Zeit als modern, konservativ oder angemessen zu bezeichnen ist, wird darauf Bezug genommen. 2. Lexemgebundene Schreibungen kommen, z.B. im Bereich Flexionsmorphologie (bei den Pluralformen der starken Neutra), oft vor. Auch für Julius Pflug sind lexemgebundene Schreibungen nicht auszuschließen. 3. Die „Sprachebene“ meint folgende Bereiche des Sprachsystems, in denen die Schreibsprache Pflugs beschrieben wird: Graphematik / Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexikologie.
167
Für den Bischof Julius Pflug wurde eine biografische Skizze erstellt (Kap. A1.2.1). Die Person Pflug lässt sich historisch stichhaltig verorten.
A1.3 Schreiben im Spannungsfeld von Region und Konfession
51
4. Im zugrunde liegenden Korpus sind Predigt, Traktat, Dialog und Brief vertreten (s. Kap. A2.1). Mögliche textspezifische Unterschiede in Teilbereichen der Schreibsprache werden berücksichtigt. 5. Das Medium bilden die handschriftlichen Autografe, nicht die Drucke Pflugs. Der Einfluss der Offizine und der einzelnen Drucker muss in einer gesonderten Untersuchung berücksichtigt werden. 6. Sprachkontakt (zum Lateinischen) ist zwar in den Schriften Pflugs gegeben, hier aber zu vernachlässigen, da ausdrücklich seine deutschsprachigen Autografe untersucht werden. 7. Prestige-Formen wären bei vorliegender Fragestellung der Konfession zuzuordnen, da entweder „katholische“ oder „protestantische“ Kennschreibungen eine Vorbildfunktion im Konfessionalisierungsprozess aufweisen können. Adressatenorientierung ließe sich anhand der Korrespondenz Pflugs untersuchen, wird hier aber aufgrund der für diese Fragestellung zu geringen Anzahl einbezogener Briefe nicht berücksichtigt.
A1.3.4 Hypothesen Aufgrund der Darstellungen zur Biografie Julius Pflugs sowie zu Region und Konfession (s. Kap. A1.2–A1.3.3.3) werden der Analyse der Schreibsprache folgende Hypothesen zugrunde gelegt: 1. Im Autor Julius Pflug manifestiert sich in einer Person ein Spannungsfeld von Region und Konfession und findet seinen Niederschlag in der Sprache des Bischofs. 2. Einflüsse der Konfession auf Sprache können auch schon in einer Frühphase der Konfessionalisierung beobachtet werden. Dafür steht die Schreibsprache Pflugs als Beispiel. 3. Im postulierten Spannungsfeld von Region und Konfession ist der außersprachliche Faktor „konfessionspolitische Konstellationen“ am Anfang des Sprachausgleichs hin zur neuhochdeutschen Schriftsprache im beginnenden 16. Jahrhundert den regionalen Schreibkonventionen untergeordnet.
A2 Methodisches
Zunächst wird eine kodikologische und inhaltliche Beschreibung des Korpus stehen, auf dessen Grundlage die Analyse erfolgt (s. Kap. A2.1). Daran schließt sich die Darstellung und Klassifizierung der für die Schreibsprachanalyse relevanten Parameter an (s. Kap. A2.2). Hinweise zur Edition sind Kap. C3 zu entnehmen. Die Benutzungshinweise für das die Schreibsprachanalyse ergänzende Glossar erläutern dessen Struktur und die angewandten Lemmatisierungsprinzipien am Ende der Arbeit als Einleitung zum Glossar.
A2.1 Das Korpus Das Korpus besteht mit einer Ausnahme ausschließlich aus Autografen aus Pflugs Nachlass, der in Zeitz aufbewahrt wird, und aus Briefen, die im Naumburger Stiftsarchiv liegen. Einzig dem Autograf des Dialogs (s. Kap. A2.1.1) wird die von einem Sekretär angefertigte Abschrift des Texts beigestellt, da Pflug in ihr nachträglich Korrekturen und Streichungen vornahm. Für die Analyse der Schreibsprache werden nur die Passagen berücksichtigt, die von Pflug selbst stammen. Das Korpus weist keine Homogenität bezüglich der Textsorte auf, um erwartbare textspezifische Eigenheiten der Schreibsprache nicht zu vernachlässigen. Dabei lehnt sich die Einteilung an die Reichmanns / Wegeras (1988), deren Kriterium für die Systematisierung die vom Autoren intendierte Textfunktion ist, an. Das Korpus wird demnach klassifiziert in Texte mit dominierend agitierender (Dialog, Das Andere Buch), dokumentierender (Traktat über den Laienkelch und über das Leipziger Religionsgespräch), erbauender (Predigtmanuskripte und Sonntagsevangelien), anleitender (Predigtanleitung) und privater (Briefe) Funktion. Folgende Texte sind im Korpus enthalten:
53
A2.1 Das Korpus
Text
Umfang
Niklas, Veit und Ditterich (ein Dialog)
fol. 1r–234v
Das Andere Buch (eine Bearbeitung eines Teils des Dialogs)
pag. 1–134
3 Passionspredigten, 3 Sonntagsevangelien Predigtanleitung
pag. 1–155 pag. 215–230
Das Abendmahl unter einer oder beiderlei Gestalt Traktat über den Laienkelch
pag. 1–26
Traktat zum Leipziger Religionsgespräch
pag. 1–46
Briefe Julius Pflugs
ca. 50 Bll. Tab. 1: Korpus
A2.1.1 Niklas, Veit und Dietrich: ein Gespräch zwischen zwei Protestanten und einem Katholiken A2.1.1.1Niklas, Veit und Dietrich Titel: Niklas, Veit vnd Ditterich 168 Signatur: Zeitz, Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50 Datierung: ca. 1560–1564 Kodikologisches: Papier 240 Bll. in Pergament eingebunden; foliiert; fol. 1r–234v; 31,5 x 20 cm; gegliedert in vier Bücher: 1. Buch (1r–57v), 2. Buch (64r–121v), 3. Buch (122r–188r), 4. Buch (188r–234v); zwischen fol. 35 u. 36 ein Bl., zwischen fol. 50 u. 51 fünf Bll. herausgetrennt; fol. 213r–213cv eingelegt (2 Lagen á 2 Bll.); Wasserzeichen: Schnecke; Autograf; zahlreiche Streichungen und Korrekturen von Pflugs Hand.
Inhalt: Dieser Text ist einer der wichtigsten für die Forschung zum Theologen Pflug. Die in diesem Werk behandelten theologischen Themen nimmt er auch in den weiteren Texten auf. Im ersten von vier Büchern des Dialogs, in dem sich die Figuren durch ihre Aussagen rasch selbst charakterisieren, zeichnet Pflug ein genaues Bild der konfessionspolitischen Ereignisse. Die Streitigkeiten zwischen Altgläubigen, hier verkörpert durch die Figur Ditterich, die sich der Confessio Augustana, dem Bekenntnis der Protestanten, in keinem Fall anschließen wollen, und Protestierenden, vertreten durch die Figuren Veit und Niklas, werden angesprochen. Gleichermaßen kommt das innerprotestantische Zerwürfnis zwischen Gnesiolutheranern und Philippisten zur Sprache und bil168
Hinzugezogen wird die Abschrift des Texts durch einen Sekretär: 2° Ms. ct. pg. 13 n. 51; um 1560– 1564; Papier 139 Bll.; foliiert; fol. 1r–139v; gegliedert in vier Bücher: 1. Buch (1r–29r), 2. Buch (29r–61v), 3. Buch (61v–108v), 4. Buch (109r–139v); zahlreiche Korrekturen und Ergänzungen von Pflugs Hand.
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A2 Methodisches
det den Rahmen des Dialogs. Es wird auf das Wormser Religionsgespräch von 1557 Bezug genommen, zu dem der Streit zwischen diesen beiden protestantischen Zersplitterungen öffentlich wurde und das Gespräch zum Scheitern verurteilte. Julius Pflug hatte bei diesem Religionsgespräch den Vorsitz. Das zweite Buch ist nachträglich mit dem Titel von der gemeinen christlichen laer169 überschrieben, hat das zentrale Thema der Reformation, die Rechtfertigung, zum Inhalt und stellt eine katholische Anerkennung der Rechtfertigung aus der Gnade Gottes und nicht aus den Werken des Menschen heraus dar. Die doppelte Bearbeitung dieses Buchs verdeutlicht die Wichtigkeit des Anliegens für Pflug. Entsprechend erörtert Ditterich, wie der Mensch zu Christus gelangen, bei ihm bis zum Tod bleiben und im Falle einer Abkehr von diesem Glauben wieder bekehrt werden kann. Der durch die Erbsünde verdorbene Mensch ist auf die „von Gott geschenkte Gabe und eingegossene Gerechtigkeit“170 angewiesen. Zur Streitfrage der Werkgerechtigkeit betont Ditterich, dass nur, wer aus innerer, von Demut bestimmter Haltung gute Werke tut und sich keine Belohnung durch ewiges Leben einfordere, eben dieses erhalten werde. Von zwei Gerichten Gottes ist die Rede: einem strengen, in dem keiner bestehen kann, weil in ihm keine Barmherzigkeit herrscht, und einem gütigen, in dem Barmherzigkeit bestimmt. Das dritte und vierte Buch ist von der kirchlichen Tradition und der katholischen Frömmigkeitspraxis geprägt. Es handelt u.a. von den Sakramenten, wobei Ditterich als Altgläubiger an sieben Sakramenten festhält: an der Taufe, der Firmung, der Beichte, der Eucharistie, der letzten Ölung, der Weihe und der Ehe. Veit und Niklas hingegen lassen nur zwei zu, die Taufe und die Eucharistie. Ditterich, der Katholik, führt die Differenzen der Lutherischen in Bezug auf die Anzahl der Sakramente an. Das letzte und vierte Buch ist der Einigkeit der Kirche gewidmet, dem unermüdlichen Bestreben Pflugs entsprechend. Ein guter Christ solle nicht nur ehrbar für sich selbst, sondern mit den Mitgliedern seiner Gemeinde in Eintracht leben. Auf Niklas’ Frage hin, wie die Einigkeit in der Kirche gehalten werden solle, antwortet Ditterich mit einer Trias: 1. Dem Wort Gottes muss geglaubt und das kanonische Recht eingehalten werden; 2. Die Artikel des Glaubensbekenntnisses sind zu befolgen und nicht zu verändern; 3. Alle Traditionen, Wahrheiten und Sakramente, die aus der alten Kirche tradiert worden sind, müssen geschätzt und gepflegt werden. Des Weiteren enthält das vierte Buch Ausführungen zu den Themen: Glaubensbekenntnis, Kirchensatzungen, Heiligenverehrung, Fasten und Feiertagen.
169 170
Vgl. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 51, fol. 29r. Vgl. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 83v.
A2.1 Das Korpus
55
A2.1.1.2 Das Andere Buch Signatur: Zeitz, Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 34 n. 22 Datierung: ca. 1560–1564 Kodikologisches: Papier 72 Bll; paginiert; pag. 1–134; 31,5 x 20,5 cm; fol. 9ar–9dv (foliiert) und fol. 55a eingelegt; pag. 111f. zur Hälfte quer abgerissen; auf pag. 1 Das Andere buch von der Hand eines Schreibers; auf pag. 117 Nachtrag von der Hand eines Schreibers; Bezug zum (zweiten Buch des) Dialogs (Zeitz Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50). Wasserzeichen: Schnecke, Ranke. Streichungen und Korrekturen von Pflugs Hand.
Inhalt und Aufbau: Das Andere Buch ist eine Bearbeitung des zweiten Buchs des oben beschriebenen fiktiven Streitgesprächs und handelt wie dieses von der Rechtfertigung. Es ist davon auszugehen, dass es sich um eine jüngere Version handelt (s. Kap. C3.4). Der hier vorliegende Text nimmt größtenteils Bezug auf das zweite Buch des Dialogs, weist aber darüber hinaus auf Passagen der anderen Teile. Der Text wird in der vorliegenden Arbeit vollständig ediert (C). Die Namen der Figuren weichen von denen des aus vier Büchern bestehenden Streitgesprächs ab: Eusebius (Katholik) und Timotheus und Ditterich (Protestanten). Die Redeanteile sind ähnlich denen im gesamten Streitgespräch verteilt: Der Katholik Eusebius dominiert das Gespräch.
A2.1.2 Passionspredigten, Sonntagsevangelien, Predigtanleitung Signatur: Zeitz, Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23 Datierung: Hinweise fehlen Kodikologisches: Papier 169 Bll.; paginiert; pag. 1–338a; 33 x 21,5 cm, Predigtanleitung pag. 215–230 auf extra Lage: 30 x 20,5 cm; zweifach paginiert (mit und ohne Berücksichtigung des Umschlags); zwei (eventuell drei) Predigtreihen in einer Sammlung; auf pag. 1: die funffte und sechste predigt vom leiden und sterben christi und Conciones Julii Epi; Wasserzeichen: Schnecke, Krone mit Kreuz, Bär, Wappenschild, Vogel. Autograf. Streichungen und Korrekturen von Pflugs Hand. Aufbau: die zweite (pag. 3–42), die fünfte (pag. 43–86), die sechste (pag. 87– 132) Predigt vom Leiden und Sterben unsers Herrn Jesu Christi, am zehnten Sonntag (pag. 133–138), am 16. Sonntag nach Trinitatis (pag. 141–145), am 12. Sonntag nach Trinitatis (pag. 149–155), am 13. Sonntag nach Trinitatis (157–171), am 5. Sonntag (pag. 175–186), am Tag Petri und Pauli (pag. 187–199), am 6. Sonntag (203–208), am 7. Sonntag (pag. 209–212), Anleitung zum Predigen (pag. 215–230), am 11. Sonntag nach Trinitatis (pag. 231–240), die erste Predigt vom Leiden und Sterben unsers Herrn Jesu Christi (pag. 243–263), von der Passion und dem Kreuz (pag. 265–296), am 14. Sonntag nach Trinitatis (pag. 299–307), die vierte Predigt vom Leiden und Sterben unsers Herrn Jesu Christi (pag. 309–337).
Inhalt: In die Schreibsprachanalyse werden die zweite, die fünfte und die sechste Passionspredigt, die darauf folgenden drei kürzeren Sonntagsevangelien und die Anleitung zum Predigen einbezogen. Diese Auswahl repräsentiert die drei in diesem Predigtzyklus enthaltenen Subgattungen Passionspredigt, Sonntagsevangelien, Predigtanleitung.
56
A2 Methodisches
In den Passionspredigten zitiert Pflug die Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Umfangreiche Teile der zweiten Predigt haben narrativen Charakter und erzählen die Ereignisse um den Verrat des Judas, Petri Leugnen und die Gefangennahme Christi. Als erbauliche Elemente führt Pflug die von Nächstenliebe bestimmte Reaktion Christi auf seinen Verrat und die Erlösungstat am Kreuz, wodurch Sünde, Teufel und Tod ihre Macht verloren haben, an. Petrus wird den Adressaten als Exempel für wahre Reue vorgehalten. Die fünfte Predigt handelt von Jesu Tod am Kreuz auf Golgatha, das die von Pilatus angefertigte Überschrift trägt, und berichtet von den beiden Verbrechern, die zu Jesu Seiten gekreuzigt wurden. Die Teilung des Rocks Christi unter den Soldaten und damit auch Jesu Entblößung stellt Pflug sinnbildlich dar, indem er vom Kleid des Glaubens spricht. Der Spott des Volks, das Jesu auffordert, vom Kreuz herabzusteigen, lässt Pflug gegen die Juden, die Hohepriester und Schriftgelehrten, und im übertragenen Sinn gegen ein verstocktes Herz angehen. In der sechsten Predigt führt Pflug seine Erzählung fort und thematisiert erneut den Tod Jesu. Die Naturgewalten, die auf diesen Tod folgen – der Vorhang im Tempel zerreißt, die Sonne verfinstert sich und Felsen stürzen ein – betont Pflug genauso wie den römischen Hauptmann, der als Außenstehender verstand, dass Christus Gottes Sohn war. Immer wieder charakterisiert Pflug die Juden in grober Weise als böse, neidisch, vergiftet und verblendet, da sie Jesus gekreuzigt haben. Genauso fordert er wiederholt die Gemeinde auf, sich ihre Sünden vor Augen zu halten. In dieser Predigt dominieren im Gegensatz zur zweiten und fünften Predigt Exegese und kerygmatische Elemente. Das Sonntagsevangelium „am zcehenden sontage“ erwähnt nach dem Evangelisten Lukas (Lk 19) die Zerstörung Jerusalems und die Vertreibung der Händler aus dem Tempel und appelliert an die Zuhörer, den Zorn Gottes nicht auf sich zu ziehen. Im Evangelium des 16. Sonntags nach Trinitatis wird von zwei Herren – der weltlichen Obrigkeit und Gott – gesprochen und zwischen Geist und Fleisch, Gott und Satan polarisiert. Im Evangelium des 17. Sonntags nach Trinitatis wird die Heilung des Taubstummen (Mk 7) auf die Heilung der sündigen Seele transferiert. In dem vorliegenden Teil der Anleitung Wie und was zcu predigen sein wil wird lediglich das „Was“, nicht jedoch das „Wie“ fokussiert und erhoben, es sei die Buße, der Glaube nach der von Christus eingesetzten Ordnung, die Hoffnung auf Gott, die in Christus entspringende Liebe, die Verrichtung guter Werke, das Wort Gottes und die Sakramente (hervorgehoben wird die Taufe) zu predigen. Der Text bricht ab, sodass die Aufzählung der zu predigenden Inhalte nicht vollständig ist.
A2.1 Das Korpus
57
A2.1.3 Das Abendmahl unter einer oder beiderlei Gestalt – Traktat über den Laienkelch Titel: Vom sacrament des leibs und bluts unsers hern Ihesu christi under beider gestalt Signatur: Zeitz, Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 33 n. 4d Datierung: vermutlich 1537/1540 Kodikologisches: Papier 16 Bll. (halbbrüchig beschrieben); paginiert; pag. 1–26; 32,5 x 22 cm; Wasserzeichen: Wappenschild. Autograf. Zahlreiche Streichungen und Korrekturen von Pflugs Hand. Auf dem Umschlag hinten Tres quaestiones de eucharistia sub utraque.
Inhalt: Der Problematik, ob dem gemeinen Kirchgänger beim Abendmahl nicht nur das Brot, sondern auch der Wein gereicht werden darf, geht Julius Pflug im vorliegenden Traktat nach. In der Urkirche wurde sowohl Brot als auch Wein ausgeteilt. Bis ins 12. / 13. Jahrhundert war die Kelchkommunion üblich, auch wenn gelegentlich bei Hausund Krankenbesuchen nur das Brot gereicht wurde. Durch die Hussitenunruhen lebte der Streit um den Laienkelch auf und mit Berufung auf die Bibel wurde das Abendmahl in beiderlei Gestalt gefordert. Darauf bezog sich das Konzil von Konstanz im Jahr 1415 in seiner 13. Sitzung. Nur unter einer Gestalt solle der Eucharistie für den Laien stattgegeben werden. Die dogmatische Begründung gegen Widerspruch war, dass im Brot schon der Wein und im Wein ebenso das Brot enthalten sei. Eine vermittelnde Lösung deutete sich auf dem Baseler Konzil an.171 Unter bestimmten Bedingungen sollte den Hussiten auch der Kelch genehmigt werden (Wenz 1997, 50ff.). Darauf nahmen evangelische wie katholische Theologen Bezug: Erstere u.a. in der Confessio Augustana von 1530, Artikel 22. Schon zu Beginn der Reformation symbolisierte der Kelch die neue Lehre. In dieses Spannungsfeld sind die immer wieder angestellten kontroversen Überlegungen von Katholiken und Reformatoren einzuordnen, so auch die von Julius Pflug. Der Laienkelchthematik nähert sich Pflug anhand von drei Fragen: 1. Entspricht es dem göttlichen Recht, dem Laien beim Abendmahl das Brot wie auch den Wein auszuteilen? 2. Darf das tatsächlich auch in Julius Pflugs Stift zugelassen werden? 3. Wie sieht dementsprechend die Umsetzung bzw. Neuerung im Stift aus? Klar strukturiert sind die Antworten. Laut göttlicher Schrift ist es dem Laien ebenso wenig verboten, das Sakrament sowohl in Brot als auch in Wein zu erhalten, wie dem Geistlichen. Durch das göttliche Recht wird es weder geboten noch verboten. Also ist es freigestellt. Pflugs diplomatisches Geschick im Bemühen um einen Ausgleich zwischen den verhärteten Fronten zeigt die Antwort auf die zweite Frage. Im Gegensatz zur Beantwortung der ersten Frage lässt Pflug bei der Erörterung der zweiten Zweifel zu. Weil man dem Laien den Kelch nicht mehr verwehren kann, muss aus der Not eine Tugend gemacht werden. Zu viele Gemeindeglieder fordern schon das Sakrament in beider Gestalt. Gibt man dem nicht statt, wird es an fremden Orten empfangen. Verbietet man es, kann man dem 171
Das Baseler Konzil wurde 1431 eröffnet und seine Aufhebung 1449 beschlossen, vgl. TRE 5, 284ff.
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A2 Methodisches
Widerstand der Menge nichts entgegnen. Die Angst, die christliche Ordnung könne umgestoßen werden, steht im Vordergrund. Den dritten Teil des Traktats widmet Julius Pflug der Erörterung einer möglichen Umsetzung des Laienkelchs in seinem Stift. Er nennt drei mögliche Wege: Toleranz, Abrogation und Dispensation. Laut Pflug liegt die Abrogation, die völlige Aufhebung eines Gesetzes durch ausdrücklichen Widerruf oder stillschweigend, beispielsweise durch Erlass eines konträren Gesetzes, bei einem Konzil und darf, wenn dort einmal beschlossen, nicht mehr geändert werden. Dispensation, die Aufhebung der aus einem Gesetz resultierenden Pflichten, ist, so Pflug, allein Sache des Papsts. Bischöfe werden dazu nur im Fall dringlicher Gefahr befähigt. Pflug spricht sich für ein Tolerieren der eingetretenen Situation aus.
A2.1.4 Traktat zum Leipziger Religionsgespräch Titel: Colloquium Lipsiense Signatur: Zeitz, Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3 Datierung: ca. 1539/40 Kodikologisches: Papier 24 Bll., paginiert; pag. 1–46; 32 x 21,5 cm; überwiegend halbbrüchig beschrieben; auf dem Umschlag hinten Colloquium Lipsiense. Wasserzeichen: Wappenschild. Autograf. Zahlreiche Streichungen und Korrekturen von Pflugs Hand.
Inhalt:172 Pflugs Anliegen in diesem Text ist es, die Einigkeit der Kirche wieder herzustellen und Spaltungen zu vermeiden. Die erörterten Themen sind ähnlich denen der Leipziger Formel, die im Zuge der Leipziger Religionsgespräche von 1534 und 1539 erarbeitet wurde: 1. Erbsünde: Durch die Barmherzigkeit Gottes kann der Mensch von seinen Sünden erlöst werden. 2. Vom freien Willen und Vermögen zum Guten: Der Mensch hat von Natur einen freien Willen, aus dem Sünde hervorgeht; Um Heil zu erlangen, bedarf er einer höheren Freiheit. 3. Buße: Der Mensch soll seine Sünde bereuen und um Verzeihung bitten. 4. Taufe: Die Taufe wird als ein wichtiges Sakrament beschrieben, bei dem keine Kompromisse geduldet werden sollen. 5. Vom heiligen Sakrament des Leibs und Bluts Christi: Durch die Einsetzungsworte werden Brot und Wein in den wahren Leib und das wahre Blut Christi verwandelt; Es solle jedem frei gestellt sein, ob er die Eucharistie unter einer oder beider Gestalt empfängt. 6. Von der Konfirmation: Der unterrichtete Konfirmand bestätigt durch den Heiligen Geist seinen Glauben. 7. Vom Verordnen oder Ordination der Kirchendiener: Archidiakone sind neben den Bischöfen für die Seelsorge einzusetzen und dafür zuständig, Synoden abzuhalten und Visitationen durchzuführen. 8. Von der Ölung: Die Ölung ist als heiliges Sakrament tradiert. 9. Vom Fasten: Der Mensch soll an Speise und Getränken fasten. 10. Vom Unterschied der Speise: Der Mensch soll sich mäßigen. 11. Vom Mönchtum: Der Stand der Mönche dient dem Rückzug von der Welt ebenso wie der Erziehung in Klos172
Zum Leipziger Religionsgespräch s. Kap. A1.2.1.
59
A2.1 Das Korpus
terschulen. 12. Von der Verehrung der Heiligen: An die Heiligen soll nicht wie an Gott geglaubt werden, wohl aber können sie als Mittler zwischen Gott und Mensch angesehen werden. 13. Von Feiertagen: Mit den Feiertagen wird Missbrauch getrieben. Sie sind im Sinne ihrer ursprünglichen Einsetzung wieder herzustellen. 14. Vom Gedächtnis der Toten: Das Gedenken der Toten bringt Frucht.
A2.1.5 Briefe Bei den in die Analyse einbezogenen Briefen handelt es sich ausschließlich um Autografe, von denen fast alle bei Pollet ediert vorliegen. Diese Edition dient als Grundlage, wurde aber nach den der Edition zugrunde liegenden Prinzipien normalisiert. Ebenso wurden nach genauer Durchsicht der Originale offensichtliche Fehler Pollets stillschweigend verbessert. Die Auswahl orientiert sich an der Datierung, um Beispiele für die Schreibsprache Pflugs in den 1540er Jahren zu geben. Die Briefe wurden jeweils mit einer Sigle versehen. In der Auflistung wird auf Pollet verwiesen, bei dem inhaltliche und kodikologische Informationen sowie Signaturen verzeichnet sind. Sigle
Datierung
Adressat
Pollet173
BRIEF A
24. Jan. 1541
G. von Bünau174 u.a.
Bd. II, S. 213f.
BRIEF B
18. Febr. 1541
G. von Bünau
Bd. II, S. 216 (nicht ediert) 175
BRIEF C
03. Okt. 1541
Bernhard von Draschwitz
BRIEF D
04. Okt. 1541
Bernhard von Draschwitz
Bd. II, S. 271
BRIEF E
16. Okt. 1541
G. von Bünau
Bd. II, S. 271ff.
BRIEF F
21. Febr. 1542
G. von Bünau
Bd. II, S. 319ff.
BRIEF G
12. Sept. 1542
G. von Bünau
Bd. II, S. 404f.
BRIEF H
31. Aug. 1542
G. von Bünau
Bd. II, S. 398ff.
BRIEF I
28. März 1542
G. von Bünau
Bd. II, S. 330ff.
BRIEF K
10. Okt. 1542
Bernhard von Draschwitz
Bd. II, S. 408 (nicht ediert)
BRIEF L
12. Okt. 1542
G. von Bünau
Bd. II, S. 409ff.
BRIEF M
21. Jan. 1544
G. von Bünau
Bd. II, S. 497f.
BRIEF N
9. Febr. 1544
G. von Bünau
Bd. II, S. 498ff.
173
Bd. II, S. 268ff.
Pollet, Jacques V. (1973): Julius Pflug. Correspondance. Bd. II. Leiden. Domdechant in Naumburg, Freund Pflugs, vgl. Wießner (1998, 991). 175 Seit 1532 Domherr in Naumburg, 1564 Domdechant in Meißen, vgl. Wießner (1998, 1105). 174
60
A2 Methodisches
BRIEF O
8. April 1544
G. von Bünau
Bd. II, S. 515f.
BRIEF P
17. Juni 1544
G. von Bünau
Bd. II. S. 518ff.
BRIEF Q
12. Juli 1544
G. von Bünau
Bd. II, S. 605ff
BRIEF R
18. Juli 1545
G. von Bünau
Bd. II, S. 627f.
BRIEF S
20. Sept. 1545
G. von Bünau
Bd. II, S. 629
BRIEF T
18. März 1546
G. von Bünau
Bd. II, S. 668ff.
BRIEF U
1547
–
nicht ediert (Signatur Naumburg, I, 9)
BRIEF V
28. März 1547
Bernhard von Draschwitz
Bd. II, S. 731ff.
Tab. 2: Briefe Pflugs
A2.2 Parameter für die Schreibsprachanalyse Mit den Parametern für die Analyse müssen sich die Prozesse des regionalen Sprachausgleichs bewerten lassen, insbesondere die, die im ostmitteldeutsch-ostoberdeutschen Gebiet stattfinden, um einen Vergleich zwischen den regionalen Schreibtraditionen mit Julius Pflugs Sprachgebrauch zu ermöglichen. Mit Beschs Strukturprinzipien für den Sprachausgleich im 15. Jahrhundert werden die Ergebnisse für einzelne Parameter verglichen, denn Pflugs Schrifttum ist in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts zu datieren und lässt dadurch chronologisch eine Anknüpfung an Beschs Ergebnisse zu. Es müssen Variablen untersucht werden, die zwar konfessionell markiert sein können (s. Kap. A1.3.3.2), die aber auch durch die Entscheidung Pflugs für regional gebräuchliche Varianten erklärbar sind. Es ist zu fragen, ob er sich an einem dominant ostmitteldeutschen oder oberdeutschen Usus orientiert oder ob seine Schreibsprache einer ostmitteldeutsch-ostoberdeutschen Sprachallianz entspricht, die sich im 15. Jahrhundert im Wirkungsgebiet Pflugs herausbildet und dort auch im 16. Jahrhundert die Schreibsprache(n) bestimmt. Hat sich diese schon gefestigt, kann sie mit ihren Mischformen zum Usus geworden sein. Des Weiteren haben die Parameter die verschiedenen Ebenen des Sprachsystems zu berücksichtigen und sind jeweils für die Textexemplare unterschiedlicher Textsorten einzeln zu betrachten. Es darf keine rein graphematische Schreibsprachanalyse durchgeführt werden, sondern es muss geprüft werden, ob ostmitteldeutsche oder ostoberdeutsche Charakteristika in den verschiedenen Bereichen des Sprachsystems in unterschiedlicher Konzentration vorliegen. Eine durch das Spannungsfeld von Region und Konfession bestimmte Wahl der Parameter beinhaltet außerdem die ergänzende Frage nach dem Autor, nämlich ob Ele-
A2.2 Parameter für die Schreibsprachanalyse
61
mente der Schreibsprache Pflugs als in seiner Zeit und Region konservativ, „typisch“ oder modern gelten. Individualstilistische Verwendungsweisen können so herausgestellt werden. Ausgeschlossen wird damit beispielsweise eine Bewertung bestimmter Graphien als konfessionstypisch, für die die Erklärung letztlich entweder in Pflugs Orientierung am Usus seiner Zeit und Region oder in davon abweichenden, für ihn spezifischen Bildungstypen läge. Hätte sich also eine zuforderst oberdeutsche Graphie auch im ostmitteldeutschen Gebiet durchgesetzt und im 16. Jahrhundert schon gefestigt, so bedeutete das Auftreten dieser Form bei Pflug nicht zwangsläufig eine „katholische“ Kennschreibung, sondern könnte auf eine Orientierung an regional üblichen Varianten deuten. Der Vergleich mit weiterem Schrifttum des 16. Jahrhunderts und mit den von Otto erzielten Ergebnissen zur Sprache der Zeitzer Kanzleischreiber ermöglicht eine Charakterisierung der schreibsprachlichen Traditionen für Julius Pflugs Zeit und Region (s. Kap. A3.5.2). Folgende Klassifikation der Parameter ergibt sich unter Berücksichtigung der genannten Aspekte: Ebene
Merkmal
Graphematik: Vokalismus
mhd. ei mhd. ou vor Labialkonsonanten f, b mhd. o in doch, noch, ob, oder und sal / sol Umlautbezeichnung Apokope beim Verb Apokope beim Substantiv Synkope in den Präfixen be- und ge-
Graphematik: Konsonantismus
Oberdeutsche und ostmitteldeutsche konsonantische Reflexe
Morphologie: Flexionsmorphologie
Reflexivpronomen im Dat. Sg. / Pl. Genuswechsel der Substantive Nom. / Akk. Pl. ausgewählter a- / ja-stämmiger Neutra (und die Pluralflexive -er + -e) Singular ausgewählter Feminina Epithese des -e im Präteritum starker Verben starke Verben der mittelhochdeutschen Klasse IIb im Singular
62
A2 Methodisches
Wechselflexion der mittelhochdeutschen Ablautklasse IIIb, IV, V und Präteritalausgleich bei starken Verben IIIa schwache Verben: Rückumlaut Präfix ge- im Partizip Präteritum wir / sie seind: 1. / 3. Ind. Pl. von sein Morphologie: Wortbildungsmorphologie
Syntaktische und semantische Funktion von Suffixen Präfixe ver- und vorSuffixe -nis und -nus Diminutivsuffix
Syntaktisches
Negation Futurperiphrasen Perfekt vs. Präteritum pränominales Genitivattribut vs. uneigentliches Kompositum begründende Konjunktionen
Lexik
nicht, nit ane, one lestern, schenden, schmehen, spotten zur ehe greiffen, heiraten gehorsam sein, gehorchen vorstand, vornunfft streit, krig, zcanck preis Tab. 3: Merkmalkategorien
Zeittypische Charakteristika der Schreibsprache Pflugs herauszukristallisieren, ist unabdingbar, denn in all den Fällen, in denen von konfessionsspezifischen Merkmalen ausgegangen wird, muss vorher überprüft werden, ob nicht eine Beeinflussung durch regionale Schreibtraditionen vorliegt. Um sein Verhalten gegenüber den regionalen Charakteristika zu beurteilen, wird u.a. auch untersucht, welche syntaktischen und semantischen Eigenschaften die Adjektivsuffixe haben und welche futurischen Bildungstypen er benutzt. Wenn von den die Schreibsprache determinierenden Prinzipien Region und
A2.3 Die Edition der Texte
63
Konfession die Rede ist, sind diese um das „Prinzip Autor“ zu ergänzen. Damit ergibt sich folgende Fragestellung für die Analyse: Wie schreibt der Autor Julius Pflug im Spannungsfeld von in der Region bestehenden Schreibtraditionen und dem Einfluss der Konfession, die das gesellschaftliche und private Leben bestimmt? Für die angegebenen Parameter wird wie folgt vorgegangen: Nach der Beschreibung des Vorkommens in Pflugs Texten wird mit Besch (1967), Otto (1970) und je nach Parameter mit weiteren Einzeluntersuchungen verglichen. Die Belege werden nach ihrer Art für die jeweiligen Parameter spezifisch klassifiziert und für die jeweiligen Texte getrennt aufgelistet. Die Autografe erhalten Siglen, die sowohl für die Schreibsprachanalyse als auch für das Glossar Gültigkeit besitzen (s. Anhang). Die Normal- und Sondervertretungen werden durch fettes „aber“ voneinander abgehoben. Innerhalb der Belegsammlungen der einzelnen Texte erfolgt alphabetische Anordnung, wo möglich. In Fällen, die das nicht zulassen, richtet sich die Dokumentation der Belege nach deren Reihenfolge im jeweiligen Autograf. Es sollen keine vorrangig quantitativen Angaben erhoben werden, sondern Tendenzen und charakteristische Züge der Schreibsprache aufgezeigt und unter Berücksichtigung der genannten Aspekte ausgewertet werden. Bei der Anzahl der Belege wird sich an einer Menge von jeweils mindestens fünf bis zehn – es sei denn, der Text weist weniger auf, und je nach Länge der Einzelbelege oder Beispielsätze – orientiert. Das Glossar dient der Ergänzung und enthält die Angabe absoluter Häufigkeiten der Lemmata und ihrer Sondervertretungen. Wie auch Rösslers (2005) Arbeit zur Konfessionalisierung von Sprache stehen wir hier vor der Herausforderung, dass es „(...) bei zahlreichen, v.a. morphologischen Kriterien, die die Suchprogramme nicht oder nur mit erheblichem Aufwand erfassen können, (z.b. Synkopen und Apokopen), unerlässlich [ist, Cw.], die Texte nicht nur maschinell, sondern auch manuell auszuzählen“ (Rössler 2005, 27).
A2.3 Die Edition der Texte Von den Texten des Korpus werden ausschließlich der Dialog und das dazugehörige Andere Buch vollständig ediert, da beides in interdisziplinärer Hinsicht relevant ist und für die germanistische, historische und theologische Forschung einen Erkenntnisgewinn verspricht. Dieser umfangreichste Text des Korpus zeigt sowohl den Theologen Pflug, wie er bisher so noch nicht dargestellt wurde, als auch seine Sprache im Rahmen von Region und Konfession. Genauso wesentlich ist die sprachliche und stilistische Gestaltung des Texts (s. Kap. C2.2.2). Die weiteren Texte liegen in transkribierter Form vor und werden in die Schreibsprachanalyse einbezogen, nicht jedoch herausgegeben. Zu Editionsziel, Editionsprinzipien und der Gestaltung der Edition: s. Kap. C3.
A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
A3.1 Phonologie / Graphematik Gemäß der unterschiedlichen Verteilung der graphematischen Merkmale im ostmitteldeutschen und im oberdeutschen Raum werden folgende Parameter behandelt: die Vertretung von mhd. ei, mhd. ou, mhd. o in den Funktionswörtern doch, noch, oder, ob und in 1. / 3. Sg. Ind. Präs. von sollen, die Umlautmarkierung, Apokope beim Verb und Substantiv und Synkope in den Präfixen be- und ge-. Die Vertretung der Apokope wird exemplarisch nur für den Bereich der Substantiv- und Verbalflexion untersucht.
A3.1.1 Vokalismus A3.1.1.1 Mhd. ei Julius Pflugs Texte weisen bei der Verteilung von mhd. ei sowohl in den Haupt- als auch in den Nebensilben ausschließlich auf. In keinem Autograf findet sich , . Lediglich in den Briefen wird lexemgebunden zu monophthongiert in ohem und in den weiteren Texten in enander.176
DIAL.1: eigenschafft, einikeit, geheimnus, heilig, fleisch, keine, meinung, teil, vorneinen DIAL.2: algemeiner, angezceigt, eigent, eindencke, gebrechlikeit, heil, meinung, nachteil TRAKT.LIPS: anzceigen, christenheit, eingange, gemein, gewonheiten, keine, leider, meisten PRED: abscheiden, blintheit, eigen, geist, heil, keine, meister, unreinikeit, vorheischungen PRED.ANL: arbeit, barmherczikeit, geistlichen, knechtheit, leit, teilhafftig, zcuchtmeister 176
Die Belege werden im Folgenden in den jeweils flektierten Formen, nicht in der Nennform angegeben.
A3.1 Phonologie / Graphematik
65
TRAKT.LIPS: anzceigen, einiche, geistlich, gemein, gereiczet, heilikeit, leichtfertikeit BRIEFE A–V: bearbeit, eigener, eines, geheim, keiserliche, meinung, mitteilen, oheim
DIAL.1, DIAL.2, PRED: enander; TRAKT.LIPS, DIAL.2: beienander; TRAKT.LIPS: underenander BRIEFE A–V: ohem Die skizzierte Beleglage stimmt mit Beschs (1967, 76ff.) Ergebnissen überein. Er konstatiert für das ostmitteldeutsche Gebiet im 15. Jahrhundert ausschließlich die Graphien und . Das gleiche Resultat liefern die Untersuchungen Suchslands (1968, 71ff.), Ottos (1970, 83ff.) und Bentzingers (1972, 73 u. 1973, 64), die als Normalvertretung diese Graphien angeben. In den Varietäten Obersächsisch und Thüringisch dominieren sie ebenfalls (Frnhd. Gr. I/3, 221). Nur für die Zeitzer Kanzleisprache und die Sprache der Jenaer Ratsurkunden treten und selten als Sondervertretungen auf. „Die bair. Schreibungen ai, ay, a: werden das ganze Jahrhundert hindurch verwendet, im letzten Abschnitt stärker, ohne jedoch – wie beispielsweise in Eger – das Übergewicht über die e-haltigen Doppelzeichen zu erlangen.“ (Otto 1970, 86). Julius Pflugs Schreibsprache bestätigt dieses Übergewicht von . Monophthongierung zu e beobachten Bentzinger, Otto und Suchsland bei einzelnen Belegen. Diese, lexemgebunden an enander, ist im 14. / 15. Jahrhundert gesamthochdeutsch, im 16. Jahrhundert noch vorwiegend ostmitteldeutsch (Frnhd. Gr. I/3, 223).177 Pflug ist in der Tradition des für seine Region typischen Vorkommens zu sehen, denn „daß allenfalls im Mitteldeutschen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert mit der Leitgraphie e zu rechnen ist – welche aber auch hier immer hinter der Leitgraphie ei zurücktritt“, bestätigen die oben angeführten Belege. Die teils „katholische“ Kennschreibung bzw. (s. Kap. A1.3.3.2) gibt es nicht bei Julius Pflug.
A3.1.1.2 Mhd. ou vor Labialkonsonanten f, b Der so genannte Labialumlaut von mhd. ou wurde im Oberdeutschen durch folgenden Labialkonsonanten f oder b verhindert. Im Mitteldeutschen wurde jedoch umgelautet (Paul 252007, 104). bzw. gilt als typisch ostmitteldeutsches Merkmal (Schmid 2009, 97), das auch die Zeitzer Kanzleischreiber kannten (Otto 1970, 87). Die Verteilung der Belege für mhd. ou vor Labial sieht bei Julius Pflug wie folgt aus: bzw. DIAL.1: erlewbet, glewben, gleubet (selten), hewpts, hewpt in Komposita: hewpt lerer, hewpt prophet, hewptstucke, hewptsacramenten; tewffen DIAL.2: glewben, heupt 177
Vgl. auch Reichmann / Wegera (1993, 58).
66
A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
TRAKT.LIPS: glewben, glewbend, hewpt PRED: glewben, hewpt in Komposita: hewptfeindes, hewptlewten, hewptursache, hewptstuck PRED.ANL: glewben, heupt, hewpt BRIEFE A–V: glewben, vorlewffen bzw. DIAL.1: aberglawben, berawbet, glaube, glawben (V.), glawben (Subst.), hauptlerer, rawbhaus, tawffe, tawffen, getawffet, wetlawffe DIAL.2: erkawffter, glawben, hawptursache, tawffe, getawfft TRAKT.LIPS: aberglawb, glawben (Subst.), glawben (V.), lauffen, tawffe (Subst.) PRED: angelawffen, berawben, glawben (Subst.), hawptartickel, lawff, oberhawptman, unglawben PRED.ANL: glawben (Subst.), glawben (V.), tawffe (Subst.), tawffen (Subst.), tawffen (V.), vorkawfft BRIEFE A–V: glawbe, lawffen In allen Texten dominiert so genannter Labialumlaut bei den Verben (glewben, tewffen) und unterbleibt meist bei Substantiven (glawbe, tawffe) oder zeigt sich dort nur in einzelnen Belegen. Bei fehlendem Umlaut in unflektierten Partizipien, wie z.B. getawfft, könnte es sich um Analogie zu den flektierten Partizipien, wie z.B. erkawffter, handeln (s.o.). Etymologisch unbegründeter Umlaut in laufen, d.h. lewffen, lässt sich als Analogie zu glewben und tewffen erklären. Monograph für mhd. ou fehlt.
A3.1.1.3 Mhd. o in doch, noch, ob, oder und sal / sol Die o-Graphie überwiegt in doch und ob, während die a-Graphie in ader und nach bevorzugt wird. Die Form oder ist entweder nur als Einzelbeleg bzw. in äußerst geringer Anzahl in den verschiedenen Textexemplaren vorhanden. Auch noch kommt wesentlich seltener vor als nach. Das Lexem doch erscheint in keinem Beleg mit der a-Graphie. Diese überwiegt jedoch in nach und deutlicher noch in ader. Für das 14. / 15. Jahrhundert gelten die a-Graphien eindeutig als ostmitteldeutsches Kennzeichen. Im Obersächsischen finden sie sich noch im 16. Jahrhundert, auch Luther verwendet noch ader und sal (Reichmann / Wegera 1993, 38). Bentzinger (1972, 70f. u. 1973, 54), Otto (1970, 42ff.) und Suchsland (1968, 54ff.) weisen dieses spezifisch ostmitteldeutsche Vorkommen ebenfalls nach. Älteres, für das Mitteldeutsche typische sal ist eindeutig die Normalschreibung gegenüber jüngerem sol, welches nur in DIAL.1, TRAKT.LIPS und den BRIEFEN einzeln belegt ist. DIAL.1, PRED.ANL und DIAL.2 haben auch in der 2. Sg. Ind. Präs. (due salst bzw. in PRED due salt). Pflug schreibt der Tradition des Ostmitteldeutschen entsprechend, wenn in der 1. / 3. Sg. Ind. Präs. die Form sal das normale Vorkommen darstellt und sol nur als Nebenform erscheint (Reichmann / Wegera 1993,
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301). Im Mitteldeutschen geht die Tendenz im 16. Jahrhundert hin zu einer Dominanz von sol. Das ist für Pflug nicht nachzuweisen, denn die Befunde gelten gleichermaßen für alle Texte. Signifikante textsortenspezifische Ausdeutungen lassen die Belege nicht zu. DIAL.1: : doch, noch, ob, oder, sol; : nach, ab, ader, sal, salst DIAL.2: : doch, ob, oder; : nach, ader, sal, salst TRAKT.LIPS: : doch, noch, ob, oder, sol; : nach, ader, sal PRED: : doch, noch; : nach, ab, ader, sal, salt PRED.ANL: : ob; : nach, ader, sal, salst TRAKT.AM: : doch, noch, ob; : ader, sal BRIEFE A–V: : doch, noch, ob; : nach, ab, ader, sal, sol
A3.1.1.4 Umlautbezeichnung Die Kennzeichnung der Umlautung dient im Frühneuhochdeutschen der graphischen Markierung und Morphologisierung. Bezeichnungen für den Umlaut sind im Oberdeutschen früher vorhanden als im Mitteldeutschen (Reichmann / Wegera 1993, 34f.), wo der Umlaut bis weit ins Frühneuhochdeutsche hinein unbezeichnet bleibt. Bei den Pluralbezeichnungen der Substantive, Verben im Präsens (2. / 3. Sg.) und Konjunktiv Präteritum und beim Komparativ und Superlativ der Adjektive fehlt in Julius Pflugs Autografen durchgehend die Umlautbezeichnung von o, u und uo. Umgelautete Lexeme sind für / – / , z.B. gebrawch – gebrewch (Nom. Pl.), bezeugt. Diakritica fehlen völlig. Umgelautetes mhd. æ und mhd. e, ä (Primär- und Sekundärumlaut) fallen bei Pflug, wie im Ostmitteldeutschen üblich, in zusammen. Im Oberdeutschen wird mit etymologischem ( und früherem e variiert (Frnhd. Gr. III, 218). Die Zeitzer Kanzleisprache hat für das 16. Jahrhundert keine Belege einer etymologischen Umlautbezeichnung: „Alle Zeitzer Schreiber folgen durchaus der ostmd. Schreibtradition, in der bis zum Ende des 16. Jh. zur Wiedergabe der verschiedenen e-Laute ein einziges Zeichen, nämlich e, verwendet wird.“ (Otto 1970, 34) Im Zeitraum von 1550– 1600 haben sich die Umlautbezeichnungen von o und u im gesamten mitteldeutschen Raum durchgesetzt (Frnhd. Gr. III, 218). Im Oberdeutschen war schon im 14. Jahrhundert ein voll ausgeprägtes Umlautsystem vorhanden. Da Pflugs Schrifttum in den Zeitraum von ca. 1520/30–1560 einzuordnen und die Umlautung von u und o graphisch nicht realisiert ist, scheinen diese Formen konservatives Verhalten aufzuzeigen. Aufgrund der für Verben, Substantive und Adjektive gleichen Verhältnisse ausschließlicher Umlautung von a und au lassen sich keine differenzierten Aussagen zu einer möglichen chronologischen Staffelung, wie sie Fleischer (1970, 74) für Dresden belegt, treffen.
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Graphien der Pluralumlaute DIAL.1: emptere, felle, gesenge, hende, kirchengebrewch, umbstenden, stende, veter(e); aber: bischoffe, bruder(e), fruchte, fussen, gemutere, gutern, junger, kloster, lugen, monche, ortere, ortern, spruch, stuck, volcker DIAL.2: hewser, rethe(n), umbstenden, veter(e); aber: brudere, fragstucke, fruchte, fussen, gutern, muttere, ortern TRAKT.LIPS: Bebste, gebrewche, hende, menner, stende, umbstende, vetern; aber: bischoffe, fruchte, kloster(e), monche, ortern PRED: grebere, hende, stete, umbstende; aber: fruchte, fusse, jungere, kopff, stuck(e), volckern PRED.ANL: empter, hende; aber: fruchte, guter, stuck(e) TRAKT.AM: Enderung, gebrewche, hend, hewser(n), stenden, umbstende, veter; aber: mitbrudere, ortern BRIEFE A–V: hendel, henden, lands stende; aber: bruder(e), burgermeister Umlautbezeichnungen im Komparativ / Superlativ der Adjektive DIAL.1: elder, erger, eusserste, lenger, stercker; aber: grossere, hochsten, jungster DIAL.2: erger, eussersten, lenger; aber: grosser, hochsten, jungern TRAKT.LIPS: lenger; aber: grosseren, hohere, hochsten PRED: eusserste, lenger; aber: grosser, hochste TRAKT.AM: erger; aber: grossere, hochste BRIEFE A–V: lengern, nesten Umlautbezeichnungen im 2. / 3. Sg. Präs. und Konj. Prät. der Verben DIAL.1: anbrechte (3. Sg. Konj. Prät.), emphehet, fellest, gefellet, hette, qweme, lest, schlehet, treget, thete, were(n); aber: betrugen, furet, konte (1. Sg. Konj. Prät.), must (1. Sg. Konj. Prät.), ubet DIAL.2: emphehet, fellet, hette, lest, thetest, vorschleget, were; aber: furet, horen, konte (3. Sg. Konj. Prät.), ubet TRAKT.LIPS: emphehet, hette, qwemen (3. Pl. Konj. Prät.), lest, misfellet, nachlest, were(n); aber: (zcu)fuget, konte (3. Sg. Konj. Prät.), muste (3. Sg. Konj. Prät.), ubete (3. Sg. Konj. Prät.) PRED: ausschleget, fellet, hette, qweme, lest, schlehet, tregt (sich zcu), thete, vorretest, were(n); aber: erloset, horen, horten (3. Pl. Ind. Prät.), konte (3. Sg. Konj. Prät.), ubet, vorschlosse (3. Sg. Konj. Prät.) PRED.ANL: anfehet, emphehet, vorhelt (3. Sg. Ind. Präs.), were; aber: ubet TRAKT.AM: hette, lest, vorfellet, vorqweme, were; aber: kont (3. Sg. Konj. Prät.), vorfuget (3. Sg. Ind. Präs.) BRIEFE A–V: hette, lest, tregt, theten, were; aber: horten (3. Sg. Ind. Prät.)
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Sonstige Belege DIAL.1: menlein, lemblein; aber: boslich, buchlein, erlosung, furstlich, genugsam, konig TRAKT.LIPS: gnediglich; aber: geburlich, moncherei, olung PRED: gnediglich; aber: frolich, gespott, hassig, hunerlein, kussen, lugenhafftige PRED.ANL: kunfftiglich, olung TRAKT.AM: bebstlich BRIEFE A–V: konig, gunstig, muhe Fehlender Umlaut in Lexemen wie buchlein, frolich, gespott, hassig, hunerlein könnte aus der Orientierung an der nicht abgeleiteten Form (Buch, froh, Spott, Hass, Huhn) resultieren. Doch wahrscheinlicher ist es, dass Pflug konsequent auf die Bezeichnung des Umlauts von u, o und uo verzichtet (s.o.), denn menlein und lemblein zeigen auch keinen Einfluss des nicht abgeleiteten Substantivs.
A3.1.1.5 Apokope beim Verb Julius Pflugs Verhalten bei der Wahl (nicht-)apokopierter Formen entspricht der von Lindgren eingehend untersuchten Entwicklung und Verbreitung der Apokope. Bei ihrer Ausbreitung, von der „aber das Omd. gar nicht (...) ergriffen worden“ (Lindgren 1953, 210) ist, sei sie auf einen Widerstand gestoßen, für den auch die Autografe Pflugs mit ihrer eindeutigen Dominanz der nicht apokopierten Verbformen gegenüber den apokopierten Formen, die nur vereinzelt und äußerst selten vorliegen, beispielhaft stehen. Untersucht wurden die 1. Sg. Ind. Präs., 1. Sg. Konj. Präs., 1. Sg. Ind. Prät., 1. Sg. Konj. Prät., 3. Sg. Konj. Präs., 3. Sg. Ind. Prät., 3. Sg. Konj. Prät., Imp. Sg. Die 1. Sg. Ind. / Konj. wird in den herangezogenen Texten zwar im Dialog, in den Briefen und in den exegetischen Teilen der Predigten verwendet, tritt jedoch nur in geringer Anzahl auf, da in den Traktaten, in der Predigtanleitung und auch in zahlreichen Abschnitten des Dialogs die unpersönlichen Konstruktionen überwiegen. Es fällt auf, dass die apokopierten Verben der 1. Sg. Ind. Präs. und 1. Sg. Konj. Prät. mit mehreren Belegen im Dialog und den Briefen, also in Texten, die konzeptionell eher mündlich oder zumindest suggeriert mündlich sind und die weniger der konzeptionellen Schriftlichkeit verhaftet bleiben als die Traktate, bezeugt sind. Genauso verhält es sich in der 3. Sg. Konj. Prät., in der apokopierte Belege in den Briefen, dem Dialog und darüber hinaus in den Predigtmanuskripten vorkommen. Auch im Imp. Sg. gibt es einige wenige apokopierte Formen im Dialog, in den Briefen und den Predigtmanuskripten. Bei den apokopierten Verbformen der 1. Sg. Konj. Prät., 3. Sg. Ind. Prät. und 3. Sg. Konj. Prät. handelt es sich in fast allen Fällen um Modalverben, nur selten um eine Form der Hilfsverben sein oder haben oder Präteritopräsentia. Lindgrens (1953, 194) Beobachtung, die Konjunktivformen seien stärker als die Indikativformen,178 stimmt mit der angegebenen Vielfalt der apokopier178
Das bedeutet, dass sie selten oder gar nicht apokopiert werden.
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ten Belege in 1. Sg. Ind. Präs. überein. In den anderen Personen sind mit weitaus geringerer Anzahl apokopierte Formen vertreten. Teils ist auch folgende Beobachtung Lindgrens für Pflugs Texte zutreffend (hier in Bezug auf die 1. / 3. Sg. Konj. Prät): „Die Untergliederung des Prt. zeigt, dass Vollverben und Hilfsverben im Ind. etwa gleich stehen, aber dass im Knj. die VV. stark und die HV. viel schwächer sind.“ (Lindgren 1953, 194). Dabei ist jedoch zu beachten, dass bei Julius Pflug im Gesamten die Apokope nur spärlich vorkommt. 1. Sg. Ind. Präs. DIAL.1: achte, b(e)finde, begere, bekenne, erhole, finde, (ge)schweige, glewbe, habe, hebe, hore, ruge, sehe, umbgehe, vorsehe, werde; aber: bit, glawb, mach, rath, vornein DIAL.2: habe, hore, rede, ruge, schlafe, stehe, stelle, werde; aber: las PRED: beschwore, habe, kenne, lebe, mache, mercke, schweige, werde, zceme PRED.ANL: habe, rede, umbgehe TRAKT.AM: auffzcihe, bfinde, sage BRIEFE A–V: achte, bfinde, bekomme, beruge, bitte, entbite, gebe, gedencke, habe, halte, hoffe, vormute, vorsehe, warte, werde; aber: bit, hab, halt, hoff, las, vorhoff, vornim 1. Sg. Konj. Präs. DIAL.1: handele, moge, umbschweiffe DIAL.2: darthue, halte, schlage BRIEFE A–V: moge, vorhalte 1. Sg. Ind. Prät. Nicht berücksichtigt werden Präteritalformen der starken Verben, die in den Predigten epithetisches -e aufweisen (s. Kap. A3.2.1.5). DIAL.2: konte BRIEFE A–V: wolt 1. Sg. Konj. Prät. DIAL.1: anzceigete, darthete, hette, konte, machte, muste, solte, were, wolte, wuste; aber: kont, must, wolt DIAL.2: anzceigte, darthete, hette, konte, wuste PRED: konte; aber: wer TRAKT.AM: wolte BRIEFE A–V: hette, hilte, qweme, konte, muste, solte, were, wolte, wurde; aber: kont, wolt
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3. Sg. Konj. Präs. DIAL.1: absehe, auffhebe, berawhe, beschwere, betrige, binde, bleibe, falle, genisse, geschehe, komme, lasse, meide, schaffe, stecke, thue, ube, ubertreffe, vorgelte DIAL.2: auffwachse, ausfalle, demutige, emphahe, ernidrige, habe, crone, lebe, nachkomme, ruhe, rhume, sage, troste, thue, ubertreffe, werde TRAKT.LIPS: abbreche, achte, bekumme, bleibe, emphange, ergehe, gepere, gelte, casteie, vorgleiche, wele, wolle, zcihe, zcutrage; aber: thu PRED: abtrage, abwende, aufferstehe, befele, begebe, billiche, entlade, geschehe, helffe, lasse, steige, ubertreffe, vorleihe, vorterbe, werde, wolle PRED.ANL: ablasse, bekumme, empfahe, habe, meide, treibe, vorterbe, werde; aber: las TRAKT.AM: anwerffe, binde, emphahe, frei stehe, trenne, vorbleibe, vorneme, wolle BRIEFE A–V: begebe, habe, mache, schaffe, stehe, uberantworte, vorleihe, wende, werde, wolle; aber: vornem 3. Sg. Ind. Prät. In den narrativen Teilen der Passionspredigten fallen schwache Verben in der 3. Sg. Ind. Prät., wenn sie Apokope aufweisen, mit der 3. Sg. Ind. Präs. zusammen. Die in ihrer Umgebung stehenden starken Verben machen die polysemen Formen als präteritale eindeutig. Beispiele dafür sind: antwortet, fragt, furet, recket, redet, saget, strafft, vorsamlet, wermet. Nicht einbezogen werden Präteritalformen der 1. / 3. Sg. Ind. starker Verben, deren Kennzeichen in Predigten oftmals epithetisches -e ist. DIAL.1: schickte; aber: wolt DIAL.2: sagte TRAKT.LIPS: muste PRED: aufflegte, ausweisete, erinnerte, erklerte, liebte, muste, neherte, schmackte, straffte, wolte, wuste; aber: wolt 3. Sg. Konj. Prät. DIAL.1: abhilte, anbrechte, hette, qweme, solte, thete, were; aber: wolt DIAL.2: belonte, diente, fronte, hette, konte, thete, were, wolte TRAKT.LIPS: bezcalte, erbarmete, file, gepere, gehorte, hette, konte, nachqweme, machte, ruffte, saczte, solte, storczte, tribe, were, wolte PRED: qweme, konte, solte, sturbe, thete, vorgriffe, vorschlosse, were, wolte; aber: hett, wolt PRED.ANL: were TRAKT.AM: hette, qweme, konte, solte, vorqweme, were, wolte BRIEFE A–V: bdorffte, erreichte, hette, konte, mochte, solte, were, wolte, wurde; aber: hett
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Imp. Sg. DIAL.1: fare, gibe, gedencke, gehe, hore, sage, stelle, thue, vorgibe, wancke, zceige; aber: glewb, halt, ubereil, vormisch DIAL.2: gebe, gehe, habe, streite, vorstehe, zceige; aber: far, fur ‚führ(e)‘, las TRAKT.LIPS: reine ‚reinige‘ PRED: erbarme, gedencke, halte, hore, schawe, schreibe, sihe, stecke, vorgibe, vorleihe, vorzceihe, weissage; aber: lass, lawff, steig, halt Im Mittelhochdeutschen unterscheiden sich starke und schwache Verben in der Bildung des Imp. Sg.: Die starken Verben bilden die entsprechende Form endungslos, die schwachen Verben mit -e. Diese Trennung ist bei Pflug nicht mehr vorhanden. In DIAL.1 und PRED stehen zahlreiche starke Verben mit Anfügung von -e im Imp. Sg. Einige starke Verben sind endungslos. Die in allen Texten in verschiedenen Verbkategorien überwiegend nicht durchgeführte Apokope tritt auch hier im Imp. Sg. auf.
A3.1.1.6 Apokope beim Substantiv In den Darstellungen zur Apokope beim Substantiv wird spezifiziert nach Genera und vom Dat. Sg. sowie vom Plural-e ausgegangen. Je nach Beleglage in den einzelnen Texten werden weitere Kasus herangezogen. Die Einteilung der Substantive erfolgt in stark und schwach flektierende. Textspezifische Unterschiede sind in allen Genera nicht erkennbar. Auch hier dominiert in Julius Pflugs Schreibsprache die ostmitteldeutsche Tradition. Apokopierte Belege bestehen zwar neben nicht-apokopierten, haben aber in keinem Fall das Übergewicht. Der Kontext der Belege wird nicht angegeben. (zur Ergänzung: s. Glossar) Maskulina Die maskulinen Nomina werden in stark und schwach flektierende eingeteilt. Das Dativ-e im Singular zeigt, dass im Vergleich zur Apokopierung in der Verbalflexion die Apokope wesentlich häufiger gebraucht wird. Dennoch überwiegen die Formen mit -e bei den Maskulina im Dat. Sg. Im Nom. Pl. gibt es kaum apokopierte Maskulina. Ein ausgeglichenes Verhältnis apokopierter und nicht-apokopierter Belege liegt im Nom. Sg. vor. Oftmals sind es schwach flektierende Personenbezeichnungen (z.B. herre, mensche, leihe), die den früheren Lautstand beibehalten und nicht apokopiert werden. Nur einzelne Belege im Akk. Sg. weisen Apokope auf. Dat. Sg. DIAL.1: stark: abschide, anfange, drucke, falle, geiste, gotte, manne, munde, orte, stande, tage, vorsacze, wege; aber: anbegin, auffrur, druck, fal, got, rat, schein, schlag, spruch, teil
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DIAL.2: stark: arme, bestande, vleisse, gotte, munde; stande, stamme, tode, vordinste; aber: fal, geist, gerichtstuel, got, vorsacz, wert; schwach: mensche; aber: mensch TRAKT.LIPS: stark: anfange, bischoffe, ernste, falle, vleisse, gebrawche, grunde, leibe, teile; aber: auffrur, beuelh, gebrawch, got, inhalt, leib, stuel, teil, vordinst; PRED: stark: bestande, geicze, geiste, gotte, grimme, grunde, knechte, krige, leibe, manne, orte, rathe, stamme, stande, tage, tode; aber: bawch, feind, geist, got, inhalt, knecht, kuss, rath, spot, stam; teil PRED.ANL: stark: geiste, gotte, leibe, sonne, tage, wege; aber: bestand, got, kampff, leib, stam TRAKT.AM: stark: bischoffe, ernste, falle, gebrawche, grunde; aber: anfang, gebrawch, schaffstal, teil BRIEFE A–V: stark: abschide, abschlage, anhange, briffe, falle, feinde, gotte, hewptmanne, orte, reichstage, vogte; aber: auffrur, fus, gebrawch, got(t), nachteil, ort Nom. Pl. DIAL.1: stark: bischoffe, lewte, misbrewche, stende DIAL.2: stark: grunde, wege; aber: knecht TRAKT.LIPS: stark: Bischoffe, feiertage, gebrawche, monche, umbstende; aber: gebrawch PRED: stark: feinde, hawswirte, hunde, knechte, wege, zcweige; aber: feind; schwach: felse PRED.ANL: stark: unfalle TRAKT.AM: stark: stricke BRIEFE A–V: stark: briffe, knechte, krige, lewte; aber: punct Nom. Sg. DIAL.1: stark: bischoff, got; schwach: herre, iude, mensche, turcke; aber: mensch DIAL.2: schwach: erbe, glawbe, herre, same; aber: mensch TRAKT.LIPS: stark: gotte; aber: Bischoff, gebrawch, underschid; schwach: erbe, furste, herre, mensche; aber: aberglawb, mensch PRED: stark: hane; aber: beschlus, han, son, spot, stuck; schwach: herre, mensche; aber: herr, mensch PRED.ANL: stark: abschid, got, son; schwach: glawbe, mensche; aber: mensch TRAKT.AM: stark: underricht; schwach: herre, leihe BRIEFE A–V: stark: gotte; aber: Bischoff, rath, reichstag, Stiefft; schwach: herre, churfurste; aber: her, churfurst, marggraff Akk. Sg. TRAKT.LIPS: stark: gotte PRED.ANL: stark: todschlage TRAKT.AM: schwach: fride, unfride
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BRIEFE A–V: stark: amsdorffe; schwach: fride Feminina Apokope bei Lexemen auf Derivationssuffix mhd. -unge wird nicht beachtet, da sich dort die Apokope schon weitgehend durchgesetzt hat. Hingegen werden nicht-apokopierte Belege dieser Art einbezogen, um die Besonderheit der Bewahrung des -e in solchen seltenen Fällen aufzuzeigen. Auf die Angabe der frühneuhochdeutschen Flexionsklassen der Feminina wird verzichtet: Die Belege folgen fast ausschließlich dem Paradigma von sache, -Ø / -(e)n. Die Auflistung der Belege für Gen. Sg. wird ausgespart; sie unterscheiden sich kaum von denen anderer Kasus. Lediglich in den Briefen ist apokopiertes hulff zu finden. Alle anderen Feminina im Gen. Sg. stehen ohne Apokope. Ähnlich vereinzelt wird im Plural der Feminina apokopiert. Die Feminina sprechen deutlicher noch als die Belege der Maskulina für ein eindeutiges Überwiegen der nicht-apokopierten Formen. Dat. Sg. DIAL.1: busse, lare, stelle, straffe, ursache, zcusage; aber: laer, sund DIAL.2: busse, ehere, gabe, gnade, krone, liebe, monchs kappe, rede, scherffe, sele, sorge, sprache, sunde, (un)gnade, ursache, zcusage; aber: bus, eher, laer TRAKT.LIPS: beichte, busse, gnade, liebe, sache, speise, tawffe, ubunge, unehere; aber: ler, rew PRED: busse, erbarmunge, gemeinde, gnade, kirche, lere, liebe, rewe, schule, sele, stimme, stunde, sunde, ursache; aber: bit, sewch, thur PRED.ANL: gnade, vorzcweiffelunge TRAKT.AM: frage, ursache; aber: laer, ursach BRIEFE A–V: beschwerunge, besserunge, bitte, handelunge, hulffe, meinunge, sache, schmide, straffe, unruhe, wahele; aber: bit Nom. / Akk. Sg. DIAL.1: busse, ehere, gnade, hulffe, kirche, liebe, rede, sorge, sunde, todsunde, ursache; aber: laer DIAL.2: busse, gabe, krone, milde; aber: laer TRAKT.LIPS: bitte, busse, ehere, erbsunde, gabe, kirche, masse, ruhe, straffe, tawffe, wahele; aber: bus, mas, rew, ursach PRED: busse, erde, henne, kirche, masse, meinunge, rewe, seele, stete; stunde, sunde, ursache, zcunge; aber: hulff, begird, bus, ehr, sewch, son ‚Sonne‘, sprach PRED.ANL: busse, gnade, hulffe, liebe, schlange, straffe, tawffe; aber: gnad, hulff, leer, rew TRAKT.AM: faer, frage, kirche, liebe, masse, scherffe, unruhe, ursache, weile; aber: far, mas
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BRIEFE A–V: beschwerunge, bitte, gnade, handelunge, herberge, lade, muhe, sache, seite, stete, trennunge, vorhinderunge, ursache; aber: antwort, bit, ehr, hulff, ursach Neutra Die Neutra werden wie die Maskulina in stark und schwach flektierende klassifiziert. Im Dat. Sg. sind die nicht-apokopierten Formen wesentlich häufiger vertreten als die apokopierten, im Nom. Sg. nur gelegentlich, stärker jedoch im Akk. Sg. Die Pluralbildung alter a-stämmiger Neutra wird gesondert behandelt (s. Kap. A3.2.1.3). Apokope kommt in den verschiedenen Kasus im Plural nur mit Einzelbelegen vor, z.B. schaff (Nom. Pl. in PRED und TRAKT.AM). Dat. Sg. DIAL.1: stark: blute, buche; ende; fleische, gebete, gemute, gesecze, heile, mawle, rechte, sacramente, volcke, weibe, werke, worte; aber: blut, buch, fleisch, gesecz, heil, recht, volck DIAL.2: stark: buche, ende, gemute, gerichte, gesecze; aber: buch, ertreich, heil TRAKT.LIPS: stark: ampte, blute, fleische, gemute, rechte, volcke, vordinste aber: heil, iammertal, (un)recht PRED: stark: blute, fleische, gemute, gerichte, geschlechte, gesecze, holcze, kleide; creucze, lobe, reiche, schwerte, unrechte; aber: blut, ertreich, fleisch, heil, creucz, licht, schwert PRED.ANL: stark: fleische, gebete, gemute, volcke, worte, aber: fleisch, heupt, heil TRAKT.AM: stark: gemute, gerichte, rechte, volcke; aber: ergernus, recht BRIEFE A–V: stark: gemute; jare, Cammergerichte, reiche, stiefte; aber: gemut, cappittell, mal, mandatt, ros, stifft Nom. / Akk. Sg. DIAL.1: stark: ebenbilde, gemute, gesecze, gespreche, creucze; aber: blut, gelt, gesprech, schwach: hercze DIAL.2: stark: ende, gebewde, gerichte, gesecze, aber: gebot, gericht, volck TRAKT.LIPS: stark: geschencke, gesecze, hewptstucke; aber: hercz, volck PRED: stark: arge, ende, ertreiche, gefesse, gemute, aber: blut, ertreich, fleisch, gemut, heil, schwert, unrecht, folck, schwach: ore; aber: hercz, or PRED.ANL: stark: gesecze; aber: volck; schwach: hercze TRAKT.AM: stark: (un)recht, regiment BRIEFE A–V: stark: gelt, cammergerichte, stieft, aber: ampt, mandatt
A3.1.1.7 Synkope in den Präfixen be- und geNicht angeführt werden die Beispiele, bei denen sich die Synkope bis ins Neuhochdeutsche durchgesetzt hat: Glaube, gleich, Gleis, Glied, Glück, Gnade, bleiben. Sie sind bei
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Julius Pflug derart gefestigt, dass sie in jedem Fall synkopiert vorliegen. Der Aussage, dass in den meisten Sprachdenkmälern be- bei weitem nicht so oft synkopiert wird wie ge- (Frnhd. Gr. I/1, 42f.), widerspricht der Gebrauch Pflugs, der ein umgekehrtes Verhältnis zeigt, auch wenn „be- in den Texten viel seltener vorkommt als ge-“ (ebd., 42). Zwar könnte die Tilgung des e für direkt oberdeutschen Einfluss gehalten werden.179 Aber da die Zeitzer Kanzleischreiber auch in be- / ge- gelegentlich synkopieren, ist es wahrscheinlich, dass dieses aus dem Oberdeutschen kommende Merkmal schon in die Schreibtradition des Gebiets um Zeitz integriert worden war und Pflug sich somit erneut am damaligen Gebrauch seiner Region orientiert hätte. Dazu stellt Otto (1970, 118) fest: „Die dem Nhd. nicht entsprechenden Synkopierungen stimmen nicht zur Zeitzer Mundart; ohne Zweifel gehen die Schreiber hier über Mundart hinaus und folgen oberdeutschem Schreibgebrauch.“ Zweifellos ist in Pflugs Schreibgebrauch ein „südlicher“ Einfluss vorhanden, aber wohl ein mittelbarer, der den Weg über die Zeitzer Kanzleisprache genommen haben könnte, und kein direkter. Synkope im Präfix beSynkope im Präfix be- ist häufiger bei Verben als bei Nomen oder Adjektiven zu beobachten. Zwar überwiegen die nicht-synkopierten Formen, doch begegnet die Synkope regelmäßig als Sondervertretung, ohne dass sich eine eindeutige Regel erkennen ließe – oftmals bei flektierten Formen der Verben bedürfen, befinden und beschweren bzw. der Nomen Beschluss und Beschwerung. In den oberdeutschen Gebieten, in denen b- selten steht, tritt es häufig vor s und sch auf (Frnhd. Gr. I/1, 43). Das lässt sich anhand flektierter Belege von Beschluss, beschließen, Beschwerung und beschweren nachweisen, hat aber keine volle Gültigkeit in Pflugs Schreibtradition. Es wird hier eine Vielzahl an Belegen für die Synkope angegeben, doch weniger Belege für die unterbliebene Synkope verzeichnet, da die Verteilung klar zugunsten ebendieser ausfällt. DIAL.1: bdencken (V.), bdarff, bdorffen, bfinden, bfunde, bfunden, bfrombdet, bgnadigung, bschweren, bschwert; aber: bedarff, befindet, begnadigung, belangen, beschlossen, beschlus, beschneidet, beschwerung DIAL.2: bdacht (Part. Prät.), bdencken (Subst.), bdarff (3. Sg. Ind. Präs.), (zcu)bfaren (Inf.), bfindet (3. Sg. Ind. Präs.), bfinden (1. Pl. Ind. Präs.), bgabet (Part. Prät.), bgnadet (Part. Prät.), bgnadigung, bgreiffen (3. Pl. Ind. Präs.), bschlus, bstande (Dat. Sg.), bstehen (Inf.); aber: bedencken (Akk. Pl.), bevleissen (1. Pl. Konj. Präs.), belonung, bericht (Akk. Sg.), bescheiden (Adj.), bestehen (Inf.) TRAKT.LIPS: bdacht, bdorffen, bfindet, bfunden, bschwerten; aber: belanged, bericht (V.), besagen, beschweren, bestetigung PRED: bdacht, bdencken, bdarff, buelh, bfele, bfindet, bfunde, bfreihet, bfugt, bgnadet, bsagung, bschlossen, bschwerter, bschwerung; aber: bedorffen, besagung, beschlosse, 179
Vgl. Reichmann / Wegera (1993, 79).
A3.1 Phonologie / Graphematik
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beschlus, beschworung, beschwore PRED.ANL: bdorffen, bschihet, bstehen; aber: belanged, beschwert, bestehen TRAKT.AM: bdacht, bdenckens, bfinde, bsaget, bschlus; aber: bevelen, belanged, beschweren, beschwerung BRIEFE A–V: bdacht, bdencken, bdencke, bdorffen, bdarff, bfaren, bfinden, bfunden, bsonderer; aber: bedancke, bedenckens, beuolen, bescheidt, beschwerunge Synkope im Präfix geDie synkopierten Belege für das Präfix ge- erscheinen im Vergleich zur Synkope in beäußerst selten und sind nur einzeln in den Predigtmanuskripten, der Anleitung zum Predigen und den Briefen belegt, häufig im Partizip Präteritum. Als Beispiele werden nur die synkopierten Formen als Sondervertretungen genannt und auf die nicht-synkopierten verzichtet, da sie eindeutig dominieren. DIAL.2: gnant PRED: gbracht, gfurt, gmacht, gnommen, gpeinigt, gpflanczt, gsagt, gschaffen, gschlagen, gschlossen, gsunth PRED.ANL: gnant BRIEFE A–V: gbracht, gdult, gneigt, gringen, gscheffte, gschwinde, abgfertigt, auffgricht, unangzeigt, vorgnommen / vorgnummen
A3.1.2 Konsonantismus Im Bereich Konsonantismus werden Abweichungen von den Normalvertretungen von mhd. p, t, k, b, d, g und weitere einzelne konsonantische Reflexe betrachtet. Im Vordergrund steht die binnendeutsche Konsonantenschwächung bzw. Merkmale, anhand deren sich das Ostmitteldeutsche vom Oberdeutschen abhebt, z.B. der Wechsel von b und w im Anlaut für mhd. w und mhd. b oder die Vertretung von p im unmittelbaren bzw. inneren Anlaut für mhd. b. Des Weiteren wird Lenisierung in Fällen von -nt / -nd, -lt / ld, -rt / -rd untersucht. Mit den einzelnen Darstellungen werden nicht alle positionsspezifischen Graphien herausgearbeitet, sondern eine Auswahl, die entweder Sondervertretungen oder ostmitteldeutsche und oberdeutsche Charakteristika zeigt. So können als oberdeutsche Einflüsse bei Pflug
für mhd. b, für mhd. w und für mhd. b gelten. Der ostmitteldeutschen Tradition bleibt er bei folgenden Merkmalen verhaftet: mhd. t > d, mhd. d > t, mhd. d > dd, mhd. g > k (Einzelbeleg). Die jeweiligen Beispiele sind als lexemgebundene Schreibungen aufzufassen. Auch was die Lenisierung von nt, lt und rt betrifft, ähnelt Pflugs Verhalten dem im ostmitteldeutschen Gebiet typischen und den in Zeitz üblichen Schreibungen (s.u.).
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A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
A3.1.2.1 Oberdeutsche und ostmitteldeutsche konsonantische Reflexe mhd. p >b Für mhd. p schreibt Pflug äußerst selten b (nur in DIAL.1, TRAKT.LIPS und TRAKT.AM), so wie auch die Zeitzer Kanzleischreiber. „b erscheint selten, und zwar in Wörtern, in denen es bereits in mittelhochdeutscher Zeit üblich ist (...)“ (Otto 1970, 204). Beispiele: DIAL.1: Babst, babstumb TRAKT.LIPS: Babst, Bebsten, Bebstliche (f Nom. Sg.), Babsthumbs TRAKT.AM: Babst, bebstliche (f Akk. Sg.) In den angegebenen Lexemen steht durchgehend b. Gegenbelege mit p gibt es nur in der Schreibung papisten, die mehrmals im Dialog zu finden ist. mhd. t > d Beispiele für Lenes liegen als Einzelbelege im Partizip Präteritum des Verbs leiden und erleiden bzw. der adjektivisch verwendeten flektierten Form vor. Auch an dieser Stelle scheint Pflug sich nach der Zeitzer Tradition zu richten. Der Zeitzer Schreiber Hoffeman hat im Inlaut nach Vokal nur einen einzigen Sonderfall für d: erlieden (vgl. Otto 1970, 168). Die Briefe Pflugs enthalten einen Einzelbeleg für d in dechant. Da ist Einfluss des lat. decanus anzunehmen (vgl. Otto 1970, 177). Konsonantenschwächung im Anlaut ist bei den Zeitzer Kanzleischreibern genauso selten wie bei Julius Pflug. DIAL.1: erliden DIAL.2: erliden PRED: geliden, erliden, erlidenen BRIEFE A–V: Thumbdechandt mhd. k > g „Zeitz liegt im Gebiet der binnendeutschen Konsonantenschwächung (...). Der Schwächungsvorgang reflektiert bei allen Schreibern: Handwergs, merglich, kalge, geschwengtt.“ (Otto 1970, 144) Ein ähnliches Bild liefern die Autografe Pflugs. Schwächung erfolgt u.a. lexemgebunden stets in merglich und gelegentlich in wirglich (nur im Dialog). DIAL.1: merglichen, wergzcewg, wirglich, wort zcang; aber: (vor)mercken, werck, wircklichen, zcancken, zcancks DIAL.2: merglich, mergliche TRAKT.LIPS: merglich, merglichen; aber: zcuuormercken BRIEFE A–V: merglich; aber: (vor)mercken
A3.1 Phonologie / Graphematik
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mhd. b > p Einfluss der ostoberdeutschen Schreibtradition liegt in den p-Schreibungen vor, die zu Pflugs Zeit im Ostmitteldeutschen gebräuchlich waren.180 Otto (1970, 211) belegt sie auch für die Zeitzer Kanzleischreiber, wo jedoch b dominiert. Regelmäßigkeiten für die Verwendung von p könne er nicht erkennen, außer der konsequenten Anwendung nach Vorsilbe ent-. Zwar trifft dies auch bei einigen Belegen mit Vorsilbe ent- bzw. nach -t in den Texten Pflugs zu, doch lassen sich für die gelegentlichen Schreibungen von p hier genauso wenig Regeln aufstellen. Mit Ausnahme von TRAKT.AM zeigen alle Texte Pflugs diese oberdeutschen Einflüsse. Gegenbelege mit b für die jeweiligen Lexeme finden sich in u.a. bleiben, dinstbote, gebot und binden, nicht jedoch in augspurgisch (aber stets regensburg(isch) in DIAL.1). DIAL.1: augspurg, augspurgische, dinstparkeit, geperen, (zcu)pleiben, pleibe, pleibet, widergepiret DIAL.2: augspurgische TRAKT.LIPS: entpunden, gepere, pinden (in zcum pinden), PRED: dinstparkeit, dinstpoten, entplossen, entplosset, entplossung, geprewchlicher, nachparn PRED.ANL: gepoten BRIEFE A–V: nachparn, pergen, Wirczpurg mhd. d > t Lexemgebunden an verderben, erdenken (selten), Erdichtung und (er)dichten steht t statt d. Nur in den Predigtmanuskripten gibt es Belege dieser Lexeme, die d aufweisen. Otto (1970, 182f.) nimmt für diese t-Schreibungen oberdeutschen Einfluss oder im Falle von vorterben die Verwechslung mit einem sinnverwandten Wort an. Gegen Verwechslung, aber für die bewusste Wahl der t-Graphie spricht der Beleg mit d (vorderblichen) in den Predigten. Es sollte eher von mittelbarem „südlichen“ Einfluss gesprochen werden, da diese Formen im ostmitteldeutschen Gebiet schon verbreitet waren (vgl. Bentzinger (1972, 83 und 1973, 89f.), Suchsland (1968, 117)). DIAL.1: ertichten, ertichtung, getichten, vorterben, vorterbe, vorterbten DIAL.2: vorterbe TRAKT.LIPS: ertichten, vorterbet PRED: ertachten, ertichtungen, vorterben, vorterbten; aber: erdacht, vorderblichen PRED.ANL: vorterbet, vorterblich TRAKT.AM: vorterb BRIEFE A–V: vorterben
180
Vgl. Reichmann / Wegera (1993, 84).
80
A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
mhd. d in notdurft In keinem Beleg ist in notdorfft oder (un)notdorfftig(lich) d zu t assimiliert, wie es teils bei den Zeitzer Kanzleischreibern auftaucht (Otto 1970, 182). Bei ihnen stehen assimilierte neben nicht-assimilierten Formen. DIAL.1: notdorfft, notdurfft, notdorfftigen, unnotdorfftigs DIAL.2: notdorfft, (un)notdorfftig TRAKT.LIPS: notdorfft, notdorfftig PRED, PRED.ANL: notdorfft TRAKT.AM: notdorfft, notdorfftig(lich) BRIEFE A–V: notdorfft, notdorfftiger, notdorfftiglich mhd. d > dd Für das Digraph dd gibt es nur drei Belege in widder- im Dialog und ein einzelnes wortgebundenes Beispiel in den Briefen, nämlich: DIAL.1: widder, widderfechten, widderwertige BRIEFE A–V: fedder Dieses (ost)mitteldeutsche Merkmal schlägt sich bei Julius Pflug nur gering bzw. fast gar nicht nieder. mhd. g > ch Im ostmitteldeutschen Gebiet wurde der Plosiv g intervokalisch oft zur Spirans ch (Otto 1970, 147).181 Dies lässt sich am Lexem einig in den Texten Pflugs nachvollziehen. Die Spirans steht in wenigen Belegen auch im Auslaut. In TRAKT.AM und den Briefen herrscht alleiniges Vorkommen der Spirans in einig; in allen weiteren Texten ist das Verhältnis zwischen Reibelaut und Plosiv ausgeglichen: DIAL.1: einich, einiche, einig(e) DIAL.2, TRAKT.LIPS, PRED: einiche, einig TRAKT.AM: einich(e) BRIEFE A–V: einiche Es wird syntaktisch differenziert, entsprechend der Verteilung der Spirans auf das Pronomen und des Plosivs auf das Adjektiv. Für das Pronomen stehen insgesamt in allen Texten 20 Belegen mit Spirans drei Belege mit Plosiv und für das Adjektiv einem Beleg mit Spirans 14 Belege mit Plosiv gegenüber.
181
Vgl. Reichmann / Wegera (1993, 99).
A3.1 Phonologie / Graphematik
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mhd. g > k in ‚gegen‘ Im 16. Jahrhundert wird für mhd. g in gegen im ostmitteldeutschen Gebiet, speziell auch in der Zeitzer Gegend, anlautend k verwendet. Dafür gibt es bei Julius Pflug jedoch nur einen einzigen Beleg in den Briefen: kegn. mhd. w > b und mhd. b > w Im Anlaut ist in DIAL.1, TRAKT.LIPS und PRED.ANL für mhd. w gelegentlich b bezeugt. Dies geschieht im Gegensatz zu den Traditionen der Zeitzer Kanzleisprache: „b statt w erscheint in diesen Positionen niemals.“ (Otto 1970, 225). Bei Julius Pflug sind die Schreibungen gebunden an die Lexeme wucher und wasser. Belege für mhd. b > w liegen in backen (in DIAL.1: wacken) und in bist (in DIAL.1: wist) vor. Zwar sind dies direkt „südliche“ Charakteristika, die im ostmitteldeutschen Gebiet keine oder nur geringe Verbreitung gefunden hatten, doch ist die kleine Anzahl der Belege mit Wechsel von w-b in Pflugs Texten zu beachten. Kettmann (2003, 256) beobachtet, dass exterritoriale Varianten weitestgehend nicht verwendet werden, doch hin und wieder doch auftauchen. Nur für einen Schreiber kann er obd. b für w in zwei Belegen festhalten. mhd. w > b DIAL.1: basser, bucher, bucherer, wacken; aber auch: wasser, wucher, wucherer, wuchern, gebacken TRAKT.LIPS: bucher PRED.ANL: basser mhd. b > w DIAL.1: wist (2 Belege); aber sonst stets bist für die mhd. Phonemfolge /mb/ Als vorrangig oberdeutsche Graphie gilt für die mhd. Phonemfolge /mb/, nicht zu verwechseln mit der Einfügung von b nach m vor u.a. Dental (z.B. kombt, frembd) oder s (z.B. kambst). Pflug schreibt mit der Ausnahme eines Lexems stets in folgenden Belegen (betrifft alle untersuchten Texte): dorumb / darumb, hirumb, lamb, lemblein, umb (-gehen, -keren, -kommen, -kreis, -schlag, -schweiffen, -sonst, -stehend, stossen), umbher, widerumb, wurumb. Nur lexemgebunden vor b erfolgt Assimilation in: umbringen. Je drei Mal ist das ge-lose Partizip umbracht und der Infinitiv umbringen belegt, hingegen nur je einmal umbbracht bzw. umbbringen. Otto (1970, 240) vermerkt nur für einen Zeitzer Schreiber in umb und dorumb. Bei Luther hat diese Schreibung u.a. auch in darumb. Lenisierung Lenisierte Formen gebraucht Pflug am häufigsten in unter bzw. in Derivationen mit unter-. Selten steht -ld gegenüber -lt und -rd gegenüber -rt. Im Ostmitteldeutschen blieb
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A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
d in ld und nd erhalten, sodass erst im Laufe des 16. Jahrhunderts lt-Schreibungen auftraten.182 Eine ähnliche Tendenz zeigte sich bei den nt-Schreibungen (Reichmann / Wegera 1993, 94). Julius Pflug schreibt in Formen von halten sowohl lt als auch ld, doch stets lt in alte(n), lenisiert im Komparativ und substantivierten Superlativ elder, Eldeste. Das Dentalsuffix der Ordinalzahlen weist in DIAL.1 und PRED ebenfalls d auf. Die Belege erlauben einen Anschluss an Otto (1970, 178): „ld / nd / rt spiegeln (...) mitteldeutsche Lautverschiebungsverhältnisse wider“, doch – die lenisierten Formen in unter ausgenommen – ist die Anzahl der Belege mit -ld und -nd gering. DIAL.1: elder, eldern, erhalden, (da)hinden, hinder, sibende, under, undereinander, underschidlich, vierde; aber: alte, eltern, halten, konte, miltern, milterungen, solte, unter DIAL.2: helden, underrichtet, underste, underthanen, underworffen; aber: alten, eltern, gehalten, hilten, konte, solten TRAKT.LIPS: Eldesten, underenander, undergeben, underricht, underscheiden, underschidlich, vorbeheldet; aber: alten, eltern, erhalten, konte, konten, solte, undter, unterscheid PRED: Eldesten, konden, newnde, unden, under, underlest, underschidlich, underweilen; aber: alten, auffhalten, eltern, Eltesten, wolten PRED.ANL: halden, underlas, underrichten, underschidlich, vierden; aber: alten, halten, konten TRAKT.AM: under, underlassen, underricht; aber: gehalten, konte, wolte BRIEFE A–V: heldeten, hindergang, under, underschriben, underthan, undertenigst; aber: alten, halten, konte, unter
A3.2 Morphologie Flexions- und wortbildungsmorphologische Charakteristika der Schreibsprache Pflugs werden selektiv bezüglich Differenzen zwischen dem Ostmitteldeutschen und dem Oberdeutschen und zur Beurteilung der Stellung der Schreibsprache Pflugs in ihrer Zeit untersucht. Im Bereich Flexionsmorphologie finden neben einigen die Substantive betreffenden Kategorien verstärkt Verben Beachtung, während unter Wortbildungsmorphologischem die Adjektiv- und Diminutivsuffixe, das Präfix ver- und das Suffix -nis behandelt werden.
182
Vgl. auch Kettmann (2003, 255).
A3.2 Morphologie
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A3.2.1 Flexionsmorphologie A3.2.1.1 Reflexivpronomen im Dat. Sg. / Pl. Für das Reflexivpronomen benutzt Pflug in allen untersuchten Texten im Dat. Sg. / Pl. dominierend eindeutig das Personalpronomen der 3. Person. Nur in einzelnen Belegen in DIAL.1, PRED und den Briefen steht reflexives sich statt im(e), ir, inen. Auch wenn sich die unten angegebenen Belege in der Anzahl für beide Vorkommnisse kaum unterscheiden, so dominieren doch im(e), ir und in(en). Es wird ein repräsentativer Ausschnitt der Belege für im(e), ir, in(en) dargestellt. Die Belege für sich hingegen werden nahezu ausnahmslos aufgeführt, um damit u.a. dessen vorrangiges Auftreten nach Präpositionen zu belegen (Frnhd. Gr. VII, 176). Auffallend ist die häufige, nahezu formelhafte Wendung des Typs: (flektierte) Form von sein + Präp. an + ir / im(e) / in(en) selbst / selber + Adj. Im Mitteldeutschen setzt sich sich im 16. / 17. Jahrhundert als die häufigere Variante durch; im Nordoberdeutschen und Ostoberdeutschen bleibt es auch im 17. Jahrhundert noch ungebräuchlich (Reichmann / Wegera 1993, 215). „Im Md. ist sich im Dativ im älteren Frühneuhochdeutschen stärker vertreten als im Obd.“ (Frnhd. Gr. VII, 175). Besch (1967, 295f.) zeigt mit einem Beleg vom Ende des 14. Jahrhunderts, dass die Konkurrenz von reflexivem sich und im(e) älter ist, als angenommen. Luther war dem Mittelhochdeutschen noch näher als dem späteren Neuhochdeutschen und verwendete nur nach Präpositionen öfter ein dativisches sich. Genau dieses Verhalten spiegeln die Autografe Pflugs wider, die an dieser Stelle eher den „südlichen“ Gegebenheiten verhaftet bleiben. im(e), ir, in(en) DIAL.1: Darumb mogest due wol bekennen, welchs an ime selber unlewcbar ist (fol. 4rf.); und heldet nun diese meine meinung gegen der ewren. und sehet, welche wegerer, fruchtbarer und an ir selber christlicher sei (fol. 84r); so sal doch derhalb keiner sich in ime selbst erheben (fol. 101r); und wie wol dis sacrament an im selbst nit notwendig wie die heilige tawffe, so ist es gleichwol fruchtbar (fol. 133r); wie den das die dinge, so des naturlichen rechtens seind, an inen selbst unwandelbar (fol. 177v); ich secze die kirchen saczung und ordenung dem gesecze gots nit gleich, dan ob ich gleich wil, das sie nit vorachtet sollen werden, so zcihe ich sie doch nit an, als seind sie an inen selbst und irer art nach zcum heil vonnoten (fol. 208r) DIAL.2: und es dahin bringet, das sich der mensch nit in ime selber ader in seinen vordinsten, sondern alleine in den vordinsten christi rhumet (pag. 20); sal er sich nach den obangezceigten grunden und regeln unsers christlichen glawbens in ime selbst demutigen (pag. 62) TRAKT.LIPS: ein solcher sol auch ermanet und getriben werden, das er dis fals ime selber zcu trost sich mit seiner beicht an die schlussel der kirchen halten (pag. 16); welche nach gebrawch der kirchen darneben und an in selber gut seind, gehalten wer-
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den, (pag. 22); aber wie deme, ob es gleich nit vonnoten, solt es dennoch gut sein, das irer viel bei der messe communierten inen selbst zcu heil (pag. 29); solchs were an im selber gut (pag. 41) PRED: er hat andern lewten geholffen, er helffe ime nun selber, ist christus der erwelte gots. (pag. 58); ie grosser nun und herlicher die gerechtikeit christi an ir selber ist (pag. 127); dan also schreibt der heilige paulus von im selbst, Ich zceme meinen leib und mache mir den undertenig, auff das (pag. 142) PRED.ANL: ist erstlich die busse zcupredigen also, das der mensche im seine geubte sunde las leit sein (pag. 215); und in summa die werck und die ubungen darinnen machen den menschen an im selber frummer und gerechtfertigter (pag. 221) TRAKT.AM: das ein ide newerung betrubet, ob sie gleich an ir selber fruchtbar ist, in massen (pag. 10); das sein gewissen in fellen, so an inen selber frei stehen, dadurch vorleczet werden (pag. 13); weil das ihenige, des sie begeren, an im selber nit unrecht ist (pag. 14) BRIEFE A–V: und stelle in keinen zcweiffel, Ewer erwirden werden ir das arme stifft lassen bevolen sein; haben doch solchs wenig lewte geglewbet in betrachtung, das mein vorbringen fast an im selber notorium und zcu rechte fundirt ist. sich DIAL.1: Ich habe einen kant aus ewrem hawffen, der hat newen weiber genommen. Jaget die leczte von sich und wolt die zcehende auch nemen, ungeachtet ob der vorigen seiner weiber noch drei lebten (fol. 18v); ia, es kan keiner got angeneme werden, so lange er den alten adam mit seinen bosen begirden nit von sich leget und den newen adam anzceuhet (fol. 77v); diese wort, weil sie gebitlich seind, bringen sie ein gebot mit sich (fol. 162v) DIAL.2: zcu deme, das der glawbe, welcher die liebe nit bei sich hat, nit lebendig sein kan (pag. 24); die ernewerung des heiligen geists, welche die qualitet der heiligung mit sich bringet (pag. 31); ia, da es der pabst von ime haben wolte, er nit alleine die mochs kappe wider an thun, sondern nach eine kappe uber die, welche er von sich gethan anzcihen (pag. 47); seinem vater zcudancken und sich nit in sich selbst, sondern alleine in seines vaters geneigten willen zcurhumen hat (pag. 84) PRED: Da nun Iudas zcu sich hatte genommen die rotte und der hohen priestere und phariseer dienere (pag. 3); Nun wollen wir sehen, was die passion unsers hern christi weiter mit sich bringet (pag. 17); also gehet es allen, die sich in sich selbst auffblehen (pag. 20); Weil nun die Juden solchs aus sich selbst nit erkanten (pag. 29); sie haben meine kleider under sich geteilet, (pag. 52); und von der stunde an name sie der Iunger zcu sich (pag. 57); das er seine seele mocht von sich legen, die auch wider zcu sich nemen (pag. 91) BRIEFE A–V: das er hern Caspar wol bei sich leiden mochte; wollet auch bei den gehorsamen personen unserer kirchen vleis ankeren, das sie die vordechtigen personen von sich thun; auch Ir wesen dermassen anstellen, das sie den lewten nit ergernus ge-
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ben, den man solte sonst Iret halber leicht zcu deme, welchs sie bei sich haben, zcugreiffen, weil man iczo hin und wider gelds bdarff.
A3.2.1.2 Genuswechsel der Substantive Die Suche nach einer „unikausalen Erklärung“ (Frnhd. Gr. III, 269) für den Genuswechsel muss scheitern. In Pflugs Texten weisen einige Lexeme schwankendes Genus auf. Die von Besch (1967) für einzelne Lexeme herausgestellten regionalen Unterschiede werden an den vorliegenden Beispielen überprüft. Für einzelne Lexeme und Lexemgruppen können die Genusschwankungen notiert und ihre regionale Verteilung im Anschluss an Besch (1967) differenzierter eingeordnet werden. die andacht Genau wie die eindeutige Mehrzahl der femininen Belege bei Besch (1967, 240f.) erscheint andacht bei Julius Pflug einmal feminin und einmal unbestimmt. Lediglich im ostalemannischen Gebiet fand Besch die maskuline Verwendung und erklärt sie entweder mit dem Vorliegen einer Reliktlandschaft oder einer Sonderentwicklung. Pflugs Verwendung des femininen Genus steht in der gesamtdeutschen Tradition: DIAL.1: wie aber mit ewren getichten wercken, die von got nicht gebotten und ir aus eigener vormeinter andacht vornemet (fol. 112v) PRED: Nun kommen wir zcum tode christi, davon wollet die heiligen euangelisten mit vleisse und andacht anhoren (pag. 90) die sonne Da Beschs (1967, 244f.) Befunde zu zeigen scheinen, dass im 16. Jahrhundert die maskuline Form kaum noch auftritt, ist zu erwarten, dass in Pflugs Texten ausschließlich die feminine Form herrscht. Das bestätigen die insgesamt drei Belege für sonne / son. PRED: das die sonne iren schein der welt enzcoge zcum ubernaturlichen zceichen (pag. 98); und die son vorlor iren schein (pag. 87) der tranck Im 16. Jahrhundert existieren Maskulinum und Neutrum nebeneinander. Die neutrale Form hält sich am längsten im Oberdeutschen (Besch 1967, 252f.). tranck erscheint bei Pflug als Einzelbeleg mit maskulinem Genus. PRED: damit christus, der newe adam, durch sein leiden und sterben den abtrag vor alle unsere sunde auffrichte, so hat den herben und bittern tranck, ob er ime gleich undinstlich, ia beschwerlich war, auch schmecken wollen (pag. 44)
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die zeit Selten belegt ist das zit bei Besch (1967, 247f.) und die wenigen Neutra, die es gab, sind im oberdeutschen Gebiet anzusiedeln. Pflug verwendet konsequent das feminine Genus. DIAL.1: zcu einer andern zceit wollen wir von den dingen weiter reden und las uns daruber weg gehen. (fol. 5r) TRAKT.LIPS: damit die spaltung, welche uns deuczschen zcu diser zceit am zceitlichen und ewigen unausprechlichen schaden zcufuget, auffgehoben (pag. 1) PRED.ANL: aber solcher eingegossener glawbe reget sich zcur wircklikeit allererst zcu seiner zceit (pag. 226) die tawffe Die feminine Form setzt sich, ausgehend vom mitteldeutsch-niederdeutschen Gebiet zusammen mit dem Südosten, gegen die vorrangig südwestliche maskuline Form durch (Besch 1967, 251f.). Bei Pflug steht ausschließlich das Femininum. DIAL.1: sonst wolte nun solche tawffe vonnoten sein (fol. 35r) TRAKT.LIPS: ader aber nach emphangener tawffe (pag. 2) PRED.ANL: wil ich von der tawffe anheben (pag. 224) die / der gewalt In Beschs (1967, 249f.) Material des 15. Jahrhunderts konkurrieren die maskuline und die feminine Form noch miteinander. Auch Luther kennt beide Formen, tilgt aber später die maskuline. Beide Genera bei Pflug in ausgewogenem Verhältnis bestätigen Beschs Ergebnisse für das 16. Jahrhundert, in dem sich an der landschaftlichen Verteilung bzw. der / die gewalt nicht viel ändere. DIAL.1: wer hat nun Luther den gewalt gegeben, das er das gesecze gots mochte auffheben (fol. 22r); und weil dem priester nit alleine die gewalt auffzculosen, sondern auch zcubinden gegeben (fol. 137r); und ime darzcu den gewalt gegeben (fol. 138v); und nachdem die priester in der gewalt des bischoffs sein sollen (fol. 171r) PRED: an dem sie recht hatten, iren gewalt vorloren (pag. 8); wolten den vorgenommenen unrechten gewalt mit gewalt weren (pag. 14); hette er alle menschliche gewalt zcu boden schlagen konnen (pag. 15); so hat es seinem gotlichen rathe nach solchs durch den weg seiner gewalt, (pag. 118) Weitere (wenig frequente) Wörter, die in den Autografen Pflugs schwankendes bzw. vom Neuhochdeutschen abweichendes Genus aufweisen, sind folgende:
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der / die armut:183 geburet dem armut (TRAKT.LIPS, pag. 41) der Laborinth:184 Wir komen in ein wusten Laborinth (DIAL.1, fol. 4v) die / der pracht:185 und sich seines keiserlichen prachts entewssere (DIAL.1, fol. 213bv); alleine eine weltliche und eusserliche pracht sein (PRED, pag. 28); solte sein reich zcum gewalt und pracht in der welt auffrichten (PRED, pag. 69); solte das reich ires vorhofften Messias nichts anderes dan ein weltlicher pracht und gewalt sein (PRED, pag. 70) der / das vortrawen: sondern alleine das vortrawen auff die werck schlahen wir darnider (DIAL.1, fol. 12r); und stellet aus solchem gefasten glawben seinen vortrawen in got (TRAKT.LIPS, pag. 4); und on die hoffnung und das vortrawen in sich selbst in der hoffnung und vortrawen auff christum (PRED, pag. 80); und stellet sein vortrawen in in (PRED, pag. 79) der wergzcewg:186 als der rechte wergzcewg des tewffels erreget (DIAL.1, fol. 12r) Am Material wurde Molz’ Ergebnis für eine regionale Verteilung der femininen und maskulinen Substantive auf -nis bzw. -nus überprüft. Molz (1906, 301f.) belegt für das Oberdeutsche eine Dominanz der Feminina (50 Belege gegenüber 2 Neutra), wohingegen im Ostmitteldeutschen 34 Neutra 17 Feminina gegenüber stünden. Würden Molz' Ergebnisse für stichhaltig angesehen187, ergäbe sich für die Verhältnisse in Pflugs Texten eine Tendenz zur ostmitteldeutschen Tradition. Die Neutra überwiegen dort. Konkurrierende Formen gibt es bei erkentnus /-nis, finsternus, gedechtnus, vordamnus, wobei die Neutra bei finsternus und gedechtnus häufiger auftreten als die Feminina. Ausgeglichen ist das Verhältnis bei erkentnus. Das Femininum hat einen wesentlich größeren Anteil bei vordamnus. Ausschließlich Feminina sind betrubnus und wustenis. Nur als Neutra erscheinen ergernus, bewegnus, geheimnus, gezcewgnus, gleichnus, zcewgnus. Neutra wie viel findet man under euch, die vor sich selbst und aus eigenem bewegnus fasten und ir fleisch todten und mortificiren? (DIAL.1, fol. 25v); und so gibet solcher salbung Tertullianus, der alte lerer der kirche, gar ein schon zcewgnus (DIAL.1, fol. 135v); nach dem euangelischen gleichnus (TRAKT.LIPS, pag. 7); und nachdem ein ider ane das schuldig ist, sich in deme ergernusse zcuuormeiden (TRAKT.LIPS, pag. 38); und nach183
Vgl. Frnhd. Gr. III, 273ff. und Reichmann / Wegera (1993, 175): armut sowohl feminin als auch maskulin. 184 Vgl. Reichmann / Wegera (1993, 175): labyrinth auch maskulin. 185 Vgl. Frnhd. Gr. III, 274 und Reichmann / Wegera (1993, 175): pracht sowohl maskulin als auch feminin. 186 Vgl. Frnhd. Gr. III, 271ff. 187 Frnhd. Gr. III, 279: „(...) klare regionale Verteilung, die sich am Korpusmaterial nicht nachvollziehen läßt.“
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dem das geheimnus icztberurtes leidens christi (PRED, pag. 6); was vor ein gezcewgnus sagen die wider dich? (PRED, pag. 24) Feminina: dero wir uns in aller unserer unuolkommenheit, betrubnus und anfechtung zcutrosten haben (DIAL.1, fol. 87r); gleicherweis wie moses hat erhoben die schlange in der wustenis (PRED.ANL, pag. 217) schwankend: das thuet zcu meinem gedechtnus (DIAL.1, fol. 142v); von bosen aber und unwirdigen zcum vordamnus (DIAL.1, fol. 146r); sondern wollen es mehe zcu irer erkentnis und nachlassung gestelt haben (TRAKT.LIPS, pag. 2); und dadurch zcur vordamnus vorleitet werde (TRAKT.LIPS, pag. 6); aber das ist Ewre stunde und die stunde der finsternus (PRED, pag. 17); und wurde durch dis unnaturlich finsternus ein erschrocklich zceichen gegeben (PRED, pag. 88); item das gesecz ist ein erkentnus der sunde (PRED.ANL, pag. 223); meines hern seliger gedechtnus (BRIEFE)
A3.2.1.3 Nom. / Akk. Pl. ausgewählter a- / ja-stämmiger Neutra und die Pluralflexive -er + -e Im Frühneuhochdeutschen breitet sich im Zuge der Numerusprofilierung der er-Plural immer weiter aus und dringt auch in die Paradigmen der a-stämmigen Neutra ein. In folgenden Lexemen konkurrieren mehrere Pluralformen in Pflugs Autografen – meist der alte endungslose Plural gegenüber dem e-Plural: ding – dinge, land – lande, stuck – stucke, werck – wercke, wort – worte, kleider – kleide, kinder – kindere. Das Nebeneinander des -e / -ø-Plurals weist im Frühneuhochdeutschen eine regional bzw. schreibschichtlich geprägte Variabilität auf, da der e-Plural im Oberdeutschen durch die Ausbreitung der Apokope verdrängt wurde, im (Ost-)Mitteldeutschen jedoch am häufigsten auftrat.188 Pflug schließt sich weder dem Oberdeutschen noch der mitteldeutschen Tradition an. Eher handelt es sich wohl um lexemgebundene Schreibungen. In werck und wort wählt er überwiegend den endungslosen Plural, in dinge den e-Plural und in stuck(e) und land(e) lässt die geringe Anzahl der Belege und deren gleichmäßige Verteilung keinen Schluss auf eine regional motivierte Entscheidung zugunsten einer Form zu.189 Er bedient sich oft des ursprünglichen Flexionsmusters der a-stämmigen Neutra, wenn auch der e- bzw. er-Plural zum Teil übertragen wird und innerhalb verschiedener Paradigmen Schwankungen zwischen alter und neuer Flexion bestehen. Dieses konservative Verhalten und das Schwanken ist auch für Lexeme belegt, die im Neuhochdeutschen mehrere Pluralformen, oft mit semantischer Differenzierung, zulassen: wort,
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Vgl. Frnhd. Gr. III, 172. Für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts gibt das Korpus der Frühneuhochdeutschen Grammatik keinen e-Plural der a-stämmigen Neutra im Oberdeutschen an. Im Thüringischen und Obersächsischen überwiegen die ø-Belege ebenso, auch wenn der e-Plural zunimmt. Vgl. Frnhd. Gr. III, 186.
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ding, stuck. Nicht in diese Reihe passt werck. Hier könnte der endungslose Plural als Analogie zu den genannten Lexemen gewählt worden sein. die ding – die dinge Es dominiert e-Plural gegenüber ø-Plural sowohl im Nominativ als auch im Akkusativ. Im 15. Jahrhundert sei die ursprüngliche Flexion bei ding noch viel stärker gewahrt als bei buch und wort (Besch 1967, 266). Pflug hat schon oft die neuhochdeutsche Pluralbildung. DIAL.1: ist der streit zcwischen euch umb geringe ding (fol. 3r); inmassen ich die dinge gestern nach der lenge ausgefuret habe (fol. 97r); die dinge seind numer genugsam erkleret, (fol. 97v); diese ding schreibe ich euch (fol. 115r) PRED: durch welchen alle dinge gemacht weren (pag. 100); darinnen alle ding stehen (pag. 118) BRIEFE A–V: die dinge werden sich nach allenthalb zcur besserunge schicken; In summa alle ding zciehen sich fast zcum aussersten vorterben deuczscher Nacion. die land – die lande Für beide Formen existiert im Nominativ nur ein Einzelbeleg. Im Gen. Pl. gibt es drei Belege für lande. DIAL.1: mehe christliches vortrawen zcu den inwonern der frombde lande (fol. 219r) TRAKT.AM: dan nachdem die anstosenden lande sampt iren fursten (pag. 5); wie man nun zcur zceit dem leihen dieser lande weren moge (pag. 6) BRIEFE A–V: das (...) diese land zcum forderlichsten wider in ruhe und fride kummen mogen. die stuck – die stucke Die Predigtanleitung enthält einen Beleg für stuck und einen für stucke, jeweils im Nominativ Plural. Im Akkusativ liegt ein Beispiel für stucke in den Predigtmanuskripten vor. PRED: der vorhang im tempel (schreibet matheus) zcereis in zcwei stucke (pag. 94) PRED.ANL: aber iczo wollen wir die selbwesenden stucke der tawffe zcu gemute furen (pag. 227); solche zcwen stuck seind vonnoten zcur tawffe (pag. 227) die werck – die wercke Die dominierende Pluralform dieses Lexems ist werck. e-Plural tritt nur vereinzelt in TRAKT.LIPS auf.
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DIAL.1: gute werck seind zur seligekeit schedlich (fol. 10v); stellen das auf ire werck und vordinst (fol. 96r); das die werck nit nach irem wert belonet werden (fol. 110v) PRED.ANL: und ist eben sorglich, die guten werck bis auff die leczte stunde zcusparen (pag. 219f.); und in summa die werck und die ubungen darinnen machen den menschen an im selber frummer (pag. 221) TRAKT.LIPS: das die guten wercke dem glawben in gotte zcu seiner zceit volgen mussen, (pag. 6); das ime vonnoten, gute werck zcuthun (pag. 7); Iesu christi, der auch diese werck in den seinen wircket (pag. 9); und mogen an in die wercke, so vor got gelten, keines wegs auch vorgenommen und volbracht werden (pag. 12) die wort – die worte Einen Einzelbeleg mit e-Plural ausgenommen, steht sonst im Nominativ und Akkusativ Plural ausschließlich wort. Ähnlich wie Pflug verhält sich Luther und hemmt damit die Verbreitung des er-Plurals in wort (Besch 1967, 264). Besch belegt die Dominanz des endungslosen Plurals noch für das 15. Jahrhundert. Offensichtlich orientiert sich auch an dieser Stelle Pflugs Gebrauch an dem seiner Zeit. DIAL.1: ob gleich die wort christi darob gesprochen werden (fol. 36v); und wan die wort, das ist mein leib (fol. 144r); ia solche worte werden ler abgangen und ire wirckung nit gehabt haben (fol. 161v) PRED: melden die folgenden wort christi (pag. 15); und haben die worte ungeferlich diese meinung (pag. 88); der herre, gebrawcht alhie die wort (pag. 88) PRED.ANL: das seind die eingesaczten wort (pag. 227) TRAKT.AM: alsbalt die wort (...) gesprochen werden (pag. 25) BRIEFE A–V: den welcher massen man auff unsere wort achtung gibet die kleider Im Akk. Pl. ist fünf Mal kleider belegt. PRED: zereisst daruber seine kleider (pag. 30); namen sie seine kleider und machten vier teil (pag. 52); sie haben meine kleider under sich geteilet (pag. 52) die bucher / die glieder buch und glid flektieren mit dem er-Plural. Für glider existieren keine Nom.- / Akk.Belege. Nach Besch (1967, 257ff.) hat sich der er-Plural in buch(er) im 15. Jahrhundert fast durchgesetzt. Der Plural von glied kann in diesem Jahrhundert endungslos, durch -e oder -er gebildet werden. DIAL.1: wie seine bucher zcewgen (fol. 42v) PRED.ANL: welcher in ubung seiner glider daran etwas vil stercker und krefftiger wirt (pag. 221)
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Plural des Typs -er + -e (bei Neutra) Selten ist bei Pflug im Nom. und Akk. Pl. -er-Plural + -e belegt. Es überwiegen die -elosen Formen. Für folgende Neutra ist die doppelte Markierung durch -er und -e gebräuchlich: emptere, gemutere, grebere, volckere, weibere. Zahlreich vertreten sind solche Formen besonders im Nordmitteldeutschen (Frnhd. Gr. III, 214). DIAL.1: die iczo auff dem schlag bei leben ires ersten weibs andere weiber nemen (fol. 17r); damit sie ire kindere zcu christlicher zcucht und casteiung des fleischs anbrechte (fol. 25r); das die glewbigen eltern glewbige kinder geperen (fol. 35v); sondern auch under den persern nach statliche Bischoffe und volckere siczen (fol. 45r); dan da findet gar viel grosser volcker die gots wort annemen (fol. 45v); welcher ungeweihet ist, diese empter fruchtbarlich ausrichten kan (fol. 170v); und das sich keiner in die geistlichen emptere der kirche eindringe (fol. 170v) TRAKT.LIPS: mogen neben geburlichen gots dinste vil kindere wol und christlicher weise erzcogen werden (pag. 42) PRED: desgleichen auch ire auffgeblassensten gemutere (pag. 69); das sich die grebere aufftheten (pag. 100); es stunden aber alle seine vorwanten von ferne und die weibere (pag. 101); also das von natur kindere des zcorns seind (pag. 112); das wir kinder gots (...) werden (pag. 142) PRED.ANL: das es ire kinder und nachkummenden am zceitlichen deste besser haben (pag. 220); das die tawffe die kindere (...) ernewert (pag. 226); Nachdem der herre im euangelio die kinder lis zcu sich tragen (pag. 226) DIAL.2: dan die jungern kindere, die getawfft (pag. 51) Plural bei Verwandtschaftsbezeichnungen und Nomina agentis „Die Verwandtschaftsnamen auf -ter (Vater, Mutter, Schwester, Tochter) werden im Mhd. wie die neutralen a-Stämme mit ø-Plural gebildet (...)” (Frnhd. Gr. III, 188–190). In Pflugs Texten erscheint gelegentlich Plural -e in vet(t)ere (auch in (mit-)brudere), wie in weiteren mitteldeutschen Schriften üblich (ebd. 1987, 214). Zahlreiche Nomina agentis auf -er190 weisen Plural-e auf: dienere, jungere, keczere, meistere, predigere, priestere, rewbere, seelsorgere, ubelthetere, vorfolgere, widertewffere. Im 18. Jahrhundert fordert Johann Bödikers, auch Substantive auf -er / -el sollten als Gesetzmäßigkeit
190
Vgl. Frnhd. Gr. III, 190: Nomina agentis werden auf -er nur bedingt in diesem Zusammenhang gesehen, weil sie ehemalige ja-Stämme und nicht numerusdistinktiv sind. In den Texten Pflugs ist die Numerusunterscheidung zwar in diener(e), junger(e), keczer(e), meister(e), prediger(e), priester(e), rewber(e), ubeltheter(e) insofern vorhanden, als sie alle ausschließlich die e-lose Singularform haben. Doch für die Pluralformen sind -er und -ere als Flexive belegt. Gibt es mehrere Belege, dominieren meist die e-losen Formen.
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im Plural ein neues -e erhalten, entgegen der Schreibtradition, nach der sich das nicht durchsetzte.191
A3.2.1.4 Singular ausgewählter Feminina Die Veränderungen in der Flexion der Feminina auf dem Weg zum Neuhochdeutschen zeigen sich u.a. im Ausgleich zwischen den ehemaligen o- / jo- / wo-Stämmen und den n-Stämmen zugunsten einer klaren Distinktion von Singular und Plural. In den Plural der starken Feminina dringt das -(e)n ein und muss, um als eindeutiges Pluralkennzeichen gewahrt zu bleiben, aus dem Singular der n-stämmigen Feminina getilgt werden, sodass diese die Singularflexion der o-stämmigen Feminina annehmen. Diese Tendenz zur Kasusnivellierung und zur Numerusprofilierung hatte zur Folge, dass sich die Paradigmen mischten bzw. zusammenfielen und im Laufe dieses Prozesses -(e)n auch im Singular der o- / jo- / wo-Stämme vertreten war und auf den Nom. Sg. der schwachen Feminina übertragen werden konnte. Regionale Unterschiede gibt es im 16. / 17. Jahrhundert bei der Übernahme des -(e)n in den Nom. Sg. War die Endung -(e)n im 14. / 15. Jahrhundert noch im gesamten Gebiet belegt, kam sie nun verstärkt im oberdeutschen Sprachraum vor (Reichmann / Wegera 1993, 178). In keinem Beispiel wird bei Pflug -n in den Nom. Sg. übertragen. Anzeichen für gemischte Paradigmen durch -(e)n in den Kasus des Singulars sind bei folgenden Lexemen zu finden: ehe(n), erde(n), ehre(n), fedder(n), frau(en), galle(n), gnade(n), helle(n), kirche(n), krone(n), seele(n), seite(n), zcunge(n). Gehäuft treten diese n-haltigen Formen in den Lexemen gnade, kirche und seele und vor allem im Dat. Sg., weniger häufig im Gen. Sg. und kaum im Akk. Sg. auf.192 Für die Verteilung auf die jeweiligen Kasus gilt es, die jeweilige Beleglage zu beachten, das heißt, meist liegt eine größere Anzahl der Belege im Dativ vor. In allen schwankenden Paradigmen gibt es auch jeweils die n-lose Form. ehe(n) (Einzelbeleg, Dat. Sg.): aber darneben lest sie nicht zcu, das eine aus denen bei leben der anderen zcur ehen greiffen (DIAL.1, fol. 20v) ehre(n) (Einzelbeleg, Dat. Sg.): das die kloster in solchem wesen bestehen mogen gotte zcu eheren (TRAKT.LIPS, pag. 41) erde(n) (Dat. / Akk. Sg.): als solchem volck der ware got, welcher himmel und erden erschaffen (DIAL.1, fol. 122v); das sich auch in deme alle knihe im himmel, auff ertreich und under der Erden beugen (PRED, pag. 69) fedder(n) (nur in den Briefen; Dat. Sg.): den ich der feddern nit wol vortrawen darff. die sich nach zcur zeit nit wollen der feddern vortrawen lassen.
191
Vgl. Habermann (1997, 442 u. 454f.) zur Untersuchung des epithetischen -e in u.a. der Sprachlehre des Johann Bödikers von 1746. Heinrich Braun hingegen, Schulgrammatiker für die bairischen Kurlande, lehnt dieses -e im Plural der Substantive auf -er ab. 192 Vgl. Frnhd Gr. III, 141ff.
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frau(en) (Einzelbeleg Gen. Sg.): weinachten, ostern, pfingsten, unserer lieben frawen tage (DIAL.1, fol. 222r) galle(n) (Einzelbeleg, Dat. Sg.): gaben sie ime essig mit gallen gemischt zcu trincken (PRED, pag. 43) gnade(n): wie einer, welcher von solcher gnaden ausgefallen (DIAL.2, fol. 115); sondern ein krefftig werck durch die gnaden gots (PRED, pag. 36); und mangelt der gnaden gots (PRED, pag. 36) helle(n) (Einzelbeleg, Dat. Sg.): gestorben und begraben, ist nidergestigen zcur hellen (DIAL.1, fol. 191r) kirche(n): so vorkeren sie unserer kirchen meinung (DIAL.2, pag. 132); von dem prister und ordentlichen diener der kirchen emphahen (TRAKT.LIPS, pag. 16); in der ersten kirchen in ubung gewesen (TRAKT.LIPS, pag. 19); ich rede alhie von dem ordentlichen wege in der kirchen nit (PRED.ANL, pag. 226); das er in der kirchen gots nit aus einem argen ein ergers mache (TRAKT.AM, pag. 6f.) krone(n) (Einzelbeleg): in der handelung zcwischen berurtem concilio und den stenden der kronen zcu Behemen (TRAKT.AM, pag. 12) seele(n): ist einem idem menschen zcu seiner seelen heil vonnoten (TRAKT.LIPS, pag. 12); derhalb wan due an deiner seelen kranck bist und bedarffst der geistlichen arcznei (PRED, pag. 151); Der Almechtige wolle seiner g. seelen die ewige ruhe vorleihen. (BRIEF A); der Almechtige wolle seiner seelen gnedig sein (BRIEF T) seite(n) (Einzelbeleg): dan eben von christo und aus seiner seiten schepffen wir das wasser des lebens (PRED, pag. 109) zcunge(n): die christus sewberlich auff der zcungen tragen (DIAL.2, pag. 127); und das bandt seiner zcungen wart geloset (...) und ruret seine zcungen und sahe auff gegen himmel sewffczte und sprach (PRED, pag. 150) gnade, kirche und seele zeigen am häufigsten n-haltige Formen und wurden daraufhin gesondert betrachtet. Die Übernahme des -n u.a. in den Genitiv begünstigt die Bildung uneigentlicher Komposita (s. Kap. A3.3.4). TRAKT.LIPS und TRAKT.AM enthalten zahlreiche pränominale Genitivattribute zu kirche und seele, wie z.B. ordination der kirchen diener, der kirchen saczungen. Die Dativ-Belege sind fast ausschließlich nach Präposition bezeugt (von solcher gnaden ausgefallen). Die Feminina im Genitiv stehen oftmals als prä- oder postnominales Attribut (schlussel der kirchen, der seelen heil), selten vom Verb regiert (z.B. mangelt / bedarff / trostet sich der gnaden). Für die Deutung muss die mögliche Polysemie des Flexivs -(e)n und damit ein eventueller Plural beachtet werden. Es finden sich kaum Beispiele im Akkusativ. Tritt eine n-haltige Form dennoch im Akk. auf, dann meist als Einzelbeleg (s.o.). Besch (1967, 273) stellt für seele drei Flexionstypen heraus und charakterisiert den Typus mit einer weitgehend schwachen Deklination, der sich vom Nordwesten ausgebreitet habe, als den, der am weitesten über das Ziel hinausschieße. In Pflugs Texten scheint genau dieser Typ zu überwiegen. Es ist unwahrscheinlich, dass sein Aufenthalt
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in Mainz dafür verantwortlich ist (s. Kap. A1.2.1). Eher lässt sich das Eindringen von (e)n mit Beschs Prinzipien des Geltungsareals und (später dann mit) der Landschaftskombinatorik erklären, denn: „Die Formen mit -(e)n halten sich im Obd. bis in die 2. Jahrhunderthälfte [des 18. Jhs., Cw]; besonders häufig sind Belege von Erde, Frau, Mitte, Seele, Seite, Sonne“ (Frnhd Gr. III, 147).
A3.2.1.5 Epithese des -e im Präteritum starker Verben Das so genannte ‚Lutherische e‘193 wurde im Oberdeutschen zunehmend apokopiert, wobei es im Ostmitteldeutschen häufiger beibehalten wurde.194 Die Bezeichnung einer grammatischen Erscheinung mit dem Namen des Reformators unterstellt konfessionell markierte Formen, deren Existenz in Pflugs Texten erst mit dieser Schreibsprachanalyse untersucht wird. Deswegen wird an dieser Stelle auf die Bezeichnung ‚Lutherisches e‘ verzichtet und in Bezug auf die starken Verben e-Epithese, paragogisches oder hyperkorrektes e bevorzugt.195 Das -e übernimmt in einer Zeit, in der die Umlautbezeichnung noch nicht konsequent durchgeführt ist,196 bei den starken Verben im Präteritum die Funktion der Modusunterscheidung. Parallel zur, vorrangig im Oberdeutschen wirksamen, durch Apokopierung entstandenen Formengleichheit der Präsens- und Präteritalform der 3. Sg. der schwachen Verben nimmt im 15. und 16. Jahrhundert das Anfügen von -e in der 1. / 3. Sg. Prät. der starken Verben zu. „Zum Ende des Frnhd. ist -e wieder obligatorisch für den Konj., im Ind. sind -ø und -e etwa gleich häufig“ (Reichmann / Wegera 1993, 244). Im 15. Jahrhundert ist das Vorkommen des epithetischen -e im Obersächsischen wesentlich seltener als im Oberdeutschen. Luther kennt es zunächst nur gelegentlich, doch seine Drucker fügen es später ein (Frnhd Gr. I/1, 327) und er selbst verwendet es seit den 1530er Jahren auch, vielleicht in Anlehnung an seine Drucker.197 Im 16. Jahrhundert ist generell ein Anstieg der e-haltigen Formen in einer Vielzahl der Landschaften belegt, doch stets noch seltener in mitteldeutschen Texten als im Oberdeutschen (Frnhd Gr. IV, 112).198 Auch Goethe zeigt noch diese hyperkorrekten Formen im Präteritum der starken Verben als süddeutsches Charakteristikum (Habermann 1997, 462). Julius Pflug gebraucht das epithetische -e fast nur in den Predigtmanuskripten. Einmal ist stunde in TRAKT.AM und je einmal boge, funde, name und zwei Mal truge in DIAL.1 belegt. Folgende Verben erscheinen in PRED als Einzelbeleg: beschlosse, enzcoge, durchdrunge, sahe, truge (sich zcu), hinge. Des Weiteren sind mehrfach vertreten: 193
Vgl. Habermann (1997). Siehe Kap. A3.1.1.5 und A3.1.1.6. 195 Vgl. Habermann (1997, 440). 196 Siehe Kap. A3.1.1.4. 197 Rössler (2005, 357) sieht das epithetische -e in der 1. / 3. Sg. Ind. Prät. als ostmitteldeutsches Charakteristikum an, bezieht sich jedoch auf einen Zeitraum ab und nach 1600. 198 Vgl. auch Lindgren (1953, 204): „das unorganische -e hat sich im st. Prt. Ind. und im Imp. Sg. stark ausgebreitet.“ 194
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blibe, tribe, zcoge, vorgosse, name, (be-)gabe, sage ‚sah‘, ware, schluge, ginge, riete und stunde. Wenn auch die Anzahl der Verben mit paragogischem -e in den Predigtmanuskripten im Verhältnis zu den anderen Autografen nicht unwesentlich ist, so handelt es sich doch um Erscheinungen geringeren Ausmaßes, die aufgrund ihres Auftretens in nur einem Text umso auffälliger sind. Kein Verb kommt häufiger als zehn Mal in der ehaltigen Form vor. Am häufigsten zu beobachten ist stunde, dann gabe und truge. Belege für Ind. PRED: Judas aber, der in vorrith, stunde auch bei inen (pag. 4); Do hat simon petrus (in massen Ioannes sagt) ein schwert und zcoge es aus und schluge des hohen priesters knecht und hieb ime sein recht or abe (pag. 5); sondern ginge inen entgegen (pag. 10); gabe dorauff dem hern einen kus (pag. 11); und blibe petrus also zceighafftig, bis in der herre mit den awgen seiner gnade ansach (pag. 36); und der herre keret sich umb und sage petrum an (pag. 36); welchs nit alleine petrus der wort christi erinnerte, sondern auch sein hercz durchdrunge und zcu rechter rewe bewegte (pag. 39); also, das er auch seine trennen daruber vorgosse (pag. 39); und eben durch das creucz, an welchem er hinge (pag. 51); so name er doch alles aus der liebe, welche er zcu dem vorlorenen menschlichen geschlechte truge, williglich auff sich (pag. 54); und solche schmeliche vorhonung tribe der gemeine man, die krigsknechte, die gewaldigen, die hohen priestere und schrifft gelerten (pag. 61); dan es ware ie an deme, das der herre gleich sterben und vor unsere sunde seinen geist auffgeben solte, (pag. 62); der himel in deme, das die sonne iren schein der welt enzcoge zcum ubernaturlichen zceichen (pag. 98); und ruret seine zcungen und sahe auff gegen himmel sewffczte und sprach (pag. 150) Beleg für Ind. / Konj. PRED: vorstunden auch nicht, welcher gestalt die schrifft alle menschen under die sunde beschlosse, auff das alle der Barmherczikeit gots (...) bdorffen (pag. 70) Die Belege mit epithetischem -e sind nicht auf die narrativen Abschnitte der Passionsgeschichte beschränkt, sondern auch im exegetischen Teil der Predigtmanuskripte zu finden. Dadurch kann eine Orientierung Pflugs an der ihm vorliegenden Bibelübersetzung nicht unbedingt angenommen werden, zumal er sich bei der Wiedergabe der Passionsgeschichte stark an die Luther-Übersetzung zu halten scheint, die wiederum in den verwendeten Abschnitten – in synoptischer Kombination dem Johannes- bzw. Matthäusevangelium entnommen – kaum Belege für -e bei starken Verben 1. / 3. Sg. Ind. Prät. aufweist. Die wenigen e-haltigen Formen, die Luther benutzt, stimmen dann nicht mit denen Pflugs überein.199 Die Frage, warum Pflug diese Verbformen nur gebunden an die Textsorte Predigt verwendet, kann nicht bis ins Letzte beantwortet werden. Eine 199
Luther-Übersetzung von 1534 in Matthäus 26: Und als balde trat er zu Jhesu / und sprache / Gegrusset seistu Rabbi. Julius Pflug, PRED, pag. 3: und als bald trat er zcu Iesus, und sprach: gegrussest seist du rabbi.
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Erklärung für die Verbreitung könnte die Nachahmung der Wittenberger Setzer sein (Frnhd. Gr. I/1, 307f.).200 Emser und Eck hätten „geradezu regelmäßig“ sahe. Eine Anlehnung Pflugs an diese beiden Katholiken ist durchaus denkbar, genauso wie ein Kennzeichen religiöser Sprache bzw. ein bibelsprachliches Charakteristikum angenommen werden könnte.
A3.2.1.6 Starke Verben der mittelhochdeutschen Klasse IIb im Singular Der Singular der starken Verben der mhd. Klasse II unterscheidet sich im Mitteldeutschen vom Oberdeutschen durch die Wechselflexion, die im 16. Jahrhundert auch zunehmend in das Oberdeutsche eindringt. Während im Mitteldeutschen ie (1. Sg. Ind. Präs.) mit iu (2. / 3. Ind. Präs.) alterniert, behält das Oberdeutsche noch den mittelhochdeutschen Stand bei und flektiert im Sg. einheitlich mit iu. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts breitet sich dann im Anschluss an die Übernahme der Wechselflexion in der 2. / 3. Sg. ie als ursprünglich oberdeutscher Vorgang aus, während eu noch gewöhnlich bleibt. „Es handelt sich bei dieser Handhabung katholischer Autoren um eine bewußte sprachliche Reaktion auf die als protestantisch indizierte md. Sprachform.“ (Frnhd Gr. IV, 437)201. Solms’ (1984, 260) Quellen dafür sind auf das Ende des 16. Jahrhunderts datiert und reichen in das 17. Jahrhundert hinein. Julius Pflug verwendet ebendiese offenbar „katholische“ Kennschreibung / in der 2. / 3. Sg. Ind. Präs. schon in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts durchgehend in allen seinen Texten. dringt bei ihm nicht in die 1. Sg. Ind. Präs. ein. Offenbar orientiert sich Pflug hier am „Süden“. Betroffen sind folgende Verben: (an-, ge-, ver-)bieten, (aus-, be-)schließen, betrügen, eingießen, fliehen, fließen, genießen, verlieren, (ab-, an-, auf-, durch-, vor-)ziehen. Die 2. / 3. Sg. Präs. hat ausschließlich / , nie steht . bzw. in der 3. Sg. scheint sich im Ostmitteldeutschen allerdings immer mehr zu festigen. Nicht nur katholische Schreiber, sondern u.a. auch Nikolaus von Amsdorff weisen diese Graphie auf.202 DIAL.1: weil ir undereiander gespalten und sich eines partei der andern vorzcewhet (fol. 5v); und mus ehe ein sacrament sein, dan mans genewst (fol. 37r); der betrewget sich selber (fol. 107r); und weil er uns auch solche seine trostliche gnade auff genedigste anbewtet (fol. 115r) DIAL.2: so fern nun der glawbe den vordinsten der werck von der rechtfertigung ausschlewst, (pag. 23); sondern von der gnade gots herflewst (pag. 93) TRAKT.LIPS: dan durch angezceigten glawben in got emphahen wir das ihenige, so aus dem vordinst christi herflewst (pag. 4); welchs sich auff die bestetigung im guten durch
200
Die Wittenberger Setzer fügten -e an, wenn der Stamm auf -(c)h ausging. Vgl.Frnhd Gr. I/1, 308. Vgl. auch Solms (1984, 259f.). 202 Hier unter Bezug auf bei Lerche edierte Texte (1937, 98ff.). 201
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den vorheischenen heiligen geist zcewhet (pag. 30); wan er dan uberal gegenwertig ist, schleust der heilige hieronymus daraus (pag. 43) PRED: flewhet er nit, vorbarg sich auch nicht (pag. 10); dan die sonne vorlewret alhie ir schein am hellen tage wunderbarlicher weise (pag. 87); wie Iohannes den passio beschlewst (pag. 93) PRED.ANL: da mit he uns seinen geist eingewst und dadurch ernewert (pag. 224); weil es den lebendigen christum, wie er vor uns dargegeben, in sich schleust (pag. 228) TRAKT.AM: dan was solch recht nit gebewtet noch vorbewtet, das stellet es frei (pag. 2) BRIEFE A–V: Euch gebe ich zcuerkennen, das die Keiserliche Maiestat iczo nach Speier zcewhet; aber iczo ist der hawffe gemustert und zcewhet dem konige zcu Engelland zcu.
A3.2.1.7 Wechselflexion der mittelhochdeutschen Ablautklassen IIIb, IV, V und Präteritalausgleich bei starken Verben IIIa Am Flexionsmuster des Singulars der starken Verben der Klasse IIIb, IV und V ist eine klare landschaftliche Verteilung im Frühneuhochdeutschen festzumachen. Beschs Prinzipien zufolge bestimmen „sprachlandschaftliche Ausgleichsprozesse zugunsten einer strukturell disponierten Variante“ (Frnhd Gr. IV, 443) das Eindringen des i in die 1. Sg., und zeigen die „wechselnden Verhältnisse sprachlandschaftlicher Geltungsareale“ (ebd., 443). Im Oberdeutschen werden bis ins 16. Jahrhundert hinein alle Personen im Singular mit i flektiert. Im Mitteldeutschen hingegen ist die Wechselflexion mit wenigen Ausnahmen ausgeprägt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts tauchen dann in ostmitteldeutschen Texten einzelne i-Belege in der 1. Sg. auf, wobei von oberdeutschem Einfluss gesprochen werden kann. Besch bestätigt mit seiner Untersuchung diese Befunde für die 1. Sg. Präs.: „oberdeutsch = i, mitteldeutsch und nördlich angrenzende Landschaften = e“ (Besch 1967, 305). Pflug steht eindeutig in der Tradition seiner Region: Nur mit einer einzigen Form ist i belegt. Sonst folgt er stets dem (ost)mitteldeutschen Inflexionsmuster und schreibt e in der 1. Sg. BRIEF G: dan ich vornim, das man eczlich aus denen auf gehorsam getriben. DIAL.1: ich sehe dich gerne hie gegenwertig (fol. 64r); aber damit ir zcubfinden, das ich dis alles nit aus meinen fingern sawge, sondern von der alten waren und catholischen kirchen neme (fol. 186v) Der Präteritalausgleich im Paradigma der starken Verben der mittelhochdeutschen Klasse IIIa erfolgt zugunsten einer Ausbreitung des a im gesamten Präteritum. Als gegenläufige Bewegung ist das Eindringen von u zu beobachten. Dabei liege eine „sprachlandschaftstypische Ausgleichung“ (Frnhd Gr. IV, 417) vor. Für Luther sei die Ablautunsicherheit typisch gewesen. Dass die u-Ausgleichung nicht ausschließlich als mitteldeutsches Charakteristikum gesehen werden darf, zeigt im 18. Jahrhundert ihr zunehmendes Auftreten im oberdeutschen Sprachraum (ebd., 419). In den Texten Julius Pflugs dringt u bei folgenden Verben in den Singular ein: binden, (be-)finden, dringen.
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DIAL.1: der funde nun zcum vorschlage diesen schonen fundt (fol. 158v); hinwider aber weil simon magus bfunde, (fol. 197v) PRED: sondern auch sein hercz durchdrunge (pag. 36); und ob er gleich solch gezcewgnus leicht hette widerlegen konnen, so bfunde Er doch, das es nichts (pag. 24)
A3.2.1.8 Rückumlaut Der Rückumlaut schwacher Verben ist landschaftlich verschieden im (Ost)mitteldeutschen und im Oberdeutschen verteilt. Während das Oberdeutsche im Ind. Prät. Rückumlaut und im Part. Prät. rückumlautlose Formen aufweist, ist für die mitteldeutsche Bildungsweise Rückumlaut im Ind. Prät. sowie im Part. Prät. typisch. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts halten sich die ostmitteldeutschen Kanzleisprachen an dieses Muster (Frnhd Gr. IV, 495), doch es kommt dann (zunächst in den Drucken) zu einer Zurückdrängung der rückumlautenden Formen. Dennoch setzt sich – abgesehen von einigen wenigen erhaltenen Verben mit Rückumlaut – die Bildung des Ind. Prät. und Part. Prät. ohne Rückumlaut zum Neuhochdeutschen hin durch. Luther schwankt bei einigen Verben zwischen a und e. Besch (1967, 320) lässt offen, ob der Rückumlaut aufgrund von oberdeutschem Einfluss oder aus Anlass einer Reduzierung der mehrfachen Kennzeichnung des Präteritums verdrängt wurde. Pflug schreibt auch hier gemäß der mitteldeutschen Tradition.203 In DIAL.1 überwiegen klar die rückumgelauteten Formen im Part. Prät. In allen weiteren Autografen besteht ein fast ausgeglichenes Verhältnis zwischen den Formen mit e und a mit leichtem Übergewicht des rückumlautenden Part. Prät.204 Für folgende Verben wurde in Pflugs Texten die Bildung des Part. Prät. untersucht (gegebenenfalls auch Ind. Prät.): decken, schmecken, (uber-)senden, (ab-, an-, ein-, vor-)setzen, (ab-)stellen, (ab-, vor-)wenden. Am häufigsten belegt ist setzen bzw. seine präfigierte Formen. Drei Belege im Präteritum / Part. Prät. in PRED deuten auf oberdeutschen Einfluss: der herre, wie er erkentte, das judas der vorrether mit der rotte und der priestere und phariseer dienern sich neherte (pag. 10); da hube petrus an zcuuorfluchen und zcuschworen, das er den menschen nit kente (pag. 35); den ihenigen (christus), welcher keine sunde nihe erkent, hat er (got) zcur sunde gemacht (pag. 9)
203
Vgl. Besch (1967, 317). Karte 97 zeigt eine klare Verteilung für Rückumlaut in gesetzt / gesatzt: a im Mitteldeutschen, e im Oberdeutschen. 204 Schwierigkeiten ergeben sich bei der Interpretation der Belege in den Autografen Pflugs aufgrund der erschwerten Lesbarkeit. An einigen Stellen lässt sich e nicht von a unterscheiden, insbesondere bei geseczt / gesaczt. Außerdem handelt es sich – von den Belegen in DIAL.1 abgesehen – nie um mehr als 15 Belege für Part. II. der oben angeführten schwachen Verben.
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Belegsammlung für Rückumlaut bzw. rückumlautlose Formen: DIAL.1: von euch abgewandt (fol. 47r); under welcher dan unsere mengel gedackt werden (fol. 81v); sal sie keines weges abgestalt werden (fol. 135v); gleich wie mich der vatter gesand, so sende ich (fol. 136v); und ob gleich einer aus inen von seinem ampte abgesaczt wirdet (fol. 170v); aber: derhalb ist dis sacrament aus sonderlicher vorsehung gots eingeseczt (fol. 169v) DIAL.2: damit der glawbe nit blos gestalt werde (pag. 24); wan nit erstlich gesaczt, das got nit nach dem wert unserer werck (pag. 71); aber: wie ich hiebeuor geseczt habe (pag. 76) TRAKT.LIPS: so nun der mensche von den sunden dermassen abgewant (pag. 3); das die nit alleine zcum aufflosen, sondern auch zcum pinden eingesaczt (pag. 16); dem werden durch den vordinst christi, unsers hern, die mengel seiner gerechtikeit gedackt (pag. 10); es ist alhie wol gesaczt, ob gleich die gestalt dis sacraments geteilt seind (pag. 21); aber: und sol nit alleine der speise dermassen masse geseczt werden (pag. 38) PRED: und da ers schmackte, wolte er nicht trincken (pag. 43); und seiner menschlichen natur nach in die aller herbsten pein und todt vor uns gesaczt (pag. 122); aber: dorein ich mich dan auch gerne geseczt und noch secze (pag. 88) PRED.ANL: hat uns christus selber das sacrament der tawffe eingesaczt (pag.224); und werden also als (...) glid in den leib christi gesaczt (pag. 228); aber: dadurch ire sunde gedeckt, auch inen nit zcugerechnet (pag. 216) TRAKT.AM: durch die vorgenommene straffe in unruge und unfride gesaczt werden (pag. 8); aber: das das sacrament des leibs und bluts unsers hern Ihesu christi under beider gestalt von ime selber ist eingeseczt (pag. 1) BRIEFE A–V: das ich ein ander decretum sine subscriptione auff die form, wue ir mir zcur mhermaln eins ubersant, bekumme; aber: darzcu mir doch nach kein tag angesetzt; hat zcur Nawmburg, do er Amsdorfft eingesaczt, handeln lassen.
A3.2.1.9 Präfix ge- zur Bildung des Partizips Präteritum In wenigen Fällen erscheint in den Autografen Pflugs ge-loses Part. Prät. Betroffen sind die perfektiven Verben bringen, finden und kommen, des Weiteren gehen, geben und zcihen. Phonotaktisch zu interpretierende Schwankungen in der Verwendung von gekönnen in gehen und geben vorliegen, sowie im Part. Prät. trennbar präfigierter Formen von gehen und geben (Reichmann / Wegera 1993, 238). Präfixloses Part. Prät. tritt am häufigsten bei den perfektiven Verben auf und bleibt dort am längsten erhalten – noch bis ins 18. Jahrhundert hinein. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts wird das Part. Prät. von kommen fast immer ohne ge- gebildet (Frnhd. Gr. IV, 226), wobei das Part. Prät. anderer perfektiver Verben in diesem Zeitraum durchaus schon mit ge- gebräuchlich ist. Im Oberdeutschen halten sich die ge-losen Partizipien der perfektiven Verben länger. Bei einer Reihe von Lexemen kann ge- fehlen, z.B. bei brauchen, brennen, schneiden,
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ziehen (Reichmann / Wegera 1993, 238).205 Nur bei zcihen liegt eine solche lexemgebundene Verwendung in den Autografen Pflugs vor. Bevor die Auflistung der Belege folgt, wird zusammengefasst, mit welchen Vorkommensweisen im Part. Prät. die oben genannten Verben in den verschiedenen Texten zu verzeichnen sind. DIAL.1: Die trennbaren Präfixverben (ein-, ab-, an-, aus-)gehen bilden ihr Part. Prät. stets ohne ge-. Gehen erscheint als gangen sowie als gegangen. Bracht und gebracht bestehen nebeneinander, wobei gebracht dominiert. gekommen ist nicht belegt, geben sehr selten gegenüber gegeben. DIAL.2: Belegt sind bracht und gebracht, ausschließlich stehen kommen, gegeben und gefunden. TRAKT.LIPS: Als einziger Beleg für Part. Prät. ohne ge- ist geben vorhanden. Selten tauchen gegangen und gebracht auf. Deren ge-lose Form ist jeweils belegt. PRED: bracht ist nur bei trennbaren Präfixverben bezeugt, sonst steht gebracht. gegeben und geben kommen beide vor. Letzteres überwiegt klar. Gangen erscheint nur im Zusammenhang mit trennbar präfigiertem Verb. Gefunden / funden sind selten belegt: gefunden zwei Mal, funden einmal. Gekommen tritt nicht auf, sondern ausschließlich kommen. PRED.ANL: Die oben angeführten Verben sind, abgesehen vom Einzelbeleg gegeben, kaum belegt. TRAKT.AM: Es gibt nur einen Beleg für Part. Prät. ohne ge-, nämlich kummen. Von den übrigen Verben sind nur gegeben und gebracht im Traktat zu finden. BRIEFE A–V: Bei oben genannten trennbaren Präfixverben steht im Part. Prät. kein ge-; gebracht und bracht kommen beide vor; gegangen / gekommen sind nicht bezeugt. Auffällig dabei ist die geringere Anzahl der Belege für Part. Prät. ohne ge- in den Textsorten, die vorrangig dokumentierende oder anleitende Funktion haben, also in den Traktaten und in der Anleitung zum Predigen. Hingegen im fiktiven Dialog, in den Briefen, aber auch in den Predigtmanuskripten, ist die Zahl der zu verzeichnenden gelosen Partizipien wesentlich höher. Es werden nur die Belege aufgelistet, in denen ge- wegfallen kann bzw. die dazugehörigen Gegenbelege. Taucht ein Verb im Part. Prät. ausschließlich in der mit ge- präfigierten Variante auf, wird es nicht extra angeführt. Für das 15. Jahrhundert zeigt Besch (1967, 320ff.) nur vereinzeltes Eindringen von ge- in das Part. Prät. der perfektiven Verben im Norden bzw. Nordwesten, während das Ostmitteldeutsche und das Oberdeutsche die ge-losen Formen tradieren. Das Schwanken zwischen ge-haltigem und gelosem Part. Prät. ist für das 16. Jahrhundert typisch und bleibt auch noch darüber hinaus 205
Diese offenbar lexemgebundenen Schreibungen weisen über die definierten Verbgruppen hinaus ge-loses Part. Prät. auf. Vgl. Reichmann / Wegera (1993, 238): Diese Verbgruppen sind 1. auf g- / k- anlautende Verben, 2. perfektive Verben, 3. ursprünglich präfigierte Verben wie be-leiben. Vgl. auch Frnhd. Gr. IV, 223ff.
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bestehen, sodass Pflug weder als konservativ noch als fortschrittlich, sondern schlicht als Kind seiner Zeit bezeichnet werden kann. Bei Julius Pflug dominieren kommen und worden eindeutig gegenüber gekommen und geworden. DIAL.1: wie die bei der algemeinen kirchen vor alters herkommen und auff uns bracht (fol. 189v); ich habe achtung auff die geben (fol. 13v); und da ir von beiden teilen nit weiter gangen (fol. 10v); wie in einem druck, so zcu erphurdt ausgangen fol. 158r); ia solche worte werden ler abgangen und ire wirckung nit gehabt haben (fol. 161v); was ist euch not angangen (fol. 220vf.); wil ich einen, der zcu seinen iaren kommen, vor mich nemen (fol. 66r); wan der mensch in gots gnade eingetreten und sein kindt worden (fol. 97v); aber: hefftig gestrafft worden und vom leben zum tode gebracht (fol. 207v); seind die unsern eben weit gegangen (fol. 187v); und ist mit ir geschaffen gleich als mit deiner mutter nach dem fleische, die nun alt geworden (fol. 54r) DIAL.2: der zcu seinem vornunfftigem alter kommen (pag. 9); so mochtest due wol ob deme, welchs ich vorbracht, bedencken haben (pag. 71); aber: durch die tawffe zcu got gebracht werden (pag. 9) TRAKT.LIPS: sonsten und ane das were im der geist der kuntschafft und heiligung vorgeblich geben (pag. 7); aber: ob gleich das fasten in keine gewisse und namhafftige ordenung gebracht (pag. 38); das die nit alleine zcum aufflosen, sondern auch zcum pinden eingesaczt und gegeben seind (pag. 16); weil das volck dozcumal alle tage zcum sacrament gegangen (pag. 25) PRED: und ehe dan wir durch christum, den gecreuczigten herwider bracht (pag. 114); das er mit der schrifft gestrafft und umbracht werden solte (pag. 120); so hat er eben aus gots schickung die rechte und gruntliche ursache vorbracht (pag. 50); gleichwol weil sie hern christum tod funden haben (pag. 107); dan er (...) hatte inen ein zceichen geben (pag. 4f.); ist balt herausser gangen blut und wasser (pag. 106); welcher gestalt der herre Iesus ausgangen sei (pag. 149); und den Eltesten, die uber in kommen waren (pag. 17); aber: sondern seind fort gefaren und christum ans creucz gebracht (pag. 48); und wurde durch dis unnaturlich finsternus ein erschrocklich zceichen gegeben (pag. 88); und do er inen under awgen gegangen (pag. 10); haben sie es doch nit gefunden (pag. 22) PRED.ANL: das uns got das ewige leben gegeben hat (pag. 217) TRAKT.AM: aber dohin ist es kummen, das man numals aus der not ein tugent mus machen (pag. 10) BRIEFE A–V: habe ich ein keiserlich mandat ausbracht; das er mir wider seinen willen der warheit gezewgnus hat geben; das unser g.h. zcu Freisingen und Numburg tods halber abgangen; das die Romische Keiserliche Maiestat zcu speier ankumen; aber: und weil nun die konigliche maiestat die commission also gegeben; mochte des orts zcu guten, fridsamen vnd christlichen stande gebracht werden
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A3.2.1.10 wir / sie seind: 1. / 3. Ind. Pl. von sein Wiesinger (1999, 270) und Rössler (2005, 349)206 beobachten in ihrem österreichischen Untersuchungsmaterial die typisch oberdeutschen Flexionsformen seind / t / dt bzw. seynd / t / dt für die 1. / 3. Ind. Pl. Innerhalb der Diphthong-Graphien sei ostmitteldeutscher Einfluss nur an der fehlenden Differenzierung zwischen 1. und 3. Pl. nachzuweisen. Dem ostoberdeutschen Gebrauch hätte sein / seyn als typische Vertretung der 1. Pl. entsprochen. Auch Nolting (2010) kann für den Sprachgebrauch von süddeutschen Klosterfrauen im 17. Jahrhundert die Formen seind nachweisen, neben denen eine Variantenfülle besteht. Julius Pflug verwendet kein einziges Mal die Monophthong-Graphie sind. Stets – in allen untersuchten Texten – schreibt er seind. DIAL.1, fol. 26r: dan menschensaczungen seind in der schrifft die, welche wider gots gebot lawffen; DIAL.1, fol. 65r: wir seind alleine deiner halber hie. TRAKT.LIPS, pag. 41: das in der schrifft und gebrawch derselbtigen im deuczschen lande die kloster personen die geschickesten seind, demnach wil in alle wege darob zcuhalten sein.
A3.2.1.11 Weiteres zur Flexionsmorphologie Grammatischer Wechsel von h–g, Rhotazismus Für den grammatischen Wechsel in der Verbalflexion wird hier die Alternation von g und h betrachtet. Dieser Wechsel besteht nicht nur zwischen Formen des Präsens und des Singulars Präteritum einerseits und des Plurals Prät. und Part. Prät. andererseits, sondern wird auch auf das Präsens übertragen. Dadurch konkurrieren bei Pflug schlagen und schlahen; g kann wie auch h in allen Personen des Präsens, im Part. Prät. und im Inf. stehen.207 Im 15. Jahrhundert sei -g- noch ostmitteldeutsch dominierend und im späten 16. Jahrhundert dann im gesamten Sprachgebiet belegt. Pflug schreibt nach der ostmitteldeutschen Tradition und schwankt zeitgemäß in der Verwendung von schlagen – schlahen. Der Ausgleich in fahen – fangen gelte erst später als der von schlagen – schlahen (Frnhd. Gr. IV, 516). Das Ostmitteldeutsche unterscheidet sich nicht vom Oberdeutschen, denn beide weisen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts überwiegend h im Präsens auf. Pflug hat öfter emphahen als emphangen, genau wie Luther und das weitere Schrifttum bis ins letzte Drittel des 16. Jahrhunderts (Besch 1967, 302). Der Ausgleich erfolgt erst später. Des Weiteren ist der Wechsel von h–g in Pflugs Autografen an einzelnen Beispielen zu sehen: anzewget ‚anzieht‘ (3. Sg. Ind. Präs.); vorligen ‚verliehen‘ (Part. Prät.); flihen (3. Pl. Ind. Präs.) – flogen ‚flohen‘ (3. Pl. Ind. Prät.) / geflogen ‚geflohen‘ (Part. Prät.); gedeigen ‚gedeihen‘; geschehe / geschege ‚geschehe‘ (3. Sg. Konj. Präs.); sahe / sage ‚sah‘ (3. Sg. Ind. Prät.), sagen ‚sahen‘ (3. Pl. Ind. Prät.).
206 207
Vgl. Rössler (2005, 211–222, bes. 220). Vgl. Besch (1967, 306).
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Ekthlipsis Die Ekthlipsis für die 3. Sg. Ind. Präs. aller Verben und des Part. Prät. der schwachen Verben stellt eine Assimilation von dentalem Verschlusslaut im Stammausgang und folgendem Flexiv dar (Frnhd. Gr. IV, 161). Starke Verben mit Umlaut weisen im Frühneuhochdeutschen in der 3. Sg. Ind. Präs. oft Ekthlipsis auf (ebd., 162), z.B. halten – helt, werden – wirt. Volle Formen, z.B. wirdet oder heldet, gibt es in diesem Fall selten. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kennt das Mittelbairische sie nur noch singulär. Julius Pflug zählt in Bezug auf wirdet und (be)heldet zu einer solchen Ausnahme und bewahrt konservativ oft die vollen Formen. In DIAL.1, DIAL.2 und den BRIEFEN steht wirdet allein, in PRED ist wirt zwei Mal neben dominierendem wirdet belegt, in TRAKT.LIPS und TRAKT.AM findet sich die Vollform neben wirt in ausgeglichenem Verhältnis, in PRED.ANL überwiegt wirt. In den Texten, in denen (präfigiertes) halten in der 3. Sg. Ind. Präs. flektiert ist, steht mit einer Ausnahme (in PRED.ANL vorhelt) stets heldet. DIAL.1: sich der todsunde entheldet (fol. 106r); welcher seine tochter im jungfrawlichen stande erheldet (fol. 39r); das solch erkentnus got nit alleine ime vorbeheldet (fol. 224r); dan vor deinem angesicht wirdet keiner gerechtfertiget (fol. 107rf.) DIAL.2: in deme das er sich der sunde, so wider die liebe lawffe, entheldet (pag. 102); wirdet von deme reich gots ausgeschlossen (pag. 116) TRAKT.LIPS: so heldet sichs dennoch anders in dem gebrawchen (pag. 19); derhalb wirdet man sich in diesem falle wol vorgleichen konnen (pag. 44); aber: das man darinnen keine besserung wirt finden konnen (pag. 35) PRED: sein gesprech heldet (pag. 11); dan die gnade christi wirdet uns itzo nicht weniger (pag. 136); aber: und als auch nicht werden wirt (pag. 134) PRED.ANL: wirdet durch und in im nit allein ernewert (pag. 225); aber: was ist aber die prediget vom glawbe, die uns christum vorhelt als unsern mitteler (pag. 216); und wirt von newest widergeborn (pag. 227) TRAKT.AM: aber weil aus denn umbstenden erkant wirdet, das man (pag. 4); aber: so wenig das sacrament under beider gestalt vorboten wirt (pag. 2) BRIEFE A–V: dan es wirdet nit ubel dienen Im Part. Prät. haben die schwachen Verben mit Rückumlaut, deren Stamm auf Dental ausgeht, stets Ekthlipsis. Bei den anderen schwachen Verben ist die Ekthlipsis fakultativ (Frnhd. Gr. IV, 164). Ersteres lässt sich an den Ausführungen zum Rückumlaut (Kap. A3.2.1.8) überprüfen und mit abgewandt, gesand und ubersant bestätigen. Weitere Belege mit Ekthlipsis und deren – wenn vorhanden – konkurrierenden Vollformen im Part. Prät. sind: DIAL.1: dan sie ist viel besser gegrundt (fol. 7r); weil ich vorgestern auch etwas davon gemeldt habe (fol. 198r); dan das got mit den ersten vetern von munde zcu munde ge-
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redt hat (fol. 123r); aber zcuuorn, da sie nit solche wissenschafft hatten, schad inen das sacrament under einer gestalt nichts (fol. 160r); aber: so viel dero in der schrifft gegrundet seind (fol. 222r) DIAL.2: welcher sich uberredt, das er (pag. 26f.) PRED: sie so harte geblendt hatte (pag. 68); ich habe freihe offentlich geredt (pag. 21); und werden dadurch dermassen vorblendt (pag. 27); und werden ausdrucklich genug vormeldt (pag. 6); aber er ist vorwundt worden unserer sunde halber (pag. 16); aber: bis doher ist vormeldet worden (pag. 39); das sie seine heilige hende fusse und mit nageln vorwundet (pag. 48) TRAKT.AM: nachdem die saczung von derer einen gestalt do auffgericht ist worden (pag. 11) BRIEFE A–V: was ich zcu Nuremberg erhalten und ausgericht
A3.2.2 Wortbildungsmorphologie A3.2.2.1 Syntaktische und semantische Funktion von Suffixen „Entscheidend für die Klassifizierung eines -lich-Derivats als Adjektiv ist seine potentielle Überführbarkeit in den attributiven Gebrauch sowie seine potentielle Flektierbarkeit.“ Thomas’ (2002, 17) Defintion des Adjektivs für die Problematik der Suffixderivate findet hier Anwendung. Des Weiteren gilt auch für die vorliegende Untersuchung: „Im Zuge des Adjektiv-Adverb-Angleichungsprozesses werden zahlreiche ursprüngliche -lichAdverbien flektierbar und damit zu Adjektiven, die ohne Bedeutungsunterschied parallel zu ihren adjektivischen Basen bestehen (...). Hier zeigt sich die für das Frühneuhochdeutsche charakteristische Verbreitung von Dubletten. Diese Konkurrenzpaare lösen sich zur Gegenwartssprache hin häufig entweder durch semantische Weiterentwicklung (...) oder durch den Untergang einer Variante (...) wieder auf.“ (Thomas 2002, 16)
Die Suffixderivate des Korpus auf -bar(lich), -hafft(ig), -ig(lich), -isch, -lich, -sam(lich) wurden mit Blick auf Konkurrenz- bzw. Oppositionspaare208, wie z.B. -lich / -bar oder lich / -haftig, untersucht, wobei immer wieder -lich-Derivate von Bedeutung sind. Bei Belegen wie erbarlich oder boshafftig kann es sich, morphologisch betrachtet, um Doppelsuffigierungen mit der Basis er- bzw. bos- oder aber um Derivationen vom suffigierten Adjektiv erbar bzw. boshafft handeln. Von Ersterem kann nur die Rede sein, wenn das suffigierte Adjektiv im Korpus nicht belegt ist.209 Bentzinger (1991, 216) zeigt mit seinem Material, dass im Zeitraum von 1570–1630 zugunsten der Herausbildung des neuhochdeutschen Derivationssystems die Konkurrenzen ab- und die Oppositionen 208
Vgl. Bentzinger (1991, 121), der nach Veränderungen im Variantenbestand, dem Einfluss der Sprachlandschaft, der Drucker, des Autoren und der Textsorte in Bezug auf die Suffixverwendung fragt. 209 Vgl. auch Thomas (2002, 37f.).
A3.2 Morphologie
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zunehmen.210 Die Sprachlandschaft übe auf die Wahl der Suffixe keinen Einfluss aus, lediglich deren Formen wiesen landschaftliche Charakteristika auf (z.B. -ich / -ig). Die Verwendung der Suffixe sei jedoch eine individual- und textsortenstilistisch markierte Entscheidung (Bentzinger 1991, 218f.). Anhand von Pflugs Texten kann keine Aussage über sprachsoziologische Unterschiede in Bezug auf die Suffixwahl getroffen werden. Doch eine deskriptive Aufstellung der Suffixe bei ihm, als Vertreter der gebildeten Schicht, in den verschiedenen Textsorten und der Vergleich mit Texten anderer zeitgenössischer Zeugen im Bezug auf Konkurrenzen bzw. Oppositionen ist möglich. Des Weiteren wird die bevorzugt adverbiale Verwendung der -lich-Derivate bei Pflug untersucht. Oppositionen a) -ig / -sam Lexembestand: 1. gewaltig – gewaltsam: welcher gestalt das christus mit erhobener und gewaltiger stimme seinen geist auffgeben (PRED, pag. 95); des Churfursten gewaltigen und unrechten eingriff mit eindringung seines vormeinten Bischoffs (BRIEFE A–V); in ansehung seiner ungerechten thetlichen und gewaltsamen handelunge (BRIEFE A–V); 2. heilig – heilsam: zcu solchem heilsamen gebrawch seind die heiligen sacrament eingesaczt (DIAL.1, fol. 126v); das die tawffe ein heilsam sacrament sei, gestehest due one zcweiffel (DIAL.1, fol. 130v); welchs auch aus den regeln unserer vorfaren und lieben heiligen veter leicht mag geschepft (TRAKT.AM, pag. 7); auff das wir ime herczen from und heilig sein mogen (DIAL.1, fol. 73r) In gewaltig–gewaltsam kann Konkurrenz der Suffixe vorliegen, doch deutet sich in den Belegen aus den Briefen eine semantische Differenzierung und somit eine Beziehung der Opposition zwischen gewaltig ‚groß, umfassend‘ und gewaltsam ‚gewalttätig‘ an. In den Predigtmanuskripten ist gewaltig nur in der Bedeutung ‚groß, umfassend‘ bezeugt. Heilig und heilsam werden meist attributiv verwendet und stehen in oppositionellem Verhältnis: heilsam ‚wohltuend, das Wohlbefinden fördernd‘ und heilig ‚verehrenswürdig‘. Heilig dominiert klar gegenüber einem selten belegten heilsam. b) -lich / -bar Lexembestand: er werde des orts statliche und ehrliche underhaltung finden (BRIEFE A–V); in druck zcu geben, in zcuuorsicht, die solle bei erbarn lewten so viel ansehens gewinnen (BRIEFE A–V); und ein nuchtern, erbar und gotselig leben furen (BRIEFE A– V) Das Nebeneinander von e(h)rlich und erbar könnte als Synonymie gewertet werden. Eine semantische Differenzierung der Art e(h)rlich ‚aufrichtig‘ – erbar ‚zu (ver)ehren‘ 210
Als konkurrierende Suffixe gibt Bentzinger beispielsweise (1991, 216) an: /-lich/ – /-ig/ – /-isch/. Eine Opposition, die ausgebaut wird, sei /-lich/ – /-ig/.
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A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
ist jedoch denkbar. Hinzu kommt das Derivat erbarlich, das als Einzelbeleg adverbial vertreten ist. Konkurrenz a) -lich / -sam Lexembestand: 1. fridlich – fridsam: als das wir alhie ein fridsam und ruig leben haben und furen mogen (PRED.ANL, pag. 223); Keiserliche Maiestat werde einen fridlichen abschid alhie machen (BRIEFE A–V); des orts zcu guten, fridsamen und christlichen stande gebracht werden (BRIEFE A–V); 2. fuglich – fugsam: und last es die gehorsamen zcu Zeitz auch fuglich wissen (BRIEFE A–V); habe ich davon eine fugsame ursache zcu abschlage offenen konnen (BRIEFE A–V) Zu 1.) In allen Belegen erscheint das Suffixderivat in attributiver Stellung. Zu 2.) fuglich adverbial, fugsam attributiv. b) -isch / -lich Lexembestand: 1. keiserisch – keiserlich: O lieber, schweig vom keiserischen buch (...) welche auff das keiserliche buche zcu regensburgk (DIAL.1, fol. 7r); one welche der furst sein furstlich ampt nit vorrichten kan (DIAL.1, fol. 138r); das die Ro. Keiserliche Maiestat zcu speier ankumen (BRIEFE A–V); 2. (Chur)furstisch – furstlich: und weis euch ferner nit zcu pergen, das die Churfurstischen zcu Speier (BRIEFE A–V) Die Lexeme keiserisch und keiserlich sind stets attributiv vorhanden. Keiserisch steht nur in keiserisches buch ‚Resultat der Verhandlungen des Regensburger Religionsgesprächs von 1541‘. c) -lich / -hafftig Lexembestand: wie boslich icziger zceit der coelibat bei der vorfallenen kirchenzcucht gehalten wirdet (DIAL.1, fol. 229r); alhie sehet ir, was der boshafftig Neid und die vorstockte blintheit thuet (PRED, pag. 30) Boslich und boshafftig konkurrieren zwar. Doch könnte semantisch differenziert sein zwischen boslich ‚schlecht, schmählich‘ und boshafftig ‚böswillig‘. Boslich ist ausschließlich adverbial belegt. d) -lich / -bar Lexembestand: offentlich – offenbar: den das ist offenbar und am tage (TRAKT.LIPS, pag. 11); ich habe freihe offentlich geredt for der welt (PRED, pag. 21); ader solche warheit ein offentlich gezcewgnus (PRED, pag. 25) offenbar tritt nur als Einzelbeleg auf.
A3.2 Morphologie
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e) -lich / -barlich Lexembestand: wunderlich – wunderbarlich: Ei lieber, due mengest die dinge wunderlich durch einander (DIAL.1, fol. 8v); dan die sonne vorlewret alhie ir schein am hellen tage wunderbarlicher weise (PRED, pag. 87) Im gesamten Korpus finden sich wunderlich und wunderbarlich nur jeweils einmal: wunderlich adverbial, wunderbarlich attributiv. f) -ig / -iglich Lexembestand:211 1. einfaltig – einfaltiglich: Dise einfaltige antwort (BRIEFE A–V); dan nachdem ich die traditiones veritatis und dogmata einfaltiglich (...) erkleret habe (DIAL.1, fol. 205r); 2. einhellig – einhelliglich: ewrer trefflichsten Theologen einhelliglich gewilliget hat (DIAL.1, fol. 38v); in rechtem und einhelligem vorstand (DIAL.1, fol. 111v); 3. ewig – ewiglich; 4. (mut)willig – (mut)williglich: wie ir dem mutwilligen fleische weiter nachhenget (DIAL.1, fol. 25r); christi nit selber und mutwilliglich ausschleget (DIAL.1, fol. 173r); 5. gnedig – gnediglich: welchs uns christus neben einsaczung der schlussel gnediglich vorheischen hat (TRAKT.LIPS, pag. 17); got sei ime umb (...) seins gelibten sons willen gnedig und barmherczig (PRED, pag. 76); einem Dhomcappittel one zcweiffel gnedige forderung erczeigen (BRIEFE A–V); 6. notdorfftig – notdorfftiglich: zcu unserer notdorfftigen erlosung (DIAL.1, fol. 72r); da er sich des, welches zcu seiner notdorfftigen errettung dienet, erholen moge (DIAL.1, fol. 69v); 7. selig – seliglich: meines hern seliger gedechtnus (BRIEFE A–V); was haben aber die jungere so seliglich gesehen und gehort? (PRED, pag. 157); 8. unwirdig – unwirdiglich: aus deme hast due leicht abzcunemen, das wol unsere werck, ob sie gleich irem wert auch belonung gots, zcuuoraus die uns im ewigen leben widerfaren sal, unwirdig, so haben wir uns demnach dero aus der vorsprochenen gnade gots zcutrosten (DIAL.2, pag. 80); das er solch sacrament nit unwirdiglich, sondern zcu seiner seelen heil emphahe (DIAL.1, fol. 146v) In 1.) und 4.) erfolgt eine klare Differenzierung: Die Derivate auf -ig werden attributiv und die auf -iglich adverbial verwendet. Einhellig, ewig, gnedig und notdorfftig werden vorrangig attributiv, aber auch in seltenen Fällen adverbial gebraucht (insbesondere einhellig). Ausschließlich adverbiales Vorkommen trifft bei einhelliglich, ewiglich, gnediglich, notdorfftiglich und unwirdiglich zu. Selig und unwirdig treten oft prädikativ auf, Komposita wie got-, rach-, armselig auch attributiv, kaum jedoch wird selig adverbial verwendet. Eine eindeutige Trennung in attributive und adverbiale Verwendung liegt in folgenden Beispielen vor: warhafftig (attr.) – worhafftiglich (adv.), grawsam (attr.) – grawsamlich (adv.).
211
Nicht für alle konkurrierenden Paare werden Beispiele angegeben.
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A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
In den Texten Pflugs sind die Konkurrenzen stärker ausgeprägt als die Oppositionen. Auch wenn sich einige semantische Differenzierungen skizzieren lassen, so setzen sie sich in einer Vielzahl der Fälle noch nicht durch (vgl. z.B. boslich – boshafftig, e(h)rlich – erbar). Dem entspricht Bentzingers (1987, 253) Beobachtung, dass Dubletten, die für den Kommunikationsprozess nicht notwendig waren, abgestoßen wurden. Eine Abnahme der Konkurrenzen wie zum Ende des 16. Jahrhunderts212 ist noch nicht zu erkennen. Die deadjektivische -lich-Derivation spielt in der Gegenwartssprache keine Rolle mehr (Schmid 2000a, 50). Julius Pflug differenziert noch zwischen attributiver und adverbialer Verwendungsweise, indem ein Derivat auf -ig + -lich adverbialen Gebrauch kenntlich macht. Dort, wo deadjektivische Derivate auf -(bar)lich dennoch attributiv verwendet werden – das geschieht in nur fünf Fällen – liegt entweder eine „abgeleitete Struktur“ vor oder es handelt sich um eine abverbiale Bestimmung modalen Charakters wie in den folgenden zwei Beispielen: dan die sonne vorlewret alhie ir schein am hellen tage wunderbarlicher weise und vorbirget sich (PRED, pag. 87); das sie zcum gedechtnus des tods christi sal am altar sichtbarlicher weise geopffert werden (DIAL.1, fol. 182r) Eine Verbalkonstruktion dürfte den weiteren Beispielen zugrunde liegen: Einmal kann von sichtbarliche zcewgnus auf ein bestimmendes bezeugen geschlossen werden. Im Falle von sewbarliche vorheischung ist die Anlehnung an vorheischen möglich. Die Nominalkonstruktionen weisen eine gewisse Nähe zu den Verbalgruppen auf.213 In den ob nun wol diese uberaus grosse und zcuuorn unerhorte wunderzceichen Jesu, das er der ware messias und derhalb erloser der welt were, sichtbarliche zcewgnus geben (PRED, pag. 100); dan die sperreten sich nicht gegen der offentlichen und unwidersprechlichen warheit, die so iar scheinbarliche zcewgnus vom himmel und Ertreich hatte (PRED, pag. 101); das gebet hat auch sewbarliche vorheischung in der schrifft (PRED.ANL, pag. 223) Stilistisch markiert sei das häufig in religiösen Texten gebräuchliche Suffix -iglich, das im 16. Jahrhundert schon als archaisch empfunden würde und höheren Stil signalisierte
212
Vgl. Bentzinger (1991, 216): zur Verwendung der Adjektivsuffixe in der Literatursprache für den Zeitraum von 1570–1630. 213 Vgl. Schmid (2000a, 46f.) für die Epoche des Althochdeutschen zur Erklärung des so genannten Rückbildungstypes für Adverbien auf -lîhho ohne entsprechende adjektivische -lich-Derivate als Basis. Die Nominalkonstruktionen mit -lîh-Adjektiven werden als sekundäre Bildungen aus -lîhhoAdverbien erklärt. Vgl. auch Schmid (1998a, 469ff.).
A3.2 Morphologie
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(Bentzinger 1987, 253).214 Später würde es nur noch sakralsprachlich verwendet. Erstaunlich häufig tritt dieses Suffix in allen Texten Pflugs auf. Die stilistische Markierung scheint jedoch einer syntaktischen Differenzierung untergeordnet zu sein. Die Suffixkombination -ig + -lich markiert in Pflugs Texten oftmals die adverbiale Verwendung gegenüber der attributiven Position des entsprechenden -ig-Derivats. Dieses wird hauptsächlich attributiv verwendet, kann aber in seltenen Fällen auch adverbial vorkommen. Das Suffix -iglich kennzeichnet jedoch fast immer adverbiale Verwendungsweise. Beispiele (s.o. Konkurrenz unter g)): und an den ort, da er solt umbracht werden, geduldiglich truge (PRED, pag. 43); der mus nit zcweiffeln, das im kunfftiglich die ewige selikeit widerfaren werde (PRED.ANL, pag. 217f.); das der leib christi gegenwertiglich under dem brote sei (DIAL.1, fol. 147r) Pejorative semantische Merkmale werden oft durch das Suffix -isch zugewiesen. Bentzinger (1996, 150) stellt Derivationen auf -isch als Charakteristikum der Flugschriften heraus. Im fiktiven Streitgespräch Pflugs – der Text des Korpus mit der größten Nähe zur agitatorischen Funktion des Flugblatts – sind einige solcher Bildungen enthalten: vihisch, antichristisch, uppisch, heidnisch, sakramentirisch, keiserisch, ketzerisch, hellisch, aberglewbisch.215 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Derivationen auf -isch mit pejorativer Bedeutung oft im Dialog und in den exegetischen, ermahnenden Abschnitten der Predigtmanuskripte – selten in anderen Texten – vertreten sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass -isch mit pejorativer Bedeutung in Texten mit agitatorischer Funktion gehäuft auftritt, doch ist die Beleglage zu unsicher.
A3.2.2.2 Präfixe ver- und vorDie Verteilung der Graphie(n) für mhd. ver- zeigt ein eindeutiges Bild. Nur insgesamt fünf Mal schreibt Pflug ver-, sonst stets das für das Ostmitteldeutsche typische vor-. Alle e-Graphien finden sich in den Briefen, das heißt, eine mögliche Adressatenorientierung wäre zwar denkbar, aber die Anzahl der Belege ist zu gering, um dies zu verifizieren. Hinzu kommt die teils erschwerte Lesbarkeit des Präfixes, in dem e gelegentlich 214
Vgl. dazu Klein / Solms u.a. (2009, 313): „Man kann es daher dort als Allomorph von -lich betrachten, wo die -lich-Weiterbildung eines mit -ig suffigierten Adj. nicht in Frage kommt, weil das entsprechende -ig-Adj. entweder gar nicht oder aber erst so spät und / oder vereinzelt belegt ist, dass es als Rückbildung des -iglich-Adj. anzusehen ist.“ Aufgrund der in Pflugs Texten zumeist eindeutig syntaktischen Differenzierung zwischen Suffigierung mit -ig bzw. -iglich, wird -iglich weniger Allomorph-Status zugesprochen, sondern von einer -lich-Weiterbildung eines mit -ig suffigierten Adjektivs. 215 In dieser Aufzählung nicht beachtet werden u.a. die Ableitungen, die eine lokale Zugehörigkeit ausdrücken, z.B. himmlisch, augspurgisch u.a.
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nicht von o zu unterscheiden ist. In Zweifelsfällen wurde zugunsten der eindeutig dominanten ostmitteldeutschen Schreibung entschieden.216 Julius Pflug steht in der Zeitzer Schreibtradition: „Die vor- haben sich in den Zeitzer Kanzleien und Schreibstuben zu dichter Phalanx formiert“ (Otto 1970, 121).
A3.2.2.3 Suffixe -nis und -nus Aufgrund der Ähnlichkeit in der Schreibung sind die Varianten -nus und -nis manchmal kaum voneinander zu unterscheiden. Nur selten setzt Pflug einen waagerechten Strich, um den Vokal – ob i oder u – vom Nasal abzuheben. Aufgrund des Vergleichs mit ähnlichen Schreibungen ergibt sich jedoch wie bei ver- und vor- ein ähnlich klares Bild für die Verteilung von -nis / -nus. Auch hier kann Pflug mit dem Gebrauch seiner Region in Verbindung gebracht werden. Doch hat er eindringlicher und fast ausschließlich das Suffix -nus. Insgesamt drei Belege bilden die Ausnahme: und neben diesen trostlichen geheimnissen, daraus die ursache und der nucz des leiden christi erscheinet (PRED, pag. 9); do christus selber saget, gleicherweis wie moses hat erhoben die schlange in der bustenis, also mus auch der son des menschens erhohet werden (PRED.ANL, pag. 217); das im die uberigen sunde im fleische nit zcur vordamnis zcugerechnet werden (PRED.ANL, pag. 225) Otto (1970, 130) zieht den Schluss: „Bis zur Mitte des [16., Cw] Jh. überwiegen in Zeitz -niß, -nis, im letzten Jahrzehnt dagegen die südlichen -nus, -nus, -nüs.“ Für den Vormarsch des „südlichen“ -nus vermutet er Nürnberger Einfluss. Noch für das 15. Jahrhundert ist an Beschs Karte (1967, 226f.) eine Dominanz von -nus im südlichen und von -nis im mitteldeutschen Gebiet sowie im Norden abzulesen. Obwohl u im 15. / 16. Jahrhundert eindeutig zunimmt und auch im Mitteldeutschen zur Leitgraphie wird, setzt sich zum Neuhochdeutschen -nis durch.217
A3.2.2.4 Diminutivsuffix Für die Leitformen der Diminutivsuffixe im Frühneuhochdeutschen lässt sich die Begrenzung von -chen auf das mitteldeutsche Gebiet und die Dominanz von -lin / -lein im Oberdeutschen festhalten.218 Im Zeitzer Gebiet sind beide Varianten belegt (Frnhd. Gr. I/3, 134 u. 149). In allen Texten des Korpus zählt man nur acht Belege – davon zwei im Plural: hunerlein, kindlein – für das Diminutivsuffix überhaupt. Konsequent verwendet Pflug die „südliche“ Form -lein.
216
Vgl. Frnhd. Gr. I/3, 76ff. Vgl. Frnhd. Gr. I/3, 53 und s. Kap. A1.3.2. 218 Vgl. Frnhd. Gr. I/3, 119f. 217
A3.3 Syntaktisches
111
DIAL.1: lis das buchlein, welchs under dem titel (fol. 36vf.); das unsere kirche nit mehe ein klein hewfflein, sondern gros und weit ausgebreitet (fol. 46r); und wol einem jungem meidlein mag vorglichen werden (fol. 54v); Lieben kindlein, diese ding schreibe ich (fol. 115r); schuff ein menlein und weiblein (fol. 173v); opffert man ein lemblein (fol. 186v); PRED: wie eine henne ire hunerlein219 vorsamlet (pag. 72)
A3.3 Syntaktisches Syntaktische Phänomene kommen bei der Erforschung von Schreibsprachen oftmals zu kurz. Auch die Konfessionalisierung von Sprache wird häufig für die Graphematik und die Morphologie beschrieben, was der mangelnden oder geringer ausgeprägten konfessionellen Markierung syntaktischer Konstellationen, jedoch auch der noch ausstehenden Fokussierung geschuldet sein kann.220 Weniger um herauszustellen, ob in den Texten Julius Pflugs verschiedene syntaktische Erscheinungen als Indiz für bevorzugte „katholische“ Verwendungsweisen zu sehen sind, werden Negation(en), Futurbildung, Präteritum(schwund) vs. Perfekt, pränominale Genitivattribute vs. uneigentliche Komposita und kausale Konjunktionen untersucht. Vielmehr wird damit zunächst exemplarisch der Standpunkt eines katholischen Vertreters vor dem Hintergrund ostmitteldeutschostoberdeutscher Einflüsse hervorgehoben.
A3.3.1 Negation Nicht nur Hinweise auf die regionalen Verteilungen bezüglich der Negationssyntax im Frühneuhochdeutschen fehlen in Eberts (1986) und in Admonis (1990) Historischer Syntax des Deutschen. Die Negationssyntax wird auch generell in Überblickswerken kaum behandelt. Lediglich Reichmann / Wegera (1993, 425ff.) stellen mehrere Möglichkeiten der Negation im Frühneuhochdeutschen vor.221 Im Folgenden werden zunächst die Negationstypen, die in Pflugs Autografen auftreten, skizziert. Dabei werden die Satz- und die Sondernegation berücksichtigt.222 219
In PRED, pag. 72 gestrichen und ersetzt mit jungen. Einen Hinweis auf die Pflug vorliegende Bibelübersetzung könnte dieses Beispiel geben, da Emsers (1527) und Dietenbergers (1534 und 1540) Bibelübersetzung für dieses Zitat aus Mt. 23, 37 ebenfalls jungen haben, während bei Luther (1545) kuchlin steht. Vgl. Musseleck (1981, 185). 220 Eine regionale Syntax des Frühneuhochdeutschen steht noch aus und hat den möglichen außersprachlichen Einfluss der Konfession zu berücksichtigen. 221 Pensel (1976) zur Satznegation. 222 Pensel (1976, 286ff.) und Reichmann / Wegera (1993, 425f.) führen die Satznegation, bei der durch ein Negationswort die gesamte Aussage – der gesamte Satz – negiert wird, und die Sondernegation, bei der einzelne Elemente verneint werden, an. Ein Zusammenfall beider ist auch möglich.
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A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
a. einfache Negation a1. alleinstehende Negationspartikel nicht, nit DIAL.1 + DIAL.2: Ditterich wirdet aber nicht nachlassen (fol. 5r); nemlich das wir durch die trunckheit uns unserer vornunfft nit berawben (pag. 110) TRAKT.LIPS: wer das sacrament emphehet, darff nit zcweiffeln, das es ime an mitcommunicanten mangele (pag. 28) PRED: und ob gleich viel falscher gezcewgen do gewesen, haben sie es doch nit gefunden (pag. 22) PRED.ANL: ein ider, der aus got geboren ist, der thut nit sunde (pag. 215) TRAKT.AM: do er wil, das man die menge des ubertretenden volcks nit bannen sal (pag. 8) BRIEFE A–V: wolt got, ich were zcu dieser ansehenlichen und wichtigen regirung so geschicket, als ich nit bin, so hette ich deste weniger bedenckens (BRIEF B) a2. alleinstehendes Indefinitum kein, nichts DIAL.1: und mus das sibende gebot gots bei euch nichts gelten (fol. 24r); Ich habe auch kein sonderlich bedencken (fol. 209r) TRAKT.LIPS: So vil aber dem vordinst unserer werck belanged, ob wol von got nichts unbelonet bleibet (pag. 8); Nachdem christus in diesem falle keine zcetrennung leidet, so ist es (pag. 21) PRED: ich bin teglich bei euch im tempel gewesen und ir hat keine handt an mich geleget (pag. 17); auff die unuorschemsten lugen wolte der her christus nichts antworten (pag. 23) PRED.ANL: sal er dennoch in trostlicher hoffnung stehen, den solche hoffnung macht keinen zcuschande (pag. 218); dan ane gots, des heiligen geists wirckung und mitwirckung vormogen wir nichts guts (pag. 221) TRAKT.AM: hetten wir nichts gewissers uns zcuuorsehen dan eines solchen widerstands, dem wir zcu schwach sein werden (pag. 6); demnach wil keinem Bischoffe geburen, solche dispensation zcuthun (pag. 21) BRIEFE A–V: das man daran nichts hette zcuuormeiden gewust (BRIEF C); Nun haben ire chor von f. g. dozcumal keine antwort gegeben, sondern die gegen der Numburg vorschoben (BRIEF E) a3. negative indefinite (pronominale) Adverbien223 (nie, niemals, nimmer, nirgends) DIAL.1: und im falle, da gleich das weib die Citation, welche per publicum editum geschihet, nummer erferet noch erfarn kont und also nit erscheinen kan (fol. 19v) TRAKT.LIPS: so glewbet auch der gotlos, aber mit ertichten und toden glawben, den das hercz nimmer recht erferet (pag. 5) 223
Für die funktionale Bezeichnung Pronominaladverb wird auch der Form nach Präpositionaladverb verwendet (Vgl. Duden Grammatik 82009, 579).
A3.3 Syntaktisches
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PRED: dan wurzcu wolte ime dienen das erkantnus solcher gutern, wan er dessen nimmer genosse und gebrawchte? (pag. 85) b. gehäufte Negation: kein + Negationswort224 DIAL.1: so deucht mich doch, dis blinde und bose und vorkerte wesen habe nach kein ende nit (fol. 27r); damit der unschuldige, welcher nihe keine sunde gethan, den abtrag vor uns schuldige thette (fol. 72r); und uns mitteilest die himmelischen und ewige deine gaben die keine awge nit gesehen, nach kein (kein) or gehoret, die auch in keines menschens hercze eingesagen (DIAL.1 (S, fol. 104r)); bfindet sich aus deme, das die ersten christen am anfange der kirche geordenet und geseczt, das keiner nichts eigenes haben solte (fol. 207v) PRED: das auch also die sunde an christo dem unschuldigen son, der nihe kein arges gethan, vorgriffen hat (pag. 7); doher gehet nun der spruch pauli (...) den ihenigen (christus), welcher keine sunde nihe erkent, hat er (got) zcur sunde gemacht (pag. 9); sondern volkommener unschuld und gerechtikeit angemast, gleich als dorfften sie keiner hulffe und mittelung zcum heil nicht (pag. 72); ja es hat sich niemals kein grosser jammer zcugetragen bei einichem volck (pag. 135) c. gestufte Negation in mehrteiliger Konjunktion: nicht nur (nicht) – sondern auch225 DIAL.1: aber ich finde bei euch nit alleine nit mehe besserung, sondern viel weniger dan bei uns (fol. 27v); und nant es ein vorgeblich menschen gebot ader saczung, welche ich vor meine person nit alleine nit vorteidige, sondern iar nit gut sein lasse (fol. 206v); das er die kirche nit alleine nit reformiret, sondern dieselbtige in viel wichtigen puncten deformiret hat (fol. 233r) PRED: das er gots son were, name solch gezcewgnus der hochsten warheit der oberste priester nit alleine nit an, sondern ergrimmet sich daruber (pag. 29) TRAKT.AM: vil mehe mag man das sacrament under beider gestalt, welchs an ime selber nit allein nit, arg sonder auch gut (pag. 9)
224
Negationswörter kombiniert mit Verben mit verneinender Bedeutung bzw. mit un- präfigierten Adjektiven werden hier nicht berücksichtigt, da dieser Typ stilistisch markiert ist und lexikalisch eine vorsichtige Bejahung beinhaltet. Beispiele treten vor allem in den Briefen (und im fiktiven Streitgespräch) auf: Das habe ich E. Erwirden auff den fal der vorhinderung nit wollen unangezceiget lassen (BRIEF A); und were nit ungelegen, das ich die originalien bei mir hette (BRIEF I); und wil euch dorauff nit pergen, das eben gestern (BRIEF N). 225 In solchen Fällen spricht man besser von gestufter statt von gehäufter Negation.
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A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
d. Aneinanderreihung negierter Glieder mit alleinstehendem noch226 d1. erstes Glied negiert mit nit / nicht, kein, keiner, niemand, nihe, nimmer227 DIAL.1: und erlewbet dem manne, ein ander weib zcunemen, so es doch das consistorium nicht weis noch wissen kan, (...) und im falle, da gleich das weib die Citation, welche per publicum editum geschihet, nummer erferet noch erfarn kont und also nit erscheinen kan (fol. 19v) TRAKT.LIPS: auch der liebe gots mangelt, on welche das gotliche gesecze nit mag noch kan recht gehalten werden (pag. 12) PRED: Aber weil sie den vorhang Moses noch vor iren awgen hatten, konten sie in das helle licht der gotlichen warheit nit sehen noch solches erkennen (pag. 28) PRED.ANL: nachdem der selbe glawbe sonder die begir christi und seiner gerechtikeit nit sein noch bstehen mag (pag. 218) TRAKT.AM: dan was solch recht nit gebewtet noch vorbewtet, das stellet es frei (pag. 2) d2. noch vor nachfolgender Negation DIAL.1: glewbe ich doch, es sei dir noch keinem moglich, ausserhalb unserer laer einen christen in sachen, so zcum heil vonnoten ader dinstlich, recht zcuunderweisen (fol. 55v); und wil euch noch niemands geburen, den heiligen geist in der schrifft zcumeistern (fol. 79v); solchs kan noch mag nit arg sein (fol. 199v) TRAKT.LIPS: sal solcher guter gebrawch nach mag keines wegs angefochten werden (pag. 23); konnen nach sollen diese ordenungen keinen christen beschweren (pag. 38) d3. Aneinanderreihung negierter Glieder als polynegative Variante DIAL.1: nun kont ir kein anders zceigen, wie dan nihe keins im gebrawch gewesen nach von der kirchen dauor erkant worden (fol. 178r) Der überwiegende Negationstyp in allen Autografen Pflugs ist die einfache Negation mit nit / nicht (Typ a1). Ihm folgt der weitere mononegative Typ mit alleinstehendem Indefinitum (Typ a2). Selten wird Negation durch die indefiniten Adverbien nie, niemals, nimmer, nirgends ausgedrückt. In keinem Fall ist sie durch pro- oder enklitisches en realisiert. Polynegative Varianten treten häufig im fiktiven Streitgespräch und in den Predigtmanuskripten auf. Wenn sie auch im Vergleich zu den mononegativen Typen einen nur geringen Anteil ausmachen, so ist an dieser Stelle kein ostmitteldeutscher Einfluss vorhanden. Polynegative Varianten sind bei einigen Autoren im 14. / 15. und 226
Fast durchgehend steht noch allein. In einzelnen Fällen steht wider–noch (2 Belege in DIAL.2, 1 Beleg in DIAL.1, 1 Beleg in PRED, z.B. (...) ob sie gleich ir boses leben nummermeher bessern, die auch wider got nach iren nesten lieben, sondern in allen unvlat der sunde liegen bleiben (DIAL.2, pag. 27). 227 Die Einteilung folgt Reichmann / Wegera (1993, 428). Fehlende Negation im ersten Glied ist bei Pflug nicht belegt. Sie ist prä- oder postponiert stets vorhanden.
A3.3 Syntaktisches
115
auch noch im 16. Jahrhundert häufig zu beobachten. Im 17. Jahrhundert nimmt ihre Anzahl ab (Reichmann / Wegera 1993, 427). Für die regionale Verteilung der Negationstypen konnte Pensel (1976, 320) durch den Vergleich von fünf Sprachlandschaften in zwei verschiedenen Zeiträumen (1470–1530 und 1670–1730) dem Ostmitteldeutschen die größte Nähe zum heutigen Sprachgebrauch bestätigen.228 Im Ostmitteldeutschen – und auch in den Texten Pflugs – sei der Typ „Negation mit alleinstehendem nicht“ am stärksten verbreitet und herrsche schon um 1500 als alleiniger Negationstyp vor. Im Ostoberdeutschen und im Westoberdeutschen sind neben diesem dominierenden Typ weitere Varianten verbreitet. In Anlehnung daran könnte auch Pflug die polynegativen Varianten benutzt haben.229 Pro- bzw. enklitisches en sind im Ostmitteldeutschen nicht belegt. Er steht überwiegend in der Tradition seiner Zeit, weist aber unverkennbar „südliche“ Einflüsse auf – nicht zuletzt an der dominierenden Form nit gegenüber nicht abzulesen (s. Kap. A3.4.1). Das Indefinitpronomen schreibt Pflug in allen Kasus mit s-Anfügung ni(e)mands bzw. als Einzelbeleg im Genitiv numands, womit zwar ein weiteres „südliches“ Merkmal in seiner Schreibsprache auftauchen könnte. Doch in Bezug auf die s-Anfügung gehen das Ostmitteldeutsche und das Ostoberdeutsche erneut eine Sprachallianz ein. Im 14.–16. Jahrhundert ist in beiden Sprachlandschaften in allen Kasus niemands neben niemand belegt (Frnhd. Gr. VII, 479ff.).230
A3.3.2 Futurperiphrasen Welche periphrastischen Formen zum Ausdruck sicher erwartbarer Ereignisse belegt sind, wird im Folgenden unter Berücksichtigung des Ineinandergreifens modaler und temporaler Nuancen dargestellt.231 Als mögliche Futurperiphrasen kommen in Pflugs Autografen der Häufigkeit nach geordnet in Frage: werden + Inf. und wollen / sollen + Inf. Des Weiteren wird mit Präsens auf Ereignisse in der Zukunft verwiesen.232 Eine 228
Den landschaftsbedingten Unterschieden ordnen sich die gattungsbedingten unter (Pensel 1976, 306). 229 Bei der Vielzahl der Fälle von kein + Negationswort ist zu beachten: „daß kein bis ins 16. Jh. positiv in der Bedeutung ‚irgendein‘ verwendet werden kann“ (Reichmann / Wegera 1993, 427). 230 Abstufungen gibt es im Nominativ und Akkusativ. Dort dominiert niemand und die Varianten mit s-Anfügung gelten als Nebenformen. 231 Zur Entstehung der Futurperiphrase: Vgl. Bogner (1989) und Schmid (2000b). Bogner stellt die Theorien zur Entwicklung der periphrastischen Futurformen im Frühneuhochdeutschen zusammen und untersucht die Bildungstypen werden + Inf. und Modalverb + Inf. sowie deren modale oder temporale Verwendung, während Schmid das werden-Futur als eindeutig oberdeutschen Konstruktionstyp charakterisiert und als Kontaminationstyp aufgrund der Konkurrenz mehrerer sinnverwandter Bildungsmöglichkeiten herleitet. 232 Belege: welchen ir die sunde erlast, dem seind sie erlassen (DIAL.1, fol. 136r); dem geschihet gewislich, wie er glewbet (TRAKT.LIPS, pag. 4); gedencke an mich, wan due in dein reich kommest (PRED, pag. 79); Was sich weiter zcutraget alhie, sal euch unuorhalten bleiben (BRIEF N).
