225 10 7MB
German Pages 102 [112] Year 1884
Me rechMche
IJutiir KZ UeUel-WoDM ein Beitrag zur Lehre vom Indossamente von
Justus Hudde, Amtsrichter.
Gießen.
I. Ricker'sche Buchhandlung. 1884.
Vorwort. Zur Rechtfertigung der Methode dieser Abhandlung nur
wenige Worte. — Es
eine
Darstellung
welche
so
ist
Frage,
innig
mit
an sich mißlich, in einer Einzeldie vorliegende,
wie
dem Systeme
des
zu
erörtern,
ver
Wechselrechts
wachsen ist, daß sie nicht nur durch die Entscheidung anderer Fragen
bedingt
ist,
sondern ihre Entscheidung
selbst den Erörterungen
hat
weit
so
selten
über die Grundprinzipien der Lehre
vom Wechsel zur Grundlage dient.
rechtliche Natur
nicht
Wer
die Frage über die
des Indossaments vollständig
auszuholen,
eine
solche
vortragen will,
Menge
in
sich
ab
weichender Lösungen zu entwickeln, daß darüber gar zu leicht
nicht nur die Uebersichtlichkeit verloren geht, sondern auch die eigene
Ansicht
der
fortschreitenden
Entwicklung
gänzlich
mangelt und ihre Begründung der Schärfe entbehrt,
er
welche
bei der Bestrittenheit der ganzen Lehre ihre wesentliche Stütze
sein muß.
Vielleicht kann es
Vortheil gereichen, nur
die
vornehmste
deshalb einer Darstellung zum
wenn sie von allen abweichenden Ansichten
mit möglichster
Vollständigkeit vorbringt
und an dieser die eigene Ansicht erprobt,
dabei in der Abwehr
die anderen Meinungen zwar nicht erschöpfend, aber doch in ihren wesentlichsten Theilen berücksichtigt, und in der Vertheidi-
gung sich auf gewisse Grundlagen stützt, zwar nur auf solche,
welche
im
geltenden
Rechte
und
in
der
Praxis
anerkannt
worden sind.
Von den verschiedenen Lehren über die rechtliche Natur des Indossaments erschien als die vornehmste diejenige, welche ein
von dem
Reichs-Ober-Handelsgerichte
noch vor Thoresschluß
veröffentlichtes Präjudiz aufstellte, nicht allein weil hierdurch
wegen
der Autorität
des hohen Gerichtshofes
eine für die
Praxis maßgebende Ansicht zur Geltung gebracht wurde, sondern auch weil dieselbe, zum wenigsten im Resultate, in der Doctrin
die Herrschaft zu behaupten scheint.
Beweise zusammengetragen,
Wechsel-Ordnung
von
Zudem fand der Verfasser
diesem Präjudize
in der Begründung zu
welche
seit
die Summe aller
dem
Erscheinen der
den Rechtslehrern vorgebracht worden
sind, um die in dieser Abhandlung vertretene Meinung zu verurtheilen. Hiernach mag die Methode dieser Abhandlung, die Frage nach der rechtlichen Natur des Indossaments im unmittelbaren
Anschlüsse an das Präjudiz und seine Begründung zu erörtern,
nicht nur darin seine Rechtfertigung finden, daß sie der Praxis entstammt. In ähnlicher Weise hat schon Ladenburg in einem im
41. Bande
Busch
des Archivs für Handels-
veröffentlichten
Aufsatze
den
und
Wechselrecht von
Gegenstand
behandelt.
Gerade dieser Aufsatz und die von Ladenburg an den Ent scheidungsgründen des Präjudizes geübte Kritik veranlaßten den
Verfasser, alle Bedenken
gegen die Richtigkeit dieser Gründe
und die Haltbarkeit der aus denselben hergeleiteten Theorie zu
sammenzufassen und in der vorliegenden Abhandlung zu ver
öffentlichen.
Anhalt. §. 1. §. 2.
Die Abfertigung der Uebertragungstheorie . . . . 15 Indossament und Cession sind dem Wesen nach nicht verschieden 19 Der Ausschluß gewisser Einreden beim Indossament begründet solche Verschiedenheiten nicht..........................................................33 6. Ebensowenig gewisse Besonderheiten beim Indossament . 43 7. Das Gesetz spricht nicht wider die Uebertragungs-Theorie . 46 8. Das Gesetz und seine Entstehung sprechen für die Uebertra gungs-Theorie 62 9. Die Uebertragungs-Theorie in der Doktrin . . . 71 10. Die Uebertragungs-Theorie ........................................................... 84
§. 3. §. 4. §. 5.
§. §. §. §. §.
Seite Der praktische Fall............................................................................... 1 Die in den Entscheidungsgründen entwickelte Theorie . . 6
§. 1.
Der praktische Fall. Unter dem 21. Juni 1878') verkündete das Reichs-Ober-
Handelsgericht folgendes für die Frage nach der rechtlichen Natur des Indossaments ausschlaggebende Präjudiz :
„Der Anspruch des Indossanten, welcher den von ihm be
gebenen Wechsel im Regreßwege wieder eingelöst hat, sowohl gegen die Bormänner wie gegen den Acceptanten ist nicht als
ein erst mit der Einlösung unter dem Gesichtspunkte eines neuen Geschäfts oder eines Erwerbs der Forderung des Nachmannes
entstandener anzusehn, hat vielmehr seinen Rechtsgrund in dem
jenigen Wechselnexus, in welchen der Indossant selbst beim Um lauf des Wechsels als Berechtigter getreten war.
Der hierdurch
einmal für die Person des Indossanten begründete Anspruch ist
durch die Weiterbegebung des Wechsels nicht erloschen, vielmehr an die Wiedereinlösung desselben nur als an eine Voraussetzung
seiner Geltendmachung geknüpft zu erachten." Zur Entscheidung stand die praktische Frage, ob ein Wechsel
indossant der Konkursmasse
seines Schuldners gegenüber mit
der im Regreßwege eingelvsten Wechselforderung gegen eine vor der Konkurseröffnung entstandene, jetzt der Konkursmasse zu stehende und von derselben geltend gemachte Forderung
*) In dem XXIV. Bande der Entsch. S. 1 ff.
auf-
2 rechnen könne *). Nach der Entscheidung des hohen Gerichts hofes ist die Aufrechnung zulässig, und zwar wegen der dieselbe bedingenden rechtlichen Natur des Indossaments. Zur Zeit würde die Entscheidung des praktischen Falles gar nicht mehr zweifelhaft sein können. So hat Ladenburg?) bei Besprechung des Präjudizes und seiner Begründung in neuester Zeit durch Bezugnahme auf §. 47 der R. K. O. nachzuweisen ge sucht. §. 47 lautet : „Die Aufrechnung wird nicht dadurch aus geschlossen, daß zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens die auf zurechnenden Forderungen oder die eine von ihnen . . . noch bedingt war ..." Nun heißt es bei Ladenburg : Die Regreß pflicht des Gemeinschuldners sei eine bedingte und jedem Nehmer gegenüber übernommene; das dem entsprechende Recht des In dossatars gestatte demselben zwar den Rückgriff erst mit dem Eintritt der Bedingung; es werde dann aber das Geschäft an gesehen, als sei es unbedingt geschlossen, d. h. der Indossatar leite seinen Rückgriff auf den Indossanten (den Gemeinschuldner) aus dem von diesem gegebenen Indossamente ab. Dieser Argumentation kann unbedenklich nur beipflichten, wer anerkennt, daß auch die einmal in der Person des Indossanten entstandene Gläubigerschaft diesem trotz der weiteren Jndossirung des Wechsels verbleibt. Laden bürg aber, welcher im prin zipiellen Widerspruch mit der Ansicht des R. O. H. G. in dem Indossamente einen Akt der Uebertragung behauptet, muß zu gleich anerkennen, daß, wenn auch die Verpflichtung des Regreß schuldners als mit dem Momente der Uebernahme der bedingten Verbindlichkeit entstandene bei demselben Schuldner beharrt, doch die Gläubigerschaft durch die Indossamente gewechselt hat, und folglich der Indossant, der die Forderung im Regreßwege einge*) Die Frage war im praktischen Falle noch enger gefaßt, nämlich, ob
der Indossant aufrechnen könne,
wenn er zwar noch
vor der Konkurser
öffnung eingelöst habe, indeß mit Kenntniß von der Zahlungseinstellung des
Schuldners. 2) Im Archiv von Busch B. XU, S. 99 ff.
3 löst hat, zwar eine vor der Konkurseröffnung entstandene Forde rung geltend machen wird, indeß immer nur eine solche, die er
nach der Konkurseröffnung wiedererworben hat. Dem Gläubiger, welcher dann gegen eine Forderung der Konkursmasse aufrechnen
wollte, würde §. 48 der R. K. O. entgegenstehen : „Eine Auf
rechnung im Konkursverfahren ist unzulässig, wenn Jemand dem Gemeinschuldner
vor
der
Eröffnung
des
Verfahrens
etwas
schuldig war und nach derselben eine Forderung an den Gemein schuldner erworben hat, auch wenn diese Forderung vor der Eröffnung für einen anderen Gläubiger entstanden war."
Den von Ladenburg eingeschlagenen Weg hatte von Wächter') durch Bezugnahme auf §. 48, Abs. 2 der Zf. 3 R. K. O. richtiger verfolgt : „Die Aufrechnung ist zulässig, wenn
der Erwerber zur Uebernahme der Forderung oder zur Befriedi gung des Gläubigers verpflichtet war und zu der Zeit, als er die Verpflichtung einging, weder von der Zahlungseinstellung noch von dem Eröffnungsantrage Kenntniß hatte."
„In Folge dieser Vorschrift", sagt von Wächter, „muß selbst nach der Ansicht, welche erst mit der Einlösung im Regreß wege den Anspruch
des Wechselgebers entstehen läßt, bei Ein
lösung von Seiten eines Wechselgebers, welcher schon vor der Konkurseröffnung Wechselnehmer gewesen, die Aufrechnung statt haft erscheinen, allerdings nach dieser Ansicht nur unter der Voraussetzung
seiner
Unkenntniß
von den Verhältnissen des
Gemeinschuldners zur Zeit der Einlösung." Unter dieser Voraussetzung? durchaus nicht.
Das Gesetz
spricht von der Kenntniß zur Zeit, als der Erwerber die Ver pflichtung zur Einlösung eingiug, nicht zur Zeit, als er die Ein lösung bewirkte.
Und dies allein kann dem Geiste der Gesetz
gebung entsprechen.
Begreiflicherweise ist dem die Aufrechnung
nicht gestattet, der als Schuldner des Konkursifex nach erlangter Kenntniß
von der Zahlungseinstellung eine Forderung an sich
bringt — eben zu dem Zwecke, um mit derselben aufzurechnen.
*) Encyklopädie des Wcchsclrechts S. 616.
4
Ebenso selbstredend dem nicht, der nach erlangter Kenntniß der Zahlungseinstellung eine Verpflichtung eingeht, welche auf den Erwerb
einer Forderung zwecks der Aufrechnung zielt.
ganz ander Ding aber ist es,
Ein
wenn Jemand vor erlangter
Kenntniß von der Zahlungseinstellung eine Verpflichtung ein
gegangen ist, welche den Erwerb einer Forderung gegen den
Geineinschuldner nach sich zieht; denn hier ist die Absicht, die Forderung zum Zwecke der Aufrechnung zu erwerben, schlechter dings ausgeschlossen. Das positive im Konkursrechte enthaltene Gesetz lautet also
für den Wechsel dahin : Ein Wechsel-Indossant, der vor der Eröffnung des Verfahrens dem Gemeinschuldner etwas schuldig
war und die Wechselforderung gegen diesen als Regreßschuldner durch Befriedigung eines Nachindossatars
erworben hat,
soll
mit dieser Forderung aufrechnen dürfen, wenn er zur Zeit, als er sich durch sein Indossament zur Einlösung des Wechsels ver
pflichtete, von der Zahlungseinstellung oder dem Eröffnungsan trage keine Kenntniß hatte. Man wird einen Rückschluß auf die Haltbarkeit einer über die
rechtliche Natur
des
Indossaments
aufgestellten
Theorie
machen dürfen, wenn eine solche wesentlich dasselbe Resultat liefert,
welches der Gesetzgeber als richtig
(wenn
auch aus
Gründen, die in einem anderen Rechtsgebiete wurzeln) anerkannt
hat.
Thatsächlich begegnet man nicht nur bei dem vorgenannten
Rechtslehrer, sondern durchweg der Behauptung, daß Ziffer 3 des §. 48 der R. K. O.
über die Aufrechnungsbefugnisse der
Wechselgläubiger im Konkurse dasselbe bestätige, was aus der in dem Präjudize des R. O. H. G. festgestellten Theorie über die
rechtliche Natur des Indossaments sich von selbst ergebe.
möchten wir als richtig nicht gelten lassen.
Das
Denn die in §. 48
R. K. O. enthaltene Voraussetzung der Aufrechnungsbefugniß,
daß nämlich der Wechselgläubiger bei Weiterbegebung des Wechsels in Unkenntniß von der Zahlungseinstellung des Gemeinschuldners gewesen sein müsse, ergiebt sich nicht als prinzipiell zulässige
Folge aus jener Ansicht.
Hat der Wechselgläubiger den Wechsel
5 seinerseits vor der Konkurseröffnung erhalten, so muß er nach
der Theorie des
Reichsoberhandelsgerichts, weil er Gläubiger
geblieben ist und als solcher wie vom Anfang an so auch später zur Aufrechnung
befugt erscheint,
die Kompensationsbefugnitz
behalten, auch wenn er inzwischen in Kenntniß der Zahlungs
einstellung den Wechsel weiterbegeben und ihn erst später einge löst hätte.
Denn es ist nicht abzusehen, weshalb eine Kenntniß
von der Zahlungseinstellung, die während bestehender Gläubiger schaft kommt, das Recht des Gläubigers illusorisch machen könnte.
Es ließe sich also ein praktischer Fall
als möglich denken, in
welchem auf Grund des Präjudizes des R. O. H. G. und unter Anwendung des §. 47 Abs. 1 der R. K. O. die Aufrechnung
im
Konkurse
eines Wechselschuldners
einem
Wechselgläubiger
gestattet wäre, während sie ihm nach §. 48, Ziffer 3 der R. K. O. versagt ist, und wir folgern : Der §. 48 begrenzt nicht nur
die Konsequenzen des Präjudizes, sondern er enthält eine Be stimmung, die diesen Konsequenzen geradezu widerspricht.
Des weitern möchte sich aus jener Theorie ergeben, daß ein Wechselgläubiger der „ohne Obligo" indossirt hat, schlechter
dings zur Aufrechnung befugt sein müßte, wenn er nach der
Konkurseröffnung den Wechsel wieder erworben hätte.
das
ihm
gegebene Indossament berechtigte
Denn
ihn als Wechsel
gläubiger, und seine Forderung, so sagt das Präjudiz, ist durch die Weiterbegebung des Wechsels nicht erloschen.
Oder ist die
Weiterbegebung des Wechsels durch Indossament „ohne Obligo" wieder grundverschieden von
der Weiterbegebung durch Loll-
Jndossament? Die Theorie lautet: Weil die Gläubigerschaft des Wechsels durch Weiterbegebung nicht erlischt, ist der Wechsel
gläubiger zur
befugt.
Aufrechnung nach Wiedererwerb
des
Wechsels
Mithin mußte auch zur Kompensation befugt sein, wer
den Wechsel
„ohne Obligo" weiterbegeben hat; denn von der
Thatsache, daß er nicht wie der Voll-Indossant zur Wiederein lösung verpflichtet ist, hängt nach jener Theorie gar nichts ab.
Eine
derartige Lösung
der Kompensationsfrage
im
Konkurse
6 widerspricht aber den ausdrücklichen Bestimmungen der Konkurs
Ordnung und allen Gesetzen des Rechts und der Billigkeit.
§• 2.
Die in den Entscheidungsgründen entwickelte Theorie. Die im Präjudize angedeutete Theorie wird in den Ent scheidungsgriinden näher dahin entwickelt:
„Acceptant wie Indossant verpflichten sich allen Nehmern des Wechsels, und zwar Jedem nicht bloß in Voraussetzung, daß er Inhaber zur Zeit der Fälligkeit, sondern überhaupt in der Voraussetzung des Besitzes des Wechsels, also auch in der der Wiedererlangung im Regreßwege bei erfolgter Weiterbegebung, der Acceptant auch dem Trassanten und Remittenten.
Durch
weiteres Indossament wird die Entstehung der gleichen Rechte in der Person des neuen Nehmers vermittelt.
Der Jndossirende
büßt hierdurch die Fähigkeit, Inhaber zur Zeit der Fälligkeit zu sein, als eine ihm auf Grund des für ihn entstandenen Wechsel
rechts erwachsene, ein.
Dagegen verliert er im Uebrigen das
für ihn als Nehmer entstandene Gläubigerrecht nicht.
Demnach
geht jeder Indossant so viel Obligationen ein, als Personen als Berechtigte in den Wechselverband nach ihm während des Wechsel
umlaufs eintreten, der Acceptant Obligationen gegen den Tras santen, den Remittenten und jeden Indossatar.
Alle diese einem
Zwecke dienenden Obligationen einer und derselben Person stehen
derartig mit einander in Verbindung, daß die Tilgung einer dieser Obligationen seitens des Verpflichteten unter Empfang des Wechsels die übrigen erledigt."
Den Kern dieser Entwickelung haben die Entscheidungs gründe der Thöl'schen Lehre entnommen.
Was darüber hin
ausgeht, ist freilich unweigerliche Konsequenz jener Lehre, aber
bislang noch nicht in dieser Weise zum Ausdruck gelangt.
Das
Indossament ist bei Thöl seiner rechtlichen Natur nach eine
neue Tratte, enthält als solche ein Wechselversprechen und einen
6 widerspricht aber den ausdrücklichen Bestimmungen der Konkurs
Ordnung und allen Gesetzen des Rechts und der Billigkeit.
§• 2.
Die in den Entscheidungsgründen entwickelte Theorie. Die im Präjudize angedeutete Theorie wird in den Ent scheidungsgriinden näher dahin entwickelt:
„Acceptant wie Indossant verpflichten sich allen Nehmern des Wechsels, und zwar Jedem nicht bloß in Voraussetzung, daß er Inhaber zur Zeit der Fälligkeit, sondern überhaupt in der Voraussetzung des Besitzes des Wechsels, also auch in der der Wiedererlangung im Regreßwege bei erfolgter Weiterbegebung, der Acceptant auch dem Trassanten und Remittenten.
Durch
weiteres Indossament wird die Entstehung der gleichen Rechte in der Person des neuen Nehmers vermittelt.
Der Jndossirende
büßt hierdurch die Fähigkeit, Inhaber zur Zeit der Fälligkeit zu sein, als eine ihm auf Grund des für ihn entstandenen Wechsel
rechts erwachsene, ein.
Dagegen verliert er im Uebrigen das
für ihn als Nehmer entstandene Gläubigerrecht nicht.
Demnach
geht jeder Indossant so viel Obligationen ein, als Personen als Berechtigte in den Wechselverband nach ihm während des Wechsel
umlaufs eintreten, der Acceptant Obligationen gegen den Tras santen, den Remittenten und jeden Indossatar.
