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German Pages 116 [125] Year 1972
BRAUER DIE RESULTATE DER ÄTZMETHODE AN KRISTALLEN DER
GLIMMERGRUPPE
KARL HEINZ
BRAUER
DIE RESULTATE DER ÄTZMETHODE AN KRISTALLEN DER GLIMMERGRUPPE m i t 96 A b b i l d u n g e n u n d 6 T a b e l l e n
MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT
HALLE-WITTENBERG HALLE (SAALE)
A K A D E M I E - V E R L A G • BERLIN 1971
Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg
1 9 7 1 / 1 ( O 2)
Redaktion: B U R C H A R D Redaktion: 401
Halle
THALER
(Saale), August-Bebel-Str.
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Halle-Witten-
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E S 18 F 3
Inhalt Seite
Einleitung
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Historische Übersicht
9
Über die Dekoration von geätztem Glimmer N e u e Resultate der Ätzmethode an Kristallen der Glimmergruppe
17 23
Muskovit
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Fuchsit
44
Paragonit
47
Margarit
48
Biotit
51
Lepidomelan
59
Anomit
61
Phlogopit
73
Lepidolith
84
Zinnwaldit Xanthophyllit
99 102
Abschließende Diskussion
105
Zusammenfassung
111
Literaturverzeichnis
113
Einleitung
Die Minerale werden nach bestimmten Merkmalen zu Mineralgruppen zusammengefaßt. Diese Merkmale dienen im allgemeinen auch zur Klassifizierung innerhalb der Mineralgruppe und zur Bestimmung der einzelnen Minerale selbst. Bei den Glimmern ist heute das sie notwendig und hinreichend kennzeichnende Merkmal ihre Schichtstruktur, wie sie von Pauling (1930) vorausgesagt wurde. Vor dieser Zeit konnten Glimmerminerale nur dann als solche erkannt werden, wenn ihre chemische Zusammensetzung oder andere, aus der Kristallstruktur resultierende Merkmale wie Spaltbarkeit, Farbe, Doppelbrechung, Achsenwinkel usw. mit denen von Prototypen übereinstimmten. Dabei war vorausgesetzt, daß die Größe der zu untersuchenden Kristalle sowie deren Kristallqualität die Untersuchung anhand solcher sekundärer Merkmale überhaupt zuließ. Silikate in Form sogenannter „homogener Aggregate" wie z. B. Glaukonit, die chemisch als Glimmer anzusprechen waren, die aber keine kristallographische Untersuchung zuließen, konnten erst nach der röntgenographischen Aufklärung ihrer Struktur den Glimmern zugerechnet werden. Bis zum Erscheinen der Arbeit „Polytypism of the micas with optical measurements" von Hendricks und J e f f e r s o n (1939) nahm man an, daß alle Glimmer dem monoklinen Kristallsystem angehören. Das in der Arbeit von Hendricks und J e f f e r s o n nachgewiesene Auftreten polytyper Formen bei Glimmern ein und derselben chemischen Zusammensetzung und mit gleicher Einzelschichtstruktur unterstrich, daß die sekundären Merkmale, auch wenn sie bei gut ausgebildeten Kristallen oftmals zur Bestimmung ausreichend sind, Fehldiagnosen nicht ausschließen. Trotzdem wird auch heute noch ein großer Teil der Minerale und auch der Glimmer z. B. nach optischen und anderen sekundären Merkmalen bestimmt. In Zweifelsfällen und bei dem so nicht erkennbaren Teil der Minerale wird man zur Bestimmung stets auf die diese unmittelbar kennzeichnenden Merkmale wie chemische Zusammensetzung und Kristallstruktur zurückgreifen. Man kann deshalb diese Merkmale auch primäre nennen. Die Diagnostik mit Hilfe der primären Merkmale verbürgt, daß bei einem vorliegenden Mineralbestand z. B. alle Glimmer erkannt bzw. als solche bestimmt werden können. Mit der Bestimmung eines Minerals ist jedoch — und das gilt in besonderem Maße für die Glimmer — die physikalisch-chemische Situation seiner Entstehung noch nicht hinreichend gekennzeichnet. Allein schon wegen der großen Veränderlichkeit in der chemischen Zusammensetzung genügt es nicht, z. B. einen Glimmer nach dem durch eine möglichst glatte Molekülformel gekennzeichneten End7
glied d e r Reihe, in d e r er steht, zu bezeichnen. D i e Strukturanalyse m u ß über die bloße Bestimmung hinausgehen und möglichst konkret sein. N u r so w i r d eine tiefergehende wissenschaftliche B e h a n d l u n g sowohl gewisser mineralogischer und geologischer Probleme als auch bei der Herstellung synthetischer G l i m m e r a u f t a u c h e n d e r physikalisch-chemischer und technologischer P r o b l e m e möglich. Insbesondere sind bessere Kenntnisse über den O r d n u n g s g r a d d e r K a t i o n e n v e r t e i l u n g wie ü b e r h a u p t über das „ G i t t e r " der K a t i o n e n in den G l i m m e r n erforderlich. Hinzu k o m m t , d a ß neben der relativ große Bereiche des Kristalls erfassenden Strukturanalyse die Feststellung von in Mikrobereichen a u f t r e t e n d e n Abweichungen von den durch die Strukturanalyse ermittelten W e r t e n n o t w e n d i g ist, denn auch diese Abweichungen sind nicht zufällig und kennzeichnen die physikalisch-chemische Situation bei der E n t stehung und bei d e r U m w a n d l u n g der G l i m m e r . D a m i t gewinnt die Untersuchung der sogenannten D e f e k t s t r u k t u r f ü r die Mineralanalyse, und d a im besonderen f ü r die Analyse d e r G l i m m e r als gesteinsbildende Minerale, und in Wissenschaft und Technik a n g e w e n d e t e W e r k s t o f f e zunehmend an Bedeutung. D i e D e f e k t s t r u k t u r d e r G l i m m e r ä u ß e r t sich u. a. im A u f t r e t e n v o n Ätzgruben. D a s wechselnde Durchmesser-Tiefe-Verhältnis der Ätzgruben auf ein und derselben Fläche eines Kristalls, ihre unterschiedliche G r ö ß e , ihre wechselseitige A n o r d n u n g und die Abweichungen von einer gewissen f ü r das betreffende M i n e r a l spezifischen F o r m sind charakteristisch f ü r die „Strukturempfindlichkeit" des Ätzverhaltens, w ä h rend die f ü r die einzelnen G l i m m e r m i n e r a l e spezifischen F o r m e n d e r Ätzgruben selbst weitgehend „strukturunempfindlich" und geeignet sind, als sekundäres M e r k mal mit zur Bestimmung herangezogen zu w e r d e n . D i e chemische Ä t z u n g w i r d als kristallographische Untersuchungsmethode ganz allgemein gegenüber a n d e r e n kristallographischen M e t h o d e n in d e m M a ß e an Bed e u t u n g gewinnen, in dem es gelingt, sich des Informationsgehaltes zu bedienen, den das bis in die a t o m a r e n Abmessungen feinstrukturierte Ätzrelief stets enthält. In der vorliegenden A r b e i t w i r d a n h a n d experimenteller Untersuchungen der Informationsgehalt solcher Ätzreliefs am Beispiel chemisch geätzter G l i m m e r m i n e r a l e erstmals aufgezeigt. D i e chemische Ä t z u n g als selektiver und, durch chemische Selektivität und Struktur des zu ätzenden Kristalls bedingt, als anisotroper V o r g a n g ermöglicht, aus dem Ätzverhalten d e r G l i m m e r mit derselben Auflösung, mit der das Ätzrelief abgebildet w i r d , über die chemische und kristallographische H o m o g e n i t ä t des Kristalls und über seine Schichtstruktur auch in Mikrobereichen und bei T i e f e n von nur wenigen Schichtdicken Aussagen zu machen. D e r Arbeit vorangestellt ist eine historische Übersicht, in d e r die in d e r Literatur verstreut vorliegenden Resultate der Ä t z m e t h o d e an den Kristallen d e r G l i m m e r g r u p p e z u s a m m e n f a s s e n d d a r gestellt sind.
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Historische Ubersicht
Die ersten Resultate der Ätzmethode an Kristallen der Glimmergruppe wurden von Leydolt mitgeteilt. Über die Ätzversuche Leydolts am Glimmer gibt es in der Literatur zwei Hinweise. Der erste ist in einem Sitzungsbericht der kaiserlich-königlichen Geologischen Reichsanstalt zu Wien enthalten. Grailich (1855) hatte in einer Sitzung der Reichsanstalt einen Vortrag gehalten, in welchem er das Verhältnis der verschiedenen Methoden besprach, um die kristallographischen Beziehungen der Glimmer aufzuklären. In dem Sitzungsbericht heißt es u. a.: „Die dritte, der neuesten Zeit angehörige Methode ist die der Aetzung, welche wir der unermüdlichen Tätigkeit des Herrn Prof. Leydolt danken und deren Einfluß auf die Erforschung der Molecularstructur noch gar nicht übersehen werden kann. Leydolt hat auch den Glimmer untersucht, und außerdem, dass er nachgewiesen, dass der Biotit wirklich rhomboedrisch ist, ergab sich aus seinen Aetzungen des zweiaxigen Glimmers, wo der Axenwinkel nahe an 70 Grad oder darüber beträgt, dass derselbe einen hemiprismatischen Combinations-Charakter besitze, wie dies deutlich an den Zeichnungen ersichtlich ist, welche derselbe seiner Abhandlung in den Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften beigelegt. Aus den bisherigen Untersuchungen über den zweiaxigen Glimmer folgt demnach, dass der zweiaxige Glimmer (und zwar sowohl die Gruppe der Phlogopite als auch die der Muscovite und Lepidolithe) orthorhombisch, jedoch mit hemiprismatischem Combinations-Charakter ist." Diese Abhandlung Leydolts, von der in dem Vortrag von Grailich die Rede war, ist in den Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie aber nicht gedruckt worden. So wird verständlich, wenn Baumhauer (1879) in seinem „Beitrag zur Kenntnis der Glimmer, insbesondere des Zinnwaldits" schreibt, daß ihm, als er seine erste Arbeit über Ätzversuche an Kristallen der Glimmergruppe vorlegte, die Versuche Leydolts „gänzlich unbekannt" waren, wie es ihm „auch bisher noch nicht möglich war, den Originalbericht zu erlangen". Der zweite Hinweis stammt von Tschermak (1878), der in einem Übersichtsartikel über die Glimmergruppe darauf hinwies, daß schon durch die Ätzversuche Leydolts am Muskovit dessen monokliner Charakter erwiesen worden sei. T'schermak hatte bei Leydolt in Wien studiert und zweifellos Kenntnis von dessen Ätzversuchen und den daraus gezogenen Schlußfolgerungen. Die Ätzmethode wäre sicher für die Minerale der Glimmergruppe eine Routinemethode zur Bestimmung der optischen Orientierung geworden, hätte nicht Keusch
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(1869 a, 1869 b) auch die Glimmer mit seiner „Körnerprobe" untersucht und Schlagfiguren an ihnen erzeugt. Er hatte an den Stücken auch die optischen Achsenwinkel bestimmt und festgestellt, daß die Ebene der optischen Achsen entweder senkrecht oder parallel zum Hauptstrahl der Schlagfigur liegt, und so Glimmer erster und zweiter Art unterschieden. Diese Einteilung der Glimmer ist bis heute beibehalten worden. Daß die Ätzfigur das auch leistet und sogar einen größeren Informationsinhalt besitzt als die Schlagfigur, wird für Muskovit schon in der ersten diesbezüglichen Arbeit von Baumhauer (1874) ausgesprochen: Insofern scheint mir auch von Bedeutung zu sein, daß die Ätzfiguren des Kaliglimmers uns in den Stand versetzen, an jedem unregelmäßig begrenzten Blättchen nicht nur die Richtung der Axen zu erkennen, sondern auch die vordere von der hinteren Seite des Kristalles zu unterscheiden. Letzteres gelingt weder mit Hilfe der optischen Eigenschaften noch der Schlagfiguren. Auf Grund des Konoskopbildes hatte man bis dahin den Muskovit für rhombisch gehalten. Tschermak (1875) konnte aber durch sorgfältige Messungen des scheinbaren Winkels zwischen der Ebene der optischen Achsen und der Spaltebene zu 88°15' bzw. 88°20' an Kristallen aus dem unteren Sulzbachtal im Pinzgau bzw. aus Bengalen die monokline Symmetrie des Muskovits auch optisch nachweisen. Trotzdem gilt Baumhauers oben angeführte Feststellung mit einer gewissen Einschränkung auch heute noch. Wegen der nahezu senkrechten Stellung der spitzen Bisektrix auf der Spaltebene ist die Aufstellung eines Muskovitblättchens etwa nur anhand des Konoskopbildes in den meisten Fällen nicht mit Sicherheit möglich. In zwei kurz darauf folgenden Arbeiten hat Baumhauer (1875, 1876) auch am Magnesiaglimmer und am sogenannten Lithionglimmcr Ätzfiguren dargestellt. Seit Daniell (1817) als erster über systematische Ätzversuche an Kristallen berichtet hatte, war mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen, bis die Ätzmethode von einem zahlenmäßig großen Kreis von Forschern an Kristallen verschiedener Mineralgruppen angewendet wurde, obwohl Schweigger (1817) sofort die Herausgabe der Übersetzung des ersten Teiles der Arbeit in den „Annalen" besorgte. Die von Daniell bereits diskutierten, mit Anwendung der Ätzmethode sich eröffnenden Möglichkeiten zur Erweiterung der Kenntnisse über Kristallaufbau und -Symmetrie waren somit als bekannt anzusehen. In v. Kobells „Geschichte der Mineralogie von 1650—1860" (1864, p. 240) erfährt man jedoch noch von einer „eigentümlichen Art, die Structur der Krystalle zu erforschen". Die Ansicht v. Kobells über die Ätzmethode änderte sich jedoch bald. Er beteiligte sich an der Prüfung der von Leydolt (1855) aufgestellten Hypothese, nach welcher in den Ätzgruben die Gestalt jener kleinsten regelmäßigen Körper zu erkennen sei, aus denen man sich den Kristall zusammengesetzt denken könne. Diese Hypothese hatte v. Kobell in seiner Geschichte der Mineralogie nur referierend mitgeteilt. Über die in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erschienenen Arbeiten über Ätzversuche an Kristallen verschiedener Mineralien wurde dann von Baumhauer (1894) in seiner später von Honess (1927) als klassisch bezeichneten Monographie „Die Resultate der Aetzmethodc in der krystallographischen Forschung" zusammenfassend und kritisch berichtet. Baumhauer selbst war mit über 30 Arbeiten 10