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Gliederung entsprechend verschieden starken modalen bzw. temporalen Nuancen kann kaum eine klare Grenze zwischen beiden Komponenten ziehen. So ist es in folgender Auflistung auch in a. und b. meist nicht möglich, von ausschließlich temporalem Charakter zu sprechen. a. dominierend temporaler Charakter: werden / wollen / sollen + Inf. mit temporaler Adverbialbestimmung DIAL.1: werden: das man nit gewis ist, das ir uber ein iar das glewben und halten wirdet, welchs ir iczo glewbet und haltet (fol. 9r); wollen: das er uns das gute alhie hundertfachten vorgelten und in ihener welt das ewigen leben vorleihen wil (fol. 103r); leczlich, zcum vierden, wil ich von gots wort und den heiligen sacramenten, dadurch wir zcur gnade gots gefordert werden, bericht thun (DIAL.1 (S, fol. 30)); sollen: alles nach inhalt der heiligen schrifft, wie volgend bei einem iden sacrament sal dargethan werden (fol. 126r) PRED: werden: wie sich aber die dinge allenthalb begeben, wirdet nachfolgend geschicht der historien christi underschidlich anzceigen (pag. 9); Es wirdet ein solch trubsal sein, als nicht gewesen ist von anfang der welt bisher und als auch nicht werden wirt (pag. 134); wollen: ich werde einreissenn diesen tempel gots, (...) und in den dreien tagen wil ich ein andern auffbawen (pag. 23) PRED.ANL: werden: er mus nit zcweiffeln, das im kunfftiglich die ewige selikeit widerfaren werde (pag. 217f.); dan wer sich darinnen ubet, wirt es in ihener welt, wan er nun mit seinem corper auffstehen wirt, deste besser haben (pag. 220) TRAKT.AM: sollen: so mag die dispensation in diesem falle durch bebstliche heilikeit geschehen, wie volgend sal notdorfftiglich dargethan werden (pag. 11) BRIEFE A–V: werden: an es wirdet nit ubel dienen, auch wirdet doctor Stramburger auff den nesten dinstag bei hern Christoffen v. Stoncz einkummen (BRIEF E); wollen: die ich euch mit Ewerm boten anzeigen wil, in zuuorsicht, die dinge werden sich nach allenthalb zcur besserunge schicken (BRIEF G); sollen: damit die christliche reformation, so im nestkunfftigen octobre sal vorgnummen werden (BRIEF P) b. dominierend temporaler Charakter: werden / wollen / sollen + Inf. ohne temporale Adverbialbestimmung DIAL.1: werden: Solchs werde ich dir gleich so wenig als das andere einrewmen, (...) Ditterich wirdet aber nicht nachlassen (fol. 5r); wollen: kommet zcu mir alle, die ir betrubet seid und arbeitet und ich wil euch erqwicken, kan keiner (fol. 115r); sollen: wer heilig ist, sal nach heiliger werden (fol. 102v) TRAKT.LIPS: werden: dan ob gleich in particular gebrawchen der kirchen durch die sonderung die Einikeit der kirchen nit zcureissen wirt, so heldet sichs dennoch (pag. 20) PRED: werden: nemlich wer mich bekennen wirdet vor der welt, den wil ich vor meinem himmelischen vater bekennen (pag. 36); wollen: die andern aber schrihen, halt last sehen, ob ime helias helffen wolle (pag. 93)
A3.3 Syntaktisches
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PRED.ANL: werden: damit ein ider, so in in glewben wirt, nit vorterbe, sonder habe das ewige leben (pag. 217) TRAKT.AM: werden: hetten wir nichts gewissers uns zcuuorsehen dan eines solchen widerstands, dem wir zcu schwach sein werden (pag. 6); wollen: (...) das man solchs dem leihen in diesen landen nit mehe kan weren, wil aus der not eine tugent zcumachen sein (pag. 4) BRIEFE A–V: werden: Und wiewol ich in keinen zcweiffel stelle, Ewre Erwirden sampt andern meinen herren werden sich in dem falle der gebur wissen zcuhalten (BRIEF A); wollen: und nachdem zwene punct in gemelter schrifft sein, darauff zcu antworten villeicht vonnoten sein wil (BRIEF C); Und erstlich wil mir dorzcu vonnoten sein decretum electionis (BRIEF H) c. temporaler Charakter mit möglichen modalen, finalen, konditionalen Nuancen DIAL.1: werden: und achte, veit wirdet meiner meinung auch sein (fol. 75r); wollen: nun wil ich von den heiligen sacramenten handeln, die seind die eusserliche gevesse (fol. 125rf.); sollen: welcher knecht den willen seines hern weis vnd nit thut, sal mit viel streichen geschlagen werden (fol. 98v) TRAKT.LIPS: sollen: Nachdem nun Ewer gnaden eczliche artikel under geben seind, welche zcu einem vorschlage angezceigter einigung dienen sollen (pag. 2) PRED: wollen: Ist er der konig Israhel, so steige er nun vom creucz, so wollen wir ime glewben (pag. 58) PRED.ANL: werden: solchs sal dem menschen vorgehalten werden, auff das er zcu guten wercken beweget werde (pag. 221) BRIEFE A–V: werden / sollen: Was sich nun weiter hirauff zcutragen wirdet, sal euch unuorhalten bleiben (BRIEF O) An den Beispielen wird die Schwierigkeit bei der Interpretation der modalen Komponente in Futurperiphrasen mit sollen / wollen deutlich (Reichmann / Wegera 1983, 391). Zwar benutzt Pflug noch die Fügungen Modalverb + Inf., um Zukünftiges auszudrücken. Doch er bevorzugt eindeutig den ursprünglich oberdeutschen Typ des werdenFuturs (Schmid 2000b, 13), der im Laufe des Frühneuhochdeutschen die älteren Bildungstypen ablöst. Häufig steht er in den Prophetien der Predigtmanuskripte. wollen + Inf. wird weder in TRAKT.LIPS noch in PRED.ANL verwendet, aber übernimmt im fiktiven Streitgespräch die Funktion von Ankündigungen und erfüllt Zwecke der Metakommunikation, wenn die Figur Ditterich von den Passagen dozierenden Charakters zu ingressiven Äußerungen wechselt bzw. nach längeren monologartigen Anteilen wieder mit den anderen zwei Figuren spricht und die Abfolge seiner folgenden Redeinhalte erläutert (DIAL.1, fol. 187vf.: es wil speter werden. da ir mich nun des, welchs ich euch zcugesagt, nit erlassen wollet, so wil ich morgen umb die stunde wie hewte widerkommen und was von meiner meinung nach uberig ist, erkleren). Im Dialog und auch in den Briefen ist diese
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Futurperiphrase Ausdruck der Höflichkeit und hat teils formelhaften Charakter (BRIEF I: ich wil mich auch vorsehen, was ir vor schein habet von dem alten). Mit wenigen Ausnahmen ist das Zukunftsprinzip im wollen-Futur bei Julius Pflug an die 1. Sg. gebunden, wodurch modale Nuancen, der Absicht des Subjekts entsprechend, mitschwingen. Der Typ sollen + Inf. hat neben der Bezeichnung faktitiven Geschehens imperative Funktion (TRAKT.LIPS, pag. 16: ein solcher sol auch ermanet und getriben werden, (...)) oder kann einen Wunsch formulieren (BRIEF M: ich hoff aber zcu got und der gerechtikeit, solche Ire argelist sal in mit gutem fuge abgetriben werden).
A3.3.3 Perfekt vs. Präteritum „Die vielfache Verwendung des Perfekts anstelle des früheren Präteritums in süddeutschen Texten hängt offenbar mit dem Schwund des Präteritums in den Mundarten zusammen“ (Reichmann / Wegera 1993, 388). Ob die Wandlung des Tempusgebrauchs in der gesprochenen Sprache oder in dem durch die Apokope bedingten Zusammenfall von Präsens und Präteritum in der 3. Sg. schwacher Verben (Reis 1891, 12ff.) für den so genannten oberdeutschen Präteritumschwund verantwortlich zu machen ist, steht hier nicht zur Diskussion. Lindgren (1957) untersucht den Präteritumschwund textsortenabhängig für Romane, Chroniken und Reisebeschreibungen. Es wird in Pflugs Autografen – wo möglich ebenfalls textspezifisch – überprüft, welche Entscheidung Pflug in der Verwendung von Präteritum und Perfekt trifft, wobei insbesondere die Beispiele, wo bevorzugt Perfekt statt zu erwartendem Präteritum gewählt wird, von Interesse sind und aufgelistet werden.233 In den Briefen, im Dialog und in den Predigtmanuskripten gibt es eine vergleichbare Anzahl von in Frage kommenden Beispielen. Die Anleitung zum Predigen234 und die beiden Traktate, letztlich auch der Dialog, sind allerdings überwiegend im Präsens verfasst. Auch wenn die Briefe zu großen Teilen die Leitform Präsens haben, tauchen nicht wenige Perfekt-Bildungen an Stellen auf, die eine Präteritalform erfordern hätten können. Insgesamt gibt es in den Briefen nur drei Belege für Präteritum, aber 28 für Perfekt. Der mögliche Gegenwartsbezug ist in den Briefen höher als in den anderen Texten und könnte zur Wahl des Perfekts gegenüber dem Präteritum geführt haben, rechtfertigt aber auch den Perfektgebrauch mit der Begründung „wenn ein zur Sprechzeit abgeschlossener Vorgang für die Sprechzeit (Gegenwart) eine belangvolle Tatsache ist oder für sie Folgen hat“ (Reichmann / Wegera 1993, 387).
233 234
Elliptische Formen, bei denen das Hilfsverb ausgelassen wurde, werden als Perfekt gewertet. Insgesamt finden sich nur zwei Belege für Perfekt, ein einziger für Präteritum.
A3.3 Syntaktisches
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Perfekt BRIEFE A–V: Ich habe (...) vornommen (BRIEF A)235; Ewer Erwirden wissen on zcweiffel, welcher gestalt meine vettern und brudere haben unsere gnedigste und gnedigen hern den Chorfursten zcu Sachsenn und Seiner gnaden bruder sollen meinet halben ersuchen (BRIEF E); ir wollet mir eigentlich anzceigen, was er allenthalb mit den Stieffts stenden hat zcur Nawmburg, do er Amsdorfft eingesaczt, handeln lassen (BRIEF G); aber Amsdorffe haben sie under dem titel eines Bischoffs zcu Zeicz farren lassen (BRIEF M); und das gleich, wie man zur handelung greiffen solte, herczog Hans abgestanden und vorreisen hat mussen (BRIEF O) Präteritum BRIEFE A–V: Und nachdem meine hern des Thomcappittels meine meinung dorauff gerne wissen wolten, so weis ich (BRIEF C); nun muste ich vorsorge tragen, so ich kein Nuremburg qweme (BRIEF H); sie horten, das ich iren gnedigsten hern mit ungesparter warheit anzceige (BRIEF I) Die Briefe sowie das fiktive Streitgespräch sind der Mündlichkeit näher als Traktate oder Predigtmanuskripte, womit sich auch die vermehrten Perfektformen im Dialog erklären ließen. Dennoch enthält er ausreichend dozierende Abschnitte, in denen statt Präteritum ebenfalls Perfekt verwendet wird. Im Dialog fällt auf, dass die Präteritalformen überwiegend mit Konjunktiv korrespondieren.236 Perfekt DIAL.1: So weist du, das Melanchton hart vor seinem Ende selber solche zcwispalt bekant und beclaget hat (fol. 5r); wie ir euch dan im iungsten wormbschen colloquio klar habet vornemen lassen (S, fol. 5v); die, welche auff das keiserliche buche zcu regensburgk anno 41 im colloquio doselbst und hernoch vorgefallen ist (fol. 7r); und ist dazcumal die augspurgische confession zcu ruck gesaczt worden (fol. 8r); Ich habe einen kant aus ewrem hawffen, der hat newen weiber genommen (fol. 18v); dan weil christus die sacrament durch sich und die aposteln in sein namen hat ordnen lassen (fol. 34r); du wirdest deiner zcusage nachkommen und an deme anfahen, da bei es gestern geblieben. (fol. 64r)
235 236
Pflug benutzt die Wendung „habe ... vornommen“ nahezu formelhaft in Briefen. Prät. Konj. in Dial.1: konte ich mich doch an euch und ewere confession one vorletzung meiner gewissen nicht hengen. (...) da ichs gleich thun wolte, wuste ich doch nit (fol. 1v); Ich muste ia ein unbedechtiger mensch sein. Ja ich must mir selber feind sein! (fol. 28v); dan wue in nit die zceitliche scham ader die forcht eines ergern dauon abhilte, worde er one zcweiffel das gegenspil thun (fol. 69r).
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Präteritum Ind. DIAL.1: aber da ir starck wurdet und der schmalkaldische bundt seher zcunam, must ewre rebellion dis fals recht und eine naturliche gegenwer werden, wie dan luther in deme seine laer selber geendert und vorfelscht hat (fol. 26v); aber des ungeachtet fure etwan Vigilantius zcu, und vorworff den guten alten kirchen gebrawch (fol. 41v); und geschach euch gleich wie denen, so den Babilonischen turm bawen wolten (fol. 47v); und wolte in als sein geschepffe bis ans Ende nit vorterben lassen, sondern schickte seinen eingebornen son vom himmel heraber und lis in mensch werden (fol. 72r) Eine Gegenüberstellung der Verwendung von Perfekt und Präteritum in den Predigtmanuskripten für die aus der Bibel zitierten narrativen Passagen hat die Abhängigkeit von der Vorlage zu beachten.237 Aufgrund der möglichen Beeinflussung durch die zugrunde liegende Bibelübersetzung bei der Vielzahl der präteritalen Formen werden hier nur die exegetischen Abschnitte einbezogen. In diesen wechselt Pflug zum Perfekt, das eindeutig dominiert, oft mit elliptischer finiter Verbform. Die Anzahl der angegebenen Belege für Präteritum und Perfekt ist zwar ausgeglichen und trifft eine Auswahl. Doch liegt Dominanz des Perfekts (für erwartbare Präteritalformen) in den exegetischen Abschnitten vor. Perfekt PRED: so hat sich zcugetragen, das gleich wie der tewffel durch seine ungerechte und tyrannische anheczung sich an dem unschuldigen blut christi (pag. 7); so hat christus die sunde im fleische vordammet (pag. 8); zcu deme das er solchs durch manchfeldige wunderzeichen, als das er die blinden sehend, die tawben horend, die stummenn redend, die ausseczigen gesundt und die toden lebendig gemacht (pag. 26); so hat er eben aus gots schickung die rechte und gruntliche ursache vorbracht. (pag. 50); in den vorigen predigten hat ir von mir angehoret, welcher gestalt der herre christus unserer missethat halber, die er auff sich genommen, geliden habe (pag. 87)238; und hat es eben dazcumal vor uns gethan, da wir nach sein und seines himmelischen vaters feinde waren (pag. 123) Präteritum PRED: Aber weil sie den vorhang Moses noch vor iren awgen hatten, konten sie in das helle licht der gotlichen warheit nit sehen, noch solches erkennen, beharten auff irem gefasten thand, als solte das reich messiae alleine eine weltliche und eusserliche pracht sein (pag. 28); Weil nun die Juden solchs aus sich selbst nit erkanten, als die ire sunde 237
Für die zweite, fünfte und sechste Predigt gilt: In der Erzählung des Verrats an Jesus herrscht überwiegend Präteritum. Die Auslegung der Predigten ist oft im Präsens verfasst. Für den Bezug auf biblische Geschichten / Erzählungen wird meist Präteritum gewählt, es sei denn, es handelt sich um direkte Rede. 238 Hier ist die Nähe zur Mündlichkeit und eine bewusste Hinwendung zu den Zuhörern anzunehmen.
A3.3 Syntaktisches
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und missethaten nit erkanten und durch ir hassig, neidisch und vorbittert gemute, weil sie sorge trugen, christus werde ir regiment darnider legen, gancz und jar vorblendet waren, also das sie nit alleine nit bedacht waren, wie sie irem christus mochten nucz machen, sondern viel mehe alle ire gedancken und vleis dahin wanten, wie sie diesen heiland der welt und konig aller ehren mochten tilgen und umbbringen (pag. 29); so name er doch alles aus der liebe, welche er zcu dem vorlorenen menschlichen geschlechte truge, williglich auff sich, liss auch bei deme nicht wenden, sondern bat nach darzcu vor seine vorfolgere, und sprach (pag. 48); vorstunden auch nicht, welcher gestalt die schrifft alle menschen under die sunde beschlosse (pag. 70) TRAKT.LIPS und TRAKT.AM sind fast durchgehend im Präsens geschrieben, selten kommt Präteritum vor. Die bevorzugte Verwendung von Perfekt wird eng mit der dokumentierenden Funktion der Texte verknüpft sein, die über strittige Fragen des Zeitgeschehens informieren und vom dominierenden Vorkommen des Präsens beeinflusst sein werden. Eine nicht geringe Anzahl von Belegen steht im Konj. Prät.239 Perfekt TRAKT.LIPS / TRAKT.AM: unserm erloser, welcher uns zcum heil die vormaledeiung des geseczes auffgehoben und numals unserer advocat ist (TRAKT.LIPS, pag. 10); derhalb man des orts die wahele dem leihen hat mussen entzcihen und der cleristen alleine zcustellen (TRAKT.LIPS, pag. 34); das unsere vorfarn und lieben alten die fasten auch in saczungen und gebot gezcogen, erscheinet aus dem Concilio (pag. 38); und ob gleich erstlich die monche nit clerici gewesen, ist doch in deme volgend also das sie numals lenger dan 1000 iar clericos undter inen gehabt von iheronymuo (TRAKT.LIPS, pag. 40); von der tollerancz ist oben meldung geschehen (TRAKT.AM, pag. 11); dadurch wirdet man wenden mogen das ihenige, so im concilio zcu constancz am hochsten bdacht ist worden, als nemlich das die Behemen den gebrawch der einen etwas hart anfechten und vor unrecht angezceigt haben (TRAKT.AM, pag. 24) Präteritum TRAKT.LIPS / TRAKT.AM: wuhe disen dingen auf iczt angezceigte wege geburliche masse gegeben wurde (TRAKT.AM, pag. 26) Die Verwendung von Perfekt differenzieren auch Guchman / Semenjuk (1981, 111f.) nach Textsorten und konstatieren der Fachprosa für den Zeitraum von 1470–1530 die 239
Konj. Prät. in TRAKT.LIPS / TRAKT.AM: sonsten und ane das were im der geist der kuntschafft und heiligung vorgeblich geben (TRAKT.LIPS, pag. 7); doch dergestalt, das man daraus auch kein gesecze machte, sondern einem iden lis freihe stehen (TRAKT.LIPS, pag. 29); Es kont auch leicht dohin gereichen, so der ungehorsame leihe auff qweme (TRAKT.AM, pag. 6). In TRAKT.LIPS gibt es keinen einzigen Beleg im Ind. Prät, in nur einen (s.o.). In TRAKT.LIPS stehen neun Belege für Perfekt, in TRAKT.AM acht.
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geringste Produktivität bezüglich des Perfekts, Dialogen und Chroniken, Sendschreiben und Traktaten hingegen die höchste. Das stimmt insofern mit den hier erhaltenen Resultaten überein, als die Leitform der Traktate und Briefe auch in Pflugs Texten Präsens ist, während einzelne ergänzende Fakten, „die unmittelbar auf den Redemoment bezogen sind“ (Guchman / Semenjuk 1981, 112), im Perfekt stehen. Die Traktate, die Briefe, der Dialog und die Anleitung zum Predigen weisen Präsens als Leitform auf. Dennoch sind in den Briefen, im Dialog und zusätzlich in den Predigtmanuskripten Beispiele für die Verwendung von Präteritum und Perfekt und für eine Begünstigung des Perfekts gegenüber früherem Präteritum vorhanden. Julius Pflug verzichtet nicht vollständig auf das Präteritum, doch reduziert seine Verwendung. Am häufigsten weisen also die Predigten Präteritalformen auf – allerdings unter Einflussnahme der Bibelübersetzung in den narrativen Teilen. Verhältnismäßig oft zeigt auch das fiktive Streitgespräch Präteritum,240 selten die Briefe und kaum die Traktate und Anleitung zum Predigen.
A3.3.4 Pränominales Genitivattribut vs. uneigentliches Kompositum „Nominalgruppen mit vorangestelltem Genitiv berühren sich vielfach in ihrer Form und in ihrer Semantik mit dem ‚uneigentlichen‘ Kompositum“ (Reichmann / Wegera 1993, 338).241 Im 16. Jahrhundert sind diese Konstruktionen, die eine Eindeutigmachung durch den Artikelgebrauch erforderten oder durch Normierungen in der Getrennt- und Zusammenschreibung als Wortgruppe oder Kompositum klassifiziert werden könnten, noch oft vertreten, so auch bei Julius Pflug. Für die Autografe Pflugs werden die Belege in Anlehnung an die Klassifikation von Reichmann / Wegera (1993, 338f.) eingeordnet. Diese wird um Typ 1242 ergänzt. Damit ergeben sich folgende Typen: Typ 1: Artikel / (Pronomen) + attributives Substantiv + Kernsubstantiv, wobei der Artikel im Genitiv steht und sich auf das attributive Substantiv bezieht, z.B. der kirchen vorbot Typ 2: Artikel / (Pronomen) + attributives Substantiv + Kernsubstantiv, wobei sich der Artikel sowohl auf das attributive Substantiv als auch auf das Kernsubstantiv beziehen kann, z.B. des reichs tags Typ 3: attributives Substantiv ohne Artikel + Kernsubstantiv, z.B. aus gots schickung 240
Zu beachten ist, dass es sich bei dem Dialog um den quantitativ umfangreichsten Text des gesamten Korpus handelt und somit eine größere Anzahl der Beispiele verzeichnet werden kann. Es geht jedoch um die Aufzeigung einer Tendenz, nicht um eine Quantifizierung der Belege. 241 Vgl. Nitta (1987, 400): „Die sogenannte ‚uneigentliche‘ Zusammensetzung ist eine Verbindung zweier substantivischer Konstituenten, von denen die erste eine Kasusform des Genitivs hat. Dabei ist aber oft nicht eindeutig festzustellen, ob es sich in der Tat um ein Wort handelt oder eher noch um eine syntaktische Verbindung zweier selbständiger Substantive.“ 242 Vgl. Nitta (1987, 407).
A3.3 Syntaktisches
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Typ 4: Artikel / Pronomen + attributives Substantiv + Kernsubstantiv. Der Artikel bezieht sich eindeutig auf das Kernsubstantiv, z.B. den Stiefts stenden Die Typen 2 und 4 berühren sich insofern, als sich Typ 2 mit Typ 4 deckt, wenn sich der Artikel nach einer der möglichen Interpretationen auf das Kernsubstantiv bezieht. Typ 1: aber der kirchen meinung ist nit gewesen (DIAL.1, fol. 42r); durch unfruchtbare meinet der heiden vorsamlung (DIAL.1, fol. 44r); so fern er zcu seiner seelen heil sal gefordert werden (DIAL.1, fol. 73r); kan man leicht abnemen, wurauff der kirchen tradition, welche gar sewberlich und grundtlich aus der schrifft gezcogen, ruhe (DIAL.2, pag. 9dv); ist einem idem menschen zcu seiner seelen heil vonnoten (TRAKT.LIPS, pag. 12); weil man dieses sacraments gebrawch und vorordenung in der heiligen schrifft findet (TRAKT.LIPS, pag. 37); ein schwert und zcoge es aus und schluge des hohen priesters knecht (PRED, pag. 5); und wolle got diese laer seines heiligen worts zcu unserer seelen heil nucz und fruchtbar machen (PRED, pag. 95); dar in der sunde und des tewffels gewalt stehen (PRED, pag. 114); aus eigner gotlicher gewalt des tewffels stricke hette zcereissen (PRED, pag. 121f.); in / von der kirchen regiment (TRAKT.AM, pag. 8); das der kirchen vorbot (TRAKT.AM, pag. 14); Item weil sich des Capittels gesantten zcu Zceicz haben lassen vornemen (BRIEF F); Des reichstag handelungen haben annher hie nach nit angefangen (BRIEF N) Typ 2: sich der kirchen emptere understehen (DIAL.1, fol. 166v); und die bewerten der kirchen historien (TRAKT.AM, pag. 2); unser kirchen gewalt (TRAKT.AM, pag. 6);243 ist der kirchen sanfftmutikeit gemes (TRAKT.AM, pag. 8); auch unserer kirchen notdorfft (TRAKT.AM, pag. 16) Typ 3: dadurch besserung geschafft, gots ehere erhalten (...) werde (TRAKT.LIPS, pag. 1); rewberei, todschlage, gotslesterung und ander dergleichen zcupredigen (PRED.ANL, pag. 222); und zcum gebete ist das volck vornemlich zcuermanen und zcu gots dinst, dan doran (PRED.ANL, pag. 223); so bekant er freihe, das er gots son were sprechend (PRED, pag. 26); angesehen das beides gots gaben seind (PRED, pag. 81); last uns gedencken, was wir vor eine schwere sewch und sunde mit uns aus mutter leibe gebracht (PRED, pag. 113); mit gots hulffe gedencke ich auch balt des orts zcu sein (BRIEF M) Typ 4: fechten wir als eine menschensaczung an und nit one ursach (DIAL.1, fol. 25v); aber unsere kirchen ordenung ist gots gebot in (DIAL.1, fol. 26r); und vorworff den guten alten kirchen gebrawch (DIAL.1, fol. 41v); und diese unsere gesprechs handelung continuiren (DIAL.1, fol. 57r); solch wort hat auch der heilige gots son nach seiner himmelfart (DIAL.1, fol. 123v); aus unsern grossen reichs steten vornommen (DIAL.1, fol. 139r); des volcks den scheids briff im gesecze nachgelassen (DIAL.1, fol. 243
Es wird angenommen, dass es sich bei unser um eine apokopierte Form handelt.
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172v); moyses hat euch den scheidbriff erlewbet (DIAL.1, fol. 173v); die menschen saczungen las ich nit gut sein, (...) das man vorgeblich solche menschen gebot lere (DIAL.1, fol. 206r); so ist es auch sonsten one not, die kirchen gebrawch nach dem gebrawch der ersten kirchen (TRAKT.LIPS, pag. 22); in der rheinen christlichen laer auch in den kirchen gebrawchen einig sein (TRAKT.LIPS, pag. 45); nennet icztberurte warhafftig bekantnus eine gots lesterung (...) iczt habt ir seine gotslesterung gehoret (PRED, pag. 30); dorauff zcu christo als den im rechten gnaden stuel durch seinen glawben (PRED, pag. 76); damit er sein seelenheil nicht vorschlosse (PRED, pag. 83); was er allenthalb mit den Stieffts stenden hat zcur Nawmburg, do er Amsdorfft eingesaczt, handeln lassen (BRIEF G); und wiewol unsere breuir und kirchen gesange nit ubersehen habe (BRIEF L); hat algereit an unsere lands stende eine ansehenliche trostschrifft (BRIEF V) Typ 1 und Typ 4 stellen zwei Pole einer Skala dar. Der Artikel bezieht sich bei Typ 1 auf das pränominale Genitivattribut. Eine andere Extremposition vertritt der Typ 4, da er den Komposita am nächsten steht bzw. die unter ihm verzeichneten Wortgruppen, bei denen der Artikel auf das Kernsubstantiv Bezug nimmt, schon als solche bezeichnet werden könnten. Die Beispiele sein seelenheil / unserer seelen heil zeigen die noch nicht gefestigten Strukturen. Pflug verwendet die Wortgruppe noch als pränominales Genitivattribut, aber auch schon als Kompositum. Diese Typen 1 und 4, insbesondere ersterer sind in den Texten Pflugs am häufigsten belegt, selten hingegen das uneigentliche Kompositum des Typs Nr. 2. Ähnlich wie van der Elsts (1988) Untersuchung für die Verteilung der Genitivattribute und deren Stellung in Dürers ‚Befestigungslehre‘ ergibt die vorliegende Analyse eine deutliche Dominanz der dem substantivischen Kern nachgestellten Genitivattribute.244 Oft scheint die pränominale Verwendung des Genitivattributs gegenüber der postnominalen lexemgebunden an kirche (z.B. kirchen gebrawch, -ordnung, -meinung, -gebot), got (z.B. gots ehere, -lesterung, -dinst, -schickung, -son) und seele (z.B. gehäuft in seelen heil) aufzutreten und somit eine Überlagerung mit den ‚uneigentlichen‘ Komposita möglich zu machen. Im Fall von kirche(n) und seele(n) wird die Bildung uneigentlicher Komposita durch die schwach flektierten Formen (im Dat. Sg., Gen. Sg. und selten im Akk. Sg.) begünstigt (s. Kap. A3.2.1.4). Die Belege scheids briff und scheidbriff für Typ 4 zeigen sowohl die Unsicherheit in der Einfügung des Genitiv-s als auch in der Getrennt- und Zusammenschreibung, die in den Autografen Pflugs keinen einheitlichen Regeln folgt. Eine textspezifische Verwendungsweise ist nicht erkennbar. Solms (1999, 236) stellt für theologische und kirchliche Texte des 16. Jahrhunderts fest, die Verwendung von Substantivkomposita sei selten. Typ 4, der den Komposita am nächsten steht, belegt zwar nicht, dass es sie häufig gegeben hat, doch dass die Anlagen für ihre Ausbildung und dadurch auch zur lexikalischen 244
Vgl. van der Elst (1988, 329): Von 400 berücksichtigten Substantivgruppen und darunter enthaltenen 70 Genitivattributen sind 19 voran- und 51 nachgestellt.
A3.3 Syntaktisches
125
Spezifizierung gegeben sind. Die von Pflug benutzten Beispiele (des vierten Typs) Gnadenstuhl, Gottesdienst, Gottesgaben, Gotteslästerung, Gottesschickung, Gottessohn, Gottesstrafe, Landesgebrauch und Landesstände sind im FWB belegt und schon als lexikalisierte Komposita anzusehen, wodurch diese Fälle trotz fehlender regelhafter Getrennt- und Zusammenschreibung bei ihm Belege für Komposita sein können. Eine Korrektur Pflugs in DIAL.1 verdeutlicht die Unsicherheit in der Verwendung von Komposita gegenüber pränominalen Genitivattributen. Pflug korrigiert in so meine ich die nit, sondern die kirchen saczungen (fol. 206v) zu (...) der kirchen saczungen.
A3.3.5 Begründende Konjunktionen Als begründende Konjunktionen bzw. kausale Ausdrücke sind in den Autografen Pflugs folgende belegt (sortiert absteigend der Häufigkeit nach): dan (den), weil, nachdem, angesehen das,245 in ansehung das, da, darumb das und sintelmal. Deutlich dominiert in fast allen Texten dan. Die zweithäufigste kausale Konjunktion ist weil. In DIAL.1 stehen den ca. 160 Belegen für kausales dan ca. 180 Beispiele für begründendes weil gegenüber. In PRED und PRED.ANL überwiegt dan, während weil häufig auftritt. In den Traktaten ist die Anzahl der Belege geringer: TRAKT.LIPS hat 17 Mal dan und 19 Mal weil, TRAKT.AM sieben Mal dan und neun Mal weil. In den Briefen ist die Zahl der dan- und weil-Belege ausgeglichen. Nachdem und angesehen das sind selten, aber dennoch in fast jedem Text kausal verwendet.246 Kausales wan / wen, das sich im Süden bis in die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts hält (Reichmann / Wegera 1993, 473), steht bei Julius Pflug fast ausschließlich konditional.247 dan / den Damit wir aber eigentlich vornemmen mogen, wie es umb diesen glawben gelegen, ist vonnoten, das er underscheiden werde von dem glawben der tewffel und der gotlosen menschen, dan der tewffel glewbet wol, das got got sei, aber mit keinem vortrawen (TRAKT.LIPS, pag. 4f.); und nehert sich zcu Iesus in zcu kussen, dan er (...) hatte inen ein zceichen geben, und gesagt, welchen ich kussen werde, der ists (PRED, pag. 4f.); das die beiden gestalt des sacraments zcu gotlichen rechten dem leihen nachgelassen werden, dan was solch recht nit gebewtet noch vorbewtet, das stellet es frei (TRAKT.AM, pag. 2) 245
Kausale Verwendung bei Pflug, auch wie in FWB I, 1161 in der Bedeutung von ‚im Hinblick darauf, dass (...)‘ / ‚in Anbetracht der Tatsache, dass (...)‘. 246 In DIAL.1 und TRAKT.LIPS gibt es zwölf Belege, in PRED und TRAKT.AM fünf, in PRED.ANL sechs und in den Briefen drei Belege. 247 Wan man aber diesen artikel auch auff die ihenigen, so nach emphangener tawffe widerumb gefallen, zcihen wolte, ist es an deme, das (...) (TRAKT.LIPS, pag. 3); Nun saget mir, wan ich ewere religion annemen wolte, wuehin ich mich doch halten solte: zcu euch Wittenbergern ader euch Ihenischen? (DIAL.1, fol. 3v).
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A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
weil im fal, da ichs gleich thun wolte, wuste ich doch nit, weil ir confessionisten undereinander so gar getrennet und zerlumpt seid, wuehin ich mich wenden (...) solte (DIAL.1, fol. 2r); und sal dis mittel der gotlichen gnade deste weniger vorachten, weil er alhie stehet wie in einem kampff umb sein leben (DIAL.1, fol. 135v); als die ire sunde und missethaten nit erkanten und durch ir hassig, neidisch und vorbittert gemute, weil sie sorge trugen, christus werde ir regiment darnider legen (PRED, pag. 29) nachdem Selten wird nachdem kausal verwendet, auffällig oft in Nürnberger Quellen des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts (Reichmann / Wegera 1993, 475). Dass hier ein „südlicher“ Einfluss auf Pflugs Schreibsprache vorliegen könnte, ist zwar möglich, aber die geringe Anzahl der Belege im Vergleich zu den anderen begründenden Konjunktionen lässt nur eine Vermutung zu. Aufgelistet werden zunächst Beispiele für nachdem mit eindeutig kausalem Charakter. und nachdem dise kirche die waren eigenschafften hat der waren und einigen kirche (...) so ist sie auch klarer dan alle andere hawffen (DIAL.1 (S, fol. 27rf.)); und nachdem got in das herczen des menschens sihet, lest er ime die eusserliche gerechtikeit des geseczes, (...) keins wegs gefallen (DIAL.1, fol. 69r); Nachdem er fleischlich und der liebe gots mangelt, so lest dennoch got, unser herre, diese frummekeit des lebens mit zceitlichen gaben nit unbelonet (TRAKT.LIPS, pag. 13); nachdem dasselbtige bei vilen zcu dieser zceit in vorachtung (...) gestelt wirt (...) ist an im selber war und gut alleine, das nit alleine gebeicht werde (TRAKT.LIPS, pag. 17); zcum vierden ist die liebe zcupredigen, (...) nachdem der selbe glawbe sonder die begir christi und seiner gerechtikeit nit sein noch bstehen mag (PRED.ANL, pag. 218) Auch wenn Pflug nachdem noch vorrangig kausal benutzt, überschneiden sich in einigen Beispielen temporale Nuancen mit der kausalen Verwendungsweise: was aber der zcufelligen dinge seind, welche nach gebrawch der kirchen darneben und an in selber gut seind, gehalten werden, ob die gleich im anfange der kirchen dermassen nit geubet, sollen sie dennoch nichts deste weniger, nachdem sie also eine lange zceit einhelliglich in der kirchen gebrawcht seind, erhalten und keines wegs abgethan werden (TRAKT.LIPS, pag. 22); dan nachdem die anstosenden lande sampt iren fursten und potentaten sich dem gebrawch der genissung des sacraments under beider gestalt anhengig gemacht, (...) ist leicht zcubedencken, wie man nun zcur zceit dem leihen dieser lande weren moge, das er das sacrament under beider gestalt nit emphahe (TRAKT.AM, pag. 5f.); und nachdem ich des transsumpts der alten briffe und Instructio, welchs von Zceicz ir bekumen, auch friczen zcustellen lassen, dan ich werde solchs
A3.3 Syntaktisches
127
alhie in unsern sachen bdorffen, so trage auch sorge, do mans bei euch innen wurde, das mans euch widerumb abdringen wolte, dan der tewffel fewret nicht (BRIEF F) angesehen das Kausal findet dieser konjunktionale Ausdruck hauptsächlich in DIAL.1 und TRAKT.LIPS. Jeweils einen Beleg gibt es in PRED und TRAKT.AM. so wil mir gleichwol nit geburen, das ich solche gots gabe gering scheczen und vornichte, angesehen das der, welcher gots gnedige gaben vorachtet, nit demutig, sondern undanckbar bfunden wirdet (DIAL.1, fol. 83v); deste weniger wil uns geburen, under einander zcuzcancken und spaltungen zcumachen. angesehen das solche absonderungen und sectenwerck des fleischs seind (DIAL.1, fol. 189r); so wil sich auch die trennung der dinge, welche man nach gebrawch der gemeinen christlichen kirchen neben diesem sacrament zcu sonderlich andacht und guter erinnerung der glewbigen gebrawcht, nit wol leiden, angesehen das solchs christlicher enikeit zcuwider (TRAKT.LIPS, pag. 19); das aber die leihen in die wahele solten gezcogen werden, wil nit ratsam sein, angesehen das solchs zcu auffrur, grossem unwillen und zcu spaltungen worde ursach geben (TRAKT.LIPS, pag. 34) angesehen das hat Berührungspunkte mit der Semantik des vergleichenden wie in einem Komparativsatz. Modal-vergleichende Bedeutung ist in folgenden Beispielen denkbar: weil solchs nit ein schlechter irsal, sondern ein antichristische vorfurung ist, angesehen das der prophet daniel klar zceiget, das der antichrist neben andern der christen eusserlich (DIAL.1, fol. 183r); zcuforderst weil die kirche in solchen dingen nit pfleget zcuirren nach wider die schrifft zcuhandeln, angesehen das sie nach apostolischer laer eine sewle und grundtfeste der warheit ist (DIAL.1, fol. 190rf.); also hatt er durch seine gnade dem schecher den rechten glawben eingeben, angesehen das beides gots gaben seind, die busse und der glawbe (PRED, pag. 80f.) Mit dem modalen angesehen das berührt sich die Konjunktion inmassen, die in keinem Fall in Pflugs Autografen kausal belegt ist.248 in ansehung das Diese Fügung ist insgesamt nur zwei Mal in den Autografen vorhanden – in beiden Fällen mit kausalem Charakter.
248
Beispiel: sondern auch doctores und lerer seiner kirchen zcu derselbten erbawung gegeben, inmassen der heilige paulus zcewget (DIAL.1, fol. 194r).
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wir sollen auch in keinen heiligen glewben, in ansehung das beides gotte allein geschehen sal (TRAKT.LIPS, pag. 42); solchs haben vil lewte vor Cayphais prophetei geachtet, in ansehung das er mir wider seinen willen der warheit gezewgnus hat geben (BRIEFE A–V) da: „Da / do findet sich mit kausaler Färbung vor dem 17. Jh. nur in zerstreuten Fällen.“ (Reichmann / Wegera 1993, 475). Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts würde kausales da in vielen Texten gebraucht. Dementsprechend wenige Beispiele gibt es in den untersuchten Autografen,249 häufig kommt da in lokaler oder konditionaler Verwendung vor. Besonders in den Fällen, die eine kausale Interpretation zulassen, ist auch die konditionale bzw. temporale möglich.250 Ia, da wir unserer kirchordenung nachgehen, so lassen wir unsere offentliche wucherer auf die geweiheten stellen nit begraben (DIAL.1, fol. 24v); und da wir deme, welchs dis fals unsere notdorfft erfordert, nachkommen wollen, sollen wir solche gots gaben nicht vorachten noch gering schatzen (DIAL.1, fol. 83vf.); und da der mangel nit mehe an uns dan an irer heilikeit gewesen, wurde iczunder sich niemands des sacraments halber zcubeschweren haben (DIAL.1, fol. 165v); neben deme das sich bfindet, das solcher gebrawch gut ist, so fern er one aberglawben geschihet, welcher dan leicht mag vormiden werden, da wir die bilder nit anbeten nach unsere hoffnung darein stellen (DIAL.1, fol. 199r) darumb das Lediglich drei Mal im gesamten Korpus ist darumb das kausal in DIAL.1 belegt. und so sie gotte nit gefallen solte, darumb das sie von ime nit gebotten weren, wurde christus mit berurten seinen rathen nit wider gots willen gehandelt haben (DIAL.1, fol. 113v); halb mochte altaria auffrichten, wie im buch iosue geschriben stehet. Wurumb? darumb das solchs nit under sondern ausserhalb des geseczes vorgenommen wurde (DIAL.1, fol. 207r); und da sie got nit gefallen solten, darumb das sie von ime nit gebotten weren (DIAL.2, fol. 111) Im zweiten Beispiel setzt Pflug im Dialog in der Person Ditterich das stilistische Mittel der rhetorischen Frage ein, um seine Überzeugungsarbeit zu verstärken. Er „äußert einen Satz, fragt sich selbst, indem er eine Responshaltung seines Dialogpartners einnimmt, nach der Begründung für den geäußerten Satz und gibt sich dann selbst die Ant249
In DIAL.1 sind ca. 5–10 Belege für kausales da zu zählen. Dabei lässt sich bei einigen Belegen nicht eindeutig bestimmen, ob kausaler oder konditionaler Charakter angenommen werden muss. 250 Vgl. Arndt (1960, 243): „Im Mittelhochdeutschen scheint dô im kausalen Sinne nicht weit verbreitet gewesen zu sein. Erst aus dem Frühneuhochdeutschen haben wir wieder ziemlich sichere Belege, doch schwingt auch jetzt ein temproaler Beiklang kräftig mit.“
A3.4 Lexik
129
wort.“ (Eroms 1980, 86f.)251 Dieses Stilmittel verwendet er auch in veränderter Form mit korrespondierendem dan: das es niemands ergerte. Wurumb? Dan es geschihet nit aus vorachtung der kirchen (DIAL.1, fol. 209r). sintelmal Es handelt sich um einen Einzelbeleg im fiktiven Streitgespräch. zcum erben uber alles, durch welchen er die welt selig gemacht hat (...), welcher sintelmal er ist der glancz seiner herlikeit und das ebenbilde seines wesens, treget er alle dinge mit seinem krefftigen worte (DIAL.1, fol. 123rf.)
A3.4 Lexik Varianten einzelner Lexeme wurden u.a. im Anschluss an Besch (1967), Ising (1968) und Musseleck (1981) in Form von Stichproben mit dem Kriterium der regionalspezifischen Verwendung untersucht.
A3.4.1 nicht, nit Die heutige schriftsprachliche Form gilt als charakteristisch für das ostmitteldeutsche Gebiet und taucht nur vereinzelt im Bairischen und im Ostfränkischen auf (Besch 1967, 201ff.). Nit (nút, niet, neit) begegnet verstärkt im Süden (besonders im Südwesten) und im Westmitteldeutschen (ebd., 203). Otto (1970, 284) spricht für die einzelnen Belege der Schreibung nit gegenüber vorherrschendem nicht in der Zeitzer Kanzleisprache von oberdeutschem, vor allem nürnbergischem Einfluss. Pflug hebt sich von der Schreibtradition des Gebiets um Zeitz / Naumburg ab, indem er in fast allen Texten überwiegend nit schreibt.252 Aufgrund der Länge der Texte enthält der Dialog die größte Anzahl der Belege für nicht / nit (703), gefolgt von PRED (235). Mit Ausnahme der Predigtmanuskripte überwiegen in den Schriften Pflugs die nit-Belege um ein Vielfaches gegenüber den nichtFormen. Im Traktat zum Laienkelch (TRAKT.AM) existiert kein einziger Beleg für nicht, im Traktat zum Leipziger Religionsgespräch (TRAKT.LIPS) nur vier im Vergleich zu über 90 nit-Belegen. Der Dialog weist knapp 650 nit-Belege, jedoch nur ca. 70 nicht251
Eroms (1980, 86f.) führt Beispiele dieser Art an, um die Herkunft von hwanta aus dem Fragepronomen zu erklären. Pflug setzt diese Konstruktion zu rhetorischen Zwecken im fiktiven Streitgespräch ein. 252 Ein manuelles Erfassen der Belege ergab das jeweils folgende Verhältnis von nicht : nit: DIAL.1 (1:8,6), DIAL.2 (1:53), TRAKT.LIPS (1:29,7), PRED.ANL (1:9), TRAKT.AM (1:100), BRIEFE (1:26). Nur in PRED ist das Verhältnis ein nahezu umgekehrtes: nit : nicht (1:2,41).
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A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
Formen auf. Pflug entscheidet sich also deutlich für die „südliche“ Variante. Umso auffallender ist die Abweichung in den Predigtmanuskripten. Untersucht wurden drei Passionspredigten aus einer Predigtreihe – die zweite, die fünfte und die sechste – und kurze Texte zu verschiedenen Sonntagen des Kirchenjahrs. Nur in der zweiten Predigt der Reihe treffen die oben angeführten, für die anderen Texte gültigen Aussagen zu: Sie enthält sieben Mal die Form nicht, aber ca. 70 Belege für nit. Sowohl in der fünften und der sechsten Predigt als auch in den Sonntagsevangelien dominieren die nicht-Formen. Die fünfte Predigt hat kein einziges Mal nit, die sechste Predigt und die Sonntagsevangelien haben jeweils nur einen Beleg dafür. Um diese vom Übrigen abweichenden Ergebnisse zu überprüfen, wurde die Verwendung von nit / nicht in weiteren Texten der Predigtsammlung253, in der offensichtlich drei verschiedene, unvollständige Reihen von Predigten bzw. Sonntagsevangelien enthalten sind, betrachtet, jedoch unter alleinigem Bezug auf die Originale, ohne Transkripte anzufertigen. Das Ergebnis wurde bestätigt: in der vierten Predigt254, in der Predigt vom passion und creucz255, in sechs Sonntagsevangelien256 und einem Text zum tage petri und pauli257 gibt es kaum nit, nur als Einzelbeleg in der vierten Predigt.258 Dieser für Julius Pflug untypische Gebrauch der ostmitteldeutschen Form nicht ließe sich mit der Konzeptionalität der Texte erklären. Die Predigten orientieren sich in gewissem Grad an der Mündlichkeit.259 Pflug könnte sich bei der Anfertigung der Predigten zugunsten der regional gebräuchlichen Variante entschieden haben, um Verständlichkeit zu gewährleisten. Das würde die Bevorzugung der ostmitteldeutschen Form erklären. In der Anleitung zum Predigen260 entspricht die Verteilung von nit und nicht dem üblichen Gebrauch Pflugs: nur drei Belege für nicht, jedoch 36 Mal nit. Die Adressaten dieser Anleitung werden Pflugs Schüler und andere Theologen gewesen sein. Für diesen Text ist also ein anderer Adressatenkreis anzunehmen als für die Predigten. Das spräche für die Vermutung, Pflug passe sich in der Wahl der Wortform den für den Adressaten bekannten bzw. regionalen Varianten an. Ein Einfluss der von Pflug benutz-
253
Zeitz Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23. Zeitz Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23, pag. 243–263 und 309–337. 255 Zeitz Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23, pag. 265–296. 256 Zeitz Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23, pag. 157–171, 175–186, 203–212, 231–240, 299– 307. 257 Zeitz Stiftsbibliothek, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23, pag. 187–199. 258 Die „plötzliche“ Dominanz von nicht könnte auch mit der Abfolge der Texte in der Predigtsammlung zusammenhängen. In der ersten und zweiten Predigt entspricht die Verteilung noch der in den anderen Texten. Die dritte Predigt fehlt in der Sammlung und ab der vierten Predigt meidet Pflug nit nahezu. Die fehlenden Hinweise auf eine Datierung der Predigtmanuskripte erschweren die Interpretation dieser Befunde. 259 Vgl. (Wolf 1996, 139): Eine Predigt ist an die Gläubigen gerichtet und „zunächst gesprochenes Wort, dessen Verschriftlichung immer auch den Ausgangstext grundlegend ändert.“ 260 Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23 pag. 215–230. 254
A3.4 Lexik
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ten Bibelübersetzung ist auszuschließen, denn sowohl in den aus der Bibel zitierten Passagen als auch in den exegetischen Teilen liegen die beschriebenen Verhältnisse vor.
A3.4.2 ane, one Die Bestimmung der a- oder o-Graphie in der Präposition mhd. ân(e) wird dadurch erschwert, dass die Schreibungen keine eindeutigen Lesungen erlauben. Dennoch ist erkennbar, dass ane in DIAL.1 (mit über 80 Belegen gegenüber einem Einzelbeleg one und zwei Mal on), PRED (ausschließlich ane) und den Briefen (insgesamt nur 8 Belege, davon 6 Mal ane) die Mehrzahl der Belege ausmacht. In TRAKT.LIPS (von 13 Belegen neun mit o-Graphie: one /3/ – on /6/), DIAL.2 (one (44), on (1), ane (1)), PRED.ANL (nur on / one) und TRAKT.AM (nur one) ist es umgekehrt. Pflugs Verhalten entspricht dem der Zeitzer Kanzleischreiber, die ane bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts verwenden, nach Otto (1970, 284) „südlicher“ Einfluss. Die a-Graphien sind allerdings schon im 15. Jahrhundert für das thüringische und obersächsische Gebiet belegt, wenn auch one vorherrscht (Frnhd. Gr. I/1, 244f.).
A3.4.3 lestern, schenden, schmehen, spotten Wird das Glossar Adam Petris im Blick auf oberdeutsche Charakteristika und Lexeme, die im Oberdeutschen nicht verwendet wurden, ausgewertet, erscheint ein negatives Ergebnis für höhnen, das durch „spotten, schenden, schmähen“ ersetzt ist (Musseleck 1981, 186). Pflugs Texte bezeugen (ver)spotten und schmehen, verhonen und lestern in zum Teil synonymer Verwendung (und in Doppelformeln), aber auch mit semantischer Spezifizierung.261 Es ist kein Beleg für schenden vorhanden. Das Nomen hon tritt mit spot in Form eines Hendiadyoins in den Briefen auf. Ebenfalls gebraucht wird verhonung. DIAL.1: wie konte doch einer christum mehe schmehen und lestern (fol. 86r) PRED: er hat got gelestert (pag. 30); lassen auch neben ime zcwene offentliche ubeltheter und rewbere richten, auff das der unschuldigste man deste mehe vorhonet, geschmehet, gelestert (pag. 54); die voruber gingen, lesterten in und schuttelten ire kopff (pag. 58); es spotten auch seiner die regenten (pag. 58); Desgleichen schmeheten in auch die morder (pag. 59); dieser bosen und heslichen tad auch anhengung gemacht und christum helffen vorspotten und gesprochen (pag. 73) 261
Z.B. in (PRED, pag. 54) vorhonet, geschmehet, gelestert kann es sich um drei synonym verwendete Verben, die verstärkend aneinander gereiht sind, handeln. Allerdings ist auch die folgende Spezifizierung denkbar: vorhonet ‚(wortlos) durch Handlungen Spott mit jm. treiben‘, geschmehet ‚verachten‘, gelestert ‚mit Worten verspotten‘.
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BRIEFE A–V: das bei ime nichts anders dan hon und spot moget erlangen
A3.4.4 zur ehe greiffen, heiraten Das Wort freien sei im Oberdeutschen nicht bekannt gewesen und im Mitteldeutschen vorherrschend. Dietenberger (1534/40) wählt dafür zur ehe nemen / greiffen (Musseleck 1981, 186), so wie es auch von Pflug bevorzugt wird. Er benutzt kein einziges Mal freien, doch vier Mal zur ehe greiffen / nemen und drei Mal heiraten. DIAL.1: da einer in stehender ehe mit seinem ersten weibe eine andere zcur ehe nimmet (fol. 16r); vil weniger inen nachlassen moge, zcur anderen ehe zcugreiffen. (fol. 19v); ein ide person, so zcur ehe greifft (fol. 176r); wan man fraget, welchs besser sei, zcu heiraten ader im herren leben, zcu ligen, antworte ich nach apostolischer laer und der regel der vornunfft, das besser sei zcuheiraten (fol. 228v)
A3.4.5 gehorsam sein, gehorchen Zwischen Luthers Bibelübersetzung und den katholischen Korrekturbibeln gibt es Unterschiede in der Verwendung des Verbs gehorchen und der synonymen Konstruktion mit einer Form von sein: gehorsam sein. Im Oberdeutschen fehle gehorchen ganz (Musseleck 1981, 187f.), so auch bei Julius Pflug. Er verwendet gehorsam sein, gehorsamlich nachkommen und gehorsamen. DIAL.1: derhalb sal er dem willen und gebotten gots vleissig gehorsamen, das arge meiden und das gute thun (fol. 98r) TRAKT.LIPS: das der glewbend dem willen gots, so vil es menschlich, gehorsamlich nachqweme (pag. 5) PRED: das er auch gehorsam worden bis in tod (pag. 9); sondern viel mehe geneigt were, dem willen gots gehorsamlich nach zcukommen (pag. 15) DIAL.2: wirdet er doch, wan er zcu seiner zceit nit got gehorsamet, wan er ime gehorsamen kan und nit gute fruchte der werck thuet (pag. 50)
A3.4.6 vorstand, vornunfft Verstand und Vernunft beziehen sich beide auf eine geistige Fähigkeit und stehen im heutigen Sprachgebrauch in hyperonymischer Beziehung, die sich erst in der Aufklä-
A3.4 Lexik
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rung konstituiert haben soll (Ising 1968, 53).262 In TRAKT.LIPS und PRED ist nur vorstand, in PRED.ANL und TRAKT.AM ausschließlich vornunfft bezeugt, doch in DIAL.1 lässt sich aufgrund der Vorkommnisse beider Lexeme differenzieren in folgende Sememe: vorstand ‚Art, wie etwas verstanden wird‘, ‚in der Bedeutung von‘ DIAL.1: dis ist der vorstand der ganczen christlichen kirchen gewesen von anbegin derselbtigen und nach (fol. 37v); dan die dinge durch geburliche und notwendige distinction in rechtem und einhelligem vorstand zcubringen (fol. 111v); und zcu deme, das es der rechte und eigentliche vorstand der wort christi ist (fol. 144r) vorstand ‚Fähigkeit zu verstehen / denken‘ DIAL.1: wan er dem wort schlecht anhanget, nimmet den vorstand des menschens gefangen und underwirffet in gots worte (fol. 145v); geheimnussen gots, welche durch den naturlichen vorstand so wenig als das geheimnus der menschwerdung christi ergrundet werden (fol. 145vf.) vornunfft ‚geistiges Vermögen, Einsichten zu gewinnen‘ DIAL.1: und darf dieses gleich so wenig des grubelns der unuornunfftigen vornunfft als bei dem vorigen meinem bedencken (fol. 149v); solchs kan ein iden seine eigene vornunfft berichten (fol. 216r); antworte ich nach apostolischer laer und der regel der vornunfft (fol. 228v) In Pflugs Texten ist vorstand zwar häufiger belegt als vornunfft, ähnlich wie Ising (1968, 56) für das Gebiet, in dem Luther seine Übersetzung anfertigte, festhält. Doch die semantische Differenzierung, die sich erst noch herausbilden muss, ist besonders in DIAL.1 schon deutlich zu sehen.
A3.4.7 streit, krig, zcanck „Erst im 18. Jahrhundert wird Streit als allgemeine Bezeichnung des Waffenkampfes (...) abgelöst.“ (Ising 1968, 66) Diese Bedeutung wird dann nur noch von Krieg übernommen, das nicht mehr wie im Mittelhochdeutschen im Sinne von ‚Streitigkeiten‘ verwendet wird. Dafür breiten sich im 15. / 16. Jahrhundert Zank und Streit aus. Luther ist Krieg ‚Waffenkampf‘ schon geläufig, doch kommt auch Streit in dieser Bedeutung vor. Für Pflugs Texte ist nur im Dialog streit bezeugt; dort einerseits in der Bedeutung von ‚Auseinandersetzung, sachlicher Konflikt‘, andererseits noch mit der Komponente 262
‚Vernunft‘ bezeichnet einen dem Verstand übergeordneten Zustand, während ‚Verstand‘ zum einen die Fähigkeit, zu verstehen und zu denken, und zum anderen die Art, wie etwas verstanden wird, beinhaltet. Vgl. DUW, 1710 Sp. 3 und 1721 Sp. 2.
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A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
eines heftigen Kampfs, der kriegerische Ausmaße annehmen kann. Eine Abstufung erfolgt durch den Einzelbeleg streitiges und durch zcang / zcanck für ‚Wortwechsel‘. streit ‚Auseinandersetzung‘ DIAL.1: wurinnen sie mit den Wittenbergischen zcwispaltig? (...) ist der streit zcwischen euch umb geringe ding, das man ewre spaltung mochte unschedlich nennen? (fol. 3r); Niklas: in deme ist auch kein streit zcwischen uns (fol 193v) streit ‚Kampf, kriegerische Handlung‘ DIAL.1: zcuforderst weil das fleisch im menschen dem geiste nit gar underworffen wirdet, so lange er alhie lebet, sondern es bleibet ein steter streit zcwischen inen (fol. 105vf.); weil er alhie stehet wie in einem kampff umb sein leben, wie iob spricht, ein steter streit ist auff erdtreich, da wider den tewffel (fol. 135v) streitiges ‚Wortwechsel‘ DIAL.1: Niklas: alhie ist nichts streitiges (fol. 132r) zcang / zcanck ‚Wortwechsel, sachlicher Konflikt‘ DIAL.1: dan wiewol ich nit gern newere in solchen dingen, so habe ich doch nit lust zum wort zcang (fol. 118v); so dienet sie auch zcu abwendung allerlei unnotdorfftigs zcancks, der zcu nichts anders dienet, dan die zcuhorer zcuuorkeren (fol. 162v); und nachdem wir gleichwol (...) eins bliben, haben wir got hoch zcudancken, dan es ist sonsten alzcuuiel zcancks eingefallen (fol. 196r)263 Krieg wird nur für ‚kriegerische Auseinandersetzung‘ und in Komposita wie krigshawptman, krigslewte, krigsknechte gebraucht. krig PRED: wir erfaren teglich, was unserer nachparn hoher bschwerung begegnet, da mit brandscheden, da mit schweren kranckheiten, da mit krige und blutvorgissen (pag. 136) PRED.ANL: so seind auch in sonderheit die unfelle zcubewegen als tewerung, pestilencz und krig, welche straffen gots seind (pag. 222) BRIEFE A–V: Dan wie ich aus allem umbstenden bfinde, so hat got seine rute und geischel uber uns ausgestrecket, welchs die krige, so sich hinwider grawsamlich anlassen, (...) wol ausweisen; Der krige zcwischen Keiserliche Maiestat und Franckreich; Ich vorsehe mich keines krigs, so fern die protestirenden wirden fride halten.
263
Auch als Verb zcancken: deste weniger wil uns geburen, under einander zcuzcancken und spaltungen zcumachen (DIAL.1, fol. 189r); als zcancken die unsern von unnotigen dingen. (DIAL.1, fol. 5r).
A3.5 Die Schreibsprachanalyse im Überblick
135
A3.4.8 preis Musseleck (1981, 187) kommt durch die Bibelübersetzung Emsers und Ecks und den Vergleich mit dem Glossar Adam Petris von 1523 zu dem Ergebnis, preis bzw. preisen seien im Oberdeutschen nicht bekannt gewesen. In den angeführten zwei Bibelübersetzungen ist geehret bezeugt, wo Luther preysset hat. In Petris Glossar wird preys durch lob / rhum ersetzt. Pflug kennt preis und gebraucht es oft zusammen mit lob in DIAL.1 und PRED nahezu formelhaft (dem sei lob, ehere und preis in ewigkeit.) Lob / loben kommt etwas häufiger vor als preis / preisen.
A3.5 Die Schreibsprachanalyse im Überblick Zusammenfassend werden die Merkmale der beiden in Pflugs Autografen erkennbaren Varietäten, Ostmitteldeutsch und Ostoberdeutsch, und damit nicht zuletzt die Züge einer ostmitteldeutsch-ostoberdeutschen Ausgleichssprache oder Sprachallianz (s. Kap. A3.5.1 und Kap. A4) sowie mögliche textspezifische Elemente (s. Kap. A3.5.3) herausgestellt. Kontrastiv erfolgt, wo möglich, die Gegenüberstellung mit zeitgenössischem Schrifttum unter besonderer Berücksichtigung der Zeitzer Kanzleisprache (s. Kap. A3.5.2).264 Dabei handelt es sich zunächst um eine deskriptive Auflistung, die im Anschluss zu interpretieren sein wird und anhand deren zu einem postulierten Spannungsfeld von Region und Konfession Stellung bezogen und ebendieses exemplarisch für Julius Pflug und seine Sprache unter Einbezug theologisch-historischer und philologischer Aspekte erläutert wird (s. Kap. A4).
A3.5.1 Ostmitteldeutsche und oberdeutsche Charakteristika Die folgende tabellarische Übersicht hält sich an die in der Schreibsprachanalyse vorgenommene Klassifikation nach Ebenen des Sprachsystems. Wenn hier in ostmitteldeutsche und oberdeutsche Merkmale klassifiziert wird, so wird das Eindringen oberdeutscher Merkmale in das Ostmitteldeutsche nur implizit im Sinne des möglichen Typus einer Ausgleichssprache (ostmitteldeutsch-ostoberdeutsche Sprachallianz), und werden die verschiedenen Ausprägungen der Parameter vorerst als jeweils selbständige Charakteristika verstanden, die zunächst für eine der Varietäten typisch waren. Aufgrund der biografischen Verankerung Pflugs im ostmitteldeutschen Gebiet interessieren in dieser Zusammenschau vor allem die abweichenden „südlichen“ Einflüsse, wenn sie auch für
264
Die Angaben dazu sind in den jeweiligen Kapiteln zur Schreibsprachanalyse zu finden. Die Anordnung in der tabellarischen Übersicht entspricht der der Kapitelreihenfolge.
136
A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
einzelne Variablen nur selten belegt sind.265 Hingegen ist durch die erwartbare Dominanz der ostmitteldeutschen Dialekteigenschaften266 nicht für jedes vereinzelt auftretende „südliche“ Merkmal zu belegen, dass die korrespondierenden ostmitteldeutschen Formen dominieren. Dazu dienen die ausführlichen Belegsammlungen in den jeweiligen Kapiteln. Ostmitteldeutsch
Ostoberdeutsch Graphematik
mhd. ei als , lexemgebunden monophthongiert zu
vereinzelt Synkope in be-
Labialumlaut von mhd. ou vor f, b – vereinzelt Synkope in ge/ in Verben, / in Substantiven a-Graphie in ader, nach ‚noch‘
vereinzelt mhd. b im Anlaut als
fehlende Umlautbezeichnung für u, o, uo
vereinzelt mhd. w als und mhd. b als
nicht-apokopierte Verbformen
für mhd. /mb/
nicht-apokopierte Substantivformen Lenisierung mhd. g teils als Spirans binnendeutsche Konsonantenschwächung Flexionsmorphologie Wechselflexion in den Verben der mhd. Klassen IIIb, IV, V
Reflexivpronomen Dat. Sg. / Pl.: im(e), ir, in(en)
Rückumlaut
vereinzelt -(e)n im Sg. schwacher Feminina epithetisches -e in 1. / 3. Sg. Ind. Prät. starker Verben
265
Dominieren sie, wird zu ihrer Frequenz keine Angabe gemacht. Lässt sich nur von schwach vertretenen Einflüssen sprechen, wird die Angabe „vereinzelt“ hinzugefügt. 266 Mit Dialekt ist Schreibdialekt gemeint.
137
A3.5 Die Schreibsprachanalyse im Überblick
, im Präsens starker Verben der mhd. Klasse II Verb sein: 1. / 3. Pl. Ind. Präs. wir / sie seind Wortbildungsmorphologie Präfix vor- für mhd. ver-
Suffix -nus Diminutiv -lein (Diminutiv selten belegt) Syntax
dominierender Negationstyp durch allein- Negation auch durch polynegative Varistehendes nit / nicht anten Perfekt statt erwartbarem Präteritum nachdem als begründende Konjunktion Negationspartikel nit Lexik zcur ehe greiffen / nemen (statt freien) gehorsam sein / gehorsamen (statt gehorchen) Tab. 4: Ostmitteldeutsches und Ostoberdeutsches in Pflugs Schreibsprache
A3.5.2 Vergleich der Schreibsprache Julius Pflugs mit einer Auswahl an zeitgenössischem Schrifftum Die Übersicht in Kap. A3.5.1 hat gemäß der Fragestellung, ob und inwiefern der konfessionelle Hintergrund mit varietätenspezifischen Merkmalen – am Beispiel Pflug – korreliert, zum Ziel, die ostmitteldeutschen Eigenschaften der Schreibsprache des Naumburger Bischofs den oberdeutschen gegenüberzustellen. Dieser aus der Analyse der Autografe resultierende deskriptive erste Teil der Zusammenfassung bedarf einer Interpretation. Zuvor wird noch der Vergleich der über den Gegensatz Ostmitteldeutsch-Oberdeutsch hinausgehenden Eigenschaften der pflugschen Schreibsprache mit zeitgenössischem Schrifttum unternommen. Dabei ist im Speziellen der Schreibgebrauch des Gebiets um Zeitz / Naumburg, im Allgemeinen der des ostmitteldeutschen
138
A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
Raums im 15. / 16. Jahrhundert von Interesse. Im Folgenden werden nur die jeweiligen Vorkommnisse aufgelistet, ohne die Literaturangaben zu wiederholen und detaillierte Belege anzugeben oder Aussagen zur Frequenz zu treffen.267 Merkmal
Schreibsprache Julius Pflugs
Vergleich mit frnhd. Schrifttum des 15. / 16. Jhs.268
Graphematik mhd. ei
Labialumlaut
stets
15. / 16. Jh. – omd.: , 16. Jh. – Zeitz: , , ,
selten in enander, ohem
16. Jh. – Zeitz, omd:
, – Verb , – Nomen
16. Jh. – Zeitz: , – Verb 16. Jh. – omd.:
a- / oader, nach, sal Graphie in ob, doch oder, noch, ob, doch, sol
15. Jh. – omd.: (auch ) 16. Jh. – Zeitz:
Umlautbezeichnung
Primär- und Sekundärumlaut fallen zusammen in ; Umlaut für mhd. u, o, uo nicht bezeichnet
15. / 1. Hälfte 16. Jh. – omd.: fehlende / seltene Umlautbezeichnung 16. Jh. – Zeitz: für verschiedene e-Laute
Apokope Verb
selten Apokope
15. Jh. / 16. Jh. – omd.: selten Apokope
Apokope Substantiv
selten Apokope
15. Jh. / 16. Jh. – omd.: selten Apokope
267
In dieser Zusammenfassung wird dahingehend vereinfacht, dass für die Variablen, die eindeutige Verteilungen zugunsten einer dominierenden Form aufweisen, die Gegenbelege nicht immer aufgelistet werden. Angaben zur Frequenz werden – wenn überhaupt – in folgender Abstufung aufsteigend gegeben: Einzelbeleg, vereinzelt, selten, gelegentlich, häufig, überwiegend, stets (s. dazu die detaillierten Angaben in den Unterkapiteln der Abschnitte Kap. A3.1–3.4). 268 Zum einen wird speziell der Gebrauch für das Zeitzer Gebiet beachtet (Otto 1970). Zum anderen sind im Allgemeinen Eigenschaften einer ostmitteldeutschen (und ostoberdeutschen) Schreibsprache von Interesse. Selten wird auf gesamthochdeutschen Sprachgebrauch hingewiesen.
139
A3.5 Die Schreibsprachanalyse im Überblick
Synkope in be-, vereinzelt bbe-
16. Jh. – Zeitz: Synkope vorhanden 16. Jh. – omd.: gelegentlich Synkope
Synkope in ge-, vereinzelt gge-
16. Jh. – Zeitz: selten Synkope
konsonantische Reflexe
mhd. p > b (selten in babst)
16. Jh. – Zeitz: b, wo schon mhd. b (babst)
mhd. t > d (nur im Part. Prät. erliden)
16. Jh. – Zeitz: nur in erlieden (Part. Prät.)
mhd. k > g, in merglich, wergzcewg, zcang
16. Jh. – Zeitz: Konsonantenschwächung in Handwergs, merglich, kalge, geschwengtt
mhd. b > p (gelegentlich)
16. Jh. – Zeitz: mhd. b als b, p, konsequent nach ent- als p
mhd. d > t, in vorterbt, ertichten /getichten, ertachten
16. Jh. – Zeitz: in vorterben 15. / 16. Jh. - omd.: in vorterben
mhd. d > dd (vereinzelt in widder-, 16. Jh. – Zeitz: auch fedder) mhd. g > ch
16. Jh. – omd., Zeitz: auch ch
mhd. w > b, anlautend in bucher ‚wucher‘, basser
16. Jh. – Zeitz: nur inlautend selten 16. Jh. – omd.: selten
für mhd. /mb/, z.B. in umb, darumb, lamb
15. / 16. Jh. – Assimilation (seit Ende 13. Jh. gesamtfrühneuhochdeutsch); bes. obd.
Lenisierung häufig nt > nd, auch lt > ld (selten) 16. Jh. – omd., Zeitz : Lenisierung oft bei ld, nd Flexionsmorphologie Reflexivhäufig im(e) pronomen selten sich im Dat. Sg. / Pl.
16. Jh. – (o)md.: sich setzt sich durch
140
A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
Genuswechsel
Schwankungen: die / der gewalt die / der pracht der / das vortrawen Substantive auf -nis
15. Jh. – Schwankungen z.B. in gewalt, pracht, vertrauen, andacht, sonne, trank, zeit, taufe usw. 15. Jh. – omd.: Schwankungen in Substantiven auf -nis
Nom. / Akk. Pl. a- / jastämmiger Neutra
ding / dinge land / lande stuck / stucke werck / (wercke) wort / (worte)
15. Jh. – gesamthochdeutsch: øPlural in ding und wort noch oft verbreitet 16. Jh. – omd.: Schwanken zwischen -e- / ø-Plural, ø-Plural überwiegt
-(e)n im Sg. Einzelbelege: ehen, ehren, frauen, schwacher gallen, hellen, kronen, seiten Feminina selten: erden, feddern, zcungen häufig: gnaden, kirchen, seelen
16. Jh. – omd.: selten Übernahme des -(e)n in den Nom. Sg.
epithetisches -e in 1. / 3. Sg. Ind. Prät. starker Verben
15. Jh. – omd.: selten 16. Jh. – omd.: Anstieg der Anzahl e-haltiger Formen, doch immer noch selten
beschlosse, enzcoge, durchdrunge, sahe, truge (sich zcu), hinge, blibe, tribe, zcoge, vorgosse, name, (be-) gabe, sage ‚sah‘, ware, schluge, ginge, riete, stunde
Präsens / in 3. Sg. Ind. Präs. starker Verben der mhd. Klasse II Wechselfast durchgehend Wechselflexion; flexion Einzelbeleg: ich vornim starker Verben der mhd. Klassen IIIb, IV, V
15. Jh. – (o)md.: Wechselflexion
Rückumlaut
15. / 1. Hälfte 16. Jh. – omd.: Rückumlaut dominiert in Ind. Prät. + Part. Prät.
häufig Rückumlaut
141
A3.5 Die Schreibsprachanalyse im Überblick
Part. Prät. ge- / ø-
gelegentlich präfixloses Partizip bei perfektiven Verben und in gehen, geben, zcihen, werden
15. Jh. – omd. (obd.): ge-loses Part. Prät. bei perfektiven Verben 16. Jh. – gesamthochdeutsch: geloses Part. Prät. kommen
1. / 3. Pl. Ind. Präs. von sein
durchgehend seind
Im Oobd. im 17. Jh. weit verbreitet
grammatischer Wechsel von h–g
in schlagen – schlahen, empfahen – 15. Jh. – omd.: schlagen domiemphangen + Einzelbeispiele niert 16. Jh. – omd. (obd.): überwiegend empfahen
Ekthlipsis
3. Sg. Ind. Präs. von werden und halten oft als wirdet und heldet; im Part. Prät. in gegrundt, geredt, (ge-, vor-)blendt, vormeldt, vorwundt, (auff-, aus-)gericht
15. / 16. Jh.: gesamthochdeutsch – starke Verben mit Umlaut oft Ekthlipsis in 3. Sg. Ind. Präs.; schwache Verben mit Rückumlaut (Stamm endet auf Dental) stets mit Ekthlipsis
Wortbildungsmorphologie Präfix ver- / vorvor-
16. Jh. – Zeitz: vor-; kaum ver16. Jh. – omd.: häufig vor-
Suffix -nis / -nus -nus
16. Jh. – Zeitz: -nis; Ende des Jhs. -nus 16. Jh. – omd.: oft -nis, -niß
Diminutiv- -lein suffix
16. Jh. – Zeitz: -lein, selten -chen 15. / 16. Jh. – (o)md.: -chen, -gen, selten -lin / -lein Syntax
Negation (niemand / niemands)
u.a. 1. alleinstehendes nicht / nit, kein, nichts 2. polynegativ: kein + Negationswort 3. niemands (s-Anfügung in allen Kasus)
16. Jh. – omd.: alleinstehendes nicht / nit dominiert 15. / 16. Jh. – omd. (obd.): niemands
142
A3 Die Schreibsprache Julius Pflugs
Präteritum- Leitform oftmals Präsens, schwund dennoch Präteritumersatz durch Perfekt
15. / 16. Jh. Perfekt setzt sich gegenüber Präteritum gesamthochdeutsch, aus dem Süden kommend, immer stärker durch
Begründan (den), weil, nachdem, angesedende Kon- hen das, in ansehung das, da, dajunktionen rumb das, sintelmal (Einzelbeleg)
15. / 16. Jh. – Nürnberg: nachdem kausal
Futurperiphrasen
werden / wollen / sollen + Inf. Präsens
16. Jh. – werden-Futur löst ältere Futurperiphrasen mit sollen / wollen ab
Genitivattribut vs. uneigentliches Kompositum
der kirchen vorbot (Typ 1); des reichs tags (Typ 2); aus gots schickung (Typ 3); den Stiefts stenden (Typ 4)
Lexik nicht / nit
nit (selten nicht)
16. Jh. – Zeitz: überwiegend nicht, selten nit
ane / one
ane, one
15. Jh. – omd.: ane neben vorherrschendem one 16. Jh. – Zeitz: überwiegend ane, selten one
zcur ehe greiffen / freien
zcur ehe greiffen / nemen heiraten
16. Jh. – md.: freien (Bezug Bibelübersetzung)
gehorsam sein / gehorchen
gehorsam sein gehorsamen
16. Jh. – md.: gehorchen (Bezug Bibelübersetzung)
höhnen
lestern, schmehen, vorhonen, verspotten
16. Jh. – md.: höhnen (Bezug Bibelübersetzung)
Tab. 5: Pflugs Schreibsprache im Vergleich mit regionalspezifischen Charakteristika
A3.5 Die Schreibsprachanalyse im Überblick
143
A3.5.3 Hinweise auf textspezifische Elemente in Julius Pflugs Autografen Bei textspezifischen Charakteristika ist zu beachten, dass hier von einem Korpus verhältnismäßig geringen Umfangs ausgegangen wird. Eine Ableitung von durch die Textsorte determinierten Regelhaftigkeiten kann kaum über diesen Rahmen hinaus versucht werden, denn ein bis zwei Exemplare der jeweiligen Textsorte sind nicht repräsentativ genug für Schlussfolgerungen allgemeiner Art.269 Die unterschiedliche Länge der Texte beeinflusst ebenfalls die Ergebnisse der Analyse. Beispielsweise ist gehäuftes Auftreten des zumeist pejorative Bedeutung zuweisenden Adjektivsuffixes -isch im fiktiven Streitgespräch im Gegensatz zum Vorkommen in der Anleitung zum Predigen auch auf den Umfang der Texte von knapp 470 Originalseiten gegenüber 15 zurückzuführen. Im Dialog und in den Briefen – konzeptionell schriftlich, aber der Mündlichkeit in einigen Elementen näher als die anderen Texte (s. Kap. C2.2.2) – sind die apokopierten Verbformen der 1. Sg. Ind. Präs. und 1. Sg. Konj. Prät. häufiger nachzuweisen (s. Kap. A3.1.1.5).270 Ebenso sind in der 3. Sg. Konj. Prät. in diesen beiden Texten und in den Predigtmanuskripten die apokopierten Formen zu finden. Beispiele für polynegative Konstruktionen gibt es besonders oft im fiktiven Streitgespräch und in den Predigtmanuskripten. Die Predigtsammlung weist noch zwei weitere für sie spezifische Merkmale auf. Die e-Epithese in der 1. / 3. Sg. Ind. Prät. ist fast ausschließlich dort mit zahlreichen Beispielen belegt, einmal nur in TRAKT.LIPS und fünf Mal in DIAL.1. Auf die Verteilung von nicht und nit in den Predigten, die von der in den übrigen Texten signifikant abweicht, wurde ausführlich in Kap. A3.4.1 aufmerksam gemacht. Im syntaktischen Bereich bestimmen die unterschiedlichen Funktionen der Texte oftmals Eigenschaften wie Länge und hypo- bzw. parataktischen Charakter der Sätze. In allen Texten ist Präsens die Leitform, sehr selten kommen Präterital- oder Perfektformen in den Traktaten vor. Dennoch konnten Aussagen zur Verwendung des Perfekts anstelle des Präteritums gemacht werden. Die vermehrten Beispiele für das Tempus Perfekt im Dialog lassen sich mit der an einigen Stellen möglichen suggerierten Mündlichkeit des Texts erklären,271 stehen jedoch ebenso in den überwiegend dozierenden Passagen, in denen Präteritum erwartbar gewesen wäre. Die Wahl des Tempus in den Predigtmanuskripten ist u.a. abhängig von der zugrunde liegenden Bibelübersetzung, da zahlreiche Zitate aus den Evangelien übernommen werden. Die Auflistung der Belege für die einzelnen untersuchten Variablen macht deutlich, dass oftmals keine Unterschiede zwischen den Texten bestehen. 269
Die Einteilung in Textsorten folgt der Klassifikation Reichmanns / Wegeras (1988), s. Kap. A2.1. „Textspezifisch“ wird hier nicht verallgemeinernd für etwa die verschiedenen Textsorten des frühneuhochdeutschen Schrifttums verwendet, sondern lediglich im Sinne einer exemplarischen Untersuchung anhand der verschiedenen Texte Julius Pflugs auf das vorliegende Korpus bezogen. 270 Zu Mündlichkeit und Schriftlichkeit vgl. Koch / Oesterreicher (1985). 271 Das ist besonders dort der Fall, wo die Redeanteile der Personen gering sind und ein tatsächlicher Dialog stattfindet.
A4 Die Schreibsprache des Julius Pflug im Rahmen Autor – Region – Konfession
Auf die deskriptive Zusammenfassung der Schreibsprachanalyse folgt nun die Interpretation der Ergebnisse im Rahmen von Autor, Region und Konfession, der sowohl inhaltlich, bezogen auf Biografisches und das Wirken Pflugs, als auch sprachlich angenommen und belegt wurde (Kap. A4.2.1 und A4.2.2). Erneut wird auf Beschs Ausführungen zum Sprachausgleich in dem Gebiet der ostmitteldeutsch-ostoberdeutschen Sprachallianz Bezug genommen (Kap. A4.2.2.1f.), außersprachliche Faktoren und weitere Einflüsse auf die Schreibsprache Pflugs werden einbezogen und mit einer abschließenden Diskussion die in Kap. A1.3.4 formulierten Hypothesen wieder aufgegriffen.
A4.1 Der Autor in seiner Region Schreibt Julius Pflug als ein Kind seiner Zeit und Region? Tabelle 5 (s. Kap. A3.5.2) ist zu entnehmen, inwiefern er sich an die graphematische, morphologische und syntaktische regionale Tradition und an einige typische örtlich gebundene lexikalische Verwendungen hält oder davon abweicht. Um eine mögliche konfessionelle Markierung einzelner Erscheinungen, d.h. eine eventuell „katholisch“ bestimmte Wahl „südlicher“ Elemente, beurteilen zu können, wurde der Vergleich mit dem Schrifttum des Zeitzer und des ostmitteldeutschen Gebiets im 15. und 16. Jahrhundert angestellt. Es gilt nun, die „südlichen“ Merkmale herauszuarbeiten, mit denen sich Julius Pflug vom üblichen Gebrauch abhebt. Dabei wird hier von direktem und indirektem / mittelbarem „südlichen“ Einfluss gesprochen. Indirekter Einfluss verläuft über die regionale, schon im Zuge der Herausbildung einer ostmitteldeutsch-ostoberdeutschen Ausgleichssprache gefestigte Verwendung und wirkt auf die Schreibgewohnheiten Pflugs. Eine direkte Orientierung am Süden kann vorliegen, wenn er über diese regionalen Muster hinaus „südliche“ Merkmale verwendet. Im ostmitteldeutschen Gebiet und speziell in Zeitz fand die Synkope in den Präfixen beund ge-, wenn auch sparsam, Anwendung. Apokopierte Verbformen und Apokope beim Substantiv traten (selten) auf, p für mhd. b im Anlaut war auch zu beobachten. Rückumlautlose Partizipien schwacher Verben, das Suffix -nus, das Diminutivsuffix -lein und
A4.1 Der Autor in seiner Region
145
die Wortform nit hatten in diesem Gebiet schon Verbreitung gefunden. Darin hat Pflugs Schreibsprache also keinen besonderen Status im Sinne einer konfessionellen Markierung, zumal teils auch bei protestantischen Autoren, die im Zeitzer / Naumburger Gebiet ansässig und im ostmitteldeutschen Raum verwurzelt waren, z.B. Nikolaus Medler und Nikolaus Amsdorf,272 diese Merkmale vorhanden sind. Über diese indirekten „südlichen“ Kennzeichen, die in ostmitteldeutsches Schrifttum damals schon eingedrungen waren, hinaus hat nun Julius Pflug als dem Ostoberdeutschen eigene Kennzeichen in einzelnen Fällen die Vertauschung von w und b und b und w, d.h. vereinzelt b für mhd. w und als Einzelbeleg wacken ‚backen‘ sowie zwei Belege für wist ‚bist‘. Im flexionsmorphologischen Bereich überträgt er als möglichen direkten „südlichen“ Einfluss gelegentlich das Flexiv -(e)n in den Singular. Fast durchgehend steht für das Reflexivpronomen im Dat. Sg. / Pl. das Personalpronomen der dritten Person, im(e), ir, in(en). Starke Verben der mittelhochdeutschen Klasse II weisen in der 3. Sg. Ind. Präs. / als Stammvokal auf. Das allerdings zeigen auch die Texte der beiden Protestanten Amsdorf und Medler. Des Weiteren erscheinen als vorrangig „südliche“ Phänomene polynegative Formen, die Verwendung von Perfekt statt erwartbarem Präteritum, nachdem als kausale Konjunktion und im lexikalischen Bereich Belege für gehorsamen / gehorsam sein gegenüber gehorchen und zcur ehe greiffen gegenüber freien. Sollten mögliche „katholische“ Schreibungen in Pflugs Autografen benannt werden, so sind diese angeführten die dafür wahrscheinlichen, denn ihr Vorkommen im Ostmitteldeutschen ist nicht oder nur selten zu dieser Zeit belegt. Für die syntaktischen Erscheinungen fehlen noch ausreichend Vergleichsuntersuchungen für das Ostmitteldeutsche, sodass die „südlichen“ Einflüsse zwar festgehalten werden können. Vergleiche sind jedoch nicht möglich. Es fällt auf, dass in den Texten Pflugs ungewöhnlich viele ostoberdeutsche Merkmale, teils als einzelne Vertretungen oder lexemgebunden, teils fast durchgehend für bestimmte Erscheinungen, vertreten sind. Im Vergleich mit den unter Kap. A1.3.3.2 aufgelisteten konfessionell gedeuteten Graphien, Flexionsmustern und Konstruktionen lässt sich eine große Anzahl der „katholischen“ Indikatoren in unterschiedlicher Ausprägung festmachen. Dennoch fehlen bspw. völlig die Graphien bzw. für mhd. ei oder , , im Anlaut. Julius Pflugs Schreibsprache ist nicht nur von der Durchmischung ostmitteldeutscher und ostoberdeutscher Elemente und von verhältnismäßig zahlreichen „südlichen“ Einflüssen gekennzeichnet. Auch die eindeutige Verankerung in der Tradition des Ostmitteldeutschen wurde in der Analyse belegt, z.B. deutlich zu erkennen am gefestigten, überwiegend ostmitteldeutsch graphematischen Profil, an der Dominanz des Rückumlauts bei schwachen Verben und der nahezu konsequenten Verwendung des Präfixes vor-.
272
Vgl. für die Schriften Medlers u.a. Sehling (1904) und für Amsdorf Lerche (1937).
146
A4 Die Schreibsprache des Julius Pflug im Rahmen Autor – Region – Konfession
A4.2 Region und Konfession – ein Autor im Spannungsfeld A4.2.1 Die inhaltliche Perspektive Die biografische Skizze (s. Kap. A1.2.1) zeigt, wie Julius Pflug dem ostmitteldeutschen Gebiet durch und durch verbunden ist: bei Leipzig geboren und in der Nähe aufgewachsen und ausgebildet, Propst in Zeitz und Bischof von Naumburg. Jahrelang lebte er – mit Ausnahme der Jahre in Italien und Mainz – im Osten Mitteldeutschlands, wenn er sich auch immer wieder geografisch und in zahlreichen theologischen Disputen konfessionell nach Süden ausrichtete: erst die Italienreisen, dann durch die Teilnahme an den Reichstagen in Speyer, Augsburg, Regensburg, seine Beteiligung am Augsburger Interim und die Anwesenheit beim Tridentinum und zuletzt zum Wormser Religionsgespräch von 1557. Die konfessionelle Verankerung Pflugs ist eindeutig eine altgläubige Gesinnung. Wenn er als Kryptolutheraner bezeichnet wird (s. Kap. A1.2.1), wird seine innovative Haltung innerhalb des katholischen Lagers, die sich in der Vermittlung zwischen den religionspolitischen Gegensätzen und dem beharrlichen Ringen um die Einigkeit der Kirche äußert, verkannt. Dieses Bestreben bewegte ihn zu Zugeständnissen gegenüber den Protestanten, beispielsweise die Eucharistie unter beider Gestalt betreffend. Pflug ist zu beschreiben als ein katholischer Theologe im ostmitteldeutschen Gebiet mit konfessioneller und punktuell geografischer Ausrichtung in den Süden.
A4.2.2 Die (schreib-)sprachliche Perspektive A4.2.2.1 Region – (Über-)Regionalität Ein Spannungsverhältnis von Region und Konfession kristallisiert sich nicht nur für die Person Julius Pflug und sein Schreiben heraus. Er steht als herausragendes Beispiel für etwas, das zu diesem Zeitpunkt seinen Anfang nimmt und sich mit wechselnder Akzentuierung bis ins 18. Jahrhundert fortsetzen wird. Mit einigen zusammenfassenden Überlegungen wird dazu Stellung bezogen und mit einer Definition des Begriffs „Sprachregion“ begonnen. Mit Reiffenstein (1995, 328) stellt sie sich folgendermaßen dar: „Eine sprachlich und historisch abgrenzbare Region sei eine solche, innerhalb deren die hier entstandenen Texte relativ einheitliche Sprachformen aufweisen, die sich ihrerseits relativ deutlich von denen benachbarter Regionen abheben, und innerhalb deren eine intensivere Binnenkommunikation bestand als zu Ansprechpartnern außerhalb der Region.“ Die Regionalität weicht im 15., spätestens im 16. Jahrhundert dem Streben nach überregionaler Verständlichkeit. Als mögliche Gründe für die Entwicklung zur Überregionalität sieht Besch (1993, 117) die Nationalsprachlichkeit und die Reformation, wobei der Impuls durch die Reformation zunächst von einer Legitimation der deutschen Sprache als Medium für Gottes Wort ausgegangen sei. Dieser Sprachausgleich fand zu großen
A4.2 Region und Konfession – ein Autor im Spannungsfeld
147
Teilen im mitteldeutschen Osten statt. Ein überregionaler Sprachtypus herrschte in keinem Fall vor 1600 (Besch 1993, 122f.). Luther ist in diese Sprachregionalität genauso eingebunden gewesen wie seine Zeitgenossen, bietet aber schon Ausgleichsformen zwischen Mitte und Süden an (ebd., 133), womit die ostmitteldeutsch-ostoberdeutsche Sprachallianz (Besch 1967, 349) und eine beginnende Überregionalität gemeint sind. Sie behält auch für Julius Pflug ihre Gültigkeit und bildet den Rahmen seines Schreibens. In diese Entwicklung „greift“ dann die Konfessionalisierung „ein“.
A4.2.2.2 Konfessionalisierung als retardierendes Moment des Sprachausgleichs Als beträchtlichen „Hemmschuh“ bezeichnet Besch (1993, 135) die „extreme Konfessionalisierung deutscher Lande“ durch den Augsburger Religionsfrieden, sodass sie auf die sich herausbildende Einheit der Schriftsprache – und damit auch die ostmitteldeutsch-ostoberdeutsche Ausgleichssprache – als retardierendes Moment wirkt und sich der Streit zwischen Alt- und Neugläubigen auch in der Sprache niederschlägt. In Bezug auf die Datierung der Konfessionalisierung wurde der Anschluss an die Definition Schnabel-Schüles gewählt (s. Kap. A1.3.3.1).273 Die Schreibsprachanalyse stützt und bestätigt diese Wahl. Die Autografe Pflugs sind stark von der ostmitteldeutsch-ostoberdeutschen Sprachallianz, deren Ausprägung auf den verschiedenen Ebenen des Sprachsystems von unterschiedlichem Charakter ist, gekennzeichnet. Pflug wählt aber auch eine Vielzahl von Schreibungen, Formen und Konstruktionen, die dann zu einer Zeit zunehmender Konfessionalisierung nach 1555 als dezidiert „katholisch“ gelten. Die Anlagen für eine konfessionell markierte Schreibsprache sind also vorhanden und lassen Pflug als einen Vertreter der Frühphase der Konfessionalisierung erscheinen.274 Die Annahme, Pflug richte seinen Schreibgebrauch nach dem in der Region gängigen, ist allerdings weit wahrscheinlicher, als schon eine dezidiert konfessionell bestimmte Wahl anzunehmen. Würde man auf zwei Faktoren reduzieren, ließe sich für Julius Pflugs Schreibsprache dem Faktor Region noch größere Macht und Wirkung zusprechen als dem Faktor Konfession. Nach Besch (2003a) ist für Pflugs Zeit und besonders für ihn als Schreiber eine „Regionalmaxime“ noch nicht von einer „Konfessionsmaxime“ abgelöst worden, sie zeichnet sich jedoch schon ab. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass er sich konfessionell in Bezug auf die Datierung sowie in seiner Rolle als Vermittler zwischen den Konfessionen an der Schnittstelle befindet und so am Anfang eines konfessionell (um)gedeuteten Sprachverhaltens steht. Im Folgenden wird eine stark vereinfachte chronologische Skizze bezüglich der beiden Varietäten Ostmitteldeutsch und (Ost)oberdeutsch mit der Frage nach einer fiktiven 273
Bei Schnabel-Schüle (1999, 24) erstreckt sich Konfessionalisierung und deren Wirkung über die gesamte frühe Neuzeit. Ein Ende der Konfessionalisierung im Jahr 1648 bestreitet sie und berücksichtigt die Aufspaltung der Konfessionalisierung in lutherische, reformierte und katholische. 274 Siehe Datierung der Texte, Kap. A2.1. Besonders mit dem Dialog, der sich auf ca. 1562–64 datieren lässt, wird deutlich, dass Pflug in der Zeit beginnender Konfessionalisierung schreibt.
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A4 Die Schreibsprache des Julius Pflug im Rahmen Autor – Region – Konfession
Entwicklung der einheitlichen Schriftsprache unter Bedingungen, die eine viel weniger starke Konfessionalisierung beinhalteten, versucht. Das dient einer Beschreibung des Verhältnisses von regionalem Sprachausgleich und Konfessionalisierung. Im 13. / 14. Jahrhundert verlaufen die Grenzen des ostmitteldeutschen sowie des oberdeutschen Gebiets relativ klar und lassen sich anhand sprachlicher Charakteristika ziehen. In der jeweiligen Sprachregion herrscht die ostmitteldeutsche oder die (ost)oberdeutsche Schriftsprache, ohne dass sie sich gegenseitig so stark beeinflussen, dass dieser Einfluss eine Art Gesetzmäßigkeit darstellte. Das gilt für das 15. Jahrhundert sowie den Beginn und die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts, als sich Ostmitteldeutsch und Ostoberdeutsch derart mischen, dass sie eine Ausgleichsvarietät / -sprache bilden. Spätestens mit dem Augsburger Religionsfrieden erfolgt dann die Konfessionalisierung der Regionen und der Sprache polarisierend in die der Altgläubigen oberdeutscher Prägung und die der Protestanten ostmitteldeutschen Charakters. Dadurch, dass sich der Süden in scharfer Abgrenzung zu Luther von den Neuerungen distanziert und sich auf die „südlichen“ Formen besinnt, geht er einen konservativen Weg und verhält sich im Blick auf die schon gefestigte Ausgleichssprache rückschrittlich. Machas (2004 u. 2006) Analyse der Gründungsverträge der katholischen Liga (1609) und der protestantischen Union (1608) zeigt bezüglich der Graphien eine Uniformität für den katholischen Text, hingegen Pluralität für den protestantischen. Die Erklärung dafür sucht er in der territorialen Einheit des katholischen Raums und in der Zersplitterung der protestantischen Gebiete. Im Text der Union stehen neben einer dominanten Form auch mögliche weitere Varianten. Der Gründungsvertrag der Liga kennt meist für ein bestimmtes Merkmal keine Sondervertretungen, sondern nur eine Form. Es stellt sich deshalb die Frage, warum sich die „katholisch“ geprägte Sprache nicht durchgesetzt hat, wenn sie doch uniform und schon auf dem Weg zu einer einheitlichen Schreibsprache war? Mit Beschs Prinzipien des Geltungsareals und der Landschaftskombinatorik, auch wenn für sie vorrangig für die Ausgleichsvorgänge im 15. Jahrhundert gelten, erklärt sich der konfessionelle Anschluss des überwiegend protestantischen Nordens an das mitteldeutsche Gebiet. Konform damit geht die Verdrängung des Niederdeutschen durch das Hochdeutsche. Damit vergrößert sich das Geltungsareal erheblich, wird aber von der Konfession als bestimmendem Faktor überlagert.275 Dass Beschs Prinzipien (Geltungsareal, Geltungsgrad, Landschaftskombinatorik, strukturelle Disponiertheit) deskriptiv für den Sprachausgleich im 15. Jahrhundert Gültigkeit besitzen, darüber hinaus aber keine hinlänglichen Erklärungsansätze für den weiteren Verlauf der Entwicklung zur einheitlichen Schriftsprache mehr bieten können, belegt u.a. die Verbreitung des Indefinitpronomens niemand mit s-Anfügung (s. Kap. A3.3.1). Zwar war dieses im ostmitteldeutschen und oberdeutschen Gebiet die typische Verwendungsweise, setzte sich aber im Neuhochdeutschen nicht durch. Ähnliche Ergebnisse erbrachte die Diskussion um das Suffix -nis bzw. -nus (s. Kap. A1.3.2). Es ließen sich noch weitere Beispie275
Die beiden Prinzipien Beschs werden hier bewusst grob schematisch dargestellt, ohne sie auf konkrete sprachliche Ausprägungen zu beziehen.
A4.2 Region und Konfession – ein Autor im Spannungsfeld
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le in diese Aufzählung reihen. Doch wichtiger scheint die Frage nach den tatsächlich bestimmenden Faktoren im 16. Jahrhundert. Das veränderte Gefüge verlangt eine stärkere Berücksichtigung außersprachlicher Faktoren: „politische Selbständigkeit, territoriale Zuordnung und konfessionelle Zuordnung“ (Besch 2003a, 24). Von genau diesen Konstellationen scheint beispielsweise auch die oberdeutsche Schreibmode Kölns um 1600 bestimmt zu sein (Peters 2003, 162). Das Prinzip „Geltungsareal“ ist durch das Nebeneinander von Territorialisierung und Konfessionalisierung erweiterbar auf „Geltungsareal Konfession“. Das mitteldeutsche Gebiet entwickelt sich also unter allmählichem Anschluss des Nordens weiter, während der Süden wegen seiner konservativen Haltung „stehen bleibt“ oder sogar einen Schritt zurück macht. Hätte es die mit der Territorialisierung einhergehende konfessionelle Polarisierung nicht gegeben, wäre die Entwicklung hin zu einer einheitlichen Schriftsprache auf der Grundlage der ostmitteldeutsch-ostoberdeutschen Ausgleichssprache unter Umständen von dem einmal beschrittenen Weg nicht wieder in dem tatsächlich vorliegenden Grad abgewichen und zügiger fortgeschritten, woraus folgen könnte, dass es im heutigen Standard noch deutlich größeren „südlichen“ Einfluss hätte geben müssen. Dafür spräche beispielsweise die gefestigte Orthographie in den Autografen Pflugs. Der ostoberdeutsche Einfluss hat sich dort neben den ostmitteldeutschen Charakteristika teilweise schon auf der graphematischen Ebene gefestigt – ob nun von direktem oder indirektem Einfluss gesprochen wird, sei dahingestellt – dass eine Etablierung dieses Typus wahrscheinlicher wäre als die Reduzierung der oberdeutschen Einflüsse durch die konfessionell bestimmte Abwendung, wenn die „Regionalmaxime“ nicht einer „Konfessionsmaxime“ gewichen wäre (Besch 2003a, 14). Damit gelangt die chronologische Skizze an ihre Grenze. Sie verdeutlicht, dass Julius Pflug der ostmitteldeutsch-ostoberdeutschen Ausgleichssprache entsprechend schreibt und zugleich am Beginn der konfessionellen Beeinflussung (und Wandlung) dieser Ausgleichssprache bzw. der an ihr beteiligten „Bestandteile“ steht, das heißt, die Vielzahl der „südlichen“ Merkmale ist regional bedingt und gleichzeitig hat ihre konfessionelle (Um)deutung begonnen.
A4.2.2.3 Pflug am Beginn der Konfessionalisierung der Sprachlandschaften Was ergibt sich aus den Darstellungen (Kap. A3.5.1 und A3.5.2) für die Überlegungen zur Konfessionalisierung der Sprachlandschaften? Zunächst verdeutlichen die Tabellen 4 und 5, dass Pflug, der als Intellektueller im mitteldeutschen Gebiet verwurzelt war, in seinen Texten eine große Anzahl „südlicher“ Merkmale verwendet. Der Vergleich mit dem zeitgenössischen Schrifttum ergab, dass wiederum einige dieser Kennzeichen für die Region schon typisch waren. Somit kann eine bewusste Wahl dieser „südlichen“ Charakteristika sowie eine damit verbundene konfessionelle Motivation nahezu ausgeschlossen werden. Dies ist vor allem für die einzelnen Vertretungen auf der Ebene der Graphematik festzuhalten. Das graphematische Profil scheint überhaupt das am weitesten gefestigte der Schreibsprache Pflugs zu sein. Selten stehen verschiedene Varianten
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A4 Die Schreibsprache des Julius Pflug im Rahmen Autor – Region – Konfession
nebeneinander. Oft entscheidet er sich für eine dominierende Graphie, die meist ostmitteldeutsch ist. Graphematisch ist Julius Pflug seiner Sozialisation nach ohne Zweifel der Region des mitteldeutschen Ostens verhaftet. Das bestätigt Neuß (1990, 187), der durch die Untersuchung einiger Briefe zu dem Resultat kommt, Pflugs orthografische Gewohnheiten hätten sich mit eindeutiger ostmitteldeutscher Orientierung bis zu seinem 30. Lebensjahr gefestigt. Besch (1967, 18f.) konstatiert für die verschiedenen Ebenen des Sprachsystems: „Das Einigungsstreben setzt von Anfang an in allen Teilgebieten der Sprache ein. (...) Die orthographische Einigung z.B. (...) geschieht relativ rasch, wenn man von kleineren Unstimmigkeiten absieht.“ Der Grund dafür seien die leichtere Transponierbarkeit orthografischer Systeme und die sich schon im 15. Jahrhundert anbahnende Grobannäherung, „dieses Ineinanderfließen der Schreibtraditionen des Südostens und mitteldeutschen Ostens“ (ebd., 349) gewesen. Die Ausgleichsbewegung in Bezug auf grammatische Formen setze zwar gleichzeitig mit der orthografischen ein, dauere aber aufgrund der Beteiligung und ernsthaften Konkurrenz mehrerer Großlandschaften länger. Besch (1979, 135) fordert: „Der Gang der künftigen Untersuchungen muß zunächst auf die Klärung der Auswahlregularitäten in den Teilbereichen zielen, ehe Regularitäten für die Gesamtentwicklung formuliert werden können, (...).“ Einen solchen Beitrag wird auch mit der Schreibsprachanalyse Pflugs zu leisten versucht. Orthografisch schwankt Pflug nur verhältnismäßig selten. Doch im Bereich der Morphologie und auch der Syntax konkurrieren ostmitteldeutsche und „südliche“ Einflüsse viel stärker.276 Tabelle 4 lässt besonders für die Flexionsmorphologie das Übergewicht ostoberdeutschen Einflusses erkennen. Dass seltener ostmitteldeutsche Charakteristika zu verzeichnen sind, bedeutet nicht zwangsläufig, dass es keinerlei Belege dafür gibt. Doch es spricht für signifikant „südliche“ Merkmale.277 Auch Rössler (2005, 360) bestätigt die zeitlich gestaffelte Abfolge des Eindringens von Merkmalen einer Varietät in die andere, wenn er für den Beginn des 17. Jahrhunderts eine Durchsetzung ostmitteldeutscher Merkmale im bayrisch-österreichischen Gebiet für die Graphematik beobachtet, weniger aber für morphologische Erscheinungen. Im Bereich der Syntax fehlen eingehende Untersuchungen, die Vergleiche möglich machten. (Ost)oberdeutsche Züge liegen in Pflugs Texten also verstärkt auf dem Gebiet der Flexions- und Wortbildungsmorphologie vor und betreffen die Syntax, nicht so oft jedoch die Graphematik. Vergleicht man diesen Befund mit den in Frage kommenden 276
Konkurrenz bezieht sich dabei auf die Dominanz entweder ostmitteldeutschen und ostoberdeutschen Einflusses zwischen mehreren Merkmalen dieses Sprachbereichs (Flexionsmorphologie oder Syntax), nicht innerhalb eines Merkmals, das heißt, bevorzugt er die entsprechende südliche grammatische Form, dominiert sie auch, z.B. Reflexivpronomen der 3. Sg. oder 3. Sg. Ind. Präs. der starken Verben der mhd. Klasse II. 277 Die Auswahl der zu untersuchenden Merkmale orientiert sich zum einen an der Dichotomie ostmitteldeutsch-ostoberdeutsch. Zum anderen wurden ergänzende Parameter herangezogen, um Pflugs Schreibsprache ins Verhältnis zu zeitgenössischem Schrifttum zu setzen. Eine Auswahl unterstellt zwangsläufig immer in gewissem Grad eine Interpretation. Um dem weitestgehend auszuweichen, wurde eben diese Ergänzung um weitere Merkmale vorgenommen (s. Kap. A2.2).
A4.2 Region und Konfession – ein Autor im Spannungsfeld
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konfessionellen Merkmalen (s. Kap. A1.3.3.2), so kristallisieren sich zwei Bereiche von besonderer Bedeutung heraus: die Graphematik und die Morphologie. Eine Vielzahl der konfessionellen Merkmale sind graphematische oder morphologische Kennzeichen. Inwiefern können die nach Teilgebiet verschiedenen Ausgleichsbewegungen auf ostmitteldeutsch-ostoberdeutschem Raum im 15. / 16. Jahrhundert mit der Konfessionalisierung von Sprache korrelieren? Aus dem für das 15. und 16. Jahrhundert typischen regional bedingten Ausgleich geht auf ostmitteldeutschem Gebiet eine gefestigte Orthografie, die ostmitteldeutsch bzw. ostmitteldeutsch-ostoberdeutsch ist, hervor. Im Bereich der Morphologie bestehen Einflüsse anderer Varietäten, besonders der südlichen, neben der heimischen Tradition. Werden die ostmitteldeutschen graphematischen Eigenschaften konfessionell gedeutet und breiten sich dann auch im südlichen Raum aus, ist ihre Wirkkraft groß genug, um dort einzudringen. Schwächer ist der Einfluss auf morphologische Merkmale, wie Rössler für die bayrischen und österreichischen Drucke des 17. Jahrhunderts belegt hat. Die zeitliche Staffelung des Ausgleichs (15.–16. Jahrhundert) nach Ebenen, beginnend mit der Graphematik, behält auch über die retardierende Wirkung der Konfessionalisierung auf die Entwicklung der einheitlichen Schriftsprache hinaus offenbar Gültigkeit für den weiteren Ausgleich im 17. Jahrhundert. Der konfessionellen Beeinflussung der Sprache liegen somit sekundär auch die innersprachlichen Regelhaftigkeiten, die die regionalen Ausgleichsprozesse bestimmen, zugrunde. Problematisch an dieser Skizzierung, die sich auf die hier erzielten Resultate und Rösslers Ergebnisse (s.o.) stützt, ist das Fehlen vergleichbarer Analysen für Sprache und Konfession in chronologischer Sicht für beide Regionen. Untersuchungen zur Schreibsprache des ostmitteldeutschen und des südlichen Raums für den Zeitraum 15. bis 17. Jahrhundert stehen noch aus. Die beschriebenen Entwicklungen lassen sich in einer Übersicht (Abb. 2) zusammenfassen: Im 15. / 16. Jahrhundert finden im ostmitteldeutschen Gebiet regional bestimmte Ausgleichsprozesse statt. Sie münden in ein gefestigtes graphematisches Profil. Ebendieses kann dann im 17. Jahrhundert im österreichischen Raum auf die vorherrschenden Schreibsprachen wirken und sich durchsetzen. Die Morphologie betreffend bietet sich ein Spiegelbild: Hier ist noch im 17. Jahrhundert im oberdeutschen Raum der „südliche“ Charakter dominierend. Dieser hatte schon im Ostmitteldeutschen des 15. / 16. Jahrhunderts starke Wirkung.
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A4 Die Schreibsprache des Julius Pflug im Rahmen Autor – Region – Konfession
15. / 16. Jahrhundert – regionaler Sprachausgleich ostmitteldeutsches Gebiet
Graphematik
Morphologie
ostmitteldeutsche Charakteristi- starker oberdeutscher Einfluss ka gefestigt
unterdessen kommt es zur:
Konfessionalisierung
führt zu:
17. Jahrhundert – konfessionsspezifische Entwicklung der Schreibsprachen südbayGraphematik Morphologie risches, ostmitteldeutsche Charakteristi- noch gefestigtes oberdeutsches Profil österka dringen verstärkt ein reichisches Gebiet Abb. 2: Einwirkung der Konfessionalisierung auf Graphematik und Morphologie im Ostmitteldeutschen und Ostoberdeutschen des 16. / 17. Jahrhunderts
Die Entwicklung zur neuhochdeutschen Schriftsprache verlief im ostmitteldeutschen Raum und im bayerisch-österreichischen Gebiet unterschiedlich. Der im 15. Jahrhundert begonnene ostmitteldeutsch-ostoberdeutsche Ausgleich wird von der Konfessionalisierung zunächst nicht stark gehemmt und im mitteldeutschen Osten setzt sich die Entwicklung zur Überregionalität unter protestantischem Einfluss im 16. Jahrhundert fort. Im bayerisch-österreichischen Raum ist „das Zustandekommen einer einheitlichen deutschen Schriftsprache um 1750/60 kein allmählicher Ausgleichsprozeß, sondern beruht auf Schriftsprachwechsel durch Aufgabe der heimischen ‚oberdeutschen Schriftsprache‘ zugunsten der ‚mitteldeutsch-norddeutschen Schriftsprache‘ im Rahmen der Aufklärung“ (Wiesinger 1996b, 317). Dennoch scheint sich die Art der zeitlich verschobenen Vorgänge insofern zu ähneln, als der graphematischen Ebene eine Vorreiterrolle im schriftsprachlichen Einigungsprozess bestätigt werden kann.
A4.3 Zusammenfassung: Autor – Region – Konfession
153
A4.3 Zusammenfassung: Autor – Region – Konfession Nach diesen Überlegungen zum Sprachausgleich und zur Konfessionalisierung von Sprache allgemein sowie anhand der Texte Pflugs werden nun zusammenfassend die Beziehungen zwischen Autor – Region – Konfession transparent gemacht. Erklärt man Region und Konfession vereinfacht zu jeweils einem Faktor, der auf die Sprache des Autors Einfluss nimmt, so ist besonders deutlich die Region hervorzuheben. Julius Pflugs Schreibsprache ist von den in seiner Region dominierenden Gegebenheiten geprägt. Die Ausrichtung nach Süden zeigt sich in der Vielzahl „südlicher“ Elemente auf den verschiedenen Ebenen des Sprachsystems. Deren konfessionelle Deutung ist aber kaum zulässig, da nicht widerlegt werden kann, dass es sich um durch regionale Konstellationen und Ausgleichsprozesse verursachten Einfluss handelt. Zu bedenken ist auch, dass kein Schreiber die oberdeutsche Schreibweise komplett adaptiert (Macha 1998, 66). Von Adaption sollte bei Pflug nicht generell gesprochen werden. Die über die ostmitteldeutsch-(ost)oberdeutsche Sprachallianz hinausgehenden „südlichen“ Charakteristika jedoch könnte er übernommen haben, z.B. Wechsel von w–b und umgekehrt oder auch flexionsmorphologische Eigenheiten. Nicht zu vernachlässigen ist die Tatsache, dass zahlreiche derjenigen Elemente, die später als konfessionsspezifisch gelten, in den Texten Pflugs schon auftreten.
A4.3.1 Weitere Einflüsse auf die Schreibsprache Pflugs Auf die Schreibsprache des Autors Pflug wirken einerseits individualstilistische, andererseits einige der Textsorte geschuldete Charakteristika (s. Kap. A3.5.3). Erstere äußern sich im Bereich der Lexik (s. Kap. A3.4), in rhetorischen Figuren und Strukturen (s. Kap. C2.2.2) und korrelieren mit lexemgebundenen Schreibungen (z.B. Genuswechsel), die auf eine individuelle Motivation Pflugs zurückzuführen sein können. Außerdem ist zu vermuten, dass sich seine gelehrte Haltung auswirkt: Die wenigsten seiner Texte hat Pflug in deutscher Sprache verfasst. Vorrangig bedient er sich der lateinischen Sprache. Wenn er jedoch deutsch schreibt, zeichnet sein gefestigtes graphematisches Profil die Schreibsprache aus. Macha (2004, 173) gibt zu bedenken, man müsse „weiterhin ein Auge darauf haben (...), ob es neben den interkonfessionellen Unterschieden auch intrakonfessionelle Differenzen (etwa im Sinne von ‚altgläubig‘ gegenüber ‚innovativ‘) gegeben hat, die sich schreibsprachlich manifestiert haben“. Fraglich ist für Julius Pflugs Sprache, ob seine diplomatische und damit zugleich innovative Haltung im katholischen Lager eine starke Neigung zu konfessionalisierten Formen verbietet. Wenn er zwischen den religiösen Parteien zu vermitteln versucht, könnte er auch darauf geachtet haben, selbst sprachlich möglichst wenig konfessionell Markiertes zu benutzen. Das implizierte, dass er sich über konfessionalisiertes sprachliches Material im Klaren war. Beispielsweise ist kein
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A4 Die Schreibsprache des Julius Pflug im Rahmen Autor – Region – Konfession
einziges Mal bzw. für mhd. ei in seinen Texten belegt, obwohl es in Zeitz seit spätestens der Mitte des 16. Jahrhunderts regelmäßig auftritt. Mit den deutschsprachigen Autografen Pflugs wurden die Schriften eines Autors untersucht, der im Spannungsfeld von Region und Konfession steht, wobei sich dies zuerst auf der inhaltlichen Ebene widerspiegelt (Kap. A4.2.1). Im Blick auf seine Schreibsprache befindet er sich in der Tradition seiner Region und am Anfang der Konfessionalisierung.
A4.3.2 Schlussfolgerungen Aus den zusammenfassenden Interpretationen kann in Bezug auf die eingangs aufstellten Hypothesen (s. Kap. A1.3.4) Folgendes festgehalten werden: 1. Bezüglich der Sprache des ostmitteldeutschen, katholischen Julius Pflug (s. Kap. A4.2.1) gibt es weder Zweifel am Wirken regionaler Ausgleichsprozesse und möglicher konfessioneller Determiniertheit einzelner (schreib)sprachlicher Erscheinungen noch an deren partieller Parallelität sowie gegenseitiger Beeinflussung. Er steht in der Tradition seiner Region, seine Schreibsprache ist von ostmitteldeutschen und (ost)oberdeutschen Charakteristika gekennzeichnet. Seine ideelle und punktuell geografische Ausrichtung in den vorrangig katholischen Süden begünstigte wohl ein für seine Region und Zeit gehäuftes Auftreten „südlicher“ Elemente, besonders im Bereich der Morphologie. Ein Spannungsfeld von Region und Konfession entsteht gerade. Dies kann durchaus mit Pflugs konfessionell motiviertem, in den Süden gerichtetem Blick einhergehen, der für eine Häufung der „südlichen“ Erscheinungen in seinen Texten verantwortlich gemacht werden könnte. Das Ostmitteldeutsche wird sich von diesen zu Anfang des 16. Jahrhunderts bereits vorgedrungenen „südlichen“ Formen im Zuge der Konfessionalisierung distanzieren, wobei für Pflug möglicherweise durch seine katholische Haltung ein konsequenteres Festhalten gilt. 2. Julius Pflugs Schreibsprache ist aufgrund der Vielzahl der „südlichen“ Merkmale – besonders auch aufgrund derer, die über die in der Region damals schon üblichen hinausgehen – in die Frühphase der Konfessionalisierung einzuordnen. Problematisch ist eine Identifizierung der jeweiligen Graphien, morphologischen oder syntaktischen Erscheinungen als dezidiert „katholisch“, weil zu Pflugs Zeit die Konfessionalisierung von Sprache erst einsetzt und im ostmitteldeutschen Raum an eine ostmitteldeutsch(ost)oberdeutsche Tradition anknüpft, in der Pflug schreibt. Hinzukommt, dass er vermittelnd zwischen den Konfessionen steht. Die Hypothese muss also dahingehend modifiziert werden, dass zwar ein Niederschlag der Konfession in der Schreibsprache möglich ist, sich jedoch nicht restlos nachweisen lässt. Selbstzeugnisse Pflugs, die seine Motive der Wahl bestimmter Varianten offenlegen, gibt es nicht. 3. Es konnte bewiesen werden, dass sich die Konfession stärker inhaltlich als sprachlich festmachen lässt und die regionalen Ausgleichsprozesse Pflugs Schreibsprache bestimmen. Eine Dominanz des ‚Geltungsareals Konfession‘ oder einer ‚Konfessions-
A4.3 Zusammenfassung: Autor – Region – Konfession
155
maxime‘ ist (noch) nicht der bestimmende Faktor für Pflugs Schreibsprache, aber in Ansätzen schon nachvollziehbar.
A4.3.3 Ausblick Otto (1970, 284ff.) weist den Nürnberger Einfluss auf die Zeitzer Kanzleisprache nach: „Die Untersuchungen bestätigen die große Bedeutung der Achse Nürnberg-Leipzig im 15. / 16. Jh.“ Über diesen Weg empfange Zeitz das oberdeutsche Gut. Durch Nürnbergs starke konfessionelle Orientierung an Luther nimmt im 16. Jh. die oberdeutschbairische Schreibtradition dort jedoch ab (Müller 2002, 69). Folgende Merkmale, die Otto (1970, 284) auf Nürnberger Einfluss zurückführt, gibt es auch in Pflugs Texten: ane, nit, Suffix -nus, p- für b-. Mit Müller (2002, 62) kann als weiteres Kennzeichen der Nürnberger Schreibsprache ergänzt werden: die Schreibung in umb, darumb usw. Fehlende Assimilation der Phonemfolge /mb/ ist ein vor allem oberdeutsches Kennzeichen (Reichmann / Wegera 1993, 135), das in Pflugs Texten nachzuweisen und dementsprechend als indirekt „südlich“ zu klassifizieren ist, wie zum Teil für andere Charakteristika oben vermerkt (s. Tab. 5). Ob der „südliche“ Einfluss tatsächlich über die Achse Leipzig-Nürnberg wirkte, kann mit der vorliegenden Schreibsprachanalyse nicht geklärt werden, zumal zu Pflugs Zeit der ostmitteldeutsche, „protestantische“ Einfluss in Nürnberg schon zunahm. Mit komparativen Schreibsprachanalysen für die Nürnberger Protestanten könnte die wechselseitige Einflussnahme Nürnbergs und des ostmitteldeutschen Gebiets (im Besonderen Zeitz) differenziert beurteilt werden. Nicht oberdeutschen Einfluss im ostmitteldeutschen Raum, sondern im Gegensatz das Eindringen ostmitteldeutscher Merkmale in südliche Varietäten untersucht Rössler (2005, 337) für das 16.–18. Jahrhundert, weil „in manchen Phasen des untersuchten Zeitraums die Schreibvariation in der oobd. Sprachregion einen funktionalen Mehrwert besitzt, der weder schreib- noch sprachinterne Ursachen hat. Hier kommt der außersprachliche, gesellschaftliche Faktor ins Spiel, der sich in der Graphie und Morphologie der untersuchten österreichischen und bayerischen Drucke auswirkt: die Konfession“. Diese wird als implizit schreibsprachliches Abgrenzungskriterium im Zuge von Reformation und Gegenreformation gesehen. Noch im 16. Jahrhundert war die Wirkung der Reformation zu gering, um den ostmitteldeutschen Erscheinungen in österreichischem Schrifttum dauerhafte Etablierung zu verschaffen. Erst mit der Gegenreformation und besonders im 17. Jahrhundert nimmt dieser Einfluss dann zu (Wiesinger 1999, 270). An Rösslers Untersuchung müsste sich eine ähnlich geartete für den ostmitteldeutschen Raum anschließen. Dadurch ließen sich die Interferenzen ostmitteldeutscher und (ost)oberdeutscher Merkmale für beide Sprachräume beurteilen und vergleichen. Bei der Untersuchung des konfessionellen Einflusses in Drucken ist von anderen Voraussetzungen auszugehen als im Fall der Autografen Pflugs. Doch um die Konfession weitgefasst in Bezug zu Sprache zu setzen, ist der Vergleich handschriftlich verfasster Texte
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A4 Die Schreibsprache des Julius Pflug im Rahmen Autor – Region – Konfession
mit Drucken anzustreben, übersteigt jedoch den Rahmen des hier Leistbaren. Ebenfalls müssten die Schriften von Protestanten im oberdeutschen Raum, z.B. Veit Dietrich278, Andreas Osiander279, untersucht werden, um einer möglichen Adaption regionaler Schreibmerkmale aus konfessioneller Motivation näher zu kommen. Noch wichtiger scheinen vergleichende Analysen der Texte – es müssen Autografe sein – des Nikolaus von Amsdorf, Vorgänger Pflugs im Amt des Naumburger Bischofs, Protestant und wie Pflug auch eindeutig im ostmitteldeutschen Gebiet geboren und verwurzelt, sowie des Nikolaus Medler, protestantischer Stadtprediger Naumburgs.
278 279
Vgl. BBKL (1990, 1302f.) und zu Leben und Werk: Klaus (1958). Müller, Gerhard / Seebaß, Gottfried (1975–1997).
B Glossar
B1 Ziel, Benutzerkreis und Quellen
Das hier vorliegende Glossar ergänzt die Dokumentation der Schreibsprache Pflugs (Kap. A3).280 Eine Vielzahl der Artikel des Glossars wurde anhand von Lemmata erstellt, die unter die in Kap. A2.2 klassifizierten Parameter gerechnet werden, d.h. die Artikel geben Auskunft über vorrangig graphematische und morphologische, aber durch die Angabe der Belege auch über syntaktische und lexikalische Eigenschaften der Lemmata. Zwar wird ein Einblick in den Wortschatz Julius Pflugs ermöglicht und ein Teil in den Zusammenhang ‚Gesamtwortschatz des Frühneuhochdeutschen‘ gefügt, doch zuforderst ist das erklärte Ziel der Erstellung des Glossars, streng alphabetisch sortiert die charakteristischen sowie auffallenden Züge der Schreibsprache Pflugs unter einem raschen Zugriff zugänglich zu machen. Das angefertigte Glossar versteht sich als ein so genanntes „Ausgabenglossar“281 größeren Umfangs und ist nicht als Autorenwörterbuch aufzufassen – schon gar nicht mit dem überhöhten lexikografischen Anspruch auf Vollständigkeit.282 Als Benutzerkreis sind Interessenten angesprochen, die sich auf hohem Niveau nicht nur mit Sprach- und Literaturgeschichte, sondern auch mit Kulturund vor allem Reformationsgeschichte befassen, besonders Germanisten, Historiker und Theologen. Die Belegangaben in den einzelnen Artikeln sind detailliert und zahlreich. Während nur DIAL.1 ediert vorliegt, wurden von allen weiteren Texten zum Zweck der 280
Schubert (2007, 214) hat völlig richtig erkannt: „Die Erstellung eines Glossars ist ein wichtiger Arbeitsschritt und eine wesentliche Hilfe für die Benutzer; es sollte eigentlich bei keiner Edition fehlen.“ 281 Vgl. FWB I, S. 43f.: „Zu dieser Gruppe gehören Glossare, Wortverzeichnisse, lexikologische Anmerkungsteile, Register aller Art im Anhang wissenschaftlicher Textausgaben (...).“ Es wird somit eine an der Analyse der Schreibsprache Pflugs orientierte Auswahl getroffen, die sowohl Autosemantika als auch Synsemantika in Auswahl berücksichtigt. Problematisch ist eine, wie bei Warnke (1993, 25ff.) vorliegende, zweifach stark reduzierte Beschreibung des Wortschatzes durch Eingrenzung auf einen Zentralwortschatz anhand onomasiologischer Beziehungen und unter Auslassung der Synsemantika, zu denen er auch die Adverbien, die nur als solche auftreten können in Abgrenzung zu adverbial verwendeten Adjektiven, zählt, und für „die historische Lexikographie insgesamt, die ja – linguistisch gesehen – keinen hermetischen Systembereich vertritt, eher mißlich (...). Denn Funktionswörter wie Präpositionen, Kon- und Subjunktionen sind gerade für die historische Syntax von erheblichem Interesse“ (Schmid 2008, 263). 282 Vgl. Warnke (1993, 24): „Unter linguistischem Aspekt ist dieses lexikographische Vollständigkeitsbestreben jedoch als ausgesprochen problematisch zu beurteilen (...)“.
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B1 Ziel, Benutzerkreis und Quellen
Schreibsprachanalyse Transkripte angefertigt, die jedoch nicht herausgegeben werden. Für diese Texte ist kein Vergleich mit einer vorliegenden Edition möglich, da sie nur im Original in der Zeitzer Stiftsbibliothek vorliegen. Die Belege umfassen deshalb oft den gesamten Satz, in den das Lemma eingebettet ist. Die Quellen des Glossars sind die im Korpus enthaltenen Autografe (Kap. A2.1). Unter folgenden Siglen wird im Glossar auf die Texte Bezug genommen: DIAL. 1 – fiktives Streitgespräch; StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50 DIAL. 2 – Das Andere Buch; StBZ, 2° Ms. ct. pg. 34 n. 22 TRAKT. AM – Traktat über den Laienkelch; StBZ, 2° Ms. ct. pg. 33 n. 4d PRED – Predigtmanuskripte (Predigten und Sonntagsevangelien); StBZ, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23 PRED.ANL – Predigtanleitung; StBZ, 2° Ms. ct. pg. 26 n. 23 TRAKT.LIPS – Traktat zum Leipziger Religionsgespräch; StBZ, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3 BRIEF A – (...) – BRIEF V: Die Briefe Pflugs
B2 Aufbau und Inhalt der Artikel im Glossar
§ 1 Aufbau der Artikel Wenn es nicht anders angegeben wird, erfolgt die Anlage der Artikel und die Lemmatisierung dieser unter Bezug auf das Frühneuhochdeutsche Wörterbuch.283 Das Material des Glossars setzt sich zum großen Teil aus Autosemantika, ergänzend dazu auch aus Synsemantika zusammen. Der einzelne Artikel des Glossars enthält Angaben folgender Art, wobei 1.–3., 6. und 8. obligatorisch, 4., 5. und 7. fakultativ sind: 1. Lemma in normalisierter Form 2. Wortartbestimmung und Angaben zur Morphologie des Lemmas 3. Lemma als Schreibvariante Pflugs samt verschiedenen Schreibweisen 4. flexions- und wortbildungsmorphologische Angaben 5. Verweis auf das FWB 6. Bedeutungsparaphrase(n) 7. typische Syntagmen (z.B. phraseologische Wendungen, häufige Fügungen) 8. Belege und Belegstellen 9. Angaben zur absoluten Häufigkeit (für 1. oder 3. und 4.)
§ 1.1 Der Artikelkopf Der Artikelkopf beinhaltet: die Nennform des Lemmas, Angaben zur Wortart, flexionsbzw. wortbildungsmorphologisch relevante Wortformen und, wo möglich, den Verweis auf das Frühneuhochdeutsche Wörterbuch und im Falle nur einer einzigen Bedeutungserläuterung auch diese. Der Artikelkopf ist zweigeteilt. In der ersten Zeile stehen ausschließlich das jeweilige Lemma in der Nennform und die entsprechende Angabe zur Wortart, die sich auf das konkrete Vorkommen in Pflugs Texten bezieht. In den darauf folgenden Zeilen erscheinen dann die für Pflug üblichen Varianten (3.), wenn sie nicht mit der Nennform übereinstimmen und dies durch die Angabe der absoluten Häufigkeit 283
Vgl. FWB I, 62–164.
162
B2 Aufbau und Inhalt der Artikel im Glossar
hinter der Nennform signalisiert wird, sowie 4.–7. Die Grundform des Lemmas und dessen genannte flektierte Formen und Phraseme werden fett gesetzt.
§ 1.2 Bedeutungsparaphrasen und Belege Bei mehreren Sememen des Lemmas werden die Bedeutungsparaphrasen mit dazugehörigen Belegstellen und Belegen unter dem Artikelkopf aufgelistet. Sind mindestens zwei Bedeutungserläuterungen vorhanden, werden sie nummeriert, wobei sich ihre Reihenfolge nach der Vorkommenshäufigkeit richtet. Phraseme284 werden gesondert in diese Reihung aufgenommen und im Anschluss an die Bedeutungserläuterungen mit einer laufenden Nummer versehen. Innerhalb der einzelnen Bedeutungsvarianten wird bei der Angabe mehrerer Belege nach Texten sortiert: DIAL.1, DIAL. 2, PRED, PRED.ANL, TRAKT.AM, TRAKT.LIPS, BRIEFE. Grammatische Angaben und Belegstellen erscheinen recte, die Belege kursiv. Das Ende eines Belegs ist durch einen Punkt gekennzeichnet, unabhängig davon, ob es sich um ein Satzende handelt. Die Bedeutung der Lemmata steht in einfachen Anführungszeichen und kann entweder durch eine Paraphrase oder die Angabe von Synonymen geschehen.
§ 1.3 Angaben zur Häufigkeit Den Lemmata und ihren Sonderformen sind Angaben zur absoluten Vorkommenshäufigkeit hinzugestellt. Das dient einerseits der Vergleichbarkeit bspw. einer apokopierten Verbform eines Lemmas mit der entsprechenden nicht-apokopierten, andererseits der Einordnung in die gesamte absolute Häufigkeit des Lemmas. Diese Angaben sollen die Schreibsprachanalyse unterstützen. Die Frequenz wird unmittelbar hinter dem Wort in einfachen Schrägstrichen angegeben. Die Zahl hinter der Nennform bezieht sich direkt auf ebendiese und von ihr abgeleitete Formen, die nicht unter Sonderformen aufgenommen sind. Für Letztere wird die absolute Häufigkeit nach dem Wort und vor der grammatischen Information ausgewiesen. Für die Angabe der Frequenz gibt es folgende zwei Darstellungsmöglichkeiten: 1. Ein Lemma hat eine Bedeutung: Die absolute Gesamthäufigkeit ergibt sich aus der Addition der Einzelhäufigkeiten von Nennform und Sonderformen bzw. ist bei fehlenden Sondervertretungen mit der Frequenz der Nennform gleichzusetzen. 2. Ein Lemma hat mehrere Bedeutungen: Die absolute Gesamthäufigkeit ergibt sich aus der Addition der Häufigkeit, die hinter den einzelnen Bedeutungsvarianten angegeben sind. Im Falle von Sondervertretungen erscheint deren Frequenz zusätzlich hinter der jeweiligen Form. Eine Angabe hinter der Nennform unterbleibt dann meist.
284
Vgl. FWB I, 38. Die Phraseme werden unter der Basis des Phrasems lemmatisiert.
B3 Lemmatisierung
§ 1 Das Lemma und seine Nennform „Das Lemma steht in einer normalisierten Form, die in der Mehrzahl aller Fälle von der Wortschreibung, wie sie in den Belegen erscheint, abweicht“ (FWB I, 4). Bei der Anlage des Glossars erfolgt Anlehnung an die Prinzipien des Frühneuhochdeutschen Wörterbuchs. In Zweifelsfällen wird zugunsten der neuhochdeutschen Form entschieden. Kommt die normalisierte Form in Pflugs Texten vor, wird die Frequenz notiert. Fehlt diese hinter der jeweiligen Form, bedeutet das ein fehlendes Vorkommen und die für Pflug gültige Grundform steht dann nach der Wortartenbestimmung in der zweiten Zeile des Artikelkopfs. Als Nennform des Lemmas wird für Substantive und Pronomina der Nominativ Singular, für Verben der Infinitiv und für Adjektive die unflektierte starke Form im Nominativ Singular angesetzt.
§ 2 Angaben zur Wortart „Für jedes Wort wird angegeben, welcher bzw. welchen der traditionellen Wortarten (Subst., V., Adj., Zahlw., Pron., Präp., Konj., Interj., Partikel) es angehört.“ (FWB I, 77). Diese Angaben beschränken sich beim Substantiv auf das Genus. Da es in den Quellen nicht für jedes substantivische Lemma Belege im Genitiv Singular und Nominativ Plural gibt, wird auf eine eventuelle Rekonstruktion beider Formen verzichtet und ausschließlich die Grundform angegeben, es sei denn, es handelt sich um in der Schreibsprachanalyse hervorgehobene Sondervertretungen flektierter Formen. In diesem Fall weist ein Vermerk auf Kasus und Numerus hin. Gehört ein Wort mehreren Wortarten an, werden mehrere Artikel erstellt, wobei an erster Stelle das Substantiv steht, dann Adjektiv, Verb und Partikel. Die Wortartbestimmung bezüglich der Adjektive und Adverbien orientiert sich an einer syntaktischen Klassifikation, sodass ein Adjektiv in attributiver, prädikativer und adverbialer Verwendung vorkommen kann. Als Adverb wird klassifiziert, wenn es sich
164
B3 Lemmatisierung
ausschließlich um die adverbiale Verwendung eines Lexems handelt bzw. auch wenn dieses in Pflugs Texten nicht attributiv oder prädikativ, sondern nur adverbial belegt ist. Konversionen werden beim Ausgangswort aufgenommen. Als Substantiv verwendete Adjektive werden unter dem jeweiligen Adjekiv, substantivierte Verben und (flektierte) Partizipien unter dem entsprechenden Verb verzeichnet, wenn eine daraus entstehende Einzelbedeutung nicht schon als usualisiert zu betrachten ist oder es sich um eine für Pflugs Zeit ungewöhnliche Form handelt.
§ 3 Angaben zu den flektierten Formen im Artikelkopf Für flektierte Verbformen erfolgt die Angabe von Person, Numerus, Modus und Tempus. Bei flektierten Formen der Substantive und der Verben werden Angaben zur Frequenz hinzugefügt. Die Verben werden in stark (V st), schwach (V sw) und unregelmäßig flektierende (V unr.) und in Präteritopräsentia (Ptps) differenziert. Diese Unterteilung orientiert sich an der mittelhochdeutschen Einteilung in starke Verben, die ihr Präteritum unter Stammvokalwechsel bilden, und schwache Verben, deren Präteritalformen sich durch Dentalsuffix und deren Perfektpartizipien durch das Präfix ge- plus Dentalsuffix auszeichnen. Doch die konkreten Angaben im Glossar beziehen sich auf die Vorkommensweise bei Julius Pflug. Schwanken die Präteritalformen, wird das Verb als unregelmäßig flektierend klassifiziert. Gibt es für ein Lemma bei Julius Pflug mehrere Varianten, werden sie hinter der lemmatisierten Grundform nach Frequenz sortiert. Ist zu den flektierten Formen keine grammatische Bestimmung in Klammern verzeichnet, handelt es sich um eine graphematische Variante der Nennform.
§ 4 Bedeutungserläuterungen und dazugehörige Belege Die Bedeutungserläuterungen werden, wo möglich, in Anlehnung an das FWB und unter Hinzunahme des Deutschen Wörterbuchs von Jacob und Wilhelm Grimm erstellt bzw. gemäß dem Individualstil Pflugs spezifiziert. Die Bedeutung des Lemmas kann auch durch das neuhochdeutsche Äquivalent angegeben werden, da das Glossar die Schreibsprachanalyse unterstützen soll, aber der Schwerpunkt nicht auf historischer Semantik liegt. Sind mehrere Sememe angegeben, erscheinen sie nummeriert und die jeweiligen Belege werden einzelbedeutungsbezogen angeführt, wenn keine Mehrdeutigkeit angenommen werden kann. Die Belege sollen möglichst die Grund- und Sonderformen widerspiegeln, die der Artikelkopf enthält. In einzelnen Fällen wird aus Gründen der Vielzahl der Sonderformen darauf verzichtet und die Belege zugunsten der häufigen Formen gewählt. Mehrfachlemmata werden mit hochgestellten Ziffern vor
§ 5 Graphematische Lemmatisierung
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dem Lemma nummeriert und unter dem Aspekt grammatischer und semantischer Differenz angesetzt.
§ 5 Graphematische Lemmatisierung Die graphematische Lemmatisierung richtet sich nach der im FWB vorgenommenen.285 Die Anordnung der Lemmata erfolgt streng alphabetisch. Weicht Pflug in seiner Schreibung stark von der damals üblichen ab, wird ein Verweis an der jeweiligen Stelle gesetzt, z.B. wird für bustenis unter b auf wüstenis verwiesen. Umlaute werden wie Nicht-Umlaute behandelt. Nicht-Umlaute erscheinen vor Umlauten. Das initiale oder mediale e wird als Sekundärumlaut in Form von ä gewertet. Der Diphthong aw wird wie au und ew wie eu lemmatisiert. In Bezug auf die Anordnung der auf p, b, d, t, f und v anlautenden Lemmata sind Abweichungen von der Vorgehensweise des Frühneuhochdeutschen Wörterbuchs festzuhalten: Alle mit p und b anlautenden Lemmata erscheinen jeweils unter dem eigenen Buchstaben. Genauso wird für d, t, f und v verfahren. Lediglich c wird unter k lemmatisiert.286 Bei Entrundung von ö zu e, Senkung von u zu o oder Verdunklung von a zu o wird unter ö, u bzw. a verzeichnet.
285 286
Vgl. FWB I, 69–72. Vgl. FWB I, 74.
B4 Alphabetisches Glossar
A abbrechen /1/, V. st. FWB, I, 1, 23ff., ‚entsagen, vorenthalten‘ TRAKT.LIPS, pag. 39: das das fasten vornemlich dohin gerichtet sal werden, damit man dem fleische abbreche und solchs beqwemer weise casteie. aberglaube, der aberglawben /4/, aberglawb /1/, FWB, I, 1, 79f., ‚falscher Glaube, Irrglaube‘ TRAKT.LIPS, pag. 43: ob aber sondere gebrawch und aberglawben darneben durch eczliche eingefurt weren, die solte man (…) ausroden. TRAKT.LIPS, pag. 20: ob aber hiebei irgent ein misbrawch oder aberglawb eingerissen, dem mochte man wol durch die predigten abthun. abergläubisch, Adj. aberglewbisch /6/, FWB, I, 1, 80, ‚falsche Glaubensvorstellungen hegend‘ DIAL.1, fol. 224v: Wolst due auff den fal gestehen, das die kirche in deme, das szie die geistere der vorstorbenen heiligen umb vorbitte bittet, nit aberglewbisch handele, und die ehere, so got eigent den creaturen zcumesse?
abfertigen /1/, V. sw. abgfertigt /1/ (Part. Prät.), FWB, I, 1, 107f., ‚jn. in Hinblick auf ein Anliegen behandeln‘ BRIEF V: und seind hewte vorhinnen zcu solcher handelung vier abgfertigt worden, nemlich Caspar von Schonberg zcu Burstenstein, Gotschult von Hawbitz, doctor Fachs und Wolf Keller. Was die gutes werden ausrichten, werdet die zceit zcu erkennen geben. abgehen, V. st. abgangen /2/ (Part. Prät.), FWB, I, 1, 127ff. 1. ‚verlaufen‘ /4/ DIAL.1, fol. 223r: und weil die lieben vorstorbenen heiligen iczo bei christo leben und vor uns bitten, ist nucz, das wir diesen begeren und got darneben anruffen, das es nit one frucht abgehe, sondern das er ir bitte erfare und mag uns solchs zcu gute kommen. 2. ‚von einem Amt zurücktreten‘ /1/ BRIEF A: Ich habe mit betrubtem gemute vornommen, das unser g.h. zcu Freisingen und Numburg tods halber abgangen. 3. ‚fehlen‘ /1/ DIAL.1, fol. 82r: aber gleich wol, das die aus allervolkomlichste gerechtikeit christi darzcu komme und uns mitgeteilt werde, nit das szie ihene auffhebe,
A
sondern ersecze, was uns an derselbtigen abgehet, auff das wir der ganczen volkommenheit, der wir in uns mangeln, in christo teilhafftig werden. abgünstig, Adj. abgunstig /1/, FWB, I, 1, 158f., ‚feindlich‘ BRIEF Q: ich hoffe aber, der Almechtige wirde euch stercken und den abgunstigen lewten in die wurffel greiffen. abhalten /2/, V. st. FWB, I, 1, 161, ‚jn. von etw. abhalten‘ DIAL.1, fol. 68vf.: und ob wol dieser nach dem gesecze der natur ader Mose erbarlich leben und sich enthalten kan, das er niemands beschwere, so mangelt es ime doch an dem innerlichen, als das er nit freiwillig thuet, was er thun sal, dan wue in nit die zceitliche scham ader die forcht eines ergern dauon abhilte, worde er one zcweiffel das gegenspil thun. ablassen /3/, V. st. FWB, I, 1, 211ff., ‚von etw. absehen‘ PRED.ANL, pag. 216: diese zcwene bussen seind dem volcke vleissig und trewlich einzcubilden, (...) auff das der mensch vor dem hern gedemutiget, die forcht gots emphahe, von sunden ablasse und die meide. abscheiden /4/, V. st. FWB, I, 1, 317ff., ‚sterben‘ PRED, pag. 91: ware es in deme unwandelbaren rath gots bschlossen, da bei auch sein wille war, das er nicht ehe dan die prophetien alle erfullet weren, von diser welt abscheiden solte.
167 abscheuig, Adj. abschawig /2/, FWB, I, 1, 324, ‚unwillig‘ DIAL.1, fol. 54v: wer solte sich davor, (...) nit erschrecken und abschawig werden? abschied, der abschid /8/, FWB, I, 1, 326ff. 1. ‚Beschluss‘ /4/ DIAL.1, fol. 8r: und ist dazcumal die augspurgische confession zcu ruck gesaczt worden zcu deme das im abschide des reichs tags doselbst Ewrem teil aufgelegt worden, das ir dieselbtigen vorglichenen artickel nit uberschreitten soltet, darein ir samptlich gewilliget. 2. ‚Tod‘ /3/ PRED, pag. 83: dan ob uns wol der zcutrit zcur barmherczikeit gots zcu ider zceit offen stehet, so ist doch unser keiner der stunde seines abschids gewiss. PRED.ANL, pag. 218: und ob sich nun der abschid von diser welt gleich auffzcewhet und mitteler weile vil widerwertigkeit dem menschen zcestehen, sal er dennoch in trostlicher hoffnung stehen. 3. ‚Weggang‘ /1/ BRIEF Q: mus ich beiwege suchen, die sich nach zcur zeit nit wollen der feddern vortrawen lassen, davon ich euch nach erlangtem meinem abschide bericht und meldung thun wil. abschlag /1/, der FWB, I, 1, 332f., ‚Verweigerung‘ BRIEF H: und weil nun die ko. mt. die commission also gegeben, das die zcwischen hir und dem nesten reichstage sal vorgnommen werden, habe ich davon eine fugsame ursache zcu abschlage offenen konnen, wue ich mich dan iczo bei irer mt erschuldige.
168 abschlagen /1/, V. st. FWB, I, 1, 333ff., ‚ablehnen‘ BRIEF H: solte ichs ime aber abgeschlagen habe, so hette ich seine ungnade auff mich geladen, dadurch ich in meinen sachen auch hette morgen gehindert werden. abschrift, die abschrifft /8/, FWB, I, 1, 359, ‚Kopie‘ BRIEF D: nachdem mir aus vilen bewegenden ursachen vonnoten sein wil, die handelunge zcu Zeicz bei henden zcu haben, bit ich, wullet mir die gegn Leipzig zcufertigen, das ich eine abschrifft davon nemen moge. absehen /5/, V. st. FWB, I, 1, 368f., ‚etw. bleiben lassen / ablegen‘ DIAL.1, fol. 92rf.: wil einem iden, (...) vor allen dingen vonnoten szein, das er in sich gehe, szeine sunde und missethat nach der regel des gotlichen geseczes betrachte, und die von herczen berauhe, davon absehe, mit einem guten vorsacze solche hinforder zcu meiden. absetzen, V. sw. abgesaczt (Part. Prät.) /1/, FWB, I, 1, 375ff., ‚jn. eines Amtes entheben‘ DIAL.1, fol. 170v: und ob gleich einer aus inen von szeinem ampte abgesaczt wirdet, so wirdet er doch des sacraments des herrens, welches er einmal emphangen, nit darben. abstellen /1/, V. sw. abgestelt /3/ – abgestalt /1/ (Part. Prät.), FWB, I, 1, 408ff., ‚aufheben‘ DIAL.1, fol. 135v: und so gibet solcher salbung Tertullianus, der alte lerer der kirche, gar ein schon zcewgnus und wie sie in gemeinem gebrawch der kirchen
B4 Alphabetisches Glossar
gehalten, sal szie keines weges abgestalt werden. abtragen /6/, V. st. FWB, I, 1, 442ff., ‚Genugtuung leisten‘ PRED, pag. 124: sondern auch seinen geliebten und eingebornen son vor uns ins leiden und todt gestelt und unsere schuld und missethat auff in geleget, damit seine unschuld unsere schuld abtrage und uor uns reichlich und uberflussig bezcalte. abwaschung /1/, die abwaschunge (Dat. Sg.) /1/, FWB, I, 1, 480, ‚religiöse Reinigung‘ PRED, pag. 108: Dan da seine seite, in massen wie obstehet, eroffnet worden, seind die brun qwellen unsers heils doraus geflossen, wie sie dan doraus als aus dem stein brunnen noch teglich geistlich flissen (...) Nemlich das blut zce abwaschunge unserer sunden und missethaten. abwenden /7/, V. sw. abgewant /6/ – abgewandt /1/ (Part. Prät.), FWB, I, 1, 490f., ‚sich abkehren‘ DIAL.1, fol. 47r: und hat sich nit schwaben an viel ortern und pfaltz auch wirtemberg newlich von euch abgewandt? TRAKT.LIPS, pag. 3f.: so nun der mensche von den sunden dermassen abgewant und volgend glewbet, das er aus der Barmherczikeit gots und dem vordinst seines lieben sons, unsers hern iesu christi, von seinen sunden, (...) entpunden. abwendung /6/, die FWB, I, 1, 492, ‚Vernichtung, Beseitigung‘ TRAKT.AM, pag. 11: nun wollen wir sehen, welcher under den wegen am
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A
beqwemesten sei und zcu abwendung des argen am dinstlichsten. abziehen, V. st. abzcihen /7/, abzcewht /1/ (3. Sg. Ind. Präs.), FWB, I, 1, 511ff., ‚sich abwenden‘ DIAL.1, fol. 28v: aber wie konte sich einer mehe vorterben und von got abzcihen? wie mocht auch einer den namen christi mehe voruneheren, dan das er in also zcu szeinem schanddeckel macht? PRED, pag. 33: Aus dem vormerckt man, was wir vor arme unbestendige und blinde lewte seind, wan der herre seine gnedige hendt von uns abzcewht. abziehung, die abzcihung /1/, FWB, I, 1, 519, ‚Entsagung‘ TRAKT.LIPS, pag. 40: wan man der monche und irer ordene regeln mit guten christlichen augen ansihet, mag nach kan ir stand der billikeit nch nit vorworffen werden, ist auch zcu ider zceit in der gemeinen christlichen kirchen vor gut und dem leben der lieben ersten christen fast gemes geacht und gehalten worden, dienet zcu casteiung des fleisches und abzcihung von der bosen welt. achten, V. sw. FWB, I, 1, 556ff. 1. ‚überlegen, (be)denken, halten für‘ /39/ BRIEF G: Dorumb ich von unnoten achte, solchs widerumb zcu erholen. 2. ‚wertschätzen‘ /3/ DIAL.1, fol. 84v: gedenckt, ob ir got nit mehe eheret und glorificiret, so ir szeine gaben gros achtet, dan da ir die vorachtet.
ader siehe oder altgläubig, Adj. altglewbig /11/, FWB, I, 1, 892, ‚katholisch‘ DIAL.2, pag. 21: das ist der confessiones vorwanten laer, welche laer gleichwol von den, so sich catholisch und altglewbig nennen, seher vortunckelt worden, wie szie dan nit wol leiden konnen, das man sage, wir werden durch den glawben alleine gerechtfertiget. DIAL.2, pag. 40: solchs ist nit den altglewbigen, die wir die papisten nennen, sondern der confessiones vorwanthen laer gemes, dan die treiben solche mitgeteilte ader zcugerechnete gerechtikeit. amt, das ampt /4/, ampt /1/ – ampte /5/ (Dat. Sg.), empter /3/ (Gen. / Akk. Pl.), emptere /9/ (Nom. Gen. / Akk. Pl.), FWB, I, 1, 935ff. 1. ‚Stelle, Position‘ /20/ DIAL.1, fol. 127v: zcum virden die, das wir geistlichen und kirchen dienere geschickt werden, unszere emptere wol zcuuorrichten. PRED.ANL, pag. 228: und das sacrament ist der art, das wan der mensch solchs emphehet, so emphehet er gnade und geschicklikeit die geistlichen empter recht auszcurichten. 2. ‚Aufgabe, Funktion‘ /2/ DIAL.1, fol. 170rf.: item gehet hin in die gancze welt und prediget das euangelium allen creaturen und tewffet sie. item nemet hin und esset, das ist mein leib, das thuet zcu meinem gedechtnus. so wenig als der, welcher ungeweihet ist, diese empter fruchtbarlich ausrichten kan.
170 anbegin /2/, der FWB, I, 1, 986f., ‚Anfang‘ DIAL.1, fol. 218r: und wie es nun von anbegin herkommen, so wirdet es noch hewtigs tags in algemeiner kirche gehalten. anbieten /2/, V. st. anbewtet /3/ (3. Sg. Ind. Präs.), FWB, I, 1, 996f., ‚jm. etw. anbieten, ein Angebot machen‘ DIAL.1, fol. 115rf.: und weil er uns auch solche szeine trostliche gnade auff genedigste anbewtet, sprechende kommet zcu mir alle, die ir betrubet szeid und arbeitet und ich wil euch erqwicken, kan keiner one sonderliche voruneherung und schmach der hochsten maiestat im himmel vorzcweiffeln. anbringen /2/, V. unr. FWB, I, 1, 1011ff., ‚jn. veranlassen etw. zu tun‘ DIAL.1, fol. 25r: die kirche als eine getrawe mutter hat eczliche fasttage eingesaczt, damit szie ire kindere zcu christlicher zcucht und casteiung des fleischs anbrechte, auff das szie deste geschickter wurden zcum gebet. DIAL.1, fol. 66r: wie und welchermassen ein mensch moge wol und christlich underwiszen und zcu allem deme, welchs ime zcu szeiner selen heil gut und notwendig szein moge. andacht, die FWB, I, 1, 1019ff. 1. ‚Andachtshaltung‘ /3/ PRED, pag. 90: Nun kommen wir zcum tode christi, davon wollet die heiligen euangelisten mit vleisse und andacht anhoren. 2. ‚Wohlwollen, Aufmerksamkeit‘ /1/ TRAKT.LIPS, pag. 19: so wil sich auch die trennung der dinge, welche man
B4 Alphabetisches Glossar
nach gebrawch der gemeinen christlichen kirchen neben diesem sacrament zcu sonderlich andacht und guter erinnerung der glewbigen gebrawcht, nit wol leiden. änderung, die anderung /6/, enderung /2/, FWB, I, 1, 1044f., ‚Änderung, Veränderung‘ TRAKT.AM, pag. 14: zcu solcher Enderung dadurch den gewissen unser mitbrudere dieses fals am statlichsten mochte gehulffen werden, were die abrogation der saczungen von einer gestalt am beqwemesten. TRAKT.LIPS, pag. 19: so heldet sichs dennoch anders in dem gebrawchen, so einhelliglich in gemeiner kirchen eingefurt und vil iar erhalten seind, dan diese sal keiner aus eigenen vornemen in anderung stellen. anfang /1/, der anfang /4/ – anfange /12/ (Dat. Sg.), FWB, I, 1, 1088ff., ‚Beginn‘ PRED, pag. 134: Es wirdet ein solch trubsal sein, als nicht gewesen ist von anfang der welt bisher und als auch nicht werden wirt. anfangen /7/, V. st. anfahen /2/, fehet sich an /2/ (3. Sg. Ind. Präs. Refl.), FWB, I, 1, 1075ff., ‚beginnen‘ PRED, pag. 3: Nun last uns in der euangelischen historien des leidens und sterbens christi vortfaren, und an deme orte anfahen, da wirs jungst gelassen. PRED, pag. 102: und fehet sich alhie an die beruffung der heiden und die vorwerffung der Iuden, wie solche lange zcuuorn die heiligen propheten im geiste gesehen.
A
anfechtung /5/, die FWB, I, 1, 1103ff., ‚Versuchung‘ PRED.ANL, pag. 220: dan dadurch werden die gewissen unruig und wirt der tewffel wider uns zcu der anfechtung und uberwindung gesterckt. angesehen, nur in: angesehen das /13/, mehrteilige Konj., kausal, ‚im Hinblick das‘ DIAL.1, fol. 189r: deste weniger wil uns geburen, under einander zcuzcancken und spaltungen zcumachen, angesehen das solche absonderungen und sectenwerck des fleischs szeind, die uns vom himelreich ausschliessen. angesicht /10/, das angesichte /2/ (Akk. Sg.), FWB, I, 1, 1162ff., ‚Gesicht‘ PRED, pag. 32: sie speien ime in sein heilig angesicht, lassens dabei nit bleiben. anhalten, V. st. FWB, I, 1, 1208f. 1. ‚drängend bitten‘ /3/ DIAL.1, fol. 53rf.: nun stelle ich in ewer bedencken, ob ir nicht viel mehe ursache habt, euch zcu unszerer alten und catholischen kirche, die ir das babstumb nennet, zcuwenden, dan anzcuhalten, das ich mich in ewre geselschafft einlassen solle. 2. ‚bei etw. bleiben, an etw. festhalten‘ /2/ BRIEF R: in unsrer sachen halt ich fast an und vorhoff, balt einen bescheid zcu erlangen. anhang, der anhange (Dat. Sg.) /2/, FWB, I, 1, 1211ff. 1. ‚Zusatz‘ /3/ BRIEF C: so aber meine herren wolten
171 jar frei gehen, und die disputation nit meiden, konte man das altherkummen in deme anzceigen, mit weiterem anhange, weil manns also im alten gebrawch gefunden, das man daran nichts hette zcuuormeiden gewust. 2. ‚Anhängerschaft, Bekanntenkreis‘ /1/ DIAL.1, fol. 42rf.: so hat donatus sich etwan understanden, die gar einzcuzcihen und in einem engem und kleinem hawffen szeins anhangs zcuuorstecken. anheben /1/, V. st. hube an /1/ (3. Sg. Ind. Prät.), FWB, I, 1, 1224ff., ‚beginnen‘ PRED, pag. 35: und balt hernacher traten die ihenigen, welche do stunden, zcu petrus und sagten ime, warlich due bist auch einer aus inen, dan deine sprach offenbaret dis. da hube petrus an zcuuorteidigen und zcuschworen, das er den menschen nit kente. PRED.ANL, pag. 224: und auff das alhie die sacrament underschidlich gehandelt werden, wil ich von der tawffe anheben. die tawffe. anhetzer, der anheczer /1/, FWB, 1242, ‚Bösewicht; jmd., der jn. reizt‘ PRED, pag. 40: mit fewsten geschlagen, in auch mit spotworten vorhonet, also das sich inn inen die sunde sampt irem anheczer, dem tewffel, mit grosem freuel und mutwillen den unschuldigsten man zcupeinigen und zcu martern understanden. anhetzung, die anheczung /1/, FWB, I, 1, 1242, ‚Reizung‘ PRED, pag. 7: so hat sich zcugetragen, das gleich wie der tewffel durch seine ungerechte und tyrannische anheczung
172 sich an dem unschuldigen blut christi (...) vorgriffen. ankommen, V. st. ankommen /1/ – ankumen /1/ – ankummen /1/ (Part. Prät.), FWB, I, 1, 1267ff., ‚einen Ort erreichen‘ BRIEF U: euch gebe ich zcuerkennen, das der churfurste zcu Gota ankommen und m. h. herczog krigsvolck wider kegn der Nawmburg zciehen und sich do niderlassen wirdet. BRIEF A: so kan ich dennoch meinen pflichten nach und aus guter getrawer meinung E. Erwirden nit vorhalten, das die Ro. Keiserliche Mt zcu speier ankumen. BRIEF E: Ich bin gestern spat allererst alhie wider ankummen. anlaufen, V. st. anlawfen /1/, FWB, I, 1, 1291ff., ‚zusammenkommen, herbeilaufen‘ PRED, pag. 68: aber nun last uns ferner erwegen, welcher gestalt auch die Iudenn am creucz christi angelawffen und sich geergert haben, auff das wir uns ob irem heslichen fal. anliegen /1/, V. st. anleit /1/ (3. Sg. Ind. Präs.), FWB, I, 1, 1317ff., ‚bevorstehen‘ TRAKT.LIPS, pag. 43: auff die gemeine christliche kirche, welche zcu ider zceit gehalten hat, das die lieben vorstorbenen heiligen bei christo leben und ime volgen und wan er dan uberal gegenwertig ist, schleust der heilige hieronymus daraus, das auch die lieben seligen selen neben im uberal seind, und wissen nit weniger, was uns anleit, dan eben die bosen geiste, darumb lest mans billich mit der anruffung der lieben gestorbenen heiligen, wie es iczo im gebrawch gemeiner kirchen.
B4 Alphabetisches Glossar
anrufung, die anruffung /3/, FWB, I, 1, 1383, ‚religiös: flehentliche Bitte‘ TRAKT.LIPS, pag. 43: darumb lest mans billich mit der anruffung der lieben gestorbenen heiligen, wie es iczo im gebrawch gemeiner kirchen. anschauen, V. sw. anschawen /8/, schawe an (Imp. Sg.) /2/, FWB, I, 1, 1397f., ‚betrachten‘ PRED, pag. 88: got, der due mein vater bist von ewikeit nach meiner gotlichen natur, aber mein got nach meiner menschlichen natur, schawe mich an, welcher gestalt ich vorlassen bin, wie auch meine bekanten und junger von mir geflogen, dergleichen herre, wie hast due mir deine gotliche hulffe entzcogen. ansehenlich /6/, Adj. FWB, I, 1, 1433f., ‚beachtlich, bemerkenswert‘ BRIEF B: wolt got, ich were zcu dieser ansehenlichen und wichtigen regirung so geschicket, als ich nit bin, so hette ich deste weniger bedenckens. ansehung, die nur in ansehung /3/, FWB, I, 1, 1444f., ‚hinsichtlich‘ TRAKT.LIPS, pag. 42: wir sollen auch in keinen heiligen glewben, in ansehung das beides gotte allein geschehen sal. BRIEF N: und ist doch meines ermessens an der substancz nichts vorgessen, dan die Petition ist dohin gericht, das Keiser. Mt mit dem Churfursten in ansehung seiner ungerechten thetlichen und gewaltsamen handelunge und das ich mich bei ime nichts anders dan vorfolgung zcuuorsehen, schaffen wolte.
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ansuchung /1/, die FWB, I, 1, 1511, ‚Gesuch, Bitte‘ BRIEF K: darumb bit ich, und nachdem vorgangener zceit an mich gelanget, als solten die von der Nawmburg etwas bei dem Capittel der walh halber ansuchung gethan haben.
das ewige, darzcu er one das als ein kindt gots den zcutritt hat und ie mehe er guts gethan, ie grossere frewde, selikeit und glori emphehet er in ihener welt und wirdet ime also die arbeit, so er im guten gethan und angewant, reichlich vorgolten.
antichristisch /1/, Adj. FWB, I, 1, 1524, ‚im Zusammenhang mit dem Antichrist‘ DIAL.1, fol. 183r: dan wan ir gleich seher auff ewre newerung dringet, so gewinnet ir daruber nichts anders dan ewren eigenen schimpff und der kirchen, die ir innehat, hochsten nachteil, weil solchs nit ein schlechter irsal, sondern ein antichristische vorfurung ist, angesehen das der prophet daniel klar zceiget, das der antichrist neben andern der christen eusserlich opffer einreisszen werde.
anwerfen, V. st. anwerffen /2/ nur in: phras. einen Strick anwerfen /2/, FWB, I, 1, 1594f., ‚zu Fall bringen‘ TRAKT.AM, pag. 13: dorwegen dan der apostel pawlus vorbewtet, das man in der kirchen regirung den lewten keinen strick anwerffe und also binde, das sein gewissen in fellen, so an inen selber frei stehen, dadurch vorleczet werden.
antwort /8/, die FWB, I, 1, 1556ff., ‚Erwiderung‘ BRIEF C: Dise einfaltige antwort solte meines bedenckens zcu abwendung allerlei disputation nit undinstlich sein. antworten /14/, V. sw. antwort /7/ – antwortet (3. Sg. Ind. Präs. / Prät.) /1/, FWB, I, 1, 1560ff., ‚erwidern‘ PRED, pag. 5: und hieb ime sein recht or abe. der knecht aber hies Malchus. Iesus aber antwort und sprach. PRED, pag. 59: Dar antwortet der ander, strafft in und sprach. anwenden, V. sw. angewant /1/, FWB, I, 1, 1590ff., ‚etw. auf etw. verwenden‘ DIAL.1, fol. 103v: und neben deme, das er alhie im guten bestehet und zcunimmet, sondern widerferet ime auch
anzeigen, V. sw. anzceigen, FWB, I, 1, 1607ff. 1. ‚angeben, beschreiben‘ /92/ DIAL.1, fol. 11r: und wiewol ir in solcher anzceigt, das Ewre laer der schrifft der catholischen kirchen nit ungemes, so vorwirfft ir doch iczo tradition ecclesiae catholicae. 2. substantiviert: das Anzeigen /1/, FWB, I, 1, 1606, ‚Zeichen‘ PRED.ANL, pag. 226: Nachdem der herre im euangelio die kinder lis zcu sich tragen und leget inen seine hende auff zcum anzceigen, das sie den heiligen geist auch konten emphahen. anziehen, V. st. anzcihen /2/, anzceuhet /1/ – anzewget /1/ (3. Sg. Ind. Präs.), FWB, I, 1, 1613ff., ‚sich kleiden‘ DIAL.1, fol. 77v: ia es kan keiner got angeneme werden, so lange er den alten adam mit szeinen bosen begirden nit von sich leget und den newen adam anzceuhet. DIAL.1, fol. 81v: treget sich zcu, das
174 der, welcher one sunde nit lebet, in christo die gerechtikeit gots wirdet, wie der heilige paulus schreibet und die anzewget, gleich als were szie szein eigen. apostel /89/, der FWB, II, 1, 5ff., ‚Jünger Jesu, auch für Paulus‘ TRAKT.AM, pag. 8: wie man sich (...) in sonderheit aus dem apostel, 1. cor 5, zcubeleren hat. ärgernis, das ergernus /18/, FWB, II, 1, 75f., ‚Schwierigkeit, Problem‘ DIAL.1, fol. 84vf.: gedenckt, ob ir nit mit wenigerm ergernus es davor haltet, das euch got mit solcher gerechtikeit begnadet, auff das ir in der wandert und euch alles guten bevleissiget. TRAKT.LIPS, pag. 20: zcuuoraus weil solchs an ergernus und spaltung nit mag geschehen. armut /1/, der / das FWB, II, 1, 144ff., ‚Bedürftigkeit‘ TRAKT.LIPS, pag. 41: desgleichen ist auch gutig, das die monche nach irem vormogen hospitaliteten halten, den was inen uberlawfft an irer notdorfftigen zcerung geburet dem armut. auch /712/, Adv. FWB, II, 1, 295ff., ‚ebenfalls, außerdem‘ DIAL.1, fol. 96r: ewre lerer gehen viel anders mit den dingen umb, stellen das auff ire werck und vordinst, welchs due iczo auff den glawben stellest, wie wir dan auch thun. auf, Präp. auff /261/, FWB, II, 1, 313ff. 1. mit Akkusativ (Form von Bewegung) /173/
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PRED, pag. 93: fallet alhie alle auff Ewre knihe. 2. mit Dativ (Zustand der Ruhe) /68/ DIAL.1, fol. 4r: sie ist auff iungstem reichstage durch die geschehene relation in publica acta imperii kommen und mitler weil von den Ienischen erkleret worden. auferstehen, V. unr. aufferstehen /5/, FWB, II, 1, 390ff., ‚aus dem Tod zum Leben übergehen (christl. motiviert)‘ PRED, pag. 62: dan es ware ie an deme, das der herre gleich sterben und vor unsere sunde seinen geist auffgeben solte, damit er folgend am dritten tage zcu unserer rechtfertigung wider aufferstehen mochte. auferstehung, die aufferstehung /15/, FWB, II, 1, 393f., ‚aus dem Zustand des Todes zum Leben übergehen (christlich motiviert)‘ PRED, pag. 94: und stunde auff viel leibe der heiligen, die da schlieffen und giengen aus den grebern noch seiner aufferstehung und kamen in die heilige stadt und erschinen vielen auffart /1/, die FWB, II, 1, 406ff., ‚Himmelfahrt Christi‘ DIAL.1, fol. 182v: Derhalb weil wir armen sonder eindenck szeind szeines lebendigmachenden leidens, heilwertigen creuzes und tods, szeines grabes und aufferstehung von toden am dritten tage, szeiner auffart zcum himmeln. aufheben, V. st. auffheben /17/, FWB, II, 1, 467ff., ‚außer Kraft setzen‘ DIAL.1, fol. 22r: wer hat nun Luther den gewalt gegeben, das er das gesecze
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gots mochte auffheben und deme zcuentgegen ordenen? DIAL.1, fol. 82r: aber gleich wol, das die aus allervolkomlichste gerechtikeit christi darzcu komme und uns mitgeteilt werde, nit das szie ihene auffhebe, sondern ersecze. auflegen, V. sw. aufflegen, FWB, II, 1, 531ff. 1. ‚verpflichten‘ /7/ DIAL.1, fol. 8r: und ist dazcumal die augspurgische confession zcu ruck gesaczt worden zcu deme das im abschide des reichs tags doselbst Ewrem teil aufgelegt worden, das ir dieselbtigen vorglichenen artickel nit uberschreitten soltet. 2. ‚die Hände auflegen, segnen‘ /2/ PRED, pag. 149: und das man dahin gbracht habe einen tawben und haben gebeten, das ime der herre die hende aufflegte. aufrichten, V. sw. auffgericht /9/ – auffgerichtet /2/ – auffgricht /1/ (Part. Prät.), FWB, II, 1, 606ff. 1. ‚errichten, erbauen‘, /23/ BRIEF F: Item weil sich des Capittels gesantten zcu Zceicz haben lassen vornemen, das der syndicus auch ein instrument auff Brantsteins handelung die Coadjutorei betreffend hette auffgricht, so dasselbtige bei der handt, bit ich, wollet mirs auch zcuschicken. 2. ‚trösten, Mut machen‘ /7/ DIAL.2, pag. 1: nemlich das wir uns in uns demutigen und in christo dargegen auffrichten und rhumen sollen. aufrichtung, die auffrichtung /5/, FWB, II, 1, 618f., ‚Errichtung, Erbauung‘
175 PRED, 25: Nachdem aber der oberste prister fragte, ob er wer christus, der son gots, und aber doraus dero eines ersehen wolte, das er enczwar muste die warheit, so zcu auffrichtung, bekrefftigung und ausbreitung des reichs gots gehorete, vorschweigen, welchs ime nit geburn wolte. aufrur, der auffrur /4/, FWB, II, 1, 627ff., ‚Aufstand, Streit‘ DIAL.1, fol. 26v: wie dan luther in deme szeine laer selber geendert und vorfelscht hat, ist dadurch der auffrur nit vortediget und gut gemacht, und manchem mutwilligem menschen zcu solcher bosen handelung ursache gegeben worden. aufrürisch, Adj. auffrurisch /1/, FWB, II, 1, 632f., ‚streitsüchtig‘ DIAL.1, fol. 27r: wie dan unszere dewczschen sider des nit zcu geringem irem nachteil fast unruig und auffrurisch gewesen. aufziehen, V. st. auffzcihen /4/, auffzcewhet (3. Sg. Ind. Präs.) /1/, FWB, II, 1, 808ff., 1. ‚in die Länge ziehen, warten‘ TRAKT.AM, pag. 11: und auff das ich mich hie nit selber auffzcihe, bfinde ich kurczlich drei wege zcu diesem dinge nachlassung. 2. ‚bevorstehen‘ /1/ PRED.ANL, pag. 218: und ob sich nun der abschid von diser welt gleich auffzcewhet und mitteler weile vil widerwertigkeit dem menschen zcestehen, sal er dennoch in trostlicher hoffnung stehen, den solche hoffnung macht keinen zcuschande.
176 aufzug, der auffzcug /3/, FWB, II, 1, 818ff., ‚Verzögerung, Aufschub‘ BRIEF P: Aus meinem schreiben an mein Dhomcapittel und den darbei vorwarten copeien habet ir zcuuornemen, was ich zcu Speier ausgericht, dan wiewol ich hefftig angehalten, das ich zcur possession meines Stiefts one lengern auffzcug kommen mochte, habe ichs doch nit erhalten mogen. aufzüglich, Adj. auffzcuglich /1/, FWB, II, 1, 822, ‚hinhaltend‘ BRIEF P: so wirdet ime auch dadurch seine gefarliche und auffzcugliche handlung abgeschnitten. Zcu deme sal der reichsabschidt vormogen, das alle attentat, so sich nach endung des Reichstags zcu Regensburg zcugetragen, abgestellet. ausbreitung /1/, die FWB, II, 1, 924f., ‚Ausdehnung‘ PRED, pag. 25: das er enczwar muste die warheit, so zcu auffrichtung, bekrefftigung und ausbreitung des reichs gots gehorete, vorschweigen. ausbringen, V. unr. ausbracht /1/ (Part. Prät.), FWB, II, 1, 927ff., ‚erlassen, in die Öffentlichkeit bringen‘ BRIEF P: Aber damit gleichwol meinem dhomcappittel, clerisei, dem adel und andern ruge und sicherheit mitler weile geschafft werde, habe ich ein keiserlich mandat ausbracht, welchs dem Chorfursten gegenwertiges Ehrenholt insinuiren sal. ausfürung, die ausfurung /5/, FWB, II, 1, 1020, ‚Durchführung, Erledigung‘
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BRIEF P: Zcu deme sal der reichsabschidt vormogen, das alle attentat, so sich nach endung des Reichstags zcu Regensburg zcugetragen, abgestellet, und die ding in vorigen standt gbracht werden sollen, welchs mir in ausfurung meiner sache fast dinstlich sein wirdet. ausgehen, V. unr. ausgangen /1/ (Part. Prät.), FWB, II, 1, 1039ff. 1. ‚erscheinen, publiziert werden‘ /3/ DIAL.1, fol. 158r: so hat solche ewre newerung dis fals luther selber nit wollen gut szein lasszen, wie in einem druck, so zcu erphurdt ausgangen, dargethan wirdet. 2. ‚feindlich gegen jn. ausziehen‘ /1/ PRED, pag. 17: zcu der stunde sprach Jesus zcu der rotte (...) und zcu den hohen priestern und hewptlewten des tempels und den Eltesten, die uber in kommen waren, ir seid als zcu einem morder mit schwerten und stangen ausgangen, mich zcufahen. 3. ‚weggehen‘ /1/ PRED, pag. 149: Diese Euangelische historia meldet, welcher gestalt der herre Iesus ausgangen sei von den grenczen (...) sei kommen an das Galileische mer. auslöschen, V. sw. auslescht (3. Sg. Ind. Präs.) /1/, FWB, II, 1, 1164ff., ‚aufheben, vergessen machen‘ PRED.ANL, pag. 225: hirumb schreibet s augustin, das die tawffe die begirden auslescht. ausrecken, V. sw. recket aus /1/ (3. Sg. Ind. Präs. / Prät.), FWB, II, 1, 1222f. ‚in eine best. Richtung ausstrecken‘ PRED, pag. 4: und sihe einer aus denen,
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die mit Jesus waren, recket seine hende aus und zcog sein schwert aus und schlug. ausrichten /6/, V. sw. ausgericht /3/ (Part. Prät.), FWB, II, 1, 1243ff., ‚tun‘ BRIEF H: was ich zcu Nuremberg erhalten und ausgericht, werdet ir aus dem schreiben, so ich an meinen herren des Dhomcapittels gethan, vornemen. ausschlagen /2/, V. st. ausschlahen /5/, ausschlahet /1/ – ausschleget /2/ (3. Sg. Ind. Präs.), FWB, II, 1, 1304ff., ‚ablehnen‘ DIAL.1, fol. 34rf.: und weil die als instrument und gefes, dadurch die manchfeldige gnade gots uns nit solcher gnade unphehig mache, der die sacrament, dadurch er die emphahen sal, ausschlahet und vor nichts heldet. DIAL.1, fol. 172vf.: sich kan die zceit szeines lebens begnugen lasszen, so fern er die berurte gnade christi nit selber und mutwilliglich ausschleget. austeilen /3/, V. sw. FWB, II, 1, 1456ff., ‚verteilen, weggeben, (Sakrament) spenden‘ DIAL.1, fol. 127r: damit wir nun die sacrament recht austeilen, so mussen wir erstlich betrachten die eigenschafft dero gnaden, welchen solche sacrament zcugeordenet szein. ausweisen /15/, V. sw. ausweisete (3. Sg. Ind. Prät.) /1/, FWB, II, 1, 1517ff., ‚aussagen, beweisen‘ PRED, pag. 25: das er enczwar muste die warheit, so zcu auffrichtung, bekrefftigung und ausbreitung des reichs gots gehorete, vorschweigen, welchs ime nit geburn wolte, ader solche warheit ein offentlich gezcewgnus, des er nihe kei-
ne schew getragen, wie sein heilig euangelium ausweisete.
B babst /8/, der FWB, II, 1, 1596ff., ‚Oberhaupt der katholischen Kirche‘ DIAL.1, fol. 52v: Item ich sage, das under dem Babst die rechte christenheit szei, ja der rechte ausbundt der christenheit, ja viel grosser heiligen. bäbstlich, Adj. bebstlich /7/, FWB, II, 1, 1606ff., ‚vom Papst autorisiert‘ TRAKT.AM, pag. 11: so mag die dispensation in diesem falle durch bebstliche heilikeit geschehen, wie volgend sal notdorfftiglich dargethan werden. babsttum, das babstumb /15/, FWB, II, 1, 1610ff., ‚Katholizismus‘ DIAL.1, fol. 51v: beim babstumb kanst du ja auch nit bleiben, weil dasselbtige nit tawg und von unszerm uberzcewget ist, das es die ware kirche nit szein kan. backe, der backen /1/, FWB, II, 1, 1653ff., ‚Wange‘ PRED, pag. 26: thuet auch doran recht nach dem beuelh christi, schlehet dich einer auff deinen rechten backen, so halt im den andern. backen /9/, V. st. wacken /1/, FWB, II, 1, 1626ff., ‚durch starke Hitzezufuhr im Ofen einen Teig erwärmen‘ DIAL.1, fol. 37rf .: so bleibet das brot ein backen brot und der wein ein natur-
178 licher wein, dan die genissung machet das sacrament gleich so wenig als einer, ehe das brot im offen gebacken, in szeinem mawle backen moge. DIAL.1, fol. 151r: als man das brot nit ehe essen kan, ehe dan mans im offen gebacken, dan in szeinem mawl wirdet es kein mensche wacken konnen. barmherzigkeit /2/, die barmherczikeit /53/, FWB, III, 1, 1ff. 1. ‚Gnade Gottes‘ /53/ DIAL.1, fol. 231v: so ermane ich euch durch die barmherczigkeit gots. wollet es bei deme bleiben lassen und euch wol vorsehen, das ir nit weiter gehet. 2. ‚Mildtätigkeit‘ /2/ DIAL.1, fol. 14vf.: daher kommet es, das iczo wider zcucht nach eher, messikeit, tugent, traw, glaube, liebe und barmherczikeit und was guter tugenden mehe ist, fast bei inen erlischt, welchs mancher guthercziger mensche (…) herczlich beclaget.
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bedanken, V. sw. bedancken /2/, FWB, III, 1, 370f., ‚Dank sagen‘ BRIEF V: des ich mich den bedancke und bitte, wollet nit nachlassen, bei den lewten, die den bescheid villeicht nit wollen wissen, anzcuhalten. bedenken, V. unr. bedencken /14/, bdencken /4/, FWB, III, 1, 383ff., substantiviert: das Bedenken, bedencken /26/, bdencken /5/, FWB, III, 1, 382f, ‚Zweifel‘ DIAL.1, fol. 90r: wie der spruch thomae klar ausweiszet. da du nun in dem allem kein bedencken hettest, so wolte ich fort faren. PRED, pag. 107: daruber machten sie inen keine gewissen, aber das die corpore, dero so gerichtet waren, solten am creucze bleiben hengen am sabbath, des hatten sie bdencken.
bauch, der bawch /1/, FWB, III, 1, 155ff., ‚Körperteil‘, übertragen: ‚Gefräßigkeit‘ PRED, pag. 45: deste mehe sollen wir uns bewegen lassen, von dem vihischen laster des fulsawffens abzcusehen und uns enthalten, aus unserm bawch einen got zcumachen.
bedingung /1/, die FWB, III, 1, 419, ‚Abmachung‘ TRAKT.LIPS, pag. 2: Doch mit dieser bedingung, ob etwas hirinnen begriffen, welchs eine voranderung und newerung in der kirchen christi bringen wolte, das solchs E g ratsweise wollen angezceiget und dadurch irer ordentlichen obirkeit keines wegs vorgegriffen haben, sondern wollen es mehe zcu irer erkentnis und nachlassung gestelt haben.
bedacht /1/, Adj als Part. Prät. zu bedenken bdacht /5/, FWB, III, 1, 363ff., ‚etw. ist jm. klar im Sinn‘ DIAL.1, fol. 137r: umb so viel deste weniger sollen wir dis sacrament vorachten, sondern viel mehe darauff bdacht sein, wie wir solchs fruchtbarlich gebrawchen mogen.
bedürfen, V. unr. bedorffen /2/, bdorffen /17/, bdarff /7/ (3. Sg. Ind. Präs.), FWB, III, 1, 435ff., ‚brauchen, benötigen‘ DIAL.1, fol. 129r: das sacrament der leczten olung gehoret zur dritten gnade, dan es bringet trost den betrubten menschen an irem leczten ende, wan szie des trosts am besten bdorffen.
basser, siehe wasser
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DIAL.1, fol. 135v: ein steter streit ist auff erdtreich, da wider den tewffel, da wider die bose welt, da wider szein eigen fleisch, derhalb er deste mehe der hulffe gots zcur sterckung bdarff.
DIAL.1, fol. 168v: alhie sihet man, welcher gestalt im namen unszers herrens iacobus, als der apostel und beuelhaber christi, dieses sacrament eingesaczt hat.
befaren /2/, V. st. bfaren /2/, FWB, III, 1, 452f., ‚befürchten‘ BRIEF A: Das habe ich E. Erw. auff den fal der vorhinderung nit wollen unangezceiget lassen, wiewol ich jar viel lieber wolte, das es keiner weigerung bdorffte und wir das unsere thun mochten mit gutem willen des Schuczfurstens. aber die lewffte geben mir ursach, das ich mich allerlei bfaren mus.
befinden /2/, V. st. bfinden /63/, FWB, III, 1, 486ff. 1. ‚erkennen, halten für‘ /45/ DIAL.1, fol. 12r: dan ich bfinde erstlich, das ir aus dem gutem arges machet und aus argem guts, und ladet also auff euch das prophetische, wie davon Esaias saget. 2. refl.: ‚etw. ergibt sich aus etw.‘ /13/ DIAL.1, fol. 86rf.: was aus diesem bosen und gifftigen bawm vor bose und nachteilige fruchte erwachsen, ist unuorborgen und gibets die tegliche erfarung und bfindet sich, das ewre lutheraner, wan szie sich gancz in die laer hengen. 3. ‚sein‘ /5/ DIAL.1, fol. 136rf.: darauff dan das sacrament der bussze stehet und gar ein trostlich ding ist, nemlich wan du dich in deinem gewissen beschwert bfindest, das due dem priester, welcher gewalt hat auffzcubinden, dich erzceigest.
befel, der beuelh /7/, buelh /1/, FWB, III, 1, 458ff., ‚Gebot‘ TRAKT.LIPS, pag. 23: und nachdem die dancksagung und Bitte vor die hohen regirenden stende der welt nach dem beuelh des heiligen pawli auch in die messe gezcogen wirdet und al do neben andern gotte auffgeopfert wirdet. befelen, V. st. beuelen /15/, bfelen /1/, FWB, III, 1, 462ff., ‚gebieten‘ DIAL.1, fol. 94r: wer nun mit solchem glawben und vortrawen sich zcu gotte keret, der gehet recht zcu deme thron der gnaden, gibet gotte die ehere szeines heils und bevilet sich dem hern und wirdet (...) darob nit zcuschanden. PRED, pag. 97f.: seinen geist in die hende seines himmelischen vaters, von dem er kommen, bfele und dorauff seinen geist auffgebe. befelhaber, der beuelhaber /1/, FWB, III, 1, 470f., ‚Bevollmächtigter‘
befleissen, V. unr. bevleissen /4/, FWB, III, 1, 501f., ‚sich anstrengen‘ PRED, pag. 56: Deste mehe sollen wir uns bevleissen, in der Ewikeit der gemeinen christlichen kirchen zcubleiben, und uns vor allen seiten, die icze (leider) sehr gemeine worden zcuhuten. befleissigen, V. sw. bevleissigen /7/, FWB, III, 1, 502f., ‚sich anstrengen‘ DIAL.1, fol. 84vf.: gedenckt, ob ir nit mit wenigerm ergernus es davor haltet,
180 das euch got mit solcher gerechtikeit begnadet, auff das ir in der wandert und euch alles guten bevleissiget. befreien, V. sw. befreihen /2/, FWB, III, 1, 508ff., ‚erlösen‘ PRED, pag. 131: Nun hat es unser lieber her bei diser hohen wolthat nicht wenden lassen, sondern uns nach weiter bgnadet, auff das wir durch den blut neben oberzcelter vorsunung gereinigt, auch von der dinstparkeit der sunde und des tewffels befreihet worden. befremden, V. sw. bfrombden /1/, FWB, III, 1, 512, ‚verwundern‘ DIAL.1, fol. 148v: darumb las ichs hirbei auch wenden, aber das bfrombdet mich gleichwol, das due die papistische transsubstantion und die vorwandelung des brots in den leib christi vorteidigen wilst. befugt, Adj. als Part. Prät. zu befugen bfugt /1/, FWB, III, 2, 523f., ‚die Erlaubnis haben, etw. zu tun‘ PRED, pag. 31: do sie geleich christus anzubelangen bfugt weren, als sie doch nit weren, dergestalt zcugeparn. begeben, V. st. begabe (3. Sg. Ind. Prät.) /2/, FWB, III, 2, 542ff. 1. refl.: ‚zutragen‘ /8/ PRED, pag. 94: und kamen in die heilige stadt und erschinen vielen aber der hawptman, welcher gegen uber stund, und sach was sich begabe, und das er, der herre. 2. ‚an einen bestimmten Ort begeben‘ /6/ BRIEF F: auch aber mit dem Senior und hern Casparn v. Wirczpurg mochte es
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villeicht muhe haben, doch hilte ich davor, wan sich der Senior gegn Wirzburg begebe, er werde des orts statliche und ehrliche underhaltung finden. begeren /26/, V. sw. FWB, III, 2, 574ff., ‚wünschen, verlangen‘ DIAL.1, fol. 6rf.: Damit aber das angestelte gespreche zcwischen uns ungehindert bleibe, wil ich meine frage faren lasszen und begere alleine des berichtet zuszein, wurumb ir mich nit lieber zcu der gepflogenen und gewilligten regensburgischen religionshandelung weiset. begierde, die begirde /19/, begird /2/, FWB, III, 2, 595ff., ‚Verlangen‘ PRED, pag. 92: hirczu schluge auch der dorst und begirde zcu unserm heil, dorumb er sich dan heraber vom himmel gelassen. PRED, pag. 44: und nachdem adam durch die begird zcu der vorbottenen speisse gesundiget, desgleichen seine nachkommenden mit fressen und sawffen. begnaden /4/, V. sw. bgnadet /6/ (Part. Prät.), FWB, III, 2, 629ff., ‚gnädig sein‘ PRED, pag. 131: Nun hat es unser lieber her bei diser hohen wolthat nicht wenden lassen, sondern uns nach weiter bgnadet auff das wir durch den blut neben oberzcelter vorsunung gereinigt, auch von der dinstparkeit der sunde und des tewffels befreihet worden. begnadigung /2/, die bgnadigung /5/, FWB, III, 2, 634f., ‚Privilegierung, Straferlass‘ DIAL.1, fol. 73v: so hat im christus
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solche bgnadigung erworben, hat es auch bei deme nit wenden lasszen, sondern aus uberschwencklicher gnade und milde uns auch erlanget und vordinet, das wir kinder und erben gots zcur hoffnung des ewigen lebens werden mogen. DIAL.1, fol. 74r: und wer die begnadigung gots erlanget, der wirdet gerechtfertiget. behüten, V. sw. behuten /4/, FWB, III, 2, 832ff., ‚bewahren‘ DIAL.1, fol. 1v: Da behute mich got vor. bei /228/, Präp. mit Dat. FWB, III, 2, 842ff. DIAL.1, fol. 11r: aber es ist bei dem nit gebliben. beichte /7/, die beicht /2/, FWB, III, 2, 865ff., ‚Schuldbekenntnis‘ DIAL.1, fol. 138r: ia, wue hat aber got ader die aposteln solche beichte mit underschidlicher erzcelung der sunde geordenet? beide /14/, Indefinitpron. bede /1/, FWB, III, 2, 878ff., ‚jeder von zwei zusammengehörigen Gegenständen, Sachverhalten oder Personen‘ DIAL.1, fol. 38r: und ob gleich Luther die busse vor ein sacrament gehalten hat und melanchthon die priester weihe, hilffts doch nit, dan ire junger haben beide sacrament wider ausgemustert. BRIEF V: hie im lande hat man einen anstandt auff acht tage gemacht, mitler weile salle man von beder teilen handeln.
181 bekennen /35/, V. sw. bekante /1/ – bekant /1/ (3. Sg. Ind. Prät.), FWB, III, 3, 1080ff., ‚einräumen, gestehen, kundtun‘ DIAL.1, fol. 159r: due must bekennen, das das sacrament szeiner einsaczung nach freihe stehet, ob ein leihe under einer oder beider gestalt solchs nemen wollen. PRED, pag. 29f.: Derhalb do der herre die warheit bekante, das er gots son were, name solch gezcewgnus der hochsten warheit der oberste priester nit alleine nit an, sondern ergrimmet sich daruber. bekenntnis, die / das bekantnus /2/, FWB, III, 3,1095ff., ‚Kundgabe in Glaubensgemeinschaft‘ PRED, pag. 30: nennet icztberurte warhafftig bekantnus eine gots lesterung. PRED, pag. 78: dan wie der heilige paulus bezcewgt, so glewbt man mit dem herczen zcur gerechtikeit, thuet aber mit dem munde das bekantnus zcum heil. bekeren /15/, V. sw. FWB, III, 3,1106ff., ‚den christlichen Glauben annehmen‘ DIAL.1, fol. 1v: Wie sal ich mich bekeren? bekerung /8/, die FWB, III, 3, 1111ff., ‚religiöse Hinwendung‘ DIAL.1, fol. 95r: aber neben deme allem wil auch dem zcu der ersten szeiner bekerung vonnoten sein, das er sich tawffen lasse, in betrachtung das nach der laer unszers heilands keiner ins himmelreich eingehen mag, der nit zcuuorn aus dem wasser und heiligen geist widergeboren szei.
182 bekommen /11/, V. st. bekummen /2/, beqwam (3. Sg. Ind. Prät.) /1/, FWB, III, 3, 1135ff., ‚erhalten‘ DIAL.1, fol. 44r: durch unfruchtbare meinet der heiden vorsamlung und durch fruchtbare meinet er die sinagog, dan iene truge vor christo keine frucht zcum heil, aber hernach wurde szie gar fruchtbar und beqwam viel kindere, wie christus selber sagt. PRED.ANL, pag. 217: und wirt der gerechtikeit und genugthuung christi teilhafftig, also das er vorgebung seiner sunde und rechtfertigung durch christum und umb seines vordinsts willen bekumme, der ewigen vordamnus emphage und der ewigen selikeit pfehig sei. bekräftigung, die bekrefftigung /2/, FWB, III, 3, 1152, ‚Bestätigung‘ PRED, pag. 25: Nachdem aber der oberste prister fragte, ob er wer christus, der son gots, und aber doraus dero eines ersehen wolte, das er enczwar muste die warheit, so zcu auffrichtung, bekrefftigung und ausbreitung des reichs gots gehorete, vorschweigen, welchs ime nit geburn wolte. belangen /3/, V. sw. belanged (3. Sg. Ind. Präs.) /17/, FWB, III, 3, 1184ff., ‚betreffen‘ TRAKT.LIPS, pag. 8f.: So vil aber dem vordinst unserer werck belanged, ob wol von got nichts unbelonet bleibet, er auch einem idem aus uns nach seinen wercken richten und den guten wercken, welche in warenn glawben und liebe geschehen, zceitliche und ewigen lon geben wil.
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belonung /17/, die FWB, III, 3, 1234f., ‚angemessene Vergeltung‘ DIAL.1, fol. 100v: so hat doch der herre denen, welche alszo in szeinem gehorsam leben, zceitliche und ewige belonung vorheischen. berauben, V. sw. berawben /4/, FWB, III, 3, 1348ff., ‚stehlen‘ PRED, pag. 55: das sich der herre aller ehren in die hochste demut gesaczt, also das er sich vor der undanckbaren welt seinen heiligen corper hat entplossen und sich seiner kleider berawben lassen. bereuen, V. sw. berauhen /1/, berawhen /8/, berewen /3/, FWB, III, 3, 1407ff., ‚Reue empfinden‘ DIAL.1, fol. 92rf.: das er in sich gehe, szeine sunde und missethat nach der regel des gotlichen geseczes betrachte, und die von herczen berauhe, davon absehe, mit einem guten vorsacze solche hinforder zcu meiden. DIAL.1, fol. 114v: und sal derhalb szeine begangene sonde, dadurch er das blut christi mit fusszen getretten und szeinen himmelischen vater gelestert hat, herczlich berawhen. PRED, pag. 39: so sach er petrum an und gabe ime in sein hercz die busse, also, das er sich erkante, und seine begangne sunde schmerczlich berewte, also, das er auch seine trennen daruber vorgosse, zcu forderst weil one busse kein mensche vorgebung seiner sunde erlangen kan. bergen, V. st. pergen /4/, FWB, III, 3, 1439ff., ‚verheimlichen, verbergen‘
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BRIEF N: und wil euch dorauff nit pergen, das eben gestern, do ich die briffe bekommen, keiser. Mt ich undertenigst ersucht habe. bericht /20/, der FWB, III, 3, 1487ff., ‚Nachricht, Kunde‘ BRIEF C: so balt es aber geschehen moge, wollen sie sich der sachen notdorfftiglich erkundigen und Irem chor und f.g. undertenigst bericht dorauff thun. berichten /18/, V. sw. bericht /1/ – berichtet /11/ (Part. Prät.), FWB, III, 3, 1491ff., ‚kundgetan, gemeldet‘ BRIEF I: auch in gegenwertikeit der geschickten des churfursten als Creuzen, Goszman, und magr Burchard des vicecancelers und das nach der verlesung derselbige vicecanceler (wie ich bericht) vorgetragen. berufung, die beruffung /2/, FWB, III, 4, 1553f., ‚Berufung in Verbindung mit höherer Macht‘ PRED.ANL, pag. 219: so hat es auch diese gestalt, das durch die ubung der eusserlichen werck der innerlich mensche, welcher in den gaben gots stehet, zcunimmet und iar vil krefftiger wirt, also das wir dadurch unserer beruffung iar vil gewisser werden. beruhen /3/, V. sw. berugen /1/, FWB, III, 4, 1555ff. 1. beruhen lassen ‚sich zufrieden geben‘ /2/ DIAL.1, fol. 97v: so wil ichs hirbei beruhen lassen und in unszerer vorgenomenen materii fortschreiten.