Alle diese einem
Zwecke dienenden Obligationen einer und derselben Person stehen
derartig mit einander in Verbindung, daß die Tilgung einer dieser Obligationen seitens des Verpflichteten unter Empfang des Wechsels die übrigen erledigt."
Den Kern dieser Entwickelung haben die Entscheidungs gründe der Thöl'schen Lehre entnommen.
Was darüber hin
ausgeht, ist freilich unweigerliche Konsequenz jener Lehre, aber
bislang noch nicht in dieser Weise zum Ausdruck gelangt.
Das
Indossament ist bei Thöl seiner rechtlichen Natur nach eine
neue Tratte, enthält als solche ein Wechselversprechen und einen
7 Zahlungsauftrag.
Hieraus *) erklärte sich nicht, wie Trassant,
Acceptant und alle die, welche dem Indossanten als Wechsel
schuldner bereits verhaftet waren, als derselbe den Wechsel begab, dem neuen Wechselgläubiger verpflichtet werden können. rekurrirt auf die Ordre-Klausel?) :
Thöl
„Die Wirkung, daß der
Nehmer des Wechsels Gläubigerrechte gegen den Trassanten ge winnt, knüpft sich an das Wort Ordre".
„Wer einer bestimmten Person mit dem Zusatz „„oder deren Ordre"" verspricht, der erklärt, daß er sein Wechselversprechen
nicht nur der einen genannten Person, sondern auch deren Ordre, d. h. auch den von ihr als Gläubiger gewollten Personen geben
wolle . . . Jeder Nehmer hat ein eigenes Recht, sein ur sprüngliches, nicht das Recht seines Vormannes.
Es bedarf,
damit sein Versprechen wirklich anderen Personen gegeben ist, noch der Willenserklärung jener Person und dieser Personen.
Die Erklärung jener geschieht vermittelst des Indossaments, die Erklärungen dieser liegen in dem Nehmen des indossirten Ordre
papieres. Hieraus ergiebt sich, daß der Geber des ihn verpflichtenden
Ordrepapieres jedem Nehmer desselben, dem ursprünglichen
und den Indossataren, verpflichtet ist.
Und zwar
hat jeder
Nehmer ein eigenes Recht, sein Recht, sein ursprüngliches Recht, nicht das Recht seines Bormannes."
So klar in diesen Sätzen die Frage nach der Entstehung der Gläubigerrechte des Indossatars gegenüber
dem Wechsel
schuldner seines Indossanten gelöst ist, so wenig entschieden ist
andererseits die Frage bei Thöl behandelt, ob während des Wechselumlaufs demselben Schuldner eine Mehrheit von Gläu
bigern gegenüber steht.
Man sollte sagen, das wäre selbstver-
*) Mehr hatte wohl auch Jolly (im Archiv B. IV, S. 376), welchem Thöl (im Wechselrecht S. 454) wegen desselben Einwurfes die schärfste Abweisung zu Theil werden läßt, nicht sagen wollen. 2) Aus dem „Handelsrecht" B. I, §§. 218, 219. Bergl. „Wechselrecht" S. 450 ff.
8 stündlich, um so mehr als Thöl in Uebereinstimmung mit dem Reichs-Oberhandelsgerichte mit aller Entschiedenheit hervorhebt, daß die
des Indossanten, an welchen
Wechselforderung
der
Wechsel im Regreßwege zurückgelangt ist, gegen den Acceptanten
und Vormann die ursprüngliche und nicht eine neue (selbstredend Bei ihm heißt es : „Der Trassant
auch keine übertragene) sei.
schließt nicht eine, sondern successive mehrere Begebungsverträge
mit mehreren Gläubigern; der Acceptant nicht einen, sondern eine Reihe von Acceptationsverträgen mit mehreren Gläubigern."
Diese
mehreren
Gläubiger
verschwinden
aber im Laufe der
ferneren Darstellung; es wird immer nur gehandelt von einer bestimmten Person als dem Wechselgläubiger.
So liest manT) : „Es ist immer nur demjenigen versprochen,
also
derjenige
Wechsel als solchen
der
Wechselgläubiger,
welchen
der
namentlich bezeichnet, oder, nämlich bei
Wechseln an Inhaber, welcher den Wechsel hat, nicht über dies derjenige, welcher ihn gehabt hat, oder haben wird, oder haben kann."
Erst bei der Einlösung tauchen die alten Gläubigerrechte wieder auf.
Wo aber sind sie geblieben während des Wechsel
umlaufs ? und, wenn sie geblieben sind, wie soll man sich ihr Bestehen neben dem Gläubigerrechte desjenigen, der den Wechsel
hat, als möglich construiren*2) ?
Die Entscheidungsgründe unseres Erkenntnisses beantworten diese Fragen, indem sie folgendermaßen argumentiren :
Es
sei eine von
vornherein als unrichtig abzuweisende
Lehre, daß der Indossant seine Gläubigerrechte durch das In
dossament auf den Indossatar übertrage.
Diese Rechte könnten
folglich entweder nur untergehen, oder bestehen bleiben.
Nehme
*) Wechselrecht S. 505. 2) v on Wächter lehrt in seiner Encyklopädie : „Indem der Indossant den Wechsel überträgt, hört er auf, aus demselben berechtigt zu sein" . . .
Und gleich folgend : „Doch erlöschen seine Rechte aus dem Wechsel nicht . . denn sie können unter Umständen wieder aufleben."
9 man das Erstere an, so müsse man beim Rückgänge des Wechsels entweder eine Wiedererstehung dieser Rechte kraft gesetzlicher Vorschrift, oder einen Eintritt des einlösenden Indossanten in die Rechte seines Nachmannes behaupten. Eine längere Beweis führung soll den Schluß liefern, daß beides unrichtig sei. Folgt also : daß der Indossant Gläubiger geblieben, ob zwar der In dossatar gleichfalls Gläubiger vesselben Schuldners geworden sei. Und wie hat man sich nun das Nebeneinanderbestehen der verschiedenen Gläubigerrechte zu denken? Sie bestehen einem und demselben Schuldner gegenüber; sie haben auch nicht nur gleichen, sondern denselben Inhalt; denn nur eine Leistung ist in obligatione. Die Entscheidungs gründe sagen nämlich : „Alle diese einem Zwecke dienenden Obligationen ein und derselben Person stehen derartig mit ein ander in Verbindung, daß die Tilgung einer dieser Obligationen seitens des Verpflichteten unter Empfang des Wechsels die übrigen erledigt." Die mehreren Gläubiger sind ein jeder wahrer Gläu biger. Der einzige Unterschied in ihrer Stellung demselben Schuldner gegenüber soll der sein, daß der Indossant die Fähig keit, Inhaber zur Zeit der Fälligkeit zu sein, eingebüßt, ein Anderer die Fähigkeit erlangt habe. Aber dies ist kein wesent licher Unterschied. Denn es heißt : „Der Einwand, dasjenige, was bei Weiterbegebung des Wechsels beim Begebenden dem Wechselverpflichteten gegenüber zurückbleibe, sei nur ein Obliga tionsverhältniß als Quelle möglicher Ansprüche, welches in wahre Schuld erst durch den Wiedererwerb umgewandelt werde, trifft nicht zu. Wer den Wechsel erworben hatte, war zu dieser Zeit Gläubiger geworden, und indem er durch Weiterbegebung sich des Mittels der Geltendmachung seines Forderungsrechts nur unter dem von seinen Schuldnern im Voraus gebilligten und, wenn bethätigt, unter deren Billigung die weiteren Begebungen erloschen machenden Vorbehalt des Wiedererwerbs entäußerte, hat er nur die Geltendmachung seines Forderungsrechts von einer Voraussetzung — conditio Juris — abhängig gemacht." Wir hätten also bei der Wechselobligation eine Mehrheit
10 subjektiver Beziehungen nicht bloß, wie von jeher anerkannt, auf
der Schuldner-,
sondern
auch auf der Gläubigerseite.
Und
wenn es richtig ist, daß zwischen den auf dieselbe Leistung dem selben Schuldner
gegenüber bestehenden Gläubigerrechten nur
der eine Unterschied besteht, daß
ein Gläubiger schlechthin, die
andern aber nur nach Erfüllung einer conditio Juris zu fordern
berechtigt sind, so
würde dem nichts entgegenstehen, das Ver
hältniß der mehreren Gläubiger als unter den allgemeinen Be
griff der Korrealität fallend aufzufassen *). Die Entscheidungsgründe behaupten von „dieser Annahme
des trotz der Weiterbegebung bestehen bleibenden, sogenannten bedingten Regreß- bezw. Gläubigerrechts, daß sie die bewährter
Wechselrechtslehrer sei"2).
Durchweg aber ist die Ansicht, daß
bei der Wechselobligation eine Mehrheit von Gläubigern vor handen sei, bislang verworfen worden.
Einige Beispiele :
Hoffmann2) ; „Jedes Indossament verändert die Gläu
bigerschaft."
„Durch die Einlösung
des Wechsels lebt die alte
Gläubigerschaft nicht wieder auf, sondern es wird vielmehr eine
neue Gläubigerschaft begründet." Hartmann
nennt als Verschiedenheit der wechselrecht
lichen Solidarität von dem civilrechtlichen Gesammtschuldverhältnisse an erster Stelle : „Daß das Wechselrecht nur die passive
Solidarität kenne, während das aktive Wechselrecht dem jedes maligen Inhaber für seine Person zustehe."
Knutze2) : „Die Solidarität kommt nur als passive, als
*) Windscheid lehrt (Lehrbuch SB. II, §. 293) : „Die Einheit der Korrealobligation ist kein Hinderniß, daß deren mehrfache subjektive Beziehung für die verschiedenen Subjekte verschieden gestaltet sei. So kann namentlich der eine Gläubiger schlechthin, der andere unter einer Bedingung oder Be fristung berechtigt sein."
8) Und führen als solche Heise und Cropp, Thöl und Renaud
auf. ’) Allg. Deutsche Wechsel-Ordnung §. 16, S. 235.
4) Bei Löhr, Centralorgan R. F. B. III, S. 173, 174.
6) Deutsches Wechselrecht III. Exkurs, S. 322.
11 Mehrheit von Schuldnern vor, eine Mehrheit von Gläubigern
kann am Wechsel nur
successive betheiligt sein in Folge des
vorwärts oder rückwärts gewendeten Wechsellaufs."
„Das nomen
geht über, das debitum ist ein einziges." Löwh') konstatirt, daß in den Quellen ein Beispiel dafür,
daß in Rücksicht auf eine Obligation von mehreren Verpflichteten
mehreren Berechtigten versprochen werde, sich nicht finden lasse, es vielmehr nothwendige Bedingung der Korrealität sei,
daß
einem und demselben Gläubiger von sämmtlichen Schuldnern mit Rücksicht auf eine Obligation die Erfüllung versprochen
werde.
Er kommt hier zu dem Resultate, welches später der
Grundstock der Volkmar-Löwy'scheu Theorie geworden ist,
daß in der That das Versprechen von den Mehreren nicht ver schiedenen, sondern nur e i n e m Gläubiger gemacht werde, näm
lich dem Wechsel selbst, welcher Träger der Obligation und
mithin der Gläubiger sei. Schließlich die Leipziger Conferenz*2) : „Bei dem §. 74 kam in Frage, ob nicht auch der Solidarität in Beziehung auf die Wechselgläubiger Erwähnung geschehen müsse.
Man hielt dies jedoch nicht für nöthig, da zufolge der
vom Herrn Referenten gegebenen Erläuterung, wogegen sich kein
Widerspruch erhob, nach Absicht des Entwurfs aktive Solidarität nicht stattfinden solle." Aber die Entscheidungsgründe reden ja nicht von einer
Obligation und von einer Solidarität der Gläubiger bezüglich dieser einen Obligation, sondern von mehreren Obligationen mehrerer Gläubiger gegenüber einem Schuldner.
Die Möglich
keit einer solchen Konstruktion, wenn diese mehreren Obligationen
eben das
charakteristischste Merkmal
der Solidarität
besitzen,
daß sie nur eine Leistung zum Inhalte haben, möchte den be gründetsten Bedenken unterliegen;
dieselbe ist auch schwerlich
') Im Archiv B. XI, S. 8 ff. 2) XXII. Protokoll (Leipziger Ausgabe S. 144).
12 vereinbar mit der Thatsache, daß auf Seiten der Verpflichteten einem Wechselgläubiger gegenüber die Solidarität anerkannt ist.
Indessen hiervon abgesehen, giebt es in der Theorie der Entscheidungsgriinde
des Bedenklichen genug.
Wenn
gesagt
wird, daß der Jndossirende sich des Mittels der Geltendmachung
seiner Forderung unter einer Voraussetzung entäußere, so folgt
hieraus, daß mit dieser Entäußerung der Jndossirende nicht nur
die Fähigkeit, sondern das Recht *) eingebüßt hat, am Verfalltage fordern zu dürfen.
Zu den Wirkungen des Indossaments gehört,
daß der Indossant selbst kein Recht mehr zur Ausübung der Wechselforderüng hat und dem Indossatar ausschließlich Mög
lichkeit und Recht gegeben ist zu fordern, jenem aber die Aus übung der Forderung zu untersagen.
Rur durch einen Willens
akt des Indossatars kann der Indossant das Recht zur Aus
übung der Forderung wieder erhalten. Fälligkeit der
Wechselforderung.
So bleibt's auch nach
Freilich kann der Indossant
vom Indossatar gegen Zahlung der Wechselsumme Auslieferung
des rückläufigen Wechsels fordern und hiermit sich die Möglich keit zur Ausübung seines Gläubigerrechts
wieder verschaffen.
Das Recht der Einlösung aber steht ihm zu als dem Wechsel
schuldner und nicht Kraft des ihm gebliebenen Gläubigerrechts*2). So steht's ausdrücklich im Gesetze, und wenn es anders wäre, so müßte ja dieselbe Befugniß auch dem zustehen, der Obligo" indossirt hat.
„ohne
Nachdem also der Indossant „die Gel
tendmachung seines Forderungsrechts von einer Voraussetzung abhängig gemacht hat," ist ihm das Recht der Geltendmachung
seiner Forderung bis zur Wiedererlangung des Wechsels durch
den Willensakt eines Dritten verloren.
Er nicht,
dagegen ein
Anderer mit Ausschluß seiner kann die Zahlung der Wechsel summe vom Schuldner fordern. Forderung ohne
das Recht
Somit hätte der Eine
eine
der Ausübung und der Andere
*) Vergl. Ladenburg im Archiv von Busch B. XLI, S. 111. 2) Art. 48 W. O.
13 eine Forderung mit dem Rechte der Ausübung gegen denselben Schuldner, und das Ausübungsrecht des Letzteren würde das
des Ersteren dergestalt absorbiren, daß, wenn ihm Zahlung vom Schuldner geleistet wird, bei Rückgabe des Wechsels ein Aus übungsrecht des Ersteren gar nicht mehr existirt.
Was hat es nun auf sich mit der Forderung des Indossanten,
der das Ausübungsrecht genommen ist?
Die Antwort ist schon in dem Resultate gegeben, daß die Forderung selbst nicht mehr vorhanden ist, wenn der Indossatar
von seinem Ausübungsrechte wirksam Gebrauch gemacht hat: Forderungsrecht und Ausübungsrecht sind identisch.
„Was das Recht an
bei Delbrück') :
Man liest
sich und das Aus
übungsrecht betrifft, so beruht dieser Unterschied auf einer leeren
Abstraktion.
Beide Begriffe decken sich.
Denn
wenn
zuge
standen wird, daß dem Gläubiger keinerlei Ausübung des Rechts
mit Erfolg mehr gestattet ist, so fragt man vergeblich, welchen
Inhalt denn dieses Recht an sich habe; es existirt nicht und kann nicht abgesondert von dem Ausübungsrechte existiren, mit dem es auf's engste zusammenhängt, mit dem es identisch ist2)."
Der Kern des dem Indossanten
verbliebenen Gläubiger
rechts müßte in der Anwartschaft auf das Ausübungsrecht ge funden werden, welches nach erfüllter Voraussetzung zum Gläu biger zurückkehrt.
Nun fehlt aber nicht nur dem Forderungs
berechtigten während dieser Zeit das Ausübungsrecht, sondern dasselbe wird thatsächlich von dem Ausübnngsrechte eines Anderen
verzehrt.
Während der Indossant sich dahin beschränkt, daß er
die Forderung während gewisser Zeit, vielleicht auf immer, nicht
ausüben
will, kann
der
Indossatar durch Ausübung seines
Forderungsrechts dem Indossanten die Ausübung der Forderung
unmöglich machen.
Um auf das von den Lehrern des Rechts
*) Die Uebernahme fremder Schulden nach gemeinem und preußischem Recht S. 8.
’) Ladenburg im Archiv B. XI, S. 411 : „Wie kann man sagen:
der Forderungsberechtigte hat kein Recht auf die Forderung!"
14
Gesagte zu rekurriren : Windsch eid x) bemerkt hierüber : „Wo das Ausübungsrecht des Einen von dem Ausübungsrechte des
Andern ganz absorbirt wird, da ist in der That der letztere der Berechtigte und der Erstere der Nichtberechtigte.
Wenn
man dann den ursprünglich Berechtigten noch Berechtigten nennt, so hat man ein Wort festgehalten, aber nicht die Sache.
Wer
im Worte mehr als das Wort zu haben glaubt, der hintergeht sich selbst."
Nach den Entscheidungsgründen möchte es scheinen, als ob die Erfüllung der Voraussetzung, von welcher der Indossant die
Ausübung seines Gläubigerrechts abhängig gemacht haben soll, mit der Thatsache der Wiedererlangung des Wechsels lediglich
und allein zusammenfalle.
Wenn hieraus folgen müßte, daß der Indossant legitimirt sei, vom Acceptanten Zahlung zu fordern, wenn er nur unter
Berufung auf das ihm gegebene Indossament den Wechsel vor zeigen kann, so ist doch diese Folge vom Reichsoberhandelsgerichte
selbst wiederholt verneint worden. In dem Erkenntnisse vom 27. Juni 1877 heißt es : „Der
Indossant, welcher den Wechsel mittels undurchstrichenen Voll indossaments weiter übertragen und hinterher wieder erworben
hat, ohne daß jedoch urkundlich festgestellt ist, wann (insbesondere
ob nach dem Verfall) und in Folge welchen Rechtsakts er den Besitz des Wechsels wiedererlangt hat, ist nicht zur Klage gegen den Acceptanten legitimirt, vielmehr bedarf er hierzu eines neuen Indossaments des Indossatars des nicht ersichtlich rückläufigen
Wechsels."
Es hängt also nicht nur von einer Erklärung des Indossanten ab, daß er von seinem Rechte Gebrauch machen wolle, in Ver
bindung mit der Thatsache, daß er den Wechsel, gleichgültig
wie, wiedererlangt hat, sondern die Willenserklärung, welche er im Indossamente abgab, war eine bindende, war von dem In
dossatar ergriffen worden, der sich in neuer Willenserklärung
*) Die Aktiv des römischen Civilrechts S. 174.
15 seinerseits des Ausübungsrechts wieder entäußern muß, um jenem dasselbe wieder zu verschaffen.
Wenn man nun diese im Indossament enthaltenen Willens erklärungen sich näher ansieht, so lauten sie, wie sich aus ihren Folgen ergiebt, dahin : Der Indossant will seine Forderung
nicht ausüben, so lange der Indossatar nicht will, daß er sie wieder ausübe; der Indossatar will seine Forderung ausüben,
bis er will, daß
der Indossant seine Forderung ausübe.
