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German Pages 43 [52] Year 1886
Ueber
den Werth und die Resultate der verschiedenen
Entfettungsmethoden. Von
Sanitätsratli Dr. Jacques Mayer, pract. Arzt iti Karlsbad.
Separat-Abdruck der Verhandlungen des Vereins für innere Medicin in Berlin aus der Deutschen medicinischen Wochenschrift 1886. No. 10, 11 und 12.
B e r l i
n.
Druck und Verlag von G e o r g
188G.
Reimer.
Meine Herren!
Im Einverständniss mit unserem verehrten Vor-
sitzenden, Herrn Geheimrath L e y d e n , und auf dessen Anregung habe ich bereitwillig die Bearbeitung der von ihnen gestellten, so practischen und gegenwärtig so modernen Frage: „ W e l c h e r S t a n d p u n k t e r g i e b t sich f ü r d e n P r a c t i k e r a u s d e n b i s h e r g e w o n n e n e n E r f a h r u n g e n ü b e r d e n W e r t h u n d die R e s u l t a t e d e r v e r s c h i e d e n e n E n t f e t t u n g s m e t h o d e n ? " übernommen. Ich erlaube mir im Vertrauen auf
Ihre gütige Nachsicht mein
Referat Ihnen vorzutragen. Es ist zwar nicht lange her, dass die Frage der Fettbildung und der Fettzersetzung in diesem Vereine einer kurzen Besprechung unterzogen wurde, dass die Behandlung der Fettleibigkeit auf dem Congress für innere Medicin Gegenstand einer ausführlichen Erörterung gewesen ist; nichts destoweniger glaube ich annehmen zu dürfen, dass die Berechtigung der erneuten Fragestellung nicht bezweifelt werden kann. Handelt es sich doch um eine Krankheit,
über deren Entwick-
lung eine einheitliche Auffassung noch immer nicht erzielt ist, Behandlungsmethoden, über deren physiologische Bedeutung theile noch weit auseinander gehen, gegen
um
die Ur-
deren Wirksamkeit
die
mannigfachsten Bedenken geäussert werden. Die Anforderung an den practischen Arzt, sieh in seinem Handeln von wissenschaftlichen Grundsätzen leiten zu lassen, ist gewiss vollkommen berechtigt, aber in Fragen, wo die Wissenschaft ihr letz1
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2
—
tes "Wort noch nicht zu sprechen vermag, da muss am Kranken,
die
Beobachtung
da muss die Erfahrung in erhöhtem Maasse unser Be-
rather sein. Ich wage den Versuch, eine so schwierige Frage vor Ihnen zu beantworten,
weil
ich
während
Karlsbad Gelegenheit hatte,
mir
meiner langjährigen über
Thätigkeit
in
den Werth der verschiedenen
Methoden durch eigene Beobachtungen ein Urtheil zu bilden, und weil ich durch
einige Arbeiten,
die ich
im Laboratorium des Herrn Ge-
heimrath L e y d e n ausgeführt habe, seiner Zeit bestrebt gewesen bin, der Erkenntniss der auch hier in Betracht
kommenden Frage
näher
zu rücken. Uebrigens bedarf es für Sie nur einer Reihe von Anknüpfungspunkten,
um
der Discussion
in
zur Mittheilung Ihrer
gesammelten
Erfahrungen, Ihrer gewonnenen Anschauungen über die Zweckmässigkeiten und Unzweckmässigkeiten geregt zu werden. Gesichtspunkte,
Dass wir
welche
der
geeignet
die therapeutische Bedeutung
einzelnen Entfettungskuren an-
dabei
die
sind,
einschlägigen auf
theoretischen
unsere Auffassung über
und Wirksamkeit
der Heilmittel
einen
bestimmenden Einfluss zu üben, nicht ausser Acht lassen dürfen, betrachten Sie wohl mit mir als selbstverständlich. Scharfe Grenzen
zwischen
physiologischem und
Fettansatz lassen sich zwar schwer ziehen.
pathologischem
Wir sind nicht im Stande,
das gesunde Embonpoint von dem Anfangsstadium der Fettsucht zu unterscheiden.