183 2. ‚sich stützen / gründen auf‘ /1/ DIAL.1, fol. 205r: dan nachdem ich die traditiones veritatis und dogmata einfaltiglich doch mit gutem grunde der warheit erkleret habe und also, das ir leicht abnemen konnet, wurauff szie beruhen und das szie keines wegs zcuuorachten. 3. beruhen auff ‚auf etw. beharren‘ /1/ BRIEF C: so weis ich euch nicht zcuuorhalten, das ich nach auff gesteriger meiner meinunge beruge. berümen, V. sw. beruhemen /3/, FWB, III, 4, 1558ff., ‚sich rühmen, prahlen‘ DIAL.2, pag. 36f.: Was hast due, spricht er, das due nit emphangen? und so due es emphangen, wurumb beruhemest due dich, als habest due es nit emphangen? DIAL.2, pag. 93: und ob nun wol die schrifftgelarten und die phariseer sich des geschribenen geseczs seher beruhemet, gleichwol weil szie der liebe gemangelt, welche nit von natur, sondern von der gnade gots herflewst, ist das erfolget, das ob szie gleich nach dem eusserlichen schein from und gerecht gewesen, doch im herczen untugentlich und unrecht gebliben szeind. besagen /1/, V. sw. bsaget (3. Sg. Ind. Präs.) /1/, FWB, III, 4, 1576ff., ‚kundtun, erzählen‘ TRAKT.AM, pag. 8: solchs bsaget das recht (...) hir zcu stimmet auch der heilig augustinus. besagung /2/, die bsagung /3/, FWB, III, 4, 1580, ‚Aussage‘ PRED, pag. 6: Wie dan Judas Iscarioth seinen hern und meister alhie vorraten hatt, nach besagung des erzcelten.
184 beschehen /2/, V. st. FWB, III, 4, 1626ff., ‚geschehen‘ PRED.ANL, pag. 228: weil es den lebendigen christum, wie er vor uns dargegeben, in sich schleust, also das die ihenigen, so das sacrament genissen, christum selbst genissen, so fern solchs wirdiglich bschihet, werden sie christo als dem hewpt eingeleibt. bescheid /5/, der bescheidt /1/, FWB, III, 4, 1631ff., ‚Kunde, Kenntnis, Nachricht‘ DIAL.1, fol. 112r: und achte, ir werdet aus vorigem meinem bericht so viel bescheids haben, das ir vor ewre person numer gute werck werdet gut szein lasszen und zcu denen auch geneigter szein dan hiebeuorn. BRIEF R: in unsrer sachen halt ich fast an und vorhoff, balt einen bescheid zcu erlangen. bescheinen /2/, V. sw. FWB, III, 4, 1661f., ‚belegen‘ TRAKT.LIPS, pag. 39: das die unterscheid der speise durch die geordenet ist worden, zcu deme das s hieronymus (...) mit guten ursachen bescheinen, das solcher unterschid nucz und gut sei. beschlagen, V. st. beschlahen /1/, FWB, III, 4, 1694ff., ‚übertragen: erwischen, fangen‘ BRIEF N: und was euch weiter von Meidlern und seinen mitschwermern begegnet, solchs last mich wissen, dann ich achte, es solte alhie besser vor der schmide dan anderswo zu beschlahen sein. beschliessen, V. st. beschlisszen /4/, beschlewst (3. Sg. Ind. Präs.) /1/, FWB, III, 4, 1705ff. 1. ‚abschließen, beenden‘ /3/
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PRED, pag. 93: Da nun der herre (wie Iohannes den passio beschlewst) den essig getruncken hatte, sprach er, es ist erfullet. 2. beschließen unter ‚betroffen sein, beinhalten‘ /2/ PRED, pag. 70: vorstunden auch nicht, welcher gestalt die schrifft alle menschen under die sunde beschlosse, auff das alle der Barmherczikeit gots und der aussunung bei ime durch den ewigen mitler Iesum, den waren christus und Messias, bedorffen. beschlus /5/, der bschlus /2/, FWB, III, 4, 1719ff. 1. ‚Lösung, Urteil‘ /4/ TRAKT.AM, pag. 9f.: derhalb wil ich auff die geseczte frage diesen bschlus einfuren, das zcu diser zceitt thulich sei, dem leihen die beide gestalt des sacraments in diesem lande nit zcuweren, sondern dero stat zcugeben. 2. ‚Ende‘ /3/ DIAL.1, fol. 167v: ich wil diese materie, weil szie mit wenig worten nit kan ausgefuret werden, an einen andern beqwemen ort vorschiben und iczo die sacrament zcum beschlus furen. beschneiden /1/, V. st. FWB, III, 4, 1729ff., ‚eine Pflanze stutzen‘ DIAL.1, fol. 102v: dan wie christus saget, der zcweig, welcher christo eingepfropft ist, wan er fruchte treget, so beschneidet in der himelische ackerman, auff das er fruchtbarer werde. 1
beschweren /12/, V. st. bschweren /5/, FWB, III, 4, 1782ff., ‚belasten, bekümmern‘ DIAL.1, fol. 65r: Darumb mogest due wol anfahen und dich nit beschweren lasszen.
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TRAKT.AM, pag. 12: dan wie wir aus dem gebot des apostels nimands gewissen in sachen, welche frei stehen, sollen beschweren, so fern wir es umbgehen konnen. 2
beschweren, V. sw. beschworen /1/, FWB, III, 4, 1789ff., ‚anflehen‘ PRED, pag. 24: Ich beschwore dich bei dem lebendigen gotte, das due uns sagest, ob due seiest christus, der son gots. beschwerlich /12/, Adj. FWB, III, 4, 1793ff., ‚belastend, Mühe / Sorge verursachend‘ DIAL.1, fol. 34v: ich geschweige alhie, das durch eczliche solche sacramenta in einen beschwerlichen misvorstand gefuret werden, dan seind ir nit under ewrem hawffen, die das sacrament der tawffe vor unnotig achten. TRAKT.LIPS, pag. 17: dennoch dieselbtigen regeln zcum teile gefallen und numals nit mehe gebrawcht werden, lest mans in deme bei iczigen kirchen gebrawch, die nimands beschwerlich sein konnen, wenden. beschwerung /13/, die beschworung /1/, bschwerung /4/, FWB, III, 4, 1798ff., ‚Bedrückung, Last‘ PRED, pag. 5f.: diese wort des heiligen Euangelium von den leiden christi zceigen uns an, welcher gestalt christo der bschwerungen, so den menschen hefftig peinigen mogen, zcugestanden. PRED, pag. 11: Nun fahet die sunde an, ire bosheit gegen christo zceuben und underlest nichts, welchs der unschuldt zcu eusserster und hochster beschworung gereichen mag.
185 BRIEF B: unsers g f und h zcu freisingen und Numburg abschid von dieser welt habe ich mit beschwerunge meines gemuts vornommen. besetzung, die besaczung /1/, FWB, III, 4, 1838ff., ‚Einsetzung in ein Amt‘ PRED.ANL, pag. 228: das sacrament des ordens ist zcur besaczung der prister und geistlichen empter in der kirchen vonnoten, dan ane die mag der mensch die geistlichen empetere in der kirchen nicht fruchtbarlich ausrichten. besonder /2/, Adj. FWB, III, 4, 1874ff., ‚ausgewählt, ehrwürdig‘ BRIEF C: Mein willigen dinst zcuuoran, Erwirdiger und ervhester bsonderer herre und mitbruder. besserung /18/, die besserunge /1/, FWB, III, 4, 1910ff., ‚Verbesserung eines Zustandes‘ DIAL.1, fol. 14r: welche ewre laer annemen, ob sie auch zcu christlicher busse und besszerung greiffen. TRAKT.LIPS, pag. 1: damit die spaltung, welche uns deuczschen zcu diser zceit am zceitlichen und ewigen unaussprechlichen schaden zcufuget, auffgehoben und allenthalben das vorgenommen werde, dadurch besserung geschafft, gots ehere erhalten. bestand /1/, der bestand /3/ – bestande /4/ – bstande /1/ (Dat. Sg.), FWB, III, 4, 1921ff., ‚Verbleiben, dauerhafte Anwesenheit‘ DIAL.1, fol. 102v: und wer in christlichem gehorsam stehet, der thuet nit alleine, was er thun sal, wie er dan nach der gerechtikeit, welche sich in disem leben durch gots vorleihung zcu-
186 treget, thuen kan, sondern nimmet auch in allem guten zcu, welchs dan einem christen zcum bestande in der erlangten gerechtikeit vonnoten. bestätigen, V. sw. bestetigen /6/, FWB, III, 4, 1982ff., ‚anerkennen, bekräftigen‘ TRAKT.LIPS, pag. 23: derhalb mus man sich in diesem falle halten das, so die gemeine christliche kirche numals in irem gebrawch gezcogen und bestetiget hat, und in diesem nach der regel des heiligen augustinus (...) urteilen. bestätigung, die bestetigung /1/, FWB, III, 4, 1987f., ‚Anerkennung‘ TRAKT.LIPS, pag. 30: Die confirmation wil in alle wege vor ein gut und trostlich sacrament, welchs sich auff die bestetigung im guten durch den vorheischenen heiligen geist zcewhet, zcuachten sein. bestehen /37/, V. unr. bstehen /2/, FWB, III, 4, 1943ff., ‚dauerhaft erhalten bleiben‘ PRED.ANL, pag. 218: zcum vierden ist die liebe zcupredigen, welche sich im glawben in christum anfehet, nachdem der selbe glawbe sonder die begir christi und seiner gerechtikeit nit sein noch bstehen mag, solche begir aber mag nit gesundert werden von der liebe. PRED.ANL, pag. 219: und ist also ein gehorsam kint und son gots und weil nun an solchen gehorsam der mensch in der frummikeit gnade und rechtfertigung nit bestehen mag, so ist die liebe, aus welcher solcher gehorsam fleust, vleissig zcutreiben.
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betrachten /9/, V. sw. FWB, III, 4, 2088, ‚ansehen‘ DIAL.1, fol. 92rf.: demnach wil einem iden, (...) vor allen dingen vonnoten szein, das er in sich gehe, szeine sunde und missethat nach der regel des gotlichen geseczes betrachte, und die von herczen berauhe, davon absehe, mit einem guten vorsacze solche hinforder zcu meiden. betrachtung /1/, die FWB, III, 4, 2094ff., in betrachtung /8/, ‚Berücksichtigung‘ DIAL.1, fol. 95r: aber neben deme allem wil auch dem zcu der ersten szeiner bekerung vonnoten sein, das er sich tawffen lasse, in betrachtung das nach der laer unszers heilands keiner ins himmelreich eingehen mag, der nit zcuuorn aus dem wasser und heiligen geist widergeboren szei. betrübnis, die betrubnus /1/, FWB, III, 4, 2135, ‚Traurigkeit‘ DIAL.1, fol. 87r: so teilt uns christus szeine eigene gerechtigkeit mit, auff das wir uns in ime solcher volkommenheit erholen mogen und dero wir uns in aller unszerer unuolkommenheit, betrubnus und anfechtung zcutrosten haben. betrug, der betruge (Dat. Sg.) /1/, FWB, III, 4, 2139, ‚Täuschung, List‘ BRIEF N: Vor doctor Kreuzen sehet euch auch wol vor und getrawet ime Ewer ehr und gelewmbde nit, dan ir bfindet im wercke, das er mit betruge und argem liste umbgehet.
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betrügen, V. st. betrugen /4/, betrewget /5/ (3. Sg. Ind. Präs.), FWB, III, 4, 2114ff., ‚hintergehen, täuschen‘ DIAL.1, fol. 107r: wer aber diese szeine mengel und sunde aus demut nit erkennen wil, sondern anmast sich, in dem leben gancz volkommener unschuldt und meinet, er lebe one alle sunde, der betrewget sich selber. DIAL.1, fol. 123vf.: menschen wort konnen uns betrugen, aber weil got die warheit selber ist, betrewget er durch szein wort niemands. betrüglich, Adj. betruglich /2/, FWB, III, 4, 2118ff., ‚täuschend, falsch‘ TRAKT.LIPS, pag. 8: were beqwem und notdorfftig, das die laster, so an einem idem orte am meisten uberhant nemen, ernstlich durch die predigere angegriffen und gestrafft werden, als nemlich bei uns deuczschen die fullerei, bucher, betruglichen hantirungen. bewaren /2/, V. sw. FWB, III, 4, 2215ff., ‚erhalten‘ DIAL.1, fol. 98v: demnach ist einem iden christen vonnoten, szein leben alszo anzcustellen, das er szeine unschuld beware und gute mit szeinen wercken, so viel an ime, was ime got beuolen, thue. bewegen /26/, V. sw. FWB, III, 4, 2228ff., ‚zu etw. bringen‘ DIAL.1, fol. 109rf.: demnach las ich mir gefallen den gebrawch unszerer alten und catholischen kirche, welcher in kirchen Italie (...) eingefuret, das man die krancken, so in sterbens noten sein, erstlich dahin bewege, das sie inen alle ire begangene sonde lassen leid szein.
187 bewegnis, das bewegnus /1/, FWB, III, 4, 2241f., ‚Wille, Antrieb‘ DIAL.1, fol. 25v: Ia, ir habt sehr wol getroffen. wie viel findet man under euch, die vor sich selbst und aus eigenem bewegnus fasten und ir fleisch todten und mortificiren? bewegung /1/, die FWB, III, 4, 2242ff., ‚Erregung, Erschütterung‘ PRED, pag. 99: und erzceigten sich also die creaturen, welche doch irer art nach keine emphindungen haben, als trugen sie mit dem herrn, durch welchen sie erschaffen, ein mitleiden und betrubten sich mit hefftiger bewegung ob seinem leiden und sterben. bezalen, V. sw. bezcalen /7/, FWB, III, 4, 2299ff., ‚einen Betrag für eine Leistung entrichten, begleichen‘ PRED, pag. 122: damit er durch sein heilig, bitter blut und sterben vor uns bezcalte und am stam des creuczes den abtrag vor unsere schuld thete. bezalung, die bezcalung /1/, FWB, III, 4, 2304ff., ‚Löhnung, Entgeld‘ TRAKT.LIPS, pag. 18: ob wir gleich vor unsere sunde, so vil die schuld und ewige pein belanged, keine andere satisfaction haben dan allein die satisfaction und bezcalung unsers hern iesu christi. biegen, V. st. boge (3. Sg. Ind. Prät.) /1/, FWB, IV, 1, 323ff., ‚krumm machen‘ DIAL.1, fol. 232v: nemlich wie einer so eine (...) messerklinge wolte gerade machen und boge szie auff die ander
188 seite gar zcu seher und dergestalt, das sie auff der andern szeite nit weniger krom wurde. bildnis, das biltnus /3/, FWB, IV, 1, 392ff., ‚Bild, Gemälde‘ DIAL.1, fol. 199r: so hat es auch diesze meinung, das die biltnus eine gute alte ankunfft in der kirche haben, weil aber etwan lewte geweszen, die solche bilder angefochten, ist der kirchen tradition disz fals durch der constantino politanischen concilium erkleret worden, der gestalt das solche biltnus nit sollen vorworffen und aus der kirche gehoben werden. billichen /1/, V. sw. FWB, IV, 1, 419f., ‚für angemessen halten‘ PRED, pag. 13f.: dan welcher andern lewten vorgeseczt ist, sal dermassen gesent sein, das er das unrecht mit gedult ertrage und sich dargegen zcu keinem rachseligen has auffbringen lasse, doch sal er das unrecht dermassen dulden, das er solchs nit billiche und den ubeltheter dadurch in seinen lastern stercke. billigkeit, die billikeit /2/, FWB, IV, 1, 420ff., ‚Angemessenheit‘ BRIEF E: Ich habe auff eczliche wege gedacht, welche zcimlich und der billikeit nach erheblich sein solten, die wolte ich E. Erw. gerne anzceigen. binden /14/, V. st. pinden /1/ (substantiviert), bunden (3. Sg. Ind. Prät.) /2/, FWB, IV, 1, 431ff. 1. ‚verpflichten‘ /8/ DIAL.1, fol. 24rf.: ia, das leczere gebot gots wirdet auch dauor gehalten, als
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binde es euch nit, weil ir so unuorschempt frombds guts begeret auch darnach so hefftig stellet, gleich als hettet ir das recht und guten fueg. 2. ‚fesseln‘ /3/ PRED, pag. 17f.: die rotte aber und der oberhawptman und die dienere der Iuden namen Iesum an und bunden in und furten in auffs erste zcu annas, der war Caiphas schweher, welcher des Iares hoher priester war. 3. substantiviert: pinden /1/, ‚Handlung, mit der jm. die Pflicht auferlegt wird, etw. zu tun‘ TRAKT.LIPS, pag. 16: ein solcher sol auch ermanet und getriben werden, das er dis fals ime selber zcu trost sich mit seiner beicht an die schlussel der kirchen halten und nach erzcelung der sunde, welche sein gewissen bschwerten, die absolution von dem prister und ordentlichen diener der kirchen emphahen, welche erzcelung dem prister geschehen sal, damit er wissen moge, wie er den busfertigen menschen underweisen und die bevolenen schlussel in dem falle gebrawchen solle, angesehen, das die nit alleine zcum aufflosen, sondern auch zcum pinden eingeseczt und gegeben seind. bischof, der bischoff /13/, bischoff /1/ – bischoffe /5/ (Dat. Pl.), bischoff /2/ – bischoffe /8/ (Pl.), FWB, IV, 1, 473ff., ‚geistlicher Würdenträger‘ DIAL.1, fol. 170ar: und nachdem darauff gut achtung zcugeben, wer sich des weihens understehe, sal ein ider christ berichtet werden, das solches keinem anderm geburet dan alleine einem bischoff der algemeinen catholischen kirche. TRAKT.AM, pag. 21: demnach wil keinem Bischoffe geburen, solche dispen-
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sation zcuthun, es erfordert dan solchs ein schnelle und unuorsehende far, der man ane auffzcug mus begegenen. bitte /8/, die bit /6/, FWB, IV, 1, 490f., ‚Wunsch, Gesuch‘ PRED, pag. 41: in auch mit steiffem glawben und hercziger zcuuorsicht ersuchen und mit nachfolgender bit zcum thronen seiner gnaden und barmherczikeit zcuflucht haben. TRAKT.LIPS, pag. 23: und nachdem die dancksagung und Bitte vor die hohen regirenden stende der welt nach dem beuelh des heiligen pawli auch in die messe gezcogen wirdet und al do neben andern gotte auffgeopfert wirdet, wie dan zcu den zceiten des heiligen augustinus auch geschehen und algereitt eingefurt war, sal solcher guter gebrawch nach mag keines wegs angefochten werden, ob er gleich in der ersten kirchen in der messe nit uberlich gewesen. BRIEF L: Hirauff ist mein freuntliche bit, wollet an Ewerm getreuten vleisse dieses fals nichts mangeln lassen, in zcuuorsicht, gotte werde seinen zcorn deste ehe von uns abwenden. bitten, V. st. bit /15/ – bitte /3/ (1. Sg. Ind. Präs.), FWB, IV, 1, 492ff., ‚ansuchen‘ BRIEF I: Darumb bit ich, wollet euch der sachen wol erkunden, von wem es hergeflossen, und mir solchs zcuerkennen geben. BRIEF P: Der Reichs abschiedt ist nach nit gedruckt. sonst wolte ich euch den zcugeschickt haben. und bitte, wollet mich berichten, wue es zcu Merseburg stehe.
189 bleiben /87/, V. st. pleiben /3/, FWB, IV, 1, 581ff. 1. ‚beibehalten‘ /69/ DIAL.1, fol. 170vf.: damit man aber deste weniger zcweiffele, das die weihe ein recht sacrament szei, (...) wan die weihe der cleristen geschihet, ob man gleich das volck darbei wil haben und solche samlung nit erfolget, pleibet nichts deste weniger das sacrament der weihe in dem geweiheten. DIAL.1, fol. 174v: gebite ich nit, sondern der herre, das sich das weib von irem manne nit scheide. scheidet szie sich aber, das szie one ehe pleibe ader vorsune sich widerumb mit irem manne. 2. in: bleiben lassen /21/ DIAL.1, fol. 225r: darumb irs wol bei deme, welchs die aposteln und gemeine kirche eingefuret, mochtet bleiben lasszen. blenden /4/, V. sw. FWB, IV, 1, 603ff., ‚das Sehvermögen mindern‘, auch übertragen: ‚die Einsicht mindern‘ PRED, pag. 27: das sich ein ider, welchen der vorhang Moses nit blendete, leicht selbst underrichten konte, das eben der herre christus der rechte ware messias wer. PRED, pag. 69: und blenden sich auch aus hoffart selber, ergerten sich an der demut christi und Erniderung, dadurch er ime doch einen solchen namen erworben hat, das sich auch in deme alle knihe im himmel, auff ertreich und under der Erden beugen.
190 blut /82/, das blute /1/, blut /6/ – blute /14/ (Dat. Sg.), FWB, IV, 1, 663ff., ‚rote Körperflüssigkeit‘ TRAKT.LIPS, pag. 21: es ist alhie wol gesaczt, ob gleich die gestalt dis sacraments geteilt seind, das dennoch der leib und das blut christi nit geteilet sei, sonder bei dem leibe sei das blut ungeschiden und bei dem blute der leib ungeschiden. boshaftig, Adj. boshafftig /4/, FWB, IV, 1, 829f., ‚schlecht, böse‘ PRED, pag. 39f.: und welchermassen die undanckbaren und boshafftigen Iuden gegn unsern hern christo dem rechten und waren messia und heiland der welt ire tyrannische bosheit erzceiget haben mit allerlei gifftiger zcunotigung, vorkleinerung. PRED, pag. 142: derhalb wer ubel und boshafftig lebet, der dienet dem tewffel. böslich, Adv. boslich /1/, FWB, IV, 1, 835f., ‚schlecht, verwerflich‘ DIAL.1, fol. 229r: aber gleichwol wan es zcu einer ordentlichen handelung eines concilii qweme, welchs dan iczo vor der thor, so wolte ich aus deme, das man gleichwol emphindet, wie boslich icziger zceit der coelibat bei der vorfallenen kirchenzcucht gehalten wirdet, rathen, das man den geistlichen die ehe zculisse, damit. brief, der briff /8/, FWB, IV, 1, 1106ff., ‚Schreiben‘ BRIEF N: und wil euch dorauff nit pergen, das eben gestern, do ich die briffe bekommen, keiser. Mt ich undertenigst ersucht habe.
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bringen /42/, V. unr. bracht /6/ – gbracht /2/ – gebracht /28/ (Part. Prät.), FWB, IV, 1, 1129ff., ‚zu einem anderen Ort befördern‘ PRED, pag. 59f.: dan da die ungutigen lewte iren tyrannischen willen am herrn geubet und in ans creucze gebracht. da er heilig blut vorgosse und sein leben auffgeben solte, lassen sie es doch bei deme nicht bleiben. PRED, pag. 115: Diese elende gestalt hat es umb einen iden menschen, welcher in diese welt geborn und durch christum nicht herwider bracht. PRED, pag. 149: und das man dahin gbracht habe einen tawben und haben gebeten, das ime der herre die hende aufflegte. warumb? bruder /11/, der bruder /2/ – brudere /5/ (Nom. Pl.), FWB, IV, 1, 1242ff. 1. ‚Mitglieder einer christlichen Glaubensgemeinschaft‘ /9/ DIAL.1, fol. 188vf.: daher spricht der heilige paulus, ich bit euch, ir bruder, durch den namen unszers hern iesu christi, das ir alle einerlei rede furet und szeind nit under euch spaltungen. 2. ‚Person männlichen Geschlechts in einer Geschwisterreihe‘ /9/ DIAL.1, pag. 66f.: es ist keiner, welcher vorlassen hat sein haws, aber seine brudere ader schwestern, aber vater, aber mutter, aber sone ader ecker meinethalben und von wegen des euangelium, der da nit emphahen wirdet hewser und brudere und schwestern und muttere und kindere brüderlich, Adj. bruderlich /3/, FWB, IV, 1, 1248f., ‚nach Art eines Bruders‘ PRED, pag. 49: auch vor sie bitten mogen, damit also alle eingerissene,
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hochbeschwerliche vorbitterung der gemutere und eingefalle spaltung bei uns abgestellet und wir in dir herre widerumb einig werden und bleiben mogen dargegen bruderliche liebe zcuschen uns und allen glidmassen deines leibes, welcher ist die kirche, gpflanczt werde! buch /8/, das buch /5/ – buche /3/ (Dat. Sg.), buche /1/ (Akk. Sg.), FWB, IV, 1, 1310ff., ‚gebundene Schrift, umfassende Abhandlung‘ DIAL.1, fol. 42rf.: so hat donatus sich etwan understanden, die gar einzcuzcihen und in einem engem und kleinem hawffen szeins anhangs zcuuorstecken, welcher irsal dazcumal durch die heiligen doctores der kirche, in sonderheit aber den heiligen augustinus, wie szeine bucher zcewgen, statlich widerleget, uberwunden und vordampt. DIAL.1, fol. 189v: erstlich sollen wir gots wort glewben und in deme gleichen vorstand haben und kein buch der canonischen schrifft vorwerffen. bucher, siehe wucher bucherer, siehe wucherer büchlein, das buchlein /1/, ‚kleines Buch‘ DIAL.1, fol. 36vf.: er selber. lis das buchlein, welchs under dem titel wider den irthumb der newen zcwinglianer geschriben und ausgangen ist. bürgermeister, der burgermeister /1/, FWB, IV, 1, 1430ff., ‚Vorsitzender einer Gemeinde‘ BRIEF H: Item in welchen jare burgermeister Schmidt, auch die Thanen zcur Nawmburg vom regiment zcu Zeicz
appeliret haben ans Cammergerichte, wollet mich vorstendigen. Wollet mir auch zcu erkennen geben, wer ir gegenpart gewesen. busse /67/, die bus /4/, FWB, IV, 1, 1485ff., ‚geistliches Heilmittel, Besserung‘ TRAKT.LIPS, pag. 3: und ist ime zcu erledigung seine bus, sein glawben in got, das wort gots und das sacrament der tawffe vonnoten. TRAKT.LIPS, pag. 3: hirumb ist vonnoten, das ein solch mensche, so er bekert worden, sal erstlich den sunden absterben, welchs geschihet durch rechte busse, das ist durch rew und leid der begangenen sunde mit gutem vorsacze, die hinfurder zcumeiden. bustenis, siehe wüstenis
D da /253/, Konj., Adv., Partikel do /50/, FWB, V, 1, 1ff. 1. Konj. konditional /79/, temporal /89/, kausal /11/ DIAL.1, fol. 2r: im fal, da ichs gleich thun wolte, wuste ich doch nit, weil ir confessionisten undereinander so gar getrennet und zerlumpt szeid, wuehin ich mich wenden. DIAL.1, fol. 10v: und da ir von beiden teilen nit weiter gangen, were es doch an deme genug und mehe dan zcu viel. 2. Adv. /89/ DIAL.1, fol. 19v: und also nit erscheinen kan, weil szie an deme orte angeschlagen wirdet, da szie nit ist, so feret doch das consistorium nach vorflissung des angesaczten terminus fort. PRED, pag. 4: judas aber, der in vorrith,
192 stunde auch bei inen. als nun Jesus sprach Ich bins, wichen sie zcu rucke und fielen zcu Boden. Da fragt er sie abermals: wen sucht ir? 3. Part. /35/ DIAL.1, fol. 35r: gibet alhie der herre nit klar zcuuorstehen, das keiner ins himmelreich eingehen kan, dan der da getawfft sei? damit /164/, Konj. FWB, V, 1, 110ff. DIAL.1, fol. 6r: Damit aber das angestelte gespreche zcwischen uns ungehindert bleibe, wil ich meine frage faren lasszen. DIAL.1, fol. 25r: die kirche als eine getrawe mutter hat eczliche fasttage eingesaczt, damit szie ire kindere zcu christlicher zcucht und casteiung des fleischs anbrechte. dartun /5/, V. unr. FWB, V, 1, 225, ‚aufzeigen, beweisen‘ DIAL.1, fol. 87v: wie dan, wan ich das gegenspil darthete und anzceigete, das Luther diesze laer von uns empfangen und wir nit von ime? darum, Adv. darumb /88/, FWB, V, 1, 229ff. 1. ‚deshalb, aus diesem Grund‘ /80/ PRED, pag. 101: Die Juden vorblendeten sich selber durch iren tewfflischen neid, das sie christum nicht erkennen konten, darumb sie deste weniger zcu rechter erkantnus der warheit und christi, unsers seligmachers, erlewcht worden. 2. ‚um eine Sache‘ /8/ DIAL.1, fol. 10r: vorfelscht und das herausser gethan, welchs die sacramentirer am meisten anficht und widerleget, erzceiget weiter mit pfaltz und wurtemberg, wie es darumb geschaffen.
B4 Alphabetisches Glossar
decken /3/, V. sw. gedackt /2/ – gedeckt /1/ (Part. Prät.), FWB, V, 1, 335ff., ‚verbergen‘: hier übertragend ‚für jn. einstehen‘ DIAL.1, fol. 81v: treget sich zcu, das der, welcher one sunde nit lebet, in christo die gerechtikeit gots wirdet, wie der heilige paulus schreibet. und die anzewget, gleich als were szie szein eigen, under welcher dan unsere mengel gedackt werden, gleich als weren szie in uns gar nit. TRAKT.LIPS, pag. 10: wer das thut, dem werden durch den vordinst christi, unsers hern, die mengel seiner gerechtikeit gedeckt, gleich als weren sie nit do. dein /87/, Possessivpron. FWB, V, 1, 401f. DIAL.1, fol. 64r: du wirdest deiner zcusage nachkommen. PRED, pag. 85: derhalb erfordert deine als des sunthafftigen menschens notdorfft, das due dich von deinen sunden abwaschest. demut /29/, die FWB, V, 1, 426ff., ‚freiwillige Unterwerfung‘ PRED, pag. 69: vorachten derhalb die auffrichtung des geistlichen und Ewigen reichs christi, welchs in der demut zcu ider zceit gestanden und noch stehet. dichten, V. sw. getichten /1/, ‚erfinden, ausdenken‘ DIAL.1, fol. 112v: ich gestehes, das die werck, die uns got gebotten, gut szein, und das wir uns darinnen uben sollen und irer halben belonung haben mogen. wie aber mit ewren getichten wercken, die von got nicht gebotten und ir aus eigener vormeinter andacht vornemet.
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dieb, der dib /1/, ‚jmd., der Eigentum entwendet‘ DIAL.1, fol. 24r: und mus das sibende gebot gots bei euch nichts gelten, alleine das ir die armen dibe mit dem strange richtet. diener /14/, der dienere /4/ (Nom. Pl.), ‚der in untergeordnetem Verhältnis Dienste gegen Lohn leistet‘ PRED, pag. 3: Da nun Iudas zcu sich hatte genommen die rotte und der hohen priestere und phariseer dienere, ist er dohin kommen mit fackeln, lampen und mit waffen. dienst, der dinst /24/, dinste (Dat. Sg.) /2/ 1. ‚Ehrerbietung, Gefälligkeit‘ /22/ BRIEF A: Mein ganczwilligen dinst zcuuoran, Erwirdigen unnd Ernvhesten freuntlichen ohemen und lieben herren! 2. ‚Leistungen, zu denen man verpflichtet ist‘ /4/ PRED, pag. 55: und erscheinet hiraus, weil die vier hencker ader henckersknechte sich seiner kleider understanden geleich als geburten sie inen und als hette christus als ubeltheter solche vorwirckt, die inen auch nun iren dinst nach zcustanden, das sich der herre aller ehren in die hochste demut gesaczt. dienstag, der dinstag /7/, ‚dritter Tag der mit Sonntag beginnenden Woche‘ BRIEF E: dan es wirdet nit ubel dienen, auch wirdet doctor Stramburger auff den nesten dinstag bei hern Christoffen v. Stoncz einkummen.
193 dienstbarkeit, die dinstparkeit /3/, ‚Bereitwilligkeit / Verpflichtung zu dienen‘ DIAL.1, fol. 208r: wollet uns auch dahin zcwingen, das wir dem joch der dinstparkeit widerumb underworffen werden, welchs doch der apostel mit guten hellen worten widerficht. PRED, pag. 128: Damit wir aber christum deste besser und volkomlicher erkennen mogen, last uns erstlich zcu gemute furen, welcher massen wir durch unsere sunde und missethat zcum Ewigen vordamnus vorstrickt seind und zcum andern, wie wir in der sunde und des tewffels schnoden und heslichen dinstparkeit, die uns von got abzcewht, stecken, so lange wir blos stehen und ausserhalb der gnade christi leben. dienstbote, der dinstbote /1/, dinstpote /2/, ‚Überbringer einer Nachricht, Diener‘ PRED, pag. 113: gedenckt, das ir nichts anderes seind ausserhalb der gnade gots, dinstpoten der sunde, des tewffels eigen und kinder des zcorns und der Ewigen vordammnus. dienstlich, Adj. dinstlich /6/, ‚förderlich, nützlich‘ DIAL.1, fol. 55v: du mogest sagen, was due wollest, glewbe ich doch, es sei dir noch keinem moglich, ausserhalb unszerer laer einen christen in sachen, so zcum heil vonnoten ader dinstlich, recht zcuunderweiszen. TRAKT.AM, pag. 11: nun wollen wir sehen, welcher under den wegen am beqwemesten sei und zcu abwendung des argen am dinstlichsten.
194 ding /67/, das dinge /3/ (Dat. Sg.), ding /13/ – dinge /62/ (Pl.), ‚Sache, Angelegenheit‘ DIAL.2, pag. 113: nun sagen die unszern, das die dinge, so got nit geboten, ime nit gefallen. DIAL.1, fol. 3r: ist der streit zcwischen euch umb geringe ding, das man ewre spaltung mochte unschedlich nennen? doch, Adv., Part. 1. Adv. /229/ ‚dennoch, trotzdem‘ DIAL.1, fol. 19v: und im falle, da gleich das weib die Citation, welche per publicum editum geschihet, nummer erferet noch erfarn kont und also nit erscheinen kan, weil szie an deme orte angeschlagen wirdet, da szie nit ist, so feret doch das consistorium nach vorflissung des angesaczten terminus fort. 2. Part. /8/ DIAL.2, pag. 30: ich bin dessen zcufride, aber Eusebius, du wirdest mir mussen zcu gute halten, das ich eines frage: wurein stelst due doch eigentlich die rechtfertigung? dolmetschung /1/, die ‚Übersetzung‘ PRED, pag. 88: ist nach rechter dolmetschung soviel gsagt, Mein got, Mein got, wurumb hast due mich vorlassen? domkapitel, das dhomcappittel /5/, ‚Mitglieder des Domstiftes‘ BRIEF A: Nun trage ich vorsorge, ein Erwirdig Dhomcappittel zcu Numburg werde an seiner freien election von dem Chorfursten zcu Sachsen vorhindert werden, dan ich weis mich zcu erinnern, was hiebevorn derhalb vorgefallen.
B4 Alphabetisches Glossar
dreifaltigkeit, die dreifaltikeit /2/, dreifaltigkeit /2/, ‚Dreieinigkeit von Gott, Christus und Heiligem Geist‘ DIAL.1, fol. 194v: so haben solche doctores, welche durch den geist gots mit sonderlichem vorstande begabet und erlewchtet gewesen, diese artickel von der heiligen dreifaltikeit erkleret, alszo das nun alle christen unzcweiffelich glewben, das wir einen got in der dreifaltigkeit und die dreifaltigkeit in der einikeit eheren sollen. druck /7/, der ‚publizierter Text‘ DIAL.1, fol. 3r: haben szie sider des in offenlichen drucke solchs nit erkleret? DIAL.1, fol. 5r: so weist du, das Melanchton hart vor szeinem Ende selber solche zcwispalt bekant und beclaget hat, welchs nit vorneinet kan werden, weil es in offentlichen druck kommen. du /44/, Personalpron. deiner /2/, dir /55/, dich /57/ DIAL.1, fol. 5r: So weist du, das Melanchton hart vor seinem Ende selber solche zcwispalt bekannt. DIAL.1, fol. 188r: wir warten alhie deiner und begeren deinen bericht vollend von der religion anzcuhoren. durch, Präp. mit Akk. 1. modal /364/ TRAKT.LIPS, pag. 31: und ob misbrawch hirbei eingefallen, die konnen durch die predigte wol ausgerodet werden. 2. lokal /2/ DIAL.1, fol. 42r: und wiewol wir in unserm christlichem symbolo halten, das unszere ware kirche algemeine sei, das ist durch die gancze welt hin und wider ausgebreitet sei.
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durchdringen, V. st. durchdrunge (3. Sg. Ind. Prät.) /1/, ‚eindringen‘, ‚erfüllen‘ PRED, pag. 38f.: das anschawen war nit ein vorgeben, sondern ein krefftig werck durch die gnaden gots, welchs nit alleine petrus der wort christi erinnerte, sondern auch sein hercz durchdrunge und zcu rechter rewe bewegte. durchziehen, V. st. durchzcewhet (3. Sg. Ind. Präs.) /1/, ‚räumlich durchqueren, durchreisen‘ DIAL.1, fol. 218v: wie viel mehe thuet es die newerung in den alten feinen ceremonien, welcher einhellikeit das band christlicher liebe nit wenig stercket, weil szie meniglich vor awgen stehen und den gemeinen man nit wenig bewegen und kan solchs ein ider, welcher frombde nationen durchzcewhet, aus szeiner selbst erfarung haben. dan da einer durch italien franckreich, spanien, polen ader ungern reiset. durst, der dorst /3/, ‚heftiges Verlangen nach Flüssigkeit‘ PRED, pag. 92: hirczu schluge auch der dorst und begirde zcu unserm heil, dorumb er sich dan heraber vom himmel gelassen. dürsten, V. sw. dorsten /4/, ‚Durst empfinden / nach Flüssigkeit verlangen‘ PRED, pag. 91f.: da aber nun die propheteien alle bis auff eine erfullet waren, damit die schrifft volkomlich erfullet werde, spricht er, mich dorstet. und in dorstet one zcweiffel, weil er so jar lange und hefftig gpeinigt war und so viel bluts aus seinem heiligen leibe vorgossen, das er gleich ausgedorret war wie ein Iude.
E ebenbild, das ebenbilde /3/, ebenbilde (Dat. Sg.) /3/, ‚Abbild, Bild eines nahezu identischen Wesens‘ DIAL.1, fol. 186vf.: iczunder wirdet christus geopffert, aber wirdet geopffert gleich als einer, der do leidet und opffert sich selber als ein prister, auff das er unszere sunde vorzceihe alhie im ebenbilde, dort in der warheit, da er bei dem vater uns als der aduocat vortrit. ehe /17/, die ehe /16/ – ehen /1/ (Dat. Sg.), ‚öffentlich anerkannte Verbindung zweier Menschen‘ DIAL.1, f. 20v: die alte unszere kirche hat viel ein bessere. die separiret wol die ehelichen personen, aber darneben lest szie nicht zcu, das eine aus denen bei leben der anderen zcur ehen greiffen. DIAL.1, f. 198vf.: die mittelstrasse gegangen und ire tradition dahin gerichtet, das die ehe an ir selbst christlich und gut sei und das nichts deste weniger die jung(frau)schafft (...) der ehe sol vorgezcogen werden. eigen /51/, Adj. ‚einer Person / Sache zugehörig / innewohnend‘ TRAKT.LIPS, pag. 10: eines solchs menschen gerechtikeit, ob sie gleich noch in diesem leben mangelhafftig, nimmet doch got unser herre vor genugsam an, hat auch darob als ob seinem eigenen wercke gnedigen gefallen.
196 eigenschaft, die eigenschafft /19/, ‚Merkmal, Kennzeichen‘ PRED.ANL, pag. 217: von der gnade christi, unsers heilands, und diser eigenschafft des glawbens in christi, an welchen wir nit recht christen sein mogen, meldet die gancze schrifft. eigentlich /10/, Adj. ‚im Grunde genommen‘ TRAKT.LIPS, pag. 4f.: Damit wir aber eigentlich vornemmen mogen, wie es umb diesen glawben gelegen, ist vonnoten, das er underscheiden werde von dem glawben der tewffel und der gotlosen menschen, dan der tewffel glewbet wol, das got got sei, aber mit keinem vortrawen, sondern forcht und hast in als einen grawsamen und geschwinden tyrannen. ein /1077/, Art. TRAKT.LIPS, pag. 3: hirumb ist vonnoten, das ein solch mensche, so er bekert worden, sal erstlich den sunden absterben, welchs geschihet durch rechte busse, das ist durch rew und leid der begangenen sunde mit gutem vorsacze, die hinfurder zcumeiden. einander /21/, Adv. enander /7/, ‚sich gegenseitig, Verbindung zweier‘ TRAKT.LIPS, pag. 1: damit die spaltung, welche uns deuczschen zcu diser zceit am zceitlichen und ewigen unausprechlichen schaden zcufuget, auffgehoben und allenthalben das vorgenommen werde, dadurch besserung geschafft, gots ehere erhalten und die kirche christi in gute und christliche ruhe gestalt werde, wir undereinander einemlig werden.
B4 Alphabetisches Glossar
eindringung /1/, die ‚sich (mit Gewalt) Zutritt verschaffen‘ BRIEF F: des Churfursten gewaltigen und unrechten eingriff mit eindringung seines vormeinten Bischoffs habe ich mich lengest befaret, trage doch solchs nit wenig beschwerunge und tawret mich Ewerer und anderer meiner herren des Dhomcapittels. einfältig, Adj. einfaltig /5/, einfeltig /2/, ‚einfach, schlicht‘ BRIEF C: so balt es aber geschehen moge, wollen sie sich der sachen notdorfftiglich erkundigen und Irem chor und f.g. undertenigst bericht dorauff thun mit underteniger bit, sie wollen es nit dohin vorsehen, als sein in dem falle etwas geferlichs gehandelt ader vorgnummen. Dise einfaltige antwort solte meines bedenckens zcu abwendung allerlei disputation nit undinstlich sein. einfältiglich, Adv. einfaltiglich /1/, ‚einfach, schlicht‘ DIAL.1, fol. 204vf.: alhie komme ich gleich drauff. dan nachdem ich die traditiones veritatis und dogmata einfaltiglich doch mit gutem grunde der warheit erkleret habe und also, das ir leicht abnemen konnet, wurauff szie beruhe und das szie keines wegs zcuuorachten, so wil ich nun die traditiones. einfürung, die einfurung /1/, ‚Erwähnung, Vorstellung‘ PRED.ANL, pag. 222: desgleichen ist wider hoffart, geicz, rewberei, todschlage, gotslesterung und ander dergleichen zcupredigen und das volck auffs gegenspil zcuermanen mit einfurung der vorheischungen gots.
E
eingang /1/, der eingange /2/ (Dat. Sg.) 1. ‚Zutritt‘ /2/ PRED.ANL, pag. 224: hat uns christus selber das sacrament der tawffe eingesaczt, dadurch wir von newest geboren und im eingepflanczt werden mit solcher vorsehung, das keiner ordentlicher weise on des sacrament mag den eingang der ewigen selikeit erlangen. 2. ‚Beginn‘ /1/ TRAKT.LIPS, pag. 1: Erstlich wil zcum eingange anzcuzceigen sein das hochlich begern, das man die streitigen artikel unserer heiligen religion vorgleiche und in eine christliche einikeit zcihe, damit die spaltung, welche uns deuczschen zcu diser zceit am zceitlichen und ewigen unausprechlichen schaden zcufuget, auffgehoben. eingiessen /29/, V. st. eingeust /1/ – eingewst /2/ (3. Sg. Ind. Ps.), ‚hineinschütten‘ DIAL.1, fol. 80v: ob nun wol die gerechtikeit, welche got, der heilige geist, unszern herczen eingeust, eine ware gerechtikeit ist, so ist szie doch an ir selbst nit gar volkommen, wie sie dan den menschen in die gancze volkommenheit nit einseczet. PRED.ANL, pag. 224: was aber die sacrament belanged, hat es damit gleiche gestalt als mit dem worte, nemlich das got die sacrament gegen uns gebrawcht als mittel und werckzcewge, da mit he uns seinen geist eingewst und dadurch ernewert. eingriff /2/, der eingrieff /1/, ‚Einwirkung von außen‘ BRIEF F: des Churfursten gewaltigen und unrechten eingriff mit eindringung seines vormeinten Bischoffs habe ich mich lengest befaret, trage doch solchs
197 nit wenig beschwerunge und tawret mich Ewerer und anderer meiner herren des Dhomcapittels. BRIEF Q: Ewer schreiben de dato 25 Junii habe ich seines inhalts vornommen. und so viel Amsdorffs thetliche handelungen und eingrieffe belanged, kan ich wol dencken, er feiere nit. Ich stelle aber meine hoffnung zcu gotte. einhellig /6/, Adj. ‚übereinstimmend‘ DIAL.1, fol. 111v: wolten gerne alles umbkeren, welchs bei der alten und catholischen kirchen herkommen, szeind geneigter, schrifft wider die schrifft zcufuren, dan die dinge durch geburliche und notwendige distinction in rechten und einhelligen vorstand zcubringen. DIAL.1, fol. 189v: zcum andern sollen wir die artickel unszers christlichen glawbens, wie szie in symbolis gefunden, vor gewis halten, in dem einhellig szein und dero keinen vorandern. einhelliglich /4/, Adv. ‚übereinstimmend‘ DIAL.1, fol. 38v: und ist der vorglichenen punct einer, die ir vormoge der keiserlichen declaration nit uberschreitten sollet, welchs ir dozcumal in beiwesen und aus rath ewrer trefflichsten Theologen einhelliglich gewilliget hat. einhelligkeit, die einhellikeit /3/, ‚Übereinstimmung‘ DIAL.1, fol. 218v: wie viel mehe thuet es die newerung in den alten feinen ceremonien, welcher einhellikeit das band christlicher liebe nit wenig stercket, weil szie meniglich vor awgen stehen und den gemeinen man nit wenig bewegen.
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einig /14/, Adj. einich /1/, ‚gleichgesinnt‘ DIAL.1, fol. 129v: Lieber Nikel, wan ir in deme mit uns fechten woltet, so mustet ir erstlich mit euch selber einich sein. PRED, pag. 49: damit also alle eingerissene, hochbeschwerliche vorbitterung der gemutere und eingefalle spaltung bei uns abgestellet und wir in dir herre widerumb einig werden und bleiben mogen dargegen bruderliche liebe zcuschen uns und allen glidmassen deines leibes, welcher ist die kirche, gpflanczt werde! Amen. 2
einig /3/, Pron. einich /20/, ‚eine unbestimmte kleinere Menge‘ BRIEF R: und wiewol ich mich nit vorsehe, das keiser. Mt einichen krieg werde anfahen, so glewbe ich dennoch, diese rustung und vorbereitung mochte eczlichen lewten bdencken bringen und ein geschrei machen, als wolt ire Majestäten die hant anlegen. DIAL.1, fol. 72r: dan ob wol der allergutigste her sich unszerer lawterer umb sonst und one einigen unsern vordinst erbarmet. einigkeit, die einikeit /22/, ‚Eintracht, Übereinstimmung‘ DIAL.1, fol. 230vf.: also das ein ider des heiligen sacraments des altars under einer ader beider gestalt genissen mochte und keiner den andern darob richte, damit das sacrament der einikeit wider die christliche einikeit und liebe nit gemisbrawcht werde und andere irsal, davon ich gestern auch meldung gethan, mogen vormiden bleiben.
B4 Alphabetisches Glossar
einigung /1/, die ‚Zusammenschluss, Einigen‘ TRAKT.LIPS, pag. 1: Nachdem nun E g eczliche artikel under geben seind, welche zcu einem vorschlage angezceigter einigung dienen sollen, haben E g dieselbtigen mit vleisse ubersehen und bewogen. einpflanzen, V. sw. einpflanczen /7/, ‚bildlich: einsetzen‘ DIAL.1, fol. 98r: dan ob einer gleich christo durch szeinen glawben eingepflanczt ist, wirdet er doch, so er zcu seiner zceit nit gute frucht der werck treget, als ein unfruchtbarer und unnuczer zcweig abgeschnitten und ins hellische fewer geworffen, wie christus selber sagt. einsetzen, V. sw. einseczen /2/, eingesaczt /32/ – eingeseczt /6/ (Part. Prät.) 1. ‚einführen‘ /38/ BRIEF G: alleine bit ich, nachdem der Chorfurste sein ungeschickt und ungerecht practiciren gerne vorneinen wolte, ir wollet mir eigentlich anzceigen, was er allenthalb mit den Stieffts stenden hat zcur Nawmburg, do er Amsdorfft eingesaczt, handeln lassen. 2. ‚benutzen, gebrauchen‘ /2/ DIAL.1, fol. 138r: So zcweihe dinge zcusammen lawffen, also des eines one das andere nit wol und fruchtbarlich mag vorrichtet werden, wer eins dero dinge namhaftig einseczt, ob er gleich des andern in der einsaczung nit gewenet, so ist es doch so viel, als hette er solchs auch ausdrucklich eingesaczt, gleich als wen ein keiser einen fursten machet.
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einsetzung, die einsaczung /25/, ‚Benutzung, das Gebrauchen‘ DIAL.1, fol. 138rf.: so zcweihe dinge zcusammen lawffen, also das eines one das andere nit wol und fruchtbarlich mag vorrichtet werden, wer eins dero dinge namhaftig einseczt, ob er gleich des andern in der einsaczung nit gewenet, so ist es doch so viel, als hette er solchs auch ausdrucklich eingesaczt, gleich als wen ein keiser einen fursten machet, ob er gleich nit namhafftig machet die dinge, one welche der furst sein furstlich ampt nit vorrichten kan, so vorstehet mans doch, als hette es ime der keiser die dinge ausdrucklich beuolen und ime darzcu den gewalt gegeben. empfangen, V. st. emphahen /84/, emphangen /62/, ‚erhalten‘ DIAL.1, fol. 166v: so bleibet es ein backen brot. so emphehest due von einem solchem pfaffen an stad des leibs und bluts christi ein schlecht brod. ia, due wirdest in deinem glawben also betrogen, das due ein stuck brots vor deinen christum heldest. TRAKT.AM, pag. 23: zcum andern sal von unsern predigern dem volcke einhellig eingebildet werden, das die beide gestalt dem leihen nit darumb, als hette man nit fug, das sacrament under einer zcuemphahen, nachgelassen werde, sondern alleine zcu auffrichtung christlicher einikeit mit freierem anhenge, das die einsaczung christi solchs freihe stellet und irer art nach kein gebot seczet, beide zcuemphahen, wie man den solchs mit guten grunden bescheinen mag.
199 empfangung, die emphahung /5/, ‚Erhalt‘ TRAKT.LIPS, pag. 17: auch von der vorsunung und satisfaction, welche dem nesten, so vorleczt ist, geschehen sal, eingefurt wirdet, ist an im selber war und gut alleine, das nit alleine gebeicht werde, umb under weisung, sonder auch zcuemphahung der absolution, auff das wir also in waren glawben des teilhafftig werden, welchs uns christus neben einsaczung der schlussel gnediglich vorheischen hat. ende /27/, das ‚Schluss‘ DIAL.1, fol. 5r: so weist du, das Melanchton hart vor szeinem Ende selber solche zcwispalt bekant und beclaget hat, welchs nit vorneinet kan werden, weil es in offentlichen druck kommen. endung /1/, die ‚Beendigung, Abschluss‘ BRIEF P: Zcu deme sal der reichsabschidt vormogen, das alle attentat, so sich nach endung des Reichstags zcu Regensburg zcugetragen, abgestellet, und die ding in vorigen standt gbracht werden sollen, welchs mir in ausfurung meiner sache fast dinstlich sein wirdet. engel /4/, der ‚Bote Gottes‘, engele /3/ (Pl.) DIAL.1, fol. 224v: Nun due gestehest one zcweiffel, das die Engele auch geschaffene creaturen szeind. entbieten, V. st. entbiten /2/, ‚melden, senden‘ BRIEF K: und entbite meinen herren des Dhomcappittels viele grus.
200 entbinden, V. st. entpinden, entpunden /1/ (Part. Prät.), ‚lossprechen, befreien‘ TRAKT.LIPS, pag. 3f.: so nun der mensche von den sunden dermassen abgewant und volgend glewbet, das er aus der Barmherczikeit gots und dem vordinst seines lieben sons, unsers hern iesu christi, von seinen sunden, so vil die schuld und ewige pein anlanged, entpunden, an vorgehend vordinst seiner werck, vor got gerecht gemacht, in seinem herczen zcu allem guten durch den geist gots ernewert und ein erbe der ewigen selikeit gemacht werde. entblössen, V. sw. entplossen /2/, ‚enthüllen, offen darlegen‘ PRED, pag. 55: das sich der herre aller ehren in die hochste demut gesaczt, also das er sich vor der undanckbaren welt seinen heiligen corper hat entplossen und sich seiner kleider berawben lassen, sich auch in die hende diser liderlichsten und ungeachtesten lewte geben lassen. und haben uns hiraus zcetrosten, das christus unseret halben entplosset und nacket an den stam des creuczes gehengt worden. entblössung, die entplossung, /1/, ‚Nacktheit, unbekleideter Zustand‘ PRED, pag. 55: und haben uns hiraus zcetrosten, das christus unseret halben entplosset und nacket an den stam des creuczes gehengt worden, auff das wir durch in mit hochzciglichen kleidern bekleidet, und mit deme bei und fur seinem himmlischen vater frolich erscheinen mogen, dan seine dorfftikeit ist unser reichthumb, seine entplossung unsere becleidung.
B4 Alphabetisches Glossar
entladen /11/, V. st. ‚befreien‘ PRED, pag. 40: daher den nun ein ider deste fruchtbarlicher seine sunde berawen und durch die erlangte gnade christi sich dero entladen kan und mag. entziehen, V. st. entzcihen /5/, enzcoge /2/, ‚vorenthalten, wegnehmen‘ PRED, pag. 98: und dorauff seinen geist auffgebe, und die blinde welt solchs nicht erkanten noch erkennen wolten, gaben ime, als irem schepffer, die creaturen ein klar zceugnus, das er gots son were, erzceigen auch ime iren geburlichen dinst, der himel in deme, das die sonne iren schein der welt enzcoge zcum ubernaturlichen zceichen, das dero, durch welchen son und monad gschaffen, leide. er /983/, Personalpron. he /2/, seiner /3/ (Gen.), im /30/ – ime /283/ (Dat.), in /146/ (Akk.) DIAL.1, fol. 74v: also das er von allen szeinen sunden los gezcelet und durch den heiligen geist ernewert. BRIEF F: do ich jungst bei ime war, gewenete seiner mit allen gnaden. DIAL.1, fol. 73v: so hat im christus solche bgnadigung erworben. PRED.ANL, pag. 221: desgleichen saget he den zcolnern, das sie die zcolle nit solten seczen, numands mit gewalt bedrangen. erbar /6/, Adj. ‚achtenswert, vorbildlich‘ BRIEF H: eine abschrifft meiner Replica, die ich zcu gelegner zceit auch gedencke, in druck zcu geben, in zcuuorsicht, die solle bei erbarn lewten so viel ansehens gewinnen als des chorfursten ungegrunte vorantwortung.
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erbarlich /1/, Adv. ‚achtenswert ehrlich‘ DIAL.1, f. 68vf.: und ob wol dieser nach dem gesecze der natur ader Mose erbarlich leben und sich enthalten kan, das er niemands beschwere, so mangelt es ime doch an dem innerlichen, als das er nit freiwillig thuet, was er thun sal.
DIAL.1, fol. 73v: so hat im christus solche bgnadigung erworben, hat es auch bei deme nit wenden lasszen, sondern aus uberschwencklicher gnade und milde uns auch erlanget und vordinet, das wir kinder und erben gots zcur hoffnung des ewigen lebens werden mogen.
erbarmen /8/, V. sw. ‚sich mild / gnädig zeigen, Mitleid haben‘ PRED, pag. 42: hilff uns herre durch iczerzelte gnade deines sons, unsers hern, iesum christi, erbarme dich unserer, dan wir bdorffen es, weil wir wider dich manchfaltig gesundiget haben, vorzceihe uns herre, vorzceihe uns umb deines lieben sons willen und las sein tewer blut. PRED, pag. 121: Dan da wir an den stricken des tewffels, unsers hewptfeindes, waren und unserm vordinste nach der ewigen vordammnus und pein im hellischen fewer zcugewarten hatten, da erbarmete sich der herre unser.
erbe /3/, das ‚hinterlassenes Vermögen‘ TRAKT.LIPS, pag. 4: und volgend glewbet, das er aus der Barmherczikeit gots und dem vordinst seines lieben sons, unsers hern iesu christi, von seinen sunden, so vil die schuld und ewige pein anlanged, entpunden, an vorgehend vordinst seiner werck, vor got gerecht gemacht, in seinem herczen zcu allem guten durch den geist gots ernewert und ein erbe der ewigen selikeit gemacht werde.
erbauung, die erbawung /5/, ‚(moralische) Aufrichtung‘ TRAKT.AM, pag. 6f.: und so dan auch unser kirchen gewalt dohin sal gebrawcht und gericht werden, das er in der kirchen gots nit aus einem argen ein ergers mache, sonder ir zcu erbawung, nucz und frummen gereichen moge, in massen der heilige pawlus ordenet, wil es thulicher sein, den vorgenommenen gebrawch des sacraments under beider gestalt in diesen landen zcudulden, dan deme zcuwiderstehen. erbe /16/, der ‚Empfänger einer Erbschaft, oft Nachkomme‘
erbeben /2/, V. sw. ‚erschüttern‘ PRED, pag. 97: Was geschach aber nun weiter? und die Erde erbebete und die fels zcurissen. o des grossen wunderzceichens, da der herre (...) seinen geist in die hende seines himmelischen vaters, von dem er kommen, bfele. erbietung, die erbittung /1/, ‚freiwillige Bereitstellung‘ BRIEF A: und wil euch, als meine herren, hirmitte gotte beuolen habenn mit erbittung meiner dinste. erbittung, die erbitung /1/, ‚Bitte, Ansuchen‘ BRIEF B: und stelle in keinen zcweiffel, Ew. erw. werden ir das arme stifft lassen bevolen sein, darumb ich dan vor mein person gebeten wil haben, mit er-
202 bitung solchs neben meinen herren des thomcappittels zcuordenen. erbsünde, die erbsunde /4/, ‚religiös: dem Menschen angeborene Sündhaftigkeit‘ TRAKT.LIPS, pag. 3: und ist war, das der mensch durch die erbsunde dermassen vorterbet, das er aus seinen eigenen krefften zur ewigen selikeit nichts gutes vornemen kan, das er auch undter dem zcorn gots und vordampt ist, so fern er von denen nit widerumb errettet und erlediget wirt durch die gnade gots in der tawffe. erde /3/, die ‚Welt, Planet‘, erden /4/ (Dat. / Akk. Sg.) PRED, pag. 69: und blenden sich auch aus hoffart selber, ergerten sich an der demut christi und Erniderung, dadurch er ime doch einen solchen namen erworben hat, das sich auch in deme alle knihe im himmel, auff ertreich und under der Erden beugen. PRED, pag. 94: sihe der vorhang im tempel (schreibet matheus) zcereis in zcwei stucke von oben an bis unden aus und die Erde erbebete und die felsen zcerissen und die greber thaten sich auff. erdenken, V. unr. erdencken /2/, erdacht /2/ (Part. Prät.), ertachten (3. Pl. Ind. Prät.) /1/, ‚ersinnen, ausdenken‘ PRED, pag. 23: der herre hat nit geredt, ich werde den tempel aufflosen ader einreissenn, sondern er sagte ausdrucklich, reisset ir disen tempel ein, (…) welchen menschen hende gemacht hatten, wie die falschen gezcewgen ertachten, sondern redt von dem tempel seines leibes.
B4 Alphabetisches Glossar
erdichten, V. sw. ertichten /2/, ertichte (flekt. Part. Prät. fem. Akk. Sg.) /1/, ‚ausdenken‘, hier: ‚die Unwahrheit sagen‘ DIAL.1, fol. 145r: und zcu deme das wir keinen andern vorstand von diesem sacrament haben mogen, wir wollen dan gar viel eine andere meinung, dan wie die wortt lawten, ertichten. DIAL.1, fol. 154v: ir woltet gerne von der transmutation, wie chrisostomus und damasius, welche das grosse concilium lateranum, dem die patriarchen zcu constantinopel und hierusalem beigewonet, abfuren und dahin vorleiten, das ich mit euch ewre vormeinte und von newest ertichte consubstantion hilte, welche doch die algemeine kirche nihe angenommen. erdichtung, die ertichtung /5/, ‚Erfindung, Lüge‘ DIAL.1, fol. 118r: nun stelle ich in ewer selber bedencken, ob es nit billicher sei, das ir euch der schrifft und gotlichen worts haldet, dan das ir euch ewre newerung und ertichtung davon abfuren lasszet. ere, die ehre /4/, ‚Ansehen, Achtung‘ PRED, pag. 29: gancz und jar vorblendet waren, also das sie nit alleine nit bedacht waren, wie sie irem christus mochten nucz machen, sondern viel mehe alle ire gedancken und vleis dahin wanten, wie sie diesen heiland der welt und konig aller ehren mochten tilgen und umbbringen. erfolgen, V. sw. 1. ‚resultieren‘, ‚folgen‘ /8/ PRED, pag. 126: dan aus der liebe und Barmherczikeit gots ist das heilwertige werck unserer erlosung erfolget.
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2. ‚geschehen‘ /3/ PRED, pag. 146: denen gedeigen auch alle dinge wol, und erfolgete inen das, welchs got in der schrifft zcusaget, wirff auff den herrn deinen sorge und er wirdet dich erneren. erforschung /3/, die ‚gründliche Prüfung‘, ‚Umsicht‘ TRAKT.LIPS, pag. 33: in summa es mangelt an der ordenung nichts, aber an der volstreckung und nachforschung mag underweilen mangel erscheinen, derhalb wil bei Bebstlicher ht zcusuchen sein, das ire ht an vorgehende genugsame examen und erforschung die confirmation nit thu. erfüllung, die erfullung /2/, ‚Verwirklichung, Befolgung‘ PRED.ANL, pag. 215: nachdem der mensche ane tegliche sunde nit ist in erwegung, das er in erfullung des geseczs mangelhafftig, welchs aller erst in iener welt mag, do volkommende liebe sein wirt, von im erfullet wirt werden. ergehen /7/, V. st. ‚geschehen‘ TRAKT.LIPS, pag. 21: und wirdet das Brot und der wein durch das wort der trennung dorein vorwandelt, welchs ist das wort unsers hern Iesu christi, auff das man dis fals deste weniger zcweiffeln konne, es ergehe, wie das wort vormag. erheblich /1/, Adj. ‚angemessen, möglich‘ BRIEF E: Ich habe auff eczliche wege gedacht, welche zcimlich und der billikeit nach erheblich sein solten, die wolte ich E. Erw. gerne anzceigen.
203 erholen /17/, V. sw. ‚erlangen, erreichen‘ DIAL.1, fol. 193rf.: und dienet diese ire tradition dahin, das auch der ihenige, welcher vor sich aus einfalt dieser dinge aus der schrifft nit erholen kan, aus der tradition die fasszen moge, wie uns dan die durch solche tradition von iugent auff eingebildet wirdet und uns eine gewissze regel unsers glawbens an die handt gibet. PRED, pag. 84: dan es ist nicht genug, zcuwissen, was dir mangele und zcur vordamlichen beschwerung anhenge, welchs geschihet alsdan, wan due deine sunde und missethat erkennest, sondern must auch im glawben fasten, was dir von solcher schweren sewch helffen und wie du dich solcher zcu deiner notdorfft erholen mogest, die dan in der barmherczikeit gots und dem blut christi stehet. erinnern /34/, V. sw. ‚ins Gedächtnis zurückrufen‘, ‚an etw. denken‘ PRED, pag. 145: wie uns dan der herre christus alhie erinnert und spricht derhalb, so sehet am ersten das reich gots etc gotte deme himmelischen vater, von welchem alles, was do gut ist, herkommet, sei lob, ehr und preis in Ewikeit. Amen. erinnerung /4/, die 1. ‚bewusstes Wiederhervorbringen von Tatsachen‘ /2/ DIAL.1, fol. 216vf.: die eleuation hat auch eine seher alte ankunfft und ist an ir selbst catholisch und dienet auch zcu christlicher erinnerung dero ding, welche dazcumal gehalten und gehalten szollen werden, auff das wir unszere gemutere uber uns mogen heben.
204 2. ‚Ermahnung‘ /2/ DIAL.1, fol. 217r: so wirdet auch der gebrawch solcher eleuation in liturgia chrisostomi sewberlich angezceigt neben den anhengenden erinnerungen des pristers, da er spricht, sanctus sanctus, aus welchen worten zcuuornemen, das diese ceremonia nit vorgeblich eingesaczt. erkennen /85/, V. sw. erkant /13/ (Part. Prät.), ‚wahrnehmen, verstehen‘ DIAL.1, fol. 89v: und saget weiter, das leiden christi wirdet den getawfften mitgeteilet, so fern als er ein glid christi, gleich als hette er die marter erliden, hie sehet ir, wie unszere lieben vorfarn, die mitgeteilte gerechtikeit christi, welche stehet in szeinem leiden und sterben, erkant und an tag gegeben haben. DIAL.1, fol. 213av: nun antworte, ist elizens ein engel gewesen? Nein, viel weniger ist er got gewesen und hat gleichwol szeines abwesenden dieners that erkennen mogen. PRED, pag. 39: so sach er petrum an und gabe ime in sein hercz die busse, also, das er sich erkante, und seine begangne sunde schmerczlich berewte, also, das er auch seine trennen daruber vorgosse, zcu forderst weil one busse kein mensche vorgebung seiner sunde erlangen kan. erkenntnis, die erkantnus /6/, erkentnus /4/, erkentnis /1/, ‚Einsicht‘ DIAL.1, fol. 124v: das gesecze gebewtet, was wir thun ader lassen sollen, erinnert uns unszerer sonde und furet uns zcur busse, darumb es ein erkantnus der sonde von aposteln genant wirdet, zceiget uns die wege, so wir alhie in unszerer pilgerschafft gehen sollen, da-
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mit wir ime nit zcu viel ader zcu wenig thun, daher es dauid eine lewchte unszerer fusse nennet. PRED.ANL, pag. 223: item das gesecz ist ein erkentnus der sunde, daran abzcunemen ist, das das gesecz uns der sunden erinnert und zcur busse leitet, darumb es dan auch gnant ein zcuchtmeister bis zcu christo etc. TRAKT.LIPS, pag. 2: Doch mit dieser bedingung, ob etwas hirinnen begriffen, welchs eine voranderung und newerung in der kirchen christi bringen wolte, das solchs E g ratsweise wollen angezceiget und dadurch irer ordentlichen obirkeit keines wegs vorgegriffen haben, sondern wollen es mehe zcu irer erkentnis und nachlassung gestelt haben. erklären, V. sw. erkleren /23/, ‚erläutern, äußern‘ PRED, pag. 62: aber welcher tempel? der steinere zcu Iherusalem, welchen der konig salomon auffgebawt? Nein. Welcher dan? der tempel seines heiligen leibs. wie er sich dan selber erklerte. DIAL.1, fol. 2vf.: habens die Ewren zu wormbs in iungsten colloquio nit underschidlich angezceigt, wurinnen szie mit den Wittenbergischen zcwispaltig? haben szie sider des in offenlichen drucke solchs nit erkleret? erklärung, die erklerung /6/ 1. ‚Auslegung, Ausdeutung‘ /5/ PRED, pag. 94: Das fleisch christi sterbet alhie, auff das es balt wider aufferstehe, die seele aber und der geist wirdet in die hende gots beuolen und gleich bei geleget, weil christus zcu erklerung seiner gotlikeit (wie paulus schreibt).
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2. ‚Äußerung‘ /1/ DIAL.1, fol. 172rf.: und ob gleich man und weib einander nit vorlassen sollen, der tod scheide sie dan, inmassen die rechte art der ehe und die erklerung christi, da er spricht, welche got zcusammen gefuget hat, sal kein mensch scheiden, erfordert. erlangen /80/, V. sw. ‚erhalten, erreichen‘ DIAL.1, fol. 178vf.: eure gelarten zceihen uns wol des, aber szie thun uns unrecht, dan wie die opffer des alten testaments auff das zcukunftige blutopffer gezceiget und die lewte des erinnert, auff das szie im glawben des kunfftigen vorgebung irer sunde und das heil erlangen mochten, alszo treget sichs auch mit dem opffer unszerer kirchen zcu, dan das weiszet nicht in sich selbst, sondern in das blutige creuczopffer christi und erinnert uns alda, im glawben vorgebung der sunde und das heil zcusuchen und zcuemphahen.
205 eigner gotlicher gewalt des tewffels stricke hette zcereissen und uns dero erledigen mogen, so hat er gleichwol aus grosser liebe und gnade, so er zcu uns getragen und noch treget, seines ei(n)geborenen sons nicht vorschonet. 2. ‚ausführen, abschließen‘ /2/ DIAL.1, fol. 116vf.: christus hat am stam des creuczes vor unszere sunde genug gethan und erlediget diese heilwertige genugthuung der schuld, die uns druckt und der ewigen pein, die uns vorstehet. TRAKT.AM, pag. 10: dermassen sei die andere frage erlediget. erledigung /2/, die ‚Befreiung, Entlastung‘ TRAKT.AM, pag. 15: und weil dan das ausgeschribene gemein concilium in vorzcug gestellet und geringe hoffnung ist, das solchs in zcukunfft gehalten werde, mus man den weg, welcher zcu diser zceit unerheblich, faren lassen und zcu der dispensation greiffen, welche dan zcu erledigung der gewissen auch beqwemer sein wil, dan eben die obgemelte tollerancz.
erlauben, V. sw. erlewben /3/, ‚gestatten, zugestehen‘ DIAL.1, fol. 173r: darumb wirdet zcu dieser zceit des newen testaments den ehelichen personen nit nachgelassen noch erlewbet, das eine bei leben ires gemahels zcur andern ehe greiffen moge ader sich aus andern ursachen, dan die in der schrifft ausgedruckt, von ir mag teilen lassen.
erlich, Adj. ehrlich /1/, ‚redlich, rechtschaffen‘ BRIEF F: doch hilte ich davor, wan sich der Senior gegn Wirzburg begebe, er werde des orts statliche und ehrliche underhaltung finden, den d[er] Bischoff doselbst, do ich jungst bei ime war, gewenete seiner mit allen gnaden.
erledigen, V. sw. 1. ‚befreien‘ /12/ DIAL.1, fol. 177v: derhalben stehet geschriben, das noe, nachdem er von der sindtflut erlediget war, einen altar auffgerichtet habe. PRED, pag. 121f.: und ob er wol aus
erlösen, V. sw. erlosen /12/, ‚befreien‘ PRED, pag. 7: dergestalt weil wir uns von berurten diesen unsern hawptfeinden und ergsten tyrannen nit selber erledigen konten, das wir solcher christi, unsers herrens, gerechtikeit genissen,
206 und durch die errettet und erloset werden mochten. erlösung, die erlosung /16/, ‚Befreiung‘ DIAL.1, fol. 72r: welcher nihe keine sunde gethan, den abtrag vor uns schuldige thette, auff das wir, weil wir eigenes vordinsts mangelten, des vordinsts und abtrags christi und szeiner heilwertigen vordinste zcu unszerer notdorfftigen erlosung genissen. ernst /5/, der ernst /1/ – ernste /7/ (Dat. Sg.), ‚Entschiedenheit, Strenge‘ TRAKT.LIPS, pag. 34: und wil in alle wege gut und vonnoten sein, das die symonei mit ernste gestrafft und abgewant werde. DIAL.1, fol. 196r: und ob sich gleich bei dieser unszerer vorwiczigen zceit eczliche der ewren die widerumb haben erregen wollen, so szeid ir doch selber denselbtigen mit ernst begegnet. ernstlich /1/, Adj. ‚entschieden, streng‘ DIAL.1, fol. 28rf.: so lest man doch das arge nit arg szein, sondern so lassen ewre lugenpropheten solch arges nit arg szein, sondern understehen sichs gut zcumachen, dadurch blenden szie armen sunder dergestalt, das szie nummer mehe zcu rechter ernstlicher und christlicher busse kommen konnen. erreichen /6/, V. sw. ‚erlangen‘ BRIEF K: aber gleichwol, ob in der handelunge, so sie irem vorgang erreichte, darzcu mir doch nach kein tag angesetzt, disputation erreget worden, als mus ich mich in viel wege gefast machen.
B4 Alphabetisches Glossar
erschaffung /1/, die ‚Schöpfung‘ DIAL.1, fol. 71v: weil der armselige mensch in solche not, die ich hiebeuorn erzcelet, balt nach seiner erschaffung gefallen und ime nichts gewissers ware, dan da er in dem stande vorsterben worde, das er ewig muste vorloren szein und aber er ime selber aus dieser not nit helffen konte, erbarmet sich szeiner got, der vater aller barmherczikeit. ersetzen, V. sw. erseczen /1/, ‚auswechseln, ausgleichen‘, ersaczt /1/ (Part. Prät.) DIAL.1, fol. 82r: aber gleich wol, das die aus allervolkomlichste gerechtikeit christi darzcu komme und uns mitgeteilt werde, nit das szie ihene auffhebe, sondern ersecze, was uns an der selbtigen abgehet, auff das wir der ganczen volkommenheit, der wir in uns mangeln, in christo teilhafftig werden. DIAL.1, fol. 44v: Nein, lieber Nikel, die kirche ist so gar nit geengeret, als due meinest, dan ob wol Machomet, der in morgenlanden einen merglichen schaden gethan, ist doch der statlich dozcumal (...) ersaczt worden. erstlich /48/, Adv. ‚zuerst, am Anfang‘ DIAL.1, fol. 66v: Nun wil ich erstlich melden, wie der mensch am anfange zcu christo gebracht worden und dieszes herrens zcu szeinem heil genissen, zcum andern wan er in stand solcher gnaden getreten, wie er darinnen bis an szein Ende bestehen, zcum dritten da er von solcher gnaden abgefallen, wie er widerumb darein geseczt und durch christum des ewigen lebens von newest phehig werden moge.
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ertragen /4/, V. st. ‚aushalten, erdulden‘ DIAL.1, fol. 227r: dadurch gibet der apostel zcuuorstehen, das die kewscheit in einer solchen witwe gewalt stehe, wue szie nurent selber wil. dan solte es in irer gewalt nit stehen, so wurde das von ir erfordert, welchs szie nit ertragen konte. PRED, pag. 13f.: dan welcher andern lewten vorgeseczt ist, sal dermassen gesent sein, das er das unrecht mit gedult ertrage und sich dargegen zcu keinem rachseligen has auffbringen lasse. ertreich /13/, das ertreiche /1/, ‚Welt‘ PRED, pag. 98: gaben ime, als irem schepffer, die creaturen ein klar zceugnus, das er gots son were, erzceigen auch ime iren geburlichen dinst, der himel in deme, das die sonne iren schein der welt enzcoge zcum ubernaturlichen zceichen, das dero, durch welchen son und monad gschaffen, leide; das ertreich in deme, das sich das ertreich bewegte zcum ubernaturlichen zceichen, das der, durch welchen himmel und Erde erschaffen, storbe; die felse in deme, das sie von einander rissen und in gleichnus wie das ertreiche ein ubernaturlich zceichen gaben, das der herre, welcher sie und die welt geschaffen, storbe. erwegung /1/, die ‚Überlegung‘ PRED.ANL, pag. 215: nachdem der mensche ane tegliche sunde nit ist in erwegung, das er in erfullung des geseczs mangelhafftig, welchs aller erst in iener welt mag, do volkommende liebe sein wirt, von im erfullet wirt werden, darumb stehet geschriben so wir sagen,
207 das wir nit sunde haben, betrugen wir uns selber. erwürdig, Adj. erwirdig /31/, ‚achtunggebietend‘ BRIEF B: Mein gancz willigen dinst zcuuoran, Erwirdiger und Edler gunstiger lieber her und freuntlicher ohem. erzeigen, V. sw. erzceigen /30/, ‚erweisen, gewähren‘ DIAL.1, fol. 72rf.: dan ob wol der allergutigste her sich unszerer lawterer umb sonst und one einigen unsern vordinst erbarmet, und uns aus solcher erbarmung zcu unszerm heil gnade erzceiget, geschihet es doch nit one szeines lieben sons vordinste. erzeigung, die erzceigung /2/, ‚Erweisung, Zeigen‘ PRED, pag. 16: neben deme das unser her christus alhie dem argen nit widerstehen wil zcu erzceigung seiner grossen sanfftmutikeit und gedult, so thuet er auch seinem feind und widersacher guts, nemlich Malcho, seczet ime sein or wider an und heilet in. es /544/, Personalpron. im /1/ (Dat.) DIAL.1, fol. 24r: ia das leczere gebot gots wirdet auch dauor gehalten, als binde es euch nit. PRED, pag. 25: wie ein schaff wirdet er zur schlacht gfurt werden und wie ein lemlein in gegenwertikeit des, so im die wolle abnimmet. euer /7/, Possesivpron. ewer /174/ DIAL.1, fol. 86v: so hat ewer luther selber bekant, das die guten sitten bei euch erger szeind. DIAL.1, fol. 55r: so ist es auch umb
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B4 Alphabetisches Glossar
eure religion dermassen geschaffen, das sie mir zcum zceitlichen und der welt nach viel zcutreglicher were.
2. ‚Sturz‘ /3/ DIAL.1, fol. 114v: das sal nun der mensch, welcher zcu fal kommen.
ewig /168/, Adj. ‚immerwährend‘ BRIEF B: unsers g f und h zcu freisingen und Numburg abschid von dieser welt habe ich mit beschwerunge meines gemuts vornommen. der Barmhertzige got vorleihe ime die ewige ruhe.
fallen /21/, V. st. ‚stürzen / in etw. hinein geraten‘ TRAKT.LIPS, pag. 15: aber so ein christ in die grosseren sunde file, welche stracks wider die zcehen gebot gots lauffen und den menschen nach der ler pawli in die ewige vordamnus seczen, einem solchen ist vonnoten, seine sunde zculassen, die zcuberewen, mit gutem vorsacze die hinfurder zcumeiden.
ewiglich /8/, Adv. ‚immerwährend‘ DIAL.1, fol. 87r: das auch got vorheischung gethan, solche gerechtikeit in diesem leben zceitlich und in ihenem leben ewiglich zcubelonen. DIAL.1, fol. 200v: so viel aber den stand der vorstorbenen belanged, findet man, die so gar wol und christlich gelebet haben, das ire geistere im himmel, da szie mit christo ewiglich leben, bald aufgefaren szeind, volgen dem lamb gots, wuehin es gehet.
F fal /62/, der fal /12/ – falle /33/ (Dat. Sg.) 1. ‚bestimmte Situation / Konstellation‘ /104/ DIAL.1, fol. 224r: wie so ich beweisete, das solch erkentnus got nit alleine ime vorbeheldet, sondern auch den geschaffenen creaturen mitteilet, auff den fal wirdest due bekennen, das ich vorstorbenen geisteren der heiligen nit das zcumesse, welchs gotte eigent. TRAKT.LIPS, pag. 18: sollen die seelsorgere keines weges underlassen, irem bevolenen volcke den willen gots in diesem falle zcuuormelden.
fangen /3/, V. st. fahen /2/, ‚fassen, ergreifen‘ PRED, pag. 10: daraus zcuuornemen, das er nit aus unuormoglikeit, nit aus gezcwang, sondern gewilliglich sich hatt fahen lassen und sich vor uns in die schmerczlichste marter und den todt begeben. far siehe gefar fassen, V. sw. 1. ‚begreifen, verstehen‘ /15/ PRED, pag. 67: solche blintheit stecket nach in allen heidnischen herczen, die christum nicht recht erkennen, auch in irem glawben nicht fassen, das er der ware son gots sei. 2. ‚nehmen, angreifen‘ /1/ PRED, pag. 92: da er nun sagte, mich dorstet, da lawfft einer hin und fasste in einem schwam essig und trenket in, auff das erfullet werde, was vormoge der schrifft nach zcerfullen war. 3. ‚ergreifen‘ /1/ DIAL.1, fol. 5r: Ditterich wirdet aber nicht nachlassen, weil er mercket, das er uns gefast hat.
F
faust, die fawst /8/, ‚Hand‘ DIAL.2, pag. 26: die fawst aus menschens corpor ergere offt und emphehet alleine irer eigenschafft nach, was ime, dem menschen, gegeben wirdet, aber doch nit die todte fawst, welche blos stehet und vom arme und corpor des menschens abgeschnitten ist. feder, die fedder /3/, ‚spitzes Gerät zum Schreiben‘ BRIEF Q: und weil uns die ordentlichen wege des rechtens iczo im Reiche abgeschnitten, mus ich beiwege suchen, die sich nach zcur zeit nit wollen der feddern vortrawen lassen. BRIEF T: Man sagt mancherlei, welchs sich der fedder nit wol lest vortrawen. feiertag /3/, der ‚freier Tag im Kirchenjahr‘ TRAKT.LIPS, pag. 43f.: Von feiertagen / Nachdem die feiertage in einem trefflich misbrawch gefurt und die fast zcur uppikeit, schwelgeren und anderm argen gebrawche weichen, bdorffen dieselbtigen wol einer guten scharffen deformation. feind /14/, der ‚Gegner‘ PRED, pag. 53: Dan die feinde christi habenn aus grawsamer zcunotigung zcu christo nichts underlassen, welchs hat mogen erdacht werden, den hern zcupeinigen und sein heilig blut zcuuorgissen. BRIEF V: Ich vorhoffe, die lewffte werden sich balt von der gnaden gots miltern, den die keiser. Mt zcewhet irzcu her, hat algereit an unsere lands stende eine ansehenliche trostschrifft lassen ausgehen, daraus Irer Mt ernst gegen
209 dem feinde und gnediger wille gegen uns und diser lantschafft scheinbarlich gespuret werdet. feindschaft, die feindschafft /2/, ‚Beziehung, in der jmd. einem andern Schaden zufügen will‘ DIAL.1, fol. 77r: und werden also die lewte frum, heilig und gerecht, dergestalt das numer ein solcher ernewerter mensche sich der todsunde, welche feindschafft zcwischen gotte und uns machen, enthalten und in der heilikeit und gerechtikeit got dienen mogen. feindselig /1/ Adj. ‚böse, gehässig‘ PRED, pag. 22: und ob gleich viel falscher gezcewgen do gewesen, haben sie es doch nit gefunden etc alhie sehen wir, was der feindselige has und die gefaste vorbitterung der gemutere inn menschen wircket. fels, der ‚massiver Stein‘ fels /1/ – felse /1/ – felsen /1/ (Nom. Pl.) PRED, pag. 94: sihe der vorhang im tempel (schreibet matheus) zcereis in zcwei stucke von oben an bis unden aus und die Erde erbebete und die felsen zcerissen und die greber thaten sich auff und stunde auff viel leibe der heiligen, die da schlieffen und giengen aus den grebern noch seiner aufferstehung. PRED, pag. 97: und die Erde erbebete und die fels zcurissen. PRED, pag. 98: gaben ime, als irem schepffer, die creaturen ein klar zceugnus, das er gots son were, erzceigen auch ime iren geburlichen dinst (...) die felse in deme, das sie von einander rissen und in gleichnus wie das ertreiche ein ubernaturlich zceichen ga-
210 ben, das der herre, welcher sie und die welt geschaffen, storbe. feuer, das fewer /15/, ‚Verbrennung mit großer Flammen- und Wärmeentwicklung‘ DIAL.2, fol. 50: dan ob einer gleich christo durch szeinen glawben eingepflanczet, wirdet er doch, wan er zcu szeiner zceit nit got gehorsamet, wan er ime gehorsamen kan und nit gute fruchte der werck thuet, so wirdet er unnuczer zcweig von christo abgeschnitten und ins hellische fewer geworffen, wie christus selber saget. finden, V. st. 1. ‚vorfinden, vorhanden sein‘ /28/ DIAL.1, fol. 17r: wieviel findet man under euch, die iczo auff dem schlag bei leben ires ersten weibs andere weiber nemen? DIAL.1, fol. 27v: wan ich nun solte zu euch treten, muste ich mich mehrer besserung bei euch dan auff unszerm theil vormuten, aber ich finde bei euch nit alleine nit mehe besserung, sondern viel weniger dan bei uns. 2. ‚etw. durch Suchen erlangen‘ /7/ DIAL.1, fol. 233rf.: deste mehe wil euch geburen, das ir euch der von mir vorgeschlagenen mittel und wege haltet, und gehet die von mir gezceigten alten wege, darinnen ir nach prophetischer vortrostung ruge ewren seelen finden moget. 3. ‚in bestimmter Weise beurteilen‘ /3/ DIAL.1, fol. 2r: wuste ich doch nit, weil ir confessionisten undereinander so gar getrennet und zerlumpt szeid, wuehin ich mich wenden, ia und wue ich ewre augspurgische confession finden solte. 4. ‚erfinden, ersinnen‘ /1/ DIAL.1, fol. 158rf.: qwam Martin Buczer auch dahin als ein beqwemer
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underhendler, weil er beiden teilen vorwanth war. der funde nun zcum vorschlage diesen schonen fundt, nemlich das man halten solte. finsternis, die finsternus /5/, die / das, ‚Nacht, Dunkelheit‘ PRED, pag. 88: und wurde durch dis unnaturlich finsternus ein erschrocklich zceichen gegeben, doraus meniglich, so bei dem creucze stunde, erkennen konte, das der, welcher dozcumal leide, nicht ein schlechter mensche were. fleisch /54/, das fleisch /5/ – fleische /17/ (Dat. Sg.), ‚der Körper des Menschen mit seinen Lüsten‘ PRED.ANL, pag. 215: Item nachdem der mensch, mit welchem der prediger zcuhandeln, gebrechlich und sunthafftig, ist erstlich die busse zcupredigen, also, das der mensche im seine geubte sunde las leit sein, mit gutem vorsacz sich furder dero zcuenthalten, item das er erkenne seine gebrechlikeit, welche im seinem fleisch hafftet, weil er lebet. TRAKT.LIPS, pag. 39: War ist es, das das fasten vornemlich dohin gerichtet sal werden, damit man dem fleische abbreche und solchs beqwemer weise casteie. fleiss, der vleis /10/, vleisse /11/ (Dat. Sg.), ‚Streben, Eifer‘ PRED, pag. 90: Nun kommen wir zcum tode christi, davon wollet die heiligen euangelisten mit vleisse und andacht anhoren. TRAKT.LIPS, pag. 30: derhalben sal ein ider frummer christ seinen vorstand und vleis dohin wenden, auff das wir solchs zcur trennung nit gebrawchen.
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fleissig, Adj. vleissig /19/, ‚strebsam, eifrig‘ TRAKT.LIPS, pag. 18: sollen die seelsorgere keines weges underlassen, irem bevolenen volcke den willen gots in diesem falle zcuuormelden und vleissig anzcuhalten, das die lewte in diesen geschwinden lewfften, do uns got mit seiner geischel scheinbarlich drawet, mit trostlicher zcuuorsicht ir leben darnach anstellen, wuhe wir die rechten fruchte der busse thun. fliehen, V. st. flihen /1/, flewhet /1/ (3. Sg. Ind. Präs.), flogen /1/ (3. Pl. Ind. Prät.), geflogen /3/ (Part. Prät.), ‚davonlaufen, ausreißen‘ PRED, pag. 10: wie er erkentte, das judas der vorrether mit der rotte und der priestere und phariseer dienern sich neherte, flewhet er nit, vorbarg sich auch nicht, sondern ginge inen entgegen. PRED, pag. 19: Iudas vorrith den hern christus, die iuden griffen, bunden und furten in schmelich zcu anna. die iungere flihen von ime. PRED, pag. 88: schawe mich an, welcher gestalt ich vorlassen bin, wie auch meine bekanten und junger von mir geflogen, dergleichen herre, wie hast due mir deine gotliche hulffe entzcogen. fliessen /6/, V. st. flissen /6/, flewst /11/ – fleust /2/ (3. Sg. Ind. Präs.), oft präfigiert mit her-, ‚entspringen, strömen‘ DIAL.1, fol. 32vf.: ich kans wol beweisen, dan die erzcelte vorachtung und vorwustung alles erbarn weszens flewst aus dem misvorstand her, den man von guten wercken aus der ewren laer gefast hat. DIAL.1, fol. 183v: die misbrewche, so
211 dabei szein mogen, lob ich nicht, so kommen die nicht anders woher, dan aus sonderer personen aberglawben herflissen. PRED.ANL, pag. 219: und ist also ein gehorsam kint und son gots und weil nun an solchen gehorsam der mensch in der frummikeit gnade und rechtfertigung nit bestehen mag, so ist die liebe, aus welcher solcher gehorsam fleust, vleissig zcutreiben. förderlich, Adj. forderlich /6/, ‚nützlich, dienlich‘ BRIEF I: und weis euch auff Ewer gethan schreiben nit zcupergen, so ich den churfursten vor dem Cammergerichte werde vornemen, das euch und dem Dhomcappittel solchs forderlich sal zcuwissen gethan werden, wiewol ich das nach nit entschlossen. forderung /6/, die ‚Anspruch, Verlangen‘ DIAL.1, f. 45r: und weil es inen an den ortern am drucke mangelt, hat der patriarch zu antiochia durch darlegung und forderung keiser. Mt. das newe testament szeinen nachgesaczten seelsorgern und volcke zcum besten in syrischer sprache, die man des orts brawcht, zcu wien drucken lasszen. BRIEF I: wan sie alleine durch die gegenwertige not nit vorhindert wurde, aber gleich wol mercke ich, das mich S Mt mit forderung nit lassen werden. förmlich, Adj. formlich /1/, ‚offiziell, öffentlich‘ BRIEF H: und wiewol ich das, welchs meine herren de capitulo underschriben, bei der handt habe, so habe ich doch bdencken, solchs vorzculegen, dan eczliche absenten, die bei der wahele nit gewesen, sondern die alleine
212 haben sollen ratificiren, haben sich etwas nit formlich underschriben. fortfaren /6/, V. st. vortfaren /4/, far fort /6/ – fare fort /3/ (Imp. Sg.), ‚weiterführen, fortsetzen‘ DIAL.1, fol. 5v: mich deucht, es solt besser szein, das wir iczo fortfaren. DIAL.1, fol. 97v: fare nurent fort, dan ich habe kein bedencken. DIAL.1, fol. 127r: Ditterich, far fort. PRED, pag. 3: Nun last uns in der euangelischen historien des leidens und sterbens christi vortfaren, und an deme orte anfahen, da wirs jungst gelassen. frage /7/, die ‚Äußerung mit Aufforderung zur Antwort‘ TRAKT.AM, pag. 1: Zcu der ersten frage sage ich also, das das sacrament des leibs und bluts unsers hern Ihesu christi under beider gestalt von ime selber ist eingeseczt, wie aus euangelischer und apostolischer schrifft klar erscheinet. fragen /13/, V. sw. fragt /3/ (3. Sg. Ind. Präs. / Prät.), ‚sich erkundigen, um Antwort bitten‘ PRED, pag. 25: Nachdem aber der oberste prister fragte, ob er wer christus, der son gots, und aber doraus dero eines ersehen wolte, das er enczwar muste die warheit, so zcu auffrichtung, bekrefftigung und ausbreitung des reichs gots gehorete, vorschweigen. fragestück, das fragestuck /2/, ‚(festgesetzte) Fragen‘ DIAL.1, fol. 109v: auff gleiche christliche meinung hat etwan Anshelmus, der erczbischoff zcu cantuoria, nach folgende fragestuck geseczt.
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frau, die frauen /1/ (Gen. Sg.), ‚erwachsene Person weiblichen Geschlechts‘ DIAL.1, fol. 69r: sondern eine solche eusserliche gerechtikeit ist vor dem angesicht gots wie ein unreines tuch einer frauen, so ire krancheit hat. freiheit /5/, die ‚Unabhängigkeit‘ PRED, pag. 132: und ob wol christus durch das mittel in die rechte freiheit seczet, so lest ers doch bei dem auch nicht beruhen, sondern erhebet uns durch seinen vordinst dahin, das wir kinder gots, Erben und seine miterben nach der hoffnung des Ewigen lebens werden. freude, die frewde /6/, ‚Fröhlichkeit‘ PRED, pag. 42: vorzceihe uns unsere missethat, bis uns gnedig und barmherczig stercke uns mit deinem heiligen geiste, das wir alhie in diesem elendem leben das arge meiden und dir herre anhangen mogen und nach diesem vorgenglichen leben in die frewde der Ewigen seelikeit eingehen mogen durch Iesum christum, unsern hern, mit dir lebet und regiret in Ewikeit. freundt /10/, der ‚in Zuneigung verbundener Mensch‘ DIAL.1, fol. 5rf.: Es gefellet mir. Ditterich, wir szeind iczo auff dem wege, einen unszerer freunde, der seher schwach ist, heimzcusuchen und zcutrosten. DIAL.1, fol. 188r: Ditterich: danck habe, lieber freundt. freuntlich /17/, Adj. ‚wohlwollend‘ DIAL.1, fol. 176r: es worden auch die
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ehelichen personen sich besser und freuntlicher zcusamen halten und nicht so leicht einander vorlasszen, wie iczo (leider) zcum offtermal nit zcu geringem ergernus der kirchen geschihet. BRIEF B: Mein gancz willigen dinst zcuuoran, Erwirdiger und Edler gunstiger lieber her und freuntlicher ohem. fridbrecher /1/, der ‚Unruhestifter, Störer des Friedens‘ DIAL.1, fol. 14rf.: dan dahin pflegen sie christus, welchen szie auff der zcungen lernen tragen, nicht zcugebrawchen, sondern understehen sich, den zcum schanddeckel irer laster zcumisbrawchen, wie man dan nach sihet, das die grosen ehebrecher, bucherer, schwelger, lugner, betruger, fridbrecher und tyrannen die besten christen und euangelischen (wie szie sich nennen) szein wollen. fride /8/, der ‚Zustand ungestörter Ruhe / Harmonie, Gegenteil des Kriegs‘ TRAKT.AM, pag. 12: und wiewol durch solche gedult das arge wol kan uberwunden und die ungehorsamen gereiczet werden, das sie deste ehe fride halten, sich auch entlich erkennen, so werden doch durch den weg solcher lewte gewissen nit erlediget. fridlich /1/, Adj. ‚gütlich, verträglich‘ BRIEF R: Ich wil mich aber vorsehen, Keiser. Mt. werde einen fridlichen abschid alhie machen. in unsrer sachen halt ich fast an und vorhoff, balt einen bescheid zcu erlangen. fridsam /2/, Adj. ‚friedfertig, ruhig‘ BRIEF L: wolt got, die Religion mochte
213 des orts zcu guten, fridsamen und christlichen stande gebracht werden. frölich, Adj. frolich /2/, ‚unverzagt, ohne Sorge‘ PRED, pag. 55: auff das wir durch in mit hochzciglichen kleidern bekleidet, und mit deme bei und fur seinem himmlischen vater frolich erscheinen mogen, dan seine dorfftikeit ist unser reichthumb, seine entplossung unsere becleidung. frone /3/, die ‚was einem Herrn gehört / gebührt‘ DIAL.2, pag. 78f.: aber damit diese meinung durch ein exempel erkleret werde, so nim vor dich einen underthanen, der szeinen herren eine frone ader hoffdinst zcuthun schuldig, da nun der zcu rechter zceit nit fronte ader zcuhoffe diente, hette in der herre szeines ungehorsams halber zcustraffen, da er aber die fron und den hoffdinst thete, so dorfft ime der herre darumb nit lonen, weil er one das zcu frone ader zcum hoff dinst vorpflichtet. fronen /1/, V. sw. ‚einem Herrn dienen‘ DIAL.2, pag. 78f.: aber damit diese meinung durch ein exempel erkleret werde, so nim vor dich einen underthanen, der szeinen herren eine frone ader hoffdinst zcuthun schuldig, da nun der zcu rechter zceit nit fronte ader zcuhoffe diente, hette in der herre szeines ungehorsams halber zcustraffen, da er aber die fron und den hoffdinst thete, so dorfft ime der herre darumb nit lonen, weil er one das zcu frone ader zcum hoff dinst vorpflichtet.
214 frucht /33/, die ‚(übertragen) Ertrag‘ DIAL.1, fol. 28v: wie mocht auch einer den namen christi mehe voruneheren, dan das er in also zcu szeinem schanddeckel macht? das szeind die fruchte ewrer lutherei. DIAL.1, fol. 44r: durch unfruchtbare meinet der heiden vorsamlung und durch fruchtbare meinet er die sinagog, dan iene truge vor christo keine frucht zcum heil. TRAKT.LIPS, pag. 7: weil der mensche angezceigter gestalt der gnaden christi und seines geists teilhafftig wirdet, so fern er in solchen beschehen sal, das ime vonnoten, gute werck zcuthun, welche aus ime zcu seiner zceit volgen als fruchte von einem gesunden Bawm. fruchtbar /14/, Adj. ‚ertragreich, nützlich‘ DIAL.1, fol. 135r: wie dan die zcu ider zceit in der kirche vor ein nucz und fruchtbar sacrament gehalten worden. fruchtbarlich /15/, Adv. ‚ertragreich, gewinnbringend‘ DIAL.1, fol. 137r: umb so viel deste weniger sollen wir dis sacrament vorachten, sondern viel mehe darauff bdacht sein, wie wir solchs fruchtbarlich gebrawchen mogen, welchs geschihet, so wir darzcu ein busfertig und demutig hercz bringen und doch nit vorzcweiffeln. fug /5/, der fuge /12/ (Dat. Sg.), ‚Angemessenheit, Recht‘ DIAL.1, fol. 165rf.: weil dan nun icztberurter gebrawch im occident principium voluntarium hat, so kan man dieses fals dem babst ader unszerer kirche mit keinem fuge zcumessen, als
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fare szie mit gewalt, wie dan paulus III. vor wenig iaren sich dermassen erzceiget, das man in diesem falle an irer heilikeit keinen mangel gespuret. BRIEF M: ich hoff aber zcu got und der gerechtikeit, solche Ire argelist sal in mit gutem fuge abgetriben werden. füglich, Adv. fuglich /2/, ‚passend, geeignet‘ DIAL.1, f. 154r: daraus wirdet fuglich geschlossen, das die substancz des brots neben der substancz des leibs christi da bleibe. fügsam, Adj. fugsam /1/, ‚passend, angemessen‘ BRIEF H: und weil nun die ko. mt. die commission also gegeben, das die zcwischen hir und dem nesten reichstage sal vorgnommen werden, habe ich davon eine fugsame ursache zcu abschlage offenen konnen, wue ich mich dan iczo bei irer mt erschuldige etc. fünf, Zahlw. funffe /8/, ‚einfache Zahl‘ DIAL.1, f. 22r: Nun last uns weiter schreitten und sehen, wie ir dem geicz uberhelfft, dan erstlich last ir zcu, das man mag von hunderten funffe nemen, welchs ewer Luther nachgegeben hat. furcht, die forcht /9/ 1. ‚große Angst‘ /8/ DIAL.1, fol. 29r: ist nun der unglawbe allein sunde, so bindet uns kein gebot mehe dan alleine das erste gebot. wir mogen frei und one schew und forcht fluchen, schweren, vater und mutter voruneheren, todschlagen, ehebrechen, stelen und was der laster mehe. 2. ‚Ehrfurcht‘ /1/ PRED.ANL, pag. 216: diese zcwene
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bussen seind dem volcke vleissig und trewlich einzcubilden, (...) auff das der mensch vor dem hern gedemutiget, die forcht gots emphahe, von sunden ablasse und die meide, welchs zcur vorgebung der sunde auch dem christlichen leben vonnoten. fürchten, V. sw. forchten /2/, furchten /1/, forcht /2/ (3. Sg. Ind. Präs.) 1. ‚Ehrfurcht haben‘ /5/ DIAL.2, pag. 65: Item selig ist der man, welcher den hern forcht und hat neigung zcu szeinen gebotten. szein same wirdet nichtig szein auff ertreich etc PRED, pag. 78: und sagte, furchst due dich auch nicht vor got, der due doch in gleicher vordamnus bist? 2. ‚ängstigen‘ /1/ TRAKT.LIPS, pag. 5: dan der tewffel glewbet wol, das got got sei, aber mit keinem vortrawen, sondern forcht und hast in als einen grawsamen und geschwinden tyrannen. füren, V. sw. furen /42/, gefurt /5/ – gfurt /1/ ( Part. Prät.) 1. ‚leiten, bringen‘ /18/ PRED, pag. 25: doher gehet nun die prophetei esaiae wie ein schaff wirdet er zur schlacht gfurt werden und wie ein lemlein in gegenwertikeit des, so im die wolle abnimmet, wirdet Er stille schweigen und sein mund nit auffthun. 2. ‚in bestimmter Weise handhaben‘ /18/ DIAL.1, fol. 73v: auff das er der todsunde sich enthalten und got nit mehe erzcorne, und einen gerechten und christlichen wandel furen moge, bdarff, so hat im christus solche bgnadigung erworben.
215 3. ‚anführen, vorbringen‘ /1/ DIAL.1, fol. 111v: wolten gerne alles umbkeren, welchs bei der alten und catholischen kirchen herkommen, szeind geneigter, schrifft wider die schrifft zcufuren, dan die dinge durch geburliche und notwendige distinction in rechten und einhelligen vorstand zcubringen. 4. zu Gemüt führen ‚gründlich über etw. nachdenken‘ /4/ DIAL.2, pag. 119: aber damit er sich vor dem argen hute und abwende, sal er die gerechtikeit gots und den ernst, welchen er wider die sunde gebrawcht, deste mehe zcu gemute furen. 5. phras. auf etw. führen ‚jn. auf etw. bringen; von etw. abbringen‘ /1/ DIAL.1, fol. 159r: ich wil in auff ein anders furen. ia, ditterich, wie machst due es aber mit der communion? fürst, der furst /3/ – furste (Nom. Sg.) /1/, fursten /2/ (Gen. / Akk. Sg.), fursten /5/ (Pl.), ‚Titel des Adels‘ DIAL.1, f. 138rf.: ob er gleich des andern in der einsaczung nit gewenet, so ist es doch so viel, als hette er solchs auch ausdrucklich eingesaczt, gleich als wen ein keiser einen fursten machet, ob er gleich nit namhafftig machet die dinge, one welche der furst sein furstlich ampt nit vorrichten kan, so vorstehet mans doch, als hette es ime der keiser die dinge ausdrucklich beuolen und ime darzcu den gewalt gegeben. TRAKT.AM, pag. 16: so konnen wir auch in sonderheit die fursten, welche die anwertung an disen landen haben, an uns nit zcihen und sie dermassen einnemen, das sie in zcukunfft ob unsern kirchen halten, wie die vilgedachte nachlassung nit geschihet, den sie hangen der beiden gestalt algereit an, so
216 kan sie auch unserer regirender furste nit umb sich leiden. fürstlich, Adj. furstlich /1/, ‚den Fürsten betreffend‘ DIAL.1, fol. 138rf.: ob er gleich des andern in der einsaczung nit gewenet, so ist es doch so viel, als hette er solchs auch ausdrucklich eingesaczt, gleich als wen ein keiser einen fursten machet, ob er gleich nit namhafftig machet die dinge, one welche der furst sein furstlich ampt nit vorrichten kan, so vorstehet mans doch, als hette es ime der keiser die dinge ausdrucklich beuolen und ime darzcu den gewalt gegeben. fuss /8/, der ‚unterster Teil des Beines, Körperteil‘ PRED, pag. 48: das sie seine heilige hende fusse und mit nageln vorwundet, durchschlagen und ans creucz gehefft.
G gabe /38/, die FWB, VI, 1, 1ff., ‚Geschenk‘ DIAL.1, fol. 83rf.: und da es alhie umbs menschlich vormogen, krafft und tugend alleine zcuthun were, kont ich mich leicht mit dir vorgleichen, aber wir handeln alhie nit von dem, welchs menschlich und naturlich ist, sondern von gots geschenckter gabe und der eingegossenen gerechtikeit. galle /1/, die gallen /1/ (Dat. Sg.), FWB, VI, 1, 49ff., ‚bittere Absonderung der Leber‘ PRED, pag. 43: und da sie qwamen an die stat, welche golgothat genant wirdet, gaben sie ime essig mit gallen gemischt zcu trincken.
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PRED, pag. 44: und damit auch das dadurch er zcu vorlengerung der pein solte gesterckt werden, mit argem vormenget were, seine des hern schmerczen zcumehern, reichten sie im nicht wein, sondern essig, und nicht alleine essig, sondern essig mit bitterer galle vormenget. gar /81/, Adv., Part. iar /11/, FWB, VI, 1, 99ff. DIAL.1, fol. 20r: weil ir das sacrament der ehe gar darnider schlahet und nit nachgeben wollet. DIAL.1, fol. 145r: die in vorzceiten von den dingen gar sawberlich geschriben. gebären, V. st. geperen /3/, geboren /9/ (Part. Prät.), FWB, VI, 1, 209ff. 1. ‚ein Kind zur Welt bringen‘ /6/ DIAL.1, fol. 35v: geben nicht eczliche der ewren vor, das die glewbigen eltern glewbige kinder geperen? 2. ‚hervorbringen‘ /6/ DIAL.1, fol. 139r: ich habe auch etwan von weisen lewten aus unszern grossen reichs steten vornommen, das szie solche ordenung mit der beichte bei inen gerne widerumb auffrichten wolten der zcuuorsicht, es solte iren burgeren viel guts geperen und den eingerisszenen epicureismum sehr dempffen. TRAKT.LIPS, pag. 14: von der busse wil underschidlich zcuhandeln sein, damit dieselbtige dermassen gehalten werde, auff das sie rechte, gute und christliche fruchte gepere. geben /75/, V. st. gebe /5/ (1. Sg. Ind. Präs.), gabe /11/ – gab /1/ (3. Sg. Ind. Prät.), gibe /2/ (Imp. Sg.), gegeben /54/ – geben /4/ (Part. Prät.), FWB, VI, 1, 231ff. ‚aushändigen, übergeben‘
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Dial.1, fol. 108rf.: sal der gerechtfertigte (...) aus dem glawben leben und mit dem lieben dauid zcu ider zceit sagen, nit uns, nit uns, herre, sondern dir gibe die ehere. PRED, pag. 11: und nahet zcum herren, in zcu kussen, dan das los hat Iudas seinen mitgesellen gegeben, das sie den angreiffen solten, den er kussen werde. gabe dorauff dem hern einen kus. PRED, pag. 88: und wurde durch dis unnaturlich finsternus ein erschrocklich zceichen gegeben. gebet /5/, das gebete (Nom. Sg.) /4/, gebet /1/ – gebete /3/ (Dat. Sg.), gebete /3/ (Nom. Pl.), FWB, VI, 1, 253ff., ‚Gespräch mit Gott, Fürbitte‘ DIAL.1, fol. 116r: durch ein gestreng leben uns selber casteien, darzcu gehort auch almus reichen und ein vleissig gebete, dan so wir uns selber richten werden, werden wir nit vom herren gerichtet, spricht der apostel. DIAL.1, fol. 168r: und das gebete des glawbens wirdet den krancken gesundt machen und der herre wirdet in erlewchten. DIAL.1, fol. 201rf.: diesze, ob szie uns lebendigen durch ir gebet gleich nit helffen konnen, so konnen szie doch durch unser gebet erleichtert werden. gebieten /3/, V. st. gebewt /3/ – gebewtet /6/ (3. Sg. Ind. Präs.), geboten /4/ – gebotten /16/ (Part. Prät.), FWB, VI, 1, 260ff., ‚anordnen, vorschreiben‘ DIAL.1, fol. 164r: wer emphindet nit alhie, das der herre gar nichts gebewt, sondern alleine schencket? DIAL.1, fol. 208v: was gots gesecze gebewtet ader vorbewtet, da wider kan kein mensche dispensiren.
217 gebot /24/, das gebott /6/, gepot /1/, gebot /8/ – gebote /1/ (Nom. Pl.), FWB, VI, 1, 279ff., ‚Vorschrift, Weisung‘ DIAL.1, fol. 164r: darumb konte ir deste weniger aus den worten, nemet hin und essed, nemet hin und trincket, item trincket aus dem allem, ein gebot und gezcwang machen, wue szie dan irer art nach niemands zcwingen. PRED.ANL, pag. 218f.: dann er hat den geist der kuntschafft und nicht der knechtheit, also das er den gotlichen gepoten willige volge thut. gebrauch, der gebrawch /78/, FWB, VI, 1, 286ff., ‚Sitte, Gewohnheit, Brauch‘ TRAKT.AM, pag. 1: zcum andern so dasselbtige durch das gotliche recht nachgelassen, ob zcu dieser zceit thulich sein wolle, solchem gebrawch bei uns stat zcugeben. TRAKT.AM, pag. 22: und auff das, was sonsten arges neben disem gebrawche des sacraments mag vorfallen, abgewant werde. gebräuchlich, Adj. geprewchlich /1/, FWB, VI, 1, 293f., ‚nützlich‘ PRED, pag. 142: gots wille ist, das wir sollen fasten, damit der leib deste geschickter und geprewchlicher sei, dem geiste zcudienen. gebürlich, Adj. geburlich /14/, FWB, VI, 1, 326ff., ‚angemessen‘ TRAKT.LIPS, pag. 42: der iungfrawen klostere seind auch der kirchen christi nucz, den an den ortern mogen neben geburlichen gots dinste vil kindere wol und christlicher weise erzcogen werden, wie dan an vil ortern geschihet.
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B4 Alphabetisches Glossar
gedächtnis, das / die gedechtnus, n. /13/ – f. /1/ – n. / f. /4/, FWB, VI, 1, 340ff., ‚Andenken, Erinnerung‘ DIAL.1, fol. 41v: diesen groben irsal erwecken iczo ewre Lutherischen an viel ortern widerumb und wollen nit dulden, das man zcu christlicher gedechtnus auch der heiligen aposteln fest halte. DIAL.1, fol. 142v: dan das brot hat er genommen, gedancksaget, gebrochen und inen gegeben mit diesen worten, das ist mein leib, welcher vor euch gegeben wirdet. das thuet zcu meinem gedechtnus.
geduld /1/, die gdult /1/, gedult /8/, FWB, VI, 1, 390ff., ‚Leidensfähigkeit, Verständnis‘ DIAL.1, fol. 16r: hore mit geduld, da einer in stehender ehe mit szeinem ersten weibe eine andere zcur ehe nimmet, der ubet einen ehebruch. BRIEF P: dan wiewol ich hefftig angehalten, das ich zcur possession meines Stiefts one lengern auffzcug kommen mochte, habe ichs doch nit erhalten mogen, und mus mit viel andern, welche in iren wichtigsten geschefften dergleichen auch auffgezcogen werden, gdult tragen bis sich die lewffte etwas miltern.
gedeihen /1/, V. st. gedeien /4/, FWB, VI, 1, 351ff., ‚wachsen, etw. entwickelt sich gut‘ DIAL.1, fol. 124r: item mein wort gehen wirdet aus meinem munde, sal es nit ler wider kommen, sonder es wirdet wircken, was ich wolte haben, wirdet auch gedeihen in denen. PRED, pag. 92: als die gar math und zcum hefftigsten geschwecht, des trancks bdorffte, so wolte man doch ime nichts guts zcu tranck gedeien lassen.
geduldiglich /1/, Adv. FWB, VI, 1, 395, ‚demütig, nachsichtig‘ PRED, pag. 42: Nachdem nun christus, wie in der ersten predigt angezceigt worden, sein creucz auff sich genommen und an den ort, da er solt umbracht werden, geduldiglich truge, da worden auch (als lucas schreibt) zcwene andere ubelthetere hingefurt.
gedenken, V. unr. gedencken /31/, FWB, VI, 1, 357ff. 1. ‚bedenken, berücksichtigen‘ /27/ DIAL.1, fol. 34r: so gedencke doch, mit was fuge solche gar ader ie zcum teil ausgemustert mogen werden. DIAL.1, fol. 38v: Gedencke aber, lieber Nikel, ob es nit billicher were, das ir ewrer vorwilligung nach mit uns die siben sacrament heltet. 2. ‚beabsichtigen‘ /4/ BRIEF H: so habet ir auch darneben eine abschrifft meiner Replica, die ich zcu gelegner zceit auch gedencke, in druck zcu geben.
gefällig, Adj. gefellig /3/, FWB, VI, 1, 413f., ‚passend, angenehm‘ BRIEF E: ab es aber E. Erw. nit gelegen, auszcureisen, ader was euch sonsten gefellig, solchs wolt mir mit gegenwertigen zcuersehen geben, auff das ich mich dornach zu richten habe. gefar, die far /2/, faer /6/, fare /3/, FWB, VI, 1, 425ff., ‚Bedrohung, Gefährdung‘ DIAL.1, fol. 167r: darumb kan keiner one faer szeines ewigen heils mit inen communiren. TRAKT.AM, pag. 10: aber dohin ist es kummen, das man numals aus der not
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ein tugent mus machen, damit unsere kirchen nit in grossere fare geseczt werden. TRAKT.AM, pag. 21: aber weil man gleichwol in unserm falle, ob gleich allerlei faer vorstehen, zceit und weile hat, bebstliche heilikeit anzculangen, wil beqwemer und thulicher sein, die dispensation doselbst zcusuchen. TRAKT.AM, pag. 21: demnach wil keinem Bischoffe geburen, solche dispensation zcuthun, es erfordert dan solchs ein schnelle und unuorsehende far, der man ane auffzcug mus begegenen. gefäss, das gefes /1/, gefesse /2/, FWB, VI, 1, 443f., ‚Behältnis‘ DIAL.1, fol. 34rf.: und weil die als instrument und gefes, dadurch die manchfeldige gnade gots uns nit solcher gnade unphehig mache, der die sacrament, dadurch er die emphahen sal, ausschlahet und vor nichts heldet. PRED, pag. 90: da stund ein gefesse vol essigs. gegen /49/, Präp. mit Dat. gegn /15/, kein /1/, FWB, VI, 1, 489ff., ‚gegenüber, in Richtung auf‘ DIAL.1, fol. 137v: aber gegen dem priester musszen wir anders handeln. BRIEF H: nun muste ich vorsorge tragen, so ich kein Nuremburg qweme, ich wurde mich nit wol bei irer mt los kommen machen. gegenfal /4/, der FWB, VI, 1, 502, ‚entgegengesetzter Fall, Gegenteil‘ DIAL.1, fol. 46vf.: aber der gegenfal leit wol am tage, nemlich das ir ummer abnemet und geringert wirdet, dan wie viel hat euch Osiander in prewssen abgezcogen?
219 PRED, pag. 74: und werden uns alhie beide wege gezceigt, nemlich der, welcher uns von christo abfuret zcur ewigen vordamnus und zcum gegenfal der, welcher uns zcu christo furet und des ewigen lebens durch in teilhafftig macht. gegenspiel, das gegenspil /8/, FWB, VI, 2, 513, ‚Gegenteil‘ DIAL.2, pag. 42: wie dan, wan ich das gegenspil darthete und anzceigte, das luther die laer von den altglewbigen und iren heiligen und bewerten doctoren emphangen und szie nit von ime? gegenwärtig, Adj. gegenwertig /10/, FWB, VI, 2, 518ff. 1. ‚die Gegenwart betreffend‘ /6/ DIAL.1, fol. 231r: auff das ich nun zcum beschlus greiffe, weil ich die punct fast alle, die bei gegenwertigen spaltungen in zcweiffel gezcogen werden, etwas kurcz und doch mit gutem grunde ausgefurt. 2. ‚anwesend, vorhanden‘ /4/ PRED, pag. 35: Dor petrus den hern, wie die historia des leidens christi vormag, erstlich vorlewcknet hat und zcur thor hinaussen gegangen war, sage in eine andere magd und sprach zcu denen, welche gegenwertig waren: und der war mit Iesus von Nazareth. gegenwärtiglich, Adj. gegenwertiglich /1/, FWB, VI, 2, 523, ‚anwesend, vorhanden‘ DIAL.1, fol. 147r: Es hat wol eine meinung mit diesem deinem bericht. wir gestehen auch, das der leib christi gegenwertiglich under dem brote szei, und neben dem brot emphangen werde.
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geheim /1/, Adj. FWB, VI, 2, 557f., ‚eng vertraut, verborgen‘ BRIEF F: aber iczo weis ich euch gleichwol in geheim und vortrawter meinunge nit zeuorhalten, das ich das decretum electionis nit mit mir hierausser gebracht.
der regel des gotlichen geseczes betrachte. 4. ‚geschehen, Zustand‘ /2/ PRED, pag. 20: also gehet es allen, die sich in sich selbst auffblehen. 5. ‚sich verbreiten, umgehen‘ /1/ DIAL.1, fol. 47r: so gehet die sage, Bremen sei auch von euch abfallen.
geheimnis, das geheimnus /11/, FWB, VI, 2, 559f., ‚Mysterium, das Unerklärbare‘ PRED, pag. 67: und weil sie das geheimnus unserer erlosung, welche christus am creucze erworben, nicht erkanten, machten sie daraus einen spot und vorhonten in und schrihen, wie obstehet, er solte im selber helffen, so er christus und so er ein konig der Iuden sei.
gehören, V. sw. gehoren /21/, FWB, VI, 2, 594ff., ‚Teil eines Ganzen sein‘ PRED, pag. 25: Nachdem aber der oberste prister fragte, ob er wer christus, der son gots, und aber doraus dero eines ersehen wolte, das er enczwar muste die warheit, so zcu auffrichtung, bekrefftigung und ausbreitung des reichs gots gehorete, vorschweigen, welchs ime nit geburn wolte. TRAKT.LIPS, pag. 13: das sie dennoch got nit misfellig seind, aber zcum stande der ewigen selikeit gehorte ein andere und hohere freiheit unsers willens und vormogen, also das durch den geist gots unsere natur ernewert und gebessert werde und krafft erreiche.
gehen, V. unr. in präfigierten Verben: ginge /4/ – ging /4/ (3. Sg. Ind. / Konj. Prät.), Imp. Sg. gehe /5/, FWB, VI, 2, 567ff. 1. ‚sich fortbewegen, sich auf etw. hinbewegen‘ /17/ PRED, pag. 4: Dar nun Jesus wuste alles, was ime begegnen solte, ging er hinaus und sprach zcu in: wen suchet ir? PRED, pag. 9f.: dan der herre, wie er erkentte, das judas der vorrether mit der rotte und der priestere und phariseer dienern sich neherte, flewhet er nit, vorbarg sich auch nicht, sondern ginge inen entgegen. 2. ‚lauten, von bestimmter Art sein‘ /13/ DIAL.1, fol. 44r: daher gehen die schonen vorheischung der schrifft. 3. phras. in sich gehen /5/ DIAL.1, fol. 92rf.: sal (...) vor allen dingen vonnoten szein, das er in sich gehe, szeine sunde und missethat nach
gehorsamen /3/, V. sw. FWB, VI, 605f., ‚Folge leisten‘ DIAL.1, fol. 98r: derhalb sal er dem willen und gebotten gots vleissig gehorsamen, das arge meiden und das gute thun. gehorsamlich /2/, Adv. FWB, VI, 2, 603f., ‚gefügig, folgsam‘ PRED, pag. 14f.: und damit er seinen jungern und meniglich zcuerkennen gabe, das er nit alleine nit geneigt were, gewalt mit gewalt abzcutreiben, sondern viel mehe geneigt were, dem willen gots gehorsamlich nach zcukommen und dem creucze sich williglich zcu underwerffen.
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geist, der geist /10/ – geiste /11/ (Dat. Sg.), FWB, VI, 2, 641ff. 1. ‚Heiliger Geist, Gottes Geist‘ /122/ DIAL.1, fol. 15v: seind gute werck irer art nach todsunde, so folget unwidersprechlich, das sie bos seind, ungeachtet ob sie gleich der geist gots in der schrifft mehe dan an einem orte gut nennet 2. ‚Seele / Wesen(s)zug eines Menschen‘ /34/ PRED, pag. 102: und fehet sich alhie an die beruffung der heiden und die vorwerffung der Iuden, wie solche lange zcuorn die heiligen propheten im geiste gesehen und geweissagt haben. PRED.ANL, pag. 220: so erheischet auch die notdorfft, nachdem das fleisch in uns dem geiste widerstrebet unser leben lang, solchen des fleischs mutwillen mit casteiung und arbeit des corpers zcudempffenn. 3. ‚Fähigkeit, Eigenschaft, Gabe‘ /8/ TRAKT.LIPS, pag. 7: sonsten und ane das were im der geist der kuntschafft und heiligung vorgeblich geben. er werde auch von christo billich abgesondert und nach dem euangelischen gleichnus als ein unfruchtbar zcweig ins fewer geworffen. 4. ‚Verstorbene in Gottes Ewigkeit‘ /4/ DIAL.1, fol. 200v: findet man, die so gar wol und christlich gelebet haben, das ire geistere im himmel, da szie mit christo ewiglich leben, bald aufgefaren szeind. geistig /1/, Adj. FWB, VI, 2, 652, ‚zum Geist gehörig / religiös / metaphysisch‘ TRAKT.LIPS, pag. 11f.: gleichwol weil der naturlich mensche dero geistigen dinge, so an im selber, unuorstendig ist, auch der liebe gots mangelt, on welche
221 das gotliche gesecze nit mag noch kan recht gehalten werden, und dargegen zcum argen dermassen geneigt ist, das er das ihenige, so vor got gilt, nit thut. geistlich /41/, Adj. FWB, VI, 2, 652ff., ‚den kirchlichen Bereich betreffend‘ PRED.ANL, pag. 228: das sacrament des ordens ist zcur besaczung der prister und geistlichen empter in der kirchen vonnoten, dan ane die mag der mensch die geistlichen empetere in der kirchen nicht fruchtbarlich ausrichten. geiz, der geicz /1/, geicz /2/ – geicze /2/ (Dat. Sg.), FWB, VI, 2, 665f., ‚Habgier, Begehrlichkeit‘ DIAL.1, fol. 22r: Nun last uns weiter schreitten und sehen, wie ir dem geicz uberhelfft, dan erstlich last ir zcu, das man mag von hunderten funffe nemen, welchs ewer Luther nachgegeben hat. PRED, pag. 138: und wirdet dadurch allen geistlichen und dienern der kirche zcuuorstehen geben, das sie ires ampts in der kirche zcum geicze nicht misbrawchen. geizen, V. sw. geiczen /1/, nur als Konversion: geiczen, das, FWB, VI, 2, 666, ‚habsüchtig wirtschaften‘ DIAL.1, fol. 28rf.: hawptlastere, so ich erzcelet, menschlicher vorterbter natur am meisten an mutig szein, nemlich die ehebrecherische unzcucht, das eigennuczige geiczen, das schwelgen und sawffen item das widerseczig weszen der underthanen gegen iren obirkeiten.
222 geizig, Adj. geiczig /2/, FWB, VI, 2, 667, ‚habsüchtig, gierig‘ DIAL.1, fol. 24v: wir haben geiczige under uns und leider mehe, dan es gut ist, aber wir pflegen ire bose hendel nit zcuuormenteln, wie ir nach ewrer lutherischen laer thuet, sondern das arge lassen wir arg bleiben. geld /2/, das gelt /3/, FWB, VI, 2, 702ff., ‚Zahlungsmittel‘ DIAL.1, fol. 23r: Ich mach keinen underschid under dem interesse und achte, das einer wol so vil mag von szeinem weg geligen gelde nemen, als ime solch gelt sonsten in handeln tragen mag. PRED, pag. 12: deste heslicher und grawsamer ist dis Laster gewesen, dazcu sich (...) der vorrether durch gir ein gering gelt wider den allerunschuldigsten man, ja wider den heiland der welt hat bewegen lassen. gelegenheit /9/, die FWB, VI, 2, 724ff., ‚Anlass, Chance‘ DIAL.1, fol. 126r: und das got in sacramenten zcu unszerm heil wircket, wie iczt angezceigt, geschihet nit darumb, als konne er one und sonder diese sichtbaren dinge und zceichen szeine gnade nit mitteilen, sondern zcu unszerer gelegenheit, weil wir nach im fleische und mit allerlei schwacheit beladen szeind. PRED, pag. 17: Aus diesem vorbilde haben wir auch weiter zcuuornemen, das wir nit alleine unsere widerwertikeiten mit gedult uberwinden, sondern auch unsern widersachern guts thun sollen, so offte es die gelegenheit gibet.
B4 Alphabetisches Glossar
gelten /8/, V. st. FWB, VI, 2, 776ff., ‚verbindlich sein‘ DIAL.1, fol. 23rf.: Nein, lieber Nikl, es sal under den Christen anders gehalten werden, die mehe bei inen gelten sollen lassen die bruderliche liebe dan iren eigennucz. TRAKT.LIPS, pag. 12: ist einem idem menschen zcu seiner seelen heil vonnoten, das er durch den geist gots erlewchtet werde und erkenne, was vor got gelte, auch die liebe gots bekumme daraus. gemein /3/, die FWB, VI, 2, 823ff., ‚religiöse Gemeinschaft, Versammlung‘ DIAL.1, fol. 12r: so stelle ich die confession an sein ort, und sage von ewrer gemein, das viel ansehenlicher stuck szeind, die mich von derselbtigen abhalten. DIAL.1, fol. 43rf.: wan wir von der kirche reden, handeln wir nit von dem heidnischem ader iudischem hawffen, sondern von der christlichen gemein und vorsamlung, welche irer eigenschafft nach algemein szein mus. gemein /68/, Adj. FWB, VI, 2, 828ff., ‚allen nützlich, einfach, gewöhnlich‘ DIAL.1, fol. 12r: ir gebet vor, das gute werck zcur selikeit schedlich sein, ja, das gute werck irer art nach gemein todsunde seind. BRIEF I: ich habe alhie umb einen gemeinen schirm vor euch aller angesucht, aber nachdem der keiser nit im reich, mag man den nit erhalten, zcu deme das er auch nit fruchtbar sein wolte. BRIEF Q: so vorhoffen wir, das angesaczte gemeine Concilium worde seinen vortgang auch erlangen.
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gemeinde /2/, die FWB, VI, 2, 838ff., ‚(religiöse) Gemeinschaft von Menschen‘ PRED, pag. 56: so bedewtet uns auch sein ungenaheter und unzcetrenlicher rock (...) die unzcetrenliche gemeinde, welche durch das bandt der liebe und fridens zcu ider zceit zcusammen gehalten werden sal. gemeinlich /1/, Adj. FWB, VI, 2, 849ff., ‚insgesamt, allgemein verbreitet‘ DIAL.1, fol. 190r: derhalb ob wol die traditiones veritatis und dogmata gemeinlich iren grundt in der schrifft haben, gleichwol da ein christ solchen grundt nit begreifft, ist ime doch genug, das er sich an ungeschribene tradition halte. gemeinschaft, die gemeinschafft /11/, FWB, VI, 2, 856ff., ‚Versammlung, Gemeinde, Gesamtheit‘ DIAL.1, fol. 191v: ich glewbe eine heilige algemeine kirche, gemeinschafft der heiligen. TRAKT.LIPS, pag. 42f.: aber nichts deste weniger mogen wir bei den gestorbenen heiligen, als die mit uns in einer gemeinschafft seind, wol suchen, das sie gotte vor uns anruffen, nachdem wir solchs von den lebendigen heiligen und mitglidern sonsten zcethun guten fug haben, damit das begert werde, welchs uns allen aus irer gemeinschafft zcu gute kan gereichen. gemüt, das gemut /2/, gemute /7/, gemut /2/ – gemute /21/ (Dat. Sg.), gemutere (Pl.) /6/, FWB, VI, 2, 880ff., ‚Stimmung, Befinden, Gesinnung‘ DIAL.1, fol. 216vf.: die eleuation hat
223 auch eine seher alte ankunfft und ist an ir selbst catholisch und dienet auch zcu christlicher erinnerung dero ding, welche dazcumal gehalten und gehalten szollen werden, auff das wir unszere gemutere uber uns mogen heben und das lebendige gedechtnus des tods christi mit dem prister halten. DIAL.1, fol. 234r: ich bin der meinung auch und finde aus deinem bericht, das die unszern aus auffgeblasenem gemute viel zcu weit gehen und die kirche, welche szie reformiren solten gancz und gar deformiren. BRIEF T: und nachdem ich aus Ewrm und hern Christoffen von Stonzsch schreiben vornommen, das her Rheinhardt Weidman in got vorschiden, welchs ich mit betrubtem gemut angehort: der Almechtige wolle seiner seelen gnedig sein! habe ich Doctor Petrum von Newenmarck mit seiner regal vicarien providiert. geniessen, V. st. genissen /36/, genewst /2/ (3. Sg. Ind. Präs.), FWB, VI, 2, 914ff., ‚verzehren / essen (oft Bezug auf Eucharistie)‘ DIAL.1, fol. 36rf.: das ir aber zcur newikeit noch weiter sagen, das der ware leib und das ware blut christi nit da szei, ob gleich die wort christi darob gesprochen werden, man genisse es dan wirglich. DIAL.1, fol. 36vf.: solchs bestehet auch nit und ist eine vordeckte sacramentirerei, dan das sacrament wirdet alsdan gemacht, wan die wort christi darzcu kommen und mus ehe ein sacrament szein, dan mans genewst. geniessung, die genissung /8/, FWB, VI, 2, 917, ‚Teilnahme am Abendmahl, Verzehren‘ TRAKT.AM, pag. 1f.: und nachdem do
224 desgleichen auch an andern ortern der schrifft zcwischen der cleristen und den leihen der genissung halber kein underschid gemacht wirt, ist leicht abzcunemen, das ime durch das gotliche recht gleich so wenig das sacrament under beider gestalt vorboten wirt als dem geistlichen. genugsam /7/, Adj. FWB, VI, 2, 941f., ‚ausreichend, genügend‘ DIAL.1, fol. 97v: und nachdem ich mich vorsehe, die dinge szeind numer genugsam erkleret, also das ir denen wol selber werdet wisszen nachzcudencken, so wil ichs hirbei beruhen lassen. genugtuung, die genugthuung /18/, FWB, VI, 2, 944f., ‚Buße, Wiedergutmachung‘ DIAL.1, fol. 116rf.: due kommest alhie auff die satisfaction und genugthuung, der wir nit gesehen, weil wir keine andere, dan die genugthuung christi erkennen konnen, auch bei uns nit ermessen. wie ewre genugthuung one abbruch der genugthuung christi erhalten werden moge. PRED, pag. 124: wie dan der liebe gots son sich darein williglich gesaczt vor uns schmerzlichen geliden, sein heiligs tewers blut vorgossen und den allerschmehelischsten tod erliden und in dieser aller volkomlichsten und uberflussigen genugthung vor unsere sunde uns die aller trostlichste gerechtikeit auffgericht. gerechtigkeit, die gerechtikeit /187/, FWB, VI, 3, 999ff., ‚in einem Rechtssystem / in Gott abstrakte Qualität‘ DIAL.1, fol. 69r: und nachdem got in das hercz des menschens sihet, lest er
B4 Alphabetisches Glossar
ime die eusserliche gerechtikeit des geseczes, darzcu die innerliche neigung des herzcens nit kommet, keins wegs gefallen, sondern eine solche eusserliche gerechtikeit ist vor dem angesicht gots wie ein unreines tuch einer frauen, so ire krancheit hat, wie esaias schreibet. BRIEF A: und wiewol ich in keinen zcweiffel stelle, Ewre Erwirden sampt andern meinen herren werden sich in dem falle der gebur wissen zcuhalten und darob sein, damit der kirchen zcu Numburg gerechtikeit und freiheit in deme nit begeben werde, so kan ich dennoch meinen pflichten nach und aus guter getrawer meinung E. Erwirden nit vorhalten, das die Ro. Keiserliche Mt zcu speier ankumen. gereichen /8/, V. sw. FWB, VI, 3, 1019f., ‚dienen, nützen‘ TRAKT.LIPS, pag. 40: und ob herneben misbrewche eingefallen (wie leider al zcu seher vor awgen leit), sal man den auffheben und den gesunden und guten gebrawch absondern, und das in alle wege fordern, welchs in diesem falle zcur besserung und guten christlichen einikeit gereichen mag. gericht /22/, das FWB, VI, 3, 1053ff., ‚jüngstes Gericht; Gericht vor Gott am Ende der Welt‘ DIAL.1, fol. 107v: und welcher alhie ime selbst die schande, got aber die ehre gibet, der entgehet dem scharffen gericht gots, welchs one barmherczikeit gehalten wirdet. DIAL.1, fol. 110v: alleine habe ich ob dem bedencken, das due seczest, als belone got unsere gute werck mit dem ewigem leben, es moge ein christ, wie du in beschreibest, mit szeiner eingegossenen gerechtikeit vor dem gerichte
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gots bestehen, welchs die unsern hefftig widerfechten. gerichtstul, der gerichtstuel /3/, FWB, VI, 3, 1115, ‚Gericht‘, nur in: Gerichtstuhl Christi ‚jüngstes Gericht‘ DIAL.2, pag. 9ar: ob gleich die ernewerung einen christen menschen vonnoten, mogest due doch mit der vor dem gerichtstuel christi nit bestehen, angesehen das die mangelhafftig, ia auch, das der, welcher die eingegosszene heilikeit hat, one sunde nit lebet. DIAL.2, pag. 67: das wir alsdan vor dem gericht stuel christi emphahen werden, nachdem wie ein ider gelebet hat, guts ader boses und wirdet ein ider zcu der zceit belonet werden nach szeiner arbeit. gering /27/, Adj. gring /1/, FWB, VI, 3, 1124ff., ‚klein, wenig, unbedeutend‘ BRIEF L: Ich weis euch auch nit zcuuorhalten, das ich auff das Concilium erfordert bin. wolt got, die Religion mochte des orts zcu guten, fridsamen und christlichen stande gebracht werden. sonsten (wie ich sorge) werden wir Deuczschen nit gringen nachteil und verterben erleiden got wolte es aus gnaden wenden. geschäft, das geschefft /1/, gschefft /1/, FWB, VI, 3, 1226ff., ‚Handlung, Verrichtung‘ BRIEF C: und alhie mus man sich wol vorsehen, das wir uns nit irgent vorlewffen, den welcher massen man auff unsere wort achtung gibet und die dewtet, geben die gegenwertigen gscheffte und hendel allenthalb zcuerkennen. BRIEF P: dan wiewol ich hefftig angehalten, das ich zcur possession meines
225 Stiefts one lengern auffzcug kommen mochte, habe ichs doch nit erhalten mogen, und mus mit viel andern, welche in iren wichtigsten geschefften dergleichen auch auffgezcogen werden, gdult tragen bis sich die lewffte etwas miltern. geschehen /72/, V. st. geschehe /5/ – geschege /2/ (3. Sg. Konj. Präs.), geschach /8/ (3. Sg. Ind. Prät.), FWB, VI, 3, 1247ff., ‚sich ereignen, begeben‘ DIAL.1, fol. 208v: ja so balt, als due solchs ubertrittest, es geschehe aus schwacheit ader vorsehen, so sondigest due todlich und fellest aus der gnade gots. PRED, pag. 87: und die unuornunfftigen creaturen gaben im zcewgnus der warheit, nemlich die creaturen deme hern, durch welchene sie geschaffen, dan die sunde vorlewret alhie ir schein am hellen tage wunderbarlicher weise und vorbirget sich, als konne sie das grosse unrecht und vorgewaltigung, so an christo geschege, nicht sehen. PRED, pag. 97: Was geschach aber nun weiter? und die Erde erbebete und die fels zcurissen. geschenk, das geschencke /5/, ‚Gabe‘, FWB, VI, 3, 1264ff. TRAKT.LIPS, pag. 29: was das sacrament under beiderlei gestalt berurt, were ratsam, das solchs durch die ordentliche obirkeit nachgelassen werde, doch dergestalt, das man daraus auch kein gesecze machte, sondern einem iden lis freihe stehen, wie ers emphahen wolte, dan ob gleich die einsaczung christi beide gestalt mitbringet, stellet sie doch dis fals kein gebot also, das mans in beider gestalt zcuemphahen
226 schuldig, wie dan aus der eigenschafft des sacraments, welchs ein tewrer geschencke und gabe ist, vormarcket wirt. geschicht /8/, das geschicht /2/ – geschichten /4/ (Pl.), FWB, VI, 3, 1270ff., ‚Ereignis‘ PRED, pag. 9: wie sich aber die dinge allenthalb begeben, wirdet nachfolgend geschicht der historien christi underschidlich anzceigen. PRED, pag. 44: und haben aus diesem geschicht zcuuornemen, welcher gestalt christus, unser herre, fast an allen seinen gliedern geliden, auff das er uns an allen unseren glidmassen gesundt machte. DIAL.1, fol. 133r: da emphingen szie den heiligen geist, wie lucas in geschichten der aposteln zcewget. geschlecht /2/, das geschlecht /2/ – geschlechte /4/ (Dat. Sg.), FWB, VI, 3, 1309ff., ‚Gesamtheit aller Menschen; Gruppe vieler Menschen‘ PRED, pag. 15: dadurch hette er alle menschliche gewalt zcu boden schlagen konnen, aber christus ist geneigter gewesen, zculeiden und dadurch das menschliche geschlecht zcuerlosen, dan mit einicher gewalt sich der juden grawsamen tyrannei zcuerweren. PRED, pag. 48: so name er doch alles aus der liebe, welche er zcu dem vorlorenen menschlichen geschlechte truge, williglich auff sich. PRED, pag. 108: so hat doch got solchs auch, wue das gancze werck der grawsamen Marter christi uns zcum besten und heil geschehen, dahin gewanth, das es dem ganczen menschlichen geschlecht heilwertige fruchte bringen moge.
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geschöpf, das geschepff /2/, FWB, VI, 3, 1339ff., ‚Lebewesen‘ DIAL.1, fol. 70rf.: erbarmet sich szeiner got, der vater aller barmherczikeit, und wolte in als szein geschepffe bis ans Ende nit vorterben lassen, sondern schickte seinen eingebornen son vom himmel heraber und lis in mensch werden. PRED, pag. 118: und hat eben diese gestalt, weil got ein vater aller Barmherczikeit und des trosts ist, hat er sich unserer als seines geschepffs erbarmet und uns nicht ewig wollen in dem wust unserer sunde und armselikeit vorterben lassen. geschweigen /5/, V. st. FWB, VI, 3, 1390ff., ‚wissentlich übergehen‘ DIAL.1, fol. 40rf.: aus deme folget nun weiter, das szie aus gleicher leichtfertigkeit von einander lawffen, als szie zcusammen kommen. ich geschweige anderer unehere und unzcucht, welche wol vorbliben, wue man die jungfrawschafft bei iren wirden bleiben lassze. geschwinde /12/ Adj. gschwind /1/, FWB, VI, 3, 1403ff., ‚rasch, einfallsreich‘ DIAL.1, fol. 51r: Due bist eben geschwinde und wilst dir unszere religion gar nit gefallen lassen, weil due aber zu uns nicht wilst, wue wilst du dich aber sonsten hinwenden? BRIEF I: Er wirdet sich gegen mir gschwinde auffblasen und (wie ich vorneme) ein druck lassen ausgehen. das werde ich mussen geschehen lassen. gesez, das gesecze /42/, gesecz /8/ (Nom. / Akk. Sg.), gesecz /2/ – gesecze /37/ (Dat.
G
Sg.), FWB, VI, 3, 1485ff., ‚Ordnung, Statut, Regel‘ DIAL.1, fol. 124v: solch wort wirdet nun ins gesecz und euangelium geteilet. das gesecze gebewtet, was wir thun ader lassen sollen, erinnert uns unszerer sonde und furet uns zcur busse. DIAL.1, fol. 171vf.: und wiewol der ehestand von got zcu der volkomlichsten geselschafft des lebens eingesaczt worden, ist der doch in der vorterbten menschlichen natur wie andere ding mehe vor und under dem gesecze in unordenung gerathen und von der richtikeit szeiner ersten einsaczung abgewichen. PRED, pag. 70f.: geschriben stunde es im gesecze, vormaledeiet sei der, welcher hengt am holcze. gespöt, das gespott /1/, FWB, VI, 4, 1567ff., ‚Hohn, Verlachen, Spott‘ PRED, pag. 18: und ob er wol (wie er selber anzceiget) teglich bei inen im tempel gewest, also das sie in mit wenigeren gespotte hetten greiffen mogen, haben sie doch iren thetlichen und unrechten gewalt bis dohin gesparet, und ime zcu sonderlicherm hone und spot (...) ire hende angeleget. gespräch, das gesprech /2/, gespreche /2/ (Nom. / Akk. Sg.), FWB, VI, 4, 1569ff., ‚Unterredung, Unterhaltung‘ DIAL.1, fol. 5v: so balt aber, als wir wider zcusammen kommen, wollen wir unszer angefangen gespreche continuiren. DIAL.1, fol. 57r: weil es nicht wil werden, und es die zceit nit leidet, das wir lenger bei einander bleiben, so las uns disz unser gesprech iczo einstellen und morgen fruhe umb sechs hora wider
227 zcusammen kommen und diesze unszere gesprechs handelung continuiren. gesuch /2/, der FWB, VI, 4, 1674ff., ‚auf eigenen Vorteil orientiertes Handeln‘ DIAL.1, fol. 22r: aber christus hat den bucher stracks vorbotten, also das man auch nit umb den geringsten gesuch weg leihen sal, mutuum date nihil inde sperantes, spricht er. DIAL.1, fol. 23v: sal man vormoge ob alle guter euangelischer laer weg leihen umb sonst und one einichen gesuch, alleine dem, welchem man leihet, zcu gute, frommen und forderung. gesund, Adj. gesundt /10/, gesunt /2/, gsunth /1/, FWB, VI, 4, 1686ff., ‚körperlich sowie geistig heil‘ /13/ DIAL.1, fol. 73r: auff das wir ime herczen from und heilig szein mogen, dan christus, wie der heilige petrus schreibet, hat nicht alleine unszere sunde auff seinem leibe getragen, das er vor die genug thete, sondern auch das wir dero sunde hinforder entladen szein und der gerechtikeit numer leben mochten, weil wir durch seine strimen gesundt gemacht. DIAL.1, fol. 184r: so musten die heiligen sacrament als die eusserlichen mittel der gnade gots zcu nichts dienen, weil got auch wol one einich eusserlich mittel die krancken gesunt machen kan. PRED, pag. 85: das due dich von deinen sunden abwaschest, die got erzcornen und dich mit trostlichen glawben und zcuuorsicht zcu christo kerest und aus seinen wunden sawgest, vorgebung deiner sunde was dir zcur vorsunung mit gotte vonnoten und dich gesunth und gerecht machen kan.
228 gewalt, der / die m. /12/, f. /8/, m. / f. /28/, FWB, VI, 4, 1784ff. 1. ‚Herrschaft, Legitimation‘ /30/ DIAL.1, fol. 22r: wer hat nun Luther den gewalt gegeben, das er das gesecze gots mochte auffheben und deme zcuentgegen ordenen? DIAL.1, fol. 171r: und nachdem die priester in der gewalt des bischoffs szein sollen und nit hinwider die bischoffe in der pristere gewalt, wie der heilige ignatius meldet, so fuget sich nach rechter ordenung, das der, welcher geringer ist, von szeinem obern geordiniret werde. 2. ‚Äußerung von Kraft / Macht‘ /18/ DIAL.1, fol. 26v: ware es bei euch gar eine grosse sunde, da sich einer wider seine oberkeit auch der religion halben mit gewalt seczte, wie es dan an ime selber ist nach inhalt apostolischer schrifft. gewaltig, Adj. FWB, VI, 4, 1808ff. 1. ‚groß, in starkem Ausmaß‘ /3/ PRED, pag. 95: und nachdem wir aus den worten der passions unsers hernn Iesu christi vornemen, welcher gestalt das christus mit erhobener und gewaltiger stimme seinen geist auffgeben, bfindet sich, das er williglich gestorben. 2. ‚gewalttätig‘ /1/ BRIEF F: Mein ganczwilligen dinst zcuuoran, Erwirdiger und Ernvhester freuntlicher lieber herre und ohem. des Churfursten gewaltigen und unrechten eingriff mit eindringung seines vormeinten Bischoffs habe ich mich lengest befaret.
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gewaltsam /1/, Adj. FWB, VI, 4, 1823f., ‚gewalttätig‘ BRIEF N: und ist doch meines ermessens an der substancz nichts vorgessen, dan die Petition ist dohin gericht, das Keiser. Mt mit dem Churfursten in ansehung seiner ungerechten thetlichen und gewaltsamen handelunge und das ich mich bei ime nichts anders dan vorfolgung zcuuorsehen, schaffen wolte. gewarten /11/, V. sw. FWB, VI, 4, 1867ff., ‚auf etw. / jn. warten, erwarten‘ DIAL.2, pag. 77: und da wir die guten werck underlassen, haben wir uns als ungehorsam der straffe gots zcubfaren, aber da wir die thun, haben wir keinen lon zcugewarten. gewenen, V. sw. gewänen /6/, FWB, VI, 4, 1895, ‚nennen, anführen, erwähnen‘ DIAL.1, fol. 4r: Lieber Nickel, ich weis, das ir Wittenberger sehr zcornet, wan man dieser spaltung gewenet. BRIEF F: doch hilte ich davor, wan sich der Senior gegn Wirzburg begebe, er werde des orts statliche und ehrliche underhaltung finden, den d[er] Bischoff doselbst, do ich jungst bei ime war, gewenete seiner mit allen gnaden. gewilliglich /1/, Adv. FWB, VI, 4, 1957, ‚freiwillig, ohne Widerstand zu leisten‘ PRED, pag. 10: daraus zcuuornemen, das er nit aus unuormoglikeit, nit aus gezcwang, sondern gewilliglich sich hatt fahen lassen und sich vor uns in die schmerczlichste marter und den todt begeben.
G
gewislich /4/, Adv. FWB, VI, 4, 1991ff., ‚sicherlich, mit Sicherheit‘ DIAL.1, fol. 170av: Niklas: so hore ich wol, unszerer superintendenten weihe tawge bei euch nichts. Ditterich: gewislich tawge sie nichts. PRED, pag. 62f.: er hette ime gewislich wol und leicht helffen konnen, wen ers hette thun wollen und die liebe gegen dem menschlichen geschlechte nicht zcum leiden geursacht hette. gezeugnis, das gez(c)ewgnus /19/, gezceugnus /1/, ‚Zeugnis, Bericht, Beleg‘ DIAL.1, fol. 53r: und hat ewr hewpt prophet luther selber in dem falle der warheit mussen ein herlich gezcewgnus geben. BRIEF I: sie horten, das ich iren gsten h mit ungesparter warheit anzceige etc. solchs haben vil lewte vor Cayphais prophetei geachtet, in ansehung das er mir wider seinen willen der warheit gezewgnus hat geben. glaube, der glawbe /38/, glawben /1/ (Nom. Sg.), glawben(s) /156/ (Gen. / Dat. / Akk. Sg.), ‚nicht beweisfähige Gewissheit, Überzeugung‘ DIAL.1, fol. 97r: wue man aber des glawbens mangelt, da mangelt man auch der notwendigen gnaden christi zcum heil. DIAL.1, fol. 125r: dan der apostel schreibet, das es eine krafft gots szei zcum heil aller glewbigen und wie das gesecze zcur busse furet, so erwecket das euangelium den glauben in got, dan der glawbe ist durchs gehor, saget paulus, das gehor aber durchs gots wort.
229 TRAKT.LIPS, pag. 4: und wirdet im dieser sein glawbe in got zcur gerechtikeit zcugemessen. glauben, V. sw. glewben /99/, glawben /6/ 1. ‚für wahr halten, religiöse Überzeugung haben‘ DIAL.1, fol. 110r: glewbest due, das due durch keinen andern weg dan durch den tod christi selig werden mogest? antwort der krancke, ich glawbs. TRAKT.LIPS, pag. 42: wir sollen auch in keinen heiligen glewben, in ansehung das beides gotte allein geschehen sal. aber nichts deste weniger mogen wir bei den gestorbenen heiligen, als die mit uns in einer gemeinschafft seind, wol suchen, das sie gotte vor uns anruffen. 2. substantiviertes Part. Präs.: Glaubender, glewbend /2/ (Nom. Sg.), ‚religiöser Mensch‘ TRAKT.LIPS, pag. 5: dan wihe solcher glawbet mit rechtem vortrawen, werde er got on zcweiffel lieben, in massen ein vortrawend kindt seinen lieben vater, von deme es alles guts gewartet, zculieben pfleget, aus welcher liebe dan volgen werde, das der glewbend dem willlen gots, so vil es menschlich, gehorsamlich nachqweme und sich also in allen guten wercken ubete. glaubwürdig, Adj. glawbwirdig /1/, ‚überzeugend, glaubhaft‘ BRIEF I: der zcuuorsicht, die warheit und gerechtikeit sal seinem ungerechten mutwillen und stolcz lewpffen, ab ir ein glawbwirdige (...) abschrifft instrument fundation mir nach nit ubersant, so wollet darob sein, das ich die auffs forderlichste bekumme.
230 gleichnis, das gleichnus /7/, ‚Beispielgeschichte, Vergleich‘ DIAL.1, fol. 155r: daher gehet nun das schone gleichnus chrisostomi, das gleich wie das wachs, wan es angezcundet wirdet, fewer wirdet und dadurch vorzceret wirdet und nit mehe wachs bleibet. TRAKT.LIPS, pag. 7: sonsten und ane das were im der geist der kuntschafft und heiligung vorgeblich geben. er werde auch von christo billich abgesondert und nach dem euangelischen gleichnus als ein unfruchtbar zcweig ins fewer geworffen. glied, das glid /6/, glidt /1/, glider /2/ (Gen. Pl.), ‚beweglicher Körperteil‘ DIAL.1, fol. 89r: das mangelt ime, das er nit war von den glidmassen christi, das ime auch nit zcustunde, das das vordinst christi vor szein eigen achte, vor das szeine anzcoge, welchs christi were, als ein glid das ihenige, so des hewpts ist. PRED.ANL, pag. 221: und das er volgend in den wercken der liebe und allem guten sich uben sal zcum bestand in angezceigter rechtfertigung etc und neme dadurch zcu im guten und christlichen leben gleich einem menschen, welcher in ubung seiner glider daran etwas vil stercket und krefftiger wirt. gliedmas, das glidmas /1/, glidmas /1/ (Nom. Pl.), glidmassen /5/ (Dat. Pl.), (meist: Gliedmaße, die) ‚Bestandteil(e) des Körpers‘ DIAL.1, fol. 67r: leczlich, zcum vierden, wil ich von gots wort und den heiligen sacramenten, dadurch wir zcur gnade gots gefordert werden, bericht thun,
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weil ein ider christ des leibs christi, welchs ist die kirche, glidmas sein sal und ausserhalb der kirchen die ewige selikeit nit erlangen kan, wie und welcher gestalt sich der mensch zcu der kirchen halten sal. DIAL.1, fol. 89r: das mangelt ime, das er nit war von den glidmassen christi, das ime auch nit zcustunde, das das vordinst christi vor szein eigen achte, vor das szeine anzcoge, welchs christi were, als ein glid das ihenige, so des hewpts ist. gnade /211/, die gnad /1/ (Akk. Sg.), gnaden /9/ (Sg.), gnaden /6/ (Pl.), gnaden /26/ (Sg. / Pl.), FWB, VII, 1, 1ff., ‚Erbarmen, Zuwendung Gottes‘ DIAL.1, fol. 94r: wer nun mit solchem glawben und vortrawen sich zcu gotte keret, der gehet recht zcu deme thron der gnaden, gibet gotte die ehere szeines heils und bevilet sich dem hern. PRED.ANL, pag. 216: wer nun das glawbet und sich in christum, dem gecreuczigten, mit ganczem vortrawen also ergibet, mit hercziger begir christi und seiner gerechtikeit zcuerlangen die gnad und barmherczikeit gots, des vaters, der glewbet recht in christum. TRAKT.LIPS, pag. 4: Es ist auch unlewckbar, das zcu solcher erlosung und gnade dem menschen dienet das wort gots und die heiligen sacrament als hirzcu von got vorordente mittel. TRAKT.LIPS, pag. 12: er wele, was zcu seiner seelikeitt vonnoten, das ist nun die gnade des newen testaments, welche uns die prophetische schrifft vorheischt. BRIEF F: doch hilte ich davor, wan sich der Senior gegn Wirzburg begebe, er werde des orts statliche und ehrliche underhaltung finden, den d[er] Bischoff
G
doselbst, do ich jungst bei ime war, gewenete seiner mit allen gnaden. gnädig, Adj. gnedig /24/, FWB, VII, 1, 45ff., ‚barmherzig, wohlwollend, gütig‘ PRED, pag. 33: Aus dem vormerckt man, was wir vor arme unbestendige und blinde lewte seind, wan der herre seine gnedige hendt von uns abzcewht. BRIEF A: Dorzcu wirdet m.gster h. der Cardinal, Chorf. und Erczbischoff zcu Mencz und Magdeburg etc. einem Dhomcappittel one zcweiffel gnedige forderung erczeigen. gnädiglich, Adv. gnediglich /4/, FWB, VII, 1, 49ff., ‚barmherzig, wohlwollend, gütig‘ PRED, pag. 109: auff das wir got, unsern vater, in der heiligkeit und gerechtikeit dienen mogen die zceit unsers lebens, dan eben von christo und aus seiner seiten schepffen wir das wasser des lebens, wie er uns dan seiner heiligen vortrostung solchs zcugeben gnediglich in der schrifft anbewtet. TRAKT.LIPS, pag. 17: das nit alleine gebeicht werde, umb under weisung, sonder auch zcuemphahung der absolution, auff das wir also in waren glawben des teilhafftig werden, welchs uns christus neben einsaczung der schlussel gnediglich vorheischen hat. got, der got (/167/ Nom.Sg., /145/ Dat. Sg., /76/ Akk. Sg.), gotte (/2/ Nom. Sg., /75/ Dat. Sg., /6/ Akk. Sg.), gots / gottes /452/ (Gen. Sg.), FWB, VII, 1, 113ff., ‚Schöpfer, höchstes übernatürliches Wesen‘ DIAL.1, fol. 48r: Nun ist es bei deme nit gebliben, sondern damit man erkennen mochte, das keiner under den dreien
231 hawffen die ware kirche were, hat es got also geschickt, das szie alle gegen der alten catholischen unszerer kirchen zcuachten klein bliben. TRAKT.LIPS, pag. 4: und wirdet im dieser sein glawbe in got zcur gerechtikeit zcugemessen. es behalte ime dan gotte nach eine zceitliche pein und straffe vor, welche doch am eingange des ewigen leben nit hindert. gottesdienst, der gots dinst /3/, gots dinste /3/ (Dat. Sg.), FWB, VII, 1, 171ff. 1. ‚religiös motivierte, rituelle Handlung /1/ DIAL.1, fol. 221vf.: die fest und feiertage must ir auch lassen gut sein, dan weil wir nit alle tage der hand arbeit uberig sein und dem gots dinst in gemein obligen mogen, seind eczliche sondere tage darzcu vorgenommen und von der kirche geordenet worden. 2. ‚demütige Handlung für Gott‘ /5/ DIAL.1, fol. 226r: hat die christliche kirche vor alters die ordenung gemacht, auff das die geistlichen maiorum ordinum solten one weiber und kewsch zcu ider zceit leben, weil szie gots dinste teglich obzculigen schuldig. gottesfürchtig, Adj. gotforchtig /1/, FWB, VII, 1, 180ff., ‚sich ehrfürchtig gegenüber Gott erzeigen‘ DIAL.2, pag. 64: ein solcher mensche wirdet vormoge gotlicher vorheischungen alhie zceitlich und in ihener welt ewiglich belonet. zceitlich alhie, dan die gerechten und gotforchtigen haben gar schone gots vorheischungen zcu zceitlicher irer wolfart.
232 grab /4/, das greber /1/ – grebere /1/ (Nom. Pl.), FWB, VII, 1, 229ff., ‚Ruhestätte eines Verstorbenen‘ DIAL.1, fol. 182v: Derhalb weil wir armen sonder eindenck szeind szeines lebendigmachenden leidens, heilwertigen creuzes und tods, szeines grabes und aufferstehung von toden am dritten tage, szeiner auffart zcum himmeln. PRED, pag. 100: begebe sichs, wie matheus weiter schreibet, das sich die grebere aufftheten und stunde auff viel leibe der heiligen, die da schlieffen und giengen aus den grebern nach seiner aufferstehung in die heilige stad und erschinen vielen. grausam, Adj. grawsam /7/, FWB, VII, 1, 335ff., ‚hart, schlimm, brutal‘ PRED, pag. 15: dadurch hette er alle menschliche gewalt zcu boden schlagen konnen, aber christus ist geneigter gewesen, zculeiden und dadurch das menschliche geschlecht zcuerlosen, dan mit einicher gewalt sich der juden grawsamen tyrannei zcuerweren. TRAKT.LIPS, pag. 4f.: Damit wir aber eigentlich vornemmen mogen, wie es umb diesen glawben gelegen, ist vonnoten, das er underscheiden werde von dem glawben der tewffel und der gotlosen menschen, dan der tewffel glewbet wol, das got got sei, aber mit keinem vortrawen, sondern forcht und hast in als einen grawsamen und geschwinden tyrannen. grausamlich, Adv. grawsamlich /2/, FWB, VII, 1, 339ff., ‚hart, schlimm‘ PRED, pag. 134: Nemlich das ire feinde sie zcum hefftigsten belageren und (...) das das volck grawsamlich geplaget
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und an der stat kein stein auff dem andern werde stehen bleiben. grim, der grimme /3/ (Dat. Sg.), FWB, VII, 1, 419ff., ‚Zorn, Wut, Verärgerung‘ PRED, pag. 31: aber an deme lassen es die iuden nit bleiben, sondern faren fort, greiffen den hern christum nit alleine mit worten an, sondern mit der that und fewsten. und aus gefastem has und grimme vorgessen sie, das inen nit geburen wolte. grund, der grund(t) /21/, grunde /8/ (Dat. Sg.), grunde /3/ (Nom. Pl.), FWB, VII, 2, 541ff. 1. ‚Tatsache, Begründung‘ /21/ DIAL.1, fol. 132r: aus diesen unwiderleglichen grunden der schrifft haben wir zcuuornemen, das uns der heilige geist gegeben wirdet, einmal zcur reinigung und das ander mal zcur sterckung und andern der kirchen nuczlichen ubungen. 2. ‚Wurzel, Fundament‘ /10/ DIAL.1, fol. 190r: derhalb ob wol die traditiones veritatis und dogmata gemeinlich iren grundt in der schrifft haben, gleichwol da ein christ solchen grundt nit begreifft, ist ime doch genug, das er sich an ungeschribene tradition halte und sich mit deme, welchs von algemeiner kirchen gehalten worden und nach gehalten wirdet, vorgleiche. 3. phras. aus dem Grund des Herzen ‚tief von Herzen‘ /1/ PRED, pag. 40: sollen wir vor allen dingen in uns selber gehen, unsere sunden und missethaten zcu gemute zcihen, auch dieselbtige nach dem exempel des heiligen petri aus grundt unserer herczen berawhen.
H
gründen, V. sw. grunden /5/, gegrundet /7/ – gegrundt /1/ (Part. Prät.), FWB, VII, 2, 569ff., ‚begründen, erklären, beweisen‘ DIAL.1, fol. 7r: Lieber, due must mir die wol unuorachtet lassen, dan szie ist viel besser gegrundt dann eben Ewre confession! DIAL.1, fol. 194r: etliche, die zcertrenten die substancz der gotheit und furten einen ungleicheit zcwischen solchen personen ein und wolten den son dem vater nit gleich szein lasszen, vormeinten beide, szie weren aus der schrifft gegrundet. günstig, Adj. gunstig /1/, FWB, VII, 2, 680ff., ‚geachtet, wohlwollend‘ BRIEF B: Mein gancz willigen dinst zcuuoran, Erwirdiger und Edler gunstiger lieber her und freuntlicher ohem.
H haben, V. sw. hab /1/ – habe /106/ (1. Sg. Ind. Präs.), habe /60/ (3. Sg. Konj. Präs.), hett /5/ (1. / 3. Sg. Konj. Prät.), hette /64/ (1. / 3. Sg. Konj. Prät.), FWB, VII, 2, 788ff. 1. als Hilfsverb zur Bildung des Perfekts /620/ BRIEF A: Ich habe mit betrubtem gemute vornommen, das unser g.h. zcu Freisingen und Numburg tods halber abgangen. 2. als Vollverb /235/ DIAL.1, fol. 11v: zcu deme das ich solcher confession noch sonst auch allerlei bedencken habe. BRIEF S: die lehen hab ich vnd mangelt mir nach an einem mandatt.
233 halten, V. st. helde (3. Sg. Konj. Präs.) /1/, halt (Imp. Sg.), FWB, VII, 2, 955ff. 1. ‚gewöhnt sein; etw. nach best. Weise handhaben‘ /46/ DIAL.1, fol. 159r: ich halte, wie man ordentlich mit den dingen umgehet, das mans under einer ader beider gestalt nemen mag. 2. ‚befolgen‘ /37/ DIAL.1, fol. 86v: aber gleichwol damit ir vormercken moget, das die catholische religion dieses fals das rechte mittel helde, sollet ir wissen, das szie die eingegossene gerechtikeit eine ware gerechtikeit szein last. DIAL.1, fol. 98v: wilst due das himelreich eingehen, so halt die gebot, spricht christus selber. 3. ‚etw. in best. Weise betrachten‘ /24/ DIAL.1, fol. 23v: aber damit ir euch sicherung machen moget, da keine ist, und das arge in ewren hanttirungen nit mehe vor arge haltet, so hat ewer Luther das ius restituendi gar auffgehoben. 4. sich halten ‚orientieren an‘ /22/ DIAL.1, fol. 3v: Nun saget mir, wan ich ewere religion annemen wolte, wuehin ich mich doch halten solte: zcu euch Wittenbergern ader euch Ihenischen? 5. ‚abhalten, stattfinden lassen‘ /16/ DIAL.1, fol. 7v: zcu wormbs, da man des orts das erste colloquium halten solte. 6. ‚bewahren‘ /8/ DIAL.1, fol. 184v: wiewol im seher nucz und gut ist, das er durch gots wort christum kenne und szeine heilwertige vordinste fasse, so ist ime doch nit weniger nucz und gut, das er ein lebendigs gedechtnus solcher vordinste halte, szeinen glawben darein richte.
234 7. ‚jn. anhalten etw. zu tun‘, ‚jn. dazu bringen in bestimmter Weise zu handeln‘ /2/ DIAL.1, fol. 139r: das alles sal der, welcher in todsunde gefallen, wol erinnert werden und zcur ordentlichen beichte gehalten werden. 8. phras. zugute halten /3/ DIAL.1, fol. 64r: und wil mich vorsehen, ir werdet mir disze meine einfalt zcu gut halten. 9. phras. Sprache halten ‚mit jm. reden‘ /1/ DIAL.1, fol. 1r: Wir wollen in emphahen und ansprechen. du wirdest horen. Las mich mit im sprach halten. han /1/, der hane /1/, FWB, VII, 2, 993ff., ‚männliches Haushuhn‘ PRED, pag. 35: alsbalt kreet der hane etc. petrus vorharret alhie auff seinem vorlewcknen und ist so erschrocken, das er sich nit erinnern kan. PRED, pag. 38: und petrus gedacht des worts des herren, wie Er gesagt hette, ehe der han kreen wirdet, wirdest due mich dreimal vorlewcknen. hand /10/, die handt /14/, FWB, VII, 2, 997ff. 1. ‚Körperteil, unterster Teil des Armes‘ /24/ PRED.ANL, pag. 226: Nachdem der herre im euangelio die kinder lis zcu sich tragen und leget inen seine hende auff zcum anzceigen, das sie den heiligen geist auch konten emphahen. 2. phras. zur / an / vor die Hand nehmen ‚in Angriff nehmen, in Augenschein nehmen‘ /15/ DIAL.1, fol. 114r: An deme ist es gleich und wils im namen gots auch zcur hand nemen.
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3. phras. Hand an jn. legen ‚jm. Leid zufügen‘ /2/ PRED, pag. 17: ich bin teglich bei euch im tempel gewesen und ir hat keine handt an mich geleget. handeln, V. sw. FWB, VII, 3, 1027ff. 1. ‚darlegen, von etw. sprechen‘ /27/ DIAL.1, fol. 203v: ich handel alhie nit von menschlichen krefften, sondern von der wirckung des heiligen geists in der kirchen und von der haltung nit einer, zcweier ader gleich mehe, sondern von deme, was die gemeine kirche glewbt und heldet, dan das sondere personen leicht irren konnen. DIAL.1, fol. 183v: die misbrewche, so dabei szein mogen, lob ich nicht, so kommen die nicht anders woher, dan aus sonderer personen aberglawben herflissen. hie handele ich aber von der substancz und offentlich gebrawch derselbtigen. 2. ‚eine Handlung / Tat ausführen‘ /26/ DIAL.1, fol. 55r: und damit ich einmal schlissze, so wollet es davor halten, das ich nit aus mutwillen handele, aber halstarrig bin. 3. ‚jn. nach bestimmtem Maßstab behandeln‘ /3/ DIAL.1, fol. 182v: auff das due nit nach unszern sunden mit uns handelst, auch nit uns nach unszern sunden uns vorgeldest. handelung /13/, die handelunge /4/, FWB, VII, 3, 1066ff. 1. ‚(Beschluss eines) Religionsgespräches / polit. Auseinandersetzung, Verhandlung‘ /13/ DIAL.1, fol. 8v: Ei lieber, due mengest die dinge wunderlich durch einander und wolltest uns gerne uberreden, als weren wir von unszerer Confession
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abgewichen, der wir uns doch stecz gehalten, ungeachtett was die regensburgische handelung, darumb wir uns wenig bekommern, vormag. 2. ‚ausgeführte Tat‘ /4/ DIAL.1, fol. 26v: wie dan luther in deme szeine laer selber geendert und vorfelscht hat, ist dadurch der auffrur nit vortediget und gut gemacht, und manchem mutwilligem menschen zcu solcher bosen handelung ursache gegeben worden.
widerwertig seind, dan liebest due einen, so musst due den andern hassen.
hängen, V. st. hengen /2/, hinge (3. Sg. Ind. Prät.) /1/, FWB, VII, 3, 1109ff., ‚meist an einem höher gelegenen Punkt befestigt sein‘ PRED, pag. 51: aber gleichwol truge sichs fein zcu, das durch das mittel, dadurch sie den konig der eheren iemmerlich umbringen und weg thun wolten, sein ewig reich zcum besten und herlichsten auffgericht worde. und eben durch das creucz, an welchem er hinge, das herlichste (...) zeichen seiner uberwindung meniglich vorgestalt worde. PRED, pag. 107: daruber machten sie inen keine gewissen, aber das die corpore, dero so gerichtet waren, solten am creucze bleiben hengen am sabbath, des hatten sie bdencken.
haufen, der hawffe /17/, FWB, VII, 3, 1236ff., ‚Ansammlung von Menschen‘ DIAL.1, fol. 18v: Ich habe einen kant aus ewrem hawffen, der hat newen wieber genommen. DIAL.1, fol. 42vf.: und weil es nit bei einander stehen kan, das die algemein und in einem kleinem hawffe stecke, haben szie nit geschewet, den symbolum zcuuorfelschen und das algemein daraus zcuthun und die artikel also zcustellen: ich glewbe eine heilige christliche kirche.
has /3/, der FWB, VII, 3, 1191ff., ‚heftige Abneigung, Abscheu‘ PRED, pag. 31: und aus gefastem has und grimme vorgessen sie, das inen nit geburen wolte (...) gewalts. hassen /1/, V. sw. FWB, VII, 3, 1211ff., ‚jm. gegenüber heftig abgeneigt sein, jn. verabscheuen‘ PRED, pag. 141: Wir haben im Euangelio gehort, das niemand konne zcweien herren dienen, (...) die einander
hassig /1/, Adj. FWB, VII, 3, 1213ff., ‚bösartig, gehässig, hasserfüllt‘ PRED, pag. 29: Weil nun die Juden solchs aus sich selbst nit erkanten (...) und durch ir hassig, neidisch und vorbittert gemute, weil sie sorge trugen, christus werde ir regiment darnider legen, gancz und jar vorblendet waren.
häuflein, das hewfflein /1/, FWB, VII, 3, 1245, ‚kleine Gruppe von Menschen‘ DIAL.1, fol. 46r: wan gleich unszer grundt von der zceit noe und heremia nicht gelten solte, so haben wirs doch durch gots vorleihung fast dahin bracht, das unszere kirche nit mehe ein klein hewfflein, sondern gros und weit ausgebreitet, wie uns dan nemlich die mechtigen konigreich engeland und schotten durch gots vorleihung und darneben auch eczlich vil franzosen mehe zcugefallen seind.
236 haupt, das hewpt /6/, hawpt /3/, heupt /2/, FWB, VII, 3, 1247ff. 1. ‚oberste Instanz, Oberhaupt‘ /9/ DIAL.1, fol. 53r: derhalb kan ich mich so wenig von ir abwerffen, als wenig ich meines heils vorlustig sein wil, zcuforderst weil nurent eine ware kirche ist, nemlich der einige leib, einigen hewpts christi, wie paulus schreibet. PRED.ANL, pag. 228: also das die ihenigen, so das sacrament genissen, christum selbst genissen, so fern solchs wirdiglich bschihet, werden sie christo als dem hewpt eingeleibt und werden also als glid in den leib christi gesaczt, in welchem leib sie der guter christi als des hewpts und aller seiner glider teilhafftig werden. 2. ‚Kopf‘ /2/ PRED, pag. 59: Ich bin ein wormlein, spricht er, und nicht ein mensch, ein spot der lewte und eine vorachtung des volcks. sie haben mich alle vorlacht und mit iren lippen gered und ir hawpt geschuttelt. hauptartikel, der hawptartickel /1/, FWB, VII, 3, 1262, ‚zentraler Punkt der christlichen Lehre‘ PRED, pag. 47: alhie kommen wir zcu dem hawptartickel des leidens christi. hauptfeind, der hawptfeind /1/, hewptfeind /1/, FWB, VII, 3, 1268, ‚größter Feind / Widersacher‘ PRED, pag. 7: das auch also die sunde an christo dem unschuldigen son, der nihe kein arges gethan, vorgriffen hat dadurch der herre von unrechten gewalt freuentlich geubt, gegen der sunde, tewffel, und tod seine allervolkommenste gerechtikeit auffgericht, dergestalt weil wir uns von berurten
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diesen unsern hawptfeinden und ergsten tyrannen nit selber erledigen konten, das wir solcher christi, unsers herrens, gerechtikeit genissen, und durch die errettet und erloset werden mochten. PRED, pag. 121: Dan da wir an den stricken des tewffels, unsers hewptfeindes, waren und unserm vordinste nach der ewigen vordammnus und pein im hellischen fewer zcugewarten hatten, da erbarmete sich der herre unser. hauptlerer, der hewptlerer /1/, heuptlerer /1/, ‚oberster Lehrer‘ DIAL.1, fol. 52vf.: ist das nit ein herlich gezcewgnus, welchs deste weniger vordechtig sein kan, weil es euch der heuptlerer und der feind des Babstumbs selber ausgesagt. DIAL.1, fol. 96rf.: so halten wir die schlusrede unszers hewptlerers augustin, nemlich das die werck, so vor der gnade gots herlawffen, zcum heile nichts wircken, ja das szie auch im menschen nit ehe gut werden, er szei dan zcuuorn gerechtfertiget. hauptleute, die hewptlewte /1/, ‚Oberste des Tempels‘ PRED, pag. 17: zcu der stunde sprach Jesus zcu der rotte (...) und zcu den hohen priestern und hewptlewten des tempels und den Eltesten, die uber in kommen waren, ir seid als zcu einem morder mit schwerten und stangen ausgangen, mich zcufahen. hauptman, der hawptman /3/, hewptman /1/, FWB, VII, 3, 1280ff., ‚Heerführer‘ PRED, pag. 101: aber der rhomische hawptman und das andere heidnische volck, welches neben ime christum
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huten solte, die erkanten christum, glewbten in, gabe ime auch gezcewgnus, das er gots son were, dan die sperreten sich nicht gegen der offentlichen und unwidersprechlichen warheit, die so iar scheinbarliche zcewgnus vom himmel und Ertreich hatte. BRIEF M: und bitte, wollet mit Ewer bedencken auff die gestalte notel der Supplication zcum forderlichsten eroffenen, und konnet mit meinem bruderen dem hewptmanne zcu Friburg zcu mir hieruber einen boten auffs erste abfertigen. hauptprophet, der hewptprophet /1/, ‚oberster Prediger‘ DIAL.1, fol. 53r: hat ewr hewpt prophet luther selber in dem falle der warheit mussen ein herlich gezcewgnus geben. hauptpunkt, der hewptpunct /1/, FWB, VII, 3, 1287f., ‚zentraler Gegenstand‘ DIAL.1, fol. 5r: sagest due aber, das wir in hewptpuncten unszer religion allenthalb einig szeind, so gibest due zcuuorstehen, als zcancken die unszern von unnotigen dingen. hauptsakrament, das hewptsacrament /1/, ‚Abendmahl‘ DIAL.1, fol. 37vf.: Weil ir nun in den beiden hewptsacramenten gar geschwinde irret, was hat man sich doch guts von ewrer angemasten newen religion zcutrosten? hauptstük, das hewptstuck(e) /3/, FWB, VII, 3, 1298f., ‚zentraler Bestandteil einer Sache‘ TRAKT.LIPS, pag. 6: Weil nun deme also ist hoch vonnoten, den waren glawben, welcher, so offt es die gele-
237 genheit gibet und geschehen kan durch die liebe gots wircket, von dem falschen zcu underscheiden und dem volcke anzcuzceigen, auch mit solchem vleisse einzcubilden, damit man in deme, welchs das hewptstucke ist unserer heiligen religion, nit irre gehe und dadurch zcur vordamnus vorleitet werde. hauptursache, die hewptursache /1/, ‚ausschlaggebender Grund‘ PRED, pag. 51: und war also dise und keine andere die hewptursache irer giefftigen und vorbitterten gemutere, aber gleichwol truge sichs fein zcu, das durch das mittel, dadurch sie den konig der eheren iemmerlich umbringen und weg thun wolten, sein ewig reich zcum besten und herlichsten auffgericht worde. hauswirt, der hawswirt /1/, FWB, VII, 3, 1378ff., ‚Ehemann‘ PRED, pag. 144: Etwan, ja auch vor wenig Jaren hatten die hawswirte und hawswirtin den christlichen gebrawch, das sie vleissig zcur kirchen gingen und got, zcu deme sie ire hoffnung saczten, umb ewige und zceitliche wolfart vleissig ersuchten. hauswirtin, die hawswirtin /2/, FWB, VII, 3, 1381, ‚Ehefrau‘ PRED, pag. 144: Etwan, ja auch vor wenig Jaren hatten die hawswirte und hawswirtin den christlichen gebrawch, das sie vleissig zcur kirchen gingen und got, zcu deme sie ire hoffnung saczten, umb ewige und zceitliche wolfart vleissig ersuchten.
238 heben /2/, V. st. FWB, VII, 3, 1396ff., ‚erhöhen (auch abstrakt)‘ DIAL.1, fol. 55r: aber wan ich mein gemute uber mich hebe und gedencke an gots willen, kan ich mich ewrer religion nicht anhengen. heidnisch /5/, Adj. FWB, VII, 3, 1445ff., ‚unchristlich, ungläubig‘ DIAL.1, fol. 43rf.: das die kirche christlich szei, das vorstehet sich von ime selber, wan wir von der kirche reden, handeln wir nit von dem heidnischem ader iudischem hawffen, sondern von der christlichen gemein und vorsamlung, welche irer eigenschafft nach algemein szein mus, damit szie von den keczerischen und schismatischen rotten underschiden und abgesondert werde. PRED, pag. 67: solche blintheit stecket nach in allen heidnischen herczen, die christum nicht recht erkennen, auch in irem glawben nicht fassen, das er der ware son gots sei, welch erkantnus nicht aus menschlicher weisheit, dan fleisch und blut lernen uns solche hohe ding nicht, sondern von oben heraber durch unsern himmelischen vater geben wirdet. heil /94/, das FWB, VII, 3, 1455ff., ‚Erlösung des Menschen von seinen Sünden‘ DIAL.1, fol. 55v: du mogest sagen, was due wollest, glewbe ich doch, es sei dir noch keinem moglich, ausserhalb unszerer laer einen christen in sachen, so zcum heil vonnoten ader dinstlich, recht zcuunderweiszen. DIAL.1, fol. 96rf.: so halten wir die schlusrede unszers hewptlerers augustin, nemlich das die werck, so vor der gnade gots herlawffen, zcum heile
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nichts wircken, ja das szie auch im menschen nit ehe gut werden, er szei dan zcuuorn gerechtfertiget. heiland /21/, der FWB, VII, 3, 1462ff., ‚Erretter, Erlöser‘ PRED, pag. 113: last uns bedencken, in was schulden und stricken der sunde und des tewffels wir gefast und vorknupfft seind, so lange wir christi, unsers heilands, nicht genissen ader teilhafftig werden. heilig /309/, Adj. FWB, VII, 3, 1471ff., ‚himmlisch, nicht irdisch‘, ‚durch besondere Gottesnähe ausgezeichnet‘ TRAKT.AM, pag. 6f.: und so dan auch unser kirchen gewalt dohin sal gebrawcht und gericht werden, das er in der kirchen gots nit aus einem argen ein ergers mache, sonder ir zcu erbawung, nucz und frummen gereichen moge, in massen der heilige pawlus ordenet. TRAKT.AM, pag. 7: welchs auch aus den regeln unserer vorfaren und lieben heiligen veter leicht mag geschepft und vornommen werden und seind dieselbtigen ungefarlich dis inhalts, nemlich das aldan die scherffe wider die ungehorsamen der kirchen sal gebrawcht werden, wan sie inn geringer anzcal seind. heiligkeit, die heilikeit /15/, FWB, VII, 3, 1492ff. 1. ‚Frömmigkeit‘ /10/ DIAL.1, fol. 77r: und werden also die lewte frum, heilig und gerecht, dergestalt das numer ein solcher ernewerter mensche sich der todsunde, welche feindschafft zcwischen gotte und uns machen, enthalten und in der heilikeit
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und gerechtikeit got dienen mogen, sonderlich weil szie mit der liebe numals begabet sein. 2. ‚Anrede für den Papst‘ /5/ TRAKT.AM, pag. 20: und anfenglich damit man wissen moge, wehem in unserm falle gebure zcu dispensiren, sage ich, das solchs bebstlicher heilikeit eigent. heiligung /22/, die FWB, VII, 3, 1499, ‚Heilung / Gesundmachung‘, ‚Zustand göttlicher Nähe‘ DIAL.1, fol. 74r: damit nun dem armem menschen, welcher in gots ungnade stehet, moge geholffen werden, erfordert die notdorfft, das er zcu gemelten brunnen des heils gebracht werde und daraus empfahe vorgebung szeiner sunde zcur vorsunung mit gotte, ernewerung des geists zcur heiligung und gerechtikeit des herczen und darneben die kintschafft gots zcum erbe des ewigen lebens. PRED.ANL, pag. 222: so sal er seinen leib zcur heiligung gebrawchen, wie christus auch heilig ist, und sich derhalb der vollerei und der unkewscheit enthalten, welche seind dem geist gots, gal. 5, und also der heiligung entgegen und gancz vorterblich. heilsam /2/, Adj. FWB, VII, 3, 1503ff., ‚Genesung fördernd‘ DIAL.1, fol. 126v: zcu solchem heilsamen gebrawch szeind die heiligen sacrament eingesaczt. DIAL.1, fol. 130vf.: das die tawffe ein heilsam sacrament szei, gestehest due one zcweiffel, dermassen das der, welcher eusserlicher weisze in der tawffe gewaschen wirdet, vorborgener inwendig auch gewaschen und von allen szeinen sunden gereiniget werde.
239 heilwertig /25/, Adj. FWB, VII, 3, 1511f., ‚die Erlösung bewirkend, Heil bringend‘ DIAL.1, fol. 131v: diese heilwertige fruchte der tawffe sal ein ider christ wol betrachten und in szein gemute schlissen, sich auch deste vleissiger huten, das er die durch szeine missethat aus schendlicher undanckbarkeit nit wider vorlire. PRED, pag. 86: und hirauff unser gemute und herczen in himmel erheben, damit wir der heilwertigen gnade unsers hern Iesu christi zcu zceitlichem und Ewigem heil teilhafftig werden moge. heimlich /2/, Adj. ‚verborgen‘ DIAL.1, fol. 6r: Was redet ir so heimlich under einander? BRIEF E: gegn freiburg darff ich mich iczo aus eczlichen beweglichen ursachen nit begeben. so kan ich nit wol iczo heimlich in die stat zcu euch kummen. heimsuchen, V. sw. 1. ‚zuhause besuchen‘ /1/ DIAL.1, fol. 5rf.: Es gefellet mir. Ditterich, wir szeind iczo auff dem wege, einen unszerer freunde, der seher schwach ist, heimzcusuchen und zcutrosten. 2. ‚von Unerwünschtem befallen werden‘ /1/ DIAL.1, fol. 117v: gleichwol wurde er noch mit zceitlicher straff heimgesucht, inmassen die biblischen historien im buch der konige ausweiszen. heimsuchung /1/, die ‚Prüfung oder Strafe von Gott‘ PRED, pag. 135f.: neben deme das das volck daselbst in die grose und iemmerlichste not kommen, dan zcum teil
240 seind sie hungers halber umbkommen, zcum teil erworget, zcum teil aber gefangen und vorkawfft worden, und weil inen nun solchs alles aus der ursache begegnet, das sie die gnade christi haben ausgeschlagen und die zceit irer heimsuchung nicht erkennen wollen, wie christus alhie selber anzceigt, so last uns wol vorsehen, das wir den zcorn gots nicht gleicher gestalt auff uns laden. heiraten /3/, V. sw. hewraten /1/, ‚die Ehe eingehen‘ DIAL.1, fol. 40r: durch den weg hat ir monche und nonnen aus den clostern gebracht, und der jugent ursache gegeben, das szie ehe zcusammen hewraten, dan szie recht wissen, was die ehe und der ehestand erfordert. helfen, V. st. helffen /48/, ‚unterstützen‘ PRED, pag. 58: es spotten auch seiner die regenten und sprachen, er hat andern lewten geholffen, er helffe ime nun selber, ist christus der erwelte gots. TRAKT.AM, pag. 14f.: zcu solcher Enderung dadurch den gewissen unser mitbrudere dieses fals am statlichsten mochte gehulffen werden, were die abrogation der saczungen von einer gestalt am beqwemesten, also das nun hinfurt der gebrawch des sacraments nach eines iden andacht, ob er solchs under beiden ader einer gestalt emphahen wolte, frei stunde. henne /1/, die ‚weibliches Haushuhn‘ PRED, pag. 72: wie offt habe ich dich samlen wollen, wie eine henne ire iungen vorsamlet, und due hast nicht gewolt.
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herausgehen, V. st. herausser gehen /1/, herausser gangen /1/ (Part. Prät.), ‚austreten‘ PRED, pag. 106: Es hat aber einer aus inen mit seinem spies in des hern seite gestochen und ist balt herausser gangen blut und wasser, wie der heilige Johannes zceiget. herberge /1/, die ‚Bleibe, Unterkunft‘, hier übertragen: rechtmäßige Stellung BRIEF M: und weis euch ferner nit zcu pergen, das die Churfurstischen zcu Speier haben weren wollen, das mir, als einem Erweltem zur Nauwmburg, meine herberge nit geben wurde, welchs sie doch nit haben erhalten mogen. aber Amsdorffe haben sie under dem titel eines Bischoffs zcu Zeicz farren lassen. her /144/, der herre /73/ 1. ‚Gott / Christus‘ /275/ DIAL.1, fol. 90r: weil nun deme allem also, wie ich angezceigt habe, so bfindet sich, was der her christus durch szein heilwertig blutvorgissen und sterben uns erworben habe, nemlich vorgebung der sunde. 2. ‚Anrede / Bezeichnung für einen Mann‘ /60/ BRIEF F: und her Bernhardt von Droschwicz, desgleichen her Stonczsch, auch aber mit dem Senior und hern Casparn v. Wirczpurg mochte es villeicht muhe haben. BRIEF C: Mein willigen dinst zcuuoran, Erwirdiger und ervhester bsonderer herre und mitbruder. herschen /6/, V. sw. ‚regieren, bestimmen, beherrschen‘ PRED, pag. 113: last uns gedencken,
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welcher gestalt die begirden unsers fleischs uns eingenommen und in unsern sterblichen leibe, so lange er one die gnade christi blos stehet, hersche, und von einer wirklichen sunde in die andere treibe. herschung /3/, die ‚Dominanz, Beherrschung‘ PRED, pag. 20: und vorwircket dadurch ire gerechtikeit und herschung uber den menschen nit weniger als unsere ersten eltern und wir in inen vordint hatten, der sunde underworffen zcusein, dan die sunde wirdet alhie von wegen irer sunde vorgreiffung und hochsten vorwirckung an dem unschuldigsten billich vordampt. herz, das hercz(e) /66/, ‚wichtiges Organ als Sitz verschiedener Gefühle‘ DIAL.1, fol. 77r: daher begert auch david, das got ein rein hercze in ime schaffe und ein rechten geist in szeinen inwendigen ernewern wolte. TRAKT.LIPS, pag. 5: Nachdem er in der hochsten vorzcweiffelung stehet, so glewbet auch der gotlos aber mit ertichten und toden glawben, den das hercz nimmer recht erferet. TRAKT.LIPS, pag. 17: und was ferner vom Banne, von warer rhew, von der Beichte des herczens und mundes vor dem prister auch von der vorsunung und satisfaction, welche dem nesten, so vorleczt ist, geschehen sal, eingefurt wirdet. hilfe, die hulffe /19/, hulff /3/, hilffe /1/, ‚Unterstützung‘ PRED, pag. 89: O herre uber alles, mein vater von Ewikeit der gotlichen natur nach, die ich nicht von mir geleget, und
241 mein got der menschlichen natur nach, die ich auff mich genommen, schawe mich an, wie bin ich doch vorlassen. wie ist mir doch deine hulff entzcogen! PRED.ANL, pag. 223: also das, wan wir unserer sunden erinnert werden und derhalb schmerczen emphahen, zcu christo zcuflucht haben und bei im hulffe suchen, welchs geschihet durch den glawben. BRIEF A: Ich bin willens, mit der hulffe gots mich umb die fasnacht gegn Regensburg zcubegeben. himm(e)lisch /36/, Adj. ‚Gott betreffend‘ PRED, pag. 9: aus was grosser liebe zcu uns armen lewten sich christus nach dem willen seines himmelischen vaters an alles gesaczt, das er den todt aber des creuczes vor uns hett thun und ausrichten sollen. PRED, pag. 55: auff das wir durch in mit hochzciglichen kleidern bekleidet, und mit deme bei und fur seinem himmlischen vater frolich erscheinen mogen. hochwürdig, Adj. hochwirdig /3/, ‚äußerst wertvoll, von hoher Würde‘ DIAL.1, fol. 35v: wie gehet ir mit dem hochwirdigen sacrament des leibs und bluts christi umb? hofdienst, der hoffdinst /2/, ‚Frohndienst‘ DIAL.2, pag. 78f.: aber damit diese meinung durch ein exempel erkleret werde, so nun vor dich einen underthanen, der szeinen herren eine frone ader hoffdinst zcuthun schuldig, da nun der zcu rechter zceit nit fronte ader zcuhoffe diente, hette in der herre szeines ungehorsams halber zcustraffen, da er aber die fron und den hoffdinst thete, so
242 dorfft ime der herre darumb nit lonen, weil er one das zcu frone ader zcum hoff dinst vorpflichtet. hoffen /3/, V. sw. hoffe /3/ – hoff /1/ (1. Sg. Ind. Präs.), ‚erwarten, wünschen‘ DIAL.1, fol. 97r: und weil deme also, wil ich hoffen, ir wirdet euch ewre irrende meinung, dadurch ir die busse und heiligung hindert und umbstosset, deste mehe misfallen lasszen. BRIEF M: ich hoff aber zcu got und der gerechtikeit, solche Ire argelist sal in mit gutem fuge abgetriben werden. hoffnung /52/, die hofnung /2/, ‚Zuversicht, Erwartung‘ DIAL.1, fol. 186v: wer szein glawben und hoffnung dermassen uber sich zcu got erhebet und den namen gots mit vleisse anruffet, der wirdet nicht zcuschanden, sonder es begegnet ime, wie er glewbet. hölle, die helle /3/, hellen /1/ (Dat. Sg.), ‚Ort der Verdammnis‘ DIAL.1, fol. 191r: gecreucziget, gestorben und begraben, ist nidergestigen zcur hellen, aufferstanden von toden. DIAL.1, fol. 201r: das szie nach irem absterben in die helle geworffen, und des orts ewiglich gepeiniget und geqwelet werden. höllisch, Adj. hellisch /6/, ‚zur Hölle gehörend‘ DIAL.1, fol. 98r: dan ob einer gleich christo durch szeinen glawben eingepflanczt ist, wirdet er doch, so er zcu seiner zceit nit gute frucht der werck treget, als ein unfruchtbarer und unnuczer zcweig abgeschnitten und ins hellische fewer geworffen.
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DIAL.2, pag. 116: so nun der vor szeinem ende nit herwider kommet, hat er nichts gewissers zcugewarten dan die qwal des hellischen fewers zcur ewigen pein. holz, das holcz /1/, holcze /2/, (Dat. Sg.), ‚metonymisch für Jesu Kreuz‘ PRED, pag. 54: saget er von christo ausdrucklich, das er unsere sunde selbst geopffert habe an seinem leibe an dem holcze, auff das wir der sunde los sein und der gerechtikeit leben. PRED, pag. 112: christus habe unsere sunde getragen in seinem leibe auffs holcz. hon /1/, der hone /1/ (Dat. Sg.), ‚Erniedrigung, Schmach‘ PRED, pag. 18: und ob er wol (wie er selber anzceiget) teglich bei inen im tempel gewest, also das sie in mit wenigeren gespotte hetten greiffen mogen, haben sie doch iren thetlichen und unrechten gewalt bis dohin gesparet, und ime zcu sonderlicherm hone und spot (...) ire hende angeleget. BRIEF N: zcuforderst weil ir bfindet, das bei ime nichts anders dan hon und spot moget erlangen, wie er euch dan jungst Amsdorffe seinem eingedrungenen per indirectum hat underwerffen wollen. hören, V. sw. horen /71/, ‚akustisch wahrnehmen‘ DIAL.1, fol. 16r: hore mit geduld, da einer in stehender ehe mit szeinem ersten weibe eine andere zcur ehe nimmet, der ubet einen ehebruch.
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hund /3/, der ‚Schimpfwort für einen schlechten Menschen‘ PRED, pag. 43f.: und weil der algereit Erlidenen schmerczlichen pein und marter halber sehr geschwecht und gekrenckt war, hat man ime trincken angeboten, nicht aus rechter erbarmung und mitleiden, das er sich erqwicken mochte, sondern die blutgirigen hunde in deste lenger peinigen und iren mut an ime kulen mochte, und damit auch das dadurch er zcu vorlengerung der pein solte gesterckt werden, mit argem vormenget were, seine des hern schmerczen zcumehern, reichten sie im nicht wein, sondern essig. hünerlein, die, pl.t. hunerlein /1/, ‚kleine Hühner‘ PRED, pag. 72: wie offt habe ich dich samlen wollen, wie eine henne ire iungen (hunerlein) vorsamlet, und due hast nicht gewolt.
I ich /650/, Personalpron. mir /119/, mich /167/, FWB, VIII, 1, 1f. DIAL.1, fol. 228v: wan man fraget, welchs besser szei, zcu heiraten ader im herren leben, zcu ligen, antworte ich nach apostolischer laer und der regel der vornunfft. PRED, pag. 15: darumb spricht er weiter zcu petro, sol ich den kelch nit trincken, welchen mir der herre gegeben hatt? PRED, pag. 21: was fragst due mich darumb?
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im /8/, Reflexivpron. m. Dat. Sg. ime /25/ DIAL.1, fol. 159v: daraus leicht zcuschlissen ist, das er den gebrawch einer gestalt hat an im selber gut sein lassen. DIAL.1, fol. 183v: hie handele ich aber von der substancz und offentlich gebrawch derselbtigen. der ist an ime selber gut und rein, wue man den nit mutwilliglich in misvorstand zcewhet. 2
im /11/, Reflexivpron. n. Dat. Sg. ime /23/ DIAL.1, fol. 219r: weil szie im hewptstucke, das ist in der religion, mit im einhellig szein, welchs an im selber umb so viel deste besserlicher ist. DIAL.2, pag. 78: sonsten und ane das werden wir in in szeinen zcusagen lugen straffen nach inhalt gotlicher schrifft, welchs an ime selbst eine grosse gotslesterung were. inen /14/, Reflexivpron. 3. Pl. Dat. in /3/ DIAL.1, fol. 109r: das man die krancken, so in sterbens noten sein, erstlich dahin bewege, das sie inen alle ire begangene sonde lassen leid szein. TRAKT.LIPS, pag. 22: was aber der zcufelligen dinge seind, welche nach gebrawch der kirchen darneben und an in selber gut seind. inhalt /21/, der FWB, VIII, 1, 102ff., ‚Wortlaut, Sinn‘ DIAL.1, fol. 68v: fellet aus einer wircklichen todsunde in die andere ist ein knecht der sunde und des tewffels und ist ein kindt des zcorns und der ewigen vordamnus alles nach inhalt gotlicher schrifft.