Da
nun das Ausübungsrecht des Einen genau den Inhalt hat wie
das Ausübungsrecht des Andern, liegt es
doch nicht fern zu
sagen : Mit solchen Erklärungen überträgt eben der Indossant
sein Ausübungsrecht auf den Indossatar und er erhält es durch Uebertragung wieder zurück.
Wenn aber Ausübungs- und For
derungsrecht sich decken, so würde man schließlich zu dem Resultate kommen : daß der Indossant durch Indossament seine Forderung
überträgt. §• 3.
Die Abfertigung der Uebertragungstheorie. Indessen
bildet die Abweisung
der Uebertragungstheorie
geradezu das Fundament, auf welchem die Entscheidungsgründe
ihre neue Theorie über das Indossament aufbanen.
Man kann
eine schärfere Berurtheilung nicht aussprechen, wie diese : „Dar
über herrscht in Theorie und Praxis Einverständniß, daß beim
Umlauf des Wechsels bis zur Fälligkeit jeder Indossatar durch
das Indossament des legitimirten Vormannes Rechte gegen dessen Vormänner und
den Acceptanten aus eigenem, unmittelbarem
Recht, nicht durch Eintritt in die Rechte des Bormannes erwirbt.
Der Art. 10 der A. W. O. spricht demnach nicht aus, daß
der Indossant durch das Indossament
seine Rechte
aus
dem
Wechsel an den Indossatar übertrage, sondern daß durch das
Indossament alle Rechte aus dem Wechsel auf den In
dossatar übergehen." Bezöge sich
die Behauptung eines vorhandenen Einver
ständnisses von Theorie und Praxis lediglich darauf, daß dem
15 seinerseits des Ausübungsrechts wieder entäußern muß, um jenem dasselbe wieder zu verschaffen.
Wenn man nun diese im Indossament enthaltenen Willens erklärungen sich näher ansieht, so lauten sie, wie sich aus ihren Folgen ergiebt, dahin : Der Indossant will seine Forderung
nicht ausüben, so lange der Indossatar nicht will, daß er sie wieder ausübe; der Indossatar will seine Forderung ausüben,
bis er will, daß
der Indossant seine Forderung ausübe.
Da
nun das Ausübungsrecht des Einen genau den Inhalt hat wie
das Ausübungsrecht des Andern, liegt es
doch nicht fern zu
sagen : Mit solchen Erklärungen überträgt eben der Indossant
sein Ausübungsrecht auf den Indossatar und er erhält es durch Uebertragung wieder zurück.
Wenn aber Ausübungs- und For
derungsrecht sich decken, so würde man schließlich zu dem Resultate kommen : daß der Indossant durch Indossament seine Forderung
überträgt. §• 3.
Die Abfertigung der Uebertragungstheorie. Indessen
bildet die Abweisung
der Uebertragungstheorie
geradezu das Fundament, auf welchem die Entscheidungsgründe
ihre neue Theorie über das Indossament aufbanen.
Man kann
eine schärfere Berurtheilung nicht aussprechen, wie diese : „Dar
über herrscht in Theorie und Praxis Einverständniß, daß beim
Umlauf des Wechsels bis zur Fälligkeit jeder Indossatar durch
das Indossament des legitimirten Vormannes Rechte gegen dessen Vormänner und
den Acceptanten aus eigenem, unmittelbarem
Recht, nicht durch Eintritt in die Rechte des Bormannes erwirbt.
Der Art. 10 der A. W. O. spricht demnach nicht aus, daß
der Indossant durch das Indossament
seine Rechte
aus
dem
Wechsel an den Indossatar übertrage, sondern daß durch das
Indossament alle Rechte aus dem Wechsel auf den In
dossatar übergehen." Bezöge sich
die Behauptung eines vorhandenen Einver
ständnisses von Theorie und Praxis lediglich darauf, daß dem
16 Indossatar selbstständige Rechte gegen jeden Wechselverpflichteten
zustehen, so wäre kein Wort darüber zu verlieren.
Man braucht
nur Art. 81 A. W. O. zu lesen, in dem diese Folge klar genug Aber für ein Einverständniß der Theorie über
enthalten ist *).
den mit „demnach" eingeleiteten Schluß möchten nicht einmal
die von den Entscheidungsgründen citirten Rechtslehrer Zeugniß Ladenburg hat?) hierfür einige schlagende
ablegen wollen. Belege gegeben.
Von den Entscheidungsgründen sind citirt Thöl, Renaud, Hartmann und Hoffmann.
Thöl.
Mit gutem Grunde wohl nur
Bei demselben heißt es allerdings fast wörtlich gleich
lautend mit den Entscheidungsgründen : „Der Indossatar macht aus seinem
Recht
gegen
seinen
Schuldner
seinen Anspruch
geltend."
„Durch das Indossament gehen die Rechte „„aus dem indossirten Papier"" (also nicht die Rechte des Vormannes) auf
den Indossatar über." Dagegen 1) Renaud?) ; „Das eigentliche Indossament ist das wechselrechtliche Ge
schäft, durch welches der Wechselnehmer die Uebertragung seiner
wechselmäßigen Rechte an einen Andern unter eigner wechsel
mäßiger Verpflichtung bezweckt."
Ferner: „Das Indossament
begründet keine Novation, da dem Wechselschuldner ohne seine
Mitwirkung ein neuer Gläubiger gegeben wird" und positiv : „Das Indossament
bewirkt
eine Singular-Succession
in die
Wechselforderung." *) Indeß ist der
tragungstheorie.
springende Regreß nicht beweisend gegen die Ueber«
Bei der Solidarität der Wechselverpflichteten ist er ebenso
erklärlich, wie im Civilrcchte bei mehrfacher solidarischer Bürgschaft. regressus per ordinem
bestand
früher, mußte
Der
aber in den springenden
Regreß übergehen, sobald an Stelle der Gewährleistung die selbstschuldnerische
Haftung des Indossanten allgemeine Regel wurde. nommen)
findet
Dies (hier vorweg ge
sich bei Bi en er (Wechselrechtliche Abhandlungen S. 249)
weiter ausgeführt. 2) In dem citirten Aussatze (B. XLI des Archivs von Busch S. 110).
•) Lehrbuch S. 50.
17 2) Hartmann :
„Die Wirkungen des eigentlichen Indossaments sind zweifach : 1) überträgt dasselbe das formelle Eigenthum an dem Wechsel mit der Befugniß zur Weiterbegebung."
Derselbe an anderer Stelle **) :
„Daß
das Indossament
eine Rechtsübertragung enthält,
dafür sprechen die Geschichte des Wechsels, der Zweck des In dossaments, die Ansicht der Wissenschaft, die Motive zum Pr. Entwürfe, endlich die Worte der W. O.
Durch diese Eigen
schaft der Rechtsübertragung ist das Indossament der civilrecht lichen Cession verwandt,
welche gleichfalls dazu bestimmt ist,
obligatorische Rechte auf dritte Personen fortzupflanzen, ja das Indossament ist, entkleidet von den wechselrechtlichen Eigenthüm- '
lichkeiten, nichts anderes als eine Cession."
3) Von Hoffmann ist bereits ein der Ansicht der Ent
scheidungsgründe
widersprechender
Ausspruch
citirt
worden.
Ladenburg giebt von ihm und Andern3) weitere Beispiele.
Auch in der Praxis war man bislang nicht einmüthig der
Ansicht, daß der Indossant nicht seine Rechte auf den Indossatar
übertrage.
Das Reichs-Oberhandelsgericht hatte vielmehr selbst
wiederholt die verworfene Meinung geäußert.
So heißt es in
der vom III. Senat am 28. Januar 1875 3) gesprochenen Ent scheidung :
Aus der richtigen Ansicht, daß die Rechte und Pflichten der Wechselverbundenen auf selbstständigen Obligationen beruhten,
folge nicht, daß von den einzelnen Obligationen nicht die eine aus der andern durch Uebertragung des Rechtsinhalts hervor gegangen sei.
Wiederholt habe das R. O. H. G. ausgesprochen,
daß der Girant die Ansprüche, welche in dem Wechsel verkörpert
seien, an ihm hafteten, übereigne, und es besage Art. 10 mit ausdrücklichen Worten :
„durch
das Indossament gehen alle
*) Löhr, Centralorgan B. III, S. 339. *) Brauer und Bluntschli, vergl. a. a. O. S. 110. ’) Band XVII der Entsch. S. 409.
18
Rechte aus dem Wechsel auf den Indossatar über." Unter diesen Rechten könnten nur die Rechte gegen den Acceptanten, Bor-Indossanten und Aussteller verstanden werden. Auch Art. 17 bezeichne das Voll-Indossament als Akt der Uebertragung des Eigenthums an dem Wechsel. In der Verneinung des Rechtsübergangs liege daher eine Verleugnung dieser Gesetzesbestimmungen*). Auch der II. Senat des Reichs-Ober-Handelsgerichts hat in der bereits citirten Entscheidung vom 27. Juni 1877 * 2)3sich dahin ausgesprochen, daß „nach Art. 9, 10, 17 der W. O. durch ein Indossament alle Rechte aus dem Wechsel, das Eigenthum an dem Wechsel, aus den Indossatar übergingen" und hiermit die Folge verbunden, daß „also, so lange ein solches Indossament undurchstrichen auf dem Wechsel stehe, der Indossant kein Wechsel recht mehr habe"s). Das Reichs-Oberhandelsgericht hatte ferner in konstanter Judikatur4) daran festgehalten, daß ein vor Verfall des Wechsels gegebenes Blanko-Indossament zur Legitimation des als NachJndossatar auftretenden Klägers genüge. In der Entscheidung vom 15. December 18745)6 heißt es : „Man fand, daß es den *) Hierzu
sei
bemerkt :
Von einer Uebertragung, Uebereignung der
Ansprüche, welche in dem Wechsel verkörpert sind, wird gesprochen, und man wird wohl zugeben müssen, daß nur einem Rechtssubjekte Ansprüche zustehen
können, daß, wenn dies richtig ist, sie nur dem Indossanten vor der Ueber eignung zugestanden haben, und daß der Indossant, wenn er sie dem In
dossatar übereignet, eben seine Ansprüche übereignet. 2) Band XXII der Entsch. S. 326. 3) Wenn man von einem Uebergang der Rechte aus dem Wechsel durch
das Indossament auf den Indossatar spricht und hieraus folgert, daß der
Indossant keine Gläubigerrechte mehr gegen die Wechselverpflichteten habe, dagegen der Indossatar Gläubiger geworden sei, so
der Konsequenz nicht sehr fern gestanden,
hat man doch gewiß
daß durch das Indossament eben
die Gläubigerrechte des Indossanten auf den Indossatar übergegangen sind.
4) Anders jetzt das R. G.
in der Entsch. vom 8. Juli 1880 (B. II,
S. 75 ff.), in welcher übrigens die Theorie der Rechtsübertragung ebenso
scharf abgewiesen wird, wie in unsern Entscheidungsgründeu. 6) Band XV, S. 313.
19 Prinzipien des Wechselrechts nicht widerstreite, wenn ein Blanko-
Indossant, welcher den Wechsel im Regreßwege einlvste, statt
sein Blanko-Indossament und etwaige nachfolgende Indossamente auszustreichen und ein neues Blanko-Indossament auszustellen,
sofort auf Grund des
schon vorhandenen Blanko-Indossaments
den Wechsel weiter begiebt."
Erwägt man nun, daß das Blanko-Indossament vor Ver fall unbedingt ein eigentliches Indossament ist, das Blanko-In dossament nach Verfall und Protest dagegen anerkanntermaßen
„nur die Befugnisse einer civilrechtlichen Cession enthält" r), so wenn das eigentliche Indossament nicht auch eine
möchte man,
Rechtsübertragung enthalten soll, doch nicht als möglich und
denkbar-gelten lassen, daß zwei so heterogene Willenserklärungen in derselben Urkunde, in denselben Worten gewollt und ausge
sprochen sein könnten?). §• 4.
Indossament und Cession find dem Wesen nach nicht verschieden. Ein Einverständniß in Theorie und Praxis darüber, daß wegen der Eigenberechtigung des Indossatars eine Uebertragung
der Wechselforderung nicht stattfinden könne, ist in der That nicht vorhanden.
Man kann deshalb kühnlich die Folgerichtig
keit des Schlusses näher untersuchen.
Diese Untersuchung hat
mit dem Wechselrechte nichts zu thun.
Es handelt sich lediglich
um die Frage, ob es nach allgemeinen Rechtsbegriffen möglich
sei, daß durch einen Vertrag zwischen dem Gläubiger und einem Dritten die Forderung dergestalt auf den Dritten übertragen
werde, daß
dieser Dritte die Forderung als eigene hat und
geltend machen kann.
Ist dies möglich, so gebietet die Thatsache,
daß der Indossatar sein Recht gegen die Wechselschuldner geltend
‘) Hierüber weitläufig weiter unten.
2) Hierauf hat schon Mittermaier im Archiv B. I, S. 22 ff. auf merksam gemacht.
19 Prinzipien des Wechselrechts nicht widerstreite, wenn ein Blanko-
Indossant, welcher den Wechsel im Regreßwege einlvste, statt
sein Blanko-Indossament und etwaige nachfolgende Indossamente auszustreichen und ein neues Blanko-Indossament auszustellen,
sofort auf Grund des
schon vorhandenen Blanko-Indossaments
den Wechsel weiter begiebt."
Erwägt man nun, daß das Blanko-Indossament vor Ver fall unbedingt ein eigentliches Indossament ist, das Blanko-In dossament nach Verfall und Protest dagegen anerkanntermaßen
„nur die Befugnisse einer civilrechtlichen Cession enthält" r), so wenn das eigentliche Indossament nicht auch eine
möchte man,
Rechtsübertragung enthalten soll, doch nicht als möglich und
denkbar-gelten lassen, daß zwei so heterogene Willenserklärungen in derselben Urkunde, in denselben Worten gewollt und ausge
sprochen sein könnten?). §• 4.
Indossament und Cession find dem Wesen nach nicht verschieden. Ein Einverständniß in Theorie und Praxis darüber, daß wegen der Eigenberechtigung des Indossatars eine Uebertragung
der Wechselforderung nicht stattfinden könne, ist in der That nicht vorhanden.
Man kann deshalb kühnlich die Folgerichtig
keit des Schlusses näher untersuchen.
Diese Untersuchung hat
mit dem Wechselrechte nichts zu thun.
Es handelt sich lediglich
um die Frage, ob es nach allgemeinen Rechtsbegriffen möglich
sei, daß durch einen Vertrag zwischen dem Gläubiger und einem Dritten die Forderung dergestalt auf den Dritten übertragen
werde, daß
dieser Dritte die Forderung als eigene hat und
geltend machen kann.
Ist dies möglich, so gebietet die Thatsache,
daß der Indossatar sein Recht gegen die Wechselschuldner geltend
‘) Hierüber weitläufig weiter unten.
2) Hierauf hat schon Mittermaier im Archiv B. I, S. 22 ff. auf merksam gemacht.
20 macht, nicht den Schluß, daß dies Recht ihm nicht von seinem Indossanten könne übertragen sein, so ist es unrichtig zu folgern, wie die Entscheidungsgründe gefolgert haben.
An dieser Frage hängt in der That die Uebertragungstheorie.
Daß sie früher verneint wurde, führte dazu, die Uebertragungs theorie aus dem Wechselrechte zu verbannen, wie von den Ent scheidungsgründen letzthin versucht wurde;
daß sie
nach den
Forschungen der neusten Zeit bejaht werden muß, darf den An
laß geben, eine Untersuchung über die Berechtigung solcher Ab weisung auch gegenüber der Autorität des hohen Gerichtshofes
nochmals in Anregung zu bringen.
Freilich ein schwieriges und gewagtes Unternehmen, insofern
man auch bei den Wechselrechtslehrern einer geschlossenen Phalanx gegenüber steht.
Mit dem Grundsätze der Unmöglichkeit einer
Singularsuccession
in Forderungsrechte setzt man der Ueber
tragungstheorie die merkwürdigsten Argumente entgegen.
So
lehrt Thöl (und mit ihm Andere), daß es ja durchaus nicht
nothwendig sei,
gegenüber
aus
dem
Wechsel der berechtigten Personen
demselben Schuldner zu schließen, daß ein solcher
Wechsel sich durch Cession vollzogen haben müsse.
Auch Delegation,
Assignation, Novation, nicht minder Zahlungsmandat, trassirter
Wechsel, könnten bewirken,
daß die Forderung des Einen dem
Andern zu gute komme. Bedarf es hierauf einer Antwort?
Nur eins von diesen Rechtsinstituten kann hier in Frage
kommen, nämlich die Cession, weil diese allein den Wechsel der
Gläubigerschaft in der Weise vollzieht, wie es die Uebertragungs theorie vom Indossamente behauptet, nämlich (ohne Zuziehung des Schuldners) lediglich durch einen Vertrag zwischen dem
früheren und neuen Gläubiger der Forderung.
Wenn Thöl
freilich die Lehre von der Cession mit den Worten in's Handels
recht einführtl) :
*) Im Handelsrecht B. I, 2. Ablh., §. 324.
21 „Bei
der Session
vermittelt
der Cessionar
die Zahlung
zwischen dem Schuldner und Gläubiger", so fehlt in solcher
Begriffsbestimmung gerade das die Session von der Novation wesentlich unterscheidende Element, daß sie eine Uebertragung
des Forderungsrechts ohne Inhalte hat.
Mitwirkung des Schuldners zum
Streicht man dies aus dem Begriff der Session,
so erscheint allerdings wunderbar, wie man darauf gekommen,
das Indossament gerade mit der Session zusammenzustellen, da es doch so viele
andere Rechtsinstitute giebt, welche bewirken,
daß die Forderung des Einen dem Andern zu gut komme. Aber die Nichtachtung dieses Elements in der Session, das
Dogma von der Unübertragbarkeit der Obligation ohne Zuziehung des Schuldners, bildet die Grundlage, auf welcher man zunächst
die Abweisung der Uebertragungstheorie und dann die jeweilig andere Theorie aufbaut.
Hiervon wird im Folgenden noch oft gehandelt.
Einige
prägnante Beispiele und einzelne Namen mögen neben Ein er t und Thöl hier schon Platz finden. Mittermaier *) :
Das Indossament ist ein rein wechselrechtliches Institut, bei welchem von einem Klagen aus fremdem Rechte (wie bei der
Session) nicht die Rede ist. Volkmar und Löwh2) :
Die Session setzt ein Forderungsrecht voraus. derungsrecht wurzelt
Schuldners.
Das For
in der Person des Gläubigers und des
Ohne beide kann keine Forderung entstehen.
So
lange sie also besteht, trägt sie die Spuren ihrer Schöpfer rc.
Fick2) : Der neue Creditor ist Substitut des früheren und dies be ruht nicht bloß auf specifisch römischer Rechtsanschauung, sondern
gehört zu den Grundlagen des Obligationenrechts.
') Im Archiv B. I, S. 10 ff. -) In Goldschmidt'« Zeitschrift B. III, S. 119 ff. (inSbes. S. 132). 8) In G old schmidt's Zeitschrift B. III, S. 583 ff.