an der Entwicklung und Anwendung dieser Methode beteiligt. Mit seinen Arbeiten über Ätzversuche an Zinnwaldit (1876, 1879) hatte er zusätzlich zu den bei Kristallen verschiedener Mineralien bereits bestehenden Kontroversen über die Symmetrie dieser Kristalle eine neue wesentliche ausgelöst. Er nahm deshalb unter den 12 „krystallisirten Körpern", an denen er mit eigenen Beiträgen die Resultate der Ätzmethode in seiner Monographie darstellte, auch den Zinnwaldit auf. An ihm wies er die im monoklinen System bis dahin noch nicht beobachtete Zwillingsverwachsung von links- und rechtshemimorphen Teilen eines Kristalles nach. Später hat er auch die Ätzfiguren an Lepidolith eingehender geprüft und gefunden, daß diese unsymmetrisch und deshalb auch diese lithiumhaltigen Glimmer der sphenoidischen Klasse zuzuweisen sind ( B a u m h a u e r 1902, 1913). Trotzdem hat Baumhauers Monographie auf die Untersuchung der Glimmer mit Hilfe der Ätzmethode nicht so stimulierend gewirkt, wie man heute rückschauend vermuten möchte. In dem „Grundriß der Physikalischen Krystallographie" von Liebisch (1896) wird noch ein „Ätzeindruck" auf Muskovit abgebildet. In späteren Lehrbüchern fehlen bei den Glimmern die Ätzfiguren ganz. Mit der Entdeckung der Röntgenstrahleninterferenzen durch M. v. Laue, W. Friedrich und P. Knipping im Jahre 1912 begann eine neue Phase der Strukturuntersuchung von Kristallen. Die bis dahin angewendeten Methoden zur Bestimmung der Kristallsymmetrie, wozu auch die Ätzmethode zu rechnen ist, traten in ihrer Bedeutung hinter der Röntgenstrukturanalyse zurück. Daran änderte auch das Erscheinen des Artikels „Zur Theorie des Wachstums- und Lösungsvorganges kristalliner Materie" im Jahre 1918 nichts, in welchem Gross, fußend auf den Vorstellungen verschiedener Autoren, eine kinematische Theorie dieser Vorgänge geschlossen darstellt und auch die nach dieser Theorie zu erwartende Ausbildung der eine Ätzgrube begrenzenden Flächen ableitet. Nur gelegentlich wurde noch über die Anwendung der Ätzmethode berichtet, wenn ihre Ergebnisse mit denen der röntgenographischen Untersuchungen nicht in Einklang zu bringen waren. Hierzu werden in der einzigen neben Baumhauers „Resultaten" zur Ätzmethode existierenden Monographie „The Nature, Origin and Interpretation of the Etch Figures on Crystals" von Honess (1927) zahlreiche Beispiele erbracht. Die Glimmergruppe wird in diesem Buch nicht erwähnt. Einer der Gründe war sicherlich der Umstand, daß bei Glimmer fast durchweg nur die (OOl)-Fläche als gut ausgebildete Fläche zur Verfügung steht, während man bei den anderen Kristallen im allgemeinen die Form der Ätzgruben auf verschiedenen Kristallflächen vergleichen und so die Klasse des Kristalls bestimmen kann. Es lagen aber auch außer den klassischen Arbeiten von Leydolt und Baumhauer keine neueren wesentlichen Arbeiten über Ätzresultate an dieser Mineralgruppe vor. Alle Anstrengungen waren damals auf die Aufklärung der Struktur der Silikate mit Hilfe der „neuen" röntgenographischen Methode gerichtet. Auch Desch (1934), der den Ätzfiguren in seinem Buch „The Chemistry of Solids" ein ganzes Kapitel widmet, geht nicht auf Ätzfiguren am Glimmer ein. Er kommt zu der Überzeugung, daß sehr viel Material gesammelt worden sei, ohne viel Licht auf den Mechanismus der Bildung von Ätzfiguren zu werfen, welcher noch Gegenstand der Diskussion sei (1. c., p. 71). Mit Arbeiten über Ätzfiguren an Zn, Bi und Sn sind seine Mitarbeiter 11
an dieser Diskussion beteiligt. Die Anordnung der Atome im Raumgitter müsse in Betracht gezogen werden, wenn man die unterschiedliche Ausbildung der Ätzfiguren auf ein und derselben Kristallfläche bei Änderung des Ätzmittels oder dessen Konzentration verstehen wolle. „Etch-figures are thus one of the manifestations of the directional chemical properties in crystals" sagt er abschließend. Die Arbeit von Gross scheint ihm nicht bekannt gewesen zu sein. 1942 wiederholte Delavault Baumhauers Ätzversuche am Muskovit. E r stellte auch Ätzversuche an verschiedenen anderen Glimmermineralien mit dem Ziel an, allgemeine Gesetzmäßigkeiten der Bildung von Ätzfiguren aufstellen zu können. Die (1943 a) von ihm gemachte Annahme einer Symmetrieebene senkrecht zu (010) bei den doppelten Figuren — gemeint sind die im Lichtmikroskop gleichzeitig auf Ober- und Unterseite eines Glimmerblättchens sichtbaren Ätzfiguren — macht eine Unterscheidung zwischen den Begriffen Ätzfigur und Ätzgrube notwendig. Die doppelten Ätzgruben haben wegen der sie begrenzenden Flächen diese Symmetrieebene keineswegs. Der Begriff Ätzfigur dürfte demzufolge nur für das zweidimensionale Bild der Ätzgrube bzw. für die oftmals nur sichtbare strichförmige Berandung der Ätzgrube verwendet werden. Im Punkt 4° seiner „Règles" sagt Delavault dann, daß die Symmetrie der Figur, die ja vom Bauplan der Elementarmasche abhänge, oft niedriger sei, als die von Röntgenstrahlen angezeigte Symmetrie des Kristallgitters. Die Röntgenstrahlen würden nicht zwischen Si und AI oder O, OH und F mit ihren benachbarten Atomgewichten, aber sehr unterschiedlichen chemischen Eigenschaften „unterscheiden'". Schließlich ist seine Feststellung über das „paradoxe" Verhalten der Glimmer zu erwähnen. Der Muskovit, der dem Ätzangriff mehr widerstehe als der Biotit, ergebe auch bei vorsichtiger Ätzung Figuren mit gekurvten Konturen, während der Biotit auch bei stürmischer Ätzung fast geradlinig begrenzte Ätzfiguren aufweise. Auch Delavault scheint die Arbeit von Gross nicht bekannt gewesen zu sein. Das geht aus seiner Bemerkung hervor, daß wir beim Ätzvorgang nicht mit einer Quasireversibilität rechnen können, die Friedel (1926) im Auge hatte, als er seine Theorie vom Kristallwachstum und von der Kristallauflösung aufstellte. In einer weiteren Arbeit versucht Delavault (1943 b), eine früher von Friedel (1896) mitgeteilte pseudohexagonale Ätzfigur auf Muskovit zu interpretieren. E r hat dann noch Ätzfiguren an verschiedenen Muskoviten (1944 a) und Durchmesser von Ätzgruben auf Muskovit als Funktion der Ätzzeit mitgeteilt (1944 b). Veranlaßt durch Untersuchungen an Diamant haben Patel und Tolansky (1957) Ätzversuche an Muskovit durchgeführt und gezeigt, daß man auch an Spaltstufen eine Ätzgeschwindigkeit in (001) messen kann. Wie schon Delavault (1942) stellen auch sie fest, daß große isolierte und kleine, die ganze Oberfläche bedeckende Ätzgruben auftreten 1 und daß bei den großen isolierten Ätzgruben die kurze Diagonale in der (OlO)-Ebene liegt. Als neues Element zur Klärung der Ursache für das Auftreten der großen isolierten Ätzgruben bringen sie den inzwischen eingeführten Versetzungsbegriff in die Diskussion. Sie berichten von einem Experiment, bei dem ein 1
Zweifellos haben andere Autoren diese Feststellung auch schon gemacht, ohne sie jedoch in ihren Mitteilungen besonders zu erwähnen (vgl. hierzu z. B. Baumhauer
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1879, p. 120).
Muskovitblättchen gespalten und eines der Spaltstücke vor dem Ätzen über einen kleinen K r ü m m u n g s r a d i u s gebogen w u r d e . Nach d e r Ätzung beider Stücke konnten sie auf den wieder übereinandergelegten Spaltstücken die Zentren der großen isolierten Ätzgruben zur Deckung bringen. In einem zweiten E x p e r i m e n t stellten sie fest, d a ß bei fortgesetzter Ä t z u n g das Kristallmaterial im stark g e k r ü m m t e n Bereich „ a u f g e z e h r t " w i r d . Aus beiden E x p e r i m e n t e n schlössen sie, d a ß Versetzungsspannungen nicht die Ursache f ü r das Entstehen d e r großen isolierten Ätzgruben sind. Sie vermuteten, d a ß diese an Zentren chemischer Verunreinigung entstehen. Mit d e r gleichen Zielsetzung haben N. S. und I. R. Pandya (1959) Ätzversuche an M u s k o v i t durchgeführt. Auch diese A u t o r e n schließen Versetzungen als Ursache von Ätzgruben aus, weil sie die Bewegung von Versetzungen, wie sie von Gibnan und ]ohnston (1956) an LiF-Kristallen beobachtet w u r d e , nicht bei einem entsprechenden E x p e r i m e n t am M u s k o v i t beobachten konnten. In einer späteren A r b e i t w i d e r r u f e n Patel und Ramanathan (1962 a, p. 861) die von Patel und Tolansky (1957) geäußerte Ansicht über die Ursache von Ätzgruben. A n h a n d d e r Fig. 6 a und 6 b postulieren sie zur E r k l ä r u n g d e r Deckungsgleichheit der A n o r d n u n g von „etch holes" auf den beiden durch Spaltung neu entstandenen Flächen die Existenz v o n geraden Versetzungslinien im Kristall. V o n möglichen qualitativen Unterschieden der E n t s t e hung von „etch holes" einerseits und „etch pits" andererseits, deren deckungsgleiche A n o r d n u n g e n in den Fig. 1-, 2-, 3- und 5 a und -b gezeigt w e r d e n , ist keine Rede. Auch die an den zwei außenliegenden Flächen eines Stückes paarweise a u f t r e t e n d e n Ätzgruben in M u s k o v i t (1. c. Fig. 9 a und 9 b) werden nun auf geneigt v e r l a u f e n d e g e r a d e Versetzungslinien zurückgeführt. D i e Verfasser setzen die Entstehungsursachen von etch holes und etch pits qualitativ gleich. Auf die von den A u t o r e n geschilderten Besonderheiten der Ätzgruben w i r d weiter unten noch eingegangen. RamanaBei ihren Untersuchungen an synthetischem Phogopit gingen Patel und than (1962 b) von vornherein d a v o n aus, d a ß Ätzgruben Versetzungen markieren. Sie konnten nur g r o ß e isolierte Ätzgruben nachweisen. A u ß e r d e m w i r d in dieser A r b e i t über basale A u s d e h n u n g e n der Ätzgruben entlang einer kristallographischen Richtung berichtet, die an die in den klassischen Arbeiten beschriebenen sogenannten „schlauchförmigen Fortsätze" von Ätzgruben an a n d e r e n Mineralien erinnern, über die Honess (1927) in seiner M o n o g r a p h i e z u s a m m e n f a s s e n d berichtet hat. Bei den von ihnen im Biotit g e f u n d e n e n , als etch holes bezeichneten Ä t z k a n ä l e n h a n d e l t es sich, wie aus den Arbeiten von Price und Walher hervorgeht, um angeätzte Spuren von S p a l t p r o d u k t e n des im G l i m m e r gelösten Urans. D i e E n t d e c k u n g solcher Bahnspuren w a r nicht zufällig. Silk und Barnes (1959) hatten M u s k o v i t dem Beschuß von S p a l t p r o d u k t e n des U r a n s 2 : ! ) U ausgesetzt und deren Spuren elektronenmikroskopisch nachgewiesen. D a m i t w a r ein W e g aufgezeigt, Teilchenbahnen im Festkörper in F o r m von Strahlungsschäden mit d e m hohen Auflösungsvermögen des E l e k t r o n e n mikroskopes zu erfassen. Bei ihren E x p e r i m e n t e n zur Untersuchung d e r G l i m m e r als Teilchendetektor haben Price und Walker (1962 b) die E n e r g i e d e r S p a l t p r o d u k t e des U r a n s so weit herabgesetzt, d a ß die Bahnspuren im E l e k t r o n e n m i k r o s k o p nicht mehr sichtbar w a r e n . D u r c h Ä t z u n g konnten sie die B a h n s p u r e n d a n n „entwickeln". Z u m Nachweis von Rückstoßkernen erwies sich die Ä t z u n g als unerläßlich (Price 13