244 instrument /11/, das FWB, VIII, 1, 164ff., ‚Hilfsmittel, Werkzeug‘ DIAL.1, fol. 128r: diesen underschidlichen gnaden szeind underschidliche sacrament zcu(ge)eigenet, durch welche als instrument und gefessze uns solche gnaden gereicht und mitgeteilt werden, als nemlich das sacrament der tawffe gehoret zcu der ersten gnade, dan es reiniget, heiliget und rechtfertiget uns und machet aus uns gancz newe creaturen. 1
ir /172/, Personalpron. 2. Pl. ewer /1/ (Gen.), euch /150/ (Dat.), euch /91/ (Akk.), FWB, VIII, 1, 196 DIAL.1, fol. 24v: wie ir nach ewrer lutherischen laer thuet. BRIEF F: vor mein person wil ich Ewer vorschonen. 2
ir /60/, Possesivpron. 3. Sg. f., FWB, VIII, 1, 196f. DIAL.1, fol. 173r: wirdet zcu dieser zceit des newen testaments den ehelichen personen nit nachgelassen noch erlewbet, das eine bei leben ires gemahels zcur andern ehe greiffen moge.
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irrig /4/, Adj. FWB, VIII, 1, 217ff., ‚strittig, umstritten, unsinnig, abwegig‘ DIAL.1, fol. 4r: Ir papisten pfleget euch sehr gerne mit eczlichen puncten, die zwischen uns irrig szein sollen, zcukutzeln. DIAL.1, fol. 35v: Ich hette sorge, die Tubinger weren auch der meinung, die sich ir Brenczius auff die iczterregte irrige opinion leget. DIAL.1, fol. 192v: und weil man dan iczo newe donatisten findet, die sich auff gleiche irrige wege legen, wil die angezceigte vorenderung, ich mochte wol sagen, die vorfelschung dieses artickels der waren kirchen nit alleine sorglich, sondern auch nachteilig szein. irrung /2/, die FWB, VIII, 1, 220ff., ‚Irrtum, abwegiges Verhalten‘ TRAKT.AM, pag. 14: die abrogation konte der irrunge wol am statlichsten abhelffen, also, das der kirchen vorbot auffgehoben und der gebrawch under beider gestalt frei gelassen werde, wie er dan am anfang der kirchen gewesen ist.
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ir /222/, Possesivpron. 3. Pl., FWB, VIII, 1, 196f. DIAL.1, fol. 16v: haben ewre hochgelarten buczer, Luther und andere zcur hessischen vorkoppelung iren willen gegeben und damit dispensiret.
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ir /11/, Reflexipron.f. Dat. Sg. DIAL.1, fol. 39v: doraus dan folgen und geschlossen wirdet, das die jungfrawschafft an ir wegerer szei dan der eheliche stand.
J jagen /1/, V. sw. FWB, VIII, 1, 258ff., ‚vertreiben‘ DIAL.1, fol. 18v: Ich habe einen kant aus ewrem hawffen, der hat newen weiber genommen, jaget die leczte von sich und wolt die zcehende auch nemen, ungeachtet ob der vorigen seiner weiber noch drei lebten.
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jammertal, das iammertal /1/, FWB, VIII, 1, 291, ‚(irdisches) Leben vor dem Tod, Elend‘ TRAKT.LIPS, pag. 9f.:Auch ist es an deme, wiewol wir zcu einem gotseligen leben durch den geist gots ernewert, werden wir doch, so lange wir in diesem iammertal wandern, in volkommene gerechtikeit nit gesaczt zcu deme, das wir on tegliche sunde durch ubereilung der bosen luste nit leben. jar, das iar /18/, iare /1/ (Dat. Sg.), FWB, VIII, 1, 294ff., ‚Zyklus von 12 Monaten‘ DIAL.1, fol. 226v: und wiewol der heilige paulus bedachte, das solche constitution und ordenung den jungen witfrawen wurde schwer fallen und wolte derhalb, das keine vor dem sechzcigiste iare ires alters angenommen wurde. PRED, pag. 17f.: die rotte aber und der oberhawptman und die dienere der Iuden namen Iesum an und bunden in und furten in auffs erste zcu annas, der war Caiphas schweher, welcher des Iares hoher priester war. jude, der iude /47/, FWB, VIII, 1, 400ff., ‚Anhänger des Judentums als Glaubensgemeinschaft‘ DIAL.1, fol. 51r: du wirdest ja kein turcke noch iude werden ader dich den secten, die due neben uns vordammest, anhengig machen? DIAL.1, fol. 197v: Die iuden, welche am anfange der kirchen zcum christlichen glawben qwamen, vormeinten, szie konten nit bei got gnade erlangen und gerechtfertiget werden, szie weren dan beschnitten und theten die werck des geseczes.
jünger, der junger /14/, junger /7/ – jungere /8/ (Nom. Pl.), FWB, VIII, 1, 432f., ‚Anhänger Jesu‘ PRED, pag. 11: alhie meinet er seine junger. dan er wolt keinen aus inen vorliren. PRED, pag. 12: alhie erzceiget die vorreterei ire wider den hern und ob wol alle vorreterei ist schentlich und beschwerlich, so ist doch die am schentlichsten und beschwerlichsten, welche die jungere wider ire meistere uben.
K kammergericht, das Cammergerichte /2/, FWB, VIII, 2, 539ff., ‚hohes Gericht einer weltlichen oder geistlichen Behörde‘ BRIEF H: Ir wollet mir auch den rechten grundt, wue und welcher gestalt sich die Erforderten von Stiefts stenden haben der holdung halber auffhalten und iren hindergang auff ein Capittel nemen wollen, Item in welchen jare burgermeister Schmidt, auch die Thanen zcur Nawmburg vom regiment zcu Zeicz appeliret haben ans Cammergerichte, wollet mich vorstendigen. BRIEF I: und weis euch auff Ewer gethan schreiben nit zcupergen, so ich den churfursten vor dem Cammergerichte werde vornemen, das euch und dem Dhomcappittel solchs forderlich sal zcuwissen gethan werden, wiewol ich das nach nit entschlossen. kampf, der kampff /4/, FWB, VIII, 2, 561ff., ‚heftige Auseinandersetzung‘ DIAL.1, fol. 135v: und sal dis mittel der gotlichen gnade deste weniger vor-
246 achten, weil er alhie stehet wie in einem kampff umb szein leben, wie iob spricht, ein steter streit ist auff erdtreich, da wider den tewffel, da wider die bose welt, da wider szein eigen fleisch, derhalb er deste mehe der hulffe gots zcur sterckung bdarff. PRED.ANL, pag. 220: darumb sal sich ein ider seiner empfangenen gnade zcu allem guten gebrawchen und in steter ubung stehen, damit er ein gut gewissen haben moge und der vorzcweiffelunge und anfechtung des tewffels am leczten ende deste leichter widerstehen moge, dann zcu dem kampff sollen wir uns unser leben lan gerust und gefast machen. kapelle, die capelle /2/, in: (neben)capelle, FWB, VIII, 2, 599ff. ‚kleines Gotteshaus, hier abwertend für die protestantische Partei‘ DIAL.1, fol. 47v: ir habet neben der waren catholischen kirche eine neben capelle nach ewrem gefallen aufbawen wollen, ehe dan ir solch werck hat dahin gebracht, das es einen schein hette der waren kirche, die irer art nach in der welt weit ausgebreitet szein mus. kapitel, das Capittel /7/, FWB, VIII, 2, 604ff., ‚Versammlung einer geistlichen Gemeinschaft‘ BRIEF K: darumb bit ich, und nachdem vorgangener zceit an mich gelanget, als solten die von der Nawmburg etwas bei dem Capittel der walh halber ansuchung gethan haben. kasel, die Cassel /2/, FWB, VIII, 2, 665f., ‚Messgewand, Mantel‘ DIAL.1, fol. 216r: so wil sich auch nit
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gezcimen, das man die andern ceremonien der messe abthue als die altaria, die kelch, casseln. kasteien, V. sw. casteien /2/, FWB, VIII, 2, 680f., ‚züchtigen, bestrafen‘ TRAKT.LIPS, pag. 39: War ist es, das das fasten vornemlich dohin gerichtet sal werden, damit man dem fleische abbreche und solchs beqwemer weise casteie. DIAL.1, fol. 116r: und durch ein gestreng leben uns selber casteien, darzcu gehort auch almus reichen und ein vleissig gebete, dan so wir uns selber richten werden, werden wir nit vom herren gerichtet, spricht der apostel. kasteiung, die casteiung /10/, FWB, VIII, 2, 681f., ‚körperliche Strafe, Zufügung von Schmerz‘ DIAL.1, fol. 25r: so las sehen, wie ir dem mutwilligen fleische weiter nachhenget. die kirche als eine getrawe mutter hat eczliche fasttage eingesaczt, damit szie ire kindere zcu christlicher zcucht und casteiung des fleischs anbrechte, auff das szie deste geschickter wurden zcum gebet und andern christlichen ubungen, und die geilheit des fleischs in inen deste leichter dempffen mochte. käufer, der kewffer /1/, FWB, VIII, 2, 715f., ‚Handelnder; jmd., der etw. kaufen will‘ PRED, pag. 138: Nun last uns den andern teil zcur hand nemen der Euangelisten von christo. und Er gieng in den tempel etc spricht und leret teglich im tempel. christus treibet alhie aus dem tempel die kewffer und vorkewffer und wil nicht haben, das aus dem tem-
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pel, welchs war ein bethaws, eine solche spelunca solte gemacht werden, darinnen man kremerei treiben solte. kein /230/, Pron. FWB, VIII, 2, 760ff., ‚nicht ein‘ DIAL.1, fol. 116rf.: due kommest alhie auff die satisfaction und genugthuung, der wir nit gesehen, weil wir keine andere, dan die genugthuung christi erkennen konnen, auch bei uns nit ermessen. DIAL.1, fol. 134r: nun konnen wir kein sacrament vor ein war sacrament annemen, welchs christus nit selber eingesaczt. DIAL.1, fol. 162r: und hat kein teil das andere angefochten, sondern ein ides das andere szeines sins walten lassen, wie sich dan aus christlicher liebe in den dingen, so freihe stehen, eigenet. keiser /7/, der FWB, VIII, 2, 765ff., ‚höchster weltlicher Herrscher‘ DIAL.1, fol. 213bv: der heilige chrisostomus lobet den keiser, das er mit purpur bekleidet, gehe zcu den grebern der martirer und sich szeines keiserlichen prachts entewssere und bittet sehende die heiligen, das szie in bei got vorbitten. BRIEF I: wiewol ich das nach nit entschlossen, dan ich suche schleunigere wege, in zcuuorsicht die sollen angehen, wen der keiser ins reich kummet. keiserisch /2/, Adj. FWB, VIII, 2, 768f., ‚zum Kaiser gehörend‘, nur in: keiserisches buch ‚Beschluss des Religionsgespräches‘ DIAL.1, fol. 7r: O lieber, schweig vom keiserischen buch und der darauf erfolgten handelung!
247 keiserlich /9/, Adj. FWB, VIII, 2, 769f., ‚dem Kaiser zugeordnet‘ DIAL.1, fol. 213bv: gehe zcu den grebern der martirer und sich seines keiserlichen prachts entewssere. kelch, der FWB, VIII, 2, 774f. 1. ‚kostbares Trinkgefäß‘ /15/ DIAL.1, fol. 156vf.: und wolte also vonnoten szein, das der, welcher das sacrament emphinge, nicht alleine das brodt essen, sondern auch den kelch kawen ader vorschlingen muste. weil dan dieser vorstand seher absurdus und so gar ungerewmet szein wolte, so mussen die wort anders, dan wie szie eigentlich lawten, gedewtet werden, nemlich das einer nit den kelche, sondern das, was im kelch ist, als das blut christi trincken sal. 2. beim Abendmahl für den Wein / das Blut Christi /4/ DIAL.1, fol. 144r: das ist mein leib, das ist der kelch des newen testaments. 3. metonymisch für den Inhalt des Kelchs /3/ PRED, pag. 5: wie werde aber die schrifft erfullet? es muss also gehen. sol ich den kelch nit trincken, den mir mein vater gegeben hat? kennen /4/, V. sw. gekant /1/ (Part. Prät.), FWB, VIII, 2, 793ff., ‚von etw. wissen‘ DIAL.1, fol. 81rf.: dan gleich wie christus, der die sunde nit gekant, sich zcur sunde vor uns gemacht und unsere missethatten auff sich geladen hat, also treget sich zcu, das der, welcher one sunde nit lebet, in christo die gerechtikeit gots wirdet, wie der heilige paulus schreibet.
248 DIAL.1, fol. 184v: und wiewol im seher nucz und gut ist, das er durch gots wort christum kenne und szeine heilwertige vordinste fasse, so ist ime doch nit weniger nucz und gut, das er ein lebendigs gedechtnus solcher vordinste halte, szeinen glawben darein richte, und in steter ubung solchs glawbens stehe, dahin dan die messe als ein recht gedenckopffer von christo eingeseczt ist. ketzer, der keczer /3/, keczere (Dat. Sg. /1/, Nom. Pl. /1/), FWB, VIII, 2, 836ff., ‚Mensch, der in Bezug auf religiöse Fragen von der gültigen Meinung abweicht‘ DIAL.1, fol. 64v: ich hette ein bedencken darob gehabt, dan wie due dich aus apostolischer schrifft zcuerinnern hast, so sollen wir die keczere nit grussen. DIAL.1, fol. 212r: und musten dennoch auch die heilige schrifft von uns stosszen, weil die von den keczern so heslich gemisbrawcht wirdet. DIAL.1, fol. 231v: dionisius, der hochgelerte bischoff zcu alexandria, that dem gifftigen keczere Basilide einen trefflichen widerstandt. ketzerei, die keczerei /7/, FWB, VIII, 2, 838ff., ‚das Abweichen von allgemein gültigen Grundsätzen in der Religion‘ DIAL.1, fol. 194v:. item das der son dem vater in der gotheit gleich szei und nicht allein der son, sondern auch der heilige geist. durch den weg ist die kirche der schweren und gifftigen keczerei (...) entladen worden. DIAL.1, fol. 195v: von der zceit an bis auff uns szeind die berurten widerwertigen keczereien gedempfft geweszen und haben der kirchen gots nit mehe schaden konnen.
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ketzerisch, Adj. keczerisch /3/, FWB, VIII, 2, 840, ‚von religiösen Grundsätzen abweichend‘ DIAL.1, fol. 192rf.: ich grubel gar nichts, sondern rede die notdorfft, zcuforderst weil die heiligen aposteln aus sonderlichem bedencken den artickel alszo gestellet, damit man die ware christliche kirche von den frombden keczerischen und schismatischen hawffen deste besser underscheiden mochte, zcu was nucze und frommen der kirchen hat man bei zceiten der unseligen donatisten, welche die kirche gar enge einzcihen und nit mehe catholisch und algemein wolten szein lasszen, wol vormerckt. kind, das kindt /16/, kint /2/, kind /13/, kinder /12/ – kindere /10/ (Nom. Pl.), FWB, VIII, 2, 902ff. 1. ‚von einer Sache / Person / Macht abhängiges Wesen‘ /40/ DIAL.1, fol. 68v: ein solcher mensch ist durch die erbsunde gots zcorne underworffen und dermassen vorterbet, das er die dinge, welche des geists szeind, nit vorstehet und zcum argen von iugent an geneigt, fellet aus einer wircklichen todsunde in die andere ist ein knecht der sunde und des tewffels und ist ein kindt des zcorns und der ewigen vordamnus alles nach inhalt gotlicher schrifft. 2. ‚Nachkomme‘ /23/ DIAL.1, fol. 35v: geben nicht eczliche der ewren vor, das die glewbigen eltern glewbige kinder geperen? kindertaufe /2/, die kindertawffe /2/, FWB, VIII, 2, 919f., ‚religiöses Ereignis, durch das das Kind in die christliche Gemeinschaft aufgenommen wird‘
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DIAL.1, fol. 52v: Nemlich im buche von der widertawffe schreibet er wider die, szo die kindertawffe nit wolten gut szein lasszen, weil szie bei der alten kirchen, welche szie nach ewrer weisze das babstumb nanten, hergebracht war. kindlein /1/, die (Pl.) ‚anbefohlener Mensch‘ DIAL.1, fol. 114vf.: aber gleichwol an gots barmherczikeit nit vorzcweiffeln, sondern durch die vorheischungen gots sich auffrichten und trosten, auch der schonen ermanung iohannes eindenck szein. Lieben kindlein, diesze ding schreibe ich euch, das ir nit sundiget. so aber einer sondigen wirdet. kindlich, Adj. kintlich /1/, FWB, VIII, 2, 924f., ‚dem Kind gemäß‘ PRED.ANL, pag. 219: bei der liebe stehet die kintliche forcht, dan wen wir lieben, dan erzcornen wir nit gerne. kirche /157/, die kirchen /64/ (Gen. / Dat. Sg.), FWB, VIII, 2, 932ff., ‚einer bestimmten Konfession zugehörige christliche Glaubensgemeinschaft‘ DIAL.1, fol. 118v: die veter gebrawchen solch wort. so gebrawcht es auch die kirche, vorgleicht doch solche genugthuung der genugthuung christi nit. TRAKT.LIPS, pag. 31: doch sal man darneben den gebrawch icziger kirche nit als unrecht anfechten, weil man weis, das christus selber den kindern hat die hende auffgeleget. TRAKT.LIPS, pag. 33: und werdens schwerlich konnen der kirchen saczungen dis fals bessern, dan die vormogen, das man die welen sal, welche rechts alters sein, gelert und eines guten unstrafflichen lebens, welchs sich dan mit
249 der lere des apostels fast vorgleicht. BRIEF A: Und wiewol ich in keinen zcweiffel stelle, Ewre Erwirden sampt andern meinen herren werden sich in dem falle der gebur wissen zcuhalten und darob sein, damit der kirchen zcu Numburg gerechtikeit und freiheit in deme nit begeben werde, so kan ich dennoch meinen pflichten nach und aus guter getrawer meinung E. Erwirden nit vorhalten, das die Ro. Keiserliche Mt zcu speier ankumen. kirchengesang /2/, der FWB, VIII, 2, 947, ‚gesungene, liturgische Handlungen im Gottesdienst‘ DIAL.1, fol. 210r: und erstlich, so viel den kirchen gesang betrifft, thuet der heilige paulus diesen beuelh, underweiset und ermanet euch under einander durch psalmen und geistliche gesenge und singet mit der gnade in ewrem herczen. BRIEF L: und wiewol unsere breuir und kirchen gesange nit ubersehen habe, do aber die einer Reformation bdorfften, bit ich, wollet mir derselbten breuir eines hierausser schicken, das ich mich zeuorsehen habe. kleid /3/, das kleide /1/ (Dat. Sg.), kleider /7/ (Akk. Pl.), FWB, VIII, 3, 1067ff. 1. ‚Kleidungsstück‘ /9/ Dial.1, fol. 216v: so ist auch schimpflich und ergerlich, da ein prister mit szeinen gewonlichen kleidern an altar trit gleich wie ein schuster ader schneider an szeine arbeit. 2. übertragen ‚Ausstattung‘ /2/ PRED, pag. 55f.: hochzciglichen kleidern bekleidet, und mit deme bei und fur seinem himmlischen vater frolich erscheinen mogen, dan seine dorfftikeit ist unser reichthumb, seine entplossung
250 unsere becleidung. nemlich mit dem kleide des glawbens, hoffnung und liebe. kloster /5/, das klostere /1/ (Nom. Pl.), FWB, VIII, 3, 1137ff., ‚Gebäude einer kirchlichen Ordensgemeinschaft‘ TRAKT.LIPS, pag. 41: so bfindet man auch iczo fast bei allen teilen, das in der schrifft und gebrawch derselbtigen im deuczschen lande die kloster personen die geschickesten seind, demnach wil in alle wege darob zcuhalten sein, das die kloster in solchem wesen bestehen mogen gotte zcu eheren. TRAKT.LIPS, pag. 42: der iungfrawen klostere seind auch der kirchen christi nucz, den an den ortern mogen neben geburlichen gots dinste vil kindere wol und christlicher weise erzcogen werden, wie dan an vil ortern geschihet. knecht /19/, der knechte /2/ (Dat. Sg.), knecht /2/ – knechte /7/ (Nom. Pl.), FWB, VIII, 3, 1186ff., ‚jmd., der Zwängen unterliegt und ihnen gehorchen muss, Sklave‘ DIAL.1, fol. 77v: und so lange der mensch dieser ernewerung mangelt, so lange bleibt er gancz unrein und ein knecht des satans und der sunde, mag wider gerecht noch gots kindt derhalb werden. DIAL.1, fol. 107rf.: macht sich durch szein auffgeblasen gemut der barmherczikeit gots unphehig, bewegt got, den hern, zcur scherffe szeines gerichts, weil er der milde und erbarmung gots nit begeret, vor welchem gericht dauid sich entseczte, da er sprach, herre gehe nicht ein in das gerichte mit deinem knechte, dan vor deinem angesicht wirdet keiner gerechtfertiget.
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knie, das knihe /4/ (nur Nom. Pl.), FWB, VIII, 3, 1203ff., ‚Teil des Beines‘ DIAL.1, fol. 43v: die ware kirche kan wol klein szein, wie sie bei der zceit noe gewesen und folgend zur zceit hieremiae, da alleine siben tawsent in israel uber waren, die ire knihe vor dem baal nit gebewgt hetten. kommen /72/, V. st. kamen /1/ – qwam(en) /7/, qweme /4/ (3. Sg. Konj. Prät.), kommen /32/ – kummen /2/ – gekummen /1/ (Part. Prät.), FWB, VIII, 3, 1289ff. 1. ‚zu einem Punkt / Ereignis kommen‘, ‚gelangen‘, ‚erscheinen‘, ‚eintreten‘ /37/ DIAL.1, fol. 45vf.: so vortrostet auch christus selber, der jungste tag nit eher kommen werde, dan das euangelium durch die gancze welt geprediget werde. 2. ‚auf etw. zubewegen‘ /30/ PRED, pag. 3: Da nun Iudas zcu sich hatte genommen die rotte und der hohen priestere und phariseer dienere, ist er dohin kommen mit fackeln, lampen und mit waffen. 3. ‚von etw. her stammen‘ /16/ DIAL.1, fol. 9v: daher ist dan kommen, das die sacramentirer eine sondere confession keiser. mt. und den stenden dazcumal uberantwortet haben. 4. auf etw. kommen ‚thematisieren‘ /6/ DIAL.1, fol. 116rf: due kommest alhie auff die satisfaction und genugthuung, der wir nit gesehen, weil wir keine andere, dan die genugthuung christi erkennen konnen, auch bei uns nit ermessen. 5. zu den Jahren / zum Alter kommen ‚alt werden‘ /6/ DIAL.1, fol. 66r: wil ich einen, der zcu szeinen iaren kommen, vor mich nemen,
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den von den iungen kindern, wie die durch die tawffe zcu christo gebracht und der kirchen eingeleibet werden sollen, hat es kein sonderlich bedencken. 6. zu Gute kommen ‚nützen‘ /3/ DIAL.1, fol. 104v: sondern erkennen, das er solches und alles, was ime sonst zcu gute kommet, nit von ime selbst, sondern von gotte habe. 7. zu Hilfe kommen ‚helfen‘ /2/ DIAL.1, fol. 57r: er werde mir in deme durch die gnade seines heiligen geists zcuhulf kommen. 8. zur Vernunft kommen ‚Einsicht haben‘ /2/ PRED.ANL, pag. 225: und wiewol wir solche gnade auch durch den wirklichen glawben in christum so wir zcu unserer vornunfft kummen emphahen. 9. zu Fall kommen ‚stürzen‘ /1/ DIAL.1, fol. 114v: das sal nun der mensch, welcher zcu fal kommen, wol beherczigen. 10. hinter etw. kommen ‚etw. erfahren‘ /1/ DIAL.1, fol. 76r: damit wir nun hinder den rechten grundt kommen, so last uns sehen, wie es umb die heiligung und uns eingegosszene gerechtikeit. 11. auf etw. kommen ‚einfallen‘ /1/ DIAL.1, fol. 9r: wie kommest due auff die rede? due thuest uns unrecht. könig, der konig /19/, konige /1/ (Dat. Sg.), FWB, VIII, 3, 1350ff., ‚Inhaber der höchsten Gewalt eines herrschaftlich organisierten Raumes‘ DIAL.1, fol. 117v: gleichwol wurde er noch mit zceitlicher straff heimgesucht, inmassen die biblischen historien im buch der konige ausweiszen. BRIEF S: Es ist under Kobelencz viel volcks zcu ros und fus zusammen kom-
251 men, hat den nachparn sorge gemacht, aber iczo ist der hawffe gemustert und zcewhet dem konige zcu Engelland zcu. können, V. sw. konnen /175/, kont /3/ – konte /37/ (1. / 3. Sg. Ind / Konj. Prät.), FWB, VIII, 3, 1367ff., ‚vermögen, im Stande sein‘ DIAL.1, fol. 29vf.: das were ein wunder, das der heilige geist von der aposteln zceit bis daher geschlaffen und das man Christum mitler weile nit so rein und lawter, als iczo durch die ewren geschihet, habe gepredigt nach predigen konnen, und szei aller erst in luther wider aufgewacht. DIAL.1, fol. 83r: und da es alhie umbs menschlich vormogen, krafft und tugend alleine zcuthun were, kont ich mich leicht mit dir vorgleichen, aber wir handeln alhie nit von dem, welchs menschlich und naturlich ist. DIAL.1, fol. 206r: von solchen saczungen redet christus, als wan einer szeinen eltern konte und solte vormoge gotlichs geseczes zcuhulffe kommen. kopf, der kopff, kopff /1/ (Akk. Pl.), FWB, VIII, 3, 1407ff., ‚Körperteil von Mensch und Tier, Schädel‘ PRED, pag. 58: Dan (wie Matheus schreibt) die voruber gingen, lesterten in und schuttelten ire kopff und sprachen, der due tempel gots zcubrichst, und bawest in in dreien tagen, hilff dir wider, bist due gots son, so steig herab vom creucze. kreuz, das creucz /15/, creucze /3/, creucz /7/ – creucze /22/ (Dat. Sg.), ‚Gerüst zur Vollstreckung der Todesstrafe‘, (übertragen für Christi Tod / Leiden am Kreuz) /58/
252 PRED, pag. 58: bist due gots son, so steig herab vom creucze. PRED, pag. 58: Ist er der konig Israhel, so steige er nun vom creucz, so wollen wir ime glewben. PRED, pag. 59f.: dan da die ungutigen lewte iren tyrannischen willen am herrn geubet und in ans creucze gebracht. krieg, der krig /6/, ‚gewalttätige Auseinandersetzung‘ PRED, pag. 136f.: wir erfaren teglich, was unserer nachparn hoher bschwerung begegnet, da mit brandscheden, da mit schweren kranckheiten, da mit krige und blutvorgissen. BRIEF L: Dan wie ich aus allem umbstenden bfinde, so hat got seine rute und geischel uber uns ausgestrecket, welchs die krige, so sich hinwider grawsamlich anlassen, desgleichen das geschwinde sterben, auch die hewschrecken, davon ir meldet, welche sich mit einer Aegiptischen straffe nurent wol vorgleichen, wol ausweisen. kriegshauptman, der krigshawptman /1/, ‚Befehlshaber einer militärischen Vereinigung, Feldherr‘ PRED, pag. 100: ob nun wol diese uberaus grosse und zcuuorn unerhorte wunderzceichen Jesu, das er der ware messias und derhalb erloser der welt were, sichtbarliche zcewgnus geben, und den Iuden die warheit vor ire awgen stelten, das sie den hern der ehren gecreuczigt hatten, wolten es doch die ansehenlichsten under inen nicht glewben, aber der Romische krigshawptman glewbet es balde und gabe dem herrn zcewgnus.
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kriegsknecht, der krigsknecht /6/, ‚Soldat‘ PRED, pag. 52: Da Nun die krigsknechte Iesum gecreucziget hatten, namen sie seine kleider und machten vier teil einem iden knechte einen teil und den rock. christlich /173/, Adj. ‚der christlichen Religionsgemeinschaft angehörend‘ BRIEF L: Ich weis euch auch nit zcuuorhalten, das ich auff das Concilium erfordert bin. wolt got, die Religion mochte des orts zcu guten, fridsamen und christlichen stande gebracht werden. krone, die crone /5/, kronen /1/ (Gen. Sg.), ‚als Fürstenkrone, Zeichen der Macht‘ TRAKT.AM, pag. 12: weil dan uns geburen wil, vleis anzcukeren, damit nit alleine fride erhalten, sonder auch besserung geschafft und die vorlorenen schaff wider zcu dem schaffstal christi gebracht werden, darob dan got einen sonderlichen gefallen hat, lauts euangelischer laer, als solt beqwem und ratsam sein, wege zcusuchen, dadurch die schleiffen und stricke der gewissen dis fals auff geloset werden, wie dan etwan die Botschafft des Concilii zcu Basel in der handelung zcwischen berurtem concilio und den stenden der kronen zcu Behemen weislich bdacht hatt. krönen, V. sw. cronen /2/, ‚auszeichnen‘ DIAL.2, pag. 62: und damit er got, als der aus sonderer milde auch szeine gaben in ime cronet, deste mehe zcudancken habe, sal er sich nach den obangezceigten grunden und regeln
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unsers christlichen glawbens in ime selbst demutigen, (und vor einen unnuczen knecht achten). künftiglich, Adv. kunfftiglich /1/, ‚der kommenden Zeit zugehörig‘ PRED.ANL, pag. 217f.: zcum dritten ist zcupredigen die hoffnung zcu gotte, welche am glawben henget, dan wer do glewbet, das im got gnedig umb christi willen und das er christo eingeleibt, der mus nit zcweiffeln, das im kunfftiglich die ewige selikeit widerfaren werde. kurfürst, der churfurst /17/, chorfurst(e) /8/, ‚Person großer Macht, die im Mittelalter berechtigt war, den König zu wählen‘ BRIEF G: Dorumb ich von unnoten achte, solchs widerumb zcu erholen. alleine bit ich, nachdem der Chorfurste sein ungeschickt und ungerecht practiciren gerne vorneinen wolte, ir wollet mir eigentlich anzceigen, was er allenthalb mit den Stieffts stenden hat zcur Nawmburg, do er Amsdorfft eingesaczt, handeln lassen. BRIEF I: und weis euch auff Ewer gethan schreiben nit zcupergen, so ich den churfursten vor dem Cammergerichte werde vornemen, das euch und dem Dhomcappittel solchs forderlich sal zcuwissen gethan werden, (...) und konte leiden, das eczliche meiner supplication berichtet worden, der churfurste zcu Brandenburg hat die oberste hewptmanschafft angenommen. kus /3/, der ‚Berührung mit den Lippen‘ PRED, pag. 11: gabe dorauff dem hern einen kus.
kussen /8/, V. sw. ‚mit den Lippen berühren‘ PRED, pag. 3f.: und der vorrether (spricht matheus) hatte inen ein zceichen gegeben und gsagt, welchen ich kussen werde, diser den greifft an. und als bald tritt er zcu Iesus, und sprach: gegrussest seist du rabbi, und kust in. PRED, pag. 13: darneben aber vorgist der herre aus gleicher liebe nit, Judas seiner mishandelungen zcuerinnern und spricht weiter, vorrettest due einen menschen also mit einem kus?
L labyrinth, der laborinth /3/, FWB, IX, 1, 9f., ‚Irrgarten‘ DIAL.1, fol. 4v: Trit ein wenig ab. wir komen in ein wusten Laborinth. wir konnen unszere zcwispalt und misheldikeit in grossen und wichtigen artickeln nicht hie vorlewckenen. lade /1/, die FWB, IX, 1, 26ff., ‚Truhe, Behälter‘ Brief E: ab es aber E. Erw. nit gelegen, auszcureisen, ader was euch sonsten gefellig, solchs wolt mir mit gegenwertigen zcuuorstehen geben, auff das ich mich dornach zu richten habe. meine lade wollet, so es sich fugen wil, auff meine unkost hieher furen und in magister Stolczen haws uberlieffern lassen. laer, lare siehe lere
254 lam, das lamb /4/, FWB, IX, 1, 61ff., ‚junges Schaf‘ DIAL.1, fol. 85vf.: dan mus nun christus nit dohin dienen, das er szie frommer mache, sondern dahin, das er ire untugend also vormentele, das szie deste freier und nit weniger schewe sich in alle laster vortewffen mogen. denen ist nun christus nit das lamb gots, welchs die sunde weg nimmet, sondern welchs die sunde der welt und lastere gut machet und gleich frei stellet. lämmlein, das lemblein /1/, ‚Lamm, junges Schaf‘ DIAL.1, fol. 186v: der schatte (spricht er) im gesecze, das ebenbilde im euangelio, die warheit im himmel vor der zceit opffert man ein lemblein, man opffert ein kalb. lampe /1/, die FWB, IX, 1, 79f., ‚Lichtquelle‘ PRED, pag. 3: Da nun Iudas zcu sich hatte genommen die rotte und der hohen priestere und phariseer dienere, ist er dohin kommen mit fackeln, lampen und mit waffen. land /1/, das lande /6/ (Dat. Sg.), lande /1/ – land /1/ (Nom. Pl.), lande /3/ (Gen.Pl.), landen (Dat. Pl.), FWB, IX, 1, 84ff., ‚Herrschaftsgebiet, Rechtsraum‘ /19/ DIAL.1, fol. 219r: erfrewet sich des und fast deste mehe christliches vortrawen zcu den inwonern der frombde lande, weil szie im hewptstucke, das ist in der religion, mit im einhellig szein, welchs an im selber umb so viel deste besserlicher ist, weil das gegenspil treffliche ergernus erreget, zcuuoraus zcwischen denen, so in einem lande siczen, welchs
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wir teglich in unsern landen inne werden. PRED, pag. 87: Da nun dise hochste stunde eingetreten, da war ein finsternus (wie matheus, marcus und lucas schreiben) uber das gancze land bis an die newnde stunde, und die son vorlor iren schein. TRAKT.AM, pag. 5: nun hette man wol wege, dawider durch ordentlichen ernst und straffe zcetrachten, wuhe man alleine die ins werck furen und volstrecken mochte, welcher volstreckung im wege lert die menge des volcks, so des sacraments under beider gestalt begeren, und sich des understehen, welchen dan auch die iczigen lewffte fast zculegen, dan nachdem die anstosenden lande sampt iren fursten und potentaten sich dem gebrawch der genissung des sacraments under beider gestalt anhengig gemacht. BRIEF V: Was die gutes werden ausrichten, werdet die zceit zcu erkennen geben. Got vorleihe seine gnade, das es allenthalb zcu seiner gotlicher eher und gemeiner besserung gereiche und diese land zcum forderlichsten wider in ruhe und fride kummen mogen. landstand, die lands stende /1/, ‚Zusammenschluss verschiedener Stände eines Territoriums‘ BRIEF V: Ich vorhoffe, die lewffte werden sich balt von der gnaden gots miltern, den die keiser. Mt zcewhet irzcu her, ht algereit an unsere lands stende eine ansehenliche trostschrifft lassen ausgehen, daraus Irer Mt ernst gegen dem feinde und gnediger wille gegen uns und diser lantschafft scheinbarlich gespuret werdet.
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laster /17/, das laster /8/ (Pl.) – lastere /4/ (Pl.), FWB, IX, 1, 336ff., ‚Verstoßen gegen Tugend und Moral‘ DIAL.1, fol. 27v: Ich bin nit in abrede, das wir auff unszerm teil mit allerlei lastern befleckt szein, aber darumb szeid ir nit entschuldiget. wan ich nun solte zu euch treten, muste ich mich mehrer besserung bei euch dan auff unszerm theil vormuten, aber ich finde bei euch nit alleine nit mehe besserung, sondern viel weniger dan bei uns. dan ob sich gleich die unszern mit lastern beladen, so lassen wir doch laster laster szein, damit sie deste ehe sich erkennen und zcu christlicher bussze greiffen mogen. DIAL.1, fol. 85v: daraus dan erfolget, das die, welche die eingegossene gerechtikeit vorachten, nit schewen noch auffhoren, sunde und lastere mit sunde und lasteren zcuhewffeln. PRED, pag. 155: got vorleihe seine gnade, das wir dises tewern schaczes zcum schanddeckel unserer groben lastere nicht misbrawchen, sondern daran sein, das wir dessen zcu christlicher besserung und allem guten genissen mogen. Im dem hern sei lob, preis und ehr in Ewikeit. Amen.
selbtigen abbrechen, aber die, welche nit wider das gesecze lawffen ader doch ausserhalb des geseczes geordenet seind, vorwirfft er nit. 3. ‚verlassen, weglaufen‘ /1/ DIAL. 1, fol. 19r: dan da er so geschwinde ist, das szie von ime gehen mus, so mag er in ewren consistorien solch sein weib anklagen, als szei szie aus ungehorsam von ime gelawffen. 4. ‚fließen‘ /1/ PRED, p. 107: und nachdem dieser stich dem hern seine seite eroffnet hat, also das blut und wasser doraus gelawffen.
laufen, V. st. lawffen /9/, lewffen /1/, lauffen /1/, lieff (3. Sg. Ind. Prät.) /1/, FWB, IX, 1, 407ff. 1. ‚gehen, fortbewegen‘ /5/ PRED, pag. 90: und balt lieff einer aus inen dahin und nimmet einen schwam, fullet in mit essig (…) und helte es ime zcum munde und er tranck in. 2. ‚richten auf‘ /5/ DIAL.1, fol. 189v: christus vorwirfft die traditiones, die dem gesecze gots widerwertig szeind, ader aber ie dem-
leben, V. sw. FWB, IX, 2, 523ff. 1. ‚existieren, von Zeitlichkeit begrenzt‘ /95/ DIAL.1, fol. 73r: dan christus, wie der heilige petrus schreibet, hat nicht alleine unszere sunde auff seinem leibe getragen, das er vor die genug thete, sondern auch das wir dero sunde hinforder entladen szein und der gerechtikeit numer leben mochten, weil wir durch seine strimen gesundt gemacht.
lauft, die nur als: läufte, pl.t., lewffte /10/, ‚Ereignisse, Zeitläufte‘ TRAKT.AM, pag. 10: derwegen so die voranderung nach gestalt der zceit und lewffte nit notwendig were, wolte ich zcu angezceigter tollerantz nit raten. TRAKT.LIPS, pag. 18: sollen die seelsorgere keines weges underlassen, irem bevolenen volcke den willen gots in diesem falle zcuuormelden und vleissig anzcuhalten, das die lewte in diesen geschwinden lewfften, do uns got mit seiner geischel scheinbarlich drawet, mit trostlicher zcuuorsicht ir leben darnach anstellen.
256 DIAL.1, fol. 93v: ich wil nit, spricht got, den tod des sonders, sonder das er sich bekere und lebe. 2. substantiviert: das Leben, leben /178/, leb /1/ DIAL.1, fol. 17r: wieviel findet man under euch, die iczo auff dem schlag bei leben ires ersten weibs andere weiber nemen? DIAL.2, pag. 9bv: auff das ein ider belonung emphahe der dinge, so er durch szein leb geubet, es szei gut ader bos. legen, V. sw. FWB, IX, 2, 613ff. 1. ‚einen Gegenstand, eine Person an einen bestimmten Ort legen‘ /12/ PRED, pag. 9: zcum andern, das sich die sunde auff in, den unschuldigen, geleget, gleich als were er dero schuld schuldige. 2. ‚berühren‘ /3/ PRED, pag. 53: Es sei dan, das in seinen henden lege meine finger in seine Negelmal und lege meine handt in seine seiten, wil ichs nicht glewben. 3. ‚aneignen, eine best. Gesinnung haben‘ /2/ DIAL. 1, fol. 192v: und weil man dan iczo newe donatisten findet, die sich auff gleiche irrige wege legen. 4. ‚gründen‘ /1/ DIAL. 2, pag. 2: wie solten wir die fechten, weil unszere confessions vorwanten diesen grundt selber legen und dorauff vil bawen. 5. phras. Hand an jn. legen ‚jm. Gewalt antun‘ /3/ PRED, pag. 4: Da traten sie hinzcu und legten die hende an Jesus und griffen in. 6. phras. seine Seele von sich legen ‚sterben‘ /1/ PRED, pag. 91: got und mensch hat den
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gewalt, welcher aller menschen und creaturen gewalt weit ubertraff, das er seine seele mocht von sich legen, die auch wider zcu sich nemen, wie er zcuuorn selber gesagt. leib /38/, der leib /3/ – leibe /10/ (Dat. Sg.), leibe /1/ (Akk. Sg.), leibe /2/ (Nom. Pl.), FWB, IX, 2, 690ff., ‚Körper‘ DIAL.1, fol. 35vf.: Wurumb vorneinet ir, das durch gots wort in der communion das brot nit in den waren leib christi und der wein in das ware blut christi vorwandelt werde, also das nach geschehener consecration das brot der substancz nach nit mehe brot szei, sondern der leib christi, und der wein nit mehe wein szei, sondern das ware blut christi. PRED, pag. 94: und die greber thaten sich auff und stunde auff viel leibe der heiligen. TRAKT.LIPS, pag. 21: es ist alhie wol gesaczt, ob gleich die gestalt dis sacraments geteilt seind, das dennoch der leib und das blut christi nit geteilet sei, sonder bei dem leibe sei das blut ungeschiden und bei dem blute der leib ungeschiden. leiden, V. st. geliden /5/ – gelitten /1/ (Part. Prät.), FWB, IX, 2, 823ff. 1. ‚einen schweren seelischen / körperlichen Zustand ertragen‘ /15/ DIAL.1, fol. 70rf.: und wolte in als szein geschepffe bis ans Ende nit vorterben lassen, sondern schickte seinen eingebornen son vom himmel heraber und lis in mensch werden und auch vor uns schmerczlich leiden und sterben, damit der unschuldige, welcher nihe keine sunde gethan, den abtrag vor uns schuldige thette.
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2. ‚zulassen, erlauben‘ /8/ DIAL.1, fol. 57r: weil es nicht wil werden, und es die zceit nit leidet, das wir lenger bei einander bleiben. 3. ‚mögen‘ /6/ DIAL.1, fol. 56r: nichts anders, dan das wir wol leiden konnen, das du dich understehest, aus ewrer laer anzcuzceigen, wie ein christ in sachen, die szein heil belangen, sol christlich underwiszen werden. 4. substantiviert: leiden /50/, ‚Erleben von Leid, Schmerz, Krankheit‘ DIAL.1, fol. 176vf.: und halte das dauor, das szie ein gedenckopffer szei des leidens und sterbens christi. DIAL.1, fol. 89rf.: last uns leczlich (...) horen, wie er von den dingen saget, dem getawfften, spricht er, wirdet das leiden christi zcur vorgebung der sunde mitgeteilet, gleich als hette er geliden und were vorstorben. leider /12/, Adv. FWB, IX, 2, 839f., ‚bedauerlicher Weise‘ TRAKT.LIPS, pag. 38: solt mans dennoch nach gelegenheit icziger zceit zcu abwendung der fresserei bei uns einfuren und nurent stracks darob halten. und sol nit alleine der speise dermassen masse geseczt werden, sondern auch dem trincken, welchs leider zcur fullerei und gots unehere bei uns deuczschen al zcu sehr misbrawcht wirt. leidlich /2/, Adv. FWB, IX, 2, 848ff., ‚erträglich‘ TRAKT.AM, pag. 10: Nachdem berurte vorenderung beider gestalt eine newerung mag einfuren, wil zcubewegen sein, wie und welcher gestalt die sal vorgenommen werden, damit sie am leidelichsten sei, dan an deme ist es, das ein ide newerung betrubet.
257 leie, der leihe /21/, FWB, IX, 2, 856ff., ‚gemeiner Kirchgänger‘ DIAL.1, fol. 164r: und mag deste weniger vorstanden werden, das der herre durch die angezcogene wort dem leihen gebure, den kelch zcutrinken. TRAKT.AM, pag. 1: Damit man vormercken moge, wie es umb solch sacrament gelegen, wollen nachvolgend drei fragen zcubewegen und darauff geburlicher underricht zcugeben sein: erstlich ob der leihe angezceigt sacrament under beider gestalt genissen moge aus nachlassung gotlichs rechtes. leihen /3/, V. st. geligen /1/ (Part. Prät.), FWB, IX, 2, 866ff., ‚etw. mit der Forderung auf Rückgabe zeitweise zur Verfügung stellen‘ DIAL.1, fol. 23r: Ich mach keinen underschid under dem interesse und achte, das einer wol so vil mag von szeinem weg geligen gelde nemen, als ime solch gelt sonsten in handeln tragen mag. lere /2/, die laer /63/, lare /2/, leer /1/, ler /1/, FWB, IX, 2, 979ff. ‚in ein System gebrachte (Glaubens)Inhalte‘ DIAL.1, fol. 29r: ia sie achten nach luthers lare, das keine sunde sei one der unglawbe. ist das nicht eine erschreckliche blintheit und vorgifftung? DIAL.1, fol. 95r: aber neben deme allem wil auch dem zcu der ersten szeiner bekerung vonnoten sein, das er sich tawffen lasse, in betrachtung das nach der laer unszers heilands keiner ins himmelreich eingehen mag, der nit zcuuorn aus dem wasser und heiligen geist widergeboren szei.
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PRED.ANL, pag. 221: dan den krigs lewten gabe er die leer, das sie sich an iren solden begnugung sein solten. TRAKT.LIPS, pag. 15: aber so ein christ in die grosseren sunde file, welche stracks wider die zcehen gebot gots lauffen und den menschen nach der ler pawli in die ewige vordamnus seczen, einem solchen ist vonnoten, seine sunde zculassen. TRAKT.LIPS, pag. 33: und werdens schwerlich konnen der kirchen saczungen dis fals bessern, dan die vormogen, das man die welen sal, welche rechts alters sein, gelert und eines guten unstrafflichen lebens, welchs sich dan mit der lere des apostels fast vorgleicht.
erkanten, so giengen sie von dem rechten wege der warheit als die irrenden schaff.
leute, pl.t. lewte /48/, ‚Menschen‘ DIAL.1, fol. 64r: Ich bin darumb hie. wiewol ich lieber andere vorstendige lewte von den dingen wolte horen reden, aber weil ich mich einmal darzcu vorpflichtet, so mus ich ime nachseczen. und wil mich vorsehen, ir werdet mir disze meine einfalt zcu gut halten.
lieben /16/, V. sw. ‚innige Zuneigung gegenüber einem menschlichen / übernatürlichen Wesen zeigen‘ PRED, pag. 57f.: aus diesem geschicht bfindet sich, wie christus seine liebe mutter seinem Iunger, welcher war Iohannes, der heilige apostel und Euangelist, (…) den er auch liebte, seiner mutter beuolen habe und dadurch uns ein exempel vorgestellet, das wir unserer eltern und freunde auch in unserer eussersten not nicht vorgessen sollen.
licht, das 1. ‚heller Schein‘ /1/ PRED, pag. 28: Aber weil sie den vorhang Moses noch vor iren awgen hatten, konten sie in das helle licht der gotlichen warheit nit sehen, noch solches erkennen. 2. ‚Feuer‘ /1/ PRED, pag. 32f.: trat zcu ime eine magd des obersten pristers und da sie sach petrus seczen und sich wermen bei dem licht und schewet in an. 3. ‚Erkenntnis‘ /1/ PRED, pag. 67: dan nachdem es inen am rechten licht des glawbens mangelte, und den son gots im fleische nicht
liebe, die 1. ‚innige Zuneigung‘ /65/ PRED, pag. 10: aber die liebe gegen dem menschlichen geschlechte truge in dahin, das er lieber sein heilig blut vorgissen und leben auffgeben, dan uns vorlassen wolte. 2. ‚christliche Nächstenliebe‘ /12/ DIAL.1, fol. 162r: und hat kein teil das andere angefochten, sondern ein ides das andere szeines sins walten lassen, wie sich dan aus christlicher liebe in den dingen, so freihe stehen, eigenet.
liegen, V. st. leit /3/ – leid /1/ (3. Sg. Ind. Präs.) 1. sich befinden /10/ TRAKT.LIPS, pag. 6: Und weil es nun umb deme rechten glawben in got dermassen liegt, wie iczo berurt ist, hat man leicht zcuerachten. 2. ‚auf etw. Wert legen, schätzen‘ /7/ TRAKT.LIPS, pag. 35: darumb wil mehe an deme gelegen sein. 3. ‚auf einer Fläche in best. Weise vorhanden sein‘ /1/
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DIAL.1, fol. 107v: das die tegliche sunde im nit zcugerechnet wirdet, ia das szie under der volkomlichsten mitgeteilten gerechtikeit christi gedacht lige. 4. phras. am Tage liegen /2/ – vor Augen liegen /1/ ‚offensichtlich sein‘ DIAL.1, fol. 2v: Ir woltet Eure spaltung und mishellikeit gerne decken, welche doch dermassen am tage leid, das szie sich nit wil decken lasszen. TRAKT.LIPS, pag. 39: darumb sollen wir uns nach gebrawch gemeiner apostolischen und christlichen kirchen zcu casteiung unsers fleisches halten, und ob herneben misbrawche eingefallen (wie leider al zcu seher vor awgen leit), sal man den auffheben und den gesunden und guten gebrawch absondern. list, der liste (Dat. Sg.) /1/, ‚(hinterhältige) Verhaltensweise, mit der die Täuschung anderer beabsichtigt wird‘ BRIEF N: Vor doctor Kreuzen sehet euch auch wol vor und getrawet ime Ewer ehr und gelewmbde nit, dan ir bfindet im wercke, das er mit betruge und argem liste umbgehet. lob /7/, das lobe /2/ (Dat. Sg.), ‚positive Anerkennung‘ PRED, pag. 86: und hirauff unser gemute und herczen in himmel erheben, damit wir der heilwertigen gnade unsers hern Iesu christi zcu zceitlichem und Ewigem heil teilhafftig werden moge. ime sei mit dem vater und heiligen geist lob, eher und preis in Ewikeit. Amen. PRED, pag. 93: fallet alhie alle auff Ewre knihe und sprechet Iesu, dem gecreuczigten, zcu lobe und euch selbst zcum besten mit glewbigen herczen ein andechtig vater unser.
259 lüge, die luge /7/ 1. ‚falsche Aussage‘ /2/ PRED, pag. 23: auff die unuorschemsten lugen wolte der her christus nichts antworten. 2. phras. Lügen strafen ‚verachten, missachten‘ /5/ DIAL.1, fol. 115rf.: sprechende kommet zcu mir alle, die ir betrubet szeid und arbeitet und ich wil euch erqwicken, kan keiner one sonderliche voruneherung und schmach der hochsten maiestat im himmel vorzcweiffeln und got in szeinen zcusagen gleich lugen straffen. lügenhaftig, Adj. lugenhafftig /1/, ‚unaufrichtig, verlogen‘ PRED, pag. 24: Doch sage ich euch, von nun an wirds geschehen, das ir werdet sehen den son des menschen siczen zcu rechten der krafft und kommen in den wolcken des himels etc, auff das erzcelt lugenhafftige angaben der zcewgen wolt christus nichts antworten. lügenprophet, der lugen prophet /1/, ‚Beschimpfung für Mitglieder des gegnerischen religiösen Lagers‘ DIAL.1, fol. 28r: wan ir ubel thuet, wollet ir solchs mit gewalt gut machen, darzcu euch dan ewre lugenpropheten mit vleisse uber helffen.
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ein weib habe, desgleichen keinem wiebe, das mehe dan einen man habe, welchs beides one ehebrecherischen freuel nit mag ubertreten werden, man vormentele es, wie man wolle. 2. ‚Mensch‘ /5/ PRED, pag. 12: dazcu sich (...) der vorrether durch gir ein gering gelt wider den allerunschuldigsten man, ja wider den heiland der welt hat bewegen lassen.
machen, V. sw. mach /1/ – mache /1/ (1. Sg. Ind. Präs.), gmacht /1/ – gemacht /42/ (Part. Prät.) 1. ‚bewirken‘ /79/ DIAL.1, fol. 99v: gewst in unszere herczen ein die innerliche gerechtikeit und macht, das wir uns in christlichen guten wercken uben, 2. ‚herstellen, fertigen, tun‘ /67/ DIAL.1, fol. 7rf: so haben dozcumal Ewre trefflichsten theologen Capito und Bucerus solch buch helffen machen. 3. ‚ausmachen, charakteristisch für etw. sein‘ /12/ DIAL.1, fol. 37v: dan die genissung machet das sacrament gleich so wenig als einer, ehe das brot im offen gebacken, in szeinem mawle backen moge. 4. ‚durchführen‘ /2/ DIAL.1, fol. 159r: wie machst due es aber mit der communion? mal /3/, das ‚bestimmter Zeitpunkt‘ BRIEF S: zcu diesem mal weis ich euch nichts mehe zeschreiben, sondern beuele euch mit andern meinen herren des capittels got dem herren. man /16/, der manne /8/ (Dat. Sg.) 1. ‚erwachsene Person männlichen Geschlechts‘ /19/ DIAL.1, fol. 19v: so feret doch das consistorium nach vorflissung des angesaczten terminus fort und separiret das weib von dem manne und erlewbet dem manne, ein ander weib zcunemen. DIAL.1, fol. 174rf.: und kan deste weniger einichen manne bei zceit des newen testaments gezcimen, das er mehe dan
mangel, der mengel /6/ – mengele /1/ (Nom. / Akk. Pl.) 1. ‚schlechte Eigenschaft, Fehler‘ /13/ PRED, pag. 68: nachdem nue von den Iuden der vorhang, davon der apostel meldet, also vor iren awgen lege, und der Neid wider unsern christus, der inen ire mengele entdeckt hatte, sie so harte geblendt hatte, das sie nicht wolten, noch konten das geheimnus unserer Erlosung in christo erkennen. 2. ‚Fehlen‘ /4/ DIAL.1, fol. 25v: wie viel findet man under euch, die vor sich selbst und aus eigenem bewegnus fasten und ir fleisch todten und mortificiren? Es were dan, das szie aus mangel der speise fasten musten? mangelhaftig, Adj. mangelhafftig /3/, mangelhafftigk /1/, ‚fehlerhaft‘ PRED, pag. 22: dan welcher gestalt die heidenschafft etwan und vor christo in finsternus der abgotterei gelegen, wie sie auch jar unfruchtbar gewesen und mangelhafftigk an glewbigen und gotseligen lewten ist offenbar. PRED.ANL, pag. 215: nachdem der mensche ane tegliche sunde nit ist in erwegung, das er in erfullung des geseczs mangelhafftig, welchs aller erst
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in iener welt mag, do volkommende liebe sein wirt, von im erfullet wirt werden. mangeln, V. sw. ‚fehlen‘ /39/ PRED, pag. 84: dan es ist nicht genug, zcuwissen, was dir mangele und zcur vordamlichen beschwerung anhenge, welchs geschihet alsdan, wan due deine sunde und missethat erkennest, sondern must auch im glawben fasten, was dir von solcher schweren sewch helffen und wie du dich solcher zcu deiner notdorfft erholen mogest, die dan in der barmherczikeit gots und dem blut christi stehet. mänlein, das menlein /1/, ‚Mann‘ DIAL.1, fol. 173rf.: derhalb dan christus solche mittel mit nachfolgenden worten abgeschnitten und auffgehoben hat: der den menschen schuff von anfang und schuff ein menlein und weiblein. und sprach, darumb wirdet der mensch vorlassen vatter und mutter und szeinem weibe anhangen und werden szein zcwei in einem fleisch. mantel, der ‚übertragen: Hülle, die das wahre Wesen verbirgt‘ /1/ PRED, pag. 22: einen umb sein leib und leben one gegrundte ursache zcubringen, ist an ime selbst hochbeschwerlich, aber viel beschwerlicher ist es, wan man dem unrechten einen solchen mantel umbhenget, das man doraus ein recht machen wil, welchs iczo (leider) in der welt seher gemein ist. Nun last uns horen die falschen gezcewgnusse.
261 markgraf, der marggraf /1/, ‚vom König eingesetzter Verwalter‘ BRIEF U: so werde ich auch berichtet, das marggraff albrecht zcu Brandenburg Dem churfursten nachzcihe, und sie algereit mit einer statlichen anzcal krigs volcks zcu Bamberg ankommen. masse /7/, die mas /3/, ‚zugemessene Menge / Umfang‘ TRAKT.LIPS, pag. 32f.: diesen sol leicht geburliche mas gegeben werden, die wale der seelsorger und Bischoffe betreffend ist davon im rechten statliche und gute vorsehung gemacht. TRAKT.LIPS, pag. 35: mit dem metropolitanus hat es algereit seine masse und ist derhalb ane not newerung zcusuchen, welche zcur einikeit nit dinstlich. mässigung, die messigung /2/, ‚Zügelung‘ DIAL.1, fol. 41vf.: item ob nun die kirche gots gleich die speise, welche got geschaffen, an ir selbst nit tadelt, so heldet szie doch vor gut, das man zcur messigung ader casteiung des fleischs sich underweilen eczlicher speise, die solchem fleische zcu viel narung gibet und solchs zcur geilheit vorursacht, enthalte. maul, das mawl /2/ – mawle /1/ (Dat. Sg.), ‚Mund‘ DIAL.1, fol. 37rf.: und wan die wort solchs nit wircken, so bleibet das brot ein backen brot und der wein ein naturlicher wein, dan die genissung machet das sacrament gleich so wenig als einer, ehe das brot im offen gebacken, in szeinem mawle backen moge.
262 DIAL.1, fol. 151r: und mus erst das sacrament durch das wort gemacht werden, ehe dan mans genissen mag, gleich so wol als man das brot nit ehe essen kan, ehe dan mans im offen gebacken, dan in szeinem mawl wirdet es kein mensche wacken konnen. meiden, V. st. meide /3/ (3. Sg. Konj. Präs.) 1. ‚ausweichen, etw. umgehen‘ /19/ DIAL.1, fol. 98r: derhalb sal er dem willen und gebotten gots vleissig gehorsamen, das arge meiden und das gute thun. 2. ‚entkommen‘ /2/ DIAL.1, fol. 107v: der entgehet dem scharffen gericht gots, welchs one barmherczikeit gehalten wirdet und erlanget die gnade bei got, das die tegliche sunde im nit zcugerechnet wirdet, ia das szie under der volkomlichsten mitgeteilten gerechtikeit christi gedacht lige und in deme, das er das scharffe gericht gots meidet, macht er ime. meidlein /1/, das ‚Mädchen, junge Frau‘ DIAL.1, fol. 54v: aber das ewre secte, dauon ir so vil heldet, so gerunczelt und ungestalt ist, wie ich oben nach der lenge angezceiget, solchs magst due dich wol vorwundern lasszen, weil szie noch so newe ist und wol einem jungem meidlein mag vorglichen werden. mein /235/, Possessivpron. DIAL.1, fol. 51v: Ich wil in der waren christlichen, das ist der alten und catholischen kirche, darinnen ich getawfft bin, bis an mein ende (…) bleiben. meinen, V. sw. 1. ‚einer best. Ansicht sein, denken‘ /16/
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DIAL.2, pag. 27: die christus sewberlich auff der zcungen tragen und doch durch ir schendlich leben lestern, ia, die da meinen, es szei genug, das szie glewben, ob szie gleich ir boses leben nummermeher bessern. 2. ‚etw. Best. im Sinn haben‘ /7/ DIAL.1, fol. 206v: so meine ich die nit, sondern der kirchen saczungen, welche dem gesecze gots nit entgegen nach hinderlich, sondern ausserhalb des geseczes eingefuret szeind und gut, auch fruchtbar szein konnen. 3. ‚mit einer best. Absicht sagen‘ /1/ DIAL.1, fol. 160rf.: Ditterich, due weist kurczlich, ich habs nit also gemeint. meinung /78/, die meinung(e) /3/ (Dat. / Akk. Sg.), ‚Ansicht, Haltung‘ BRIEF F: aber iczo weis ich euch gleichwol in geheim und vortrawter meinunge nit zeuorhalten, das ich das decretum electionis nit mit mir hierausser gebracht. BRIEF O: Euch gebe ich guter meinung zcu erkennen, das ich vor eczlichen wochen bei keiser. Mt erhalten, das Ire Mt dem Bischoffe zcu Speier und herczog Hansen zcu Simmern, Pfalczgraffen, committirt hat mit dem Churfursten zcu Sachsen, in namen Irer Mt zehandlen. meister, der meistere (Akk. Pl.) /1/ 1. ‚Bezeichnung für Christus‘ /5/ PRED, pag. 12: und ob wol alle vorreterei ist schentlich und beschwerlich, so ist doch die am schentlichsten und beschwerlichsten, welche die jungere wider ire meistere uben. Nun hat Judas Isarioth solche wider christum, seinen herrn und meister, geubet.
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2. ‚Lehrer‘ /2/ DIAL.1, fol. 40vf.: diesen irthumb haben ewre meister bei diesen zceiten ernewert, die gesaczten fast tage umbgestosszen und dargegen dem mutwilligen fleisch zcu aller szund gehulffen, weil szie die uppische fastnacht bei inen gut szein lasszen und mit grosser herlikeit, das ist mit fressen und sawffen, celebriren. meldung /15/, die immer als meldung tun / geschehen ‚berichten‘ DIAL.2, pag. 122: was aber hiraus vor frucht und nucz erwachsen mag, sal volgend an szeiner stelle meldung geschehen. TRAKT.AM, pag. 11: von der tollerancz ist oben meldung geschehen und so es dobei bleiben solte, were ane not dis orts davon weiter zcuhandeln. mensch /73/, der mensche /51/ (Nom. / Akk. Sg.), menschen(s) /108/ (Gen. / Dat. Sg, Pl.), ‚höchstentwickeltes Lebewesen‘ DIAL.1, fol. 66v: Nun wil ich erstlich melden, wie der mensch am anfange zcu christo gebracht worden und dieszes herrens zcu szeinem heil genissen. PRED, pag. 29: darumb stehet es der einsaczung halber freihe, das sacrament under einer ader beider gestalt zcugenissen, angesehen das alhie dem menschen nichts auffgeleget wirdet, sondern ime die herlichste gabe gegeben und gereicht wirdet. TRAKT.LIPS, pag. 3: hirumb ist vonnoten, das ein solch mensche, so er bekert worden, sal erstlich den sunden absterben, welchs geschihet durch rechte busse, das ist durch rew und leid der begangenen sunde mit gutem vorsacze, die hinfurder zcumeiden.
263 merken, V. sw. mercken /3/, mercke /5/ (1. Sg. Ind. Präs.), ‚spüren, erkennen‘ DIAL.1, fol. 29v: ich merck, du ergerst dich ob unszern leben. was mangelt dir aber weiter an uns? DIAL.1, fol. 165v: so mercke ich wol, due wilst den gebrawch under einer gestalt gut machen. BRIEF I: aber gleich wol mercke ich, das mich S Mt mit forderung nit lassen werden. so vorsehe ich mich, die keiser. mt worde des ungerechten des churfursten eingriffs algereit grundtlich berichtet sein. merklich, Adj. merglich /7/, ‚deutlich spür- / erkennbar‘ DIAL.1, fol. 44v: Nein, lieber Nikel, die kirche ist so gar nit geengeret, als due meinest, dan ob wol Machomet, der in morgenlanden einen merglichen schaden gethan. BRIEF I: so ist der thomtechand darvor Albersdorff bei ime, der tregt mit uns ein merglich mitleiden und wue er uns viel guts erzceigen konte. messe /40/, die ‚Gottesdiensthandlung mit Eucharistie‘ DIAL.1, fol. 167r: zcu deme halten szie nit recht messe, wie szie nach der einsaczung christi thun solten. TRAKT.LIPS, pag. 23: was aber die substancz und form der hohen messe antrifft, ist fein und mit gutem grunde angezceiget, wie die in der ersten kirchen gehalten. messpfaffe, der mespfaffe /1/, ‚abwertende Bezeichnung für katholische Geistliche‘ DIAL.1, fol. 181rf.: wir gestehen alhie keins opffers. desgleichen keines ge-
264 dechtnus, wie solchs ewre mespfaffen thun, weil die einsaczung des abentmals auff der blossen communion stehet, und des hern tod in der predigt neben der communion sal vorkundiget und bedacht werden. missbrauch, der misbrawch /7/, misbrewch /1/ (Gen. Pl.) misbrewche /11/ (Nom. / Akk. Pl.), ‚wiederholte unerlaubte Handlungen‘ DIAL.1, fol. 183v: die misbrewche, so dabei szein mogen, lob ich nicht, so kommen die nicht anders woher, dan aus sonderer personen aberglawben herflissen. hie handele ich aber von der substancz und offentlich gebrawch derselbtigen. TRAKT.LIPS, pag. 19: ob aber hiebei irgent ein misbrawch oder aberglawb eingerissen, dem mochte man wol durch die predigten abthun. TRAKT.LIPS, pag. 46: demnach ob wol zcu auffhebung der misbrewch einer guten reformation vonnoten, welche uns nit entgegen, sal man sich dennoch wol vorsehen, das man neben solchen misbrawchen die substancz der guten und fruchtbaren gebrewche nit umbstosse. missbrauchen, V. sw. misbrawchen /7/, gemisbrawcht /3/ (Part. Prät.), ‚in unerlaubter Weise handeln‘ TRAKT.LIPS, pag. 38: und sol nit alleine der speise dermassen masse geseczt werden, sondern auch dem trincken, welchs leider zcur fullerei und gots unehere bei uns deuczschen al zcu sehr misbrawcht wirt. DIAL.1, fol. 212r: und musten dennoch auch die heilige schrifft von uns stosszen, weil die von den keczern so heslich gemisbrawcht wirdet.
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mitbruder /5/, der mitbrudere /1/ (Gen. Pl.), ‚in einer Glaubensgemeinschaft Verbundener‘ TRAKT.AM, pag. 14f.: zcu solcher Enderung dadurch den gewissen unser mitbrudere dieses fals am statlichsten mochte gehulffen werden. BRIEF C: Mein willigen dinst zcuuoran, Erwirdiger und ervhester bsonderer herre und mitbruder. mitleiden /6/, das mitleidenn /1/, ‚Anteilnahme am Leid anderer‘ PRED, pag. 43f.: und weil der algereit Erlidenen schmerczlichen pein und marter halber sehr geschwecht und gekrenckt war, hat man ime trincken angeboten, nicht aus rechter erbarmung und mitleiden, das er sich erqwicken mochte, sondern die blutgirigen hunde in deste lenger peinigen. BRIEF I: aber ich hoffe, unser her got werde solchs aus gnaden wenden und zcum besten keren. ich glawbe, das die armen underthan des stiefts irre genug sein, und habe warlich mit inen ein hertzlich mitleidenn, darumb ich dan auch in meiner supplication sie Ie nit habe wollen hart anzcihen. mitteilen /19/, V. sw. mitteteilen /1/, (mitge-)teilt /5/ – (mitge-)teilet /18/ 1. ‚geben‘, ‚zukommen lassen‘ /41/ DIAL.1, fol. 87r: so teilt uns christus szeine eigene gerechtigkeit mit, auff das wir uns in ime solcher volkommenheit erholen mogen und dero wir uns in aller unszerer unuolkommenheit, betrubnus und anfechtung zcutrosten haben. DIAL.1, fol. 94v: und zcu deme einem solchen menschen die volkomlichste gerechtikeit christi mitgeteilet wirdet,
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da mit er im herrn deste mehe trostes finde, so wirdet im obberurter szein glawbe in christum zcur gerechtikeit zcugerechnet, wie der apostel zcun romern schreibet. DIAL.1, fol. 184r: war ist es, got kan wol one eusserliche mittel szeine gnade den lewten mitteteilen, aber wan due daraus schlissen woltest, das darumb die messze zcu nichts diene, so musten die heiligen sacrament als die eusserlichen mittel der gnade gots zcu nichts dienen. 2. ‚erzählen, übermitteln‘ /2/ BRIEF P: Die Acta in meiner sachen wollet dem schosser in der pforte, Michael Lemmerman, und Friczen Volckern, gleizman zcu Pegaw, mitteilen. mitwoch /2/, der 1. ‚vierter Tag der mit Sonntag beginnenden Woche‘ BRIEF E: Ewer Erw. wissen on zcweiffel, welcher gestalt meine vettern und brudere haben unsere gste und gde h. den Chorfursten zcu Sachsenn und S. g. bruder sollen meinet halben ersuchen, welchs dan ahm nestvorgangen Mitwoch geschehen. (…) Auff den mitwoch wurden meine frewnde die antwort von hochgedachten Chor. und f. anhoren. 2. Gen. als Adv.: mitwochs /2/, ‚wiederholt am Mittwoch‘ BRIEF E: Nun haben ire chor von f. g. dozcumal keine antwort gegeben, sondern die gegen der Numburg vorschoben, also das gemelte meine vettern und brudere mitwochs schirsten die an dem orte anhoren sollen. mögen, V. ptps. mogen /332/, mag /140/ – magk /1/ 1. zum Ausdruck einer Aufforderung / eines Wunsches /246/ DIAL.1, fol. 131v: gleichergestalt mus
265 er auch durch die tawffe wider von newest geboren werden, auff das ime wol szein moge. 2. ‚können, imstande sein, vermögen‘ /159/ DIAL.1, fol. 37rf.: und wan die wort solchs nit wircken, so bleibet das brot ein backen brot und der wein ein naturlicher wein, dan die genissung machet das sacrament gleich so wenig als einer, ehe das brot im offen gebacken, in szeinem mawle backen moge. 3.‚dürfen‘ /48/ Trakt.Lips, pag. 16: und weil der personen, mit denen sal dispensiret werden, desgleichen auch unserer kirchen notdorfft erheischt, solchs vorzcunemen, mag es mit keinem fuge underlassen werden. 4. zum Ausdruck einer Vermutung /20/ DIAL.1, fol. 54v: aber das ewre secte, dauon ir so vil heldet, so gerunczelt und ungestalt ist, wie ich oben nach der lenge angezceiget, solchs magst due dich wol vorwundern lasszen, weil szie noch so newe ist und wol einem jungem meidlein mag vorglichen werden. mönch, der monch /4/, ‚Mitglied eines Ordens‘ DIAL.1, fol. 40r: durch den weg hat ir monche und nonnen aus den clostern gebracht, und der jugent ursache gegeben, das szie ehe zcusammen hewraten, dan szie recht wissen, was die ehe und der ehestand erfordert. TRAKT.LIPS, pag. 40: wan man der monche und irer ordene regeln mit guten christlichen augen ansihet, mag nach kan ir stand der billikeit nach nit vorworffen werden, ist auch zcu ider zceit in der gemeinen christlichen kirchen vor gut und dem leben der lieben ersten christen fast gemes geacht und
266 gehalten worden, dienet zcu casteiung des fleisches und abzcihung von der bosen welt, auch zcu christlichen gots dinste. möncherei, die moncherei /1/, ‚die Mönche und das Klosterleben betreffend, Mönchswesen‘ TRAKT.LIPS, pag. 40: Von der Moncherei / wan man der monche und irer ordene regeln mit guten christlichen augen ansihet, mag nach kan ir stand der billikeit nach nit vorworffen werden. mühe, die muhe /1/, ‚Anstrengung‘ BRIEF F: und her Bernhardt von Droschwicz, desgleichen her Stonczsch, auch aber mit dem Senior und hern Casparn v. Wirczpurg mochte es villeicht muhe haben, doch hilte ich davor, wan sich der Senior gegn Wirzburg begebe, er werde des orts statliche und ehrliche underhaltung finden, den d[er] Bischoff doselbst, do ich jungst bei ime war, gewenete seiner mit allen gnaden. mund /6/, der mundt /3/, munde /12/ (Dat. Sg.), ‚Öffnung im Gesicht zur Nahrungsaufnahme oder zum Hervorbringen von Lauten‘ DIAL.1, fol. 122vf.: sondern in auch durch szein eigen eusserlich wort als ein heilwertig mittel zcum heil und allem gutem geholffen, dan das got mit den ersten vetern von munde zcu munde geredt hat, solchs bezcewgen die biblischen historien mehe dan in einem orte. PRED, pag. 81: und damit der heilige schecher hiran deste weniger zcweiffeln mochte, hat ime christus uber die
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vorheischungen, so der prophetischen schrifft eingeleibt waren durch seinen allerheiligsten mund dise vortrostung gethan, und die durch seine selbst warheit bekrefftigt und gesprochen, warlich sage ich dir, hewte wirst due mit mir im paredeis sein. mündlich, Adv. muntlich /2/ ‚sprechend, Wörter artikulierend‘ DIAL.1, fol. 202v: Paulus, wie ich oben vormeldet, wil, das wir nit alleine das, welchs er geschriben, sondern auch, das er muntlich tradirt hat, halten sollen. BRIEF E: Ich wolt mich gerne mit E. Erw. muntlich underreden und wolt doch dieselbtige nit gerne in vordacht seczen. müssen, V. ptps. mussen /132/, must /1/ – muste /3/ (1. Sg. Ind. / Konj. Prät.), must /2/ – muste /11/ (3. Sg. Ind. / Konj. Prät.) 1. ‚einem Zwang unterliegen‘ /134/ TRAKT.AM, pag. 9: zcuuoraus weil es darumb also gelegen, das mans nit alleine dulden mag, sondern auch dulden mus, damit grosser verat, unlust und zceruttung vorbleibe. TRAKT.AM, pag. 10: aber dohin ist es kummen, das man numals aus der not ein tugent mus machen, damit unsere kirchen nit in grossere fare gesaczt werden. 2. ‚drückt eine Vermutung mit einer hohen Wahrscheinlichkeit aus‘ /10/ DIAL.1, fol. 24r: aber dessen ungeachtet so faret ir zcu, wuchert nit alleine unuorschempt, sonder berawbet auch kirchen und kloster und mus das sibende gebot gots bei euch nichts gelten, alleine das ir die armen dibe mit dem strange richtet.
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3. ‚sollen, brauchen, dürfen‘ /5/ DIAL.1, fol. 82vf.: dis alles thut mir nit genug, dan sollen wir unser vormogen gar darnider schlahen, damit wir uns alleine im herrn rhumen, so mussen wir unszern tugenden nichts zcumessen, sondern unszere gerechtikeit alleine in christum stellen. mut, der mute /1/ (Dat. Sg.) 1. ‚Zuversicht‘ /1/ DIAL.1, fol. 89r: ich aber erhole mich des ihenigen, so mir aus mir mangelt, mit getrostem mute aus den ingeweiden des herrens. 2. phras. seinen Mut an jm. kühlen ‚seinen Zorn an jm. auslassen‘ /1/ PRED, pag. 43f.: und weil der algereit Erlidenen schmerczlichen pein und marter halber sehr geschwecht und gekrenckt war, hat man ime trincken angeboten, nicht aus rechter erbarmung und mitleiden, das er sich erqwicken mochte, sondern die blutgirigen hunde in deste lenger peinigen und iren mut an ime kulen mochte, und damit auch das dadurch er zcu vorlengerung der pein solte gesterckt werden. mutter /19/, die muttere /1/ (Akk. Pl.), ‚Frau, die ein oder mehrere Kinder geboren hat‘ DIAL.2, pag. 67: der da nit emphahen wirdet hewser und brudere und schwestern und muttere und kindere und eckere neben der vorfolgung. PRED, pag. 57: darnoch spricht er zcu dem Iunger, sihe das ist deine mutter. mutwille /10/, der ‚Bosheit, Frevel‘ DIAL.1, fol. 19vf.: Dieser proces wirdet in ewren consistorien gehalten, welcher nit alleine unformlich, sondern auch
267 widerrecht und fleischlicher geilheit und ehebrecherischer gir zcu viel nachhenget und dermassen gefuret wirdet, das er manchen ehebrecherischen buben zcu seinem mutwillen uberhilfft. PRED, pag. 60: so konten sie es doch an seinem unschuldigsten leben nicht finden, damit sie aber gleichwol nicht stille schwigen, dahin sie ir eusserster mutwille und groser Neid tribe, so haben sie sich understanden, christum, den herrn aller ehren, zcuvorspotten. mutwillig /8/, Adj. ‚leichtsinnig, boshaft‘ DIAL.1, fol. 25r: so las sehen, wie ir dem mutwilligen fleische weiter nachhenget. die kirche als eine getrawe mutter hat eczliche fasttage eingesaczt, damit szie ire kindere zcu christlicher zcucht und casteiung des fleischs anbrechte. mutwilliglich /6/, Adv. stets in mutwilliglich ausschlahen / ausschlagen, ‚ohne ersichtlichen Grund‘, ‚böswillig‘ PRED, pag. 134: aber nachdem sie sich in schwere laster gesteckt, und zcu christo nicht wenden wollen, ja auch die gnade christi mutwilliglich ausgeschlagen hatten, zcu deme das sie auch in, den aller unschuldigsten aus heslicher undanckbarkeit umbringen wurde, zceiget ir der herre christus alhie an, was ir vor eine schwere und ernste gots straffe vorstunde. TRAKT.LIPS, pag. 21: Nachdem christus in diesem falle keine zcetrennung leidet, so ist es auch an deme, das der ware leib und das ware blut christi undter der gestalt brots und weins do ist.
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N nachbar, der nachpar /2/, ‚jmd. der in der Nähe / im angrenzenden Grundstück / Land wohnt‘ PRED, pag. 136f: wir erfaren teglich, was unserer nachparn hoher bschwerung begegnet, da mit brandscheden, da mit schweren kranckheiten, da mit krige und blutvorgissen. BRIEF S: Es ist under Kobelencz viel volcks zcu ros und fus zusammen kommen, hat den nachparn sorge gemacht, aber iczo ist der hawffe gemustert und zcewhet dem konige zcu Engelland zcu. nachdem, Konj. 1. leitet kausale Nebensätze ein /60/ DIAL.1, fol. 69r: und nachdem got in das herczen des menschens sihet, lest er ime die eusserliche gerechtikeit des geseczes, darzcu die innerliche neigung des herzcens nit kommet, keins wegs gefallen. 2. leitet temporale Nebensätze ein (Nachzeitigkeit) /11/ DIAL.1, fol. 161v: dan secze, das ein apostel im abentmal, nachdem er das eine teil der eucharistien emphangen und ehe dan er das ander teil emphangen mogen, vorstorben were, hette er christum nit emphangen? 3. leitet temporale Nebensätze ein (Gleichzeitigkeit) /1/ PRED, pag. 106: Nachdem sie aber zcu christo kommen, haben sie in algereit tod gefunden und seine bein nicht gebrochen. nachforschung /1, die ‚Kontrolle, Überprüfung‘ TRAKT.LIPS, pag. 33: in summa es mangelt an der ordenung nichts, aber
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an der volstreckung und nachforschung mag underweilen mangel erscheinen, derhalb wil bei Bebstlicher ht zcusuchen sein, das ire ht an vorgehende genugsame examen und erforschung die confirmation nit thu. nachkommen /18/, V. st. nachqweme /1/ (3. Sg. Konj. Prät.), nachqwemet /1/ (2. Pl. Konj. Prät.), ‚erfüllen, Folge leisten‘ DIAL.1, fol. 26r: und kont euch mit deme, als szei unszere ordenung von fasten eine menschen saczung, nicht behelffen, dan menschensaczungen szeind in der schrifft die, welche wider gots gebot lawffen, aber unszere kirchen ordenung ist gots gebot in keinem wege entgegen, sondern dienet dahin, das wir gots gebote deste besser nachkommen. TRAKT.LIPS, pag. 5: aus welcher liebe dan volgen werde, das der glewbend dem willen gots, so vil es menschlich, gehorsamlich nachqweme und sich also in allen guten wercken ubete. nachlassen, V. st. 1. ‚erlassen, festgesetzte Regeln lockern, erlauben‘ /18/ DIAL.1, fol. 178r: derhalb must ir nachlassen und gestehen, das eben unszere messe das notwendige und eusserliche unszer opffer der kirche szei. DIAL.1, fol. 230r: zcu deme das sonsten auch, da man dem closter und stieffts personen die ehe nachlassen werde, daraus allerlei unrichtikeit und beschwerung erfolgen wolte. 2. ‚aufgeben‘ /2/ BRIEF V: des ich mich den bedancke und bitte, wollet nit nachlassen, bei den lewten, die den bescheid villeicht nit wollen wissen, anzcuhalten, das sie sich irgent an einem sichern ort, do sie
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ko. Mt geleit haben mochten, thun und erhalten. nachlassung, die 1. ‚Lockerung einer bestehenden Regel, Erlaubnis‘ /16/ TRAKT.AM, pag. 1: Damit man vormercken moge, wie es umb solch sacrament gelegen, wollen nachvolgend drei fragen zcubewegen und darauff geburlicher underricht zcugeben sein: erstlich ob der leihe angezceigt sacrament under beider gestalt genissen moge aus nachlassung gotlichs rechtes. 2. ‚Vergebung‘ /2/ PRED, pag. 116: und tregt sich zcu, wan einer sich zcu rechte nicht selber aus der straffe wircken kan, das er nachlassung ader vorzceihung aus gnade erlange. nachteil /8/, der ‚Umstand / Eigenschaft, die sich negativ auswirkt‘ DIAL.1, fol. 183r: dan wan ir gleich seher auff ewre newerung dringet, so gewinnet ir daruber nichts anders dan ewren eigenen schimpff und der kirchen, die ir innehat, hochsten nachteil, weil solchs nit ein schlechter irsal, sondern ein antichristische vorfurung ist, angesehen das der prophet daniel klar zceiget, das der antichrist neben andern der christen eusserlich opffer einreisszen werde. nachteilig /7/, Adj. ‚ungünstig, schädlich‘ DIAL.1, fol. 192v: und weil man dan iczo newe donatisten findet, die sich auff gleiche irrige wege legen, wil die angezceigte vorenderung, ich mochte wol sagen, die vorfelschung dieses artickels der waren kirchen nit alleine sorglich, sondern auch nachteilig szein.
269 DIAL.1, fol. 194r: daher ist es kommen, das in vorzceiten aus ungleichem vorstand der schrifft grosse und hoch nachteilige irsal in der kirchen erwachsen szeind. nahe /3/, Adj. nawe /2/, ‚nicht weit entfernt, in der Nähe‘ DIAL.1, fol. 122v: und auff das ich an gotts worte anfahe, ist es an deme, das das erwelte volck sich zu ider zceit des zcurhumen gehabt, das keine nation gotter gehabt, die ir so nawe gewesen als solchem volck der ware got, welcher himmel und erden erschaffen, gewesen und noch ist. PRED, pag. 46: und Iohannes sagt ferner, pilatus aber schreib eine uberschrifft und seczt sie auff das creucze (und war geschriben, was man ime schuldt gabe, als marcus anhenget), das ist Jesus von Nazareth, ein konig der Iuden. diese uberschrifft lassen viel Iuden, dan die stete war nawe bei der stad, da Iesus gecreucziget ist. nähern, V. sw. nehern /2/, refl. ‚sich auf jn. / etw. zubewegen‘ PRED, pag. 10: der herre, wie er erkentte, das judas der vorrether mit der rotte und der priestere und phariseer dienern sich neherte, flewhet er nit, vorbarg sich auch nicht, sondern ginge inen entgegen. daraus zcuuornemen, das er nit aus unuormoglikeit, nit aus gezcwang, sondern gewilliglich sich hatt fahen lassen. name, der 1. im Namen ‚unter Bezug auf eine Autorität‘ /14/ DIAL.1, fol. 65rf.: damit ich nun das werck im namen gots anfahe, so bit ich
270 got, den heiligen geist, das er mir seine gnade, one welche nichts ich guts gedencken, viel weniger vornemen noch volenden magk, mitteile und mich in alle warheit fure. 2. ‚Bezeichnung‘ /6/ DIAL.1, fol. 79r: das ir aber icziger zceit heiligung und die gerechtikeit des herczens von der rechtfertigung wollet ausschliessen, habet ir keinen fug und wil euch deste weniger geburen, solcher eingegosszener und von got gegeben tugend iren namen zcuuorandern und sie nit mehe die gerechtikeit eines christenmenschens, sondern einen angefangenen gehorsam zcunennen. namhaftig, Adj. namhafftig /5/, ‚ansehenlich, nennenswert‘ DIAL.1, fol. 25v: Wir vorbieten niemands zcufasten, wan es ime von noten szein wil, aber das es aus gezcwang auff eczliche namhafftige tage geschehen solle, fechten wir als eine menschensaczung an und nit one ursach. DIAL.2, pag. 79: da aber der herre aus gnade und milde ime, szeinem underthanen, vorspreche einen namhafftigen lon, damit er, so offt er szeine schuldige hoffarbeitet thete. nawe siehe nahe neid /8/, der neide /1/ (Dat. Sg.), ‚gehässige Gesinnung, dass jmd. einem anderen etw. missgönnt‘ PRED, pag. 48: (Welcher gestalt) die Iuden aus gefastem Neide und Grimme an deme, so sie zcuuorn tyrannischer weise gegen ime geubet, sich iar nicht ersettigen lassen, sondern seind fort gefaren und christum ans creucz gebracht.
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PRED, pag. 60: dahin sie ir eusserster mutwille und groser Neid tribe, so haben sie sich understanden, christum, den herrn aller ehren, zcuvorspotten, und haben ime vorgeworffen, darumb sie ime da billich gedanckt, in auch zcum hochsten gelobet, gepriessen und glorifiret solten haben. neigen, V. sw. geneigt /24/ – gneigt /1/ (Part. Prät.) 1. ‚gewillt sein, etw. zu tun; positive Einstellung gegenüber etw. aufweisen‘ /25/ DIAL.1, fol. 230v: aber damit ir bfinden moget, das ich zcur milterung in dingen, so sich miltern wollen lasszen, geneigt und nit gerne unnotig gezcencke wolte helffen stercken, so las ich mir gefallen, das durch ordentliche wege eines concilii dieser punct allen christen freihe gestellet werde. 2. ‚in eine schräge Lage bringen: nach unten beugen‘ /1/ PRED, pag. 93: Ich beuele meinen geist in deine hende. und neigt das hawpt und gabe seinen geist auff. nemen, V. st. nam /2/ – name /5/ (3. Sg. Ind. Prät.), genommen /18/ – gnommen /1/ (Part. Prät.) 1. ‚in seinen Besitz bringen‘ (auch übertragen) /17/ DIAL.1, fol. 17r: wieviel findet man under euch, die iczo auff dem schlag bei leben ires ersten weibs andere weiber nemen? 2. ‚sich einer Sache bedienen‘ /13/ DIAL.1, fol. 159r: due must bekennen, das das sacrament szeiner einsaczung nach freihe stehet, ob ein leihe under einer oder beider gestalt solchs nemen wollen.
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3. ‚mit der Hand ergreifen‘ /7/ PRED, pag. 90: und balt lieff einer aus inen dahin und nimmet einen schwam, fullet in mit essig. 4. auf sich nehmen ‚(er)tragen‘ /5/ PRED, pag. 71: bedachten nicht, das er nicht seine, weil er unschuldig, sondern unsere schuld, die er auff sich genommen, bezcalte. 5. vor sich nehmen ‚thematisieren‘ /2/ DIAL.1, fol. 66r: und weil ich alhie sal anzceigen, wie und welchermassen ein mensch moge wol und christlich underwiszen und zcu allem deme, welchs ime zcu szeiner selen heil gut und notwendig szein moge, angebracht werden, wil ich einen, der zcu szeinen iaren kommen, vor mich nemen. 6. phras. an die /3/ – vor die /2/ – zur /9/ Hand nehmen ‚behandeln‘ DIAL.1, fol. 160v: der beschlus volget aber aus deinen worten und wil dir zcugefallen, das wir iczo faren lassen und andere mittel an die handt nemen. TRAKT.AM, pag. 10: Nun wil ich weiter schreiten und die dritte frage vor die hend nemen. DIAL.1, fol. 122v: wolan, weil ich mich einmal eingelassen, so fare ich fort im namen gots und wil die eusserlichen mittel, dadurch uns got an sich zcewhet, zcur handt nemen. nennen /34/, V. sw. genant /12/ – gnant /2/ (Part. Prät.), ‚mit best. Namen / als etw. bezeichnen‘ DIAL.1, fol. 52r: ir moget szie nennen das babstumb, ader sonst wie ir wollet. DIAL.1, fol. 114v: das sal nun der mensch, welcher zcu fal kommen, wol beherczigen und zcu gemute zcihen, darob sich entseczen und erkennen, das er szeiner missethat halber nit wert szei ein kindt gots genant zcu werden.
271 PRED.ANL, pag. 223: item das gesecz ist ein erkentnus der sunde, daran abzcunemen ist, das das gesecz uns der sunden erinnert und zcur busse leitet, darumb es dan auch gnant ein zcuchtmeister bis zcu christo etc. neu, Adj. new /32/, naw /1/ 1. ‚aktuell, noch nicht gebraucht‘ /19/ DIAL.1, fol. 77v: ia es kan keiner got angeneme werden, so lange er den alten adam mit szeinen bosen begirden nit von sich leget und den newen adam anzceuhet, wie dan keiner zcu gleich gerecht und im herczen ein schalck szein mag. 2. in Neues Testament /14/ DIAL.1, fol. 44v: ich umbgehe alhie die herlichen vorheischungen des alten testaments. neuerung, die newerung /18/, ‚Neu- / Umgestaltung, Neues‘ TRAKT.LIPS, pag. 2: Doch mit dieser bedingung, ob etwas hirinnen begriffen, welchs eine voranderung und newerung in der kirchen christi bringen wolte, das solchs E g ratsweise wollen angezceiget und dadurch irer ordentlichen obirkeit keines wegs vorgegriffen haben, sondern wollen es mehe zcu irer erkentnus (…) gestelt haben. nicht /252/, Adv. nit /1167/, ‚drückt eine Verneinung aus‘ TRAKT.LIPS, pag. 4: es behalte ime dan gotte nach eine zceitliche pein und straffe vor, welche doch am eingange des ewigen leben nit hindert. PRED.ANL, pag. 226: und ob sie gleich nit wircklich glawben konnen (welcher glawbe bei der tawffe der erwachsen
272 sein mus not) so mangelt in dannoch der glawbe nicht. nichtiglich /1/, Adv. ‚ohne Wert, ohne Wirkung‘ TRAKT.LIPS, pag. 33: so aber der metropolitano nichtiglich ader zcu unrecht erwelet were, das alsdan die suffraganien des stiffts macht hetten, von newest zcu welen. niemand, Ind.pron. niemands /2/, niemands /13/, nimands /7/, nimand /2/, numands /1/ (Gen. Sg.) ‚kein Mensch‘ DIAL.1, fol. 55v: ausszerhalb dero kirche niemands szein heil erlangen kan. PRED, pag. 141: Wir haben im Euangelio gehort, das niemand konne zcweien herren dienen. PRED.ANL, pag. 227: darumb wirt sie vom apostel genant eine bad der widergeburt und ane die mag nimand (...) zcum newen leben kummen. PRED.ANL, pag. 221: desgleichen saget he den zcolnern, das sie die zcolle nit solten seczen, numands mit gewalt bedrangen etc. TRAKT.AM, pag. 12: dan wie wir aus dem gebot des apostels nimands gewissen in sachen, welche frei stehen, sollen beschweren. 1
noch /35/, Adv. nach /64/, in Verbindung mit einer zeitlichen Abfolge DIAL.1, fol. 18v: jaget die leczte von sich und wolt die zcehende auch nemen, ungeachtet ob der vorigen seiner weiber noch drei lebten. PRED.ANL, pag. 226: so hat es auch diese gestalt, das die tawffe die kindere, welche zcu iren iaren nach nit kummen, gleich so wol vorangezceigter masse ernewert.
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noch /29/, Konj. nach /26/, in Korrelation mit einer Negation DIAL.1, fol. 19v: und separiret das weib von dem manne und erlewbet dem manne, ein ander weib zcunemen, so es doch das consistorium nicht weis noch wissen kan, ob die ursachen vorhanden. notdurft, die notdorfft /26/, ‚dringendes Bedürfnis, Notwendigkeit‘ DIAL.1, fol. 74r: damit nun dem armen menschen, welcher in gots ungnade stehet, moge geholffen werden, erfordert die notdorfft, das er zcu gemelten brunnen des heils gebracht werde und daraus empfahe vorgebung szeiner sunde zcur vorsunung mit gotte, ernewerung des geists zcur heiligung und gerechtikeit des herczen und darneben die kintschafft gots zcum erbe des ewigen lebens. notdürftig, Adj. notdorfftig /14/, ‚notwendig, nötig‘ TRAKT.LIPS, pag. 8: und nachdem es beieinander stehen sal, das vom argem abgezcogen werde ein ider, welchen man zcum guten ermanet, were beqwem und notdorfftig, das die laster, so an einem idem orte am meisten uberhant nemen, ernstlich durch die predigere angegriffen und gestrafft werden. notdürftiglich, Adv. notdorfftiglich /2/, ‚notwendig, einem dringenden Bedürfnis entsprechend‘ BRIEF C: so balt es aber geschehen moge, wollen sie sich der sachen notdorfftiglich erkundigen und Irem chor und f.g. undertenigst bericht dorauff thun.
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nutz, der nucz /18/, nucz /1/ – nucze (Dat. Sg.) /1/, ‚Ertrag‘ DIAL.1, fol. 30rf.: war ist es, von christo konnen eure predicanten vil schweczen, aber zcu kleinem nucze des volcks, dan weil szie dem fleische so viel nachhenge(n), wie oben angezceiget, so bewegen sie das volck darzcu, das szie in mitt dem munde bekennen, aber mit der that vorlewckenen. DIAL.1, fol. 152r: diesen nucz schaffet ir uns mit ewrem unzceitigen newern. nütze, Adj. nucz /16/ 1. ‚brauchbar, nützlich‘ /11/ DIAL.1, fol. 134r: weil nun deme also und was die aposteln in einsaczung dis sacraments und der heiligen olung gethan, das es davor zcuhalten, gleich als hette die christus selber eingesaczt, wie dan die zcu ider zceit in der kirche vor ein nucz und fruchtbar sacrament gehalten worden. DIAL.1, fol. 135v: es ist eine nucze ceremonia, die uns erinnert der innerlichen salbung des heiligen geists. 2.phras. etw. ist nütze und gut /5/ DIAL.1, fol. 184v: und wiewol im seher nucz und gut ist, das er durch gots wort christum kenne. nützlich, Adj. nuczlich /5/, ‚brauchbar, Ertrag bringend‘ DIAL.1, fol. 213cv: und lassen die bitte, so zcu got gerichtet ist, uns notwendig sein, aber die bitte, die wir zcun heiligen stellen, nit notwendig, aber gleichwol nuczlich sein, weil sie zcu meherer ehererbitung gots reicht.
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ob /199/, Konj. ab /9/ 1. ‚selbst / auch wenn‘ /166/, häufig: ob (...) gleich / ob (...) wol TRAKT.LIPS, pag. 28: dan ob er gleich keinen von umbstehern hat, welcher mitcommunieret, felet es doch nit an mitcommunicanten. DIAL.1, fol. 117r: und da wir nun erstlich zcum herren keren und getawffet werden, erlangen wir durch christum nit alleine vorgebung der schuld, sondern auch aller pein, szie szei ewig ader zceitlich, aber da (man) aus der erlangten gnade widerumb ausgefallen, und nun zcu gotte wider keren, ab wir gleich vorzceihung der schuld und ewigen straffe erlangen, so pflegen wir doch die erlassung der zceitlichen straffe, so balt dan. 2. leitet indirekten Fragesatz ein /35/ DIAL.1, fol. 118r: nun stelle ich in ewer selber bedencken, ob es nit billicher sei, das ir euch der schrifft und gotlichen worts haldet, dan das ir euch ewre newerung und ertichtung davon abfuren lasszet. 3. konditional ‚wenn‘ /7/ DIAL.1, fol. 51v: Ich wil in der waren christlichen, das ist der alten und catholischen kirche, darinnen ich getawfft bin, bis an mein ende, ob got wil, bleiben. 2
ob /11/, Präp mit Dat. ‚wegen‘ PRED, pag. 58: so konte doch solchs die vorstockten, rasenden und grimmigen Iuden jar zcu keinem mitleiden ader erbarmung bewegen, sondern die belustigten sich vil mehe ob dem schmerczlichen leiden des herren.
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oberhauptman, der oberhawptman /1/, ‚oberster Befehlshaber‘ PRED, pag. 17f.: die rotte aber und der oberhawptman und die dienere der Iuden namen Iesum an und bunden in und furten in auffs erste zcu annas, der war Caiphas schweher, welcher des Iares hoher priester war.
offenbaren /1/, V. sw. ‚zu erkennen geben‘, ‚sichtbar machen‘ PRED, pag. 35: Da hat petrus abermals vorlewckenet, auch geschworen, ich kenne den menschen nit. und balt hernacher traten die ihenigen, welche do stunden, zcu petrus und sagten ime, warlich due bist auch einer aus inen, dan deine sprach offenbaret dis.
oder /4/, Konj. ader /133/ DIAL.1, fol. 106v: und bemuhen in szeine begirden, wider die er durch den geist streitten mus, dermassen, das er offt und teglich strawchelt und etwas mehr oder weniger thuet, dan er nach der volkommenen gerechtikeit thun solte. DIAL.1, fol. 124v: solch wort wirdet nun ins gesecz und euangelium geteilet. das gesecze gebewtet, was wir thun ader lassen sollen, erinnert uns unszerer sonde und furet uns zcur busse, darumb es ein erkantnus der sonde von aposteln genant wirdet, zceiget uns die wege, so wir alhie in unszerer pilgerschafft gehen sollen.
öffentlich /15/, Adj. offenlich /1/ 1. ‚für jeden hör- / sichtbar‘ /14/ DIAL.1, pag. 137vf: und lest sich solchs mit der beicht in gemein nit ausrichten, zcuforderst weil underweilen die vorborgenen sunde an inen selbst schwerer szeind, dan die man offentlich begehet. 2. ‚publiziert, veröffentlicht‘ /2/ DIAL.1, pag. 3r: haben szie sider des in offenlichen drucke solchs nit erkleret?
offenbar /12/, Adj. ‚klar ersichtlich‘ DIAL.1, fol. 113r: der grundt, auff den ir alhie bawhet, tawg nicht und fellet von im selber, was ir dorauff bawet, dan das ist ia klar und offenbar, das uns christus geraten, keuscheit zcuhalten. TRAKT.LIPS, pag. 11: den das ist offenbar und am tage, das der mensch von natur einen freihen willen hat und darneben das gesecz der natur, darnach er sich als einer guten und beqwemen regel sein lebens richten kan.
oheim /2/, der ohem /22/, ‚Blutsverwandter‘ BRIEF F: Dem Erwirdigen und Ernvhesten hern Guntern von Bunaw, Thumbdechandt zcu Nawmburg, meinen lieben freund und ohemen, zu eigenen henden. BRIEF N: grust mir hern Casparn v. Wurzburg, herren Bernhard v. Droschwicz, Ewern brudern und seine hawswirtin, m.l. oheim und mhumen. BRIEF T: Meinen ganczwilligen dinst zcuuoran Erwirdiger und Ernvhester bsonderer lieber herre und ohem. ölung, die olung /10/, ‚Krankensalbung‘ DIAL.1, fol. 129r: das sacrament der leczten olung gehoret zur dritten gnade, dan es bringet trost den betrubten menschen an irem leczten ende, wan szie des trosts am besten bdorffen.
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TRAKT.LIPS, pag. 37: das man aber diese olung vor eine ceremoni allein und nit ein sacrament und gemeine apostolische ordinancz wil halten, ist frombd zcuhoren, zcuuoraus weil man dieses sacraments gebrawch und vorordenung in der heiligen schrifft findet. one /149/, Präp. mit Akk. ane /20/, on /14/, an /1/, ‚nicht mitgerechnet‘ DIAL.1, pag. 138r: es sal geschehen. so zcweihe dinge zcusammen lawffen, also das eines one das andere nit wol und fruchtbarlich mag vorrichtet werden, wer eins dero dinge namhaftig einseczt, ob er gleich des andern in der einsaczung nit gewenet. TRAKT.LIPS, pag. 7: sonsten und ane das were im der geist der kuntschafft und heiligung vorgeblich geben. er werde auch von christo billich abgesondert und nach dem euangelischen gleichnus als ein unfruchtbar zcweig ins fewer geworffen. opfer, das opffer /34/, opfere /1/ (Nom. Pl.), ‚Gabe für Gott‘ DIAL.1, fol. 181vf.: ir ubet hirinnen ein trefflichen und, mocht wol sagen, ein unchristlichen freuel, dan das die eucharistia nicht alleine zcur communion, sondern auch zcum opffer gehore, solchs gibet nit alleine die schrifft des newen, sondern auch des alten testaments, wie dan das reine opffer der christenheit, welchs in malachias stehet, von keinem andern dan von dem opffer der kirchen sal vorstanden werden. TRAKT.LIPS, pag. 30f.: Die confirmation wil in alle wege vor ein gut und trostlich sacrament, welchs sich auff die bestetigung im guten durch den vor-
275 heischenen heiligen geist zcewhet, zcuachten sein, wie es den die gemeine christliche kirche bis doher gehalten und solchs auch seine wirckung und opfere klar anzceigen. opfern /1/, V. sw. opffern /18/, ‚Gott etw. darbringen‘ DIAL.1, fol. 181r: dan weil wir alhie eindenck szein sollen der hochsten gnade, die uns got ie erzceiget und derhalb danckbar szein sollen, ist billich, das wir das beste, so uns got ie gegeben, zcu geburlicher erzceigung und danckbarkeit opffern. DIAL.1, fol. 216r: dan wue eine religion ist, da szeind auch sacrificia. wue sacrificia szeind, da mussen auch altaria szein, auff den man opffere. or /4/, das ore /1/, ‚Organ des Hörsinnes‘ DIAL.1, fol. 182v: ist und uns mitteilest die himmelischen und ewige deine gaben, die keine awge nit gesehen, nach kein or gehoret, die auch in keines menschens hercze eingesagen, welche due denen, so dich lieben, vorbereitet hast. PRED, pag. 5: Do hat simon petrus (in massen Ioannes sagt) ein schwert und zcoge es aus und schluge des hohen priesters knecht und hieb ime sein recht or abe. PRED, pag. 5: und er ruret sein ore an und heilt in, wie lucas anhenget. orden, der ‚klösterliche Gemeinschaft‘, ordene (Gen. Pl.) /1/ TRAKT.LIPS, pag. 40: wan man der monche und irer ordene regeln mit guten christlichen augen ansihet, mag nach kan ir stand der billikeit nach nit vorworffen werden, ist auch zcu ider
276 zceit in der gemeinen christlichen kirchen vor gut und dem leben der lieben ersten christen fast gemes geacht und gehalten worden. ordnen /25/, V. sw. ordenen /2/ 1. ‚einsetzen‘ /12/ DIAL.1, fol. 27r: wie dan unszere dewczschen sider sich mehe dan eines zcu trefflichen nachteil gemeines vaterlands emporet, auch wider iren frommen keiser und von got geordenten obirkeit ir schwert gezcuckt haben. 2. ‚anordnen, anweisen‘ /7/ DIAL.1, fol. 123v: solch wort hat auch der heilige gots son nach szeiner himmelfart durch szeine aposteln zcu vorkundigen geordenet, da er spricht, gehet in die gancze welt und predigt das euangelium. 3. ‚in (angemessener) Weise regeln‘ /7/ DIAL.1, fol. 22r: wer hat nun Luther den gewalt gegeben, das er das gesecze gots mochte auffheben und deme zcuentgegen ordenen? 4. ‚überlassen, geben‘ /1/ DIAL.1, fol. 139vf.: so bdarff er doch noch der gnade, das er in dem guten, welchs er erlanget hat, bestehen und darinnen auch zcunemen moge und zcu solcher narung hat christus dem menschen szeinen eigenen leib und blut geordenet. ordnung /2/, die ordenung /33/ 1. ‚durch best. Regeln (schriftlich) festgelegte Verhaltensweise‘ /27/ DIAL.1, fol. 208r: ir wollet aber aus ewrer ordenung ein gemein gesecze machen, welchs meniglich obligire und binde und seczet also solch gesecze dem gesecze gots gleich.
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2. ‚geregelter, üblicher Zustand‘ /5/ TRAKT.LIPS, pag. 34: so hat es auch algereit mit den seelsorgern eine gute ordenung. 3. ‚Anordnung, Anweisung‘ /3/ DIAL.1, fol. 117r: dan got pfleget ime in deme falle eine zceitliche straffe nach szeiner gerechtikeit vorzcubehalten. die mus nun aus gotlicher ordenung durch die fruchte der bussze abgetragen werden. ort /19/, der ort /2/ – orte /15/ (Dat. Sg.), ortern (Dat. Pl.) /14/ 1. ‚lokalisierbarer Platz, Stelle‘ (auch übertragen) /49/ PRED, pag. 3: Nun last uns in der euangelischen historien des leidens und sterbens christi vortfaren, und an deme orte anfahen, da wirs jungst gelassen. PRED, pag. 42: Nachdem nun christus, wie in der ersten predigt angezceigt worden, sein creucz auff sich genommen und an den ort, da er solt umbracht werden, geduldiglich truge, da worden auch (als lucas schreibt) zcwene andere ubelthetere hingefurt. 2. an seinen Ort stellen ‚belassen‘ /1/ DIAL.1, fol. 12r: aber damit ich meiner art nach rund handele und nit weit umbschweiffe, so stelle ich die confession an sein ort und sage von ewrer gemein, das viel ansehenlicher stuck szeind, die mich von derselbtigen abhalten.
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P paradis /1/, das paradeis /2/, FWB, II, 1965ff. 1. ‚im Alten Testament: üppiger von Gott geschaffener Garten‘ /1/ DIAL.1, fol. 171v: so viel aber das sacrament der ehe betrifft, wissen wir alle, das got den ehelichen stand im paradeis eingesaczt. 2. ‚im Jenseits befindlicher Ort, an dem sich die nach dem Tod erretteten Seelen aufhalten‘ /2/ PRED, pag. 59: und Iesus sprach zcu ime, warlich ich sage dir, hewte wirst due mit mir im paradis seinn etc PRED, pag. 82: was ist seliger, dan im paradeis mit christo zcu sein und das Ewige leben zcuhaben? pein /17/, die FWB, III, 2, 940ff., ‚Qual, Schmerz‘ DIAL.1, fol. 114r: da nun ein solcher vor szeinem ende nit herwider kommet, hat er nichts gewisszers zcugewarten dan die pein des hellischen fewers zur ewigen qwal. peinigen /11/, V. sw. gepeinigt /4/ – gpeinigt /1/ (Part. Prät.), FWB, III, 2, 959ff., ‚starke Schmerzen / Qualen zufügen‘ DIAL.1, fol. 201r: so findet man auch die, so bose geweszen, das szie nach irem absterben in die helle geworffen, und des orts ewiglich gepeiniget und geqwelet werden. PRED, pag. 92: und in dorstet one zcweiffel, weil er so jar lange und hefftig gpeinigt war und so viel bluts aus seinem heiligen leibe vorgossen, das er gleich ausgedorret war wie ein Iude.
277 pflanzen, V. sw. gepflanczt /1/ – gpflanczt /1/ (Part. Prät.), FWB, IV, 178ff., ‚zum Anwachsen eine Wurzel in die Erde setzen‘ (auch übertragen) PRED, pag. 49: damit also alle eingerissene, hochbeschwerliche vorbitterung der gemutere und eingefalle spaltung bei uns abgestellet und wir in dir herre widerumb einig werden und bleiben mogen dargegen bruderliche liebe zcuschen uns und allen glidmassen deines leibes, welcher ist die kirche, gpflanczt werde! PRED.ANL, pag. 219: dan wan sonst der zcweick dem stam, darein er gepflanczt, ungleich wirt und in im nit fruchte traget, so vordorret er. pflegen /21/, V. sw. pflehet /1/ (3. Sg. Ind. Präs.), FWB, IV, 195ff., ‚nach Gewohnheit tun‘ TRAKT.LIPS, pag. 5: werde er got on zcweiffel lieben, in massen ein vortrawend kindt seinen lieben vater, von deme es alles guts gewartet, zculieben pfleget, aus welcher liebe dan volgen werde, das der glewbend dem willen gots, (…) gehorsamlich nachqweme. TRAKT.LIPS, pag. 11: er kan auch dargegen seinen nesten und dem gemeinen nucz guts erzceigen, welchs alles gotte nit misfellet, sonder pflehet es durch zceitliche gaben zcubelonen. pracht, der /2/ – die /1/ FWB, IV, 891ff., ‚strahlende Wirkung einer Sache‘ PRED, pag. 28: als solte das reich messiae alleine eine weltliche und eusserliche pracht sein. PRED, pag. 70: als solte das reich ires vorhofften Messias nichts anderes dan ein weltlicher pracht und gewalt sein.
278 prediger /5/, der predigere /2/ (Akk. Pl.), FWB, IV, 1034ff., ‚Verkünder des göttlichen Wortes‘ PRED.ANL, pag. 221: aber sal der prediger darauff achtung geben, das er sein volck im meisten zcu den wercken treibe. TRAKT.LIPS, pag. 8: das die laster, so an einem idem orte am meisten uberhant nemen, ernstlich durch die predigere angegriffen und gestrafft werden. preis /5/, der FWB, IV, 1051ff., ‚Lob‘ DIAL.1, fol. 121r: diesem herren und vater aller barmherczikeit szei lob, eher und preis in ewikeit. priester /6/, der prister /34/, priester /1/ – priestere /3/ – prister /7/ – pristere /2/ (Pl.), FWB, IV, 1117ff. 1. ‚ordinierter Geistlicher‘ /46/ DIAL.1, fol. 168r: und ist umb dis sacrament gestalt, in massen der heilige iacobus meldet, ist einer kranck under euch, der beruffe die pristere der kirchen zcu ime, auff das szie uber in beten und salben in mit ole im namen des herrens. DIAL.1, fol. 171r: und nachdem die priester in der gewalt des bischoffs szein sollen und nit hinwider die bischoffe in der pristere gewalt, wie der heilige ignatius meldet, so fuget sich nach rechter ordenung, das der, welcher geringer ist, von szeinem obern geordiniret werde. TRAKT.LIPS, pag. 16: das er dis fals ime selber zcu trost sich mit seiner beicht an die schlussel der kirchen halten und nach erzcelung der sunde, welche sein gewissen bschwerten, die absolution von dem prister und or-
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dentlichen diener der kirchen emphahen. 2. Hohepriester, hoher priester /16/, hoher prister /6/, ‚oberster Priester‘ PRED, pag. 3: Da nun Iudas zcu sich hatte genommen die rotte und der hohen priestere und phariseer dienere, ist er dohin kommen mit fackeln, lampen und mit waffen. punkt, der punct /14/, punct /3/ (Nom. / Akk..Pl.), punct /2/ (Gen. Pl.), FWB, IV, 1382ff., ‚Gegenstand einer geistigen Auseinandersetzung‘ DIAL.1, fol. 177r: damitt ich euch zcugefallen diesen punct notdorfftig ausfure, deucht mich erstlich, das einem christen menschen darauff achtung zcugeben szei, ob wir in der kirchen auch ein eusserlich opffer haben. DIAL.1, fol. 193v: Ich wil dirs sagen. die schrifft ist in eczlichen puncten nit leicht zcuuorstehen. DIAL.1, fol. 231rf.: auff das ich nun zcum beschlus greiffe, weil ich die punct fast alle, die bei gegenwertigen spaltungen in zcweiffel gezcogen werden, etwas kurcz und doch mit gutem grunde ausgefurt, also da ir vornemen moget, wes ir euch in der streitigen religion halden sollet, damit ir ime nit zcuviel ader zcu wenig thuet.
R rat, der rath /5/, rathe /1/ (Dat. Sg.) 1. ‚Empfehlung‘ /4/ DIAL.1, fol. 38v: und ist der vorglichenen punct einer, die ir vormoge der keiserlichen declaration nit uberschreitten sollet, welchs ir dozcumal in
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beiwesen und aus rath ewrer trefflichsten Theologen einhelliglich gewilliget hat. 2. ‚Plan‘ /2/ PRED, pag. 91: dan also ware es in deme unwandelbaren rath gots bschlossen, da bei auch sein wille war, das er nicht ehe dan die prophetien alle erfullet weren, von diser welt abscheiden solte. raten /10/, V. st. rath /2/ (1. Sg. Ind. Präs.), ‚eine Empfehlung geben‘ DIAL.1, fol. 146r: darumb rath ich meinen christen, das er einfaltige glewbe, das er in der eucharistien under der gestalt weins und brots den waren und naturlichen leib und blut christi emphahe, er szei from ader bose. räuber, der rewber, rewber /2/ – rewbere /1/ (Nom. Pl.), ‚Verbrecher‘ PRED, pag. 45: und als sie qwamen an die stat, die da heist golgata, creuczigeten sie in daselbst und zcwene ubeltheter (nemlich zcwene rewber, wie matheus meldet) mit ime auff beiden seiten, Iesus aber mitten under inen (inmassen Joannes schreibt). PRED, pag. 54: lassen auch neben ime zcwene offentliche ubeltheter und rewbere richten, auff das der unschuldigste man deste mehe vorhonet, geschmehet, gelestert und die prophetie Esaiae 53 erfullet werde. raubhaus, das rawbhaus /1/, hier übertragen ‚wüstes Durcheinander‘ DIAL.1, fol. 27r: und wiewol die redelfurer darin wenig gewonnen und sich aus gots gerechter straffe fast selber gesturczt, so deucht mich doch, dis
279 blinde und bose und vorkerte weszen habe nach kein ende nit, got sei es im himmel geclaget, dan es sollen sich noch eczliche unruige lewte, als hetten sie dazcu nit wenig lust, das sie aus unszerm loblichen vaterland nach weiter ein rawbhaws machen mochten. recht, Adj. 1. ‚richtig, wahr‘ /156/ DIAL.1, fol. 52v: nemlich wir bekennen, das im babstumb die rechte heilige schrifft szei: rechte tawffe, rechte sacrament des altars, rechte schlussel zcur vorgebung der sunde, recht predigampt, rechter catechismus. 2. phras. recht und billig ‚angemessen‘ /1/ PRED, pag. 7: dan weil sie alle drei sich an christo, an deme sie iar kein recht hatten, freuentlich und mit grosen unrechten vorgriffen, war billich und recht, das sie hengend am menschen, an dem sie recht hatten, iren gewalt vorloren. 3. ‚Gegensatz von link‘ recht /3/ PRED, pag. 26: schlehet dich einer auff deinen rechten backen, so halt im den andern. recht, das rechte /1/ (Dat. Sg.) 1. ‚Gesamtheit festgelegter, anerkannter Regeln / Normen‘ /11/ TRAKT.LIPS, pag. 36: und das sal eben der Bischoff und Babst zcu rhom sein nit von wegen der stelle, sondern von wegen petri, in des stuel er siczt, welcher dan in diesem falle aus den gotlichen rechten eine prerogative erlanget hat, in massen die alten bewerten doctores der kirchen besagen. 2. ‚berechtigter Anspruch‘ /11/ PRED, pag. 32: lassens dabei nit bleiben, sondern schlahen in mit fewsten,
280 spotten seiner darneben mit worten, damit ie die sunde nichts underlassen, dadurch sie uberflussig vordinete das sie gedempt und ire stachel vorloren ires gewalts, den sie zcu unrechte gebrawchte, mit rechte vorlustig zcuwerden. PRED, pag. 60: so griffen sie in doch mit worten an. auff das die bosheit ir hochste unrecht thete und sich am herrn dermassen vorgriffe, das sie darob ires unrechts halber sich selber storczte und also die sunde der sunde halber vordampt werde wie der heilige paulus schreibet, und ir recht am menschen vorlore. 3. zu recht /10/ – zu rechte /8/ ‚zuerkannte Berechtigung‘ DIAL.1, fol. 16rf: aber unangesehen des understehet ir euch, den ehelichen personen, auch ehe dan ir ersten gemahel gestorben ader von inen, wie sich zcu recht geburet, gesundert, andere eheweiber zcugeben. PRED, pag. 116: und tregt sich zcu, wan einer sich zcu rechte nicht selber aus der straffe wircken kan, das er nachlassung ader vorzceihung aus gnade erlange. rechtfertigung /50/, die ‚religiöse Erlösung / Lossprechung des Menschen von seinen Sünden nach seinem Tod‘ DIAL.1, fol. 74v: der rechtfertigung henget nun die kindschafft gots dermassen an, das ein ider, welcher in diesen stand trit, des ewigen erbes und lebens als balt phehig wirdet, dan wer gots kindt, ist auch szein erbe, ein erbe gots und ein miterbe christi. rede, die 1. ‚mündliche Darlegung zusammenhängender Gedanken‘ /4/
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DIAL.1, fol. 65r: Darumb mogest due wol anfahen und dich nit beschweren lasszen. da wir underweilen zcu unszerer notdorfft ein rede thun werden. 2. ‚Haltung, Gesinnung‘ /4/ DIAL.1, fol. 9r: wie kommest due auff die rede? due thuest uns unrecht. reden, V. sw. redt /1/ – redet /2/ (3. Sg. Ind. Präs.), gered /1/ – geredt /13/ (Part. Prät.) 1. ‚sprechen, mit Worten äußern‘ /37/ PRED, pag. 21: christus antwort ime ich habe freihe offentlich geredt for der welt, ich habe alle zceit geleret in der schule und in dem tempel, da alle iuden zcusammen kommen, und habe nichts im winckel geredt. was fragst due mich darumb? PRED.ANL, pag. 226: ich rede alhie von dem ordentlichen wege in der kirchen. 2. ‚sich unterhalten‘ /2/ PRED, pag. 19: Da ging der andere junger, welcher dem hohen priestere bekant war, hinaus und redet mit der thorhuterin und furet petrum hinein. DIAL.1, fol. 6r: Was redet ir so heimlich under einander? regierung, die regirung /3/ 1. ‚Herrschaft, Tätigkeit des Regierens‘ /2/ PRED, pag. 51: Dan sonsten weil sich Christus ausserhalb dieses reichs keiner regirung anmaste, hetten die Iuden mit ime nichts zcuschaffen. 2. ‚Gesamtheit der Menschen, die ein Land / eine Institution regieren‘ /1/ TRAKT.AM, pag. 13: dorwegen dan der apostel pawlus vorbewtet, das man in der kirchen regirung den lewten keinen strick anwerffe und also binde, das sein gewissen in fellen, so an inen selber frei stehen, dadurch vorleczet werden.
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regiment /5/, das ‚Herrschaft, Regierung‘ PRED, pag. 29: Weil nun die Juden solchs aus sich selbst nit erkanten, als die ire sunde und missethaten nit erkanten und durch ir hassig, neidisch und vorbittert gemute, weil sie sorge trugen, christus werde ir regiment darnider legen, gancz und jar vorblendet waren. TRAKT.AM, pag. 13: dan wie der heilige petrus gebewt, sollen wir uns keiner herschung uber die herden des christlichen volcks anmassen, sonder unser geistlich regiment mit dero Anderung und also anstellen, damit die gewissen der christen, so vil es moglich, unbeschwert bleiben. reich, das reich /3/ – reiche /2/ (Dat. Sg.) 1. ‚religiös begründet: Reich Gottes als auf Erden begonnenes und nach dem Tod vollendetes religiöses Dasein in einer von Gott geschaffenen Welt‘ /25/ DIAL.1, fol. 93v: da er sprach, weil die zceit erfullet und das reich gots herczu kommen ist, so thuet busse und gleubet dem Euangelio. PRED, pag. 69: vorstunden auch die prophethien vom reiche des zcukunfftigen christi und Messiae alleine, vormeinten, der zcukunfftige Messias solte sein reich zcum gewalt und pracht in der welt auffrichten. 2. ‚Herrschaft, Kraft‘ /2/ PRED, pag. 6: und nachdem das geheimnus icztberurtes leidens christi dohin gerichtet war gleich wie dem tewffel, aus deme das er sich an dem unschuldigen blut christi vorgreiffen werde, sein reich solte gebrochen werden. 3. ‚größeres Territorium als Herrschaftsgebiet‘ /2/
281 BRIEF I: dan ich suche schleunigere wege, in zcuuorsicht die sollen angehen, wen der keiser ins reich kummet, wie man sich dan vorsihet das balde geschehen sal. reichen, V. sw. reiche /1/ (3. Sg. Konj. Präs.) 1. ‚geben, hinstrecken, -halten‘ /12/ PRED, pag. 44: die blutgirigen hunde in deste lenger peinigen und iren mut an ime kulen mochte, und damit auch das dadurch er zcu vorlengerung der pein solte gesterckt werden, mit argem vormenget were, seine des hern schmerczen zcumehern, reichten sie im nicht wein, sondern essig, und nicht alleine essig, sondern essig mit bitterer galle vormenget. TRAKT.LIPS, pag. 23: item das man den kindern gleich so vil das sacrament reiche als den erwachsenen. 2. in der Bedeutung von gereichen ‚resultieren in‘ /2/ DIAL.1, fol. 213cv: und lassen die bitte, so zcu got gerichtet ist, uns notwendig sein, aber die bitte, die wir zcun heiligen stellen, nit notwendig, aber gleichwol nuczlich sein, weil sie zcu meherer ehererbitung gots reicht. 3. ‚sich geziemen‘ /1/ DIAL.1, fol. 210v: und wiewol einem iden christen geburet, Got vleissig anzcuruffen, so reicht doch solchs vornemlich in der prister offentlich ampte. daher hat der heilige paulus szeinem timotheo gebotten, vor alle, szie szeien hohes ader nideriges standes, zcubitten. reichstag /6/, der ‚Versammlung der deutschen Reichsstände‘, reichstage /3/ (Dat. Sg.) DIAL.1, fol. 4r: Lieber Nickel, ich weis, das ir Wittenberger sehr zcornet, wan
282 man dieser spaltung gewenet. nun lest szie sich nit mehe vorbergen. sie stehet vor awgen. sie ist auff iungstem reichstage durch die geschehene Relation in publica acta imperii kommen. BRIEF A: so kan ich dennoch meinen pflichten nach und aus guter getrawer meinung E. Erwirden nit vorhalten, das die Ro. Keiserliche Mt zcu speier ankumen und des vorhabens ist, auffs forderlichste gegn Regensburg zcuzciehen und des orts den Reichstag anzcufahen. reinigen /11/, V. sw. reinen /1/, ‚säubern, von Schmutz befreien‘ (auch übertragen) PRED, pag. 108: Nemlich das blut zce abwaschunge unserer sunden und missethaten, wie der heilige Iohannes davon zcewget und spricht, und sein blut reiniget uns von aller bosheit. TRAKT.LIPS, pag. 16: herre got, reine mich von meinen vorborgenen sunden. reisen /4/, V. sw. ‚unterwegs sein, in / durch ein Gebiet kommen‘ DIAL.1, fol. 218vf.: dan da einer durch italien, franckreich, spanien, polen ader ungern reiset, der wirdet aus dem underschid der sprachen, sitten und landsgebrewch bfinden. BRIEF E: Wan es Ewre gelegenheit geben wolte, das wir morgen zceitlich zcu Twchern zcusammen qwemen, dohin wolte ich gerne reisen, doch stelle ichs zcu E. Erw. gelegenheit. religionshandlung, die religionshandelung /1/, ‚Religionsgespräch, Verhandlung zwischen Teilnehmern verschiedener religiöser Parteien‘ DIAL.1, fol. 6r: Damit aber das angestelte gespreche zcwischen uns ungehindert bleibe, wil ich meine frage faren
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lasszen und begere alleine des berichtet zusein, wurumb ir mich nit lieber zcu der gepflogenen und gewilligten regensburgischen religionshandelung weiset. reue, die rewe /2/, rew /2/, rhew /1/ – rewe /1/ (Dat. Sg.), ‚tiefes Bedauern, Schmerz über eigenes Fehlverhalten‘ PRED, pag. 38f.: das anschawen war nit ein vorgeben, sondern ein krefftig werck durch die gnaden gots, welchs nit alleine petrus der wort christi erinnerte, sondern auch sein hercz durchdrunge und zcu rechter rewe bewegte, wie dan die rechte christliche rewe und busse sich one die gnade gots im herczen des menschens nit erheben kan. PRED.ANL, pag. 215: und alsdan ist unsere rew volkomlich, wan wir von sunden lassen mit herczlichem vorsacz, die nit mehe zcethun und erkennen, das wir der gnade darzcu bdorffen etc TRAKT.LIPS, pag. 3: und mag sich also der wirklichen sunde nit enthalten. hirumb ist vonnoten, das ein solch mensche, so er bekert worden, sal erstlich den sunden absterben, welchs geschihet durch rechte busse, das ist durch rew und leid der begangenen sunde mit gutem vorsacze, die hinfurder zcumeiden. rok, der rock /5/, ‚Kleidungsstück, Mantel‘ PRED, pag. 52: Da Nun die krigsknechte Iesum gecreucziget hatten, namen sie seine kleider und machten vier teil einem iden knechte einen teil und den rock. der rock aber war ungenehet, von oben an gewircket durch und durch.
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ros /1/, das ‚Pferd‘ BRIEF S: Es ist under Kobelencz viel volcks zcu ros und fus zusammen kommen, hat den nachparn sorge gemacht, aber iczo ist der hawffe gemustert und zcewhet dem konige zcu Engelland zcu. rotte /10/, die ‚Schar, Menge, militärische Abteilung‘, oft pejorativ DIAL.1, fol. 43rf: wan wir von der kirche reden, handeln wir nit von dem heidnischem ader iudischem hawffen, sondern von der christlichen gemein und vorsamlung, welche irer eigenschafft nach algemein szein mus, damit szie von den keczerischen und schismatischen rotten underschiden und abgesondert werde. PRED, pag. 3: Da nun Iudas zcu sich hatte genommen die rotte und der hohen priestere und phariseer dienere, ist er dohin kommen mit fackeln, lampen und mit waffen. rotten /1/, V. sw., refl. ‚eine Gruppe bilden, in Scharen versammeln‘ PRED, pag. 61: und solche schmeliche vorhonung tribe der gemeine man, die krigsknechte, die gewaldigen, die hohen priestere und schrifft gelerten, desgleichen auch der eine schecher am creucze und rotteten sich gleich von allen seiten die lewte wider den herrn, in zcupeinigen, und ire eusserste bosheit gegen ime auszcugiessen. rufen /2/, V. st. rieff /1/ (3. Sg. Ind. Prät.), ‚mit kräftiger Stimme äußern‘ PRED, pag. 93: und (wie lucas anhenget) rieff Jesus lawt und sprach, vater, Ich beuele meinen geist in deine hende.
283 ruhe /4/, die ruge /2/ 1. ‚von äußeren Einflüssen ungestörter Zustand‘ /4/ TRAKT.LIPS, pag. 1: Erstlich wil zcum eingange anzcuzceigen sein das hochlich begern, das man die streitigen artikel unserer heiligen religion vorgleiche und in eine christliche einikeit zcihe, damit die spaltung, welche uns deuczschen zcu diser zceit am zceitlichen und ewigen unausprechlichen schaden zcufuget, auffgehoben und allenthalben das vorgenommen werde, dadurch besserung geschafft, gots ehere erhalten und die kirche christi in gute und christliche ruhe gestalt werde. 2. in: ewige Ruhe ‚auf den Tod folgendes religiös begründetes Dasein‘ /2/ DIAL.1, fol. 233rf.: deste mehe wil euch geburen, das ir euch der von mir vorgeschlagenen mittel und wege haltet, und gehet die von mir gezceigten alten wege, darinnen ir nach prophetischer vortrostung ruge ewren seelen finden moget. ruhen /2/, V. sw. rugen /12/ 1. ‚als Stütze, Fundament fungieren‘ /8/ DIAL.2, pag. 6: dis szeind nun die rechten grundtfesten, darauff eines iden christen heil stehet und ruget. 2. ‚entspannen, verharren, ausruhen‘ /4/ DIAL.1, fol. 88v: in dem schlaffe ich. in dem ruge ich one sorge. alle meine hoffnung ist im tode meines herrens. sein tod ist mein vordinst, meine zcuflucht, mein heil, mein leben und meine aufferstehung. 3. ‚stillgelegt sein, stilllegen‘ /2/ BRIEF T: wue nit, mus ich gleichwol die sache nit rugen lassen, ob got durch andere wege wolte seine gnade erzceigen.
284 rute /2/, die ‚übertragen: Instrument zur Züchtigung‘ PRED, pag. 137: das wir solchs alles wol zcu gemute fassen und betrachten, uns auch dermassen zcu rechter, warer busse und besserung unsers lebens schicken, auff das wir der zceitlichen rute und der Ewigen pein entgehen mogen. BRIEF L: Dan wie ich aus allem umbstenden bfinde, so hat got seine rute und geischel uber uns ausgestrecket, welchs die krige, so sich hinwider grawsamlich anlassen, desgleichen das geschwinde sterben, auch die hewschrecken, davon ir meldet, welche sich mit einer Aegiptischen straffe nurent wol vorgleichen, wol ausweisen.
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sache /42/, die ‚Angelegenheit, inhaltlicher Gegenstand‘, sachen /1/ (Dat. Sg.) DIAL.1, fol. 132r: gleichwol saget in christus, es were dan sache, das er von inen abschide, wurde der troster der heilige geist zcu inen nicht kommen. DIAL.1, fol. 159r: Der weis schier mehe bescheids umb unszere sache dan wir selber.
chet und aus argem guts, und ladet also auff euch das prophetische, wie davon Esaias saget. DIAL.1, fol. 31r: aber lieber, sage uns, weil due dich an uns nit halten wilst, wue hin wilst due dich den halten, den das Ewr Babstumb nit tawg. DIAL.1, fol. 206r: die menschen saczungen las ich nit gut szein, sondern sage mit christo und Esaia, das man vorgeblich solche menschen gebot lere. PRED, pag. 4: suchet ir den mich, so last die gehen, auff das das wort erfullet werde, welches er gsaget. PRED, pag. 23: dan der herre hat nit geredt, ich werde den tempel aufflosen ader einreissenn, sondern er sagte ausdrucklich, reisset ir disen tempel ein, und meinet nicht den judischen tempel, welchen menschen hende gemacht hatten. PRED, pag. 24: christus aber schwig und saget nichts. PRED, pag. 88: solchs ist nach rechter dolmetschung soviel gsagt, Mein got, Mein got, wurumb hast due mich vorlassen? PRED, pag. 143: spricht Er weiter, darumb sag ich. DIAL.1, fol. 49r: weil nun, wie ich gesagt, dem also, was solte mich dan bewegen, das ich mich an ewere religion henge? wie mus ich doch meines heils so gar vorgesszen szein?
sagen /62/, V. sw. sag /1/ – sage /12/ (1. Sg. Ind. Präs.), saget /40/ (3. Sg. Ind. Präs.), saget /1/ (3. Sg. Ind. Prät.), sagte /10/ (3. Sg. Ind. Prät.), sage /5/ (Imp. Sg.), gesagt /20/ – gesaget /8/ – gsagt /4/ – gsaget /1/ (Part. Prät.), ‚aussprechen, Wörter / Sätze artikulieren‘ DIAL.1, fol. 12r: dan ich bfinde erstlich, das ir aus dem gutem arges ma-
sakrament, das sacrament /192/, sacrament /30/ – sacramente /1/ (Dat. Sg.), sacrament /36/ – sacramente /1/ (Nom. / Gen. / Akk. Pl.), sacramenta /2/ (Pl.), ‚traditionelle zeichenhafte Handlungen, die die Gnade Gottes vermitteln‘ DIAL.1, fol. 3r: ist die laer vom freihen willen, von der rechtfertigung, von guten wercken, von dem heilwertigen
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sacramente des leibs und bluts Christi vor gering scheczig zcu achten? DIAL.1, fol. 20rf.: weil ir das sacrament der ehe gar darnider schlahet und nit nachgeben wollet, das ein underscheid szei zcwischen der ehe, welche under dem gesecz gewesen, und der christen ehe, die alleine zcwischen zcweien personen nach der ersten einsaczung der ehe szein sal. DIAL.1, fol. 34r: die christliche kirche hat siben sacramenta emphangen. DIAL.1, fol. 126v: das die sacrament den glawben erwecken, gestehen wir, aber das szie die gnade reichen sollen, konnen wir euch nicht einrewmen. DIAL.1, fol. 189v: zcum dritten sollen wir alle traditiones, veritatis und sacramente, wie die bei der algemeinen kirchen vor alters herkommen und auff uns bracht, war und gut szein lasszen. sakramentierer, der sacramentirer /10/, ‚im Streit um die Abendmahlstheologie lutherisches Schimpfwort für Gegner, die die Realpräsenz ablehnten‘ DIAL.1, fol. 147rf.: wie du weist, das unser doctor luther sich in deme hefftig wider die zcwinglianer erzceiget, welche die gegenwertikeit des leibs und bluts christi im sacrament vorneineten, und das er den sacramentirer iren irsal statlich auffgestochen und widerleget hatt. DIAL.1, fol. 148r: gesellen sich die nit zcum teil zcu den newen sacramentirern? sakramentiererei, die sacramentirerei /1/, ‚Schimpfwort in Bezug auf die Abendmahlspraxis für die Parteien, die die Realpräsenz Christi ablehnten‘ DIAL.1, fol. 158r: weil ich bfinde, das
285 icztberurte ewre newerung und ertichtung eine sacramentirerei mit sich bringet. sakramentierisch, Adj. sacramentierisch /3/, pejorativ, ‚in Bezug auf die Abendmahlspraxis die Realpräsenz Christi ablehnend‘ DIAL.1, fol. 153rf.: und mich wundert, weil szie nicht sacramentirer szein wollen, das szie sich mit den irsaln beladen mogen, welche doch an inen selbst gancz sacramentirisch szeind und machen aus dem sacrament ein blos backen brot, zcu deme das szie zcu einer erschrocklichen abgotterei ursache geben, davon ich newlich meldung gethan. satzung, die saczung /18/, saczunge /1/ (Gen. Sg.), ‚Verordnung, gesetzliche Bestimmung‘ DIAL.1, fol. 205v: so hore ich wol, due lest solche saczung auch gut szein. TRAKT.AM, pag. 14: zcuuoraus, weil das ihenige, des sie begeren, an im selber nit unrecht ist, und wan hirczu die abrogation der saczunge der concilien zcu Constanz und Basel desgleichen auch die dispensation ordentlicher obirkeit dinstlich wil zcuerwegen sein, welche man alhie gebrawchen solle. säuberlich, Adj. sewberlich 1. ‚gewissenhaft, gründlich‘ /9/ DIAL.1, fol. 217r: so wirdet auch der gebrawch solcher eleuation in liturgia chrisostomi sewberlich angezceigt neben den anhengenden erinnerungen des pristers, da er spricht, sanctus sanctus, aus welchen worten zcuuornemen, das diese ceremonia nit vorgeblich eingesaczt.
286 2. ‚sauber, rein‘ /1/ PRED, pag. 32: und ob sie gleich nach irem eusserlichen scheine sewberlich waren, wie die (...) innerlich aber voller unreinikeit, bosheit, und gifft nach bsagung der schrifft. schaden /4/, V. sw. schad /1/ (3. Sg. Ind. Präs.), ‚nachteilig sein‘ DIAL.1, fol. 85v: wollen doch, das inen solchs nit schade, weil szie diesen iren wust mit der gerechtikeit christi decken mogen, dan mus nun christus nit dohin dienen, das er szie frommer mache, sondern dahin, das er ire untugend also vormentele. DIAL.1, fol. 160r: aber zcuuorn, da sie nit solche wissenschafft hatten, schad inen das sacrament under einer gestalt nichts. schaf, das schaff /1/, schaff /2/ (Nom. Pl.), ‚Haustier, das Wolle liefert‘ PRED, pag. 25: wie ein schaff wirdet er zur schlacht gfurt werden und wie ein lemlein in gegenwertikeit des, so im die wolle abnimmet, wirdet Er stille schweigen und sein mund nit auffthun. PRED, pag. 67: so giengen sie von dem rechten wege der warheit als die irrenden schaff. TRAKT.AM, pag. 12: damit nit alleine fride erhalten, sonder auch besserung geschafft und die vorlorenen schaff wider zcu dem schaffstal christi gebracht werden. schaffen, V. st. schaffe /2/ (3. Sg. Konj. Präs.), geschaffen /10/ – gschaffen /1/ (Part. Prät.) 1. ‚(neu) entstehen lassen, erzeugen‘ /28/
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DIAL.1, fol. 173rf.: derhalb dan christus solche mittel mit nachfolgenden worten abgeschnitten und auffgehoben hat, der den menschen schuff von anfang und schuff ein menlein und weiblein. 2. ‚von einem Ort zum anderen transportieren, herbeibringen‘ /2/ PRED, pag. 24: und ob er gleich solch gezcewgnus leicht hette widerlegen konnen, so bfunde Er doch, das es nichts furtragen werde, zcuforderst weil die, welche sich dozcumal understunden, uber inn zcurichten seine ergste feind waren, die auch solche falsche gezcewgen selber geschafft hatten. 3. ‚jm. etw. anhaben‘ /1/ DIAL.1, fol. 30v: Veit, wir schaffen dem menschen nichts. er wil gar nit an unszere augspurgische confession. schafstal, der schaffstal /1/, ‚trockener Platz für Schafe‘ TRAKT.AM, pag. 12: Und wiewol durch solche gedult das arge wol kan uberwunden und die ungehorsamen gereiczet werden, das sie deste ehe fride halten, sich auch entlich erkennen, so werden doch durch den weg solcher lewte gewissen nit erlediget, weil dan uns geburen wil, vleis anzcukeren, damit nit alleine fride erhalten, sonder auch besserung geschafft und die vorlorenen schaff wider zcu dem schaffstal christi gebracht werden. schalk, der schalck /2/, ‚leichtfertiger Mensch‘ DIAL.1, fol. 77v: sal er nun gerechtfertiget und got angeneme werden, mus er von notwegen vorgebung szeiner sunde und die ernewerung des geists, ia die heiligung und die gerechtikeit des
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herczens haben, sal er anders vor got sein, ia es kan keiner got angeneme werden, so lange er den alten adam mit szeinen bosen begirden nit von sich leget und den newen adam anzceuhet, wie dan keiner zcu gleich gerecht und im herczen ein schalck szein mag. DIAL.2, pag. 39f.: konte sich zcutragen, das einer zcugleich vor gerecht mochte gehalten werden, der doch im herczen wider from nach heilig, sondern ein schalck were, welchs ime doch keiner, so der gotlichen dinge erfaren, trawen lest. schall, der schal /1/, ‚nachhallendes Geräusch‘ PRED.ANL, pag. 226: und bekummen dadurch den heiligen geist und den glawben durch den schal der gotlichen wort, so der prister uber das kint spricht, dan durch das gehor des glawbens emphahen wir den heiligen geist, wie der apostel zcun galatern schreibet. schändlich, Adj. schendlich /9/, ‚unerhört, niederträchtig‘ DIAL.1, fol. 131v: diese heilwertige fruchte der tawffe sal ein ider christ wol betrachten und in szein gemute schlissen, sich auch deste vleissiger huten, das er die durch szeine missethat aus schendlicher undanckbarkeit nit wider vorliere. schärfe, die scherffe /4/, ‚Strenge‘ DIAL.1, fol. 107r: macht sich durch szein auffgeblasen gemut der barmherczikeit gots unphehig, bewegt got, den hern, zcur scherffe seines gerichts, weil er der milde und erbarmung gots nit begeret, vor welchem gericht dauid sich entseczte, da er sprach.
287 TRAKT.AM, pag. 7: welchs auch aus den regeln unserer vorfaren und lieben heiligen veter leicht mag geschepft und vornommen werden und seind dieselbtigen ungefarlich dis inhalts, nemlich das aldan die scherffe wider die ungehorsamen der kirchen sal gebrawcht werden, wan sie inn geringer anzcal seind. scheide /2/, die ‚Hülle für ein Schwert‘ PRED, pag. 5: da sprach Iesus zcu Petro: stecke dein schwert in die scheide (wie matheus saget), den ein ider, der mit dem schwert schlegt, kommt mit dem schwert umb. schein, der scheine /1/ (Dat. Sg.) 1. ‚äußeres Ansehen‘ /7/ DIAL.1, fol. 20v: das aber wir mit der ehe gar viel bescheidener umbgehen und under irem schein keinen ehebruch vormenteln, ist euch selber wol bewust, und darff keiner ausfurung. PRED, pag. 72f.: und ob sie gleich alleine einen guten eusserlichen schein des lebens gefurt, seind doch innerlich und in iren herczen gancz unrein. 2. ‚Lichtquelle‘ /3/ PRED, pag. 87: Da nun dise hochste stunde eingetreten, da war ein finsternus (wie matheus, marcus und lucas schreiben) uber das gancze land bis an die newnde stunde, und die son vorlor iren schein. scheinbarlich /4/, Adj. ‚offenkundig‘ PRED, pag. 101: aber der rhomische hawptman und das andere heidnische volck, welches neben ime christum huten solte, die erkanten christum, glewbten in, gabe ime auch gezcewgnus, das
288 er gots son were, dan die sperreten sich nicht gegen der offentlichen und unwidersprechlichen warheit, die so iar scheinbarliche zcewgnus vom himmel und Ertreich hatte. TRAKT.LIPS, pag. 18: sollen die seelsorgere keines weges underlassen, irem bevolenen volcke den willen gots in diesem falle zcuuormelden und vleissig anzcuhalten, das die lewte in diesen geschwinden lewfften, do uns got mit seiner geischel scheinbarlich drawet, mit trostlicher zcuuorsicht ir leben darnach anstellen. schicken, V. sw. 1. ‚senden, jm. etw. zukommen lassen‘ /9/ DIAL.1, fol. 70rf.: erbarmet sich szeiner got, der vater aller barmherczikeit, und wolte in als szein geschepffe bis ans Ende nit vorterben lassen, sondern schickte seinen eingebornen son vom himmel heraber. BRIEF L: bdencke mich desselbtigen mit vleis, schicke euch hirneben eine abschrifft der koniglichen commission, welche meines erachtens dermassen gestellet, das sie mir und unserm stiefte unuorfanglichen ist. 2. übertragen: ‚mit etw. versehen‘ /6/ DIAL.1, fol. 129r: das sacrament der ordination ader weihe gehoret zcur [!] virde gnade und machet die ihenigen, so sich der kirchen emptere understehen, darzcu geschickt. 3. ‚einrichten‘ /3/ DIAL.1, fol. 48r: Nun ist es bei deme nit gebliben, sondern damit man erkennen mochte, das keiner under den dreien hawffen die ware kirche were, hat es got also geschickt, das szie alle gegen der alten catholischen unszerer kirchen zcuachten klein bliben.
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4. etw. schickt sich ‚sich gehören, angemessen sein‘ /2/ DIAL.1, fol. 180rf.: hat christus aus sonderlicher gnade das opffer der kirche zcu dem zcil und ende gerichtet, auff das es sich zcur gnade des newen testaments zcum besten nurent wol schicken mochte. 5. ‚zu etw. bewegen, motivieren‘ /1/ PRED, pag. 137: der almechtige got vorleihe uns seine gotliche gnade, das wir solchs alles wol zcu gemute fassen und betrachten, uns auch dermassen zcu rechter, warer busse und besserung unsers lebens schicke. schickung /1/, die ‚(göttliche) Fügung, Voraussicht‘ PRED, pag. 49f.: Darnach meldet sie vom titel, welchen pilatus hat uber das creucz christi schreiben und seczen lassen. das ist Iesus von Nazareth, ein konig der Iuden, dan nachdem solchen titel hat schreiben lassen, anzcuzeigen die ursache, warumb christus ans creucze geschlagen were, so hat er eben aus gots schickung die rechte und gruntliche ursache vorbracht. schirm /1/, der ‚Schutz‘ BRIEF I: ich habe alhie umb einen gemeinen schirm vor euch aller angesucht, aber nachdem der keiser nit im reich, mag man den nit erhalten, zcu deme das er auch nit fruchtbar sein wolte. schlagen /5/, V. st. schlahen /22/, schlug /2/ – schluge /3/ (3. Sg. Ind. Prät.), geschlagen /6/ – gschlagen /1/ (Part. Prät.) 1. ‚einen Schlag versetzen‘, ‚jn. verletzten‘ /15/
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PRED, pag. 5: Do hat simon petrus (in massen Ioannes sagt) ein schwert und zcoge es aus und schluge des hohen priesters knecht und hieb ime sein recht or abe. PRED, pag. 26: schlehet dich einer auff deinen rechten backen, so halt im den andern, so aber etwas die ehr gots und sein reich betrifft, sollenn die, welche die warheitt darzcu reden und vorbringen konnen mit stilleschweigen, kein irsal einrewmen. PRED, pag. 32: und sprachen: weissage uns christus! wer ists, der dich schlug? PRED, pag. 32: sie speien ime in sein heilig angesicht, lassens dabei nit bleiben, sondern schlahen in mit fewsten, spotten seiner darneben mit worten. 2. in: ans Kreuz schlagen ‚durch mehrere Schläge in eine best. Lage versetzen‘ /3/ PRED, pag. 49: erstlich bestimpt sie die zceit, in welcher christus ans creucz gschlagen worden. 3. in: an die Brust schlagen ‚Ausdruck der Erschütterung‘ /3/ PRED, pag. 103: aber das ander volck, so bei dem creucze christi war, und die vorgefallene ubernaturliche und zcuuor unerhorte wunderzceichen sahen, die entsaczten sich darob und schlugen an ire bruste. 4. in: zu Boden schlagen ‚mit Gewalt zu Fall bringen‘ /2/ PRED, pag. 10: alleine sehen wir, das der herre mit einem seinem worte seine vorfolger zcu Boden geschlahen. 5. in: Lärm schlagen ‚lärmen‘ /1/ DIAL.1, fol. 26v: und damit ich fortfare, wollen wir erwegen, wie ewre theologen zcum auffrur den lerman geschlagen.
289 schlange /2/, die ‚Kriechtier mit langgestrecktem Körper‘ DIAL.1, fol. 95r: daher gehen nun die trostspruch christi: als moyses erhohet hat die schlange in der wustung, also mus der menschen son erhohet werden, auff das ein ider, welcher in in glawbt, nit vorterbe, sondern habe das ewige leben. PRED.ANL, pag. 217: do christus selber saget, gleicherweis wie moses hat erhoben die schlange in der wustenis, also mus auch der son des menschens erhohet werden, damit ein ider, so in in glewben wirt, nit vorterbe, sonder habe das ewige leben. schliessen, V. st. schlissen /13/, schleust /2/ – schlewst /2/ (3. Sg. Ind. Präs.), geschlossen /3/ – gschlossen /1/ (Part. Prät.) 1. ‚schlussfolgern‘ /9/ DIAL.1, fol. 154r: daraus wirdet fuglich geschlossen, das die substancz neben der substancz des leibs christi da bleibe. PRED, pag. 97: und solten die Juden aus disen wunderzceichen billich abgenommen und bei iren gschlossen nemlich das Iesus, der gecreuczigte zcu der stunde eben der ware christus und messias were. 2. in sich schließen ‚beinhalten‘ /5/ DIAL.1, fol. 99r: diese guten fruchte eines guten und christlichen lebens kommen her von oberzcelter ernewerung des geists, welche die schone vorsprochene gabe ist des newen testaments, schlewst in sich glawben, hoffnung, liebe. 3. ‚beenden‘ /5/ DIAL.2, fol. 129f.: und damit ich von den vornemlichsten puncten christlicher laer schlisse, so stelle ich in kei-
290 nen zcweiffel, ir hat gehort, wie und welcher gestalt wir uns allenthalb sollen halten. 4. ‚verschließen, den Weg verstellen‘ /1/ DIAL.1, fol. 28rf.: meinen, es sei genug, das sie christum auff iren zcungen tragen und sich gots worts rhumen, so sie doch deme nicht im wenigsten nachkommen, schlissen in selber den weg dadurch zcu warhaftiger busse. 5. ‚bewahren‘ /1/ DIAL.1, fol. 131v: diese heilwertige fruchte der tawffe sal ein ider christ wol betrachten und in szein gemute schlissen, sich auch deste vleissiger huten, das er die durch szeine missethat aus schendlicher undanckbarkeit nit wider vorliere. schmecken /2/, V. sw. schmackte /1/ (3. Sg. Ind. Prät.), ‚Sinneswahrnehmung, die mit der Zunge erfolgt‘ PRED, pag. 43: und da ers schmackte, wolte er nicht trincken, wie matheus meldet etc. PRED, pag. 44: und nachdem adam durch die begird zcu der vorbottenen speisse gesundiget, desgleichen seine nachkommenden mit fressen und sawffen sich auch uberschatten, damit christus, der newe adam, durch sein leiden und sterben den abtrag vor alle unsere sunde auffrichte, so hat den herben und bittern tranck, ob er ime gleich undinstlich, ia beschwerlich war, auch schmecken wollen. schmerzlich, Adj. schmerczlich /16/, ‚Leid, Kummer, Schmerz verursachend‘ DIAL.1, fol. 72r: sondern schickte seinen eingebornen son vom himmel heraber und lis in mensch werden und
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auch vor uns schmerczlich leiden und sterben. PRED, pag. 93: die andern aber schrihen, halt last sehen, ob ime helias helffen wolle, dan die rasenden bluthunde wolten sich am des hern schmerczlichsten leiden noch nicht ersetigen lassen, sondern ie lenger sie in peinigten, ie begiriger sie worden, in zcu peinigen und zuuorspotten. schöpfen, V. sw. schepffen /6/, ‚Flüssigkeit einem Gefäß entnehmen‘, übertragen: ‚erhalten, gewinnen‘ DIAL.1, fol. 73v: und hat uns also in szeinem blute den trostlichsten Brunnen des heils aufgerichtet, daraus ein ider sunder, was ime zcur selikeit vonnoten, schepffen moge. PRED, pag. 108f.: und sein blut reiniget uns von aller bosheit. das wasser aber zcu allen guten gaben des heiligen geists, auff das wir got, unsern vater, in der heiligkeit und gerechtikeit dienen mogen die zceit unsers lebens, dan eben von christo und aus seiner seiten schepffen wir das wasser des lebens, wie er uns dan seiner heiligen vortrostung solchs zcugeben gnediglich in der schrifft anbewtet. schöpfer, der schepffer /4/, ‚von Gott als Schöpfer der Welt‘ DIAL.1, fol. 191r: Las uns erstlich die zcwelff artickel unszers symboli apostolici, weil sie von aposteln herkommen, vor die handt nemen. der erst artickel ist, ich glewbe in got, schepffer himels und erdens. PRED, pag. 97f.: seinen geist in die hende seines himmelischen vaters, von dem er kommen, bfele und dorauff seinen geist auffgebe, und die blinde welt
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solchs nicht erkanten noch erkennen wolten, gaben ime, als irem schepffer, die creaturen ein klar zceugnus, das er gots son were, erzceigen auch ime iren geburlichen dinst. schreiben, V. st. 1. ‚Text(e) verfassen, schriftstellerisch tätig sein‘ /131/ DIAL.1, fol. 52v: Nemlich im buche von der widertawffe schreibet er wider die, szo die kindertawffe nit wolten gut szein lasszen. 2. ‚Schriftzeichen in einer best. Reihenfolge aufzeichnen‘ /11/ PRED, pag. 46: und Iohannes sagt ferner, pilatus aber schreib eine uberschrifft und seczt sie auff das creucze (und war geschriben, was man ime schuldt gabe, als marcus anhenget), das ist Jesus von Nazareth, ein konig der Iuden. PRED, pag. 46: und es war geschriben auff hebreische krichische und lateinische sprach. da sprachen die hohen pristere der Iuden zcu pilato, schreibe nicht, der Iuden konig, sondern das er gesagt habe, ich bin der Iuden konig. 3. ‚jm. (einen Brief) schreiben‘ /7/ DIAL.1, fol. 115r: Lieben kindlein, diesze ding schreibe ich euch, das ir nit sundiget. schule /4/, die ‚Lehranstalt‘ DIAL.1, fol. 184vf.: und damit ich ein grob und greifflich exempel gebrawch, wan ein knabe in die schule gehet, wil ime vonnoten szein, das er erstlich die lection szeines schulmeisters hore und wol vorstehe, darnach das er die repetire und sich bevleisse, was er daraus gelernet, ins wercke zcuseczen und in szeine ubung zcuzcihen.
291 schulmeister /1/, der ‚Lehrer‘ DIAL.1, fol. 184vf.: und damit ich ein grob und greifflich exempel gebrawch, wan ein knabe in die schule gehet, wil ime vonnoten szein, das er erstlich die lection szeines schulmeisters hore und wol vorstehe, darnach das er die repetire und sich bevleisse, was er daraus gelernet, ins wercke zcuseczen und in szeine ubung zcuzcihen. schwam /3/, der ‚Gegenstand mit großer Saugfähigkeit‘ PRED, pag. 90: und balt lieff einer aus inen dahin und nimmet einen schwam, fullet in mit essig, (...) und helte es ime zcum munde und er tranck in und sprach, lasts geschehen. schweigen /6/, V. st. ‚nicht reden, kein Wort sagen‘ PRED, pag. 23f.: Do stunde der oberste priester auff und sprach und fragt Iesum, wie Matheus meldet, antwortest due hirzcu nichts? was vor ein gezcewgnus sagen die wider dich? christus aber schwig und saget nichts. PRED, pag. 121: aber wie die menschlichen gegen deme, welches uns got, unser himmelischer vater, zcu gute erzceigen, kawm ein schatte pflegen zcu sein. ich schweige, das sie in volkommener gleicheit stehen solten. so heldt sichs im wercke unserer erlosung auch, dan wan wir ausserhalb der gnaden gots leben und vor uns selber blos stehen. schwert /5/, das schwert /5/ – schwerte /2/ (Dat. Sg.), ‚Hieb- und Stichwaffe‘ PRED, pag. 14: des hat nun der herre christus keinen gefallen, wie er mit seinem heiligen munde bezewgt spre-
292 chende, stecke dein schwert in die scheide, dan alle, die mit dem schwert schlagen, kommen mit dem schwerte umb. schwester /3/, die ‚im Verwandtschaftsverhältnis zu einer Person, die die gleichen Eltern hat‘ PRED, pag. 57: Es standen aber bei dem creucz Iesu seine mutter und seiner mutter schwester, Maria cleophas und Maria Magdalena. schwören, V. st. schworen /1/, ‚eidlich bekräftigen, fest versprechen‘ DIAL.1, fol. 29r: ist nun der unglawbe allein sunde, so bindet uns kein gebot mehe dan alleine das erste gebot. wir mogen frei und one schew und forcht fluchen, schweren, vater und mutter voruneheren, todschlagen, ehebrechen, stelen und was der laster mehe. seele /12/, die sele /2/, seele /2/ – seelen /8/ (Gen. Sg.), seele /2/ – seelen /8/ (Dat. Sg.), ‚substanzloser Teil des Menschen, der nach religiösem Glauben unsterblich ist‘ DIAL.1, fol. 201r: uber das findet man, die nit so heilig gewesen, das ire sele balt in himmel aufgefaren, auch nit so bose, das szie in die helle kommen, sondern in einen mitteln stand eingetreten, aus dem szie zcu irer zceit erlediget und ins himmelreich eingehen mogen. PRED, pag. 91: Iesus christus, welcher alhie am creucze henget, got und mensch hat den gewalt, welcher aller menschen und creaturen gewalt weit ubertraff, das er seine seele mocht von sich legen, die auch wider zcu sich nemen, wie er zcuuorn selber gesagt,
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dan ob er sich gleich nach dem willen seines himmelischen vaters alhie auffopffert in tod. PRED, pag. 151: derhalb wan due an deiner seelen kranck bist und bedarffst der geistlichen arcznei, so halte dich an gots wort, so findest due erqwickung. seelsorger /2/, der sehelsorger /1/, seelsorger /2/ – seelsorgere /3/ (Pl.), ‚Geistlicher, Prediger‘ DIAL.1, fol. 45r: hat der patriarch zu antiochia durch darlegung und forderung keiser: Mt. das newe testament szeinen nachgesaczten seelsorgern und volcke zcum besten in syrischer sprache, die man des orts brawcht, zcu wien drucken lasszen. DIAL.2, pag. 111: es were hoch vonnoten, das nit alleine die sehelsorger, sondern auch die weltlichen obirkeiten solch laster straffen. sehen, V. st. sage /3/ (3. Sg. Ind. Prät.), sahen /2/ – sagen /3/ (3. Pl. Ind. Prät.) 1. ‚erkennen‘ /31/ PRED, pag. 126: wie der herre selber zceiget, da er spricht, wer mich sihet, sihet auch den vater. 2. ‚mit den Augen wahrnehmen‘ /26/ PRED, pag. 94: und alles volck, das dabei war und zcusagen, da sie sagen, was da geschach, schlugen sie an ire brust. PRED, pag. 94: Es stunden aber alle seine vorwanten von fernen und die weiber, die im aus Galilea waren nachgefolget. Und saheten das alles. 3. ‚schauen‘ /21/ DIAL.1, fol. 22r: Nun last uns weiter schreitten und sehen, wie ir dem geicz uberhelfft, dan erstlich last ir zcu, das man mag von hunderten funffe nemen, welchs ewer Luther nachgegeben hat.
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sein, V unr. war /68/ – ware /6/ (3. Sg. Ind. Prät.), were /4/ (1. Sg. Konj. Prät.), wer /4/ – were /87/ (3. Sg. Konj. Prät.), gewesen /83/ – gewest /2/ (Part. Prät.), seind /stets/ (1. / 3. Pl. Ind. Präs.) 1. Vollverb; meist in einem best. Zustand / an einem best. Ort sein / existieren /1421/ DIAL.1, fol. 26v: erstlich da ir schwach waret, ware es bei euch gar eine grosse sunde, da sich einer wider seine oberkeit auch der religion halben mit gewalt seczte. DIAL.1, fol. 28v: das szeind die fruchte ewrer lutherei. TRAKT.LIPS, pag. 25: was die communion belanged, wer es wol gut, das ein ider, so bei der messe stehet und die horet, mit dem prister das sacrament emphange, wie es in der ersten kirchen ublich gewesen. 2. als Hilfsverb zur Perfektumschreibung und zur Wiedergabe des Zustandspassivs /374/ DIAL.1, fol. 52r: Nemlich im buche von der widertawffe schreibet er wider die, szo die kindertawffe nit wolten gut szein lasszen, weil szie bei der alten kirchen, welche szie nach ewrer weisze das babstumb nanten, hergebracht war. TRAKT.LIPS, pag. 7: sonsten und ane das were im der geist der kuntschafft und heiligung vorgeblich geben.
PRED, pag. 106: Es hat aber einer aus inen mit seinem spies in des hern seite gestochen und ist balt herausser gangen blut und wasser, wie der heilige Johannes zceiget. 2. ‚mögliche ideologische Richtung‘ /5/ DIAL.1, fol. 158v: und wiewol dis mehe auff die zcwinglische seite dan die lutherische ginge, weil es aus dem sacrament ein backen brot machen wolte, so voreinigten szie sich dannoch dis artickels. 3. ‚rechts / links gelegener Teil einer räumlichen Anordnung‘ /4/ DIAL.1, fol. 232r: daher schreibet der heilige Basilius, das wie ein gertner, der sich understehet ein krommen zcweig zcubigen, das er grade wurde, da er den zcu geschwinde bige, solchen zcweig auff der andern seite so krom machte, als er vorhin geweszen.
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seligen /2/, V. sw. ‚Heil bringen, erlösen‘ DIAL.1, fol. 115rf.: weil wir nun einen solchen vorsprechen bei dem himmelischen vater haben, der die vorsunung selber ist, und alle, die sich durch in zcum vater bekeren, selber seligen kan, und weil er uns auch solche szeine trostliche gnade auff genedigste anbewtet, sprechende kommet zcu mir
sein /888/, Possessivpron. DIAL.1, fol. 18v: jaget die leczte von sich und wolt die zcehende auch nemen, ungeachtet ob der vorigen seiner weiber noch drei lebten. seite, die 1. ‚eine Fläche / ein Ende als Begrenzung eines Körpers / Gegenstandes‘ /7/
selig /29/, Adj. ‚des ewigen Lebens teilhaftig‘ PRED, pag. 56: Deste mehe sollen wir uns bevleissen, in der Ewikeit der gemeinen christlichen kirchen zcubleiben, und uns vor allen seiten, die icze (leider) sehr gemeine worden zcuhuten, da wir auch darein gefallen, zcufordersten herwider zcukeren, dan ausserhalb der gemeinschafft wirdet kein mensch selig, wirdet auch des rechten geists zcum leben nicht teilhafftig.
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alle, die ir betrubet szeid und arbeitet und ich wil euch erqwicken, kan keiner one sonderliche voruneherung und schmach der hochsten maiestat im himmel vorzcweiffeln.
aber durch meinen sende briff. sihe alhie erfordert der apostel, das wir nit alleine die geschribenen traditiones, sondern auch die ungeschribenen halten sollen.
seligkeit, die selikeit /34/, ‚Vollendung des Heils im Reich Gottes‘ PRED, pag. 85: und zcu ider zceit schmecken mogest, wie susse und milde der herre sei, und ime mit hicziger liebe die zceit deines lebens anhengen und nach diesem vorgenglichen leben in die frewde der Ewigen selikeit eingehen mogest.
senden /2/, V. sw. gesand /1/ – gesandt /1/ – gesanth /1/ – gesent /1/ (Part. Prät.), ‚schicken‘ DIAL.1, fol. 136r: gleich wie mich der vatter gesand, so sende ich euch auch. DIAL.1, fol. 170r: wie dan die geistlichen emptere auff deme stehen, welchs christus durch szein wort vortrostet, wie mich der vater gesandt hat, (spricht er), also sende ich euch. PRED, pag. 13f.: vorrettest due einen menschen also mit einem kus? dan welcher andern lewten vorgeseczt ist, sal dermassen gesent sein, das er das unrecht mit gedult ertrage und sich dargegen zcu keinem rachseligen has auffbringen lasse.
seliglich /1/, Adv. ‚Heil bringend, förderlich‘ TRAKT.LIPS, pag. 25: zcuuoraus weil der heilige augustinus dem gebrawch zcu seiner zceit stat gegeben hat, wiewol es seliglich und gut war. seligmacher /4/, der ‚Bezeichnung für Christus‘ DIAL.1, fol. 78rf.: und eben dieser apostel saget weiter, da die gutikeit und milde unsers seligmachers erschine, hat er uns nit aus den wercken der gerechtikeit, die wir gethan hatten, sondern nach seiner barmherczikeit selig gemacht. PRED, pag. 101: Die Juden vorblendeten sich selber durch iren tewfflischen neid, das sie christum nicht erkennen konten, darumb sie deste weniger zcu rechter erkantnus der warheit und christi, unsers seligmachers, erlewcht worden. sendebriff /1/, der ‚Brief / Schreiben des Apostels Paulus‘ DIAL.1, fol. 190r: haldet die traditiones, so ich euch gegeben habe, enczwar
setzen, V. sw. seczen, gesaczt /24/ – geseczt /3/ (Part. Prät.) 1. ‚an eine(r) best. Stelle (an)bringen‘ /37/ DIAL.1, fol. 66v: zcum dritten da er von solcher gnaden abgefallen, wie er widerumb darein geseczt und durch christum des ewigen lebens von newest phehig werden moge. PRED, pag. 120: dan da es an die gewesen, hatte mussen sterben mussen. wan aber der herre es bei diser seiner gnaden nicht bleiben lasse, sondern saczte seinen son, und also sein fleisch und blut, in des ubeltheters wolvordinte straffe und lies in vor den ubelther sterben, damit der gerechtikeit genug geschege, were das nicht eine wolthat, die aller menschen wolthaten ubertreffe?
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2. ‚festsetzen, behaupten, fordern, annehmen‘ /22/ DIAL.1, fol. 40v: Es ist ie und ie in der kirchen gots vor gut angesehen worden, das man eczliche gesaczte fasttage hette. DIAL.1, fol. 191v: nein, der text des symboli und das rechte original vormag es anders und seczet ausdrucklich, ich glewbe eine heilige catholische kirche, das ist eine algemeine kirche. DIAL.1, fol. 211v: O, lieber veit, ich wil seczen, das sich misbrewche in die siben gezceiten eingemengt. so soltet ir doch nit die gezceiten, welche an ire selbst gut und nuczlich, sondern die misbrewche weg gethan. 3. ‚sitzende Stellung einnehmen‘ /1/ PRED, pag. 32: da sie nun mitten im stale das fewer angezcundet hatten, und petrus war unden im stale (...) trat zcu ime eine magd des obersten pristers und da sie sach petrus seczen und sich wermen bei dem licht. seuche, die sewch /2/, ‚schwere Krankheit‘ PRED, pag. 84: dan es ist nicht genug, zcuwissen, was dir mangele und zcur vordamlichen beschwerung anhenge, welchs geschihet alsdan, wan due deine sunde und missethat erkennest, sondern must auch im glawben fasten, was dir von solcher schweren sewch helffen und wie du dich solcher zcu deiner notdorfft erholen mogest, die dan in der barmherczikeit gots und dem blut christi stehet. sich, Reflexivpron. m. /14/ (Dat.) – /299/ (Akk.), f. /6/ (Dat.) – /34/ (Akk.), n. /1/ (Dat.) – /90/ (Akk.), /9/ (Dat. Pl), /170/ (Akk. Pl.), siehe auch Reflexipron.: im(e), ir, in(en)
295 DIAL.1, fol. 18v: Ich habe einen kant aus ewrem hawffen, der hat newen wieber genommen, jaget die leczte von sich und wolt die zcehende auch nemen. DIAL.1, fol. 79r: welche die rechtfertigung mit sich bringet. DIAL.1, fol. 94r: der gehet recht zcu deme thron der gnaden, gibet gotte die ehere szeines heils und bevilet sich dem hern. DIAL.1, fol. 102v: wie er dan nach der gerechtikeit, welche sich in disem leben durch gots vorleihung zcutreget. DIAL.1, fol. 113v: zcu deme bfindet sich, das man sonsten auch got zcu(ge)fallen thun kan in dingen. PRED, pag. 59: solchs hat sich, wie das erzcelte geschicht mit sich bringt, allenthalb also zugetragen. sichtbar /7/, Adj. ‚deutlich erkennbar‘ DIAL.1, fol. 125v: nun wil ich von den heiligen sacramenten handeln, die szeind die eusserliche gevesse, dadurch uns got szeine gnade mitteilet und szeind eben die eusserlichen und sichtbaren zceichen der unsichtbaren gnade gots und nit lere zceichen, welche die gnade alleine bedewten, sondern krefftige zceichen, die da reichen und geben, was szie bedewten, als die von got darzcu geordente instrument und mittel. sichtbarlich /3/, Adj. ‚deutlich erkennbar‘ DIAL.1, fol. 126r: und das got in sacramenten zcu unszerm heil wircket, wie iczt angezceigt, geschihet nit darumb, als konne er one und sonder diese sichtbaren dinge und zceichen szeine gnade nit mitteilen, sondern zcu unszerer gelegenheit, weil wir nach im fleische und mit allerlei schwacheit beladen szeind.
296 PRED, pag. 100: ob nun wol diese uberaus grosse und zcuuorn unerhorte wunderzceichen Jesu, das er der ware messias und derhalb erloser der welt were, sichtbarliche zcewgnus geben, und den Iuden die warheit vor ire awgen stelten. 1
sie /105/, Personalpron. Sg. ir /13/ (Dat.), sie /10/ (Akk.) DIAL.1, fol. 54r: mit deiner mutter nach dem fleische, die nun alt geworden, und ob die gleich runczlich und ungestalt geworden, so bleibet sie gleichwol deine Mutter. DIAL.1, fol. 171r: und weil icztgemelte ordenung in der gewonheit der algemeinen kirchen stehet, gedencke, ob due nit lieber dich zcu ir halten und mit ir zcustimmen sollest. 2
sie /505/, Personalpron. Pl. irer /4/ (Gen.), in /10/ – inen /110/ (Dat.), sie /23/ (Akk.) DIAL.1, fol. 14vf.: daher kommet es, das iczo wider zcucht nach eher, messikeit, tugent, traw, glaube, liebe und barmherczikeit und was guter tugenden mehe ist, fast bei inen erlischt, welchs mancher guthercziger mensche, welcher bei und neben in wonet, herczlich beclaget. DIAL.1, fol. 15v: seind gute werck irer art nach todsunde, so folget unwidersprechlich, das sie bos seind. DIAL.2, pag. 27: welchs manchem auff der confessiones vorwanthen szeiten, dan man bfindet irer vil, die christus sewberlich auff der zcungen tragen und doch durch ir schendlich leben lestern. so, Adv., Part., Konj. 1. Adv. /796/ ‚von best. Art‘ PRED, pag. 30: fichtet da wider dis sacrament und seine wirckung nichts so
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hefftig als die spaltung in unserer heiligen religion. 2. Relativpartikel /105/ DIAL.1, fol. 47v: und geschach euch gleich wie denen, so den Babilonischen turm bawen wolten, das szie durch gots straffe getrennet worden. 3. Konjunktion (konditional) /48/ DIAL.2, pag. 72: dan wan die vorheischung nit geschehen, so hast due krafft deiner werck das lon nit zcufordern. sollen /187/, V. ptps. sal /10/ – sol /2/ (1. Sg. Ind. Präs.), salst /7/ – salt /2/ (2. Sg Ind. Präs.), sal /233/ – sol /7/ (3. Sg. Ind. Präs.), solt /9/ – solte /73/ (3. Ind. / Konj. Prät.), ‚Modalverb, das eine Aufforderung oder Anweisung darstellt oder auf Zukünftiges hinweist‘ DIAL.1, fol. 148r: und geben inen einen frombden vorstand, alszo, das szie nit mehe von dem waren lebendigem und naturlichem leibe, wie er am creucze gehangen und von dem warem lebendigem und naturlichem blute, wie es am creucze vorgossen worden, vorstanden sollen. TRAKT.AM, pag. 14: und wan hirczu die abrogation der saczunge der concilien zcu Constanz und Basel desgleichen auch die dispensation ordentlicher obirkeit dinstlich wil zcuerwegen sein, welche man alhie gebrawchen solle. TRAKT.LIPS, pag. 19: diser artikel ist fest wol gestellet allein. wil sich das nit fugen, das man die tawffe auff gewisse zceit solt reichen, dan der auffzcug dies sacraments ist seher sorglich, zcu deme das es der gebrawch gemeiner christlichen kirchen anders gibet und zcu ider zceit anders gegeben hatt, wie man aus s cyprian sich belernen kan.
S
son /56/, der ‚männlicher Nachkomme‘, son /1/ – sone /1/ (Dat. Sg.) DIAL.2, pag. 66f.: es ist keiner, welcher vorlassen hat szein haws, aber szeine brudere ader schwestern, aber vater, aber mutter, aber sone ader ecker meinethalben und von wegen des euangelium. DIAL.1, fol. 144v: wie wir dan nit zcweiffeln konnen, so fern wir glewben, das christus gots son szei und szein wort almechtig. sonderlich /36/, Adj. ‚besonders, außergewöhnlich‘ DIAL.1, fol. 77r: und werden also die lewte frum, heilig und gerecht, dergestalt das numer ein solcher ernewerter mensche sich der todsunde, welche feindschafft zcwischen gotte und uns machen, enthalten und in der heilikeit und gerechtikeit got dienen mogen, sonderlich weil szie mit der liebe numals begabet sein. DIAL.1, fol. 168r: doch damit der mensch auch zcu der zceit, wan er am meisten geengstiget wirdet und in hochster faer stehet, uber die bestumpten sacrament ein sonderlich sacrament hette, ist er aus gnediger vorleihung gots mit dem sacrament der leczten olung vorsehen worden. sonne /2/, die son /1/, ‚Licht und Wärme spendender Himmelskörper‘ PRED, pag. 87: Da nun dise hochste stunde eingetreten, da war ein finsternus (wie matheus, marcus und lucas schreiben) uber das gancze land bis an die newnde stunde, und die son vorlor iren schein und der vorhang des tempels zceriss mitten entzcwei. PRED, pag. 98: gaben ime, als irem
297 schepffer, die creaturen ein klar zceugnus, das er gots son were, erzceigen auch ime iren geburlichen dinst, der himel in deme, das die sonne iren schein der welt enzcoge zcum ubernaturlichen zceichen, das dero, durch welchen son und monad gschaffen, leide. sorge /10/, die ‚quälende Gedanken‘ DIAL.1, fol. 88v: in dem schlaffe ich. in dem ruge ich one sorge. alle meine hoffnung ist im tode meines herrens. sein tod ist mein vordinst, meine zcuflucht, mein heil, mein leben und meine aufferstehung. sorglich /6/, Adj. ‚Sorge erregend‘ DIAL.1, fol. 34r: und ist solchs gar ein sorglicher und ferlicher irsal, dan weil christus die sacrament durch sich und die aposteln in szeinem namen hat ordnen lasszen, welchs so viel ist, als hette ers selber gethan nach der laer des heiligen cyprian, so gedencke doch, mit was fuge solche gar ader ie zcum teil ausgemustert mogen werden. DIAL.1, fol. 114r: wie sorglich es szei, nach emphangener gnade in todt und vordamliche sunde zcufallen, erscheinet aus vorigen meinem bericht. spaltung /17/, die ‚Trennung, Streit‘ DIAL.1, fol. 2v: Ir woltet Eure spaltung und mishellikeit gerne decken, welche doch dermassen am tage leid, das szie sich nit wil decken lasszen. speise /19/, die ‚feste Nahrung‘, (auch übertragen: geistige / geistliche Nahrung)
298 TRAKT.LIPS, pag. 38: und sol nit alleine der speise dermassen masse geseczt werden, sondern auch dem trincken, welchs leider zcur fullerei und gots unehere bei uns deuczschen al zcu sehr misbrawcht wirt. spott, der spot /6/, ‚verachtende Herabsetzung, Schadenfreude‘ PRED, pag. 59: Ich bin ein wormlein, spricht er, und nicht ein mensch, ein spot der lewte und eine vorachtung des volcks. spotten /6/, V. sw. ‚verhöhnen, verachten‘ PRED, pag. 58: es spotten auch seiner die regenten und sprachen, er hat andern lewten geholffen, er helffe ime nun selber, ist christus der erwelte gots. spöttlich, Adv. spotlich /2/, ‚verachtend‘ PRED, pag. 62f.: do schrihen sie (...) spotlich, zcu hilff due nun selber, bist due gots son etc. er hette ime gewislich wol und leicht helffen konnen, wen ers hette thun wollen. spottworte, die, pl.t. spotworte /1/, ‚Worte zum Spott gesprochen‘ PRED, pag. 40: und thetlichen angriffen, als das sie ime in sein heilig angesicht ausgespeiet, mit fewsten geschlagen, in auch mit spotworten vorhonet, also das sich inn inen die sunde sampt irem anheczer, dem tewffel, mit grosem freuel und mutwillen den unschuldigsten man zcupeinigen und zcu martern understanden.
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sprache /3/, die sprach /3/ 1. ‚System von Zeichen und Regeln zur Verständigung innerhalb einer Sprechergemeinschaft‘ /4/ DIAL.1, fol. 45r: und weil es inen an den ortern am drucke mangelt, hat der patriarch zu antiochia durch darlegung und forderung keiser. Mt. das newe testament szeinen nachgesaczten seelsorgern und volcke zcum besten in syrischer sprache, die man des orts brawcht, zcu wien drucken lasszen. PRED, pag. 35: und balt hernacher traten die ihenigen, welche do stunden, zcu petrus und sagten ime, warlich due bist auch einer aus inen, dan deine sprach offenbaret dis. 2. ‚Ausdrucksweise‘ /1/ DIAL.2, pag. 1: und weil die angezceigte zcwene grunde, dorauff das gancze gebewde christlicher laer zcuseczen, durch gute clare sprache der schrifft bekrefftiget werden, nemlich das wir uns in uns demutigen und in christo dargegen auffrichten und rhumen sollen. 3. Sprache halten ‚sprechen‘ /1/ DIAL.1, fol. 1r: Wir wollen in emphahen und ansprechen. du wirdest horen. Las mich mit im sprach halten. sprechen, V. st. 1. ‚äußern, sagen‘ /164/ PRED, pag. 4: Da fragt er sie abermals: wen sucht ir? sie aber sprechen: Iesus von Nazareth. Iesus antwort: ich habe es euch gesagt, das ichs sei. 2. ‚Sprachlaute hervorbringen können‘ /1/ PRED, pag. 149: das man dahin gbracht habe einen tawben und haben gebeten, das ime der herre die hende aufflegte. warumb? auff das er in sprechend und horend machte.
S
spruch /13/, der ‚mündlich oder schriftlich tradierte Aussage‘ DIAL.2, fol. 9dv: aus diesen spruchen der vettere kan man leicht abnemen, wurauff der kirchen tradition. PRED, pag. 132: daher gehet der spruch pauli, das uns got zcu seinen kindern auffgenommen, eph. 1. Item ist einer gots son, so ist er sein Erbe. stal, der stale /2/ (nur im Dat. Sg.), FWB, XI, 1, 28ff., ‚Raum für Nutzvieh‘ PRED, pag. 32f.: was geschach nun weiter? da sie nun mitten im stale das fewer angezcundet hatten, und petrus war unden im stale (...) trat zcu ime eine magd des obersten pristers und da sie sach petrus seczen und sich wermen bei dem licht und schewet in an, sagt zcu ime sprechend und der war mit ime. stam /3/, der stam /8/ – stamme /5/ (Dat. Sg.), fast nur in: stam des creuczes, FWB, XI, 1, 42ff. 1. ‚Teil des Kreuzes, an dem Christus starb‘ /15/ DIAL.1, fol. 81r: aber damit der mensche, welcher durch den weg zcu christlicher demut geursacht wirdet, sich in christo deste mehe zcurhumen habe, bekleidet in der herre mit szeiner aller volkomlichsten gerechtikeit, so er am stam des creuczes auffgericht, und teilet ime die mitte also, das er dero nit weniger, dan als were szie szein eigen, genisszen mag. PRED, pag. 45: nun last in der historien fortschreitten, und vornemen das werck unserer erlosung, welchs christus am stamme des creuczs volbracht hat, davon lucas nachgefolgender gestalt schreibet.
299 2. ‚tragender Teil des Baumes‘ /1/ PRED.ANL, pag. 219: weil der christenmensch christo eingepflanczt ist, so mus er im in seinem ganczen leben nachvolgen, dan wan sonst der zcweick dem stam, darein er gepflanczt, ungleich wirt und in im nit fruchte traget, so vordorret er und wirt derhalb abgeschnitten. stand, der standt /1/, stand /1/ – stande /13/ (Dat. Sg.), stende(n) /10/ (Pl.), FWB, XI, 1, 58ff. 1. ‚Zustand, Lage, Situation‘ /27/ DIAL.1, fol. 71v: weil der armselige mensch in solche not, die ich hiebeuorn erzcelet, balt nach seiner erschaffung gefallen und ime nichts gewissers ware, dan da er in dem stande vorsterben worde, das er ewig muste vorloren szein und aber er ime selber aus dieser not nit helffen konte, erbarmet sich szeiner got. 2. ‚Position in der gesellschaftlichen Ordnung‘ /18/ DIAL.1, fol. 210v: daher hat der heilige paulus szeinem timotheo gebotten, vor alle, szie szeien hohes ader nideriges standes, zcubitten. TRAKT.LIPS, pag. 23: und nachdem die dancksagung und Bitte vor die hohen regirenden stende der welt nach dem beuelh des heiligen pawli auch in die messe gezcogen wirdet und al do neben andern gotte auffgeopfert wirdet, wie dan zcu den zceiten des heiligen augustinus auch geschehen und algereitt eingefurt war, sal solcher guter gebrawch nach mag keines wegs angefochten werden, ob er gleich in der ersten kirchen in der messe nit uberlich gewesen.
300 standhaftig, Adj. stanthafftig /2/, FWB, XI, 1, 70, ‚beharrlich‘ PRED, pag. 20: So wirdet er auch von petro seinem iunger und apostel vorlewcknet, dan wiewol sich er petrus angemast und erbotten, bei christo sein leben zcuzcuseczen, gleichwol weil er in dem fal zcu seher auff sich gebawet und mehe auff sein stanthafftig gemute dan die gnade und hilffe gots vorlest, fellet er schentlich und lest sich eine arme weibsperson erschrecken, das er den herren vorlewcknet. stärke, die stercke /3/, FWB, XI, 1, 93ff., ‚Beständigkeit, Stütze, Kraft‘ DIAL.1, fol. 128r: das sacrament der firmung gehoret zcur anderen gnade, dan es gibet stercke und krafft, das wir uns gegen unszern unsichtbaren feinden auffhalten und den besigen mogen. stärken, V. sw. stercken /20/, FWB, XI, 1, 97ff., ‚kräftigen‘ DIAL.1, fol. 144r: ia, was kan den leib zcur aufferstehung besser stercken dan der leib und das blut christi? stärkung, die sterckung /9/, FWB, XI, 1, 102, ‚Kräftigung, Festigung‘ DIAL.1, fol. 132rf.: aus diesen unwiderleglichen grunden der schrifft haben wir zcuuornemen, das uns der heilige geist gegeben wirdet, einmal zcur reinigung und das ander mal zcur sterckung und andern der kirchen nuczlichen ubungen und hat solchs das werck ausgewiszen, dan ehe die aposteln den vorheischen troster emphingen, waren szie noch eben schwach.
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statlich, Adj. FWB, XI, 1, 154ff. 1.‚ordentlich, geziemend‘ /17/ DIAL.1, fol. 10r: Ditterich, vorredet mir nichts. es ist die lawter warheit, wie die unszern auch disen statlich uberwisen haben. DIAL.1, fol. 42v: welcher irsal dazcumal durch die heiligen doctores der kirche, in sonderheit aber den heiligen augustinus, wie szeine bucher zcewgen, statlich widerleget, uberwunden und vordampt, auch von der ganczen kirchen bis doher vor keczerisch geachtet und gehalten worden. 2. ‚beeindruckend, über das Normale hinausgehend‘ /3/ DIAL.1, fol. 45r: und das nicht allein under den Turcken, sondern auch under den persern nach statliche Bischoffe und volckere siczen, die iren christlichen glawben nach unuorfelscht erhalden haben. PRED, pag. 42: vorzceihe uns umb deines lieben sons willen und las sein tewer blut und blutvorgiessen vor uns schuldige den abtrag gethan und wider die sunde, welche sich an ime, dem allerheiligsten und unschuldigsten manne vorgriffen, eine solche herliche und statliche hulffe auffgericht. stätte, die stete /2/, FWB, XI, 1, 108ff., ‚Platz, Stelle‘ PRED, pag. 46: diese uberschrifft lassen viel Iuden, dan die stete war nawe bei der stad, da Iesus gecreucziget ist. stecken, V. sw. FWB, XI, 1, 212ff. 1. ‚sich an einem Ort befinden‘, ‚vorhanden sein‘ /11/ DIAL.1, fol. 73r: und wan nun ein ider, der in todsunden stecket, so fern er zcu
S
szeiner seelen heil sal gefordert werden der vorsunung mit gotte, den er erzcornet. PRED, pag. 67: solche blintheit stecket nach in allen heidnischen herczen, die christum nicht recht erkennen. 2. ‚durch eine Öffnung führen, hineinstecken‘ /3/ DIAL.1, fol. 45v: in summa die christliche kirche lest sich nicht also in eine mewseloch stecken, wie irs vormeinlich vorgebet. PRED, pag. 5: da sprach Iesus zcu Petro: stecke dein schwert in die scheide (wie matheus saget), den ein ider, der mit dem schwert schlegt, kommt mit dem schwert umb. stehen, V. unr. stand /1/ – stund /3/ – stunde /10/ (3. Sg. Ind. Prät.), standen /2/ – stunden /7/ (3. Pl. Ind. Prät.), FWB, XI, 1, 231ff. 1. ‚sich an einer best. Stelle / in einem Zustand befinden‘ /122/ DIAL.1, fol. 74r: damit nun dem armem menschen, welcher in gots ungnade stehet, moge geholffen werden, erfordert die notdorfft, das er zcu gemelten brunnen des heils gebracht werde. PRED, pag. 4: Jesus spricht zcu inen: ich bins. Judas aber, der in vorrith, stunde auch bei inen. als nun Jesus sprach Ich bins, wichen sie zcu rucke und fielen zcu Boden. PRED, pag. 35: und balt hernacher traten die ihenigen, welche do stunden, zcu petrus und sagten ime, warlich due bist auch einer aus inen, dan deine sprach offenbaret dis. PRED, pag. 57: Es standen aber bei dem creucz Iesu seine mutter und seiner mutter schwester. 2. stehen auf ‚gründen auf, begründet in, ankommen auf‘ /21/
301 PRED, pag. 67f.: und stehet der gancze grundt unsers heils dorauff, das wir die demut christi nicht vorechtlich nach spotlich achten. 3. frei stehen ‚aus mehreren Entscheidungsmöglichkeiten auswählen können‘ /14/ DIAL.1, fol. 65r: solchs sal euch stecz freihe stehen. 4. phras. vor Augen stehen ‚offensichtlich sein‘ /2/ DIAL.1, fol. 4r: ich weis, das ir Wittenberger sehr zcornet, wan man dieser spaltung gewenet. nun lest szie sich nit mehe vorbergen. szie stehet vor awgen. steigen /3/, V. st. FWB, XI, 1, 264ff., ‚kletternd bewegen‘ PRED, pag. 58: Ist er der konig Israhel, so steige er nun vom creucz, so wollen wir ime glewben. PRED, pag. 58: Dan (wie Matheus schreibt) die voruber gingen, lesterten in und schuttelten ire kopff und sprachen, der due tempel gots zcubrichst, und bawest in in dreien tagen, hilff dir wider, bist due gots son, so steig herab vom creucze. stelle, die FWB, XI, 1, 332ff. 1. ‚Ort, Platz‘ (auch übertragen) /8/ DIAL.1, fol. 189r: aus dieser stelle des apostels habt ir zcuuornemen, das wir christen nit alleine eines sinnes und einer meinung sein, sondern auch gleiche rede furen sollen. DIAL.1, fol. 121r: Ei wol, las uns morgen umb die stunde wue hewte und an dieser stelle wider zcu sammen kommen. 2. in: ‚an erster Stelle – an anderer Stelle zum Einen, zum Andern‘ /1/
302 DIAL.1, fol. 78vf.: sihe alhie hat ir beides, das zcur rechtfertigung gehore: vorgebung der sunde und die ernewerung zcur herlikeit, weil in der ersten stelle pauli der rechtfertigung das vordammen als ir recht oppositu entgegen geseczt wirdet und in anderen stelle die ernewerung als die, welche die rechtfertigung mit sich bringet, angezcogen wirdet. stellen, V. sw. gestellet /13/ – gestelt /6/ – gestalt /9/ (Part. Prät.), FWB, XI, 1, 334ff. 1. an einen best. Ort bringen / setzen (auch übertragen) /48/ DIAL.2, pag. 118: so ist auch dises dogma fast besserlich, dan wie der mensche szein vortrawen in got stelle, wil ime vonnoten sein. 2. stellen auf ‚gründen auf, begründen, betonen' /7/ PRED, pag. 143: in summa arbeiten sollen wir, damit wir uns erneren, wie der konig salomon leret, aber gleichwol sollen wir unser vortrawen nicht auff uns selber, sonder auff got stellen. 3. frei stellen ‚mehrere Auswahlmöglichkeiten anbieten‘ /12/ TRAKT.AM, pag. 2: das die beiden gestalt des sacraments zcu gotlichen rechten dem leihen nachgelassen werden, dan was solch recht nit gebewtet noch vorbewtet, das stellet es frei. 4. gestellt sein um jn. / etw. ‚etw. / jmd. befindet sich in einem best. Zustand‘ /3/ DIAL.1, fol. 48r: und ir Lutherischen in die wittenbergischen, Ihenischen, osiandrischen unnd schwenckfeldischen. aus dem allem ist leicht zcuermessen, wie es umb ewren hawffen gestalt szei. 5. Funktionsverbgefüge: in Zweifel stellen ‚bezweifeln‘ /9/, in jms. Bedenken stellen ‚zu bedenken geben‘ /5/, in
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Verachtung stellen ‚verachten‘ /3/, in Vergessen stellen ‚vergessen‘ /1/, in Änderung stellen ‚ändern‘ /1/, in Missbrauch stellen ‚missbrauchen‘ /1/ DIAL.1, fol. 84v.: gedenckt, ob es nit besserlicher sei, so ir die eingegossene gerechtikeit vor gut achtet und euch umb so viel mehe in dero ubet, dan da ir die in vorachtung stellet und gleich vor ein undinstlich ding heldet. DIAL.1, fol. 103v: daher gehet nun der spruch des apostels, das got unszere arbeit nit in vorgessen stelle. DIAL.1, fol. 158vf.: wie nun den ewren solcher umbstandt sampt angezceigter vorfelschung der confession geburet habe, stelle ich in ewer selbst bedencken. TRAKT.LIPS, pag. 19: so heldet sichs dennoch anders in dem gebrawchen, so einhelliglich in gemeiner kirchen eingefurt und vil iar erhalten seind, dan diese sal keiner aus eigenen vornemen in anderung stellen. TRAKT.LIPS, pag. 24: ob aber underweilen eczliche sondere personen aberglewbischer weise und durch eczliche neben gebrawche die messen in misbrawch stelleten, davon wil statlich zcureden sein. BRIEF L: Stelle ich in keinen zcweiffel, so got, unser herre, vorsunet were, die sachen wurden mit uns allenthalben besser werden. stift, das stifft /6/, stieft /9/, FWB, XI, 1, 454ff., ‚klerikales Verwaltungsgebilde‘ TRAKT.LIPS, pag. 33: so aber der metropolitano nichtiglich ader zcu unrecht erwelet were, das alsdan die suffraganien des stiffts macht hetten, von newest zcu welen. TRAKT.LIPS, pag. 34: derhalb man des orts die wahele dem leihen hat mussen
S
entzcihen und der cleristen alleine zcustellen, gleicher gestalt worde sichs bei uns deuczschen auch begeben, zcuuoraus an den ortern, do der adel die stiffte inne hat. BRIEF L: bdencke mich desselbtigen mit vleis, schicke euch hirneben eine abschrifft der koniglichen commission, welche meines erachtens dermassen gestellet, das sie mir und unserm stiefte unuorfanglichen ist. stimme /5/, die stimmen /1/ (Gen. Sg.), FWB, XI, 1, 507ff., ‚artikulierte menschliche Rede/ Sprechstimme‘ PRED, pag. 94: Da nun Jesus sprach mit heller stimme und gab seinen geist auff, wie oben angezceigt, sihe der vorhang im tempel (schreibet matheus) zcereis in zcwei stucke von oben an bis unden aus und die Erde erbebete. strafe, die straffe /29/, straff /2/, ‚etw., das jm. zur Vergeltung eines getanen Unrechts auferlegt wird‘ DIAL.1, fol. 27r: und wiewol die redelfurer darin wenig gewonnen und sich aus gots gerechter straffe fast selber gesturczt, so deucht mich doch, dis blinde und bose und vorkerte weszen habe nach kein ende nit, got sei es im himmel geclaget. strafen, V. sw. straffen /22/ 1. ‚für begangenes Unrecht eine Vergeltung einfordern‘ /17/ DIAL.1, fol. 224r: auff den fal wirdest due bekennen, das ich vorstorbenen geisteren der heiligen nit das zcumesse, welchs gotte eigent und die kirche gots nit straffen, das szie solche heiligen umb vorbitte bittet.