22 Kuntze: Das Giro ist von der römischen Cession sehr verschieden,
namentlich dadurch, daß
der Giratar proprio nomine, der
Cessionar nur ex persona cedentis berechtigt ist*2).* * * * *
Wir stehen nun zur Zeit einer abgeschlossenen Forschung
auf dem Gebiete der Cessionslehre gegenüber, welche ein diesen Ausichten diametral zuwiderlaufendes Resultat liefert.
Man mag
sich hierfür mit besserm Rechte, als die Entscheidungsgründe für
die Abfertigung der Uebertragungstheorie gethan haben, auf ein Einverständniß von Theorie und Praxis berufen. So bezeugt das Reichsgericht8) : „Nach
der Entwicklung
der Lehre von der Cession der
Forderungen im neueren Rechte, nach der im heutigen Verkehrs
leben herrschenden, auch in der Doctrin und Praxis zur Aner kennung
gelangten
und in
den
neueren Gesetzgebungen zur
Geltung gebrachten Rechtsauffassung muß für das heutige Recht
der mit dem Begriff und Wesen des Forderungsrechts wohl verträgliche Satz angenommen werden, daß durch die Cession eine Sondernachfolge in die Forderung herbeigeführt wird, und
daß der Uebergang des abgetretenen Forderungsrechts von dem (siebenten auf den Cessionar mit dem Akte der Cession in der Art sich vollzieht,
daß der bisherige Gläubiger ohne weiteres,
namentlich
den
ohne
Schuldner, aufhört,
Hinzutritt
der
Denuntiation
an
den
Gläubiger zu sein, und Derjenige, auf
welchen die Forderung übertragen wird,
als neuer Gläubiger
an dessen Stelle tritt" ....
1) Deutsches Wechselrecht S. 58 V. 2) Weitere Beispiele liefern Hoffmann (im Archiv B. VI, S. 292), Brauer (im Archiv B. III, S. 310), Rena ud (Lehrbuch des Wechselrechts S. 48) und Alle, die jemals gegen die Cessionstheorie geschrieben haben. Und seit Einert's Zeiten möchte mau unter den Wechselrechtslehrern außer Ladenburg kaum Einen finden, der dies nicht gethan hätte.
. 8) Entsch. vom 8. März 1881 (B. IV, S. 111 ff.). reiche Litteraturangabe.
Hierselbst auch eine
23 Was Renaud *) als das Eigenthümliche des Indossaments
anführt im Gegensatze zu der Session, dasselbe ist der Session
eigenthümlich: Sie bewirkt eine Sondernachfolge in die For
derung. Dieser Satz gehört an die Spitze der Uebertragungstheorie; denn überall und so auch in den Entscheidungsgründen heißt es:
Weil der Indossatar aus eignem Rechte klage, seinen An spruch geltend mache, deshalb könne der Indossant ihm diese Rechte als früher ihm eigene nicht übertragen haben.
Der Schluß ist unrichtig.
Der Cessionar ist ebensowenig wie der Indossatar in die
ihm übertragenen Rechte dergestalt eingetreten, daß er nun gegen
die Schuldner die Rechte seines Rechtsvorgängers geltend machte, sondern er hat durch die Uebertragnng eigne Rechte erworben. Dies behauptete der Vordersatz unserer Entscheidungsgründe von dem Indossamente, und wenn nun ebenso unumstößlich, wie diese Behauptung, die Thatsache ist, daß die Session dieselbe
Folge hat, so mag der Vordersatz als unzweifelhaft richtig be stehen bleiben, aber die Folgerung hieraus hat so wenig ein
Einverständniß von Theorie und Praxis für sich, daß ihr viel mehr ein solches entgegensteht.
Indeß wird eine andere Folge von den Anhängern der
Uebertragungstheorie prinzipiell anerkannt werden müssen, näm lich, daß der Indossant sein Recht nur so übertragen, daß der
Indossatar das Recht nur so erwerben kann, wie der Indossant es hatte.
Denn der Grundsatz, daß Niemand mehr Recht auf
einen Andern übertragen kann, als er selbst hat, gehört aner
kanntermaßen zum Wesen der Rechtsübertragung,
wie ja der
Satz selbst seine Berechtigung und die Nothwendigkeit ausnahms
loser Geltung in sich zu tragen scheint.
In der That aber
dürfen dem Indossatar nicht alle die Einreden vom Wechsel-
*) Das Citat oben S. 16.
24
schuldner entgegengestellt werden, welche dieser dem Indossanten gegenüber geltend machen konnte.
Man sollte nun folgern : Wenn der Indossatar ein eigenes unmittelbares Recht in dem Sinne und mit der Kraft gegen
den Wechselschuldner hat, daß er die Beschränkungen seines In
dossanten nicht gleichfalls zu dulden braucht, so — dies mögen auch die Entscheidungsgründe gemeint haben — ist es unrichtig,
daß der Indossant sein Recht auf den Indossatar übertragen hat. In dem durch Art. 82 der A. W. O. anerkannten Aus
schluß gewisser, man sagt gemeiniglich der Einreden ex persona indossantis haben wir den Eckstein aller Opposition gegen die Uebertragungstheorie').
Und selbst die Mehrzahl aller Anhänger
der Theorie bekennen aus diesem Grunde, daß in dem Indossa
ment wohl
eine Übertragung, aber
eine Uebertragung mit
eigenthümlichen Wirkungen zu finden sei.
Hiergegen wird von
den Gegnern der Uebertragungstheorie mit gutem Grunde ge eifert.
Ein Beispiel :
Volkmar und Löwy") : „Es liegt im Wesen der Cession, daß dem Cessionar nicht
größere, nicht andere Rechte als die des Cedenten zu übertragen sind, daß alle Einreden ex persona cedentis gegen ihn durch greifen ....
Diese Erscheinungen
thümlicher Wirkung.
Indossament
Analogie
Man suchte sich zu helfen
zwischen Cession und Indossament. und definirte das
beseitigen jede
als
eine Cession
mit
eigen
Wesen und Charakter eines Rechtsinstituts
ist nur aus seinen Wirkungen zu erkennen.
Stehen diese ex
diametro int Widerspruch mit denen der Cession, so ist nur die eine Folgerung gerechtfertigt : Das Indossament ist keine Cession." In der That verwickelt sich jene Theorie, welche das In
dossament
als Uebertragung
mit
eigenthümlichen Wirkungen
*) Auf einzelne Rechtslehrer Bezug zu nehmen, ist überflüssig, weil man bei Jedem finden kann, was hier behauptet wird. ') In Goldschmidt'« Zeitschrift B. III, S. 121.
25 auffaßt, in die merkwürdigsten Widersprüche.
So sagt Heises
einmal : „Dem Indossamente sind einige besondere Wirkungen beigelegt, die von den gewöhnlichen Regeln der Session ganz
Daher sind beide Arten wesentlich von einander
abweichen.
verschieden."
Dann wieder : „Das eigentliche Indossament ist
an sich nichts als eine Cession.
Denn die Session ist die eigen
thümliche
Forderung
Uebertragung
einer
an
einen Dritten.
Durch das Indossament geschieht eine eigenthümliche Uebertragung einer Wechselforderung, sie ist also eine Species der Cession."
Dann weiter :
„Das Indossament muß also der Natur der
Sache nach in seinen Erfordernissen und Wirkungen ganz nach
den Grundsätzen der Cession beurtheilt werden, wenn es auch freilich durchgängig nicht darnach beurtheilt wird." 2)
Selbst Ladenburg2) sieht in dem Ausschluß der Einreden
ex persona indossantis eine Eigenthümlichkeit der im Indossa ment enthaltenen Uebertragung, welche sich nur durch positiven Rechtssatz und durch das Ueberwiegen praktischer, aus dem Ver
kehrsleben gewonnener Erwägungen erklären lasse.
Es habe
die Sicherheit des Verkehrs für Mobilien das Aufgeben des Satzes : „Niemand kann mehr Rechte übertragen, als er selbst
hat", gefordert und an dessen Stelle das andere Prinzip gesetzt: „Hand muß Hand wahren."
Ebenso
habe man für gewisse
Forderungen im Interesse der Verkehrssicherheit freiere Ueber-
tragbarkeit verordnen müssen, und, wie bei den Mobilien, so
überwiege auch hier über jenen Rechtsgrundsatz diese praktische, durch das Bedürfniß des Verkehrslebens zum Rechte gewordene Regel: Hand muß Hand wahren.
*) In seinem „Handelsrecht" (Frankfurt 1858) §. 80 und §. 82.
8) Bei Hardung („das Wechsclrecht der Allg. D. W. O. Köln 1862") findet sich derselbe Widerspruch, weil er das Indossament zwar als eine Uebertragung der Wechselforderung ansieht, aber als eine von der Cession grundverschiedene Uebertragung „in ganz eigenthümlicher Weise und mit ganz eigenthümlichen Wirkungen." 8) An vielen Orten im Archiv, insbes. B. IX, S. 344 ff. und B. XIV, S. 157 ff.
26 Brauer *) äußerte s. Z. :
„Mit dem Satze : „„Der Wechselvertrag ist ein besonderer
Vertrag, auf welchen die allgemeinen Lehren des Vertragsrechts
nicht anwendbar sind, und welcher nur gerade die besonderen Wirkungen hat, welche ihm das Gesetz beilegt"", kann man die Vertragstheorie unanfechtbar machen, aber damit wird nichts
Ersprießliches für das Verständniß der Sache gewonnen.
Wenn
ich eine Bertragstheorie aufstelle, so thue ich es vernünftiger Weise nur in der Absicht, um aus dem gewonnenen Prinzip
vernünftige Konsequenzen abzuleiten." Trifft
diese
Kritik
der
Ladenburg'schen Behauptung
gegenüber 511 ?2) ist es nicht wahr, daß von dem praktischen Verkehrsleben
sehr
vielfach Forderungen
aufgestellt und zum
Gesetze erhoben werden, die mit der strengen Konsequenz juristi
scher Regeln nicht in Einklang zu bringen sind, die hier und da einschneiden in das Shstem des Rechts und alle Folgerung
aus Rechtsgrundsätzen über den Haufen werfen?
s) Es kommt hinzu, daß wir es im Art. 82 der W. O.
mit einer Bestimmung zu thun haben, die das Gepräge prakti schen Bedürfnisses an der Stirne trägt.
Wäre sie Konsequenz
irgend welcher Theorie, so hätte sie nicht so unglücklich gefaßt werden
können.
Im Pr. Entw. stand
Art. 82 ursprünglich
unter den §§., welche das Wechselverfahren regeln sollten und
hatte folgende Fassung:
„Die Einrede der Simulation sowie
diejenige der Kompensation, selbst wenn sie auf der Stelle liquid gemacht werden
könnten, finden im Wechselrecht nicht statt.
Ebenso verhält es sich mit den aus der Person des Indossanten
*) Im Archiv B. III, S. 310. 8) Die Replik desselben ist in dem im Archiv B. IX, S- 340 ff. ent
haltenen Aufsatze gegeben.
Vergl. auch B. V, S. 122 ff. und anderorts.
s) Znm Folgenden vergl. XXV. Protokoll der Konferenz, Ladeuburg im Archiv B. XIV, S. 146 ff., Thöl, Wechselrecht, §. 181, S. 735 ff., Hartmann : Das deutsche Wechselrecht S. 525, Löwy im Archiv B. XI, S. 48 ff. u. A.
27 dem
Inhaber entgegenzusetzenden Einreden, sofern nicht der
Kläger als Cessionar anzusehen ist."
Den ersten Satz hat
man in
der Konferenz verworfen,
„weil alle aus der Person des Inhabers herzuleitenden Einreden, also auch diejenige der Simulation und Kompensation, sofern sie auf der Stelle liquid zu machen
seien, zugelassen werden
müßten." Indem man damit den für den zweiten Satz maßgebenden Grundsatz aufgestellt hatte, überließ man der Redactions-Com-
mission die Fassung des neuen Artikels und hat ihn endlich als
materielles Recht in einer Gestalt ausgenommen, welche ihn, wo er zur Anwendung kommt, im höchsten Grade auslegungs
bedürftig erscheinen läßt.
Z. B. Thöl') bezeichnet den ersten
in Art. 82 enthaltenen Satz, daß der Wechselschuldner sich nur solcher Einreden bedienen könne, welche aus dem Wechselrechte
hervorgehen, als zu eng und irreführend, und den zweiten Satz
als sehr auslegungsbedürftig, weil er im Grunde gleichbedeutend
sei mit: „Dem Schuldner stehen nur solche Einreden gegen den Kläger zu, welche unmittelbar gegen den Kläger zustehen."
legt letzteren dann so aus, daß er
Er
etwas nach seiner Theorie
Selbstverständliches sage, und kommt zu dem Resultate : „Man sollte die werthlose Berufung auf die werthlosen Bestimmungen
des Art. 82 als auf entscheidende Rechtssätze gänzlich unterlassen." Dies Resultat wird am besten gerechtfertigt durch die endlosen
Erörterungen von Fall zu Fall, die sich in der Judikatur an
den Art. 82 geknüpft haben.
Hiernach scheint der Art. 82 der
W. O. am allerwenigsten geeignet, um aus ihm eine Theorie
zu begründen oder ihn gegen eine Theorie ins Feld zu führen,
im Gegentheil muß man aus einer grundlegenden Theorie die
Regeln für Auslegung und Anwendung desselben finden. Wenn aber die Gegner der Uebertragungstheorie den Aus
schluß der Einreden ex persona indossantis — in welchem Um fang davon die Rede sein kann, mag vorab dahingestellt bleiben —
*) Wechselrecht §. 181.
28
als den vornehmsten Beweis gegen dieselbe in's Feld führen, so möchte man sich
allerdings insofern auf das positive Gesetz
berufen, als dieses das behauptete unterschiedliche Merkmal völlig
verwischt hat.
Wir zeigen dies an einem Satze, welcher seine
Begründung im Gesetzestexte findet und näherer Ausführung
uicht bedarf, da er oft Gesagtes wiederholt. Der Ausschluß von Einreden
aus der Person des früher
Berechtigten ist
1) nicht dem Indossamente des Wechsels eigenthümlich;
denn nach Art. 303 H. G. Bs. sind beim Indossamente auch anderer Urkunden Einreden zum wenigsten in dem
selben Umfange ansgeschlossen, wie in Art. 82 der W. O. verordnet ist;
2) nicht jedem Indossamente als solchem eigenthümlich;
denn bei verschiedenen vom Gesetze unter dem Indossa mente mitbegriffenen Rechtsgeschäften (dem Nach-Jndossa-
mente des protestirten Wechsels, dem Prokura-Indossa
mente) sind die Einreden aus der Person des früher Berechtigten nicht ausgeschlossen;
3) auch endlich nicht einem, nämlich dem Voll-Jndossamente oder dem sog. eigentlichen Indossamente eigen
thümlich ; denn landesgesetzliche Vorschriften (z. B. früher
A. 8. R, jetzt §. 38 des Preußischen EigenthumserwerbsGesetzes vom 5. Mai 1872) haben für die Uebertragung
gewisser Forderungen
gleiche
Grundsätze zum
Gesetze erhoben.
Die Gesetzgebung
scheint hiernach der
Behauptung
der
Theorie geradezu zu widersprechen, daß nämlich der Ausschluß der Einreden ex persona indossantis zum Wesen des wechsel rechtlichen Indossaments und
die Zulassung der Einreden ex
persona cedentis zum Wesen der civilrechtlichen Cession gehöre. Wäre es vielleicht doch nicht so unrichtig, den Rechtsgrundsatz :
„Niemand kann mehr Rechte übertragen, als er selbst hat", für ausschließbar
und im Indossamente
wirklich ohne Aenderung
29 seines Wesens als Rechtsübertragung bei Seite geschoben zu
erachten? Wir stellen nun aber diesen Rechtsgrundsatz als unantastbar
auch für die Uebertragung der Wechselforderung hin, dürfen und müssen dann gleich hinterher fragen : wie viel Recht hat
denn der Indossant? duft1) macht ein einfaches Rechenexempel, indem er von der Wechselforderung des Indossanten Alles, was
der Wechselschuldner an Gegenansprüchen gegen den Indossanten
hat, abgezogen wissen will, und das, was übrig bleibt, als den
Rest bezeichnet, den der Indossant dem Indossatar überliefern könne.
Dies Verfahren ist nicht einmal bei der Session anderer
Forderungen zulässig, geschweige bei der Wechselforderung.
Dies
folgt aus der rechtlichen Natur der Wechselobligation. So viel in der Lehre von der Natur des Wechsels bestritten
sein mag, so steht doch die abstrakte Natur des Wechselversprechens über allem Zweifel2).
Sie hat ihren lebendigen Ausdruck darin
gefunden, daß die Valuta-Clausel als nothwendiger Bestandtheil aus der Wechselurkunde ausgemerzt worden ist.
Thöl bestimmt
die Natur des Wechselversprechens und den Inhalt des Wechsel vertrages dahin : Das Wechselversprechen sei ein Summenversprechen ohne
Gegenversprechen;
als dieses.
der Wechselvertrag enthalte
nichts anderes
Das Wechselversprechen sei als Summenversprechen
durchaus unabhängig von dem unterliegenden Vertragsverhält
nisse, dem Wechselschlusse;
es bleibe immer dasselbe, empfange
*) Im Archiv N. F. B. I, S. 266 f.
2) Die Lieb e-Thöl'sche Theorie über die rechtliche Natur des Wech selversprechens ist in jedem Lehrbuche zum Wechselrechte vorgetragen. Eine kurze prägnante Darstellung der unterscheidenden Merkmale von Civil- und Wechselobligation findet sich bei Hartmann in Löhr's Centralorgan N. F. B. III, S. 170 s., eine summarische Zusammenstellung der Erscheinungen, in welchen die abstrakte Natur der Wechselobligation sich kennzeichnet, in von Wächter's Encyklopädie S. 932 ff., darunter auch : „Die Begebung bezw. Uebertragung eines Wechsels bewirkt nicht eine Cession der dem Wechsel unterliegenden Forderung", was wir hier noch besonders vermerken und hervorheben wollen.
30 und behalte seinen Inhalt lediglich von der in ihrem Inhalte durch die Form bestimmten Wechselurkunde, von der es ausge
nommen sei; es kenne keine Gegenverpflichtung, und wo solche in der Balutaclausel im Wechsel erscheine, sei sie bedeutungslos
und irrelevant: wenn aber der Gegenverpflichtung des Mitkon
trahenten ein Einfluß auf das Wechselversprechen eingeräumt
sein sollte, so wirke dieser Umstand zerstörend auf die Natur des Wechselversprechens.
Die Wechselforderung hat folgerecht dieselbe Natur wie
das Wechselversprechen : Sie besteht nach dem Willen der Kontrahenten gesondert von dem übrigen Vermögen des In
dossanten, frei von allen Gegenansprüchen aus den übrigen Be ziehungen des Indossanten und seines Wechselschuldners, sei es
aus andern zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnissen, sei
es aus dem der Wechselforderung zu Grunde liegenden materiellen Rechtsverhältnisse;
kein Gegenanspruch
des Wechselschuldners
kann während des Bestehens der Wechselforderung in ihrer ab strakten Gestalt etwas an der Substanz der Forderung mindern. Hiernach hat der Indossant als übertragbares Objekt nicht das,
was nach Abzug der dem Wechselschuldner zustehenden Gegen
ansprüche als Recht verbleibt; sondern er besitzt die Wechsel
forderung, mag der Wechselschuldner noch so viel Gegenansprüche aus andern oder aus
den dem Wechselvertrage unterliegenden
Beredungen gegen ihn haben, ganz und intakt und als solche
übertragbar. *) Die
Selbstständigkeit
der
Wechselforderung
veranlaßt
Thöl zwischen den Einreden, die der Wechselschuldner dem
Kläger entgegensetzen kann, einen Unterschied zu machen, indem
er Einreden kennt, die der Wechselforderung, und Einreden, die
der Ausübung der Wechselforderung entgegenstehen.