und Walker 1962 a). In natürlichem Glimmer künstlich erzeugte Bahnspuren müssen durch Ätzung „fixiert" werden, da sie während der Beobachtung im Elektronenmikroskop sonst wieder verschwinden {Silk und Barnes 1959, Bonfiglioli et al. 1961, Price und Walker 1962 c). Offenbar befindet sich der Kristall in einer gewissen Umgebung der Bahnspur im amorphen Zustand. Die Bahnspur selbst soll nach Price und Walker (1962 e, p. 3411) z . T . sogar ein feiner Kanal sein. Der Durchmesser des amorphen Bereiches wird von ihnen mit 25 A angegeben. Nach Abschätzungen von Romieu und Bloch (1965), die mit Uran bedampfte Muskovitlamellen von 12 |xm Dicke so lange mit thermischen Neutronen bestrahlt haben, bis sich der ganze Kristall im metamikten Zustand befand 1 , beträgt der Durchmesser der amorphen Bereiche ~ 29 A in guter Übereinstimmung mit dem von Price und Walker mitgeteilten Wert. Nun wußte man seit langem, daß die sogenannten pleochroitischen Höfe im Glimmer durch das in den Hofkernen angereicherte Uran bzw. Thorium entstehen. Es mußte also möglich sein, mit Hilfe der Ätzmethode durch Entwickeln und Fixieren von Bahnspuren der Kernbruchstücke auch in solchen Bereichen des Glimmers Uran oder Thorium nachzuweisen, wo die Konzentration nicht mehr zur Bildung eines pleochroitischen Hofes ausreicht, wo aber spontane Kernspaltungen stattgefunden haben. Price und Walker (1962 d) haben diesen Nachweis geführt. Sie haben darüber hinaus durch Bestrahlen von Glimmer mit thermischen Neutronen in Spuren vorliegendes Uran zur Kernspaltung veranlaßt und aus den beiden aufeinanderfolgenden Nachweisen eine Methode zur Altersbestimmung von Glimmer entwickelt ( P r i c e und Walker 1963 b). Zu Resultaten der Ätzmethode an Kristallen der Glimmergruppe können im weiteren Sinne auch jene gezählt werden, bei denen nicht die Ätzfigur, sondern die Ätzung als heterogene Reaktion mit ihren Folgeprodukten im Mittelpunkt des Interesses steht. Die diesbezüglichen Arbeiten sind meist auf die Aufklärung der Umwandlung der Glimmer und da im besonderen auf die Untersuchung des Verwitterungsprozesses gerichtet. Sie sind weniger vom kristallographischen, atomphysikalischen oder chemischen als mehr vom geologischen und minerogenetischen Standpunkt aus bemerkenswert. Wie bei der Ätzung zur Erzeugung von Ätzfiguren wurden auch bei der „Ätzung im weiteren Sinne" die ersten Resultate schon im vorigen Jahrhundert mitgeteilt. So untersuchte z . B . Schmidt (1882), mit der Absicht, die während der vulkanischen Tätigkeit stattfindenden komplexen Zersetzungsprozesse zu analysieren, die Zersetzung von einigen Mineralien und Gesteinen durch heiße schweflige Säure. Er versteht denn auch im Gegensatz zur Verwitterung als der Veränderung unter dem Einfluß von Kohlensäure und Wasser unter Zersetzung „Veränderungen durch die dem Erdinnern entstammenden Agentien, die vulcanischen Gase". Es wurden von ihm auch nur solche Mineralien untersucht, die in den tertiären Eruptivgesteinen und den rezenten Laven als Gemengteile eine Rolle spielen. Hierzu wird auch der Magnesiaglimmer gerechnet. Schmidt findet, daß bei den Silikaten durch schweflige Säure um so mehr gelöst wird, „je leichter löslich ihre übrigen Bestandteile sind, und 1
Vgl. hierzu A. Faessler,
14
Habilitationsschrift, Halle 1942.
¡c mehr sie von solchen enthalten". D i e Bleichung des G l i m m e r s schreibt er der starken E x t r a k t i o n des Eisens zu. D a d u r c h , d a ß bereits d a m a l s die optischen M e t h o d e n zur Klassifizierung d e r G l i m m e r als R o u t i n e m e t h o d e n zur V e r f ü g u n g standen, h a t es auch nicht an Versuchen gefehlt, gesetzmäßige Z u s a m m e n h ä n g e zwischen der chemischen Z u s a m m e n setzung des G l i m m e r s und seinen optischen Eigenschaften aufzustellen. In diesem Z u s a m m e n h a n g ist wegen d e r Einbeziehung der V e r w i t t e r u n g s p r o d u k t e des G l i m mers in die Diskussion d i e Dissertation von Zschimmer (1898) bemerkenswert. E r stellt darin u. a. fest, d a ß mit fortschreitender Bleichung u n d a b n e h m e n d e m spezifischem Gewicht die A b s o r p t i o n u n d der Pleochroismus verschwinden, w o m i t eine Z u n a h m e des optischen Achsenwinkels und A b n a h m e der Hauptbrechnungsindizes H a n d in H a n d gehen. Mehmet (1938) ging bei seinen Untersuchungen über den A b - und U m b a u a m Biotit von einer sedimentpetrographischen Fragestellung aus. Bei d e r B e h a n d l u n g des Biotits mit 1 - m o l a r e r Schwefelsäure gingen alle Bestandteile bis auf die Kieselsäure, die als a m o r p h e r Rest verblieb, nahezu gleichmäßig in Lösung. Seine Feststellung, d a ß der A b b a u zonar u n d bevorzugt an Rissen und sonstigen mikroskopisch sichtbaren Störungen erfolgt, weist auf die Schwierigkeiten hin, Zeitgesetze f ü r den A b b a u aufzustellen. D i e E i n w i r k u n g schwachsaurer Lösungen untersuchte er in Mahlversuchen. E r stellte auch als erster qualitative Versuche über die E i n w i r k u n g einer alkalischen Lösung auf Biotit an. E s gelang ihm, die wichtigsten in den Sedimenten v o r k o m m e n d e n A b b a u p r o d u k t e des Biotits experimentell darzustellen. O f t w i r d in den diesbezüglichen Arbeiten die F r a g e a u f g e w o r f e n , ob T o n m i n e r a l e auch durch V e r w i t t e r u n g von G l i m m e r entstehen. Z u r Lösung dieser F r a g e f ü h r t e n Weiss und M i t a r b e i t e r (1956) spezielle E x p e r i m e n t e an den verschiedenen G l i m m e r mineralen aus. Ihnen gelang d e r quantitative Austausch v o n K a l i u m - I o n e n durch A l k y l a m m o n i u m - I o n e n nach B e h a n d l u n g d e r G l i m m e r mit A l k y l a m m o n i u m s a l z e n in w ä ß r i g e r Lösung bei u n g e f ä h r 65 ° C in Einwirkungszeiten in d e r G r ö ß e n o r d n u n g von M o n a t e n . N a c h W e i t e r b e h a n d l u n g mit N a t r i u m a l k o h o l a t e n konnten die Alkyla m m o n i u m - I o n e n gegen N a t r i u m - I o n e n und diese d a n n w i e d e r in w ä ß r i g e n Lösungen durch K a l z i u m - I o n e n und a n d e r e ausgetauscht w e r d e n . D i e so entstandenen A l k y l a m m o n i u m g l i m m e r und auch die a n d e r e n F o l g e p r o d u k t e zeigten ein eindimensionales Q u e l l v e r h a l t e n , wie man es bei manchen T o n m i n e r a l e n , besonders aus erdölf ü h r e n d e n Lagerstätten, beschrieben hat. Bums und White (1963) haben 2 M | - M u s k o v i t e mit geschmolzenem L i t h i u m n i t r a t bei 300 ° C b e h a n d e l t und röntgenographisch die Ä n d e r u n g d e r b-Translation in Abhängigkeit von d e r A b n a h m e des Kaliumgehaltes gemessen. A n a l o g e G i t t e r k o n s t a n t e n ä n d e r u n g e n konnten sie d a r a u f h i n an dioktaedrischen G l i m m e r n in den T o n f r a k t i o n e n aus den verschiedenen H o r i z o n t e n lehmiger Schlammböden messen und eine Abhängigkeit d e r V e r w i t t e r u n g v o m effektiven Teilchendurchmesser feststellen. Als Beispiel d a f ü r , wie a m G l i m m e r mit einer „Ätzung im weiteren Sinne" ein kristallographisches P r o b l e m gelöst w u r d e , sei die A r b e i t von Cloos, Gastuche und Crogaert (1960) a n g e f ü h r t . D i e A u t o r e n haben die K i n e t i k d e r A u f l ö s u n g eines 15
Glaukonits in mit Silizium gesättigter Salzsäure chemisch, röntgenographisch und elektronenmikroskopisch untersucht. Der während des Ätzvorganges in Lösung gegangene Anteil in bezug auf die im Glaukonit vorliegende Ausgangsmenge an Fe : 1 +-, Fe 2 +-, Mg-, AI- und K-Ionen wurde als Funktion der Reaktionszeit bestimmt. Der K-Anteil nimmt vom Wert Null an linear mit der Reaktionszeit zu. Mit derselben Geschwindigkeit nimmt auch der Mg-Ionenanteil zu. Die anderen Ionen erscheinen in der Lösung mit zwei verschiedenen Geschwindigkeiten. Die erste der K - und MgLösung gleiche Geschwindigkeit wird der Auflösung der Oktaederschicht zugeordnet. Als Stütze für diese Annahme ist die quantitative Herauslösung von Mg und das Verschwinden der hkO-Reflexe in der ersten Phase des Ätzprozesses anzusehen. In der zweiten Phase ist die Oktaederschicht sozusagen leer. Die Vorgänge mit der kleineren Geschwindigkeit dominieren, d. h., die Tetraederschicht wird nun aufgelöst. Diese zwei Phasen sind auch sehr deutlich bei der Lösung der Al-Ionen, die ohne Zweifel sowohl in der Oktaeder- als auch in der Tetraederschicht vorhanden sind, zu erkennen. Die Autoren kommen auf Grund ihrer Ergebnisse zu dem Schluß, daß die Strukturformel des vorliegenden Glaukonits entgegen der nach der chemischen Analyse angesetzten Formel wie folgt lauten muß: (AI, F e 2 + , Mg, Ca, K , Na),. 6 ä l (Al 0 . 00 „ F e ^ 7 3 lvr,, n : ! M g 0 . 3 8 J V I (Si
2
.836
A'O.532
Feo.437
F
E
Ü . L ! ) 6
, R
O,0
( O H ) o
Fast die gesamte Menge an Fe'-+-Ionen ist in der Tetraederschicht gebunden, während 34% der Fe : l +-Ionen an der Oberfläche in Hydrogelform und nach Ausweis der elektronenmikroskopischen Abbildungen in dem den Glaukonit begleitenden Goethit gebunden sind. Der Einfluß des entstandenen Gels auf die Transportvorgänge bei der Ätzung konnte nicht ermittelt werden. Gastuche (1963 a, b) hat in zwei weiteren Arbeiten zu dieser Frage Stellung genommen. D a Teilchenform, -große und -größenverteilung die Anteile der in Lösung gehenden Kationenmengen wesentlich beeinflussen, nahm Gastuche an Stelle des feindispersen Glaukonits Proben von ein und demselben Stück eines großen Biotiteinkristalls und stellte durch Beobachtung des bei der Ätzung entstehenden Hydrogelsaumes das Zeitgesetz für das Fortschreiten der Phasengrenze auf. Es ist linear, d. h., der Gelsaum beeinflußt die Transportvorgänge während des Ätzens nicht. Zur Stützung dieser Aussage wurden noch zwei weitere Experimente mit dem folgenden Ergebnis durchgeführt. Bei der Ätzung mit Salzsäure, die nicht mit Silizium gesättigt war, entstand kein Gelsaum. Der Anteil an gelösten Kationen war jedoch genauso groß wie vorher. Die Ätzung mit Si-gesättigter Salzsäure in zwei gleichen Teilschritten an je vier verschiedenen dicken Biotitblättchen ergab auch jedesmal die gleiche Ätzgeschwindigkeit. Darüber hinaus konnte Gastuche die entwickelten Vorstellungen von den einzelnen Phasen des Auflösungsprozesses durch röntgenographische Untersuchung des Gelsaumes bestätigen.
16
Uber die Dekoration von geätztem Glimmer
D i e im folgenden beschriebenen neuen Resultate der Ätzmethode an Kristallen der Glimmergruppe wurden im wesentlichen mit H i l f e einer durch Golddekoration dargestellten Feinstruktur der Ätzgruben erhalten. Ü b e r Dekoration von geätztem G l i m m e r ist von anderer Seite noch nicht berichtet worden. D e r Verfasser hat jedoch über die in dieser Arbeit vorgelegten {Brauer
Ergebnisse
bereits
öffentlich
vorgetragen
1 9 6 5 ; 1966 a, b ; 1967 a, b ; 1 9 6 8 ) .