303 PRED, pag. 73: so due christus bist, hilff dir selber und uns auch! aber der andere schecher straffte den und sagte: forchst due auch nicht vor got, der due doch in gleicher vordamnus bist etc. 2. phras. Lügen strafen ‚verachten, missachten‘ /5/ DIAL.1, fol. 143vf.: wer nun christum in seinem wort nit lugen straffen ader solch wort auff einen frombden vorstand nit zcihen wil, der sal glewben, das er in diesem sacrament, welchs ime zcur geistlichen speisze und narung seiner seelen eingesaczt ist, den waren naturlichen leib und das ware naturliche blute christi emphange. strang, der strange /1/ (Dat. Sg.), ‚starkes Seil, Strick‘ DIAL.1, fol. 24r: aber dessen ungeachtet so faret ir zcu, wuchert nit alleine unuorschempt, sonder berawbet auch kirchen und kloster und mus das sibende gebot gots bei euch nichts gelten, alleine das ir die armen dibe mit dem strange richtet. streit, der 1. ‚Auseinandersetzung‘ /5/ DIAL.1, fol. 3r: ist der streit zcwischen euch umb geringe ding, das man ewre spaltung mochte unschedlich nennen? 2. ‚Kampf‘ /2/ DIAL.1, fol. 135v: wie iob spricht, ein steter streit ist auff erdtreich, da wider den tewffel, da wider die bose welt. strick /4/, der 1. ‚Fessel‘ /4/ PRED, pag. 113: last uns bedencken, in was schulden und stricken der sunde und des tewffels wir gefast und vorknupfft seind, so lange wir christi, unsers heilands, nicht genissen.
304 TRAKT.AM, pag. 12: damit nit alleine fride erhalten, sonder auch besserung geschafft und die vorlorenen schaff wider zcu dem schaffstal christi gebracht werden, darob dan got einen sonderlichen gefallen hat, lauts euangelischer laer, als solt beqwem und ratsam sein, wege zcusuchen, dadurch die schleiffen und stricke der gewissen dis fals auff geloset werden. 2. phras. einen Strick anwerfen ‚einschränken‘ /2/ DIAL.1, fol. 225r: und damit ir nit dencken dorffet, als wolle man durch diese constitution der kirchen einen strick anwerffen und der lewte gewisszen zcu hart beschweren, so hat szie gar viel milterungen und bindet nit die alten, schwachen, kinder. stück, das stuck /2/ – stucke /3/ (Nom. Pl.) 1. ‚Teil eines Ganzen‘ /5/ DIAL.1, fol. 152r: wan wir meinen, wir emphahen da christum, so emphahen wir ein stuck brots und vortewffen uns in eine scheussliche und grobe abgotterei. PRED, pag. 111: welcher massen der herre christus vor uns gelieden und gestorben, wurzcu uns auch ein ides stuck seiner heiligen passion diene. 2. ‚Ding, Sachverhalt‘ /4/ PRED, pag. 227: iczo wollen wir die (...) stucke der tawffe zcu gemute furen, das seind die eingesaczten wort, baptisto te in nomine patris. PRED, pag. 227: solche zcwen stuck seind vonnoten zcur tawffe und sintemal und mag eins ane das andere die tawffe nit machen. DIAL.1, fol. 12r: sage von ewrer gemein, das viel ansehenlicher stuck szeind, die mich von derselbtigen abhalten.
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stunde /17/, die 1. ‚Zeitpunkt‘ /9/ DIAL.1, fol. 119vf.: dan weil er der stunde seines tods ungewis, konte sich leicht zcutragen, das er mit solchem tode ubereilet werden mochte und ehe dan er sich zcu gotte bekeren konte, von dieser welt abscheiden muste. 2. ‚Zeitraum von 60 Minuten‘ /8/ DIAL.2, pag. 82: und wirdet derhalb in euangelischer schrifft dem denario diurno vorglichen, welcher gleich so reichlich deme, welcher die leczte stunde an die arbeit trat, gegeben wird, als deme, welcher die erste stunde angefangen zcu arbeiten und sich den ganczen tag uber hart bemuhet hat. stürzen, V. sw. sturczen /1/, storczen /1/, ‚aus einem Amt / von einer Position entfernen‘ DIAL.1, fol. 27r: und wiewol die redelfurer darin wenig gewonnen und sich aus gots gerechter straffe fast selber gesturczt, so deucht mich doch, dis blinde und bose und vorkerte weszen habe nach kein ende nit, got sei es im himmel geclaget. PRED, pag. 60: auff das die bosheit ir hochste unrecht thete und sich am herrn dermassen vorgriffe, das sie darob ires unrechts halber sich selber storczte und also die sunde der sunde halber vordampt werde. suchen /27/, V. sw. ‚sich bemühen, etw. zu erlangen / zu finden‘ DIAL.1, fol. 83r: billich ist es, das wir die eher und glori gots vor allen dingen suchen. PRED, pag. 4: Dar nun Jesus wuste alles, was ime begegnen solte, ging er hinaus und sprach zcu in: wen suchet ir?
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BRIEF I: wiewol ich das nach nit entschlossen, dan ich suche schleunigere wege, in zcuuorsicht die sollen angehen, wen der keiser ins reich kummet. sünde, die sunde /263/, sund /1/ – sunde /8/ (Dat. Sg.), ‚Übertretung eines göttlichen Gebots‘ DIAL.1, fol. 40vf.: diesen irthumb haben ewre meister bei diesen zceiten ernewert, die gesaczten fast tage umbgestosszen und dargegen dem mutwilligen fleisch zcu aller szund gehulffen, weil szie die uppische fastnacht bei inen gut szein lasszen und mit grosser herlikeit, das ist mit fressen und sawffen, celebriren. TRAKT.LIPS, pag. 3f.: so nun der mensche von den sunden dermassen abgewant und volgend glewbet, das er aus der Barmherczikeit gots und dem vordinst seines lieben sons, unsers hern iesu christi, von seinen sunden, so vil die schuld und ewige pein anlanged, entpunden. sündhaftig, Adj. sunthafftig /4/, ‚mit Sünde behaftet‘ PRED, pag. 85: derhalb erfordert deine als des sunthafftigen menschens notdorfft, das due dich von deinen sunden abwaschest, die got erzcornen und dich mit trostlichen glawben und zcuuorsicht zcu christo kerest. PRED.ANL, pag. 215: Item nachdem der mensch, mit welchem der prediger zcuhandeln, gebrechlich und sunthafftig, ist erstlich die busse zcupredigen. symbol(um) /8/, der / das nur symbole /1/ (Dat. Sg.), ‚Glaubensbekenntnis‘, fast ausschließlich lateinisch flektiert
DIAL.1, fol. 42r: und wiewol wir in unserm christlichem symbolo halten, das unsere ware kirche algemeine sei, das ist durch die gancze welt, hin und wider ausgebreitet sei. DIAL.1, fol. 43r: haben szie nit geschewet, den symbolum zcuuorfelschen und das algemein daraus zcuthun und die artikel also zcustellen: ich glewbe eine heilige christliche kirche. DIAL.1, fol. 191v: nein, der text des symboli und das rechte original vormag es anders und seczet ausdrucklich, ich glewbe eine heilige catholische kirche.
T tag, der tage /9/ (Dat. Sg.), FWB, V, 1, 43ff. 1. ‚Zeitraum von 24 Stunden‘ /38/ PRED, pag. 49: die zceit, in welcher christus ans creucz gschlagen worden. Nemlich do gelegen umb die dritte stunde des tages. PRED, pag. 62: dan es ware ie an deme, das der herre gleich sterben und vor unsere sunde seinen geist auffgeben solte, damit er folgend am dritten tage zcu unserer rechtfertigung wider aufferstehen mochte. PRED, pag. 106: die Juden aber, nachdem es der rustag ware, auff das die corper an sabbath nicht am creucze bleiben, dan eben der tag war der grosse sabbath, haben sie pilatum angelanget, das ire bein gebrochen und die corper weg genommen worden. 2. an (den) Tag geben /5/ – an (den) Tag bringen /1/ ‚öffentlich machen‘ DIAL.2, pag. 40f.: solchs ist nit den altglewbigen, die wir die papisten nennen, sondern der confessiones vorwanthen laer gemes, dan die treiben solche
306 mitgeteilte ader zcugerechnete gerechtikeit, davon die altglewbigen eher luther konnen und die an tag gebracht nichts wissen. DIAL.1, fol. 42r: zcihe mich in deme auff den heiligen hieronymum und Augustinum, welche der kirchen meinung dis fals gar wol an tag gegeben. 3. am Tag liegen ‚offensichtlich sein‘ /2/ DIAL.1, fol. 2v: Ir woltet Eure spaltung und mishellikeit gerne decken, welche doch dermassen am tage leid, das szie sich nit wil decken lasszen. taufe, die tawffe /53/, FWB, V, 1, 282f., ‚Sakrament, durch dessen Spendung man in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen wird‘ TRAKT.LIPS, pag. 3: und ist ime zcu erledigung seine bus, sein glawben in got, das wort gots und das sacrament der tawffe vonnoten. taufen, V. sw. tawffen /16/, tewffen /1/, FWB, V, 1, 284f., ‚das Sakrament der Taufe zur Aufnahme in die christliche Gemeinde spenden‘ DIAL.1, fol. 35r: nun must due gleichwol gestehen, das ein glawbender, so umb christi willen umbbracht wirdet, auch ausserhalb unszerer tawffe in szeinem blute mag getawfft werden. DIAL.1, fol. 170r: item gehet hin in die gancze welt und prediget das euangelium allen creaturen und tewffet sie. teil, der / das FWB, V, 1, 376ff. 1. ‚bildet mit anderen Dingen ein Ganzes‘ /18/ DIAL.1, fol. 121r: so ir mit dieser meiner einfalt zcu friden szeid, wil ich den
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ersten teil christlicher underweiszung hirmit beschlossen haben. 2. ‚Gruppierung, ideologische Richtung‘ /17/ DIAL.1, fol. 8r: und ist dazcumal die augspurgische confession zcu ruck gesaczt worden zcu deme das im abschide des reichs tags doselbst Ewrem teil aufgelegt worden, das ir dieselbtigen vorglichenen artickel nit uberschreitten soltet. DIAL.1, fol. 9r: ia, ich dorfft wol mehe sagen, das ir von allen teilen ewrer ersten confession widerwertig szeid. 3. zcum teil ‚einige von einem größeren Teil betreffend‘ /15/ TRAKT.LIPS, pag. 35: so leit die vorsorgung der Bischtumber zcum teil auch an den archidiaconis. 4. zcum mehern / meren teil /5/ ‚großenteils‘ DIAL.2, pag. 2: und das die ewern, welche zcum mehern teil auff sich und ire gute werck bawen und sich deroselbtigen mehe dan der gnade gots trosten, solche christliche und wolgegrunte meinung von den unszern genomen. teilen, V. sw. FWB, V, 1, 385ff. 1. ‚ein Ganzes in Teile zerlegen‘ /12/ PRED.ANL, pag. 215: darumb ist die busse zceteilen in die, welche der todsunden halber vorgenummen wirt und als dan vonnoten ist, wan unsere gewissen durch die todsunden gedruckt und beschwert werden. 2. ‚unter mehreren Personen aufteilen‘ /1/ PRED, pag. 52: auff das erfullet werde die schrifft, die da sagt, sie haben meine kleider under sich geteilet, und haben uber meinen rock das los geworffen.
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teilhaftig, Adj. teilhafftig /28/, FWB, V, 1, 392f., ‚Anteil haben‘ DIAL.1, fol. 91v: und wiewol der mensch zcu christo nit kommen und szeiner gnade teilhafftig werden mag, es zcihe in dan der vater, wie christus selber sagt.
DIAL.1, fol. 119v: dan weil er der stunde seines tods ungewis, konte sich leicht zcutragen, das er mit solchem tode ubereilet werden mochte. DIAL.1, fol. 127v: zcum dritten das wir an unszerm leczten ende wider das schrecken des todtes sterckung und trost bekommen.
teuer, Adj. tewer /10/, ‚geschätzt, wertvoll‘ DIAL.1, fol. 86rf.: und bfindet sich, das ewre lutheraner, wan sie sich gancz in die laer hengen, nit alleine besser werden, sondern ummer erger, wie der hochgelarte und tewere man Erasmus Rotherodamus von inen gezcewgt hat.
todsünde, die todsunde /23/, ‚schlimmstes Übertreten göttlicher Regeln‘ DIAL.1, fol. 108rf.: kan und sal der gerechtfertigte, von dem wir alhie handeln, in der erlangten gnade und holde gots bis an szein ende vorharren und sich der todsunde enthalten.
teuerung, die tewerung /1/, tewrung /1/, ‚Preissteigerung‘ PRED, pag. 145: Wie wirs nun eczlich jar daher im wercke bfunden haben, und sich des jar alle dinge zcu einer beschwerlichen tewrung zcihen. PRED.ANL, pag. 222: so seind auch in sonderheit die unfelle zcubewegen als tewerung, pestilencz und krig, welche straffen gots seind.
tot, Adj. tod /6/, todt /2/, ‚leblos‘ DIAL.1, fol. 91vf.: und wiewol der mensch zcu christo nit kommen und szeiner gnade teilhafftig werden mag, es zcihe in dan der vater, wie christus selber sagt, so handelt er doch nit mit ime wie einem toden plock, sondern zcewhet in mit szeinem willen, den er in ime durch szeine gabe schaffet. DIAL.2, pag. 26: die fawst aus menschens corpor ergere offt und emphehet alleine irer eigenschafft nach, was ime, dem menschen, gegeben wirdet, aber doch nit die todte fawst, welche blos stehet und vom arme und corpor des menschens abgeschnitten ist.
tochter /1/, die ‚weiblicher Nachkomme‘ DIAL.1, fol. 39r: Der heilige paulus schreibet, das der, welcher szeine tochter im jungfrawlichen stande erheldet, besser thue. tod, der todt /8/, tode /17/ – todt /1/ – tod /2/ (Dat. Sg.), ‚Ende des Lebens‘ DIAL.1, fol. 110r: glewbest due, das due durch keinen andern weg dan durch den tod christi selig werden mogest?
töten, V. sw. todten /1/, ‚vernichten, zerstören‘ DIAL.1, fol. 25v: Ia, ir habt sehr wol getroffen. wie viel findet man under euch, die vor sich selbst und aus eigenem bewegnus fasten und ir fleisch todten und mortificiren?
308 totschlag, der todschlag /1/, ‚Tötung eines Menschen‘ PRED.ANL, pag. 222: desgleichen ist wider hoffart, geicz, rewberei, todschlage, gotslesterung und ander dergleichen zcupredigen. tragen, V. st. truge /7/ (1. / 3. Sg. Ind. Prät.) 1. ‚aufweisen, haben‘, in: abschew / faer / geduld / mitleiden / liebe / schew / sorge / vorsorge / wissenschafft tragen /19/ PRED, pag. 15: das aber er nit aus unuormogenheit ader vorzcweiffelung, als konte er sich gegen den iuden nit auffhalten, wan es ime gelibett, sondern freiwillig und aus hochster liebe, die er zcu uns getragen, sich dem creucze und schmerczlichsten leiden undergeben. BRIEF A: Nun trage ich vorsorge, ein Erwirdig Dhomcappittel zcu Numburg werde an seiner freien election von dem Chorfursten zcu Sachsen vorhindert werden, dan ich weis mich zcu erinnern, was hiebevorn derhalb vorgefallen. 2. ‚transportieren‘, ‚eine Last ab- / übernehmen‘ /12/ PRED, pag. 89: sihe herre, wie mich die missethaten des menschlichen geschlechts drucken, die auff mich geleget und ich williglich auff mich genommen, die ich auch truge, als weren sie mein eigen. 3. Frucht tragen ‚Ertrag bringen‘ /7/ DIAL.1, fol. 44r: durch unfruchtbare meinet der heiden vorsamlung und durch fruchtbare meinet er die sinagog, dan iene truge vor christo keine frucht zcum heil. 4. Gewinn bringen /2/ DIAL.1, fol. 23r: und achte, das einer wol so vil mag von szeinem weg geligen
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gelde nemen, als ime solch gelt sonsten in handeln tragen mag. träne, die trenne /1/, ‚im Auge entstehende salzige Flüssigkeit‘ PRED, pag. 39: so sach er petrum an und gabe ime in sein hercz die busse, also, das er (…) seine begangne sunde schmerczlich berewte, also, das er auch seine trennen daruber vorgosse. trank, der tranck /2/, ‚Durst stillende Flüssigkeit, Getränk‘ PRED, pag. 44: damit christus, der newe adam, durch sein leiden und sterben den abtrag vor alle unsere sunde auffrichte, so hat den herben und bittern tranck, ob er ime gleich undinstlich, ia beschwerlich war, auch schmecken wollen. PRED, pag. 92: und ob wol der herre seiner menschlichen natur nach als die gar math und zcum hefftigsten geschwecht, des trancks bdorffte, so wolte man doch ime nichts guts zcu tranck gedeien lassen. traurigkeit, die trawrikeit /1/, ‚drückender Gemütszustand‘ PRED, pag. 6: und nach obgemelter trawrikeit, welche der herre der vorsehung auch beschwerungen und marter halber getragen, folgen nun die beschwerungen und vorfolgungen. treiben, V. st. tribe (3. Sg. Ind. / Konj. Prät.) 1. ‚tun, betreiben‘ /11/ TRAKT.LIPS, pag. 17: es were auch wol, gut und notdorfftig, das man von der restitution, zcu welcher der mensch aus seinen betruglichen hantirungen vor-
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bunden wirt, guten underricht dem volcke angezceigte und solchs mit ernste tribe. 2. ‚nachdrücklich veranlassen‘ /9/ PRED.ANL, pag. 221: aber sal der prediger darauff achtung geben, das er sein volck im meisten zcu den wercken treibe, welche dasselbte in meisten von seinen lastern abzcihen mogen. 3. ‚in eine bestimmte Richtung bewegt werden‘ /1/ PRED, pag. 112: last uns gedencken, welcher gestalt die begirden unsers fleischs uns eingenommen und in unsern sterblichen leibe, so lange er one die gnade christi blos stehet, hersche, und von einer wirklichen sunde in die andere treibe. trennen /4/, V. sw. ‚spalten, teilen‘ TRAKT.AM, pag. 24: und wiewol alhie der gebrawch des sacraments geteilet wirdet, dienet doch die ordentliche nachlassung dohin, das solchs die einikeit der kirchen nit trenne. trennung, die trennunge (Akk. Sg.) 1. ‚Scheidung / Auseinanderhaltung zweier oder mehrerer Dinge‘ /3/ TRAKT.LIPS, pag. 21: und wirdet das Brot und der wein durch das wort der trennung dorein vorwandelt, welchs ist das wort unsers hern Iesu christi. 2. ‚Zwiespalt‘ /1/ BRIEF F: Solchs wolte ich euch nit vorhalten, das Jr in der zceit den sachen nachdencken und vorkummen moget, das man nit irgent trennunge zcwischen uns mache. treulich, Adv. trewlich /3/, ‚treu, aufrichtig‘ DIAL.1, fol. 100r: derhalb sal der
309 christ, welcher in der gnade gotts stehet, trewlich ermanet werden, das er dem willen gots und gebot in allem seinem thwn und lasszen vleissig nachkomme. tron, der thron /2/, ‚verzierter, wertvoller Ehrensitz des Herrschers‘ DIAL.1, fol. 94r: wer nun mit solchem glawben und vortrawen sich zcu gotte keret, der gehet recht zcu deme thron der gnaden, gibet gotte die ehere. trost /28/, der ‚Zuversicht‘ PRED, pag. 81: der gibt dem schecher disen trost, sprechend warlich, ich sage dir, hewte wirst due mit mir im paredeis sein. trostbrief, der trostbriff /1/, ‚Schreiben, das Mitleid bekundet und aus Niedergeschlagenheit aufzurichten versucht‘ BRIEF F: trage doch solchs nit wenig beschwerunge und tawret mich Ewerer und anderer meiner herren des Dhomcapittels, darumb ich einen trostbriff an sie geschriben, wue ir hirneben zcuuornemen habet. tugentlich /5/, Adj. ‚ehrbar, vorbildlich‘ DIAL.1, fol. 29v: due findest vil tugentlicher lewte under den unszern. DIAL.1, fol. 41rf: Es hat auch die meinung bei den christen zcu ider zceit gehat, das szie die heiligen vorstorbenen aposteln, martirer in irer vorsammlung geeheret und got, der szie so tugentlich und in inen gelobet haben und uns zcu irer nachfolge ermanet.
310 tun, V. unr. thue (1. Sg. Ind. Präs.), thete /10/ (3. Sg. Konj. Prät.) 1. ‚eine Handlung ausführen‘ /363/ DIAL.1, fol. 197v: hinwider aber weil simon magus bfunde, das die aposteln den glawben in christum fast triben, name er davon ursache gute werck zcuuorachten. meinet, es were genug, da einer glewbet, ob er gleich nichts guts thete. 2. ‚jm. in best. Weise begegnen‘ /2/ DIAL.1, fol. 5r: Niklas: Wie thun wir ime aber nun? Veit: ich rath, wir geben hirauff keine antwort. 3. etw. mit etw. zu tun haben ‚von etw. betroffen sein‘ /2/ DIAL.1, fol. 38v: du plagest uns aber mit dem keiserischen buche und der regensburgischen handelung und weist, das wir damit nit zcuthun wollen haben. 4. gehören zu /1/ DIAL.1, fol. 75r: ich bfinde also viel, das due die heiligung und eingegosszene gerechtikeit gerne woltest in die rechtfertigung einflechten, welchs wir nit zculassen, dan sie thuet zcu der rechtfertigung gar nichts. tunlich, Adv. thulich /8/, ‚möglich‘ TRAKT.AM, pag. 1: zcum andern so dasselbtige durch das gotliche recht nachgelassen, ob zcu dieser zceit thulich sein wolle, solchem gebrawch bei uns stat zcugeben. tür, die thur /1/, ‚Vorrichtung zum Verschließen eines Durchganges‘ PRED, pag. 19: petrus aber stund drawssen vor der thur.
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türke, der turcke /5/, ‚Bürger der Türkei‘, oft pejorativ DIAL.1, fol. 51rf.: du wirdest ja kein turcke noch iude werden ader dich den secten, die due neben uns vordammest, anhengig machen? türkisch, Adj. turckisch /2/, ‚die Türkei betreffend‘, pejorativ DIAL.1, fol. 176r: da nun solchs alles recht betrachtet, worde die widertewfferische und turckische vormischung mit vielen weibern, als die iczo nit zculeslich, niemands billichen.
U üben, V. sw. uben 1. ‚begehen, ausführen‘ /23/ DIAL.1, fol. 16r: da einer in stehender ehe mit szeinem ersten weibe eine andere zcur ehe nimmet, der ubet einen ehebruch. DIAL.1, fol. 181v: ir ubet hirinnen ein trefflichen und, mocht wol sagen, ein unchristlichen freuel. 2. üben in ‚mehrmalig, andauernd versuchen‘ /9/ DIAL.1, fol. 104r: damit er das gute deste weniger vorachte, sondern sich in deme zcum vleissigsten ube. übeltäter, der ubeltheter /10/, ubeltheter /4/ – ubelthetere /1/ (Pl.), ‚jmd., der etw. Schlechtes getan hat, Verbrecher‘ PRED, pag. 43: da worden auch (...) zcwene andere ubelthetere hingefurt, das sie mit ime abgethan werden.
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überantworten, V. sw. uberantworten /1/, ‚in Obhut geben, zur Kenntnisnahme vorlegen‘ DIAL.1, fol. 9v: dan ir must bekennen, das ewere confessio anno 30 zcu augspurg ubergeben den sacramentirern widerwertig gewesen, ia auch das ewere stende die sacramentirer nach Luthers meinung gleich so wol angefochten haben als wir auff unszerm teil. daher ist dan kommen, das die sacramentirer eine sondere confession keiser. mt. und den stenden dazcumal uberantwortet haben. übereilen, V. sw. ubereilen /1/, ubereil /1/ (Imp. Sg.), ‚überstürzt handeln / eintreffen‘ DIAL.1, fol. 64v: ubereil dich nit in diesen handel und wancke nit weiter, dan hewte wirdest du recht erfaren, was hinder ime stecket. DIAL.1, fol. 119v: so sal er doch auff die gnade gots nit sondigen, dan weil er der stunde seines tods ungewis, konte sich leicht zcutragen, das er mit solchem tode ubereilet werden mochte. überfüren, V. sw. uberfuren /1/, ‚eine Schuld nachweisen‘ PRED, pag. 21f.: ab nun wol der herre gar bescheiden und gelinde genug denn hohen priestere antworte, so uberfurte in doch einer von des hohen priesters gesinde. überschicken, V. sw. uberschicken /1/, ‚zusenden‘ BRIEF H: und damit ich euch nichts vorhalte, wolte die ko. Mt gerne, das ich wider gegn Polen zcege, derhalb sie den an mich geschriben, welchen briff ir mir uberschicket.
311 überschickung, die uberschickung /1/, ‚Sendung‘ BRIEF F: Ich thue widerumb ein ausschreiben an die vom Adel mit uberschickung abschrifften von den keiserlichen mandaten an die ritterschafft. übersenden, V. sw. ubersenden /4/, ‚schicken‘ BRIEF K:, werdet ir aus der abschrifft, so ich dem Dhomtechand ubersandt, vornemen. übertreffen, V. st. ubertreffen /5/, ‚in größerem Maß vorhanden sein‘ DIAL.1, fol. 79v: nemlich es szei dan, das ewre gerechtikeit ubertreffe die gerechtikeit der schrifftgelarten und phariseer, so wirdest nit eingehen ins himmelreich. PRED, pag. 95: damit sie sein leiden und sterben an schmerczen aller menschen leiden und sterben weit ubertreffe. überwindung, die uberwindung /2/, ‚Sieg‘ PRED.ANL, pag. 220: dan dadurch werden die gewissen unruig und wirt der tewffel wider uns zcu der anfechtung und uberwindung gesterckt. übung, die ubung /16/, ubunge /1/ (Dat. Sg.) 1. ‚Tätigkeit (im religiösen Alltag)‘ /8/ DIAL.1, fol. 25r: die kirche als eine getrawe mutter hat eczliche fasttage eingesaczt, damit szie ire kindere zcu christlicher zcucht und casteiung des fleischs anbrechte, auff das szie deste geschickter wurden zcum gebet und andern christlichen ubungen. 2. ‚häufige Wiederholung einer Handlung‘ /4/
312 PRED.ANL, pag. 220: darumb sal sich ein ider seiner empfangenen gnade zcu allem guten gebrawchen und in steter ubung stehen, damit er ein gut gewissen haben moge. 3. ‚Ausübung‘ /4/ PRED.ANL, pag. 219: so hat es auch diese gestalt, das durch die ubung der eusserlichen werck der innerlich mensche (…) zcunimmet. 4. in Übung ‚im Gebrauch‘ /1/ TRAKT.LIPS, pag. 19: zcuuoraus weil solchs an ergernus und spaltung nit mag geschehen, zcu deme das unsere gebrewche und ceremonien neben diesem sacrament algereit in der ersten kirchen in ubung gewesen. umbringen /3/, V. unr. umbbringen /1/, umbracht /3/ – umbbracht /1/ – umbgebracht /1/ (Part. Prät.), ‚töten‘ DIAL.1, fol. 35r: wan er ehe umbgebracht wirdet, dan er sich durchs basser tawffen kan lassen, sonst wolte nun solche tawffe vonnoten szein. PRED, pag. 18: es were gut, das ein mensche werde umbracht vor das folck und das alles ist geschehen, das die schrifft der propheten erfullet werden. 1
umgehen, V. st. umbgehen, ‚auslassen‘ /5/ DIAL.1, fol. 44v: daher gehen die schonen vorheischung der schrifft. ich umbgehe alhie die herlichen vorheischungen des alten testaments.
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umgehen, V. st. umbgehen, ‚in best. Weise behandeln‘ /5/ DIAL.1, fol. 21v: das aber wir mit der ehe gar viel bescheidener umbgehen und under irem schein keinen ehebruch vormenteln.
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DIAL.1, fol. 159r: ich halte, wie man ordentlich mit den dingen umbgehet, das mans under einer ader beider gestalt nemen mag. umschweifen, V. st. umbschweiffen /1/, ‚etw. unnötig umständlich behandeln‘ DIAL.1, fol. 12r: aber damit ich meiner art nach rund handele und nit weit umbschweiffe, so stelle ich die confession an sein ort und sage von ewrer gemein, das viel ansehenlicher stuck szeind, die mich von derselbtigen abhalten. umstand, der umbstandt /1/, umbstende(n) /8/ (Pl.), ‚Tatsache‘ DIAL.1, fol. 158vf.: wie nun den ewren solcher umbstandt sampt angezceigter vorfelschung der confession geburet habe, stelle ich in ewer selbst bedencken. PRED, pag. 27: also zcusammen lawffen, das sie auff den herrn christus klar zceigten und nit alleine die person, sondern auch die umbstende dermassen an tag geben, das sich ein ider welchen der vorhang Moses nit blendete leicht selbst underrichten konte, das eben der herre christus der rechte ware messias. umwenden, V. sw. umbwenden /2/, ‚umkehren‘ PRED, pag. 101: und alles volck, das dabei war und zcusagen, da sie sagen, was da geschach, schlugen sie an ire bruste und wanten widerumb. unangezeigt, Adj. unangezceigt /2/, ‚nicht angegeben‘ BRIEF U: solchs wolt ich vortrawter meinung, damit ir dissen wissenschafft moget haben, nit unangezceigt lassen.
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undienstlich, Adj. undinstlich /3/, ‚keinen Nutzen bringend‘ DIAL.1, fol. 84v: gedenckt, ob es nit besserlicher sei, so ir die eingegossene gerechtikeit vor gut achtet und euch umb so viel mehe in dero ubet, dan da ir die in vorachtung stellet und gleich vor ein undinstlich ding heldet. unere, die unehere /4/, ‚Verlust des Ansehens‘ DIAL.1, fol. 40v: ich geschweige anderer unehere und unzcucht, welche wol vorbliben, wue man die jungfrawschafft bei iren wirden bleiben lassze. TRAKT.LIPS, pag. 38: und sol nit alleine der speise dermassen masse geseczt werden, sondern auch dem trincken, welchs leider zcur fullerei und gots unehere bei uns deuczschen al zcu sehr misbrawcht wirt. unfall, der unfal /3/, ‚Ereignis / Handlung, das Schaden anrichtet‘ PRED.ANL, pag. 222: so seind auch in sonderheit die unfelle zcubewegen als tewerung, pestilencz und krig, welche straffen gots seind und ursachen sich aus unsern lastern als der vollerei. unförmlich, Adj. unformlich /1/, ‚den Regeln nicht entsprechend‘ DIAL.1, fol. 19vf.: Dieser proces wirdet in ewren consistorien gehalten, welcher nit alleine unformlich, sondern auch widerrecht. unfride /1/, der ‚Spannung, Zerwürfnis‘ TRAKT.AM, pag. 8: die kirche mochte durch die vorgenommene straffe in unruge und unfride gesaczt werden.
313 unfruchtbar /8/, Adj. ‚nicht ertragreich‘ DIAL.1, fol. 99vf.: und ist unwidersprechlich war, das der glawbe, welcher zcu szeiner zceit durch die liebe nit wircket nach guts thuet, tod und unfruchtbar ist. TRAKT.LIPS, pag. 7: den welcher durch den glawben christo eingeleibet wirdet und in ime nit guts thut, der wirdet als ein unfruchtbar weinrebe von ime billich abgeschnitten und in das fewer geworffen. ungeduld, die ungedult /1/, ‚Mangel an Geduld‘ PRED, pag. 13: Wie erzceiget er sich gegen ime? mit ungedult? Nein. ungehorsam /7/, der ‚mangelnder Willen, sich einer Autorität unterzuordnen‘ DIAL.1, fol. 19r: so mag er in ewren consistorien solch sein weib anklagen, als szei szie aus ungehorsam von ime gelawffen. unglaube, der unglawben /3/, ‚Zweifel an der Existenz Gottes, Gottlosigkeit‘, unglawbe /2/ DIAL.1, fol. 29r: ist nun der unglawbe allein sunde, so bindet uns kein gebot mehe dan alleine das erste gebot. PRED, pag. 99: und erzceigten sich also die creaturen, welche doch irer art nach keine emphindungen haben, als trugen sie mit dem herrn, durch welchen sie erschaffen, ein mitleiden und betrubten sich mit hefftiger bewegung ob seinem leiden und sterben, zcu uber zcewgen den unglawben.
314 ungnade /12/, die ‚verlorene Gunst‘ DIAL.1, fol. 74r: damit nun dem armen menschen, welcher in gots ungnade stehet, moge geholffen werden. unleugbar, Adj. unlewckbar /3/, unlewcbar /1/, ‚unbestreitbar‘ DIAL.1, fol. 4rf.: darumb mogest due wol bekennen, welchs an ime selber unlewcbar ist. unrecht /23/, das unrecht /3/ – unrechte /1/ (Dat. Sg.), ‚der Gerechtigkeit entgegengesetztes Prinzip‘ PRED, pag. 32: damit ie die sunde nichts underlassen, (...) das sie gedempt und ire stachel vorloren ires gewalts, den sie zcu unrechte gebrawchte. PRED, pag. 103: die entsaczten sich darob und schlugen an ire bruste, zcu einem zceichen, das sie erkant haben, welcher massen christo unrecht geschehen. unruhe /1/, die unruge /2/, ‚Zustand des gestörten Friedens‘ TRAKT.AM, pag. 8: die kirche mochte durch die vorgenommene straffe in unruge und unfride gesaczt werden. TRAKT.AM, pag. 16: dan dadurch mag gros unruhe, vorterb viler lewte und vordamlicher ungehorsam abgewant werden. unser /261/, Possessivpron. DIAL.2, pag. 21: das wir aus dem glawben one vorgehende unsere werck gerechtfertiget worden.
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unsträflich, Adj. unstrafflich /1/, ‚untadelig‘ TRAKT.LIPS, pag. 33: und werdens schwerlich konnen der kirchen saczungen dis fals bessern, dan die vormogen, das man die welen sal, welche rechts alters sein, gelert und eines guten unstrafflichen lebens, welchs sich dan mit der lere des apostels fast vorgleicht. unterhaltung, die underhaltung /1/, ‚Gespräch‘ BRIEF F: doch hilte ich davor, wan sich der Senior gegn Wirzburg begebe, er werde des orts statliche und ehrliche underhaltung finden, den d[er] Bischoff doselbst, do ich jungst bei ime war, gewenete seiner mit allen gnaden. unterricht, der underricht /5/, ‚lehrhafte Unterweisung Lernender‘ TRAKT.AM, pag. 1: Damit man vormercken moge, wie es umb solch sacrament gelegen, wollen nachvolgend drei fragen zcubewegen und darauff geburlicher underricht zcugeben sein. unterschied, der underschid /16/ 1. ‚etw., worin mehrere Dinge nicht übereinstimmen‘ /9/ DIAL.1, fol. 170avf.: so balt der underschid zcwischen den bischoffen und priestern in der ersten kirche ist gemacht worden, so haben die bischoffe alleine macht gehabt. 2. ‚Unterscheidung‘ /7/ DIAL.1, fol. 111vf.: gute werck werden bei inen vorachtet, weil sie aus den sunde machen, ungeachtet ob die gleich in gots worte schone gezcewgnus haben, machen keinen underschid zcwischen wercken des geseczes und der gnade.
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unterschreibung, die underschreibung /1/, ‚Ableistung der Unterschrift‘ BRIEF F: Und ist one not, das sich die hern des Capittels widerumb underschreiben, sondern ist genug an der underschreibung der Notarien. unterstehen, V. unr. understehen /26/ 1. ‚erdreisten‘ /23/ PRED, pag. 24: zcuforderst weil die, welche sich dozcumal understunden, uber inn zcurichten seine ergste feind waren, die auch solche falsche gezcewgen selber geschafft hatten. 2. ‚die Befugnis haben‘ /3/ DIAL.1, fol. 129r: das sacrament der ordination ader weihe gehoret zcur virde gnade und machet die ihenigen, so sich der kirchen emptere understehen, darzcu geschickt. unvernünftig, Adj. unuornunfftig /3/, ‚ohne Einsicht in die Dinge‘ PRED, pag. 87: sihe, die undanckbaren Iuden vorlewckenten christum und die unuornunfftigen creaturen gaben im zcewgnus der warheit. unverständig, Adj. unuorstendig /3/, ‚ohne Wissen‘ TRAKT.LIPS, pag. 11f.: gleichwol weil der naturlich mensche dero geistigen dinge, so an im selber, unuorstendig ist, auch der liebe gots mangelt, on welche das gotliche gesecze nit mag noch kan recht gehalten werden. unwidersprechlich /8/, Adj. ‚als logische Konsequenz, nicht widerlegbar‘ PRED, pag. 8: aus deme folget nun und ist unwidersprechlich war durch iczt-
315 erzcelte gerechtikeit, das christi des son gots, die er zcum mittel der vorsunung zwischen got und den menschen seczet, wirdet er, der mensch, erloset. unwürdig, Adj. unwirdig /4/, ‚einer Sache nicht wert sein‘ DIAL.1, fol. 167r: deste weniger hat es faer bei inen, so sich einer des sacraments nit selber unwirdig macht. unwürdiglich, Adv. unwirdiglich /1/, ‚einer Sache nicht wert sein‘ DIAL.1, fol. 146v: so sal er wol auff sich selber sehen und mit allem vleisz huten, das er solch sacrament nit unwirdiglich, sondern zcu seiner seelen heil emphahe. unzweifellich, Adv. unzcweiffelich /4/, ‚ohne zu zweifeln‘ DIAL.1, fol. 194v: diese artickel von der heiligen dreifaltikeit erkleret, alszo das nun alle christen unzcweiffelich glewben, das wir einen got in der dreifaltigkeit und die dreifaltigkeit in der einikeit eheren sollen. üppigkeit, die uppikeit /3/, ‚ausufernder Lebensstil‘ DIAL.1, fol. 228r: es gehoret darzcu messikeit, casteiung des fleischs, arbeit, meidung aller uppikeit und das man mit weibs personen nit zcu viel gemeinschafft habe. üppisch, Adj. uppisch /1/, ‚ausufernd‘ DIAL.1, fol. 40vf.: zcu aller szund gehulffen, weil sie die uppische fastnacht bei inen gut szein lasszen und mit grosser herlikeit, das ist mit fressen und sawffen, celebriren.
316 ursache /63/, die ursach /8/ (Dat. / Akk. Sg.), ‚Anlass, Grund‘ TRAKT.AM, pag. 9: den so man etwan die fasnacht, welche nichts anders ist dan eine leichtfertikeit und vorursachung alles arges, aus gleicher ursach zcu rechte geduldet. PRED, pag. 9: und neben diesen trostlichen geheimnissen, daraus die ursache und der nucz des leiden christi erscheinet, sollen wir stecz berichten, wie williglich und aus was grosser liebe zcu uns armen lewten sich christus nach dem willen seines himmelischen vaters an alles gesaczt. BRIEF A: aber die lewffte geben mir ursach, das ich mich allerlei bfaren mus.
V vater /46/, der veter /6/ – vetere /3/ – vetter /2/ – vettere /3/ (Nom. Pl.) 1. ‚Kirchenvater‘ /26/ DIAL.1, fol. 89v: also das solche nit Luthers laer ist, sondern das er die von den unszern empfangen, dan die erzcelten vettere szeind lange vorm luther in unszerer kirche gewesen. DIAL.1, fol. 118v: die veter gebrawchen solch wort. 2. ‚Gott‘ /25/ PRED, pag. 88: derhalb hat er zcu seinem himmelischen vater geruffen. 3. ‚biologisch: Mann, der Kinder gezeugt hat‘ /9/ DIAL.1, fol. 29r: wir mogen frei und one schew und forcht fluchen, schweren, vater und mutter voruneheren, todschlagen, ehebrechen, stelen und was der laster mehe.
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verachten, V. sw. vorachten /26/, ‚geringschätzen‘ DIAL.1, fol. 12r: wir vorachten gute werck nit, sondern alleine das vortrawen auff die werck schlahen wir danider. DIAL.1, fol. 104r: damit er das gute deste weniger vorachte, sondern sich in deme zcum vleissigsten ube. verachtung, die vorachtung /13/, ‚Geringschätzung, Missachtung‘ TRAKT.AM, pag. 21f.: und wil solchs dohin dienen, das das sacrament under beider gestalt nit aus vorachtung der kirchen und ordentlicher obirkeit, sonder mit der selbtigen willen, gunst, und nachlassung und also mit gutem gewissen genommen werde. veränderung, die voranderung /6/, vorenderung /2/, voranderunge /2/, voranderunge (Gen. / Dat. Sg.), ‚Überführung in einen anderen Zustand‘ TRAKT.AM, pag. 1: zcum dritten wan dasselbtige nun thulich sein wolte, wie und welcher gestalt die voranderung iczigs gebrawchs geburlicher weise moge vorgenommen werden. TRAKT.LIPS, pag. 22: den im falle ob wir deuczschen uns solcher voranderunge konten mit zculassung ordentlicher obirkeit vorgleichen, were es doch schwerlich bei den auslendischen kirchen zcuerheben. TRAKT.LIPS, pag. 42: darumb sal man die auch in irem wesen erhalten, und von der voranderunge, so eczliche vorgenommen, absehen, damit nimands wider recht und zcur unbillikeit betrubet.
V
verbergen, V. st. vorbergen /3/, ‚verstecken, den Blicken anderer entziehen‘ DIAL.1, fol. 4r: nun lest szie sich nit mehe vorbergen. PRED, pag. 9f.: dan der herre, wie er erkentte, das judas der vorrether mit der rotte und der priestere und phariseer dienern sich neherte, flewhet er nit, vorbarg sich auch nicht, sondern ginge inen entgegen. PRED, pag. 87: dan die sonne vorlewret alhie ir schein am hellen tage wunderbarlicher weise und vorbirget sich, als konne sie das grosse unrecht und vorgewaltigung, so an christo geschege, nicht sehen. verbesserung, die vorbesserung /1/, ‚verbessernde Änderung‘ BRIEF C: und nachdem zwene punct in gemelter schrifft sein, darauff zcu antworten villeicht vonnoten sein wil, als nemlich die Turcken (...) und die zceit zcum general Cappittel belangend, las ich mir auff meiner herren des Thomcappittels vorbesserung gefallen, das der anlage halber widergeschriben wurde, das meine herren des Thomcappittels nach zcur zceit nit wissen, ab dasselbige gelt erleget ader nit. verbieten, V. st. vorbiten /8/, vorbewtet /4/ – vorbewt /1/ (3. Sg. Ind. Präs.), ‚für nicht erlaubt erklären‘ DIAL.1, fol. 22r: aber christus hat den bucher stracks vorbotten, also das man auch nit umb den geringsten gesuch weg leihen sal. DIAL.1, fol. 25v: Wir vorbieten niemands zcufasten. DIAL.1, fol. 42r: aber der kirchen meinung ist nit geweszen, das fleisch essen
317 als unrein zcuvorbiten, sondern solchs zcumessigen. DIAL.1, fol. 149r: so mussen die enczwar bekennen, das unszere meinung war szei ader gots wort einen zcusacz geben, welchs uns in der schrifft got selber vorbewt, ader die wort bleiben lassen. DIAL.1, fol. 208v: was gots gesecze gebewtet ader vorbewtet, da wider kan kein mensche dispensiren. verbinden, V. st. vorbinden /1/, ‚verpflichten‘ TRAKT.LIPS, pag. 17: es were auch wol, gut und notdorfftig, das man von der restitution, zcu welcher der mensch aus seinen betruglichen hantirungen vorbunden wirt, guten underricht dem volcke angezceigte und solchs mit ernste tribe. verbitterung, die vorbitterung /2/, ‚Verstocktheit‘ PRED, pag. 22: alhie sehen wir, was der feindselige has und die gefaste vorbitterung der gemutere inn menschen wircket. verbleiben, V. st. vorbleiben /3/, ‚nicht mehr stattfinden‘ DIAL.1, fol. 40v: ich geschweige anderer unehere und unzcucht, welche wol vorbliben, wue man die jungfrawschafft bei iren wirden bleiben lassze. TRAKT.LIPS, pag. 45: damit ergernus und unbruderlicher wille, welcher die spaltung ursacht, vorbleibe. verblenden, V. sw. vorblenden /1/, vorblendt /1/ – vorblendet /1/ (Part. Prät.), ‚zur vernünftigen Einsicht unfähig machen‘ PRED, pag. 27: und stecken voller giefft und neid, und werden dadurch dermas-
318 sen vorblendt, das sie solche warheit nit erkennen konten. PRED, pag. 29: Weil nun die Juden solchs aus sich selbst nit erkanten, als die ire sunde und missethaten nit erkanten und durch ir hassig, neidisch und vorbittert gemute, weil sie sorge trugen, christus werde ir regiment darnider legen, gancz und jar vorblendet waren. PRED, pag. 101: Die Juden vorblendeten sich selber durch iren tewfflischen neid, das sie christum nicht erkennen konten, darumb sie deste weniger zcu rechter erkantnus der warheit und christi, unsers seligmachers, erlewcht worden. verblendung, die vorblendung /1/, ‚Unfähigkeit zur vernünftigen Einsicht‘ PRED, pag. 75: und ob sie gleich aus dem gesecze ire sunde und kranckheiten der seele erkennen, so ist inen doch solchs unvorgeblich, so lange sie in berurter vorblendung stecken. verbot, das vorbot /3/, ‚Anordnung, etw. zu unterlassen‘ TRAKT.AM, pag. 14: die abrogation konte der irrunge wol am statlichsten abhelffen, also, das der kirchen vorbot auffgehoben und der gebrawch under beider gestalt frei gelassen werde, wie er dan am anfang der kirchen gewesen ist. verdächtig, Adj. vordechtig /2/, ‚fragwürdig‘ DIAL.1, fol. 52vf.: ist das nit ein herlich gezcewgnus, welchs deste weniger vordechtig sein kan, weil es euch der hauptlerer und der feind des Babstumbs selber ausgesagt.
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BRIEF L: wollet auch bei den gehorsamen personen unserer kirchen vleis ankeren, das sie die vordechtigen personen von sich thun. verdammen, V. sw. vordammen /2/, vordampt /5/ – vordammet /1/ (3. Sg. / 2. Pl. Ind. Präs.), vordampt /18/ – vordammet /2/ (Part. Prät.), ‚aufs Schärfste verurteilen‘ DIAL.1, fol. 29r: daher kommet es, das eczliche der ewren meinen und sagen, es konne sie gleich so wenig einiche ire sunde vordammen, als ire gute werck selig machen. DIAL.1, fol. 78r: wer ist, der da vordampt. verdammlich, Adj. vordamlich /10/, ‚verwerflich‘ DIAL.1, fol. 76v: so werden szie von einer wirglichen und vordamlichen sunde in die andere getriben. TRAKT.AM, pag. 16: dan dadurch mag gros unruhe, vorterb viler lewte und vordamlicher ungehorsam abgewant werden. verdammnis, die / der vordamnus, f. /13/ – m. /4/, vordamnis /1/ ‚das Verworfensein vor Gott‘ PRED.ANL, pag. 225: wie der apostel schreibet: wer nun mit christo also christum an sich zceuhet, wirdet durch und in im nit allein ernewert, sonder wirdet im auch dermassen eingephlanczt, das im die uberigen sunde im fleische nit zcur vordamnis zcugerechnet werden. TRAKT.LIPS, pag. 6: damit man in deme, welchs das hewptstucke ist unserer heiligen religion nit irre gehe und dadurch zcur vordamnus vorleitet.
V
verdenken, V. unr. vordencken /1/, ‚übelnehmen‘ BRIEF B: und so viel die election belanged, kan ich meine hern des thomcappittels nit vordencken, das ire Erwirden damit geeylet. verderb, der vorterb /1/, vorterbe /1/ (Dat. Sg.), ‚Verhängnis, Verderben‘ DIAL.1, fol. 193v: und furwiczigen leicht zcu irem selbst vorterbe vorfelscht wirdet, wie der heilige petrus schreibet. TRAKT.AM, pag. 16: und meines unuorstendigen bdenckens ist die dispensation in unserm falle nit allein zcimlich, sonder auch geburend, dan dadurch mag gros unruhe, vorterb viler lewte und vordamlicher ungehorsam abgewant werden. verderben, V. st. vorterben /18/ 1. ‚zerstören, verloren gehen‘ /17/ DIAL.1, fol. 28v: aber wie konte sich einer mehe vorterben und von got abzcihen? PRED.ANL, pag. 217: damit ein ider, so in in glewben wirt, nit vorterbe, sonder habe das ewige leben. 2. substantiviert: das Verderben, vorterben /1/, ‚Prozess, der etw. in einen schlimmen Zustand kommen lässt‘ BRIEF L: in summa alle ding zciehen sich fast zcum aussersten vorterben deuczscher Nacion. verderblich, Adv. vorterblich /1/, ‚unheilvoll‘ PRED.ANL, pag. 222: und sich derhalb der vollerei und der unkewscheit enthalten, welche seind dem geist gots (...) und also der heiligung entgegen und gancz vorterblich.
319 verdienen, V. sw. vordinen /8/, vordienen /6/ 1. ‚als Lohn für etw. erhalten‘ /3/ DIAL.1, fol. 96r: die unszeren geben vor, das wir aus unszern wercken die angezceigte gnade gots vordinen und an uns bringen. 2. ‚einer Sache würdig sein‘ /11/ DIAL.2, pag. 9f.: Der mensch, welcher zcu szeinen vornunfftigen iaren kommen und in gots ungnade stehet, der mus vor allen dingen seine sunde und missethat erkennen, sich vor got demutigen und bedencken, das er den zcorn gots und die ewige vordamnus wol vordienet. verdienst, der vordinst /48/, vordinst /9/ – vordinste /5/ (Dat. Sg.), vordinst /5/ – vordinste /11/ (Pl.), ‚etw., das jm. nach seinen Leistungen zukommt‘ PRED, pag. 111: habt ir underschidlich angehoret und bfunden, das er unserer sunde halber gestorben, auff das wir durch in und aus seinem vordinste vorgebung unserer sunde zcu vorsunung mit dem himmelischen vater erlangen mogen. PRED, pag. 125: das haben wir dem vordinst christi und seiner gerechtikeit zcudancken. verdorren, V. sw. vordorren /1/, ‚verwelken, eingehen‘ PRED.ANL, pag. 219: dan wan sonst der zcweick dem stam, darein er gepflanczt, ungleich wirt und in im nit fruchte traget, so vordorret er. vereinigung, die voreinigung /1/, ‚das Vereinigen‘ TRAKT.LIPS, pag. 45: derhalb wil auch ratsam sein, das man in vorgenommener christlicher voreinigung nit zcu se-
320 her newere in betrachtung, das solchs one ergernus und zceruttung nit geschehen mag. vererung, die voreherung /2/ 1. ‚Schenkung‘ /1/ DIAL.1, fol. 163v: aber da der furst eczliche fuder weins zcur voreherung an einem ort vorordente und sagte, ein ider, welcher voruber reisset, trincke daraus: alhie wurde nichts gefordert, sondern alleine geschenckt. 2. ‚hohe Bewunderung, das Verehren‘ /1/ TRAKT.LIPS, pag. 42: Von Voreherung der abgestorbenen heiligen. verfälschen, V. sw. vorfelschen /5/, ‚falsch darstellen‘ DIAL.1, fol. 10r: zcu deme hat ir auch ewre apologia, welche uber ewre confession die recht glossen sein sal, newlicher weile vorfelscht und das herausser gethan, welchs die sacramentirer am meisten anficht und widerleget. verfälschung, die vorfelschung /3/, ‚falsche Darstellung‘ DIAL.1, fol. 33r: und ist nit ein geringe vorfelschung gotlicher warheit, das gute werck bei euch nit vor gut geachtet werden, welche doch got gebewtet. verfassen, V. sw. vorfassen /4/ 1. ‚beinhalten, enthalten‘ /3/ DIAL.1, fol. 91r: diese begnadigungen szeind nun in dem einigen brunnen unszers heilands vorfast, daraus wir uns dan dero erholen musszen. 2. ‚gedanklich ausarbeiten‘ /1/ TRAKT.LIPS, pag. 2: und damit dieser handel christlicher weise gefordert werde, haben E g ire meinung darauff
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gestellet und in diese schrifft vorfassen lassen. verfliessung, die vorflissung /1/, ‚Ablauf‘ DIAL.1, fol. 19v: und im falle, da gleich das weib die Citation, welche per publicum editum geschihet, nummer erferet noch erfarn kont und also nit erscheinen kan, weil szie an deme orte angeschlagen wirdet, da szie nit ist, so feret doch das consistorium nach vorflissung des angesaczten terminus fort und separiret das weib von dem manne. verfluchen, V. sw. vorfluchen /2/, ‚verdammen‘ PRED, pag. 20: dan vorflucht ist der mensch, der seine hoffnung in menschen seczet. verfolger, der vorfolger, vorfolger /1/ – vorfolgere /1/ (Akk. Pl.), ‚jmd., der jn. feindlich verfolgt‘ PRED, pag. 10: alleine sehen wir, das der herre mit einem seinem worte seine vorfolger zcu Boden geschlahen. PRED, pag. 54: so name er doch alles aus der liebe, welche er zcu dem vorlorenen menschlichen geschlechte truge, williglich auff sich, liss auch bei deme nicht wenden, sondern bat nach darzcu vor seine vorfolgere, und sprach vater vorgibe inen. verfolgung, die vorfolgung /2/, ‚feindliches Nachsetzen‘ BRIEF N: das Keiser. Mt mit dem Churfursten in ansehung seiner ungerechten thetlichen und gewaltsamen handelunge und das ich mich bei ime nichts anders dan vorfolgung zcuuorsehen, schaffen wolte, sich hinforder in und
V
uber mein Stieft keiner oberkeit noch gerechtikeit anzcumassen. verfügen, V. sw. vorfugen /2/, ‚bestimmen, anordnen‘ PRED, pag. 120: dor aber nun der herre aus erbarmung und gnade in des gerichts entlade und los zcugeben vorfugte, wie hoch hatte sich der arme sunder gegen dieser gutigen obirkeit zcubedancken? TRAKT.AM, pag. 22: als nemlich sal geordenet und bei unsern predigern vorfuget werden, das sie einhellig dem volcke anzceigen und vortragen, das under einer gestalt christus unser herre gleich so volkomlich sei als under beider. vergänglich, Adj. vorgenglich /5/, ‚ohne Bestand‘ DIAL.1, fol. 110r: solte ein christenmensch, der nun gerechtfertiget ist, underwisen werden, wie er in gots gnade bestehen, bis an szeine ende vorharren und nach diesem vorgenglichem leben in die frewde der ewigen selikeit eingehen moge. vergeben, V. st. vorgeben /3/, vorgibe /3/ (Imp. Sg.), ‚verzeihen‘ DIAL.1, fol. 168rf.: und das gebete des glawbens wirdet den krancken gesundt machen und der herre wirdet in erlewchten und so er in sunden ist, werden szie ime vorgeben werden. PRED, pag. 46: Iesus aber sprach vater, vorgibe inen, dan sie wissen nicht, was sie thun. vergeblich, Adj. vorgeblich /10/, ‚umsonst‘ DIAL.1, fol. 206v: solchs straffte christus und nant es ein vorgeblich men-
321 schen gebot ader saczung, welche ich vor meine person nit alleine nit vorteidige, sondern iar nit gut szein lassze. vergebung, die vorgebung /45/, ‚religiös: Lossprechung von Sünden‘ DIAL.1, fol. 52v: nemlich wir bekennen, das im babstumb die rechte heilige schrifft szei: rechte tawffe, rechte sacrament des altars, rechte schlussel zcur vorgebung der sunde, recht predigampt, rechter catechismus. PRED.ANL, pag. 227: desgleichen reicht das sacrament der busse dem glawbenden gewislich durch die absolution vorgebung seiner geubten sunde. vergelten, V. st. vorgelten /6/, ‚Ersatz leisten‘ DIAL.1, fol. 103r: wie uns dan der herre selber vortrostet, das er uns das gute alhie hundertfachen vorgelten und in ihener welt das ewigen leben vorleihen wil. DIAL.1, fol. 104r: das got einem iden vorgelte nach szeinen wercken. vergessen, V. st. vorgessen /8/ 1. ‚aus dem Gedächtnis verlieren‘ /7/ PRED, pag. 57f.: das wir unserer eltern und freunde auch in unserer eussersten not nicht vorgessen sollen. 2. in: einer Sache vergessen sein ‚für unwichtig halten‘ /1/ DIAL.1, fol. 49r: wie mus ich doch meines heils so gar vorgesszen szein? vergewaltigung, die vorgewaltigung /1/, ‚gewaltsamer Eingriff in fremde Rechte‘ PRED, pag. 87: dan die sonne vorlewret alhie ir schein am hellen tage wunderbarlicher weise und vorbirget sich, als
322 konne sie das grosse unrecht und vorgewaltigung, so an christo geschege, nicht sehen. vergewisserung, die vorgewisserung /1/, ‚Versicherung, Bestätigung‘ PRED, pag. 76: dem geschihet one zcweiffel, wie er glewbet, dan nach vorgewisserung der heiligen schrifft wirt er nicht zcuschanden. vergiessen, V. st. vorgissen /12/, nur in: Blut vergießen ‚aus-, verschütten, opfern‘ DIAL.1, fol. 143rf.: item das ist das newe testament in meinem blute, das vor euch vorgossen wirdet werden. PRED, pag. 10: aber die liebe gegen dem menschlichen geschlechte truge in dahin, das er lieber sein heilig blut vorgissen (…) dan uns vorlassen wolte. vergift(ig)ung, die vorgifftung /1/, vorgifftigung /1/, ‚stark negative Beeinflussung der inneren Haltung‘ DIAL.1, fol. 29r: ia sie achten nach luthers lare, das keine sunde sei one der unglawbe. ist das nicht eine erschreckliche blintheit und vorgifftung? (...) O, der erschrecklichen blintheit und vorgifftigung! vergleichen, V. st. vorgleichen /16/ 1. ‚sich mit jm. messen‘ /9/ DIAL.1, fol. 5v: ir kontet euch nicht vorgleichen, wuehin ich euch weisen soll, weil ir undereiander gespalten. 2. ‚auf Unterschiede prüfen‘ /7/ BRIEF L: desgleichen das geschwinde sterben, auch die hewschrecken, davon ir meldet, welche sich mit einer Aegiptischen straffe nurent wol vorgleichen.
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vergleichung, die vorgleichung /3/, ‚prüfende Verhandlung zwischen Religionsparteien im Zuge der Religionsgespräche im 16. Jh.‘ DIAL.1, fol. 7v: nachdem nun die Keiser. Mst. das buch den colloquenten zcu regensburg hat vorlegen lassen, ist eine vorgleichung darauff ervolget bis auff eczliche artickel, wie aus den gedruckten actis colloquii zcuuornemen. vergreifen, V. st. vorgreiffen /11/, ‚jm. Gewalt antun‘ /10/ PRED, pag. 6: aus deme das er sich an dem unschuldigen blut christi vorgreiffen werde. PRED, pag. 60: auff das die bosheit ir hochste unrecht thete und sich am herrn dermassen vorgriffe. verhalten, V. st. vorhalten /8/, ‚verbergen‘ BRIEF F: aber iczo weis ich euch gleichwol in geheim und vortrawter meinunge nit zeuorhalten, das ich das decretum electionis nit mit mir hierausser gebracht. BRIEF H: solchs alles woltet mir je nit vorhalten. verharren, V. sw. vorharren /11/, ‚beharrlich bei etw. bleiben‘ DIAL.1, fol. 108r: dermasszen kan und sal der gerechtfertigte, von dem wir alhie handeln, in der erlangten gnade und holde gots bis an szein ende vorharren. verheissen, V. st. vorheischen /13/, ‚feierlich in Aussicht stellen‘
V
DIAL.1, fol. 100v: so hat doch der herre denen, welche alszo in szeinem gehorsam leben, zceitliche und ewige belonung vorheischen. TRAKT.LIPS, pag. 12: das ist nun die gnade des newen testaments, welche uns die prophetische schrifft vorheischt. verheissung, die vorheischung /38/, ‚feierlicher, gewisser Zuspruch (Gottes)‘ DIAL.1, fol. 87r: das auch got vorheischung gethan, solche gerechtikeit in diesem leben zceitlich und in ihenem leben ewiglich zcubelonen. verhindern, V. sw. vorhindern /2/, ‚dafür sorgen, dass etw. nicht stattfinden kann‘ BRIEF A: Nun trage ich vorsorge, ein Erwirdig Dhomcappittel zcu Numburg werde an seiner freien election von dem Chorfursten zcu Sachsen vorhindert werden. verhinderung, die vorhinderung /1/, vorhinderunge /1/, ‚Störung‘ BRIEF A: Das habe ich E. Erw. auff den fal der vorhinderung nit wollen unangezceiget lassen, wiewol ich jar viel lieber wolte. BRIEF A: weil dan nun S. Mt euch so nawe kommet und one zcweiffel geneigt ist, das Stifft und Kirche Numburg (…) zcuerhalten, werdenn sich E. Erw. beneben andern meinen herren des Cappittels, ab inen an gedachter Election einiche vorhinderunge wolte begegnen. verhoffen, V. sw. vorhoffen /8/, vorhoff /2/ – vorhoffe /3/ (1. Sg. Ind. Präs.), ‚zuversichtlich erwarten, hoffen‘
323 DIAL.1, fol. 111r: vor ihenem bestehet keines menschens eingegossene gerechtikeit, ader vor deme kan szie wol bestehen, wie dan der heilige paulus vorhofft, in denselbigen gerichte die crone gotlicher gerechtikeit zcuemphahen. BRIEF P: so seind auch sonsten und in andere wege die dinge dermassen angestelt, das ich der besserung vorhoffe. BRIEF R: in unsrer sachen halt ich fast an und vorhoff, balt einen bescheid zcu erlangen. verhönen, V. sw. vorhonen /3/, ‚verspotten‘ PRED, pag. 40: als das sie ime in sein heilig angesicht ausgespeiet, mit fewsten geschlagen, in auch mit spotworten vorhonet. verhönung, die vorhonung /1/, ‚Verspottung‘ PRED, pag. 61: und solche schmeliche vorhonung tribe der gemeine man, die krigsknechte, die gewaldigen, die hohen priestere und schrifft gelerten, desgleichen auch der eine schecher am creucze. verhüten, V. sw. vorhuten /1/, ‚verhindern‘ TRAKT.AM, pag. 5: welche die anwartung nach absterben v g h und landesfursten (welchs doch got lange vorhuten wolte) an diesen landen numals haben. verkaufen, V. sw. vorkawffen /1/, ‚jm. etw. gegen Bezahlung überlassen‘ PRED, pag. 135: das das volck daselbst in die grose (…) not kommen, dan zcum teil seind sie hungers halber umbkommen, zcum teil erworget, zcum teil aber gefangen und vorkawfft worden.
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verkäufer, der vorkewffer /1/, ‚jmd., der etw. verkauft‘ PRED, pag. 138: christus treibet alhie aus dem tempel die kewffer und vorkewffer und wil nicht haben, das aus dem tempel, welchs war ein bethaws, eine solche spelunca solte gemacht werden, darinnen man kremerei treiben solte.
der ehe, sondern aus andern guten und bewegenden ursachen ist eingefurt.
verkeren, V. sw. vorkeren /3/, ‚um-, verdrehen‘ DIAL.1, fol. 212v: ich weis wol, das ir wider den hefftig fechtet, darzcu ir doch gar keine ursach hat, weil er christlich und wol mag vorstanden werden, so fern man in durch falsche interpretation nit vorkeret.
verkommen, V. st. vorkommen /1/, ‚schlecht werden‘ DIAL.1, fol. 80r: aber das wir nit mehe ader weniger thun, dan wir thun sollen und also nit teglich sundigen, vorkommet solche uns eingegosszene gerechtikeit nit.
verkert, Adj. vorkert /2/, ‚falsch‘ DIAL.1, fol. 27r: so deucht mich doch, dis blinde und bose und vorkerte weszen habe nach kein ende nit, got sei es im himmel geclaget. DIAL.1, fol. 171rf.: gedencke, ob due nit lieber dich zcu ir halten und mit ir zcustimmen sollest, dan dich in angezceigtem falle zcu den irrenden und vordampten aerie gesellen und der vorkerten weihe der superintendenten beifal geben. verkleinerung, die vorkleinerung /3/, ‚Erniedrigung, Abwertung‘ PRED, pag. 32: wer ists, der dich schlug? wer kan aussagen die grosse schmach, die grosse vorkleinerung, das grose unrecht, so die juden christo alhie zcufugen. TRAKT.LIPS, pag. 32: was den colibat der cleristen antrifft, ist es an deme, das der selbtige nit zcuuorkleinerung
verknüpfen, V. sw. vorknupffen /1/, ‚verstricken, verwickeln‘ PRED, pag. 113: last uns bedencken, in was schulden und stricken der sunde und des tewffels wir gefast und vorknupfft seind.
verkoppelung, die vorkoppelung /1/, ‚Zusammenführung mehrerer Partner‘, hier pejorativ DIAL.1, fol. 16v: aus der ursache haben ewre hochgelarten buczer, Luther und andere zcur hessischen vorkoppelung iren willen gegeben und damit dispensiret. verkündigen, V. sw. vorkundigen /6/, ‚predigen‘ DIAL.1, fol. 29v: due must gleichwol bekennen, das man in unszer kirchen christum rein und lauter predigt und also vorkundiget, das er von der aposteln zceit her nihe klarer nach lawterer gepredigt worden. verkündigung, die vorkundigung /1/, ‚Bekanntgabe‘ BRIEF H: und ob ir darneben mich vorstendigen mochtet, wie man sich etwan in der vorkundigung der walh gegen des Churfursten vorfarn gehalten.
V
verlachen, V. sw. vorlachen /1/, ‚auslachen, sich lustig machen‘ PRED, pag. 59: sie haben mich alle vorlacht und mit iren lippen gered und ir hawpt geschuttelt. verlängerung, die vorlengerung /1/, ‚Ausdehnung‘ PRED, pag. 44: und damit auch das dadurch er zcu vorlengerung der pein solte gesterckt werden, mit argem vormenget were, seine des hern schmerczen zcumehern, reichten sie im nicht wein, sondern essig, und nicht alleine essig, sondern essig mit bitterer galle vormenget. verlassen, V. st. vorlassen /21/ 1. ‚weggehen, etw. aufgeben‘ /19/ DIAL.1, fol. 129rf.: aber das sacrament der ehe gehoret zcur funfften gnade und zcewhet die ehelichen personen in der liebe alszo zcusammen, das szie einander die zceit ires lebens mit sondern trewen meinen und einander nit vorlassen. 2. sich auf jn. verlassen ‚jm. vertrauen‘ /2/ PRED, pag. 33: dan weil der apostel christi (…) so heslich fellet, was sollen wir andern uns auff uns selber vortrosten und vorlassen, sondern da wir im guten bestehen und vorharren wollen, erfordert die unuormeidliche notdorfft, das wir allen unsern glawben, trost und hoffnung in die gnade und Barmherczikeit gots stelleten. verlaufen, V. st. vorlewffen /1/, ‚verirren‘ BRIEF C: das wir uns nit irgent vorlewffen, den welcher massen man auff unsere wort achtung gibet und die dewtet.
325 verleihen, V. st. vorleihen /20/, vorligen /2/ (Part. Prät.), ‚mit etw. ausstatten‘ PRED, pag. 110: also viel haben wir von der historia des leidens und sterbens christi aus dem heiligen Euangelio, wie ich solchs alles in den vorigen, aus dieser meiner predigt, so viel mir got gnade vorligen, erzcelt. BRIEF A: Der Almechtige wolle seiner g. seelen die ewige ruhe vorleihen! verleihung, die vorleihung /10/, ‚Ausstatten‘ DIAL.1, fol. 168r: doch damit der mensch auch zcu der zceit, wan er am meisten geengstiget wirdet und in hochster faer stehet, uber die bestumpten sacrament ein sonderlich sacrament hette, ist er aus gnediger vorleihung gots mit dem sacrament der leczten olung vorsehen worden. verleiten, V. sw. vorleiten /2/, ‚von einem Vorhaben / Weg abbringen‘ TRAKT.LIPS, pag. 6: Weil nun deme also ist hoch vonnoten, den waren glawben, welcher, so offt es die gelegenheit gibet und geschehen kan durch die liebe gots wircket, von dem falschen zcu underscheiden und dem volcke anzcuzceigen, auch mit solchem vleisse einzcubilden, damit man in deme, welchs das hewptstucke ist unserer heiligen religion, nit irre gehe und dadurch zcur vordamnus vorleitet werde. verlesen, V. st. vorlesen /1/, ‚der Öffentlichkeit zur Kenntnis bringen‘ BRIEF I: das meine supplication offentlich vor chorfursten, fursten und stenden des reichs vorlesen ist worden.
326 verlesung /1/, die ‚etw. durch Lesen der Öffentlichkeit bekannt machen‘ BRIEF I: und weis euch hirneben nit zcupergen, das meine supplication offentlich vor chorfursten, fursten und stenden des reichs vorlesen ist worden, auch in gegenwertikeit der geschickten des churfursten als Creuzen, Goszman, und magr Burchard des vicecancelers und das nach der verlesung derselbige vicecanceler (wie ich bericht) vorgetragen verletzen, V. sw. vorleczen /2/, ‚beschädigen, Schmerzen zufügen‘ TRAKT.AM, pag. 13: dorwegen dan der apostel pawlus vorbewtet, das man in der kirchen regirung den lewten keinen strick anwerffe und also binde, das sein gewissen in fellen, so an inen selber frei stehen, dadurch vorleczet werden. verletzung, die vorleczung /3/, ‚Schädigen, Übertretung‘ DIAL.1, fol. 228vf.: und wan ich einem geistlichen nach zcur zceit rathen solte, so wolte ich rathen, das er deste gestrenger lebte, damit er seinen coelibat halten mochte, weil er one vorleczung szeiner gewisszen den nit brechen kan. verleugnen, V. sw. vorlewcknen /11/, vorlewckenen /7/, ‚sich zu etw. / zu jm. nicht bekennen‘ DIAL.1, fol. 8r: das ir dieselbtigen vorglichenen artickel nit uberschreitten soltet, darein ir samptlich gewilliget, welchs ir mit keinem fuge kont vorlewcknen. DIAL.1, fol. 16v: und kont disz deste weniger vorlewckenen, weil es in ewrer laer stecket und ir das eheliche bandt
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zcu diser zceit nit krefftiger wollet szein lassen, dan es bei zceit des alten testaments geweszen. verlieren, V. st. vorlieren /17/, vorlewret /2/ (3. Sg. Ind. Präs.) 1. ‚einbüßen‘ /15/ DIAL.1, fol. 131v: diese heilwertige fruchte der tawffe sal ein ider christ wol betrachten und in szein gemute schlissen, sich auch deste vleissiger huten, das er die durch szeine missethat aus schendlicher undanckbarkeit nit wider vorliere. PRED, pag. 87: dan die sonne vorlewret alhie ir schein am hellen tage wunderbarlicher weise und vorbirget sich, als konne sie das grosse unrecht und vorgewaltigung, so an christo geschege, nicht sehen. PRED, pag. 87: und die son vorlor iren schein. 2. ‚aus Unachtsamkeit unwillentlich aufgeben müssen‘ /2/ TRAKT.LIPS, pag. 12: uns geburen wil, vleis anzcukeren, damit nit alleine fride erhalten, sonder auch besserung geschafft und die vorlorenen schaff wider zcu dem schaffstal christi gebracht werden. 3. sein + verlieren ‚in aussichtslosem Zustand befinden‘ /2/ DIAL.1, fol. 70r: weil der armselige mensch in solche not, die ich hiebeuorn erzcelet, balt nach seiner erschaffung gefallen und ime nichts gewissers ware, dan da er in dem stande vorsterben worde, das er ewig muste vorloren szein und aber er ime selber aus dieser not nit helffen konte.
V
verlöschen, V. st. vorleschen /2/, ‚erlöschen‘ DIAL.1, fol. 114r: da wirdet sein worm nit sterben und szein fewer, wie im esaia geschriben stehet, dadurch er gestrafft wirdet, nit vorleschen und wirdet gar viel hefftiger gepeiniget werden. vermaledeien, V. sw. vormaledeien /4/, ‚verfluchen, verdammen‘ PRED, pag. 34: Last uns in der historia des leidens christi weiter gehen, dan es stehet dar geschriben, vormaledeiet sei der mensch, welcher seine hoffnung in menschen stellet. vermaledeiung, die vormaledeiung /4/, ‚Verdammung‘ PRED, pag. 113f.: wie uns auch das gesecze der ubertretung halber anklagt und seiner vormaledeiung, weil wir ime nicht genug thun, underwirfft. TRAKT.LIPS, pag. 10: solchs sal meniglich erkennen, sich ummer vor got demutigen und vorzceihung seiner sunde bitten und also den trost und sicherheit bei christo, unserm erloser, welcher uns zcum heil die vormaledeiung des geseczes auffgehoben. vermänteln, V. sw. vormenteln /6/, ‚vertuschen, verbergen‘ DIAL.1, fol. 20r: und damit der ehebruch bei euch noch weiter vormentelt und gut gemacht werde. DIAL.1, fol. 174rf.: und kan deste weniger einichen manne bei zceit des newen testaments gezcimen, das er mehe dan ein weib habe, desgleichen keinem weibe, das mehe dan einen man habe, welchs beides one ehebrecherischen freuel nit mag ubertreten werden, man vormentele es, wie man wolle.
327 vermeiden, V. st. vormeiden /4/, ‚einer Sache aus dem Weg gehen‘ DIAL.1, fol. 199r: neben deme das sich bfindet, das solcher gebrawch gut ist, so fern er one aberglawben geschihet, welcher dan leicht mag vormiden werden. vermeidung, die vormeidung /1/, ‚Fernhaltung, Umgehung‘ DIAL.1, fol. 100v: sal bei vormeidung der ewigen vordamnus, wie doch einem iden vonnoten szein wil. vermeinen, V. sw. vormeinen /5/, ‚(irrtümlich) nach eigener Meinung dafürhalten‘ DIAL.1, fol. 154v: ir woltet gerne von der transmutation, wie chrisostomus und damasius, welche das grosse concilium lateranum, dem die patriarchen zcu constantinopel und hierusalem beigewonet, abfuren und dahin vorleiten, das ich mit euch ewre vormeinte und von newest ertichte consubstantion hilte. BRIEF F: des Churfursten gewaltigen und unrechten eingriff mit eindringung seines vormeinten Bischoffs habe ich mich lengest befaret. vermeinlich, Adj. vormeinlich /2/, ‚irrtümlich‘ DIAL.1, fol. 18v: ia, er ist villeicht von inen gerichtlich separiret worden. Ditterich: vormeinlich, mochst du wol sagen. DIAL.1, fol. 45v: in summa die christliche kirche lest sich nicht also in eine mewseloch stecken, wie irs vormeinlich vorgebet.
328 vermelden, V. sw. vormelden /1/, vormeldet /15/ – vormeldt /1/ (Part. Prät.), ‚mitteilen, kundtun‘ PRED, pag. 5f.: diese wort des heiligen Euangelium von den leiden christi zceigen uns an, welcher gestalt christo der bschwerungen, so den menschen hefftig peinigen mogen, zcugestanden, und werden ausdrucklich genug vormeldt. TRAKT.AM, pag. 16: In massen oben mit bestendigem grunde vormeldet ist. vermengen, V. sw. vormengen /7/, ‚mischen, durcheinander bringen‘ DIAL.1, fol. 116v: und mangelt euch abermals an einer richtigen distinction, damit des menschens genugthuung mit der genugthuung christi nit vormenget werde. PRED, pag. 44: und damit auch das dadurch er zcu vorlengerung der pein solte gesterckt werden, mit argem vormenget were, seine des hern schmerczen zcumehern, reichten sie im nicht wein, sondern essig, und nicht alleine essig, sondern essig mit bitterer galle vormenget. vermengung, die vormengung /2/, ‚Vermischung‘ DIAL.1, fol. 130rf.: was aber die vorheischungen gots betrifft, weil die sonderliche und von sacramenten underschidene mittel szeind, sollen szie mit den sacramenten nit vormenget werden, wie dan solcher vormengung die kirche gots nit stad gibet. vermerken, V. sw. vormercken /6/, vormerckt /3/ – vormarcket /1/ (Part. Prät.), ‚zur Kenntnis nehmen‘
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DIAL.1, fol. 86v: aber gleichwol damit ir vormercken moget, das die catholische religion dieses fals das rechte mittel helde. TRAKT.LIPS, pag. 29: wie dan aus der eigenschafft des sacraments, welchs ein tewrer geschencke und gabe ist, vormarcket wirt. vermessenheit, die vormessenheit /6/, ‚falsches, unangemessenesVerhalten‘ DIAL.1, fol. 16v: o der schendlichen vormessenheit! PRED, pag. 21: Darumb sal sich ein ider vor solcher vormessenheit wol vorsehen vermischen, V. sw. vormischen /4/, ‚durcheinander mengen‘ DIAL.1, fol. 217r: das aber der kelch mit wasser vormischt wirdet, solchs ist one zcweiffel von aposteln eingefuret. DIAL.1, fol. 110r: bedecke dich gancz mit solchem tode. vormisch dich gancz in dem. in den thue dich gancz. vermischung, die vormischung /1/, ‚Vermengung‘ DIAL.1, fol. 176r: da nun solchs alles recht betrachtet, worde die widertewfferische und turckische vormischung mit vielen weibern, als die iczo nit zculeslich, niemands billichen. vermöge, Präp. mit Gen. vormoge /20/, ‚aufgrund, wegen‘ DIAL.1, fol. 144v: und wiewol das brot in den leib christi und der wein in das blut christi vormoge szeines krefftigen worts vorwandelt wirdet, so bleiben gleichwol die sichtbaren occidentia und eusserliche gestalt brots und weins da.
V
TRAKT.LIPS, pag. 9: vormoge seiner vorheischung, die uns nit felet, sollen wir uns demnach unserer werck halber und von wegen ires vordinsts keines wegs auffblasen. vermögen, V. ptps. vormogen /8/ 1. ‚erreichen‘ /5/ BRIEF P: Zcu deme sal der reichsabschidt vormogen, das alle attentat, so sich nach endung des Reichstags zcu Regensburg zcugetragen, abgestellet. 2. ‚die nötige Kraft aufbringen, etw. zu tun‘ /3/ DIAL.1, fol. 99r: und zcu deme einem idem gerechtfertigtem solchs vonnoten, so vormag ers vormittelst gotlicher hulffe und gnade wol zcuthun, in betrachtung das die sonde uber in nit mehe herschet. 3. substantiviert: das Vermögen, vormogen /18/, ‚Fähigkeit, etw. zu tun‘ DIAL.1, fol. 124r: der mensch mag zcusagen, das er nit leisten kan, aber got, was er einmal durch szein wort vortrostet, ob es gleich menschlichem vormogen nach unmoglich, kan und mag ers doch aus eigener krafft leisten und reichlich volzcihen. TRAKT.LIPS, pag. 11: Vom freihen willen und vormogen zcum guten. vermuten, V. sw. vormuten 1. sich vermuten ‚annehmen‘ /4/ DIAL.1, fol. 27v: wan ich nun solte zu euch treten, muste ich mich mehrer besserung bei euch dan auff unszerm theil vormuten. BRIEF H: Desgleichen vormute ich mich, die chorfurstichen werden sich hart auff Brandtsteins instrument von des Capittels erbeten gegen dem Chorfursten stewern.
329 BRIEF Q: Ich stelle aber meine hoffnung zcu gotte, der werde seinen freuel brechen und villeicht ehe, dan sich der mutwillige hawffe vormutet. 2. ‚aufgrund verschiedener Anzeichen glauben, dass sich etw. in best. Weise verhält‘ /2/ DIAL.1, fol. 203v: aber das die kirche in gemein irren moge, solchs ist nit zcuuormuten, angesehen das szie nach inhalt gotlicher schrifft die sewle und grundfeste der warheit ist. verneinen, V. sw. vorneinen /10/, vornein /1/ (1. Sg. Ind. Präs.), ‚eine Sache abstreiten‘ DIAL.1, fol. 54r: ich vornein es nit. DIAL.1, fol. 126v: wie konte ich das vorneinen? vernemen, V. st. vornemen /51/, vorneme /1/ – vornim /1/ (1. Sg. Ind. Präs.) 1. ‚hören, zur Kenntnis nehmen‘ /31/ BRIEF A: Ich habe mit betrubtem gemute vornommen, das unser g.h. zcu Freisingen und Numburg tods halber abgangen. BRIEF G: dan ich vornim, das man eczlich aus denen auff gehorsam getriben, und wiewol ich hiruon allerlei berichts algreit habe, so wolt ich dennoch den grundt nach gerne weiter davon zcu unserer notdorft einnemen. BRIEF I: Er wirdet sich gegen mir gschwinde auffblasen und (wie ich vorneme) ein druck lassen ausgehen. das werde ich mussen geschehen lassen. 2. ‚erkennen, verstehen‘ /22/ DIAL.1, fol. 156r: und das brot, das wir brechen, ist es nit die gemeinschafft des leibs des herren? wie sollen wir diese wort vornemen? proprie, wie szie lawten aber anders und in einer figur?
330 vernichten, V. sw. vornichten /3/, ‚zerstören‘ PRED, pag. 92: dorumb er sich dan heraber vom himmel gelassen, in massen david meldet und fleisch worden und gleich selbst vornichtet und sich ernidrigt und die gestalt eines knechts an sich genommen. vernunft, die vornunfft /8/, ‚geistiges Vermögen, Einsicht zu gewinnen‘ TRAKT.AM, pag. 7: kan ein ider leicht ermessen, was dis fals ratsam sein wil, welchs dan auch einem iden seine vornunfft einbildet. verordnen, V. sw. vorordenen /6/, ‚festsetzen‘ DIAL.1, fol. 72rf.: und uns aus solcher erbarmung zcu unszerm heil gnade erzceiget, geschihet es doch nit one szeines lieben sons vordinste, wie dan in ewigkeit vorsehen und vorordenet ist worden. DIAL.1, fol. 163v: aber da der furst eczliche fuder weins zcur voreherung an einem ort vorordente und sagte, ein ider, welcher voruber reisset, trincke daraus. verordnung, die vorordenung /4/, ‚Festlegung‘ DIAL.1, fol. 20v: aber das wirdet inen gegonnet, das sie nach vorordenung des heiligen pauli mogen mit einander vortragen und enander beiwonen. verpflichten, V. sw. vorpflichten /10/, ‚durch eine bindende Zusage oder Normen auf etw. festlegen‘ DIAL.1, fol. 208r: ja die haben sich selbst und freiwillig darzcu vorpflichtet.
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verpflichtung, die vorpflichtung /1/, ‚Tätigkeit, auf die jmd. durch eine bindende Zusage oder Normen festgelegt ist‘ PRED, pag. 7: das durch christum, der sunde, tewffel, und tod uberwunden, und da ire erlangte gerechtikeit am menschen, den sie seiner sunde halber angefast, und gleich als aus seiner selbst vorpflichtungen in iren gewelden zcum Ewigen vordamnus haben vorloren. verraten, V. st. vorraten /8/, ‚einen Verrat begehen‘ PRED, pag. 3: Iudas aber (spricht Iohannes), der do vorrith, wuste den ort auch. PRED, pag. 5: vorretest du mich mit einem kuss? verräter, der vorrether /3/, vorreter /1/, ‚jmd., der einen Verrat begeht‘ PRED, pag. 3: und der vorrether (spricht matheus) hatte inen ein zceichen gegeben. verräterei, die vorreterei /3/, ‚Verhaltensweise, mit der jmd. hintergangen wird‘, ‚Verrat‘ PRED, pag. 11: Nun fahet die sunde an, ire bosheit gegen christo zceuben und underlest nichts, welchs der unschuldt zcu eusserster und hochster beschworung gereichen mag und ubet sich erstlich die vorreterei wider in. verreisen, V. sw. vorreisen /1/, ‚sich für eine best. Zeit weg begeben‘ BRIEF O: und das gleich, wie man zur handelung greiffen solte, herczog Hans abgestanden und vorreisen hat mussen, derhalb ich vorursacht bin worden.
V
versammeln, V. sw. vorsameln /6/, ‚zusammenkommen‘ PRED, pag. 3: dan jesus vorsamlet sich offte daselbst mit seinen jungern. PRED, pag. 30: spricht zcu den andern juden, die sich bei ime vorsamlet hatten, was denckt euch? versammlung, die vorsamlung /4/, ‚größere Anzahl Personen‘ DIAL.1, fol. 41r: Es hat auch die meinung bei den christen zcu ider zceit gehat, das szie die heiligen vorstorbenen aposteln, martirer (...) in irer vorsamlung geeheret. DIAL.1, fol. 43rf.: wan wir von der kirche reden, handeln wir nit von dem heidnischem ader iudischem hawffen, sondern von der christlichen gemein und vorsamlung. versäumen, V. sw. vorsewmen /2/, ‚verpassen‘ DIAL.1, fol. 120v: da er aber wider gefallen, sal er deste ehe auff stehen, zcu got und christo alsbald zcuflucht haben, damit er her wider gebracht, in stand der ewigen selikeit wider eintrete und sein heil deste weniger vorsewme. verscheiden, V. st. vorscheiden /3/, ‚sterben‘ BRIEF T: und nachdem ich aus Ewrm und hern Christoffen von Stonzsch schreiben vornommen, das her Rheinhardt Weidman in got vorschiden. PRED, pag. 100: und das er (der herre christus) mit solcher gewaltigen stimme vorschiden were. verschieben, V. st. vorschiben /2/, ‚auf einen späteren Zeitpunkt / an andere Stelle verlegen‘ DIAL.1, fol. 121r: ich bin uber dem
331 dinge mude worden. und wolt nun gerne rugen und das andere teil meines wercks auff eine andere zceit vorschiben, da es euch gefelle. verschliessen, V. st. vorschlissen /1/, ‚verwirken‘ PRED, pag. 83: deste mehe sal er wachen, in bereitschafft siczen (...) und auff den hern warten, damit er sein seelenheil nicht vorschlosse, in massen christus selber erinnert. verschonen, V. sw. vorschonen /5/, ‚vor Unheil bewahren, Rücksicht nehmen‘ DIAL.1, fol. 213cv: bitte vor uns, so keret sie sich zcu got und spricht: her, bis uns gnedig, vorschone unszerer herre. PRED, pag. 122: so hat er gleichwol aus grosser liebe und gnade, so er zcu uns getragen und noch treget, seines ei(n)geborenen sons nicht vorschonet, sonder vor uns dargeben. versehen, V. st. vorsehen /18/ 1. in: sich versehen ‚sich auf etw. gefasst machen, erwarten‘ /16/ DIAL.1, fol. 64r: ich sehe dich gerne hie gegenwertig und vorsehe mich noch, du wirdest deiner zcusage nachkommen und an deme anfahen, da bei es gestern geblieben. BRIEF S: Ich vorsehe mich seiner innerhalt xiiii tage. 2. ‚mit etw. ausstatten‘ /2/ DIAL.1, fol. 168r: ist er aus gnediger vorleihung gots mit dem sacrament der leczten olung vorsehen worden, darzcu dan das gebet der pristerschafft kommen sal.
332 versönen, V. sw. vorsunen /8/, ‚Frieden schließen‘ DIAL.1, fol. 174v: das sich das weib von irem manne nit scheide. scheidet szie sich aber, das szie one ehe pleibe ader vorsune sich widerumb mit irem manne. versöner, der vorsuner /1/, ‚religiöse Bezeichnung für Christus, der die Gott mit der Welt versöhnt hat‘ PRED.ANL, pag. 216: was ist aber die prediget vom glawbe, die uns christum vorhelt als unsern mitteler, als unsern vorsuner, als unsern erloser und in summa als denn, welcher unsere sunde auff sich genummen und vor die genug gethan hat. versönung, die vorsunung /18/, ‚religiös: das Versöhnt-Werden als Erlösungstat Christi zwischen Gott und Mensch‘ DIAL.1, fol. 72v: und bringen die heilwertigen vordinste christi nachfolgende fruchte, nemlich vorgebung der sunde zcur vorsunung mit got, den wir erzcornet haben. TRAKT.LIPS, pag. 15: nachdem er nit alleine on got unser advocat ist, sonder auch die vorsunung selber vor die sunde der ganczen welt. versorgung, die vorsorgung /1/, ‚das Versorgen mit dringend notwendigen Dingen / Handlungen‘ TRAKT.LIPS, pag. 35: so leit die vorsorgung der Bischtumber zcum teil auch an den archidiaconis. verspotten, V. sw. vorspotten /3/, ‚verhöhnen, lächerlich machen‘
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PRED, pag. 60: so haben sie sich understanden, christum, den herrn aller ehren, zcuvorspotten. versprechen, V. st. vorsprechen /21/, ‚verbindlich zusichern‘ DIAL.1, fol. 227v: weil dan der her in allem deme, welchs er uns durch sich und szeine aposteln vorsprochen, getrawe ist. verstand, der vorstand /21/, vorstande /6/ – vorstand /4/ (Dat. Sg.), vorstandt /1/ (Akk. Sg.) 1. ‚Art, wie etw. verstanden wird‘, ‚in der Bedeutung von‘ /22/ DIAL.1, fol. 143v: wer nun christum in seinem wort nit lugen straffen ader solch wort auff einen frombden vorstand nit zcihen wil, der sal glewben. DIAL.1, fol. 152r: und moget es derhalb wol bei altem vorstand der catholischen kirchen bleiben lassen. 2. ‚Fähigkeit zu verstehen / denken‘ /10/ DIAL.1, fol. 145v: nimmet den vorstand des menschen gefangen und underwirffet in gots worte, in dem das er glewbet. DIAL.1, fol. 147r: an dieser einfalt sal sich der christe, welcher mir folgen wil, begnugen lasszen und nit weiter grubeln nach wicz pflegen, damit er sich selber deste weniger vorfuren und den rechten nuchtern vorstand darob vorlire. verständig, Adj. vorstendig /5/, ‚klug‘ DIAL.1, fol. 64r: wiewol ich lieber andere vorstendige lewte von den dingen wolte horen reden.
V
TRAKT.AM, pag. 6: welche far uns auff angezceigten fal dermassen vorstehet, das sie ein ider vorstendiger und guthercziger christ leicht erkennen mag und zcu gemute zcihen sal. verständigen, V. sw. vorstendigen /2/, ‚benachrichtigen‘ BRIEF H: und ob ir darneben mich vorstendigen mochtet, wie man sich etwan in der vorkundigung der walh gegen des Churfursten vorfarn gehalten. BRIEF P: Was sich newes doran gelegen bei euch zcutreget, des wollet mich mit eigener botschafft vorstandigen. verstehen, V. unr. vorstehen, vorstunden /4/ (3. Pl. Ind. Prät.), vorstanden (Part. Prät.) 1. ‚Einsicht gewinnen; in best. Weise erfassen‘ /36/ PRED, pag. 70: dan ob wol die propheten hirvon zcewgeten so vorstunden sie doch solchs nicht. BRIEF P: welchs dem Chorfursten gegenwertiges Ehrenholt insinuiren sal, damit er irer Mt ernst und gemute deste besser vorstehen und mercken moge. 2. ‚deutlich hören‘ /1/ DIAL.1, fol. 47v: und geschach euch gleich wie denen, so den Babilonischen turm bawen wolten, das szie durch gots straffe getrennet worden und sich einander nit mehe vorstehen konten und also ir gebewde nit konten machen noch zcum Ende furen mochten. 3. phras. von selbst verstehen ‚eindeutig sein‘ /1/ DIAL.1, fol. 43r: solchs ist nit unrecht, das ir saget, die kirche szei christlich. aber das ist unrecht, das ir die christliche kirche nit mehe algemein wollet szein lassen. das die kirche christlich szei, das vorstehet sich von ime selber.
333 verstockt, Adj. vorstockt /5/, ‚uneinsichtig‘ PRED, pag. 30: alhie sehet ir, was der boshafftig Neid und die vorstockte blintheit thuet. PRED, pag. 57: wehe den vorstockten, die alhie dem leiden zcugesehen. verstockung, die vorstockung /1/, ‚uneinsichtige Haltung‘ PRED, pag. 103: und ob gleich ire obersten und schrifftgelerten solchs nicht haben erkennen wollen, sondern in irer erschrocklichen vorstockung vorharret haben, (…) so ist doch nicht zcu zcweiffeln, das sich irer viel vom volcke bekeret haben. versuchen, V. sw. vorsuchen, ‚probieren‘ /2/ DIAL.1, fol. 166r: Niklas: es wirdet dir schwer fallen, diesen punct zcuerheben. Ditterich: las mich vorsuchen. due gestehest ia, das zcu. versuchung, die vorsuchung /1/, ‚Handlung / Tatsache, durch die jmd. auf die Probe gestellt wird‘ PRED.ANL, pag. 218: darumb ist diser artikel auch notig zcupredigen, welcher den menschen zcur gedult in der widerwertikeit und vorsuchung ursacht. vertiefen, V. sw., nur refl. vortewffen /3/, ‚intensiver, stärker werden‘ DIAL.1, fol. 85v: dan mus nun christus nit dohin dienen, das er szie frommer mache, sondern dahin, das er ire untugend also vormentele, das szie deste freier und nit weniger schewe sich in alle laster vortewffen mogen.
334 DIAL.1, fol. 152r: daraus dan das weiter erfolget, wan wir meinen, wir emphahen da christum, so emphahen wir ein stuck brots und vortewffen uns in eine scheussliche und grobe abgotterei. vertrauen, V. sw. vortrawen 1. ‚verlassen auf jn. / etw.‘ /10/ DIAL.1, fol. 56vf.: ich understehe mich nit gerne diesz hohen wercks, aber gleichwol euch zcugefallen und zcum besten wil ich mich damit beladen und got vortrawen, er werde mir in deme durch die gnade seines heiligen geists zcuhulf kommen. 2. ‚anvertrauen, vertrauensvoll angeben‘ /2/ BRIEF P: und mus mit viel andern, welche in iren wichtigsten geschefften dergleichen auch auffgezcogen werden, gdult tragen bis sich die lewffte etwas miltern, in zcuuorsicht, got werde dorczu seine gotliche gnade bald vorleihen, dann ich habe allerlei trost, den ich der feddern nit wol vortrawen darff. 3. substantiviert: der / das Vertrauen, vortrawen, m. /1/ – n. /14/, m. + n. /11/, ‚feste Überzeugung von der Zulässigkeit einer Sache / Person‘ DIAL.1, fol. 12r: wir vorachten gute werck nit, sondern alleine das vortrawen auff die werck schlahen wir danider. TRAKT.LIPS, pag. 4: und stellet aus solchem gefasten glawben seinen vortrawen in got, dem geschihet gewislich, wie er glewbet. und wirdet im dieser sein glawbe in got zcur gerechtikeit zcugemessen. vertreiben, V. st. vortreiben /1/, ‚zum Verlassen eines Ortes zwingen‘
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TRAKT.AM, pag. 6: Es kont auch leicht dohin gereichen, so der ungehorsame leihe auff qweme, das stiffte und kirchen zcureissen, die ordentliche cleristen vortreiben und alle gute christliche ordenung in diesem lande umbgestossen worden. vertrösten, V. sw. vortrosten /15/, ‚durch einen Zuspruch beruhigen, trösten‘ DIAL.1, fol. 45vf.: so vortrostet auch christus selber, der jungste tag nit eher kommen werde, dan das euangelium durch die gancze welt geprediget werde. vertröstung, die vortrostung /7/, ‚Trost, der zugesprochen oder jm. erteilt wird‘ DIAL.1, fol. 233rf.: deste mehe wil euch geburen, das ir euch der von mir vorgeschlagenen mittel und wege haltet, und gehet die von mir gezceigten alten wege, darinnen ir nach prophetischer vortrostung ruge ewren seelen finden moget. veruneren, V. sw. voruneheren /2/, ‚das Ansehen einer Person / Sache beschädigen‘ DIAL.1, fol. 28v: wie mocht auch einer den namen christi mehe voruneheren, dan das er in also zcu szeinem schanddeckel macht? verunerung, die voruneherung /1/, ‚Herabsetzung‘ DIAL.1, fol. 115rf.: und weil er uns auch solche szeine trostliche gnade auff genedigste anbewtet, sprechende kommet zcu mir alle, die ir betrubet szeid und arbeitet und ich wil euch erqwicken, kan keiner one sonderliche voruneherung und schmach der hochsten
V
maiestat im himmel vorzcweiffeln und got in szeinen zcusagen gleich lugen straffen. verursachen, V. sw. vorursachen /9/, ‚veranlassen‘ PRED, pag. 13: damit er im guten das arge uberwinde und den vorreter deste mehe zcur busse und bekerung reiczen und vorursachen moge. BRIEF O: derhalb ich vorursacht bin worden, die Commission andern und alleine auff meinen herren zcu Speier stellen zcu lassen. verursachung, die vorursachung /1/, ‚Grund, Anlass‘ TRAKT.AM, pag. 9: den so man etwan die fasnacht, welche nichts anders ist dan eine leichtfertikeit und vorursachung alles arges, aus gleicher ursach zcu rechte geduldet. verwandeln, V. sw. vorwandeln /8/, ‚verändern, anders werden lassen‘ DIAL.1, fol. 150v: dan weil die wort christi nicht das sacrament machen und das brot in leib christi transmutiren und vorwandeln, sondern der effect dieser wirckung stehet alleine auff der emphahung, wirdet auch bis auff die eingestellet. verwandlung, die vorwandelung /5/, ‚Umformen‘ DIAL.1, fol. 148v: darumb las ichs hirbei auch wenden, aber das bfrombdet mich gleichwol, das due die papistische transsubstantion und die vorwandelung des brots in den leib christi vorteidigen wilst.
335 verwandt, Adj. vorwanth /1/ 1. ‚bekannt‘ /1/ DIAL.1, fol. 158rf.: da betagten sich ire gelarten beiderseits gegn Mardpurg in hesszen und qwam Martin Buczer auch dahin als ein beqwemer underhendler, weil er beiden teilen vorwanth war. 2. substantiviert: der Verwandte, vorwante /9/ a. in: confessions vorwanten ‚Angehörige‘ /5/ DIAL.2, pag. 2: wie solten wir die fechten, weil unszere confessions vorwanten diesen grundt selber legen und dorauff vil bawen. b. ‚einer Familie angehörig‘ /4/ PRED, pag. 101: es stunden aber alle seine vorwanten von ferne und die weibere, die ime von Galilea waren nachgefolget. verwaren, V. sw. vorwaren /2/, ‚sorgfältig aufbewahren / behandeln‘ BRIEF P: Aus meinem schreiben an mein Dhomcapittel und den darbei vorwarten copeien habet ir zcuuornemen, was ich zcu Speier ausgericht. verwarnung, die vorwarnung /1/, ‚Ermahnung‘ DIAL.1, fol. 19r: also das szie ime innerhalb einer zceit, die gar kurcze, wider beiwonen sal mit vorwarnung, da szie solchs nit thuet. verwerfen, V. st. vorwerffen /22/, ‚als unbrauchbar aufgeben‘ DIAL.1, fol. 15r: so ist die andere nemblich, das gute werck irer art nach todsunde seind ewres und unszers luthers, den ir gleich so wenig dorfft vorwerffen als wir.
336 DIAL.1, fol. 185rf.: Gedenck, weil ir iczo alleine auf die predigt dringet und die messe sampt irer lebendigen furchtbaren und gotselige betrachtung des tods christi vorwirfft, ob ir nit dergleichen handelt und euch selber vorfuret? verwerfung, die vorwerffung /1/, ‚Abwertung, Verstoßung‘ PRED, pag. 102: und fehet sich alhie an die beruffung der heiden und die vorwerffung der Iuden, wie solche lange zcuorn die heiligen propheten im geiste gesehen und geweissagt haben. verwirken, V. sw. vorwircken /3/, ‚einbüßen, verlieren‘ PRED, pag. 55: weil die vier hencker ader henckersknechte sich seiner kleider understanden geleich als geburten sie inen und als hette christus als ubeltheter solche vorwirckt, die inen auch nun iren dinst nach zcustanden. verwirkung, die vorwirckung /2/, ‚böse Tat‘ PRED, pag. 116: der ander aber auff deme, das ime die schuld ader seine vorwirckung aus gnade erlassen und geschenckt werde. verworren, Adj. vorworren /1/, ‚wirr, äußerst unklar‘ DIAL.1, fol. 38vf.: dan das ich wider got und meine christliche gewissen dauon abfallen und mich in ewre newerung einlassen solte, zcuforderst weil ewre laer von sacramenten gar ein vorworren ding und ein solcher Laborinth, daraus ir euch selber nit helffen konnet.
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verwunden, V. sw. vorwunden, vorwundt /2/ – vorwunth /1/ – vorwundet /3/ (Part. Prät.), ‚verletzen‘ PRED, pag. 16: aber er ist vorwundt worden unserer sunde halber. PRED, pag. 48: item das sie seine heilige hende fusse und mit nageln vorwundet, durchschlagen und ans creucz gehefft. PRED, pag. 107: gleichwol muste auch sein (...) seite auch nach seinem tode solte vorwunth und gestochen werden, auff das die schrifft erfullet worde. verwundern, V. sw. vorwundern /1/, ‚in Erstaunen geraten‘ DIAL.1, fol. 54v: aber das ewre secte, dauon ir so vil heldet, so gerunczelt und ungestalt ist, wie ich oben nach der lenge angezceiget, solchs magst due dich wol vorwundern lasszen, weil szie noch so newe ist und wol einem jungem meidlein mag vorglichen werden. verwüstung, die vorwustung /1/, ‚Zerstörung‘ DIAL.1, fol. 32r: ich kans wol beweisen, dan die erzcelte vorachtung und vorwustung alles erbarn weszens flewst aus dem misvorstand her, den man von guten wercken aus der ewren laer gefast hat. verzeihen, V. st. vorzceihen /8/, vorzcigen /2/ – vorzcihen /1/ (Part. Prät.), ‚vergeben‘ DIAL.1, fol. 116r: aber gleichwol hat es diesen underschid zcwischen dieser und der ersten rechtfertigung, das in der ersten die schuld neben aller straffe, die wir durch unszere sunde vordinet, vorzcigen wirdet. DIAL.1, fol. 170r: nemet hin den heili-
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gen geist, welchem ir die sunde vorzceihet, dem sollen szie vorzcihen sein. PRED, pag. 42: vorzceihe uns herre. verzeihung, die vorzceihung /16/, ‚Vergebung‘ DIAL.1, fol. 135vf.: so hat christus zu der newen vorzceihung, reinigung und vorsunung ein sonder sacrament geordenet dem betrubtem menschen, welchen szeine sunde drucken, zcu sonderlichem trost, auff das er der vorzceihung (…) vorgewissert werde. verzweifeln, V. sw. vorzcweiffeln /8/, ‚die Hoffnung verlieren‘ DIAL.1, fol. 137r: welchs geschihet, so wir darzcu ein busfertig und demutig hercz bringen und doch nit vorzcweiffeln, sondern uns den glawben in got auffrichten lassen. verzweiflung, die vorzcweiffelung /2/ – vorzcweiffelunge /1/ (Dat. Sg.), ‚völlige Hoffnungslosigkeit' PRED.ANL, pag. 220: damit er ein gut gewissen haben moge und der vorzcweiffelunge und anfechtung des tewffels am leczten ende deste leichter widerstehen moge. TRAKT.LIPS, pag. 5: Nachdem er in der hochsten vorzcweiffelung stehet, so glewbet auch der gotlos, aber mit ertichten und toden glawben. viehisch, Adj. vihisch /2/, ‚maßlos, ausufernd‘ DIAL.1, fol. 40r: weil ir von Luther diese epicureische und vihische schlusrede gefast, das wie der mensche one essen und trincken nit leben kan, so konne er auch nit one fleischliche geilheit leben.
337 vogt(e), der ‚landesherrlicher Verwaltungsbeamter‘, vogte /1/ (Dat. Sg.) BRIEF F: Nun habe ich friczen, meinem vogte, zcuerkennen geben, wue er solchs suchen solle, aber gleichwol bit, wollet mir durch den syndicum und wen Ir sonsten neben ime zcu einem Notario in der election gebrawcht, das decretum electionis anderweit volzcihen lassen. volk, das volcke /1/, volck /3/ – volcke /14/ (Dat. Sg.), folck /1/ (Akk. Sg.), volcker /2/ – volckere /1/ (Nom. Pl.) 1. ‚mittlere (bis untere) Schicht der Bevölkerung‘ /46/ PRED.ANL, pag. 221: aber sal der prediger darauff achtung geben, das er sein volck im meisten zcu den wercken treibe, welche dasselbte in meisten von seinen lastern abzcihen mogen. 2. ‚Masse (der Angehörigen einer Gesellschaft) ‘ /8/ DIAL.1, fol. 44r: dan das die mehe lewte und volcker dan die sinagog, die doch gegen den, so vor dem gesecze gelebet, grosse gewesen, meldet Esaias. 3. ‚durch gemeinsame Kultur verbundene Gemeinschaft‘ /2/ DIAL.1, fol. 122v: und auff das ich an gotts worte anfahe, ist es an deme, das das erwelte volck sich zu ider zceit des zcurhumen gehabt, das keine nation gotter gehabt, die ir so nawe gewesen als solchem volck der ware got. 4. als kollektive Bezeichnung ‚Gesamtheit der Menschen‘ /1/ PRED, fol. 19: cayphas aber war eben der, welcher geratten hatte, das es gut wer, das ein mensch sturbe vor das volck.
338 volkomen, Adj. volkommen /19/, ‚ohne Fehler‘ DIAL.2, pag. 14: weil er zcu einer solchen gar volkommen gerechtikeit wie die ursprungliche gewest, nit ernewert, sondern mit allerlei mengeln nach behafft bleibet. volkomlich /15/, Adj. ‚vollkommen, ohne Fehler‘ DIAL.1, fol. 67v: damit ich deste volkomlicher das vorrichten moge, welchs ich vor der hand habe, last uns anfenglich sehen, wie es umb einen menschen gestalt szei, welcher von adam herkommen. DIAL.1, fol. 81r: aber damit der mensche, welcher durch den weg zcu christlicher demut geursacht wirdet, sich in christo deste mehe zcurhumen habe, bekleidet in der herre mit szeiner aller volkomlichsten gerechtikeit. volsaufen, das fulsawffen /3/ ‚übermäßiger, zügelloser Alkoholgenuss‘ DIAL.2, pag. 110: derhalb sollen des heiligen geists beuelh, da er spricht, szeid nuchtern etc, eindencke szein, uns auch des schwelgens und fulsawffens, so lieb uns gots gnade ist, enthalden. volstreckung /2/, die ‚Ausführung‘ TRAKT.LIPS, pag. 33: in summa es mangelt an der ordenung nichts, aber an der volstreckung und nachforschung mag underweilen mangel erscheinen, derhalb wil bei Bebstlicher ht zcusuchen sein, das ire ht an vorgehende genugsame examen und erforschung die confirmation nit thu.
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volziehen, V. st. volzcihen /1/, ‚umsetzen, durchführen‘ DIAL.1, fol. 124r: aber got, was er einmal durch szein wort vortrostet, ob es gleich menschlichem vormogen nach unmoglich, kan und mag ers doch aus eigener krafft leisten und reichlich volzcihen, daher gehen nun die schonen vorheischungen gots. volziehung, die volzcihung /2/, ‚Ausübung‘ DIAL.1, fol. 133r: und ob wol am anfange dis sacrament neben erregter sterckung die gabe der zcungen, als die der kirchen zcu volzcihung des notwendigen predigampts dazcumal seher notig war, gereicht hat. von /294/, Präp. mit Dat. DIAL.1, fol. 19r: so mag er in ewren consistorien solch sein weib anklagen, als szei szie aus ungehorsam von ime gelawffen. vor /119/, Präp. mit Akk. ‚für‘ PRED, fol. 120: wan aber der herre es bei diser seiner gnaden nicht bleiben lasse, sondern saczte seinen son, und also sein fleisch und blut, in des ubeltheters wolvordinte straffe und lies in vor den ubelther sterben. vorbehalten /3/, V. st. ‚bereithalten, reservieren‘ DIAL.1, fol. 116r: pfleget gleichwol got szeiner gerechtikeit nach ime eine zceitliche straffe vorzcubehalten, die wir tragen musszen, so fern wir uns nit selber richten.
V
vorbild, das vorbilde /1/ (Dat. Sg.), ‚idealisierte Person / Sache‘ PRED, pag. 17: Aus diesem vorbilde haben wir auch weiter zcuuornemen, das wir nit alleine unsere widerwertikeiten mit gedult uberwinden, sondern auch unsern widersachern guts thun sollen, so offte es die gelegenheit gibet. vorbringen, V. unr. vorbracht /7/ – vorgebracht /1/ (Part. Prät.), ‚darstellen, äußern‘ DIAL.1, fol. 88r: das due von der mitgeteilten gerechtikeit christi, welche wir die zcugerechnete nennen, vorbringest, das hast due von uns. DIAL.1, fol. 176v: weil due dein bedencken von sacramenten vorbracht, so mochten wir wol horen, was due von der messe heldest. vorgeben /6/, V. st. ‚etw. Falsches als wahr angeben‘ DIAL.1, fol. 45v: in summa die christliche kirche lest sich nicht also in eine mewseloch stecken, wie irs vormeinlich vorgebet. vorhalten /2/, V. st. ‚zeigen, kundtun‘ PRED.ANL, pag. 216: was ist aber die prediget vom glawbe, die uns christum vorhelt als unsern mitteler, als unsern vorsuner, als unsern erloser und in summa als denn, welcher unsere sunde auff sich genummen. BRIEF C: Aber das general Cappittel und die handelunge von der newen Election betreffend, wil zcu melden sein, das die absenten algereit erfordert, auff Galli zcu erscheinen, denen man dan dies sache vorhalten und mit inen davon statlich ratschlagen wolle.
339 vorhang /7/, der vorhange /1/ (Dat. Sg.), ‚größere Stoffbahn, die etw. verdecken kann‘ PRED, pag. 94: sihe der vorhang im tempel (...) zcereis in zcwei stucke von oben an bis unden aus. PRED, pag. 97: so haben nun die ceremonien, darinnen der tempel Mose auch begriffen gewesen, ire entschafft bekommen, das sich dan auch die Juden aus dem zcerissenen vorhange des tempels als entgegen gewesen zceichen wol und leicht hatten erinnern und berichten konnen. vorkommen /1/, V. st. ‚vorbeugen‘ TRAKT.AM, pag. 25: so man nun dem ergernus, in massen wie obstehet, vorqweme, were der sachen leicht zcuraten, wie man den der wol raten kan. vornemen /3/, V. st. vorgenommen /19/ – vorgnommen /1/ – vorgenummen /2/ – vorgnummen /2/ (Part. Prät.), ‚durchführen, tun‘ DIAL.1, fol. 65rf.: so bit ich got, den heiligen geist, das er mir seine gnade, one welche nichts ich guts gedencken, viel weniger vornemen noch volenden magk, mitteile und mich in alle warheit fure. DIAL.1, fol. 207r: Wurumb? darumb das solchs nit under sondern ausserhalb des geseczes vorgenommen wurde. BRIEF C: mit underteniger bit, sie wollen es nit dohin vorsehen, als sein in dem falle etwas geferlichs gehandelt ader vorgnummen. BRIEF H: und weil nun die ko. mt. die commission also gegeben, das die zcwischen hir und dem nesten reichstage sal vorgnommen werden, habe ich davon eine fugsame ursache zcu abschlage offenen konnen.
340 vorsatz, der vorsacz, vorsacz /3/ – vorsacze /3/ (Dat. Sg.), ‚feste Absicht‘ DIAL.1, fol. 92rf.: das er in sich gehe, szeine sunde und missethat nach der regel des gotlichen geseczes betrachte und die von herczen berauhe, davon absehe, mit einem guten vorsacze solche hinforder zcu meiden. vorschlag, der vorschlage /2/ (Dat. Sg.), ‚Empfehlung‘ TRAKT.LIPS, pag. 1: Nachdem nun E g eczliche artikel under geben seind, welche zcu einem vorschlage angezceigter einigung dienen sollen, vorsehen /8/, V. st. ‚aufpassen‘ DIAL.1, fol. 231v: wollet es bei deme bleiben lassen und euch wol vorsehen, das ir nit weiter gehet, dan in religion sachen mus man gar bescheiden faren. vorsehung /7/, die ‚Absicht, wohlbegründeter Plan‘ PRED.ANL, pag. 224: hat uns christus selber das sacrament der tawffe eingesaczt, dadurch wir von newest geboren und im eingepflanczt werden mit solcher vorsehung, das keiner ordentlicher weise on des sacrament mag den eingang der ewigen selikeit erlangen. TRAKT.LIPS, pag. 17: und wiewol etwan durch die busregeln der kirchen dis fals eine feine und ernste vorsehung gemacht, dadurch das volck in guter christlicher zcucht erhalten worden ist, dennoch dieselbtigen regeln zcum teile gefallen und numals nit mehe gebrawcht werden.
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vorsorge /3/, die ‚befürchten‘, nur in: vorsorge tragen BRIEF A: Nun trage ich vorsorge, ein Erwirdig Dhomcappittel zcu Numburg werde an seiner freien election von dem Chorfursten zcu Sachsen vorhindert werden. PRED, pag. 27: aber den gehessigen und vorbitterten Iuden, welche vorsorge trugen, er werde in ire regiment (...) legen, und stecken voller giefft und neid, und werden dadurch dermassen vorblendt. vorstehen /4/, V. unr. vorstunde /1/ (3. Sg. Ind. Prät.), ‚bevorstehen‘ DIAL.1, fol. 116vf.: christus hat am stam des creuczes vor unszere sunde genug gethan und erlediget diese heilwertige genugthuung der schuld, die uns druckt und der ewigen pein, die uns vorstehet. PRED, pag. 134: ja auch die gnade christi mutwilliglich ausgeschlagen hatten, zcu deme das sie auch in, den aller unschuldigsten aus heslicher undanckbarkeit umbringen wurde, zceiget ir der herre christus alhie an, was ir vor eine schwere und ernste gots straffe vorstunde. vorstellung /1/, die ‚Bekanntmachung‘ TRAKT.LIPS, pag. 8: derhalb ist wol bdacht, das das volcke in predigten zcu guten wercken mit hohem vleisse ermant und getriben werde, mit vorstellung gotlicher vorheischungen. vorwenden, /3/, V. sw. ‚vorbringen, anführen‘ DIAL.1, fol. 64v: so sollen wir die keczere nit grussen, aber weil ich aus deme, so ditterich gestern vorgewandt,
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W
hewte weiter nachgedacht, so kan ich ime allenthalb nit unrecht geben. vorziehen, V. st. vorzcihen /2/, ‚bevorzugen‘ DIAL.1, fol. 5v: ir kontet euch nicht vorgleichen, wuehin ich euch weisen soll, weil ir undereiander gespalten und sich eines partei der andern vorzcewhet. BRIEF K: wie und welcher gestalt die erste geschehen und aus was ursachen die andere vorzcogen, wollet mich gruntlich und doch unuormarcket berichten.
W wal, die wahele /3/, wal /1/, walh /2/, ‚Abstimmung über die Berufung in ein best. Amt‘ TRAKT.LIPS, pag. 33f.: so aber der metropolitano nichtiglich ader zcu unrecht erwelet were, das alsdan die suffraganien des stiffts macht hetten, von newest zcu welen. das aber die leihen in die wahele solten gezcogen werden, wil nit ratsam sein, angesehen das solchs zcu auffrur, grossem unwillen und zcu spaltungen worde ursach geben, wie sich dan etwan zcu rhom zcugetragen, derhalb man des orts die wahele dem leihen hat mussen entzcihen und der cleristen alleine zcustellen. BRIEF H: und ob ir darneben mich vorstendigen mochtet, wie man sich etwan in der vorkundigung der walh gegen des Churfursten vorfarn gehalten.
wälen, V. sw. welen /8/ 1. ‚sich für etw. entscheiden‘ /6/ TRAKT.LIPS, pag. 12: das seine natur durch den geist gots ernewert und gebessert werde, also das er seinen bosen lusten und begirden hinfurt widerstehen und was recht, gut ist, auch got gefellig, williglich und on einichen gezcwang welen und vornemen moge. TRAKT.LIPS, pag. 13: den bosen lusten und begirden zcu widerstehen und dargegen, was vor got recht gut ist, williglich und an einichen gezcwang zcuwelen. 2. ‚zur Wahl gehen‘ /2/ TRAKT.LIPS, pag. 33: und werdens schwerlich konnen der kirchen saczungen dis fals bessern, dan die vormogen, das man die welen sal, welche rechts alters sein, gelert und eines guten unstrafflichen lebens, welchs sich dan mit der lere des apostels fast vorgleicht. wacken, siehe backen wanken, V. sw. wancken /3/, ‚unsicher sein‘ DIAL.1, fol. 64v: ubereil dich nit in diesen handel und wancke nit weiter. DIAL.1, fol. 118r: item ob es euch auch nit besser anstunde, das ir deme nachqwemet, welchs ir einmal zcusaget, dan das ir so wancket und euch selber wider wertigk seiet. warhaftig, Adj. warhafftig /6/, ‚real, der Wahrheit gemäß‘ DIAL.1, fol. 149v: das das, welchs der prister in szeinen henden hat, nummer der leib und blut christi warhafftig und wesentlich szei, und das nichts mehe von dem brote und weine da bleibe dan alleine die eusserliche gestalt.
342 warhaftiglich, Adv. worhafftiglich /1/, ‚der Wahrheit gemäß‘ PRED, pag. 16: dadurch dan auch die prophethien sollen erfullet werden, dan also vorkundiget Esaias worhafftiglich, er hat unsere kranckeiten getragen. warlich /19/, Adv. ‚wirklich‘ DIAL.1, fol. 149r: warlich, die vorwandelung kan gleich so wenig vorneinet werden als die gegenwertikeit des naturlichen leibs und bluts christi, dan das wort, welchs saget, das der leib und blut christi im sacrament gegenwertig szei. BRIEF I: ich glawbe, das die armen underthan des stiefts irre genug sein, und habe warlich mit inen ein hertzlich mitleidenn. wärmen, V. sw. wermen /4/, wermet /2/ (3. Sg. Ind. Prät.), ‚warm machen‘ PRED, pag. 21: petrus aber stund bei inen und wermet sich. warnung /4/, die ‚Hinweis auf Gefahr‘ PRED, pag. 137: solchen unfal neben der icztgehorten zcestorung der stat Jherosalemm solten wir unsere warnung sein lassen und darneben eindenck sein dero, welche der zorn erschlug. BRIEF Q: wil ich euch solchs zcu notdorfftiger warnung nit unangezceiget lassen. warten /5/, V. sw. ‚einer Sache / Person entgegensehen, von der man vermutet, dass sie eintreffen wird‘
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BRIEF G: Die Commission habe ich den vorordenten Commissarien zcugeschickt und warte teglich auff antwort. BRIEF L: ich warte aber gleichwol darauff teglich und mache mich zcur handelung gefast. warum, Pron., Adv. warumb /8/ 1. Interrogativpron. /7/ PRED, pag. 4: Iesus aber sprach zcu ime: mein freundt, warumb bist due kommen? 2. Adv. ‚aus einem best. Grund‘ /1/ PRED, pag. 49f.: Darnach meldet sie vom titel, welchen pilatus hat uber das creucz christi schreiben und seczen lassen. das ist Iesus von Nazareth, ein konig der Iuden, dan nachdem solchen titel hat schreiben lassen, anzcuzeigen die ursache, warumb christus ans creucze geschlagen were. wasser /13/, das basser /3/, ‚farb- und geruchlose Flüssigkeit‘ DIAL.1, fol. 216r: und das man den kelch des altars mitt wasser mische, weil die gar eine alte ankunfft haben und an in selbst catholisch szeind. PRED.ANL, pag. 227: und das tawffen mit dem basser, welchs bedewt die innerliche abwaschung der sunde. weder, Konj. wider /4/, als Teil der mehrteiligen Konjunktion weder – noch DIAL.2, pag. 27: ia, die da meinen, es szei genug, das szie glewben, ob szie gleich ir boses leben nummermeher bessern, die auch wider got nach iren nesten lieben, sondern in allem unvlat der sunde liegen bleiben.
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weg, der weg /2/ – wege /5/ (Dat. Sg.) 1. ‚best. Handlungsweise, Richtung‘ /68/ DIAL.1, fol. 22v: Nun wirdet aber gleichwol der wucher durch den weg vormentelt und gut gemacht, zcu was schweren ergernus gibet die tegliche erfarung. PRED, pag. 67: so giengen sie von dem rechten wege der warheit als die irrenden schaff. 2. ‚Streifen zum Begehen, der durch ein Gebiet führt‘ /2/ DIAL.1, fol. 5rf.: Ditterich, wir szeind iczo auff dem wege, einen unszerer freunde, der seher schwach ist, heimzcusuchen und zcutrosten. weib, das weibe /7/ (Dat. Sg.), weiber /9/ – weibere /2/ (Pl.) 1. ‚Ehefrau‘ /36/ DIAL.1, fol. 16r: hore mit geduld, da einer in stehender ehe mit szeinem ersten weibe eine andere zcur ehe nimmet, der ubet einen ehebruch. DIAL.1, fol. 173v: darumb wirdet der mensch vorlassen vatter und mutter und szeinem weibe anhangen und werden szein zcwei in einem fleisch. 2. ‚Frau‘ /7/ DIAL.1, fol. 171v: das man und weib zcu einer ewigen und unzcertrenten geselschafft des lebens zcusammen gefuget werden. PRED, pag. 94: Es stunden aber alle seine vorwanten von fernen und die weiber, die im aus Galilea waren nachgefolget. weiblein /1/, das ‚Frau‘ DIAL.1, fol. 173v: solche mittel mit nachfolgenden worten abgeschnitten
343 und auffgehoben hat: der den menschen schuff von anfang und schuff ein menlein und weiblein. weibsperson /3/, die ‚pejorativ für Frau‘ PRED, pag. 33: alhie bfinden wir, welcher gestalt petrus, der sich zcuuoran vormessen hatte, bei dem hern leib und leben zcuzcuseczen, iczo durch eine arme weibsperson mit wenig worten dermassen erschreckt und (...) auch den hern vorlewcknet. weigerung /1/, die ‚widerstrebendes Verhalten‘ BRIEF A: Das habe ich E. Erw. auff den fal der vorhinderung nit wollen unangezceiget lassen, wiewol ich jar viel lieber wolte, das es keiner weigerung bdorffte und wir das unsere thun mochten mit gutem willen des Schuczfurstens. weil /333/, Konj. leitet kausale Nebensätze ein TRAKT.LIPS, pag. 24: aber weil man in solchem vorstande zcu diser zceit streitig, solt zcu auffrichtung christlicher einikeit nit ungelegen sein, sich des rechten vorstandes zcuerholen. weile, die 1. ‚unbestimmter Zeitpunkt‘ /1/ DIAL.1, fol. 10r: zcu deme hat ir auch ewre apologia, welche uber ewre confession die recht glossen szein sal, newlicher weile vorfelscht und das herausser gethan, welchs die sacramentirer am meisten anficht und widerleget. phras. Zeit und Weile haben ‚nicht eilen‘ /1/ TRAKT.LIPS, pag. 21: aber weil man gleichwol in unserm falle, ob gleich allerlei faer vorstehen, zceit und weile
344 hat, bebstliche heilikeit anzculangen, wil beqwemer und thulicher sein, die dispensation doselbst zcusuchen. weise /30/, die ‚Art / Form, wie etw. beschaffen ist oder geschieht‘ TRAKT.AM, pag. 1: wan dasselbtige nun thulich sein wolte, wie und welcher gestalt die voranderung iczigs gebrawchs geburlicher weise moge vorgenommen werden. weissagen /4/, V. sw. ‚prophezeien‘ DIAL.1, fol. 42r: es hat mit dem vorbot der speise, davon der apostel, viel eine andere meinung, den wie ir in vorstehet, dan der apostel hat an dem orte von deme geweissaget, welche die speise als an ir selber unrein und also ein grewl vorboten werden. PRED, pag. 32: eczliche aber schlugen in ins angesichte und sprachen: weissage uns christus! wer ists, der dich schlug? weitläufig, Adj. weitlewfftig /2/, ‚umfassend, ausführlich‘ TRAKT.LIPS, pag. 44: derhalb wirdet man sich in diesem falle wol vorgleichen konnen ane weitlewfftige dispensation. wenden, V. sw. 1. in: wenden lassen ‚beenden, bleiben lassen‘ /10/ DIAL.1, fol. 73v: so hat im christus solche bgnadigung erworben, hat es auch bei deme nit wenden lasszen, sondern aus uberschwencklicher gnade und milde uns auch erlanget und vordinet.
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2. ‚verhindern‘ /4/ DIAL.1, fol. 197r: dan es ist sonsten alzcuuiel zcancks eingefallen. got wende den aus gnaden. 3. ‚sich an jn. / etw. halten‘ /3/ DIAL.1, fol. 2r: im fal, da ichs gleich thun wolte, wuste ich doch nit, weil ir confessionisten undereinander so gar getrennet und zerlumpt szeid, wuehin ich mich wenden, ia und wue ich ewre augspurgische confession finden solte. 4. wenden zu ‚in eine best. Richtung bringen / führen‘ /2/ BRIEF P: und das sich der krig in frankreich zcu einem guten bestendigen fride wende. 5. wenden in ‚umwandeln‘ /1/ DIAL.1, fol. 185v: ob due nit wilst, das wir nach gewonheit der gantzen christenheit solch leiden und sterben christi in unsern heilwertigen nutz nit wenden sollen. BRIEF P: und das sich der krig in frankreich zcu einem guten bestendigen fride wende. werden, V. st. wirdest /22/ – wirst /2/ (2. Sg. Ind. Präs.), wirdet /299/ – wirt /39/, worden /127/ – geworden /5/ (Part. Prät.) 1. zur Passivbildung /882/ DIAL.1, fol. 19v: darumb man die personen separiren, vil weniger inen nachlassen moge, zcur anderen ehe zcugreiffen. Dieser proces wirdet in ewren consistorien gehalten. 2. zur Futurbildung /344/ DIAL.1, fol. 4v: das werde ich offentlich widderfechten. werk, das werck /68/, wercke /10/ (Dat. Sg.), werck /100/ – wercke /5/(Nom. / Akk. Pl.), ‚Tat, Handlung größeren Umfangs‘
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DIAL.1, fol. 5v: Nun erinnert mich, das es zceit szei, in zcubesuchen und in diesem gutigem wercke nit zcusewmen. DIAL.1, fol. 10v: in deme das szie sagen predigen und schreiben dorffen, gute werck seind zur seligekeit schedlich. TRAKT.LIPS, pag. 6: wie iczo berurt ist, hat man leicht zcuerachten, das die guten wercke dem glawben in gotte zcu seiner zceit volgen mussen, so fern der mensch in erlangter rechtfertigung und gnade bestehen sal. werkzeug, der werckzcewg /1/, werckzceug /1/, wergzceug /1/, ‚Hilfsmittel‘ DIAL.1, fol. 12r: und wiewol diesen irsal hat am anfange der kirchen simon magus als der rechte wergzcewg des tewffels erreget und folgend Basilius und Eunomius ernewert haben. PRED.ANL, pag. 224: was aber die sacrament belanged, hat es damit gleiche gestalt als mit dem worte, nemlich das got die sacrament gegen uns gebrawcht als mittel und werckzcewge, da mit he uns seinen geist eingewst. PRED.ANL, pag. 227: was aber die sacrament belanged, ist zcu wissen, das sie werckzceuge seind, dadurch got seine gotliche gnade reicht. wert /9/, der ‚das Wert-Sein‘ PRED, pag. 9: sollen wir uns demnach unserer werck halber und von wegen ires vordinsts keines wegs auffblasen, sondern die ehere in demut und mit danckbaren gemute gotte geben, der uns die belonung thut nit aus dem wert der werck an inen selbst, sondern aus gnaden.
345 wettlauf, der wetlawff /1/ – wetlawffe /1/ (Dat. Sg.), ‚Wettkampf‘ DIAL.1, fol. 102v: also das er in der gerechtikeit auffwachse und von tage zcu tage mehe ernewert werde, dan ein solcher mensche stehet gleich wie bei einem wetlawffe, sal im guten nit stille stehen, sondern ummer fortschreiten. widersetzen, V. sw. widerseczen /1/, ‚ablehnen‘ PRED, pag. 17: doher gehet nun der buelh christi, widerseczt euch nit dem argen, Item thuet gut denen, welche euch vorfolgen. widerwärtig, Adj. widerwertig /14/, widderwertig /1/, ‚abstoßend, verabscheuenswürdig‘ DIAL.1, fol. 9r: ia, ich dorfft wol mehe sagen, das ir von allen teilen ewrer ersten confession widerwertig szeid. DIAL.1, fol. 48r: und damit szie deste weniger zcunemen, ist ein ides teil wider zcerteilet und in widderwertige parteien zcerlumpt worden. DIAL.1, fol. 195v: von der zceit an bis auff uns szeind die berurten widerwertigen keczereien gedempfft geweszen und haben der kirchen gots nit mehe schaden konnen. wiedergebären, V. st. widergeberen, widergepiret /1/ (3. Sg. Ind. Präs.), widergeboren /3/ (Part. Prät.), ‚nach dem Tod erneut geboren werden, übertragen religiöse Deutung für Läuterung‘ DIAL.1, fol. 34v: es sei dan, das einer aus basser und dem geiste widergeboren szei, wirdet er nicht eingehen. DIAL.1, fol. 127v: und zcum ersten wirdet uns die gnade von got mitgeteilet, welche uns reiniget, ernewert und wi-
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dergepiret, also das wir vorgebung unszerer sunde erlangen.
ir einmal zcu regensburg dises fals gewilliget, nit weichen soltet.
wiedertaufe, die widertawffe /1/, ‚nochmalige Taufe eines bereits getauften Christen‘ DIAL.1, fol. 52v: Nemlich im buche von der widertawffe schreibet er wider die, szo die kindertawffe nit wolten gut szein lasszen.
williglich /11/, Adv. ‚zustimmend‘ PRED, pag. 14f.: das er nit alleine nit geneigt were, gewalt mit gewalt abzcutreiben, sondern viel mehe geneigt were, dem willen gots gehorsamlich nach zcukommen und dem creucze sich williglich zcu underwerffen.
wiedertäufer, der widertawffer /1/ (Nom. Pl.), widertewffere /1/ (Akk. Pl.), ‚Anhänger einer religiösen Gruppe, für die nur die Erwachsenentaufe zulässig ist‘ DIAL.1, fol. 48r: ist ein ides teil wider zcerteilet und in widderwertige parteien zcerlumpt worden: die zcwinglianer in die Caluinische, die widertewffere in die dauidschen und andere rotten mehe. DIAL.1, fol. 201vf.: und volgend fur und fur in der ganczen christenheit vor gut gehalten worden bis auff diese zceit, da die elenden widertawffer sich darwider auffgelenet. wiedertäuferisch, Adj. widertewfferisch /2/, ‚der Gruppe der Wiedertäufer angehören‘ DIAL.1, fol. 47r: aber baldt filen die spaltungen zcwischen euch ein, also das eczliche aus euch zcwinglisch, eczliche widertewfferisch worden und sich von euch abrisszen. willig /19/, Adj. ‚bereit etw. zu tun, unterwürfig‘ BRIEF C: Mein willigen dinst zcuuoran. willigen /5/, V. sw. ‚zustimmen‘ DIAL.1, fol. 130r: so sollet ir euch auch selbst berichten, das ir von dem, welchs
wir /716/, Personalpron. unser /1/ (Gen.), uns /295/ (Dat.), uns /227/ (Akk.) DIAL.1, fol. 4v: sagest, das sich ditterich an euch alleine halten sal und unser mussig sehen, das werde ich offentlich widderfechten. PRED, pag. 74: zcum heil und aufferstehung und werden uns alhie beide wege gezceigt. wirkung, die wirckung /10/ 1. ‚Tätigkeit‘ /4/ DIAL.2, pag. 89: zcum andern ist das werck, welchem der lon vorsprochen wirdet, auch an ime selber eine schone gabe gots, weil es eine wirckung des heiligen geists ist und von der eingegossenen liebe herflewst. 2. ‚bewirkte Veränderung‘ /6/ DIAL.1, fol. 161v: so er der frucht des sacraments nit teilhafftig geworden, mussen die wort vorgeblich gesprochen sein, das ist mein leib, item das ist der kelch in meinem blute, ia solche worte werden ler abgangen und ire wirckung nit gehabt haben. wissen /94/, V. ptps. ‚Kenntnis von einer Sache / Person haben‘
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PRED, pag. 3: Iudas aber (...), der do vorrith, wuste den ort auch. TRAKT.LIPS, pag. 31: das man aber damit solte auffzcihen, bis die confirmanden zcu rechten alter und vorstande qwemen, und sie allerlei erinnern und underweissen, welchs einem christen zcuwissen vonnoten und zcu sterckung des glawbens dienet. wol, Adv. 1. ‚gut‘ /100/ DIAL.1, fol. 127v: zcum virden die, das wir geistlichen und kirchen dienere geschickt werden, unszere emptere wol zcuuorrichten. 2. ‚in genügender Weise, richtig‘ /100/ DIAL.1, fol. 8r: welchs ir mit keinem fuge kont vorlewcknen, welchs offenbar und vielen lewten wol bewust. 3. in Verbindung mit aber /7/ DIAL.1, fol. 20v: die separiret wol die ehelichen personen, aber darneben lest szie nicht zcu, das eine aus denen bei leben der anderen zcur ehen greiffen. wolf, der wolff /1/, ‚wildes Tier‘ PRED, pag. 32: under den Iudenn, welche waren die rechten blinden furer und reisenden wolffe, und ob sie gleich nach irem eusserlichen scheine sewberlich waren. wolle /1/, die ‚vom Schaf gewonnenes Produkt, aus dem Garn gesponnen wird‘ PRED, pag. 25: wirdet er zur schlacht gfurt werden und wie ein lemlein in gegenwertikeit des, so im die wolle abnimmet, wirdet Er stille schweigen. wollen /310/, V. unr. wolte /1/ (1. Sg. Ind. Prät.), wolt /8/ – wolte /20/ (1. Sg. Konj. Prät.), wolt /7/
347 – wolte /17/ (3. Sg. Ind. Prät.), wolt /6/ – wolte /45/ (3. Sg. Konj. Prät.), ‚den Wunsch oder Willen haben, etw. zu tun‘ DIAL.1, fol. 233rf.: deste mehe wil euch geburen, das ir euch der von mir vorgeschlagenen mittel und wege haltet, und gehet die von mir gezceigten alten wege. BRIEF B: wolt got, ich were zcu dieser ansehenlichen und wichtigen regirung so geschicket, als ich nit bin. BRIEF E: Ich wolt mich gerne mit E. Erw. muntlich underreden und wolt doch dieselbtige nit gerne in vordacht seczen. BRIEF T: der Almechtige wolle seiner seelen gnedig sein! wort, das wort /7/ – worte /12/ (Dat. Sg.), wort /40/ – worte /2/ (Nom. / Akk. Pl.) 1. ‚zusammenhängende Aussage / Äußerung‘ /114/ DIAL.1, fol. 118v: die veter gebrawchen solch wort. so gebrawcht es auch die kirche, vorgleicht doch solche genugthuung der genugthuung christi nit. 2. ‚Gottes Wort‘ /47/ PRED, pag. 151: aber christo und seinem gotlichen worte ist es nicht unmoglich. wucher /3/, der bucher /2/, ‚unverhältnismäßig hohe Gewinnerzielung beim Verleihen von Geld‘ DIAL.1, fol. 22v: Nun wirdet aber gleichwol der wucher durch den weg vormentelt und gut gemacht. DIAL.1, fol. 22r: aber christus hat den bucher stracks vorbotten.
348 wucherer /2/, der bucherer /1/, ‚jmd., der Wucher treibt‘ DIAL.1, fol. 24v: Ia, da wir unszerer kirchordenung nachgehen, so lassen wir unszere offentliche wucherer auff die geweiheten stellen nit begraben. DIAL.1, fol. 14rf.: wie man dan nach sihet, das die grosen ehebrecher, bucherer, schwelger, lugner, betruger, fridbrecher und tyrannen die besten christen und euangelischen (wie szie sich nennen) szein wollen. wunderbarlich /1/, Adj. ‚wie durch ein Wunder‘ PRED, pag. 87: und die unuornunfftigen creaturen gaben im zcewgnus der warheit, nemlich die creaturen deme hern, durch welchene sie geschaffen, dan die sonne vorlewret alhie ir schein am hellen tage wunderbarlicher weise und vorbirget sich, als konne sie das grosse unrecht und vorgewaltigung, so an christo geschege, nicht sehen. wunderlich /1/, Adj. ‚merkwürdig‘ DIAL.1, fol. 8v: Ei lieber, due mengest die dinge wunderlich durch einander und wolltest uns gerne uberreden. wust /5/, der ‚Durcheinander, Chaos‘ DIAL.1, fol. 14r: wie ein ider ist, bleibet er in szeinem wust stecken, dan dahin pflegen sie christus, welchen szie auff der zcungen lernen tragen, nicht zcugebrawchen, sondern understehen sich, den zcum schanddeckel irer laster zcumisbrawchen. PRED, pag. 118: und hat eben diese gestalt, weil got ein vater aller Barmherczikeit und des trosts ist, hat er sich unserer als seines geschepffs erbarmet und uns nicht ewig wollen in dem wust
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unserer sunde und armselikeit vorterben lassen. wüstenis, die bustenis /1/ ‚Wüste, von Trockenheit gekennzeichnetes Gebiet‘ PRED.ANL, pag. 217: do christus selber saget, gleicherweis wie moses hat erhoben die schlange in der bustenis, also mus auch der son des menschens erhohet werden.
Z zaghaftig, Adj. zcaghafftig /1/, ‚zögerlich‘ DIAL.1, fol. 136v: und ob wol einer zcu ider zceit bei got vorzceihung erlangen kan, auch ehe, dan er dises sacraments gebrawchen mag, so treget sich doch offtmals zcu, das einer so zcaghafftig und vorwickelt in szeinem gewissen ist, das ime one dis sacrament nit kan geholffen werden. zämen, V. sw. zcemen /1/, ‚zügeln‘ PRED, pag. 142: dan also schreibt der heilige paulus von im selbst (...), Ich zceme meinen leib und mache mir den undertenig, auff das ich nicht selbst straffwirdig werde. zeichen, das zceichen /20/, ‚etw. Sichtbares / Hörbares, das als Hinweis auf etw. dient‘ DIAL.1, fol. 169v: derhalb ist dis sacrament aus sonderlicher vorsehung gots eingeseczt mit aufflegung der hende, welches das eusserliche zceichen ist, darauff solch sacrament ruget.
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zeigen, V. sw. zceigen /23/, ‚auf etw. aufmerksam machen, hinweisen‘ DIAL.1, fol. 124v: darumb es ein erkantnus der sonde von aposteln genant wirdet, zceiget uns die wege, so wir alhie in unszerer pilgerschafft gehen sollen, damit wir ime nit zcu viel ader zcu wenig thun, daher es dauid eine lewchte unszerer fusse nennet. BRIEF B: das aber ein Erwirdig Thomcappittel mich erwelet, solchs zceiget meiner herren sonderlichen freuntlichen willen gegen mir. zeit, die zceit /139/ 1. ‚bestimmter Zeitraum, Zeitabschnitt‘ /78/ DIAL.1, fol. 16v: weil es in ewrer laer stecket und ir das eheliche bandt zcu diser zceit nit krefftiger wollet szein lassen, dan es bei zceit des alten testaments geweszen. 2. ‚Zeitpunkt‘ /13/ DIAL.1, fol. 5r: sage, das wir iczo einen krancken zcubesuchen haben. zcu einer andern zceit wollen wir von den dingen weiter reden. und las uns daruber weg gehen. PRED, pag. 135vf.: und weil inen nun solchs alles aus der ursache begegnet, das sie die gnade christi haben ausgeschlagen und die zceit irer heimsuchung nicht erkennen wollen, wie christus alhie selber anzceigt, so last uns wol vorsehen, das wir den zcorn gots nicht gleicher gestalt auff uns laden. 3. ‚Aufeinanderfolge von Stunden, Tagen, Wochen, Monaten, Jahren (...)‘ /10/ BRIEF V: was die gutes werden ausrichten, wirdet die zceit zcu erkennen geben.
349 4. zu jeder Zeit ‚immer‘ /36/ DIAL.1, fol. 127vf.: zcum funfften wirdet uns die gnade gegeben, das die ehelichen iren stand recht halten und iren gemahelen trewe und glawben zcu ider zceit erzceigen mogen. 5. zur Zeit ‚momentan‘ /2/ DIAL.1, fol. 165v: ich wolt dan wider meine christliche gewissen handeln und dorfft wol one schewe sagen, das es bei uns nach zcur zceit sicherer szei, under einer gestalt zcu communiren, dan nach ewrer weisze under beider. zerrüttung, die zceruttung /3/, ‚Durcheinander, Chaos‘ TRAKT.AM, pag. 4f.: was vor ungehorsam und unwille und zceruttung in unsern kirchen hiraus erwechst, emphinden wir leider alzcu seher. zerstörung, die zcestorung /4/, ‚Zustand, bei dem verheerender Schaden entstanden ist‘ PRED, pag. 133: das Euangelium hat zcwen teil: das eine prophetei und zceigt auff die zcukunfftige zcestorung der stat Iherusalem. zeugnis, das zcewgnus /6/, ‚gesicherte Aussage‘ DIAL.1, fol. 135v: und so gibet solcher salbung Tertullianus, der alte lerer der kirche, gar ein schon zcewgnus. PRED, pag. 30: dan da (...) zcureisse der hohe priester seine kleider und sprach, er hat got gelestert. was dorffen wir weiter zcewgnus? ziehen, V. st. zcihen /27/, zcege /1/ (1. Sg. Konj. Prät.), zcewhet /6/, (3. Sg. Ind. Präs.), zcog /1/ – zcoge /1/ (3. Sg. Ind. Prät.) 1. ‚fortbewegen, reisen‘ /7/
350 BRIEF H: Und damit ich euch nichts vorhalte, wolte die ko. Mt gerne, das ich wider gegn Polen zcege, derhalb sie den an mich geschriben, welchen briff ir mir uberschicket. BRIEF M: Euch gebe ich zcuerkennen, das die Keiser. Mt iczo nach Speier zcewhet. 2. ‚etw. anpacken, an etw. reißen‘ /3/ PRED, pag. 4: und sihe einer aus denen, die mit Jesus waren, recket seine hende aus und zcog sein schwert aus. PRED, pag. 5: Do hat simon petrus (...) ein schwert und zcoge es aus und schluge des hohen priesters knecht und hieb ime sein recht or abe. der knecht aber hies Malchus. 3. ‚mit sich fortbewegen‘ /2/ DIAL.1, fol. 91vf.: und wiewol der mensch zcu christo nit kommen und szeiner gnade teilhafftig werden mag, es zcihe in dan der vater, wie christus selber sagt. 4. ziehen auf ‚gründen auf, erklären mit‘ /8/ DIAL.1, fol. 75v: ir zcihet die gerechtikeit gots auff die imputation und wollet die heiligung und gerechtikeit, so aus der ernewerung des geists herflewst, in menschen gar nichts sein lassen. 5. ziehen in ‚einbeziehen, zu etw. bringen‘ /6/ TRAKT.LIPS, pag. 1: das man die streitigen artikel unserer heiligen religion vorgleiche und in eine christliche einikeit zcihe. 6. ziehen an ‚zu etw. bewegen‘ /4/ DIAL.1, fol. 11v: deste weniger hat ir ursach, mich an ewre confession zu zcihen, weil ir von derselbtigen beiderseits selber abgewichen. 7. zu Gemüte ziehen ‚ausführlich über etw. nachdenken‘ /4/
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DIAL.1, fol. 114v: das sal nun der mensch, welcher zcu fal kommen, wol beherczigen und zcu gemute zcihen, darob sich entseczen und erkennen. 8. sich ziehen ‚entwickeln‘ /2/ DIAL.1, fol. 30v: Wuhin sich solchs zcihe und wie hoch schedlich es szei: habt ir euch aus apostolischer heiliger schrifft zcuberichten. zorn, der zcorn /16/, zcorn /4/ – zcorne /1/ (Dat. Sg.), ‚heftiger Unwille, Wut‘ DIAL.1, fol. 68v: ein solcher mensch ist durch die erbsunde gots zcorne underworffen und dermassen vorterbet, das er die dinge, welche des geists szeind, nit vorstehet. PRED, pag. 90: damit ich die armseligen menschen, welche durch ire sunde deinen gerechten zcorn vordinet, erlosen und vom Ewigen tode erledigen moge! zu, Präp. mit Dat. zcu /632/ DIAL.1, fol. 66r: und weil ich alhie sal anzceigen, wie und welchermassen ein mensch moge wol und christlich underwiszen und zcu allem deme, welchs ime zcu szeiner selen heil gut und notwendig szein moge. zucht, die zcucht /4/, ‚Disziplinierung‘ DIAL.1, fol. 25r: die kirche als eine getrawe mutter hat eczliche fasttage eingesaczt, damit szie ire kindere zcu christlicher zcucht und casteiung des fleischs anbrechte, auff das szie deste geschickter wurden zcum gebet und andern christlichen ubungen, und die geilheit des fleischs in inen deste leichter dempffen mochte.
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zuchtmeister, der zcuchtmeister /1/, ‚anleitendes Instrument zur Disziplinierung‘ PRED.ANL, pag. 223: daran abzcunemen ist, das das gesecz uns der sunden erinnert und zcur busse leitet, darumb es dan auch gnant ein zcuchtmeister bis zcu christo etc. zukünftig, Adj. zcukunfftig /11/, ‚in der Zukunft liegend‘ PRED, pag. 27: dargethan, welche sonsten denn creaturen zcuuolzcihen unmoglich und die prophetein des alten testaments, so viel dero den zcukunfftigen messiam vorkundigten, also zcusammen lawffen, das sie auff den herrn christus klar zceigten. PRED, pag. 69: vorstunden auch die prophethien vom reiche des zcukunfftigen christi und Messiae alleine, vormeinten, der zcukunfftige Messias solte sein reich zcum gewalt und pracht in der welt auffrichten. zulassen, V. st. zculassen /15/, ‚erlauben‘ DIAL.1, fol. 157v: zcu deme das die gemeine christenheit und kirche, welche eine sewle und grundfeste der warheit ist, keinen andern vorstand zculest, erfordert die notdorfft, das die wort ungeferlich auff die meinung, wie iczo gehoret, vorstanden werden. zulässlich, Adj. zculeslich /1/, ‚erlaubt‘ DIAL.1, fol. 176r: da nun solchs alles recht betrachtet, worde die widertewfferische und turckische vormischung mit vielen weibern, als die iczo nit zculeslich, niemands billichen.
351 zunemen, V. st. zcunemen /12/, ‚vergrößern, erhöhen‘ DIAL.1, fol. 26v: aber da ir starck wurdet und der schmalkaldische bundt seher zcunam, must ewre rebellion dises fals recht und eine naturliche gegenwer werden. PRED.ANL, pag. 221: und das er volgend in den wercken der liebe und allem guten sich uben sal zcum bestand in angezceigter rechtfertigung etc und neme dadurch zcu im guten und christlichen leben. zunge, die zcunge /4/, zcungen /4/ (Gen. / Dat. / Akk. Sg.) 1. ‚Sprache‘, ‚das Reden eines Menschen‘ /2/ PRED, pag. 122: o der grossen gnade, milde und erbarmung gots, des himmelischen vaters, die kein menschlicher vorstand volkomlich begreiffen, noch einige zcunge dermassen, wie sichs geburet, ausreden kan! 2. ‚Organ im Mund das u.a. dem Schmecken dient‘ /2/ PRED, pag. 150: und ruret seine zcungen und sahe auff gegen himmel sewffczte und sprach Ephata, das ist sei offen. (...) und das bandt seiner zcungen wart geloset 3. ‚Zungenrede‘ /1/ DIAL.1, fol. 133r: und ob wol am anfange dis sacrament neben erregter sterckung die gabe der zcungen, als die der kirchen zcu volzcihung des notwendigen predigampts dazcumal seher notig war, gereicht hat. 4. auf der Zunge tragen ‚(nur) mit Worten handeln‘ /3/ DIAL.1, fol. 14r: bleibet er in szeinem wust stecken, dan dahin pflegen sie christus, welchen szie auff der zcungen lernen tragen, nicht zcugebrawchen.
352 zustehen, V. unr. zcustehen /5/, ‚rechtmäßigen Anspruch auf etw. haben‘ DIAL.1, fol. 89r: das mangelt ime, das er nit war von den glidmassen christi, das ime auch nit zcustunde, das das vordinst christi vor szein eigen achte. zutragen, V. st., refl. zcutragen /16/, ‚eintreten, geschehen‘ PRED, pag. 51: aber gleichwol truge sichs fein zcu, das durch das mittel, dadurch sie den konig der eheren iemmerlich umbringen und weg thun wolten, sein ewig reich zcum besten und herlichsten auffgericht worde. TRAKT.LIPS, pag. 36: aber nichts deste weniger wil gut sein deme, welchs von eczlichen Bebsten ergerlich vorgenommen ist, durch vorordenung eines gemeinen Concilii vorzcukommen, damit sichs hinfurt nit mehe zcutrage. zutrit, der zcutrit /12/, ‚Erlaubnis, etw. zu erhalten‘ DIAL.1, fol. 74r: und wer die begnadigung gots erlanget, der wirdet gerechtfertiget, dar trit aus der kindschafft der zcorn in die kindschafft gots und bekommet alsbald einen gewissen zcutrit zcu der erbschafft des ewigen lebens. zuversicht, die zcuuorsicht /19/, ‚starkes Vertrauen‘ BRIEF I: dan ich suche schleunigere wege, in zcuuorsicht die sollen angehen, wen der keiser ins reich kummet, wie man sich dan vorsihet. PRED, pag. 85: das due dich von deinen sunden abwaschest, die got erzcornen und dich mit trostlichen glawben und zcuuorsicht zcu christo kerest und aus seinen wunden sawgest.
B4 Alphabetisches Glossar
zwei, Zahlwort zcwei /18/, zcwene /20/ BRIEF C: und nachdem zwene punct in gemelter schrifft sein, darauff zcu antworten villeicht vonnoten sein wil. BRIEF F: ich bit, wollet mir der instrument und decret electionis zcwei fertigen lassen. BRIEF T: Das Concilium gehet vor sich. man hett algereit zcwene sessiones darinnen gehalten. zweifächtig, Adj. zweifechtig /1/, ‚in zweifacher Ausführung‘ BRIEF F: das decretum electionis anderweit volzcihen lassen, dan ich solchs zweifechtig haben zcu vielen notwendigen sachen. zweifel, der zcweiffel /42/, ‚Bedenken, Ungewissheit‘ DIAL.1, fol. 130vf.: das die tawffe ein heilsam sacrament szei, gestehest due one zcweiffel, dermassen das der, welcher eusserlicher weisze in der tawffe gewaschen wirdet, vorborgener inwendig auch gewaschen. zweifeln, V. sw. zcweiffeln /15/, ‚in Bezug auf etw. unsicher sein‘ DIAL.1, fol. 144rf.: und wan die wort, das ist mein leib, das ist der kelch des newen testaments, gesprochen werden, sollen wir diesen teweren worten die eher der warheit wie billich geben und gar nit zcweiffeln, das das ihenige, welchs vorhin brot und wein war, numals der naturliche leib und blut christi werde.
Z
zweig, der zcweig /8/, ‚Teilstück eines Astes‘ DIAL.1, fol. 232r: daher schreibet der heilige Basilius, das wie ein gertner, der sich understehet ein krommen zcweig zcubigen, das er grade wurde, da er den zcu geschwinde bige, solchen zcweig auff der andern seite so krom machte. PRED, pag. 102: der alte feigenbawm der iuden schafft, weil er unglewbig und unfruchtbar bfunden, wirdet auffgehawen und darein die newen zcweige der glewbigen heiden eingepfropfft, welche fruchte tragen zcum ewigen leben.
353 zweiung, die zcweiung /2/‚Spaltung‘ DIAL.1, fol. 2r: es ist keine schedliche zcweiung zcwischen uns. zwischen, Präp. mit Dat. zcwischen /29/ DIAL.1, fol. 77r: und werden also die lewte frum, heilig und gerecht, dergestalt das numer ein solcher ernewerter mensche sich der todsunde, welche feindschafft zcwischen gotte und uns machen.
C Edition
C1 Einleitung
(...) ich bin der meinung auch und finde aus deinem bericht, das die unszern aus auffgeblasenem gemute viel zcu weit gehen und die kirche, welche szie reformiren solten, gancz und gar deformiren, ia, auch das szie die alte ware kirchen gerne umbstossen und eine neben capella an ire stad bawen wollen, welchs doch in irem vormogen nit stehet. darumb wil ich hinforder, so fern mir got gnade vorleihet, zcu der alten und catholischen kirche halten. (StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 234r)
... so endet der Dialog aus dem Nachlass des Naumburger Bischofs Julius Pflug. Liegt hier das verheerende Schlusswort eines Protestanten vor? Eines Neugläubigen, der nach einem viertägigen Gespräch mit einem Katholiken, Ditterich, und einem anderen Protestanten, Niklas, bei diesem Rückzug endet. Rückzug oder Einsicht? Nach vier Büchern – ein Buch entspricht einem Gesprächstag – beschuldigt Veit die eigene Partei, die Kirche mit ihren Versuchen einer Reformation letzten Endes deformiert zu haben und er zieht eine für das damalige protestantische Lager wohl schwer nachvollziehbare Konsequenz: Er wendet sich wieder der alten, katholischen Kirche zu. Die Konstellation allerdings ist nicht so einfach, nicht schwarz-weiß, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Deshalb werden an dieser Stelle einführend einige Informationen zum historischen Umfeld, auf das im Text angespielt wird, zu den Figuren, der konfessionellen Ausrichtung des Dialogs und zu einer möglichen Datierung gegeben (s. auch Kap. C2.2.1). Im Dialog wird eindeutig aus der katholischen Perspektive erzählt. Ditterich führt das Gespräch, ist überlegen, argumentiert rhetorisch gefestigt und lässt die Protestanten zuletzt fast verstummen. Pflug wählt bewusst die Struktur einer Textsorte, nämlich des Reformationsdialogs, die ursprünglich von den Neugläubigen für ihre oftmals als Propaganda zu bezeichnende Literatur etabliert wurde, und verkehrt die Perspektive. Ditterichs Zugehörigkeit zum katholischen Lager ist nicht zu bezweifeln. Die evangelische Seite ist gespalten: Veit gehört zu den Jenensern und Niklas zu den Wittenbergern. Von den dogmatischen Differenzen zwischen diesen beiden Lagern ist vor allem das erste Buch des Dialogs geprägt. Des Weiteren wird dieser historische Rahmen eine Datierung des Texts erlauben, die ihn als ein in Pflugs letzten Jahren verfasstes Zeugnis seines nie erloschenen Bestrebens und Wunschs nach einer Wiederherstellung der Einigkeit in der Kirche charakterisiert.
358
C1 Einleitung
Johann Friedrich der Großmütige verlor in der Schlacht von Mühlberg 1547 die Kurwürde und das Wittenberger Land mit seiner Universität. Somit hatten die Ernestiner mit dem Ende des Schmalkaldischen Kriegs das Kurland Sachsen an die Albertiner verloren. Eine Folge dieser Ereignisse war die Gründung der Hohen Schule in Jena (1558 zur Universität ernannt) als Ersatz für die verlorene Wittenberger Universität. 1547 wurde von den Ernestinern zunächst die Gründung einer Universität besprochen. Die Entscheidung fiel dann für Jena. Melanchthon befürchtete die Vereinnahmung der Wittenberger Universität durch die in Jena und Leipzig und versuchte, „die Wittenberger Gelehrten zusammenzuhalten und die Universitäts- und Bildungstradition fortzusetzen“ (Bauer 2005, 281). Er kämpfte um Wittenberg als Ausgangsort der Reformation.287 Den Ernestinern ging es nicht nur darum, die Staatskrise durch die Gründung einer Universität abzuwenden, sondern auch um die Aufrechterhaltung des wahren Luthertums (ebd., 281). Dem nun albertinischen, philippistischen Wittenberg stand das ernestinische gnesiolutherische Jena gegenüber, das sich als den wahren Verfechter der Reformation sah. Nach Jena kam schließlich auch Matthias Flacius, einst Melanchthons Schüler, später einer seiner größten Widersacher (Dingel 2005, 292). Zum Augsburger Interim 1548 trat die „lehrmäßige Pluralität des Protestantismus“ (ebd., 295) offen zutage. Die Situation eskalierte 1557 zum Wormser Religionsgespräch, als die innerprotestantischen Differenzen, die auf einen Streit zwischen Melanchthonianern und Flacianern zurückgehen, nicht mehr zu verbergen waren und das Gespräch zum Scheitern verurteilten (Bundschuh 1988).288 Bei diesem Wormser Religionsgespräch hatte kein anderer als Julius Pflug den Vorsitz inne. Er musste diplomatisch agieren und vermitteln, als in der sechsten Sitzung des Gesprächs das Zerwürfnis bloßgelegt wurde. Der Abendmahlsstreit war gerade im Jahr 1557 besonders aktuell, was die Eskalation der Lage in Bremen zeigt (ebd., 457). Die herzoglich-sächsischen Abgeordneten wollten sich der Herausforderung der Altgläubigen, die im protestantischen Lager strittigen Punkte zu diskutieren, stellen, während Melanchthon den Katholiken das Schauspiel der öffentlich vorgeführten protestantischen Diskussion nicht gönnte. Die Jenenser waren 287
Die Konfrontation war politisch motiviert: „Jena bot gerade jenen lutherischen Gelehrten und Geistlichen zumindest vorübergehend eine Heimat, die sich nicht in Wittenberg oder bei den Albertinern ansiedeln wollten oder konnten.“ (Bauer 2005, 287) 288 Streitpunkte waren u.a.: Eucharistie (Laienkelch, Realpräsenz), Priesterehe, Zahl und Wirkungsweise der Sakramente, Rechtfertigung und die damit verbundene Werkgerechtigkeit (Vgl. Bundschuh 1988, 455). Im Vorfeld des Wormser Religionsgespräches und in Verbindung mit diesem gab es drei wichtige Auseinandersetzungen: den adiaphoristischen Streit, den majoristischen Streit und den osiandrischen Streit um die Rechtfertigung. Im Folgenden wird auf eine detaillierte und chronologisch vollständige Schilderung der lehrmäßigen Differenzen im protestantischen Lager verzichtet und die Einführung auf Eckdaten beschränkt, da einerseits der Text Pflugs selbst diese beinhaltet und andererseits hier nur die Rahmenbedingungen zum besseren Textverständnis erläutert werden. Es wird unabdingbar sein, dass sich die theologische Forschung mit diesem Text beschäftigt.
C1 Einleitung
359
gewillt, der Aufforderung der Katholiken Folge zu leisten und sich zu den Anschuldigungen zu äußern. Als sie jedoch im Rahmen dieser Auseinandersetzung auf keinen Kompromissvorschlag eingehen wollten, wurde ihnen, einer aus Weimar stammenden Theologenkommission unter flacianischem Einfluss, mit Ausschluss vom Gespräch gedroht. Daraufhin erkundigten sie sich beim Vorsitzenden, ob die Assessoren sie überhaupt ausschließen dürften. Und an dieser Stelle musste Julius Pflug vermitteln. Zwar wusste er, dass die Flacianer ihre Kompetenzen überschritten hatten, indem sie gegen die Melanchthonianer vorgingen. Er konnte sie aber allein aus diesem Grund heraus nicht vom Gespräch ausschließen, denn bei Zwischenfällen hatte er die Kurfürsten oder deren Stellvertreter zu unterrichten (Vgl. Bundschuh 2005, 462ff). Dadurch war die Auseinandersetzung zwischen den Theologen in die Reihen der Assessoren verlagert. Pflugs Handeln sah wie folgt aus: Er „entschloß sich (...) zu einem folgenschweren Schritt: Er suchte noch am gleichen Tag von sich aus durch Einschaltung eines kursächsischen Delegierten entweder den freiwilligen Abzug der Weimarer oder deren Rückberufung durch ihren Landesherren zu erreichen.“ (ebd., 469). In seinen eigenen Reihen erntete Pflug für sein diplomatisches „Leisetreten“, indem er sich auf einen neutralen Standpunkt zurückzog, Kritik (ebd., 471). Die Gnesiolutheraner verließen letztlich das Wormser Gespräch und brachten es damit zum Scheitern. Diese schwierige diplomatische Tätigkeit scheint ein Anlass zur Niederschrift des Dialogs gewesen zu sein. Schon auf der ersten Seite ist die Zuordnung der Figuren klar: Der Streit zwischen Jenensern und Wittenbergern wird durch die unterschiedliche Positionierung Veits und Niklas’ vorgeführt. Zwei zerstrittene Protestanten müssen sich dem Gespräch mit einem Katholiken stellen – ähnlich wie es auf religionspolitischer Ebene die Fraktionen zum Wormser Religionsgespräch tun mussten. Der Dialog lässt sich aufgrund verschiedener Anspielungen auf Anfang der 1560er Jahre datieren. Da Pflug auf die umfassenden Differenzen zwischen Jenensern und Wittenbergern eingeht und explizit das „jüngste Kolloquium in Worms“ nennt, ist eine Datierung auf mindestens nach 1557 möglich.289 Des Weiteren erwähnt Ditterich an späterer Stelle gegenüber Niklas, dem Wittenberger, auch Bremen sei von ihnen abgefallen,290 was für eine Datierung des Texts auf Anfang der 1560er Jahre spricht. 1561 kam mit Simon Musaeus ein Gnesiolutheraner nach Bremen, der nach Zunahme des Philippismus dort 1562 verurteilt wurde und nach Schwerin ging. Philipp Melanchthon starb 1560. Pflug erwähnt, Melanchthon habe die Zwiespalte zwischen Jenensern und Wittenbergern öffentlich kurz vor seinem Tod bekannt:291 ein weiteres Zeichen für eine Datierung auf mindestens 1560. Auf dem Tridentinum gab es im Herbst 1562 Diskussionen zum Weihesakrament. Im Dialog ist der Bezug auf die Weihe und den damit ver-
289
Vgl. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, insbes. fol. 2v–4r. Vgl. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 47r. 291 Vgl. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 5r. 290
360
C1 Einleitung
bundenen Unterschied zwischen Priestern und Bischöfen eventuell vor diesem Hintergrund zu deuten.292 Julius Pflug starb 1564. Mit diesem Dialog dürfte einer seiner letzten deutschsprachigen Texte dieses Umfangs vorliegen. Auch am Ende seines Lebens noch hält Pflug am Glauben an die Einigkeit der Kirche fest. Das Tridentinum hat keine Annäherung gebracht und vernichtete diese Hoffnung. Und dennoch überschreibt er das vierte Buch des Dialogs mit „von der einikeit der kirche“ und lässt schließlich Veit zur alten Kirche zurückkehren. Einerseits ist diese Einigkeit für Julius Pflug durch Kompromisse und Zugeständnisse, z.B. bei der Eucharistie oder der Priesterehe, geprägt. Andererseits hält er aber auch die Rückkehr zum katholischen Glauben für die Lösung der Probleme. Das äußert sich in einer einseitigen Erzählhaltung des Dialogs, die durch Ditterich und seine Überlegenheit, stellvertretend für die Gesamtheit der Altgläubigen, erzeugt wird. Bezüglich der kodikologischen Informationen und Angaben zum Inhalt, der Figurencharakterisierung und in P1 und P2 unterschiedlichen Namengebung bzw. der sprachlichen Besonderheiten des Dialogs wird auf Kap. A2.1 und Kap. C2.2.2 verwiesen.
292
Vgl. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50, fol. 170av.
C2 Dialoge in der Reformationszeit
C2.1 Allgemeines zu Reformationsdialogen Reformationsdialoge kommen in den 1520er Jahren zu ihrer Blüte und gewinnen im Zuge des Anwachsens von Agitations- und Propagandaliteratur in der Reformationszeit reichlich Zuspruch.293 Flugblätter, Flugschriften und Reformationsdialoge waren beliebte Genres für die Verbreitung reformatorischen Gedankengutes. Es wird hier kein Überblick über die Forschung zur Propagandaliteratur der Reformation versucht, doch werden Charakteristika der Textsorte Reformationsdialog herausgearbeitet. Mit diesen kann Julius Pflugs Text in Form eines Dialogs verglichen werden. Das wohl bekannteste Exemplar des Reformationsdialogs ist der Karsthans, der den „Übergang vom humanistischen zum reformatorischen Dialog“ (Beyer 1994, 45) kennzeichnet. Letzterer suche die Nähe zum wirklichen Gesprächspartner. Für die typischen Figuren der fast immer aus protestantischer Perspektive geschriebenen, den lutherischen Kreisen entstammenden Reformationsdialoge gilt: „Wenn eine ‚Karsthans‘-Figur oder ein ‚gemeiner Mann‘ als laicus in den Reformationsdialogen erscheint, dann gebärden sie sich weder als Tölpel noch als Heroen (der Platz des Heros ist für Luther und Christus reserviert), sondern stehen als durch Bändigung weitestgehend ‚linientreu‘ gewordene, durchaus der Schrift kundige Mitglieder der christlichen Gemeinde da.“ (Kampe 1997, 162)
Die Figuren entstammen zum Teil dem gemeinen Volk und scheuen derbe Ausdrücke und Beschimpfungen nicht. Trotzdem sind sie oftmals schriftkundig. Es wird „philosophiert, argumentiert, zitiert und bewiesen“ (Lenk 1968, 30). Bibelzitate werden häufig ins Feld geführt, um den Standpunkt zu untermauern. Nach Bentzinger (1992, 14) können folgende Personen zu den Handelnden zählen: „(...) ein Bauer (auch Schultheiß), ein Bauernknecht, ein Schneider, ein Weber, ein Schuhmacher, ein Löffelmacher, ein Holzfäller (...)“. Oft findet ein heftiger Schlagabtausch statt. Auf Rede folgt Gegenrede. Reformationsdialoge wurden vermutlich vorgelesen, waren aber nicht zur Aufführung 293
Vgl. u.a. zu Charakter und Verbreitung der Flugblätter: Beyer (1994), zur Propaganda während der Reformation: Heintzel (1998), Schwitalla (1999) und zu Refomationsdialogen: Lenk (1968), Kampe (1997).
362
C2 Dialoge in der Reformationszeit
bestimmt, auch wenn sie dramatische Elemente besitzen, so z.B. „Die Verknüpfung des Dialogs mit darstellerischen Elementen – Szenerie verschiedener Situationen, Handlung, Personendarstellung, Ausmalung der Details (...)“ (Lenk 1968, 17). Es gehe nicht nur um das Unterrichten, sondern um Überzeugen und Überzeugt werden (ebd., 32). Der Dialog stellt kein authentisches Gespräch dar und ersetzt dieses auch nicht. Er hat die Funktion „der exemplarischen Abbildung, Zeugnischarakter, er leitet an und erweist sich darin als gelehrtes pädagogisches Konstrukt.“ (Kampe 1997, 119) Sprachliche Charakteristika der Reformationsdialoge sind derbe Wortwahl, in kürzeren Redeteilen „minimale Satzlänge“ (Bentzinger 1992, 165) aufgrund der Nähe zur gesprochenen Sprache, Interjektionen, Ausrufe und Fragen. Volkstümlicher Stil ist mit gelehrten Elementen vermischt.294 Guchman (1974, 163) spricht von der Kombination verschiedener Stile in der politischen Literatur und charakterisiert die Elemente der gesprochenen Sprache in den Dialogen als Stilmittel.
C2.2 Ein Dialog im Nachlass Julius Pflugs C2.2.1 Inhaltliches, Struktur, Figuren Sowohl das erste Buch des Dialogs als auch der gesamte Text ist überschrieben mit dem Titel Niklas, Veit und Ditterich, der die drei handelnden Personen benennt. Niklas und Veit sind Protestanten, wobei Niklas der stärkere unter ihnen zu sein scheint. Veit unterstützt ihn oft nur und wiederholt seine Aussagen. Dennoch unterscheiden sich Niklas und Veit innerkonfessionell: Sie gehören innerhalb des protestantischen Lagers verschiedenen Strömungen an. Veit ist den Jenensern, den Gnesiolutheranern, zuzuordnen, Niklas ist Wittenberger, Philippist. Ditterich ist ein Altgläubiger. Außer der konfessionellen Zugehörigkeit werden keine expliziten Angaben zum gesellschaftlichen Stand, zum Bildungshintergrund oder zur Herkunft der Figuren gemacht. Ditterich wird durch seine Rede als ein die rhetorischen Mittel sowie strategische Gesprächsführung und Argumentation beherrschender Gelehrter dargestellt. Veit und Niklas müssen theologisches Wissen besitzen, um Ditterich folgen zu können, zeigen aber keine Fähigkeiten zur logischen, überzeugenden Disputation. Ob Julius Pflug den Figuren zufällige Namen gegeben hat, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Möglich wäre, dass er mit den Namen Veit und Ditterich auf den Nürnberger Reformator Veit Dietrich anspielt. Interessant daran wäre, dass die historische Person eines Protestanten diesen fiktiven Gesprächspartnern seinen Namen leiht und 294
Vgl. Bentzinger (1992) im Forschungsüberblick zu Refomationsdialogen unter Bezug auf Needon (1922): Volkstümliche Elemente überwiegen, doch gelehrte Elemente sind in Fremdwörtern, klassischen Zitaten und Anspielungen zu erkennen.
C2.2 Ein Dialog im Nachlass Julius Pflugs
363
nicht nur für einen Protestanten benutzt, sondern sowohl einem Katholiken als auch einem Protestanten zugedacht wird. Mit Niklas wäre ein Bezug auf Pflugs lutherischen Konkurrenten im Amt des Naumburger Bischofs, Nikolaus Amsdorf, oder den evangelischen Stadtprediger Naumburgs, Nikolaus Medler, denkbar, aber auch eine Anspielung auf seinen Großvater Nikel Pflug. Interpretationen dieser Art können allerdings nur Vermutungen bleiben, zumal Pflug in der jüngeren Fassung des zweiten Buchs drei Figuren mit zum Teil abweichenden Namen – Eusebius, Timotheus und Ditterich – wählt. Ditterich wird dort eine andere Konfession zugewiesen: Er ist nicht mehr altgläubig, sondern protestantisch. Diese Tatsache spräche eher für eine willkürliche Namensgebung. Ein gestrichener Vermerk von Pflugs Hand auf fol. 9v deutet ebenfalls darauf hin, dass Pflug alle Namen schon zu Beginn der Niederschrift von DIAL. 1 kannte, denn dort nennt er Nicolaus und Eusebius. Folglich waren ihm die Namen schon während der Niederschrift von DIAL. 1 bekannt und er wählte zwischen diesen Namen – willkürlich oder mit Absicht. Das Gespräch wird in medias res ohne Einleitung eröffnet, indem nur die beiden Protestanten miteinander sprechen. Dadurch entsteht eine Szenerie, die auf ein Treffen im Freien deutet, denn sie sehen von weitem den Katholiken Ditterich, den sie einen großen papisten nennen,295 ihnen entgegen kommen. Nach einer Begrüßung des Katholiken, den Niklas mit papist anspricht, eröffnet Niklas sogleich die Diskussion mit der Frage nach einer möglichen Bekehrung Ditterichs. Dieser wehrt die Frage mit der Gegenfrage ab, wie er sich denn bekehren solle, und gibt somit das Wort zurück. Nun erfolgt ein reger Austausch über die religionspolitischen Ereignisse, die konfessionellen Bekenntnisse, die Zersplitterung der religiösen Lager, besonders unter den Protestanten. Durch diesen Auftakt wird der Redestreit zunächst als ein Disput zwischen Altgläubigen und Reformatoren dargestellt, aber auch auf die Streitigkeiten bei den Protestanten angespielt und diese als Argument gegen sie vorgebracht. Die Überlegenheit des Katholiken wird durch seine ruhigen, die anderen entlarvenden Antworten und zahlreiche Fragen deutlich.296 Die Protestanten versuchen schließlich nur noch, den Katholiken zu beschwichtigen oder mit verschleiernden Aussagen abzulenken. Deutlich zeigt ein Gespräch zwischen Veit und Niklas die Unterlegenheit der beiden.297 Sie beratschlagen sich, wie sie dem Katholiken entkommen könnten, entscheiden sich für die Ausrede, einen Freund, der nachträglich durch Streichung und Korrektur Pflugs zum Kranken gemacht wird, besuchen zu müssen. Ditterich enthüllt das wirkliche Anliegen der beiden sofort: die Flucht vor ihm. An die Einführung der Konfliktparteien sowie der konfessionspolitischen Dispute schließt sich die Diskussion über die Rechtfertigung an. Die 295
Vgl. DIAL. 1, fol. 1r. Ir woltet Eure spaltung und mishellikeit gerne decken, welche doch dermassen am tage leid, das sie sich nit wil decken lassen; (Dial. 1, fol. 2v) Nun saget mir, wan ich ewere religion annemen wolte, wuehin ich mich doch halten solte: zcu euch Wittenbergern ader euch Ihenischen? (Dial. 1, fol. 3v). 297 DIAL. 1, fol. 5r. 296
364
C2 Dialoge in der Reformationszeit
inhaltlichen Positionen sind im Dialog nachzuvollziehen298 und werden hier nicht gesondert erläutert. Schon im ersten Buch des Dialogs wird mit Blick auf die Struktur eine Überlegenheit des Katholiken deutlich: Zunächst wechseln sich die Protestanten in Form von Rede und Gegenrede mit ihm ab, aber immer länger und häufiger werden die monologartigen, dozierenden Passagen Ditterichs, die den Dialog als Lehrgespräch erscheinen lassen und gleichzeitig die inhaltliche und rhetorische Dominanz dem Altgläubigen zuweisen. Kommen die Protestanten dennoch zu Wort, dann oft mit Einwürfen, die wohl die doppelte Funktion besitzen, das Gespräch zu strukturieren und die Dialogform zu legitimieren sowie die reformatorischen Gesprächspartner als unterlegene Personen, stellvertretend für ihre Konfession, zu zeichnen. Die Gesprächsanteile hochgerechnet auf den gesamten Dialog ergeben ein Verhältnis von rund 1:8 (Protestanten : Katholik). Ditterichs Anteile erstrecken sich oft über mehrere Seiten, ohne dass er unterbrochen wird. Veit spricht im Laufe des Dialogs immer seltener. Diese prozentuale Unterlegenheit der Redeanteile, gepaart mit rhetorischer Schwäche, sichtbar an der häufigen Beschränkung Niklas’ auf Kommentare, die Ditterich bestätigen, und rhetorische Fragen oder durch einen direkten Rückzug, lässt ein negatives Licht auf die protestantische Partei fallen. Der Komposition des Dialogs entsprechend, geht mit einer deutlichen Erhöhung der Redeanteile Ditterichs und mit seiner steigenden Überlegenheit die Hinführung auf das ihm wichtigste theologische Anliegen einher: die Einigkeit der Kirche. Nachdem die Streitigkeiten zwischen den religiösen Parteien im ersten Buch durch aktuelle politische Ereignisse angedeutet werden, lässt Pflug die Figuren im zweiten und dritten Buch ins Detail gehen, indem sie ihre (verschiedenen) Ansichten zur christlichen Lehre und den Sakramenten „diskutieren“ und behandelt im vierten Buch, wie ein Christ mit seinen mitglidern der kirche gute einikeit halte und die nit ergere.299 (s. Kap. A2.1.1) Die vier Bücher sind in sich abgeschlossene Gespräche zwischen den drei Personen. Zu Beginn und zum Abschluss jedes Buchs bzw. Gesprächs vereinbaren die Figuren das nächste Treffen, verabschieden und begrüßen sich. In diesen Passagen zusammen mit einigen wenigen Einwürfen der Protestanten mitten in den Gesprächen findet Konversation statt und überwiegt ein konzeptionell mündlicher Charakter, der im weiteren Text nur selten auszumachen ist, da belehrende und dokumentierende Funktion, einem Traktat ähnlich, hauptsächlich in Ditterichs Rede dominiert. Die jeweiligen Begrüßungen und Verabschiedungen setzt Julius Pflug strategisch ein: Einerseits wird durch sie der halbmündliche Charakter verstärkt, andererseits ist an ihnen ein Wandel der Einstellung der Figuren zu erkennen. Das erste Buch beginnt mit abschätzigen Bemerkungen der Protestanten gegenüber Ditterich (s.o.) und endet mit dem „Murmeln“300 Veits und Niklas’, in dem sie Ditterich die Fähigkeit, einen Christen zu unterrichten, absprechen, da er nicht ihrer eigenen Konfession angehört. Ditterich hingegen gibt zwar zu, er sei 298
Siehe Kap. C4. DIAL. 1, fol. 188v. 300 DIAL. 1, fol. 56r: was murmelt ir undereinander? 299
C2.2 Ein Dialog im Nachlass Julius Pflugs
365
kein Gelehrter, aber dennoch in der Lage, durch die Benutzung seines Verstands über Mittel und Wege nachzudenken, womit er unmissverständlich zugleich Bescheidenheit und Selbstvertrauen zeigt. Die Gesprächspartner wollen sich am nächsten Tag wieder um sechs Uhr morgens treffen. Da begrüßen sie sich – das zweite Buch beginnt – und erneut zeigt sich Ditterich bescheiden, wenn er sagt, er höre gern einen anderen statt sich selbst reden und unterrichten. Die negative Haltung der Protestanten hat sich gewandelt: Veit macht Niklas darauf aufmerksam und wundert sich über dessen zuvorkommende Einstellung, denn am Vortag hätte Niklas Ditterich kaum begrüßt.301 Niklas gesteht, er könne das von Ditterich Gesagte schlecht zurückweisen. Doch Veit mahnt ihn zur Vorsicht vor voreiligen Schlüssen. Wieder ist es der Katholik, der diese Unterredung der beiden beendet, indem er sie bloßstellt und ihnen vorwirft, sie hätten vielleicht Besseres zu tun, als ihm zuzuhören. Unspektakulär geht das zweite Buch mit der Müdigkeit Ditterichs zu Ende und wird mit der Absprache des neuen Treffpunkts – zur gleichen Zeit am nächsten Tag – beschlossen. Am Anfang des dritten Buchs beginnt Ditterich die Ausführungen ohne Umschweife. Als sich das dritte Buch dem Ende neigt, müssen Niklas und Veit gestehen, dass sich Ditterichs Ansichten von ihren eigenen unterscheiden, dass er sie aber so gut angeführt und begründet hat, dass sie nichts dagegen vorbringen können. Ditterich verschiebt das Gespräch erneut wegen Ermüdung auf den kommenden Tag und wird von den Protestanten nachdrücklich gebeten, auch wirklich zu erscheinen. So stehen sie dann auch schon bereit – das vierte Buch beginnt – und können Ditterich kaum erwarten. Der Dialog endet mit einer Zustimmung Niklas’, der die Argumentation des Katholiken anerkennt. Die positive Einstellung ist noch gesteigert bei Veit, der seine eigene Partei beschuldigt mit auffgeblasenem gemute viel zu weit zu gehen und die Kirche zu deformieren.302 Aus diesem Grund wendet er sich wieder der alten, katholischen Konfession zu. Auf eine stille, diplomatische Art und Weise hat Pflug die Protestanten nahezu verstummen und obendrein dem Katholiken Ditterich zustimmen lassen.303 Leise ziehen sie sich von Buch zu Buch immer mehr zurück, bis sie schließlich von offener Abneigung über Skepsis hin zu offener Anerkennung des Altgläubigen gelangen. Die Beziehung der Parteien hat sich somit von einer zunächst suggerierten Gleichberechtigung zu einem Lehrer-Schüler-Verhältnis entwickelt: Ditterich in der Rolle des schlagfertigen, gelehrten, altgläubigen Theologen und Niklas und Veit als die einfachen anfangs noch widersprechenden, doch später völlig gesichtslos und zustimmenden, dem Katholiken unterlegenen Protestanten. Etwas anders ist die Konstellation im Anderen Buch: einer offenbar jüngeren Bearbeitung des Manuskripts.304 Darin ist Eusebius der führende Redner und gehört der altgläubigen Seite an, 301
DIAL. 1, fol. 64v. DIAL. 1, fol. 234r. 303 Vgl. Kampe (1997, 164ff.) zur Verstummungsstruktur: „Voraussetzung für ihre Durchführung ist eine Personenkonstellation, die einen pro-reformatorischen Vertreter mit einem altgläubigen Vertreter im Gespräch zusammenbringt.“ 304 Siehe Edition. 302
366
C2 Dialoge in der Reformationszeit
Timotheus und Ditterich sind als Protestanten zwar auch in der unterlegenen Position, doch Ditterich diskutiert hartnäckiger mit dem Katholiken, stellt immer wieder Gegenfragen. Ein wichtiges Anliegen Pflugs – die Verständigung zwischen den religiösen Konfliktparteien – steht im Anderen Buch ausdrücklich in der Aussage vor Augen: nachdem dis ewre laer ist, wuste ich nit, wurumb wir mit euch derhalb zcancken solten, aber wan ich unsere gelarten und predicanten hore und denen folge, so kan ich in solcher materia mit euch nit eins sein und weis schir nit, wueher sich solchs vorursache (Dial. 2., pag. 131). Dieser Schluss wird in dieser Art in Dial. 1 nicht gezogen, auch wenn die erstrebenswerte Einigkeit der Kirche immer wieder eine Rolle in der Erörterung verschiedener theologischer Sachverhalte spielt. Die Protestanten ordnen sich dort zum Schluss nahezu widerstandslos unter. Der Dialog Julius Pflugs ist in vielerlei Hinsicht ein besonderes Exemplar. Zunächst ist zu betonen, dass er aus katholischer Sicht geschrieben ist, die übliche Perspektive also gedreht wurde. Nicht Propaganda der Protestanten liegt vor, sondern Überzeugungsarbeit der Altgläubigen. Daran lässt Pflug von Anfang an keinen Zweifel, wenn er die lutherisch Gesinnten schon zu Beginn des Texts nach Ausflüchten suchen lässt. Diese Gestaltung und vor allem die Wandlung der Charaktere ist ein Teil der besonderen Art der Adaption der Textsorte (Reformations)dialog. Das Auftreten dreier Figuren legitimiert den Text als Dialog / Gespräch. Durch die Verkehrung der Perspektive und den immer wieder sich über Seiten erstreckenden dozierenden Charakter Ditterichs ist die Bezeichnung Reformationsdialog nicht gerechtfertigt. Es handelt sich eher um ein Lehrer-Schüler-Gespräch. Die Gesprächspartner sind ungleich. Hinzu kommt, dass die anfänglichen Gegner in Eintracht auseinander gehen, die Belehrung also erfolgreich war, Veit sich sogar wieder zur alten, katholischen Kirche bekennt. So stark Pflugs Wunsch nach der Einheit der Kirche und sein Streben nach Kompromissen war, so deutlich macht die Wahl dieser einseitigen Struktur sein unerschütterliches Festhalten an der altgläubigen, für ihn einzig wahren Konfession. Die Versöhnung zwischen den konfessionellen Gruppen ist für ihn eben nicht nur durch den Dialog und die Bereitschaft zu Kompromissen erreichbar, sondern durch eine Rückkehr zur altgläubigen Kirche. Den Text legt er so an, dass die Protestanten keine Möglichkeit bekommen, sich angemessen zu verteidigen oder gar zu überzeugen. Für eine Persönlichkeit wie Pflug mag diese „platte“ Struktur enttäuschen, doch sie ist wohl beeinflusst von der schwierigen Situation, in der sich Pflug als Vorsitzender des Wormser Religionsgesprächs 1557 befand (s. Kap. C1). Szenische Darstellungen fehlen fast völlig und beschränken sich auf die Angabe der Tages- oder Uhrzeit des Treffpunkts. Der vorliegende Dialog ist ein Beispiel für die späteren305, ab den 1530/40er Jahren verfassten Texte dieser Art: „Der Dialog lebte weiter, aber er wurde theologisch beengt, er verlor seinen Helden, den gemeinen Mann, verlor den demokratischen Geist und damit die Fähigkeit, den
305
Der Dialog ist auf den Anfang der 1560er Jahre zu datieren. Zur Datierung des Dialogs: s. Kap. C1.
C2.2 Ein Dialog im Nachlass Julius Pflugs
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Widerspruch des gesellschaftlichen Lebens als Motor menschlichen Fortschritts aufzunehmen, zu gestalten, mit zu lösen.“ (Lenk 1968, 43) Zusammenfassend und ergänzend werden Aspekte aus Kampes (1997, 297ff.) Kategoriensystem306 auf Julius Pflugs Text angewendet. Die theologisch-weltanschauliche Position des Texts ist ohne Zweifel eine römisch-kirchliche. Für eine mögliche Klassifikation der Textsorte richtet sich Kampe nach Schwitallas (1983) Einteilung, der zufolge der Charakter der einzelnen Teile des Texts sich verschiedenen Funktionen zuordnen ließe.307 So ergeben sich für Passagen des hier vorliegenden pflugschen Dialogs folgende mögliche, nach der Funktion näher benannte Textsorten als Subkategorien: argumentative Lehre, argumentative Verteidigung, argumentative Auseinandersetzung und Traktat, wobei die Argumentation verschiedenen Charakters meist auf katholischer Seite, kaum auf protestantischer liegt. Die Hauptintention Pflugs ist nicht in der argumentativen Auseinandersetzung der Gesprächspartner zu suchen, sondern zeigt sich erstens in der Behandlung seiner Lehre, die eo ipso die wahren Anschauungen enthält und dadurch überzeugt, und zweitens in der negativen Darstellung der Protestanten durch die ihnen zugeschriebene Schwäche im Argumentieren. Bezüglich der personalen Klassifikation agieren bei Pflug als Gesprächsteilnehmer eindeutig nur Menschen, und zwar drei, keine göttlichen oder übernatürlichen Wesen. Für das vierte Kriterium (Gesprächsführung und Argumentationsstrukturen) lässt sich keine eindeutige Aussage dahingehend treffen, ob ein Gegner- oder Freundesgespräch vorliegt. Die Gesprächspartner sind sich zu Beginn nicht wohlgesonnen, aber genauso wenig als Feinde zu beschreiben. Zu Freunden sind sie auch am Schluss des Dialogs nicht geworden, doch akzeptieren und bestätigen die beiden Protestanten den Altgläubigen. Mit der Verkehrung der ursprünglich lutherischen Perspektive dieser Textsorte und der Änderung der Einstellungen auf protestantischer Seite ändert sich auch das Verhältnis zwischen den beiden beteiligten konfessionellen Konfliktparteien, wobei sich weder Ditterichs, des Katholiken, Argumentationsstruktur noch seine Haltung am Ende des Texts von der anfänglichen unterscheidet. Die lutherischen keczer308 schwanken und schließen sich der Argumentation des Katholiken an. Dieser hingegen erscheint im gesamten Gespräch mit gefestigtem Standpunkt und unerschütterlicher Überzeugung. Die formalen Gestaltungskriterien entsprechen dem „Voranschreiten von einem Artikel zum nächsten“ (Kampe 1997, 314). Die Artikel der christlichen Lehre, der Sakramente und von der Einigkeit der Kirche werden einzeln und nacheinander behandelt. 306
Kampe (1997, 297) sieht folgende Komplexe für eine mögliche Klassifikation: „I. Theologischweltanschauliche Positionen der Dialoge und deren Motive, II. Kategorisierung nach Textsorten (nach Schwitalla), III. Personal (Figuren) der Dialoge, IV. Gesprächsführung und Argumentationsstrukturen, V. Formale Gestaltungskriterien.“ 307 Schwitalla (1983) klassifiziert in: informativ begründende Bittschrift, argumentative Lehre, Traktat, argumentative Verteidigung, argumentative Auseinandersetzung, wertender Bericht mit Anklagefunktion, argumentative und anklagende Polemik, spottende Anklage. 308 Dial. 1, fol. 192r: damit man die ware christliche kirche von den frombden keczerischen und schismatischen hawffen deste besser underscheiden mochte.
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C2 Dialoge in der Reformationszeit
C2.2.2 Sprachliche Merkmale des Dialogs Exemplarisch wurde das erste Buch des Texts mit Blick auf stilistisch-rhetorische Merkmale und Strukturen untersucht, um den Charakter des Lehrgesprächs näher bestimmen zu können. Darin sind verschiedene Elemente enthalten, die in den jeweiligen Passagen die Nähe zur gesprochenen Sprache suggerieren sollen, wobei von einer Orientierung Pflugs an seinem Konzept von Mündlichkeit ausgegangen werden muss. Diese Abschnitte sind zahlenmäßig denen mit schriftsprachlicher Ausrichtung unterlegen. Folgende Merkmale primär gesprochener Sprache finden sich im Dialog: −
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Interjektionen, z.B. O lieber, schweig vom (fol. 7r); Ei lieber, due mengest die dinge wunderlich (fol. 8v); ey nein (fol. 10v); ei, von deme genug (fol. 25r); ei wan, lieber ditterich (fol. 38r) Anreden, z.B. Was sagest due darzcu, Veit (fol. 2v); Nein, lieber Nikl (fol. 23v); O lieber, schweig vom (fol. 7r) Aufforderungen, z.B. thue gemach, ditterich! (fol. 2r); sage, welche. las es nun horen (fol. 12r) Fragen – (Gegenfragen), z.B. wer kompt dort her gegangen? (fol. 1r); Ditterich: Wer gibet nun den ewren macht, das sie die tawffe, (...) unnotig machen wollen? Niklas: welche thun es? Ditterich: geben nicht eczliche der ewren vor, das die glewbigen eltern glewbige kinder geperen? (fol. 35rf.); du wirdest ja kein turcke noch iude werden ader dich den secten, die due neben uns vordammest, anhengig machen? Ditterich: was habe ich mit dem zcuthun? (fol. 51rf.) Ellipsen, 1. elliptische Fragen, z.B. So haben dozcumal Ewre trefflichsten theologen Capito und Bucerus solch buch helffen machen. Niklas: Wue? (fol. 7rf.); 2. elliptische Antworten, z.B. er ists eben. Veit: es sal ein grosser papist sein. freilich (fol. 1r) Ditterich: Wie sal ich mich bekeren? Niklas: Nemlich das due (fol. 1v); Niklas: Was meinest due vor ein handelung? Ditterich: die, welche auff (fol. 7r) kaum komplexe Sätze in den Redeanteilen Niklas’ und Veits Apokope: Stärker als in den anderen untersuchten Texten verwendet Pflug im Dialog apokopierte Verbformen (s. Kap. A3.5.3).