Alle Ein
reden aus einem dem Wechselvertrage unterliegenden Verhältnisse
rechnet er den Letzteren zu.
Ist es richtig, daß diese und andere
*) Zum Folgenden ist zu Bergt der XXIII. Abschnitt bei Thöl, Wech selrecht S. 735 ff.
31 Einreden, die sonst naturgemäß zu den wirklichen Einreden ge zählt werden, nicht der Wechselforderung, sondern allein der
Ausübung der Wechselforderung
entgegenstehen, so haben sie
eben der Wechselforderung gegenüber nicht die Natur von Mängeln
Forderung, sondern von Gegenforderungen.
der
einem Rechte erst entgegensteht,
wenn
Denn was
es der Beklagte dem
Kläger, der sein Recht geltend macht, entgegenstellt, das mindert
nicht das Recht des Klägers in seinem Bestände, das mindert vielmehr lediglich den Betrag dessen, was dem Kläger zuerkannt
wird.
Das einredeweise Vorbringen dieser Gegenforderungen
im Prozesse macht sie noch nicht zu materiellen Einreden, welche der Forderung selbst anhaften und sie in ihrem Bestände be
schränken oder mindern.
Wir finden ja auch bei Thöl, daß
die Wechselsorderung ihre abstrakte Natur so sehr wahrt, daß, wenn von den Kontrahenten den in der Valuta-Clausel enthal
tenen Abmachungen ein Einfluß auf den Bestand der Wechsel sorderung eingeräumt worden sein sollte, hierdurch das Wechsel versprechen zerstört wird. Fragt man nun, ob bei der Cession nach dem Rechtsgrund satze : „Niemand kann mehr Rechte übertragen, als er selbst hat",
dem Cessionar auch die Gegenforderungen des Schuldners, welche dieser dem Cedenten gegenüber unbedingt hätte geltend machen können, entgegenstehen, so kann man hieraus mit dem Wortlaut
einer den Gegenstand erschöpfenden Entscheidung des Reichsge
richts *)
antworten :
„Begründete Einwendungen gegen eine
Forderung, in Folge welcher diese nur scheinbar besteht, oder
unwirksam ist, lassen sich als Mängel derselben bezeichnen.
Eine
mangelhafte Forderung aber kann, da regelmäßig Niemand mehr Rechte zu übertragen im Stande ist, als er besitzt, an sich nur
mit ihren Mängeln an Andere
abgetreten werden.
Hieraus
ergiebt sich die Regel, daß der Schuldner zu Einwendungen aus
der Person des Cedenten befugt erscheint, von selbst.
Anders
verhält es sich mit bloßen Gegenforderungen des Schuldners . . .
*) Lom 28. März 1881 in B. IV, S. 330.
32 Der Grund, auf welchem die Befugniß zu Einwendungen aus
der Person des Cedenten beruht, trifft auf bloße Gegenforderungen nicht zu, da deren Existenz allein noch keinen Mangel der Haupt
forderung darstellt.
Es sind daher besondere Ausnahmen, wenn
auch diese dem cessus zugelassen werden." Wenn
man nun einen wesentlichen Unterschied zwischen
der Wechselforderung und
anderen Forderungen eben in der
vorher entwickelten abstrakten Natur der Wechselforderung findet, so wird man als Folge desselben betrachten dürfen, daß was bei
der Uebertragung anderer Forderungen Regel ist, bei der Ueber-
tragung der Wechselforderung zur Ausnahme wird, und umge kehrt.
Während bei der Cession der Regel nach der Cessus zu
Einwendungen aus der Person des Cedenten befugt erscheint,
weil diese Einwendungen regelmäßig einen Mangel der Forde rung enthalten, kann beim Indossament der Schuldner regel
mäßig zu Einwendungen aus der Person des Indossanten nicht befugt erscheinen, weil dieselben regelmäßig keinen Mangel der
Wechselforderung darstellen.
Würde es beim Indossament anders
sein, so würde dies gegen die Natur der Wechselforderung ver stoßen.
Daß es aber so ist, liegt nicht in dem Charakter des
Indossamentes, sondern in dem Charakter der durch das In dossament übertragenen Forderung begründet — wie beim Jn-
dossarent
gewisser handelsrechtlicher Forderungen, wie bei der
Cession gewisser im Grundbuch eingetragener Forderungen.
Wer die Einreden unter bestimmte Kategorien bringt, kann unter die nach diesem Grundsätze auszuschließenden zählen : alle Einreden aus anderweiten Rechtsgeschäften zwischen Indossant
und Schuldner, aus der Wechselberedung, aus dem unterliegenden Verhältnisse, aus Verträgen, die den Schuldner nur dem In dossanten gegenüber ganz oder theilweise oder auf Zeit von der
Zahlung befreien sollen, Einreden des Irrthums, der mangelnden
Voraussetzung, der Bedingung, des Betrugs, soweit sie von dem unterliegenden Verhältnisse hergenommen sind.
*) a. a. O.
Bei ThöN)
33 kann man finden, wie diese einzelnen Einreden nicht der Wechsel forderung, sondern der Ausübung
der Wechselforderung ent
gegenstehen.
§. 5.
Der Ausschluß gewisser Einreden beim Indossament begründet solche Verschiedenheit nicht. 1) Nach der Theorie unserer Entscheidungsgründe würde
die Einrede, daß der Indossatar nur Procura-Indossatar seines
Indossanten sei, gar nicht passiren können. Vertrag
zwischen dem
Wechselschuldner
und
Denn, wenn der dem Indossatar
unmittelbar zu Stande kommt, der Indossant nur hierbei mit wirkt, wie ein Bote oder Brief, so ist nicht einzusehen, wie aus den Beredungen zwischen dem Indossanten uud Indossatar der
Wechselschuldner ein Recht ableiten könnte: Was jene beiden unter einander verhandelt haben, mag zwischen ihnen Recht und Gegenrecht erzeugen, für den Wechselschuldner wäre die Einrede,
die er hieraus entnähme, eine exceptio ex jure tertii1). Früher war dies auch der Standpunkt des R. O. H. G.2). Indessen haben neuere Entscheidungen denselben verlassen.
Vom
völlig entgegengesetzten aus lautet eine Entscheidung sogar dahin,
daß der Kläger, welcher als Vollindossatar geklagt hatte, nur
als Procura-Indossatar anzuerkennen sei, wenn er im Processe
*) Diese Ansicht, nach welcher die Einrede des simulirten Indossaments unbedingt ausgeschlossen ist, hält Koch (im Archiv Band XV, S. 271 ff., der Inkasso-Mandatar unter der Maske des Indossaments) fest. Das In dossament übertrage, ohne daß Rechte vorhanden seien; es sei ein Formalakt. Eine exceptio doli in dem Sinne, daß ein Procura-Indossament trotz des formgerechten Indossaments gewollt sei, könne es nicht geben, so lange die Form das Indossament als wirkliches kennzeichne. Das Procura-Indossament sei ein ganz anderes Rechtsgeschäft. 2) Die einschlägigen Entscheidungen des R. O. H G. sind in ihren wesentlichen Theilen bei von Wäcbter : Encyklopädie S. 374 ff. und 513 ff. citirt.
33 kann man finden, wie diese einzelnen Einreden nicht der Wechsel forderung, sondern der Ausübung
der Wechselforderung ent
gegenstehen.
§. 5.
Der Ausschluß gewisser Einreden beim Indossament begründet solche Verschiedenheit nicht. 1) Nach der Theorie unserer Entscheidungsgründe würde
die Einrede, daß der Indossatar nur Procura-Indossatar seines
Indossanten sei, gar nicht passiren können. Vertrag
zwischen dem
Wechselschuldner
und
Denn, wenn der dem Indossatar
unmittelbar zu Stande kommt, der Indossant nur hierbei mit wirkt, wie ein Bote oder Brief, so ist nicht einzusehen, wie aus den Beredungen zwischen dem Indossanten uud Indossatar der
Wechselschuldner ein Recht ableiten könnte: Was jene beiden unter einander verhandelt haben, mag zwischen ihnen Recht und Gegenrecht erzeugen, für den Wechselschuldner wäre die Einrede,
die er hieraus entnähme, eine exceptio ex jure tertii1). Früher war dies auch der Standpunkt des R. O. H. G.2). Indessen haben neuere Entscheidungen denselben verlassen.
Vom
völlig entgegengesetzten aus lautet eine Entscheidung sogar dahin,
daß der Kläger, welcher als Vollindossatar geklagt hatte, nur
als Procura-Indossatar anzuerkennen sei, wenn er im Processe
*) Diese Ansicht, nach welcher die Einrede des simulirten Indossaments unbedingt ausgeschlossen ist, hält Koch (im Archiv Band XV, S. 271 ff., der Inkasso-Mandatar unter der Maske des Indossaments) fest. Das In dossament übertrage, ohne daß Rechte vorhanden seien; es sei ein Formalakt. Eine exceptio doli in dem Sinne, daß ein Procura-Indossament trotz des formgerechten Indossaments gewollt sei, könne es nicht geben, so lange die Form das Indossament als wirkliches kennzeichne. Das Procura-Indossament sei ein ganz anderes Rechtsgeschäft. 2) Die einschlägigen Entscheidungen des R. O. H G. sind in ihren wesentlichen Theilen bei von Wäcbter : Encyklopädie S. 374 ff. und 513 ff. citirt.
34 die Thatsache zugestanden habe'), daß ein Procura-Indossament von ihm und
seinem Indossanten gewollt sei.
Damit ist nach
Th 'öl konstatirt, daß die Einrede des simulirten Voll-Indossaments
zulässig sei, unabhängig davon, ob der Indossatar von einer Unredlichkeit seines Indossanten gewußt habe oder nicht.
Und
dann sollte der Indossant wirklich nur dem Indossatar als Bote oder Brief bei Vermittlung des Uebergangs der Rechte aus dem Wechsel behülflich sein? Thöl, der in der That die Meinung
vertritt, daß auch dem gutgläubigen Indossatar die Einrede ent
gegenstehe, beruft sich darauf, daß der Indossatar Mithelfer an
der Widerrechtlichkeit des Indossanten sei, ohne doch zu beweisen, wie ohne Mitwissen und ohne Mithandeln eine Mithülfe ange
nommen werden könnte.
Hier muß
er in der That praktischen
Gebrauch von seiner Hhpothese machen, daß eigentlich das In
dossament zugleich eine Rücktratte enthalte, nämlich der Indossant eine vorher bereits acceptirte Zahlungsanweisung auf den Tras
santen seinem Indossatare gebe — deshalb, sollte man wohl hin
zusetzen, der Indossant nicht bloß Bote oder Brief, sondern
Mitkontrahent des Indossatars ist und
durch einen Kontrakt
zwischen diesen beiden Personen die Rechte aus dem Wechsel
übertragen werden. Für die Anhänger der Uebertragungs-Theorie stellt sich der
Einwand des simulirten Voll-Indossaments dar als ein Bestreiten
der Legitimation des Klägers. Kläger in Wirklichkeit
Aber die Behauptung, daß der
das Eigenthum der Forderung nicht er
halten habe, wird nicht an sich genügen, um eine Abweisung
des Klägers herbeizuführen.
Dazu werden Behauptung und
Nachweis erforderlich sein, daß der Beklagte dem Indossanten wegen ihm
zustehender Einwendungen,
nicht habe zu zahlen brauchen.
Gegenforderungen
rc.
Hierin steckt das Interesse des
Beklagten zur Einrede; ohne diese Behauptung würde eine Ver-
urtheilung des Beklagten zur Zahlung an den Kläger, als den Zahlungsempfänger des Berechtigten, unausbleiblich sein.
') Entsch. vom 6. August 1873 (B. X, S. 385).
Es
35
liegt darin auch zugleich die von Th'öl erforderte Behauptung
eines dolus auf Seiten des Indossanten.
Aber einer ausdrück
lichen Behauptung des Beklagten, daß der Indossant sich in
dolo befinde, wird es zur Begründung der Einrede nicht bedürfen. Denn, wenn ein betrügliches Handeln des Indossanten gewiß
durch den Nachweis jener Behauptungen mit erwiesen wird, so
ist dies doch nicht der Grund der Zulassung der Einrede gegen den Indossatar, dem nichts von den Einreden seines Wechsel schuldners gegen das ihm übertragene Recht bekannt war.
Dieser
kann die Verurteilung des Wechselschuldners eben deshalb nicht
erhalten, weil er nicht aus eigenem Rechte klagt unb1) die von
ihm
geltend
gemachte fremde Forderung als rechtsunkräftige
eine Verurteilung des Schuldners nicht herbeiführen kann. Wer sich eines dolosen Handelns nicht bewußt ist, handelt nicht dolos.
Will man die Einrede des simulirten Indossaments
auch bei dem Nichtwissen des Indossatars von der Unredlichkeit
seines Indossanten zulassen,
so wird man eben auf die Ueber-
tragungs-Theorie rekurriren müssen 2).
*) Man denke sich also die praktischen Fälle : 1) Der Wechselschuldner
behauptet, Kläger
sei nicht Voll-Indossatar, sondern Procura-Indossatar.
Der Einwand ist zu verwerfen ; denn der Kläger kann als Procura-Indossatar
ebensowohl Zahlung
erreichen, wie als Voll-Indossatar.
schuldner behauptet dies und zugleich,
zahlen brauche wegen dieser oder jener
Thatsachen. Grunde.
2) Der Wechsel
daß er an den Indossanten nicht zu seine Zahlungspflicht
aufhebenden
Der Einwand ist zuzulaflen aus dem im Text angegebenen
Der Beklagte muß ganz und allein beweisen; denn dem Verneinen
des Beklagten gegenüber (bezügl. der Klaglegitimation) beruft sich der In
dossatar (wie der Cessionar)
auf die formgerechte Urkunde.
Der Einwand
müßte durchschlagen, auch wenn dem Indossatar ein Wissen von den das
Recht seines Indossanten aufhebenden (beschränkenden) Thatsachen nicht nach
gewiesen wird.
Daß in solchem Falle der Indossatar schon dadurch, daß er
sich als Voll-Indossatar statt als Procura-Indossatar in den Proceß einge führt hat, dolos gehandelt habe, ist nicht einzusehen; während ein dolus des
Indossanten bei dem
vom Beklagten geführten vollen Beweise immer klar
zu Tage tritt. 2) von Kräwell (im Archiv N. F. B. III, S. 113 ff.) läßt den Ein-,
wand des simulirten Indossaments nicht als Bestreiten der Aktiv-Legitimation
3*
36 2) Indessen hat das R. O. H. G. die aus der einen Ent scheidung von Thöl behauptete Folge oft genug verworfen, die
Einrede des simulirten Indossaments unter den generellen Be griff der exceptio doli gefaßt *)
und zu deren Begründung
selbstredend die Behauptung gefordert, daß der Indossatar beim Erwerbe des Wechsels von einem dolosen Handeln seines In
Darüber hinaus verlangt das R. O.
dossanten Kenntniß hatte.
H. G. zur Begründung der exceptio doli noch die Behauptung,
daß der Indossatar von den die Verpflichtung des Wechselschuldners aufhebenden Thatsachen
oder
Abmachungen Kenntniß
gehabt
gelten, hält ihn aber bei dem gleichzeitigen Behaupten von Gründen, welche die Forderung in der Hand des Indossanten entkräften, für zulässig wegen des in dem fälschlichen Vorgeben des Indossatars liegenden dolus.
Worauf
es hier ankommt : Er stellt bei gründlichster Erörterung der ganzen Frage
Indossament und Cession unbedenklich
zusammen und behauptet, daß für
Zulässigkeit und Unzulässigkeit des Einwandes des simulirten Indossaments oder der simulirten Cession dieselben Grundsätze maßgebend sein müssen. —
Die Ansicht von Kräwell's hält auch
Engländer (im Archiv N. F.
B. V, S. 23 ff.) neueren Entscheidungen des R. O. H. G. gegenüber auf
recht.
„In dem Mißbrauche der Form, des formellen Rechts, liege die
Kollusion des Klägers mit dem Indossanten, und diese Kollusion bilde einen
eigenen dolus des Klägers rc."
Ausführlich
und durchaus vom
Standpunkt der Uebertragungstheorie
aus erörtert Lad en bürg wiederholt (z. B. im Archiv N. F. B. V, S. 337 ff.) die vorliegende Frage. Den Standpunkt von Kräwell's vertritt schließlich noch Neumann
(im Archiv von Busch N. F. B. IX, S. 77 ff.), zwar nur im Resultat. Er meint, „daß sich der Einwand der Simulation bei der Cession wesentlich von dem gleichen Einwande beim Indossament unterscheide, weil bei der
Cession der debitor
cessus dem Cessionar die Einrede, welche ihm gegen
den Cedenten zustehe, regelmäßig auch dann entgegensetzen könne, wenn eine
wirkliche Cession vorliege,
während beim Indossament erst der Beweis er
forderlich sei, daß der Indossatar kein eigenes Recht habe."
Der Cessionar
hat ein eigenes Recht, und deshalb trifft der Unterschied nicht zu.
Freilich
wird der Einwaud simulirter Cession viel seltener in der Praxis vorkommen,
weil ja die Cession der civilrechtlichcn Forderung
wegen deren anderweiten
Natur nicht die eine solche Manipulation begünstigende Folge hat.
Z. B. in der Entsch. des R. O. H. G. vom 13. Juni 1873 (B. X, S. 322), welche zugleich eine Uebersicht der bisherigen Entscheidungen giebt.
37
hatte und sich beim Erwerbe des Wechsels seines eigenen unred lichen Handelns bewußt geworden ist. So heißt es *) : „die bloße Kenntniß des Erwerbers eines Wechsels davon, daß der jenige, von welchem er den Wechsel übereignet erhält, sich gegen einen Wechselverpflichteten obligirt hat, das Wechselrecht nicht auszuüben, begründet gegen ersteren noch nicht den Vorwurf der Unredlichkeit. Dazu bedarf es des Hinzutritts besonderer Umstände, in der Regel des Beweises, daß der Wechsel mit Wissen des Erwerbers an denselben zu dem Zwecke gegeben worden ist, um dem verklagten Wechselverpflichteten den Einwand aus dessen Vertrage mit dem Vorbesitzer zu entziehen." An anderer Stelle2) : „die dem Indossatar bekannte Absicht des Indossanten, den Wechsel weiter zu begeben, um Einreden des Schuldners zu vermeiden, könne nicht genügen, weil diese Un abhängigkeit ja eben beim Indossamente gewollt sei. Indossant und Indossatar müßten um die Begründetheit dieser Einreden gewußt haben." Es kommt hiernach immer alles darauf an, ob eine Wechsel wirkung zwischen dem dolus des Indossanten und Indossatars nachgewiesen werden kann3). Grundsätzlich könnte bei der Offerten« Theorie diese Wechselwirkung des dolus wegen der Natur des in dem Indossamente enthaltenen Rechtsgeschäfts nicht als mög lich gedacht werden. Denn die Offerten-Theorie läßt den In*) Entsch. vom 20. Februar 1874, B. XII, S. 430 ff. s) Entsch. vom 17. Januar 1873, B. VIII, S. 387. 8) Entsch. vom 23. October 1872 (58. VII, S. 246 ff.) : Der Indossatar muß wissen, daß er als „Werkzeug" (unredlichen Han delns des Indossanten) dienen sollte. — Entsch. vom 8. Januar 1873 (58. VIII, S 357 ff ) : Girant und Giratar müssen „in gemeinsamem Einverständnisse" han deln. — Entscheid, vom 15. Mai 1878 (58. XXIII, S. 336 ff.) : Die exe. doli kann begründet sein, weil der Indossatar allein in dolo ist oder im Falle der Kollusion zwischen Indossant und Indossatar. „In den Fällen der Kollusion liegt der dolus bereits in dem Vertrags schlüsse; der Indossatar ist particeps doli" u. s. f.