Unter D e k o r a t i o n eines Kristalls versteht man ganz allgemein die Sichtbarmachung von Störungen seines Gitters durch Anlagerung kolloidaler Partikel. D a r ü b e r hinaus spricht man auch von D e k o r a t i o n , wenn in einem Oberflächenrelief
Unstetigkeiten,
die sich sonst der Beobachtung entziehen würden, durch Anlagerung Partikel sichtbar gemacht werden. D i e ultramikroskopischen Siedentopf
(1905) an additiv verfärbten Steinsalzeinkristallen
kolloidaler
Untersuchungen, durchgeführt
die
hatte,
ließen es „als wahrscheinlich erscheinen, d a ß es sich bei den Färbungen im wesentlichen um Ausscheidungen von ultramikroskopischen . . . metallischen Natrium- (bzw. K a l i u m - ) kriställchen handelt" und „daß diese Teilchen auf unzähligen
Kristall-
spalten sitzen, welche ohne diese Teilchen unsichtbar bleiben würden". E s war das Verdienst von Rexer Siedentopf
( 1 9 3 2 ) , durch systematische Anwendung dieses zuerst
von
beschriebenen Dekorationseffektes eine Möglichkeit zur Beobachtung der
bei der Plastizierung von N a C l - K r i s t a l l e n gezeigt zu haben. V o n Bassett
im Innern ablaufenden Vorgänge auf-
( 1 9 5 8 ) wurde eine hochauflösende Dekoration zur
Markierung von Stufen im Oberflächenrelief von N a C l - K r i s t a l l e n angegeben. D e r Dekorationseffekt der Methode nach Bassett
beruht darauf, d a ß im Hochvakuum
auf die zu untersuchende Oberfläche des Objektes aufgedampfte M e t a l l a t o m e bevorzugt an Stufen des Oberflächenreliefs Kristallkeime bilden. Durch geeignete T e m peraturen des zu dekorierenden Objektes zur Erzielung einer hinreichenden Beweglichkeit der aufgedampften M e t a l l a t o m e auf der Oberfläche und durch entsprechende Dosierung der Aufdampfmenge läßt man die Kristallkeime zu Kristallen von einigen 10 A Durchmesser anwachsen und hebt sie mit einer möglichst strukturlos aufgedampften K o h l e f o l i e ( B r a d l e y 1954) ab. B e i der elektronenmikroskopischen Durchstrahlung dieser F o l i e liefern dann die Dekorationskristalle durch ihren
Kontrast
ein B i l d vom Oberflächenrelief des dekorierten Objektes, welches mit den Isohypsen in einer L a n d k a r t e vergleichbar ist. D i e höchstmögliche laterale Auflösung der Reliefeinzelheiten liegt in der Größenordnung von 100 A . D i e Tiefenauflösung ist gleich 2
Brauer
17
der dekorierten Stufenhöhe. Bethge und Schmidt (1959) haben Spaltflächen von Steinsalzkristallen durch selektive Kristallisation von aufgedampftem Steinsalz dekoriert. So ließen sich z. B. die Aufwachshügel längs einer durch ihr „river-pattern" erkennbaren Feinkorngrenze von den übrigen Aufwachshügeln durch ihre Größe deutlich unterscheiden. Der mit Thalliumtetrafluorid schrägbedampfte Kohleabdruck vermittelte dann als elektronenmikroskopisches Durchstrahlungspräparat einen räumlichen Eindruck der neuentstandenen Oberfläche. Distler und Daryusina (1962) berichteten über Dekorationseffekte, die auf Glimmeroberflächen durch Fällung von Bleisulfid erzielt wurden. Sie verwendeten Lösungen von Bleiacetat (4%), Thioharnstoff {2%) und Ätznatron {2%) im Verhältnis 1 : 3 : 3. Entsprechend dem Temperaturintervall von 3 bis 34 °C variierten sie die Fällungszeiten von zwei Stunden bis herab zu wenigen Sekunden. Auch hier wurde das Bild der Oberfläche des dekorierten Kristalls durch einen Kohleabdruck nach Bradley (1954) vermittelt. Zur Kontraststeigerung diente eine Schrägbedampfung mit einer Gold-Palladium-Legierung. Mehl und Coutts (1963) haben die ( l l l ) - S p a l t f l ä c h e von Germanium in einem Goldcyanidbad unmittelbar nach der Spaltung elektrochemisch dekoriert und so nachweisen können, daß die im Lichtmikroskop eben erscheinenden Spaltflächen von vielen Stufen in [110]-Richtung durchzogen sind. Die Dekoration besteht wie bei dem Verfahren nach Bassen aus den an den Stufen angelagerten Goldkriställchen. Ob mit einem der oben genannten Verfahren zur Dekoration der Oberfläche Stufen im Ätzgrubenrelief von Glimmer sichtbar zu machen waren, hing von der Neigung der eine Ätzgrube begrenzenden Flächen gegen die Spaltebene des Glimmers und von der sich einstellenden Stufenhöhe ab. Patel und Tolansky (1957) hatten an spitz zulaufenden Ätzgruben in Muskovit interferometrisch und mit dem Lichtschnittverfahren eine maximale Neigung der Flächen gegen die Spaltfläche von 3° gemessen. Bei einer lateralen Auflösung von 100 A wäre dann eine Mindeststufenhöhe von 5 A notwendig. Über die zu erwartende Stufenhöhe in durch Ätzung von Muskovit entstandenen Flächen verschieden von (001) konnten jedoch nur Annahmen gemacht werden. Als erster Anhalt diente die schon von PauUng (1930) theoretisch begründete Ansicht, daß die Glimmer in der Ebene spalten würden, die von den Alkali bzw. von den Erdalkali-Ionen besetzt ist. Der Abstand zweier solcher Ebenen beträgt in allen Glimmern ~ 10 A. Die bei einer Spaltung sich einstellende Stufenhöhe würde demnach 10 A oder ein ganzzahliges Vielfaches davon betragen müssen, unabhängig von der Höhe der Elementarzelle, d. h. unabhängig von der Schichtzähligkeit des betreffenden Glimmers. Diese niedrigste mögliche Spaltstufenhöhe von 10 A ist aber bisher experimentell noch nicht direkt nachgewiesen worden. Tolansky (1943, 1945, 1946) neigte nach umfangreichen Messungen zu der Ansicht, daß am zweischichtigen Muskovit die Elementarzellenhöhc von 20 A auch die Spaltstufenhöhe vorschreibt. Mit der von Courtney-Pratt (1950) gemessenen Spaltstufenhöhe von 30 A am zweischichtigen Muskovit dürfte aber der experimentelle Nachweis als erbracht gelten, daß die alle Glimmer aufbauende Einzelschicht von 10 A Dicke auch die Spaltstufenhöhe vorschreibt. Die Möglichkeit, daß die beiden chemisch und strukturell gleichwertigen Tetraedernetzwerkschichten, aus denen sich eine Molekülschicht der Glimmer aufbaut, dem 18
Ätzangriff einzeln ausgesetzt sind, würde die Stufenhöhe im Ätzrelief auf 5 Á reduzieren. Mit einer Ausbildung von Stufen noch geringerer Höhe war nicht zu rechnen, da die SiO/,-Tetraeder weniger dicht gepackt sind als ihre Bausteine selbst. Eine Dekoration mit Hilfe der von Bassett (1958) angegebenen Methode mußte demzufolge ein Ätzgrubenrelief in Muskovit gerade noch auflösen. Ob und inwieweit eine durch die Ätzung auf der Oberfläche des Glimmers zurückbleibende Passivschicht den Dekorationseffekt beeinträchtigt, konnte nur durch Experimente geklärt werden. Nun findet bei der notwendigen Erwärmung zur Erzielung einer hinreichenden Beweglichkeit der aufzudampfenden Metallatome auf der Oberfläche bei den natürlichen Glimmern eine Dehydrierung statt, deren zu erwartender Einfluß auf den Dekorationseffekt ebenfalls unbekannt war. Um bei den ersten Versuchen den Einfluß der fortlaufenden Dehydrierung während der Erwärmung des Glimmers im Vakuum möglichst zu umgehen, wurde als Dekorationsmaterial wegen seines niedrigen Schmelzpunktes von 231,8 °C Zinn gewählt. Roy (1949) konnte zeigen, daß bei Temperaturen bis zu 300 °C die Dehydrierung von Muskovit nach einer Anlaufzeit in der Größenordnung von einer Stunde praktisch zum Stillstand kommt. Die relativ hohe Atomnummer von Zinn gegenüber der von Kohlenstoff bot die Gewähr, daß die Dekoration im elektronenmikroskopischen Bild auch einen hinreichenden Kontrast liefert. Da weder Erfahrungen über Zinndekoration vorlagen, noch aus der Literatur Angaben hierzu zu entnehmen waren, wurde für die ersten Experimente der Ofen, welcher den zu dekorierenden Glimmer bis auf eine Öffnung für den Durchtritt des Aufdampfstrahles allseitig umschloß, zur Abkürzung der Anheizzeiten aus Molybdänblech hergestellt und direkt durch Joulesche Wärme geheizt. Eine Messung der Temperatur der Oberfläche des Glimmers während der Dekoration ist nicht durchgeführt worden. Zur reproduzierbaren Dosierung der Aufdampfmenge diente wegen der schwer herzustellenden Einwaage bei dem in Spänen vorliegenden Zinn eine spezielle Kontrolleinrichtung, so daß aus einem Vorrat heraus aufgedampft werden konnte. Diese Kontrolleinrichtung bestand aus einem feuerpolierten Glas mit zwei Kontakten, die über ein Ohmmeter mit einem Meßbereich von 0—10 MQ kurzgeschlossen waren. Die Meßstrecke wurde gleichzeitig mit dem Objekt bedampft und der Aufdampfvorgang nach einem bestimmten Widerstandsabfall unterbrochen. Die mengenmäßige Begrenzung des zur Dekoration aufgedampften Zinns hing dann noch von dem Verhältnis der beiden Abstände (Verdampfer-Objekt); (Verdampfer-Kontrollobjekt) ab. Es lag zuletzt bei 10 : 1. Die ersten Versuche zu einer Zinndekoration wurden an frischen Spaltflächen von Muskovit durchgeführt. Dabei zeigte sich, daß die zum Abheben der Zinnkristalle aufgedampfte Kohlefolie zur Übertragung auf ein Objektträgernetz in Wasser nur schwer abschwimmt. In Flußsäure schwimmt sie gut ab, aber das Zinn geht dabei in ein wasserlösliches Zinnfluorid über, und am Schluß der Präparation steht nur eine kontrastarme Kohlefolie als elektronenmikroskopisches Durchstrahlungspräparat zur Verfügung. Man kann zur Kontrasterhöhung statt der reinen Kohlefolie einen Kohle-Platin-Abdruck der Zinnkriställchen herstellen und in Flußsäure abschwimmen. Die mit der Flußsäure aufgefischten Verunreinigungen können jedoch nur 2»
19
schlecht durch eine n a c h f o l g e n d e R e i n i g u n g e n t f e r n t w e r d e n . W e n n m a n a b e r
eine
nach d e r D e k o r a t i o n a u f g e d a m p f t e reine K o h l e f o l i e v o r d e m A b s c h w i m m e n in W a s ser im F l u ß s ä u r e d a m p f v o r l ö s t , b l e i b t das P r ä p a r a t s a u b e r und nur w e n i g e Z i n n k r i ställchen w e r d e n h e r a u s g e l ö s t . M a n e r h ä l t ein B i l d mit h i n r e i c h e n d e m K o n t r a s t . D i e D e k o r a t i o n v o n g e ä t z t e m M u s k o v i t g e l a n g in den V o r v e r s u c h e n noch nicht. A n M u s k o v i t p r o b e n , d i e zum handelt
waren,
Studium
konnten
der Dehydrierung
Bruchkanten
an
von
Glimmer
Aufknickungen
Abb. 2.
mit
In Einzelstufen
in Muskovit
thermisch
vorbc-
Zinnkriställchcn
aufgelöste
(28 000fach,
bei
Spaltstufe
Sn-Dekoration)
einer l a t e r a l e n A u f l ö s u n g v o n 1 3 0 Ä d e k o r i e r t w e r d e n . E s g e l a n g auch mit d e m aus d e m K o h l e b o g e n v e r d a m p f t e n P l a t i n einen D e k o r a t i o n s e f f e k t zu e r z i e l e n . T r o t z d e m w u r d e v o n einer W e i t e r e n t w i c k l u n g
d e r Z i n n d e k o r a t i o n an M u s k o v i t bis zu
o p t i m a l e n A u f l ö s u n g a b g e s e h e n , d a in P a r a l l e l v e r s u c h e n mit einer
einer
Golddekoration
b e s s e r e E r g e b n i s s e erzielt w u r d e n . D a s b e z o g sich v o r a l l e m a u f d i e n o t w e n d i g e B e h a n d l u n g d e r P r ä p a r a t e m i t F l u ß s ä u r e . In A b b . 1 bis 4 sind B e i s p i e l e aus den ersten Versuchen
wiedergegeben.