„Die einfachen Gebilde stehen meist bei der Begrüßung oder beim Disputbeginn.“ (Bentzinger 1996, 15) – so auch bei Julius Pflug. Am Anfang jedes Buchs, selten mitten in den Büchern sind die Stellen mit größtem sprechsprachlichen Charakter zu finden. Die Syntax des Belehrten ist oftmals einfacher als die des Belehrenden. Die einfachen Sätze Niklas’ und Veits bestätigen dies. Ditterich kleidet seine Aussagen oft in komplexe Sätze. Guchman (1974, 164) deutet die Elemente der gesprochenen Sprache „und des saloppen Wortschatzes“ als eigentliche Stilmittel und nicht „als Widerspiegelung lebendigen Sprachgebrauchs der breiten Massen“. So werden sie auch in Pflugs Dialog
C2.2 Ein Dialog im Nachlass Julius Pflugs
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verstanden, denn die schriftsprachlichen Elemente und rhetorischen Mittel dominieren eindeutig und sind außerdem in den weiteren Texten Pflugs ebenso nachzuweisen – ein Indiz für ihren schriftsprachlichen Charakter, was nicht ausschließt, dass sie auch in den von suggerierter Mündlichkeit bestimmten Teilen stehen. −
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Rhetorische Fragen, z.B. dan wie viel hat euch Osiander in prewssen abgezcogen? Wie viel schwenckfelt hin und wider? Wie viel eben der icztgenante Caluinus im oberlande? und hat sich nit schwaben an viel ortern und pfaltz auch wirtemberg newlich von euch abgewandt? (fol. 46vf.) Klimax (klimaxähnliche Steigerungen), z.B. Nun wirdet aber gleichwol der wucher durch den weg vormentelt (...) das sie one vorleczung irer gewissen mogen funffe von hundert nemen, die nemen mitt frolichem gemute auch vii, viii, ja wol zcehene. (fol. 22v) drei- bzw. mehrgliedrige Reihungen, z.B. sagen, predigen und schreiben (fol. 10v); dis blinde und bose und vorkerte wesen habe nach kein ende nit (fol. 27r); solchs lest sich leicht reden, aber schwerlich wirdest du es beweisen (fol. 16r); Reihungen mit antithetischem Charakter: wie man dan nach sihet, das die grosen ehebrecher, bucherer, schwelger, lugner, betruger, fridbrecher und tyrannen die besten christen und euangelischen (wie sie sich nennen) sein wollen. daher kommet es, das iczo wider zcucht nach eher, messikeit, tugent, traw, glaube, liebe und barmherczikeit und was guter tugenden mehe ist, fast bei inen erlischt (fol. 14rf) Ausruf (mit Genitiv), z.B. o der schendlichen vormessenheit( fol. 18v);309 des Weiteren auf fol. 29r Ironie, z.B. ia ein schon interesse (fol. 22v); das were ein wunder, das der heilige geist von der aposteln zceit bis daher geschlaffen (fol. 29vf.) Litotes, z.B. und ist nit ein geringe vorfelschung gotlicher warheit (fol. 33r) Bild / Metapher, z.B. die christliche kirche lest sich nicht also in eine mewseloch stecken (fol. 45v) Vergleich, z.B. nichts deste weniger ist sie die ware kirche und christenheit, und ist mit ir geschaffen gleich als mit deiner mutter nach dem fleische, die nun alt geworden, und ob die gleich runczlich und ungestalt geworden, so bleibet sie gleichwol deine Mutter (fol. 54r)
Dieses Stilmittel wendet Pflug auch in anderen Autografen an, z.B. o der grossen liebe. o der grossen milde und Barmherczikeit christi, unsers hern und selimachers. (PRED, pag. 11); o des schendlichen neid, o der schendlichen blintheit. (PRED, pag. 30); o des gotseligen glawbens und vortrawens in christum. (PRED, pag. 79).
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C2 Dialoge in der Reformationszeit
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pejorative Lexik, z.B. geilheit des fleischs (fol. 25r); konnen eure predicanten vil schweczen (fol. 30r); und mit grosser herlikeit, das ist mit fressen und sawffen, celebriren (fol. 41v); heidnischen ader iudischen hawffen, (...) keczerischen und schismatischen rotten (fol. 43v)310 komplexe Sätze: hauptsächlich in Ditterichs Redeanteilen
Als Elemente gelehrten Inhalts sind vertreten: − Bibelzitate, z.B. das sie nach vorordenung des heiligen pauli (fol. 20v); des Weiteren u.a. auf fol. 28r; fol. 39r; fol. 44v − Latein: u.a. auf fol. 22r − Verweis auf u.a. die Kirchenväter, z.B. fol. 42v, fol. 40v „Wortwahl (viele Latinismen), Phraseologie, komplizierte Syntax und Aufbau der Argumentation zeigen, daß diese Flugschrift von einem gebildeten Geistlichen verfaßt ist.“ (Guchman 1974, 167). Auch in Reformationsdialogen sind diese drei Elemente vorhanden, doch die Redeanteile sind dennoch von überschaubarer Länge und zeigen einen raschen Wechsel des Worts zwischen den Gesprächspartnern. In Pflugs Dialog füllen die lateinischen Zitate und Belege jedoch oftmals mehrere Seiten (s. Edition). Diese Art gebildeten Stils macht auch den Dialog Pflugs aus. Er imitiert zwar das Textmuster der Reformationsdialoge durch die Vergabe dreier Sprecherrollen und durch suggerierte Nähe zur gesprochenen Sprache in den wenigen kürzeren Passagen, in denen ein wirkliches Gespräch zwischen den Figuren zustande kommt. Doch ein wesentlicher Unterschied ist die Änderung der konfessionellen Ausrichtung durch die dominant katholische Perspektive und die Verteilung der Redeanteile zugunsten dieser. Von außerordentlichem Interesse ist der Text, weil er sich nach der Blüte der Reformationsdialoge nun in den 1560er Jahren dieser Tradition anschließt. Des Weiteren umfasst dieses Gespräch nahezu alle für Pflug wichtigen, auch in anderen Texten einzeln behandelten Themen und stellt einen Gewinn für die Pflugforschung dar. Inhaltlich zum einen und durch die Merkmale gelehrter Sprache zum anderen ist der Text nicht als aus verkehrter – katholischer – Perspektive geschriebener Reformationsdialog zu sehen, sondern als Gelehrtengespräch mit teilweisem Traktat-Charakter durch die Dominanz einer Person zu klassifizieren.
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Derbe Ausdrücke werden hier nicht als Elemente mit Nähe zur gesprochenen Sprache angesehen, sondern als bewusst eingesetzte Stilmittel bzw. als Pflugs Stil charakterisierendes Element, da auch in den Traktaten deutlich verurteilende Aussagen zu finden sind: z.B. und nachdem adam durch die begird zcu der vorbottenen speisse gesundiget, desgleichen seine nachkommenden mit fressen und sawffen sich auch uberschatten (PRED, pag. 44); als wan man mit deme concubinat und dem fulsawffen dispensiren wolte. (TRAKT.AM, pag. 18); solt mans dennoch nach gelegenheit icziger zceit zcu abwendung der fresserei bei uns einfuren (TRAKT.LIPS, pag. 38).
C3 Editionsphilologisches
C3.1 Editionsziel Durch die Edition des fiktiven Streitgesprächs wird insbesondere sprach- und literaturhistorisch, theologisch und speziell kirchenhistorisch Interessierten eine sowohl sprachlich als auch inhaltlich wichtige Quelle erschlossen. Gebildete Laien werden den edierten Text ebenfalls für ihre Zwecke benutzen können. Dem Ziel, nicht nur für Philologen, sondern auch für Nichtphilologen einen maximalen Informationsgewinn zu garantieren (Reichmann 1978, 337), wird mit dem umfangreichen philologischen Apparat und dem Sachkommentar der Edition Rechnung getragen. Letzterer enthält u.a. gemäß der Zielgruppe die Erläuterung von Lexemen, die sich in Flexion, Wortbildung und Semantik vom Neuhochdeutschen unterscheiden und ohne linguistische bzw. sprachhistorische Kenntnis nicht sofort zu erschließen sind. Es werden ebenfalls eine Reihe historischer Ereignisse, Personen, Werkangaben, Bibelzitate und Ähnliches kommentiert. Hierbei ist zu beachten, dass es sich aufgrund der philologischen Ausrichtung und Zielstellung der Arbeit nur um punktuell Kommentiertes handeln kann, und nicht erschöpfend kirchenhistorische Prozesse rekonstruiert werden sollen. Der Edition wird ein separates Verzeichnis über die im Kommentar verwendete Literatur beigegeben. Wenn nicht ausdrücklich anders zitiert, wurden die Informationen im Sachkommentar unter Hinzuziehung der TRE erstellt.
C3.2 Editionsprinzipien Folgende Richtlinien gelten für die Edition des Texts: 1. Eine Gliederung in Absätze wird nach inhaltlichen Aspekten vorgenommen, wenn im Original nicht ohnehin schon eine Markierung durch Überschriften vorliegt. 2. Der Text wird weder seiten- noch zeilengetreu wiedergegeben. Seiten- sowie Zeilenumbrüche werden abweichend vom Original eingefügt. Eine dem Original entsprechende Wiedergabe ist schon deswegen ausgeschlossen, weil sich der edierte Text aus dem Autograf Pflugs (P1) und der Abschrift des Sekretärs (S) zusammensetzt. Des
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C3 Editionsphilologisches
Weiteren liegt eine vermutlich jüngere Fassung des zweiten Buchs des Dialogs vor (P2). Vakat-Seiten werden im laufenden Text nicht berücksichtigt, aber gegebenenfalls im Kommentar als solche bezeichnet. Die Zeilennummerierung erfolgt auf jeder fünften Zeile rechts vom Text und auf jeder zehnten Zeile links vom Text. 3. Die Blatt- bzw. Seitenangaben werden im laufenden Text kursiv gesetzt und von eckigen Klammern umschlossen, z.B. [123r]. Wird die laufende Zählung unterbrochen, erfolgt ein Vermerk nur, wenn nicht aus dem Apparat ersichtlich ist, dass die Zählung mit korrespondierenden Textänderungen im Text des Sekretärs einhergeht, aus nachträglichen Umstrukturierungen Pflugs resultiert oder mit durch vacat-Seiten zu erklären ist. Es kann durch von Pflug vorgenommene Verschiebungen ganzer Textpassagen zu Mehrfachnennungen von Seitenzahlen kommen, wenn zu einer Seite nachträglich längere Einschübe gesetzt wurden oder Text auf dem Rand über mehrere Seiten ergänzt wurde. Dann wird diese eingeschobene Passage im Apparat verifiziert und die Seitenzahl erneut nach dem Ende des Nachtrags vermerkt, wenn wieder auf der ursprünglichen Seite fortgesetzt wird. 4. Abkürzungen werden kommentarlos aufgelöst. Dazu zählen der Nasalstrich, der er-Haken und durch Haken mit Unterlänge angedeutete Flexionsendung -en. 5. Ein Eingriff des Herausgebers im Sinne einer Ergänzung eines fehlenden Worts oder der Korrektur offensichtlicher Fehlschreibungen Pflugs wird kursiv gesetzt. Nicht lesbare Buchstabenfolgen bzw. Wörter werden durch drei Punkte in runden Klammern wiedergegeben. Offenbare Fehler Pflugs werden durch Ausrufezeichen in eckigen Klammern gekennzeichnet: [!]. Aufgrund der oft unleserlichen Schrift Pflugs, durch seine Korrekturen, Ergänzungen und Kontraktionen mehrerer Wörter hat bei NichtLesbarkeit einzelner Buchstaben eines Worts die in allen untersuchten Texten häufigere Variante den Vorrang. Beispielsweise würde das Lexem vergessen bei schwer lesbarem Präfix als vorgessen dargestellt, da das ostmitteldeutsch übliche Präfix bei Pflug eindeutig dominiert. Endung auf -n oder -m ist oftmals aufgrund der gleichen (undeutlichen) Unterlänge nicht eindeutig zu identifizieren. 6. Durch Textverderbnisse fehlende Zeilen- oder Textabschnitte werden durch drei Punkte in runden Klammern gekennzeichnet. Runde Klammern hingegen, die Text einschließen, wurden von Julius Pflug selbst in den laufenden Text eingefügt. Sie werden übernommen. Wortdopplungen, die durch Ergänzungen Pflugs entstehen, werden gestrichen und nicht wiedergegeben. 7. Belegangaben zu Bibelzitaten vermerkt Pflug fast ausschließlich auf dem Rand, selten im laufenden Text. Die jeweiligen Stellen werden im Apparat belegt, jedoch nicht im laufenden Text angegeben. Biblische Bezüge, die Pflug selbst nicht konkretisiert, werden ebenfalls im Apparat verifiziert. Die Angaben, die er zum jeweiligen biblischen Buch bzw. Kapitel macht, sind kursiv gesetzt. Komplette Bibelstellen sowie Ergänzungen von Kapiteln bzw. Versen, die recte stehen, stammen vom Herausgeber. 8. Abgebrochene Sätze werden sowohl im Apparat als auch im Haupttext durch einen waagerechten Strich gekennzeichnet.
373
C3.2 Editionsprinzipien
9. Gestrichene Passagen, die Pflug an späterer Stelle ohne Streichung wiederholt, werden kommentarlos an ebendieser späteren Stelle aufgenommen. Mehrfach ähnliche bzw. gleiche gestrichene Abschnitte werden nur einmal als gestrichen im Kommentar vermerkt. 10. Die Interpunktion wird modernisiert. "Als einziges Argument für eine Zeichensetzung nach heutigem Brauch bleibt allerdings die einfachere Lesbarkeit, (...)" (Reichmann 1978, 353). Dem ist hinzuzufügen, dass von geregelter Interpunktion bei Pflug keine Rede sein kann, sondern von einer durch die Einteilung in Sinnabschnitte dominierten Interpunktion ausgegangen werden muss. Aus diesen Gründen erfolgt die Entscheidung zugunsten der Modernisierung. 11. Die jeweiligen Redesequenzen folgen auf den hinter den Namen des Sprechers gesetzten Doppelpunkt. Zitate werden im Apparat verifiziert. 12. Majuskeln werden nur übernommen, wenn sie im Original eindeutig als solche identifizierbar sind. 13. Die Worttrennung auf der Zeile wird beibehalten. Das ist u.a. für die Untersuchung ‚uneigentlicher‘ Komposita im Vergleich mit pränominalen Genitivattributen unerlässlich. Die oft willkürliche Worttrennung am Zeilenende wird angepasst. In Ausnahmefällen wird bei der Übernahme einer regellosen Trennung im Apparat ein Vermerk gesetzt. 14. Folgende graphematische Normalisierungen werden vorgenommen: Die Graphe u und i werden vokalisch, die Graphe v und j konsonantisch verwendet. In wenigen Fällen kennzeichnet Pflug den Umlaut. Die Diakritica werden in diesem Fall dem Original getreu wiedergegeben. s-Graphien: Für einfaches s in finaler Position steht stets . Initial und intervokalisch gibt es in den Texten Pflugs verschiedene Schreibvarianten, die wie folgt umgesetzt werden: initial sacrament
selber
szein
szo
374
C3 Editionsphilologisches
intervokalisch lassen
weisze
genisszen
C3.3 Apparat und Kommentar der Edition Die Edition wird mit Classical Text Editor (CTE) erstellt und verfügt über zwei Apparate: einen philologischen Apparat, der Informationen zu Herkunft und Art einzelner Textabschnitte enthält, und einen Sachkommentar, der den Text inhaltlich erläutert. Die Siglen DIAL.1 und DIAL. 2, die im ersten Teil (A) für Pflugs Autografe verwendet werden, erscheinen hier nicht. Es werden hingegen drei Siglen benutzt: P1311 für den Haupttext des Dialogs in vier Büchern (Autograf Pflugs = DIAL.1), P2312 für die jüngere Fassung des zweiten Buchs des Dialogs (Autograf Pflugs = DIAL.2) und S313 für die Abschrift von P2 durch einen Sekretär (s. Kap. A2.1.1). In dieser Kopie (S) strich, korrigierte und ergänzte Pflug erneut, wie auch schon in seinem eigenen Manuskript P1. Diese Ergänzungen sind in die Edition aufgenommen und im Apparat mit den Angaben der Seiten, auf denen die Änderungen stehen, vermerkt. Die Fußnoten für die Anmerkungen im philologischen Apparat erscheinen als (doppelte) Buchstaben: Bezieht sich der Kommentar auf mehr als nur ein Wort, wird der betreffende Text von gleichen Buchstaben umschlossen. Steht als Fußnotenanker nur ein einzelner hochgestellter Buchstabe bzw. mehrere aufgrund der durchlaufenden Zählung entstandene Buchstaben, bezieht sich der Kommentar ausschließlich auf ein Wort, nämlich auf das unmittelbar zuvorstehende. Die Bezüge zwischen P1 und P2 werden ebenfalls in diesen Apparat aufgenommen. Der Verweis hat folgende Form „siehe P1, fol. xx“ bzw. „siehe P2, pag. xx“ und kann spezifizierende Angaben zu den parallelen Stellen enthalten. Es gibt drei verschiedene Verweismöglichkeiten:
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StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 34 n. 22. 313 StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 51. 312
C3.3 Apparat und Kommentar der Edition
375
Die einfache Fußnote steht an einer Seitennummer: Der Verweis bezieht sich auf den Inhalt der jeweiligen Seite (bzw. folgender Seiten). Die einfache Fußnote steht hinter einem Wort: Der Verweis bezieht sich auf das jeweilige Wort. Die doppelte Fußnote umschließt eine mindestens zwei Wörter umfassende Textpassage: Der Verweis bezieht sich auf den eingeschlossenen Abschnitt. Ausgangspunkt der Edition ist das Autograf mit den bereits dort enthaltenen Streichungen und Änderungen Pflugs (P1). Ergänzt wird dieser Text um die weiteren Informationen in der Abschrift des Sekretärs – wiederum nur die von Pflugs Hand. Im Apparat werden sie folgendermaßen kommentiert: Angabe der Sigle sowie der Seitenangabe (z.B. P1, fol. 1r), der Art des Eingriffs (gestr. = von Pflug gestrichen; nachgetr. = nachgetragen von Pflugs Hand; korr. aus = korrigiert aus). Bricht eine Streichung, Korrektur oder Ergänzung ab, so endet der Eintrag im Apparat auf einfachen Bindestrich. Unvollständige Textteile werden ebenfalls in der Edition verzeichnet, weil sie die Ebenen der Textherstellung sowie inhaltliche und sprachliche Korrekturen Pflugs abbilden. Im Anschluss an die Edition der Bücher 1–4 (P1) wird Das Andere Buch (P2; s. Kap. A2.1.1.2) ediert. Es wird im Gesamten aufgenommen, weil es deutlich von P1 abweicht und eine kritische Edition dadurch unmöglich ist. Dort, wo an parallelen Stellen in P1 schon kommentiert wurde, unterbleiben die entsprechenden Angaben zumeist und sind den Verweisen zwischen P1 zu P2 und umgekehrt, die im philologischen Apparat verzeichnet sind, zu entnehmen. Im Sachapparat wird unter Angabe der Zeilennummer sowie des zu kommentierenden Worts erläutert. Erstreckt sich der zu erklärende Abschnitt über mehrere Wörter bzw. Zeilen, erscheinen drei Auslassungspunkte und die Nummer der Zeile, auf der die mit einem Kommentar versehene Passage endet. Es sind Erläuterungen zu Personen enthalten. Werkangaben, Zitatbelege und Bibelstellen werden ergänzt und nicht mehr ohne Weiteres erschließbare historische Wortformen durch die Angabe der neuhochdeutschen Entsprechung erklärt. Der Apparat hat einerseits eine philologische Ausrichtung, um den Text für die theologische Forschung leichter zugänglich zu machen. Zusätzlich zur philologischen Fragestellung der gesamten Untersuchung soll mit den Kommentaren des Apparats der Zugang erleichtert und der Blick vor allem auf konfessionspolitische Ereignisse, weniger auf dogmatische Aspekte gelenkt werden, damit sich daran die theologische Forschung zu Julius Pflug anschließen kann und muss. Es ist ausdrücklich kein erklärtes Ziel, Pflugs Lehre und seine Haltung zu konfessionspolitischen Ereignissen und Streitpunkten, seine Anspielungen auf Zeitgenossen sowie auf die Kirchenväter zu deuten oder in einen größeren Zusammenhang zu setzen. Deswegen wird bei nicht eindeutig erschließbaren Anspielungen ein Vermerk gesetzt, der auf die Vagheit der Annahme hinweist (z.B. „vermutlich“, „eventuell“). Einige Verweise Pflugs auf die Kirchenväter und deren Werke werden noch im Rahmen patristischer Forschung zu verifizieren bzw. genauer zu bestimmen und zu interpretieren sein. Zur Erläuterung historischer Gegebenheiten und theologischer Sachverhalte wird häufig auf
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C3 Editionsphilologisches
die Theologische Realenzyklopädie verwiesen. Kommentare zu im Text erwähnten Personen werden vorrangig mit Hilfe des Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikons erstellt. Weitere verwendete Literatur ist in einem gesonderten Literaturverzeichnis unten aufgeführt.
C3.4 Das Verhältnis von P1, S und P2 P2, eine Bearbeitung des zweiten Buchs des Dialogs, unterscheidet sich vom zweiten Buch in P1 in den biblischen Bezügen und vor allem in der Struktur. Es gibt zwei längere Abschnitte, die sich sehr ähnlich sind. Der Rest des Texts weist einen anderen Aufbau auf, befasst sich aber genauso wie in P1 mit der Rechtfertigung, insbesondere mit der Werkgerechtigkeit. Die Edition der Texte ergab die Abhängigkeit von P2 von P1. Eine Zwischenstufe bildet die Abschrift des Sekretärs (S), in der Pflug strich und ergänzte, d.h. die chronologische Abfolge der Manuskripte lässt sich durch „P1 – S – P2“ darstellen. Es erfolgt für P1 und P2 eine synoptische Gegenüberstellung zweier, sehr ähnlicher Abschnitte, um das Verhältnis der Texte zu charakterisieren. Julius Pflugs Änderungen werden kommentiert. Die Anzahl seiner Streichungen und neuerlichen Eingriffe ist in P2 wesentlich geringer als in P1 – nicht nur in den ähnlichen Passagen, sondern im gesamten Text. Dies kann u.a. als Zeichen dafür gesehen werden, dass P2 jünger und eine Bearbeitung von P1 ist. Des Weiteren sind in P2 auf pag. 41 und auf pag. 42 mehrere längere Streichungen, an die sich nun ein Abschnitt nahezu ohne Korrekturen anschließt. Auch das spricht dafür, dass Pflug die entsprechende Stelle aus P1 bzw. aus P1+S kopiert hat. StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50 = P1, fol. 88r–89v (unter Hinzufügung der Korrekturen in S)
StBZ, 2° Ms. ct. pg. 34 n. 22 = P2, pag. 42–45
Anmerkungen (zum Charakter der Änderungen)
[88r] Ditterich: wie dan, wan ich das gegenspil darthete und anzceigete,
[42] Eusebius: wie dan, wan ich das gegenspil darthete und anzceigete,
–
377
C3.4 Das Verhältnis von P1, S und P2
das Luther diese laer von
das luther die laer von
Majuskel vs. Minuskel im Namen; Demonstrativpronomen vs. Artikel, jedoch im Text gleicher Bezug auf vorangehenden Abschnitt.
uns emphangen
den altglewbigen und iren heiligen und bewerten doctoren emphangen
In P2 uns gestrichen und ersetzt mit den altglewbigen sowie Hinzufügung – Indiz für P1 als Vorlage
und wir nit von ime?
und sie nit von ime?
Perspektivwechsel durch Änderung des Subjekts
Niklas: du mogest dichs understehen.
Ditterich: due mogest dichs understehen.
–
Ditterich: der heilig Augustinus schreibet auff diese meinung in libro meditationum,
Eusebius: der heilige Augustinus schreibt auff diese meinung in libro meditationum:
flexionsmorphologische Änderungen
[88v] in wunden christi wone
in wunden christi wer
lexikalische und flexionsmorphologische Änderung
ich sicherer, dan was mir mangelt, des erhole ich mich aus dem ingeweide christi.
ich sicher, dan was mir mangelt, des erhole ich mich aus dem ingeweide christi.
Komparativ (relativ) vs. Positiv (absolut)
item ich habe nicht gefunden eine solche krefftige arczenei als die wunden christi.
item ich habe nit gefunden eine solche krefftige arczenei als [43] die wunden christi.
regional unterschiedliche Formen
in dem schlaffe ich. in dem ruge ich one sorge.
in denen schlaffe ich, in denen ruge ich one sorge.
unterschiedlicher Bezug (auf das Genitivattribut bzw. Akkusativobjekt )
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C3 Editionsphilologisches
alle meine hoffnung ist im tode meines herrens. sein tod ist mein vordinst, meine zcuflucht, mein heil, mein leben und meine aufferstehung.
alle meine hoffnung ist in dem tode meines herrens. sein tod ist mein vordinst, meine zcuflucht, mein heil, mein leben und meine aufferstehung.
verschmolzene Form von Präposition und Artikel vs. Präposition + Artikel; in P1 im tode korrigiert aus im sterben, im tode in P2 übernommen – Indiz für P1 als Vorlage
hirczu stimmet der heilige Babst Leo, der grosse ad palestinos, da er von christo also schreibet, in ime seind wir alle gecreucziget,
hirczu stimmet der heilige pabst leo, der grosse, da er von christo also schreibet, in ime seind wir alle gecreucziget,
graphematische Änderung; lexikalische Änderung
alle von toden aufferweckt, dan der glawbe, welcher die gotlosen rechtfertiget und [89r] schafft gerechte, wan er gezcogen wirdet an den, welcher der menscheit teilhafftig ist,
alle von den toden aufferweckt, dan der glawbe, welcher die gotlosen rechtfertiget und schaffet gerechte, wan er gezcogen wirdet an den, welcher der menscheit teilhafftig ist,
möglicherweise vergaß Pflug den Artikel in P1; eventuell auch Umsetzung der phonetischen Realisierung der Kontraktion von „von + den“; flexionsmorphologische Änderung
erlanget er das heil in deme, in welchem er alleine sich unschuldig bfindet.
erlangt er das heil in deme, in welchem er sich alleine unschuldig bfindet.
flexionsmorphologische Änderung; in P1 mehrere Streichungen in diesem Abschnitt; keine davon kehrt in P2 wieder – Indiz für P1 als Vorlage
auff diese meinung schreibet auch der heilige bernhardus, offenbar ist es, das der geirret hat, der da sprach, grosser ist meine bosheit, dan das ich vorgebung erlangen mag. das mangelt ime, das er nit war von den glidmassen christi, das
auff diese meinung schreibet auch der heilige bernhardus: [44] offenbar ist es, das der geirret hat, der da sprach, grosser ist meine bosheit, dan das ich vorgebung erlangen mag. das mangelt ime, das er nit war von den glidmassen christi, das ime auch nit zcustunde,
Hinzufügung von er
379
C3.4 Das Verhältnis von P1, S und P2
ime auch nit zcustunde, das das vordinst christi vor sein eigen achte, vor das seine anzcege, welchs christi were,
das er das vordinst christi vor sein eigen achte, vor das seine anzcege, welchs christi were,
als ein glid das ihenige, so des hewpts ist.
als ein glidt das ihenige, so des heupts ist.
graphematische Änderungen
ich aber erhole mich des ihenigen,
ich aber erhole mich des ihenigen,
erhole mich des ihenigen erst in der Abschrift des Sekretärs nachgetragen und in P2 übernommen – Indiz für P1 + S als Vorlage
so mir aus mir mangelt, mit getrostem mute aus
welchs mir aus mir mangelt mit getrostem gemute aus
syntaktische Änderung; lexikalische Änderung
den ingeweiden des herrens
dem ingeweide des herren.
den ingeweiden in P1 korrigiert aus dem ingeweide
last uns [89v] leczlich bei thomam Aquinatem horen, wie er von den dingen saget,
last uns auch thomam Aquinatem horen,
lexikalische Änderung; Aquinatem erst in S von Pflugs Hand hinzugefügt und in P2 übernommen – Indiz für P1 als Vorlage; Hinzufügung
dem getawfften, spricht er, wirdet das leiden christi zcur vorgebung der sunde mitgeteilet, gleich als hette er geliden und were vorstorben.
dem getawfften (spricht er) wirdet das leiden christi zcur vorgebung der sunde mitgeteilet, gleich als hette er gelitten und were vorstorben.
graphematische Änderung: gelitten in P2 korrigiert aus gestrichenem geliden – Indiz für P1 als Vorlage
380
C3 Editionsphilologisches
und saget weiter, das leiden christi wirdet dem getawfften mitgeteilet, so fern als er ein glid christi,
und saget weiter, das leiden christi wirdet dem getawfften mitgeteilet, [45] so fern er ein glid christi,
gleich als hette er die marter erliden, hie sehet ir,
gleich als hette er die marter erliden, alhie sehet ir,
lexikalische Änderung
wie unsere lieben vorfarn, die mitgeteilte gerechtikeit christi, welche stehet in seinem leiden und sterben, erkant und an tag gegeben haben,
wie die doctores der kirche ehe dan melanthon, von welchem die augspurgische confession herruret, geboten, die mitgeteilte gerechtikeit christi an tag gegeben,
ehe (...) geboten in P2 nachgetragen; an tag gegeben erst in S nachgetragen und in P2 übernommen: Indiz für P1 als Vorlage
also das solche nit Luthers laer ist, sondern das er die von den unsern emphangen, (...)
also das die altglewbigen solche laer nit von luther, sondern luther von iren doctoren emphangen (...)
altglewbigen (...) laer in P2 korrigiert aus gestrichenem nit luthers laer – Indiz für P1 als Vorlage
syntaktische Änderung
Tab. 6: Vergleich von P1, fol. 88r–89v und P2, pag. 42–45
StBZ, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50 = P1, fol. 113r–113v
StBZ, 2° Ms. ct. pg. 34 n. 22 = P2, pag. 113–115
Anmerkungen (zum Charakter der Änderungen)
Ditterich: der grundt, auff den ir alhie bawhet,
Eusebius: dieser grundt, auff welchen die ewern zcum teil bawen,
Artikel vs. Demonstrativpronomen; unterschiedliche Subjekte
tawg nicht
tawg [114] nichts,
unterschiedliche Negationstypen – Negationsadverb vs. Objekt
C3.4 Das Verhältnis von P1, S und P2
381
und fellet von im selber, was ir dorauff bawet,
–
dan das ist ia klar und offenbar, das uns christus geraten, keuscheit zcuhalten und uns des zceitlichen guts zcuuorzceihen.
dan das ist ia klar und offenbar, das christus nit gebotten, sondern gerathen, keuscheit zcuhalten und uns des zceitlichen guts zcuuorzceihen.
In P2 gebotten (...) gerathen erst aus Streichungen korrigiert
und ob uns wol die dinge nit vonnoten wie die gebottenen dinge, so seind sie doch gut. und stehet auf unserer wilkor, ob wir solche thun wollen ader nit.
und ob wol die dinge nit vonnoten, wie die gebotenen dinge, so seind sie doch gut. und stehet auff unserer wilkor, ob wir solche thun wollen ader nit.
seind in P1 nachgetragen und in P2 übernommen
und so sie gotte nit gefallen solten, darumb das sie von ime nit gebotten weren,
und da sie got nit gefallen solten, darumb das sie von ime nit gebotten weren,
syntaktisch-semantische Änderung
[113v] werde christus mit berurten seinen rethen nit wider gots willen gehandelt haben.
werde christus mit berurten seinen rethen nit wider gots willen gehandelt haben?
In P1 nit (...) haben korrigiert aus gestrichenem anders, dan es got gefallen, gehindert haben. Änderung aus P1 in P2 übernommen – Indiz für P1 als Vorlage
welchs ia keiner one sonderliche gots lesterung gedencken, vil weniger sagen kan.
welchs keine one gots lesterung gedencken, vil weniger sagen kan.
offenbar Schreibfehler in keine (P2); lexikalische Änderung: sonderliche; gedencken (...) kan in der Abschrift des Sekretärs korrigiert aus sagen kan. Änderung in P2 übernommen – Indiz für P1 + S als Vorlage
382
C3 Editionsphilologisches
zcu deme bfindet sich,
zcu deme bfindet,
offenbar fehlerhafte Auslassung des Reflexivums
das man sonsten auch got zcu(ge)fallen thun kan in dingen,
das man ausserhalb solcher rethe gotte zcugefallen thun kan in dingen,
lexikalische Änderungen
so er nit gebotten, wie das exempel der rechabiter im hieremia, auch die nachlassung des (...), welchs paulus bei den krichen zcufordern hat, ausweiset.
die er nit gebotten, wie das exempel der [115] rechabiter, auch die nachlassung des (...), welchs paulus zcufordern hatte, ausweiset.
lexikalische Änderung; Hinzufügung Hinzufügung; Tempuswechsel
Tab. 7: Vergleich von P1, fol. 113r–113v und P2, pag. 113–115
C4 Der edierte Dialog Niklas, Veit und Dietrich
C4.1 Niklas, Veit und Ditterich [1r] Niklas: aWer kompt dort her gegangen.a mich deucht, es szei ditterich. er ists eben.
5
Veit: bes sal ein grosser papist sein.b freilich.c Niklas: dWir wollen in emphahen und ansprechen. du wirdest horen. Las mich mit im sprach halten.d
10
Veit: wol. Niklas: Wue her, due papist? were es nit zceit, das du dich ein mal bekerest? 15
Ditterich: [1v] wie sal ich mich bekeren?
a– a
b – b P1, fol. 1r – korr. aus: man P1, fol. 1r – korr. aus: wer ist der? wer gehet dort her? c zceihet, er szei ein trefflicher grosser papist. P2, fol. 1r – korr. aus: Niklas: gewislich ist d – d P1, fol. 1r – korr. aus: Niklas: ich las es geschehen. Veit: fahe due mit im an, weil ers. due mehe kuntschafft mit ime hast dan ich. Niklas: wol.
3 Niklas] Vertreter der Protestanten. Möglicher Bezug auf Julius Pflugs protestantischen Konkurrenten, Nikolaus von Amsdorf (1483–1565), ebenfalls mit bischoflichen Würden in Naumburg (1542–1547), von Luther ordiniert. (Vgl. Wießner 1998, 965ff.) oder auf Naumburgs protestantischen Prediger Nicolaus Medler oder Pflugs in der Naumburger Stiftsgeschichte als unfreundlich bekannten Großvater Nikel von Pflug (Vgl. Wießner 1998, 988). | Veit] Vertreter der Protestanten. Möglicher Bezug auf Veit Dietrich (1506–1549) (Vgl. RGG 41999, Sp. 848). | Ditterich] Vertreter der Altgläubigen. Vgl. Anm. zu Veit.
384
C4 Edition
Niklas: Nemlich das du von dem Babstumb absehest und dich unszerer augspurgischen confession anhengest.
5
Ditterich: Da behute mich got vor. edan ob gleich die alte catholische und ware religion, die ir das Babstumb nennete, nit tochte, konte ich mich doch an euch und ewere confession one vorletzung meiner gewissen nicht hengen. und [2r] im fal, da ichs gleich thun wolte, wuste ich doch nit, weil ir confessionisten fundereinander so gar getrennet und zerlumpt szeidf, wuehin ich mich wenden, ia und wue ich ewre augspurgische confession finden solte.
10
Niklas: gthue gemach, ditterich!g es ist keine schedliche zcweiungh zcwischen uns.i
15
[2v] Ditterich: Ir woltet Eure spaltung und mishellikeitj gerne decken, welche doch dermassen am tage leid, das szie sich nit wil decken lasszen. was sagest due darzcu, Veit, als ein Ihenischer? Veit: was sal ich sagen?
e–e
P1, fol. 1v – korr. aus: dan obgleich die alte catholische religion, die due einen alten thand vormessentlich nennest, und bei der ich erzcogen und mit gots hulff bleiben wil bis an mein f – f P1, fol. 2r – korr. aus: ja, auch selber fast von Ewrer eigenen augspurgischen End. g – g P1, fol. 2r – korr. aus: ei, lieber freundt. h P1, fol. 2r – korr. confession abgefallen. i P1, fol. 2r – gestr.: so szeind wir auch von der augspurgischen confession aus: spaltung. nihe abgewichen, wue wir uns in allenn religion handelungen an die gehalten und bedingent j P1, fol. 2v – gestr.: von wichtigen dingen haben, dabei bis an unszer ende zcuuorharren. in unszerer heiligen religion. 1 augspurgischen confession] Confessio Augustana (CA) von 1530. Bekenntnis der lutherischen Stände. Vgl. Immenkötter / Wenz (1997) und Iserloh (21981). 5 tochte] taugte. 7 confessionisten] Die Anhänger der CA. Vgl. Müller (21981). 8 und2 … solte] Die CA erfuhr im Laufe der Jahre Veränderungen. So entstand die CA variata (1540). Erst auf dem Fürstentag zu Naumburg wurde 1561 die Rückkehr zur CA von 1530 (CA invariata) beschlossen. 16 Ihenischer] Der Konflikt zwischen Jena und Wittenberg ist auf einen zwischen Albertinern und Ernestinern zurückzuführen. Mit dem Schmalkaldischen Krieg verlieren die Ernestiner Wittenberg und die Kurwürde an die Albertiner. In Jena gründen die Ernestiner eine eigene Universität, auf der sich die Gnesiolutheraner sammeln. Politische Rivalitäten verbinden sich in Jena bzw. bei den Ernestinern mit dem Anspruch auf besondere Treue zum Luthertum. Matthias Flacius (Jena) und Philipp Melanchthon (Wittenberg) nahmen im adiaphoristischen Streit unterschiedliche Positionen ein. Auf dem Wormser Religionsgespräch traten die innerprotestantischen Konflikte öffentlich zutage. Vgl. Bauer (2005) und Bundschuh (1988).
385
C4.1 Niklas, Veit und Ditterich
Ditterich: habens die Ewren zu wormbs [3r] in iungstem colloquio nit underschidlich angezceigt, wurinnen szie mit den Wittenbergischen zcwispaltig? haben szie sider des in offenlichen drucke solchs nit erkleret? ist der streit zcwischen euch umb geringe ding, das man ewre spaltung mochte unschedlich nennen? ist die laer vom freihen willen, von der rechtfertigung, von guten wercken, von dem heilwertigen sacramente des leibs und bluts Christi vor gering scheczig zcu achten? [3v] ist es ein geringer streid, da ein teil das andere von der augspurgischen confession wil ausschliessen? hat ir euch nit darob zcu war offentlich gesondert? Nun saget mir, wan ich ewere religion annemen wolte, wuehin ich mich doch halten soltek: zcu euch Wittenbergern ader euch Ihenischen? [4r] dan zcu beiden konte ich mich nit halten, weil ir so weit in grossen wichtigen artickeln und dogmaten lder religionl von einander szeid. Niklas: Ir papisten pfleget euch sehr gerne mit eczlichen puncten, die zwischen uns irrig mszein sollenm, zcukutzeln. glewb mir, wir szeind so gar weit von einander nit. Ditterich: Lieber Nickel, ich weis, das ir Wittenberger sehr zcornet, wan man dieser spaltung gewenet. nun lest szie sich nit mehe vorbergen. szie stehet vor awgen. sie ist auff iungstem reichstage durch die geschehene relation in publica acta imperii kommen und mitler weil von den Ienischen erkleret worden. darumb mogest due wol bekennen, welchs an ime selber [4v] unlewcbar ist. Nun saget mir, an welch teil sal ich mich doch halten: an euch Wittenberger ader Euch Ihek
S, fol. 2r – nachgetr.
l–l
S, fol. 2r – nachgetr.
m–m
S, fol. 2r – nachgetr.
1 wormbs] Wormser Religionsgespräch 1557, bei dem Julius Pflug der Vorsitzende war (siehe 0. Einleitung). Vgl. Bundschuh (1988). Zuvor waren beim Augsburger Religionsfrieden von 1555 erneute Bemühungen um eine theologische Verständigung vereinbart worden. 2 Wittenbergischen] Vgl. Anm. zu Ihenischer. 5 ist … willen] Synergistischer Streit (1556–1560), Vgl. TRE 32, 509-515. | von1 … rechtfertigung] Osiandrischer Streit (1549–1556), Vgl. TRE 25, 507ff. | von2 … wercken] Majoristischer Streit (1552–1558), Vgl. TRE 21, 727ff. 6 von … achten] Abendmahlsstreit um die Realpräsenz Christi. 7 ist … ausschliessen] Im Anschluss an die sechste Sitzung des Wormser Religionsgespräches war die Spaltung zwischen den beiden lutherischen Flügeln ohne Zweifel sichtbar. Die Jenenser als Anhänger des Augsburger Bekenntnisses legten vor dem Präsidenten des Gespräches, Julius Pflug, Beschwerde ein, nachdem ihnen mit Ausschluss vom weiteren Gespräch gedroht worden war, Vgl. Bundschuh (1988, 458ff.). Ebenso möglich: Bezug auf den Naumburger Fürstentag 1561, als die Ernestiner die CA variata nicht unterschreiben wollten. 15 zcukutzeln] kitzeln, belustigen. | glewb … nit] Melanchthonianische Haltung, die versucht, den innerprotestantischen Zwiespalt nicht öffentlich werden zu lassen. Dies zählt auch zu einem Grund für das Scheitern des Wormser Religionsgespräches. Siehe 0. Einleitung und Bundschuh (1988, 459). 20 auff … reichstage] Reichstag zu Augsburg 1558/59. 22 ime] sich.
5
10
15
20
386
C4 Edition
nische? dan an die osiandrischen und andere secten, so sich der confession rhumen, werdet ir mich one zcweiffel nit weisen, weil ir die von beiden teilen, ngleich so als ir einander auch vordamptn, vordampt. 5
10
15
Niklas: Was lachst due, Veit? Veit: Trit ein wenig ab. wir komen in ein wusten Laborinth. owir konnen unszere zcwispalt und misheldikeit in grossen und wichtigen artickeln nicht hie vorlewckeneno. sagest, das sich ditterich an euch alleine halten sal und unser mussig sehen, das werde ich offentlich widderfechten. [5r] sagest due aber, das wir in hewptpuncten unszer religion allenthalb einig szeind, so gibest due zcuuorstehen, als zcancken die unszern von unnotigen dingen. solchs werde ich dir gleich so wenig als das andere einrewmen, beneben deme das das gegenspil aus unszerer theologen lesen, predigen und schreiben gar klar erscheinet. so weist du, das pMelanchton hart vor szeinem Endep selber solche zcwispalt bekant und beclaget hat, welchs nit vorneinet kan werden, weil es in offentlichen druck kommen. qNiklas:
20
Wie thun wir ime aber nun?
Veit: ich rath, wir geben hirauff keine antwort. Niklas: Ditterich wirdet aber nicht nachlassen, weil er mercket, das er uns gefast hat.
25
30
Veit: sage, das wir iczo einen rkranckenr zcubesuchen haben. zcu einer andern zceit wollen wir von den dingen weiter reden, und las uns daruber weg gehen. Niklas: Es gefellet mir. Ditterich, wir szeind iczo auff dem wege, einen unszerer [5v] freunde, der seher schwach ist, heimzcusuchen und zcutrosten. Nun erinnert mich, das es zceit szei, in zcubesuchen und in diesem gutigem wercke nit zcusewmen. derhalb mussen wirs iczo hirbei bleiben lassen. so balt aber, als wir n – n P1, fol. 4v – gestr. o – o P1, fol. 4v – gestr. p – p Siehe P2, pag. 56. q – q P1, fol. 5r-5v – gestr. Anschluss mit: Niklas: Wie thun wir ime aber nun? Veit: ich weis keinen rathe. r – r P1, fol. 5r – korr. aus: freunde.
1 osiandrischen] 1548 wurde Osiander als Professor nach Königsberg berufen. Abweichungen in der Rechtfertigungslehre, aber keine Sektenbildung. Wittenberger und Weimarer lehnten beide die osiandrische Rechtfertigungslehre ab. 16 offentlichen druck] Vermutlich: Responsio ad criminationes Staphyli et Avii edita a Philippo Melanthone. 1558. „Obiiciuntur nobis et Flaciana dissidia, quae mihi quidem propter publica incommoda magnum dolorem adferunt (...)“ nach: Stupperich (1955, 479).
C4.1 Niklas, Veit und Ditterich
387
wider zcusammen kommen, wollen wir unszer angefangen gespreche continuiren. Ditterich: mich deucht, es solt besser szein, das wir iczo fortfaren. ich mercke wol, wer der krancke ist. ir kontet euch nicht vorgleichen, wuehin ich mich weisen soll, weil ir undereinander gespalten und sich eines partei der andern vorzcewhet. ia wie, wan ich wider eines machte: so deucht mich, Ewern krancken solt algereit geholffen sein.q [6r]s Damit aber das angestelte gespreche zcwischen uns tungehindert bleibet, wil ich meine frage faren lasszen und begere alleine des berichtet zcusein, [6v] uwurumb ir mich nit lieber zcu der gepflogenen und gewilligten regensburgischen religionshandelung weisetu.
5
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[7r] Niklas: Was meinest due vor ein handelung? Ditterich: die, welche auff das keiserliche buche zcu vregensburgk anno 41 im colloquiov doselbst und hernach vorgefallen ist.
15
Niklas: O lieber, schweig vom keiserischen buch und der darauf erfolgten handelung! 20
Ditterich: Lieber, due must mir die wol unuorachtet lassen, dan sziew ist viel besser gegrundt dann eben Ewre confession! so haben dozcumal Ewre trefflichsten [7v] theologen Capito und Bucerus solch buch helffen machen. Niklas: Wue?
s P1, fol. 6r: Ditterich: Was redet ir so heimlich under einander? Ich mercke, das ir euch nit t – t S, fol. 3r – korr. aus: Continuirt werde. u – u P1, fol. 6v – korr. aus: vorgleichen konnet. zcu welcher confession ich mich halten solte, zcu der, welche ir anno 30 zcu Augspurg uberantwortet hat ader zcu der, welche ir folgend geendert, damit ir die zcwinglianer etwas an euch zcihen mochtet, ader zcu der, welche ir nach dem keiserischen buche, welchs zcu regensburg ins colloquium geleget ward anno 41, hat reformiren sollen, dan da ir euch v – v Siehe P2, pag. 23. w S, fol. zcuerinnern hat einhelliglich dem abschid keiser. Mt.–. 3v – korr. aus: solche.
6 vorzcewhet] vorziehen, den Vorrang geben. 8 algereit] schon. 11 regensburgischen religionshandelung] Erstes Regensburger Religionsgespräch 1541, zu dem Pflug anwesend war. Im Juni 1540 begannen Religionsverhandlungen in Hagenau, von Nov. 1540–Jan. 1541 in Worms und schließlich Regensburg. Vgl. Ganzer / zur Mühlen (2000, 2002 und 2007). 18 keiserischen buch] Das von Gropper und Bucer erarbeitete Wormser Buch (1540) bildet die Grundlage für das Regensburger Buch von 1541, das Pflug wohl mit keiserischem buch bezeichnet. Beide Bücher stießen auf Ablehnung. Vgl. Lexutt (1996). 22 dozcumal] damals.
25
388
C4 Edition
15
Ditterich: zcu wormbs, da man des orts das erstex colloquium halten solte. nachdem nun die Keiser. Mst. das buch den colloquenten zcu regensburg hat vorlegen lassen, ist eine vorgleichung darauff ervolget bis auff eczliche artickel, wie aus den gedruckten actis colloquii zcuuornemen. solche vorgleichung haben inen ewre protestierenden stende und Theologen, so dazcumal [8r] in grosser anzcal bei einander waren, gefallen lasszen. yund ist dazcumal die augspurgische confession zcu ruck gesaczt wordeny, zcu deme das im abschide des reichs tags doselbst Ewrem teil aufgelegt worden, das ir dieselbtigen vorglichenen artickel nit uberschreitten soltet, darein ir samptlich gewilliget, zwelchs offenbar und vielen lewten wol bewust,z In masszen keiser. Mt. dazcumal ausgedruckte und von den Ewren gewilligte declaration ausweiset. weil nun das keiserliche buch, ja auch die vorglichenen artickel, etwas weiter gehen dan die confession, auch derselbtigen [8v] ein anderung geben, wurumb weist ir mich nit lieber an solche regensburgische handelung dan an Ewre Confession, von der ir doch dozcumal selberaa abgewichen szeid?
20
Niklas: Ei lieber, due mengest die dinge wunderlich durch einander und wolltest uns gerne uberreden, als weren wir von unszerer Confession abgewichen, der wir uns doch stecz gehalten, ungeachtett was die regensburgische handelung, darumb wir uns wenig bekommern, vormag.
5
10
25
Ditterich: so hore ich wol, ir dorfft nit halten, was ir einmal williget. ich habe es lengest wol [9r] gemerckt, das ir gerne thuet nit, was ir sollet, sondern was euch gelibet. so szeid ir auch so geneigt zcur newerung, das man nit gewis ist, das ir uber ein iar das glewben und halten wirdet, welchs ir iczo glewbet und haltet. ia, ich dorfft wol mehe sagen, das ir von allen teilen ewrer ersten confession widerwertig szeid. Niklas: wie kommest due auff die rede? due thuest uns unrecht.
30
Ditterich: ich thue euch nit unrecht, [9v]ab dan ir must bekennen, das ewere confessio anno 30 zcu augspurg ubergeben den sacramentirern widerwertig gewesen,
x
y – y P1, fol. 8r – gestr. z – z P1, fol. 8r – korr. aus: S, fol. 3v – korr. aus: am ersten. aa ab P1, fol. 9v – welchs ir mit keinem fuge kont vorlewcknen. S, fol. 4r – nachgetr. unten auf dem Kopf stehend: Nicolaus und Eusebius.
1 zcu … colloquium] Wormser Religionsgespräch von 1540/41. 4 actis colloquii] Martin Bucer Acta Colloquii in comitiis imperii Ratisponae habiti (...) Straßburg 1541.Vgl. auch Ganzer / zur Mühlen (2002 und 2007). | ewre … stende] Reichstag zu Speyer 1529: Protestation der Evangelischen gegen die Aufhebung des toleranten Speyrer Abschieds von 1526.
389
C4.1 Niklas, Veit und Ditterich
ia auch, das ewere stende die sacramentirer acnach Luthers meinungac gleich so wol angefochten haben als wir auff unszerm teil. daher ist dan kommen, das die sacramentirer eine sondere confession keiser. mt. und den stenden dazcumal uberantwortet habenad. aber sider des habet ir euch von ewrer confession selber abgezcogen in deme, aeEwre grossen hirzcu sich der sacramentirer zcum teil anhengig gemachtae. [10r] zcu deme afhat iraf auch ewre apologia, welche uber ewre confession die recht glossen szein sal, agnewlicher weileag vorfelscht und das herausser gethan, welchs die sacramentirer am meisten anficht und widerleget, erzceiget weiter mit pfaltz und wurtemberg, wie es darumb geschaffen.
5
10
Veit: Ditterich, vorredet mir nichts. es ist die lawter warheit, auch disen statlich uberwisen habenah.
ahwie
die unszern
ac – ac
ad P1, fol. 9v – gestr. ae – ae S, fol. 5r – korr. aus: das ir auff S, fol. 4v – nachgetr. ewrem teil, niclas, die caluinische sacramentirer hat gut machen wollen, wie ir dan die neben andern euch widerwertigen religionen in iungstem colloquio zcu wormbs nit hat vordammen af – af P1, fol. 10r – gestr. ag – ag P1, fol. 10r – gestr. ah – ah S, fol. 5r – korr. aus: wollen. wie Titelmannus bewisen hat, und lasse solchs szeine schrifft, die er bei uns in druck geben, selber bezcewgen.
1 sacramentirer] Lutherisches Schimpfwort für Gegner, die die Realpräsenz Christi im Abendmahl leugnen. Insbesondere als Bezeichung für Zwingli und seine Anhänger. 3 sacramentirer … confession] Aufgrund von Unstimmigkeiten bezüglich des Abendmahlsverständnisses arbeiteten Bucer und Capito die Confessio Tetrapolitano aus. Sie wurde von Straßburg, Konstanz, Lindau und Memmingen unterzeichnet. Zwingli übergab dem Kaiser 1530 die Fidei Ratio ad Carolum Imperatorem. 5 Ewre … gemacht] Vermutlich bezogen auf Melanchthons Annäherung an ein offenes Abendmahlsverständnis, um eine Einigung mit den Zwinglianern (Marburger Religionsgespräch 1529), den Oberdeutschen (Wittenberger Konkordie 1536) und später auch mit Calvin zu erreichen (Abendmahlsstreit 1552–55). Diese Annäherungen schlugen sich auch in der CA variata nieder. Später deswegen auch der Vorwurf des Kryptocalvinismus. Vgl. TRE 20, 123ff. 6 apologia] Auf die CA antworteten die Altgläubigen mit der Confutatio, die im Namen des Kaisers erlassen wurde. Daraufhin wurde die Apologie ausgearbeitet und fortan zusammen mit der CA als protestantische Grundlage angesehen. 9 pfaltz … wurtemberg] Die Pfalz wandte sich dem Calvinismus zu. Friedrich III. geht 1561 aus Überzeugung zum Calvinismus über. Auch im Heidelberger Katechismus (1563) ist der Calvinismus spürbar. Auf die Reformation in Württemberg ist neben Luthers Einfluss der von Zwingli (Zürich) und Bucer (Straßburg) zu verzeichnen. Vgl. zu Pfalz TRE 26, 325 und zu Württemberg TRE 36, 348 –351.
390
5
10
15
C4 Edition
[10v] Ditterich: so fechten, Veit, die ewren auch wider die confession und apologi, in deme das szie sagen, predigen und schreiben dorffen, aigute werck seind zur seligekeit schedlich,ai so doch beide, confession und apologi, sagen, das sie gut sein, ja einemaj iden Christen menschen, wan es die zceit gibet, vonnoten. und da ir von beiden teilen nit weiter gangen, were es doch an deme genug und mehe dan zcu viel. [11r] aber es ist bei dem nit gebliben, sondern ir habet beider seits viel anderungen in den alten und wolhergebrachten ceremonien der kirche eingefuret, ungeachtet das ewre confession euch des gegenfals berhumet. akund wiewol ir in solcher anzceigt, das Ewre laer der schrifft der catholischen kirchen nit ungemes, so vorwirfft ir doch iczo tradition ecclesiae catholicae, und wollet die vor kein principium, dadurch man die christliche laer (...) mag zculassen, wie ir euch dan im iungsten wormbschen colloquio klar habet vornemen lassen.ak [11v] aldeste weniger hat ir ursach, mich an ewre confession zu zcihen, weil ir von derselbtigen beiderseits selber abgewichen, zcu deme das ich solcher confession noch sonst auch allerlei bedencken habe, darumb ich mich mit gotte und gutem gewissen darein nit lassen kan.al [12r] aber damit ich meiner art nach rund handele und nit weit umbschweiffeam, so stellean ich die confession aoan sein ortao und apsage von ewrer gemeinap, das viel ansehenlicher stuck szeind, die mich von derselbtigen abhalten.
20 aqNiklas:
sage, welche. las es nun horen.aq
ai – ai
aj S, fol. 5v – korr. aus: ein. ak – ak S, fol. 5v – nachgetr. al – al P1, Siehe P2, pag. 56. fol. 11r – korr. aus: deste weniger habe ich ursache, mich zcu ewrer confession zcuwenden und gleich auff sandt zcu bawen, aber damit ir bfinden moget, das ich das ane ursache vorwende, was mich noch weiter daran hindert, wil euch solchs underschidlich und stuckweis erzcelen. erstlich wist ir, das gar sorglich ist, under dem schein christlicher religion dem baruch und am P1, fol. 11v – gestr.: wil ich eczliche stuck, die mich vornemlich von belial zcudienen. an S, fol. 5v – korr. aus: las. ao – ao S, fol. 5v – korr. ewrer vormeinten religion abhalten. ap – ap S, fol. 5v – nachgetr. aq – aq P1, fol. 12r – gestr. aus: faren.
2 in … schedlich] Majoristischer Streit. Nikolaus Amsdorf 1558: „Daraus erkennen wir nu ouch genugsam was wir an Christo haben, was für gnade und wolthat wir von ihm entphaen und nemen, das wir der irrigen papistischen lere [gute wergk in doctrina legis sind von nöten zur seligkeit] zuu dem erkentnis Christi noch des gesetzes gar nicht vber all bedürffen; ja sie ist do zu nort schedlich und hinderlich (...)“, nach Lerche (1937, 100). 8 berhumet] sich rühmt.
C4.1 Niklas, Veit und Ditterich
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Ditterich: ardan ich bfinde erstlich, das ir aus dem gutem arges machet und aus argem guts, und ladet also auff euch das prophetische, wie davon Esaias saget. Niklas: Ey nein, due wirdest uns das uberweiszen. 5
Ditterich: ir gebet vor, das gute werck zcur selikeit schedlich sein, ja, das gute werck irer art nach gemein todsunde seind. und wiewol diesen irsal hat am anfange der kirchen simon magus als der rechte wergzcewg des tewffels erreget und folgend Basilius und Eunomius ernewert haben, ist er doch durch die gotliche warheit gedempfft worden bis auff diese zceit, da in die Ewern wider erwecket und dadurch gute werck und alle erbarkeit des lebens nit in geringe vorachtung gestellet.ar Niklas: wir vorachten gute werck nit, sondern alleine das vortrawen auff die werck schlahen wir danider. Ditterich: ia wol, das vortrawen alleinas. atwie kan man gute werck gut sein lassen, da man saget, das sie irer art nach tod sunde seien; da man saget, das sie ar – ar S, fol. 5v–6r – korr. aus P1, fol. 12r–13v: anfenglich so bfinden wir, das der satan pfleget szeinen bosen samen, wue er nurent kan und mag, in unsere heilige religion zcusehen. und weil das, so dem mutwilligem fleische anmutig, den menschen am leichsten einnimmet, nemlich das er under dem schein der religion moge nach aller szeiner wollust leben, so hat er balt am anfang der kirchen durch sein wergzcewg, simonem magum, solchs vorgenommen und auff den schlag gar ein gifftig dogma eingeworffen, nemlich das dem menschen unnotig szei, sich mit guten wercken zcubeladen, sondern mochte leben, wie er wolte. wan er alleine den glauben hette, understunde durch den weg die heilwertige laer des glaubens, welche die zceit durch die heiligen aposteln seher getriben worde, zcuuorterben und den gelawben gar bloß zcustellen, so doch die eigenschafft eines christlichen, rechtschaffenen und lebendigen glawbens ist, das er zcu szeiner zceit durch die liebe wircke, wie der apostel zcun galatern schreibet (gal. 5). wiewol dieser grober und epicureischer irsal erstlich gedempt worden, so hat in doch folgend basilides und eunomius aus anreiczung ires meisters, des satans, wider ernewert. und ob wol solcher irthumb auch von der kirche vordampt und abgetriben were, so haben doch solchen ewre lutherischen wider hervor gebracht und gute werck nicht alleine vorkleias P1, fol. 13v – gestr.: wan man solchs alleine nert, sondern iar in vorachtung gestellet. at – at S, fol. 6v abstellte, so ubete man sich mehe in guten wercken, dan szie die ewren thun. – korr. aus P1, fol. 15r: ewre gelarten stossen eines mit dem andern umb, dan sie lernen, das gute werck irer art nach todsunde szein, lassens auch dabei nit wenden, sondern dorffen auch predigen und schreiben, das gute werck zur selikeit schedlich szein, wie ich hiebeuorn angezceiget habe.
2 wie … saget] Jes 5, 20. 8 simon magus] Act 8, 9–24, insbes. 20; zum historischen Simon und zur Entwicklung des Mythos, Vgl. TRE 31, 272ff. und Beyschlag (1974). 9 Basilius … Eunomius] Basilius von Caesarea (ca. 329-379) und Eunomius (ca. 335–ca. 395). 14 wir … danider] CA XX „Vom Glauben und guten Werken“ und CA VI „Vom neuen Gehorsam“.
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zcur selikeit schedlich.at auich habe achtung auff die geben, welche [14r] ewre laer annemen, ob sie auch zcu christlicher busse und besszerung greiffen, aber solchs habe ich nicht konnen bfinden. wie ein ider ist, bleibet er in szeinem wust stecken, dan dahin pflegen sie christus, welchen szie auff der zcungen lernen tragen, nicht zcugebrawchen, sondern understehen sich, den zcum schandavdeckel irer laster zcumisbrawchen, wie man dan [14v] nach sihet, das die grosen ehebrecher, bucherer, schwelger, lugner, betruger, fridbrecher und tyrannen die besten christen und euangelischen (wie szie sich nennen) szein wollen. daher kommet es, das iczo wider zcucht nach eher, messikeit, tugent, traw, glaube, liebe und barmherczikeit und was guter tugenden mehe ist, fast bei inen erlischt, welchs mancher guthercziger mensche, welcher bei und neben in wonet, herczlich beclaget.au [15r] Niklas: das szei dir gesaget, Veit, dan diese laer awkompt von euch her, wie ambsdorffs buch ausweisetaw. Veit: so ist die andere nemblich, das gute werck irer art nach todsunde seind ewres und unszers luthers, den ir gleich so wenig dorfft vorwerffen als wir.
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Niklas: [15v] las weiter horen, wue her hinawsser wil.
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Ditterich: was mochte nun unbedechtiger, unuornunfftiger und hesslicher gesagt werden? dan szeind gute werck zur selikeit schedlich, so folget (...), das bose thaten gut und furtreglich sein. axseind gute werck irer art nach todsunde, so folget unwidersprechlich, das sie bos seind, ungeachtet ob sie gleich der geist gots in der schrifft mehe dan an einem orte gut nennet.ax neben deme understehen sich auch ewre gelarten, nit alleine das gute zcuuornichten, sondern auch [16r] das arge gut zcumachen.
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Niklas: solchs lest sich leicht reden, aber schwerlich wirdest du es beweisen. au – au P1, fol. 14r–15r – gestr. av P1, fol. 14r – gestr. aw – aw S, fol. 6v – korr. aus: ist ewers ax – ax S, fol. 7r – nachgetr. und P1, fol. 15v gestr.: wollen auch aus deme guten bischoffs. arges machen und aus dem argen gutes, sunde sal nun tugend szeind und tugend sal sunde szein, ungeachtet das der prophet sagt, we euch, die ir aus dem guten arges und aus dem argen guts machet.
5 schand … zcumisbrawchen] 1 Petr 2, 16. 7 bucherer] Wucherer. 9 wider] weder. nach] noch. | traw] Treue. 15 ambsdorffs buch] Ein kurtzer Unterricht auff D. Georgen Maiors Antwort, das er nit vnschüldig sey, wie er sich tragice rhümet – das gute Werck zur Seligkeit nit von nöten sind, (...), Basel 1552. – Das die Propositio (Gute werck sind zur Seligkeit schedlich) ein rechte ware christliche Propositio sey. [Magdeburg] 1559. 24 furtreglich] verträglich, förderlich.
C4.1 Niklas, Veit und Ditterich
Ditterich: hore mit geduld, da einer in stehender ehe mit szeinem ersten weibe eine andere zcur ehe nimmet, der ubet einen ehebruch, wie unszer her christus selber erkennet. aber unangesehen des understehet ir [16v] euch, den ehelichen personen, auch ehe dan ir ersten gemahel gestorben ader von inen, wie sich zcu recht geburet, gesundert, andere eheweiber zcugeben. und kont disz deste weniger vorlewckenen, weil es in ewrer laer stecket und ir das eheliche bandt zcu diser zceit nit krefftiger wollet szein lassen, dan es bei zceit des alten testaments geweszen. aus der ursache haben ewre hochgelarten buczer, Luther und andere zcur hessischen vorkoppelung iren willen gegeben und damit dispensiret. o der schendlichen vormessenheit! [17r] haben szich die unuorschempten ebenteurer dises fals nit uber christum, den son gots, gesaczt? weil sie das nachgelasszen, welchs der herre selber mit ausgedruckten worten vordampt, heist das nit, den ehebruch gut gemacht? wieviel findet man under euch, die iczo auff dem schlag bei leben ires ersten weibs andere weiber nemen? [18v]ay Ich habe einen kant aus ewrem hawffen, der hat newen weiber genommen, jaget die leczte von sich und wolt die zcehende auch nemen, ungeachtet ob der vorigen seiner weiber noch drei lebten.
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Niklas: ia, er ist villeicht von inen gerichtlich separiret worden. 20
Ditterich: vormeinlich, mochst du wol sagen. [19r] was halt ir vor einen unrichtigen und schlimmen proces mit ewren separationen? wie leicht kan einer bei euch szeines eheweibs, desaz er uberdrossig, los werden, ob er gleichba keine rechtmessige ursache darzcu hat? dan da er so geschwinde ist, das szie von ime gehen mus, so mag er in ewren consistorien solch sein weib anklagen, als szei szie aus ungehorsam von ime gelawffen. darauff wirdet ime eine citation decerniert, also das szie ime innerhalb einer zceit, die gar kurcze, wider beiwonen sal mit vorwarnung, da szie solchs nit thuet ader im gericht nit vorwendet, wurumb szie solchs zuthun nit schuldig, [19v] das man vorfaren wolle. und im falle, da gleich das weib die Citation, welche per publicum editum geschihet, nummer
ay
P1, fol. 17v–18v – bricht mehrfach ab. Ab fol. 19r Wiederaufnahme dieser gestrichenen Foraz S, fol. 8r – korr. aus: der. ba S, fol. 8r – nachgetr. mulierungen. 2 ehebruch … erkennet] Mt 19, 1-12. Mk 10, 9. Mt 5, 27ff. 9 hessischen vorkoppelung] Doppelehe Philipps von Hessen. Philipp hatte 1540 Margarete von der Saale geheiratet, nachdem er 1523 die Tochter Georgs von Sachsen schon geehelicht hatte, und war der Todesstrafe schuldig. Die Doppelehe geschah mit ausdrücklicher Genehmigung Luthers und Melanchthons. Letzterer und Bucer waren Trauzeugen. Durch Zugeständnisse, um der Todesstrafe zu entgehen, schwächte Philipp die evangelische Position. Vgl. TRE 26, 325. 12 welchs … vordampt] Mt 19, 6. 26 decerniert] beschlossen.
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erferet bbnoch erfarn kontbb und also nit erscheinen kan, bcweil sziebc an deme orte angeschlagen wirdetbd, da szie nit ist, so feret doch das consistorium nach vorflissung des angesaczten terminus fort und separiret das weib von dem manne und erlewbet dem manne, ein ander weib zcunemen, so esbe doch bfdas consistoriumbf nicht weis noch wissen kan, ob die ursachen vorhanden, darumb man die personen separiren, vil weniger inen nachlassen moge, zcur anderen ehe zcugreiffen. Dieser proces wirdet in ewren consistorien [20r] gehalten, welcher nit alleine unformlich, sondern auch widerrecht bgund fleischlicher geilheit und ehebrecherischer gir zcu viel nachhengetbg und dermassen gefuret wirdet, das er manchen ehebrecherischen buben zcu seinem mutwillen uberhilfft. undbh damit der ehebruch bei euch binoch weiterbi vormentelt und gut gemacht werde, mag nach ewrer laer ein eheman mehe dan ein eheweib zcu einer zceit haben, weil ir das sacrament der ehe gar darnider schlahet und nit nachgeben wollet, das ein underscheid szei zcwischen der ehe, welche under dem gesecz gewesen, und der christen ehe, [20v] die alleine zcwischen zcweien personen nach der ersten einsaczung der ehe szein sal, wie christus selber (...)bj anzceiget. und ist icztberurte Ewre laer dem turckischen harem gemesser dan der laer christi. daher es dan kompt, das die ewren den heiligen ehestand so gar ubel halten, bkund wollen es eczlicher masse recht habenbk, blwelchs die erfarung meniglich zcuerkennen gibet. die alte unszere kirche hat viel ein bessere. die separiret wol die ehelichen personen, aber darneben lest szie nicht zcu, das eine aus denen bei leben der anderen zcur ehen greiffen. aber das wirdet inen gegonnet, das szie nach vorordenung des heiligen pauli mogen mit einander vortragen und enander beiwonen. solchs mus aber bei euch nichts szein. und so es aber an ime selber gar viel sicherer ist und zcu abwendung der vorstehenden ergernus wol dienetbl. bmdas aber wir mit der ehe gar viel bescheidener umbgehen und under irem schein keinen ehebruch vormenteln, ist euch selber wol bewust, und darff keiner ausfu-
bb – bb
bc – bc S, fol. 8v – nachgetr. bd S, fol. 8v – nachgetr. be S, fol. S, fol. 8v – nachgetr. bf – bf bg – bg bh 8v – nachgetr. S, fol. 8v – gestr. P1, fol. 20r – gestr. S, fol. 8v – korr. bi – bi S, fol. 8v – nachgetr. bj P1, fol. 20v – schwer lesbar: in ob (...) aus: neben deme. bk – bk S, fol. 9r – nachgetr. und gestr. bl – bl S, fol. 9r–9v – gestr. bm – bm S, fol. 9r – stelle. nachgetr.
12 weil … wollet] Die Ehe gilt bei Luther nicht als Sakrament; Ein Sermon von dem ehelichen Stand (1519); De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520); Vom ehelichen Leben (1522). 16 wie … anzceiget] Mt 19, 1–9, Lk 10, 1–12. 22 szie … pauli] 1 Kor 7, 11. 23 enander] einander. 25 ergernus] Ärgernis.
C4.1 Niklas, Veit und Ditterich
rung.bm [22r]bn Nun last uns weiter schreitten und sehen, wie ir dem geicz uberhelfft, dan erstlich last ir zcu, das man mag von hunderten funffe nemen, welchs ewer Luther nachgegeben hat. aber christus hat den bucher stracks vorbotten, alsobo das man auch nit umb den geringsten gesuch weg leihen sal, mutuum date nihil inde sperantes, spricht er. wer hat nun Luther den gewalt gegeben, das er das gesecze gots mochte auffheben und deme zcuentgegenbp ordenen? ist das nicht eine grosse tewfflische vormessenheit? [22v] Nun wirdet aber gleichwol der wucher durch den weg bqvormentelt undbq gut gemacht, zcu was schweren ergernus gibet die tegliche erfarung, weil es bei deme nit bleibt, sondern weiter lewfft, dan die sich uberreden, das szie one vorleczung irer gewissen mogen funffe von hundert nemen, die nemen mitt frolichem gemute auch vii, viii, ja wol zcehene. brich schweige alhie des hochnachteiligen umbschlags, welchs unter euch gar gemein ist.br Niklas: die unszern nemen keinen wucher, sondern alleine ir interesse, welchs in zcu recht zcugelassen wirdet. Ditterich: Ja ein schon interesse, (...) [23r] welchs ein rechter wucher ist. wie solchs die gelarten sewberlich darthun, bszcun interesse (...), welchs zcu recht nachgelassen wirdet, last irs nit kommenbs, dan der eigennucz hat bei euch so
bn P1, fol. 21r–21v – gestr. Variante 1: die dem unweszen nit nachsehen wolte, sondern voriaget den buben auch, zcu forderst weil szie die obirkeit in erfarung qweme, das der weiber, die der ehebrecher von sich geiaget, nach drei am leben weren, gehet also mit dem heiligen ehestand umb, also misbrawcht ir desselbten zcu ewrer ehebrecherischen und fleischlicher wollust, also hoffiret ir dem tewffel und dem mutwilligen fleisch, also henget ir dem ehebruch einen mantel umb und mag nach ewrer laer ein eheman wol mehe dan ein weib haben, weil er das sacrament der ehe darnider schlahet, welchs dem turckischem (...) gemesser ist dan der lere christi, die ich oben angezceigt. ich wuste viel erschrocklicher exempel anzcuzceigen sonderlicher von ewren beweibten pfaffen, wie szie mit der ehe umbgehen, wan mich die scham nit davon hilte. Niklas: gleich als hettet ir under euch nicht auch ehebrecher und hurer. die ewren machen es auch seher gut mit irem horen leben. Ditterich: wer lobet es aber? Niklas: ich nit. Ditterich: ich auch nit. ir must es aber gut lassen szein bei ewren pfaffen. P1, fol. 21r–21v – gestr. Variante 2: Ditterich: wir loben aber solchs nicht. so lassen wirs auch nit gut szein, aber die ewren wollen es gleich recht haben, wie in den ewre seelsorger, consistorien und gelarten durch ire laer darzcu helffen. heist das nit, das bo S, fol. 9v – nachgetr. bp P1, fol. 22r – arge gut machen? Davon wir alhie handeln. bq – bq S, fol. 9v – gestr. br – br P1, fol. 22v – gestr. bs – bs S, fol. 10r – korr. aus: dargegen. nachgetr.
4 mutuum … sperantes] Lk 6, 35. 6 wer … ordenen] Sermon von dem Wucher 1520 (WA 6), Von Kaufhandlung und Wucher 1524 (WA 15), An die Pfarrherrn, wider den Wucher zu predigen 1540 (WA 51).
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sehr uberhand genommen, das man under euch wenig findet, die irem nesten also dienen, das szie mochten fug haben, solch interesse zcusuchen.
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Niklas: Ich mach keinen underschid under dem interesse und achte, das einer wol so vil mag von szeinem weg geligen gelde nemen, als ime solch gelt sonsten in handeln tragen mag. Ditterich: Nein, lieber Nikl, es sal under den Christen anders gehalten werden, [23v] die mehe bei inen gelten sollen lassen die bruderliche liebe dan iren eigennucz. derhalb sal man vormoge ob alle guter euangelischer laer weg leihen umb sonst und one einichen gesuch alleine dem, welchem man leihet, zcu gute, frommen und forderung. aber damit ir euch sicherung machen moget, da keine ist, und das arge in ewren hanttirungen nit mehe vor arge haltet, so hat ewer Luther das ius restituendi gar auffgehoben, wie er dan solche restitution, und das man ubel gewonnen gut widerstaten sal, vor unnotig anzcewhet, so doch einem christen geburet, was er ubel gewinnet nach dem exempel [24r] rachel, widerzcugebenbt, angesehen das keiner solch ubel gewonnen gut mit got und gutem gewissen behalten kan. aber dessen ungeachtet so faret ir zcu, wuchert nit alleine unuorschempt, sonder berawbet auch kirchen und kloster und mus das sibende gebot gots bei euch nichts gelten, alleine das ir die armen dibe mit dem strange richtet. ia, das leczere gebot gots wirdet auch dauor gehalten, als binde es euch nit, weil ir so unuorschempt frombds guts begeret, auch darnach [24v] so hefftig stellet, gleich als hettet ir das recht und guten fueg. Niklas: habt ir nit auch geiczige under euch? Ditterich: wir haben geiczige under uns und leider mehe, dan es gut ist, aber wir pflegen ire bose hendel nit zcuuormenteln, wie ir nach ewrer lutherischen laer thuet, sondern das arge lassen wir arg bleiben. Ia, da wir unszerer kirchordenung nachgehen, so lassen wir unszere offentliche wucherer auff die geweiheten stellen nit begraben. [25r] Niklas: Ei, von deme genug!bu
bt
P1, fol. 24r – gestr.: und zcuersetzen. daher die alte regel unserer lieben vorfaren, welche sie bu P1, fol. 24v – gestr.: Niklas: es solte des von dem heiligen augustino genommen (...). dinges schier genug szein. Ditterich: due gestehest aber gleichwol, das es also zugehet, wie ich gesaget habe. Niklas: wer kan es alles vorantworten. 5 geligen] geliehen. Gen 31, 19.
11 gesuch] Nutzen, Zins.
15 anzcewhet] anzieht, hält.
16 rachel]
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Ditterich: wilst due, das ich fernerbv gehe? Niklas: Ja. Ditterich: so las sehen, wie ir dem mutwilligen fleische weiter nachhenget. die kirche als eine getrawe mutter hat eczliche fasttage eingesaczt, damit szie ire kindere zcu christlicher zcucht und casteiung des fleischs anbrechte, auff das szie deste geschickter wurden zcum gebet und andern christlichen ubungen, und die geilheit des fleischs in inen deste leichter dempffen mochte. aber damit irbw dises fals ewerm zcartem und mutwilligem fleische, welchs nicht gerne fastet, hoffiren mochtet, habt ir solche tage vorworffen [25v] und mit grosser umbgesunnekeit abgethan, und habet dadurch das fasten in vorachtung gebracht. Niklas: Wir vorbieten niemands zcufasten, wan es ime von noten szein wil, aber das es aus gezcwang auff eczliche namhafftige tage geschehen solle, fechten wir als eine menschensaczung an und nit one ursach. Ditterich: Ia, ir habt sehr wol getroffen. wie viel findet man under euch, die vor sich selbst und aus eigenem bewegnus fasten und ir fleisch todten und mortificiren, Es were dan, das szie aus mangel der speise fasten musten. sonsten ist ewer leben und thun nichts anders dan eine ewige, stetwerende fastnacht. [26r] und mus der geist gots in heiliger schrifft das fasten vorgeblich geordenet haben. und kont euch mit deme, als szei unszere ordenung von fasten ein menschen saczung, nicht behelffen, dan menschensaczungen szeind in der schrifft die, welche wider gots gebot lawffen, aber unszere kirchen ordenung ist gots gebot in keinem wege entgegen, sondern dienet dahin, das wir gots gebote deste besser nachkommen, welchs an ime selber offenbar und darff keiner weitern ausfurung. aber von dem genug. [26v] und damit ich fortfare, wollen wir erwegen, wie ewre theologen zcum auffrur bxund blutvorgissenbx den lerman geschlagen byund nach schlahenby. erstlich da ir schwach waret, ware es bei euch gar eine grosse sunde, da sich einer wider seine oberkeit auch der religion halben mit gewalt seczte, wie es dan an ime selber ist nach inhalt apostolischer schrifft. aber da ir starck wurdet und
bv
S, fol. 11v – korr. aus: weiter. by – by S, fol. 12v – nachgetr. nachgetr.
bw
S, fol. 11v – nachgetr.
bx – bx
S, fol. 12v –
7 anbrechte] anhalte. 11 solche … abgethan] CA XXVI Vom Unterschied der Speise. umbgesunnekeit] Unbesonnenheit (wahrscheinlich Schreibfehler Pflugs). 16 menschensaczung] In den Torgauer Artikeln Von Menschenlehr und Menschenordnung (korrespondierend zu CA XXVI). 19 und2 … mortificiren] Röm 8, 13. 21 stetwerende] andauernde. 29 lerman] Lärm. 32 nach … schrifft] Röm 13, 1.
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der schmalkaldische bundt seher zcunam, must ewre rebellion dises fals recht und eine naturliche gegenwer werden. wie dan luther in deme szeine laer selber geendert und vorfelscht hat, ist dadurch der auffrur nit vortediget und gut gemacht, und manchem mutwilligem menschen zcu solcher bosen handelung ursache gegeben worden, [27r] wie dan unszere dewczschen sider bzsich mehe dan eines zcu trefflichen nachteil gemeines vaterlands emporet, auch wider iren frommen keiser und von got geordenten obirkeit ir schwert gezcuckt habenbz. und wiewol die redelfurer darin wenig gewonnen und sich aus gots gerechter straffe fast selber gesturczt, so deucht mich doch, dis blinde und bose und vorkerte weszen habe nach kein ende nit, got sei es im himmel geclaget, dan es sollen sich noch eczliche unruige lewte, als hetten sie dazcu nit wenig lust, das sie aus unszerm loblichen vaterland nach weiter ein rawbhaws machen mochten. Niklas: Ei liber, ir szeid auch nit so gar rein auff ewrem teil. [27v] wie kan mans alles zcu polczen drehen. Ditterich: Ich bin nit in abrede, das wir auff unszerm teil mit allerlei lastern befleckt szein, aber darumb szeid ir nit entschuldiget. wan ich nun solte zu euch treten, muste ich mich mehrer besserung bei euch dan auff unszerm theil vormuten, aber ich finde bei euch nit alleine nit mehe besserung, sondern viel weniger dan bei uns. dan ob sich gleich die unszern mit lastern beladen, so lassen wir doch laster laster szein, damit sie deste ehe sich erkennen und zcu christlicher
bz – bz
S, fol. 13r – korr. aus: des nit zcu geringem irem nachteil fast unruig und auffrurisch gewesen.
1 schmalkaldische bundt] Evangelisches Schutzbündnis, gegründet im Februar 1531. Vorläufer war der Torgauer Bund, gegründet 1526. 2 gegenwer] Abwehr, Verteidung. 5 sider] seit. 6 wider … haben] Fürstenaufstand vom März 1552. Kurfürst Moritz von Sachsen zieht mit Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, Landgraf Wilhelm IV. von Hessen und Markgraf Albrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach gegen den Kaiser. Im Passauer Vertrag von 1552 dann vorläufige Duldung des Augsburger Bekenntnisses, die drei Jahre später im Augsburger Religionsfrieden festgehalten wurde, Vgl. Becker (2003). 7 und2 … gesturczt] Vermutlich Bezug auf den Tod von Kurfürst Moritz 1553, der an den Folgen einer Verletzung, die er in der Schlacht bei Sievershausen erlitt, starb. Es kämpften die Heere Moritz’ und Heinrich des Jüngeren gegen Markgraf Albrecht Alcibiades von Braunschweig-Kulmbach.
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bussze greiffen mogen. [28r] aber bei euch ist es umbgekert.ca wan ir ubel thuet, wollet ir solchs cbmit gewaltcb gut machen, darzcu euch dan ewre lugenpropheten mit vleisse uber helffen. daher kompt es, das bei euch die grosen trunckenpolczen, wucherer krichen und andere rewber, ehebrecher, aufrurer, tyrannen und andere mishendeler die besten christen sein wollen, meinen, es sei genug, das sie christum auff iren zcungen tragen und sich gots worts rhumen, so sie doch deme nicht im wenigsten nachkommen, [28v] schlissen in selber den weg dadurch cczcu warhaftigercc busse und christlicher bekerung. was nachteiligers konte euch doch widerfaren? aber wie konte sich einer mehe vorterben und von got abzcihen? wie mocht auch einer den namen christi mehe voruneheren, dan das er in also zcu szeinem schanddeckel macht? das szeind die fruchte ewrer lutherei. [29r] daher kommet es, das eczliche der ewren meinen und sagen, es konne sie gleich so wenig einiche ire sunde vordammen, als ire gute werck selig machen. ia, sie achten nach luthers lare, das keine sunde sei one der unglawbe. ist das nicht eine erschreckliche blintheit und vorgifftung? ist nun der unglawbe allein sunde, so bindet uns kein gebot mehe dan alleine das erste gebot. wir mogen frei und one schew und forcht fluchen, schweren, vater und mutter voruneheren, todschlagen, ehebrechen, stelen und was der laster mehe. O, der erschrecklichen blintheit und vorgifftigung! [29v] was solte mich nun vorursachen, euch anzcuhengen? ich muste ia ein unbedechtiger mensch szein. Ja, ich must mir selber feind szein! Niklas: ich merck, du ergerst dich ob unszerm lebencd. was mangelt dir aber weiter an uns? due must gleichwol bekennen, das man in unszer kirchen christum ca
P1, fol. 28r–29r – gestr.: so lest man doch das arge nit arg szein, sondern so lassen ewre lugenpropheten solch arges nit arg szein, sondern understehen sichs gut zcumachen, dadurch blenden szie armen sunder dergestalt, das szie nummer mehe zcu rechter ernstlicher und christlicher busse kommen konnen, dan wer das arge nit vor arg heldet, der kan es nummer mehe berawhen. und wie dan die hewptlastere auff den von mir erzcelten stucken stehen, nemlich auff fleischlicher und ehebrecherischer / hawptlastere, so ich erzcelet, menschlicher vorterbter natur am meisten an mutig szein, nemlich die ehebrecherische unzcucht, das eigennuczige geiczen, das schwelgen und sawffen, item das widerseczig weszen der underthanen gegen iren obirkeiten und wie die laster uberhand nemen, alle tugend weichen und erleschen mus, hat man leicht abnemen, das der tewffel die christliche religion nicht leichter hette schwechen dan eben durch wege, welche ewre lutherischen gegangen und noch gehen, in cb – cb S, fol. 13v – nachgetr. deme das ir das gute nicht gut szein last noch das arge arg. cc – cc S, fol. 13v – nachgetr. cd S, fol. 14r – korr. aus: sitten. 3 trunckenpolczen … mishendeler] Vgl. 1 Kor 6, 9f. 14 luthers … unglawbe] Nach Luther ist Sünde zu definieren als Unglaube, als Abkehr von Gott. Vgl. Bayer (32007, 162ff.) unter Bezug auf Von der Freiheit eines Christenmenschen 1520 (WA 7). 16 dan … gebot2] Vgl. Luthers Auslegung des 1. Gebotes im Großen Katechismus (WA 30/1). 23 leben] Lebenswandel.
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rein und lauter predigt und also vorkundiget, das er von der aposteln zceit her nihe klarer nach lawterer gepredigt worden. cees were bose, da wir also lebten, wie due angebest. due findest vil tugentlicher lewte under den unszern.ce 5
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Ditterich: das were ein wunder, [30r] das der heilige geist von der aposteln zceit bis daher geschlaffen undcf das man Christum mitler weile nit so rein und lawter, als iczo durch die ewren geschihet, habe gepredigt cgnach predigen konnencg, und szei aller erst in luther wider aufgewacht. war ist es, von christo konnen eure predicanten vil schweczen, aber zcu kleinem nucze des volcks, [30v] chdan weil szie dem fleische so viel nachhenge(n)ch, wie oben angezceiget, ciso bewegen sie das volckci darzcu, cjdas szie in mitt dem munde bekennen, aber mit der that vorlewckenencj ckund nicht underlassen, den heiligen geist zcubetruben, in, den hern, gleich mit fusszen zcutreten.ck Wuhin sich solchs zcihe und wie hoch schedlichcl es szei, habt ir euch aus apostolischer heiliger schrifft zcuberichten.
15 cmNiklas:
Veit, wir schaffen dem menschen nichts. er wil gar nit an unszere augspurgische confession. Veit: las [31r] in gleich faren und sein ebentewer bestehen.
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Niklas: nein, ich wil nach durch ein andern weg an in seczen. ditterich, wir sehen, das due seher starrest, welchs wir dir nit gonnen. weil du aber unszerer christlichen religion schew treget, mussen wirs dabei bleiben lasszen und es dem lieben got beuelen. aber lieber, sage uns, weil due dich an uns nit halten wilst, wue hin wilst due dich den halten.cm Ditterich: cnwarlich, warlich, es erfolget hiraus der waren christlichen religion nit geringer schade, weil die christliche busse neben dem glawben sehr dadurch ge-
ce – ce
cf S, fol. 14v – korr. aus: also. cg – cg S, fol. 14v – gestr. P1, fol. 29v – gestr. ci – ci S, fol. 14v – korr. aus: S, fol. 14v – korr. aus: ir dem fleische so viel nachhenget. cj – cj ck – ck cl S, fol. 14v so bewegt ir ewre lewte. Siehe P2, pag. 58. P1, fol. 30v – gestr. – cm cm P1, fol. 30v–31r – gestr.: den das Ewr Babstumb nit tawg, – korr. aus: nachteilig. cn – cn S, fol. 14v – korr. aus P1, fol. 31v: und wiewol ir die sitten solchs ist durch die–. vorterbet und dadurch ewren lewten den weg zcu rechtschaffener busse nach heiligung schlisset nit zcu geringem nachteil der waren christlichen religion und vorhinderungen alles tugentlichen und erbarn weszens, auch zcu vorhinderung des rechten waren und lebendigen glawbens. ch – ch
12 den1 … zcubetruben] Eph 4, 30.
C4.1 Niklas, Veit und Ditterich
hindert wirdet,cn [32r] welchs ewer luther selber bekennet, da er saget, das glawben one busse kein glawben sei, sondern eine vormessenheit. und ob gleich mit ewren gelarten und ewrer geselschafft den mangel hat, wie ir gehort und an ime selbst offenbar ist, so last irs doch bei dem nit bleiben, sondern understehet euch, die christliche warheit in viel ansehenlichen puncten conach weiterco zcuuorfelschen. und ist dis eben der andere weg, dadurch der bose geist der christenheit pfleget zcuzcuseczen. Ditterich:cp cqich kans wol beweisen, dancq die erzcelte [33r] vorachtung und vorwustung alles erbarn weszens flewst aus dem misvorstand her, den man von guten wercken aus der ewren laer gefast hat. und ist nit ein geringe vorfelschung gotlicher warheit, das gute werck bei euch nit vor gut geachtet werden, welche doch got gebewtet, got gibet und in uns schaffet nach apostolischer Laer, durch welchen misvorstand die ewren got als den anforercr solcher werck hefftig lestern, weil szie in zceihen, gleich als szei er anstifftercs des argens.ct neben deme habet ir euch zcuberichten, wie viel an den heiligen sacramenten gelegen. Ditterich: [34r] die christliche kirche hat siben sacramenta emphangen, die dan alle in heiliger schrifft gegrundet szein. so wollen die ewren so viel nit zculassen und werden daruber wie in andern dingen mehe auch spaltig, dan eczliche lassen
co – co S, fol. 15r – nachgetr. cp P1, fol. 32r–32v – gestr.: Ich hette gemeint, es were an deme, welchs ich angezceigt, genug und wurdest mich nummer entschuldiget nemen, das ich mich Ewrem teil nit anhenge. so drengest due mich noch dohin, das ich mus ewre irsal in dogmaten auch anruren. und nachdem ir solchs nit gerne horet, ich auch ungerne und nicht one cq – cq S, fol. 15v schmerczen meines gemuts daran gedencke, wil ichs deste kurczer machen. cr S, fol. 15v – korr. aus: anstiffter. cs S, fol. 15v – korr. aus: anrichter. – nachgetr. ct P1, fol. 33r–33v – gestr.: als szei er ein anstiffter der argen, welchs im doch kein frommer christ in sein hercz sal einsincken lassen. aber das bfindet sich, wie hoch die kirche gots die heiligen symbola und ire dogmata zcu ider zceit vorhalden hat, die dan auch von allen teilen pfleget hoch zcurhumen. Nun aber haben die ewren sich understanden, die auch zcubesudeln und zcuvorfelschen. Niklas: Wue do? Ditterich: Im artickel von der kirche. die symbola seczen, das sie algemein szei - das ist durch die gancze welt ausgebreitet – so thuet ir das algemeine heraus und seczet an seine stad christlich. Niklas: ist szie nit christlich? Ditterich: christlich ist szie, dan das vorstehet sich von ime selber, weil man nit von der synagoge da handelt, sonder von der christlichen kirche, welche irer eigenschafft nach algemein szein mus, damit szie von der keczerischen und schismatischen rotten abgesondert werde.
1 saget … sei] Vgl. Erste These der 95 Thesen, CA XII und Apologie XII Von der Buße. Für Luther sind Glaube und Buße untrennbar miteinander verbunden. Vgl. Lohse (1995, 118): „Vom Neuen Testament her ergibt sich für Luther, daß Buße und Glaube geradezu Synonyma sind.“ 5 nach] noch. 10 flewst] fließt. 12 welche … schaffet] Eph 2, 10. 13 gebewtet] gebietet. | Laer] Lehre.
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ir viere zcu, eczliche dreie, eczliche nurent zcwei und ist solchs gar ein sorglicher und ferlicher irsal, dan weil christus die sacrament durch sich undcu die aposteln in szeinem namen hat ordnen lasszen, cvwelchs so viel ist, als hette ers selber gethan nach der laer des heiligen cypriancv, so gedencke doch, mit was fuge solche cwgar ader ie zcum teilcw ausgemustert mogen werden. und weil die [34v] als instrument und gefes, dadurch die manchfeldige gnade gots uns nit solcher gnade unphehig mache, der die sacrament, dadurch er die emphahen sal, ausschlahet und vor nichts heldet. ich geschweige alhie, das durch eczliche solche sacramenta in einen beschwerlichen misvorstand gefuret werden, dan seind ir nit under ewrem hawffen, die das sacrament der tawffe vor unnotig achten, unangesehen das christus saget: es sei dan, das einer aus basser und dem geiste widergeboren szei, wirdet er nicht eingehen. [35r] gibet alhie der herre nit klar zcuuorstehen, das keiner ins himmelreich eingehen kan, dan der da getawfft sei? cxNiklas:
nun must due gleichwol gestehen, das ein glawbendercy, so umb christi willen umbbracht wirdet, auch ausserhalb unszerer tawffe in szeinem blute mag getawfft werden.
Ditterich: wan er ehe umbgebracht wirdet, dan er sich durchs basser tawffen kan lassen, sonst wolte nun solche tawff vonnoten szein (...), von welchem die geschichten der aposteln meldencx. Wer gibet nun den ewren macht, das sie die tawffe, welche christus vor notwendig zcum heil anzewhet, unnotig machen [35v] wollen? Niklas: welche thun es? Ditterich: geben nicht eczliche der ewren vor, das die glewbigen eltern glewbige kinder geperen? wan deme also, wurczu dienet dan solchen kindern die tawffe? cu
cv – cv S, fol. 16r – gestr. S, fol. 16r – korr. aus: ader. cy P1, fol. 35r – korr. aus: glawbiger. P1, fol. 35r – gestr.
cw – cw
S, fol. 16r – nachgetr.
cx – cx
1 viere … zcwei] Bei Luther und Zwingli gelten Taufe und Abendmahl als Sakramente. Nach der Apologie der CA (Art. 13) sind die Taufe, das Abendmahl und die Beichte als Sakramente zu werten. „So sind nu rechte Sakrament die Taufe und das Nachtmahl des Herrn, die Absolutio.“ (BSLK 121998, 292). Melanchthon ist bereit, die Ordination zum Predigtamt als Sakrament anzuerkennen (Vgl. ebd., 293). Siehe auch P1, fol. 130r. 4 cyprian] Cyprian von Karthago. 6 gefes] Gefäße. 11 es … eingehen] Joh 3, 5. | basser] Wasser. 20 sonst … szein] Act 10, 47–48. 27 geben … geperen] Unter Bezug auf 1 Kor 7, 14. Auch Melanchthon zweifelte zunächst an der Notwendigkeit der Kindertaufe. Luther schreibt 1522 einen Brief an Melanchthon, in dem er ihn vor den Zwickauer Propheten warnt, die Melanchthon mit ihrer Argumentation gegen die Kindertaufe beeindruckt hatten. Auch Luther unter Bezug auf 1 Kor 7, 14 (WA B., II, 424ff.). 28 geperen] gebären.
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Niklas: die Zcwinglianer mogens villeicht thun. Veit: Ich hette sorge, die Tubinger weren auch der meinung, die sich ir Brenczius auff die iczterregte irrige opinion leget. 5
Ditterich: was ist es? Niklas: far nurent fort. Ditterich: wie gehet ir mit dem hochwirdigen sacrament des leibs und bluts christi umb? Wurumb vorneinet ir, das durch gots wort in der communion das brot nit in den waren leib christi und der wein in das ware blut christi vorwandelt werde, also [36r] das nach geschehener consecration das brot der substancz nach nit mehe brot szei, sondern der leib christi, und der wein nit mehe wein szei, sondern das ware blut christi, dan wider die meinung der alten christlichen und catholischen kirche, die ausserhalb der heiligen concilien und sonsten durch die heiligen doctores und veter der kirchen statlich erkleret und ausgefurt ist worden, vorgebet, als bleibe im sacrament neben dem leib und blut christi das wesentliche brot und der wesentliche wein, ist ewer thand und newe erfundene ertichtung, welche christus gleich in szeinem ausgedruckten worte, das ist mein leib, das ist mein blut, lugen straffet. das ir aber [36v] zcur newikeit noch weiter sagen, das der ware leib und das ware blut christi nit da szei, ob gleich die wort christi darob gesprochen werden, man genisse es dan wirglich. solchs bestehet auch nit und ist eine vordeckte sacramentirerei,cz [37r] dan das sacrament wirdet alsdan gemacht, wan die wort christi darzcu kommen und mus ehe ein sacrament szein, dan mans genewst. die genissung bringet uns wol den nucz des sacraments, welchs die wort christi zuuor gemacht und confirmiret haben. und wan die wort solchs nit wircken, so bleibet das brot ein backen brot und der wein ein naturlicher [37v] wein,
cz P1, fol. 36v–37r – gestr.: welche im luther selber nit hat gefallen lasszen. Niklas: wer hat das gesaget? Ditterich: er selber. lis das buchlein, welchs under dem titel wider den irthumb der newen zcwinglianer geschriben und ausgangen ist. so wirdest due luthers exempel finden darinnen.
1 die … thun] Zwingli: Von der Taufe, von der Wiedertaufe und von der Kindertaufe (1525). Nach Zwingli gibt es in der Schrift weder Gebot noch Verbot der Kindertaufe. Auch Christus wurde nur einmal getauft, nicht zweimal. Vgl. Baumgartner (1993, 123 / 127). 3 die2 … Brenczius] Zu Johannes Brenz: BBKL (1990, 743f.). Brenz zur Taufe und der Auseinandersetzung mit den Täufern, Vgl. Brecht (1974, 461ff.) und Weismann (1990). 11 das1 … christi] Römisch-katholisches Dogma von der Transsubstantiation. 19 thand] Spielerei. 20 in … worte] Mt 26, 26f. Mk 14, 22.24. 21 newikeit] Neuerung. 24 sacramentirerei] siehe Anm. zu P1, fol. 9v.
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dan die genissung machet das sacrament gleich so wenig als einer, ehe das brot im offen gebacken, in szeinem mawle backen moge. dis ist der vorstand der ganczen christlichen kirchen gewesen von anbegin derselbtigen und nach. und hat ime Luther die meinung selber lassen besser gefallen dan die newe ertichtung, inmassen aus seiner, die er etwan (...) gegn Eisleben geschriben, erscheinet. Weil ir nun in den beiden hewptsacramenten [38r] gar geschwinde irret, was hat man sich doch guts von ewrer angemasten newen religion zcutrosten? die andern sacrament hebet ir fast alle auff und doch one einiche ursache, wie ir des zcum dickern mal uberweiszet seid. und ob gleich Luther die busse vor ein sacrament gehalten hat und melanchthon die prister weihe, hilffts doch nit, dan ire junger haben beide sacrament wider ausgemustert. aber wie deme, so weis ich mich zcuerinnern, da ir alle siben sacrament angenomen und bekant hat. Niklas: Ei wan, lieberda Ditterich?
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Ditterich: zcu regensburg anno 41, wue solchs dbdas colloquiumdb daselbst und [38v] dcderselbtigen acta ausweisendc. und ist der vorglichenen punct einer, die ir vormoge der keiserlichen declaration nit uberschreitten sollet, welchs ir dozcumal in beiwesen ddund aus rathdd ewrer trefflichsten Theologen einhelliglich gewilliget hat. Niklas: du plagest uns aber mit dem keiserischen buche und der regensburgischen handelung und weist, das wir damit nit zcuthun wollen haben.
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Ditterich: Gedencke aber, lieber Nikel, ob es nit billicher were, das ir ewrer vorwilligung nach mit uns die siben sacrament heltet, wie ir one das zcuthun schuldig, dan das ich wider got und meine [39r] christliche gewissen dauon abfallen und mich in ewre newerung einlassen solte, zcuforderst weil ewre laer von sacramenten gar ein vorworren ding und ein solcher Laborinth, daraus ir euch selber nit helffen konnet. Was sal ich weiter sagen devon dem, dasde ir die andern dogmata Ecclesiae auch anfechtet und euch darob zcu den alten keczern gesellet? Der heilige paulus schreibet, das der, welcher szeine tochter im jungfrawlichen stande erheldet, besser thue, dan da er szie einem [39v] manne gebe, doraus dan dffolgen unddf geschlossen wirdet, das die jungfrawschafft an ir wegerer szei dan
da
db – db S, fol. 18r – korr. aus: handelung. S, fol. 18r – gestr. dd – dd S, fol. 18r – nachgetr. das keyer. Buch ausweiset. df – df wie. S, fol. 18v – korr. aus: von notwegen sal.
9 dickern] mehrfach. | uberweiszet] bewiesen. (2007, 126–194). 25 vorwilligung] Einwilligung.
dc – dc de – de
S, fol. 18r – korr. aus: S, fol. 18v – korr. aus:
16 zcu … ] Vgl. Ganzer / zur Mühlen 32 Der … gebe] 1 Kor 7, 1–8.
C4.1 Niklas, Veit und Ditterich
der eheliche stand. und ist daruber Iouinianus, der der jungfrawschafft diesen vorzcug nit geben wolte, von der christlichen kirche vordampt worden, wie er dan hewtigs tags vor einen vordampten keczer gehalten wirdet. aber des ungeachtet gibet er euch Lutherischen einen guten gesellen, weil ers noch viel grober machet dan ir.
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Niklas: Ja wie? Ditterich: Ir entzcihet der jungfrawschafft nit alleine iren vorzcug und prerogativa, sondern machet [40r] sie gar schwer, ich mocht wol sagen, unmoglich. dgund mus euch christus vorgeblich gesaget haben, das sich eczliche des himmelreich halber castriren.dg dhdurch den wegdh hat ir monche und nonnen aus den clostern gebracht, unddi der jugent ursache gegebendj, das szie ehe zcusammen hewraten, dan szie recht wissen, was die ehe und der ehestand erfordert. aus deme folget nun weiter, das szie aus gleicher leichtfertigkeit von einander lawffen, als szie zcusammen kommen. [40v] ich geschweige anderer unehere und unzcucht, welche wol vorbliben, wue man die jungfrawschafft bei iren wirden bleiben lassze.dk es ist ie und ie in der kirchen gots vor gut angesehen worden, das man eczliche gesaczte fasttage hette, dlwie ich oben angezeigtdl, damit das vollck lernet, szein fleisch castigiren, auff das es zcum gebete und anderen christlichen ubungen deste geschickter worde, aber solchs hat etwan Aerius, ein Arianer, angefochten und wirdet neben andern irsaln, darumb er vordampt, erzcelet. diesen irthumb haben ewre meister bei diesen zceiten ernewert, die [41r] gesaczten fast tage umbgestosszen und dargegen dem mutwilligen fleisch zcu aller szund gehulffen, weil szie die uppische fastnacht bei inen gut szein lasszen und mit grosser herlikeit, das ist mit fressen und sawffen, celebriren. Es hat auch die meinung bei den christen zcu ider zceit gehat, das szie die heiligen vorstorbenen apostelndm, martirer [(...)]dn in dg – dg S, fol. 19r – korr. aus: weil ir von Luther diese epicureische und vihische schlusrede gefast, das wie der mensche one essen und trincken nit leben kan, so konne er auch nit one dh – dh S, fol. 19r – korr. aus: damit. di S, fol. 19r – korr. aus: fleischliche geilheit leben. dj dk damit gebet ir. S, fol. 19r – nachgetr. S, fol. 19v – nachgetr. und gestr.: und so jungfrawschafft und kewscheit zcuhalten so unmoglich were, als sich des essen und trinckens zcuenthalten, so hette christus vorgeblich gesaget, das einiche szeind, die sich des dl – dl S, fol. 19v – nachgetr. dm S, fol. 20r – nachgetr. himmelreichs halber castriret. dn S, fol. 20r – nachgetr.
1 Iouinianus] gest. vor 406, Mönch und Ketzer; Ablehnung der Jungfräulichkeit Marias, Vgl. BBKL (1992, 740–742). 11 das … castriren] Mt 19, 12. 14 hewraten] heiraten. 17 wirden] Würden. 22 Aerius] ca. *300 –375, bekämpfte im Streit mit Eustathius den Wert von Gebeten und Opfern für Verstorbene und den Fastenzwang, Vgl. BBKL (1990, 49). Arianer] Arius (*280–336). Vgl. BBKL (1990, 213–217). 26 uppische] üppige, ausufernde.
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irer vorsammlung geeheret und got, der szie so tugentlich und [41v] in inen gelobet haben dound uns zcu irer nachfolge ermanetdo. aber des ungeachtet fure etwan Vigilantius zcu, und vorworff den guten alten kirchen gebrawch, der dan auch alsbald dieses schismatischen freuels halber vordampt worden, wie dpdie alten urkunden der kirche ausweisendp. diesen groben irsal erwecken iczo ewre Lutherischen an viel ortern widerumb und wollen nit dulden, das man zcu christlicher gedechtnus auch der heiligen aposteln fest halte. dqitem ob nundq die kirche gots gleich die speise, welche got geschaffen, an ir selbst nit tadelt, so heldet szie doch vor gut, das man zcur messigung ader casteiung des fleischs [42r] sich underweilen eczlicher speise, die solchem fleische zcu viel narung gibet und solchs zcur geilheit vorursacht, enthalte, aber der obgedachte Jouinianus hat solchs auch vorworffen. dem folgen nun die ewren nach und schemen sich nit dises fals, die alte kirchordenung mit grosser ungesunnigkeit anzcufechten. drNiklas:
wir haben zcu deme ursache genug, weil das vorbot der speise eine tewffels laer ist, wie dan solchs der apostel selber angezcogen. Ditterich: es hat mit dem vorbot der speise, davon der apostel, viel eine andere meinung, den wie ir in vorstehet, dan der apostel hat an dem orte von deme geweissaget, welche die speise als an ir selber unrein und also ein grewl vorboten werden (wie der apostel selber zcuerkennen gibet) und also gots creatur tadeln werden, wie die (...) Manicheer zcu irer zceit gethan, aber der kirchen meinung ist nit geweszen, das fleisch essen als unrein zcuvorbiten, sondern solchs zcumessigen, welchs an im selbst gut ist und zcur casteiung mutwilligen fleischs dienet, zcihe mich in deme auff den heiligen hieronymum und Augustinum, welche der kirchen meinung dis fals gar wol an tag gegeben.dr und wiewol wir in unserm christlichem symbolo halten, das unszere ware kirche algemeine sei, das ist durch die gancze welt hin und wider ausgebreitet sei, dsso hat donatus sich etwan understanden, [42v] die gar einzcuzcihen und in einem engem und kleinem hawffen szeins anhangs zcuuorstecken, welcher irsal dazcumal durch die heiligen do – do
S, fol. 20r – korr. aus: weil ire der martirer und lieben heiligen tugentt uns den waren got dp – dp S, fol. 20r – korr. aus: aus den lieben alten mit szeiner almechtigen krafft zceiget. dq – dq S, fol. 20r – korr. aus: Es hat auch. vetern und sonderlich hieronimo erscheinet. dr – dr S, fol. 20v–21r - nachgetr. ds – ds S, fol. 20v–22r - gestr. 3 Vigilantius] Verwirft die Fürbitte der Heiligen, Vgl. BBKL (1997, 1382f.). 9 messigung] Mäßigung. 13 ungesunnigkeit] Unbesonnenheit, ohne Bedenken. 16 wie … angezcogen] eventuell Bezug auf Röm 14. 22 Manicheer] Geht zurück auf Mani (3. Jh. n. Chr.), der eine Weltreligion und Weltkirche begründen wollte, Vgl. TRE 22, 25ff. 25 hieronymum] Hieronymus Sophronius Eusebius, setzt sich für asketische Lebensgestaltung ein, Vgl. BBKL (1990, 818–821). | Augustinum] Vgl. BBKL (1990, 275) Augustinus richtet sich gegen die vollkommene Askese der Manichäer. 28 donatus] *ca. 594–657. Vgl. BBKL (1990, 1360).
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doctores der kirche, in sonderheit aber den heiligen augustinus, wie szeine bucher zcewgen, statlich widerleget, uberwunden und vordampt, auch von der ganczen kirchen bis doher vor keczerisch geachtet und gehalten worden. so haben doch ewre gelarten sich understanden, den wider gut zcumachen und iren kleinen hawffen zcurhumen, als szei er die ware kirche. und weil es nit bei einander stehen kan, das die algemein und in einem [43r] kleinem hawffe stecke, haben szie nit geschewet, den symbolum zcuuorfelschen und das algemein daraus zcuthundt und die artikel also zcustellen: ich glewbe eine heilige christliche kirche.
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Niklas: sal das unrecht sein, das wir sagendu, die kirche sei christlich? Ditterich: solchs ist nit unrecht, das ir saget, die kirche szei christlich. aber das ist unrecht, das ir die christliche kirche nit mehe algemein wollet szein lassen. das die kirche christlich szei, das vorstehet sich von ime selber, dvwan wir von der kirche reden, handelndv wir nit von [43v] dem heidnischem dwader iudischemdw hawffen, sondern von der christlichen gemein und vorsamlung, welche irer eigenschafft nach algemein szein mus, damit szie von den keczerischen und schismatischen rotten underschiden und abgesondert werde. dxdeste weniger hat euch geburen wollen, den artickel des glawbens zcuuorfelschen.dx
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Niklas: die ware kirche kan wol klein szein, wie sie bei der zceit noe gewesen und folgend zur zceit hieremiae, da alleine siben tawsent in israel uber waren, die ire knihe vor dem baal nit gebewgt hetten. 25
Ditterich: die kirche, da von wir reden, und das symbolum ist nit die uralte kirche, welche vor dem gesecze gewesen und die synagog, so dem gesecze gefolget, sondern ist die, dywelche christus selber gepflanczet,dy die heiligen [44r] und ire junger und nach inen alle christliche bischoff und seelsorgere ausgebreitet haben. dan das die mehe lewte und volcker dan die sinagog, die doch gegen den, so vor dem gesecze gelebet, grosse gewesen, meldet Esaias (...). durch unfruchtbare meinet der heiden vorsamlung und durch fruchtbare meinet er die sinagog, dan iene truge vor christo keine frucht zcum heil, aber hernach wurde szie gar fruchtbar und beqwam viel kindere, wie christus selber sagtdz: es werden dt S, fol. 21r – nachgetr. du S, fol. 21r – Vom Sekretär eingefügt. dv – dv S, fol. 21r – dx – dx S, fol. 21r – nachgetr. und gestr. dy – dy S, dw – dw S, fol. 21r – nachgetr. nachgetr. dz S, fol. 21v – nachgetr. fol. 21v – nachgetr. und gestr.
7 symbolum] altkirchliches Glaubensbekenntnis: Symbolum apostolicum sowie insbes. Symbolum Nicaenum. 15 von1 … selber] von selbst. 23 hieremiae … hetten] 1 Reg 19, 18. 31 Esaias] Jes 54, 1. 34 es … orient] Lk 13, 29.
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kommen vom occident und orient. [44v] so spricht auch dauid aus der person des himmelischen vaters zcu christo, tu es filius meus (...) etc. eadaher gehen die schonen vorheischung der schrifft.ea ich umbgehe alhie die herlichen vorheischungen des alten testaments.ds 5
Niklas: es mag wol szein, das am anfange die kirche weit ausgebreitet worden, aber bei diesen leczten zceiten ist szie seher eingezcogen und wider geengeret worden, weil ir Mahomet so viel abgebrochen. 10
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Ditterich: Nein, lieber Nikel, die kirche ist so gar nit geengeret, als due meinest, dan ob wol Machomet, der ebin morgenlanden einen merglicheneb schaden gethan, ist doch der statlich dozcumal im septentrion ersaczt worden, [45r] weil sachsen, denmarck, schweden, polen, letten, ungarnec den christlichen glawben und religion angenommen. so bfindet man edauch, das in den landen, welche sarrecener eingenommen, auch viel frommer christen szeinded, und das nicht allein under den Turcken, sondern auch under den persern nach statliche Bischoffe und volckere siczen, die iren christlichen glawben nach unuorfelscht erhalden haben und nach (got szei lob) loblich und christlich erhalden. und weil es inen an den ortern am drucke mangelt, hat der patriarch zu antiochia durch darlegung und forderung keiser. Mt. das newe testament szeinen nachgesaczten seelsorgern und volcke zcum besten in syrischer sprache, die man des orts brawcht, zcu wien drucken lasszen. und vorgleichen [45v] sich die alle in warer substancz christlichens glawbens und religion nurent seher wol mit uns catholischen. und ob gleich ewre doch geteilte rotten der kirchen etwas abzcihen, so wirdet eedoch solcher abgang durch dieee in den newen inselen, die von spaniern und portugalesern bei unszern zceiten erfunden szeind, durch den dienst der christlichen und catholischen Bischoffe, predicanten und seelsorger teglich erstatet, dan da findet man gar viel grosser volcker, die gots wort annemen und sich zcu christo bekeren lasszen. in summa die christliche kirche lest sich nicht also in eine mewseloch stecken, wie irs vormeinlich vorgebet. so vortrostet auch christus selber, efder jungste tag nit eher kommen werdeef, [46r] dan das euangelium ea – ea
eb – eb S, fol. 22r – nachgetr. ec S, fol. 22r – nachgetr. S, fol. 21v – nachgetr. S, fol. 22r – korr. aus: das ime da der Machomet szeinen unfug getriben, nach viel ee – ee S, fol. 22v – nachgetr. ef – ef S, fol. 22v – korr. aus: das die frommer christen szein. welt nit ehe ir ende haben werde.
ed – ed
2 tu … meus] Ps 2, 7. Hebr 1, 5 und 5, 5. 8 Mahomet] Mohammed. Bezieht sich auf die Ausbreitung des Islam. 12 septentrion] Norden, nördlich. 20 das … lasszen] König Ferdinand veranlasste den Druck des Liber sacro sancti Evangelii de Jesu Christo Domino et Deo nostro, Wien 1555. Herausgeber war Johann Albrecht Widmanstetter (Lucretius). 31 der … werde] Mt 24, 14.
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durch die gancze welt geprediget werde, also das kein volck auff ertreich, welchs solch euangelium nit gehoret, (et predicabitur, spricht er, euangelium hoc) egsondern ist und bleibet nach weit und breit in der welt ausgebreitet, derhalb sie nit vorgeblich in der apostolischen schrifft das grose haws genant wirdeteg. 5
Niklas: wan gleich unszer grundt von der zceit noe und heremia nicht gelten solte, so haben wirs doch durch gots vorleihung fast dahin bracht, das unszere kirche nit mehe ein klein hewfflein, sondern gros und weit ausgebreitet, wie uns dan nemlich die mechtigen konigreich engeland und schotten durch gots vorleihung und darneben auch eheczlich vileh franzosen mehe zcugefallen seind. Ditterich: Lieber Nickel, ir dorfft euch dieses zcufals nit viel [46v] beruhemen, dan ob gleich Engeland und schotten sich eizcum teilei von uns abgesondert, so haben doch solchs nit alle gethan, sondern werden ir noch viel in beiden konigreichen durch gots gnade bei unszerer waren alten und christlichen religion erhalten. der franczosen aber, die von uns abgewichen, szeind so viel nit, wie ir euch (...) uberreden last. zcu deme szeind die, welche sich in angezceigten landen der newerung understanden, nit euch sondern Caluino und szeinem sacramentirischem hawffen anhengenej. darumb dorfft ir nit sagen, das ir am volcke stercker werdet und mehe zcunemet. aber der gegenfal leit wol am tage, nemlich das ir ummer abnemet und geringert wirdet, dan wie viel hat euch Osiander in prewssen [47r] abgezcogen? Wie viel schwenckfelt hin und wider? Wie viel eben der icztgenante Caluinus im oberlande? und hat sich nit schwaben an viel ortern und pfaltz auch wirtemberg newlich von euch abgewandt? so gehet die sage, ekBreeg – eg
eh – eh S, fol. 23r – korr. aus: die castoniern sampt anderen. S, fol. 22v – nachgetr. ej ek – ek S, fol. 23v – korr. S, fol. 23r – nachgetr. S, fol. 23v – korr. aus: zcugefallen. aus: Bremen sal auch widertewfferisch worden. ei – ei
2 et … hoc] Mt 24, 14. 4 das … haws] 2 Tim 2, 20. 13 Engeland] Anglikanische Staatskirche von Elisabeth, nach deren Regierungsantritt 1558 wieder errichtet (Suprematseid und Uniformitätsakte 1559; 39 Artikel als theologische Grundlage der anglikanischen Staatskirche 1563). | schotten] 1557 Bündnis des schottischen Adels (Covenant), 1560 Errichtung der reformierten schottischen Staatskirche durch das schottische Parlament. 16 franczosen] Hugenotten, 1559 erste französische Nationalsynode („Confession de foi“). 20 leit] liegt. 21 Osiander … prewssen] Andreas Osiander ging nach dem Schmalkaldischen Krieg nach Königsberg und lehrte dort an der Universität. Abweichung in der Rechtfertigungslehre. Nach seinem Tod 1552 weitere Auseinandersetzungen in Königsberg. Siehe auch Anm. zu P1, fol. 4v. 22 schwenckfelt] Kaspar Schwenckfeld (1489-1561). Mystische Frömmigkeit, Abweichung in Abendsmahllehre und Christologie. Die Schwenckfeldianer („Sekte“) waren in Schwaben und Schlesien. 24 Bremen … abfallen] 1547 wurde Albert Rizaeus Hardenberg Domprediger in Bremen. Wegen Verdacht auf Zwinglianismus wurde er 1561 verurteilt. Ihm folgte im Amt der Gnesiolutheraner Simon Musaeus, der wiederum nach Zunahme des Philippismus in Bremen 1562 verurteilt wurde.
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men sei auch von euch abfallenek. elin summa ewer ding gehet vor sich wie krebs krichen.el Erstlich lis sichs wol also ansehen, emals wordet ir weit umb euch greiffen,em aber baldt filen die spaltungen zcwischen euch ein, also das eczliche aus euch zcwinglisch, eczliche widertewfferisch worden und sich von euch abrisszen [47v] und geschach euch gleich wie denen, so den Babilonischen turm bawen wolten, das szie durch gots straffe engetrennet worden und sichen einander nit mehe vorstehen konten und also ir gebewde nit konten machen noch zcum Ende furen mochteneo. also widerfaret euch auch. ir habet neben der waren catholischen kirche eine neben capelle nach ewrem gefallen aufbawen wollen, ehe dan ir solch werck hat dahin gebrachtep, das es einen schein hette der waren kirche, die irer art nach in der welt weit ausgebreitet eqszein museq, so viel die berurte zcweiung zcwischen euch ein, also das ir dreien hawffen hereiner daruber einander selber anfeindet und an dem angefangen gebewde einander mehe hindert dan fordert. [48r] Nun ist es bei deme nit gebliben, sondern damit man erkennen mochte, das keiner under den dreien hawffen die ware kirche were, hat es got also geschickt, das szie alle gegen der alten catholischen unszerer kirchen zcuachten klein bliben. und damit szie deste weniger zcunemen, ist ein ides teil wider zcerteilet und in widderwertige parteien zcerlumpt worden: die zcwinglianer in die Caluinische, die widdertewffere in die dauidschen und andere rotten mehe und ir Lutherischen in die wittenbergischen, Ihenischen, osiandrischen unnd schwenckfeldischen. aus dem allem ist leicht zcuermessen, wie es umb ewren hawffen gestalt szei, und das er [48v] deste weniger vor die ware christliche kirche sal gehalten werden, weil erewer hawffeer nit algemein szein kan, zcu deme geben auch die gotlichen vorheischungen, das die christliche kirche mus stetwerend und alt szein, ja, elder dan alle andere hawffen, die sich der christlichen religion rhumen, dan christus hat ir anfenglich vorsprochen, das er bei ir szein wolle bis zcum Ende der welt. dieser zcusage kommet er one zcweiffel nach und wirdet szie nimmer esvorlasszen, das sie dermassen wie die ewren
el – el
em – em S, fol. 23v – korr. aus: als wolte es weit umb sich greiffen. P1, fol. 47r – gestr. eo S, fol. 24r – nachgetr. ep S, fol. 24r – Vom Sekretär S, fol. 23v – nachgetr. eq – eq S, fol. 24r – nachgetr. er – er S, fol. 24v – korr. aus: ir. es – es S, fol. 24v– eingefügt. korr. aus: zcerfallen lasszen. en – en
1 krebs krichen] im Krebsgang, langsam. 4 widertewfferisch] Weitere Entwicklung der Täuferbeweung nach dem Fall von Münster, vor allem durch Menno Simons (1496–1561). 5 Babilonischen … mochten] Gen 11, 1–9. 19 dauidschen] David Joris (1501–1562), geboren in Flandern. Nähe zur Täuferbewegung. Mystischer Einschlag im Werk. 26 das … welt] Mt 28, 20.
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meinen, eingehees. etweil nun dem also und ewer lutheranismus einen schedlichen epicuraismus [49r] eingefurt, in deme das er aus dem gutem arges und argem guts machet und darneben die heiligen sacrament zcum teil eingerissen und zcum teil in einen hoch nachteiligen misvorstand gesaczt und eczliche alte bewerten dogmata der kirchen umbgestossen und dargegen eczliche alte und vordampte keczereien ernewert hat.et [49v] weil nun, wie ich gesagt, dem also, was solte mich dan bewegeneu, das ich mich an ewere religion henge? wie mus ich doch meines heils so gar vorgesszen szein? Ich habe mein lebentag vor keczereien und schismaten eine abschew getragen. so weis ich mich auch von den gnaden gots zcuerinnern, evdas solcheev absonderungen ewvon der kirchen gotsew fruchte des fleischs seind, [50r] die uns vom himmelreich ausschlisszen, wie der heilige paulus schreibet. so must ich ie unbedechtig exund torichtex sein, so ich nach erkanter warheit mich in einen solchen wust einhengen solte.
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[51r] Niklas: Due bist eben geschwinde und wilst dir unszere religion gar nit gefallen lassen. weil due aber zu uns nicht wilst, wue wilst du dich aber sonsten hinwenden? du wirdest ja kein turcke noch iude werden ader dich den secten, die [51v] due neben uns vordammest, anhengig machen?
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Ditterich: was habe ich mit dem zcuthun?
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Niklas: beim babstumb kanst du ja auch nit bleiben, weil dasselbtige nit tawg und von unszerm uberzcewget ist, das es die ware kirche nit szein kan. Ditterich: Ich wil in der waren christlichen, eydas ist der alteney und catholischen kirche, darinnen ich getawfft bin, bis an mein ende, ezob got wilez, bleiben, und et – et S, fol. 25r – korr. aus: weil nun dem allem also und ewre Lutherei einen schedlichen Epicuraismus eingefuret und dem volcke noch hewtigs den weg zcu warer busse, bekerung und besserung des lebens schlewsset, wie ich hiebeuorn angezceigt, und darneben die heiligen sacrament in einen solchen hochbeschwerlichen misvorstand geseczet, szie auch zcum teil einreisszen, und die alten bewerten dogmata der sich umbzcustossen understehen und darob mehe dan eine alte vordampte keczerei ernewern, also auch das sie sich zcum Simone Mago, Basilide, Eunomio und nit alleine zcu denen zcum unseligen Aerio, Jouiniano, Vigilantio, Donato gestellet. ich geschweige alhie der anderen keczere, so eczliche in ewrer geselschafft eu S, fol. 25r – korr. aus: lust machen. ev – ev S, fol. 25v – Vom Sekretär erzcelen. ew – ew S, fol. 25v – gestr. ex – ex S, fol. 25v – nachgetr. ey – ey S, fol. 26r – eingefügt. ez – ez nachgetr. S, fol. 26r – nachgetr.
1 schedlichen epicuraismus] Epikur (ca. 341–270). Er leugnete nicht die Existenz der Götter, doch versuchte, für alle Phänomene eine natürliche Erklärung zu finden. Dies sah man als Atheismus an. Später wurde sein Name zum Schimpfwort im Christentum. 10 gots … ausschlisszen] Gal 5, 19–21.
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gedencke mich von der gleich so wenig abreissen zcu lassen, als ich mich zcu euch one vorleczung meiner gewissen gesellen kan. und werdet mich durch ewer gepler davon nit abschrecken, [52r] ir moget szie nennen das babstumb, ader sonst wie ir wollet. so weis ich wol, was ich davon halten sal. [52v] war ist es, die ewren haben solche unszere kirche, die sie das babstumb nennen, mit grossem wuten und toben umbzcustosszen sich understanden. und wiewol szie in darob einen anhang gemacht, so haben sie doch so viel nicht ausgericht, als szie gewoltfa, dan ire (...) szeind in stadtlich widerlegt worden. [53r]fb und hat ewr hewpt prophet luther selber fcin dem fallefc der warheit mussen ein herlich gezcewgnus geben. Niklas: luther? Ditterich: ia, eben ewer luther.
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Niklas: das must ein wunder. zceige mir an, wue und wie.
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[52v] Ditterich: Nemlich im buche von der widertawffe schreibet er wider die, szo die kindertawffe nit wolten gut szein lasszen, weil szie bei der alten kirchen, welche szie nach ewrer weisze das babstumb nanten, hergebracht war. und saget, wie volget, wir bekennen, das under dem babstumb viel christlich und gut, auch dasselbtige her kommen szei an uns. nemlich wir bekennen, das im babstumb die rechte heilige schrifft szei: rechte tawffe, rechte sacrament des altars, rechte schlussel zcur vorgebung der sunde, recht predigampt, rechter catechismus. Item ich sage, das under dem Babst die rechte christenheit szei, ja der rechte ausbundt der christenheit, ja viel grosser heiligen. ist das nit ein [53r] herlich gezcewgnus, welchs deste weniger vordechtig sein kan, weil es fdeuch der heuptlerer undfd der feind des Babstumbs selber ausgesagt. und ist an ime selber die lawtere warheit, weil wir den in der alten, unszerer kirche, fedie ir das babstumb nennet,fe die rechte schrifft und gots wort haben, auch die rechte tawffe, das rechte sacrament des altars die rechten schlussel zcur vorgebung der sunde, das rechte predigampt, fa S, fol. 26r – korr. aus: weneten. fb In P2 von fol. 52v auf fol. 53r, dort auf dem Rand quer fd – fd S, fol. 26v – fc – fc S, fol. 26r – nachgetr. ergänzt und Fortsetzung erneut auf fol. 52v. fe – fe S, fol. 27r – nachgetr. nachgetr.
7 einen … gemacht] Anhänger gewonnen. 18 buche … widertawffe] Von Der Widdertauffe an zween Pfarherrn. Ein brieff Mart. Luther. 1528. | schreibet … lasszen] „Bisher haben wir, (...) starck gnug beweiset, das die widderteuffer unrecht thun, das sie die erste tauffe vernichtigen, (...)“ (WA 26, 166). 21 wir … heiligen] „Nemlich wir bekennen, das ym Bapstum die rechte heilige schrifft sey (...) ia der rechte ausbund der Christenheit und viel frumer grosser heiligen.“ (WA 26, 147). 26 gezcewgnus] Zeugnis.
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den rechten catechismus. item so die rechte christenheit im babstumb ist und viel grosszer heiligen, was solte mich not, die kirche zcuuorlasszen. ffund nachdem dise kirche die waren eigenschafften hat der waren und einigen kirche, das ist des einigen leibs, des einigen hawpts, welcher ist christus, dan ist je weiter in der gleubigen welt ausgebreitet dan die andern hawffen, die sich christen rhumen, so ist sie auch klarer dan alle andere hawffen, welche alle aus ir ausgiengen. derhalb kan ich mich so wenig von ir abwerffen, als wenig ich meines heils vorlustig sein wil, zcuforderst weil nurent eine ware kirche ist, nemlich der einige leib, einigen hewpts christi, wie paulus schreibet.ff nun stelle ich in ewer bedencken, ob [54r] ir nicht viel mehe ursache habt, euch zcu unszerer alten und catholischen kirche, die ir das babstumb nennet, zcuwenden, dan anzcuhalten, das ich mich in ewre geselschafft fgeinlassen sollefg.
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Niklas: Ewer babstumb ist aber sehr unrein und heslich worden. 15
Ditterich: ich vornein es nit. es szeind in unszerer kirche eczliche ergerliche misbrewche, die man billich abstelte, eingerissen. nichts deste weniger ist sie die ware kirche und christenheit, und ist mit ir geschaffen gleich als mit deiner mutter nach dem fleische, die nun alt geworden, und ob die gleich fhrunczlich und ungestalt gewordenfh, so bleibet sie gleichwol deine mutter. dan gleich so wenig, als du eine andere mutter haben kanst, so wenig [54v] kanst du auch eine andere kirche haben, dan diese einige tawbe. und las dich nicht wundern, das unsere kirche, die nun so lange gestanden, runczeln habe. aber das ewre secte, fidauon ir so vil heldet,fi so gerunczelt und ungestalt ist, wie ich oben nach der lenge angezceiget, solchs magst due dich wol vorwundern lasszen, weil szie noch so newe ist und wol einem jungem meidlein mag vorglichen werden. wer solte sich davor, als vor einem wunderthier, nit erschrecken und abschawig werden? [55r] und damit ich einmal schlissze, so wollet es davor halten, das ich nit aus mutwillen handele aber halstarrig bin, so ist es auch umb eure religion dermassen geschaffen, das sie mir zcum zceitlichen und der welt nach viel zcutreglicher were, dan die alte
ff – ff S, fol. 27r–27v – korr. aus P1, fol. 53v: zcuforderst weil eben diese kirche und keine andere vorsamlung die ware kirche ist, von der alle andere hawffen, die sich der christlichen religion rhumen, nemen, was do gut ist, nemlich gots wort, sacrament und was der dinge mehe ist, ja, von welcher alle andere hawffen ausgangen szeind. und nachdem diese kirche alle eigenschafft hat der waren christlichen kirche und nurent eine ware kirche szein kan, nemblich der einige leib des einigen hewpts, welchs ist christus nach inhalt apostolischer schrifft, so mussen von notwegen die anderen und von der abgesonderten hawffen secten szein, vor den fh – fh S, fol. 27v – korr. fg – fg S, fol. 27v – korr. aus: hangen solte. wir uns huten sollen. fi – fi aus: ire schone gestalt vorloren. S, fol. 28r – korr. aus: dauon due viel heldest.
8 der … christi] Eph 1, 22f. Kol 1, 18.
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religion ist, fjweil ich bei euch sicze und etwas mehe forderung bei euch haben mochte, dan ich iczo habe, weil ich meines glawbens entgelten mus.fj aber wan ich mein gemute uber mich hebe und gedencke an gots willen, kan ich mich ewrer religion nicht anhengen. und zcu deme das ich bei der alten unserer kirchen und religion deste lieber bleibe, vorursacht mich, das ich [55v] bei ewrer religion nichts bessers finde, fkund ausszerhalb dero kirche niemands szein heil erlangen kan.fk dan was ir guts habet, hat ir von der unsern emphangen, welchs Luther selber bekant, und was ir daruber eingefuret hat, das tawg gar nicht. ich geschweige, das ir viel guter dinge nit hat, die wir haben und zcu unserer seelen heil gebrawchen mogen. Niklas: du mogest sagen, was due wollest, glewbe ich doch, es sei dir noch keinem moglich, ausserhalb unszerer laer einen christen in sachen, so zcum heil vonnoten ader dinstlich, recht zcuunderweiszen.
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[56r] Ditterich: ich bin der gelarten keiner und habe den dingen nicht viel weiter dan zcu meiner notdorfft gehoret, nachgedacht. aber gleichwol dorfft ich mich understehen, aus unszerer laer wege und mittel, dadurch ein christenmensch zcu szeiner notdorfft mochte underwiszen werden, vorzcuschlagen. 20
Niklas: das wirdet gleich recht werden, veit. Veit: ich las mirs auch gefallen und dencke, wir werden in in dem vornemen am ersten fellen konnen. dan es ist ime nit moglich, solchs zcuuolenden. 25
Ditterich: was murmelt ir undereinander?
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[56v] Niklas: nichts anders, dan das wir wol leiden konnen, das du dich understehest, aus ewrer laer anzcuzceigen, wie ein christ in sachen, die szein heil belangen, sol christlich underwiszen werden.fl
fj – fj
fk – fk S, fol. 28r – nachgetr. und gestr. fl P1, fol. 56v – gestr.: S, fol. 28r – nachgetr. Niklas: nichts anders, dan das uns dein vorschlag nurent seher wol gefellet. und weil es nicht wil werden und die zceit nit leidet, das wir lenger beeinander, so las uns morgen wider zcusammen und das unser angefangen gesprech continuiren. Ditterich: wol ich bin so zcufriden, das wir morgen umb siben hore wider alhie erscheinen. Niklas: es gefellet uns.
6 und … kan] Cyprian, Bischof von Karthago, hat das Abendland besonders durch sein Kirchenverständnis geprägt: Salus extra ecclesiam non est (ep. 73, 21). 8 tawg] taugt. 23 in1] ihn. 24 fellen] zu Fall bringen.
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Ditterich: ich understehe mich nit gerne diesz hohen wercks, [57r] aber gleichwol euch zcugefallen und zcum besten wil ich mich damit beladen und got vortrawen, er werde mir in deme durch die gnade seines heiligen geists zcuhulf kommen. 5
Niklas: weil es nicht wil werden und es die zceit nit leidet, das wir lenger bei einander bleiben, so las uns fmdisz unser gesprech iczo einstellen und morgen fruhe umb sechs hora widerfm zcusammen kommen und diesze unszere gesprechs handelung continuiren. 10
fm – fm
S, fol. 29r – korr. aus: morgen umb 6 hora frue.
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[64r]fo Niklas: ein guten morgen, Ditterich. ich sehe dich gerne hie gegenwertig und vorsehe mich noch, du wirdest deiner zcusage nachkommen und an deme anfahen, da bei es gestern gebliebenfp.
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Ditterich: Ich bin darumb hie, wiewol ich lieber andere vorstendige lewte von den dingen wolte horen reden. aberfq weil ich mich einmalfr darzcu vorpflichtet, so mus ich ime nachseczen. und wil mich vorsehen, ir werdet mir disze meine einfalt zcu gut halten. Niklas: Es darff des andingens bei uns nit.
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[64v] Veit: mich deucht, Nikel, du wirst Ditterichen etwas gelinder werden, dan due gestern warest, dan dazcumalfs hettest du ime kawm einen guten morgen gegeben. Niklas: war ist es. ich hette ein bedencken darob gehabt, dan wie due dich aus apostolischer schrifft zcuerinnern hast, so sollen wir die keczere nit grussen, aber weil ich aus deme, so ditterich gestern vorgewandt, hewte weiter nachgedacht, so kan ich ime allenthalb nit unrecht geben. Veit: ubereil dich nit in diesen handel und wancke nit weiterft, dan hewte wirdest du recht erfaren, was hinder ime stecket.
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[65r] Ditterich: ir hat villeicht euch in andern ewren sachen miteinander zcuunderreden, das ir iczo meiner nit warten konnet.
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Niklas: nein, nein, ditterich. wir szeind alleine deiner halben hie. Darumb mogest due wol anfahen und dich nit beschweren lasszen, da wir underweilen zcu unszerer notdorfftfu ein rede thun werden.
fn – fn
fo P1, fol. 57v–63r – vacat. fp S, fol. 29v – korr. aus: S, fol. 29r – nachgetr. fq fr S, fol. vorlassen hast. S, fol. 29v – korr. aus: dan das ich mich vornemen sal lasszen. ft S, fol. 29v – gestr. fu S, fol. 30r – fs S, fol. 29v – korr. aus: gestern. 29v – nachgetr. korr. aus: not.
5 anfahen] anfangen.
12 andingens] Angebot.
19 so … grussen] Tit 3, 10.
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Ditterich: solchs sal euch stecz freihe stehen. damit ich nun das werck im namen gots anfahe, so bit ich got, den heiligen geist, das [65v] er mir seine gnade, one welche nichts ich guts gedencken, viel weniger vornemen noch volenden magk, mitteile und mich in alle warheit fure. [66r] und weil ich alhie sal anzceigen, wie und welchermassen ein mensch moge wol und christlich underwiszen und zcu allem deme, welchs ime zcu szeiner selen heil gut und notwendig fvszein mogefv, wil ich einen, der zcu szeinen iaren kommen, vor mich nemen, den fwvon den iungenfx kindern,fw wie die durch die tawffe zcu christo gebracht und der kirchen eingeleibet werden sollen, hat es kein sonderlich bedencken, ist auch zcwischen uns nit streitig.
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Niklas: wol, wir achtens auch von unnoten, das due von den kindern alhie handelst. Ditterich: [66v]fy Nun wil ich erstlich melden, wie der mensch fzam anfangefz zcu christo gebracht worden und dieszes herrens zcu szeinem heil genissen, zcum andern wan er in stand solcher gnaden getreten, wie er darinnen bis an szein Ende bestehen, zcum dritten da er von solcher gnaden abgefallen, wie er widerumb darein geseczt und durch christum des ewigen lebens von newest phehig werden moge. [67r] galeczlich, zcum vierden, wil ich von gots wort und den heiligen sacramenten, dadurch wir zcur gnade gots gefordert werden, bericht thunga, weil ein ider christ des leibs christi, welchs ist die kirche, glidmas sein sal und ausserhalb der kirchen die ewige selikeit nit erlangen kan, wie und welcher gestalt sich der mensch zcu der kirchen halten sal. [67v]gb gcdamit ich deste volkomlicher das vorrichten moge, welchs ich vor der hand habe,gc last uns anfenglich sehen, wie es umb einen menschen gestalt szei, welcher von adam herkommen.gd [68v] ein solcher mensch ist durch die erbsunde gots zcorne underworffen und dermassen vorterbet, das er die dinge, welche des geists fv – fv S, fol. 30r – korr. aus: mag angebracht werden. fw – fw Siehe P2, pag. 9. fx S, fol. 30r fy Siehe P2, pag. 7. fz – fz S, fol. 30v – nachgetr. ga – ga S, fol. 30v – korr. – nachgetr. gb P1, fol. 68r – gestr. gc – gc S, fol. 30v – gestr. gd P1, fol. 67v–68r – aus: folgend. gestr.: und durch christus nach nit herwiderbracht ist. mit der erbsunde ist er bflecket, zcum argen geneigt, fellet aus einer wircklichen todsunde in die andere, ist ein knechte der sunde und des satans, desgleichen ein kindt des zcorns und der ewigen vordamnus alles nach inhalt gotlicher schrifft. gestehet ir das? Niklas: in deme szeind wir nit irrig. Ditterich: ia, ein solcher mensch hat ein solchen vorwinckelten vorstand, das er die dinge, so des geists, nit vorstehet, alles nach inhalt gotlicher schrifft. und ob gleich nach dem gesecz natur erbarlich leben, sich auch enthalten, szeinen nesten bschwerlich zcuszein und mit szeinen mitburgern, was zcu guter (...) gehoret, halten kan, so bestehet er doch vor got nit.
4 in … fure] Joh 16, 13. 22 ein … sal] 1 Kor 12, 27. Eph 1, 22. Anm. zu P1, fol. 55v (Cyprian).
23 ausserhalb … kan] siehe
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szeind, nit vorstehet und zcum argen gevon iugent ange geneigt, fellet aus einer wircklichen todsunde in die andere, ist ein knecht des zcorns und der ewigen vordamnus alles nach inhalt gotlicher schrifft. und ob wol dieser nach dem gesecze der natur ader Mose erbarlich leben [69r] und sich enthalten kan, das er niemands beschwere, so mangelt es ime doch an dem innerlichen, als das er nit freiwillig thuet, was er thun sal, dan wue in nit die zceitliche scham ader die forcht eines ergern dauon abhilte, worde er one zcweiffel das gegenspil thun, darzcu er dan geneigter. und nachdem got in das hercz des menschens sihet, lest er ime die eusserliche gerechtikeit des geseczes, darzcu die innerliche neigung des herczens nit kommet, keins wegs gefallen, sondern eine solche eusserliche gerechtikeit ist vor dem angesicht gots wie ein unreines tuch einer frauen, so ire krancheit hat, gfwie esaias schreibetgf. [69v] ja, ein ider, welcher allein den eusserlichen schein der gerechtikeit hat, wirdet durchs gesecze ummer erger, dan so lange die sunde und bose begird in imegg herschet, ghwirdet er nurentgh ie geneigter darzcu, giwan ime solche sunde und bosze begirden vorbotten wirdetgi. daher ist dem apostel das gesecze, occasio (...) mortem. In einem solchem armseligem stande ist ein ider, der von natur in diese welt geboren wirdet. [70r] und da er in dem stande vorsturbet, hat er als der, welchen der zcorn gots drucket, nicht gewissers dan des ewigen tods zcugewarten. das gestehet ir nun alles. Niklas: Ei ja. wir szeind in deme mit euch einsgj.
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Ditterich: Wie mag aber nun einem solchen menschen geholffen werden? wue hin sal man in furen, da er sich des, welches zcu szeiner notdorfftigen errettung dienet, erholen mogegk?
ge – ge
gf – gf S, fol. 31v – nachgetr. gg S, fol. 31v – korr. aus: S, fol. 31r – nachgetr. – gh gi – gi gj S, fol. 31v – gh S, fol. 31v – nachgetr. S, fol. 31v – nachgetr. menschen. gk S, fol. 32r – korr. aus: mag. korr. aus: nit streitig.
2 knecht … zcorns] Joh 8, 34. 4 ader Mose] Die zehn Gebote, Ex 20, 2–17. Joh 1, 17. 7 gegenspil] Gegenteil. 8 und … gefallen] Jes 29, 13. 11 wie … frauen] Jes 64, 5. 16 occasio … mortem] vermutlich Röm 6. Zwei Zeilen mit Streichungen schwer lesbar. 18 vorsturbet] verstirbt.
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Niklas: das wollen wir von dir horen.gl Ditterich:gm wolan hort zcu. weil der armselige mensch in solche not, gndie ich hiebeuorn erzcelet, baltgn nach seiner erschaffung gefallen und ime nichts gewissers ware, dan da er in dem stande vorsterben worde, das er ewig muste vorloren szein und aber er ime selber aus dieser not nit helffen konte, erbarmet sich szeiner got, der vater aller barmherczikeit, [72r] und wolte in als szein geschepffe bis ans Ende nit vorterben lassen, sondern schickte seinen eingebornen son vom himmel heraber und lis in mensch werden und auch vor uns schmerczlich leiden und sterben, damit der unschuldige, welcher nihe keine sunde gethan, den abtrag vor uns schuldige thette, auff das wir, weil wir eigenes vordinsts mangelten, des vordinsts und abtrags christi gound szeiner heilwertigen vordinstego zcu unszerer notdorfftigen erlosung genissen mochten. dan ob wol der allergutigste her sich unszerer lawterer umb sonst und one einigen unsern vordinst erbarmet, und uns aus solcher erbarmung zcu unszerm [72v] heil gnade erzceiget, geschihet es doch nit one szeines lieben sons vordinste, gpwie dan in ewigkeit vorsehen und vorordenet ist wordengp, also das wir solchs dem tewren blute christi, welchs vor uns vorgossen ist, zcudancken haben. gqund bringen die heilwertigen vordinste christi nachfolgende fruchte,gq nemlich vorgebung der sunde zcur vorsunung mit got, den wir erzcornet haben, und die ernewerung des geists zcur dempffung der bosen sundhafftigen art in uns, [73r] auff das wir ime herczen from und heilig szein mogen, dan christus, wie der heilige petrus schreibet, hat nicht alleine unszere sunde auff seinem leibe getragen, das er vor die genug thete, sondern auch das wir dero sunde hinforder entladen szein und der gerechtikeit numer leben mochten, weil wir durch seine strimen gesundt gegl
P1, fol. 70v–71v – gestr.: Ditterich: es kan sich einer aus eigen krefftens wol weiter in die sunde vortewffen, ader herausser helffen kan ime kein anderer dan got, wue im propheten osae geschrieben stehen, dein vorterb ist aus dero irsal, aber hulffe von mir. darumb sal sich der mensch nit szein selbst, sondern alleine der gnade und barmherczikeit gots trosten. dan wue der heilige paulus schreibt, ist erschinen die gutikeit gots nit aus den wercken, die wir gethan hetten, sondern nach szeiner barmherczikeit hat er uns selig gemacht und uns one einichen unszern vordinst aus lawterer barmherczikeit errettet, vormischt er doch solche szeine barmherczikeit mit der gerechtikeit und gibet stad dem vordinst christi, weil diser her nemlich der unschuldige unszere schuld genug gethan und uns durch szein sterben und leiden erloset hat, gm Zum Menschen, der aus also aber gleichwol aus sonderlicher liebe zcur menschlichen–. gn – gn go – go S, fol. 32v – Gottes Gnade gefallen ist, siehe P2, pag. 10ff. S, fol. 32r – gestr. gp – gp gq – gq nachgetr. und gestr. P1, fol. 72v – gestr. S, fol. 32v – korr. aus: und bringen solche unszers hern christi heilwertige vordinste zcweierlei fruchte. 9 heraber] herab. 14 lawterer] völlig. 17 also … haben] Röm 3, 25. 19 vorgebung … haben] 2 Kor 5, 19. 23 hat … gemacht] 1 Petr 2, 24. 25 numer] nunmehr. | strimen] Striemen.
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macht. und wangr nun ein ider, der in todsunden stecket, so fern er zcu szeiner seelen heil sal gefordert werden der vorsunung mit gotte, den er erzcornet, und dan auch der heiligung gsund gerechtikeit des hertzens,gs [73v] gtauff dasgt er der todsunde gusich enthaltengu und got nit mehe erzcorne, gvund einen gerechten und christlichen wandel furen moge,gv bdarff, so hat im christus solche bgnadigung erworben, hat es auch bei deme nit wenden lasszen, sondern aus uberschwencklicher gnade und milde uns auch erlanget und vordinet, das wir kinder und erben gots zcur hoffnung des ewigen lebens werden mogen. und hat unsgw also in szeinem blute den trostlichsten Brunnen des heils aufgerichtet, daraus ein ider sunder, was ime zcur selikeit vonnoten, schepffen moge. [74r] damit nun dem armem menschen, welcher in gots ungnade stehet, moge geholffen werden, erfordert die notdorfft, das er zcu gemelten brunnen des heils gebracht werde und daraus emphahe vorgebung szeiner sunde zcur vorsunung mit gotte, ernewerung des geists zcur heiligung und gerechtikeit des herczen und darneben die kintschafft gots zcum erbe des ewigen lebens. und wer die begnadigung gots erlanget, der wirdet gerechtfertiget, gxdar trit aus der kindschafft der zcorn in die kindschafft gots und bekommet alsbald einen gewissen zcutrit zcu der erbschafft des ewigen lebens,gx [74v] also das er von allen szeinen sunden los gezcelet und durch den heiligen geist ernewert, im herczen from, heilig, gerecht wirdetgy. der rechtfertigung henget nun die kindschafft gots dermassen an, das ein ider, welcher in diesen stand trit, des ewigen erbes und lebens als balt phehig wirdet, dan wer gots kindt, ist auch szein erbe, ein erbe gots und ein miterbe christi. [75r] Niklas: alhie geburet mir einzcureden. und achte, veit wirdet meiner meinung auch szein. ich bfinde also viel, das due die heiligung und eingegosszene gerechtikeit gerne woltest in die rechtfertigung einflechten, welchs wir nit zculassen, dan sie thuet zcu der rechtfertigung gar nichts. wir lasszen es wol ein angefangener gehorsam sein, aber das szie zcur rechtfertigung gehore ader die gerechtikeit gebe, gesehen wir nit, ansehen das wir alleine durch die zcugerechnete gerechtikeit christi vor got gerecht szein und nit aus einicher wirdigkeit unszerer eingegosszenen tugenden, auff das die eher unszerer gerechtikeit und heils alleine got gegeben werde. [75v] veit, das ist doch deine meinung auch?
gr S, fol. 33r – korr. aus: weil. gt – gt S, fol. 33r – korr. aus: gs – gs S, fol. 33r – nachgetr. gu – gu S, fol. 33r – korr. aus: uberig sei. gv – gv S, fol. 33r – korr. aus: und der damit. gw S, fol. 33r – gerechtikeit im herczen, damit er zcu szeiner zceit guts thun moge, bdarff. gx – gx gy nachgetr. S, fol. 33v – nachgetr. S, fol. 33v – korr. aus: ist.
7 kinder … lebens] Röm 8, 17. Tit 3, 7. 12 gemelten] genannten. 18 los gezcelet] losgesprochen. 21 phehig] fähig. 22 ein2 … christi] Röm 8, 17. 29 ansehen … tugenden] Apologie der CA, Art. IV (De Iustificatione). 30 wirdigkeit] Kraft, Würde.
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Veit: ja. Ditterich: ich weis wol, was ewre meinung dis fals ist. ir zcihet die gerechtikeit gots auff die imputation und wollet die heiligung und gerechtikeit, so aus der ernewerung des geists herflewst, in menschen gar nichts sein lassen und [76r] vormeinet, das ir also christo szeine rechte eher gebet. damit wir nun hinder den rechten grundt kommen, so last uns sehen, wie es umb die gzheiligung undgz uns eingegosszene gerechtikeit, davon wir iczo handeln, eine gestalt habe. war ist es, adam hat ime und uns die ursprungliche gerechtikeit vorloren, also das nun in denen, welche von ime herkommen, nit mehe die begirden der vornunfft und obersten krefften der seelen underworffen szein, sondern dero widerstreben und nit alleine [76v] widerstreben, sondern auch uber szie herschen. und weil solche lewte zcum argen zcu ider zceitt geneigt, so werden szie von einer wirglichen und vordamlichen sunde in die andere getriben und erzcornen got ummer weiter und weiter. sollen nun die herwider und zcu recht gebracht werden, erfordert die notdorfft, das szie durch den heiligen geist ernewert werden, also das die bosen, mutwilligen begirden in in gedempfft werdenha, nit das szie sich nit mehe regen, sondern das szie nit [77r] mehe herschen. und werden also die lewte frum, heilig und gerecht, dergestalt das numer ein solcher ernewerter mensche sich der todsunde, welche feindschafft zcwischen gotte und uns machen, enthalten und in der heilikeit und gerechtikeit got dienen mogen, sonderlich weil szie mit der liebe numals begabet sein. daher schreibet der apostel, gebenedeiet szei got und der vater des herrens Iesu christi, der uns hat gesegnet mit allerlei geistlichen segen in himmelischen dingen in christo, wie er uns erwelet hat, auff das wir weren heilig und unbemackelt in der liebe. daher begert auch david, das got ein rein hercze in ime schaffe und ein rechten geist in szeinen inwendigen ernewern wolte. [77v] und so lange der mensch dieser ernewerung mangelt, so lange bleibt er gancz unrein und ein knecht des satans und der sunde, mag wider gerecht noch gots kindt derhalbhb werden. sal er nun gerechtfertiget und got angeneme werden, mus er von notwegen vorgebung szeiner sunde und die ernewerung des geists, ia die heiligung und die gerechtikeit des herczens habenhc, hdsal er anders vor got sein, ia es kan keiner got angeneme werden, so lange er den alten adam mit szeinen gz – gz S, fol. 34r – nachgetr. ha S, fol. 34v – nachgetr. hb S, fol. 35r – nachgetr. hc S, fol. hd – hd S, fol. 35r – korr. aus: dan wie mag einer bei got ausgesunet 35r – korr. aus: erlangen. werden, so lange gots zcorn auff ime leit? und wie kan einer gotte angenem werden und den newen adam anzcihen, so lange er den alten adam mit sunthafftigen begirden nit auszcewhet und von sich leget?
5 herflewst] fließt, entspringt. 6 eher] Ehre. 9 adam] Gen 3. Röm 5, 12ff. 17 in2] ihnen. | mehe] mehr. 18 frum] fromm. 22 numals] nunmehr. | gebenedeiet … liebe] Eph 1, 3–4. 25 unbemackelt] ohne Makel. | das … wolte] Ps 51, 12.
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bosen begirden nit von sich leget und den newen adam anzceuhet, wie dan keiner zcu gleich gerecht und im herczen ein schalckhe szein mag.hd [78r]hf darumb begreifft die rechtfertigung in ein iden die loszcelung, vorzceihung der sunde und vorsunung mit got und darneben viel gedachte ernewerung, heiligung und gerechtikeit des herczens, wie dan die schrifft beids in die rechtfertigung henget. got ist, der do rechtfertiget. wer ist, der da vordampt, spricht paulus, und eben dieser apostel saget weiter, da die gutikeit und milde unsers seligmachers erschine, hat er uns nit [78v]hg aus den wercken der gerechtikeit, die wir gethan hatten, sondern nach seiner barmherczikeit selig gemacht, durch das bad der widergeburt und ernewerung des heiligen geists, die er uberflussig uber uns gegossen hat durch christum Iesum, unsern seligmacher, auff das wir gerechtfertiget durch szeine gnade erben szeind nach der hoffnung des ewigen leben. sihe alhie hat ir beides, das zcur rechtfertigung gehore: vorgebung der sunde und die ernewerung zcur herlikeit, weil in der ersten stelle pauli der rechtfertigung das vordammen als ir recht oppositu entgegen geseczt wirdet und in anderen stelle die ernewerung [79r] als die, welche die rechtfertigung mit sich bringet, angezcogen wirdet und zcu deme diese meinung in der schrifft gegrundet, so hat es bis daher die gancze christliche kirche also gehalten. das ir aber icziger zceit hhheiligung undhh die gerechtikeit des herczens von der rechtfertigung wollet ausschliessen, habet ir keinen fug und wil euch deste weniger geburen, solcher eingegosszener und von got gegeben tugend iren namen zcuuorandern und sie nit mehe die gerechtikeit eines christenmenschens, sondern einen angefangenen gehorsam zcunennen, dan wue vor sich solchs ansehen lasse, [79v] moget ir euch bei s. paul erkunden, da er szeinem timotheo gebewtet, das er nouas vocum prophanitates meiden sollehi. und wil euch noch niemands geburen, den heiligen geist in der schrifft zcumeistern, welcher diese tugend eine gerechtikeit nennet, nemlichhj es szei dan, das ewre gerechtikeit ubertreffe die gerechtikeit der schrifftgelarten und phariseer, so wirdest nit eingehen ins himmelreich, spricht christus selber und iohannes, der die gerechtikeit tut, ist gerecht. [80r] hkaber das sage ich gleichwol und bekenne es, ob wol diese gerechtikeit des herczens eine
he
hf Siehe P2, pag. 32. hg Siehe P2, pag. 33. hh – hh S, fol. 36r – Siehe P2, pag. 39. hi hj hk – hk nachgetr. S, fol. 36r – gestr. S, fol. 36r – nachgetr. S, fol. 36v – korr. aus: und woltet es eben davor halten, das dis eine ware gerechtigkeit sei.
1 den … anzceuhet] Eph 4, 24. | anzceuhet] anzieht. | wie … mag] Reaktion auf Luthers „simul iustus et peccator“, Vgl. Althaus (1963, 211–213). | dan … mag] eventuell Anspielung auf „Der Schalksknecht“, Mt 18, 21–35. 6 got … vordampt] Röm 8, 33–34. 14 herlikeit] Herrlichkeit. 21 zcuuorandern] zu verändern. 7 da … leben] Tit 3, 4–7. 24 nouas … meiden] 1 Tim 6, 20. 27 es … himmelreich] Mt 5, 20. 29 der … gerecht] vermutlich 1 Joh 2, 17.
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ware ist,hk propter veri boni finem ad quem refertur, wie der heilige augustinus schreibt, und wiewol diese gerechtikeit die gerechtikeit der schrifftgelerten und phariseer ubertrifft, so ist szie doch geringer, dan die ursprungliche gerechtikeit geweszen ist, dempfft wol die bosen begirden, das szie dem guten geiste in uns nit obsigen, aber doch nit also, das szie solchem geiste nit mehehl widerstreben. hmdesgleichen lest uns solche gerechtikeit, so lange wir die haben und nit mutwilliglich von uns auschlahen, in tod und vordamliche sunde nit fallen, aber das wir nit mehe ader weniger thun, dan wir thun sollen und also nit teglich sundigen, vorkommet solche uns eingegosszene gerechtikeit nit. derhalb schreibet der heilige iohanneshm: [80v] und hndas der, welcher saget, das er keine sunde habe, sich selber betrige und die warheit in ime nit szei.hn ob nun wol die gerechtikeit, welche got, der heilige geist, unszern herczen eingeust, eine ware gerechtikeit ist, so ist szie doch an ir selbst nit gar volkommen, wie sie dan den menschen in die gancze volkommenheit nit einseczet. [81r] aber damit der mensche, welcher durch den weg zcu christlicher demut geursacht wirdet, sich in christo deste mehe zcurhumen habe, bekleidet in der herre mit szeiner aller volkomlichsten gerechtikeit, so er am stam des creuczes auffgericht, und teilet ime die mitte also, das er dero nit weniger, dan als were szie szein eigen, genisszen mag. dan gleich howie christus, der die sunde nit gekant, sich zcur sunde vor uns gemachtho und unsere missethatten auff sich geladen hat, also [81v] treget sich zcu, das der, welcher one sunde nit lebet, in christo die gerechtikeit gots wirdet, wie der heilige paulus schreibet, und die anzewget, gleich als were szie szein eigen, under welcher dan unsere mengel gedackt werden, gleich als weren szie in uns gar nit, und solchs alles nit zcu geringem trost unszerer armen seelen, die sonst leicht allerlei bekommerung und schreckens in dieser betrubten welt vorfallen kan.
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hm – hm S, fol. 36v – korr. aus: desgleichen vorkommet solche S, fol. 36v – nachgetr. gerechtikeit, das wir nit in todlich sunde fallen, aber vorkommet szie gleichwol nit, das wir nit teglich strauchlen, mehe ader weniger thun, dan wir wol thun solten und also nit tegliche sundigen. derhalb dan der heilige joannes schreibt, das der nit sundiget, welcher aus got hn – hn Siehe P2, pag. 9ar. ho – ho Siehe P2, pag. 14. geboren sei.
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propter … schreibt] De Civitate Dei, Liber XIX, Caput XXVII (PL 41, 657). 10 und … szei] 1 Joh 1, 8. 11 betrige] betrüge. widerstreben] Gal 5, 16ff. eingeust] eingießt. 19 christus … wirdet] 2 Kor 5, 21. 22 anzewget] anzieht. gedackt] gedeckt.
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Niklas: alhie kommest due fast auff unszere meinung, [82r] aber gleichwol willest due die zcugerechnete gerechtikeit christi nit unszere gerechtikeit alleine szein lasszen.hp 5
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Ditterich: ir must aus den ursachen, die ich vorgewandt und in gotlicher schrifft gegrundet, gestehen, das die eingegosszene gerechtikeit eine ware gerechtikeit szei, one die wir nit selig werden mogen, aber gleich wol, das die aus allervolkomlichste gerechtikeit christi darzcu komme und uns mitgeteilt werde, nit das szie ihene auffhebe, sondern ersecze, was uns an derselbtigen abgehet, auff das wir der ganczen volkommenheit, der wir in uns mangeln, in christo teilhafftig werden.hq [82v] Niklas: dis alles thut mir nit genug, dan sollen wir unser vormogen gar darnider schlahen, damit wir uns alleine im herrn rhumen, so mussen [83r] wir unszern tugenden nichts zcumessen, sondern unszere gerechtikeit alleine in christum stellen. Ditterich: billich ist es, das wir die eher und glori gots vor allen dingen suchen, wer die nicht erreicht, der felet der warheit nit, wie christus im ioanne selber sagethr: aber mich deucht, due suchest alhie die ehere gots nit, wie du thun salst. war ist es, unser menschlich vormogen, krafft und tugend sollen wir darnider schlahen, auff das wir uns deste besser im hern erheben und rhumen mogen. und da es alhie umbs menschlich vormogen, krafft und tugend alleine zcuthun hrund
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S, fol. 38r – nachgetr.: weil due willest, das wir auch im herczen durch die eingegosszene gerechtikeit gerecht werden. Ditterich: ia, ich gestehe, das die eingegosszene gerechtikeit in uns auch szein mus und das wir one die nit gerecht werden nach christlich leben konnen. S, fol. 37r – nachgetr.: Niklas: due sagest wol etwas. wie bleibet aber die imputation und zcugehq S, fol. 37r–37v – nachgetr.: Ditterich: rechnete gerechtikeit, daran aller meist gelegen? ich wil dir auch nit vorgessen und gibst die gelegenheit, das wir gleich iczo die zcur hend nemen, an dem ist es, das wir durch die gnade gots, welche uns christus erworben, im geist erneuert und im herczen gerecht werden, thun mit willen, was wir thun sollen und mogen und meiden wollen, was wir meiden sollen, auch mogen, aber gleichwol weil unsere ersten eltern durch unszere hoffart erstlich gefallen, hat uns got in die gar volkomlich gerechtikeit nit wider einseczen wollen, damit wir uns in uns selber nit auffblehen, sondern in steter demut leben musszen. daher kommet es, das wir alhie auff ertreich auch nach der ernewerung des geists und heiligung mit allerlei mangel nach beladen bleiben, ia auch also das wir one tegliche sunde nit leben. weil nun deme also und weil wir in uns der gar volkommenen gerechtikeit alhie mangeln, teilt uns unszer her christus szeine volkomlichste gerechtikeit, die er am stam des creuczes auffgerichtet, mit und zcornet uns, weil wir in uns der also, gleich als mangele uns an der gar volkomlichen gerechtikeit gar nichts, damit wir deste mehe trosts in unserm hr – hr S, fol. 38r – gestr. hern christus wider alle vorzcweiffelung haben. 13 darnider schlahen] außer Acht lassen.
20 aber … salst] Joh 7, 18. Joh 5, 44.
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were, kont ich mich leicht mit dir vorgleichen, aber wir handeln alhie nit von dem, welchs menschlich und naturlich ist, sondern [83v] von gots geschenckter gabe und der eingegossenen gerechtikeit. und ob ich wol meine naturliche kreffte vor gering achten und darnider schlahen sal, so wil mir gleichwol nit geburen, das ich solche gots gabe gering schecze und vornichte, angesehen das der, welcher gots gnedige gaben vorachtet, nit demutig, sondern undanckbar bfunden wirdet. und da wir deme, welchs dises fals unszere notdorfft erfordert, nachkommen wollen, [84r] sollen wir hssolche gots gaben nicht vorachten noch gering schaczen, sondernhs umb solche gaben got dancken und bitten, das er durch seinen heiligen geist die in uns mehern wolle. und heldet nun diese meine meinung gegen der ewren. und sehet, welche wegerer, fruchtbarer und an ir selber christlicher sei.ht [84v] gedenckt, ob ir got nit mehe eheret und glorificiret, so ir szeine gaben gros achtet. dan da ir die vorachtet, gedenckt, ob es nit besserlicher sei, so ir die eingegossene gerechtikeit vor gut achtet und euch umb so viel mehe in dero ubet, dan da ir die in vorachtung stellet und gleich vorhu ein undinstlich ding heldethv. gedenckt, [85r] ob ir nit mit wenigerm ergernus es davor haltet, das euch got mit solcher gerechtikeit begnadet, auff das ir in der wandert und euch alles guten bevleissiget, dan das ir meinet, als dorfft ir from und gerecht szein, sondern szei genug, das ir davor gehalten werdet. und da ir nit im herczen gerecht szein wollet, sondern alleine christum zcu ewrer gerechtikeit machet, hwgedencket, da ir euch der gerechtikeit christi trostet, ob ir gleich der innerlichen gerechtikeit des herczens nit habet, ob ir nit dises fals den herren der eheren zcu ewerm schanddeckel ewres bosen lebens machet,hw [85v] daraus dan erfolget, das die, welche hxdie eingegossene gerechtikeit vorachtenhx, nit schewen noch auffhoren, sunde und lastere mit sunde und lasteren zcuhewffeln. und wollen doch, das inen solchs nit schade, weil szie diesen iren wust mit der gerechtikeit christi decken mogen, dan mus nun christus nit dohin dienen, das er szie frommer mache, sondern dahin, das er ire untugend also vormentele, das szie deste freier und nit weniger hs – hs S, fol. 38v – nachgetr. ht P1, fol. 84r–84v – gestr.: Ewre meinung vorkleinert die heiligung und innerliche gerechtikeit, gibet ursache, das alles guts vorachtet wirdet, gibet den schendlichen paradoxen, davon ich gestern meldung gethan, rawm, machet, das sich mancher uberredet, als szeind die guten werck irer art nach todsunde, ia das szie nicht alleine todsunde, sondern auch schedlich zcum heil szeind, welchs nicht allein der warheit ungemes, sondern auch an ime selbst ergerlich und da die eingegebene ernewerung, heiligung und gerechtikeit hu S, fol. 39r – korr. aus: als. hv S, fol. 39r – korr. aus: von euch nichts gelten sal–. hw – hw stost. S, fol. 39r – korr. aus: gedencket, ob ir nit in, den hern der eheren, zcu ewrem hx – hx S, fol. 39r – korr. aus: an der eingegossenen gerechtigkeit schanddeckel machet. vorzcweiffeln.
4 vor] für. 10 mehern] mehren. 14r. 26 zcuhewffeln] häufen.
23 schanddeckel] 1 Petr 2, 16, siehe Anm. zu P1, fol.
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schewe sich in alle laster vortewffen mogen. [86r] denen ist nun christus nit das lamb gots, welchs die sunde weg nimmet, sondern welchs die sunde hyder welthy und lastere gut machet und gleich frei stellet. wie konte doch einer christum mehe schmehen und lestern, dan dergestalt, dadurch er in zcum diener der sunde und zcum mitler machet? was aus diesem bosen und gifftigen bawm vor bose und nachteilige fruchte erwachsen, ist unuorborgen und gibets die tegliche erfarung. und bfindet sich, das ewre lutheraner, wan szie [86v] sich gancz in die laer hengen, hznit alleinehz besser werden, iasondern ummer erger,ia wie der hochgelarte und tewere man Erasmus Rotherodamus von inen gezcewgt hat. so hat ewer luther selber bekant, das die guten sitten bei euchib erger szeind, dan szie iczcuvor imic Babstumb geweszen. aber gleichwol damit ir vormercken moget, das die catholische religion dieses fals das rechte mittel helde, sollet ir wissen, das szie die eingegossene gerechtikeit eine ware gerechtikeit szein last. gestehet auch, das one die keiner selig werden mag, in betrachtung das szie alhie auff ertreich mus angefangen werden, damit szie in ihener welt ir volkommenheit erlangen moge. und das wir uns alhie krafft dieser [87r] gerechtikeit in allem guten, so viel uns ummer moglich, uben sollen. das auch got vorheischung gethan, idsolche gerechtikeitid in diesem leben zceitlich und in ihenem leben ewiglich zcubelonen. aber nachdem gleichwol diese gerechtikeit, so lange wir auff ertreich leben, nit gar volkommen wirdet, so teilt uns christus szeine eigene gerechtigkeit mit, auff das wir uns in ime solcher volkommenheit erholen mogen und dero wir uns in aller unszerer unuolkommenheitie, betrubnus und anfechtung zcutrosten haben. wie dan die gancze gewisheit unszerer hoffnung und vortrawens auff dem tewren blut christi stehet, in masszen der heilige augustinus schreibet. [87v] da wir nun uns dieser bescheidenheit halten werdenif, liesszen christum alleineig unszern trost sein und hilten uns darneben zcur heilikeit und furten nach dem willen gots einen guten und gerechten wandel, gingen wir den
hy – hy
hz – hz S, fol. 39v – korr. aus: alleine nit. ia – ia S, fol. 39v – S, fol. 39v – nachgetr. ib ic – ic nachgetr. S, fol. 39v – korr. aus: inen. S, fol. 40r – korr. aus: vor dem id – id S, fol. 40r – korr. aus: die. ie S, fol. 40r – nachgetr. if S, fol. 40v – Babstumb. ig S, fol. 40v – gestr. nachgetr.
1 vortewffen] vertiefen. | das … nimmet] Joh 1, 29. 9 Erasmus Rotherodamus] Erasmus von Rotterdam (1466–1536). Wahrscheinlich in der Auseinandersetzung mit Luther zur Frage des freien Willens: z.B. „Verum hic obsequutus es fratribus, inter quos scio permultos esse, quorum mores procul absint ab Euangelio, cujus titulo sese venditant“, Hyperaspistes 1526/27, Vgl. bei Lesowsky (1969, 204f.). Erasmus des Weiteren in Auseinandersetzung mit Luther in Diatribe de libero arbitrio 1524.
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rechten weg. ihin summa darauff stehet es, das wir die eingegossene gerechtikeit haben musszen, auff das wir aus der leben und einen guten wandel nach dem willen gots furen mogen, aber die mitgeteilte gerechtikeit christi musszen wir haben, auff das wir in aller anfechtung unsere hoffnung und trost darein stellen mogen.ih
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[88r] Niklas: das due von der mitgeteilten gerechtikeit christi, welche wir die zcugerechnete nennen, vorbringest, das hast due von uns. und glewbe, das ir, ehe unszer doctor Martin Luther kommen, davon nichts gewust ader gehort habt. 10
Ditterich:ii wie dan, wan ich das gegenspil darthete und anzceigete, das Luther diesze laer von uns emphangen und wir nit von ime? Niklas: du mogest dichs understehen. 15
Ditterich: der heilig Augustinus schreibet auff diese meinung in libro meditationum, [88v] in wunden christi wone ich sicherer, dan was mir mangelt, des erhole ich mich aus dem ingeweide christi. item ich habe nicht gefunden eine solche krefftige arczenei als die wunden christi. in dem schlaffe ich. in dem ruge ich one sorge. alle meine hoffnung ist im tode meines herrens. sein tod ist mein vordinst, meine zcuflucht, mein heil, mein leben und meine aufferstehung. hirczu stimmet der heilige Babst Leo, der grosse ad palestinos, da er von christo also schreibet, in ime szeind wir alle gecreucziget, alle von toden aufferweckt, dan der glawbe, welcher die gotlosen rechtfertiget und [89r] schafft gerechte, wan er gezcogen wirdet an den, welcher der menscheit teilhafftig ist, erlanget er das heil in deme, in welchem er alleine sich unschuldig bfindet. auff diese meinung schreibet auch ih – ih S, fol. 40v – korr. aus: gleubest due, das due durch keinen anderen weg dan durch den todt christi selig werden mogest? antwort der krancke, ich gleubes. als dan sage man ime, wolan, so lange die seele in dir ist, so stelle dein vortrauen in den todten alleine. in keinen andern dinge habe dein zcuuorsicht. bedecke dich gantz mit solchem tode. vormisch dich gantz in den. in den thue dich gantz. dergestalt, deucht mich, solte ein christenmensch, der nun gerechtfertigt ist, underwiessen werden, wie er in gots gnade be- (zur Passage in S kein Geii P1, fol. 88r–89v siehe P2, pag. 42–45. genstück in P2).
7 welche … nennen] Röm 4, 3 u. 22. Phil 3, 9. Apologie der CA, Art. IV, 186: iustitia in nobis imputative, Vgl. Bekenntnisschriften (1998, 219). 16 libro meditationum] Augustinus, Liber meditationum (PL 40, 902–942). 20 alle … aufferstehung] Manuale, Cap. XXIII (PL 40, 961). Siehe Anmerkung zu P1, pag. 86. 23 in … bfindet] Röm 6, 6–8. Papst Leo der Große (400–461): „Wissen wir doch, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan werde und wir ihr nicht noch weiter dienen; denn wer gestorben ist, ist von der Sünde gerechtfertigt. Wenn wir aber mit Christus gestorben sind, dann werden wir auch, so glauben wir, mit ihm leben (...)“ (Steeger 1927, 163f.).
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der heilige bernhardus, offenbar ist es, das der geirret hat, der da sprach, grosser ist meine bosheit, dan das ich vorgebung erlangen mag. das mangelt ime, das er nit war von den glidmassen christi, das ime auch nit zcustunde, das das vordinst christi vor szein eigen achte, vor das szeine anzcoge, welchs christi were, als ein glid das ihenige, so des hewpts ist. ich aber ijerhole mich des ihenigenij, so mir aus mir mangelt, mit getrostem mute aus den ingeweiden des herrens. last uns [89v] leczlich bei thomam Aquinatemik horen, wie er von den dingen saget, dem getawfften, spricht er, wirdet das leiden christi zcur vorgebung der sunde mitgeteilet, gleich als hette er geliden und were vorstorben. und saget weiter, das leiden christi wirdet den getawfften mitgeteilet, so fern als er ein glid christi, gleich als hette er die marter erliden, hie sehet ir, wieil unszere lieben vorfarn die mitgeteilte gerechtikeit christi, welche stehet in szeinem leiden und sterben, erkant imund an tag gegebenim haben, also das solche nit Luthers laer ist, sondern das er die von den unszern emphangen, dan die erzcelten vettere szeind lange vorm luther inin unszerer kirchein gewesen. so bfindet sich auch, das die auch den leczern unszern (lerern), welche ir doch sehr vorachtet, nit [90r] unbewust, wie der spruch thomae klar ausweiszet. da du nun in dem allem kein bedencken hettest, so wolte ich fort faren. Niklas: ich hette sorge, Veit, wir mussen mit dem zcufride sein. Veit: ich las es meinethalben dabei bleiben. Niklas: Ditterich, du magst wol vortfaren.
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Ditterich: weil nun deme allem also, wie ich angezceigt habe, so bfindet sich, was der her christus durch szein heilwertig blutvorgissen und sterben uns erworben habeio, nemlich vorgebung der sunde ipzcur aussunung mit gotteip, [90v] die ernewerung des geists iqzcur heiligungiq und gerechtikeit des herczens, die kintschafft gots zcum erbe nach der hoffnung des ewigen lebens und das er neben deme allem uns szeine aller volkomlichste gerechtikeit mitteilet und uns damit zcu sonderlichem unszerm trost zcieret. [91r] dis szeind nun eben die wolthaten ij – ij
ik S, fol. 41v – nachgetr. il S, fol. 42r – korr. aus: das. S, fol. 41v – nachgetr. io S, fol. 42v – gestr. in – in S, fol. 42r – nachgetr. S, fol. 42r – nachgetr. iq – iq S, fol. 42v – gestr. fol. 42v – gestr. im – im
ip – ip
S,
7 dem … erliden] Thomas von Aquin (1225–1274). „Ad primum ergo dicendum quod, quia poena passionis Christi communicatur baptizato, inquantum fit membrum Christi, ac si ipse poenam illam sustinuisset, ejus peccata remanent ordinata per poenam passionis Christi.“ (Summa Theologica, Die Sakramente, Taufe und Firmung (1935, 273). Siehe auch P1, pag. 44. 11 erliden] erlitten.
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christi, dadurch wir alhie gerecht und nach diesem leben das ewige erlangen und one welche wir solchs keins wegs erlangen mogen. diese begnadigungen szeind nun in dem einigen brunnen unszers heilands vorfast, daraus wir uns dan dero erholen musszen. irwie nun und welcher gestalt solchs geschehen mag, wil ich volgend anzceigen.ir und weil dem menschen nit alleine [91v] vonnoten szein wil zcu wissen, was er von unszerm herren christo zugewarten habe, sondern sal auch berichtet werden, wie und durch welch mittel er dessen teilhaftig und zcu szeinem heil genisszen moge, wil ich davon folgenden nach rechter ordenung underricht thun. und ist an deme, das got den menschen nit aus den wercken der gerechtikeit, die er gethan, sondern aus szeiner gruntlosen Barmherczikeit und lawter umb sonst begnadet. und wiewol der mensch zcu christo nit kommen und szeiner gnade teilhafftig werden mag, es zcihe in dan isder vateris, [92r] wie christus selber sagt, so handelt er doch nit mit ime wie einem toden plock, sondern zcewhet in mit szeinem willen, den er in ime durch szeine gabe schaffet, dan ein solcher mensch kommet zcu christo nicht ehe, er szei dan erstlich von szeinen sunden, dadurch er got erzcornet, abgewanth, dan weil solche szeine sunden sonderung machen zcwischen got und dem menschen, wie im esaia geschriben stehet, und feindschafft einfuren, so lange der mensche itsolchen szeinenit sunden anhenget, mag eriu zcu christo nit kommen nach von got gezcogen werden. demnach wil einem iden, der gots gnade emphahen und der vordinste christi teilhafftig werden sal ivund nun zcu szeinem alter kommen istiv, vor allen dingen vonnoten szein, das er in sich gehe, szeine sunde [92v] und missethat nach der regel des gotlichen geseczes betrachte und die von herczen berauhe, davon absehe, mit einem guten vorsacze solche hinforder zcu meiden, welchs die art und eigenschafft der rechten christlichen bussze istiw und dem menschen durch got eingegeben wirdet. von der saget johannes, da er dem herren den weg bereitet, thut busse, dan das himmelreich ist nahe herzcuer kommen. [93r] und wiewol demix mensche, welcher also in sich selbest gehet, iygeburen wil zcubdenckeniy, welcher massen er wider got, szeinen gutigsten vater, gehandelt und solchs herczlich zcuiz berawhen, sal er doch darob an got und szeiner milde nit vorzcweiffeln, sondern sich die vorsprochene gnade christi, die aus szeinem heilwertigen vordinste herflewst, auffrichten lasszen, [93v] welchs sich als dan zcutreget, wan er den vorheischungen und vortrostungen gots unzcweiffelich glew-
ir – ir
is – is S, fol. 43r – korr. aus: got. it – it S, fol. 43v – korr. aus: P1, fol. 91r – gestr. iu iv – iv iw S, fol. 43v – nachgetr. den. S, fol. 43v – nachgetr. S, fol. 43v – nachgetr. ix P1, fol. 93r – der (bedencken sol). iy – iy S, fol. 44r – korr. aus: bedencken. iz S, fol. 44r – nachgetr.
9 und … begnadet] Tit 3, 5. 11 wiewol … vater] Joh 6, 44. 14 zcewhet] zieht. menschen] Jes 59, 2. 23 berauhe] bereue. 27 thut … kommen] Mt 3, 2.
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bet. ich wil nit, spricht got, den tod des sonders, sonder das er sich bekere und lebe. einen solchen glawben erfordert christus, da er sprach, weil die zceit erfullet und das reich gots herczu kommen ist, so thuet busse und gleubet dem Euangelio. dieser glawbe wirdet als dan in got recht gerichtet, wan er glewbet wider die hoffnung in der hoffnung nach inhalt apostolischer laerja, wider die hoffnung eigenes vordinsts in der hofnung und zcuuorsicht [94r] der vorsprochenen barmherczikeit gots und des tewern vordinsts unszers heilandsjb Iesu christi. wer nun mit solchem glawben und vortrawen sich zcu gotte keret, der gehet recht zcu deme thron der gnaden, gibet gotte die ehere szeines heils und bevilet sich dem hern und wirdet darob nit zcuschanden, sondern ime geschihet, wie er glewbet und emphehet alsbalt das ihenige, so ime der herre zcu szeinem heil erworben hat, nemlich vorgebung der sunde zcur vorsunung mit got und dem heiligen geist zcur ernewerung, wirdet gerechtfertiget, ia auch mit der alvolkomlichsten mitgeteilten gerechtikeit christi gezciret, ein kind und erbe nach der hoffnung [94v] des ewigen lebens.jc und zcu deme einem solchen menschen die volkomlichste gerechtikeit christi mitgeteilet wirdet, da mit er im herrn deste mehe trostes finde, [95r] so wirdet im obberurter szein glawbe in christum zcur gerechtikeit zcugerechnet, wie der apostel zcun romern schreibet. aber neben deme allem wil auch dem zcu der ersten szeiner bekerung vonnoten sein, das er sich tawffen lasse, in betrachtung das nach der laer unszers heilands keiner ins himmelreich eingehen mag, der nit zcuuorn aus dem wasser und heiligen geist widergeboren szei. wan nun der angezceigter gestalt zcu rechte gebracht und aus der ungnade gots in die gnade gesaczt wirdet, so hat er alsbalt den zcutrit zcum ewigen leben. daher gehen nun die trostspruch christi: als moyses erhohet hat die schlange in der wustung, also mus der menschen son erhohet werden, auff das ein ider, welcher in in glawbt, nit vorterbe, sondern habe das ewige leben. wie also hat got die welt gelibet, das er szeinen [95v] eingebornen son vor uns dargegeben, damit ein ider,
ja P1, fol. 93v – nachgetr.: der glawbe gelte vor got; imputatur. jb S, fol. 44r – korr. aus: jc P1, fol. 94v – gestr. und bricht ab: alles nach bsagung gotlicher schrifft. aber herren. neben deme wil auch zcu der ersten szeinen bekerung vonnoten szein, das er sich tawffen, in betrachtung das nach der laer christi, unszers heilands, keiner ins himmelreich eingehen mag, der nit zcuuorn aus dem wasser und heiligen (...) geboren szei und wan nun der durch icztberurten, was aus der ungnaden gots in die gnade gots gesaczt wirdet, so hat als bald den zcutrit zcum ewigen leben und wan er in dem awgenblick storbe werde einen gewisszen zcutritt zcum ewigen leben–.
1 ich … lebe] Ez 18, 23 (Pflug: Ez 19). 2 weil … Euangelio] Mk 1, 15. 4 wan … hoffnung2] Röm 4, 18. 10 und … glewbet] Röm 10, 11. 12 vorsunung] Versöhnung. 15 lebens] Belegangaben von Pflug selbst abgesetzt auf dem Rand ergänzt: Röm 3, Gal 5, Joh 1, Röm 6. 17 wirdet … zcugerechnet] Röm 4, 22. | obberurter] oben berührter. 20 keiner … szei] Joh 3, 5. 24 als … leben] Joh 3, 14-16. 26 in2] ihn.
C4.2 Das Andere Buch - von der gemeinen christlichen laer
welcher in in glewbt, nit vorterbe, sondern habe das ewige leben. item ich bin die aufferstehung und das leben. welcher in mich glewbet, wan er gleich sturbet, wirdet er doch leben. und ein ider, der da lebet und glewbt in mich, der wirdet nit sterben. also szei gesagt von den mitteln und wegen, dardurch ein armseliger sunder erst zcu got kommen und szeiner gnade und vordinsten unsers hern iesu christi teilhafftig werden und den zcutrit zcum ewigen leben erlangen moge. Niklas: die meinung ist allenthalben recht und dem Euangelio gemes, wie dan die aus unszerer laer herflewst, dan [96r] ewre lerer gehen viel anders mit den dingen umb, stellen das auff ire werck und vordinst, welchs due iczo auff den glawben stellest, wie wir dan auch thun. Ditterich: jddie laer, so ich vorbracht, ist ebenjd der alten algemeinen christlichen kirchen laer. hat ir nun etwas dauon erwuschet, des solt ir uns billich dancken. dan das ir meinet, die unszeren geben vor, das wir aus unszern wercken die angezceigte gnade gots vordinen und an uns bringen, in deme jeirret ir euchje, dan wir catholischen konnen uns durch gots vorleihung wol berichten, das wir zcu berurter gnade nit aus unszern wercken und irem vordinst, sondern aus der erbarmung gots kommen, wie ich oben auch vormeldet. so halten wir die schlusrede unszers hewptlerers [96v] augustin, nemlich das die werck, so vor der gnade gots herlawffen, zcum heile nichts wircken, ja das szie auch im menschen nit ehe gut werden, er szei dan zcuuorn gerechtfertiget, wie er dan spricht. so ist uns auch der spruch ambrosii nit ubel bekant, da er sagetjf, es sei beschlossen von got, das der, welcher glewbet, one die werck aus dem glawbe alleine vorgebung der sunde emphehet. uber das zeiget auch chrisostomus an, auff das der mensche one werck kan nit alleine gerecht, sondern auch selig werden, aber nit one den glawben. [97r] so wissen wir auch, was jgder apostel ausdrucklich seczet, nemlich wir achtens, das der mensche gerechtfertiget werde durch den glawben one die werck jd – jd jf
S, fol. 45v – korr. aus: das ist. S, fol. 46r – korr. aus: spricht.
je – je jg – jg
S, fol. 45v – korr. aus: in deme irrest due dich. S, fol. 46r – korr. aus: die apostolische schrifft meldet.
1 ich … sterben] Joh 11, 25-26. 14 erwuschet] erfasst. 22 wie … spricht] opera de fide et operibus: „cum ergo dicit apostolus arbitrari se iustificari hominem per fidem sine operibus legis, non hoc agit, ut percepta ac professa fide opera iustitiae contemnantur, sed ut sciat se quisque per fidem posse iustificari, etiamsi legis opera non praecesserint. sequuntur enim iustificatum, non praecedunt iustificandum.“ (CSEL 41, 5/3, 61f.) 23 das … emphehet] „(...) uel quod infirmitas peccatorum per misericordiam domini remittatur, ut non ex operibus, sed ex fide redemtus a crimine si gloriatur in domino glorietur.“ (CChr.SL 14 (1957, 284). 25 chrisostomus] Johannes Chrysostomus (*ca. 350–407), Vgl. TRE 17, 188ff. „(...) hanc porro Dei justitiam, quae ex fide est, eo quod tota sit ex superna gratia, et quod non laboribus, sed Dei dono justificemur.“ (PG 60, 565). 27 nemlich … geseczes] Röm 3, 28. Luther fügt allein ein.
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des geseczesjg. aber das gefellet mir gleichwol, das ir euch diese laer allenthalb gefallen lasset. und weil deme also, wil ich hoffen, ir wirdet euch ewre irrende meinung, dadurch ir die busse und heiligung hindertjh und umbstosset, deste mehe misfallen lasszen, dan wue nit busse ist, da ist auch keine demut, da ist auch kein rechter glawbe, inmassen ich die dinge gestern nach der lenge ausgefuret habe. wue man aber des glawbens mangelt, da mangelt man auch der notwendigen gnaden christi zcum heil. [97v] und nachdem ich mich vorsehe, die dinge szeind numer genugsam erkleret, also das ir denen wol selber werdet wisszen nachzcudencken, so wil ichs hirbei beruhen lassen und in unszerer vorgenomenen materii fortschreiten, ir hettet dan ein ander bedencken. Niklas: fare nurent fort, dan ich habe kein bedencken. Veit: ich auch nit.
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Ditterich: wan der mensch in gots gnade eingetreten und szein kindt worden, hat er sich aller gnaden von got und des ewigen lebens zcutrosten, und da er alsbalt und ehe [98r] hat auch den zcutrit zcum ewigen leben, wie ich hiebeuorn vormeldet habe. ie mehe sich nun ein ider des aus gots barmherczikeit und den vordinsten christi zcutrosten hat, ie mehe sal er sich bevleissigen, das er aus der hohen gnade, dar innen er stehet, nit wider ausfalle. derhalb sal er dem willen und gebotten gots vleissig gehorsamen, das arge meiden und das gute thun. dan ob einer gleich christo durch szeinen glawben eingepflanczt ist, wirdet er doch, so er zcu seiner zceit nit gute frucht der werck treget, als ein unfruchtbarer und unnuczer zcweig abgeschnitten und ins hellische fewer geworffen, wie christus selber sagt. [98v] jiund wiewol einer one vorgehende vordinst szeiner werck durch den glawben kan gerecht und ein kind gots werden,ji so mag er doch in deme stande, wan er nach erlangter rechtfertigung und kindtschafft im gehorsam gots nit lebet und szeinen geboten mit guten wercken nach szeinem vormogen nit volge thuet, nit bestehen, dan es stehet geschrieben, welcher knecht den willen szeines hern weis und nit thut, sal mit viel streichen geschlagen werden. demnach ist einem iden christen vonnoten, szein leben alszo anzcustellen, das er szeine unschuld beware und gute mit szeinen wercken, so viel an ime, jjwas ime got beuolen, thuejj. wilst due in das himelreich eingehen, so halt die gebot, jkspricht christus selberjk. [99r] und zcu deme einem idem gerechtfertigtem solchs von-
jh
ji – ji Siehe P2, pag. 19f. jj – jj P1, fol. 97v – korr. aus: S, fol. 46v – korr. aus: vornichtet. jk – jk volbrenge und dem beuelh christi zcugedencken. S, fol. 47v – nachgetr.
23 wirdet … geworffen] Joh 15, 2 u. 6. 26 und … werden] Röm 3, 24 u. 28. (Joh 1). 30 welcher … werden] Lk 12, 47. 34 wilst … gebot] Mt 19, 17.
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noten, so vormag ers vormittelst gotlicher hulffe und gnade wol zcuthun, in betrachtung das die sonde uber in nit mehe herschet, sondern kan den bosen begirden durch die gnade gots widerstehen, also das er darein nit willige, die todsunde meide und einen unstrefflichen wandel fure und in der heilikeit und gerechtigkeit die zceit szeines lebens leben kan, alles nach inhalt heiliger schrifft. diese guten fruchte eines guten und christlichen lebens kommen her von oberzcelter ernewerung des geists, welche die schone vorsprochene gabe ist des newen testaments, jlschlewst in sichjl glawben, hoffnung, liebe [99v] sampt andern christlichen tugenden, gewst in unszere herczen ein die innerliche gerechtikeit und macht, das wir uns in christlichen guten wercken uben, jmwie dan der, welcher jndie gerechtikeit thuetjn, gerecht istjm nach inhalt gotlicher schrifft. so ist es auch an deme, das unszer glawbe durch die liebe wircken und sich in allem gutem erzceigen sal, wan und so offt er vonnoten. und weil dan solchs die rechte eigenschafft des christlichen und lebendigen glawbens ist, volget und ist unwidersprechlich war, das der glawbe, welcher [100r] zcu szeiner zceit durch die liebe nit wircket nach guts thuet, tod jound unfruchtbarjo ist, wie der heilige jacobus schreibet. derhalb sal der christ, welcher in der gnade gotts stehet, trewlich ermanet werden, das er dem willen gots und gebot in allem szeinem thwn und lasszen vleissig nachkomme, und got bitten, das er in in solchem christlichem gehorsam und gerechtikeit des herczens bis an szein ende erhalten wolle. [100v]jp und wiewol ein ider gots gebot zcuhalten schuldig jqund die nit ubete, sal bei vormeidung der ewigen vordamnus, wie doch einem idem vonnoten szein wiljq, so fern er in gots gnade bestehen wil, so hat doch der herre denen, welche alszo in szeinem gehorsam leben, zceitliche und ewige belonung vorheischen, pfleget inen auch die vormoge szeiner gotlichen zcusage zculeisten und zcuuolzcihen nit nach dem wert der werck, so der mensche gethan, sonder nach szeiner barmherczikeit und erbarmung, wie [101r] im buch der psalmenjr geschriben stehet. und wiewol diese gerechtikeit des menschen an ir selber jswar undjs gut ist, ja viel grosszer und besser ist, dan der phariseerjt und schrifftgelarten gerechtikeit under dem gesecze geweszen, so sal doch derhalb keiner sich in ime selbst erheben, [101v] sondern erkennen, judas erju das gute, welchs er wircket, nit von ime selber, sondern von jl – jl S, fol. 48r – korr. aus: bringet. jn – jn S, fol. 48r – korr. aus: jm – jm Siehe P2, pag. 9br. jp Zur Belohnung guter Werke, siehe P2, pag. jo – jo S, fol. 48r – gestr. gute werck thuet. jq – jq S, fol. 48v–49r – nachgetr. jr S, fol. 48v – korr. aus: david. js – js S, fol. 48v – 64. jt ju – ju S, fol. nachgetr. Zu den Pharisäern und deren Gesetzestreue, siehe P2, pag. 94. 48v – nachgetr.
1 in … herschet] Röm 6, 14. 5 kan] 1 Joh 3, 6. Eph 1, 7. (Math 5). | diese … geists] Ez 36, 26-27. (Jer 30). 8 schlewst] schließt. | glawben … liebe] 1 Kor 13, 13. 9 gewst] gießt. 10 wie … ist1] 1 Joh 3, 7. 11 das … sal] Gal 5, 6. 15 das … ist] Jak 2, 17. 19 in1] ihn. 26 sonder … stehet] Ps 103, 1–13. 28 viel … geweszen] Mt 5, 20.
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gotte habe, und gedencken an den spruch pauli, jvwas hast due, das due nit emphangen hast? und so due es emphangen hast, wurumb rhumest du dich, als hast du es nit emphangen?jv und damit wir uns in got alleine rhumen mogen, wie sich geburet, sollen wir umb das, welchs gut an uns ist, ime alleine dancken, und mit dem lieben paulo sagen, gebenedeiet szei got und der [102r] vater unszers hern iesu christi, das er uns hat gesegnet mit allerlei geistlichen benedeiungen in himmelischen dingen durch christum, wie er uns erwelet hat, ehe die welt geschaffen ist, das wir weren unbemackelt vor szeinem angesicht in der liebe. Und damit der mensch von der rechten christlichen demut, dero wir uns zcu ider zceit bevleissen sollen, deste weniger jwabweiche, sal erjw nit alleine die ehere des, so an uns gut ist, got geben und in derhalb loben, sondern jxsal auch sichjx dermassen ernidrigen jyund erkennenjy, das jzer ein unnuczer knechtjz sein, ob kaer gleich alles, welchs ime gotka gebotten, gethan hette, wie uns dankb der herr selber underweiszet [102v] und sal also zcu ider zceit die christliche demut neben dem christlichen gehorsam herlawffen. und wer in christlichem gehorsam stehet, der thuet nit alleine, was er thun sal, kcwie er dan nach der gerechtikeit, welche sich in disem leben durch gots vorleihung zcutreget, thuen kankc, sondern nimmet auch in allem guten zcu, welchs dan einem christen zcum bestande in der erlangten gerechtikeit vonnoten, dan kdwie christus sagetkd, der zcweig, welcher christo eingepfropft ist, wan er fruchte treget, so beschneidet in der himelische ackerman, auff das er fruchtbarer werde, kespricht christus selberke. also das er in der gerechtikeit auffwachse und von tage zcu tage mehe ernewert werde, dan ein solcher mensche stehet gleich wie kfbei einemkf wetlawffe, sal im guten nit stille stehen, sondern ummer fortschreitenkg und weiter trachten khund darinnen zcunemenkh. daher stehet in der offenbarung ioannis, wer heilig ist, sal nach heiliger werden. und wer gerecht ist, sal nach [103r] gerechter werden, kiund zcu deme das der mensche, welcher sich guter wercke dermassen wisset, durch die gnade gots geschickter wirdet, guts zcuthun, so wirdet er auchki alhie zceitlich mit allerlei guten gaben kjund im kunfftigen leben ewig von gotte begnadetkj, wie uns jv – jv Siehe P2, pag. 36f. jw – jw S, fol. 49r – korr. aus: abweichen, sollen wird. jx – jx S, fol. jy – jy S, fol. 49r – nachgetr. jz – jz S, fol. 49r – korr. aus: das wir 49r – wir sollen uns. ka – ka S, fol. 49r – korr. aus: ob wir gleich alles, unnucze knechte szein. Siehe P2, pag. 62. kb kc – kc S, fol. 49v – korr. aus: wie christus welchs uns gebotten. S, fol. 49r – nachgetr. kd – kd Zu Joh 15, 2, selber ermanet, und spricht, wilt due das leben eingehen, halt die gebott. ke – ke S, fol. 49v – gestr. kf – kf S, fol. 49v – korr. aus: wie ein siehe P2, pag. 65. kg S, fol. 49v – korr. aus: fort gehen. kh – kh S, fol. 49v – nachgetr. ki – ki S, fol. wetlawf. kj – kj 49v – korr. aus: und wer sich also heldet, der. S, fol. 49v – korr. aus: von got begnadet.