38 dossatar nach abgeschlossenem Geschäfte
mit
dem Indossanten
einen neuen Vertrag mit dem Wechselschuldner eingehen und
dieser bildet den alleinigen Grund der Verpflichtung des Schuldners gegen den Indossatar.
Den Vertragsschluß vermittelt der
Indossant nur, und zwar durch Handlungen, nur den äußeren Anlaß abgeben.
die zum Vertrage
Hiernach fehlt der Zusammen
hang, welcher den dolus des Indossanten in dem des Indossatars
könnte nachwirken lassen, und ohne solchen Zusammenhang würde der behauptete dolus des Indossatars doch nur mit einem äußer lichen Wissen von der Unredlichkeit eines Dritten zusammenfallen1).
Thatsächlich weisen freilich die vorher citirten Entscheidungen darauf hin, daß ko ntraktlich e Beredungen stattgefunden, daß diese, also ein Vertrag, zwischen dem Indossanten und Indossatar
den Uebergang der Rechte aus dem Wechsel vermittelt haben. Wenn dies richtig ist, kann man dann den Inhalt dieses Ver
trages anders als aus seinem offensichtlichen Inhalte, nämlich den auf Uebertragung der Rechte des Indossanten gerichteten
*) Dieser Mangel tritt insbesondere auch beim Rückläufe des Wechsels hervor bezüglich des dem Schuldner zugestandenen Einwandes der Zahlung. Hierüber sagt die Entsch. vom 17. Januar 1873 (B. VIII, S. 387) : „Ent hält der Wechsel selber einen Zahlungsvermerk nicht, bestehen somit formell die Wechselobligationen fort, so kann immer nur dem bezüglichen Wechsel gläubiger bezw. dem, der mit Kenntniß der erfolgten Zahlung den Wechsel erworben hat, die Einrede der Zahlung entgegengesetzt werden." Wie wird sich der Schuldner dem Gläubiger gegenüber, der sein ihm verbliebenes Recht geltend macht, darauf berufen können, daß er die Forde rung eines Andern getilgt habe? — Den Zusammenhang zwischen dem Forderungsrechte des Einen und des Andern vermißt man schon, wenn man die von unsern Entscheidungsgründen behauptete Folge erklären will, daß „alle diese einem Zwecke dienenden Obligationen einer und derselben Person derartig in Verbindung stehen, daß die Tilgung einer dieser Obligationen seitens des Verpflichteten unter Empfang des Wechsels die übrigen erledigt." Eine nach allgemeinen Rechtsregeln erklärbare Folge könnte dies nicht sein. Denn die Zahlung an sich tilgt ja nur die Obligation des einen Gläubigers, dem sie gemacht wird; die Wechselrückgabe entzieht ja nur dem andern Gläubiger die Möglichkeit der Ausübung des Wechselrechts. Daß beide Folgen addirt die Wirkung einer Tilgung auch der andern Obligation haben, wäre eine Bestimmung positiven Rechts.
39
Beredungen bestimmen? Findet
also nicht eine Uebertragüng
dieser Rechte statt?
Für die Uebertragungs-Theorie bedarf es keines Beweises,
daß eine Betheiligung des Indossatars an einem dolus seines Indossanten,
ein Zusammenwirken
zur Zulässigkeit
zum Zwecke
und durchschlagenden Wirkung
doli gefunden werden.
dolosen
Hierin wird regelmäßig der Grund
Handelns möglich sein kann.
der exceptio
Unrichtig aber ist es, wenn man diesen
Grund darin sucht, daß der Indossatar nicht sein Recht, sondern
das mit Mängeln behaftete Recht des Indossanten geltend mache. Die Uebertragüng bewirkt eine Sondernachfolge in die abstrakte Wechselforderung.
Auch die Anhänger der Uebertragungstheorie
können und dürfen nichts von den Erfordernissen streichen, welche
das R. O. H. G. für die Begründung
der exceptio doli ver
langt, weil die abstrakte und mit keinen Mängeln aus Beredungen zwischem
dem
Schuldnet
und
früheren
Wechselforderung übertragen wird1).
Gläubiger
behaftete
Mit anderen Worten:
die exceptio doli kann nur gegen den Indossatar geltend ge
macht werden,
welcher sich selbst eines unredlichen Handelns
bewußt geworden ist; fehlt dies Bewußtsein, so wäre sie eine exceptio ex jure tertii und als solche unstatthaft.
3) Es sei dem Wesen der Cession widersprechend, sagt man,
daß der Indossatar
auch
aus
einem Indossament des Diebes,
des Betrügers — kurz einer Person, die nicht berechtigt ist, an
des Indossanten Statt zu handeln, forderungsberechtigt werden könne.
Das Argument gilt indeß nicht weniger gegen die Ueber
tragungs-Theorie, als auch gegen die Offerten-Theorie2).
So
*) So sagt auch Entsch. vom 20. Februar 1874 (B. XII, S. 430 ff.) : Nicht schon dann sei die exc. doli begründet, wenn der Indossant den Wechsel weiterbegeben habe, um Einreden des Schuldners zu vermeiden; denn die Unabhängigkeit des Wechselversprechens sei eben
gewollt.
s) Wie u. A. auch Kuntze, Jollh (im Archiv B. IV, S. 390, 391) und Brauer (im Archiv B. III, S. 297 ff., insbes. S. 308) lehren, während Hoffmann (im Archiv B. VI, S. 293) aus dieser Folge gegen
40 lehrt ja Thöl') selbst : „Der Trassat soll laut der Tratte dem
ersten Nehmer der Tratte zahlen. kann ihn zahlen."
durch Indossament
Jeder Anhänger
Dieser, sonst aber Niemand,
beauftragen,
einem Andern zu
einer Vertrags-Theorie
wird
sich
prinzipiell dahin entscheiden müssen, daß nicht jeder beliebige, sondern nur der wirkliche Nehmer des Wechsels denjenigen be
stimmen könne, an welchem die Offerte zum neuen Vertrage gelangen soll.
Die Grundsätze
der W. O. entwickelt Thöl
lediglich aus dem Grunde kaufmännischer Gewohnheit und der
Zweckmäßigkeit.
Diese Gründe führen ihn dazu, nicht bloß den
gutgläubigen, sondern auch den schlechtgläubigen Indossatar aus
gefälschtem Indossamente für berechtigt zu halten2), „obgleich für die andere Meinung unverkennbar alles Rechtsgefühl spricht" und entgegen der Ansicht der Gerichtshöfe^) und der meisten
Rechtslehrer.
Für die Offerten-Theorie besteht allerdings kein
Unterschied zwischen den Folgen aus dem Erwerbe des Wechsels,
möchte derselbe bona oder mala fide erworben sein.
Der In
dossatar schließt ja selbstständig einen Vertrag mit dem Wechsel schuldner, sein Wissen von der Unredlichkeit des Andern steht
außer Zusammenhang mit seinem Handeln bei dem Vertrags schluffe. Gegen die Uebertragungs-Theorie
besonders könnte man
aus der Bestimmung des Art. 76 dann argumentiren, wenn ein Verstoß gegen das Wesen der Cessien als solcher gegeben wäre. Die praktischen Fälle, welche in Betracht kommen, sind die, in
welchen
ein gültiger Vertrag mit dem aus dem Wechsel sich
ergebenden Berechtigten zwar zu Stande gekommen ist, indessen
an Stelle des Berechtigten ein dritter Unberechtigter den Wechsel
die Cessions-Theorie polemisirt und Volkmar und Löwy (Wechsclrecht §. 31) sogar drei Thesen (sub 2), 3), 4)) gegen diese Theorie daraus herleiteu. *) Wechselrecht §. 172. 8) Rückhaltlos von Kuntze anerkannt. ’) U. A. Entsch. d. R. O. H. G. vom 10. November 1875 (B. XIX, S. 33), siehe auch bei Thöl a. a. O. Note „a" und 16.
41 begiebt, obgleich er weiß — denn der Wechsel bezeichnet ja den
Namen des wirklichen Gläubigers —, daß er Gläubiger nicht ist.
Um das Indossament verlorener oder gestohlener Wechsel handelt
sich's und hierfür bestimmt Art. 76 W. O., daß auch das In dossament des Unberechtigten Eigenthum an dem Wechsel über
trage.
Es scheint fast auf der Hand zu liegen, daß hierdurch
wider den Grundsatz : Niemand kann mehr Rechte übertragen,
als er selbst hat, und verstoßen wird.
Wenn
deshalb wider das Wesen der Cession
den in Art. 306
Lad en bürg auf
H. G. B. fürs Handelsrecht acceptirten Grundsatz : Hand muß Hand wahren, rekurrirt, so ist auf Abs. 4 dieses Artikels zu
verweisen, nach welchem gerade für verlorene und gestohlene Gegenstände die Rechtsfolge nicht zugelassen ist.
Art. 307 aber
bestätigt für Jnhaberpapiere eben die auch für Wechsel statuirte Ausnahme.
Ist es nun wirklich richtig, daß die Rechtsregel:
Niemand kann mehr Recht übertragen, als er selbst hat, hier verletzt wird? Thatsächlich ist es hier doch so, daß Jemand etwas von einem Andern erwirbt, der selbst nichts hat, und man sollte
sagen,
daß hiermit
allein
gegen
Menschenverstandes verstoßen wird,
einen
Satz des
welcher
gesunden
sagt : Niemand
kann etwas geben, was er selbst nicht hat. Auch die erstere Regel hat den Klang einer allgemeinen Wahrheit, sie wird aber zur Rechtsregel, indem sie die Bedeutung
annimmt, daß Niemand willkürlich Recht und Pflicht von ein ander lösen und das eine ohne das andere übertragen könne.
Als solche entscheidet sie aber keineswegs die für die Anwen dung jenes andern Satzes maßgebende Vorfrage, ob Jemand
ein Recht hat oder nicht.
Wenn nun jene Rechtsregel zum
Wesen der Cession gehört, so ist es doch verfehlt, die Sache
hier damit abzumachen, daß ein Verstoß gegen die Rechtsregel
vorliege.
Denn der Fall liegt so, daß ein unberechtigter Dritter
die Rechte des Dritten ausübt, gleich als wenn er der Berechtigte wäre.
Ein Fall, in welchem die Rechtsregel Anwendung
finden könnte, liegt gar nicht vor.
Das Gesetz hat entschieden,
daß Jemand über etwas verfügen dürfe,
ob ihm
gleich aus
42 rechtlichem Grunde eine solche Befugniß nicht zustehen könnte. Hierin liegt die Abnormität.
Welche Gründe den Gesetzgeber
zu dieser positiven Bestimmung bewogen, hat Thöl weitläufig
und
erschöpfend
entwickelt.
Sie sind in
den Motiven zum
Preuß. Entwürfe zwar nicht für die hier fragliche, aber für die
vollständig mit derselben homogene') anomale Bestimmung, daß der Nehmer einer falschen Tratte ein Recht aus dem Accept haben solle, ebenso ausführlich vorgetragen.
Wir heben nur
den Einen hier hervor : „Es kommt darauf an, wer den Schaden
tragen soll."
Denn man muß betonen, daß die Bestimmung
nicht bloß kaufmännischer Gewohnheit, nicht bloß dem auf Um lauf gerichteten Zweck des Wechsels, sondern auch dem Berechtig keitsgefühl entspricht, weil der Verlierer, der Bestohlene den Schaden billiger Weise eher tragen müssen, als der getäuschte
Indossatar.
Man sollte unterlassen, die Anomalie allein auf das Konto der Uebertragungs-Theorie zu schreiben.
Das Bemühen, sie als
Konsequenz irgend einer Theorie erklären zu wollen, ist ver
geblich und führt zu falschen Schlüssen, wie dem, daß auch der schlechtgläubige Indossatar berechtigt sein würde.
Ob eine solche
Konsequenz von der Praxis jemals anerkannt werden würde?
In der Leipziger Konferenz gab's hierauf eine Antwort : „Daß
kein Richter den Beklagten verurtheilen werde, wenn die mala fides des Klägers sofort klar gemacht werden könne."
Man
kann den bösen Glauben im Rechte nirgends schützen^).
Wer nach Beispielen aus dem Civilrechte sucht, sollte da nicht suchen,
wo der Rechtsgrundsatz der Uebertragung, daß
Niemand mehr Rechte übertragen kann, als er selbst hat, seine Stätte findet.
Man muß vielmehr nach Beispielen suchen, wo
Jemand Rechte überträgt, ob er gleich nicht berechtigt ist.
Solche
könnten vielleicht Bestimmungen, wie die des H. G. B. liefern.
') TH8l a. a. O. (©. 692 oben).
s) Diese allgemein gültigen Aussprüche finden fich im XXII. Protokolle bei Berathung der §§. 71 und 72 des Entwurfs.
43
daß ein Prokurist rc.
nach Rücknahme, indeß vor Löschung der
Procura rc., noch Dritte dem Auftraggeber gegenüber berechtigt
Auch hier ist der Dritte geschützt, weil das Gesetz
machen kann.
Jemand als formell berechtigt anerkennt, obgleich der innere
Grund der Berechtigung fehlt. §. 6.
Ebensowenig gewisse Besonderheiten beim Indossament. Eine
von
den
Gegnern der Uebertragnngs-Theorie oft
wiederholte und mannigfach variirte Behauptung ist die, daß in
der verschiedenartigen Haftung des Indossanten und Cedenten ein unversöhnlicher Gegensatz zwischen beiden Rechtsgeschäften gegeben sei.
Bezeichnend möchte hierbei schon sein, daß z. B.
Volkmar und Löwh r) sagen : „zum Wesen der Cession gehört,
daß der Sebent für die Bonität des nomen in der Regel nicht haftet."
Ein Verstoß gegen die das Wesen eines Rechts
instituts ausmachenden Regeln, so heißt es dann weiter, bedeute, daß ein Rechtsgeschäft diesem Rechtsinstitute nicht zu subsumiren sei.
Aber es kann doch nur die Wirkung als dem Wesen des
Rechtsinstituts angehörig angesehen werden, die immer und
nicht nur in der Regel mit ihm verbunden ist.
Darum darf
man wohl nur mit Kuntze?) und Hoffmann^) als Eigen thümlichkeit des Indossaments bezeichnen, „daß der Girant selbst
als Schuldner verpflichtet ist, während der Sebent regelmäßig nur die Wirklichkeit der cedirten Forderung zu vertreten und
nicht einmal subsidiär für die Solvenz des debitor cessus ein zustehen hat," auch mit Thöl
zugeben : „daß aus dem Ge
sichtspunkt der Session nicht erklärt werde die Haftung des In
dossanten, im Fall die Zahlung der Wechselsumme ausbleibt.
') -) 3) 4)
In Goldschmidt's Zeitschrift B. III, S. 120. Kuntze, Wechselrecht §. 17 V. Hoffmann, im Archiv B. VI, S. 292. Wechselrecht §. 113 I, 2, auch §. 112 II, 2 und §. 109, 2.
43
daß ein Prokurist rc.
nach Rücknahme, indeß vor Löschung der
Procura rc., noch Dritte dem Auftraggeber gegenüber berechtigt
Auch hier ist der Dritte geschützt, weil das Gesetz
machen kann.
Jemand als formell berechtigt anerkennt, obgleich der innere
Grund der Berechtigung fehlt. §. 6.
Ebensowenig gewisse Besonderheiten beim Indossament. Eine
von
den
Gegnern der Uebertragnngs-Theorie oft
wiederholte und mannigfach variirte Behauptung ist die, daß in
der verschiedenartigen Haftung des Indossanten und Cedenten ein unversöhnlicher Gegensatz zwischen beiden Rechtsgeschäften gegeben sei.
Bezeichnend möchte hierbei schon sein, daß z. B.
Volkmar und Löwh r) sagen : „zum Wesen der Cession gehört,
daß der Sebent für die Bonität des nomen in der Regel nicht haftet."
Ein Verstoß gegen die das Wesen eines Rechts
instituts ausmachenden Regeln, so heißt es dann weiter, bedeute, daß ein Rechtsgeschäft diesem Rechtsinstitute nicht zu subsumiren sei.
Aber es kann doch nur die Wirkung als dem Wesen des
Rechtsinstituts angehörig angesehen werden, die immer und
nicht nur in der Regel mit ihm verbunden ist.
Darum darf
man wohl nur mit Kuntze?) und Hoffmann^) als Eigen thümlichkeit des Indossaments bezeichnen, „daß der Girant selbst
als Schuldner verpflichtet ist, während der Sebent regelmäßig nur die Wirklichkeit der cedirten Forderung zu vertreten und
nicht einmal subsidiär für die Solvenz des debitor cessus ein zustehen hat," auch mit Thöl
zugeben : „daß aus dem Ge
sichtspunkt der Session nicht erklärt werde die Haftung des In
dossanten, im Fall die Zahlung der Wechselsumme ausbleibt.
') -) 3) 4)
In Goldschmidt's Zeitschrift B. III, S. 120. Kuntze, Wechselrecht §. 17 V. Hoffmann, im Archiv B. VI, S. 292. Wechselrecht §. 113 I, 2, auch §. 112 II, 2 und §. 109, 2.
44 weil, wer sein Recht aus einem Wechsel cedirt, keinesweges selber
durchweg verhaftet ist."
Müssen aber nun, weil der Indossant
in anderer Weise verhaftet ist, wie in der Regel der Cedent,
Indossament und Cession ihrem Wesen nach verschiedene Rechts geschäfte sein? Auch das Indossament hat nur in der Regel
die Folge, daß der Indossant selbst als Schuldner verpflichtet ist; denn das Rechtsgeschäft bleibt Indossament, wenn der In dossant auch seine Wechselverpflichtung ausschließt.
Richtig wäre
die Folgerung nur, wenn die Cession nicht eine Verpflichtung
des Cedenten, wie sie der Indossant übernimmt, nämlich eine selbstschuldnerische vertrüge.
daß dadurch
Der Cedent kann sich aber, ohne
das Rechtsgeschäft
seinen Charakter als Cession
verlöre, dem Cessionar in Bezug auf die cedirte Forderung als Selbstschuldner unter Verzicht auf Einreden der Division oder
Excussion anerkanntermaßen verpflichten.
Vorsichtige Gesetzgeber,
welche im Interesse des Volkes dem allzu freien Verkehre glaubten
Schranken auferlegen zu müssen, haben allein die Ausdehnung der Haftbarkeit des Cedenten in das Uebermaß zu hindern gesucht.