F ü r die G o l d d e k o r a t i o n d i e n t e ein O f e n aus K u p f e r mit r e l a t i v g r o ß e r W ä r m e k a p a z i t ä t zum A u s g l e i c h v o n T e m p e r a t u r s c h w a n k u n g e n , d e r w i e d e r den zu d e k o r i e r e n d e n G l i m m e r a l l s e i t i g bis a u f d i e für den D a m p f s t r a h l n o t w e n d i g e Ö f f n u n g u m schloß. E r w a r für T e m p e r a t u r e n bis 5 0 0 ° C im D a u e r b e t r i e b ausgelegt und w u r d e i n d i r e k t geheizt. D a
20
das G o l d
in D r a h t f o r m
vorlag, konnte die
aufzudampfende
Menge durch Einwaage festgelegt werden. Für die einzelnen Glimmerproben waren auch bei einheitlicher Dicke die zur Erzielung eines Dekorationseffektes erforderlichen Aufheizzeiten je nach Farbe und Absorption verschieden. Die Aufheizzeiten ließen sich jedoch für alle Glimmer bei Ofentemperaturen um 500 °C einheitlich auf 1 Stunde herabsetzen, wenn die Rückseite der Proben mit einer Kohleschicht zur Absorption der Wärmestrahlung versehen war. Bei den klaren Glimmern bedeutete dieser zusätzliche Arbeitsgang in der Präparation eine Einsparung von zwei Stunden
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v^/^vA-
m
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'riP^SSStr^V VPaffS
.
•
SA* ,W*t fflE- -
. ..
_ a• S ,. _ -
«II; m •KM Abb. 3.
Dekorierte
(16 000facb,
Bruchkante
Sn-Dekoration)
in
Muskovit
7V - - .
..¿•f+i*^'
r« « .
Abb. 4. Spaltstufen
Dekorationseffekt von Muskovit
durch (18
Platin
an
000facb)
Aufheizzeit. N u r für kleine Stücke von wenigen mm 2 Größe wurde gelegentlich von einer Kohlebedampfung der Rückseite abgesehen und die notwendige Aufheizzeit vorher abgeschätzt. Der Kohlefilm mit der Golddekoration mußte zum Abschwimmen in Wasser mit 40° heißem Flußsäuredampf vorgelöst werden. Die Vorlösung war stets ausreichend, wenn die vorher spiegelglatte Kohleschicht im reflektierten Licht einen matten Glanz zeigte.
21
Neue Resultate der Ätzmethode an Kristallen der Glimmergruppe Muskovit Ätzversuche an Muskovitkristallen verschiedener Herkunft (vgl. Tab. 1) ergaben bis auf zwei Ausnahmen lichtmikroskopisch nachweisbare Ätzgruben so, wie sie bereits von anderen Autoren beschrieben worden sind. Die erste Ausnahme bildete ein Muskovit aus Borstendorf im Erzgebirge (Tab. 1, Nr. 7). Es entstanden bei der Ätzung mit flüssigem Kaliumhydroxid anomale Ätzgruben mit schlauchförmigem Fortsatz (Abb. 5). Dieser Muskovit enthielt fossile Bahnspuren von Urankernbruchstücken, die durch Ätzung in Flußsäuredampf entwickelt und lichtmikroskopisch nachgewiesen werden konnten. Es lag daher nahe, als Ursache für die schlauchförmigen Fortsätze der Ätzgruben fossile Bahnspuren anzunehmen. Der Nachweis für
Abb. 5. Anomale Ätzgrube mit schlauchförmigem Fortsatz in Muskovit (600/acb, KOH-Ätzung)
die Richtigkeit dieser Annahme wurde an zehn verschiedenen Stücken dieses Muskovits erbracht. Nach der Spaltung konnten die Orte der mit Flußsäuredampf erzeugten Ätzkanäle in der frischen Spaltfläche der einen Hälfte mit denen der anomalen Ätzfiguren in der frischen Spaltfläche der anderen Hälfte zur Deckung gebracht werden (Abb. 6). Die Richtungen der einander entsprechenden Bahnspuranteile in den beiden Kristallhälften sind in der Abbildung durch Spiegelung ineinander überführbar. Abb. 6 b gibt ein fortgeschrittenes Stadium der KOH-Ätzung wieder. Die Bahnspur stellt eine Leitlinie dar, längs der die Spitze der Ätzgrube während der Ätzung fortschreitet. Wenn die Leitlinie in ihrer ganzen Länge durch die Ätzung 23
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Abb. 22.
Dekoriertes
Ätzrelief
in Muskovit.
/ i.
m a) 26 000fach,
b) 33 000fach
(HF-Ätzung)
39
Abb. Ii.
Tiefe isolierte Ätzgrube in Muskovit (60 000fach,
KOH-Atzung)
Abb. 24. Flache Ätzgruben mit unregelmäßigem Terrassenstufenverlauf in Muskovit (60 OOOfach, KOH-ÄtZung)
40
a b w e i c h e n d e n chemischen Z u s a m m e n s e t z u n g des K a t i o n e n g i t t e r s h a b e n . D i e g r o ß e n unter dem
Lichtmikroskop
bereits sichtbaren
Ätzgruben
sind o f t m a l s
Ätzhöhlen.
T r o t z d e m ist i h r e d r e i z ä h l i g e S y m m e t r i e gut zu e r k e n n e n . T i e f e k e g e l f ö r m i g e Ä t z g r u b e n m i t g l e i c h m ä ß i g e r F e i n s t r u k t u r k a m e n n u r in Bereichen mit g u t e r K r i s t a l l q u a l i t ä t v o r . N a c h K O H - Ä t z u n g h a b e n d i e T e r r a s s e n s t u f e n g e r u n d e t e F o r m e n . Bei d e r in A b b . 2 3 d a r g e s t e l l t e n F e i n s t r u k t u r einer tiefen Ä t z g r u b e e r k e n n t m a n rechts oben im B i l d , w i e m e h r e r e b e n a c h b a r t e S t u f e n eine V i z i n a l f l ä c h e m i t eigener Ä t z g e s c h w i n d i g k e i t b i l d e n . A u c h bei d e r K O H - Ä t z u n g e n t s t a n d e n in d i e s e m M u s k o v i t k e i n e „ O v a l e " , w i e sie in d e n 2 M i - M u s k o v i t e n als A b b i l d eines L o c h k e i m e s v o n Einzelschichttiefe a u f t r e t e n . Selbst bei d e n T e r r a s s e n s t u f e n m i t sehr k l e i n e m D u r c h messer ist d e r V e r l a u f d e r S t u f e n bereits u n r e g e l m ä ß i g
( A b b . 24). Bei
denselben
ÜH'---
Q, ' Abb. 25. „Zweizählige" Ätzfiguren in hT-Muskovit (42 000fach, HFÄtzung)
\
.*• '•
\
/
* ••
/
*
K ! L
\ •] XV
Ä t z p a r a m e t e r n ist d i e L o c h k e i m d i c h t e in diesem M u s k o v i t merklich g r ö ß e r als in d e n „ g e w ö h n l i c h e n " M u s k o v i t e n . D a r ü b e r h i n a u s ließen d i e v o n d i e s e m 3 T - M u s k o vit hergestellten P r ä p a r a t e ein bereichsweise a n o m a l e s Ätzrelief e r k e n n e n . Z u m T e i l w a r e n d i e Ä t z f i g u r e n z w e i z ä h l i g u n d d e n E n d f o r m e n d e r P o r e n in
2M\-Muskovit
sehr ähnlich ( A b b . 25). T r o t z d e m k o n n t e aus d e n F e i n s t r u k t u r e n k e i n e 2 M - S t r u k t u r herausgelesen w e r d e n . D i e schon f ü r diesen M u s k o v i t e r w ä h n t e f e d e r f ö r m i g e Streif u n g h a t t e a u ß e r d e n in allen P r ä p a r a t e n a u f t r e t e n d e n d u r c h g e h e n d
verlaufenden
T e r r a s s e n s t u f e n auch a n o m a l e F e i n s t r u k t u r e n v o n Ä t z g r u b e n zur Folge. D e r
über-
w i e g e n d e T e i l dieser Ä t z g r u b e n h a t eine g r o ß e L ä n g s a u s d e h n u n g u n d spitze E n d e n , in d e n e n auch d i e einzelnen T e r r a s s e n s t u f e n z u s a m m e n l a u f e n ( A b b . 26 a ) . I m G e g e n satz zu d e n Ä t z g r u b e n mit spitzem G r u n d , bei d e n e n d i e Spitze w ä h r e n d d e r Ä t z u n g längs einer L e i t l i n i e fortschreitet, ist hier d e r G r u n d d e r Ä t z g r u b e n eine Linie, d i e in einer Leitfläche liegt u n d d e r e n L ä n g e d u r c h d i e B r e i t e d e r f r e i g e ä t z t e n Leitfläche b e g r e n z t ist. D i e s e L i n i e ist d e m K i e l eines v o r n u n d hinten spitzen B o o t e s v e r gleichbar, w e n n m a n d i e T e r r a s s e n s t u f e n als d i e v o n v o r n nach hinten d u r c h l a u f e n d e n P l a n k e n des B o o t e s ansieht. I m a l l g e m e i n e n sind solche zweieckigen Ä t z g r u b e n 41
in Bereichen von einigen 10 (im Durchmesser parallel orientiert. Diskontinuierliche Störungen dieser Parallelorientierung durch einzelne zweieckige Ätzgruben oder Ätzgrubenscharen wurden nicht beobachtet. Wenn Abweichungen von der Orientierung auftraten, dann waren sie durch einen allmählichen Übergang in die neue Richtung Abb. 26. a
Abb. 26. b
r Abb. 26.
Anomale Feinstrukturen
b) dichtes Ätzgrubenfeld
42
von Ätzgruben in Muskovit. a) isolierte Ätzgrube (60 OOOfacb),
(43 000fach),
a und b
HF-Ätzung
gekennzeichnet. D i e selbst in einem dichten Ätzgrubenfeld kontinuierlich ineinander übergehenden Feinstrukturen der einzelnen Ätzgruben (Abb. 26 b), das Fehlen von „Korngrenzen" zwischen Bereichen mit voneinander abweichenden Orientierungen
mmMMmi! ifpi«: mmi mM
I Si f r V>
Abb.
27.
Dekorierte
Feinstruktur Ätzgrabens
eines in
Muskovit (94
OOOfach,
HF-Ätzung)
zweieckiger Ätzgruben und das Auftreten von Ätzgräben, welche zwar oft einen krummlinigen, aber stets glatten Verlauf aufwiesen und welche aus aneinandergereihten zweieckigen Ätzgruben entstanden waren, deuten darauf hin, d a ß mit dieser Art von Ätzgruben eine plastische Verformung des Glimmers angezeigt wird. 43
Es gibt wie bei den Ätzgruben auch bei den Ätzgräben solche mit flachem Grund. Die Leitfläche ist dann durch die Ätzung freigelegt worden. Gelegentlich liegen am Ende solcher Ätzgräben Ätzhöhlen, welche tiefer in den Kristall hineinreichen und das Ende des Kanals abrunden (Abb. 27). Nach den Resultaten der Ätzmethode an anderen Glimmern zu urteilen, wird sich bei den Muskoviten die Endform der Lösungsfigur für die Einzelschichten nur an einem lM-Muskovit darstellen lassen. Alle zur Verfügung stehenden Muskovite hatten bis auf den von Sultan Basin mit der 3T-Struktur die sich bei Muskovit gewöhnlich einstellende 2Mi-Struktur (vgl. Tab. 1). Ein röntgenographisch voruntersuchter Muskoviteinkristall mit lM-Struktur konnte nicht beschafft werden. Nach Ross (1966, priv. Mitt.) ist auch die Existenz eines solchen nicht bekannt. Als feindisperser Glimmer ist lM-Muskovit jedoch schon synthetisch dargestellt worden (Yoder und Eugster 1955). Auch in der Natur kommt lM-Muskovit feindispers vor. Yoder und Eugster (1. c.) hatten, angeregt durch ihre erfolgreiche Synthese von 1MMuskovit, die Röntgenpulverdiagrammdaten von 36 in der Literatur beschriebenen, unter ähnlichen Bedingungen in der Natur entstandenen muskovitähnlichen Mineralen diskutiert mit dem Ziel, lM-Strukturen von natürlichem Muskovit aufzufinden. Von diesen 36 Mineralen hatten jedoch nur drei, ein Sericit, ein Illit und ein Seladonit eine reine lM-Struktur. Unter den genannten Beispielen waren auch zwei Mariposite mit teilweiser lM-Struktur. Da für die Untersuchungen in dieser Arbeit zwei Fuchsite, welche den Maripositen als chromhaltige Muskovite ähnlich sind, zur Verfügung standen (Tab. 2, Nr. 2 und 3), wurde versucht, die Endfigur der Lösung für die Einzelschicht der Muskovite an den Fuchsiten darzustellen. Fuchsit Der Fuchsit aus Brunswick hatte eine 2Mi-Struktur. Seine Ätzfiguren unterschieden sich in keiner Weise von denen der „gewöhnlichen" Muskovite. Dagegen zeigte der Fuchsit aus Pfitsch in Tirol eine Feinstruktur nach der HF-Ätzung, bei der die Aus-
Abb. 28.