Wir haben auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die
Pathogenese dieser Krankheit durch andere Ernährungsgesetze bestimmt wird, als die Grösse des physiologischen Fettansatzes. Wollen
wir
nun
die Fettleibigkeit
bekämpfen
oder
derselben
prophylactisch vorbeugen, so müssen wir zunächst die physiologischen Factoren und Bedingungen kennen,
durch welche Fett gebildet und
Fett zersetzt wird. Herr K o s s e i hat Ihnen diese Frage im vorigen Jahre kurz aber in sehr durchsichtiger Art vorgetragen.
Gestatten Sie mir,
dass ich
—
Ihnen
die
wesentlichsten
3
Punkte
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seiner
Ausführungen
in
Erinne-
rung rufe. Die Ansichten über den Ursprung cles Körperfettes haben im Laufe der Zeit gewechselt. Während früher namhafte französische Forscher wie D u m a s , B o u s s i n g a u l t , P a y e n und Andere dasselbe ganz und gar aus dem Fett ableiteten, bezweifelte man später, ob überhaupt aus Nahrungsfett Körperfett gebildet werden kann. Der Ansatz von Fett im Körper aus Nahrungsfett ist durch die Fütterungsversuche von F. H o f m a n n und von L e b e d e f f mit Sicherheit erwiesen. Ebenso erwiesen ist die Entstehung von Fett aus Eiweiss im Thierkörper durch die Versuche von V o i t und P e t t e n k o f e r , von S z u b o t i n und K e m m e r i c h und schliesslich von H o f m a n n . Dass auch aus Kohlehydraten Fettansatz stattfindet, lehrt die tägliche Erfahrung bei Herbivoren. Durch Fütterungsversuche mit wenig Eiweiss und viel Kohlehydraten konnte jedoch auch für Fleischfresser mit Zuhülfenahme der Thatsache, dass aus 1 g Eiweiss höchstens '/a ff f e t t gebildet werden kann, der Nachweis für die Bildung von Fett aus Kohlehydraten erbracht werden. W a s den Modus anbelangt, nach welchem die Bildung des Fettes aus dem Eiweiss und den Kohlehydraten stattfindet, so haben zwar die Versuche von I m . M ü n k und die Beobachtungen von E w a l d mit Sicherheit ergeben, dass im Thierkörper die Bildung von Fett aus seinen Bestandt e i l e n , aus Fettsäuren und Glycerin, vor sich geht, es ist jedoch noch nicht gelungen, die höheren Fettsäuren aus Eiweiss künstlich zu bilden. Herr K o s s e i hebt ganz besonders hervor, dass eine Zersetzung von Eiweiss unter Abspaltung von F e t t , wie dies von vielen Physiologen angenommen wird, vom chemischen Standpunkte unmöglich ist, und können es nur u n s unbekannte synthetische Processe sein, durch welche aus Eiweiss Fett entsteht. Viel klarer ist der Weg für die Bildung höherer Fettsäuren aus Kohlehydraten. Aus Kohlehydraten können mittelst Alkalien durch die Zersetzung M i l c h s ä u r e u n d aus dieser h ö h e r e Fettsäuren gebildet werden. Von grosser Bedeutung für die Lehre der Fettbildung ist das von R u b n e r gefundene Gesetz, wonach bestimmte Quantitäten verschiedener organischer Nahrungsstoffe isodynam sind. Es können sich 100 g Fett, 211 g Eiweiss und 232 g Kohlehydrate vertreten, sie sind in Beziehung auf den Fettansatz gleichwerthig. Es f r a g t sich n u n , Einsicht
m . H., sind wir auf Grund der gewonnenen
in die Bedingungen
der Fettbildung im S t a n d e , 1*
den
Fett-
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leibigen mit Erfolg zu behandeln? Recht verneint.
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Herr K o s s e i hat diese Frage mit
Er weist auf eine Summe von Factoren
einen mächtigen Einfluss auf die Entwicklung
hin,
die
der Fettleibigkeit und
auf den Fettschwund haben können, über die jedoch die theoretische Wissenschaft keinen Aufschluss zu geben vermag. In der That genügt nicht
die Kenntniss der Ernährungsgesetze,
welche den Fettansatz und den Fettschwund regeln, wir müssen auch mit der Aetiologie und der Pathologie der Obesitas vollständig vertraut sein. — Nur dann werden wir alle jene Angriffspunkte kennen, nach welchen