Roch
das
A. L. R. enthält
im Paragraph 425 11. Titels
I. Theiles eine Bestimmung, daß, auch wenn der Cedent wegen Betrugs das volle Interesse zu leisten habe, die Summe seiner Verbindlichkeit doch nicht den Betrag dessen, was der Cessionar für die Forderung gegeben habe, übersteigen dürfe.
Daß ein
solches Verbotsgesetz zum Wesen der Cession gehöre, auch wenn
es allgemein und strenge Anwendung finden müßte, ist schwer
einzusehen.
Indeß hat das Reichsgericht in neuester Zeit auch
hierzu die lehrreiche Interpretation gegeben : daß durch Ver einbarung der Parteien recht wohl etwas dem §. 425 Entgegen
gesetztes , insbesondere
eine selbstschuldnerische Bürgschaft des
Cedenten festgesetzt werden könne.
Zum Wesen des Indossaments gehört also nicht, daß der Indossant als Selbstschuldner sich verpflichte; zum Wesen der
Cession nicht, daß der Cedent eine solche Verpflichtung nicht übernehme.
Man kann lediglich sagen : was im praktischen
Leben bei dem
einen Rechtsgeschäfte Regel ist, das ist beim
45 andern Ausnahme,
und umgekehrt.
Aber die Regel beim In
dossament findet in dem weiten Rahmen der Cession ebensogut Aufnahme, wie die Ausnahme; es liegt hier Nichts vor, was
dem Wesen der Cession widersprechend wäre.
Von weiteren Besonderheiten sei noch des Ausschlusses der Denunciation
beim Indossamente gedacht1).
Freilich braucht
man hier nur mit dem früher bereits citirten Erkenntnisse des
Reichsgerichts 2) fortzufahren : Nach der Entwickelung der Lehre von der Cession, nach der herrschenden, in Doctrin und Praxis
zur Anerkennung gelangten, in den Gesetzgebungen zur Geltung gebrachten Auffassung muß der Satz angenommen werden, daß durch die Cession eine Sondernachfolge in die Forderung herbei
geführt wird, und der bisherige Gläubiger ohne Weiteres, nament lich ohne das Hinzutreten der Denunciation an den Schuldner
aufhort Gläubiger zu sein . . ., und daß die Denunciation nur
von Bedeutung ist für die Befugniß des Schuldners, an den ursprünglichen Gläubiger mit befreiender Wirkung Zahlung zu
leisten."
Hiernach gehört die Denunciation nicht zum Wesen
der Cession.
Welche Bedeutung sie hat, ist klar bezeichnet, und
diese Bedeutung kann sie beim Indossamente nicht haben, weil
der Indossatar in anderer Weise, nämlich durch die formelle
Natur der Wechselobligation, durch deren Verbindung mit der Wechselurkunde geschützt ist.
Giebt es darum keine Denunciation
bei den Wechselgeschäften? Man denke sich das Indossament nicht auf dem Wechsel selbst beurkundet, die Jndossamentsurkunde in Händen des Indossatars, den Wechsel (zufällig) nicht über-
1) Man vergl. z. B. Kuntze, Wechselrecht §. 17 sub V.
Hier ist der
Unterschied zwischen Cession und Indossament in vier Thesen fixirt, von welchen zwei in diesem Abschnitte behandelt werden.
der Indossatar proprio nomine berechtigt sei",
falls stattfindet, und
die vierte,
Die dritte lautet dahin, „daß
was bei der Cession gleich
„daß der Girant um feiner unbedingten
Haftverbindlichkeit willen gewisse Befugnisse für den Fall der Wechselstörung
hat", ein Unterschied, der, wie Kuntze selbst sagt, eben in der anderweiten Haftverbindlichkeit seinen Grund hat, und deshalb kein wesentlicher ist. 2) Oben Seite 22.
46
geben — nun so würde sich der Indossatar nicht gegen jede betrügliche Handlung des Indossanten, wohl
aber gegen die,
daß derselbe Zahlung vom Schuldner erhält, ebenso wie bei der Cession, nur durch die Anzeige an diesen schützen können. in anderen Fällen kann
Wichtigkeit sein.
Auch
eine Anzeige an den Schuldner von
Das Nähere gehört nicht hierher. §• 7.
Das Gesetz spricht nicht wider die Uebertragnngs-Thcorie. Es wurde bereits erwähnt, daß es unsere Entscheidungs gründe an einer Begründung für die Abweisung der Ueber-
tragungs-Theorie nicht haben fehlen lassen, und diese Begründung ist von Ladenburg') bei seinem abfälligen Urtheile über die
Entscheidungsgründe
wenig
beachtet
worden.
Sie
steht in
direktem Zusammenhang mit dem vorliegenden praktischen Falle; es wird nachzuweisen versucht, daß eine Uebertragung bei dem
Rückläufe des Wechsels ausgeschlossen sei, und der Nachweis wird begründet — was für den urtheilenden Richter jedenfalls
von der größten Bedeutung ist — unmittelbar aus dem Gesetze. 1) Auch die These, daß durch den Ausschluß der Einreden
ex persona indossantis die Uebertragungs-Theorie unmöglich gemacht werde, ist in den Gründen für den rückläufigen Wechsel
behauptet nnd näher ausgeführt worden.
Wenn nun aber —
wegen des Weiteren ist auf das oben Gesagte zu verweisen —
behauptet wird : „insbesondere entscheidend stehe entgegen, daß
bei den Ansprüchen des
Einlösenden alle Einwendungen aus
dem beim Wechselumlauf durch das ihm ertheilt gewesene In
dossament rc. mit ihm bethätigten Wechselbegebungsvertrag rc. bez. den diesen Akten zu Grunde liegenden oder später getroffenen
Abreden in volle Kraft treten,"
so möchte dies auch für die
Uebertragungs-Theorie, welche in der Cession eine Sondernach
folge in die Forderung findet, nicht nur nicht unerklärlich, son-
*) In dem oben citirten Aussatze, Archiv von Busch B. 41, S. 99 ff.
46
geben — nun so würde sich der Indossatar nicht gegen jede betrügliche Handlung des Indossanten, wohl
aber gegen die,
daß derselbe Zahlung vom Schuldner erhält, ebenso wie bei der Cession, nur durch die Anzeige an diesen schützen können. in anderen Fällen kann
Wichtigkeit sein.
Auch
eine Anzeige an den Schuldner von
Das Nähere gehört nicht hierher. §• 7.
Das Gesetz spricht nicht wider die Uebertragnngs-Thcorie. Es wurde bereits erwähnt, daß es unsere Entscheidungs gründe an einer Begründung für die Abweisung der Ueber-
tragungs-Theorie nicht haben fehlen lassen, und diese Begründung ist von Ladenburg') bei seinem abfälligen Urtheile über die
Entscheidungsgründe
wenig
beachtet
worden.
Sie
steht in
direktem Zusammenhang mit dem vorliegenden praktischen Falle; es wird nachzuweisen versucht, daß eine Uebertragung bei dem
Rückläufe des Wechsels ausgeschlossen sei, und der Nachweis wird begründet — was für den urtheilenden Richter jedenfalls
von der größten Bedeutung ist — unmittelbar aus dem Gesetze. 1) Auch die These, daß durch den Ausschluß der Einreden
ex persona indossantis die Uebertragungs-Theorie unmöglich gemacht werde, ist in den Gründen für den rückläufigen Wechsel
behauptet nnd näher ausgeführt worden.
Wenn nun aber —
wegen des Weiteren ist auf das oben Gesagte zu verweisen —
behauptet wird : „insbesondere entscheidend stehe entgegen, daß
bei den Ansprüchen des
Einlösenden alle Einwendungen aus
dem beim Wechselumlauf durch das ihm ertheilt gewesene In
dossament rc. mit ihm bethätigten Wechselbegebungsvertrag rc. bez. den diesen Akten zu Grunde liegenden oder später getroffenen
Abreden in volle Kraft treten,"
so möchte dies auch für die
Uebertragungs-Theorie, welche in der Cession eine Sondernach
folge in die Forderung findet, nicht nur nicht unerklärlich, son-
*) In dem oben citirten Aussatze, Archiv von Busch B. 41, S. 99 ff.
47 dern selbstverständlich sein.
Denn wenn der Indossant auch
befugt ist, die abstrakte Wechselforderung unbehindert durch die
dem Wechselschuldner zustehenden Gegenforderungen einem Dritten zu übertragen, so ist doch selbstverständlich, daß er seinem Schuldner
diese Gegenforderungen hierdurch nicht abschneiden kann'), die
selben vielmehr dann wieder aufleben werden in der Form von Einreden, wenn der Indossant die Wechselforderung wieder er
halten und geltend gemacht hat, je nach ihrer Natur aber auch,
im Falle, daß der Indossant die Wechselforderung nicht geltend macht, oder nicht geltend machen kann, als selbstständige Interesse forderungen des Schuldners zu Tage treten werden. 2) Zu einem weiteren Bedenken führt in den Entscheidungs
gründen eine Vergleichung der Bestimmungen der Art. 50 und
55 (richtig 53) W. O. mit dem Art. 51.
Es ergebe sich aus
demselben, daß das Recht, welches der beim Inhaber im Regreß
wege
einl'ösende Indossant
gegen
Vormänner
und
Acceptant
geltend mache, nicht bloß einen vergrößerten Umfang, sondern auch einen anderen Inhalt habe, als das Recht des Inhabers
zur Zeit der Fälligkeit gegen dieselben Personen , und daß eine
gleiche Verschiedenheit auch zwischen den Rechten der nacheinander einlösenden Indossanten bestehe.
Denn der Inhaber zur Zeit
der Fälligkeit erhalte sein Interesse in der Wechselsumme nach
dem Kurse eines Sichtwechsels vom Zahlungsort auf den Wohn ort des Indossanten vergütet; dieser selbe Indossant aber vergüte einem Vormanne des Inhabers zur Zeit der Fälligkeit, falls
derselbe den Wechsel eingelöst habe und ihn belange, nicht das selbe, sondern dessen Interesse, welches nicht in der Zahlung
der Wechselsumme zur Verfallzeit am Zahlungsorte, sondern in dem Erhalten des Rembours für Alles, was er habe leisten
müssen, an seinem Wohnort bestehe.
Deshalb habe der Jndossant
*) Entsch. vom 8. März 1878 (B. XXIII, S. 218) :
„Der Indossatar tritt bloß
durch Giro keineswegs in die besonderen
Rechtsverhältnisse ein, welche zwischen dem Giranten und Acceptanten per
sönlich in Bezug auf den Wechsel bestehen."
48 dem Letzteren die gezahlten Beträge zum Sichtkurse von dessen
Wohnort auf seinen Wohnort zu vergüten. Aber in diesem letztgenannten Betrage steckt schon das volle Interesse, welches
der Vormann des Inhabers zur Zeit der
Fälligkeit diesem Letzteren vergütet hatte,
also nicht bloß die
Wechselsumme, sondern auch Zinsen zu 6% und Provision, und zwar dies Alles zum Kurse eines Sichtwechsels zwischen dem
Zahlungsorte des Wechsels und dem Wohnorte des, der den Wechsel eingelöst hat.
Der Wechselschuldner vergütet also dem
Gläubiger zwar sein Interesse, aber in demselben auch das In
teresse
dieses
des Indossatars
Gläubigers.
So leicht dürfte
nach der Theorie der Entscheidungsgründe nicht zu erklären sein, wie ein Wechselgläubiger
fordern,
berechtigt sein dürfte,
von seinem
das Interesse eines anderen Gläubigers
Wechselschuldner
zu
welches zwar derselbe Schuldner, aber dem anderen
Gläubiger und aus anderem Vertrage verschuldet.
Wenn der
Jnd'ossant Gläubiger geblieben ist und lediglich von der That sache der Wiedererlangung des Wechsels die Ausübung seines Gläubigerrechts abhängig gemacht hat, durfte er doch nicht dem
Wechselschuldner aufbürden, ihm zu ersetzen, was er zur Wieder erlangung des Wechsels ausgegeben hat.
Oder ist der Indossant
hier etwa Mandatar des Inhabers von dem er eingelöst hat?
oder tritt er bezüglich
dieser Jnteresseforderung in die Rechte
des Inhabers ein? Wie gesagt, in diesem Interesse sind nicht bloß Zinsen von der Wechselsumme enthalten, sondern auch Pro
vision und Kursgewinn.
Das Argument gegen die Uebertragungs-Theorie soll darin gefunden werden, daß der Indossant gegen den Wechselschuldner
sein Interesse und nicht das Interesse seines Indossatars geltend
mache;
hiernach sei
andere geworden.
die Forderung ihrem Inhalte nach eine
Dies wäre richtig, wenn der Indossant das
Recht dessen, von dem er die Regreßforderung erworben hat, einklagte
und
dieser
Forderung
eigenem Rechte hinzufügen wollte.
eine Jnteresseforderung
aus
Nun klagt aber der Indossant,
welcher die Forderung durch Uebertragung wieder erworben hat,
49 nicht aus fremdem, sondern aus eigenem Recht.
Er kann mithin
schlechterdings nur sein eigenes Interesse geltend machen.
In
diesem eigenen Interesse steckt aller Schaden, den er erlitten hat, und hierin wieder in erster Linie, was er selbst zum Erwerbe
der Forderung dem Anderen als Interesse hat vergüten müssen. Frage : Weshalb muß denn der Vorindossant als Wechsel
schuldner den Indossanten das volle Interesse vergüten? Antwort : Eben weil er Gewährleistung nicht wie ein Cedent, sondern wie ein Wechsel-Regreßpflichtiger übernommen hat, und
weil das Gesetz die Höhe seiner Verpflichtung auf das volle
Interesse jedem Wechselgläubiger gegenüber bestimmt normirt hat *).
Frage : Widerspricht es nicht den Grundsätzen der Cession,
daß der Cessus dadurch, daß sein Gläubiger die Forderung weiter begiebt und dessen Cessionar sie weiter begiebt, und so, wenn die Forderung in die Hand einer Menge von Personen kommt, ohne sein Wissen, seine Regreßpflicht ihrer Höhe nach sich fort während
steigert — widerspricht dies nicht dem Grundsätze:
daß der Schuldner durch willkürliche Handlungen seines Gläubigers nicht in eine schlechtere Lage versetzt werden dürfe? Die Antwort ist bei W i n d s ch e i d 2) für die Cession civil rechtlicher Forderungen gegeben : Man solle diesen Satz nicht rücksichtslos ausbeuten; denn er finde seine nothwendige Be
grenzung darin, daß die Uebertragung der Forderung rechtlich
zulässig sei.
Run ist aber die Uebertragung der Wechselforderung
nicht bloß zulässig, sondern der Wechsel ist zum Umläufe be stimmt.
Wer ein Wechselversprechen ausstellt, ist sich dessen,
daß diese Verpflichtung übertragen wird, in weit höheren Grade
*) Grund der Verpflichtung zur Leistung des Interesse kann ebensowohl
wie Verschuldung auch in einem Rechtsgeschäfte und unmittelbar im Gesetze
gegeben sein.
Vergl. Windscheid B. II, §. 257.
Hier normirt das Gesetz
die Höhe der Jnteresseforderung; wie auf anderem Wege 1/3°/0 Provision
für den Kläger selbst und dessen Rechtsvorgänger in dieselbe hineinkommen können, ist schwer erklärbar. ') B. II, §. 332, Note 2.
50
bewußt, wie wer einen Schuldschein unterzeichnet.
Er trägt
lediglich die voraussehbaren nachtheiligen Folgen.
3) Unsere Entscheidungsgründe ziehen ferner den Art. 55
W. O. zum Beweise der Richtigkeit ihrer Theorie an.
Der
selbe bringe zum Ausdruck, daß diejenigen nachfolgenden Be gebungsakte, welche das dem Einlösenden selbst ertheilt gewesene
Indossament in seiner Wirkung für dessen Person eingeschränkt hatten, nunmehr als wieder beseitigt zu erachten seien.
die Uebertragungs-Theorie kann dies acceptiren.
Auch
Wenn aber
hierin zu erkennen gegeben sein soll, daß der einlösende Indossant seine Ansprüche auf Grund des ihm
ertheilten Indossaments,
dessen Rechtswirkungen nach den von den Entscheidungsgründen
verworfenen Ansichten in Folge der Weiterbegebung für beseitigt erachtet sein müßten, geltend mache, so ist diese Folge nicht un bedingt einzusehen.
Ist eö richtig, ein Recht als beseitigt zu
bezeichnen, wenn es durch Sondernachfolge von einer Person auf die andere übertragen ist? Der einlösende Indossant erwirbt
dasselbe Recht wieder, welches er übertragen hatte.
Aber freilich,
nachdem er es wieder erworben hatte, sind die weiteren Ueber«
tragungen beseitigt und die Beurkundungen dieser Akte sind
gegenstandslos geworden **);
deshalb
können
sie ausgestrichen
werden.
Die Entscheidungsgründe sagen nun unter Anführung und Berufung
auf
eine Reihe
von früheren Entscheidungen des
R. O. H. G.2) weiter : „Die Einlösung selbst ist kein Akt, der für die Begründung des Anspruchs einer besonderen Darlegung
oder gar des Nachweises bedürfte." Allerdings hat das R. O. H. G. hieran durchweg festge
halten, indem es den Besitz von Wechsel und Protest für ge nügend erachtet hat,
um den Indossanten
zur Regreßnahme
gegen den Vormann zu legitimiren, insbesondere weder Quittung
*) Man Bergt, auch die Entsch. des R. O. H. G. vom 8. December 1876 (B. XXI, S. 231). *) Siehe die Aufzählung in dem Erkenntnisse (B. XXIV, S. 6).
51
des befriedigten Hintermannes von ihm verlangt, noch auch seine Legitimation davon abhängig gemacht hat, daß der Indossant von der ihm in Art. 55 eingeräumten Befugniß auch wirklich Gebrauch gemacht habe. Daraus soll folgen, daß es „das alte Indossament sei, welches in Rücksicht auf den vorhandenen Besitz des Wechsels und des Protestes auf Seiten des Einl'ösenden in die volle Wirksamkeit wieder eintrete, die es vor der Jndossirung hatte." Wie oft auch das R. O. H. G. diesen Schluß gezogen haben mag, so ist er dennoch nicht geboten. Das R. O. H. G. selbst hat von einer aus dem Besitze von Wechsel und Protest folgenden Vermuthung gesprochen des Inhalts, daß der Kläger den regrediendo gegen ihn vorgehenden Hintermann be friedigt habe ’). Diese gesetzliche Vermuthung, möchten wir be haupten, rechtfertigt, weshalb zulässig erscheinen kann, daß der Indossant ohne weitere Begründung legitimirt ist2). Der Art. 48 giebt dem Indossatar das Recht, von dem befriedigten Inhaber die Aushändigung von Wechsel und Protest zu verlangen; das Civilrecht giebt dem auf Regreß verfolgten zahlenden Cedenten das Recht, von dem befriedigten Gläubiger Schuldurkunde und Quittung zu fordern. Der Protest ist zur Legitimation des Wechselregreßnehmers nothwendig, weil ohne Protest das Recht des Inhabers und die Rechte seiner Rechtsnachfolger gegen den Regreßschuldner versagen würden, der Wechsel (noch mehr wie die Schuldurkunde), weil die Forderung in ihm verkörpert ist.
*) So in der Entsch. vom 16. October 1874 (B. XIV, ©. 374).