Dekoriertes
Ätzrelief von Fuchsit (40 000fach, Ätzung)
44
KOH-
Es gibt wie bei den Ätzgruben auch bei den Ätzgräben solche mit flachem Grund. Die Leitfläche ist dann durch die Ätzung freigelegt worden. Gelegentlich liegen am Ende solcher Ätzgräben Ätzhöhlen, welche tiefer in den Kristall hineinreichen und das Ende des Kanals abrunden (Abb. 27). Nach den Resultaten der Ätzmethode an anderen Glimmern zu urteilen, wird sich bei den Muskoviten die Endform der Lösungsfigur für die Einzelschichten nur an einem lM-Muskovit darstellen lassen. Alle zur Verfügung stehenden Muskovite hatten bis auf den von Sultan Basin mit der 3T-Struktur die sich bei Muskovit gewöhnlich einstellende 2Mi-Struktur (vgl. Tab. 1). Ein röntgenographisch voruntersuchter Muskoviteinkristall mit lM-Struktur konnte nicht beschafft werden. Nach Ross (1966, priv. Mitt.) ist auch die Existenz eines solchen nicht bekannt. Als feindisperser Glimmer ist lM-Muskovit jedoch schon synthetisch dargestellt worden (Yoder und Eugster 1955). Auch in der Natur kommt lM-Muskovit feindispers vor. Yoder und Eugster (1. c.) hatten, angeregt durch ihre erfolgreiche Synthese von 1MMuskovit, die Röntgenpulverdiagrammdaten von 36 in der Literatur beschriebenen, unter ähnlichen Bedingungen in der Natur entstandenen muskovitähnlichen Mineralen diskutiert mit dem Ziel, lM-Strukturen von natürlichem Muskovit aufzufinden. Von diesen 36 Mineralen hatten jedoch nur drei, ein Sericit, ein Illit und ein Seladonit eine reine lM-Struktur. Unter den genannten Beispielen waren auch zwei Mariposite mit teilweiser lM-Struktur. Da für die Untersuchungen in dieser Arbeit zwei Fuchsite, welche den Maripositen als chromhaltige Muskovite ähnlich sind, zur Verfügung standen (Tab. 2, Nr. 2 und 3), wurde versucht, die Endfigur der Lösung für die Einzelschicht der Muskovite an den Fuchsiten darzustellen. Fuchsit Der Fuchsit aus Brunswick hatte eine 2Mi-Struktur. Seine Ätzfiguren unterschieden sich in keiner Weise von denen der „gewöhnlichen" Muskovite. Dagegen zeigte der Fuchsit aus Pfitsch in Tirol eine Feinstruktur nach der HF-Ätzung, bei der die Aus-
Abb. 28.
Dekoriertes
Ätzrelief von Fuchsit (40 000fach, Ätzung)
44
KOH-
s +
3
2 S H S S H S 2 S S
I
o
< c/3 5u e « 3 .Ç
* mx,
f ' ^ V v* Abb. 42. Dekorierte Feinstruktur einer Ätzgrube in Biotit mit 2M\Struktur (42 500fach. KOH-Ätzung)
* .
m
mit zunehmendem Radius die Form an, die auf eine lM-Struktur schließen läßt. In der kleinen rechts liegenden Ätzgrube ist die Lösungsfigur der Einzelschicht besonders gut ausgebildet. An einer anderen Stelle desselben Präparates kann man auf eine 2M|-Struktur schließen (Abb. 42). Es treten Verzweigungen auf. Die Lösungsfiguren im Zentrum der Ätzgrube sind alternierend um 120° verschwenkt. Der von Mehmet (1938) im Mikroskopischen an den Rändern von 0,01 • • • 0,005 mm 2 großen Biotitblättchen beobachtete zonare Abbau, auf den Rinne (1911) schon hinwies, ist im Submikroskopischen an den Konkavflächcn der Ätzgruben zu beobachten. E r führt zur Feinstruktur der Ätzgruben. Außer einer stets vorhandenen 55
s
s
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o, "S
Abl>. 11. der
Ausschnittvergrößerung
in Abb. 71 dargestellten
gestuften
Ätzgrube
vom spitzen
in Phlugopit
und
•...-
Rand un-
(66 OOOfacb,
HF-Ätzung)
6*
83
zweiten L e i t l i n i e schließen. D e r g r o ß e flache G r u n d d e r Ä t z g r u b e in A b b . 7 0 zeigt d e m z u f o l g e einen z w e i t e n H a l t e p u n k t im T i c f c n w a c h s t u m dieser Ä t z g r u b e an. g r o b e n S t u f e n l i e ß e n sich auch im L i c h t m i k r o s k o p e r k e n n e n . D e m g e g e n ü b e r
Die
waren
in d e r spitzen Ä t z g r u b e in A b b . 7 1 k e i n e solchen H a l t e p u n k t e f e s t s t e l l b a r . D i e
die
Ä t z g r u b c b e g r e n z e n d e F l ä c h e ist k e i n e V i z i n a l f l ä c h e mit eigener Ä t z g c s c h w i n d i g k c i t . D e r von d e r S p i t z e bis zu ihrem g r ö ß t e n D u r c h m e s s e r im M i t t e l f o r t l a u f e n d gleiche A b s t a n d d e r S t u f e n ist nur durch eine k o n s t a n t e
Lochkeimbildungsgeschwindigkcit
längs ein und d e r s e l b e n L e i t l i n i e e r k l ä r b a r . A n d i e s e m B e i s p i e l wird deutlich, bei noch h ö h e r e r e l e k t r o n e n m i k r o s k o p i s c h c r chender A u f l ö s u n g d e r D e k o r a t i o n
Vergrößerung
(Abb. 72)
und
mit H i l f e d e r Ä t z m e t h o d c A u s s a g e n
daß
entspreüber den
realen S c h i c h t a u f b a u in w e i t e n S c h i c h t d i c k e b e r c i c h e n am G l i m m e r möglich sind. k o n n t e n z. B . in einer einzigen e l e k t r o n e n m i k r o s k o p i s c h c n
A u f n a h m e m e h r als
Es 900
ü b e r e i n a n d e r l i e g e n d e Schichten „im S c h n i t t " d a r g e s t e l l t w e r d e n . D e r A n s t i e g d e r in Schichtstufen a u f g e l ö s t e n F l ä c h e w a r 1 : 6 , 6 - • • 1 : 7 . A b b .
7 2 stellt einen
Ausschnitt
aus einer solchen A u f n a h m e von d e m mit d e r A u f n a h m e für A b b . 7 1 nicht e r f a ß t e n o b e r e n rechten R a n d d e r Ä t z g r u b c d a r .
Lcpidolith Lcpidolith
und
Zinnwaldit
nehmen
als
sogenannte
Lithionglimmer
unter
den
G l i m m c r m i n e r a l e n eine S o n d e r s t e l l u n g ein. I m L c p i d o l i t h sind m e h r als d i e H ä l f t e , im Z i n n w a l d i t um ein D r i t t e l d e r O k t a e d e r m i t t e n mit d e m e i n w e r t i g e n K a t i o n
Li1
besetzt. D i e s e S o n d e r s t e l l u n g ä u ß e r t sich auch im Ä t z v e r h a l t e n . D i e L ö s u n g s f i g u r d e r Einzelschicht
hat
im a l l g e m e i n e n
keine
Symmetriclinic.
In
Abb. 73
ist d i e
struktur einer mit F l u ß s ä u r e d a m p f erzeugten Ä t z g r u b e in einem L c p i d o l i t h
Fein-
wieder-
g e g e b e n . D i e L o c h k c i m d i c h t e ist r e l a t i v g r o ß , so d a ß die F o r m d e r L ö s u n g s f i g u r erst bei k l e i n e r T e r r a s s e n s t u f e n b r e i t e gut a u s g e b i l d e t ist. A n d e r gleichen
Orientierung
a l l e r T e r r a s s e n s t u f e n e r k e n n t man d i e l M - S t r u k t u r . D e r R a n d h a t noch k e i n e V i z i -
Abb. Ii. Dekorierte Feinstruktur einer Ätzgrube in Lepirfuülb (35 OOOfacb, HF-Ätzung) 84
zweiten L e i t l i n i e schließen. D e r g r o ß e flache G r u n d d e r Ä t z g r u b e in A b b . 7 0 zeigt d e m z u f o l g e einen z w e i t e n H a l t e p u n k t im T i c f c n w a c h s t u m dieser Ä t z g r u b e an. g r o b e n S t u f e n l i e ß e n sich auch im L i c h t m i k r o s k o p e r k e n n e n . D e m g e g e n ü b e r
Die
waren
in d e r spitzen Ä t z g r u b e in A b b . 7 1 k e i n e solchen H a l t e p u n k t e f e s t s t e l l b a r . D i e
die
Ä t z g r u b c b e g r e n z e n d e F l ä c h e ist k e i n e V i z i n a l f l ä c h e mit eigener Ä t z g c s c h w i n d i g k c i t . D e r von d e r S p i t z e bis zu ihrem g r ö ß t e n D u r c h m e s s e r im M i t t e l f o r t l a u f e n d gleiche A b s t a n d d e r S t u f e n ist nur durch eine k o n s t a n t e
Lochkeimbildungsgeschwindigkcit
längs ein und d e r s e l b e n L e i t l i n i e e r k l ä r b a r . A n d i e s e m B e i s p i e l wird deutlich, bei noch h ö h e r e r e l e k t r o n e n m i k r o s k o p i s c h c r chender A u f l ö s u n g d e r D e k o r a t i o n
Vergrößerung
(Abb. 72)
und
mit H i l f e d e r Ä t z m e t h o d c A u s s a g e n
daß
entspreüber den
realen S c h i c h t a u f b a u in w e i t e n S c h i c h t d i c k e b e r c i c h e n am G l i m m e r möglich sind. k o n n t e n z. B . in einer einzigen e l e k t r o n e n m i k r o s k o p i s c h c n
A u f n a h m e m e h r als
Es 900
ü b e r e i n a n d e r l i e g e n d e Schichten „im S c h n i t t " d a r g e s t e l l t w e r d e n . D e r A n s t i e g d e r in Schichtstufen a u f g e l ö s t e n F l ä c h e w a r 1 : 6 , 6 - • • 1 : 7 . A b b .
7 2 stellt einen
Ausschnitt
aus einer solchen A u f n a h m e von d e m mit d e r A u f n a h m e für A b b . 7 1 nicht e r f a ß t e n o b e r e n rechten R a n d d e r Ä t z g r u b c d a r .
Lcpidolith Lcpidolith
und
Zinnwaldit
nehmen
als
sogenannte
Lithionglimmer
unter
den
G l i m m c r m i n e r a l e n eine S o n d e r s t e l l u n g ein. I m L c p i d o l i t h sind m e h r als d i e H ä l f t e , im Z i n n w a l d i t um ein D r i t t e l d e r O k t a e d e r m i t t e n mit d e m e i n w e r t i g e n K a t i o n
Li1
besetzt. D i e s e S o n d e r s t e l l u n g ä u ß e r t sich auch im Ä t z v e r h a l t e n . D i e L ö s u n g s f i g u r d e r Einzelschicht
hat
im a l l g e m e i n e n
keine
Symmetriclinic.
In
Abb. 73
ist d i e
struktur einer mit F l u ß s ä u r e d a m p f erzeugten Ä t z g r u b e in einem L c p i d o l i t h
Fein-
wieder-
g e g e b e n . D i e L o c h k c i m d i c h t e ist r e l a t i v g r o ß , so d a ß die F o r m d e r L ö s u n g s f i g u r erst bei k l e i n e r T e r r a s s e n s t u f e n b r e i t e gut a u s g e b i l d e t ist. A n d e r gleichen
Orientierung
a l l e r T e r r a s s e n s t u f e n e r k e n n t man d i e l M - S t r u k t u r . D e r R a n d h a t noch k e i n e V i z i -
Abb. Ii. Dekorierte Feinstruktur einer Ätzgrube in Lepirfuülb (35 OOOfacb, HF-Ätzung) 84
nalfläche mit herabgesetzter Ätzgeschwindigkeit ausgebildet. Der Grund zeigt den dritten Haltepunkt an. Seine Lochkeimdichte ist genauso groß wie die des die Ätzgrube umgebenden Bereiches, welcher von einer Spaltfläche aus abgetragen wurde. Die flache, konische Form des Grundes entstand wiederum auf Grund der Eigengesetzlichkeit der Ätzung.
Abb. 14.
Gleichorien-
tierte
und
gleichausgebil-
dete
asymmetrische
Ätzgruben
in
(26 OOOfach,
Lepidolith HF-Ätzung)
Die Ätzgruben in Abb. 74 sind auf die gleiche Weise entstanden, nur daß sie keine Stufen haben. Der der Spitze gegenüberliegende Teil der Terrassenstufen ist, wie bei diesen beiden, bei allen Ätzgruben eines Kristallbereiches gleich ausgebildet und auch gleich orientiert. Die Größe solcher Kristallbereiche kann bis zu einigen cm2 betragen und den ganzen vorliegenden Kristall ausmachen. Auch wenn optisch und röntgenographisch gesehen ein Einkristall vorliegt, können mehrere Bereiche vorhanden sein, in denen die Ätzgrubenform einheitlich, aber zu der im Nachbarbereich auftretenden enantiomorph ist. Der Ubergang erfolgt kontinuierlich, ohne daß die Ätzgruben7
Brauer
85
dichte sich ändert oder eine Korngrenze erkenbar wäre. Die im Übergangsbereich auftretende Form der Lösungsfiguren ist dann herzförmig und nur an einigen Stellen eine vollkommen symmetrische Figur (Abb. 75). D i e Alkalihydroxid-Ätzung liefert fast die gleichen Formen, nur d a ß die Ecken mehr gerundet sind. In dem hierzu gezeigten Beispiel in Abb. 76 sieht man, daß, von der Tiefe der rechts oben im Bilde
Abb. 75. Symmetrische herzförmige Ätzgrube im Übergangsbereich von links- zu rechtsenantiomorpben Formen in Lepidolith (30 OOOfacb, HF-Ätzung)
«
%
fc
Abb. 76.