1 was … emphangen] 1 Kor 4, 7. 3 damit … mogen] 1 Kor 1, 31. 5 gebenedeiet … liebe] Eph 1, 3–4. 12 das … hette] Lk 17, 10. 19 der … werde] Joh 15, 2. 22 von … werde] 2 Kor 4, 16. 23 gleich … wetlawffe] 1 Kor 9, 24. 24 darinnen zcunemen] 1 Kor 15, 58. 25 wer … werden2] Apk 22, 11.
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dan der herre selber vortrostet, das er uns das gute alhie hundertfachen vorgelten und in ihener welt das ewigen [!] leben vorleihen wil, dan ob wol der mensch, nach dem er neben der rechtfertigung am anfange szeiner bekerung gots kindt und erbe wirdet und also den zcutrit zcum ewigen leben, als ein kindt, dem die erbschafft geburet, erlanget, gleichwol da er lenger lebet, wil ime [103v] vonnoten szein guts zcuthun, wie ich hiebeuorn angezceiget. damit er aus der gnade gots nit wider falle kkso und neben deme, das er alhie im guten bestehet und zcunimmetkk, sondern widerferet ime auch das ewige, darzcu er one das als ein kindt gots den zcutritt hat, klund ie mehe er guts gethan, ie grossere frewde, selikeit und glori emphehet er in ihener weltkl und wirdet ime also die arbeit, so er im guten gethan und angewant, reichlich vorgolten, kmdoch aus vorsprochener barmhertzikeitkm. daher gehet nun der spruch des apostels, das got unszere arbeit nit in vorgessen stelle. [104r] knitem sprechend, das got einem iden vorgelte nach szeinen wercken und solchs nit aus dem wert der wercke, sondern aus der vorsprochenen barmherczikeitko gotskn, ut referat unusquisque propria corporis prout gessit sive bonum sive malum. des alles sal unser gerechtfertigter wol erinnert werden, damit er das gute deste weniger vorachte, sondern sich in deme zcum vleissigsten ube. kpund das er sich gleichwol in deme nit in ime selbst erhebe,kp [104v] sondern erkennen, das er solches und alles, was ime sonst zcu gute kommet, nit von ime selbst, sondern von gotte habe, kqdauon ich eben auch meldung gethankq. und nachdem eines iden christen leben also sal gefuret werden, das neben dem christlichem gehorsam die demut zcu ider zceit sal herlawffen, wie ich oben dargethan, weil der gehorsam one die demut vor got nit tawg, sondern [105r] mehe ein auffgeblasen ding ist, das gotte misfellet, krdargegen aber die demut one gehorsam keine rechte und ware demut szein kan, so wil einem christen von allen kk – kk S, fol. 50r – nachgetr. und gestr. kl – kl S, fol. 50r – korr. aus: und widerferet ime mit km – km S, fol. 50r – nachgetr. grosser frewde selikeit und glori, ie mehe er guts gethan. kn – kn S, fol. 50r – korr. aus: sprechende, das wir alle erscheinen mussen vor dem gerichtstuel ko S, fol. 50r – korr. aus: gerechtikeit. kp – kp S, fol. 50v – korr. christi, auff das ein ider. aus: aber wie wol er gar ein viel grossere und besszere gerechtikeit hat, dan der phariseer und schrifftgelarten under dem gesecze gewesen (Math. 5), so sal er doch sich in deme nit in ime kq – kq S, fol. 50v – nachgetr. kr – kr S, fol. 51r – korr. aus: und damit im selbst erheben. menschen, der nit guts thuet, wan ers thun kan, ein (...) unnucze ding, ja mehe eine vormessenheit dan eine ware demut, so wil vor allen dingen, das der gerechte in christlicher demut die zceit szeines lebens erhalten werde. demnach sal er, wan er gleich alles gethan hat, was ime gebotten ist, bekennen, das er ein unnucze knecht szei (Lucae 17). dan wer in solcher demut stehet, dem reicht got das lon, welchs den wercken vorsprochen ist. daher schreibet chrisostomus: noli reposcere mercedem ut accipere mereris.
1 das1 … wil] Mt 19, 29 (Pflug: Math 11). 2 Kor 5, 10.
13 das … wercken] Mt 16, 27.
15 ut … malum]
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dingen vonnoten szein, das er zcu gleich in christlichem gehorsam und demut erhalten werdekr. [105v] das ist eines zcum andern, ob gleich der mensch die ware gerechtikeit haben mag, wirdet er doch nit, so lange er alhie lebet, mit der volkomlichen gerechtikeit ksdes herczens, wie ich oben angezceigt habeks, gezciret, ktauff daskt er erstlich durch die hoffart gefallen, kudas erku nummer durch die demut deste leichter in der gnade gots erhalten werde. kvzcuforderst weilkv das fleisch kwim menschenkw dem geiste nit gar underworffen wirdet, kxszo langekx er alhie lebet, [106r] sondern es bleibet kyein steterky streit zcwischen inen. und ob gleich der geist dem fleische obsiget, also das der mensch den bosen fleischlichen begirden mit der bewilligung und nachfolgung nit nachhenget, sich der todsunde entheldet und darneben das gute freiwillig thuet, welchs alles in des ernewerten geheiligten und gerechtfertigten menschens vormogen stehet. und ein ider, der aus got geboren ist und in der liebe lebet, thun kan, kzwie iohannes meldetkz, so lassen gleichwol die berurten fleischlichen begirden nit nach, in zcum argen zcureiczen. laderhalb ob gleich der menschla durch szeine oberste kreffte aus gots gnediger vorleihung [106v] dem gesecze gots dienet, underlest er doch nit, mit szeinem fleische dem gesecze der sunde darneben zcu dienen. und bemuhen in szeine begirden, wider die er durch den geist streitten mus, dermassen, das er offt und teglich strawchelt und etwas mehr oder weniger thuet, dan er nach der volkommenen gerechtikeit thun solte. und lebet also one sunde nit, alles nach der laer pauli und ioanne. und wie wol die sunde, one welche auch der gerechte nicht lebet, geringer szeind danlb die, die wider gotts gebott und die gewissen geubet lcund todsunde genantlc werden, gleichwol bedarff der mensche solcher teglichen sunde halber der teglichen busse, bedarff der barmherczikeit und vorzceihung und sal teglich im glawben bitten, vorgibe uns, herre, unszere schuld. wer das thuet und sich in ime selbst dergestaltld vor [107r] got demutiget und aus szeinem glawben lebet, dem werden solche szeine sunde nit zcugerechnet und schaden ime gar nichts. wer aber diese szeine mengel und sunde aus demut nit erkennen wil, sondern anmast sich, in dem leben ganczle volkommener unschuldt und meinet, er lebe one alle sunde, der betrewget sich selber. und ist die warheit in ime nicht, wie ioannes schreibet, macht sich durch szein auffgeblasen gemut der barmherczikeit ks – ks
kt – kt S, fol. 51r – korr. aus: weil. ku – ku S, fol. 51r – gestr. S, fol. 51r – nachgetr. kw – kw S, fol. 51r – korr. aus: in ime. S, fol. 51r – korr. aus: aus deme erfolget, das. kx S, fol. 51r – korr. aus: weil. ky – ky S, fol. 51v – korr. aus: stecz. kz – kz S, fol. 51v – la – la lb S, fol. 52r – nachgetr. und gestr. S, fol. 51v – korr. aus: der geist ob gleich. – lc ld le lc S, fol. 52r – nachgetr. S, fol. 52r – nachgetr. S, fol. 52r – nachgetr. nachgetr. kv – kv
8 sondern … inen] Gal 5, 17. 9 obsiget] besiegt. 12 und2 … lebet] Joh 15, 10; 1 Joh 4, 16. 20 und … nit] Röm 7, 17ff. 1 Joh 1, 8. 26 vorgibe … schuld] Mt 6, 12. 30 und … nicht] 1 Joh 1, 8. 31 betrewget] betrügt. | wie … schreibet] 1 Joh 1, 8.
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gots unphehig, bewegt got, den hern, zcur scherffe szeines gerichts, weil er der milde und erbarmung gotslf nit begeret, vor welchem gericht dauidlg sich entseczte, da er sprach, herre gehe nicht ein in das gerichte mit deinem knechte, dan vor deinem angesicht wirdet keiner [107v] gerechtfertiget. lhkan er gleichwol ein gut gewissen haben, so lange er sich der todsunde entheldetlh, liund welcher alhie imeli selbst die schande, got aber die ehre gibetlj, der entgehet dem scharffen gericht gots, welchs one barmherczikeit gehalten wirdet und erlanget die gnade bei got, das die tegliche sunde im nit zcugerechnet wirdet, ia, das szie under der volkomlichsten mitgeteilten gerechtikeit christi gedacht lige und in deme, das er das scharffe gericht gots meidet, macht er ime durch gots gnade einen zcutrit zcu dem milden gericht gotes, in welchem [108r] die heiligen und gerechten nit alleine bestehen, sondern auch belonung irer werck emphahen mogen, inmasszen der heilige paulus zcewget,lk ich habe (spricht er) meinen lawfft volbracht. den glawben habe ich gehalten. nun ist mir hinforder die crone der gerechtikeit. die wirdet mir geben der gerechte richter.lk dermasszen kan und sal der gerechtfertigte, von dem wir alhie handeln, in der erlangten gnade und holde gots bis an szein ende vorharren und [108v] sich der todsunde enthalten und szein gewisszen rein halten und darneben in christlicher demut bestehen und aus dem glawben leben und mit dem lieben dauid llzcu ider zceitll sagen, lmnit uns, nit uns, herre, sondern dir gibe die ehere.lm und wiewol solchs dem menschen in szeinem ganczen leben vonnoten ist, lndas er in got szein vortrawen und hoffenung stelle,ln so ist es ime doch vornemlich vonnoten, an szeinem leczten ende, da er eusserste angst, not und qwal leid und sich des trosts [109r]lo nirgent dan in der barmherczikeit gots und dem teweren blute, lpauch vordinstenlp christi zcuerholen hat. demnach las ich mir gefallen den gebrawch unszerer alten und catholischen kirche, welcher in kirchen Italie lqvor alterslq eingefuret, das man die krancken, so in sterbens noten sein, erstlich dahin bewege, das sie inen alle ire begangene sonde lassen leid [109v] szein und darneben ermanet werden, nit in ire vordinst, sondern in die vordinst unsers hern iesu christi zcuvortrawen und darauff ire seelen mit getrostem gemut in die hende gots zcubeuelen. auff gleiche christliche meinung hat etwan Anshelmus, der erczbischoff zcu cantuaria, nach folgende fragestuck geseczt: [110r] glewbest due, das due durch lf S, fol. 52v – nachgetr. lg Zu Ps 143, 2, siehe P2, pag. 105f. lh – lh S, fol. 52v – korr. aus: li – li S, fol. 52v – aber neben deme hat er ein gewissen, welchs aus szeinem glawben lebet. lj S, fol. 52v – nachgetr. lk – lk Siehe P2, pag. 9cr. ll – ll S, fol. 53r – nachgetr. lm – lm Siehe P2, pag. 1. ln – ln S, fol. 53r – nachgetr. lo Zur Sterbeliturgie, nachgetr. – lp lq – lq lp S, fol. 53r – gestr. S, fol. 53r – nachgetr. siehe P2, pag. 122–128.
3 herre … knechte] Ps 143, 2. 5 ein … haben] 1 Tim 1, 19. 9 gedacht] gedeckt. 13 ich … richter] 2 Tim 4, 7–8. 19 nit … ehere] Ps 115, 1. 31 Anshelmus … geseczt] Vgl. Fischer (1987, 1363–1370).
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keinen andern weg dan durch den tod christi selig werden mogest? antwort der krancke, ich glawbs. als dan sage man ime, wolan, so lange die sele in dir ist, so stelle dein vortrawen in den tod alleine, in keinen andern dinge habe deine zcuuorsicht. bedecke dich gancz mit solchem tode. vormisch dich gancz in dem. in den thue dich gancz, in deme vorwickel dich gancz. dergestalt, deucht mich, solte ein christenmensch, der nun gerechtfertiget ist, underwisen werden, wie er in gots gnade bestehen, bis an szeine ende vorharren und nach diesem vorgenglichem leben in die frewde der ewigen selikeit eingehen moge. [110v] darzcu uns got allen aus szeiner unaussprechlichen milde und gnade helffe. Amen. Niklas:lr ich mus alhie recht beichten, das mir dieser dein discurs so gar ubel nit gefellet. alleine habe ich ob dem bedencken, lsdas due seczest, als belone got unsere gute werck mit dem ewigem leben,ls es moge ein christ, wie du in beschreibest, mit szeiner eingegossenen gerechtikeit vor dem gerichte gots bestehen, welchs die unsern hefftig widerfechten. Ditterich: ltwan due auff meine wort hettest rechte achtung gegeben, wordest herinnen kein bedencken haben, dan das nit alleine zceitliche, sondern auch ewige belonung den guten wercken vorheischen szeind, solchs kont ir nit vorneinen. nun aber hatt ir gehort, das die werck nit nach irem wert belonet werden sonderlich mit ewigen gaben, sondern nach der vorsprochenen barmherczikeit gots und das also nit der die belonung erlange, der szie ferner fordert gleich als szeinen vordinst, sondern der szie nit fordert und sich aus warer demut vor einen unnutzen knecht heldet,lt [111r] dan ich habe zcweierlei gerichte gots angezceiget, nemlich das gestrenge, welchslu one barmherczikeit gefuretlv wirdet, und das gutige, welchs mit barmherczikeit vormischt ist. vor ihenem bestehet keines menschens eingegossene gerechtikeit, ader vor deme kan szie wol bestehen, wie dan der heilige paulus vorhofft, in demselbigenlw gerichte die crone gotlicherlx gerechtikeit zcuemphahen. was konte nun von den dingen lyrichtigers undly klarers gesagt werden? gedencke nun, wem man billicher glewbe, dem heiligen paulo ader den ewren.
lr
ls – ls S, fol. 54r – korr. aus: das du Zur Werkgerechtigkeit siehe P2, pag. 18ff. lt – lt vorgibest. S, fol. 54r – korr. aus: wan du auff meine distinctio hettest achtung gegeben, lu S, fol. 54r – korr. aus: das. lv S, fol. 54r – wurdest due dis fals kein bedencken haben. lw S, fol. 54r – korr. aus: solchem. lx S, fol. 54r – korr. aus: der. korr. aus: gehalten. ly – ly S, fol. 54v – nachgetr.
24 sich … heldet] Lk 17, 10.
28 wie … zcuemphahen] 2 Tim 4, 8.
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Niklas: szie solten ia die distinction auch gewust haben, weil es gar gelarte lewte szeind. Ditterich: [111v] belart szeind szie genug, aber szie haben zcu viel lust zcur newerung und zcu zcancken, wolten gerne alles umbkeren, welchs bei der alten und catholischen kirchen herkommen, szeind geneigter, schrifft wider die schrifft zcufuren, dan die dinge durch geburliche und notwendige distinction in rechten und einhelligen vorstand zcubringen. lzso vorsehe mich auch, due wirdest aus geschehenem bericht so viel gefast habenlz, die eingegossene gerechtikeit und gute werck werden bei inen vorachtet, [112r] weil sie aus den sunde machen, ungeachtet ob die gleich in gots worte schone gezcewgnus haben, machen keinen underschid zcwischen wercken des geseczes und der gnade. aus dem erfolget nun der irsal, das szie die werck, welche aus der gnade herflissen, gleich so gering achten als die, so vor der gnade hergehen, nit zcu geringem nachteil christlicher religion und erbawung des unseligenma epicureismus, von deme ich gestern meldung gethan. und achte, ir werdet aus vorigem meinem bericht so viel bescheids haben, das ir vor ewre person numer gute werck werdet gut szein lasszen und zcu denen auch geneigter szein dan hiebeuorn, [112v] weil szie der herre selber durch szeinen heiligen geist in uns schaffet und wircket, das wir in inen wandern sollen. und der apostel ermanet da, wir sollen zcu guten wercken eiferig szein mbund die got selber gebotten hatmb. Niklas: ich gestehes, das die werck, die uns gotmc gebotten, gut szein, und das wir uns darinnen uben sollen mdund irer halben belonung haben mogenmd. wie aber mit ewren getichten mewercken, die von got nicht gebottenme und ir aus eigener vormeinter andacht vornemet, zcuforderst weil wir von gots gnaden wol wisszen, das die dinge dem herren nit gefallen, die er nicht gebewtet. [113r] Ditterich: der grundt, auff den ir alhie bawhet, tawg nicht und fellet von im selber, was ir dorauff bawet, dan das ist ia klar und offenbar, das uns christus geraten, keuscheit zcuhalten und uns des zceitlichen guts zcuuorzceihen. und ob uns wol die dinge nit vonnoten wie die gebottenen dinge, so szeindmf sie doch gut. und stehet auff unserer wilkor, ob wir solche thun wollen ader nit. und so lz – lz P1, fol. 111v – gestr. ma S, fol. 55r – nachgetr. mb – mb S, fol. 55r – nachgetr. mc S, me – me Siehe P2, pag. 113f. md – md S, fol. 55r – nachgetr. und gestr. fol. 55r – nachgetr. mf S, fol. 55v – nachgetr.
15 unseligen … epicureismus] siehe Anm. zu P1, fol. 48v. 17 numer] nunmehr. 18 weil … sollen1] Eph 2, 10. 20 wir … hat] Tit 3, 8. 2 Kor 9, 8. Kol 1, 10. 2 Tim 3, 17. 27 gebewtet] gebietet. 31 keuscheit zcuhalten] eventuell Mt 5, 28. | uns … zcuuorzceihen] Mt 6, 19.
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szie gotte nit gefallen solten, darumb das szie von ime nit gebotten weren, [113v] werde christus mit berurten szeinen rethen mgnit wider gots willen gehandelt habenmg. welchs ia keiner one sonderliche gots lesterung mhgedencken, vil weniger sagen kanmh. zcu deme bfindet sich, das man sonsten auch got zcu(ge)fallen thun kan in dingen, so er nit gebotten, wie das exempel der rechabiter im hieremia, auch die nachlassung des stipendium, welchs paulus bei den krichen zcufordern hat, ausweiszet. Niklas: genug von deme. miich las es dabei bleiben.mi fare fort in deiner materie und las horen, wie der mensch, welcher von der [114r] gnaden christi ausgefallen, herwider kommen solle und moge. Ditterich: An deme ist es gleich und wils im namen gots auch zcur hand nemen. wie sorglich es szei, nach emphangener gnade in todt und vordamliche sunde zcufallen, erscheinet aus vorigem meinem bericht, angesehen das der mensch dadurch aus der gnaden und kindtschafft gots geseczt und von dem reich christi ausgeschlossen, desgleichen ein knecht der sunde, des tewffels dinstbote und ein kindt des zcorns widerumbmj wirdet. da nun ein solcher vor szeinem ende nit herwider kommet, hat er nichts gewisszers zcugewarten dan die pein des hellischen fewers zur ewigen qwal. da wirdet sein worm nit sterben und szein fewer, mkwie im esaia geschriben stehet,mk dadurch er gestrafft wirdet, nit vorleschen und wirdet gar viel hefftiger gepeiniget werden, dan so er got nihe erkant hette, nach sich zcu ime gekeret, [114v] dan ein solcher mensch fellet widerumb wie ein schwein nach der schwemme in den vorigen unflatml, welczet sich darinnen, wie der apostel petrus schreibet, und werden szeine lecztere dinge erger dan die vorigen. das sal nun der mensch, welcher zcu fal kommen, wol beherczigen und zcu gemute zcihen, darob sich entseczen und erkennen, das er szeiner missethat halber nit wert szei ein kindt gots genant zcu werden. und sal derhalb szeine begangene sonde, dadurch er das blut christi mit fusszen getretten und szeinen himmelischen vater gelestert hat, herczlich berawhen. aber gleichwol [115r] an gots barmherczikeit nit vorzcweiffeln, sondern durch die vorheischungen gots sich auffrichten und trosten, auch der schonen ermanung iohannes eindenck
mg – mg
mh – mh S, fol. 55v S, fol. 55v – korr. aus: anders, dan es got gefallen, gehindert haben. mi – mi mj mk – mk S, – korr. aus: sagen kan. S, fol. 55v – nachgetr. S, fol. 57r – nachgetr. ml fol. 57r – nachgetr. Siehe P2, pag. 27.
5 wie … hieremia] Jer 35. 6 nachlassung … stipendium] Erlaubnis der Steuer. | welchs … hat] Röm 13, 6f. 17 ein2 … widerumb] Eph 2, 3 (Pflug: Eph 1). 20 da … vorleschen] Jes 66, 24. 24 wie … darinnen] 2 Petr 2, 22. 31 berawhen] bereuen.
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szein. Lieben kindlein, diesze ding schreibe ich euch, das ir nit sundiget. so aber einer sondigen wirdet, haben wir unsern vorsprechen bei dem vater ihesum christum, dem gerechten. und der ist die vorsunung vor unsere sonde und nit unszere alleine, sondern auch vor die sonde der ganczen welt. weil wir nun einen solchen vorsprechen bei dem himmelischem vater haben, der die vorsunung selber ist, und alle, die sich durch in zcum vater bekeren, selber seligen kan, und weil er uns auch solche szeine trostliche gnade auff genedigste anbewtet, sprechende kommet zcu mir alle, die ir betrubet szeid und arbeitet und ich wil euch erqwicken, kan keiner one sonderliche voruneherung und schmach der hochsten maiestat im himmel [115v] vorzcweiffeln und got in szeinen zcusagen gleich lugen straffen. wie dan ein ider thuet, welcher den vorheischungen gots nit glewbet, mmin massen der heilige ioannes schreibetmm. aus diesem allem bfindet sich, das einem, welcher durch szeine sonde von gotte abgesondert, hoch vonnoten, das er mndauon absehemn, die selbtige herczlich berawhe, sich vor dem hern demutige und darauff durch szeinen glawben und gute zcuuorsicht zcu der barmherczikeit gots und den vordinsten christi zcuflucht habe. dan wer das thuet, wirdet widerumb gerechtfertiget und ein kindt gots und trit in den vorigen stand der gnade gots, [116r] aber gleichwol hat es diesen underschid zcwischen dieser und der ersten rechtfertigung, das in der ersten die schuld neben aller straffe, die wir durch unszere sunde vordinet, vorzcigen wirdet, aber in dieszer alle pein und straffe nicht, dan ob wol in der die schuld und ewige pein gleich so wol und bald als in der ersten vorgeben wirdet, pfleget gleichwol got szeiner gerechtikeit nach ime eine zceitliche straffe vorzcubehalten, die wir tragen musszen, so fern wir uns nit selber richten. und durch ein gestreng leben uns selber casteien, darzcu gehort auch almus reichen und ein vleissig gebete, dan so wir uns selber richten werden, werden wir nit vom herren gerichtet, spricht der apostel. Niklas: due kommest [116v] alhie auff die satisfaction und genugthuung, der wir nit gesehen, weil wir keine andere, dan die genugthuung christi erkennen konnen, auch bei uns nit ermessen, wie ewre genugthuung one abbruch der genugthuung christi erhalten werden moge. Ditterich: Ich weis wol, das ir den punct pfleget anzcufechten, darzcu ir doch nit ursache hat, und mangelt euch abermals an einer richtigen distinction, damit des menschens genugthuung mit der genugthuung christi nit vormenget werde. christus [117r] hat am stam des creuczes vor unszere sunde genug gethan und erledimm – mm
S, fol. 58r – nachgetr.
mn – mn
S, fol. 58r – nachgetr.
1 Lieben … welt] 1 Joh 2, 1–2. 8 kommet … erqwicken] Mt 11, 28. Joh 5, 10. 25 almus] Almosen. | dan … apostel] 1 Kor 11, 31.
10 got … straffen] 1
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get diese heilwertige genugthuung der schuld, die uns druckt und der ewigen pein, die uns vorstehet. und da wir nun erstlich mozcum herren keren undmo getawffet werden, erlangen wir durch christum nit alleine vorgebung der schuld, sondern auch aller pein, szie szei ewig ader zceitlich, aber da (man) aus der erlangten gnade widerumb mpausgefallen, und nun zcu gotte wider keren, ab wir gleich vorzceihung der schuld und ewigen straffe erlangen, so pflegen wir doch die erlassung der zceitlichen straffe, so balt dan nit zcu erlangen, dan got pfleget ime in deme fallemp eine zceitliche straffe nach szeiner gerechtikeit vorzcubehalten. die mus nun aus gotlicher ordenung durch die fruchte der bussze abgetragen werden. und wirdet uns solchs zcu unszerm besten auffgelegt, damit wir deste mehe von der sonde abgehalten werden. dauid [117v] lis ime herczlich leid szein, das er die ehe gebrochen und uriam hat erschlagen lasszen, bat gotte aus vortrawendem gemute umb vorzceihung und erlanget auch die, also das er gerechtfertiget, ein kindt und erbe gots zcur hoffnung des ewigen lebens widermq worde. gleichwol wurde er noch mit zceitlicher straff heimgesucht, inmassen die biblischen historien im buch der konige ausweiszen. das aber solche den ihenigen, welche sich selber zcuchtigen, fasten, beten und almus geben, erlassen ader ie gemiltert werden, zeuget der geist gots in [118r] prophetischer schrifft mehe dan an einem orte an. und zcu deme das solchs die schrifft klar gibet, so ist es der zcu regensburg vorglichenen artickel einer, dabei irs ewrer eigenen vorwilligung nach billich soltet bleiben lasszen. nun stelle ich in ewer selber bedencken, ob es nit billicher sei, das ir euch der schrifft und gotlichen worts haldet, danmr das ir euch ewre newerung und ertichtung davon abfuren lasszet. item ob es euch auch nit besser anstunde, das ir deme nachqwemet, welchs ir einmal zcusaget, dan das ir so wancket und euch selber wider wertigk seiet. so findet ir von diesen fruchten der bussze herliche gezcewgnus bei unszern alten heiligen vettern cipriano, chrisostomo, augustino und andern [118v] mehe, neben deme das sie die gancze christenheit angenommen. Niklas: die genugthuung ist ein grosser ding, dan das sie einen menschen, welcher durch die genugthuung christi selig wirdet, moge zcugeleget werden. Ditterich: die veter gebrawchen solch wort. so gebrawcht es auch die kirche, vorgleicht doch solche genugthuung der genugthuung christi nit. wie aus der vorgemo – mo S, fol. 59r – gestr. mp – mp S, fol. 59r – korr. aus: ausfellet, so pfleget ime got. mr S, fol. 59v – nachgetr. fol. 59v – korr. aus: als bald.
mq
S,
11 dauid … die] 2 Sam 11 u. 12. 15 wurde … heimgesucht] 2 Sam 12, 14ff. 18 prophetischer schrifft] Joel 2, 12f. Jon 3, 6-10. (Jes 7). 20 zcu … einer] vermutlich Art. 5 des Regensburger Buches: De iustificatione hominis. Vgl. Ganzer / zur Mühlen (2007, Xf. und 276ff). 26 vettern] Vätern. 34 vorgewenten] vorgebrachten.
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wenten distinction erscheinet, so worde auch diese genugthuung nichts gelten, wan szie aus der genugthuung christi nit ire krafft erreichte. msund wiewol solch wort in dem vorstande pauli gebrawcht hat, gleichwol da euch solchsms so hart anficht, so nennet es fruchte der busse, wie es dan ein frucht der busse ist, dan wiewol ich nit gern newere in solchen dingen, so habe ich doch nit lust zum wort zcang.
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[119r] Niklas: wir wollen den dingen weiter nachdenken und dich iczo nit hindern, in deiner vorgenommenenmt materii fortzufaren. 10
Ditterich: das alles, welchs ich erzcelet, sal der mensch, welcher aus gots gnade gefallen, wol berichtet und darneben auch erinnert werden, das er das sacrament der bussze muwol diene und das solchs, so fern ers haben mag, keins wegs vorachte, aber von deme, was hirausmu erwachsen mag, sal folgend an seiner stelle dargethan werden. [119v] mvalhie sehen wir, wie und durch welche mittel der mensche herwider kommen und christi widerumb zcu szeinem heil genissen moge, auff das er gerechtfertiget und ein kindt gots werden mag. desgleichen wie der zceitlichen straffe, die ime szeiner missethat halber vorstehen, entladen, aber dero milterung erlangen moge. eyn solcher mensche sal sich hinforder vor der todsunde vleissig huten und der warnung christi eindenck szein, gehe hin und sondige nit mehe, auff das dir nit ein ergers begegnemv. und wiewol mwder menschmw nun, so offt er fellet, herwider kommen kan und der barmherczikeit gots zcu ider zceit gewis ist, so sal er doch auff die gnade gots nit sondigen, dan weil er der stunde seines tods ungewis, konte sich leicht zcutragen, das er mit solchem tode ubereilet werden mochte [120r] und ehe dan er sich zcu gotte bekeren konte, von dieser welt abscheiden muste, [120v] und also vom himmelreich gleich wie die tollen iungfrawen ausgeschlossen wurde. derhalb sal ein ider, wan er stehet, szeiner selbst wol warnemen, szein heil mit forcht und zittern wircken. da er aber wider gefallen, sal er deste ehe auff stehen, zcu got und christo alsbaldmx zcuflucht haben,
ms – ms
S, fol. 60r – korr. aus: so gebrawcht paulus dis wort in solchem vorstande auch, aber da mt S, fol. 60v – nachgetr. mu – mu S, fol. 60v – korr. aus: keins wegs euch das wort. vorachte, sondern das, so offt er sich in szeinem gewissen beschwert befindet, gebrawche dan mv – mv S, fol. 60v – korr. aus: Da nun der mensch durch was vor nucz und fruchte daraus. angezceigte mittel und wege nach szeinem fal herwider kommet, gerechtfertiget und gots kindt wirdet, sal er, inmassen wie ich hiebeuorn vormeldet, szeinen wandel anstellen und den nach dem willen gots die zceit seines lebens furen, auch szein ende, inmassen ich hiebeuorn auch mx S, fol. 61r – nachgetr. mw – mw S, fol. 60v – korr. aus: er. angezceiget, beschlisszen. 2 und … hat] 1 Kor 7. 21 gehe … begegne] Joh 5, 14. 29 szein … wircken] Phil 2, 12.
27 wie … iungfrawen] Mt 25, 1–13.
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damit er her wider gebracht, myin stand der ewigen selikeit wider eintretemy und sein heil deste weniger vorsewme. der ewige, almechtige und barmherczige wolle uns allen szeine gotliche gnade vorleihen, das wir dis und alles anders, was uns zcu unszerm heil vonnoten und nucz, [121r] wol bedencken mit vleisse, darnach trachten und uns nichts mehe angelegen szein lasszen. diesem herren und vater aller barmherczikeit szei lob, eher und preis in ewikeit. amen. so ir mit dieser meiner einfalt zcu friden szeid, wil ich den ersten teil christlicher underweiszung mzhirmit beschlossen haben und wollens hewte bei dem wenden lasszen und mogen aber, wan es euch sonsten gefellig, zcu deme, welchs noch uberig ist, schreitenmz. naNiklas:
du mogest wol zcum andern teil deiner vorhabenden underweisung
greiffen. 15
Veit: Ich bin dessen auch zcufriden. Ditterich: ich bin uber dem dinge mude worden. und wolt nun gerne rugen und das andere teil meines wercks auff eine andere zceit vorschiben, da es euch gefelle.
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Niklas: Ei wol, las uns morgen umb die stunde wue hewte und an dieser stelle wider zcu sammen kommen. [121v] Ditterich: ich las es geschehen. szeid got beuolen.na 25
Niklas: nbwir lassens geschehen. bis got beuolen. Wir bdencken uns, das due uns zcugefallen wider alhie erscheinest.nb
my – my
mz – mz S, fol. 61v – korr. aus: beschlisszen. na – na P1, fol. S, fol. 61r – nachgetr. nb – nb 121r–121v und S, fol. 61v – gestr. S, fol. 61v – korr. aus: du magst wol zum andern theil deiner vorhabenden underweisung greiffen. Veit: ich bin dessen auch zcufriden.
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C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
C4.3 ncDas dritte teil - von den heiligen sacramentennc [122r] ndNiklas: einen guten morgen, ditterich. Ditterich: danck habe. ir szeid vleissig. 5
Niklas: wir begeren vollend anzcuhoren und zcuuornemen, wie due deine underweisung wirdest zcum ende furen. Veit: ich bin auch derhalben hie. 10
Ditterich: ich wil fortfaren im namen gots. gestern habe ich nach der lenge angezceiget, was die gemeine laer, dadurch ein mensch gots gnade erlangen, darinnen vorharren und da er daraus gefallen, wider darein gesaczt werden moge.nd [122v] wolan, weil ich mich einmal eingelassen, so fare ich fort im namen gots und wil die eusserlichen mittel, dadurch uns got an sich zcewhet, zcur handt nemen, als nemlich gotts wort und die christlichen sacrament, und anzceigen, wurzcu szie einem christenmenschen dienen. und auff das ich an gotts worte anfahe, ist es an deme, das das erwelte volck sich zu ider zceit des zcurhumen gehabt, das keine nation gotter gehabt, die ir so nawe gewesen als solchem volck der ware got, welcher himmel und erden erschaffen, gewesen und noch ist, dan er hat in vorzceiten szeine auserwelten nit alleine im geiste ersucht [123r] und szie zcu aller gotselikeit gefordert, wie er dan nach hewtigs tags aus sonderlicher gnade und barmherczikeit zcuthun pfleget, sondern in auch durch szein eigen eusserlich wort als ein heilwertig mittel zcum heil und allem gutem geholffen, dan das got mit den ersten vetern von munde zcu munde geredt hat, solchs bezcewgen die biblischen historien mehe dan in einem orte. so hat er auch zcum offtermal und auff mancherlei weisze durch die propheten geredt, welche dan nit ir wort, sondern gots wort, das er in iren mundt geleget, gefuret haben. aber entlich in zceit der volkommenheit hat er zcu uns geredt durch szeinen son, welchen er gesaczt hat zcum erben uber alles, durch welchen er die welt selig gemacht hat, [123v] welcher sintelmal er ist der glancz szeiner herlikeit und das ebenbilde szeines weszens, treget er alle dinge mit szeinem krefftigem worte. solch wort hat auch der heilige gots son nach szeiner himmelfart durch szeine aposteln nezcu vorkundigen geordenetne, da er spricht, gehet in die gancze welt und predigt das euangenc – nc
S, fol. 61v – korr. aus: Das dritte buch. korr. aus: vorkundigen lassen.
nd – nd
P1, fol. 122r – gestr.
ne – ne
S, fol. 62r –
19 nawe] nahe. 20 welcher … erschaffen] Gen 1, 1. Ps 115, 15. 26 so … worte] Heb 1, 1–3. 27 welche … haben] Jer 5, 14. 33 vorkundigen] verkündigen. 34 gehet … creatur] Mk 16, 15.
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lium aller creatur. wie konten wir nun auff die wege, so uns zcum heil und ewigen leben furen, besser und krefftiger gewisen, angeleitet und gefuret werden, dan eben durch dis wort, welchs aus dem brunnen der ewigen warheit qwillet und herflewst? menschen wort konnen uns betrugen, aber weil got die warheit selber ist, betrewget er durch szein [124r] wort niemands. der mensch mag zcusagen, das er nit leisten kan, aber got, was er einmal durch szein wort vortrostet, ob es gleich menschlichem vormogen nach unmoglich, kan und mag ers doch aus eigener krafft leisten und reichlich volzcihen, daher gehen nun die schonen vorheischungen gots. das wort, welchs ich rede, sal im wercke volstrecket werden und sal sich solchs nit lenger auffzcihen, nfdan ich zcu ewren bringen, reden und thun,nf item mein wort gehen wirdet aus meinem munde, sal es nit ler wider kommen, sonder es wirdet wircken. was ich wolte haben, wirdet auch gedeihen in denen, zcu welchen ich es gesanth habe. [124v] solch wort wirdet nun ins gesecz und euangelium geteilet. das gesecze gebewtet, was wir thun ader lassen sollen, erinnert uns unszerer sonde und furet uns zcur busse, darumb es ein erkantnus der sonde von aposteln genant wirdet, zceiget uns die wege, so wir alhie in unszerer pilgerschafft gehen sollen, damit wir ime nit zcu viel ader zcu wenig thun, daher es dauid eine lewchte unszerer fusse nennet. das euangelium aber zceiget uns [125r] den heiland christum und richtet uns in deme auff zcum hochstem trost und gehet nit ler abe, wie aus berurtem prophetischem spruch erscheinet, dan der apostel schreibet, das es eine krafft gots szei zcum heil aller glewbigen und wie das gesecze zcur busse furet, so erwecket das euangelium den glauben in got, dan der glawbe ist durchs gehor, saget paulus, das gehor aber durchng gots wort. weil uns dan gots wort szo gar fruchtbar ist, sal der, welcher selig werden wil, solchs vleissig nhhoren und wolnh fassen und bewaren, wie der her christus selber ermanet. also [125v] szei gesagt von gots wort als einem heilwertigem mittel der gnaden gotts. nun wil ich von den heiligen sacramenten handeln, die szeind die eusserliche gevesse, dadurch uns got szeine gnade mitteilet und szeind eben die eusserlichen und sichtbaren zceichen der unsichtbaren gnade gots und nit lere zceichen, welche die gnade alleine bedewten, sondern krefftige zceichen, die da reichen und geben, was szie bedewten, als die von got darzcu geordente instrument und mittel [126r] nicht aus eigener krafft der eusserlichen und sichtbaren dinge, sondern aus krafft und des heiligen geists, welcher in inen, nf – nf S, fol. 62v – gestr. ng P1, fol. 125r: durchs (resultiert aus wort gots korr. zu gots nh – nh S, fol. 63v – nachgetr. wort).
4 herflewst] herfließt. 5 betrewget] betrügt. 9 das … thun] Ez 12, 25. 11 mein … habe] Jes 55, 11. 15 darumb … wirdet] Röm 3, 20. 16 erkantnus] Erkenntnis. 18 daher … nennet] Ps 119, 105. 20 gehet … erscheinet] Jes 55, 11, siehe Anm. zu fol. P1, 124r. 21 das … glewbigen] Röm 1, 16. 23 dan … weil] Röm 10, 17. 24 sal … bewaren] Lk 11, 28. 28 gevesse] Gefäße.
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
den sacramenten, vorborgener weisze wircket, alles nach inhalt der heiligen schrifft, wie volgend bei einem iden sacrament sal dargethan werden. und das got in sacramenten zcu unszerm heil wircket, wie iczt angezceigt, geschihet nit darumb, als konne er one und sonder diese sichtbaren dinge und zceichen szeine gnade nit mitteilen, sondern nizcu unszerer gelegenheit, weil wir nach im fleische und mit allerlei schwacheit beladen szeind, das wir durch die eusserlichen dinge gleich sichtbarlich gots gnade, und was uns gut szein wil, emphahen, auch unser glawbe deste mehe bewogen und gesterckt werde.ni [126v] zcu solchem heilsamen gebrawch szeind die heiligen sacrament eingesaczt. darumb konnen szie deste weniger one undanckbare vormessenheit vorachtet ader vornichtet werden.
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Niklas: das die sacrament den glawben erwecken, gestehen wir, aber das szie die gnade reichen sollen, konnen wir euch nicht einrewmen. 15
Ditterich: du gestehe(s)t ja, das die tawffe ein recht und war sacrament szei? Niklas: wie konte ich das vorneinen? Ditterich: nun hast due dich zcuberichten, was im der apostel vor heilwertiger krafft zculeget, nemlich das er nit alleine den glawben erwecke, sondern den menschen im geist ernewere, [127r] darumb er dan njsolch sacramentnj ein bad der widergeburt nennet, dan wen es abwescht, den heiliget es auch und rechtfertiget nkinen nach apostolischer laernk, wie dan eines am andern henget. so haben die ewren auch im colloquio zcu regensburg eingerewmet, das die sacrament sanctificirende zceichen szeind. und ist der vorglichenen artickel einer, die nlnit uberschritten sollen werdennl, vormoge irer eigenen vorwilligung. darumb mogt irs wol darbei bleiben lasszen. ni – ni S, fol. 64r – korr. aus: alleine uns zcum besten, weil wir nach im fleische leben und mit allerlei schwacheit beladen szeind, das wir durch solche sichtbare und eusserliche zceichen nj – nj S, fol. 64v unszer glawbe und was sonst guts in uns ist, erwecket und gestercket werde. nk – nk nl – nl – nachgetr. S, fol. 64v – nachgetr. S, fol. 64v – korr. aus: szie nit uberschreitten sollen.
13 das1 … erwecken] „(...) daß die Sakrament eingesetzt sind nicht allein darum, daß sie Zeichen seien, dabei man äußerlich die Christen kennen muge, sondern daß es Zeichen und Zeugnus seien gottlichs Willens gegen uns, unseren Glauben dadurch zu erwecken und zu stärken (...)“ CA Art. 13 (BSLK 121998, 68). 22 darumb … nennet] Tit 3, 5. 23 dan … rechtfertiget] 1 Kor 6, 11. 24 so … szeind] „Derhalben die sacrament nicht alleyn solche zeichen seynt, das sie bedeuten und etwas vorborgens anzeichen, sonder auch, das sie auch instrument der gnaden Gothis seynt, dadurch uns Gotht heyliget (...)“, Art. 10 Regensburger Buch (Vgl. Ganzer / zur Mühlen 2007, 323).
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Niklas: wie nun, veit? nmwir konnen nit voruber. wir musszens dabei rugen lasszen, damit wir nit wider uns selber fechten.nm Veit: las es dabei wenden. 5
Niklas: Ditterich, far fort.
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Ditterich: damit wir nun die sacrament recht austeilen, so mussen wir erstlich betrachten die eigenschafft dero gnaden, welchen solche sacrament zcugeordnet szein. [127v] und zcum ersten wirdet uns die gnade von got mitgeteilet, welche uns reiniget, ernewertnn und widergepiret, also das wir vorgebung unszerer sunde erlangen, ernewert und gerechtfertiget werden vor eins. zcum andern die, das wir in solcher erlangter gnade zcunemen und gesterckt werden, damit wir unszern feinden, nodem tewffel, der sunde und tod,no deste besser widerstehen mogen. zcum dritten npdas wirnp an unszerm leczten ende wider das schrecken des todtes sterckung und trost bekommen. zcum virden die, das wir geistlichen und kirchen dienere geschickt werden, unszere emptere wol zcuuorrichten. zcum funfften wirdet uns die gnade [128r] gegeben, das nqdie ehelichen irennq stand recht halten und irennr gemahelen trewe und glawben zcu ider zceit erzceigen mogen. diesen underschidlichen gnaden szeind underschidliche sacrament zcu(ge)eigenet, durch welche als instrument und gefessze uns solche gnaden gereicht nsund mitgeteiltns werden, als nemlich das sacrament der tawffe gehoret zcu der ersten gnade, dan es reiniget, heiliget und rechtfertiget uns und machet aus uns gancz newe creaturen.nt das sacrament der firmung gehoret zcur anderen gnade, dan es gibet stercke und krafft, das wir uns gegen unszern unsichtbarennu feinden auffhalten nvund den besigennv mogen. das sacrament [129r] der busse gehoret zcur ersten gnade, reiniget die, so wider gefallen szeind, und bringet szie zcu rechte. das sacrament des leibs und bluts christi gehoret zcu beiden gnaden, dan es reiniget, stercket nm – nm
nn S, fol. 65r – nachgetr. no – no S, fol. 65r – nachgetr. P1, fol. 127r – gestr. nq – nq S, fol. 65r – korr. aus: S, fol. 65r – korr. aus: emphahen wir diese gnade, das wir. nr ns – ns wir unszere ehelichen. S, fol. 65r – korr. aus: unsern. S, fol. 65r – nachgetr. nt P1, fol. 128r–128v – gestr.: und gleich wie dem menschen zcu deme das wesentlich szei (vonnoten ist), das er naturlicher weise geboren werde, so ist auch einem iden vonnoten, das er getawfft werde. daher spricht christus selber (Ioan. 3), es szei dan, das ir aus wasszer und dem heiligen geiste werdet geboren, konnet ir ins himmelreich nit eingehen. zcu der andern gnade, nemlich das wir im guten und wider unszere feinde gesterckt werden, gehoret das sacrament nu S, fol. 65v – nachgetr. nv – nv S, fol. 65v – nachgetr. der firmung, dan ob wol–. np – np
11 zcum ersten] Konzept einer gestuften Gnade. Pflug veranschlagt fünf verschiedene Arten von Gnade, die er den unterschiedlichen Sakramenten zuordnet.
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
und gibet geistliche narung. das sacrament der leczten olung gehoret zur dritten gnade, dan es bringet trost den betrubten menschen an irem leczten ende, wan szie des trosts am besten bdorffen. das sacrament der ordination ader weihe gehoret zcur virde [!] gnade und machet die ihenigen, so sich der kirchen emptere understehen, darzcu geschickt. aber das sacrament der ehe gehoret zcur funfften gnade und zcewhet die ehelichen personen in der liebe alszo zcusammen, das szie einander die zceit ires lebens mit sondern trewen meinen und [129v] einander nit vorlassen. diese sieben sacrament hat die gemeine christenheit stecz gehalten und erkant und heldet szie auch noch. und ist ein ider christ die one einichen vorminderung zcuhalden schuldig.
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Niklas: wir konnen in deme nit mit dir eines szein, dan wir in der schrifft nit mehe dan zcwei sacrament, nemlich die tawffe und die eucharistia, finden. der anderen gestehen wir keins wegs, weil szie nit gotliche vorheischungen haben. 15
Ditterich: Lieber Nikel, wan ir in deme mit uns fechten woltet, so mustet ir erstlich mit euch selber einich sein, dan wie ich vorgestern vormeldet habe, so wist ir selber noch nicht, wie viel ir sacrament haben sollet. einer heldet zcwei, der ander [130r] drei, wie etwan Luther gethan, der dritte vier, wie melanchton. nun solte euch viel ratsamer szein, mit algemeiner christlichen kirchen und den heiligen vetern siben zcuhalten, dan in dem laborinth stecken zupleiben. so sollet ir euch auch selbst berichten, das ir von dem, welchs ir einmal zcu regensburg dises fals gewilliget, nit weichen soltet. und kont nit lewckenen, das ir uns dazcumal die siben sacrament, wie die von mir erzcelet, gestanden und eingerewmet habet. und ist solches der dozcumal voreinigten artickel einer gleichwol. damit ir ewre gemutere deste ehe zcufriden stellet, wil ich volgend bei einem iden, wie es in der schrifft gegrundet, anzceigen. was aber die vorheischungen gots betrifft, weil die sonderliche und von sacramenten underschidene mittel szeind, [130v] sollen szie mit den sacramenten nit vormenget werden, wie dan solcher vormengung die kirche gots nit stad gibet, auch das weszen der sacrament on die vorheischungen bestehen mag. aber gleichwol gestehe ich, das eine ide der berurten gnade nwdie durch die sacrament gerecht wirdetnw szeine eigene vorheischung habe. und ist nichts deste weniger ein ides sacrament auch ein sonderlich mittel zcu der gnade. Niklas: nxNim ein ides sacrament in sonderheit vor.nx
nw – nw S, fol. 66v – nachgetr. nx – nx S, fol. 66v – korr. aus: ich wil gerne horen, wie due die von dir angegebenen siben sacrament vortedigen wirdest.
7 sondern] besonderen. 17 wie … habe] siehe P1, fol. 34r. 23 und … habet] Vgl. zu den Verhandlungen bezüglich der sieben Sakramente: Ganzer / zur Mühlen (2007, 322–345).
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Ditterich: das die tawffe ein heilsam sacrament szei, gestehest due one zcweiffel, [131r] dermassen das der, welcher eusserlicher weisze nyin der tawffeny gewaschen wirdet, vorborgener inwendig auch gewaschen und von allen szeinen sunden gereiniget werde und das in ime die bosen begirden zcum argen gedempt werden, nit das die nit mehe szei, sondern das szie uber in nit mehe hersche noch zcur sunde zcugerechnet werde, wie der heilige augustinus saget, dan in der tawffe stirbet der mensche der sunde abe und wirdet in christo ein new mensch, also das er hinforder got und der gerechtikeit leben mag, wie der heilige paulus schreibet. und wirdet dergestalt abgewaschen, geheiligt [131v] und in das reich gots eingesaczt. diese heilwertige fruchte der tawffe sal ein ider christ wol betrachten und in szein gemute schlissen, sich auch deste vleissiger huten, das er die durch szeine missethat aus schendlicher undanckbarkeit nit wider vorlire. und sal darneben bedencken, das ein mensche muss naturlicher weisze geboren werden, nzauff das er szein mogenz. gleichergestalt mus er auch durch die tawffe wider von newest geboren werden, oaauff das ime wol szein moge.oa dan christus saget selber, es szei dan einer aus dem geiste und wasser wider geboren, wirdet er nit eingehen ins himelreich. [132r] das szei von der tawffe genug. und vorsehe mich, ir werdet es auch gut szein lassen. Niklas: alhie ist nichts streitiges. Ditterich: so viel das sacrament der firmung belanged, ist es an deme, das die aposteln, weil nach christus bei inen war, in der tawffe den heiligen geist zcu vorgebung der sunde und der rechtfertigung emphangen hatten. gleichwol saget in christus, es were dan sache, das er von inen abschide, wurde der troster, der heilige geist, zcu inen nicht kommen. und nach szeiner heilwertigen aufferstehung, ehe dan er zcum himmel fure, beuele er inen, das szie von hierusalem nit weg zcihen, sondern der vorheischung des vaters des orts erwarten solten. aus diesen unwiderleglichen grunden der schrifft haben wir zcuuornemen, das uns der heilige geist gegeben wirdet, einmal zcur reinigung und das ander mal zcur sterckung und andern der kirchen nuczlichen ubungen [132v] und hat solchs das werck ausgewiszen, dan ehe die aposteln den vorheischenen troster emphingen, waren szie noch eben schwach, dan da christus gefangen ward, flogen szie von ime, aber nach emphangenem heiligem geist, haben szie nit geschawet, christum ny – ny
S, fol. 67v – nachgetr.
nz – nz
S, fol. 67v – nachgetr.
oa – oa
S, fol. 67v – nachgetr.
4 gedempt] gedämpft. 6 wie … saget] Augustinus zur Taufe als Wiedergeburt und Reinigung von Sünden in Enchiridion, Kap. 13, 14, 17 (PL ). | dan … mag] Röm 6, 3–4. 9 und1 … geheiligt] 1 Kor 6, 11. 16 es … himelreich] Joh 3, 5. 25 es … kommen] Joh 16, 7. 27 ehe … solten] Act 1, 4. 32 vorheischenen] verheißenen. 33 flogen] flohen. flogen … ime] Mt 26, 56. 34 geschawet] gescheut.
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
frei zcubekennen, die grossen dinge gots zcupredigen, auch den tod daruber zculeiden. zcu dieser gnade hat christus durch szeine apostel das sacrament der firmung geordenet, dan ob wol die samaritaner den heiligen geist in der tawffe zcur reinigung emphangen hatten, [133r] so hatten szie gleichwol den troster zcur sterckung und andern geistlichen gaben nit emphangen. damit szie nun dieses heiligen geists die lenge nit mangelten, legten in petrus und iohannes die hende auff. da emphingen szie den heiligen geist, wie lucas in geschichten der aposteln zcewget. obdermassen ist das sacrament der firmung eingefuret.ob und ob wol am anfange dis sacrament neben erregter sterckung die gabe der zcungen, als die der kirchen zcu volzcihung des notwendigen predigampts dazcumal seher notig war, gereicht hat,oc [133v] und wie wol dis sacrament an im selbst nit notwendig wie die heilige tawffe, so ist es gleichwol fruchtbar und sal umb so viel deste weniger vorachtet werden. Niklas: ob es wol wider unsere vorwilligung, oddie wir zcu regensburg eingangen,od szein saloe, eins ader mehe der von dir erzcelten sacrament zcu vorwerffenof, so wirdest du mir doch zcu gut halten, [134r] das ich in zcweiffelhafftigen puncten frage, du zceuhest die firmung vor ein sacrament an. und findet sich doch darneben nit, das szie ogchristus selberog eingesaczt habeoh. oinun konnen wir kein sacrament vor ein war sacrament annemen, welchs christus nit selber eingesaczt.oi
ob – ob S, fol. 68v – nachgetr. oc S, fol. 68v – nachgetr. und mehrere gestr. Varianten: gleichwol da solche gabe folgend auffgehoret und der kirchen nit mehe vonnoten geweszen, ist die gabe der zcungen durch dis sacrament nit mehe gereicht worden, alleine die sterckung durch den heiligen geist hat mehe auffgehoret, auch ist nach hewtigs vonnoten, wirdet uns od – od S, fol. 69r – nichts deste weniger mitgeteilt. daher geht der spruch augustini. oe S, fol. 69r – korr. aus: solte. of S, fol. 69r – korr. aus: vorwerffen wolten. nachgetr. og – og S, fol. 69r – korr. aus: von christo. oh S, fol. 69r – nachgetr. oi – oi S, fol. 69r – korr. aus: das du aber anzceigest, das szie christus durch szeine aposteln eingesaczt, zcweiffele ich, ob die aposteln macht gehabt haben, im namen und von wegen christi sacrament einzcuseczen, welchs auch der ganczen kirchen nit geburet hette.
3 dan … zcewget] Act 8, 15–17.
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Ditterich: ojob gleich christus solch sacrament nit selber eingesaczt, hat ers doch durch seine aposteln eingesaczt, welchs gleich so viel ist. dan weil szie christi boten und legaten geweszen, haben szie als aposteln nit iren, sondern christi gewalt vorrichtet. und was szie dergestalt geordenet haben, ist so viel, als hette es christus selber geordnet und wirdet derhalb ir wort vor christi wort gehalten, dan paulus spricht experimentum (...) in me loquitur christi. so schreibet auch cyprianus, was die aposteln aus tragendem irem ampte gehandelt, das szei so viel, als habe es christus selber gehandelt.oj weil nun deme also okund was die aposteln in einsaczung dis sacraments und der heiligen olung gethan, das esok davor zcuhalten, gleich als hette die christus selber eingesaczt, wie dan die zcu ider zceit olin der kircheol vor ein nucz und fruchtbar sacrament gehalten wordenom. zcihe mich dieses fals auff ondie algemeine kirche, dieon concilia oound den gebrawch der kircheoo und die heiligen vettere, nemlich cyprianus, augustinus, chrisostomus, andere mehe. Demnachop achte ichs davor, das unser christe, der nun getawffet, solle erinnert werden, das er das sacrament der firmung gebrawche, damit er deste mehe trosts und stercke haben moge wider die anfechtungen. so ime in dieser welt zcustehenoq [135v] mogen. und sal dis mittel der gotlichen gnade deste weniger vorachten, weil er alhie stehet wie in einem kampff umb szein leben, wie iob spricht, ein steteror streit ist auff erdtreich, da wider den tewffel, da wider die bose welt, da wider szein eigen fleisch, derhalb er deste mehe der hulffe gots zcur sterckung bdarff. Niklas: was thut aber ewer christum zur sache, weil die aposteln desselbigen nirgent gewenen?
oj – oj S, fol. 69r–69v – korr. aus P1, fol. 134r–135r: was die aposteln als aposteln eingefuret haben, ist so viel, als hette es christus selber eingefuret, weil szie als legaten christi und eigenttliche beuhelhaber vorordent nit das ire, sondern christi werck zcuuorrichten und nit das ire, sondern christi wort auszcusprechen, wie dan christus in in und durch sie geredt und gehandelt hat. experimentum (...) loquimur christi, spricht paulus und wirdet derhalb ir wort gots worte gleich, ia, ir wort vor gots wort gehalten, welche gewalt volgend der kirchen so gar nit mitgeteilet worden. ob nun gleich die kirche die sacrament nit eingesaczt noch einseczen hat konnen, volged doch daraus nit, das szie die aposteln an christi stad, ia, christus durch die aposteln nit hat einseczen konnen. cyprianus schreibet, was die aposteln aus tragendem irem ampte gehandelt, das szei so viel, als hette es christus selber gehandelt. so saget augustinus ok – ok S, fol. 70r – korr. aus: was die aposteln in solchem falle vom sacrament der olung (...). gethan, das es christus durch szie gethan. so ist die einseczung der heiligen olung und dieses ol – ol S, fol. 70r – gestr. om S, fol. 70r – gestr. on – on S, fol. 70r – korr. aus: sacraments. oo – oo S, fol. 70r – nachgetr. op S, fol. 70r – korr. aus: Weil nun deme eczliche algemeine. oq S, fol. 70r – korr. aus: vorstehen. or S, fol. 70v – korr. aus: ewiger. allenthalb also.
5 dan … christi] 2 Kor 13, 3.
18 weil … leben] Hi 7, 1.
24 gewenen] erwähnen.
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C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
Ditterich: es ist eine nucze ceremonia, die uns erinnert der innerlichen salbung des heiligen geists und rewmet sich gar wol. osund ob gleich die aposteln der nit gewenen, so haben gleich wol die aposteln mit der that eingefuret,os wie die heiligen dionisius und fabianus schreiben. und so gibet solcher salbung Tertullianus, der alte lerer der kirche, gar ein schon zcewgnus. und wie sie in gemeinem gebrawch der kirchen gehalten, sal szie keines weges abgestalt werden. aber von deme genug. last uns nun das sacrament der bussze zcur hand nemen. weil sich leider, mehe dan es gut ist, zcutreget, das der mensch nach der tawffe wider fellet und sich vorunreiniget und got erzcornet, und aber die tawffe nit mehe dan einmal im leben von einem iden sal gebrawcht werdenot, so hat christus zu der newen [136r] vorzceihung, reinigung und vorsunung ein sonder sacrament geordenet dem betrubtem menschen, welchen szeine sunde drucken, zcu sonderlichem trost, auff das er der vorzceihung und vorsunung deste mehe vorgewisset werdeou. nemlich das heilig sacrament der busse, welches er mit nachfolgenden worten eingesaczt, gleich wie mich der vatter gesand, so sende ich euch auch. und da er solchs gesaget, blis er szie (die aposteln) an und sprach zcu inen, nemet hin den heiligen geist. welchen ir die sunde erlast, dem szeind szie erlassen. und welchem ir sie behaltet, dem szeind szie behalten. alhie sehen wir, das christus den kirchen und iren dienern gewalt gegeben, die sunde zcuerlassen, darauff dan das sacrament der bussze stehet und ein gar trostlich [136v] ding ist, nemlich wan du dich in deinem gewissen beschwert bfindest, das due dem priester, welcher gewalt hat auffzcubinden, dich erzceigest, die absolution von im emphehest, welchs so viel, als sprech dich christus selber los, weil er alhie nit szein, sondern christi gewalt brawcht. deste mehe sal ein ider, der sich in szeinem gewissen bschwert befindet, zcu diesem sacrament eilen, damit er widerumb einen gnedigen got bekomme. und ob wol einer zcu ider zceit bei got vorzceihung erlangen kan, auch ehe, dan er dises sacraments gebrawchen mag, so treget sich dochov offtmals zcu, das einer so zcaghafftig und vorwickelt in szeinem gewissen ist, das ime one dis sacrament nit kan geholffen werden. [137r] umb so viel deste weniger sollen wir dis sacrament vorachten, sondern viel mehe darauff bdacht sein, wie wir solchs fruchtbarlich gebrawchen mogen, welchs geschihet, so wir os – os S, fol. 70v – korr. aus: und ist von den aposteln eingefuret worden. ou S, fol. 72r – korr. aus: wirdet. ov S, fol. 72v – nachgetr. nachgetr.
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S, fol. 72r –
2 rewmet sich] reimt sich, übertragen: zutreffen, ist passend. 4 dionisius] Dionysius Areopagita, De ecclesiastica hierarchia, Kap. IV, §11. Vgl. Stiglmayr (1911, 160). | fabianus] Papst, Heiliger, gest. ca. 250, Vgl. BBKL (1990, 1586). | und2 … zcewgnus] „Exinde egressi de lavacro perungimur benedicta unctione de pristina disciplina, qua ungui oleo de cornu in sacerdotium solebant, ex quo Aaron a Moyse unctus est; unde ‚christus‘ dicitur a chrismate, (...)“, Tertullian, De baptismo, 7.1 – Vgl. Schleyer (2006, 178). 15 gleich … behalten] Joh 20, 21–23.
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darzcu ein busfertig und demutig hercz bringen und doch nit vorzcweiffeln, sondern uns den glawben in got auffrichten lassen, damit wir wie bei den andern sacramenten auch das emphahen mogen, welchs uns durch solche sacrament zcum heil gereicht wirdet. und weil dem prister nit alleine die gewalt auffzculosen, sondern auch zcubinden gegeben, erfordert die notdorfft, das du ime, ehe dan du absolution emphehest, deine begangene sunde mit underschidlicher erzcelung beichtest, damit er im absoluieren deste weniger irre. [137v] Niklas: was darffs des underschidlichen erzcelens? mich deucht, owes szei genug in gemeine zcubeichtenow, wie wir in unszern kirchen im gebrawch halten. Ditterich: Nikel, wan wir got alleine beichten solten, so were es genug, dan der weis unszere sunde oxone das undox besser dan wir selber. aber gegen dem prister musszen wir anders handeln, dan dieoy konnen nit eigentlichoz alles wisszen, was wir thun ader lassen. so konnen sie auch nit wissen, was szie losen ader nit losen sollen, es werden in dan die gebrechen der menschen eigentlich paund underschidlichpa gezceiget und eroffent. und lest sich solchs mit der beicht in gemein nit ausrichten, zcuforderst weil underweilen die vorborgenenpb sunde an inen [138r] selbst schwerer szeind, dan die man offentlich begehet.
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Niklas: ia, wue hat aber got ader die aposteln solche beichte mit underschidlicher erzcelung der sunde geordenet? Ditterich: an deme orte, da christus das sacrament eingesaczt? 25
Niklas: zceige mir ursachen an.
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Ditterich: es sal geschehen. so zcweihe dinge zcusammen lawffen, also das eines one das andere nitpc wol und fruchtbarlich mag vorrichtet werden, wer eins dero dinge namhaftig einseczt, ob er gleich des andern in der einsaczung nit gewenet, so ist es doch so viel, als hette er solchs auch ausdrucklich eingesacztpd, gleich als wen ein keiser einen fursten machetpe, ob er gleich nit namhafftig machet die dingepf, one welche der furst sein furstlich ampt nit vorrichten kan, so [138v] vorstehet mans doch, als hette es ime pgder keiser die dingepg ausdrucklich beuolen ow – ow S, fol. 73r – korr. aus: es szei genug der beicht in gemeine. ox – ox S, fol. 73r – oy S, fol. 73r – korr. aus: szie. oz S, fol. 73r – nachgetr. pa – pa S, fol. 73r – nachgetr. pb S, fol. 73v – korr. aus: unbekantten. pc S, fol. 73v – nachgetr. pd S, fol. nachgetr. pe pf pg – pg S, 73r – korr. aus: geordenet. S, fol. 73v – nachgetr. S, fol. 73v – nachgetr. fol. 73v – nachgetr.
4 nit … gegeben] Mt 18, 18.
17 eroffent] eröffnet.
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
und ime darzcu den gewalt gegeben. gleicher gestalt hat es alhie phumb die underschidliche erzcelung der gnade auch, den weil der herre die schlussel auffzculosen und zcu binden eingesaczt, so hat er die beichte mit erzcelung der sonde, one welche der prister diszen szeinen gewalt nit wol vorrichten mag, auch eingesaczt, so nit ausdrucklich doch tacite erstlich, das er der prister deste besser sich zcu berichten habe, ob er losen ader binden, das ist ob er scharffe ader gelinde arczenei gebrawchen solle und danph das er dem beicht kinde deste besser rathen, was es hinforder am meisten meiden piund thun sollepi, welchs dan ime, dem beichtvater, auch geburen wil. und sal die berurte weise nach ordenung algemeiner kirchen zcubeichten, das beichtkind gleich so wenig bschweren als ein vorwunthen, da er dem arczte szeine wunden zceigen und eroffnen sal. [139r] das alles sal der, welcher in todsunde gefallen, wol erinnert werden und zcur ordentlichen beichte gehalten werden. und stelle in zcweiffel, da man die weisze zcubeichten erhalten hette, es solten die guten sitten bei euch so gar nit vorterbet sein, wie man leider im wercke bfindet, dan das dis der besten zcuchtordenung eine in der kirche gewesen ist, kan aus allen umbstenden leicht erkant werden. ich habe auch etwan von weiszen lewten aus unszern grossen reichs steten vornommen, das szie solche ordenung mit der beichte bei inen gerne widerumb auffrichten wolten der zcuuorsicht, es solte iren burgeren viel guts geperen und den eingerisszenen epicureismum sehr dempffen. pjaber von diesempj sacrament der bussze genug. und wollen wir nun sehen, was uns die heilige eucharistia, welche ist das [139v]pk sacrament des leibs und bluts christi, guts bringe. wan got, der ph – ph
S, fol. 73v–74r – korr. aus: mit der busse und underschidlichen beichte erstlich das der priester sich zcuberichten habe, ob er losen ader binden solle, das ist, ob er scharffe oder gepi – pi S, fol. 74r – nachgetr. pj – pj S, fol. 74v – korr. aus: linde erczenei gebrawchen moge. pk P1, fol. 139v–142r – gestr. und auf dem Rand ergänzt: ich glewbe wir (haben) von dem. so hat der herre aus gleicher milde und gnade das sacrament der eucharistia auch eingesaczt. welcher nun durch die bus der sonden gestorben, bdarff nit alleine der gnade, das er in christo wider lebendig werde, welchs dan die rechtfertigung mit sich bringet, sondern das er in allem gutem zcuneme und eingeleibet werde, also auff das er in got / christo bleibe und christus in ime nach inhalt szeiner gotlichen vorheischung. solche frucht der gnade bekommet ein ider, der die heilige eucharistia im glawben emphangen und wirdet in allem gutem trefflich gestercket. der firmung brawcht der mensche nurent einmal szein leben lang, aber dises sacraments mag einer gebrawchen, so offt es szeine notdorfft erfordert und damit dis sacrament recht vorstehen und in glawben fassen moge, so ist in diesem trefflichem geheimnus, so balt die wort christi, das ist mein leib, das ist mein blute, der ware leib und das ware blut under gestalt weines und brots. und ist eben der naturliche leib, welcher am stam des creuczes gehangen hat, und das naturliche blut, welchs vor uns vorgossen ist, wie die wort vormogen, das ist mein leib, spricht er, welcher vor euch vorgeben wirdet und das mein–. item 5 tacite] unausgesprochen, verschwiegen. 11 vorwunthen] Verwundeter. 14 vorterbet] verdorben. 19 geperen] gebären, übertragen: bringen. | den … epicureismum] Zügellosigkeit, siehe Anm. zu P1, fol. 48v.
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herre, den menschen, welcher in todsunde gefallen, durch das sacrament der bussze plherwider bracht und er nunpl vorgebung der sunde und vorsunung mit gotte erlangen moge, pmnach inhalt obgethanes gruntlichen berichts, ob er wol als dan wider zcu recht gebracht und bei got ausgesunet,pm so bdarff er doch noch der gnade, das er in dem guten, welchs er erlanget hat, bestehen pnund darinnenpn auch zcunemen moge [140r] und zcu solcher narung hat christus dem menschen szeinen eigenen leib und blut geordenet. und mag keine krefftigere speise der seelen erfunden werden dan eben solcher leib und solch blut. und wie wol der mensche solche speise im glawben geistlich emphahen mag, hat doch christus [140v] zcu meherer bekrefftigung dero dinge das sacrament der eucharistien, das ist szeines leibs und bluts eingesaczt, poschreibet matheus,po dan da szie das abendtmal assen, nam er das brot, segnet es und brachs, gabs szeinen iungern und sprach, nemet hin und esset, das ist mein leib, und nam den kelch, dancksagte und gabe in mit diesen worten, trinckt aus dem alle, dan das ist mein blut des
dis ist des newen testaments blut, welchs vor viel wirdet vorgossen. nun musszen uns enczwar die wort christi felen ader so balt sie gesprochen, die substancz in den waren und naturlichen leib christi vorwandelt werden, also das alleine die gestalt weins und brots da bleiben, die substancz vorhindert werde und zcu deme, das das wort christi, welche nimands betrugen, solch clar mitbringen. so heldet es auch die gemeine kirche. also hat auch solchs in iren hewptconcilien erkant und wol ercleret und stimen dis fals die lieben heiligen vettere iustianus, martirus, cyprianus, chrisostomus, eusebius, ambrosius, augustinus, damasius und andere viel mehe. und gibet der heilige chrisostomus gar ein schon gleichnus gleich wie ein wachs, spricht er, wan es zcum fewer gehalden wirdet, angezcundet und fewer wirdet und darob szeine vorige substancz vorlewret, so geschihet auch dem brot und wein in der eucharistia, wan die wort christi darob gesprochen werden, das die substancz des leibs und die substancz des bluts christi vorandert werden. dem wort christi salst due szeine geburliche ehere geben und deme, weil es almechtig ist, schlechts glawben und darinnen nit grubeln. und weil christus saget, das ist mein leib und das ist mein blut, so glawbe, das der under frembder gestalt weins und brots der ware naturliche leib und blut christi szei, damit due den herren in seinem worte lugen straffen und dich mehe zculassen anmasen, dan der gesunde vorstand nachlest und ausgedruckte consensus catholicae ecclesiae zculest. und nachdem mit den worten christi nit sal leichtfertig umbgangen werden, so glewbe, das als balt, wan die wort uber das brot und wein gesprochen worden szein, das ware sacrament des leibs und bluts christi da szein, auch ehe, das es emphangen werde, dan so wenig, als due ein brot nach der natur im mawl backen kanst, so wenig wirdet durch dein essen und trincken dis sacrament machen, wie es zcuuorn durch gots wort nit gemacht ist. des sal ein ider christ wol erinnert werden, auff das die groben irsal meiden moge, erstlich der sacramentirer und dan den ewren, welche die transmutation desgleichen das nit wollen nachlassen, das das berurte eucharistia ehe ein sacrament szei, dan es genossen werde. pl – pl S, fol. 74v – korr. aus: gnedigst vorsehen hat auff das. pm – pm S, fol. 74v – gestr. pn – pn S, fol. 74v – nachgetr. po – po S, fol. 75r – korr. aus: und wie es umb dis sacrament eigentlich gestalt szei, zceiget er mit nachfolgenden szeinen worten, schreibet mattheus. 3 obgethanes] oben dargelegt.
11 dan … wirdet] Mt 26, 26–28.
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
newen testaments, welchs vor [141r] viel ausgegossen wirdet. [142v] mit diesen worten gibet christus zcuuorstehen, das under der eusserlichen gestalt brots und weins ppszein warer leibpp, wie er am stam des creuczes gehangen, und under gestalt des weins das ware und naturliche blut christi, wie es des orts vorgossen worden szei, wie lucas schreibet. und das er nit der geistliche, sondern der naturliche pqleib und das naturliche blut christi da szeipq, gibet der herre weiter zcuuornemen und spricht im luca, dan das brot hat er genommen, gedancksaget, gebrochen und inen gegeben mit diesen worten, das ist mein leib, welcher vor euch gegeben wirdet. [143r] das thuet zcu meinem gedechtnus. desgleichen den kelch, nachdem er das abendmal gehalten hat mit diesem wort, das ist der kelch, das newe testament in meinem blute, welchs vor euch ausgegossen wirdet werden. das szeind ie die klare wort christi der ewigen weisheit und warheit, den wir stracks zcu glawben schuldig, nemlichpr das der ware und naturliche leib christi und das ware und naturliche blut christi psim sacrament szei, wie dan krafft diszer wort, denen nichts unmoglich, das brot in den lebendigen leib christi, wie er am creucze gehangen und der wein in das ware und lebendige blut christi, wie es am creucze vorgossen worden, vorwandelt wirdetps. dan es stehet klar, das ist mein leib mit dem anhange, der vor euch gegeben wirdet. item das ist das newe [143v] testament in meinem blute, das vor euch vorgossen wirdet werden. ptdadurch gibet uns der herre zcuuornemen, das das szein warer naturlicher leib, wie er am stam des creuczes gehangen und szein naturlich blut, wie es daselbst vorgossen worden im sacrament wesentlich und warhafftig in diesem sacrament szei.pt wer nun christum in seinem wort nit lugen straffen ader solch wort auff einen frombden vorstand nit zcihen wil, der sal glewben, das er in diesem sacrament, welchs ime zcur geistlichen speisze und narung puseiner seelenpu eingesaczt ist, den waren naturlichen leib und das ware naturliche blute christi [144r] emphange, so offt er dieszes sacraments geniessze. und zcu deme, das es der rechte und eigentliche vorstand der wort christi ist, pvso gibet es uns auch gar einen grossen trost.pv pwia, was kan den leib zcur aufferstehung besser stercken dan der leib und das blut christi?pw was kan einem menschen trostlicher begegnen, dan da er durch diese speisze mit christo gar und dermassen voreiniget wirdet, das christus in ime und er in christo bleibe? und wan die wort, das ist mein leib, das ist pxder kelch des newen testamentspx, gesprochen werden, sollen pp – pp S, fol. 75v – korr. aus: der ware leib christi. pq – pq S, fol. 75v – Vom Sekretär pt – pt S, fol. 76r – pr S, fol. 75v – nachgetr. ps – ps S, fol. 75v – nachgetr. eingefügt. pu – pu S, fol. 76r – nachgetr. pv – pv S, fol. 76r – korr. aus: so dienet es auch zcur gestr. pw – pw S, fol. 76r – korr. aus: dan was kan unsere seelen besser sterckung unszers glawbens. px – px S, fol. 76v – korr. aus: das newe testament speiszen dan der leib und das blut christi? in meinem blute uber das brot und wein.
7 dan … werden] Lk 22, 19–20.
24 frombden] fremden.
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wir diesen teweren worten die eher der warheit wie billich geben und gar nit zcweiffeln, das das ihenigepy, welchs vorhin brot pzund weinpz war, [144v] numals der naturliche leib und blut christi werde. qawie wir dan nit zcweiffeln konnen, so fern wir glewben, das christus gots son szei und szein wort almechtig.qa und wiewol das brot in den leib christi und der wein in das blut christi vormoge szeines krefftigen worts vorwandelt wirdet, so bleiben gleichwol die sichtbaren occidentia und eusserliche gestalt brots und weins da. qbund hat dieses sacrament einen grosszen underschid von den andern sacramenten, dan [145r] die andern sacrament szeind nit das, welchs szie bedewten, aber das ist eben das, welchs bedewtet, nemlich das christus, den wir durch dis sacrament emphahen und dem wir sollen eingeleibet werden.qb und zcu deme das wir keinen andern vorstand von diesem sacrament haben mogen, wir wollen dan gar viel eine andere meinung, dan wie die wortt lawten, ertichten. so ist dieser vorstand den heiligen conciliis und vetern, die in vorzceiten von den dingen gar sawberlich geschriben, gemes, wie dan die algemeine christenheit nihe keinen andern vorstand gehabt. und dienet am meisten [145v] zcu erbawung im glawben, der recht stehet, wan er dem wort schlecht anhanget, nimmet den vorstand des menschen gefangen und underwirffet in gots worte, in dem das er glewbet den deutlichen dorren und runden worten christi, wie szie sztehen [!]. das ist die eigenschafft des rechten christlichen glawbens. und wer sich des nit heldet, kan leichtlich in schwere irsal fallen, vornemlich bei den heiligen sacramenten und geheimnussen gots, [146r] welche durch den naturlichen vorstand so wenig als das geheimnus der menschwerdung christi ergrundet werden. darumb rath ich meinem christen, das er einfaltige glewbe, das er in der eucharistien under der gestalt weins und brots den waren und naturlichen leib und blut christiqc emphahe, er szei from ader bose. und weil solch sacrament von bosen und guten emphangen, von guten und wirdigen zcum heil, von bosen aber und unwirdigen zcum vordamnus, qdweil [146v] szie den leib christi dermassen, wie szie wol thun solten, nit achtenqd nach der apostolischen ermanung, darumb qeund damitqe wil er, der mensch, dieses sacraments zcu dem heilwertigem nucz, darumb es eingesaczt, gebrawchen und christo zcu auffnemung in allen geistlichen gutern eingeleibet werden mogeqf, so salqg er wol auff sich selber sehen und mit allem vleisz huten, das er solch sacrament nit unwirdiglich, sondern zcu seiner seelen heil emphahe, welchs als dan geschihet, wan er, der mensche, szeine begangene sonde,
py
pz – pz S, fol. 76v – nachgetr. qa – qa S, fol. 76v – gestr. qb – qb S, fol. S, fol. 76v – gestr. qc qd – qd qe – qe 76v–77r – gestr. S, fol. 77v – nachgetr. S, fol. 77v – gestr. S, fol. 77v – qf S, fol. 77v – nachgetr. qg S, fol. 77v – korr. aus: mus. nachgetr.
14 heiligen conciliis] 4. Laterankonzil 1215. 18 in1] ihn. 27–29. 28 weil … ermanung] 1 Kor 10, 14–22.
27 von2 … achten] 1 Kor 11,
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
dadurch er got erzcornet, von herczen berawhet qhund von der vorwandelung und gegenwertikeit des leibs und bluts christi im sacrament glewbet und haldet, welchs ich oben vormeldetqh, und dan in rechtem glawben und warer zcuuorsicht das hochwirdig sacrament emphehet, qidan auff den falqi [147r] emphehet erqj one zcweiffel christum und wirdet zcu allem guten stercker und krefftiger. an dieser einfalt sal sich der christe, welcher mir folgen wil, begnugen lasszen und nit weiter grubeln nach wicz pflegen, damit er sich selber deste weniger vorfuren und qkden rechten nuchtern vorstand darob vorlireqk. Niklas: Es hat wol eine meinung mit diesem deinem bericht. wir gestehen auch, das der leib christi gegenwertiglich qlunder dem brote szeiql, und neben dem brot emphangen werde. wie du weist, das unser doctor luther sich in deme hefftig wider dieqm zcwinglianer erzceiget, [147v] welche die gegenwertikeit des leibs und bluts christi im sacrament vorneineten, qnund das er den sacramentirern iren irsal statlich auffgestochen und widerleget hattqn. Ditterich: diesem freuel habe ich in voriger meiner ausfurung mit gutem grunde abgelenet. [148r] qoich weis wol, das luther hefftig wider die sacramentirer gefochten. wie aber die andern ewre lerer? gesellen sich die nit zcum teil zcu den newen sacramentirern? dan ob die gleich gestehen die gegenwertikeit des leibs und bluts christi in der eucharistia, wollen szie doch solche nit anders zculassen, dan das der leib und blut christi geistlicher weise da szei und alleine geistlich emphangen werde. und vorfelschen gleich so wol die wort christi, das ist mein leib, welcher vor euch gegeben wirdet, und das ist das blut des newen testaments, qh – qh
qi – qi S, fol. 78r – nachgetr. qj S, fol. 78r – nachgetr. S, fol. 78r – nachgetr. ql – ql S, fol. 78r – S, fol. 78r – korr. aus: des rechten nuchtern vorstands entsecze. qm S, fol. 78r – korr. aus Sg. auf Pl.: den. Gleichermaßen welcher zu welche, gestr. qn – qn S, fol. 78r – korr. aus: ungeachtet, das christus vorneinete zu vorneineten. ausdrucklich sagt, das ist mein leib. wolt haben das brot nit wesentlich wie der leib christi, qo – qo S, sondern bedewtet den alleine. und das das brot ein pur lawter backen brot (szei). fol. 78r–78v – korr. aus P1, fol. 148rf.: wie aber von den andern subtilern sacramentirischen irsal, welcher die gegenwertikeit des leibs christi im sacrament gestehet, doch der gestalt alleine, das solcher leip geistlich szei: welche sich mit diesem irthumb beladen, die fechten nit weniger die wort christi an, der vorstehe der leib vor euch gegeben wirdet als die der zcwinglische hawffe die wort, das ist mein leib. und mus christus mit szeinem worte denen auch herhalten, und inen nit war szein, das der leib christi, welcher am creucze gehangen und vor uns alle auffgegeben ist worden, da gegenwertig szei, ob gleich wort christi das gegenspil vormag. qk – qk
7 nach] noch. | wicz] Verstand. 18 ich … gefochten] Vgl. u.a. Wider die himmlischen Propheten, von den Bildern und Sakrament, 1525 (WA 18), Daß diese Wort Christi „Das ist mein Leib“ noch fest stehen, wider die Schwärmgeister, 1527 (WA 23) und Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis, 1528 (WA 26).
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welchs vor euch vorgossen wirdet. und geben inen einen frombden vorstand, alszo, das szie nit mehe von dem warem lebendigem und naturlichem leibe, wie er am creucze gehangen und von dem warem lebendigem und naturlichem blute, wie es am creucze vorgossen worden, vorstanden sollen.qo 5
[148v] Veit: due redest recht, qpNikel, du wirdest villeicht ein bedencken haben ob deme, weil doctor luthers disipuli zcum teil dises fals wancken.qp
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Niklas: ich weis wol, das luther eben der meinung gewesen wie due, ditterich. darumb las ichs hirbei auch wenden, aber das bfrombdet mich gleichwol, das due die papistische transsubstantion und die vorwandelung des brots in den leib christi qqvorteidigen wilstqq. [149r] Ditterichqr: warlich die vorwandelung kan gleich so wenig vorneinet werden als die gegenwertikeit des naturlichenqs leibs und bluts christi, dan das wort, welchs saget, das der leib und blut christi im sacrament qtgegenwertig szei, das zceigt auch, das das sacrament der leib und blut christi szeiqt. und weil das wort nit angezceigt, das der leib christi und das blut neben quder substancz des brotes quda szei, so qvmussen die enczwar bekennen, das unszere meinung war szei ader gots wort einen zcusacz gebenqv, welchs uns in der schrifft got selber vorbewt, ader die wort bleiben lassen, wie sie stehen [149v] und glewben, weil szie ausdrucklich sagen, das das, welchs der prister in szeinen henden hat, nummer der leib und blut christi warhafftig und wesentlich szei, und das nichts mehe von dem brote und weine da bleibe dan alleine die eusserliche gestalt, welche zcu der art des sacraments genug ist. und darf dieses gleich so wenig des grubelns der unuornunfftigen vornunfft als bei dem vorigem meinem bedencken. so viel die gegenwertikeit des leibs und bluts christi antrifft und zcu deme das diese unszereqw meinung der schrifft und gots worte gemes. und stimmet auch hirzcu er die gancze christenheit, wie aus iren conciliis und alten christlichen
qp – qp
qq – qq P1, fol. 148v – korr. aus: dich zcuuorteidigen understehst. S, fol. 78v – gestr. P1, fol. 151r (dan weil die wort (...)) – P1, fol. 153v (newlich meldung gethan) in S, fol. qs S, fol. 79r – nachgetr. qt – qt S, fol. 79r – gestr. qu – qu S, fol. 79r – korr. 79v–81r gestr. qv – qv S, fol. 79r – korr. aus: mussen wir etwas dem wort christi und gots aus: dem brote. qw S, fol. 79v – nachgetr. einen zcusatz thun. qr
10 bfrombdet] befremdet. | das2 … wilst] Das katholische Dogma von der Transsubstantiation lehrte die Verwandlung der Substanz von Brot und Wein in Leib und Blut Christi unter Beibehaltung der äußeren Form. Luther vertrat im Sinne einer Konsubstantiation die Realpräsenz von Leib und Blut Christi während der gottesdienstlichen Feier des Abendmahls. Vgl. Althaus (1963, 318–338). 19 enczwar] wirklich. 20 vorbewt] verbietet.
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
doctorischen und vettern klar erscheinet, [150r] als iustino martire, cipriano, chrisostomo, ambrosio, augustino, qxtheophylacto, damasioqx und andern viel mehe, denen man ie billicher glewben solte dan den ewren, die gar mit ungelasszen dingen umbgehen und von einem auff das andere fallen und darob sich in so viel secten selber haben zcurreisszenqy qzund iczo kawm wisszen, was szie uber ein iar glewben werdenqz.
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[157v]ra Niklas: glewbest due auch, ditterich, das die eucharistia ein sacrament des leibs und bluts christi nit szein konne, ehe dan es genossen wirdet? 10
Ditterich: ich glewbe es nit. und bleibe in deme auch bei dem einfeltigen, doch [158r] gewissen vorstand der algemeinen kirche. rbzcuuoraus wiewol es one not, so ist es doch leicht zcuthun, angesehen das die wort christi das sacrament machen und nit die genissung. und mus, ehe das sacrament ein sacrament des leibs und bluts christi szei, dan mans genisse, gleich als ehe ein brot gebacken szein mus, dan mans isst. und were frombd zcuhoren, das einer gleich, wan er das brot esse, solchs selber mochte und in szeinem munde breche. und ist die warheit, das das wort und nit die sumptiorc die eucharistien mache, und das nach der consecration der leib und das blut christi da ehe sei,rb weil ich bfinde, das icztberurte ewre newerung und ertichtung eine sacramentirerei mit sich bringet, [150v] dan weil die wort christi nicht das sacrament machen und das brot in leib christi transmutiren und vorwandeln, sondern der effect dieser wirckung stehet alleine auff der emphahung, wirdet auch bis auff die eingestellet. wirdet dardurch dem worte christi [151r] nit szeine krafft, so im eigent, enzcogen? wirdet die krafft der vorwandelung dem genisszen zcugelegt, welchs doch nit szein kan, dan qx – qx S, fol. 79v – nachgetr. qy P1, fol. 150r – gestr.: so wir doch - got szei es gelobet - eins bleiben und dadurch zcuerkennen geben, dan wir den rechten geist der warheit bei uns qz – qz P1, fol. 150r–150v – gestr.: Niklas: due ubergehest aber den gebrawch des haben. sacraments, ob er under einer ader zcwenen gestalten gebrawcht sal werden, welchs icze der seher streitig–. iczo gedencke ich auch an eins, welchs ich nit habe umbgehen sollen und icziger zceit auch in streid fallen wil, nemlich das die ewren nit wollen, das das sacrament szei und den leib und das blute christi in sich schliessze, man emphahe den wircklich, welchs eine ra Unterbrochene Zählung aufgrund der Verschiebung sacramentarei mit sich bringet. rb – rb S, fol. 83v – nachgetr. rc schwer lesbar. ganzer Textabschnitte.
1 iustino martire] Justinus von Rom, Märtyrer. gest. 3. / 4. Jh., Vgl. BBKL (2003, 739). cipriano] Cyprianus, Thascius Caecilius (200/210–258), Vgl. BBKL (1990, 1178ff.). 2 chrisostomo] Johannes Chrysostomus (344/354–407), Vgl. BBKL (1992, 305ff.). | ambrosio] Ambrosius von Mailand (ca. 333–397), Vgl. BBKL (1990, 142ff.). | augustino] Augustinus, Aurelius (354–430), Vgl. BBKL (1990, 272ff.). | theophylacto] Theophylaktos (gest. ca. 840), Vgl. BBKL (1999, 1379f.). | damasio] Damasus I. (ca. 305–384), Vgl. BBKL (1990, 1199f.).
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is und kawhe das brot so lange, als due wilst, wirdet doch der naturliche leib und naturliche blut christi daraus nicht. aber wan gots wort zcum brote und wein kommet, als dan wirdet aus dem brote und wein der leib und das blut christi. und mus erst das sacrament durch das wort gemacht werden, ehe dan mans genissen mag, gleich so wol als man das brot nit ehe essen kan, ehe dan mans im offen gebacken, dan in szeinem mawl wirdet es kein mensche wacken konnen. [151v] welcher es nun davor heldet, das die emphahung das sacrament macht, der berawbet das wort christi szeiner eigenen krafft und understehet sich, solche der emphahung zcuzcuwenden, aus welchem folget, das das brot ein backen brot bleibe, [152r] dan so gots wort das sacrament nit macht, so wirdet es die genissung auch nit machen. was wirdet dan daraus? es bleibet ein brot, wie vorhin geweszen. daraus dan das weiter erfolget, wan wir meinen, wir emphahen da christum, so emphahen wir ein stuck brots und vortewffen uns in eine scheussliche und grobe abgotterei.rd diesen nucz schaffet ir uns mit ewrem unzceitigem newern. und moget es derhalb wol bei altem vorstand der catholischen kirchen bleiben lassen. [152v] derhalb kan ich dem, welcher die eucharistien emphahen sal, nit anders rathen, dan das er mit der algemeinen christlichen kirchen glewbe, das als balt, wan die wort christi uber das brot und wein gesprochen werden, daraus reder ware und lebendige leib und das ware und lebendige blut christi wordenre. und ob mans gleich nit balde genewst, das mans doch zcu solchem gebrawch behalten und reseruiren moge, wie wir dan in unszern kirchen thun, auch die alte kirche gethan hat, inmassen dionisius alexandrinus zcewget und solchs eusebius erholet mit anzceigung, das ein krancker und bethriser prister im orient ein andern kran-
rd S, fol. 79r–80r – nachgetr. und gestr.: unszer doctor luther hat von den dingen nihe keinen andern vorstand gehabt, dan wie dan die wort christi mitbringen und due erzcelet hast. aber nickel wirdet vielleicht einer andern meinung sein. Niklas: ia, das sacrament wirdet nit ehe ein sacrament des leibs und bluts christi, dan man emphahet es. Ditterich: wue kompst mit dem trawm her? wilst due dem wort christi die krafft der trennung enzcihen? dan sal die vorwandelung des sacraments nach gesprochenen worten der consecration eingestellet und bis auff die nissung vorschoben werden, so nach der consecration der, welcher das sacrament emphangen solte, vorstorbe, ehe dan das sacrament emphange, so mussen die almechtigen wort christi; in summa dein emphahen und genissen machet gleich so wenig das sacrament als das essen und kawen ein gemein brot, sondern wie das brot ehe brot szein mus, dan mans emphehet, so ist es auch an deme, das das wort aus eigener krafft das sacrament machet und da gots wort das sacrament nit machet, so wirdet es die genissung nit machen. was nun die emphahung erst das sacrament machen sal, wirdet nun daraus? Nichts. dan das brot bleibet ein backen brot, wie es vorhin gewesen. wan es gots wort nit consecriret hat, so bleibet es der genissung halber ein re – re S, fol. 80v – korr. aus: brot und wein werde. backen brot wie zcuuorn.
6 wacken] backen. 13 vortewffen] vertiefen. 21 genewst] genießt. 23 dionisius alexandrinus] Dionysius von Alexandrien, gest. ca. 264, Vgl. BBKL (1990, 1318ff.).
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
cken ein teil [153r] eines consecrirten sacraments geschickt habe. so schreibt auch ambrosius, das sein bruder satrius eine consecrirte hostia mit ime uber meher gefurt habe. deste weniger sollen wir zcweiffeln, das das wort christi nit balde und ehe, dan das sacrament genossen mag werden, rfden leib und das blut christirf aus brot und wein mache, aber von deme alhie genug.
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Niklas: es reden aber unszere gelarten von den dingen viel anders. Ditterich: szie mogen reden, was szie wollen, so konnen szie doch ir (...) nit erhalten. und mich wundert, weil szie nicht sacramentirer szein wollen, das szie sich mit den irsalnrg beladen mogen, welche doch an inen selbst gancz sacramentirisch szeind und machen aus dem sacrament [153v] ein blos backen brot, zcu deme das szie zcu einer erschrocklichen abgotterei ursache geben, davon ich newlich meldung gethan.rh [158r]ri rjund ist mir recht. so hat solche ewre newerung dis fals luther selber nit wollen gut szein lasszen,rj wie in einem druck, so zcu erphurdt ausgangen, dargethan wirdet. so weis man auchrk die ankunfft dieses irthumbs wol, dan da man die zcwinglischen reichstetten mit den lutherischen in eine confession wolte bringen, damit ir religions bundt deste rlmehe gesterckt mochtrl werden, da betagten sich ire gelarten beiderseits gegn Mardpurg in hesszen und qwam Martin Buczer [158v] auch dahin als ein beqwemer underhendler, weil er beiden teilen vorwanth war. der funde nun zcum vorschlage diesen schonen fundt, nemlich das man halten solte, der leib und blut christi wer nit ehe im sacrament, dan man emphinge es. und wiewol dis mehe auff die zcwinglische seite dan die lutherische ginge, weil es aus dem sacrament ein backen brot machen wolte, rmso rf – rf
rg S, fol. 81r – korr. aus: S, fol. 81r – korr. aus: solch sacrament der eucharistien. rh ri zcoten. S, fol. 79v–81r – gestr. P2, fol. 158r–159r: Streichungen, Ergänzungen und Verschiebungen mehrerer Passagen in P1, P2 und S erschweren die Nachvollziehbarkeit und rj – rj S, fol. 83v – gestr. rkS, fol. 83v – nachgetr. rl – rl S, fol. führen u.a. zu Dopplungen. rm – rm 83v – korr. aus: weiter mochte ausgebreitet. S, fol. 83v – korr. aus: machten szie dennoch eine voreinigung.
1 so … habe] Ambrosius, De excessu fratris sui Satyri libri duo, Vgl. BBKL (1994, 1412f.). 3 meher] Meer. 15 so … wirdet] vermutlich zur Bewertung der Realpräsenz und der Einsetzungsworte Bezug auf Das diese wort Christi ‚Das ist mein leib etc‘ noch fest stehen, wider die schwermgeister, Erfurt 1527. Drucker: Loersfeld, Johann. (siehe auch WA 23, 38–320). 20 betagten … underhendler] Marburger Religionsgespräch 1529. Hauptsächlich Zwingli und Ökolampad einerseits und Luther andererseits. Melanchthon, Brenz und Osiander schalteten sich nur selten ein. Bucer kam eine vermittelnde Rolle zu. Vgl. May (21979). 22 funde … es] „Der Straßburger leugnet die Transsubstantiation und die lokale Anwesenheit Christi im Brote wie Wein im Gefäß oder Feuer im Eisen. Aber er bekräftigt, daß der Leib Christi wahrhaft zugegen sei und im Abendmahl gereicht werde, (...)“, Friedrich (2003, 60) sowie Vgl. Köhler (1953, 224f.).
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voreinigten szie sich dannoch dis artickelsrm. und damit nun dieselbtigen zcwinglianer und sacramentirer mochten vor die, welche der augspurgischen confession anhengig, gehalten werden, so muste solche confession auch herhalten und im artickel von der eucharistien vorendert werden, welchs an deme selber vonnoten und offenbar ist. wie nun den ewren solcher umbstandt sampt [159r] angezceigter vorfelschung der confession geburet habe, stelle ich in ewer selbst bedencken.rn Niklas: nun saget aber gleichwol paulus, das brot, welchs wir brechen, ist es nit die gemeinschafft des leibs christi? hie nennet er dis sacrament ein brot, auch nach der consecration. daraus wirdet fuglich geschlossen, das die substancz des brots neben der substancz des leibs christi da bleibe. Ditterich: ir [154v] woltet gerne von der transmutation, wie chrisostomus und damasius, welche das grosse concilium lateranum, dem die patriarchen zcu constantinopel und hierusalem beigewonet, abfuren und dahin vorleitenro, das ichrp mit euch ewre vormeinte und von newest ertichte consubstantion hilte, welche doch die algemeine kirche nihe angenommen. Aber [155r] die transmutation und transsubstantion erkennet sie und glewbet dieselbtige, also das nach geschehener consecration nit mehe brot und wein nach der substancz, sondern der ware leib und das ware blut christi wesentlich da sei. daher gehet nun das schone gleichnus chrisostomi, das gleich wie das wachs, wan es angezcundet wirdet, fewer wirdet und dadurch vorzceret wirdet und nit mehe wachs bleibet. Also [155v] geschehe auch dero substancz weins und brots in der eucharistien, aber gleichwol vorneinen wir nit, das die accidentia weins und brots uberig bleiben, rqdan wiewol wir die vorwandelung und transmutation bekennen, wie wir zcuthun rn P1, fol. 153v–154r – gestr.: Niklas: ia, wie meinest due aber, sal der, welchen due underweisest, under einer ader beider gestalt nemen? Ditterich: ich halte, wie man ordentlich mit den dingen umgehet, das mans under einer ader beider gestalt nemen mag. Niklas: wie sal ich das vorstehen? Ditterich: der orient hat in seinen gemeinen gebrawch, das er die eucharistia under beider gestalt emphehet. da ich nun in kirchen des orients were und finde einen, der dis sacrament under einerlei gestalt wolte und solchs one begerung derselbtigen kirchen nit thun, deme wolte ich rathen, er solte es under beiderlei gestalt nemen. hinwider so einer im occident were, der das sacrament (one ergernus) under beider gestalt emphahen wolte, deme wolte ich rathen, das er sich an einer gestalt wolt begnugen lassen. Niklas: so hore ich wol, due stellest ro S, fol. es frei, das man under einer ader beider gestalt das sacrament emphahen moge. rp rq – rq 81v – nachgetr. S, fol. 81v – korr. aus: (wir (...) hilten). S, fol. 81v–82r – gestr.
3 so … werden] Vermutlich trennt Pflug nicht genau das Marburger Religionsgespräch 1529 und die CA 1530. Die Reihenfolge scheint durcheinander. 9 das … christi] 1 Kor 10, 16. 15 damasius] *305–384, Vgl. BBKL (1990, 1199f.). | das … beigewonet] IV. Ökumenische Lateransynode 1215. Dort Dogmatisierung der Transsubstantiation.
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
schuldig, so lassen doch die (...) nit zcu, sondern gestehen und glewben, das die eusserliche gestalt brot und weins nichts deste weniger da szei,rq auff das wir dabei als bei einem sichtbarn ding das sacrament erkennen mogen, rrwie ich oben auch angezceigt habe.rr [156r] aber damit wir paulum an dem von dir angezcogenem orte recht vorstehen, so las uns szeine wort recht erwegen. der kelch der benedeiung, welchen wir benedeihen, spricht er, ist er nit die gemeinschafft des bluts christi? und das brot, das wir brechen, ist es nit die gemeinschafft des leibs des herren? wie sollen wir diese wort vornemen? proprie, wie szie lawten aber anders und in einer figur? der kelch der benedeiung, [156v] da er proprie und nach szeiner eigenen deutung solte vorstanden werden, so muste der leib christi nit alleine wesentlich dem brotte angefuget und consubstantirt werden, rswie ewre meinung ist,rs sondern auch dem kelche. und wolte also vonnoten szein, das der, welcher das sacrament emphinge, nicht alleine das brodt essen, sondern auch den kelch kawen ader vorschlingen muste. weil dan dieser vorstand seher absurdus und so gar ungerewmet szein wolte, so mussen die wort anders, dan wie sziert eigentlich lawten, gedewtet werden, nemlich das einer nit den kelche, sondern das, was im kelch ist, [157r] als das blut christi trincken sal. gleiche meinung hat es auch mit deme, das da folget. das brot, das wir brechen, ist es nit die gemeinschafft des leibs christi? undru mus das brot alhie nit vor die substancz des brots vornommen werden, sondern vor die eusserliche gestalt des brots, under welcher die substancz des leibs christi ist, weil die eusserliche gestalt des brots da bleibet, wie ich vorhin angezceiget. wollen wir nun im glawben nit irre gehen und uns von dem ausgedruckten wort christi [157v] in der einsaczung abfuren lassen, so mussen die wort, wie ich die iczo erkleret, vorstanden werden. zcu deme das die gemeine christenheit und kirche, welche eine sewle und grundfeste der warheit istrv, keinen andern vorstand zculest, erfordert die notdorfft, das die wort ungeferlich auff die meinung, wie iczo gehoret, vorstanden werden. [159r] Niklas: Der weis schier mehe bescheids umb unszere sache dan wir selber. Veit: ich glawbe, luther habe ime diesen punct, wie ditterich sagt, nit gefallen lasszen.
rr – rr ru
rs – rs S, fol. 82r – nachgetr. rt S, fol. 82v – korr. aus: die. S, fol. 82r – nachgetr. rv S, fol. 83r – nachgetr. S, fol. 82v – korr. aus: auff gleich weisze.
5 der … herren] 1 Kor 10, 16.
15 ungerewmet] ungereimt.
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Niklas: ich wil in auff ein anders furen. ia, ditterich, wie machst due es aber mit der communion? rwan ir selber lest due dir gefallen, das man das sacrament under einer ader beider gestalt emphahe?rw 5
Ditterich: rxdue must bekennen, das das sacrament szeiner einsaczung nach freihe stehet, ob ein leihe under einer oder beider gestalt solchs nemen wollen. wollest due dan widder euch selber fechten und euren lutther lugen straffen?rx Niklas: Wie so?
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Ditterich: [159v] Ir wist euch zcuerinnern, das in erster eurer sechssischen visitation der gebrawch des sacraments freihe und also gestalt worden, das es under einer ader beider gestalt vom volck mochte emphangen werden. so hat es luther mehe dan an einem orte auch freihe gestalt. er hat auch wol dorffen schreiben, wue der babst beide gestalt gebite, so wolte er dargegen eine gestalt gebiten. daraus leicht zcuschlissen ist, das er den gebrawch einer gestalt hat ryan im selberry gut sein lassen. Niklas: ja, er hat es dazcumal gethanrz und nachgelassen, da das volck nach nit genugsam berichtet war. ader auff die leczte wolt ers nit [160r] nachgeben, dan weil sie aus dem euangelio rechte wissenschafft der dinge erlanget ader erlangen konnen, waren szie nit mehe entschuldiget, ja, szie konten dazcumal das sacrament nit anders dan under beider gestalt bei vorleiung der ewigen selikeit emphahen, sawie es christus eingesaczt.sa
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Ditterich: aber zcuuorn, da szie nit solche wissenschafft hatten, schad inen das sacrament under einer gestalt nichts. Niklas: Eben die meinung hat es.
rw – rw
rx – rx S, fol. 85r – korr. aus P1, fol. 159r: ich achte, das die S, fol. 85r – gestr. einsaczung christi das sacrament freihe stelle, ob ein leihe under einer ader beider gestalt solchs nemen wolle, welchs ir auch gestehen must. ir wollet dan wider euch selber fechten und ry – ry S, fol. 85v – nachgetr. rz S, fol. 85v – korr. aus: ewren luther lugen straffen. sa – sa S, fol. 85v – nachgetr. gesaget.
11 erster … visitation] 1526 im Amt Borna. Dann von Kurfürst Johann Instruktion für die Visitation, 1528 mit einem Vorwort Luthers gedruckt: Vorreden zum ‚Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn‘ im Kurfürstentum zu Sachsen 1528 (...), WA 26. Vgl. auch Sehling (1902, 32ff.).
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Ditterich: so hore ich wol, ewre laer machet eine solche wicze, die den lewten an irer seelen nachteilig ist, welche sonsten in irer einfalt und einfeltigen unwissenheit wol selig werden mochten. behut uns got vor dieser ewrer wicze, der wir andern gerne uberig szein solten. 5
Niklas: Ditterich, due weist kurczlich, ich [160v] habs nit also gemeint. Ditterich: der beschlus volget aber aus deinen worten und wil dir zcugefallen, das wir iczosb faren lassen und andere mittel an die handt nemen. wan man die einsaczung dieses sacraments recht bewegen wirdet, bfindet sichsc daraus, das der leib christi under gestalt des brots und das blutt christi under der gestalt des weins dermasszen underschiden szeind, das man eines one das andere fruchtbarlich nemen kan. dan wie marcus und lucas, die heiligen euangelisten, das werck beschreiben, so hat [161r] christus sddie gestalt des brotssd in dem abentmal eingesaczt, sedie gestalt aberse des weins nach dem abentmal und also zcu underschidener zceit. so hat auch christus einem idem teil szein eigen materiale und formale zcugeeigenet. das brot wirdet sfdurch diese wortsf, das ist mein leib, als szein formale der leib christi. und der wein wirdet durch diese wort, das ist der kelch in meinem blute, als szein formale das blut christi. und weil nun ein ides teil sonderliche materien und formen hat, ist leicht zcuermessen, das szie irer art nach underschiden szeind und nachdem eins im abentmal, das ander aber nach abentmal der ersten einsaczung nach ist emphangen worden, konnen wir abnemen, das eines one das andere wol und fruchtbarlich kan emphangen werden. [161v] dan secze, das ein apostel im abentmal, nachdem er das eine teil der eucharistien emphangen und ehe dan er das ander teil emphangen mogen, vorstorben sgwere, hette er christum nit emphangen?sg hette er nit szeiner zcum heil genosszen? so er der frucht des sacraments nit teilhafftig geworden, mussen die wort vorgeblich gesprochen sein, das ist mein leib, shitem das ist der kelch in meinem blute,sh ia solche worte werden ler abgangen und ire wirckung nit gehabt haben. wer solchs glewbet, der gibet gotte und szeinem worte ire geburliche ehere nit. siwollen wir nun in dies absurdum nit fallen, musszen wir von notwegen schliesszen, das ein teil der eucharistien one das andere mag fruchtbarlich emphangen werden, zcuforderst weil der gancze christus in einem iden teil sb S, fol. 86r – nachgetr. sc S, fol. 86r – korr. aus: man. sd – sd S, fol. 86v – korr. aus: das se – se S, fol. 86v – korr. aus: aber das sacrament szeines leibs under gestalt des brots. sf – sf S, fol. 86v – nachgetr. sg – sg S, fol. 88r – korr. sacrament szeines bluts under gestalt. sh – sh si – si S, fol. aus: hette er nit im ersten (teil) christum emphangen? S, fol. 88r – gestr. 88r – korr. aus: in summa aus berurter einsaczung ist leicht zcuschlissen, das ein teil der eucharistien one das andere mag fruchtbarlich emphangen werden.
13 marcus … lucas] Mk 14, 22–24; Lk 22, 19–20.
21 nach abentmal] Lk 22, 20.
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volkomlich ist und emphangen genommen wirdet, wie dan der nit sal noch moge geteilet werden.si [162r] daher dan die algemeine christenheit den gebrawch under einer ader beider gestalt des sacraments freihe gestalt hat. im orient hat man dem leihen bis daher under beiden communiret, aber im occident under einer. und hat kein teil das andere angefochten, sondern ein ides das andere szeines sins walten lassen, wie sich dan aus christlicher liebe in den dingen, so freihe stehen, eigenet. darumb halte ich nit an ursach, das das sacrament des leibs und bluts christi under einer ader beiden gestalt nuczlich mag emphangen [162v] werden. und zcu deme das diese meinung der einsaczung auch gemeiner kirchen gewonheit gemes, so dienet sie auchsj zcu abwendung allerlei unnotdorfftigs zcancks, der zcu nichts anders dienet, dan die zcuhorer zcuuorkeren. Niklas: nun spricht aber gleichwol christus, nemet hin und esset, nemet hin und trincket. diese wort, weil szie gebitlich szeind, bringen szie ein gebot mit sich, nemlich das wir das sacrament under beider gestalt zcuemphahen schuldig, [163r] und das wir nit befuget szein, skdas sacrament alleine under der gestalt des brots zcuemphahen, spricht er, trincketsk aus dem alle, spricht er, damit ia niemands ausgeschlossen werde. Ditterich: es ist eine gewissze regel der theologen, quae uerba sunt secundam materiam subiectam intelligenda. slweil nun die wort etwas nach der materii, die sie mitbringen, fordern, mussen sie gebitlich vorstanden werden.sl wue sie aber nichts fordern, sondern alleine etwas schencken, kan [163v] man sie nit gebitlich vorstehen. nun ein exempel: ein furst seczet ein zcol ein und spricht, ein ider, der voruber feret, gebe also viel ader so viel. dieses wortsm fordert etwas, nemlich vom zcol so viel ader so viel. darumb sollen die wort des fursten, da er spricht, gibe also viel gebitlich nach der materia, davon szie gesaget werden, vorstanden werden. aber da der furst eczliche fuder weins zcur voreherung an einem ort vorordente und sagte, ein ider, welcher voruber reisset, trincke daraus: alhie wurdesn nichts gefordert, sondern alleine geschenckt. ob nun gleich die wort [164r] irer art nach alhie imperatiue geseczet werden, nemlich ein ider, so vor uber gehet, trincke, so werden szie doch nicht gebitlich vorstanden, weil es die materie nit gibet, und bringen derhalb keinen gezcwang, sondern stehet einem iden frei, nach art des geschenckten weins, ob er trincken wolle ader nit. nun gleiche gestalt hat es auch mit gots worte, dadurch uns got etwas schencket. wan sj S, fol. 88v – nachgetr. sk – sk S, fol. 88v – korr. aus: das eine teil one das andere sl – sl S, fol. 88v – korr. aus: wie nun die materia zcuemphahen, spricht vorgebitlich, trincket. sm S, fol. 89r – etwas fordert ader erheischet, so mussen szie gebitlich vorstanden werden. sn korr. aus: materia. S, fol. 89r – korr. aus: wirdet.
14 gebitlich] verpflichtend, gebietend.
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szie gleichso gebitlich gestellet sein, bringen sie doch gein gebot mit sich, auff die meinung, spricht der herre im iohanne, nemet hin den heiligen geist. wer emphindet nit alhie, das der herre gar nichts gebewt, sondern alleine schencket? spauff gleiche weise spricht der herre alhie, trincket aus dem alle, dan weil er alhie nichts foddert, sondern alleine schencket, zcwinget er durch das wort niemands, sondern bewtet im alleine die andere gestalt des bluts an. und mag deste weniger vorstanden werden, das der herre durch die angezcogene wort dem leihen gebure, den kelch zcutrincken.sp darumb konte ir deste weniger aus den worten, nemet hin und essed, nemt hin und trincket, item trincket aus dem allem, ein gebot und gezcwang machen, wue szie dan irer art nach niemands zcwingen.
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Niklas: [164v] sal nun die einsaczung christi frei stehen, wurumb zcwinget nun der babst ewre lewte auff den gebrawch einer gestalt? wurumb stellet er es nit freihe? 15
Ditterich: der babst hat den gebrawch under einer gestalt durch keinen gezcwang eingefuret, sondern ist erstlich aus rechter wilkor hergeflossen, dan das volck hat solchen gebrawch gutwillig angenommen, der darnach durch ein gar langwirige gewonheit im occident bestetiget ist worden und szeine krafft erlanget. aber da die behemen solche rechtmessige gewonheit ungestummer weisze angefochten, [165r] und nit das gesucht, das der gebrawch des sacraments freihe gestellet, sondern das die weise under einer gestalt zcucommuniren vordampt wurde, diesen freuel hat das concilium zcu constancz vordampt, wie billich und die gewonheit under einer gestalt zcucommunieren krefftiget. und ist vor dem concilio kein gebot von den dingen gewesen, sonder allein ein gebrawch communis under einer gestalt alleine, sqin massen das concilium selber meldet.sq weil dan nun icztberurter gebrawch im occident principium voluntarium hat, so kan man dieses fals dem babst ader unszerer kirche [165v] mit keinem fuge zcumessen, als fare szie mit gewalt, wie dan paulus III vor wenig iaren sich dermassen erzceiget, das man in diesem falle an irer heilikeit keinen mangel gespuret, und da der mangel nit mehe an uns dan an srirer heilikeit geweszensr, wurde iczunder sich niemands des sacraments halber zcubeschweren haben. so S, fol. 89v – korr. aus: gegen solcher schenckung des gehaltenen gleichen vorstand, dan ob sp – sp S, fol. 89v – korr. aus: und das er uns nit zcwinget, sondern szeine gnade szie. sq – sq S, fol. 90r – nachgetr. sr – sr S, fol. 90r – korr. aus: ir. anbewtet.
2 nemet … geist] Joh 20, 22. 20 die behemen] Böhmen: Jan Hus (1371–1415) und die Hussiten verfochten den Laienkelch; Der Utraquismus verbreitete sich als hussitische Bewegung in Böhmen, Vgl. TRE 15, 710. 23 das … constancz] Das Konzil von Konstanz währte von 1414-1418. Der Laienkelch wurde am 15.6.1415 durch das Konzil verurteilt. Vgl. TRE, 19, 529ff. 29 paulus III] Papst Paul III (1534-1549 im Amt), Vgl. BBKL (1994, 15ff.).
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Niklas: so mercke ich wol, due wilst den gebrawch under einer gestalt gut machen.
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Ditterich: ich habe nit ursache, das ich in tadele. ich wolt dan wider meine christliche gewissen handeln und dorfft wol one schewe sagen, das es bei uns nach zcur zceit sicherer szei, under einer gestalt zcu communiren, dan nach ewrer weisze under beider. Niklas: ei, thue gemach, ditterich.
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Ditterich: Ich [166r] kan im nit anders thun, dan wie ssmich die warheit zcuthun zcwingetss. Niklas: es wirdet dir schwer fallen, diesen punct zcuerheben. 15
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Ditterich: las mich vorsuchen. due gestehest ia, das zcu einem iden sacrament materia, forma und intentio sacerdotis gehore und wue es an einem dero dinge mangelt, das es an allen mangelt. nun sage mir, wie der prister, welcher nit glewbt, das das brot und wein vorwandelt und transmutiret wirdetst, desgleichen, welcher nit glewbet, das das sacrament durchs wort nit ehe gemacht werde, der gebrawch und genissung kommen dan darzcu, das sacrament firmen mag. kan [166v] ers nun nit firmen, so bleibet es ein backen brot. so emphehest due von einem solchem pfaffen an stad des leibs und bluts christi ein schlecht brod. ia, due wirdest in deinem glawben also betrogen, das due ein stuck brots vor deinen christum heldest. woltsu das nit eine schendliche abgotterei szeinsv, vor der sich ein ider biderman, so lieb ime seiner seelen heil ist, huten sal? weil dan ewre pfaffen gemeintlich alle in diesen irsaln stecken und den vor ein sonderlich meisterstuck achten, so mag ein ider gedencken, ob er one beschwerung szeiner gewisszen das sacrament aus iren henden emphahen mag. ich geschweige, das irer viel, die nihe prister geworden, sich der kirchen emptere understehen. mit was frucht nun solchs geschehen kan, weil szie [167r] zcum ampt inhabiles, ist leicht abzcunemen. zcu deme halten szie nit recht messe, wie szie nach der einsaczung christi thun solte. darumb kan keiner one faer szeines ewigen heils mit inen communiren. aber des alles swhaben wir uns bei den unszern nit zcuuormutensw, dan die haben einesx rechte meinung vom sacrament, bringen darzcu eine rechtschaffene
ss – ss
st S, fol. 90v – nachgetr. su S, S, fol. 90v – korr. aus: mich meine gewisszen weiszen. sv sw – sw fol. 91r – korr. aus: ist. S, fol. 91r – nachgetr. S, fol. 91v – korr. aus: seind wir sx S, fol. 91v – korr. aus: keine. bei den unszeren uberig.
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C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
intentionsy, szeind auch, wue sichs geburet, zcu pristern geweihet und szeind also habiles zcu volzcihung irer pristerlichen emptere, halten auch die messe sznach der einsaczung christi und herkommen der alten undsz algemeinen kirche, wie szie die halten sollen. deste weniger hat es faer bei inen, so sich einer des sacraments nit selber unwirdig macht.
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[167v] Niklas: hie kommest due recht und erwenest ewrer messzen, daran wir nit wenig fals haben. Ditterich: ich wil diese materie, weil szie mit wenig worten nit kan ausgefuret werden, an einen andern beqwemen ort vorschiben und iczo die sacrament zcum beschlus furen.
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Niklas: wir szeind des zcufriden. doch das die messe nit dahinden bleibe! 15
Ditterich: ich wil ir nit vorgesszen. nun wil ich von der leczten olung handeln. und sage, welcher massen die oberzcelten vier sacrament mit reichung und austeilung gotlicher gnaden mehe dan in einen weg dienen, habet ir von mir angehoret. und ob wol tadas sacrament der bussze und eucharistienta uns [168r] zcu ider zceit, so offt es unszere notdorfft erheischt, gebrawcht werden mogentb, doch damit der mensch auch zcu der zceit, wan er am meisten geengstiget wirdet und in hochster faer stehet, uber die bestumpten sacrament ein sonderlich sacrament hette, ist er aus gnediger vorleihung gots mit dem sacrament der leczten olung vorsehen worden, darzcu dan das gebet der pristerschafft kommen sal. und ist umb dis sacrament gestalt, tcin massentc der heilige iacobus meldet, ist einer kranck under euch, der beruffe die pristere der kirchen zcu ime, auff das szie uber in beten und salben in mit ole im namen des herrens. und das gebete des glawbens wirdet den krancken gesundt machen und der herre wirdet in erlewchten und so [168v] er in sunden ist, werden szie ime vorgeben werden. alhie sihet man, welcher gestalt im namen unszerstd herrens iacobus, als der apostel und beuelhaber christite, dieses sacrament eingesaczt hat. und ist so viel, als hette solchs der herre selber eingesaczt, wie ich hiebeuorn dargethan habe. und ob wol der krancke, der dis sacrament emphehet, nit stecz gesundt wirdet, weil es ime underweilen wegerer ist, das er balt sterbe, dan das er noch lenger auff disem ertboden solle leben, so hat er sich doch zcu trosten, das ime die sunde, die noch an im hafften mogen, vorgeben werden und er an der seelen gesterckt werde. sy S, fol. 91v – gestr.: und meinung. fol. 93r – korr. aus: die leczteren. td S, fol. 93v – korr. aus: des. wie.
20 erheischt] erfordert.
sz – sz tb
ta – ta S, S, fol. 91v – korr. aus: wie szie die nach. tc – tc S, fol. 93r – korr. aus: S, fol. 93r – nachgetr. te S, fol. 93v – korr. aus: des herrens.
25 ist2 … werden2] Jak 5, 14–15.
34 wegerer] lieber.
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weil dan dis sacrament dreierlei wirckung hat, als nemlich gesuntheit des leibs und gesuntheitttf der sele und vorgebung ader austilgungtg der uberbleibung der sunde [169r] und solche underschidliche gnaden und gaben gots underschidlich mogen gereicht werden, so sal dem krancken begnugen, da er gesuntheit des leibs nit erlanget, das er doch gesuntheit und sterckung der seele und vorgebung und tilgung der sunde bekemeth, wan er dis sacrament emphehet. das er aber dis nit vor eine lere ceremonia, sondern vor ein krefftig sacrament zcuachten, zeigen die concilia sampt den heiligen vettern chrisostomo, hieronimo, augustino und andern, an dem sich ein ider, der nit wicziger szein wil, den der nuchterne vorstand zculest, mag ersettigen lassen. nun komme ich zcu dem sacrament der ordination und weihe, dan weil die emptere der kirchen seher gros und wichtig szeind, [169v] dorffen szie zcu irer notdorfftigen vorrichtung deste mehe gnade und hulffe von got dem heiligen geist. derhalb ist dis sacrament aus sonderlicher vorsehung gots eingeseczt mit aufflegung der hende, welches das eusserliche zceichen ist, darauff solch sacrament ruget. und bringet die frucht, das die ihenigen, so zcum dinste der kirchen geweihet, geschickt werden, solche dinst fruchtbarlich auszcurichten. daher gehet der spruch pauli zcum timotheo, vorachte nit die gnade, die in dir ist, so dir gegeben ist, durch die aufflegung der hende des prister ampts. [170r] wie dan die geistlichen emptere auff deme stehen, welchs christus durch szein wort vortrostet, wie mich der vater gesandt hat, (spricht er), also sende ich euch. nemet hin den heiligen geist, welchem ir die sunde vorzceihet, dem sollen szie vorzcihen sein. item gehet hin in die gancze welt und prediget das euangelium allen creaturen und tewffet sie. item nemet hin und esset, das ist mein leib, das thuet zcu meinem gedechtnus. [170v] so wenig als der, welcher ungeweihet ist, diese empter fruchtbarlich ausrichten kan, so wol kan szie der, welcher geweihet ist, vorrichten. tiderhalb sal sich keinerti der geistlichen emptere anmassen, welchertj darzcu nit geweihet. got der herre vorleihe szeine gnade, das sich ein ider in diesem fal wol vorsehe und das sich keiner in die geistlichen emptere der kirche eindringe, er szei dan zcuuorn nach herkommen der gemeinen kirche geweihet. damit man aber deste weniger zcweiffele, das die weihe ein recht sacrament szei, tkdas ist ein eusserlich zceichen der unsichtbaren gnade gots, saget der heilige tf S, fol. 93v – nachgetr. tg S, fol. 93v – korr. aus: ausleschung. th S, fol. 94r – korr. aus: ti – ti S, fol. 95r – korr. aus: deste weniger sal sich einer. tj S, fol. 95r – korr. aus: erlange. tk – tk S, fol. 95r – korr. aus: so szie, ob nit die aufflegung der hende das eusserliche der. zceichen dieses sacraments szei und die gabe des heiligen geists, dauon paulus die unsichtbare gnade, welche den geweiheten durch dis sacrament nutze, mitgtheilt wirdet. daher spricht nun der heilige augustinus.
16 ruget] ruhet. 18 vorachte … ampts] 1 Tim 4, 14. 21 wie … sein] Joh 20, 21–23. 23 item … sie] Mt 28, 19. 24 item … gedechtnus] Mt 26, 26 und Lk 22, 19.
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augustinus mit nachfolgen worten,tk [170ar] wan die weihe der cleristen geschihet, ob man gleich das volck darbei wil haben und solche samlung nit erfolget, pleibet nichts deste weniger das sacrament der weihe in dem geweiheten. und ob gleich einer aus inen von szeinem ampte abgesaczt wirdet, so wirdet er doch des sacraments des herrens, welches er einmal emphangen, nit darben. und nachdem darauff gut achtung zcugeben, wer sich des weihens understehe, sal ein ider christ berichtet werden, das solches keinem anderm geburet dan alleine einem bischoff der algemeinen catholischen kirche. [170av] Niklas: so hore ich wol, unszerer superintendenten weihe tawge bei euch nichts.
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Ditterich: gewislich tawge sie nichts. Niklas: szeind die superintendenten nit prister?
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Ditterich: szie mogen wol prister szein, aber bischoffe szeind szie nit. Niklas: wir machen keinen underschid zcwischen bischoffen und pristern. 20
Ditterich: due must alhie bedencken, nikel, nit was ir haldet, sondern was ir halden sollet. Aerius wolt den underschid auch nit zculasszen, aber er wurde daruber vordampt. die clerisei bei zceiten des heiligen damasius, tlob sie gleichtl Bischoff waren, wolten sie dochtm nichts deste weniger weihen, solchetn wurden auch daruber vordampt. so balt der underschid zcwischen den bischoffen und priestern in der ersten kirche istto gemacht [171r] worden, so haben die bischoffe alleine macht gehabt zcuweihen und hat sich diese ordenung erstlich in marco, dem euangelisten und bischoffe zcu alexandria, angefangen und ist von der ganczen kirche angenommen und bis auff uns erhalten worden, inmassen der heilige hieronimus zcum Euagrio schreibet. und nachdem die priester in der gewalt des tl – tl S, fol. 95v – korr. aus: ungeachtet, das szie nicht. to S, fol. 96r – nachgetr. 96r – nachgetr.
tm
S, fol. 96r – nachgetr.
tn
S, fol.
19 wir … pristern] Diskussionen zum Weihesakrament auf dem Konzil von Trient im Herbst 1562. Zuvor wurde das Weihesakrament schon mehrfach auf dem Konzil thematisiert: 1547 in Bologna und 1551/52 in Trient. Vgl. dazu Jedin (1975, 210ff). 22 Aerius … vordampt] Aerius bekämpfte den Rangunterschied zwischen Bischof und Presbyter, Vgl. BBKL (1990, 49). 29 inmassen … schreibet] Evagrius Ponticus (346-399/400), Vgl. BBKL (1990, 1575f.) und CSEL 59, 511. | heilige hieronimus] Auf dem Tridentinum (Herbst 1562) bereitete den Theologen Hieronymus’ Negierung des Unterschieds von Bischöfen und Presbytern in der apostolischen Kirche Schwierigkeiten, dazu Jedin (1975, 212), Vgl. auch Ott (1969, 16). 30 und … gewalt] Ignatius von Antiochien, Vgl. Ott (1969, 10f.).
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bischoffs szein sollen und nit hinwider die bischoffe in der pristere gewalt, wie der heilige ignatius meldet, so fuget sich nach rechter ordenung, das der, welcher geringer ist, von szeinem obern geordiniret werde. und weil icztgemelte ordenung in der gewonheit der algemeinen kirchen stehet, gedencke, ob due nit lieber dich zcu ir halten und mit ir zcustimmen sollest, dan dich in angezceigtem falle zcu dem irrenden und vordampten aerie gesellen und [171v] der vorkerten weihe der supterintendenten beifal geben. vor meine person wuste ich niemande zcurathen, die von inen zcuemphahen und sich solch unrichtigemtp wercke anhengig zcumachen. so viel aber das sacrament der ehe betrifft, wissen wir alle, das got den ehelichen stand im paradeis eingesaczt. und ist solchs stands diese eigenschafft, das man und weib zcu einer ewigen und unzcertrenten geselschafft des lebens zcusammen gefuget werden. darumb wirdet der mensch, wie geschriben stehet, vater und mutter vorlassen und szeinem weibe anhangen und werden szein zcwei in einem fleisch. und wiewol der ehestand von got zcu der volkomlichsten [172r] geselschafft des lebens eingesaczt worden, ist der doch in der vorterbten menschlichen natur wie andere ding mehe vor und under dem gesecze in unordenung gerathen und von der richtikeittq szeiner ersten einsaczung abgewichen. dan ob wol nach icztberurter einsaczung nit mehe dan ein eheman eines eheweibs szein kan, weil ir nurent zcwei in einem fleische vormoge gotliches worts szein sollen, ist doch der menschlichen schwacheit etwan vor und under dem gesecze nachgelassen worden, das ein ehemane zcugleich mehe dan ein eheweib haben mochte, wie trdie schrifft des alten testaments und Lamechs, abrahams, iacobs undtr anderer mehe biblische exempel ausweiszen. und ob gleich man und weib einander nit vorlassen sollen, der tod scheide sie dan, inmassen [172v] die rechte art der ehe und die erklerung christi, da er spricht, welche got zcusammen gefuget hat, sal kein mensch scheiden, erfordert, so hat gleichwol got umb der hertikeit willen des volcks den scheids briff im gesecze nachgelasszen. diesze gestalt hat es mit dem ehestande gehabt vor christo. nachdem aber mit christo die volkommenheit der gnade kommen und tser, der herre,ts alles, was im himmel und erden ist, ernewert und wider zcu recht gebracht, hat er dem zcurruttenden und vorfallenen ehestand auch geholffen und den mit besserer gnade dan vor ader under dem gesecze vorsehen, dergestalt und also, das ein ide christliche eheliche person vormittelst solcher genade wol an szeinem ewigem ehelichen bedt genossen, sich kan die zceit szeines lebens tp S, fol. 96v – korr. aus: richtigen. tq S, fol. 96v – korr. aus: gerechtikeit. tr – tr S, fol. 97r ts – ts S, fol. 97r – korr. aus: christus. – korr. aus: wie der buchstabe des gesetzes und.
13 darumb … fleisch] Gen 2, 24. Mt 19, 5. 23 Lamechs] Gen 4, 18. 24 abrahams] Gen 16. | iacobs] Gen 29. 27 welche … scheiden] Mt 19, 6. 28 scheids … gesecze] Dtn 24, 1. Mt 19, 7.
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
begnugen lasszen, so fern [173r] er die berurte gnade christi nit selber und mutwilliglich ausschleget. darumb wirdet zcu dieser zceit des newen testaments den ehelichen personen nit nachgelassen noch erlewbet, das eine bei leben ires gemahels zcur andern ehe greiffen moge ader sich aus andern ursachen, dan die in der schrifft ausgedruckt, von ir mag teilen lassen. und weil wir iczo mehe beistandes und hulffe von der gnade gots dan die vor ader under dem gesecze gehabt ttin der ehe, bdorffentt wir deste weniger oberzcelter mittel, die von wegen menschlicher schwacheit und tuhertikeit des menschlichen herczenstu im gesecze nachgelassen waren. derhalb dan christus [173v] solche mittel mit nachfolgenden worten abgeschnitten und auffgehoben hat: der den menschen schuff von anfang und schuff ein menlein und weiblein. und sprach, darumb wirdet der mensch vorlassen vatter und mutter und szeinem weibe anhangen und werden szein zcwei in einem fleisch. derwegen szeind die iczo nit zcwei, sondern ein fleisch. darumb was got zcusammen gefuget, sal der mensche nit scheiden. und henget weiter an, moyses hat euch den scheidbriff erlewbet von wegen ewres herczens hertikeit. von anfange aber war es nit also, darumb ein ider, der szein weib vorlest und nimpt ein andere, der bricht die ehe. aus dem mag ein ider leicht vornemen, [174r] wurauff die eigenschafft einer christlichen ehe ruget, nemblich darauff, das kein man mehe dan ein weib und hinwider kein weib mehe dan einen man habe tvund sollen beieinander in unzcetrenter geselschafft leben, so lange inen beiden got ir leben gibt,tv welchs der heilige paulus statlich becrefftiget, da er sagt, das weib hat nit ires leibs gewalt, sondern der man. desgleichen hat nit der man szeines leibs gewalt, sondern das weib, dan welche person ein ehelich gewalt hat und teilet szeinen leib einer andern person mit, dietw thuet unrecht und der handelt wider got und bricht die ehe. und kan deste weniger einichen manne bei zceit des newen testaments gezcimen, das er mehe dan ein weib habe, desgleichen keinem weibe, das [174v] mehe dan einen man habe, welchs beidestx one ehebrecherischen freuel nit tymag ubertreten werdenty, man vormentele es, wie man wolle. so viel die scheidung belanged, erkleret paulus die hiebeuor angezcogenen spruch christi gar schon: denen, so elich szeind, spricht er, gebite ich nit, sondern der herre, das sich das weib von irem manne nit scheide. scheidet szie sich aber, das szie one ehe pleibe ader vorsune sich widerumb mit irem manne. nachdem dan der her christus den ehelichen stand durch szeine gnade dermassze, wie ich iczo vormeldet, gebessert, sal ein tt – tt S, fol. 97v – korr. aus: zcu solcher steiffer haltung der ehe dorffen. tu – tu S, fol. 98r – tw S, fol. 98v – korr. aus: der. tv – tv S, fol. 98v – nachgetr. korr. aus: halsstarrikeit. tx S, fol. 98v – korr. aus: dan. ty – ty S, fol. 98v – korr. aus: geschehen kan.
8 hertikeit] Härte. 10 der … scheiden] Mt 19, 4–6. 15 moyses … ehe] Mt 19, 8–9. 19 das … habe] 1 Kor 7, 2. | mehe1] mehr. 22 das … weib] 1 Kor 7, 4. 30 denen … manne] 1 Kor 7, 10–11. | elich] ehelich.
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ider glewben, wan er mit szeinen weiben zcusammen gegeben wirdet [175r] und ir ein ehelich leben vorspricht, welchs das eusserliche zceichen in diesem sacrament ist, das er tzdiesem szeinem gemalhtz durch gnedige vorleihung gots ir glawben und trawe erzceigen uaund halten konneua, so lange er und szie lebet. desgleichen das das weib ime auch solchen glawben und trawe erzceigen moge, also ob gleich einer person etwas zcufile, das szie die ehelichen pflichten nit meheub leisten konte, das doch die andere nichts deste weniger sich enthalten konne, mit andern personen unkewscheit zcutreiben. [175v] derhalb nennet der apostel die ehe ein geheimnus und sacrament in christo und der kirche ucin untzertrenter geselschafftuc. dan wie christus mit der kirche in unzcertrenter geselschafft stehet, so sol man und weib auch in unzcertrenter geselschafft stehen und sich der man szein leben lang an szeinem weibe und hinwider das weib an irem manne begnugen lasszen, [176r] wie dan udaus krafftud dis sacraments geschehen kan. ueund der gnaden, die wir durch dis sacrament emphahen, ein ide person, so zcur ehe greifft, durch iren glawben teilhafftig werden mag.ue und solchs machet ein underschid zcwischen der christen ehe und der ehe, welche vor und under dem gesecze gewesen, dergestalt das uns iczo nit nachgelassen wirdet, welchs ihenen nachgelasszen worden. ufda nun solchsuf alles recht betrachtet, worde die widertewfferische und turckische vormischung mit vielen weibern, als die iczo nit zculeslich, niemands billichen. es worden auch die ehelichen personen sich besser und freuntlicher zcusamen halten und nicht so leicht einander vorlasszen, wie iczo (leider) zcum offtermal nit zcu geringem ergernus der kirchen geschihet. und damit ich von den heiligen sacramenten schlissze, wiewol got szeine gnade auch one die sacrament reichen mag, in massen ich hiebeuorn auch erwenet, so befinde ich doch, das die sacrament in viel wege nuczen, ugund nit ane sonderliche und treffliche ursache eingesaczt szeind, wie dem aus gethaner meiner anffurung erscheinet.ug [176v] darumb sal sich ein ider christ wol vorsehen, das er uhsolche tewreuh mittel gotlicher gnade nit vorachte uiund sich alsoui der gnaden
tz – tz
ua – ua S, fol. 99r – korr. aus: kan. ub S, fol. 99r – S, fol. 99r – korr. aus: als dan. uc – uc ud – ud ue – ue S, fol. nachgetr. S, fol. 99r – gestr. S, fol. 99v – korr. aus: vormoge. uf – uf ug – ug 99v – nachgetr. S, fol. 99v – korr. aus: und da dis. S, fol. 100r – korr. aus: und weil sie den menschen auch eusserlicher weisze, welche etwas begreifflicher, reiczen, das er der gnade, die durch solche mittel gereicht wirdet, begere, die auch deste trostlicher emphahe, angesehen das die sacrament neben der auteilung gotlicher gnade auch den glawben, one uh – uh S, welchen die von erwachsenen nit mag emphangen werden, erwecket und sterckt. ui – ui S, fol. 100r – korr. aus: in deme er. fol. 100r – korr. aus: die tewren.
8 derhalb … ] Eph 5, 32. 19 widertewfferische … weibern] Münster 1535, Bewegung der Wiedertäufer in Münster. Errichtung des „Königreichs Zion“ durch Jan von Leiden mit Berufung auf die alttestamentliche Vielehe.
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solcher sacrament nit selber machen wurde.
ujaus
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schendlicher undanckbarkeituj unphehig
Niklas: weil due dein bedencken von sacramenten vorbracht, so mochten wir wol horen, was due von der messe heldest.
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Ditterich: und [177r] halte das dauor, das szie ein gedenckopffer szei des leidens und sterbens christi. Niklas: Es ist zcu kurcz von der sachen geredt. Ditterich: damitt ich euch zcugefallen diesen punct notdorfftig ausfure, deucht mich erstlich, das einem christen menschen darauff achtung zcugeben szei, ob wir in der kirchen auch ein eusserlich opffer haben. nun finden wir, das solch opffer under dem gesecze der natur geweszen ist, wie es dan abel, noe, abraham gebrawcht haben. und ein ider von eusserlichen dingen etwas got ukgeopffert hatuk enczwar zcur dancksagung der von ime emphangenen wolthaten ader darumb [177v] das dero, welcher opffert, got darneben bite, ime gnedig und barmherczig zcuszein. ulderhalben stehet geschriben, das noe, nachdem er von der sindtflut erlediget war, einen altar auffgerichtet habe.ul weil dan das eusserlich opffer an ime selber vom gesecze der natur herkommet, wie auch cyprianus de immolatione Isaac schreibet, so hat es derhalbum nihe konnen noch mogen auffgehoben werden, wie den das die dinge, so des naturlichen rechtens szeind, an inen selbst unwandelbar, unwelchs alle vorstendige (...) bekennen mussen, hatun [178r] gleich so wol ein eusserlich opffer under dem gesecze moise szein mussenuo als under dem gesecze der natur. desgleichen iczo und bei zceiten des newen testaments so wol ein eusserlich opffer szein mus, als under dem gesecze mose gewesen. allesup must iruq ia bekennen, das enzcwar unszere messe solch opffer der kirchen szei, aber sonsten ein anders urvorhanden szeiur. nun uskont irus kein anders zceigen, wie dan nihe keins im gebrawch gewesen utnach von der kirchen dauor erkant wordenut. derhalb must iruu nachlas-
uj – uj S, fol. 100r – nachgetr. uk – uk S, fol. 100v – korr. aus: vorgestellet. ul – ul S, fol. 100v – um S, fol. 100v – nachgetr. un – un S, fol. 101r – korr. aus: welchs kein recht gestr. uo S, fol. 101r – nachgetr. up S, fol. 101r – korr. aus: so. vorstendiger vornemen mag. us – us S, fol. 101r – korr. aus: uq S, fol. 101r – korr. aus: due. ur – ur S, fol. 101r – gestr. ut – ut S, fol. 101r – nachgetr. uu S, fol. 101r – korr. aus: due. kanst due.
15 abel] Gen 4, 4. | noe] Gen 8, 20. | abraham] Gen 22, 13. 19 noe … habe] Gen 8, 20. 22 de … Isaac] PL 39, 1749–1751. Zum Verfasser des Textes auch Reiser (2007, 177).
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sen und gestehen, das eben unszere messe das notwendige und eusserliche unszeruv opffer der kirche szei.
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Niklas: wir gesehen keins andern opffers dan alleine des creuczopffers christi, weil dis einiche opffer in ewikeit die geheiligten volbracht hat. [178v] Ditterich: in deme szeind wir eins, Nikel, das das heilwertige creuczopffer christi uns vorgebung, erlosung und das ewige heil erworbenuw hat und das wir uns aus keinem andern opffer dan aus demeux dero dinge zcuerholen haben. aber damit wirdet das eusserliche opffer, uydauon wir alhie handelnuy, nit abgeschnitten nach auffgehoben. Niklas: ir wolt aber gleichwol durch dis werck vorgebung der sunde von newest vordienen.
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Ditterich: Nein, Nikel. eure gelarten zceihen uns wol des, aber szie thun uns unrecht, dan wie die opffer des alten testaments auff das zcukunftige blutopffer [179r] gezceiget und die lewte des erinnert, auff das szie im glawben des kunfftigen vorgebung irer sunde und das heil erlangen mochten, alszo treget sichs auch mit dem opffer unszerer kirchen zcu, dan das weiszet nicht in sich selbst, sondern in das blutige creuczopffer christi und erinnert uns alda, im glawben vorgebung der sunde und das heil zcusuchen und zcuemphahen. darumb wie ihenes ein schate gewesen ist des zcukunfftigen, so ist das ein gedechtnus des vorgangenen und volbrachten opffers am creucze unduz [180r] dienet nit dahin, das wir vorgebung der sunde dadurch vordienen, sondern das wir zcum blut und creucz opffer christi gefurt und desselbtigen zcu unszerer notdorfft im glawben genisszen mogen. und weil wir vormoge naturlichs geseczs ein eusserlich opffer in der kirche haben musszen, hat christus aus sonderlicher gnade das opffer der kirche zcu dem zcil [180v] und ende gerichtet, auff das es sich zcur gnade des newen testauv S, fol. 101r – nachgetr. uw S, fol. 101r – korr. aus: vordinet. ux S, fol. 101v – korr. aus: uy – uy S, fol. 101r – nachgetr. uz P1, fol. 179r–180r – gestr.: und auff das due solchem. von dem dinge deste grundes habst, sal due und meniglich wisszen, das christus uns alle gnade zcum heil auffs volkomlichste erworben hat, also das wir nun keins solchen opffers mehe bedorffen und ist nun alleine vonnoten, das wir solchen erworbenen teilhafftig werden und die aus dem brunnen des heilands schepffen mogen. darzcu dienet uns nun das pristerthumb christi nach der ordenung Melchisedech, in deme das zcu ider zceit vor dem angesicht erscheinet sich (...) damit die ihenigen, welche er uns am stam des creuczes erworben, mogen teglich teilhafftig und durch in zcum himmelischen vater ein gewissen zcutrit haben mogen, wie zcun hebreern geschriben stehet. Was nun christus im himmel, in deme das er vor dem angesicht gots erscheinet und sich vorstellet und opffert in im himmel vorricht–.
5 weil … hat] Hebr 10, 14.
22 ein … zcukunfftigen] Hebr 10, 1.
23 schate] Schatten.
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C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
ments zcum besten vanurent wolva schicken mochte. dan in deme, das christus die heilige eucharistien eingesaczt, sagte er, nemet hin und esset, das ist mein leib, das thuet zcu meinem gedechtnus. alhie zceiget der herre zcweierlei gebrawch diser heiligen eucharistien. der eine ist, das szie eine speisze szei der seelen. der ander aber, das szie ein opffer szei. daher nennet nun der heilige Ciprianus diesz geheimnus ein arczenei und ein holocaustum. [181r] und damit man in der messe deste besser des tods christi moge eindenck szein, so handelt man darinnen den waren leib und ware blut christi und wirdet des orts keine andere hostia, dan welche am stam des creuczes gehangen, gotte vorgetragen und geopffert, doch unblutiger und unschmerczlicher weisze. dan weil wir alhie eindenck szein sollen der hochsten gnade, die uns got ie erzceiget und derhalb danckbar szein sollen, ist billich, das wir das beste, so uns got ie gegeben, zcu geburlicher erzceigung und danckbarkeit opffern.
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Niklas: wir gestehen alhie [181v] keins opffers, desgleichen keines gedechtnus, wie solchs ewre mespfaffen thun, weil die einsaczung des abentmals auff der blossen communion stehet, und des hern tod in der predigt neben der communion sal vorkundiget und bedacht werden.
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Ditterich: wer hat euch die gewalt gegeben, das ir die dinge also vorandern vbund die einsaczung mit solchen der kirchen unbekanten glossen vorkeren moget?vb warlich, warlich, ir ubet hirinnen ein trefflichen und, mocht wolvc sagen, ein unchristlichen freuel, dan das die eucharistia nicht alleine zcur communion, sondern auch zcum opffer gehore, solchs gibet nit alleine die schrifft des newen, sondern auch des alten testaments, [182r] wie dan das reine opffer der christenheit, welchs in malachias stehet, von keinem andern dan von dem opffer der kirchen sal vorstanden werden, dahin es auch der heilige ironemus und augustinus vorstanden haben. zcu deme so gibet auch den vorstand der eucharistien, das szie zcum gedechtnus des tods christi sal am altar sichtbarlicher weisze geopffert werden, vdwie es dievd gemeine christenheit in iren emptern der messze heldetve.
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Niklas: ia, bei euch.
va – va vd – vd
S, fol. 102r – nachgetr. S, fol. 104r – nachgetr.
vb – vb ve
S, fol. 102v – nachgetr. S, fol. 104r – nachgetr.
vc
S, fol. 102v – nachgetr.
1 nurent] nur. 2 nemet … gedechtnus] siehe Anm. zu P1, fol. 170r. 5 daher … holocaustum] Cyprian zum Opfercharakter der Eucharistie im 63. Brief (CChr.SL 3/2, 389ff.), Vgl. auch Proksch (2007, 188ff.). 15 wir … thun] Auf dem Konzil von Trient wurde der Opfercharakter der Messe (1562) verhandelt. Vgl. Jedin (1975, 179ff). 26 welchs … stehet] Mal 1, 11.
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Ditterich: nicht alleine bei uns, sondern auch im orient, dan in der messe, welche die kirche gebrawcht, stehet [182v] nach (der) consecration gleich wie in unszerer messe gesaczt.vf weil sichs dan bfindet, das es vgnit allein der occident sondern auch der orient und also die gancze christenheit heldetvg, in massen wie wir vhund wie ich iczo angezceigetvh, und die heiligen veter und doctores der kirche in grosser anzcall herzcuerstimmen, als ireneus, cyprianus, chrysostomus, ambrosius, augustinus und andere viel mehe. so mochtet irs wol [183r] auch da bleiben lasszen. dan wan ir gleich seher auff ewre newerung dringet, so gewinnet ir daruber nichts anders dan ewren eigenen schimpff und der kirchen, die ir innehat, hochsten nachteil, weil solchs nit ein schlechter irsal, sondern ein antichristische vorfurung ist, angesehen das der prophet daniel klar zceiget, das der antichrist neben andern der christen eusserlich opffer einreisszen werde, inmasszen antiochus, der in prefiguriret, zcu szeiner zceit am opffer der iuden viin gleichnusvi sein meisterstuck auch beweiszen.
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[183v] Niklas: es szeind aber bei ewrer messe viel misbrewche.
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Ditterich: die misbrewche, so dabei szein mogen, lob ich nicht, so kommen die nicht anders woher, dan aus sonderer personen aberglawben herflissen. hie handele ich aber von der substancz und offentlich gebrawch derselbtigen. der ist an ime selber gut und rein, wue man den nit mutwilliglich in misvorstand zcewhet. Niklas: wurzcu dienet aber die messe, weil due one szie durch deinen glawben die gnade [184r] christi emphahen kanst?
vf S, fol. 104r – nachgetr. und gestr.: Derhalb weil wir armen sonder eindenck szeind szeines lebendigmachenden leidens, heilwertigen creuzes und tods, szeines grabes und aufferstehung von toden am dritten tage, szeiner auffart zcum himmeln, seiner session zcu szeiner gerechten gots, des vaters, desgleichen szeiner herlichen und erschrecklichen zcukunfft, wan er kommen wirdet, der herlikeit zcurichten die lebendigen und die toden, wan er einen iden nach szeinen wercken wirdet vorgelten, als opfern wir dir, herre, dis unblutige und bitten, auff das due nit nach unszern sunden mit uns handelst, auch nit uns nach unszern sunden uns vorgeldest, sondern durch deine unaussprechliche milde auslescht die handschrifften, welche wider uns deine (...) ist und uns mitteilest die himmelischen und ewige deine gaben, die keine awge nit gesehen, nach kein or gehoret, die auch in keines menschens hercze eingesagen, welche due denen, so vg – vg S, fol. 104v – korr. aus: die gancze christenheit dich lieben, vorbereitet hast. vh – vh vi – vi S, fol. 104v – nachgetr. heldet. S, fol. 104v – gestr.
11 angesehen … beweiszen] Dan 9, 27. 11, 31. 12, 11. Viele Ausleger deuten das kleine Horn in Daniels Vision als Antiochus IV., der Palästina angriff und die heiligen Opferhandlungen aufhob, siehe auch 1 Ma 1, 43ff.
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C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
Ditterich: war ist es, got kan wol one eusserliche mittel szeine gnade den lewten mitteteilen, aber wan due daraus schlissen woltest, das darumb die messze zcu nichts diene, so musten die heiligen sacrament als die eusserlichenvj mittel der gnade gots vkzcu nichts dienen, weilvk got auch wol one einich eusserlich mittel die krancken gesunt machen kan. aber daraus folget nit, das wir derhalb der arczenei nit bdorffen. weil der mensche auff diesem ertboden, wie in einem ungestumen mehere schwimmet, bdarff er vieler mittel, die in auffrichten und bekrefftigen mogen. [184v] und wiewol im seher nucz und gut ist, das er durch gots wort christum kenne und szeine heilwertige vordinste fasse, so ist ime doch nit weniger nucz und gut, das er ein lebendigs gedechtnus solcher vordinste halte, szeinen glawben darein richte, und in steter ubung solchs glawbens stehe, dahin dan die messe als ein recht gedenckopffer von christo eingeseczt ist. und damit ich ein grob und [185r] greifflich exempel gebrawch, wan ein knabe in die schule gehet, wil ime vonnoten szein, das er erstlich die lection szeines schulmeisters hore und wol vorstehe, darnach das er die repetire und sich bevleisse, was er daraus gelernet, ins wercke zcuseczen und in szeine ubung zcuzcihen. wan nun einer spricht, was ist das repetiren und die vorgenommene ubung vonnoten, ist es nit genug an deme, das man die lection hore und vorstehe? vlwere das nit eine unbescheidene rede, die der antwort nit wirdig? Gedenck, weil ir iczo alleine auff die predigt dringet und die messe sampt irer lebendigen fruchtbaren [185v] und gotseligen betrachtung des tods christi vorwirfft, ob ir nit dergleichen handelt und euch selber vorfuret?vl vmwue vor woltet ir solche rede achten? were es nit ein unbescheiden geplerre? nun traget sichs mit der messe gleicher gestalt zcu. die ist zcur ubung dero dinge, so wir aus dem euangelio fassen, geordenet, also das wir ein lebendig gedechtnus des leidens und sterbens christi darbei halten und uns durch unszern glawben christum sampt allen szeinen vordinsten nutz machten. gedencke nun, Nikel, weil due alles auff das predigen stellest und darneben dis fruchtbare und gotselige gedechtnus des leidens und sterbens christi vorwirffst, ob due nit wilst, das wir nach gewonheit der gantzen christenheit solch leiden und sterben christi in unsern heilwertigen nutz nit wenden sollen.vm vor mein person erkenne ich mich schuldig den ihenigen, den ich underweise, dahin christlich zcu leiten, das er mit dem priester neben der messe (...) szein gemute uber sich im himel erhebe. szei eindenck des tewren creucz opffers christi und szeines schmelichsten tods, bedenck, was er guts davon zcuhoffen, danck dem hern umb diese szeine hochste wolthat und [186r] begere der zcum heil zcugenisszen. Gedencke, wan der prister eben die hostie am altar opffert, das die christus im himmel dazcumal auch szeinem himmelischen vater vorstellet, vj S, fol. 105r – nachgetr. vk – vk S, fol. 105r – korr. aus: auch nichtig szein. vm – vm S, fol. 106r – nachgetr. 106r – gestr.
vl – vl
S, fol.
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auff das wir der gnade, so uns der herre einmal am creucze erworben, teilhafftig werden mogenvn, darein dan der mensch szein gemute, glawbenvo und alle szeine gedancken stellen sal mit ungezcweiffelter zcuuorsicht, das er dessen alles, welchs er hofft, teilhafftig und zcu szeiner seelen heil genissen wirdet. [186v] wer szein glawben und hoffnung dermassen uber sich zcu got erhebet und den namen gots mit vleisse anruffet, der wirdet nicht zcuschanden, sonder es begegnet ime, wie er glewbet, ob das nit eine gute christliche ubung szei, vpund ein uberaus nutzes und heilwertigs gedenckopffer szei, hat ein ider solcher guthercziger bei ime selber zcu bedencken.vp aber damit ir zcubfinden, das ich dis alles nit aus meinen fingern sawge, sondern von der alten waren und catholischen kirchen neme, so horet zcum beschlus dero dinge den heiligen teweren vqbischoff undvq lerer ambrosium. der schatte (spricht er) im gesecze, das ebenbilde im euangelio, die warheit im himmel. vor der zceit opffert man ein lemblein, man opffert ein kalb. iczunder wirdet [187r] christus geopffert, aber wirdet geopffert gleich als einer, der do leidet und opffert sich selber als ein prister, auff das er unszere sunde vorzceihe alhie im ebenbilde, dort in der warheit, da er bei dem vater uns als der aduocat vortrit. sehet, wie christus an unszerm altar geopffert wirdet nicht schmerczlicher weisze wie am creucze, sondern im ebenbilde vrstehet, wie er sich opffertvr im himmel in der warheit, da er uns bei dem himmelischen vater, auff das wir durch in der fruchte des heiligen creucz opffers teilhafftig werden, vortritt. Niklas: wie deucht dich, Veit, der gibet der messe einen andern vorstand, dan die unszern [187v] thun.
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Veit: freilich, gibet er ir einen andern vorstandt, wie er hiebeuorn in sacramenten und andern wichtigen stucken auch gethan.
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Niklas: weil er seine meinung vsso statlich ausgefuret und erwisen hatvs, so werden wirs dabei musszen bleiben lassen. Veit: ich weis dargegen nichts auffzcubringen und wie nichts ansihet, szeind die unszern eben weit gegangen und hetten sich viel besser mogen vorsehen.
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Niklas: Ditterich, due magst vortfaren. vn S, fol. 106r – nachgetr. vo S, fol. 106r – nachgetr. vp – vp S, fol. 106v – korr. aus: moget vr – vr S, fol. 107r – korr. aus: ia, er vq – vq S, fol. 106v – nachgetr. ir selbst bedencken. vs – vs S, fol. 107r – korr. aus: mit der schrifft stercket. opffert sich.
12 der … vortrit] Ambrosius: De officiis ministrorum, I, Kap. XLVIII, 239. 26 hiebeuorn] früher.
20 in] ihn.
C4.3 Das dritte teil - von den heiligen sacramenten
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Ditterich: vtes wil speter werden.vt da ir mich nunvu des, welchs ich euch zcugesagt, nit erlassen wollet, so wil ich morgen umb die stunde wie hewte widerkommen und was [188r] von meiner meinung nach uberig ist, erkleren. Niklas: wir seind desvv zcufride. und bitten, due wollest morgen ia nit aussenbleiben. bis hirmit gesegnet. Ditterich: danck habe, lieber freundt.
vt – vt S, fol. 107v – korr. aus: ich habe mich schir mude geredt zcu deme das es auch spet vu S, fol. 107v – nachgetr. vv S, fol. 107v – nachgetr. wirdet.
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C4.4 Das vierdevw buch - vxvon der einikeit der kirchevx Ditterich: Got gebe euch einen guten morgen.
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Niklas: vyDanck habe.vy wir warten alhie deiner und begeren deinen bericht vollend von der religion anzcuhoren. Ditterich: vzdamit ich euch zcuwillen szei, wil ich in dem namen gots vortfaren und die materie von der kirche und irer einikeit zcur hand nemen,vz wie einem tugentlichem burger, geburet [188v] wanit alleinewa wol und erbar vor sich, sondern auch in der gemein bescheiden zcu leben, alszo das er eintrechtig mit szeinen mitburgern szei und understehe sich die gemeinen pollicei wbund statwbordenungen zcuuorachten. gleichergestalt wil auch einem christen menschen, welcher durch die tawffe der kirchen eingeleibet, geburen, das er nit alleine vor sich frumm und gotselig szei, wcund sich halte, wie ich die tage angezceigt,wc sondern wddas er auchwd mit szeinen mitglidern der kirche gute einikeit halte und die nit ergere. darumb wil im geburenwe nit alleine in den erzcelten dogmaten, sondern auch in allem andern, welchs der kirchen zcugehoret, einhellikeit zcuhalten. daher spricht der heilige paulus, ich bit euch, ir bruder, durch den namen unszers hern iesu christi, das ir alle einerlei rede furet [189r] und szeind nit under euch spaltungen, sonder das ir szeid volkommen in einem sin und in einer meinung. aus dieser stelle des apostels habt ir zcuuornemen, das wir christen nit alleine eines sinnes und einer meinung szein, sondern auch gleiche rede furen sollen. deste weniger wil uns geburen, under einander zcuzcancken und spaltungen zcumachen, wfangesehen das solche absonderungen und sectenwerck des fleischs szeind, die uns vom himelreich ausschliessen.wf wgnun finden wir zcweierlei in der kirche, darinnen wir zcusammen halten sollen, als die dogmata und saczungen. die dogmata heis ich die punct, welche in symbolis begriffen, als das wir erstlich sollen gots wort glewben.wg
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[189v] Niklas: wie sollen wir aber die einikeit halten?
vw
vy – vy S, fol. 109r vx – vx S, fol. 109r – nachgetr. und gestr. S, fol. 109r – korr. aus: dritte. vz – vz S, fol. 109r – korr. aus: ich wil euch zcu willen szein, und achte das–. – gestr. wa – wa S, fol. 109r – nachgetr. wb – wb S, fol. 109r – nachgetr. wc – wc S, fol. 109r – we S, fol. 109r – korr. aus: vonnoten szein. wd – wd S, fol. 109r – nachgetr. nachgetr. wf – wf S, fol. 109v – gestr. wg – wg P1, fol. 189v–190r – gestr.
19 ich … meinung] 1 Kor 1, 10.
25 des … ausschliessen] 1 Kor 15, 50.
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C4.4 Das vierde buch - von der einikeit der kirche
Ditterich: erstlich sollen wir gots wort glewben und in deme gleichen vorstand haben und kein buch der canonischen schrifft vorwerffen. zcum andern sollen wir die artickel unszers christlichen glawbens, wie szie in symbolis gefunden, vor gewis halten, in dem einhellig szein und dero keinen vorandern.wh zcum dritten sollen wir alle traditiones veritatis wiund sacramentewi, wie die bei der algemeinen kirchen vor alters herkommen und auff uns bracht, war wjund gutwj szein lasszen. Niklas: alhie geburet mir einzcureden. die traditiones wkund dogmaten, so nit aus der schrifft,wk kan ich nit gut szein lasszen, wlweil szie christus selber dem phariseheschen sawerteig vorgleichen.wl Ditterich: wmchristus vorwirfft die traditiones, die dem gesecze gots widerwertig szeind, ader aber ie demselbtigen abbrechen, aber die, welche nit wider das gesecze lawffen ader doch ausserhalb des geseczes geordenet seind, vorwirfft er nit.wm
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Niklas: wnwir machen disz fals keinen underschid.wn Ditterich: [190r] woich weis wol, das in dem und andern eins ins andere schlehet und euch selber vorwirret. aber das nit alle traditiones zcuuorwerffen, zcewget paulus. haldet die traditiones, so ich euch gegeben habe, enczwar aber durch meinen sende briff. sihe alhie erfordert der apostel, das wir nit alleine die geschribenen traditiones, sondern auch die ungeschribenen halten sollen. aus deme folget, das wir ausserhalb der schrifft und gesecze gots traditiones haben und halten mogen.wo derhalb ob wol die traditiones veritatis und dogmata gemeinlich iren grundt in der schrifft haben, gleichwol da ein christ solchen grundt nit begreifft, ist ime doch genug, das er sich an ungeschribene tradition halte und sich mit deme, welchs von algemeiner kirchen gehalten worden und nach gehalten wirdet, vorgleiche, zcuforderst weil die kirche in solchen dingen nit pfleget zcuirren wh P1, fol. 189v – gestr.: Niklas: das ist unszere meinung auch. Ditterich: ir saget es wol, ich hette aber sorge, im wercke werde sichs anders bfinden. Niklas: ei nein, ditterich. Ditterich: wurumb vorandert ir dan den artickel credo ecclesiam catholicam? Niklas: wir volgen der wi – wi S, fol. 110r – nachgetr. wj – wj S, fol. 110r – alten deuczschen dolmecschung (...)–. wk – wk S, fol. 110r – korr. aus: so nit aus der schrifft genommen. wl – wl S, fol. nachgetr. wm – wm S, fol. 110r – nachgetr. wn – wn S, fol. 110r – nachgetr. wo – wo S, 110r – nachgetr. fol. 110r–110v – korr. aus: es szeind zcuteilen traditiones und geschribene und ungeschribene. wie der heilige paulus bzceuget, da er spricht, haldet die traditiones, so ich euch gegeben habe, enczwar muntlich ader durch einen sendbriff.
10 phariseheschen sawerteig] Mt 16, 6. 12. briff] 2 Th 2, 15.
14 abbrechen] Abbruch tun.
22 haldet …
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C4 Edition wpnach
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wider die schrifft zcuhandelnwp, [190v] angesehen das szie nach apostolischer laer eine sewle und grundtfeste der warheit ist, wqund christus, welcher die warheit selber ist, bei ir hat bis zcum ende der welt, weil szie auch des vorsprochenen geists, der szie in alle warheit furet, nit mangelt, nach inhalt der schrifft. weil der kirchen warheit unwandelbar, sal ein ider iczo vor war halden, was die kirche vor tawsent iaren vor war gehalten hat.wq Niklas: diese dinge mussen durch exempel erkleret werden.
10
[191r] Ditterich: Las uns erstlich die zcwelff artickel unszers symboli apostolici, weil es von aposteln herkommen, vor die handt nemen. der erst artickel ist, ich glewbe in got, schepffer himels und erdens. Niklas: recht, wer das nit glewbet, ist kein christ.
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Ditterich: der ander, dritt, vierde, funffte, sechste und sibende artickel ist: und in iesum christum, szeinen eingebornen szon, der emphangen ist vom heiligen geist, geboren aus der iungfraw maria, geliden under pontio pilato, gecreucziget, gestorben und begraben, ist nidergestigen zcur hellen, aufferstanden von toden, ist auffgefaren in himmel, siczt zcur rechten gots des almechtigen vaters, von dannen er kommen wirdet, die toden und lebendigen zcurichten. Niklas: [191v] wer diese artickel vorneinet, der vorlewcknet das euangelium.
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Ditterich: der achte artickel, ich glewbe in heiligen geist. Niklas: wir zcweiffeln gleich so wenig von dem artickel als von den zcuvor erzcelten.
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Ditterich: ich glewbe eine heilige algemeine kirche, gemeinschafft der heiligen. Niklas: wir sagen, ich glewbe eine heilige christliche kirche, gemeinschafft der heiligen.
wp – wp
wq – wq S, fol. 110v – korr. aus: und sal ein ider bei sich selber, S, fol. 110v – nachgetr. was vor hundert iaren und lenger war gewesen, das solchs nach war szei und die warheit an ir selbst unwandelbar szei.
2 sewle … grundtfeste] 1Tim 3, 15. 3 welcher … ist] Joh 14, 6. | bei … welt] Mt 28, 20. 4 vorsprochenen … furet] Joh 16, 13. 32 wir … heiligen] siehe Anm. zu P1, fol. 43r.
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C4.4 Das vierde buch - von der einikeit der kirche
Ditterich: nein, der text des symboli und das rechte original vormag es anders und seczet ausdrucklich, ich glewbe eine heilige catholische kirche, das ist eine algemeine kirche, [192r] welchewr durch den ganczen umbkreis der welt hin und wider ausgebreitet ist, wswie ich vorgestern auch vormeldet habe.ws 5
Niklas: was grubelst due. alhie ist es doch ein ding. Ditterich: ich grubel gar nichtswt, sondern rede die notdorfft, zcuforderst weil die heiligen aposteln aus sonderlichem bedencken den artickel alszo gestellet, damit man die ware christliche kirche von den frombden keczerischen und schismatischen hawffen deste besser underscheiden mochte, zcu was nucze und frommen der kirchen hat man bei zceiten der unseligen donatisten, welche [192v] die kirche gar enge einzcihen und nit mehe catholisch und algemein wolten szein lasszen, wol vormerckt. und weil man dan iczo newe donatisten findet, die sich auff gleiche irrige wege legen, wil die angezceigte vorenderung, ich mochte wol sagen, die vorfelschung dieses artickels der waren kirchen nit alleine sorglich, sondern auch nachteilig szein.
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Niklas: man kan die enderung wol abstellen. far fort. 20
Ditterich: der zcehende artickel ist da: ich glewbe vorgebung der sunde. Niklas: wir weren elende und armselige menschen, so wir den artickel nit glawbten. 25
Ditterich: der eilffte, des fleischs aufferstehung. [193r] Niklas: far nurent fort. dis alles hat kein zcweiffel. Ditterich: der zcwelffte ist, und ewig leben. Amen.
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Niklas: in deme ist auch kein streit zcwischen uns. Ditterich: diesze dogmata und artickel unszers christlichen glawbens szeind alle in der schrifft vorfast und doch durch die heiligen aposteln zcu meher und richtiger erklerung also gestellet worden, welchs wir irer tradition zcumesszen musszen. und dienet diese ire tradition dahin, das auch der ihenige, welcher vor wr
S, fol. 110v – nachgetr.
ws – ws
S, fol. 111v – gestr.
wt
S, fol. 110 v – korr. aus: nit.
12 unseligen donatisten] nach Donatus (gest. ca. 355), Vgl. LThK, III, 332ff.
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sich aus einfalt dieser dinge aus der schrifft nit erholen kan, aus der tradition die fasszen moge, [193v] wie uns dan die durch solche tradition von iugent auff eingebildet wirdet und uns eine gewissze regel unsers glawbens an die handt gibet. und wie sichs mit diesen artickeln wuund dogmatenwu unszers christlichen glawbens zcutreget, so hat es mit den andern dogmaten der kirche auch eine gestalt. Niklas: Ja, wie?
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Ditterich: Ich wil dirs sagen. die schrifft ist in eczlichen puncten nit leicht zcuuorstehen. daraus erfolget, das szie von den unbestendigen und furwiczigen leicht zcu irem selbst vorterbe vorfelscht wirdet, wie der heilige petrus schreibet. [194r] daher ist es kommen, das in vorzceiten aus ungleichem vorstand der schrifft grosse und hoch nachteilige irsal in der kirchen erwachsen szeind. es erhuben sich etwan, die do wolten den underschid der personen in der heiligen dreifaltigkeit nicht zculasszen. sowv waren etliche, die zcertrenten die substancz der gotheit und furten einen ungleicheit zcwischen solchen personen ein und wolten den son dem vater nit gleich szein lasszen, vormeinten beide, szie weren aus der schrifft gegrundet. aber weil got nit alleine propheten, aposteln und [194v] euangelisten, sondern auch doctores und lerer szeiner kirchen zcu derselbten erbawung gegeben, inmassen der heilige paulus zcewget, so haben solche doctores, welche durch den geist gots mit sonderlichem vorstande begabet und erlewchtet gewesenww, diese artickel von der heiligen dreifaltikeit erkleret, alszo das nun alle christen unzcweiffelich glewben, das wir einen got in der dreifaltigkeit und die dreifaltigkeit in der einikeit eheren sollen. item das der son dem vater in der gotheit gleich szei und nicht allein der son, sondern auch der heilige geist. durch den weg ist die kirche der schweren und gifftigen keczerei sabelli, arii und macedonii aus sonderlicher vorleihung gots entladen worden.
wu – wu S, fol. 112v – nachgetr. wv S, fol. 113r – korr. aus: dargegen aber. gestr.: hat die kirche durch dieselbtigen.
ww
S, fol. 113r –
11 daraus … wirdet] 2 Petr 3, 16. 14 es … zculasszen] Monarchianer bzw. Modalisten im 2. und 3. Jh., für die der eine Gott in verschiedenen Erscheinungsweisen wirkte. Hauptvertreter in Rom war Sabellius (um 215), siehe Anm. zu P1, fol. 194v. 16 so … lasszen] Gründet sich auf Arius (280-336). Der Sohn ist nicht aus dem Wesen des Vaters hervorgegangen. Gott allein ist ewig. Vgl. BBKL (1990, 213ff.). 19 aber … gegeben] Eph 4, 11. 27 sabelli] Nach Sabellus ist Gott dem Menschen nur in drei verschiedenen Weisen erschienen: als Vater im AT, als Sohn im NT und als Heiliger Geist Pfingsten. Vgl. BBKL (1994, 1145ff.). 28 macedonii] Makedonus; Die Makedonianer werden auch als Pneumatomachen bezeichnet. Sie vertraten die Ansicht, der Heilige Geist sei ein Geschöpf und nicht göttlich. Vgl. BBKL (1993, 597ff.).
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[195r] und damit wir von diesen hochwichtigen artickeln unszers christlichen glawbens deste weniger zcweiffeln mogen, szeind szie dem simbolo niceo und constantino politano in klaren und hellen worten eingeleibt, gleicher gestalt nachdem eczliche waren, so die gotliche und menschliche natur in christo vormengten, eczliche aber, welche solche naturen zcu seher von einander risszen und vorneinten, das christus got und mensch nit eine person were und sich beiderseits mit der schrifft behulffen, die szie doch nit recht vorstunden, als hat die kirche in den beiden conciliis, ephesus [195v] und calcedoneus, diese artickel gar wol erkleret und uns zcuerkennen gegeben, wie wir die schrifft von den dingen vorstehen sollen, also das wir nur unzcweiffelich glewben, das, ob wol christus warer got ist und mensche, so szeind doch nit zcwene, sondern nurent ein christus. nit das die gotliche natur in die menschliche vorwandelt szei, sondern das er, der herre, die menschliche natur zcur gotlichen angenommen habe und einer nicht durch vormischen der substancz, sondern in einikeit der person szei. von der zceit an bis auff uns szeind die berurten widerwertigen keczereien gedempfft geweszen und haben der kirchen gots nit mehe schaden konnen, [196r] sondern wie diese artickel in die symbola gebracht, so hat man ie unzcweiffelich geubet und gehalten. wxund ob sich gleich bei dieser unszerer vorwiczigen zceit eczliche der ewren die widerumb haben erregen wollen, so szeid ir doch selber denselbtigen mit ernst begegnet.
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wyNiklas:
recht, den das caluinus den seruito hat vorbrennen lassen, ist euch nit unvorborgen. Veit: es mag serueto nit unrecht geschehen szein, aber da ime caluinus hette recht thun wollen, er sich auch szeiner nachhaltigen keczereien halber selber vorbren sollen.
wx – wx
S, fol. 114r – gestr.
wy – wy
P1, fol. 196r–197r – gestr.
2 simbolo … politano] Nicäno-Konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis; bezeugt durch die Akten des Konzils von Chalkedon (451). Vgl. TRE, 24, 44ff. 8 ephesus] 3. Ökumenische Synode von Ephesus 431. Vgl. TRE, 9, 753ff. | calcedoneus] 4. Ökumenisches Konzil 451. Vgl. TRE, 7, 668ff. 25 serueto] Michael Servet (1511–1553), Vgl. BBKL (1995, 1470ff.). Servet wich von der traditionellen Trinitätslehre und Christologie maßgeblich ab und wurde deswegen verfolgt. Mit seinem Hauptwerk „Christianismi Restitutio“ antwortet er auf Calvins „Institutio“. Er sucht vergeblich den Diskurs mit ihm. Die Briefe, die ihm Servet geschrieben hat, liefert Calvin dem Inquisitor und lässt Servet, der aus dem Gefängnis geflohen war, verhaften, als er ihn in Genf erkannte. Die Bewertung der Rolle Calvins in diesem Prozess ist nicht unumstritten (Vgl. BBKL 1995, 1476f.). 26 vorbren] verbrennen.
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Niklas: das gehort nit hieher. wan ich wolt scharff sein, so konte ich ewren arianischen illyricus auch wol in diese geselschafft bringen. Veit: [196v] Ir wittemberger zceihet in das. er gestehet aber nit. 5
Niklas: er gestehet auch nit, das er nach ungetawfft szei. er zceiget aber nit an, wue er getawfft szei. Ditterich: las das faren. 10
Niklas: das die unszern wider osiander sich nurent (...) eingelegt haben, solchs ist unvorborgen. Veit: die Tubingischen wollen solchs nit lassen gut szein. 15
Niklas: was leid daran. wie meinest aber, hat der caluinus seruetus nit weidlich angegriffen? und gedempfft?
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Veit: es mag serueto nit unrecht geschehen szein. aber da [197r] caluinus hette recht thun wollen, solte er sich mit weigern ernste angegriffen haben, weil er sich mehe dan in eine keczerei vorlewfft.wy Ditterich: und nachdem wir gleichwol in den iczterzcelten artickeln unszers christlichen glawbens und dogmaten eins bliben, haben wir got hoch zcudancken, dan es ist sonsten alzcuuiel zcancks eingefallen. got wende den aus gnaden. und weil wir von allen teilen, so uber den dogmaten, so in symbolis begriffen, halten,wx wzwie wir szie dan nach (got szei lob) halten, weil wir uns nun in denen fein vorgleichen, sollen wir deste wenigerwz uber den andern dogmaten, die sich gleicher gestalt auff die schrifft und der kirchen tradition grunden -xa [197v] Die iuden, welche am anfange der kirchen zcum christlichen glawben qwamen, vormeinten, szie konten nit bei got gnade erlangen und gerechtfertiget werden, szie weren dan beschnitten und theten die werck des geseczes. und wiewol szie solchs aus der schrifft haben wolten, konten szie es doch mit keinem grunde erhaltenxb. solchen iren misvorstand und irsal widerleget der heilige paulus gar schon und ist von der kirchen auchxc vorworffen worden. hinwider wz – wz S, fol. 114r – nachgetr. bzw. korr. aus: wurumb wolten wir. xa S, fol. 114r – gestr.: nit xb S, fol. 114v – korr. aus: thun. xc S, fol. halten sollen. kan ich bei mir nit ermessen. 114v – korr. aus: und irer tradition.
2 illyricus] Matthias Flacius Illyricus. (Illyricus als Beiname), siehe Anm. zu P1, fol. 2v. 11 osiander] siehe Anm. zu P1, fol. 46v. 34 solchen … schon] Röm 2, 25-29. Act 15, 1–12.
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aber weil simon magus bfunde, das die aposteln den glawben in christum fast triben, name er davon ursache gute werck zcuuorachten. meinet, es were genug, da einer glewbet, ob er gleich nichts guts thete. diese [198r] irrige meinung hat die kirche auch vordampt und ir dogma dermassen, wie es die schrifft gibet, gestelt, nemlich das wir one vorgehende werck des geseczes mogen gerechtfertiget werden und das die, welche gerechtfertigt sein, gute werck, so offt szie mogen und vonnoten ist, thun sollen, wie szie dan folgend Basilides und eunomii irsal, welche gute werck gleich als weren szie vorgeblich, angaben in gleichnus auch vordampt hat. aber von deme genug, weil ich vorgestern auch etwas davon gemeldt habe. die eucratiter haben den ehestand, gleich als were er unrein, vorworffen, [198v] und ob wol solcher stand von got selber eingesaczt worden. iouinianus aber hat die jungfrawschafft der ehe gleich gestalt, ungeacht ob gleich der apostel schreibet, das der, welcher szeine jungfraw nit ausstattet, besser thue dan der ihenige, so szie ausgestated. item das der, welcher one weib ist, sich umb die dinge, welche gots szeind, bekommere, wie er got gefallen moge. aber der, welcher ein weib habe, bekommere sich umb die dinge, welche des weibs szeind, wie er dem weibe gefallen moge, wider beide irsal der eucratiter und iouinaisten als zcweien extremis hat die (kirche) die zcuerhaltung christlicher warheit die mittelstrasse gegangen und ire tradition dahin gerichtet, das die ehe an ir selbst christlich und gut sei und das nichts deste weniger die jung(frau)schafft und die reine continencz [199r] der ehe sol vorgezcogen werden. so hat es auch diesze meinung, das die biltnus eine gute alte ankunfft in der kirche haben, weil aber etwan lewte geweszen, die solche bilder angefochten, ist der kirchen tradition disz fals durch der constantino politanische concilium erkleret worden, der gestalt das solche biltnus nit sollen vorworffen und aus der kirche gehoben werden, neben deme das sich bfindet, das solcher gebrawch gut ist, so fern er one aberglawben geschihet, welcher dan leicht mag vormiden werden, da wir die bilder nit anbeten nach unsere hoffnung darein stellen, sonder aus solchen uns der historien, welche szie zceigen, erinnern und alszo [199v] zcum gutem reiczen 1 simon magus] Theodoretus von Kyros (*393 in Antiochia am Orontes; Vgl. BBKL 1996, 536–557) zu Simon Magus in Haereticorum fabularum compendium: „Itaque eos qui in ipsum crederent jubebat illos non attendere, nec legis minas pertimescere, sed tanquam liberos facere quae vellent. Non enim per bonas actiones, sed per gratiam ipsos salutem consecuturos. Qua de causa qui hujus erant sectae (...)“ (PG 83, 346). Auch: Act 8, 9–24. 7 Basilides] ca. 100–160. Wird in Verbindung mit den Urketzern Menander und Simon Magus gebracht, Vgl. TRE, 5, 296ff. Vgl. zu Basilides: Löhr (1996). | eunomii] ca. 355–ca. 395, Vgl. TRE, 10, 525ff. 12 iouinianus … gestalt] Jovianus richtete sich gegen die Überschätzung der Askese und die Geringschätzung der Ehe, auch wenn er die Ehelosigkeit nie aufgab. Siehe Anm. zu Jovinianus fol. 39v. Vgl. BBKL (1992, 740ff.). | ungeacht … ausstattet] 1 Kor 7, 37–38. 14 item … moge] 1 Kor 7, 32–33. 21 so … neben] Auf dem 5. Konzil von Konstantinopel 754 wurde die Bilderverehrung abgelehnt. Das wurde dann auf dem 7. Ökumenischen Konzil von Nicäa 787 widerrufen. Vgl. TRE, 6, 535. 22 ankunfft] Herkunft.
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lassen, wie man dan bei zceiten des xdalten testamentsxd in gleichem fal die biltnus der Cherubim auff der arca des herren wol gebrawchen mogen. desgleichen ist auch etwan vorgefallen, das die tacianer und Manicheer das fleisch essen als ein unrein ding vorbotten haben, dargegen aber das diexe iouinaisten den gebrawch der kirche, in denen sie sich an namhafftigen tagen des fleischs essens entheldet, angefochten. Nun hat aber die kirche diese zcwene widerwertigen meinungen vordampt und dargegen ir dogma bestetiget, [200r] nemlich das man sich des fleischs nit enthalten sal als eines grewels und unreinen dings. aber da einer sich solcher speise enthalte, szeinen leib zcucastigiren, das erxf recht und christlich handele und gefalle got nit weniger als der rechabiter enthalt vom wein trincken, davon hieremias meldung thuet, dan was zcur messigung und casteiung unszers mutwilligen fleischs dienet, solchs kan noch mag nit arg szein. item wiewol einer das zceitliche gut mit guten gewisszen wol bsiczen mag, gleichwol weil christus denen, so ime nachfolgen wollen, gerathenxg, das szie sich des [200v] eusszern. darauff hat die kirche ire tradition gerichtet, nemlich das einem gut szei, dem rathschlage christi nachzcugehen und sich szeines zceitlichen guts zcuuorzceihen, damit er sich deste besser von den dornen dieser welt abzcihen moge, so viel aber den stand der vorstorbenen belanged, findet man, die so gar wol und christlich gelebet haben, das ire geistere im himmel, da szie mit christo ewiglich leben, bald aufgefaren szeind, volgen dem lamb gots, wuehin es gehet, seczen iren geistlichen mundt an dasselbige lamb, [201r] bei deme szie sich erholen der erkantnus der dinge, welche szie sonsten nit wissen konten, erkunden sich umb unsern, die wir nach leben, zcustand und bitten vor uns aus der liebe, die szie auffs volkomlichste haben. so findet man auch die, so bose geweszen, das szie nach irem absterben in die helle geworffen, und des orts ewiglich gepeiniget und geqwelet werden. uber das findet man, die nit so heilig gewesen, das ire sele balt in himmel aufgefaren, auch nit so bose, das szie in die helle kommen, sondern in einen mitteln stand eingetreten, aus dem szie zcu irer zceit erlediget und ins himmelreich eingehen mogen. diesze, ob szie uns lebendigen durch ir gebet [201v] gleich nit helffen konnen, so konnen szie doch durch unser gebet erleichtert werden. diese laer haben die alten heiligen doctores gefuret. so kommet szie von apostolischer tradition her, wie dionisius, chrisostomus und xd – xd S, fol. 115v – nachgetr. xe S, fol. 116r – korr. aus: eczliche. xg S, fol. 116v – korr. aus: redt. aus: der.
xf
S, fol. 116r – korr.
1 wie … mogen] Ex 25, 18–22. 3 tacianer] Auch Luther dazu in Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papsts und der Bischöfe 1522: „Die Tacianer vorspotten nit die ehe, sondernn verdampten sie als sundlich ding.“ (WA 10/2, 152). | Manicheer] Siehe Anm. zu P1, fol. 42r. 11 hieremias] Jer 35. Siehe Anm. zu P1, fol. 113v. 20 volgen … gehet] Apk 14, 4. 26 uber … gefuret] Zum Fegefeuer u.a. Le Goff (1984). 32 dionisius] Dionysius Areopagita, Vgl. BBKL (1990, 1318ff.).
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damaseus zcewgen. und ist also von der algemeinen kirche zcu ider zceit gehalten worden. gleicher gestalt heldet sichs mit der kindertawffe auch, die erstlich von aposteln selber eingefuret ist worden, wie origenes schreibet und volgend fur und fur in der ganczen christenheit [202r] vor gut gehalten worden bis auff diese zceit, da die elenden widertawffer sich darwider auffgelenet. ich konte noch andere mehe dogmata und traditiones veritatis erzcelen, wan es nit an den genug were. und weil uns die schrifft und icztberurte traditio den rechten grundt christlicher warheit an die hand gibet, sollen wir uns die beide deste lieber lassen szein. zceiget uns die schrifft etwas mit hellen worten an, haben wir got zcudancken, [202v] das er uns mit diesem mittel zcu genugsamem und notdorfftigem bericht vorsehen hat. ist aber in der schrifft etwas schwer zcuuorstehen, das von eczlichen lewten in misvorstand gezcogen wirdet, mogen wir uns an die tradition als die rechte erklerung der ding halten und uns dis orts notdorfftiger underweisung erholen und gotte derhalb abermals dancksagen. und sal dir genug szein, der mittel eines zcu erforschung christlicher warheit zcugebrawchen, wie sich dan ein ider an dero einem wol ersettigen mag lassen. Paulus, wie ich oben vormeldet, wil, das wir nit alleine das, welchs er geschriben, sondern auch, das er muntlich tradirt hat, halten sollen. [203r] und so einer den grundt eines dogmats ader die ursache desselbtigen nit aus der schrifft fassen kan, sal er derhalb nit das dogma vorwerffen, sondern viel mehe szeinen unuorstand anklagen und damit er nit weiter gehe, dan der nuchtern vorstand zculasse, sal er sich an deme begnugen lassen, das es die kirche also tradirt und halte. auff die meinung schlissen unszere lieben vorfaren, die heiligen und weisen veter und lerer ireneus, tertullianus, origenes, chrisostomus und andere mehe, den ein bescheidener christ billicher nachfolgen solte dan seinem eigenen dunckel.
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[203v] Niklas: du gibest menschlicher authoritet viel zcu. Ditterich: ich handel alhie nit von menschlichen krefften, sondern von der wirckung des heiligen geists in der kirchen und von der haltung nit einer, zcweier ader gleich mehe, sondern von deme, was die gemeine kirche glewbt und heldet, dan das sondere personen leicht irren konnen, solchs gibet die erfarung, aber das die kirche in gemein irren moge, solchs ist nit zcuuormuten, angesehen das szie nach inhalt gotlicher schrifft die sewle und grundfeste der warheit ist und der heilige geist ir zcu ider zceit beiwonet und szie, wie der son gots vorheischen hat, in alle warheit [204r] furet, xhwie ich oben auch vormeldet habe.xh und weil wir alhie von dem dogma, welchs catholicum ist, handeln, sollet ir wissen, das eben xh – xh
S, fol. 118v – nachgetr.
23 ireneus] Irenäus (ca. 140–200), Vgl. BBKL (1990, 1315ff.).
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das dogma und die tradition, xiwelchs in algemeiner kirche eine lange zceit also einhellig herkommen, wie nunxi [204v] die erzcelten dogmata ecclesiae und traditiones veritatis gegen dieser regel gehalten werden, konnen wir leicht abnemen und ermessen, das die alle irer gemeinschafftxj, ires alters und irer einhellikeit nach wol bestehen und catholisch szeind, also das wir denen billich stadt und glawben geben sollen. Niklas: was sagest aber von ewren saczungen?
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Ditterich: alhie komme ich gleich drauff, [205r] dan nachdem ich die traditiones veritatis und dogmata einfaltiglich, doch mit gutem grunde der warheit erkleret habe und also, das ir leicht abnemen konnet, wurauff szie beruhen und das szie keines wegs zcuuorachten, so wil ich nun die traditiones (...), welchs szeind der kirchen saczungen, zcur hand nemen und sage erstlich, das ein grosser underscheid zcwischen beiden traditionen, dan die traditiones veritatis und die daraus flissenden dogmaten leiden keine anderung, dan was vor tawsent iaren war gewesen, mus hewtiges tages auch war [205v] szein, und was hewte war ist, hiebeuorn, ia vor tawsent iaren und lenger auch war geweszen. aber mit den kirchen saczungen und constitutionen hat es viel andere meinung dan weil die xkiuris positumxk szeind, konnen szie nach gelegenheit der zceit, stellen und personen wol geendert werden, wie sich dan zcutragen kan, das etwas in vorzceiten gut und nucz gewesen und nun nit mehe gut nach nucz ist. Niklas: so hore ich wol, due lest solche saczung auch gut szein.
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Ditterich: wurumb nit? Niklas: [206r] wir wissen aber, das christus selber solche menschen saczungen vorwirfft. wie konnen szie dan gut szein? 30
Ditterich: wir mussen alhie underschidlich handeln. die menschen saczungen las ich nit gut szein, sondern sage mit christo und Esaia, das man vorgeblich solche menschen gebot lere. und ist umb die dermasszen geschaffen, das sie gots geseczen zcuwider xlader hinderlichxl szeind. von solchen saczungen redet chrisxi – xi S, fol. 118v – korr. aus: so gemein ist, mus auch also vor alters her gebrawcht szein und in einhelliger laer aller ader ie vieler vettere und doctoren erhalten szein, der wir uns auch xj S, fol. 118v – nachgetr.: und einhellikeit auch. billich halten sollen und da. xk – xk schwer lesbar. xl – xl S, fol. 119v – nachgetr.
28 wir … vorwirfft] siehe Anm. zu P1, fol. 206r (Mt 15, 1–9). 7–9, Jes 29, 13. 34 von … kommen] Mt 15, 1–9.
32 sondern … Esaia] Mt 15,
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tus, als wan einer szeinen eltern konte und solte vormoge gotlichs geseczes zcuhulffe kommen. und lis sich doch die iudische tradition davon abfuren, also das er, welchs szeinen eldern zcu irem notdorfftigem underhalt zcugewandt solte werden, in den tempel legte und also szeinen eldern [206v] die hulffe, derxm szie bdorfften, entzcoge. solchs straffte christus und nant es ein vorgeblich menschen gebot ader saczung, welche ich vor meine person nit alleine nit vorteidige, sondern iar nit gut szein lassze. wan ich auch von der tradition xnund constitutionxn rede, so meine ich die nit, sondern derxo kirchen saczungen, welche dem gesecze gots nit entgegen xpnach hinderlichxp, sondern ausserhalb des geseczes eingefuret szeind und gut, auch fruchtbar szein konnen. [207r] dan ob wol bei zceiten des alten testaments got durch sein gesecze vorsehung gethan, das man ausserhalb des einigen altars vor dem tabernacel kein andern altar zcum opffern gebrawchen solte, so las man doch gut szein, das man auch an andern ortern und aus andern ursachen dan des opffers halb mochte altaria auffrichten, wie xqim buch iosuexq geschriben stehet. Wurumb? darumb das solchs nit under sondern ausserhalb des geseczes vorgenommen wurde. und erscheinet hiraus, das solchs dazcumal nit unrecht gewesen, auch [207v] nochmals nicht unrecht szei. deste weniger sal man solche saczung und ordenung vorachten. das auch solche saczungen binden, bfindet sich aus deme, das die ersten christen am anfange der kirche geordenet und geseczt, das keiner nichts eigenes haben solte. und wiewol solchs im gesecze und gotlichen rechten nirgent also geordenet war, gleichwol da sich caphira zcu dieser ordenung vorpflichtet und folgends die ubertreten haben, szeind szie vom apostelo petro hefftig gestrafft worden und vom leben zum tode gebracht, inmassen der aposteln geschicht ausweiszen und were solchs xrone zcweiffelxr nicht geschehen, da sie obangezceigte ordenungen nit vorpflichtet hette. [208r] Niklas: ja, die haben sich selbst und freiwillig darzcu vorpflichtet. ir wollet aber aus ewrer ordenung ein gemein gesecze machen, welchs meniglich obligire und binde und seczet also solch gesecze dem gesecze gots gleich. wollet uns auch dahin zcwingen, das wir dem joch der dinstparkeit widerumbxs underworffen werden, welchs doch der apostel mit guten hellen worten widerficht. Ditterich: due vorstehest mich nit recht. ich secze die kirchen saczung und ordenung dem gesecze gots nit gleich, dan ob ich gleich wil, das szie nit vorachtet sollen werden, so zcihe ich szie doch nit an, als szeind szie an inen selbst und irer xm S, fol. 119v – korr. aus: welche. xn – xn S, fol. 120r – nachgetr. xq – xq S, fol. 120r – nachgetr. xp – xp S, fol. 120r – nachgetr. aus: die. xs S, fol. 121r – korr. aus: abermals. nachgetr.
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S, fol. 120r – korr. xr – xr S, fol. 120v –
13 so … stehet] Jos 22, 9–34. 14 wie … stehet] Jos 22, 26–27. 21 gleichwol … ausweiszen] Act 5, 1–11. 28 meniglich] jeden. 29 wollet … widerficht] Gal 5, 1.
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art nach zcum heil vonnoten, und das szie nit mogen one vordamliche sunde ubertreten werden. Niklas: Wie sal ich das vorstehen? 5
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[208v] Ditterich: was gots gesecze gebewtet ader vorbewtet, da wider kan kein mensche dispensiren. ja so balt, als due solchs ubertrittest, es geschehe aus schwacheit ader vorsehen, so sondigest due todlich und fellest aus der gnade gots. ader die kirchen saczungen vorbinden niemands dergestalt, sondern auff den fal alleine, wan die ubertretung den nesten ergert ader mit vorachtung geubet wirdet. nun ein exempel. fasten an eczlichen tagen ist von der kirche eingesaczt und geordenet. [209r] wan ich nun an meinem leibe schwach worde, alszo das ich das fasten nit ertragen konte, mochte ich one beschwerung meiner gewisszen davon absehen und der speise genisszen, zcuforderst da solchs dermassen geschehe, das es niemands ergerte. Wurumb? dan es geschihet nit aus vorachtung der kirchen und irer ordenung, welche vorachtung an ir selber sondhafftig, sondern aus notdorfft. diese meinung hat es mit andern saczungen auch. so hat es auch diese gestalt, das keiner in die dinge, welche durch der kirchen ordenung eingefuret, die hoffnung szeines heils xtstellen sollext, auch solche nit alsxu notwendig zcum heil machexv, sondern las xwsolche dingxw sonsten nucze szein, die nit vorachtet sollen werden, xxnachdem szie an inen, ob szie gleich nit notig, doch nit unfruchtbar szeind.xx Niklas: Veit, er gebet den dingen eine zcimliche masz. Ich glewbe, es moge darbei wol bleiben. Veit: Ich habe auch kein sonderlich bedencken, aber gleichwol, weil die unszern [209v] viel der ordenungen, welche szie vor menschen saczungen geacht, auffgehoben, so las uns underschidlich von solchen ordenungen handeln.
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Niklas: wol. es gefellet mir auch. Nun ditterich, weil wir von dir in gemein angehoret, wie es mit den kirchensaczungen und ordenungen eine gestalt haben sal und das die keines wegs zcuuorachten, derhalben bitten wir, wollest unbeschweret szein, von denen underschidlich zcuhandeln. 35
Ditterich: wan irs alszo haben wollet, so wil ich eczliche sondere kirchenordenung underschidlich erzcelen und von den gemeinen ceremonien der kirche anfahen, dan ob gleich die got selber nit geordenet, so kommen szie doch von deme xt – xt S, fol. 121v – korr. aus: zcustellen habe. xu S, fol. 121v – nachgetr. xv S, fol. 121v – xw – xw S, fol. 121v – korr. aus: es. xx – xx S, fol. 121v – nachgetr. korr. aus: erachte.
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xyrecht
herxy, so er der natur eingepflanzet. [210r] aber die determination, weisze und massze, wie die kirche szie angenommen, wirdet billich der kirchen saczungen zcugemessen xzaus ursachen, das got solche nit selber eingefuret.xz und erstlich, so viel den kirchen gesang betrifft, thuet der heilige paulus diesen beuelh, underweiset und ermanet euch under einander durch psalmen und geistliche gesenge und singet mit der gnade in ewrem herzcen. auff diesen apostolischen beuelh hat die kirche viel schoner und gotseliger gesenge [210v] eingefuret und in die siben gezceiten eingeleibt, von welchen zceiten, weil szie jar einer alten ankunfft haben, die heiligen cyprianus, hilarius, (...), hieronimus und andere mehe herliche gezcewgnus gegeben, dan zcu deme das wir got nicht zcuseherya loben, eheren, preiszen und glorificiren mogen, so dienet auch solchs zcuerhaltung christlicher einikeit, ordenung und gotselikeit. und wiewol ybeinem iden christen geburet, Got vleissig anzcuruffen, so reicht doch solchs vornemlich in der prister offentlich ampte. daher hat der heilige paulus szeinem timotheo gebotten, vor alle, szie szeien hohes ader niederiges standes, zcubitten.yb [211v] deste weniger sal die pristerschafft ire siben gezceiten underlassen, ycsondern die vleissig singen und beten.yc Niklas: alhie trifft er euch als die, die siben gezceiten abgethan und vorworffen haben. Veit: wir habens des misbrawches halber, die sich in solche gesenge eingemengt, gethan.
xy – xy S, fol. 122r – nachgetr. xz – xz S, fol. 122v – gestr. ya S, fol. 122v – korr. aus: yb – yb S, fol. 122v–123v – korr. aus P1, fol. 210v–211r: Der heilig iacobus spricht, zcuviel. ist einer kranck under euch, so beruffe er die pristere der kirchen und szie sollen uber im beten. item die heiligen aposteln zceigen an, aus was ursache diaconen zcum teglichen hawsdienst der heiligen solten geordenet werden, nemlich auff das die aposteln deste weniger vorhindert werden irem predigampt und gebete deste mehe und vleissiger obligen mogen, wie szie die ursach selber mit nachfolgenden worten melden. wir aber werden dem gebete und dem predigerampt vleissig obligen. daraus mag man mit gutem grunde schlissen, das gleich, wie der pristerschafft aus eigenem ampte geburen wil, gots wort zcuuorkundigen, also geburet ir auch mit aufgelegtem offentlichem gebete vor und an stad der ganczen gemeinde mit vleisse yc – yc S, fol. 123r – gestr. zcubitten und bei gote anzcuhalten.
5 beuelh] Befehl. | underweiset … herzcen] Kol 3, 16. Eph 5, 19. 9 cyprianus] De oratione dominica 35, Vgl. PL 4, 560. | hilarius] wohl Hilarius von Poitiers , siehe Anm. zu P2, pag. 22. Vgl. BBKL (1990, 832ff.). 14 daher … zcubitten] 1 Tim 2, 1–2. 16 siben gezceiten] Stundengebet; unter Bezug auf die Benediktusregel die Gebetszeiten: Vigil, Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet.
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Ditterich: O, lieber veit, ich wil seczen, das sich misbrewche in die siben gezceiten eingemengt. so soltet ir doch nit die gezceiten, welche an ire selbst gut und nuczlich, sondern die misbrewche weg gethan, dan es hat deine eigene vornunfft [212r] zcuberichten (...), sonsten musten wir alles umbkeren und nichts gut szein lasszen, dan bei diesen geschwinden lewfften wirdest due nichts ydvon allenyd guten dingen finden, darein nicht aus menschlicher schwacheit und unvorstande sich misbrewche eingemengt haben. und musten dennoch auch die heilige schrifft von uns stosszen, weil die von den keczern so heslich gemisbrawcht wirdet. was aber die lobgesenge lectiones und herliche gebete in der messe belanged, die sal man auch halten, inmasszen die von alters bei der [212v] algemeinen kirchen gebraucht und auff uns kommen szeind, weil sie yean inen selbstye christlich und gut szein, und zcu christlicher gotselikeit anreiczen. Niklas: den canonen lassen wir nit gut szein.
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Ditterich: ich weis wol, das ir wider den hefftig fechtet, darzcu ir doch gar keine ursach hat, weil er christlich und wol mag vorstanden werden, so fern man in durch falsche interpretation nit vorkeret. dan ewer lutherr bekennet in einem szeiner gedruckten bucher, das der canon in szeinem gesundem vorstande gut szei, und das er in offmals vorteidigt habe. so ist die kirchenordenung und tradition dis fals gar catholisch, [214r] dan das er yfvon der ganczen christlichenyf kirchen angenommen, erscheinet aus der alten form des orients und occidents ia auch der, welche s. iacob selber gestellet, die dan vorhanden ist, den eben dieselbtige sampt denen, welche der orient, Basilii und chrisostomi nennet, stimmen in der substancz mit unszerm lateinischen canone fein zcu und vorgleichen sich nurent seher wol. was gehet euch dan not an, das ir euch dieses fals von der ganczen kirchen abwerfft und machet euch ein eigenes, welchs one sonderliche ewre faer nit geschehen kan? Niklas: Wir halten aber gleichwol ausserhalb des canons [214v] die andern lectiones und gesenge. Ditterich: Wie heldet irs auff ewrem teil, Veit?
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Veit: Wir helden nichts.
yd – yd S, fol. 123v – korr. aus: aller. ye – ye S, fol. 123v – korr. aus: selber. – korr. aus: algemein alt und doch einhelligen vorstand der.
18 dan … habe] Luther zur Messe in Deutsche Messe, 1526 (WA 19). Adiaphoristischer Streit zwischen Philippisten und Gnesiolutheranern.
yf – yf
S, fol. 124r
30 Niklas … seitte]
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Ditterich: ir gehet gar zcu weit auff ewrer seitte und nit zcu geringem ergernus der kirche. so lest sich ewre voranderung auch nit vorantworten, Nikel, dan das vornemlichste der messe, nemlich den canonem und das ihenige, darauff missa fidelium ruget und im canone vornemlich stehet, reist ir ein. 5
Niklas: wie sal ich das vorstehen? Ditterich: was man vor der prefation in der messe heldet, das haben die alten missam cathechumenorum, das ist dero, die da im glawben underwisen und doch noch nit getawfft worden, [215r] genant. dan wan man die prefation angefangen, haben ygeben die catechumenenyg musszen abtreten. dan weil man das treffliche geheimnus der christen da anfinge zcuhandeln, hat man szie darbei nit wollen dulden, weil szie das sacrament des glawbens nach nit emphangen. aus deme hast due abzcunemen, das weniger an deme gelegen, welchs vor der prefation folget, als nemlich an dem canone und was deme anhenget neben deme, das dem canon auff das gedenck opffer, davon ich oben meldung gethan, gerichtet ist, welchs ir neben dem canone umbstosst. aus was fuge, stelle ich in eweryh selbst bedencken, weil ir aber [215v] gleichwol gestern so viel von mir vormarckt, das solch opffer in der schrifft gar guten grundt hat, auch von der algemeinen kirchen dermassen angenommen ist, das es keines wegs sal umbgestossen werden, so yihat iryi leicht zcuermessen, weil ir das opffer zcuhalten schuldig, das ir auch den canonem billich bleiben lasszen solletyj, neben den freien gebeten und votis, die darein geschlossen szeind, inmassen der heilige augustinus zcewge. wolt ir nun nit mehe wicz pflegen, dan der nuchterne vorstand zcugibet, so last unszere messe mit irem canone gut szein, wie szie dan mit keinem fuge mag angefochten, viel weniger abgethan werden. [216r] so wil sich auch nit gezcimen, das man die andern ceremonien der messe abthueyk als die altaria, die kelch, casseln, almen. item die eleuation und das man den kelch des altars mitt wasser mische, weil die gar eine alte ankunfft haben und an in selbst catholisch szeind. altaria szeind ie und ie bei der kirchen geweszen und kommen her vom naturlichen rechte, welchs nit sal nach mag geandert werden. dan wue eine religion ist, da szeind auch sacrificia. wue sacrificia szeind, da mussen auch altaria szein, auff den man opffere. solchs kan ein iden szeine eigene vornunfft berichten. den kelch hat christus in einsaczung der eucharistien und messe selber gebrawcht, welchs die euangelisten zcewgen. [216v] das auch die christen die kelche zcu ider zceit schon und eherlich gehalten, schreibet Gregorius Nazanzenus, und gibets die gemeine yg – yg S, fol. 124v – korr. aus: szie. yh S, fol. 125r – korr. aus: dein. yi – yi S, fol. 125r – yj S, fol. 125r – nachgetr. yk S, fol. 125v – korr. aus: auch behilte. korr. aus: hast due.
18 vormarckt] vermerkt. BBKL (1990, 331ff.).
36 Gregorius Nazanzenus] Gregor von Nazianz, *329–390, Vgl.
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gewonheit der kirche. das aber der prister sondere kleidung als casseln, almen und anders am altar gebrawche, solchs ist an ime selber zcirlich und dem algemeinen gebrawch der kirchen im orient und occident gemes, welchs an ime selbst offenbar. so ist auch schimpflich und ergerlich, da ein prister mit szeinen gewonlichen kleidern an altar trit gleich wie ein schuster ader schneider an szeine arbeit. die eleuation hat auch eine seher alte ankunfft und ist an ir selbst catholisch und dienet auchyl zcu christlicher erinnerung dero ding, welche dazcumal gehalten und gehalten szollen werden, [217r] auff das wir unszere gemutere uber uns mogenym heben und das lebendige gedechtnus des tods christi mit dem prister halten. welchs herliche gezcewgnus bei dionisio areopagitta und Basilio de spiritu sancto hat. so wirdet auch der gebrawch solcher eleuation in liturgia chrisostomi sewberlich angezceigt neben den anhengenden erinnerungen des pristers, da er spricht, sanctus sanctus, aus welchen worten zcuuornemen, das diese ceremonia nit vorgeblich eingesaczt. das aber der kelch mit wasser vormischt wirdet, solchs ist one zcweiffel von aposteln eingefuret. [217v] und ist algereit bei zceiten iustinii martiris, des gar alten lerers im brawch gewesen, wie er selber in apologia ad anthonium zcewget. so schreibet auch der heilige martirer und bischoff cyprianus von solchem gebrawch, gibet auch gute und bestendige ursache, wurumb man den alszo halten sal und nit anders, yndan weil aus der seite christi am stam des creuczes wasser und blut geflossen,yn mischt die kirche aus gutem bedencken den wein im kelche mit dem wasszer, auff das man deme, welchs sich mit christo zcugetragen, eigentlich nachgehe und das man das blut, yowie es mit dem wasser am creucze ausgegossen, am altar handele.yo [218r] und wie es nun von anbegin herkommen, so wirdet es noch hewtigs tags in algemeiner kirche gehalten. nun habet ir gleichwol diese lobliche und wolhergebrachte ceremonien ypder algemeinen kircheyp vorendert und zcum teil gar umbgestossen. mit was fuge, stelle ich in ewer selbst bedencken.
yl S, fol. 126r – nachgetr. ym S, fol. 126r – korr. aus: sollen. yn – yn S, fol. 126v – korr. aus: dan weil das blut christi, wie es am stam des creuczes vorgossen worden, im kelch ist und aber yo – yo S, fol. 126v – gestr. aus der szeite des hern wasser und blut damals geflossen ist. yp – yp S, fol. 127r – nachgetr.
1 almen] Albe, liturgisches Gewand. 10 dionisio areopagitta] siehe Anm. zu P1, fol. 135v. | Basilio … sancto] Basilius von Caesarea, De spiritu sancto. 11 in … chrisostomi] Vgl. Hornykevitsch (1935, 76f.). 15 und … zcewget] Justini apologia prima pro christianis ad antoninum pium. (PG 6, 327–470). 17 so … gebrawch] „quando autem in calice uino aqua miscetur, Christo populus adunatur et credentium plebs ei in quem credidit copulatur et iungitur.“ (Cyprian, ep. 63, 13; CChrSL 3/2, 407). 19 dan … geflossen] Joh 19, 34.
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Niklas: Es szeind mittel ding, darinnen wir freihe stehen und mogen szie halten ader nit halten. da man uns auch die als notige ding wolte auffdringen, so were es wider unszere christliche freiheit. Ditterich: zcu seczen, das szie an in selbst mittel dinge szeind, die man halten moge ader nit halten, weil ir szie aber halten moget, wurumb wollet ir aber nit lieber zcu erbawung die mit der gemeinen kirche halten, dan die yqzcum ergernusyq einreissen, weil solch endern und einreisszen one zcuruttungyr nit geschehen kan? [218v] dan wie der heilige augustinus schreibet, perturbat novitas omnes etiamsi sua utiliate (...). machet nun ein ide newikeit auch die, welche nucz bringet, etwas eine unruge. wie viel mehe thuet es die newerung in den alten feinen ceremonien, welcherys einhellikeit das band christlicher liebe nit wenig stercketyt, weil szie meniglich vor awgen stehen und den gemeinen man nit wenig bewegen und kan solchs ein ider, welcher frombde nationen durchzcewhet, aus szeiner selbst erfarung haben. dan da einer durch italien, franckreich, spanien, polen ader ungern yureisetyu, [219r] der wirdet aus demyv underschid der sprachen, sitten und landsgebrewch bfinden, das er bei frombden lewten szei: zcu denen er sich so viel guts als szeinen landslewten nit vorsehen mogen, aber da er in die kirchen dero ortere gehet und sihet die kirchen gebrewch und ceremonien, so findet ers gleich wie in szeinem vaterland, da man nach catholisch lebet, erfrewet sich des und fast deste mehe christliches vortrawen zcu den inwonern der frombde lande, weil szie im hewptstucke, das ist in der religion, mit im einhellig szein, welchs an im selber umb so viel deste besserlicher ist, weil das gegenspil treffliche ergernus erreget, zcuuoraus zcwischen denen, so in einem lande siczen, welchs wir teglich in unsern landen inne werden. [219v] ywdaraus dan leicht abzcunemen, ob nit vielyw besser seiyx, der bruderlichen liebe zcugeleben und der kirche zcu eheren die alten ire ordenungen in irem weszen bleiben zculasszen, dan irer auffblehenden wicze nach also eins ins andere zcuschlahen. yyso wurde sie sich one zcweiffel dessen enthalten haben.yy [220r] und obyz gleich die ceremonien zcum mehern teile mittel ding szeind und im fal, da man derhalb in der kirche keine ordenung gemacht, freihe zastehen yq – yq S, fol. 127r – nachgetr. yr S, fol. 127r – korr. aus: ergernus. ys S, fol. 127r – korr. yt S, fol. 127r – nachgetr. yu – yu S, fol. 127v – korr. aus: zcewhet. yv S, fol. aus: dero. yw – yw S, fol. 128r – korr. aus: zcuforderst weil sich bei uns ob der 127v – nachgetr. unzceitigen newerung viel lewte nit mit geringer beschwerung irer gemutere sich ergern und yx S, fol. 128r – korr. wan die meister dieses wercks bei inen selber bedachten, das viel. yy – yy S, fol. 128r – gestr. yz S, fol. 128r – korr. aus: da. za – za S, fol. 128r – aus: were. korr. aus: stunde.
1 mittel ding] Adiaphoristischer Streit, siehe Anm. zu P1, fol. 214v. 14 durchzcewhet] durchziehet.
11 unruge] Unruhe.
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mogeza, zbso wil doch, weil szie in die kirch ordenung gezcogen, keinem geburen, solche zcuuorachten, viel weniger aus eigenem gewalt umbzcustossen, welchs one ergernus nit geschehen kan.zb zcneben demezc [220v] wist ir euch auch zcuerinnern, was ewre augspurgische confession saget, nemlich es werden unszere kirchen falsch angeklaget, als thun szie die messe abe, dan man behelt die messe bei uns und wirdet mit sonderlicher ehererbitung gehalten. es werden auch die gewonlichen ceremonien fast alle gehalten, alleine das man deuczsche gesenge zcu den lateinischen thuet. wie kommet ir nun dem nach, weil an eczlichen ortern alles, was man etwan gehalten, umbgekert wirdet? Niklas: Veit, das ist euch Ienischenzd gesaget. ir thuet im gleichwol zcuviel.
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Ditterich: Nikel, ob ir gleich auff ewrem teil dis fals bescheidener zefaren wolletze, so thuet ir ime doch auch zcuviel. was [221r] ist euch not angangen, das ir zfdas vorgangene iarzf die eleuation in euren kirchen abgestellet, darob sich mancher ergert. so wist ir auch, da etwan dergleichen luther zu wittemberg vorgenommen, wie die zurichschen solchs angezcogen haben und gleich daraus schlissen wollen, als weret ir von ewrer meinung abgewichen und sacramentirisch worden. gleich als glewbet ir nit mehe die gegenwertikeit des leibs und bluts christi in der heiligen eucharistien. dergleichen gedencken mochten noch manchen, der solche ewre unnotige und unbefugte newerung erferet, einfallen. Niklas: es szeind aber gleichwol viel misbrewche in die ceremonien eingeschlichen. Ditterich: die misbrewche, die in die ceremonien eingefallen, wolte ich die [221v] so wenig als ir loben. aber gleichwol solte ir derhalb die ceremonien nit eingerissen haben, dan einreissen tilget wol, aber es bessert nicht, so ist auch einreissen uber ewren gewalt. aber so viel die ceremonien bei den sacramenten antrifft und beuoraus die, so bei der tawffe eingefuret, haben gar eine feine bedewtung und dienen dahin nurent wol, das szie uns der krafft und wirckung der tawzb – zb S, fol. 128r – korr. aus: zcu deme das solche ordenungen nit von inen selbst die gewissen binden und also sie christlicher freiheit deste weniger zcuentgegen, gleichwol weil szie in der ordenung vorfast. da man die vorachtet ader mit ergernus ubertrit, kan solchs one vorleczung der gewissen nit geschehen. diesen bescheid hat es umb die vorordenten ceremonien. und sollen deste weniger voracht und eigenes gewalts wie von den ewren geschehen auffgehoben werzc – zc S, fol. 128v – korr. aus: so. zd S, fol. 128v – nachgetr. ze – ze S, fol. 128v – den. zf – zf S, fol. 128v – korr. aus: dis iar. korr. aus: faret.
4 was … thuet] CA Art. XXIV Von der Messe.
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ffe recht erinnern, zcu deme das szie bei der alten kirchen also herkommen, inmassen augustinus und andere veter statlich zcewgen, beneben deme, das szie an inen selbst garzg catholisch szeind. die fest und feiertage must ir auch lasszen gut szein, [222r] dan weil wir nit alle tage der hand arbeit uberig szein und dem gots dinst in gemein obligen mogen, szeind eczliche sondere tage darzcu vorgenommen und von der kirche geordenet worden.
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Niklas: die halten wir auch. Ditterich: Ja, welche?
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Niklas: weinachten, ostern, pfingsten, unszerer lieben frawen tage, so viel dero in der schrifft gegrundet szeindzh, und alle sontage. Ditterich: wurumb habet ir der aposteln fest ausgemustert? haben wir nit ursache, ire memorien und gedechtnus zcuhalten, [222v] gotte zcu dancken, das er szie so reichlich begnadet und zcubitten, das er ire interessen, die szie vor uns thun, erhore und uns gnade vorleihe, inen in allem gutem nachzcufolgen. der heilige augustinus schreibet also, so offt wir allerliebsten brudere der heiligen martirer feste celebriren, so hoffen wir also durch ire bit die zceitlichen wolthaten vordinen mogen. und haben solche feste gar ein alte ankunfft, dan man bfindet, das die kirche zcu schmirna irem ziheiligen undzi frommen bischoffe policarpo, [223r] der ein junger iohannis gewesen, ein solch fest und ceremonien ierlich gehalten habt, zjwie es in der ganczen kirche und die alten heiligen vetere ire gedechtnus gar schon herausser gestrichen haben.zj und weil die lieben vorstorbenen heiligenzk iczo bei christo leben und vor uns bitten, zlist nucz, das wir diesenzl begeren und got darneben anruffen, das es nit one frucht abgehe, sondern das er ir bitte erfare und mag uns solchs zcu gute kommen, auch zcu der zceit, wan wir got nit anruffen nach anruffen konnen, also das wir irer vorbitte genisszen, dan so die lebendigen vor die lebendigen fruchtbarlich got anruffen konnen, viel
zg S, fol. 129v – nachgetr. zh S, fol. 129v – gestr. zi – zi S, fol. 130r – nachgetr. zj – zj S, zk S, fol. 130r – nachgetr. zl – zl S, fol. 130r – korr. aus: sollen wir solchs. fol. 130r – gestr.
22 schmirna … policarpo] Polykarp, Bischof von Smyrna, Vgl. BBKL (1994, 809ff.).
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mehe konnen es die lieben heiligen im himmel thunzm, wie der [223v] heilige hieronimus (...) schreibtzn. Niklas: wue bleibet aber ewre anruffung? 5
Ditterich: solchezo henget dem an, dan mogen wir fruchtbarlich der vorbitte begeren, so mogen wir szie auch fruchtbarlich bitten, das szie solche vorbitte vor uns thun. 10
Niklas: wie kont ir solche bit one aberglawben thun? mest ir nit dadurch der creatur das zcu, was dem creatori und schepffer eigend? der kan allein der abwesenden bit und beger erkennen. [213r]zp Veit: Recht, Nickel, denck fort, due bist auff dem rechten wege.
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Ditterich: wie so ich beweisete, das solch erkentnus got nit alleine ime vorbeheldet, sondern auch den geschaffenen creaturen mitteilet, zqauff den fal wirdest due bekennen, das ich vorstorbenen geisteren der heiligen nit das zcumesse, welchs gotte eigent und die kirche gots nit straffen, das szie solche heiligen umb vorbitte bittet und zcethun als handel szie aberglewbisch, das szie solche heiligen umb vorbitte bitten.zq Niklas: du wirdest solchs schwerlich enden?
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Ditterich: wie dan, wan ichs endete? [213v] wolst due auff den fal gestehen, das die kirche in deme, das szie die geistere der vorstorbenen heiligen umb vorbitte bittet, nit aberglewbisch handele, und die ehere, so got eigent, den creaturen zcumesse?
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Niklas: wie konte ich wol voruber?
zm S, fol. 130r – nachgetr. zn S, fol. 130r – korr. aus: auff diese meinung macht. zo S, fol. zp Anschluss mit P1, fol. 213rff. durch die Verschiebung von 130v – korr. aus: szie. zq – zq P1, fol. 224r – gestr. Textteilen. P1. fol. 224rf. nicht vorhanden.
1 wie … ] „Dicis in libello tuo, quod dum vivimus, mutuo pro nobis orare possumus; postquam autem mortui fuerimus, nullius sit pro alio exaudienda oratio: praesertim cum martyres ultionem sui sanguinis obsecrantes, impetrare non quiverint (...) Si apostoli et martyres adhuc in corpore constituti possunt orare pro caeteris, quando pro se adhuc debent esse solliciti: quanto magis post coronas, victorias et trimphos?“ (Hieronymus, Contra Vigilantium Liber Unus, PL 23, 359).
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Ditterich: Nun zrdue gestehest one zcweiffel,zr das die Engele auch geschaffene creaturen szeind. Niklas: ich gestehe es. 5
Ditterich: nun gibet das euangelium, das szie im himmel der abwesenden menschen busse erkennen und sich darob frewen. Niklas: es ist ein ander ding mit den lieben engeln und den vorstorbenen heiligen. 10
[213ar] Ditterich: disfals ist kein underschid, dan teilt got den lieben engeln das mit, das szie der abwesenden bussze erkennen mogen, teilt er auch one zcweiffel solchs mit den lieben vorstorbenen heiligenzs geistern, das szie der abwesenden menschen gebete erkennen mogen. zcuforderst weil szie den engeln nun gleich und got von angesicht zcu angesicht anschawen, wie er ist und in ime, wie in einem spiegel aller ding, solchs und anders erkennen mogen. und damit ir deste weniger in diesem fal zcweiffeln moget, so erweget, was die schrifft des alten testaments von elizen meldet. nemlich das er, da er nach im fleische gewesen, erkant hat, was szein diener giezi abwesend thete, in deme das er das geschencke von dem syrischen naaman emphingezt. [213av] nun antworte, ist elizens ein engel gewesen? Nein, viel weniger ist er got gewesen und hat gleichwol szeines abwesenden dieners that erkennen mogen. hat nun solchs elizens dazcumal erkennen mogen, viel mehe werden es die lieben heiligen im himmel, die got stecz anschawen, ia, die dem lamb gots nachfolgen, wuehin es gehet, und an das iren geistlichen mundt legen, wie augustinus schreibet, und daraus gar viel ein volkomlichere erkantnus schepffen, durch gots vorleihung thun mogen. weil nun deme also, treget das bitten, welchs eczliche die anruffung der heiligen nennen, zuan ime selberzu keine faer, aber darauff wil gleich viel achtung zcugeben sein, was manzv und wie man bitte, dan dis [213br] fals kan man zcu viel thun und aberglewbisch handeln, als wan zwir bitetzw einen heiligen, das er euch ewre sunde vorgeben, rechtfertigen ader das ewige leben geben wolt. dan da wordet ir der creaturen zculegen, was dem creatori und schepffer eigent und geburet, aber wan ir sie bitetzx, wie andere menschen, so nach am leben szeind, euch zcuuorbitten, zysolchs hette szeine rechte masse in summa ir must szie also bitten,
zr – zr
zs S, fol. 131r – nachgetr. zt S, S, fol. 130v – korr. aus: wirdest due aber gestehen. zu – zu zv fol. 131v – korr. aus: name. S, fol. 131v – nachgetr. S, fol. 131v – gestr. zw – zw S, fol. 131v – korr. aus: man bittet. zx S, fol. 132r – nachgetr. zy – zy S, fol. 132r – korr. aus: habt ir rechte massze, da ir auch szie also anbetet.
6 das2 … frewen] Lk 15, 10.
18 nemlich … emphinge] 2 Kor 5, 20–27.
28 faer] Gefahr.
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nicht das irzy die hoffnung ewres heils in szie stellete, zzdan dis fals wordet ir aberglewbisch handeln,zz aber da aaair biten werdetaaa, das (sie) euch vorbitten wolltenaab und die hoffnung ewres heils aacauch anderer guten dinge, die ir begeret,aac nit in die heiligen, sondern in got, dero szie geben kan, aadstellen werdetaad, aaethet ir ime nit zcuviel.aae des bescheids [213bv] haldet euch und gehet die mittel, wan so wirdet ir ime wider zcu wenig nach zcu viel thun. zcu viel thetet ir ime, da ir die heiligen, inmassen wie berurt und aberglewbischer gestalt, wirdet anruffen. zcu wenig aber, da ir szie zcu bitten euch gewissen machen woltet, aafda ir euch doch keine machen soltet,aaf der heilige chrisostomus lobet den keiser, das er mit purpur bekleidet gehe zcu den grebern der martirer und sich szeines keiserlichen prachts entewssere und bittet sehende die heiligen, das szie in bei got vorbitten, daher dan auch die gancze kirche aagund christenheitaag, die ie nit irren kan, solche bit [213cr] in ire gewonliche letanei und andere gebete geschlossen und in algemeiner ubung auff uns gebracht hat, welchem gebrawch die alten unszere lerer und heiligen veter schone gezcewgnus geben, als origenes, basilius, nazanzenus, chrisostomus, augustinus und viel andere mehe. nun wollet bei euch selbst bedencken, ob es nit besser szei, euch in dieszem und anderm mit der algemeinen kirche zcuuorgleichen, dan zcu denen, welche inen ein sonderlichs machen und spaltungen anrichten, zcugesellen.
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Niklas: ist es dochaah vonnoten, umb solche vorbitte anzcusuchen, gleich als konten wir sonsten bei got nit gnade finden?
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Ditterich: nein, [213cv] lieber Nickel, so weit gehen wir nit. wir haltens, das wir auch bei got one einichen vorbitter mogen gnade erlangen derhalbaai. aber wan wir die vorbit gebrawchen wollen, aajunderlasszen wir nit,aaj got, auff welchen al unszere trost und hoffnung stehet, anzcuruffenaak, und folgenaal in deme eben der algemeinen kirchen. dan wan die in iren litaneien gebeten hat, summaria bit vor uns s. peter, bitte vor uns, so keret sie sich zcu got und spricht: her, bis uns gnedig, vorschone unszerer herre. aamund lassen die bitte, so zcu got gerichtet ist, uns
zz – zz
S, fol. 132r – korr. aus: thet ir ime aber zcu viel und machet aus inen einen abgot. aab S, fol. 132r – nachgetr. aac – aac S, fol. 132r – S, fol. 132r – korr. aus: bittet. aad – aad S, fol. 132r – korr. aus: stellet. aae – aae S, fol. 132r – korr. aus: hat es gestr. aaf – aaf S, fol. 132r – gestr. aag – aag S, fol. 132v – korr. aus: abermals eine rechte massze. aah aai des orients und occidents. S, fol. 132v – nachgetr. S, fol. 133r – nachgetr. aaj – aaj S, fol. 133r – korr. aus: das wir. aak S, fol. 133r – korr. aus: auch anruffen. aal S, aam – aam S, fol. 133r – korr. aus: und ob gleich die bitte, so wir zcum fol. 133r – nachgetr. heiligen stellen, an ir selbst unnotig, so ist szie uns gleichwol dinstlich und reicht zcu meherer ehererbitung gots. derhalb sal szie deste weniger vorachtet werden. aaa – aaa
11 entewssere] entäußere.
C4.4 Das vierde buch - von der einikeit der kirche
notwendig sein, aber die bitte, die wir zcun heiligen stellen, nit notwendig, aber gleichwol nuczlich sein, weil sie zcu meherer ehererbitung gots reicht. derwegen sal sie deste weniger vorachtet werden.aam Nun damit ich fort fare, sage ich, aanso vielaan das gedechtnus der vorstorbenen, die nach nit im himmel und auch nit in der helle szeind, belanged. weil solche gedechtnus ex traditione (...) hergeflossen und denselbigen nuczen mogen, wie der heilige chrisostomus schreibet und der kirchen dogma, dauon ich hiebeuorn meldung gethan, mitbringet, wolte es gar ungutig szein, da es nachpleiben solte. und moget derhalb bedencken, mit was fuge solches bei euch abschafft. warlich, wue man der vorstorbenen nach irem begrebnus nit mehe gedenckt, so hat es [225r] fast das ansehen, als szeind ire leib und seele mit einander gestorben. darumb irs wol bei deme, welchs die aposteln und gemeine kirche eingefuret, mochtet bleiben lasszen. dan ir werdet es doch nit besszer machen, aaozcu deme das ewer luther geschriben, das man eczlich mal vor szie bitten mag.aao ich komme nun auff die geseczten fast tage. und weil solche zcu casteiung des fleischs und also zcu christlicher besserung geordenet, solten szie von niemands angefochten werden. und damit ir nit dencken dorffet, als wolle man durch diese constitution der kirchen einen strick anwerffen und der lewte gewisszen zcuaap hart beschweren, so hat szie gar viel milterungen und bindet nit die alten, schwachen, kinder aaqund dergleichenaaq (...), krancken. zcu deme [225v] bindet szie gewissen ausserhalb oberzcelt zcweier felle das scandali und vorachtung nit, wie dan andere constitutiones auch nit thun, inmassen ich oben angezceiget habe. was aber den gebottenen colibat der geistlichen antrifft, der ist wol etwas schwerer, aber gleichwol nit unmoglich, aarsonsten und one das werde christus nit gesaget haben, das eunuchen szeind, die sich von wegen des reichs der himmele selbst castriren. so sprichtaar Paulus, wer one weib ist, bekommert sich umb die dinge, welche des herrens szeind, wie der dem herren gefalle. wer aber ein weib hat, bekommert sich umb die dinge, so der welt szeind, wie er szeinem weibe gefalle, und ist zcutrennet, weil dan nun die, welche unbeweibt szeind, etwas aasmehe beqwemikeit habenaas, ire [226r] kirchen emptere zcuuorrichten dan die ihenigen, welche weiber haben, hat die christliche kirche vor alters die ordenung gemacht, auff das die geistlichen maiorum ordinum solten one weiber und kewsch zcu ider zceit leben, weil szie gots dinste teglich obzculigen schuldig. und wiewol am anfange die geistlichen, dieaat ehe dan szie geweihet waren, weiber genommen, in solcher ehe bleiben mochten, so hat man doch denen, aan – aan S, fol. 133r – korr. aus: was. aao – aao S, fol. 133v – nachgetr. aap S, fol. 133v – korr. aaq – aaq S, fol. 133v – nachgetr. aar – aar S, fol. 134r – nachgetr. aas – aas S, fol. aus: so. aat S, fol. 134r – korr. aus: welche. 134r – korr. aus: geschickter szein.
25 werde … castriren] Mt 19, 12.
27 wer … zcutrennet] 1 Kor 7, 32–33.
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welche geweihet, nicht nachgelassen, das sie heuraten mochten, zcihe mich in deme auff die alten canones und auff die alte tradition der kirchen, welche paschutius in nicenischen [226v] concilio angezcogen hat, inmassen sozomenus in ecclesiastica historia meldet. und da villeicht einer meinet, das diese constitucio schwerer szei, dan das er szie ertragen moge, der gedencke, das bei zceiten der aposteln ein gleiche constitucion auffkommen waraau, nemlich das den witfrawen, so zcum dinste der heiligen geordent waren, kewscheit zcuhalten, auffgeleget worden. und wiewol der heilige paulus bedachte, das solche constitution und ordenung den jungen witfrawen wurde schwer fallen, und wolte derhalb, das keine vor dem sechzcigiste iare ires alters angenommen wurde. gleichwol zceiget er an, daaav eine sich in iren jungern iaren in [227r] der kirchen dinst begeben und zcur kewscheit vorbunden, so sundige szie und bschwere ire gewissen, wan szie breche. dadurch gibet der apostel zcuuorstehen, das die kewscheit in einer solchen witwe gewalt stehe, wue szie nurent selber wil. dan solte es in irer gewalt nit stehen, so wurde das von ir erfordert, welchs szie nit ertragen konte. daraus wolte folgen, das szie got weiter vorsuchen lisse, dan sie erbringen konte, so szie dochaaw durch den [227v] heiligen geist in apostolischer schrifft aaxeines bessern vortrostet worden.aax weil dan der her in allem deme, welchs er uns durch sich und szeine aposteln vorsprochen, getrawe ist, one zcweiffel die kewscheit in dero ihenigen, welche sich darzcu vorbunden, gewolt, so fern szie die gnade gots disfals nit selber und mutwilliglich ausschlahen, welchs chrisostomus und augustinus vor tawsent iaren gehalten. und ist der grosse mangel dieses fals [228r] an denen, welche sich zcur kewscheit vorpflichtet und ir leben dermassen nit anstellen, das szie kewsch leben mogen. es gehoret darzcu messikeit, casteiung des fleischs, arbeit, meidung aller uppikeit und das man mit weibs personen nit zcu viel gemeinschafft habe. item das man got von herzcen und embsig anruffe, das er uns durch szeinen geist in der kewscheit erhalte. wan unszere clerisei also lebte, wurden wir one zcweiffel viel meheaay kewscher prister haben. Niklas: wue findet man aber solche prister? Ditterich: du wirdest inenaaz die gnade gots nit vorsagen. man findet ir nach one zcweiffel hin und wider viel.
aau
aav S, fol. 135r – korr. aus: ob gleich. S, fol. 134v – nachgetr. aax – aax aus: dan wir. S, fol. 135r – korr. aus: vortrostet szein. aaz S, fol. 135v – korr. aus: ia. nachgetr.
aaw
S, fol. 135r – korr. S, fol. 135v –
aay
3 sozomenus … historia] Salamanes Hemeias Sozomenos, griech. Kirchenvater im 5. Jh., Vgl. BBKL (1995, 860– 863). 11 da … breche] 1 Tim 5, 11–12. 19 getrawe] treu.
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C4.4 Das vierde buch - von der einikeit der kirche
Niklas: were es aber nicht besser, weil man sihet, wie der [228v] gemeine hawffe lebet, man gebe in weiber, dan das man irem hurenleben nachsehen sal? Ditterich: wan man fraget, welchs besser szei, zcu heiraten ader im herren leben, zcu ligen, antworte ich nach apostolischer laer und der regel der vornunfft, das besser szei zcuheiraten. wan man aber fraget, welchs besser szei, zcuheiraten ader kewsch zu leben, antworte ich nach apostolischer laer und den dogmaten algemeiner kirche, das besser szei kewsch zculeben. und weil dan die berurte constitution de coelibatu sich hirauff grundet, kan ich sie nit tadeln. und wan ich einem geistlichen nach zcur zceit rathen solte, so wolte ich rathen, das er deste gestrenger [229r] lebte, damit er seinen coelibat halten mochte, weil er one vorleczung szeiner gewisszen den nit brechen kan, wie aus oberregter authoritet des apostels erscheinet und luther etwan selber bekant hat. aber gleichwol wan es zcu einer ordentlichen handelung eines concilii qweme, welchs dan iczo vor der thor, so wolte ich aus deme, das man gleichwol emphindet, wie boslich icziger zceit der coelibat bei der vorfallenen kirchenzcucht gehalten wirdet, rathen, das man den geistlichen die ehe zculissze, damit den gewisszen zcu dieser zceit deste besser gehulffen worde, [229v] nicht das die ehe wegerer szei dan die kewscheit, sondern das die ehe besser szei dan die hurerei; nicht das ein geweiheter prister die keuscheit nit halten konne, sondern das es schwer ist und irer viel in deme kampff, der sich darobaba zcutreget, uberwunden werden, [230r] wie wir leider teglich erfaren. aber gleichwol wolt ich, das man in der kirche der kewscheit ire prerogatiua nit gar abschnitte, sondern in stiefften und clostern die bleiben lissze, auff das dem jouinianismo, welcher etwan die ehe der jungfrawschafft gleich stelte und der icziger zeit von newest eindringet, nit rawm gebe. zcu deme das sonsten auch, da man dem closter und stieffts personen die ehe nachlassen werde, daraus allerlei unrichtikeit und beschwerung erfolgen wolteabb und die art solchs lebens die beiwonung der weiber nicht abcleiden wilabc. Niklas: in deme bist due gleichwol etwas milder, ditterich. Ja, wie aber mit der communion [230v] under beiden gestalt? gestern wolst due nit nachgeben, das solcher gebrawch notig were, sondern stelst due in freihe. dabei wirs die zceit wenden lasszen.
aba
S, fol. 136v – korr. aus: hirbei. – korr. aus: leidet.
abb
4 wan … zculeben] 1 Kor 7, 1–2. von Trient (Jan. 1562–Dez. 1563). 198v.
14 concilii] Vermutlich 3. Tagungsperiode des Konzils 24 jouinianismo] Siehe Anm. zu P1, fol. 39v und fol.
S, fol. 136v – korr. aus: werde.
abc – abc
S, fol. 136v
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Ditterich: ja, ich stalt es also freihe, das gleich wie der orient beider gestalt geniessen mochte. also solte auch dem occident freihe stehen, das sacrament under einer gestalt zcuemphahen, wie dan ein teil das andere bis daher szeines sinnes hat walten lasszen. aber damit ir bfinden moget, das ich zcur milterung in dingen, so sich miltern wollen lasszen, geneigt und nit gerne unnotig gezcencke wolte helffen stercken, so las ich mir gefallen, das durch ordentliche wege eines concilii dieser punct allen christen freihe gestellet werde, alsoabd das [231r] ein ider des heiligen sacraments des altars under einer ader beider gestalt genisszen mochteabe und keiner den andern darob richte, damit das sacrament der einikeit wider die christliche einikeit und liebe nit gemisbrawcht werde und andere irsal, davon ich gestern auch meldung gethan, mogen vormiden bleiben. Niklas: den weg konte ich mir auch gefallen lassen.
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Veit: Ich auch. Ditterich: auff das ich nun zcum beschlus greiffe, weil ich die punct fast alle, die bei gegenwertigen spaltungen in zcweiffel gezcogen werden, etwas kurcz und doch mit gutem grunde ausgefurt, [231v] also da ir vornemen moget, wes ir euch in der streitigen religion halden sollet, damit ir ime nit zcuviel ader zcu wenig thuet. so ermane ich euch durch die barmherczigkeit gots. wollet es bei deme bleiben lassen und euch wol vorsehen, das ir nit weiter gehet, dan in religion sachen mus man gar bescheiden faren, weil man sich darinnen leicht vorgreiffen mag. dionisius, der hochgelerte bischoff zcu alexandria, that dem gifftigen keczere Basilide einen trefflichen widerstandt. und wiewol er derselbtenabf keczerei statlichabg widerlegte, [232r] so worde er doch so hiczig im disputiren, das er etwas weiter ginge, dan ime vonnoten war und daruber den arianischen irsal vorursachte. daher schreibet der heilige Basilius, das wie ein gertner, der sich understehet ein krommen zcweig zcubigen, das er grade wurde, da er den zcu geschwinde bige, solchenabh zcweig auff der andern seite so krom machte, als er vorhin geweszen. gleichergestalt habe sichs mit dionisio auch zcugetragen, das er Basilides keczerei auffgehoben und dargegen eine andere eingefuret, die nit geringer und ist nun dis dionisio, abiso einem trefflichen Bischoffe,abi widerfaren. [232v] wie viel leichter hat es Luthero und szeinen mitgesellen begegnen mogen. abd S, fol. 137r – nachgetr. abe S, fol. 137r – korr. aus: moge. abf S, fol. 138r – korr. aus: abg S, fol. 138r – nachgetr. abh S, fol. 138r – korr. aus: den. abi – abi S, fol. 138r – szeine. nachgetr.
17 beschlus] Abschluss. 24 dionisius … alexandria] Vgl. BBKL (1990, 1318ff.). | keczere Basilide] vermutlich Basilides, Gnostiker, 2. Jh. 29 krommen] krummen. | zcubigen] zu biegen.
C4.4 Das vierde buch - von der einikeit der kirche
weil szie so gar hiczig gewesen und nach szeind und so grosse neigung haben zcur newerung, also das szie sich selbst darob gespalten und weil man bfindet, das die kirche gots daruber nicht gebessert, sondern abjin viel wege erger gewordenabj, so mochte man wol von Luther abkund sein iungern sagen, wie in vorzceiten Basilius von dem Dionisio so hat und weiland konig franciscus zcu francreich von luthern gesagt, nemlichabk [233r] wie einer so eine lame messerklinge wolte gerade machen und boge szie auff die ander seite gar zcu seher und dergestalt, das sie auff der andern szeite nit weniger krom wurde, dan szie auff der ersten gewesen, abldadurch der klinge nicht geholffen, so truge sich mit luther auch zcu.abl dan ob es wol luthers vornemen anfenglich das ansehen gehabt, als wolte er die kirche helffen reformiren, ist er doch mit einem solchen ungestumikeit darein gefallen, das er die kirche nit alleine nit reformiret, sondern dieselbtige in viel wichtigen puncten deformiret hat und viel schlimmer, dan szie zcuuorn ieabm gewesen, gemacht, wie aus gethanem meinem einfaltigen doch warhafftigen bericht und aus allen umbstenden vornemen konnet. deste mehe wil euch geburen, das ir euch der von mir vorgeschlagenen mittel und [233v] wege haltet, und gehet die von mir gezceigten alten wege, darinnen ir nach prophetischer vortrostung ruge ewren seelen finden moget. abnwie ir dan nit besser thun konnet.abn
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Niklas: war ist es, ich habe an artickel der aborechtfertigung und was deme anhangetabo keinen mangel, desgleichen auch nit an der laer von den sacramenten und dem opffer des altars, desgleichen von den dogmaten und den kirchensaczungen. und mag sagen, das due mir die dinge viel anders erkleret, dan wie ich vorhin berichtet bin worden. [234r] abpich finde, das due deine schlusrede wol grundest, bin ichabp mit dir allenthalb zcufriden, dancke got, dem almechtigen, das er dir die gnade vorligen. Veit: ich bin der meinung auch und finde aus deinem bericht, das die unszern auffgeblasenem gemuteabq viel zcu weit gehen und die kirche, welche szie reformiren solten, abrgancz und garabr deformiren, ia, auch absdas szie die alte ware kirchenabs gerne umbstossen und eine neben capella an ire stadt bawen abqaus
abj – abj S, fol. 138r – korr. aus: trefflich geergert worden. abk – abk S, fol. 138v – korr. aus: sagen, wie etwan weiland konig franciscus zcu franckreich gethan, das er luther thete. abl – abl S, fol. 138v – korr. aus: damit were aber der klingen nichts geholffen. abm S, fol. 138v abn – abn abo – abo abp – abp S, – nachgetr. S, fol. 139r – gestr. S, fol. 139r – korr. aus: laer. fol. 139r – korr. aus: und weil die unszern so streitig under einander szeind, hette ich euch in abq – abq S, fol. den und auch in andern dingen den rechten grundt nit fasszen und bin also. abr – abr S, fol. 139r – gestr. abs – abs S, fol. 139v – nachgetr. 139r – gestr.
5 franciscus … francreich] Franz I. von Frankreich, 1494–1547.
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wollen, welchs doch in irem vormogen nit stehet. darumb wil ich hinforder, so fern mir got gnade vorleihet, zcu der alten und catholischen kirche halten.
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[234v] Ditterich: hirzcu und zcu allem deme, was uns gut szein mag, vorleihe uns got, der almechtige, durch abtchristum, szeines lieben son,abt seine gnade. abudem sei lob, ehere und preis in ewigkeit.abu amen.
abt – abt
S, fol. 139v – nachgetr.
abu – abu
S, fol. 139v – gestr.
C4.5 Das andere buch
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C4.5 abvDas andere buchabv [1] und weilabw die angezceigte zcwene grunde, dorauff das gancze gebewde christlicher laer zcuseczen, durch gute clare sprache der schrifft bekrefftiget werden, nemlich das wir uns in uns demutigen und in christo dargegen auffrichten und rhumen sollen, also das wir mit dem heiligen dauid von herczen sagen mogen: abxnit uns, herre, nit uns, sonder abydeinem namenaby gebe die eher,abx so stelle ich in keinen zcweiffel, [2] ir werdet abzeuch solche grunde gefallen lassen und die keinen wegs fechtenabz.
Ditterich: wie solten wir die fechten, weil unszere confessions vorwanten diesen grundt selber legen und dorauff vil bawen. und wirdest derhalb bekennen, das ir und die ewren solche grundt von den unszern emphangen und das die ewern, welche zcum mehern teil auff sich und ire gute werck bawen und sich deroselbtigen mehe dan der gnade gots trostenaca, solche christliche und wolgegrunte meinung von den unszern genomen.
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Eusebius: warlich, lieber Ditterich, das die berurte meinung nit von euch erfunden, sonder erstlich [3] vor viel hundert jarn von unszern alten heiligen lerern an tag gegeben und wol erkleret wordenacb, solchs kan leicht bewiszen werden. 20
Ditterich: accLas horen, wie.acc Eusebius: Ambrosius saget: der uberwindet, welcher die gnade gots hoffet, nit die, welche auff ire eigene tugent vortrawen. Hieronymus, der sunder, sal nit an szeinem heil vorzcweiffeln. so sal auch der gerechte sich auff szeine tugend nit vorlasszen, auch [4] due salst acddich nit anmassenacd des acegotlichen reichsace aus deiner gerechtikeit. desgleichen salst auch vormessentlich sundigen von wegen der barmherczigkeit gots, leo magnus, due salst dich nit deiner gerechtikeit abv – abv P2, pag. 1 – von anderer Hand. abw P2, pag. 1 – korr. aus: wiewol. abx – abx Siehe aby – aby P2, pag. 1 – korr. aus: dem herre. abz – abz P2, pag. 2 – korr. aus: die P1, fol. 108v. aca P2, pag. 2 – korr. aus: rhumen. acb P2, pag. 3 – korr. aus: ist. meinung nit fechten. acc – acc P2, pag. 3 – korr. aus: las horen, was ewere doctores von dingen schreiben. acd – acd P2, pag. 4 – korr. aus: nit vormessen sein. ace – ace P2, pag. 4 – korr. aus: reichs gots.
6 nit1 … eher] Ps 115, 1. 10 unszere … vorwanten] Anhänger der Confessio Augustana. 23 Ambrosius saget] auf dem Rand ergänzt: de exit theodosii. | der … vortrawen] Obit. Theod. „Ille vincit, qui gratiam dei sperat, non qui de sua virtute praesumit.“ (CSEL 73, 383), Vgl. auch Biermann (1995). 24 der … vorlasszen] Pflug selbst vermerkt auf dem Rand Ad geruntiam de monogamia. Dort: „(...), ut nec peccator desperet salutem nec iustus in sua uirtute securus sit.“ (CSEL 56, 90). 28 leo magnus] Leo I., Papst, Vgl. BBKL (1992, 1425–1455).
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halber des heils vortrosten. es sal auch nimand vorzcweiffeln an der barmherczikeit gots. sehet, wie fein acfvorgleicht sichacf alhie die tradition der vetere und der kirchen mit der schrifft. im hieremia stehet geschriben, das der vormaledeiet szei, der szeine hoffnung in menschen seczet, und hinwider das der gebenedeiet szei, der dem herrn vortrawet, [5] danacg ein ider sal ime selber die uneher aus rechter demut zcumessen und alleine got die eher geben und sich alleine in der barmherczikeit und den uberaus heilwertigen vordinsten christi achtrosten undach rhumen. daher gehet nun der spruch acides apostelsaci, aus ime szeid ir in christo iesu. der do uns gemacht, ist die weisheit von got, die gerechtikeit, heiligung und erlosung, wie da geschriben stehet, auff das ein ider, welcher sich rhume, ime hern rhume. [6] item wer sich rhumet, der rhumet sich im herrn. dan nit der, welcher sich selber rhumet, ist got angeneme, sondern der, welchen der herre rhumet. dis szeind nun die rechten grundtfesten, darauff eines iden christen heil stehet und ruget, dan es wil einem iden vonnoten szein, das er sich in allem szeinem thun und lassen zcu gleiche in ime selber ernidrige und demutige und in got rhume und troste,acj dan diese eher eigent gotte und in deme, das wir uns in ime, deme herren, rhumen und ime vortrawen, halten wir in vor unsern got und [7] unszer hochstes gut.ack aclund damit ich darthue, wie wir zcu unszerer notdorfft in unszerm ganczem leben uns nach den berurten regeln und grunden richten mogen, so last uns erstlichacl bedencken, wie wir mit gotte, den wir erzcornet, mogen ausgesunet und aus szeiner ungnade in die gnade kommen mogen, zcum andern, da wir in die gnade gots eingetreten, wie wir darinnen bleiben und acmbis an unszer endeacm vorharren mogen, zcum dritten, wan wir aus solcher gnaden gefallen, wie wir wider darein mogen geseczt werden. in diesen dreien puncten mussen acnwir grundtlichen bericht haben, sollen wir anders selig werdenacn, [8] acodan one die wolte es uns in sachen, so zcu unszerm heil vonnoten, mangeln, deste mehe sollen wir uns bevleissigen, das wir in denen guten, satten und gruntlichen bericht erlangen und haben mogen.aco Timotheus: recht. fur nun einen der erzcelten punct nach dem andern aus und las sehen, wie wir nun in den nach den von dir gesaczten regeln uns richten und wie acf – acf
acg P2, pag. 5 – korr. aus: und das wir uns. P2, pag. 4 – korr. aus: stimmet. aci – aci P2, pag. 5 – nachgetr. acj P2, pag. 5 – gestr.: nach P2, pag. 5 – nachgetr. ack P2, pag. 7 – gestr.: und erstlich erfordert dieser regel thut sich ein ider zcu richten–. acl – acl P2, pag. 7 – nachgetr. acm – acm P2, pag. 7 – unszere notdorfft, das wir–. – acn acn P2, pag. 7 – korr. aus: wir berichtet szein, solllen wir anders selig–. nachgetr. aco – aco P2, pag. 8 – gestr. ach – ach
3 das … vortrawet] Jer 17, 5–7. 5 ime … uneher] sich selbst herabsetzen. 8 aus … erlosung] 1 Kor 1, 30. 10 auff … rhume] 1 Kor 1, 31. 11 wer … rhumet2] 2 Kor 10, 17–18. 14 ruget] ruhet. 15 ime] sich. 16 eigent] gebührt.
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wir erstlich aus der ungnade gots, so wir in der stehen, zcu der gnade kommen mogen. Eusebius: Wol. 5
[9ar] Ditterich: ob gleich die ernewerung einen christen menschen vonnoten, mogest due doch mit der vor dem gerichtstuel christi nit bestehen,acp angesehen das die mangelhafftig, ia auch, das der, welcher die eingegosszene heilikeit hat, one sunde nit lebet. daher der heilige ioannes schreibt, acqdas der, welcher da saget, das er keine sunde lebe, sich selber betruge und in ime die warheit nit szei.acq aus der ursache schewet der heilige david vor dem gerichte gots, da er sprach: herre, [9av] gehe mit deinem diener nit ein in das gerichte, dan vor deinem angesicht wirdet kein lebendiger gerechtfertiget, bestehet nun unszere ernewerung und heiligung acrund eingegossene gerechtikeitacr in dem gerichte gots nit, so kan sie zcur christlichen gerechtikeit ie nit gehoren. Eusebius: wan due einen menschen fundest, welcher alleine ernewert werde und darneben nit ausgesunet, mit der gerechtikeit christi bekleidet und [9br] eine kind gots wurde, wie doch eins one das andere nit szein mag, so mochte die etwas ursache haben zcu diesen bdencken. aber weil wir zcugleich ausgesunet, ernewert, mit der gerechtikeit christi bekleidet und kindere gots werden, so kan man unszere ernewerung von der rechtfertigung, ia von der christlichen gerechtikeit nit ausgeschlossen [!]. darumb schreibet ioannes, acsdas der gerecht szei, welcher die gerechtikeit thue,acs ia ein solcher mensch mag mit dieser seiner eingegossenen heilikeit und gerechtikeit vor dem gnedigen stuel bestehen, da er dan die belonung szeiner werck [9bv] emphehet. daher schreibet paulus: wir mussen alle erscheinen vor dem gericht stuel christi, auff das ein ider belonung emphahe der dinge, so er durch szein leb geubet, es szei gut ader bos. aber damit ir in diesem fal rechten bestand bekommet, so sollet ir wissen, das das gericht gots zcweierlei szei, als das gesecze, welchs one barmherczikeit gehalten wirdet. vor dem gerichte kan keiner bstehen und das, welches aus barmherczikeit, die uns christus erworben, gehalten wirdet, und vor deme konnen die heiligen nit alleine bestehen, sondern [9cr] auch belonung irer guten thaten erlangen, dan also meldet der heilige paulus: actich werde auffgeopffert und die zceit meiner aufflosung ist da. ich habe einen guten kampff gestritten, den lawff habe ich volbracht, glawben acp P2, pag. 9ar – gestr.: aus der ursache hat david eine abschew–. acq – acq Siehe P1, fol. acs – acs Siehe P1, fol. 99v. act – act Siehe P1, fol. 108r. acr – acr P2, pag. 9av – gestr. 80r.
9 das … szei] 1 Joh 1, 8. 12 herre … gerechtfertiget] Ps 143, 2. (Ps 142). bekleidet] Eph 4, 24. 23 das … thue] 1 Joh 3, 7. 26 wir … bos] 2 Kor 5, 10. lieben] 2 Tim 4, 6–8.
21 mit … 34 ich …
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habe ich gehalten. Nun ist mir die crone der gerechtikeit vorbereitet, die mir der herre vorgelten wirdet, der gerechte richter und nit mir alleine sondern auch denen, so szeine zcukunfft lieben.act alhie sehen wir, das got die werck unserer ernewerung mit der crone der gerechtikeit belonet. deste weniger sollen wir zcweiffeln, das die ernewerung, acuheiligung und eingegossene gerechtikeitacu zcur gerechtikeit eines christlichen menschens gehoren, [9cv] auch in denen, welche kinder gots szein, in dem milden gericht gots bestehen mogen. aber nachdem gleichwol solche heilikeit und gerechtikeit in diesem leben ire gancze volkommenheitt nit erreichen und der mensch neben der mit allerlei schwacheitt und gebrechen nach beladen wirdet und one tegliche sunde nit lebet, wie ioannes schreibet, auff das er in christlicher demut deste leichter erhalten werde, so ist auch gleichwol das war, welchs der heilige augustinus schreibet: ipsa quoque nostra iustitia, quamuis uera sit iustitia propter ueri boni finem, ad quem refertur, tamen tanta est [9dr] in hac uita, fragilitasacv, ut pocius remissione peccatorum constet, quam perfectione uirtutum. testis est oratio tocius ciuitatis Dei, quae peregrinatur in terris. per omnia quippe membra sua clamat ad Deum: dimitte nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris. (...) Magna quidem in multis est excellentia sanctis, quorum animos superi gratia roris alit. sed dum mens quaedam patitur mala corporis aegri, et pugnam interius exteriora movent; numquam ita perfecto capitur victoria bello, vera ut securus pace fruatur homo. inter discordes motus contagia serpunt, ipsaque virtutum gaudia vulnus habent. ut faciat cunctis longa experientia notum, non esse hoc plenam tempore iustitiam: ni dominus miserando lavet delicta suorum; et dans virtutum munera, det veniam. [9dv] aus diesen spruchen der vettere kan man leicht abnemen, wurauff der kirchen tradition, welche gar sewberlich und grundtlich aus der schrifft gezcogen, ruhe, nit das die heiligung und eingegosszene gerechtikeit zcur christlichen gerechtikeit nit gehore, sondern das szie nit die gar volkomliche gerechtikeit szei, und das der heilige mensch also auff ertreich nach teglich umb vorzceihung szeiner sunde zcubitten habe und sich vor gotte demutigen solle. [9] also wil ich einen menschen vor mich nemen, der zcu szeinem vornunfftigem alter kommen und wil diesem gelegenheit erwegen, acwdan von den kindern,acw die durch die tawffe zcu got gebracht werden, ist es unnotig alhie zcuhandeln, dan was die betrifft, wil ich bei dem sacrament der tawffe handeln, dahin es dan gehoret, damit ich nit eines ums andere schlage und mich in dieser meiner rede selber auffhalte. acu – acu
P2, pag. 9cr – nachgetr.
acv
P2, pag. 9dr – nachgetr.
acw – acw
Siehe P1, fol. 66r.
10 und2 … lebet] 1 Joh 1, 8. 12 ipsa … nostris] De civitate dei, XIX, 27. Vgl. PL 41, 657. 16 dimitte … nostris] Mt 6. 17 ] eine Zeile schwer lesbar: huc etiam (...) propter. Magna … veniam] S. Prosperi Aquitani, Sententiarum ex operibus S. Augustini Delibatarum, Liber unus, XC (PL 51, 525f.). 28 nach] noch.
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Timotheus: Wir lassen uns die meinung gefallen. Eusebius:acx Der mensch, welcher zcu szeinen [10] vornunfftigen iaren kommen acyund in gots ungnade stehet, der mus vor allen dingenacy seine sunde und missethat erkennen, sich vor got demutigen und bedencken, das er den zcorn gots und die ewige vordamnus wol vordienet und sal ime [11] szeine begangeneacz sunde, dadurch er got erzcornet, von herczen berawhen, mit einem gutem vorsacz die hinfurder zcumeiden und wan sich nun der durch die demut der busse dermassen ernidriget adanach der gestalten regelada und betrachtet, das er der barmherczikeit gots zcum hochsten bedorffe und one die als die rechte arczenei szeines heils nit getrawen mag, adbwelcher nun dermassen vor gotte gedemutiget wirdet, der sal vormoge der andern regeln sich die vorheischungen gots trosten und auffrichten lassen,adb [12] also das szie nit in szeinem vordinste, sondern in tewern vordinsten christi szein vortrawen stellen und sich nicht weniger in dem trosten und rhumen, als er sich in selbst adcgancz und gar darnider schleget undadc demutiget. durch den weg kommt er zcur gnade und barmherczikeit gots, emphehet vorgebung unszerer sunde und wirdet bei got ausgesunet. er wirdet auch alsdan in szeinem herczen durch den heiligen geist ernewert, frei und heilig und zcum guten geneigt und wirdet zcugleich ein kind gots und erbe nach der hoffnung des ewigen lebens, [13] wie er dan alsbaltadd den zcutrit zcum ewigen leben adeals ein kind und erbe christi bekommetade. und neben dieser hochen bgnadigung so widerferet dem menschen, welcher adfalso von got bgnadet wirdetadf, die volkomlichste gerechtikeit christi, so er am stammeadg des creuczes auffgerichtet, mitgeteilt wirdet und er dero, als were szie szein eigen, genissen mag, auff [14] das, weil er zcu einer solchen gar volkommen gerechtikeit wie die ursprungliche gewest, nit ernewert, sondern mit allerlei mengeln nach behafft bleibet, auch aus solcher gebrechlikeit one tegliche sunde alhie auff ertreich nit lebet, das er des, so ime an seiner eingegossenen gerechtikeit abgehet, in der geschenckten und mitgeteilten gerechtikeit christi erholen mag, gleich als were er gancz unschul-
acx Zum Menschen, der aus Gottes Gnade gefallen ist, siehe P1, fol. 71vf. acy – acy P2, pag. 10 – korr. aus: wan er nach emphangener gnade gots wider fellet und durch szeine missethat den hern erzcornet, welchs sich dan nach der tawffe pfleget zcuzcutragen, angesehen das die acz P2, pag. 11 – gestr. kinder tawffe in unszern kirchen wie sich geburet, stad findet. ada – ada P2, pag. 11 – nachgetr. adb – adb P2, pag. 11 – korr. aus: wie nun die durch die gnade des heiligen geists gedemutiget worden, so mogen sie sich eben durch dieselbtige gnade wider adc – adc P2, pag. 12 – nachgetr. add P2, pag. 11 – gestr.: und ehe der auffrichten lassen. – ade ade P2, pag. 13 – korr. aus: nit weniger als die, welche lange in gehorsam vorstorben. adf – adf P2, pag. 13 – nachgetr. und korr. aus: gerechtfertiget und aus der gots gelebet. adg P2, pag. 13 – nachgetr. ungnade gots in die gnade geseczt wirdet.
7 berawhen] bereuen.
19 erbe … lebens] Tit 3, 7. (Röm 8, 17).
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dig. Daher schreibet der heilige paulus, adhdas christus, welcher keine sunde gethan, sich die sunde vor uns gemacht,adh [15] auff das wir (als die der gar volkommenen gerechtikeit mangeln) die gerechtikeit in ime werden, welcher uns in unszerem herren christo wider alles erschrecken des gewissens einen herlichen trost bringet, wir uns auch deste mehe im herrn trosten mogen. und die erzelten herlichen wolthaten adiund bgnadigung christiadi emphahen wir alle zcugleich,adj wie man die so wenig als man christum teilen mag. und die emphehet der mensch alle sampt, wan er in in glewbet, das ist, wan er nun wirdet die hoffnung in der hoffnung nach dem exempel Abrahae glewben, wie der heilige paulus meldet, adknemlich hoffnungadk wider die unszers vordinsts in [16] der hoffnung der vorsprochenen barmherczlikeit gots und der tewren vordinste christi, dessen wir dan durch icztberurten glawben teilhafftig werden adlund christum selber eben durch einen solchen glawbenadl anzcihen und uns zcu unszerm heil allenthalb nucz machen. weil nun dem allem also, bfindet sich klar, das ein ider, welcher gots gnade erlangen wil, sich erstlich durch ware demut der bussze von szeinen sunden, welcheadm in gots zcorn underworffen, abwenden und sich durch berurten glawben [17] zcu gotte keren und szeiner barmhercikeit adnund den vordinsten christi bevelenadn muss. wer das thuet, dem widerferet, wie er glewbet, in masszen christus selber vortrostet, adodan berurter glawbe ist der art, das er nit alleine die wolthaten christi emphehet, wie er dan thuet, sondern auch dem menschen zcur gerechtikeit zcugemessen, in massen der heilige paulus zcewget.ado das szeind nun die rechten alten wege, adpdadurch wiradp, wan wir mit gots zcorn beladen szein und der ewigen vordamnus uns befaren mogen, wider zcu recht gebracht werden und in die gnade gots zcur ewigen selikeit eintreten und gerechtfertiget werden. [18] Ditterich:adq due hast nit ubel vom hendel geredt,adr aber eines mangelt mir gleichwol an der laer, das due nit seczest, das wir durch den glawben alleine gerechtfertiget werden, dan ir pfleget in dem fal die werck an glawben zcuhengen adh – adh Siehe P1, fol. 81r. adi – adi P2, pag. 15 – nachgetr. adj P2, pag. 15 – nachgetr.: wie man die so wenig als man christum teilen mag. und die emphehet der mensch alle sampt, wan adk – adk P2, pag. 15 – nachgetr. adl – adl P2, pag. 16 – korr. aus: ia, den wir er in in glewbet. adm adn – adn P2, uns durch solchen glawben. P2, pag. 16 – gestr.: zcwischen ime und–. ado – ado P2, pag. 17 – nachgetr. und korr. aus: ia, damit er deste weniger pag. 17 – nachgetr. daran zcweiffeln moge, wirdet dieser szein glawbe ime zcur gerechtikeit zcugemessen, in adp – adp P2, pag. 17 – korr. aus: durch welche wir. massen der apostel zcewget (ro 4). adq Zur Werkgerechtigkeit siehe P1, fol. 110vff. adr P2, pag. 18 – gestr.: aber eines wolst due mir zcu gute halten, die laer, welche due iczo vorgebracht, ist nit ewere, sondern unszere laer.
1 das … werden] 2 Kor 5, 21. 8 wan2 … glewben] Röm 4, 3. Röm 13, 14. 19 dan … zcugemessen] Röm 4, 5.
12 christum … anzcihen]
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und wollet nit, das wir durch den glawben alleine gerechtfertiget werden. Eusebius: wan wir von der ersten [19] rechtfertigung, als nemlich die, welche uns aus der ungnade gots in die gnade seczet, davon man alhie hendelt, reden, so pflegen wir nit, die werck mit dem glawben zcuvormengen, dan wir konnen uns wol erinnern des spruchs pauli: wir haltens davor, das der mensch aus szeinem glawben gerechtfertiget werde one die werck des geseczes. das auch der glawbe und nit die werck die gnade der rechtfertigung emphehet, hat diesze ursache, weil wir nach apostolischer laer, adsumb sonsten und adtaus lawterer gnadeadt [20] gots one einichen unszern vordinst gerechtfertiget werden, so musszen wir durch den glawben alleine gerechtfertiget werden.ads wurumb? dan der glawbe ist der eigenschafft, das er adugotte alleine die ehere gibetadu und es dahin bringet, das sich der mensch nit in ime selber ader in szeinen vordinsten, sondern alleine in den vordinsten christi rhumet advund also der gnade gots deste phehiger werdeadv, dan es stehet geschriben, das in der rechtfertigung ausgeschlossen sei der rhum, nit durch das gesecze der werck, sondern durch das gesecze des [21] glawbens. Ditterich: das ist der confessiones vorwanten laeradw, welche laer gleichwol von den, so sich catholisch und altglewbig nennen, seher vortunckelt worden, wie szie dan nit wol leiden konnen, das man sage, wir werden durch den glawben alleine gerechtfertiget. Eusebius: das wir aus dem glawben one vorgehende unsere werck gerechtfertiget worden, haben wir nit iczo allererst von den confessiones vorwanthen, sondern szie habens von den unsern emphangen. [22] Lis originem in 4 ro, Hilarium canone 21 in matheum, chrisostomum in 3 ro, augustinum in psalmos 64, (...). bei den allen wirdest due finden, das wir one vorgehende werck durch den glawben gerechtfertiget werden, so fern nun der glawbe den vordinst der werck von der rechtfertigung ausschlewst, weil wir lawter und umbsonst aus der reichen und ads – ads Siehe P1, fol. 98v. adt – adt P2, pag. 19 – korr. aus: one einichen vordinst. adv – adv P2, pag. 20 – nachgetr. pag. 20 – korr. aus: dem menschen nit die eher. pag. 21 – gestr.: und ir altglewbigen wirdet–.
adu – adu adw
P2, P2,
6 wir … geseczes] Röm 3, 28. 9 umb … werden] Röm 3, 24. Tit 3, 4ff. 15 das … glawbens] Röm 3, 27. 18 das … laer1] CA und Apologie der CA, jeweils Art. IV „Von der Rechtfertigung“. 25 originem … ro] Vgl. Edition bei Bauernfeind (1923, 98–100). Hilarium … matheum] Hilarius von Poitiers (ca. 315–367), Commentarius in evangelium Matthei (frz. Ausgabe von J. Goignon 1978/79), Vgl. BBKL (1990, 835ff.). 26 chrisostomum … ro] zitiert nach der deutschen Textausgabe (BKV 39), Vgl. Jatsch (1922, 101-127); zu Röm 3, 26: „Also nur nicht unschlüssig sein! Nicht aus den Werken (nämlich des alttestamentlichen Gesetzes), sondern vom Glauben (kommt die Rechtfertigung).“ (ebd., 108). | augustinum … psalmos] Vgl. PL 37. 29 ausschlewst] ausschließt.
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milden gnade gots gerechtfertiget [23] werden. so ist die proposition recht, das wir allein durch den glawben gerechtfertiget werden, wan sich aber die apologia (allein) dahin erstrecken wolte, das szie den glawben blos stellen und nit alleine die vorgehende werck, so der apostel werck des geseczes nennet, sondern auch die busse, hoffnung und liebe ausschlissen solte, auff welchen schlag dan eczliche der confessions vorwanthen gehen, so were es ein groben irsal. aus den bdencken werde im adxcolloquio zcu regensburg anno 41adx eine vorgleichung gemacht, das die, [24] so die propositionen de sola fide triben, die andern gots gaben, welche darneben stehen, auch predigen solten, damit der glawbe nit blos gestalt werde, dan glawbe one busse ist kein rechter glawbe, sonder eine vormessenheit, welchs luther selber bekennet. so kan auch der glawbe nit rechtfertigende szein, welcher wider die hoffnung in der hoffnung nit glewbet, wie wir aus dem heiligen paulo zcuuorstehen haben, zcu deme, das der glawbe, welcher die liebe nit bei sich hat, nit lebendig szein kan, [25]ady angesehen das der, welcher nit liebet, nach im tode bleibet, in massen der heilige ioannes in szeiner canonica schreibet. Daher dan adzder heilige augustinus schreibet, das der glawbe one die liebe sei ader nit nuczen kan.adz Ditterich: so hore ich wol, der glawbe thuet nit alleine.
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Eusebius: der glawbe emphehett alleine szeiner eigenschafft nach die gerechtikeit und gnade gots aeaals das darzcu von got gegeben und geordente mittelaea, aber gleichwol [26] nit der blosse glawbe. Nun ein exempel: die fawst aus menschens corpor ergere offt und emphehet alleine irer eigenschafft nach, was ime, dem menschen, gegeben wirdet, aber doch nit die todte fawst, welche blos stehet und vom aebarme undaeb corpor aecdes menschensaec abgeschnitten ist. dan adx – adx
ady P2, pag. 25 – gestr.: dan einen solchen glawben der heilige. Siehe P1, fol. 7r. P2, pag. 25 – korr. aus: ein solcher glawbe von dem heiligen bernharde fides in fidelis genant wirdet, welcher auch in keczern gefunden wirdet, wie man bei den widertawffern icziger zceit wol inne wirdet, die sich mit getrosten gemutern umbbringen lassen, wan man sie ires aea – aea P2, pag. 25 – nachgetr. aeb – aeb P2, vorherschen irthumbs keczerei halber geopfert. aec P2, pag. 26 – gestr. pag. 26 – gestr. adz – adz
4 so … nennet] Röm 3, 28. 7 im … 41] Siehe Anm. zu P1, fol. 5v / 6v. 8 de … fide] Das „vierfache Allein“: solus Christus, sola scriptura, sola fide, sola gratia. siehe Anm. zu P1, fol. 97r. 10 dan … glawbe2] Mt 4, 17. Act 2, 38. 12 welcher … glewbet] Röm 4, 18. 13 das … kan] 1 Kor 13, 1–3.13. 15 der1 … bleibet] 1 Joh 3, 14. 16 das … kan] „(...) et fides, inquit, quae per dilectionem operatur“ (CSEL 41, 62), „(...) quae supra commemoraui et quaecumque alia non commemoraui, quibus apertissime scriptura testatur nihil prodesse fidem, nisi eam, quam definiuit apostolus, id est quae per dilectionem operatur, (...)“ (CSEL 41, 69), „non enim hoc est habere daemonum fidem, quae recte mortua perhibetur, sed fidem, quae per dilectionem operatur“ (CSEL 41, 72).
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ob gleich der corpor neben der fawst nit zcugreifft, so kan doch die fawst, welche vom aedarme undaed leibe abgeschnitten, weil szie ein tod glid ist, nit zcugreiffen. gleiche gestalt hat es mit dem glawben, welcher blos stehet und von der busse, hoffnung und liebe abgesondert ist, welcher sich uberredt, [27] das er durch einen solchen blossen und toden glawben kan gerechte werden und szein, der betrewget sich selber und begegnet im gleich, welchs manchem auff der confessiones vorwanthen szeiten, dan man bfindet irer vil, die christus sewberlich auff der zcungen tragen und doch durch ir schendlich leben lestern, ia, die da meinen, es szei genug, das szie glewben, ob szie gleich ir boses leben nummermeher bessern, die auch wider got nach iren nesten lieben, sondern in allem aeeunvlat der sundeaee liegen bleibenaef, welchs der eher gots nit alleine nit gemes, sondern zcum hochsten entgegen, nachdem die, welche einen solchen misvorstand fassen, [28] den got, welchen szie mit dem munde bekennen, mit iren bosen thaten schendlich lestern. und weil dan irer vil von der proposition de sola zcu solchem irem misvorstand und ewerm irsal ursache nennen, so sagte etwan Buczer, das er sich dieser proposition im predigen und schreiben enthalten hetten. derhalb wollen wir die proposition de sola fide halten und der nachgehenaeg. las uns solchs mit [29] der bescheidenheit thun, wie ir mich gehoret, nemlich das unszer glawbe in christum szeiner eigenschafft nach die rechtfertigung alleine one zcuthun unserer werck emphahen und das wir gleichwol den glawben nit blos stellen, wie er da der art ist, das er nit kan nach sal blos gestalt werden. dan wie kanst due gotte nit vortrawen und dein hoffnung in in stellen, wan due seiner gnedigen und trostlichen zcusagen nit glewbest? Wie kanst den als deinen got und vater nit lieben, wan due von herczen vortrawest und dich dessen trostet? Wer nun den glawben blos one [30] hoffnung und liebe blos stellet, der macht, das der glawbe in got szeine rechte art nit habe und kein lebendiger glawbe szein kan.
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Timotheus: wir mogens wol bei dem bericht bleiben lassen. 30
Ditterich: ich bin dessen zcufride, aber Eusebius, du wirdest mir mussen zcu gute halten, das ich eines frage: wurein stelst due doch eigentlich die rechtfertigung? Eusebius: in die aehvorgebung der sundeaeh, die ernewerung des geists die mitteilung der gerechtikeit christiaei.
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aed – aed P2, pag. 26 – gestr. aee – aee Siehe P1, fol. 114v. aef P2, pag. 27 – gestr.: und weil aeg P2, pag. 28 – gestr.: so faret bescheiden und sehet euch wol for, das ir nit zcu irer viel. aeh – aeh P2, pag. 30 – korr. aus: vorsunung mit gotte. vil thuet ader zcu wenig heldet. aei – aei P2, pag. 30 – nachgetr.
6 betrewget] betrügt.
7 sewberlich] säuberlich.
10 wider] weder.
22 in2] ihn.
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Ditterich: unszere confessiones vorwanten stellen die rechtfertigungaej alleine in die vorsunung und die mitgeteilte und geschenckte gerechtikeit christi, [31] dan sollen wir uns recht und volkomlich in gotte rhumen, welchs sich dan dis fals eigent, so musszen wir alleine auff die geschenckte gerechtikeit christi und nit auff die ernewerung des aekheiligen geists, welcheaek die qualitet der heiligung mit sich bringet, unsere rechtfertigung stellen, damit wir uns deste weniger in uns selber zcurhumen haben. Eusebius: das in der rechtfertigung die vorgebung der sunde, aeldie mitteilung des heiligen geistsael und die newerung des heiligen geists zcusammen lauffen, ist der schrifft, der tradition der kirchen und der eher gots gemes,aem dan das die vorgebung der sunde zcur rechtfertigung [32]aen gehore, ist an ime selber klar,aeo dan auff den fal wirdet die rechtfertigung vor eine absolution und loszcelung vorstanden. got ist, spricht paulus, der do rechtfertiget. Wer ist, welcher vordammet? dise loszcelung bringet nun vorgebung der sunde mit sich. ia, szie ist nichts anders dan die vorgebung der sunde. das aber die rechtfertigung nit alleine vorgebung [33]aep der sunde mit sich bringe, sondern auch die ernewerung und heiligung, erscheinet aus deme, welchs paulus zcu szeinem tito schreibet, da die milde und gutikeit des heilands, unszers gots, erschinen ist nit nach den wercken der gerechtikeit, die wir gethan hetten, sondern nach szeiner erbarmung hat er uns selig gemacht durch das bad der widergeburt und der ernewerung des heiligen geists, den er in uns ausgegossen hat uberflusszig durch iesum christum, unszern heiland, auff das wir gerechtfertiget, durch szeine gnade erben werden auch der hoffnung des ewigen lebens. alhie sehet ir das die ernewerungaeq [34] nicht als ein opfern der rechtfertigung folge, aerwie die confessiones vorwanthen zcum teil meinenaer, sondern das szie eine ursache szei der rechtfertigung, ia, ein teil, welchs in der rechtfertigung begriffen wirdet, also das die rechtfertigung nit alleine auff deme stehe, das aesuns die gerechtikeit christi mitgeteiletaes und wir bei got ausgesunet werden, sondern das wir auch ernewert im herczen heilig und frumm, welchs die kirche aetvor alters geglewbetaet und gehalten, wie augustinus lere und andere alten heiligen vetere anzceigen und wie solchs nach in der tradiaej
aek – aek P2, pag. 31 – nachgetr. ael – ael P2, pag. 31 – nachgetr. P2, pag. 30 – nachgetr. aen Siehe P2, pag. 31 – gestr.: dan der apostel schreibet zcum tito (tit 3) es ist erschinen. aeo P2, pag. 32 – gestr.: dan in deme, das uns unszere sunde vorzcihen werden, P1, fol. 78r. aep Siehe P1, das wir gerechtfertiget werden, werden wir mit gotte vosunet, und treget sich. aeq aer – aer P2, fol. 78v. P2, pag. 33 – gestr.: auch eine ursache szei der rechtfertigung. aes – aes P2, pag. 34 – korr. aus: wir vorgebung unszerer sunde pag. 34 – nachgetr. aet – aet P2, pag. 34 – korr. aus: bis daher gehalten. bekommen. aem
15 got … rechtfertiget] Röm 8, 33–34.
19 da … lebens] Tit 3, 4–7.
31 frumm] fromm.
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tion algemeiner kirchen stehet [35] und das diese meinung der eher gots gemes, ia gemesser szei, dan eben die, welche die rechtfertigung allein auff die aeumitgeteilte gerechtikeitaeu restringiret, kan ein ider leicht abnemen, der da bfindet, das wir alhie nit von deme, welchs von menschlichem vormogen herflewst und darob sich aevein ideraev als in szeiner eigenen qualitet rhumen mag, sondern von deme, so got gibet und aus gnaden aewund lawter umbsonst schencketaew, handeln, das ist von der durch den heiligen geist eingegossenen gerechtikeit und heyligung, [36] dan weil wir die nit von uns, sondern von gotte haben und dero nit aus unszern, sondern aus den heilwertigen vordinsten christi emphahen, haben wir uns iret halb nit in uns, sondern in christo und in der unaussprechlichen barmherczikeit gots zcurhumen, aexgleicher gestalt wieaex von wegen der vorgebung der sunde und der aussunung aeyund der mitgeteilten gerechtikeitaey. ia, wan wir in uns selber gehen, kan sich ein ider des, welchs der heilige paulus vorschleget, leicht erinnern. aezWas hast due, spricht er, das due nit emphangen? und so due es emphangen, wurumb beruhemest due dich, [37] als habest due es nit emphangen?aez afaund weilafa der vordinst, welcher die ernewerung des geists erworben, nit unszer, sondern christi ist, gleich so wol als der vordinst, welcher uns die vorgebung, aussunung und mitteilung der gerechtikeit erworben, so geburet auch die eher der emphangenen ernewerung nit uns, sondern christo. deste weniger haben wir uns dieser gaben halber, die von oben heraber kommen, in uns selber zcuberhumen, ia, da auch einer sich afbin der ernewerung gleich als in [38] deme, welchs von ime herkommen were, demutigen wolteafb, der werde nit szein vormogen, sondern gots gabe darin derschlagen und wurde dermas nit demutig, sondern undanckbar bfunden, wie aus allen umbstenden zcuermessen, zcu deme das der, welcher erkant, das er zcwene wolthaten aus der milden handt gottes emphange, mehe ursache hat, got zculoben und sich in ime zcurhumen dan der, welcher achtet, das er nurent eine von gotte habe. und weil nun deme also, habt ir nit ursacheafc, die rechtfertigung zcuteilen [39] und die ernewerungafd davon abzcureissenafe, aus welchem dan auch diese unrichtikeit erfolgen wolte, das man die ernewerung und innerliche heiligung nit in die rechtfertigung mit einlawffe, sondern dero folget, konte sich zcutragen, das einer zcugleich vor gerecht mochte gehalten werden, der doch im herczen wider from nach heilig, sondern ein aeu – aeu P2, pag. 35 – korr. aus: vorgebung der sunde. aev – aev P2, pag. 35 – korr. aus: der aex – aex P2, pag. 36 – korr. aus: gleichso wol aew – aew P2, pag. 35 – nachgetr. mensch. aey – aey P2, pag. 36 – nachgetr. aez – aez Siehe P1, fol. 101v. afa – afa P2, pag. 37 – korr. als. afb – afb aus: und wen du dan. P2, pag. 37 – korr. aus: einer als unszeren eigenen thun afc P2, pag. 38 – gestr.: wider den vorstand der catholischen und alten demutigen solte. afd P2, pag. 39 – gestr.: als das selbstwesende stuck. afe P2, pag. 39 – gestr.: kirchen. Ditterich: Ich kan –; Timotheus: Ich las dein bdencken gegrundt und gut szein.
4 herflewst] herfließt.
14 Was … emphangen2] 1 Kor 4, 7.
27 nurent] nur.
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schalckaff were, welchs ime doch keiner, so der gotlichen dinge [40] erfaren, trawen lest. Timotheus: afgmit diser erklerung stehe ich wol zcufride.afg 5
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Ditterich: ich las es auch dabei bleiben, das due aber, Eusebius, die mitgeteilte gerechtikeit auch mit in die rechtfertigung zcewhest, wie due billich thun salst, solchs ist nit den altglewbigen, die wir die papisten nennen, sondern der confessiones vorwanthen laer gemes,afh dan die treiben solche mitgeteilte ader zcugerechnete gerechtikeit, davon die [41] altglewbigenafi nichts wissen.afj [42]afk Eusebius: wie dan, wan ich das gegenspil darthete und anzceigete, das luther die laer von aflden altglewbigenafl und iren heiligen und bewerten doctoren emphangen und szie nit von ime?
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Ditterich: due mogest dichs understehen.
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Eusebius: der heilige Augustinus schreibt auff diesze meinung in libro meditationis: in wunden christi wer ich sicher, dan was mir mangelt, des erhole ich mich aus dem ingeweide christi. item ich habe nit gefunden eine solche krefftige arczenei als [43] die wunden christi. in denen schlaffe ich, in denen ruge ich one sorge. alle meine hoffnung ist in dem tode meines herrens. sein tod ist mein vordinst, meine zcuflucht, mein heil, mein leben und meine aufferstehung. hirczu stimmet der heilige pabst leo, der grosse, da er von christo also schreibet, in ime szeind wir alle gecreucziget, alle von den toden aufferweckt, dan der glawbe, welcher die gotlosen rechtfertiget und schaffet gerechte, wan er gezcogen wirdet aff Siehe P1, fol. 77v. afg – afg P2, pag. 40 – korr. aus: ich weis, das dein bedencken gut und afh P2, pag. 40 – gestr.: Eusebius: lieber ditterich, ir habet die confe–. afi P2, war szein. afj pag. 41 – nachgetr.: eher luther konnen und die an tag gebracht. P2, pag. 41f. – gestr.: Eusebius: das were ein wunder, das die confessiones vorwanthen etwas guts von newest solten auffbringen ader auffgebracht haben, welchs die altglewbigen aus iren alten urkunden nit so gut als szie wie nit besser hetten. Ditterich: due wollest mirs zcu gute halten, das ich gleichwol weiter anhalte, das ich disen einen gewissen grundt haben moge, bitte ich, due wollest dich erkleren, wue bei den altglewbigen und iren alten doctorischen und der kirchen tradition zcufinden. Eusebius: ich wil dir in deme gerne dienen von der mitgeteilten gerechtikeit christi afk P2, pag. 42 Eusebius: Wue dan, gehandelt. das kan ich aus gots vorleihung wol thun. wan ich das gegenspil (...) - P2, pag. 45 sondern luther von iren doctoren emphangen siehe P1, fol. 88r wie dan, wan ich das gegenspil (...) – P1, fol. 89v sondern das er die von den unsern afl – afl P2, pag. 42 – korr. aus: uns emphangen. emphangen.
7 zcewhest] ziehst. 18 Augustinus … meditationis] siehe Anm. zu P1, fol. 88r. grosse] Papst Leo der Große (400–461), siehe P1, fol. 88vf.
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an den, welcher der menscheit teilhafftig ist, erlangt er das heil in deme, in welchem er sich alleine unschuldig bfindet. auff diese meinung schreibet auch der heilige bernhardus: [44] offenbar ist es, das der geirret hat, der da sprach, grosser ist meine bosheit, dan das ich vorgebung erlangen mag. das mangelt ime, das er nit war von den glidmassen christi, das ime auch nit zcustunde, das er das vordinst christi vor szein eigen achte, vor das szeine anzcege, welchs christi were, als ein glidt das ihenige, so des heupts ist. ich aber erhole mich des ihenigen, welchs mir aus mir mangelt mit getrostem gemute aus dem ingeweide des herren. last uns auch thomam Aquinatem horen, dem getawfften (spricht er) wirdet das leiden christi zcur vorgebung der sunde mitgeteilet, gleich als hette er gelittenafm und were vorstorben. und saget weiter, das leiden christi wirdet dem getawfften mitgeteilet, [45] so fern er ein glid christi, gleich als hette er die marter erliden, alhie sehet ir, wie die doctores der kirche afnehe dan melanthon, von welchem die augspurgische confession herruret, geboten,afn die mitgeteilte gerechtikeit christi an tag gegeben, also das die afoaltglewbigen solche laerafo nit von luther, sondern luther von iren doctoren emphangen und damit man deste weniger zcweiffele, das diese laer der krichischen tradition gemes, so hat das concilium zcu trient diese mitteilung der gerechtikeit ad imputation (wie mans da nennet) neben der ernewerung und heiligung in die iustification gestellet, wie aus derselbtigen decretes, die so vorhanden, zcuuornemen. wan ir [46] nun ob diesem allem kein bedencken hettet, wie ir den nit haben konnet, so wollet ich in unszerer materi schlissen und achte, ir konnet aus meiner einfaltigen ausfurung vorstehen, das die berurte der altglewbigen laer, wie szie die aus der schrifft und iren alten bewerten doctorischen, ia, auch aus der tradition irer kirchen schepffen, an ir selber recht, warhafftig und der eher gots allenthalben gemes szein und also das die confessiones vorwanthen sich mit inen billich vorgleichen sollen.
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Timotheus: Wir lassens dabei bleiben. Ditterich: wan die unsern des recht berichtet worden, kontte ich bei mir nit finden, wurumb szie mit den altglewbigen deshalben zcancken solten, [47] dan ich mus recht bekennen, das ich etwan, da ich ein student zcu wittenberg war, vonn doctor luther offentlich in szeiner predigt gehort, da er den punct von der rechtfertigung auff diese meinung erhalten konte, wolte er mit den andern leicht zcun ortern einschlahen und sich mit den papisten vortragen. ia, da es der pabst von ime haben wolte, er nit alleine die monchs kappe wider an thun, sondern afm P2, pag. 44 – korr. aus: geliden. korr. aus: nit luthers laer.
afn – afn
P2, pag. 45 – nachgetr.
afo – afo
P2, pag. 45 –
6 anzcege] anziehe. 9 thomam Aquinatem] siehe Anm. zu P1, fol. 89v. zcuuornemen] Vgl. Jedin (1957, 238-268, insbes. 260f.).
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nach eine kappe uber die, welche er von sich gethan, anzcihen. Timotheus: wir bitten, due wollest vorschreitten und in deme, was in derafp religion nach weiter zcubdencken, fortfaren. 5
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Eusebius: got szei gelobet, afqdas wir in deme, darauff so viel stehen, einig szeinafq und [48] und weil wir bfinden, wie der mensch, welcher in gots ungnade stehet, gerechtfertiget und einen gnedigen und barmherczigen got (dorauff unser heil rugetafr) bekommen mag, so last uns nun sehen, wie die, welche in solche gnade gots eingetreten, darinnen stehen, bis an ir ende vorharren und dan in die frewde der ewigen selikeitt eingehen mogen. Timotheus: recht Eusebius, die ordenung gefellet uns.
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[49]afs Eusebius: nun, wue der mensch aus der ungnade gots in die gnade eingeseczt, gerecht und gots kind worden, welches sich durch die rechtfertigung zcutreget, hat er sich aller gnaden von got zcutrosten, afthat auch alsdan einen gewisszen zcutrit zcum ewigen lebenaft. ie mehe sich nun ein ider des aus gots barmherczikeit und den vordinsten christi zcutrosten, das er aus der gnade, darinnen er stehet, nit wider ausfalle, sondern das er in der bis an szein ende bestehen moge. zcu solchem bestand wil einem iden gerechtfertigten afuder nun ein kind gots istafu vonnoten szein, das er dem willen und gebotten gots, szeines himmelischen vaters, mit vleisse nachkomme, angesehen das der herre in prophetischer, so ich dein vater bin, wue ist dan mein [50] gehorsam? dan ob einer gleich christo durch szeinen glawben eingepflanczet, wirdet er doch, wan er afvzcu szeiner zceitafv nit got gehorsamet, wan er ime gehorsamen kan und nit gute fruchte der werck thuet, so wirdet er unnuczer zcweig von christo abgeschnitten und ins hellische fewer geworffen, wie christus selber saget. daher saget auch dieser unszer heiland, wilt due in das himmelreich eingehen, so halt die gebot, welche darauff stehen, das wir das arge, welchs got vorbotten, meiden und das gute, welchs eben der herre gebotten, thun sollen, afwin massen uns der heilige david ermanet.afw und wiewol wir [51] one vorgehende vordinst unszerer werck gerecht und kinder gots werden, mogen wir in deme stande, so wir nit das afp P2, pag. 47 – korr. aus: unserer. afq – afq P2, pag. 47 – korr. aus: das wir den rechten afr P2, pag. 48 – korr. aus: stehet. afs P2, grundt zcu christlicher vorgleichung geleget. aft – aft P2, pag. 49 – korr. aus: und des ewigen lebens pag. 49f. siehe P1, fol. 97v–98v. afu – afu P2, pag. 49 – nachgetr. afv – afv P2, pag. 50 – gestr. afw – afw P2, pag. 50 zcutrosten. – korr. aus: nach der ermanung davids.
11 frewde] Freude. 24 so … gehorsam] Mal 1, 6. 27 so … geworffen] Joh 15, 2.6. 29 wilt … gebot] Mt 19, 17. 30 das1 … sollen] Ps 34, 15. 31 in … ermanet] 1 Reg 2, 3.
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arge meiden und gute werck thun, keines wegs bestehen. Ditterich: so hore ich wol, das gute werck einem christen menschen zcum heil vonnoten szein, nach der meinung maioris. 5
Eusebius: vorstehe mich recht. ich sage, das gute werck einem christen vonnoten szeind, wan er die thun kan, auff das er nit wider aus der erlangten gnade gots falle und rede alhie nit de absolutione necessitate, dan die jungern kindere, die getawfft, [52] wan szie gleich ehe, dan szie zcu iren vornunfftigen iaren kommen, nichts guts thun, szeind szie wol entschuldiget, werden auch derhalb nit vordammet. gleiche meinung hat es mit den alten auch, die getawfft und gerechtfertiget szeind, da szie ehe vorsterben, dan szie guts ader boses thun konnen, dan die szeind algereit der ewigen erbschafft phehig. Ditterich: ia, die meinung hat ir von unszerm luther.
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Eusebius: gleich als hette luther etwas guts, welchs er von unszerer alten kirche und iren doctoren nit emphangen. Ditterich: wer hat vorn luther von den dingen also geschriben?
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Eusebius: [53] afxdie trefflichen doctores der orientischen kircheafx, origenes und chrisostomus, augustinus, auff das ich der andern geschweige. Ditterich: las horen, wue und wer. Eusebius: in das 4r epistulam ad romanos schreibet also: ubi est gloriatio tua? exclusa est. per quam legem? operum? non, sed per legem fidei. arbitramur enim iustificari hominem per fidem sine operibus legis: et dicit sufficere solius fidei iustificationem, ita ut credens quis tantummodo, iustificetur, etiamsi nihil ab eo operis fuerit expletum. imminet igitur nobis qui integram esse scripturam apostoli conamur asserere, et ordine cuncta constare, quis sine operibus sola fide justificatus sit. quantum igitur ad exemplum pertinet, sufficere arbitror illum latronem qui cum Christo crucifixus clamavit ei de cruce: Domine Jesu, memento mei cum veneris in regnum tuum. nec aliud quidquam describitur boni operis in Euangeliis, sed pro hac sola fide ait Jesus: Amen dico tibi: hodie mecum eris in paradiso. afx – afx
P2, pag. 53 – nachgetr. und gestr.
4 nach … maioris] Siehe Anm. zu P1, fol. 3r. 13 algereit] bereits. | phehig] fähig. 27 ubi … paradiso] Röm 3, 27 zitiert Pflug nach Origenes Commentariorum in epistolam S. Pauli ad romanos, Vgl. PG 14, 952f.
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Et paulo post, sed fortassis haec aliquis audiens resolvatur, et bene agendi negligentiam capiat, siquidem ad iustificandum fides sola iustificat. ad quem dicemus quia post iustificationem si iniuste quis agat, sine dubio iustificationis gratiam sprevit. neque [54] ob hoc quis accipit veniam peccatorum, ut sibi rursum putet peccandi licentiam datam. indulgentia namque non futurorum, sed praeteritorum peccatos datur. afyAugustinus autem in sermone de immolatione Isaac. quomodo fides per dilectionem operatur; et quomodo iustificatur homo sine operibus. legis? credidit aliquis, percepit fidei sacramenta, et mortuus est: defuit illi operandi tempus. quid dicimus? quia non est iustificatus? plane dicimus iustificatum, credentem in eum qui iustificat impium. ergo iustificatum est et operatus non est, impletur sententia apostoli -.afy conceditur vivere quempiam qui non nutritur: non conceditur autem nutriri aliquem non viventem. Jeiunavit Moses diebus quadraginta: sed quia habuit in se animam vivendem, nihil detrimenti ex terrenorum penuria accidit ei. ita et opus quidem habet anima, ut operibus alatur: ante opera tamen fides primum induenda est. eum qui operatur opera iustitiae, sine fide non possum probare vivum fuisse: fidelem autem absque operibus possum monstrare et vixisse, et regnum caelorum assequutum. nullus sine fide vitam habuit. Latro autem credidit dumtaxat, et justificatus est a misericorde (...) Deo. atque hic ne mihi dixeris, defuisse ei tempus quo iuste viveret, et honesta faceret opera. neque enim de hoc contenderim ego, sed illud unum asseveraverim, quod sola fides per se salvum fecerit. nam si supervixisset fide cum, et operum fuisset negligens, a salute excidisset. hoc autem nunc quaeritur et agitur, quod et fides per seipsam salvum fecerit: opera autem per se nullos umquam operarios iustificarint. [55av]afz cum ergo dicit apostolus arbitrari se iustificari hominem per fidem sine operibus legis: non hoc agit, ut percepta ac professa fide opera iustitiae contemnantur, sed ut sciat se quisque per fidem posse iustificari, etiamsi legis opera non praecesserint. sequuntur enim iustificatum, non praecedunt iustificandum. unde in praesenti opere non opus est latius disputare, praesertim quia modo de hac quaestione prolixum librum edidi, qui inscribitur, De littera et spiritu. quoniam ergo haec opinio tunc fuerat exorta, aliae apostolicae epistulae, Petri, Iohannis, Iacobi, Iudae, contra eam maxime dirigunt intentionem, ut uehementer astruant fidem sine operibus nihil prodesse: sicut etiam ipse Paulus non qualemlibet fidem, qua in deum crediafy – afy
P2, pag. 54 – gestr.
afz
1 Bl. [55a] eingelegt. Darauf Fortsetzung der Zitate.
1 sed … datur] Origenes, Commentariorum in epistolam S. Pauli ad romanos, Vgl. PG 14, 953. 7 Augustinus … Isaac] PL 39, 1749–1753. | quomodo … apostoli] Augustinus, Sermones de scriptures. Vgl. PL 38, 32. 13 conceditur1 … iustificarint] von anderer Hand. Chrysostomus De fide et lege naturae. Vgl. PG 48, 1081f. 25 dicit … charitas] von anderer Hand. Augustinus De fide et operibus. Vgl. CSEL 41, 61f.
C4.5 Das andere buch
tur, sed eam salubrem planeque euangelicam definiuit, cuius opera ex dilectione procedunt. et fides, inquit, quae per dilectionem operatur. unde illam fidem, quae sufficere ad salutem quibusdam uidetur, ita nihil prodesse asseuerat, ut dicat: si habeam omnem fidem, ita ut montes transferam, charitatem autem non habeam, nihil sum. ubi autem hac fidelis charitas operatur, sine dubio bene uiuitur; plenitudo enim legis charitas. [54] aus dem allem erscheinet, agadas der, welcher durch szeinen glawben gerechtfertiget wirdet und ehe stirbet, dan er gute werck thun kan, selig werden und eine kind gots die erbschafft des ewigen lebens emphahen mag. wan er aber zceitt und weil hat, das ime vonnoten szei, gute werck zcuthun, auff das er aus der erlangten gnade gots nit ausfalle, [55] dan auff den fal kan der mensch nun in der erlangten gnade nit alleine nit vortschreitten, sondern auch nit bestehen. derhalb mogen die, welche icziger zceit gute werck vorachten, ia, die als schedlich anzcihen mochten, sich bei inen derhalb selbst bedencken, wie szie das unuorsichtige volck, welchs one das zcum argen geneigt, von allem gutem abwenden, sich auch erschrecken lassenaga [56] we euch, spricht esaias, da ir aus dem guten arges und aus dem argen guts macht. Timotheus: die unszern zcum meren teil loben die angezceigte vilipsche proposition, agbdas gute werck zcur selikeit schedlich szeind,agb gar nit, wie philippus agcmelancthon nit lange vor seinem endeagc sich vornemen lassen, er wolte dawider schreiben, welchs er on zcweiffel werde gethan haben, da ime szein leben lenger were gefristet worden. agdund ob gleich eczliche, die sich der augspurgischen confession rhumen, solche proposition gerne schmucken und vormenteln wolten, so szeind szie doch gar schlechte mit rewter.agd
aga – aga
P2, pag. 54f. – korr. aus: wue und welcher gestalt gute werck, einem gerechtfertigtem menschen, one welche keiner einen guten und christlichen wandel furen mag, vonnoten. und weil gleichwol in christen mensch one solche in der nit alleine nit fortschreiten, sondern auch nit bestehen mag, mogen die, welche gute werck vorachten, ia, die als schedlich zcur seligkeit anzcihen, bei inen selbst, wue sich die selber auch andere lewte forfuren, und weil szie dise gaben gots dermassen lestern, das szie got selber in szeinen gaben aus erschrocklicher undanckbarkeit lestern durch diese ire ertichtung wenden szie das einfalige und unuorsichtige agb – agb P2, pag. 56 – korr. volck von allem guten abe und an stad eines guten tugentlichen–. agc – agc Siehe P1, fol. 5r. aus: welche gar vil schaden bringen kan; siehe P1, fol. 10v. agd – agd P2, pag. 56f – gestr. und bricht ab: und den confessions vorwanten, die inen billich lest auff der (...) banck, darauff sie sich geseczt–. 17 we … macht] Jes 5, 20. 21 das … szeind] Majoristischer Streit. Amsdorf ist der Meinung, gute Werke seien zur Seligkeit schädlich, siehe Anm. zu P1, fol. 3r und 10v. 26 mit rewter] Mitreiter, Mitläufer.
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[57] Eusebius:age zcu deme, dasagf das ihenige, welchs von guten wercken, als die deme, welcher in der gnade gots bestehen sal, vonnoten, vorbracht, der heiligen schrifft und kirchen tradition auch iren doctoren gemes, so zcewhet sichs auch besser auff die ehere gots dan das gegenspil, zcuforderst [58] weil man im wercke bfindet, das die, welche gute werck vorachten und gleich als unnucz achten, inen selbst und andern zcu einem rohen und unbusfertigen leben ursache geben, also aggdas szie den christus, welchen szie mit dem munde bekennen, durch ire bose thaten vorlewckenen und gleich mit fussen tretenagg nach inhalt apostolischer laer.
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Ditterich: wir lassens hirbei wenden, sonderlich weil wir von dir vornommen, das due dis fals nit de absolutio necessitate handelst, weil due den kindern, welche balt nach der tawffe vorsturben, auch den alten, welche nach erlangter rechtfertigung, [59] ehe dan sie guts ader boses thun konnen, aghabsterben, zcugibest, das szie in das ewige eingehenagh. Eusebius: weil wir nun des einig szeind, das gute werck einem christen menschen, wan er die thun kan, vonnoten, und one die keiner in der erlangten gnade christi bestehen kan, agiso last uns nun sehen, wie die guten werck, neben deme das szie einem christen menschen notig szeind, in massen wie ich dargethan, auch mehe dan in einem weg nuczen konnen.agi Timotheus: [60] wir wollen solchs auch von dir anhoren.
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Eusebius: wiewol ein ider gots geboten zcu szeiner zceit, das ist so offt er kan und mus, geleben sal und darzcu als der knecht, welcher got, szeinem hern, in der heilikeit und gerechtikeit dienen sal, vorpflichtet ist, [61] so pfleget doch got solche wercke zcubelonen, hie zceitlich und dort in ihener welt ewiglich. daher er dan in heiliger schrifft ein vorgelter des guten genant wirdet.
30 age P2, pag. 57f. – korr. aus: so wil ich nun schlissen in dem punct, das gute werck (denen, die sie konnen,) einem christen menschen, der in der gnade gots stehet vonnoten sein, neben deme seind sie ime auch mehe dan in einem wege nucz. Ditterich: dis bedorff einer guten ausfurung. agf P2, pag. 57 – gestr.: nun gute werck einem Eusebius: Las dir dienen, lieber ditterich. agg – agg Siehe P1, fol. 30v. christen zcum bestand in der gerechtikeit vonnoten seind, so–. agh – agh P2, pag. 59 – korr. aus: nichts damit dan–. Darumb mogest du in deiner agi – agi P2, pag. 59 – korr. aus: so last nun sehen, vorgenommenen materien fortschreitten. wie die guten werck nit alleine notig, sondern auch nucz szeind, wie dan auch der glawbe, welcher blos one gute werck stehet, nit alleine unnucze ist, sondern auch gar tod, in massen der heilige ioannes zcewgt.
2 in … sal] vermutlich angelehnt an Lk 1, 75.
29 vorgelter … guten] Hebr 11, 6. Prov 19, 6.
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Ditterich: agjalhie kommest due auff den vordinst der werck, davon die unszeren wenig halten.agj Eusebius: Last doch weiter recht berichten. agkwan wir sagen, das unsere gute werck belonet, so vorstehen wir solchs nit, als geschehe es nach dem wert der werck, [62] sondern nach der barmherczikeit gots. darumb stehet geschriben im buch der psalmen, das er uns crone in der barmherczikeit und erbarmung, also das sich der mensch auch disz fals nit in ime selber, sondern in gotte zcurhumen habe. und damit er got, als der aus sonderer milde auch szeine gaben in ime cronet, deste mehe zcudancken habe, sal er sich nach den obangezceigten grunden und regeln unsers christlichen glawbens in ime selbst demutigen, (und vor einen unnuczen knecht achten) in massen christus selber vorschleget, da er saget, wan ir alles, was ir sollet, gethan habet, so sprecht, das ir aglunnucze knechtagl szeid,agk und sal sich umb so vil deste mehe der vorsprochenen barmherczikeit in diesem fal trosten, und gotte szeiner gutikeit halber loben und preiszen. und damit [63] ir spuren moget, wie fein alhie die tradition der kirche mit der schrifft uberein treffe und alles auff die eher gots, wue sich geburet, richte, so horet, was der heilige chrisostomus uns vor einen feinen und richtigen weg zceiget, welche also schreibet, agmfordere nit den lonagm, auff das due in emphahen mogest, dan der vordinst stehet alhie meheagn auff der demut des menschens dan auff dem wercke.ago dan wie der geist gots in heiliger schrifft meldet, so widerstrebet got den hoffartigen und auffgeblasenen und gibet den demutigen szeine gnade, [64]agp demnach welcher sich nit szeines thuns und lassens, sondern in gotte und seiner vorheischenen bgnadigung trostet, der hat die belonung, welche szeinen wercken
agj – agj
agk – agk P2, P2, pag. 61 – korr. aus: so hore ich wol, unszere werck seind vordinstlich–. pag. 61f. – korr. aus P2, pag. 60f.: so hat doch aus unawssprechlicher barmherczikeit auch den wercken des gehorsams, die wir one vorleczung unszers gewissens nit underlassen konnen, zceitliche und ewigen belonung vorheischen (wie er dan nichts guts unbelonet lest, daher er ein vorgelter des gutens in heiliger schrifft genant wirdet.) pfleget auch solche szeine vorheischungen reichlich zuuolzcihen, nit nach dem wert der wercke, sondern nach szeiner barmherczikeit. daher spricht dauid, das er krone in der barmherczikeit und erbarmung, also das sich der mensch nit ime selber, sondern in got zcurhumen habe. darumb spricht christus, agl – agl Siehe da ir alles, was ir thun sollet, gethan, so sprecht, das ir unnucze knechte szeid. agm – agm agn P1, fol. 102r. P2, pag. 63 – korr. aus: du salt nit das lon fordern. P2, pag. 63 – ago P2, pag. 63 – gestr.: und so ist an ime selber war, welchs christus korr. aus: vonemlich. seczet, gleicher gestalt wie got denen, welche sich demutigen, nahe ist, so stehet die von agp Zur Belohnung guter Werke, siehe P1, fol. 100v. fernest–.
7 das … erbarmung] Ps 103, 4. 10 obangezceigten] oben angezeigten. 12 wan … szeid] Lk 17, 10. 19 fordere … wercke] Siehe P1, fol. 105r. 21 so … gnade] 1 Petr 5, 5.
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vorsprochen ist, zcuhoffen,agq damit er sich deste mehe im herren zcurhumen habe. ein solcher mensche wirdet agrvormoge gotlicher vorheischungenagr alhie zceitlich und in ihener welt ewiglich belonet. zceitlich alhie, dan die gerechten und gotforchtigen haben gar schone gots vorheischungen zcu zceitlicher irer wolfart. [65] david spricht, ich bin jung gewesen und nun voraltert und habe nicht gesehen einen gerechten, das er vorlassen were und szeinen samen das almos betlen. Item selig ist der man, welcher den hern forcht und hat neigung zcu szeinen gebotten. szein same wirdet nichtig szein auff ertreich etc. so viel aber das geistliche weszen eines christen menschens anlanged, ie mehe sich der in guten wercken ubet, ie mehe nimmet er auch auff ertreich in geistlichen gutern aus gots vorleihung zcu, dan der herre agssaget im ioanne,ags da der zcweig, welcher ime eingepfropffet szei, fruchte treget, das in der himmelischen vater und ackerman zcubereite, das er mehe fruchte trage etc, welchs dan einem iden christenagt zcum bestande in [66] der gerechtikeit vonnoten, angesehen das ime notwendig szein wil, das er nit im guten stille stehe, weil er in diesem leben ist wie in einem wetlawff, sondern ummer vortschreite. daher schreibet der heilige iohannes in szeiner offenbarung: wer gerecht ist, der sal nach weiter gerechtfertiget werden. welche rechtfertigung auff dem stehet, das er in der eingegosszenen gerechtikeit auffwachsze und zcuneme, agudarauff dan die rechtfertigung aus den wercken ruget, davon der heilige jacob meldung thuetagu. aber ewiglich werden wir von gotte bgnadet und belonet nach diesem leben, des uns der herre christus selber vortrostet, da er spricht: es ist [67] keiner, welcher vorlassen hat szein haws, aber szeine brudere ader schwestern, aber vater, aber mutter, aber sone ader ecker meinethalben und von wegen des euangelium, der da nit emphahen wirdet hewser und brudere und schwestern und muttere und kindere und eckere neben der vorfolgung und in ihener zcukunfftigen welt das ewige leben, dan das szeind wir ia durch agvapostolische schrifftagv vorgewisset, das wir alsdan vor dem gericht stuel christi emphahen werden, nachdem wie ein ider gelebet hat, guts ader boses. und wirdet ein ider zcu der zceit belonet werden nach szeiner arbeit. dan wie der heilige paulus saget, gibet got einem idem nach szeinen
agq
P2, pag. 64 – gestr.: der habe sich zcutrosten, das er solche vorsprochene belonung erlangen werde. wan er guts thuet, ia, die werck werden ime als ein vordinst zcugerechnet, agr – agr P2, pag. 64 – nachgetr. dan ie mehe sich der mensche in ime selbst demutiget. ags – ags Zu Joh 15, 2, siehe P1, fol. 102v. agt P2, pag. 65 – gestr. agu – agu P2, pag. 66 – agv – agv P2, pag. 67 – korr. aus: gots vorheischung. gestr. 5 ich … betlen] Ps 37, 25. 7 selig … etc] Ps 112, 1-2. 11 da … trage] Joh 15, 2. 16 ummer] immer. 17 wer … werden] Apk 22, 11. (apocal 17). 19 darauff … ruget] Jak 2, 24. 22 es … leben] Mk 10, 29–30. 27 das … boses] 2 Kor 5, 10. 30 gibet … wercken] Röm 2, 6.
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wercken.agw und [68] ie mehe arbeitet und sich einer guts zcuthun bevleissiget, ie mehe und reichlicher wirdet er mit der ewigen glori bgnadet, agxangesehen das der herre unszerer arbeit nit vorgist.agx und ob das ewige leben die erbschafft ist, welche den kindern gots zcustehet, also das auch die, welche nach emphangener gnade ehe absterben, dan sie guts thun konnen, solche erbschafft emphahen mogen, agyweil szie kinder und aus dem auch erben gots szeind,agy so treget sich doch aus gots gnediger vorordenung zcu, das die, welche agzein guten wandel furen undagz nach erlangter gnade eine zceitlang leben [69] und sich des guten bevleissigen und darinnen arbeiten, ahadas ewige leben, des szie one das phehig szeind auch als iren lohn emphahen, des szie durchaha gots gnedige vorheischungen vorgewisszert werden. und ie mehe szie guts thun, ie reichlicher wirdet in solchs im zcukunfftigen leben vorgolten und wirdet nichts deste weniger solch leben nach inhalt apostolischer schrifft eine gabe gots bleiben, ahbdan solchs wirdet dis falsahb nit gegen menschlichen vordinst, sondern gegen deme, welchs got in uns wircket, gegeben, in massen der heilige augustinus schreibet. [70] dan der herre vortrostet uns selber in apostolischer schrifft, das er unszerer arbeit nit vorgesse. also sehet ir, wie und welcher gestalt uns gute werck nuczen, alhie zceitlich und in iener werlt ewiglich. Ditterich: ich weis, das die papisten ader altglewbigen eine solche laer furen, aber ahcunsere confessions vorwantenahc haben inen solchs nihe wollen einrewmen, sonderlich das das ewige leben solle ein lon szein guter wercke, weil wir aus apostolischer schrifft uns zcuberichten wissen, das das ewige leben [71] ahdeine gabe und mild geschencke gots szeiahd.
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Eusebius: wan nit erstlich gesaczt, das got nit nach dem wert unszerer werck, sondern nach barmherczikeit und gnedigsten vorheischung uns belonte, so mochtest due wol ob deme, welchs ich vorbracht, bedencken haben. und wan due bewegest die hawptursache des lohens, welcher unszern guten wercken vorgestellet wirdet, so ist sie die barmherczikeit gots und nit das werck an ime selber. derhalb due dich disz fals der barmherczikeit gots und deiner werck zcutrosten hast. und ob sich gleich aus szeiner zcusage sich gegen der vorpflichtet, [72] so agw P2, pag. 67 – gestr.: denen, so durch ire gute werck die gloria / das leben–. agx – agx P2, agy – agy P2, pag. 68 – korr. aus: krafft irer kindtschafft. agz – agz P2, pag. 68 pag. 68 – gestr. aha – aha P2, pag. 69 – korr. aus: als die erben phehig szeind, auch als eine gnedige – gestr. ahb – ahb P2, pag. 69 – belonung irer werck emphahen und umb so vil reichlicher–. – ahc ahd – ahd ahc P2, pag. 70 – nachgetr. P2, pag. 71 – korr. aus: nit ein lon nachgetr. unserer; das der tod ein lon und bsoldung unszerer sunde szei, aber das ewige leben.
13 solch … bleiben] Röm 6, 23. 23.
16 das … vorgesse] 1 Kor 15, 58.
23 das1 … szei] Röm 6,
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wist due doch, weil szeine zcusage aus barmherczikeit herfleust, mehe ime dan er dir vorpflichtet, wie aus den umbstenden zcuermessen. deste weniger hast des lohens, welcher got deinen wercken vorheischen, zcurhumen, dan wan die vorheischung nit geschehen, so hast due krafft deiner werck das lon nit zcufordern. wurumb? dan wan due gleich alles gethan hettest, so hettest due es doch als erkawffter knecht in got aus schuldigem gehorsam gethan und da due es underlassen, hette der herre dich deines ungehorsams halber zcustraffen. daher spricht christus selber (wie ich auch hiebeuorn berurt), (...) [73-75]ahe dan also schreibet der apostel ausdrucklich, das der tod ein lon und besoldung der sunde szei, aber das ewige leben eine gabe und geschencke gots. ist es nun eine gabe und geschencke gots, wie kan es dan ein lon szei? welche werck mogen des lons wert szein? wie mag sich das ewige mit dem zceitlichem proportioniren? [76] Eusebius: gebe alhie nit auff den wert deiner werck, sondern auff die barmherczikeit gots und gnedige vorheischung achtung, der ahfdue dich zcuahftrosten, wie ich hiebeuor geseczt habe, dan wan due gleich ahgso vil gute werckahg thetest, als man erdencken mag, so wirdest due doch den grossen lon, der allen wert unszers thuns weit ubertrifft, damit nit vordienen. aber weil got den wercken solchen lon vorheischen, bist due ime schuldig zcuglewben. und hast dich nit in dir selber, sondern in milde und barmherczikeit gots, aus welcher die belonung geschihet, zcutrosten ahhund zcurhumenahh, welchs [77] der schrifft und ehere gots gar gemes ist. Ditterich: ei, lieber eusebius, das wir die guten werck, so uns gebotten, aus dem pflicht und als die von got erkawfften knecht ahizcuthun schuldigahi, weil wir ime ahe
P2, pag. 73–75 gestr. und ab pag. 77 wieder aufgenommen. wan due alles, was thun salst gethan, so sage, das due ein unnucze knecht wist, dan due habest allein das gethan, welchs due hast thun sollen. nun ein exempel, so ein underthan (pawersman) seinen herren zcu fronen ader sonsten gegn hoffe zcu dienen vorpflichtet, da solcher underthan solche frone ader dinste zcu rechter geseczter zceit nit thuet, hat in der herre derhalb zcustraffen, aber gleichwol ist er szeinem manne, der gethan frone ader hoffdinsts halber zcu lonen nit schuldig. wurumb? Dan der man hat alleine das gethan, welchs er aus schuldigen pflichten hat thun sollen aber damit ich in deme dinge klaren bericht thun, das uns got aus dem vordinst christi zcu szeinen kindern und erben auffgenommen, wie ich hiebeuorn auch gesaget. und hat uns christus des ewigen leben durch tod erworben und reichlich vordienet. daher es dan gegen uns zcurichten, eine gabe gots ist. und hat die meinung, wan einer nach erlangter rechtfertigung, ehe dan er guts thun kan ader mag, vorsturbet, das er zcum ewigen leben einen gewissen zcutrit habe, dan weil er gots kindt ist, so ist auch gots erbe nach der hoffnung des ewigen, inmassen der apostel schreibet. aber wan er nach lenger lebet und zceit hat, guts zcuthun, ist er solchs zcuthun schuldig ahf – ahf P2, pag. 76 – nachgetr. ahg – ahg P2, pag. 76 – korr. aus: alle werck. (ro 8). ahh – ahh P2, pag. 76 – nachgetr. ahi – ahi P2, pag. 76 – korr. aus: thuen mussen. 1 wist] bist.
5 als … gethan] Lk 17, 10.
9 der2 … gots] Röm 6, 23.
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in der heiligkeit und gerechtikeit dienen sollen (wie due selber angezceigt), solchs ist unwidersprechlich war,ahj und da wir die guten werck underlassen, haben wir uns als ungehorsam der straffe gots zcubfaren, aber da wir die thun, haben wir keinen lon zcugewarten. 5
Eusebius: Wan wir unser thun, wie es an im selber gestalt ist, erwegenahk, sollen wir uns vor unnucze knecht achten, wie ich hiebeuorn angezceigt, [78] aber gleichwol haben wir uns der barmherczikeit gots und szeiner gnedigen vorheischung zcutrosten, also weil er uns durch szein wort die vorheischungen gethan, das er uns nit felen wirdet. sonsten und ane das werden wir in in szeinen zcusagen lugen straffen nach inhalt gotlicher schrifft, welchs an ime selbstahl eine grosse gotslesterung were. aber damit diese meinung durch ein exempel erkleret werde, so nim vor dich einen underthanen, der szeinen herren eine frone ader hoffdinst zcuthun schuldig. da nun der zcu rechter zceit nit fronte ader zcuhoffe diente, hette in der herre szeines ungehorsams halber zcustraffen, da er aber die fron und den hoffdinst thete, [79] so dorfft ime der herre darumb nit lonen, weil er one das zcu frone ader zcum hoff dinst vorpflichtet. da aber der herre aus gnade und milde ime, szeinem underthanen, vorspreche einen namhafftigen lon, damit er, so offt er szeine schuldige hoffarbeitet thete, begaben wolte, so hette er sich dero zcutrosten nit szeiner arbeit halber, darzcu er one das vorpflichtet, sondern von wegen der gnade, welche im der herre aus gutwilligkeit vorheischen. gleiche meinung hat es mit unszern wercken, die wir aus dem gehorsam ahmund schuldige pflichte gotahm leisten sollen, alhie auch dan, weil szie aus schuldigen pflichten geschehen sollen, haben wir derhalb keinen lon zcufordern. nachdem aber got aus seiner milde und barmherczikeit [80] solchen unszern wercken, die belonung vorsprochen, haben wir uns des zcutrosten, weil der herre in allen szeinen worten getrewe, ia, die warheit selber ist und nimands betrewget. die ehere szeind wir ime durch unszern glawben und ungezcweiffelte zcuuorsicht zcugeben schuldig. aus deme hast due leicht abzcunemen, das wol unszere werck, ob szie gleich irem wert auch belonung gots, zcuuoraus die uns im ewigen leben widerfaren sal, unwirdig, so haben wir uns demnach dero aus der vorsprochenen gnade gots zcutrosten, wie wir dan die one sondere undanckbarkeit nit vorachten nach ausschlahen mogen.ahn [81] und damit ir mich recht vorstehet, so hat uns christus das ewige leben und die frewde desselbtigen erworben, also das solchs szeiner art nach eine gabe gots ist, die aus dem tewern ahj
P2, pag. 77 – gestr.: das wir aus schuldigen pflichten thun sollen; da wir solchs underlassen, vordinen wol gots straffe als die ungehorsamen, aber da wir solchs thun. ahk P2, pag. 77 – korr. aus: betrachten. ahl P2, pag. 78 – korr. aus: selber. ahm – ahm P2, pag. ahn 79 – nachgetr. P2, pag. 80f. – gestr.: nun ein ander exempel ein son ist szeinem vater–. 11 nach … schrifft] Pflug vermerkt 1 Ioan 3.
27 betrewget] betrügt.
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vordinst christi herruretaho und ist solch ewig leben eben die erbschafft, die den kindern gots geburet und ist dorumb geschaffen als umb eine (...), die ein vater szeinen kindern lest, welche szie nit aus irem vordinst, sondern alleine aus deme, das szie szeine kindere szeind, emphahen. und bekommet davon einer so vil als der andere [82] und wirdet derhalb in euangelischer schrifft dem denario diurno vorglichen, welcher gleich so reichlich deme, welcher die leczte stunde an die arbeit trat, gegeben wird, als deme, welcher die erste stunde angefangen zcu arbeiten und sich den ganczen tag ahpuber hartahp bemuhet hat. dan diser selikeit, welche origenes salutem nennet, wirdet das kindt, welchs balt nach der tawffe vorstirbet, gleichso wol teilhafftig als der, welcher lange gelebet und sich im guten seher bemuhet hat, aber gleich weil so einer nach emphangener gnade guts wirckt, der bekommt solche bgnadigung etwas mit einer grossen [83] glori dan der andere vormoge gotlicher vorheischung. und mag solcher zcusacz einem legato, damit ein vater seinen gehorsamen son bedencket, ahqvorglichen werden, dan soahq er emphehet, gegen szeinen wercken bgnadet wirdet. und ie mehe er mit deme ewigen glorien bgnadet wirdet, ie mehe er guts gethan, dan got als der vorgelter alles guten thuet uns belonung und vorgeltung nach unszern wercken, wie im buche der psalmen geschriben stehet. und ob wir wol gute werck, so uns im gesecze auffgeleget, als die kindere und knechte gots zcuthun schuldig, so haben wir uns doch der vorheischung, die unszern wercken geschehet, mit danckbarem gemute [84] zcutrosten, gleich wie der son, welchs schuldiger und pflichtiger gehorsam durch szeines vaters legaten bdacht und vorgolten wirdet, ime szeinem vater zcudancken und sich nit in sich selbst, sondern alleine in seines vaters geneigten willen zcurhumen hat. solchs alles ist der heiligen schrifft und der ehere gots allenthalb gemes und vorgleicht sich mit der krichischen tradition, die cristlich aus der heiligen veter authoritet erscheinet, dan chrisostomus, welchen ich hiebeuorn auch angezcogen, schreibet mit runden worten wie folget: maior merces augetur tibi (...) non spe mercedes operaris sed studio placendi domino. item audi tres pueros in medio ignis loquentes: peccavimus (...) iustus [85] es, domine, in omnibus quae fecisti nobis quoniam uero iudicio omnia iudicasti super nos. hoc est referre gratias Domino peccata ei propria confiteri, ut et nulla se aliquis reum faceatur malorum tum nulla pro his indigna se arbitretur aho P2, pag. 81 – gestr.: deste weniger sollen wir uns anmasszen, als bekommen wirs aus ahq – ahq P2, pag. 83 – nachgetr. ahp – ahp P2, pag. 82 – nachgetr. unszern vordinsten.
5 dem … hat] Mt 20, 12ff. | denario diurno] Mt 20, 2. 16 dan … stehet] eventuell Ps 28, 4. 25 krichischen] griechischen. 26 dan … worten] wahrscheinlich von anderer Hand. Randbemerkung Pflugs zu den Quellen: Chrysostomus de compunctione (...), homil. iii in mathaeum; Pflug zitiert in maior merces (...) supplicia in verändertem Wortlaut Chrysostomus, Commentarius in sanctum Matthaeum evangelistam, Homilia III, 5 (PG 57, 37f.): audi tres pueros dicentes: Peccavimus (...).
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ferre supplicia. caueamus igitur de nobis dicere gloriose, hoc enim nos et Deo et hominibus abominabilis facit et idcirco quanto (...) fecerimus bona, tanto de nobis minora dicamus. Sic enim uero maximam coram Deo et coram hominibus gloriam consequimur nec solum gloriam, quae a Deo est, (...) mercedem, retributionemque sed (...) noli igitur mercedem reposcere ut mereris accipere. in saluari te domini gratiam confiteri ut se ille te debitorem faceatur nec uero pro operibus tuis sed etiam pro sua gratia (...) sententia. Quando enim aliqua fecerimus habemus eum proculdubio debitorem; quando uero nihil arbitramur nos operatos amplius etiam de tali mereamur affectum quam opera ipsa quae facis. ita virtutum omnium merita bonum humilitatis exsuperat. quae si non assit nec illae possunt esse laudabiles haec illa. Augustinus sed reposita est nobis corona iustitiae dei quia iustum est, ut reddat quod resipiscendum promisit, non [86] quidem ex debito sed ex gratia item nihil tam ad mortem (...) quod morte christi non sanetur. tota spes mea est in morte Domini mei. mors eius meritum meum, refugium meum, salus, vita et resurrectio mea: meritum meum, miseratio Domini. non sum meriti inops. Bernhardus: neque enim talia sunt hominum merita, ut propterea vita aeterna debeatur ex iure, aut Deus iniuriam aliquam faceret, nisi eam donaret. Nam ut taceam quod merita omnia dona sunt Dei, ita et homo magis propter ipsa Deo debitor est, quam Deus homini; quid sunt merita omnia ad tantam gloriam? aus dieszem allem hast due zcuuornemen, ob gleich got seiner vorheischung nach die guten werck mit zceitlicher und ewiger belonung bgabet, das man solchen wercken nit [87] mehe zcumessen sal, dan die christliche demut, welche ein grundtfest ist, zcu allem gutem zculest. Ditterich: ich mus mit dir zcufriden szein, ahrungeachtet das ich michahr uberreden lassen, das eben ir altglewbigen die guten werck zcu seher auffmunczet und gleich unszerm herren got damit dem himmel ansuchen wolt. Eusebius: nein, lieber ditterich, es hat viel eine andere meinung, wie due gehort hast, aber damit sich der mensch von wegen solcher szeiner werck deste weniger zcuerheben habe, so szeind szie auch ahsan inen selbstahs gots gaben, wie ich hiebeuorn auch vormeldet. also wan szie got szeiner vorheischung nach gleich als einen vordinst auffnimmet, so szeind szie doch irer art nit vordinste, daher ahr – ahr
P2, pag. 87 – korr. aus: dan ich habe mich.
ahs – ahs
P2, pag. 87 – nachgetr.
1 caueamus … dicamus] Bernhard von Clairvaux, De statu virtutum, Vgl. PL 184, 796. 7 Quando … laudabiles] Bernhard von Clairvaux, De statu virtutum, Vgl. PL 184, 796. 13 nihil … inops] vermutlich von anderer Hand. Augustinus Aurelius, Manuale, Cap. XXIII; PL 40, 961. 16 neque … aus] vermutlich von anderer Hand. Bernhard von Clairvaux (1090-1153), In festo annuntiationis beatae Mariae virginis, Vgl. PL 183, 383. 31 so … gaben] Eph 2, 10.
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got, ahtwan er die belonetaht nit was unszer, sondern was szein ist, in uns cronen, also das wir ime [88] und nit uns derhalb dancken sollen, dan was haben wir, welchs wir von ime nit emphangen? haben wirs aber von ime emphangen, wurumb rhumen wir uns, als hetten wirs nit emphangen?ahu deste weniger sollen wir die belonung, welche got unszern wercken vorheischen hat, ausschlahen, sondern die, in massen szie uns in der schrifft vorgehalten, szein lassen, auff das wir uns guter werck deste mehe bevleissigen, weil wir sehen, das got daran gefallen hat und die, in massen wie ich angezceiget, alhie zceitlich und in [89] ihener welt belonetahv. in summa in dieser ganczen materien ist nichts, welches dem menschen nit ursache gibet, sich in got zcurhumen, dan erstlich ist der lon, zcuuoraus der lon des ewigen lebens, eine gabe gots, darumb wir ime alleine aller christlichen billigkeit nach dancken sollen. zcum andern ist das werck, welchem der lon vorsprochen wirdet, auch ahwan ime selberahw eine schone gabe gots, weil es eine wirckung des heiligen geists ist und von der eingegossenen liebe herflewst. und ob es gleich ein vordinst gnant wirdet, so wissen wir doch, in welchem vorstande solcher ahxden wercken der vordinst zcugeleget wirdet,ahx nicht das das werck nach szeinem wert solchen vordinst mitbringe, sondern das [90] ime der lon vormoge gotlicher vorheischungen mitgeteilet wirdet und ist wie unszere theologen seczen (...), weil dan nun meine ausgefurte meinung der heiligen schrifft der krichischen tradition und der ehere gots allenthalb gemes, ahyso sal mans ie billich dabei bleiben lassen.ahy Ditterich: wie meinest due, timotheo. lassen.ahz
ahzwir
werdens dabei musszen wenden
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Timotheus: ich weis alhie nit zcufechten, dan [91] die grunde, welche eusebius vorbracht, szeind so feste und bestendig, das szie von uns nit werden mogen widerleget werden und hette sorge, aiada wir dawider etwas auffbringen wolten, es wurde das ansehen gewinnen, als werenaia wir uns selber (...) widerwertig, weil unszer melanthon das meritum operum zcugelassen und eingerewmpt hat.
aht – aht
ahu P2, pag. 88 – gestr.: horet alhie weiter den heiligen P2, pag. 87 – nachgetr. ahv ahw – ahw P2, pag. 89 – nachgetr. augustinus. P2, pag. 89 – korr. aus: belonen wil. ahx – ahx P2, pag. 89 – nachgetr. ahy – ahy P2, pag. 90 – nachgetr. ahz – ahz P2, pag. 90 – aia – aia P2, pag. 91 – korr. aus: man werde uns zceihen. gestr.
2 dan … emphangen1] 1 Kor 4, 7. 19 ] 7 Zeilen schwer lesbar: opus (...) per se (...) sed acceptatione Dei. hirzcu stimmen die zcwei ansehenliche (...). 30 eingerewmpt] eingeräumt.
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Ditterich: wue? in szeinen locis communibus. far fort, eusebius. Eusebius: nachdem ir nun angehoret, wie und welcher gestalt der mensch leben und das arge meiden und gutes thun sal, damit er in der gnadeaib [92] gotsaic vorharren, bestehen und in allem gutem zcunemen moge, so sollet ir alhie weiter betrachten, wie es umb die gerechtikeit des herczens, welchs einem christen durch die ernewerung des heiligen geists eingegossen wirdet aidund die schone fruchte guter werck bringetaid, geschaffen szei, nemlich das szie durch die libe gezciret, auch grosser dan der phariseer und schrifftgelarten gerechtikeit geweszen szein mus, dan sollen wir gots kinder szein (welchs einem iden, welcher selig werden sal, vonnoten), so mussen [93] wir nach dem ebenbilde gots ernewert werden, in massen der heilige paulus meldet. nun stehet solch ebenbilde auff der liebe. aieita Deus charitas est, wie der heilige ioannes schreibetaie. deste weniger kan und mag ein christ, der selig sal werden, solcher liebe darben. und ob nun wol die schrifftgelarten und die phariseer sich des geschribenen geseczs seher beruhemet, gleichwol weil szie der liebe gemangelt, welche nit von natur, sondern von der gnade gots herflewst, aifist das erfolgetaif, das ob szie gleich nach dem eusserlichen schein from und gerecht gewesen, doch im herczen untugentlich und unrecht gebliben szeind [94] aigund sich also des zcorns und der ungnade gots nit haben entladen mogenaig, deste weniger hat solche gerechtikeit vor gotte, welcher ein erforscher der herczen ist, bestehen mogen, aiheben die schrifftgelarten und phariseeraii, weil szie durch die gnade des heligen geists in irem herczen nit ernewert worden, haben szie nit mit willen, sondern aus gezcwang des geseczs und forcht der straffe dem eusserliche volge gethan und wue es one solchen gezcwang und forcht gewesen,aih [95] ia, das gesecze, wan die gnade gots des heiligen geists nit darczu kommet und des menschen gemute und her-
aib
aic P2, pag. 91 – gestr.: und P2, pag. 91 – korr. aus: von got gegebenen gerechtikeit. aid – aid aie – aie aif P2, pag. allem gutem. P2, pag. 91 – nachgetr. P2, pag. 93 – nachgetr. aig – aig P2, pag. 94 – gestr. aih – aih P2, pag. 94 – korr. aus: dan ob gleich, 93 – nachgetr. was im gesecze gebotten, eusserlicher weisze gethan, so ist doch solchs nit aus guten willen geschehen, sondern alleine aus forcht und gezcwang des geseczs. und wue one solchen gezcwang und forcht gewesen, hetten szie das gegenspil, darczu sie geneigt geweszen, lieber aii Zu den Pharisäern und deren Gesetzestreue, siehe P1, fol. 101r. geubet.
1 in … communibus] „Siquidem ea sola fides iustificat, meritorum nostrorum, operum nostrorum nullus plane respectus est, sed solorum meritorum Christi.“ (nach Engelland 1952, 123). 9 auch … mus] Mt 5, 20. 11 so … werden] Kol 3, 10. 13 ita … est] 1 Joh 4, 16. (Pflug: 1 Joh 3). 21 welcher … ist] Röm 8, 27.
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zcen vonn argen abschawig und zcum gutem geneigt macht, soaij ist es derart, das es dem menschen nit besser, sondern erger machet, dan ie hefftiger es vorbewtet, was da arg ist, ie mehe er, der unernewerte mensch, darczu geneigt wirdet. daher wirdet [96] aikdas gesecze an im selberaik als eine ursache der gnade vom apostel anzcogen. weil nun deme allem also, so folget und ist unwidersprechlich war, das die eingegossene gerechtikeit eines christen menschen muss grosser szein dan dero schrifftgelarten und phariseer, ia aller derer, so ausserhalb der gnade gots leben. darumb dan christus selber saget, es szei dan, das ewre gerechtikeit der schrifftgelarten und phariseer gerechtikeit ubertreffe, so wirdet ins himmelreich nit eingehen. und wiewol es mit der eingegossenen christlichen gerechtikeit diese gestalt haben sal, so ist szie doch der ursprunglichen gerechtikeit, solche unszere ersten eltern auff uns haben bringen sollen, nit gleich, wie [97] ich hiebeuorn auch vormeldet, dan die ursprungliche gerechtikeit hette nit alleine alle sunde, sondern auch alle mengel vom menschen ausgeschlossen, dan der mit der gezciret were worden, dessen underste kreffte weren den obersten underworffen und gehorsam gewesen, hette one alle mengel und sunde leben mogen und gancz volkomlich und unsterblich gewesen. Aber mit der eingegossenen gerechtikeit der christen hat es eine andere gestalt, dan ob der mensche, welcher solche aus dem brunnen des heilands scheppfet, gleich volkomlicher ist dan ein schrifftgelarter ader phariseer, ob er gleich nach szeinem vormogen dem gesecze gots zcum vleissigsten nachkommet, so lebet er doch one widerseczikeit szeines fleischs nit, ia, er lebet auch one alle sunde nit, [98] dan wie der apostel zcum galatern seczet, so widerstrebet das fleisch in dem menschen, der alhie lebet und vegetiret. so schreibet der heilige iohannes, wer do saget, das er sunde ailnit habeail, der betrewget sich selber und ist die warheit in ime nit, aber gleichwol kan er aus der liebe nach dem stande aimdes gegenwertigen lebensaim leben und ob wol nit nach der gar volkommenen, doch nach der geringern gerechtikeit, die wir alhie auff ertreich erlangen mogen, dem gesecze gots nachkommen und gerecht szein. Ditterich: due [99] gehest zcu weit mit deme, das due angibest, als konnen wir dem gesecze gots nach kommen, dan die unszern halten: quae mandata dei impossibilia sunt. aij
P2, pag. 95 – gestr.: schadet es dem menschen mehe, dan es ime furderet. daher spricht der apostel, das der buchstabe des geseczs todte, der geist aber mach lebendig. item das das gesecze vorursache die sunde, dan ob es wol vorbewtet, was man lassen und gebewtet, was man aik – aik P2, pag. 96 – thun sal, so gibet es doch die krafft nit, das man mit willen thun. – aim ail – ail aim P2, pag. 98 – gestr. nachgetr. P2, pag. 98 – nachgetr. 1 abschawig] unwillig, hier: vom Argen abbringen. 2 vorbewtet] verbietet. 8 es … eingehen] Mt 5, 20. 24 wer … nit] 1 Joh 1, 8.
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das … wirdet] Röm 7, 20f. 23 so1 … vegetiret] Gal 5, 17.
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Eusebius: ich weis wol, das die ewren der meinung szeind, aber der heilige apostel paulus ist unszerer meinung gewesen, dem man billicher glawben solte, dan den ewern. Ditterich: zceige an, wue und wie der apostel von den dingen schreibet. Eusebius: zcu den romern am 12 schreibet er: nam qui proximum diliget legem adimplevit. non adulterabis, non occides, non falsum testimonium dices, et si quod est aliud mandatum in hoc verbo instauratur, diliges proximum sicut te ipsum. hie siehest due, das ein christ, der aus der liebe lebet, [100] das gesecze erfullen mag, welchs nit meine, sondern gots, des heiligen geists, lare ist. Ditterich: wie kan einer das grosse gebot im gesecze erfullen, due salst ainvormoge desselbtigenain gotte lieben aus ganczem deinem herczen, aus ganczer deiner sele, aioaus ganczen deinen krefftenaio, welche alhie auff ertboden, aipehe dan er zcu got ins ewige vaterland kommet, erfullen kan. solchs mag ein ider aus den umbstenden erkennen, so zceiget es ewer augustinus mit guten runden worten.aip Eusebius: aiqwas ist gutaiq, das wir dis gebot, weil es zcu gar volkommenen gerechtikeit, die wir erst in ihener welt erlangen werden, gehoret, ehe dan wir in ihene welt kommen, nit erfullen konnen, aber gleichwol konnen wir nach der geringern gerechtikeit, [101] die uns in diesem leben mitgeteilet wirdet, airdie zcehen gebotair erfullen, in massen der apostel in icztallegereiter stelle aismit klaren und ausgedruckten wortenais zcewget. hirausait bfinden wir, wie wir dis fals distinguiren sollen, damit die schrifft nit wider sich selber lawffe. und ob wir gleich das gesecze auff die masse und weisze, wie iczo angezceigt, erfullen mogen, so folget doch daraus nit, das wir in die gar volkommene unschuld eintreten, sondern das wir one sunde nit leben.
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Ditterich: wie konnen wir dem gesecze, wie due anzceigest, geleben und doch one sunde nit leben? ist nit eines dem andern widerwertig? Eusebius: alhie mussen wir aber distinguiren, auff das dem geist gots in der ain – ain P2, pag. 100 – nachgetr. aio – aio P2, pag. 100 – nachgetr. aip – aip P2, pag. 100 – korr. air – air P2, pag. 101 – nachgetr. aiq – aiq schwer lesbar. aus: nimands erfullen kan. ais – ais P2, pag. 101 – nachgetr. ait P2, pag. 101 – korr. aus: aus diser distinction.
7 zcu … mag] Röm 13, 8-10. Pflug irrt im Kapitel, indem er 13 auf 12 korrigierte. Er zitiert Röm 13, 9 unvollständig. 13 das … gesecze] Mt 22, 36. | due … ] Mt 22, 37 und Lk 10, 27.
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schrifft nit widerwertige reden zcugemessen werden. [102] vorstehet mich recht. der gerechte und ernewerte mensche lebet one sunde und lebet nit one sunde. one sunde lebet er, in deme das er sich der sunde, so wider die liebe lawffe, entheldet. darumb spricht iohannes, der aus gotte geboren ist, sondiget nit, weil der same gots, welchs ist die liebe, wie augustinus schreibet, in ime bleibet. und eben der lebet one sunde auch nit, weil er aus schwacheit teglich fellet, aiuaber gleichwol ob eraiu strawchelt und weniger ader mehe thuet, dan er aivder volkommenen gerechtikeit nachaiv thun sal, [103] so handelt er doch nit wider die liebe gots und szeines nestens. dis szeind nun die tegliche sunde, one welche auch die heiligen nit leben. daher meldet der heilige ioannes, das der, welcher saget, das er keine sunde habe, der aiwbetruge sich selberaiw und szei die warheit in ime nit und ist zcu erklerung dieses punctsaix der gemeinen kirchen bschlus wider die pelagianer also gestalt, das der gerechte one laster und vordamliche sunde lebet, aber nit one tegliche sunde, das aber der gerechte nit one solche sunde alhie lebet. solchs hat mergliche ursache, dan weil der mensch durch szeine hoffart die ursprungliche gerechtikeit vorloren, so wirdet ime iczo auffgeleget, das er in der gebrechlikeit [104] szein heil wircken mus, und das er one sunde nit lebe, damit er in christlicher demut szein leben furen mus. und habe deste mehe ursache, nach dem ewigen und ganczen volkommenen zcutrachten. hierein sal nun unsere tegliche bitte, welche uns der herre selber vorgeschlagen, gerechter szein, nemlich das uns der herre unszere sunde vorgebe, wie wir unszeren sundigern vorgebenaiy, und erlose uns von allem ubel. und wiewol die tegliche sunde, one welche wir nit leben, geringer szeind dan die vordamlichen und todsunden, dero wir uns enthalten mogen, weil uns die irer art nach [105] aus der gnade gots in die ungnade als bald seczen und dem zcorn gots underwerffen, die teglichen aber nit, so fern wir die erkennen, uns iret halb demutigen und aus unszerm glawben leben, dan als dan hindern sie uns an unszerer seelen selikeit, wan wir die aizaus hoffartaiz nit erkennen wollen, sondern uns, als lebten wir one alle sunde, gancz volkommener unschuld anmasten, dan wer also gesunet ist, deme reiczt got zcu der scherffe szeines gerichts in welchem scharffgericht, kein lebendiger bestehen kan. von solchem gerichte truge der heilige davidaja abschaw, da er sprach, non intres in iuditium cum servo tuo, Domine.akcnam in conspectu tuo non iustificabitur omnis aiu – aiu
aiv – aiv P2, pag. 102 – nachgetr. P2, pag. 102 – korr. aus: dan ob der gleich. aix P2, pag. 103 – korr. aus: handels. aiy P2, pag. 103 – P2, pag. 103 – nachgetr. aiz – aiz P2, pag. 105 – nachgetr. aja Zu Ps 143, 2, siehe P1, fol. 107r. korr. aus: vorzceihen. aiw – aiw
4 der1 … nit] 1 Joh 3, 9. | weil … bleibet] Augustinus zu „Gott ist die Liebe“ in De Trinitate, Liber XV, 17 (PL 42). 10 das1 … nit] 1 Joh 1, 8. 12 der … pelagianer] Der Pelagianismus lehnte die Erbsünde ab und vertrat die Möglichkeit eines sündlosen Menschseins. Auf der Generalsynode zu Karthago wurde der Pelagianismus 418 verdammt. Vgl. TRE 26, 176ff. 20 das … ubel] Mt 6, 12–13. 31 non … vivens1] Ps 142.
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vivens. omnis vivens (inquit Augustinus) [106] hic utique vivens, moriturus vivens, natus homo, ex hominibus vivens, de Adam, Adam vivens; omnis ita vivens iustificari potest sese coram se. sibi placens, tibi displicens, coram te non iustificabitur omnis vivens. Noli ergo intrare mecum in iudicium, Domine, deus meus. quantumlibet rectus videar mihi, producis et thesauro tuo regulam coaptas me ad eam et pravus invenior. weil nun dem also, so wil einem christen zcum bestande in szeiner emphangenen gerechtikeit vonnoten szein, weil er teglich sondiget, das er tegliche ajbbus thue, also das erajb szeine sunde erkenne, sich mit demutigem herczen vor got demutige und in umb vorzceihung bitte, und das er daneben die todsunde, welche ajcein bos gewissen machtajc, meide und aus szeinem glawben lebe, [107] wie dem menschen, welcher erstlich zcu der gnade kommet, ajddie busse vonnoten istajd, das er szeiner sonden entladen und gerecht werden mag. also ist ajeer auch der iczterzcelten teglichen busse notdorfftigaje, auff das er von der erlangten gerechtikeit nit ausfalle und die wider vorlire. darneben wil ime auch vonnoten szein, das er in deme, das er den gebotten gots, so viel ime merglich nachkommen, ein gut gewissen behalte, und aus szeinem glawben der gestalt lebe, das er sich nit in ime selbst, sondern in gotte rhume, klage sich erstlich und im anfange szeiner rede selber an, gebe ime die uneher und gotte alleine die ehere, [108] nach der weise, die uns der heilige augustinus contra duas epistulas Pelagianorum vorschleget, daher gehet nun der ausgedruckte ajfbeuelh pauliajf, streite einen guten streit und habe den glawben und ein gut gewissen, welcher an einen anderm orte wil, das nach dem prophetischen spruch abacuc, der gerechte aus szeinem glawben leben solle. welcher nun dergestalt sich demutiget und so viel guts thuet, als er thun kan, ajgund darneben aus szeinem glawben lebet, wie ich iczo dargethanajg, der bestehet in szeiner erlangten gnade bis an szein ende und schaden ime szeine tegliche sunde gar nichts, ia, er mag das scharffe gericht gots meiden, und vor dem gericht gots, welchs aus barmherczikeit von ime gehalten wirdet, sicher erscheinen. und da der reichen vorsprochenen belonung gots gewertig szein, wie [109] ich hiebeuorn auch angezceigt. und wiewol der gerechte wandel eines christen menschen, davon wir
ajb – ajb
ajc – ajc P2, pag. 106 – korr. aus: wider das gewissen. P2, pag. 106 – nachgetr. aje – aje P2, pag. 107 – korr. aus: vonnoten ist, das szeine sonden demutiglich berawhe. P2, pag. 107 – korr. aus: ime vonnoten, wan er die gerechtikeit durch gots gnedige vorleihung ajf – ajf P2, pag. 108 – nachgetr. ajg – ajg P2, pag. erlangt; der teglichen busse notdorfftig. 108 – nachgetr. ajd – ajd
1 omnis … invenior] Augustinus in Enarrationes in Psalmos (PL 37, 1848f.). 19 augustinus … Pelagianorum] Pflug gibt an: Liber III. Augustinus Contra duas epistulas Pelagianorum (PL 44, 550–638). 21 beuelh] Befehl. | streite … gewissen] 1 Tim 1, 18–19. 23 der … solle] Röm 1, 17 mit Zitat von Hab 2, 4. 28 und … szein] 1 Tim 4, 4.
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alhie handeln, auff dem stehet, das wir nuchtern, gotselig und gerecht leben sollen, dan also schreibet der heilige paulus szeinem tito. und weil die gebot gots im decalog in der ersten taffeln, was zcur gotselikeit und die gebot der andern taffeln, was zcur gerechtikeit gehoret, bgreiffen und ordenen, ist von unnoten, das man von den beiden alhie weitlewfftig handele, weil diese dinge auch durch die gemeinen catechismus nach notdorfft erkleret worden. aber so vil das nuchterne leben belanged, ob gleich solchs im gesecze so klar nit vorfast, so gibet doch schrifft [110] davon anzceigung genug, dan weil solche gebewt, das wir unszerer seelen erbaren sollen, erscheinet, was der wille gots dis fals erfordere, nemlich das wir durch die trunckheit uns unszerer vornunfft nit berawben und das wir uns mit solchem laster deste weniger beladen sollen, weil es nit alleine an ime selbst arg und schade ist, sondern auch zcu andern groben lastern mergliche ursache gibet. derhalb sollen des heiligen geists beuelh, da er spricht, szeid nuchtern etc, eindencke szein, uns auch des schwelgens und fulsawffens, so lieb uns gots gnade ist, enthalden. und wil solchs umb so vil deste vleissiger dem volck einzubilden szein, weil es von vielen one schewe getriben und schir nit mehe vor einen sunde wil gehalten [111]ajh werden. Timotheus: es were hoch vonnoten, das nit alleine die sehelsorger, sondern auch die weltlichen obirkeiten solch laster straffen, welchs so gar uberhand nimmet und manchen zcu allem gutem ungeschickt machet und ime zcu einem vihischem weszen geredt. Eusebius: [113] bis daher habe ich gehandelt vom bstande des menschens und von guten wercken. und wue darinnen kein bedencken hettet, wolt ich fortschreitten. Ditterich: was die werck, so got gebotten, belangedaji, szeind wir mit dir eins. wie aber mit den ajjwercken, die nit gebotten,ajj die ir opera super erogationis nennet?
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Eusebius: weil die nit gebotten, so achten wir szie irer art nach unnotdorfftig, ajh P2, pag. 112 – vacat. 112vff.
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P2, pag. 113 – korr. aus: anlanged.
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Siehe P1, fol.
1 das … sollen] Tit 2, 2. 10 trunckheit] 1 Kor 6, 10. 13 szeid nuchtern] 1 Petr 5, 8. 1 Thess 5, 6–8. 29 opera … erogationis] Freiwillige Werke, die über Gottes Forderungen hinausgehen. Vgl. Bray (1994, 292), darin 42 Artikel verfasst vom Erzbischof Cranmer im Jahr 1553. Insbesondere Art. 13: „Opera quae supererogationis appellant, non possunt sine arrogantia et impietate praedicari, nam illis declarant homines non tantum se Deo reddere quae tenentur, sed plus in eius gratiam facere quam deberent; cum aperte Christus dicat: Cum feceritis omnia quaecunque praecepta sunt vobis, dicite: Servii inutiles sumus.“
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sondern wilkorlich. underlest einer die, so sundiget er nit. thuet er aber die und solchs aus einem gutem gemute, so thuet er got zcugefallen. Ditterich: nun sagen die unszern, das die dinge, so got nit geboten, ime nit gefallen. Eusebius: dieser grundt, auff welchen die ewern zcum teil bawen, tawg [114] nichts, dan das ist ia klar und offenbar, das christus nit ajkgebotten, sondern gerathen,ajk keuscheit zcuhalten und uns des zceitlichen guts zcuuorzceihen. und ob wol die dinge nit vonnoten, wie die gebottenen dinge, so szeind szie doch gut. und stehet auff unszerer wilkor, ob wir solche thun wollen ader nit. und da szie got nit gefallen solten, darumb das szie von ime nit gebotten weren, werde christus mit berurten seinen rethen nit wider gots willen gehandelt haben? welchs keine one gots lesterung gedencken, viel weniger sagen kan. zcu deme bfindet, das man ausserhalb solcher rethe gotte zcugefallen thun kan in dingen, die er nit gebotten, wie das exempel der [115] rechabiter auch die nachlassung des stipendium, welchs paulus zcufordern hatte, ausweiszet. Timotheus: ajlgenug von deme. last schreitten nun fort zcu deme, was nach uberig ist.ajl
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Eusebius: weil ich die wege, dadurch einer in der gnade gots bestehen kan, nach der lenge vorbracht und ausgefuret, so last uns nun sehen, wie einer, welcher von solcher gnaden ausgefallen, herwider kommen solle und moge. 25
Timotheus: ia recht, lieber eusebius. Eusebius:ajm so balt sich der mensch nach emphangener gnade gots in tod und vordamliche sunde vortewfft, der fellet aus solcher gnade und vorlewret die holde und kundschafft gots und [116] wirdet von deme reich gots ausgeschlossen, ajnso lange er nit herwider kommet,ajn weil er ist ein knecht der sunden, des tewffels dinstpote und ein kind des zcorns und vordint solchen szeinen armseligen stand durch szeine undanckbare und straffliche mishandelung nurent ajk – ajk
P2, pag. 114 – korr. aus: gebotten, sondern freie gestalt wirdet, ob wir solchs thun ajl – ajl P2, pag. 115 – nachgetr. ajm P2, pag. 115 – gestr.: wie sorglich es wollen ader nit. szei, aus der erlangten gnade zcufallen, welchs sich zcutreget, wan wir uns in todsunde ajn – ajn P2, pag. 116 – gestr. vortewffen, erscheinet aus deme, das ein–. 9 keuscheit zcuhalten] Mt 19, 12. 1 Kor 7. | des … zcuuorzceihen] Mt 19, 21. 16 rechabiter] Siehe Anm. zu P1, fol. 113v. 17 welchs … hatte] Röm 13, 6f. Siehe P1, fol. 113v. 29 vortewfft] vertieft. | vorlewret] verliert.
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wol, weil er dadurch den heiligen geist betrubet und das blut christi mit fussen trit, alles nach inhalt apostolischer schrifft. so nun der vor szeinem ende nit herwider kommet, hat er nichts gewissers zcugewarten dan die qwal des hellischen fewers zcur ewigen pein. da wirdet szein worm nit sterben nach szein fewer dadurch gestrafft vorleschen, wie im esaia geschriben stehet, und wirdet gar [117] vil hefftiger gepeiniget werden, dan so er gotte nihe erkant hette nach sich zcu ime keret, dan ein solcher mensch fellet widerumb wie ein schwein nach der schwemme in den vorigen unflat, welczet sich darinnen, wie der apostel petrus schreibet und werden ihene leczere ding erger als die ersten. das sal nun der mensch ajowohl betrachten, seine sunde hertzlich berauhen, dauon absehen, sich vor dem herrn demutigen und darauf durch seinen glauben gute zuuersicht in der barmhertzigkeit gottes und den vordinsten christi zuflucht haben.ajo welcher gestalt got, der heilige geist in gotlicher schrifft uns zcu den fruchten der bussze und den guten wercken, dadurch der got mag zcu gnaden bewogen werden, das er szeine zceitliche straffe fallen lasse oder miltere, habet ir iczo vornommen. hirczu stimmen die heiligen vetere [118] cyprianus, chrisostomus, augustinus und andere meher, neben deme das die gancze christenheit solch dogma angenommen, und solchs one zcweiffel der krichischen tradition gemes ist. Ditterich: lieber eusebius, due kommest alhie auff die satisfaction und genugthuung, welche an ir selbst einem menschen, welcher durch die genugthuung christi selig wirdet, mag zcugelegt werden. Eusebius: so ist auch dises dogma fast besserlich, dan wie der mensche szein vortrawen in got stelle, wil ime vonnoten szein, das er sich der barmherczikeit gots seher troste. [119] aber damit er sich vor dem argen hute und abwende, sal er die gerechtikeit gots und den ernst, welchen er wider die sunde gebrawcht, deste mehe zcu gemute furen. darzcu dienet nun, das got, der herre, ime die zceitliche straffe wider die, so wider gefallen, und szeinen zcorn umb so vil deste mehe vordinet vorbeheldet, welchs weil es der gerechtikeit gots gemes, so kan es szeiner eher nit ungemesz szein. so sollet ir euch erinnern, das eben die ewern im colloqium zcu regensburg anno 41 solche satisfaction zcugelasszen und uns altglewbigen eingerewmet hatten, dabei irs, wie ir wider euch selber nit fechten, billig lassen soltet. [120] und damit wir bescheiden in den dingen faren und den dingen nit zcu vil ader zcu wenig thun, so sollen wir glewben und es davor ganczlich helden, das wir durch die satisfaction christi der schuld entladen und ajo – ajo
P2, pag. 117 – nachgetr. von anderer Hand.
1 weil … betrubet] Eph 4, 30. 4 da … vorleschen] Jes 66, 24. 22. 32 zcu … 41] Vgl. Ganzer / zur Mühlen (2007, 83–117).
7 wie … darinnen] 2 Petr 2,
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vor der ewigen pein vorsehert werden. und ob wir gleich nach zceitlich gestrafft werden, das uns doch solchs von der ewigen selikeit nit ausschlisse und weil solche straffe nach gots vorheischung alsdan weggethan ader gemiltert werden, wan wir die angezeigten fruchte der busse ajpund satisfactionajp thun. und mag diese satisfaction (wie man sie nennet) bei der satisfaction [121] christi wol stehen, wie szie dan enander nit widerwertig szeind und wie die erst den menschen von der sunde ajqund dem freuelajq abzcewhet, szo furet uns die andere dahin, das wir gotte ajrdeste meheajr vortrawen und uns szeiner milde trosten, welchs beids wol beienander stehet. dis alles, welchs ich erzcelet, sal der mensche, welcher aus gots gnade gefallen, wol berichtet und darneben erinnert werden, das hirczu das sacrament der bussze wol diene und das er solchs, so fern ers haben mag, keines wegs vorachte. [122] was aber hiraus vor frucht und nucz erwachsen mag, sal volgend an szeiner stelle meldung geschehen. und sal der mensche underrichtet werden, ob er wol, so offt er fellet, herwider kommen mag und der barmherczikeit gots und der tewren vordinste christi zcu diser zceit gewis ist, so solle er doch auff die gnade gots nit sundigen, ajssondern szein heil mit forcht und zittern wircken nach apostolischer laer.ajs da er aber wider gefallen, sal er deste ehe auffstehen und zcu gotte zcuflucht haben, damit er szein heil nit vorsewme, wie den tollen jungfrawen widerfaren. davor wolle uns got szeiner barmherczikeit nach aus gnaden behuten. es sal auch einer, welcher herwider gebracht worden, in massen ich iczo angezceiget, sich vor der sunde, dadurch er got erzcornen mochte, vleissig huten und der stimme christi eindencke sein, gehe hin und sundige nit mehe, auff das dir nit ein ergers begegne. Timotheus: wie sal sich aber einer halten, wan er sterben und von dieser welt abscheiden sal? Eusebius: [123] in ime selber mus er in demut szeine sunde berawhen ajtund sich durch szeinen glawbenajt vor gotte demutigen als der, welcher in der eussersten not ajuund angstaju stecket und der barmherczikeit gots, auch der heilwertigen vordinste christi zcum hochsten bdarff. und ajvhirneben sal er nit vorzcweiffelnajv, sondern die vorsprochene barmherczikeit gots sich auffrichten lassen und szeinen glawben und vortrawen in die wunden christi stellen. daher dienen die gar trostlichen vorheischungen christi, welche aus dem munde der hochsten warheit herajp – ajp
ajq – ajq P2, pag. 121 – nachgetr. ajr – ajr P2, pag. 121 – gestr. P2, pag. 120 – gestr. ajt – ajt P2, pag. 123 – gestr. P2, pag. 122 – korr. aus: ader aber darinnen vorharren. aju – aju P2, pag. 123 – nachgetr. ajv – ajv P2, pag. 123 – korr. aus: hirauff sal in christus widerumb auffrichten lassen. ajs – ajs
7 freuel] Frevel. 16 so … sundigen] Röm 6, 15. | sondern … wircken] Phlm 2, 12. 19 wie … widerfaren] Mt 25, 1–13. 28 berawhen] bereuen.
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rurenajw, nemlich also hat got die welt gelibet, das er szeines eingebornen sons nit vorschonet, sondern den vor uns dargegeben, [124] auff das ein ider, der in in glewbe nit vorterbe, sondern habe das ewige leben. item ich bin die aufferstehung und das leben. welcher in mich glewbet, der wirdet in ewikeit nit sterben, sondern von tode ins leben eingehen. derhalb wil einem idem menschen am anfang, wan er zcu got kommen sal, ia auch dem, welcher in die gnade gots eingetreten ader nach szeinem falle wider darein kommen sal, vonnoten szein, die christliche demut neben dem glawben in got zcuhaltenajx, ajyauff das er nit auff sich selber bawe, sondern auff die barmherczikeit gots und die vordinste christi.ajy wie vil mehe wil einem vonnoten szein, das er in szeinen tods noten sich szein vormogen darnider schlahe und alleine in der barmherczikeit gots [125] und vordinsten christi troste und szein vortrawen auch hoffnung stelle. und damit ir zcuspuren habet, das solchs nit weniger der krichischen tradition als der ehere gots gemes, (welchs an ime selbst offenbar und unlewckbar), so sal euch auch gemeiner kirchen (...) [126]ajz gewonheit dis fals vorgebracht werden, dan wir bfinden in einer romischen und italienischen agenden nachfolgende fragstucke, die einem schwachen menschen in szeinem todbette sollen vorgehalten werden, nemlich: credis non propriis te meritis sed crucis domini nostri merito ad gloriam peruenire? si responderet aegrotus: credo. quia iterum interrogatur: credis, quod dominus noster iesus christus nostra salute mortuus sit; credis, quod ex propriis meritis et alio merito nemo possit saluari nisi merito passionis eius. si responderet aegrotus: etiam. dicat ei sacerdos: redde ei gratiam toto corde quantum potes illius passioni te accomoda ipsam ore cogita et ora quantum potes (...) Addit ad [127] extremum sacerdos si dominus deus uoluerit te secundum tua peccata iudicare dicas: domine deus, ego pono mortem domini mei iesu christi inter me et iudicium tuum et quamquam (...) aeternam mortem propter peccata mea interpono tamen meritum passionis eiusdem loco meriti, quod ego deberem habere et non habeo. item domine pono eandem passionem tuam inter me et iram tuam et in manus tuas commendo spiritum meum. dergleichen hat anshelmus, der erczbischoff zcu canturiaria in engeland auch geordenet, nemlich: Credis te, non posse nisi per mortem christi saluari? S. responderet (...): etiam. tum ille dicat, age (...) dum in te superest anima, in hac sola morte constitue fiduciam in nulla alia re fiduciam habe, in hac totum te contege, [128] in hac totum te (...), totum inuolue, si dominus deus voluerit te iudicare. domine, domini iesu christi obicio inter me et tuum iudicium aliter te cum non contendo. si dixerit tibi, quod meruisti damnationem, dic: domine, mortem domini nostri iesu christi obtendo inter te ajw P2, pag. 123 – korr. aus: herflissen. ajx P2, pag. 124 – nachgetr. ajz Zur Sterbeliturgie, siehe P1, fol. 109r–110v. gestr.
ajy – ajy
P2, pag. 124 –
1 also … leben] Joh 3, 16. 3 item … eingehen] Joh 11, 25–26. 29 anshelmus … Credis] Anselm von Canterbury (1033-1109), Vgl. auch Fischer (1987, 1363ff.).
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et merita mea mala, ipsiusque meritum offero pro meo merito, quod ego debuissem habere et non habeo. si dixerit, quod tibi est iratus, dic: mortem domini nostri iesu christi oppono inter me et iram tuam. Ditterich: akaich habe den bericht vorhin nihe gehoret.aka ich mus alhie recht berichten, ich hette nit gemeinet, das ir gleichwol in ewren kirchen diese weisze hettet die krancken arcznei bringen, das szie [129] sich den tewren vordinsten christi dermassen, wie ich von dir angehoret, beuelen solten und auff das leiden und sterben christi sich dermassen stewern solten. vor meine person muss ichs sehr gut sein lassen.
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Timotheus: und ich. Eusebius: akbund damit ich von den vornemlichsten puncten christlicher laer schlisse, so stelle ich in keinen zcweiffel, ir hat gehort, wie und welcher gestaltakb [130] wir uns allenthalb sollen halten, auff das wir aus der ungnade in die gnade treten, darinnen vorharren und bestehen und da wir daraus gefallen, wie wir darein wider geseczt mogen werden. und in summa das wir in allem unszerm thun und lassen uns in uns selber demutigen und alleine in christo auffrichten, trosten und rhumen und in rechter, warer, christlicher demut, glawben und gotselikeit unszer leben hinbringen und nach disem vorgenglichem leben in das ewige leben eingehen mogen. [131] darzcu helffe uns allen der almechtige barmherczige und gutige got und vater unszers herrens iesu christi. Amen. Timotheus: wie due die materia, so due zcur hand genommen, ausgefuret und erkleret hast, konte ich damit wol zcufriden sein. nachdem dis ewre laer ist, wuste ich nit, wurumb wir mit euch derhalb zcancken solten, aber wan ich unszere gelarten und predicanten hore und denen folge, so kan ich in solcher materia mit euch nit eins szein und weis schir nit, wueher sich solchs vorursache.
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[132] Eusebius: die ursache ist leicht zcufinden, dan erstlich damit akcewre gelarten und predicantenakc nurent uneinikeit stifften mogen, so vorkeren szie unszerer kirchen meinung und messen ir eczliche irsal zcu, der szie doch gancz unschuldig. zcum andern so neweren szie zcu vil und treiben eczlich grobe irsal ins volck, als wan szie vorgeben, das gute werck zcur selikeit schedlich ader aber das gute werck irer art nach tod sunde szeind, und machen also got, von welchem die guten werck herkommen, zcu einem anstiffter des argens nit mit geringer
aka – aka
akb – akb P2, pag. 129 – korr. aus: weil wir nun dahin kommen, das P2, pag. 128 – gestr. wir durch gots gnedige vorleihung uns in den vornemlichsten puncten christlicher laer uns akc – akc P2, pag. 132 – nachgetr. vorgleichen.
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gotslesterung, wan szie sich iren [133] calvinirens enthilten, desgleichen von guten wercken die messzen hilten, wie der geist gots in der schrift heldet und in algemeiner kirche gar von alters wolher kommen ist, so konten wir uns leicht vorgleichen. zcu was frommen und nucz des christglewbigen volcks ist leicht zcuermessen, weil wir sehen und bfinden, was der gegenfal vor schaden und hochen nachteil vorursacht und einfuret. umb so vil deste mehe sollen wir uns christlicher bescheidenheit und einikeit bevleissen und got von herczen anruffen, das er uns szeinen heiligen geist, nemlich den geist der gelindekeit, und ware liebe, welche erbawet, vorleihen wolle [134] damit wir in denen dingen und anderm, so unszere heilige betrifft, eines sins und gleicher meinung sein mogen. Timotheus: sollen wir alle von herczen wunschen und begeren. und weil due ime hewte wol genug bemuhet hast, so mogest due, was nach weiter von der religion vorzcubringen szein wil, bis zcu einer andern zceit einstellen.
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Eusebius: weil wir zcu den heiligen sacramenten kommen, die wol ein eigenen tag zcu irer ausfurung bdorffen, so wil ich dieselbtigen morgen vornemen, ir hettet dan ein ander bedencken. 20
Ditterich: wir szeins zcu friden und wollen morgen eben zcu der stunde wie hewte alhie erscheinen.
Anhang
Abkürzungen
Abb. ADB
Adj. adv. Adv. Akk. Anm. ARCEG
attr. Aufl. BBKL Bd. Bde. bes. best. BKV Bl. Bll. BSLK
bzw. ca. ct. pg. CA
Abbildung Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. durch die historische Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. Bd. 25. Leipzig 1877. S. 688–691. Adjektiv adverbial Adverb Akkusativ Anmerkung Actae reformationis Catholicae ecclesiam Germaniae concernentia saeculi XVI. Die Reformationsverhandlungen des deutschen Episkopats 1520–1570. Bd. 1–6. Regensburg 1959–1974 attributiv Auflage Bautz, Friedrich Wilhelm / Bautz, Traugott (1990ff.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Nordhausen Band Bände besonders bestimmt Bibliothek der Kirchenväter Blatt Blätter Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, hg. v. Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß, 12. Aufl., Göttingen 1998. beziehungsweise circa catalogus, pagina Confessio Augustana
554 CChr.SL CSEL Dat. ders. d.h. Dial. 1 Dial. 2 dt. / Dt. DUW ebd. f. ff. flekt. fol. Frnhd. Frnhd. Gr. frz. FWB Gen. gest. gestr. hg. Hg. Ind. insbes. Interj. Jh. jm. Kap. Konj. korr. Lk. LThK m. mhd. Mk.
Abkürzungen
Corpus Christianorum. Series Latina Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum Dativ derselbe das heißt Niclas, Veit und Ditterich. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50. fol. 1r–234v. ca. 1560. Autograf Das Andere buch. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 34 n. 22. pag. 1–134, Undatiert, Autograf. deutsch / Deutsch Deutsches Universalwörterbuch ebenda folgende(s), feminin folgende flektiert Folio Frühneuhochdeutsch Grammatik des Frühneuhochdeutschen, hg. v. Moser, Hugo / Stopp, Hugo u.a., Bde. I–VII, Heidelberg 1970–1988. französisch Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, hg. v. Ulrich Goebel und Oskar Reichmann, Bd. 1–11, Berlin / New York 1989–2009. Genitiv gestorben gestrichen herausgegeben Herausgeber, herausgegeben Indikativ insbesondere Interjektion Jahrhundert jemandem Kapitel Konjunktiv, Konjunktion korrigiert Lukas Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., hg. v. Walter Kasper, 10 Bde. mit Reg.bd., Freiburg i. Br. 1993–2001. maskulin mittelhochdeutsch Markus
Abkürzungen
n. nachgetr. NASG n. Chr. nhd. Nom. obd. omd. oobd. pag. P1 P2 Part. PBB PG PL
Pl. Präp. Präs. Prät. Pred. Pred.Anl.
Pron. ptps. r RGG RhVjBl. RQ S S. s. Sg. Sp.
555 Nummer, neutrum nachgetragen Neues Archiv für Sächsische Geschichte nach Christus neuhochdeutsch Nominativ oberdeutsch ostmitteldeutsch ostoberdeutsch Pagina siehe Dial.1 siehe Dial.2 Partizip, Partikel Beiträge zur Geschichte und Sprache der deutschen Literatur Patrologiae cursus completus, Accurante Jacques-Paul Migne. Series Graeca, 167 Bde. und 2 RegBde., Paris 1857–1936. Patrologiae cursus completus, Accurante Jacques-Paul Migne. Series Latina, 217 Bde. und 4 RegBde., Paris 1841–1864, 5 SupplBde., Paris 1958–1970. Plural Präposition Präsens Präteritum Julius Pflug: Predigten, Sonntagsevangelien, Undatiert, Autograf, Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 23 n. 26. pag. 1–150 Julius Pflug: Wie vnd was zcu predigen sein wil, Undatiert, Autograf, Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 23 n. 26. pag. 215–230. Pronomen Präteritopräsentium recto Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., hg. v. Hans Dieter Betz, 8 Bde. und RegBd., Tübingen 1998–2007. Rheinische Vierteljahrsblätter Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde Niclas, Veit und Ditterich, Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 51. fol. 1r–139v, ca. 1560, Sekretär. Seite siehe Singular Spalte
556 st. StBZ Subst. sw. Tab. Trakt.Am.
Trakt.Lips. TRE
u. u.a. unr. usw. u.v.a. v v. V. vgl. WA WA B. Zahlw. z.B. ZDL ZfdA ZfdPh ZGL ZHF z.T.
Abkürzungen
stark Stiftsbibliothek Zeitz Substantiv schwach Tabelle Julius Pflug: Vom sacrament des leibs und bluts unsers hern Jhesu christi under beider gestalt, [um 1537/40], Autograf, Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 33 n. 4d. pag. 1–26. Julius Pflug: Colloquium Lipsiense, [1537], Autograf, Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3. pag. 1–46. Theologische Realenzyklopädie, in Gemeinschaft mit Gerhard Krause und Gerhard Müller, hg. v. Horst Robert Balz, 36 Bde., Berlin / New York 1977ff. und unter anderem, und andere unregelmäßig und so weiter und viele(s) andere verso von Verb vergleiche D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe, Bd. 1ff., Weimar 1883ff. D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel, 14 Bde., Weimar 1930–1970. Zahlwort zum Beispiel Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur Zeitschrift für deutsche Philologie Zeitschrift für germanistische Linguistik Zeitschrift für Historische Forschung zum Teil
Abbildungen und Tabellen
Abbildung 1 Abbildung 2
Einflüsse auf die Schreibsprache(n) Einwirkung der Konfessionalisierung auf Graphematik und Morphologie im Ostmitteldeutschen und Ostoberdeutschen des 16. / 17. Jahrhunderts
Tabelle 1 Tabelle 2 Tabelle 3 Tabelle 4
Korpus Briefe Pflugs Merkmalkategorien Ostmitteldeutsches und Ostoberdeutsches in Pflugs Schreibsprache Pflugs Schreibsprache im Vergleich mit regionalspezifischen Charakteristika Vergleich von P1, fol. 88r–89v und P2, pag. 42–45 Vergleich von P1, fol. 113r–113v und P2, pag. 113–115
Tabelle 5 Tabelle 6 Tabelle 7
Literatur
Quellentexte Julius Pflugs Briefsammlung Naumburg. 1541–1547. Autografe. Archiv der Vereinigten Domstifter. Naumburg I, 9. Colloquium Lipsiense. [1537]. Autograf. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 24 n. 3. pag. 1–46. Das Andere buch. Undatiert. Autograf. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 34 n. 22. pag. 1–134. Die Andere predigt von dem Leiden und sterben unsers hern jesu christi. Undatiert. Autograf. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 23 n. 26. pag. 1–42. Die funffte predigt von dem leiden und sterben christi. Undatiert. Autograf. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 23 n. 26. pag. 43–86. Die sechste predigt von dem leiden und sterben unsers hernn Iesu christi. Undatiert. Autograf. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 23 n. 26. pag. 87–140. Niclas, Veit und Ditterich. ca. 1560–1564. Autograf. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 50. fol. 1r–234v. Niclas, Veit und Ditterich. ca. 1560–1564. Sekretär. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 13 n. 51. fol. 1r–139v. Sonntagsevangelien. Undatiert. Autograf. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 23 n. 26. pag. 141–164. Vom sacrament des leibs und bluts unsers hern Jhesu christi under beider gestalt. [um 1537/40]. Autograf. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 33 n. 4d. pag. 1–26. Wie und was zcu predigen sein wil. Undatiert. Autograf. Stiftsbibliothek Zeitz, 2° Ms. ct. pg. 23 n. 26. pag. 215–230.
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Literatur
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Literatur
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Personenregister
Admoni, Wladimir 111 Aerius von Pontus 405, 473 Albrecht von Brandenburg 24, 398 Albrecht II. Alcibiades 398 Althaus, Paul 422, 460 Ambrosius von Mailand 456, 461, 463, 480, 482, 513 Amsdorf, Nikolaus von 15, 24f., 96, 145, 156, 363, 383, 390, 529 Anselm von Canterbury 548 Arius 405,488 Arndt, Erwin 128 Augustijn, Cornelis 23 Augustinus, Aurelius 406f., 423, 426f., 450, 452, 456, 461, 472f., 480, 499–506, 516, 520–528, 533, 537f., 541–543, 546 Bach, Heinrich 45 Basilides 391, 491, 510 Basilius von Caesarea 391, 500, 506,510f., Bauer, Joachim 358, 361, 384 Bauernfeind, Otto 519 Baumgartner, Mira 403 Bayer, Oswald 399 Becker, Winfried 398 Bentzinger, Rudolf 65f., 104f., 108f., 361f., 368 Bernhard von Clairvaux 520, 525, 537 Besch, Werner 31f., 34–39, 44, 46f., 49f., 63, 83, 85f., 89f., 93, 97f., 100, 102, 129, 146f., 149f. Beyer, Franz-Heinrich 361 Beyschlag, Karlmann 391 Biermann, Martin 513 Billick, Eberhard 16 Bödiker, Johann 91f. Bogner, Istvan 115
Braun, Heinrich 92 Bray, Gerald 544 Brecht, Martin 403 Bremer, Ernst 33 Brenz, Johannes 403, 463 Breuer, Dieter 44-49 Brodkorb, Clemens 15, 22, 25–27 Brunner, Peter 24 Bucer, Martin 23, 25, 368, 387–389, 393, 463, 521 Bünau, Günther von 59f. Bundschuh, Benno 358f., 384f. Burdach, Konrad 32, 35 Calvin, Johannes 389, 489 Campeggio, Lorenzo 16 Capito, Wolfgang 25, 387, 389 Carlowitz, Magdalena von 21 Carlowitz, Georg von 23 Cyprian von Karthago 402, 414, 417, 452, 456, 461, 477, 479f., 497, 500, 546 Damasus I. 461 Danckwardt, Marianne 40 Decot, Rolf 21 Dietenberger, Johann 111, 132 Dingel, Irene 24, 358 Dietrich, Veit 156, 362, 383 Dionysius Areopagita 453, 492 Dionysius von Alexandrien 462 Donatus von Besançon 406, 487 Draschwitz, Bernhard von 59f. Dürer, Albrecht 45, 124 Ebert, Robert Peter 111 Eck, Johannes 25, 96 Elisabeth I. 409 Elmentaler, Michael 14, 32–34
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Personenregister Elst, Gaston van der 124 Emser, Hieronymus 96, 111, 135 Engelland, H. 539 Epikur 411 Erasmus von Rotterdam 17, 19–21, 426 Erben, Johannes 45 Eroms, Hans-Werner 129 Eunomius 391 Evagrius Ponticus 473 Fabianus 453 Ferdinand I. 408 Fischer, Balthasar 437, 548 Flacius, Matthias 18, 358, 384, 490 Fleischer, Wolfgang 32, 35, 67 Franz I. (Frankreich) 511 Friedrich III. von der Pfalz 389 Friedrich, Reinhold 463 Frings, Theodor 32, 35
Ignatius von Antiochien 473f. Immenkötter, Herbert 21, 384 Irenäus 480, 493 Iserloh, Erwin 17, 384 Ising, Gerhard 129, 133 Jan van Leiden 476 Jansen, Albert 18 Jatsch, Josef 519 Jedin, Hubert 473, 479, 525 Johann Albrecht I. von Mecklenburg 398 Johann Friedrich I. 24f., 358 Johannes Chrysostomus 431, 461, 480, 529, 536 Jonas, Justus 25 Joris, David 410 Josten, Dirk 31, 45 Jovinianus 491 Justinus von Rom 461 Justitz, Ineke 19
Ganzer, Klaus 25, 387f., 404, 442, 447, 449, 546 Gatz, Erwin 15 Gassmann, Günther 21 Georg der Bärtige 21, 23, 29 Glaser, Elvira 32–37, 39 Goethe, Johann Wolfgang von 94 Grimm, Jacob 164 Grimm, Wilhelm 164 Gregor von Nazianz 499 Gropper, Johannes 16, 25, 387 Guchman, Mirra 121f., 362, 368, 370 Gulik, W. van 16
Kampe, Jürgen 361f., 365, 367 Kaliner, Walter 17–19 Karl V. 21, 26 Kaufmann, Thomas 41 Kettmann, Gerhard 37, 81f. Klaus, Bernhard 156 Klein, Thomas 109 Köhler, Walter 463 Kremer, Ulrich Michael 19, 21, 29 Kröner, Susanne 18f. Kunde, Holger 19, 26
Habermann, Mechthild 92, 94 Hardenberg, Albert Rizaeus 409 Heckel, Martin 41f. Heintzel, Alexander 361 Held, Wieland 20 Henze, Barbara 23 Hieronymus, Sophronius Eusebius 456, 462 Hilarius von Poitiers 497, 519 Hoffmann, Walter 46 Hoffmann, Ernst 15f., 24f. Holzem, Andreas 44 Hornykevitsch, Myron 500 Hus, Jan 469
Langer, Johann 24 Lau, F. 15 Le Goff, Jacques 492 Lenk, Werner 361f., 367 Leo I. (der Große) 427, 513, 524 Lerche, Otto 24, 96, 145, 390 Lesowsky, Winfried 426 Lexutt, Athina 25, 387 Lindgren, Kaj B. 69f., 94, 118 Listenow, Wulf M. 20 Loersfeld, Johann 463 Löhr, Winrich Alfried 491 Lohse, Bernhard 401 Ludwig, Matthias 18f. Luther, Martin 12, 31, 35, 42, 45, 66, 81, 83, 86, 90, 94f., 97f., 102, 111, 120, 132f.,
406,
574 135, 147f., 155, 361, 383, 389, 392–396, 398–405, 409, 412, 414, 422, 426–428, 431, 449, 459f., 462f., 465f., 492, 498, 502, 507, 509–511, 520, 524f., 527 Luttenberger, Albrecht P. 42 Macha, Jürgen 34, 36f., 46–48, 148, 152 Magus, Simon 391, 491 Major, Georg 392 Maltitz, Johann von 17f., 27 Mani 406 Margarete von der Saale 393 Mattheier, Klaus J. 33, 36f. Mauch, Daniel 16 Maurer, Friedrich 35 May, Gerhard 463 Medler, Nikolaus 24, 145, 156, 363 Mehlhausen, Joachim 26 Melanchthon, Philipp 19, 21, 25f., 358f., 384, 386, 402, 404, 449, 463, 525, 529, 538 Menander 491 Mihm, Arend 33, 37 Möller, Robert 37f. Molz, Hermann 87 Moritz von Sachsen 25f., 398 Mosellanus, Petrus 19, 21 Mühlen, Karl-Heinz zur 25, 40, 387f., 404, 442, 447, 449, 546 Müllenhoff, Karl Viktor 32, 35 Müller, Gerhard 156, 384 Müller, Otfried 17f., 20f., 27 Müller, Peter O. 155 Musaeus, Simon 359, 409 Musseleck, Karl-Heinz 48, 111, 129, 131f., 135 Needon, Heinrich 362 Neuhausen, Karl August 19 Neuß, Elmar 18–20, 29f., 35, 150 Neuser, Wilhelm Heinrich 42 Nitta, Haruo 122 Nolting, Ute 102 Oelke, Harry 41 Offele, Wolfgang 17f., 21, 23–26 Ökolampad, Johannes 463 Origenes 493, 506, 527f., 536 Osiander, Andreas 156, 386, 409, 463, 490
Personenregister Ott, Ludwig 473 Otto, Ernst 35, 61, 63, 65–67, 76, 78–82, 110, 129, 131, 138, 155 Paul III. 469 Paul, Hermann 65 Pensel, Franzjosef 111, 115 Peters, Robert 36f., 46–48, 149 Petri, Adam 131, 135 Pflug, Caesar 21 Pflug, Julius 11–31, 33–37, 39f., 43–45, 47–67, 69f., 72, 76–83, 85–103, 105, 108– 111, 114f., 117-120, 122, 124–133, 135, 137f., 143, 144–146, 149f., 153–156, 159– 161, 163–165, 357–376, 383, 385, 387, 448, 464 Pflug, Nikel 363 Pfnür, Vinzenz 15 Philipp von der Pfalz 22, 24f., Philipp I. von Hessen 393 Pistorius, Johannes 25 Polenz, Peter von 33 Pollet, Jacques V. 15f., 18, 23, 27–29, 59 Polykarp von Smyrna 503 Proksch, Brigitte 479 Raab, Heribert 45f. Raupp, Werner 12, 17 Reichmann, Oskar 33, 65–67, 76, 79f., 82f., 87, 92, 94, 97, 100, 111, 114f., 117f., 122, 125f., 128, 143, 155, 371, 373 Reiffenstein, Ingo 45f., 146 Reinhard, Wolfgang 41, 43 Reis, Hans 118 Reiser, Marius 477 Repgen, Konrad 17 Rieke, Ursula 32 Rivius, Johann 19 Rössler, Paul 31,63, 94, 102, 150f., 155 Rublack, Hans-Christoph 41 Sabellius 488 Schade, Peter (s. Mosellanus) Schilling, Heinz 41–43 Schindling, Anton 41, 48 Schleyer, Dietrich 453 Schmid, Hans Ulrich 33, 47, 49, 65, 108, 115, 117, 159 Schnabel-Schüle, Helga 43f., 46, 147
575
Personenregister Schnüffis, Laurentius von 45 Schubert, Martin J. 159 Schwenckfeld, Kaspar 409f. Schwitalla, Johannes 361, 367 Seebaß, Gottfried 156 Sehling, Emil 466 Seils, Martin 18 Semenjuk, Natalija N. 121f. Servet, Michael 489 Simoncelli, Paolo 19 Simons, Menno 410 Smolinsky, Heribert 20 Solms, Hans-Joachim 96, 109, 124 Sozomenos, Salamanes Hemeias 508 Spalatin, Georg 45 Spangenberg, Cyriakus 18 Steeger, Theodor 427 Stiglmayr, Josef 453 Stopp, Hugo 34, 36f., 39 Stupperich, Robert 19 Suchsland, Peter 65f., 79
Thomson, Douglas F. S.
Tertullian 453, 493 Theodoret 491 Theophylaktos 461 Thomas, Barbara 104 Thomas von Aquin 428, 525
Zander-Seidel, Jutta 19 Zeeden, Ernst Walter 40f., 43 Ziegler, Walter 41f., 45 Zwingli, Ulrich 389, 402f., 463
19
Veltwyck, Gerhard 25 Vigilantius 406, 411 Wagner, Siegfried 18f. Wallenta, Wolfgang 44 Wallmann, Johannes 41–43 Warnke, Ingo 159 Wartenberg, Günther 23 Wegera, Klaus-Peter 32f., 52, 65–67, 76, 79f., 82f., 87, 92, 94, 99f., 111, 114f., 117f., 122, 125f., 128, 143, 155 Weismann, Christoph 403 Wenz, Gunter 57, 384 Widmanstetter, Johann Albrecht 408 Wiesinger, Peter 33, 102, 152, 155 Wießner, Heinz 15, 17, 21f., 24f., 59, 383 Wilhelm IV. von Hessen 398 Witzel, Georg 17, 23 Wolf, Norbert Richard 32f., 130
Sachregister
Abendmahl (s. Eucharistie) Abrogation 58 adiaphoristischer Streit 358, 384, 498, 501 Albertiner 358, 384 Antithese 369 Apokope 46f., 61, 63f., 6975,88, 118, 138, 144, 368 Apologie 389, 401f., 420, 427, 519 Augsburger Interim 26, 146, 358 Augsburger Religionsfrieden 16, 21, 43f., 46, 147f., 385, 398 Ausgleichssprache 135, 144, 147–149 Autosemantikum 161 Beichte 54, 402, 438, 454f. Bibelübersetzung 111, 120, 122, 131f., 135, 143 Buße 23, 28, 56, 58, 401 Confessio Augustana 21, 43, 53, 57, 384– 400, 513 Confessio Tetrapolitano 389 Confutatio 21, 389 Deutschmaxime 38 Diakritikum 373 Dialog 12, 14, 18–20, 22, 28f., 44, 49, 51– 55, 63, 69, 78, 80, 100, 109, 117–119, 121f., 128f., 133, 143, 147, 357, 359–362, 364–372, 374, 376 Diminutiv 47, 62, 82, 110f., 137, 141, 144 Diphthongierung 46f. Dispensation 58 Disputation 362 Dysfunktionalitätshypothese 34 Edition
52, 59, 63, 354–382
Ekthlipsis 103f., 141 Einblattdruck 44 Ellipse 48, 368 Empfängerorientierung 38 Entrundung 46f., 165 Erbsünde 23, 54, 58, 542 Ernestiner 358, 384f. Eucharistie 23, 54, 57f., 146, 358, 360, 456, 458, 461–464, 467, 471, 479, 499, 502 Firmung 428, 448, 450–455 Flexionsmorphologie 50, 61, 82–104, 136f., 150 Flugblatt 44, 109 Flugschrift 109, 361, 370 freier Wille 23, 58, 385, 426 Fürstentag (Naumburg) 384f. Futur 62, 111, 115–118, 142 Gegenreformation 16, 19, 40, 46, 155 Geltungsareal 31, 35f., 38, 94, 97, 148f., 154 Geltungsgrad 31, 35f., 38, 148 Geltungshöhe 31 Genitivattribut 62, 93, 111, 122, 124f., 373 Genuswechsel 61, 85–88 Gnesiolutheraner 53, 358f., 362, 384, 409, 498 Glaubensbekenntnis 21, 54, 407, 489 Glossar 30, 52, 63, 157–353 Gnade 448f. Graphem 32f. Graphematik 31, 61, 64–82, 136, 138,149– 152 Heidelberger Katechismus 389 Heiligenverehrung 23, 504–507 Hugenotten 409
577
Sachregister hyperkorrekt
94
Indefinitum 112, 114f., 148 Interferenzhypothese 34 Interjektion 362, 368 Interpunktion 373 Ironie 369 Kanzleisprache 13, 65, 67, 81, 98, 129, 135, 155 Kasusnivellierung 92 Katechismus 17, 389, 399 Klimax 369 Komparativ 67f., 82, 127 Kompositum uneigentliches 122–125 Konfessionalisierung 13, 31, 40–51, 111, 147–149, 151–154 Konfessionsbildung 40f., 43 Konfessionsmaxime 147, 149 Konsonantenschwund 46 Konsubstantiation 460, 464 Konvergenz 33, 35, 38f. Konversion 164 Konzil Basel 57 Chalkedon 489 Konstantinopel 491 Konstanz 57, 469 4. Laterankonzil 458 Nicäa 491 Trient (s. Tridentinum) Korpus 30, 52–60 Kryptocalvinismus 389 Labialkonsonant 61, 65f. Laienkelch 12, 16, 22, 27, 57f., 358, 469 Landschaftskombinatorik 35, 38, 148 Leipziger Formel 58f. Lemmatisierung 163–165 Lenisierung 77, 81f., 136, 139 Lexem 50 lexemgebunden 50, 64f., 77–79, 81, 88, 100, 124, 136, 153 Lexikalisches 48, 129–135 Lexikographie 159–165 Litotes 369 Manichäismus
406, 492
majoristischer Streit 358, 385, 390, 529 Messe 23, 26, 477–483 Metapher 369 Monophthongierung 65 Morphologie 82–111, 151–155 Morphologisierung 33, 67 Negation 62, 111–115, 137, 141 Polynegation 114f., 137, 141, 143, 145 Satznegation 111 Sondernegation 111 Numerusprofilierung 88, 92 Opfer 26, 407, 479f. Ordination 23, 58, 402, 449, 472f. osiandrischer Streit 358, 385f., 410 Pelagianismus 542 Philippisten 53, 358f., 362, 409, 498 Phonem 32f., 81, 155 Phonologie 50, 64–82, Phrasem 162 Polysemie 71, 93 Präteritopräsentia 69, 164 Präteritumschwund 118–122 Prestige 37, 50f. Priesterehe 22f., 27, 358, 360 Realpräsenz 358, 385, 389, 463 Rechtfertigung 23, 26, 54f., 358, 363, 385f., 420–422, 515–535 Reflexivpronomen 61, 83–85, 136, 145, 150 Reformation 12, 15–17, 22, 30, 41–48, 54, 57, 146, 155, 159 Reformationsdialog 14, 44, 357, 361f., 366, 370, 389 Regensburger Buch 19, 22, 387, 442, 447 Regionalmaxime 38, 147, 149 Reichstag Augsburg 16, 21, 23, 385 Regensburg 25 Speyer 21, 25, 146, 388 Worms 25 Religionsgespräch Hagenau 24, 387 Leipzig 23f., 58f. Marburg 389, 463f.
578 Regensburg 12, 22, 24f., 387f., 404, 442, 447, 449, 451, 520, 546 Worms 12, 24–26, 54, 146, 358f., 366, 384–388 Rückumlaut 62, 98f., 103, 136, 140f., 145 Rundung 46f. Sakrament 22f., 54, 56–58, 358f., 364, 367, 394, 402, 428, 445–483 Schmalkaldischer Bund 398 Schmalkaldischer Krieg 19, 25, 358, 384, 409 Schreibschmuckhypothese 34 Schreibvariation 31, 155 Schwabacher Artikel 21 Semantik 122, 164, 371 Semem 162, 164 Sprachallianz 50, 60, 115, 135, 144, 147, 153 Sprachausgleich 13, 31, 34–36, 39, 45f., 48f., 51, 60, 144, 146–148, 152f. Sprachkontakt 51 Sprachlandschaft 13, 34–40, 49, 97, 104f., 115, 149–151 Sprachregion 31, 148, 155 strukturelle Disponiertheit 35f., 38, 148 Stundengebet 497 Superlativ 67f., 82 Suprematseid 411 synergistischer Streit 387 Synkope 30, 46f., 61, 63, 75–77, 136, 139, 144 Synsemantikum 159, 161
Sachregister Syntax 48, 111–129, 137, 141f., 150, 159, 368, 370 Taufe 23, 54, 56, 58, 402f., 428, 450 Territorialisierung 42–44, 48f., 149 Textsorte 40, 50, 52, 60, 67, 95, 104f., 118, 121, 143, 153, 357, 361, 366f. Torgauer Artikel 21, 397 Torgauer Bund 398 Transsubstantiation 16, 403, 460, 463467, Tridentinum 17, 26, 40, 42f., 46, 146, 359f., 473, 479, 509f. Trinität
489
Uniformitätsakte Visitation
409
58, 466
Wechselflexion 62, 96–98, 136, 140 Weihe(sakrament) 54, 359, 449, 472–474 Westfälischer Frieden 43 Wiedertäufer 476 Wittenberger Konkordie 389 Wormser Buch 25, 387 Wortart 161, 163 Wortbildungsmorphologie 104–111, 137, 141, 150 Zweite Reformation 42 Zwickauer Propheten 402 Zwinglianismus 409