86
Dekorierte
Feinstruktur
einer Ätzgrube
in Lepidolith
(65 OOOfacb,
KOH-Ätzung)
an die Ätzgrube angrenzenden Fläche an gerechnet, eine Leitlinie für die Verdreifachung der Lochkeimbildungsgeschwindigkeit über sieben Stufen hinweg gesorgt haben muß, während die höher und tiefer gelegenen Bereiche der Ätzgrube ihre Ausbildung der Eigengesetzlichkeit der Ätzung verdanken. Auch so flache Ätzgruben können zur lichtmikroskopischen Bestimmung der Schichtstruktur benutzt werden. In Abb. 77 ist eine solche mikrophotographische Aufnahme wiedergegeben. Die flachen Ätzgruben haben die für die lM-Struktur typische Form. Durch die Ätzgrubenreihe wird eine Korngrenze markiert. Die dadurch getrennten Kristallbereiche weisen röntgenographisch gesehen eine wechselseitige Verschwenkung um 180° auf. Da die Ätzfiguren in dem einen Bereich zu denen in dem anderen Bereich enantiomorph
Abb.
11.
Korngrenze
Zwischen Bereichen Zwillingsstellung Lepidolith HF-Ätzung)
in in
(1040fach,
>
^ ^ ^ • H H ^ K
^
-
M
sind, muß man von einer Zwillingsstellung nach (301) sprechen. Nach längerer Einwirkung des Ätzmittels bedecken die dann aneinandergrenzenden flachen Ätzgruben die gesamte Kristalloberfläche. Holt eine Terrassenstufe im Verlauf der Ätzung die oberhalb von ihr liegende ein, so wird wie bei den anderen Glimmern auch durch die neuentstandene „Fläche" eine erniedrigte Ätzgeschwindigkeit wirksam, und diese Teile der Ätzgrube beginnen sich einzuebnen und Flächen in niedrig indizierten Zonen auszubilden (Abb. 78). An Hand der tiefen, isolierten Ätzgruben in Abb. 79 soll gezeigt werden, daß man den Übergang von der links- zur rechtshändigen Form der Ätzgruben auch mit dem Lichtmikroskop verfolgen kann. Die kristallographische Orientierung der flachen Ätzgruben im elektronenmikroskopischen Präparat erkennt man, wenn man von Präparatteilen, bei denen mit dem Kohleabdruck gleichzeitig eine Glimmerlamelle abgehoben wurde, das Elektronenbeugungsbild aufnimmt. Zur Bestimmung der Orientierung der Ätzgruben im lichtmikroskopischen Präparat benutzt man die stets auch vorhandenen tiefen, isolierten Ätzgruben, die meist einen oberen flachen Teil mit gerundeten Formen und einen tiefergelegenen Teil mit geradlinig begrenzten Formen aufweisen (Abb. 79). Die Geraden verlaufen parallel den 7'
87
Schlagstrahlen. Die Ebene der optischen Achsen liegt wie bei einem Glimmer zweiter Art. Die der Spitze gegenüberliegende, sich zuerst als Gerade ausbildende Seite verläuft parallel zur Richtung [110] bzw. [110]. Durchdringen sich zwei von den bei-
Abb. 78. Übergang zu Ätzfiguren (27 OOOfach, HF-Ätzung)
mit
niedrig
indizierten
Begrenzungsgeraden
in
Lepidolitb
den Oberflächen einer Glimmerlamelle ausgehende Ätzgruben, dann ist die Endfigur ein durch Gerade begrenztes Sechseck mit dreizähliger Symmetrie. Wird ein Kanal angeätzt, dann ist der Querschnitt ein regelmäßiges Sechseck. Auch bei den einschichtigen Lepidolithen erhöht sich die Symmetrie der Ätzfigur, wenn die angeätzte Schicht nicht mehr mit den darunterliegenden im Kristallverband zusammenhängt.
88
D i e Ursache für d i e A s y m m e t r i e der Ätzgruben sowohl bei L e p i d o l i t h als auch bei Z i n n w a l d i t ist noch u n g e k l ä r t , obwohl seit den ersten Ätzversuchen an diesen M i n e r a l e n über 100 J a h r e v e r g a n g e n sind. Im folgenden w i r d versucht, aus einer strukturgeometrischen Diskussion des Kationengitters der L i t h i o n g l i m m e r die A s y m metrie der Ätzgruben zu verstehen und für eine z u k ü n f t i g e verfeinerte röntgenographische S t r u k t u r a n a l y s e H i n w e i s e zu geben.
Abb. 79. Übergangsformen Links- znr Rechtsform der ben in Lepidolith (420facb, zung)
von der AtzgruHF-At-
Nach Foster (1960) ordnet m a n die Li-haltigen G l i m m e r je nach ihrem Eisengehalt in eine von zwei Mischungsreihen ein. D i e eine beginnt mit d e m Li- und Fe-freien E n d g l i e d M u s k o v i t . D i e a n d e r e R e i h e m ü ß t e eigentlich der Zusammensetzung eisenhaltiger G l i m m e r mit geringem L i - G e h a l t entsprechend mit einem dem Phlogopit a n a l o g e n lithiumfreien trioktaedrischen E i s e n g l i m m e r A n n i t beginnen. Ein solcher G l i m m e r scheint aber in der N a t u r , wenn überhaupt, so nur ganz selten vorzukommen. W e g e n der Zusammensetzung der übrigen in der R e i h e einzuordnenden G l i m -
89
mcr sind als E n d g l i e d deshalb die in d e r N a t u r häufig vertretenen G l i m m e r m i n e r a l e Siderophyllit und L e p i d o m e l a n anzusehen, deren Z u s a m m e n s e t z u n g jedoch nicht einheitlich ist, und in denen man immer einen geringen L i - G e h a l t nachweisen kann. Bei beiden ist a u ß e r d e m im Mittel ein D r i t t e l der O k t a e d e r m i t t e n mit einem dreiwertigen K a t i o n (AI, Fe : ! +) besetzt. Dieser Anteil an dreiwertigen K a t i o n e n in den O k t a e d e r m i t t e n ist in der ganzen Reihe etwa d e r gleiche. Durch das h i n z u k o m m e n d e Lithium wird nur zweiwertiges Eisen in den O k t a e d e r m i t t e n ersetzt. D e n größten L i - G e h a l t haben in beiden Reihen die Lepidolithe, welche bei d e m höchstmöglichen L i - G e h a l t in das beiden Reihen gemeinsame E n d g l i e d Polylithionit übergehen. Bei den Lepidolithen ist d e m z u f o l g e eine von den drei möglichen O k t a e d e r m i t t e n immer mit einem dreiwertigen K a t i o n , und d a überwiegend mit AI besetzt. D i e zweite w i r d von einem Li-Ion eingenommen. D i e dritte O k t a e d e r m i t t e ist bei den eisenfreien Lepidolithen je nach L i - G e h a l t des G l i m m e r s nur teilweise, bei den eisenhaltigen Lepidolithen und bei Z i n n w a l d i t e n t w e d e r teilweise o d e r ganz mit einem F e - + - I o n besetzt. D a d u r c h sind die drei möglichen O k t a e d e r m i t t e n in bezug auf das Ätzverhalten stets ungleichwertig. E s ist bei Einkristallcharakter der Einzelschicht nicht möglich, sie symmetrisch zur E b e n e (010) a n z u o r d n e n . D i e Lösungsfiguren müssen d e m z u f o l g e asymmetrisch sein. D i e über weite Bereiche gleichorientierte Asymmetrie der flachen Ätzgruben in einem Lepidolith bzw. in einem Z i n n w a l d i t weist diese somit als Einkristall auch in bezug auf das K a t i o n e n g i t t e r aus mit der Symmetrie C2. D i e b-Achse wird zur polaren Achse.
obere untere O
0
Tetraeder
Oktaedermitle
A B C
Abb. 80. Zinnwaldit
90
Scbematische
der Oktaederlagen
Darstellung
in Lepidolith
und
In der schematischen Darstellung der Normalprojektion des Gitters einer Einzelschicht auf die Basisebene in Abb. 80 sind die drei möglichen Oktaedermitten mit A, B und C bezeichnet. Die Tetraedernetzwerke wurden, um die Darstellung übersichtlich zu lassen, nur durch zusammenhängende Dreiecke angedeutet. Sind bei der Ätzung einer freitragenden Einzelschicht unteres oder oberes Tetraedernetzwerk gleichwertig, dann bilden die Lagen ß bzw. C die dichteste Packung auf regelmäßigen Sechsecken. Das ist auch die Endfigur der Lösung in diesem Fall. Sind unteres und oberes Tetraedernetzwerk nicht gleichwertig wie bei der Einzel-
f§M
1§m
Abb. 81. Dekorierte Feinstruktur einer Ätzgrube in Lepidolith (27 000fach, HFÄtzung). Die Lösungsfiguren zeigen übereinanderliegende Bereiche mit abwechselnd links- und rechtshändiger Struktur des Kationengitters an
schicht, die mit den darunterliegenden im Kristallverband zusammenhängt, dann sind die dichtgepackten Reihen der Oktaedermitten z. B. von B untereinander auch nicht mehr gleichwertig. Es wird eine asymmetrische Ätzfigur erwartet. Auf der Unterseite des Kristalls müssen Ätzfiguren entstehen, die in der Projektion auf die Basisebene zu denen auf der Oberseite enantiomorph sind. Wechselt die Orientierung der Oktaedermittenbesetzung nach C, dann müssen auf derselben Seite des Kristalls die enantiomorphen Formen der Lösungsfiguren entstehen. Dieser Wechsel von B nach C kann allmählich in dem Sinne erfolgen, daß die B-Ordnung unter Einbeziehung von C-Lagen immer mehr gestört wird, bis eine Gleichverteilung von B- und C-Lagen die herzförmigen Lösungsfiguren erzeugt, um dann allmählich in die geordnete C-Lage überzugehen. Die Orientierung der Ätzgruben in Abb. 77 legt es nahe, anzunehmen, daß die Bbzw. C-Lagen durch die Wachstumsrichtung der auf den darunterliegenden Schichten 91
aufwachsenden Einzelschicht bedingt ist. D i e Störungen in der Korngrenze schließen eine fernwirkende Festlegung auf dieselbe Oktaedermittenbesetzung so gut wie aus. Es bleibt die Frage nach der röntgenographischen Bestätigung der oben angenommenen Ordnung des Kationengitters offen. Um aber zu garantieren, d a ß bei der röntgenographischen Untersuchung ein Einkristall auch in bezug auf das Kationengitter untersucht wird, müßte der für die verfeinerte Strukturanalyse auszuwählende Kristallbereich vorher mit Hilfe der Ätz-
Abb. 82. Dekoriertes Ätzrelief in Lepidolith (41000fach, HF-Ätzung). In der linken Ätzgrube sind gut ausgebildete herzförmige Lösungsfiguren der Einzelscbichten alternierend um 60° verschwenkt
methode auf Einheitlichkeit der Orientierung der asymmetrischen Ätzgruben untersucht werden, damit nicht schon durch die oberflächennahen Kristallbereiche eine Symmetrieebene durch Mittelbildung vorgetäuscht werden kann. D a links- und rechtshändige Strukturen bei gleicher Orientierung von a und c auch in übereinanderliegenden Schichten auftreten können (Abb. 81), wäre der Kristall nach den zur Strukturanalyse erforderlichen Aufnahmen von Röntgeninterferenzen Schicht für Schicht abzutragen und zu ätzen. Dabei wäre festzustellen, ob eine und welche der beiden enantiomorphen Strukturen im Kristall überwiegt, bzw. inwieweit der Kristall noch als Einkristall angesehen werden kann. Erst nach einer solchen Nachuntersuchung ist von einer röntgenographischen Strukturanalyse eine richtige Beschreibung des Kationengitters der Lithionglimmer zu erwarten. 92
D i e F e i n s t r u k t u r der Ätzgruben in 2 M 2 - L e p i d o l i t h l ä ß t eine alternierende
Ver-
schwenkung von herzförmigen Lösungsfiguren der Einzelschichten erkennen ( A b b . 8 2 ) . N a c h einigen Schichtdicken ist jedoch durch d i e B i l d u n g von Vizinalflächen die V e r schwenkung nur noch an den V e r z w e i g u n g e n e r k e n n b a r . D i e schematische D a r s t e l lung in A b b . 8 3 gibt die beiden G r e n z f ä l l e der F e i n s t r u k t u r w i e d e r , w i e sie in den P r ä p a r a t e n auftraten. D a r a u s resultiert eine Ä t z g r u b e n f o r m , die auch bei l a n g a n d a u e r n d e r Ätzung ihre typischen M e r k m a l e b e i b e h ä l t ( A b b . 8 4 ) . E s bietet sich d a m i t eine einfache M ö g l i c h keit, L e p i d o l i t h e mit H i l f e der lichtmikroskopisch sichtbaren Ätzfiguren nach
Abb. 83. Schematische Darstellung 2Mi-hepidolith von Ätzgruben in
der
Feinstruktur
Abb. 84.
Typische
2MrLepidolith
Ätzgrube
(lOOOfacb,
1M-
in HF-
Ätzung) und 2M-2-Struktur zu unterscheiden und sie auf E i n h e i t l i c h k e i t der
Schichtstruktur
und deren O r i e n t i e r u n g untersuchen zu können. W ä h r e n d bei den durch die Ä t z figuren als l M - L e p i d o l i t h ausgewiesenen K r i s t a l l e n gute K r i s t a l l q u a l i t ä t vorlag, w a r das bei dem L e p i d o l i t h m i t 2 M 2 - S t r u k t u r ( T a b . 5, N r . 11) nicht der F a l l . E s traten auch Ätzgruben auf, die nicht längs einer L e i t l i n i e , sondern w i e die entsprechenden bei 3 T - M u s k o v i t längs einer z w e i d i m e n s i o n a l e n Störung des G i t t e r s entstanden w a ren. W e n n auch beim 2 M 2 - L e p i d o l i t h w i e bei den anderen G l i m m e r n die Lösungsfigur
der Einzelschicht im A n f a n g s s t a d i u m nicht sehr gut ausgebildet ist, so scheint
doch aus der V i e l z a h l der untersuchten Feinstrukturen hervorzugehen, d a ß ein 2M>L e p i d o l i t h nur entsteht, wenn die Lösungsfigur der Einzelschicht herzförmig
und
streng spiegelsymmetrisch ist. N a c h dem oben G e s a g t e n b e d e u t e t das a b e r eine symmetrische V e r t e i l u n g von A I und L i in der Einzelschicht mit der S y m m e t r i e m. D a a b e r in der M o l e k ü l e i n h e i t k e i n e S y m m e t r i e m möglich ist, kann die G l e i c h v e r t e i l u n g von B - und C - L a g e n nur über eine H o m o g e n i s i e r u n g ganzer K r i s t a l l b e r e i c h e erreicht w e r d e n . D a s w ü r d e a b e r b e d e u t e n , d a ß die physikalischen B e d i n g u n g e n auf die A u s -
93
bildung der Schichtstruktur einen wesentlichen E i n f l u ß ausüben. Hierfür spricht auch die mit Hilfe der Feinstruktur des Ätzreliefs nachgewiesene Kristallgüte von Lepidolith mit 3T-Struktur. D i e s e Struktur scheint sich bei geeigneten physikalischen B e dingungen stets einzustellen, sobald der L i - G e h a l t ein Verhältnis der Kationen mit oktaedrischer Koordination A I : L i von nahezu 1 : 2 ermöglicht. D i e durch drei T e i l schritte der um 1 2 0 ° sich ändernden Orientierung der Einzelschichten gekennzeichnete Stapelfolge hat wegen der Ätzanisotopie der Einzelschichten unabhängig von der Art der Ätzung (Ätzkali, Ätznatron, Flußsäure und Flußsäuredampf) eine Ätzfigur nach dem in A b b . 85 dargestellten Schema zur Folge, welches in allen Feinstrukturen der Ätzgruben in 3 T - L e p i d o l i t h identifiziert werden konnte. Charakteristisch sind die drei Reihen von Verzweigungen der Terrassenstufen mit ihren abwechselnden Stufenhöhen von einer und von zwei Schichtdicken. D i e „Dreieckseiten" in der Feinstruktur sind drei Schichtdicken hoch. D a s Ätzrelief ist aus in sich ge-
Abb. 85.
Schematische
Ätzgruben
in
Darstellung
der
Feinstruktur
von
ST-Lepidolith
schlossenen Terrassenstufen der Einzelschichten aufgebaut zu denken. D i e
Unter-
schiede zwischen der Flußsäure-Ätzung und der Alkalihydroxid-Ätzung machen sich nur in der Ausbildung der „Dreieckseiten" bemerkbar. B e i der ersteren haben sie die Form einer nach zwei D r i t t e l abgeknickten G e r a d e n , während sie bei der letzteren eine gleichmäßige geringe Krümmung aufweisen. Zur Darstellung des Ätzgrubengrundes eignet sich mehr die letztere. D a f ü r sind bei ihr die Dreieckseiten
meist
nicht glatt ausgebildet. B e i beiden Ätzungen verbleibt gewöhnlich das obere D r i t t e l der dreischichtigen Terrassenstufen nicht in der neuentstandenen „Fläche", so d a ß es besonders bei der Alkalihydroxid-Ätzung einiger Übung bedarf, um die 3 T - S t r u k tur aus der Feinstruktur zu erkennen
(Abb. 8 6 ) .
D i e große
Lochkeimbildungs-
geschwindigkeit hat auch häufig, wie schon bei den anderen Lepidolithen, mehr als einen Lochkeim im Grund der Ätzgruben zur Folge (Abb. 8 6 b). D i e tiefen, isolierten Ätzgruben entstehen wie die in den anderen Glimmern nicht notwendig längs einer Leitlinie und auch im allgemeinen nicht mit konstanter Lochkeimbildungsgeschwindigkeit. Gelegentlich tritt bei diesen eine schichtpaketweise einseitig versetzte F o r t setzung des Tiefenwachstums in Richtung und Betrag einheitlich über mm 2 große Kristallbereiche auf. In A b b . 87 ist die Feinstruktur einer mit H F - Ä t z u n g erzielten
94
Abb. 86. a
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Abb. 86. b
. c m
Abb. 86. Dekorierte Feinstruktur von Ätzgruben in 3T-Lepidolith (45 OOOfach, KOH-Ätzung)
95
isolierten, tiefen Ätzgrube dargestellt. D i e „Haltezeiten", in dreischichtigen Stufen von innen nach außen gezählt, betragen e t w a : 13, 13, 1, 6, 4, 4, 4, 4, die Anzahl der dazwischen an Leitlinien in die T i e f e geätzten dreischichtigen Stufen e t w a : 6, 6, 6, 5, 4, 5, 4, 4, usw. D a s zentralsymmetrische Tiefenwachstum während der „Haltezeiten" ist auf die bereits weiter oben erläuterte Eigengesetzlichkeit der Ätzung zurückzuführen. D i e so durchätzten Schichten waren im Zentrum der Ätzgrube nicht notwendig chemisch oder strukturell besonders ausgezeichnet. D i e Leitlinienabschnitte sind dagegen Inhomogenitäten im G i t t e r und sicher während des Kristallwachstums entstanden. E s bleibt die Frage offen, ob die Leitlinienabschnitte als Stufenversetzungslinie durch die homogene Schicht von bis zu 4 0 0 A hindurch wieder den E i n b a u einer Stufenversetzung auslösen. D i e Auslösung einer Schraubenversetzung
findet
gewiß nicht statt, da in über 6 0 0 elektronenmikroskopischen Aufnahmen von dekorierten Feinstrukturen
des Ätzreliefs der verschiedenen ein- und
mehrschichtigen
G l i m m e r nur in sich geschlossene Terrassenstufen oder solche Feinstrukturen gefunden wurden, die durch Kombination von Lösungsfiguren der Einzelschichten mit in sich geschlossenem Linienzug erklärt werden konnten. W e d e r im Grund von Ätzgruben noch anderswo traten Spiralformen von Terrassenstufen auf. E s scheint daher nur möglich, d a ß die Zentren tiefer, isolierter Ätzgruben beim Wachstum des K r i stalls Zentren von Wachstumshügeln waren und Entmischungs- oder Unterkühlungsvorgänge, je nach Entstehung der G l i m m e r , an diesen Stellen Inhomogenitäten im G i t t e r entstehen ließen.
Abb. facb,
89.
Ätzpore
in iT-Lepidolith
(120-
HF-Ätzung)
D i e in A b b . 88 gezeigte Ätzgrube weist ebenfalls „Haltepunkte" im Tiefenwachstum auf. D e r große Unterschied zwischen der Lochkeimbildungsgeschwindigkeit längs einer Leitlinie und der in einer scheinbar molekular glatten Fläche ist hier besonders auffällig. D i e mit H F - D a m p f erzeugten Ätzgruben in 3 T - L e p i d o l i t h lassen auch ohne A u f lösung einer Feinstruktur an ihrer äußeren F o r m den Windungssinn der Schichtstapelung erkennen. D a s ermöglicht auch bei diesem G l i m m e r eine einfache lichtmikroskopische Untersuchung von Kristallen auf Einheitlichkeit der Schichtstruktur und
98
deren Orientierung und Windungssinn. D i e von den zwei entgegengesetzten
Ober-
flächen eines Kristalls längs einer senkrecht d a z u v e r l a u f e n d e n Leitlinie a u f e i n a n d e r z u w a c h s e n d e n Ä t z g r u b e n ( A b b . 89) h a b e n d i e S y m m e t r i e 3 2 . B e i d e r w e c h s e l s e i t i g e n D u r c h d r i n g u n g ä n d e r t sich d i e T r a c h t d e r Ä t z p o r e d u r c h d a s A u f t r e t e n v o n P r i s m e n flächen. O f t h a b e n T e i l e v o n einfachen Ä t z g r u b e n als E n d f o r m der L ö s u n g die Symmetrie 3m
(Abb. 90). M a n
kann
diese Ätzgruben von den
Durchdringungsformen
bei l M - L c p i d o l i t h d u r c h e i n e n s t e t s v o r h a n d e n e n A n t e i l m i t d e r S y m m e t r i e 3 u n t e r scheiden (Abb. 91).
Ahl/. 90. Endkörper der Lösung mit der Symmetrie im in ¡T-LepidoUtb (5000¡acb. HV-Äl-ung)
Zinmcaldit Die
Feinstruktur
Ätzgruben
der
in L e p i d o l i t h
Hachen Ä t z g r u b e n sehr ähnlich
in Z i n n w a l d i t
ist d e r
Feinstruktur
der
( A b b . 9 2 ) . A l l e T e r r a s s e n s t u f e n s i n d in sich
geschlossen. Auch w i r d die der Spitze g e g e n ü b e r l i e g e n d e Seite zuerst begradigt. Die Alkalihydroxid-Ätzung
liefert gegenüber der F l u ß s ä u r c - Ä t z u n g mehr
d e t e F o r m e n . In bezug auf d i e E b e n e
(010) treten wie b e i m
gerun-
lM-Lcpidolith
zwei
e n a n t i o m o r p h e F o r m e n auf. A n der konzentrischen A n o r d n u n g der asymmetrisch ausg e b i l d e t e n T e r r a s s e n s t u f e n e r k e n n t m a n d i e l M - S t r u k t u r . Sic h a t e i n e t y p i s c h e , a u c h lichtmikroskopisch
identifizierbarc Ätzgrubenform
zur Folge
(Abb. 93). Im
Unter-
schied z u m L e p i d o l i t h w i r d schräg g e g e n ü b e r d e r Spitze eine z w e i t e sehr f r ü h a u s g e b i l d e t , d i e a l s ein U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a l anzusehen
ist. D u r c h w a c h s u n g c n
von
beiden
zwischen Lepidolith Glimmermineralen
und
sind
Zinnwaldit dadurch
mit
99
deren Orientierung und Windungssinn. D i e von den zwei entgegengesetzten
Ober-
flächen eines Kristalls längs einer senkrecht d a z u v e r l a u f e n d e n Leitlinie a u f e i n a n d e r z u w a c h s e n d e n Ä t z g r u b e n ( A b b . 89) h a b e n d i e S y m m e t r i e 3 2 . B e i d e r w e c h s e l s e i t i g e n D u r c h d r i n g u n g ä n d e r t sich d i e T r a c h t d e r Ä t z p o r e d u r c h d a s A u f t r e t e n v o n P r i s m e n flächen. O f t h a b e n T e i l e v o n einfachen Ä t z g r u b e n als E n d f o r m der L ö s u n g die Symmetrie 3m
(Abb. 90). M a n
kann
diese Ätzgruben von den
Durchdringungsformen
bei l M - L c p i d o l i t h d u r c h e i n e n s t e t s v o r h a n d e n e n A n t e i l m i t d e r S y m m e t r i e 3 u n t e r scheiden (Abb. 91).
Ahl/. 90. Endkörper der Lösung mit der Symmetrie im in ¡T-LepidoUtb (5000¡acb. HV-Äl-ung)
Zinmcaldit Die
Feinstruktur
Ätzgruben
der
in L e p i d o l i t h
Hachen Ä t z g r u b e n sehr ähnlich
in Z i n n w a l d i t
ist d e r
Feinstruktur
der
( A b b . 9 2 ) . A l l e T e r r a s s e n s t u f e n s i n d in sich
geschlossen. Auch w i r d die der Spitze g e g e n ü b e r l i e g e n d e Seite zuerst begradigt. Die Alkalihydroxid-Ätzung
liefert gegenüber der F l u ß s ä u r c - Ä t z u n g mehr
d e t e F o r m e n . In bezug auf d i e E b e n e
(010) treten wie b e i m
gerun-
lM-Lcpidolith
zwei
e n a n t i o m o r p h e F o r m e n auf. A n der konzentrischen A n o r d n u n g der asymmetrisch ausg e b i l d e t e n T e r r a s s e n s t u f e n e r k e n n t m a n d i e l M - S t r u k t u r . Sic h a t e i n e t y p i s c h e , a u c h lichtmikroskopisch
identifizierbarc Ätzgrubenform
zur Folge
(Abb. 93). Im
Unter-
schied z u m L e p i d o l i t h w i r d schräg g e g e n ü b e r d e r Spitze eine z w e i t e sehr f r ü h a u s g e b i l d e t , d i e a l s ein U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a l anzusehen
ist. D u r c h w a c h s u n g c n
von
beiden
zwischen Lepidolith Glimmermineralen
und
sind
Zinnwaldit dadurch
mit
99
H i l f e d e r Ä t z m e t h o d e auch im M i k r o s k o p i s c h e n
leicht n a c h z u w e i s e n .
Beim
Zinn-
w a l d i t sind w i e b e i m L e p i d o l i t h d i e G i t t e r d e r d u r c h e n a n t i o m o r p h e Ä t z g r u b e n a u s g e w i e s e n e n B e r e i c h e eines K r i s t a l l s als v e r s c h i e d e n a u f z u f a s s e n . In A b b . 9 4 w i r d nun eine F e i n s t r u k t u r e i n e r Ä t z g r u b e gezeigt, bei d e r d i e S c h i c h t s t a p c l u n g zu Z w i l l i n g s b i l d u n g e n f ü h r t , d i e nach d e n b i s h e r f ü r G l i m m e r
formulierten
Abb.
Abb.
Zwillingsgesetzen