*) Wenn lediglich auf Grund des durch das alte Indossament ge gebenen Rechts der Indossant legitimirt wäre, so müßte der Indossant gegen
den Acceptanten klagen können, auch wenn er nur im Besitze des Wechsels wäre; denn diesem gegenüber bedurfte es nicht des Protestes zur Erhal tung des Rechts auf Zahlung. Wenn aber von dem Indossanten in solchem Falle der Besitz von Wechsel und Quittung des befriedigten Hintermannes gefordert wird, so will dies doch wohl bedeuten, daß man vom Indossanten den Nachweis fordert, daß er den Wechsel durch Einlösung erworben hat; wenn man dies aber fordert, so muß auch wohl die Einlösung für die Legi timation des Klägers von Bedeutung sein.
52 Daß eine Quittung außer dieser Urkunde nicht gefordert wird,
um den einlösenden Indossanten die Vermuthung der Einlösung,
des Wiedererwerbs
der Forderung zur Seite zu stellen, beruht
eben auf gesetzlicher Vorschriftx).
Diese wieder ist eine Konse
quenz der Bestimmung, daß der Indossant selbst Zahlung leisten
mußte, lediglich gegen Aushändigung von Wechsel und Protest. Wenn
nach allgemeinem Rechte nur die Quittung die Ver
muthung der Einlösung begründen kann, so durfte hier die Thatsache des Besitzes
von Wechsel und Protest genügen, weil
sich der Indossant schlechterdings, falls er nicht unredlich handelt,
nur durch Einlösung des Wechsels in den Besitz dieser Urkunden
gesetzt haben kann.
Der Wechselschuldner aber kann diese Ver
muthung entkräften dadurch, daß er der Forderung des In dossanten die Einrede des unredlichen Erwerbes entgegenstellt.
Wo der Protest zur Erhaltung der Rechte nicht gehört, also dem Acceptanten gegenüber, hat man den Besitz von Wechsel und
Quittung zur Legitimation des Indossanten erfordert und genügen lassen, weil diese Thatsachen die unverkennbare Absicht
des Inhabers, den Vordermann zum Eigenthümer des Wechsels zu machen, enthielten.
Es läßt sich auch nicht wohl annehmen, die Vermuthung
der bewirkten Einlösung sei lediglich zu beziehen auf die That sache des Inkrafttretens des alten Forderungsrechts, dieses aber
sei der wirkliche Grund, aus welchem der Indossant klage.
Wozu
bedarf es dann noch jener Vermuthung?
*) Daß die Quittung für die Legitimation beim rückläufigen Wechsel
ihre Bedeutung nicht verliert, lehrt die Entsch.
des R. D. H.
G. vom
9. December 1873 (B. XII, S. 48 ff.) : Unter dem letzten Indossament steht Quittung des Indossatars.
Ein
früherer Indossant hat girirt ohne Durchstreichung der nachstehenden Indossa
mente, und der so legitimirte Indossatar und Inhaber von Wechsel und
Protest kann gegen den Acceptanten klagen; „denn die Quittung in Ver
bindung mit dem Protest stellt fest, daß der Wechsel rückläufig geworden ist und alle bis dahin aus den Wechsel gebrachten Giro's ihre Bedeutung ver
loren haben."
53
Uebrigens möchte man meinen, daß im Gesetze selbst die
richtige Lösung zu finden sei. zahler,
daß
ihm Wechsel
Art. 63 W. O. sagt vom Ehren
und Protest
ausgehändigt werden
müßten, und er „durch die Ehrenzahlung in die Rechte des In habers (Art. 50 und 52)
gegen den Honoraten, dessen Vor
männer und den Acceptanten trete" ’).
Es steht dem Ehren
zahler demgemäß dieselbe Forderung wie dem einlösenden In
dossanten gegen den Wechselschuldner zu : die Forderung auf die Wechselsumme und sein volles Interesse.
Der Ehrenzahler
aber gehört nicht zu den Indossanten, hat also früher kein Recht gehabt; er hat lediglich den Wechsel eingelöst; er ist legitimirt
gleichfalls lediglich durch den Besitz
von Wechsel und Protest.
Hieraus folgt : die Vermuthung der Einlösung des Wechsels ersetzt den Beweis des Erwerbs der Wechselforderung; des
halb erscheint der Fordernde legitimirt, nicht weil durch die
Einlösung ein altes Forderungsrecht in der Person des Ein lösenden wieder in Kraft getreten ist2). — Der einlösende In dossant wird,
nachdem er Wechsel und Protest empfangen hat,
nicht nur berechtigt vom Wechselschuldner Zahlung zu fordern,
sondern er kann auch durch neues, durch Nach-Jndossament sein Recht einem Dritten abtreten.
Gesetzt, er hat von diesem Rechte
*) Vergl. von Wächter: Encyklopädie S. 648, N. 7.
8) Man vergl. die Entsch. des R. £). H. G. vom 17. Mai 1872 (B. VI, S. 162). — Thöl sagt (§. 136, S. 545 und Note 19), daß der Ehrenzahler die Klage gegen die Vormänner des Honoraten nicht aus dem Rechte dieses (was ja hier ganz selbstverständlich erscheint), sondern aus eignem Rechte oder aus dem Rechte des letzten Indossatars habe, von Wächter (S. 305, N. 4 in der Encyklopädie) wiederholt dies, klammert aber, ohne jeden Grund anzugeben, die Worte, auf welche sehr viel ankommt, „oder aus dem Rechte des letzten Indossatars" ein und hebt „aus eignem Rechte" gesperrt hervor. Der Ehrenzahler, so wird die Uebertragungstheorie sagen, klagt gewiß aus eignem Rechte, hat aber das Recht durch die Einlösung vom letzten Indossatar erworben. Wie beim Läugnen der Uebertragungstheorie der Intervenient, insbesondere, wenn er vorher noch nicht auf dem Wechsel figurirte, „aus eignem Rechte" berechtigt sein soll, ist Noch zu beweisen.
54
Gebrauch gemacht, später indeß kommen Wechsel und Protest
durch Einlösung vom Nach-Jndossatar in die Hand eines Vor mannes des Nach-Jndossanten : Fordert dieser Bor-Indossant,
der nunmehr den Wechselschuldner belangt, gleichfalls auf Grund seines ihm früher gegebenen Indossaments, oder weil er in Folge
der Einlösung die Wechselforderung wieder erworben hat? Das R. O. H. G. trägt in der in demselben Bande publizirten Entscheidung vom 11. October 1878 kein Bedenken, die erste Alternative für die richtige zu erklären *).
Das ist schwer
verträglich mit der konstant ausgesprochenen Ansicht, daß das Nach-Jndossament die Wirkungen einer Cession und nur einer
solchen habe.
Wenn das Nach-Jndossament Cession ist, so ge
winnt die Forderung nach der Ansicht höchster Gerichtshöfe in dem Nach-Jndossatare einen neuen Eigenthümer, einen aus
schließlich Berechtigten, welcher aus eigenem Rechte klagt. hierneben noch
Kann
eine auf dieselbe Leistung gerichtete Forderung
eines früheren Indossanten bestehen bleiben? Kann man dies
Scheinrecht als eine Forderung bezeichnen, der nur die Ausübung
mangele? und was wird dann schließlich aus der Forderung des
Nach-Jndossatars, wenn sie nicht von einem Anderen wieder er worben wird, sondern dieser nur die alte Forderung geltend macht?
Entweder man wird eine Forderung neben der einen Wechsel-
forderung,
welche
durch
Indossament oder Nach-Jndossament
übertragen worden ist, nicht mehr behaupten dürfen, oder man
wird das Nach-Jndossament nicht als Cession ansehen können.
Was ist das Richtige? 4) Unsere Entscheidungsgründe fahren fort, die Richtigkeit
der behaupteten Theorie zu beweisen aus verschiedenen, die Ent stehung der Gläubigerrechte gegen die Regreßschulduer und den
Acceptanten betreffenden Gesetzesbestimmungen.
Um mit den
*) Die einschlägige Frage ist bei von Wächter S. 526 ff. unter An führung einer Reihe von Entscheidungen des R. O. H. G. weitläufig er örtert.
55 letzteren zu beginnen, so
sagen sie :
„Die Bestimmung des
Art. 23 : „ „Auch dem Aussteller haftet der Bezogene aus dem
Accepte wechselmäßig""
hat die bestrittene Frage, ob auch der
Trassant eines Wechsels mit benanntem Remittenten, wenn er den Wechsel eingelöst hat.
Wechselrechte gegen den Acceptanten
geltend machen könne, im bejahenden Sinne entscheiden sollen."
Zweifellos.
Wenn es aber weiter heißt : „Beruhte das Recht
des einlösenden Vormannes gegen den Acceptanten auf einem Eintritt in die Rechte des Nachmannes, oder auf der Einlösung,
nicht entstehen können und jene
so hätte die Streitfrage gar
Bestimmung wäre überflüssig gewesen", so möchte dies doch be denklicher
Gesetzt,
erscheinen.
die Bestimmung des Art. 23
fehlte, würde dann der Trassant — die Möglichkeit einer
Theorie des Erwerbs der Wechselforderung durch Eintritt in die Rechte des Nachmannes vorausgesetzt
— regelmäßig in diese
Rechte wirklich eintreten? Man muß doch bedenken, daß der
Trassant nicht die Schuld des Acceptanten, sondern seine eigene Schuld bezahlt hat. dann regelmäßig
Wenn aber zwei dasselbe
der
zahlende Schuldner die
schulden, wird Rechte
seines
Gläubigers gegen den Mitschuldner erwerben? Das R. O. H. G.
nimmt für das Verhältniß der verschiedenen Wechselschuldner eine Solidarität an.
Man kann unmöglich zugeben, daß der
zahlende Solidarschuldner durch die Zahlung regelmäßig zum Gläubiger des Mitschuldners wird.
Maßgebend dürfte allein
sein, welche rechtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Ver pflichteten bestehen 1).
Fehlte also die Bestimmung des Art. 23,
so würde eine Wechselklage des Trassanten zum wenigsten von
dem liquid zu stellenden Nachweise abhängen, daß der Acceptant sein Schuldner sei oder daß gezogen habe.
er für Rechnung eines Dritten
Nur dadurch, daß man in den Acceptationsver-
trag kraft Gesetzes hinein legte, daß der Acceptant auch dem
Trassanten
wechselmäßig verpflichtet sein wolle,
welche Theorie immer über
konnte man,
das Indossament der Gesetzgeber
*) Weitläufig erörtert von Löwy im Archiv B. XI, S. 157 ff.
56 vertrat, erreichen, daß der Trassant unbedingt wechselmäßig gegen
den Acceptanten auch beim Rückläufe des Wechsels klagen konnte l).
Wenn dies für die Uebertragungs-Theorie noch ausgesprochen werden soll :
Der Trassant rückerwirbt
beim Rückläufe
des
Wechsels das Wechselversprechen des Acceptanten, welches dahin lautet, nicht nur dem Remittenten oder dessen Ordre, sondern
auch dem Trassanten zahlen zu wollen. Auf die Motive zum Pr. Entwurf können sich die Ent
scheidungsgründe schwerlich berufen.
Dort wird die Frage weit
läufig erörtert, ob man als die Regel annehmen müsse, daß der Acceptant nach dem unterliegenden Verhältnisse Schuldner des
Trassanten sei, und nachdem dies bejaht und als ein dringendes Verlangen des Verkehrslebens hingestellt ist, daß diesem Ver
hältnisse durch Gewährung der Wechselklage Rechnung getragen werden müsse, wird erörtert, ob die Natur des Wechsels gestatte,
in das Accept die „Absicht des Acceptanten hineinzulegen,
daß
er auch dem Trassanten" wechselmäßig verpflichtet sein wolle. Ueber die Tragweite der Bestimmung verbreiten sich die Motive
ausführlich dahin, daß nunmehr der Trassant wechselmäßig klagen könne, ohne liquid zum Beweis zu stellen, daß der Acceptant
von ihm Deckung erhalten oder auf Rechnung eines Dritten
gezogen sei.
Durchaus nicht ist hierbei eine Theorie über die
Natur des Indossaments, und daß
aus dieser sich die Noth
wendigkeit der Gesetzesbestimmung ergebe, erwähnt.
Alles aber,
was über die Uebelstände, welche aus dem Mangel solcher Be-
x) Wie sich ohne die Bestimmung des Art. 23 W. O. die Frage ge stalten würde,
ist im A. L. R. Th. II, Tit 8 in §§. 1132 und 1134 an
gegeben : „Der Aussteller, welcher einen acceptirten Wechsel einlöset, erlangt dadurch
gegen den Acceptanten kein Wechselrecht. . .
steller gegen den Bezogenen, wegen bereits
Dagegen bleibt dem Aus
erhaltener Deckung oder sonst,
sein Recht im gewöhnlichen Prozesse Vorbehalten."
§. 1133 setzte hinzu :
„Der Aussteller kann sich auch von dem Inhaber, zum Nachtheile des Acceptanten, seine Rechte gegen letzteren nicht abtreten lassen."
57 stimmungen resultiren, gesagt ist, trifft eben sowohl zu, wenn man bezüglich des Indossaments diese oder jene Theorie ver
folgt.
5) Unsere Entscheidungsgriinde legen ein Hauptgewicht zur
Unterstützung
der neuen Theorie
auf die Bestimmungen der
W. O. über die Verjährung der Regreßansprüche der Indossanten. Durch den Art. 79,
wonach die Klagen-Verjährung für den
Regreßanspruch des einlösenden Indossanten gegen seine Vor
männer mit Behändigung der gegen ihn vom Nachmann auf Einlösung gerichteten Klage beginnt — vom Fall der Einlösung
durch Zahlung abgesehen — soll die Theorie geradezu anerkannt
sein.
„Denn wenn der Anspruch des Einlösenden Eintritt in
die Rechte des letzten Inhabers wäre, so könnte es gegen eine
und dieselbe regreßpflichtige Person, gleichviel ob der Inhaber zur Zeit der Fälligkeit oder ein Vormann desselben, der vor ihn eingelöst hat, den Anspruch verfolgt, nur eine Verjährung be ginnend mit der Fälligkeit des Wechsels geben."
Es sei erlaubt,
den Rückschluß zu ziehen : wenn das Gesetz nur eine Verjährung,
beginnend mit der Fälligkeit des Wechsels, bestimmte, so würde
es auf der Grundlage der Uebertragungs-Theorie beim Indossa mente fußen.
Nun findet sich aber in dem Pr. Entwürfe eben
diese Bestimmung im §. 73 : „Jeder wechselmäßige Anspruch verjährt innerhalb
eines Jahres vom Verfalltage des Wechsels
an gerechnet", und also hätte der Pr. Entwurf hier dies und bei der Fassung des Art. 23 das entgegengesetzte Prinzip verfolgt. Wenn aber wirklich den von der gesetzberathenden Kommission
beliebten Abänderungen der Verjährungsbestimmungen ein Ge wicht für bie Theorie über das Indossament beigelegt werden
müßte, so hätte doch die Versammlung sich bewußt werden und
aussprechen müssen, daß die Bestimmung im §. 73 des Pr. Ent wurfs einer falschen Theorie den Boden unterschiebe, und man
nunmehr eine der richtigen Theorie entsprechende Bestimmung
treffe.
Aber hiervon verlautet nichts bei den Berathungen der
Konferenz: Von dem Indossament und dessen rechtlicher Natur ist bei den Berathungen über die Verjährungen wiederum nicht
58 die Rede.
Und also ist der Schluß wohl gerechtfertigt, daß man
die Aenderungen des §.
73 vollzogen hat —
aus anderen
Gründen, als um eine Verletzung rechtlicher Grundanschauungen über die Natur des Indossaments zu beseitigen.
der Entstehung der Verjährungsgesetze
Bei Prüfung
wird man in der That
zu der Ueberzeugung kommen dürfen, daß auf diese am aller wenigsten eine Theorie aufgebaut werden sollte.
Denn es handelte
sich bei ihrer Normirung lediglich um Regelung praktischer Fragen.
Wie sich die verschiedenen Gesetzgebungen verschiedener Länder
bemüht hatten, dem Vordermann des Inhabers trotz der Säu
migkeit des letzteren
seine Regreßansprüche zu erhalten, oder
vielmehr die Lässigkeit des Inhabers zu verhindern, ist in den
Motiven zum Pr. Entwürfe ausführlich behandelt.
Man griff
in diesem zu dem System der Notifikationspflicht bei Verlust des
Regresses; andere Gesetzgebungen führten eine kurze Verjährung ein; andere eine Verjährung und Ausdehnung der Unterbrechung
der Verjährung auf alle Schuldner gleich als correi debendi und
nicht Solidarschuldner *);
Verjährung
der Regreßklagen
andere führten eine besondere
ein.
Die Leipziger Konferenz
verwarf nach langen Berathungen die Notkfikationspflicht bei Verlust des Regreßrechts.
Man mußte die Lücke ausfiillen und
griff, wieder nach langen Berathungen, zur besonderen Verjäh rung der Regreßklagen — wie es bei aufmerksamer Prüfung
scheinen will, eher in dem Bewußtsein, daß man Bestimmungen
treffe, deren rechtliche Konsequenz aus grundlegenden Prinzipien sich nicht ergebe, wie daß man dadurch ein grundlegendes Prinzip unterstütze.
Ist denn in Wirklichkeit der Art. 79 nothwendige Konsequenz,
oder nur übereinstimmend mit der Theorie unserer Entscheidungs-
*) In den Motiven znm Pr. Entwürfe näher ausgesührt. Wie die Bestimmung des Art.iM W. O. mit der grundsätzlichen Auffassung der Natur der Wechselobligatiou (Solidarität und nicht Korrealität auf Seiten
der Verpflichteten) übereilt stimmt, ist in der Entsch. des 9t. O. H. G. vom 16. Mai 1874 (B. XIII, S. 267) entwickelt.
59 gründe? Im Hinblick auf die alte Rechtsregel : Toties praescribitur etc. möchte der Zweifel gegründet sein, ob es nicht für
diese Theorie richtiger wäre, den Beginn der Verjährung von dem Momente an, wo es nur noch „von der Willkür des In
dossanten abhängt, sein Forderungsrecht zu verwirklichen", also auch von der Fälligkeit des Wechsels an zu datiren.
Wenn dies
aber nicht zutreffend wäre, so ist doch nicht einzusehen, wie das
auf dem Boden der Theorie unserer Entscheidungsgründe stehende Gesetz nicht den Beginn der Verjährung von dem Momente an
rechnen müßte, wo sich durch Bethätigung der Willkür die Vor
aussetzung des Vollerwerbs der Forderung verwirklicht, sondern gegebenen Falls von Behändigung der Klage auf Einlösung ab. In diesem Akte ist keinerlei auf Wiedererwerb des Ausübungs
rechts gerichtete Erklärung des Indossanten enthalten; das Gesetz verknüpft hiermit auch nicht die Folge des Wiedererwerbs dieses
Rechts : also wäre die Bestimmung selbst eine völlig willkürliche1), außerhalb des Systems stehende — oder : der Gesetzgeber ist
gar nicht jener Theorie gefolgt. — Dem schwersten Einwande, den man gegen die Argumentation des R. O. H. G. vorbringen
könnte, wird in der Begründung selbst, allerdings ohne Be gründung, begegnet : „Aus dem Grunde, daß ähnliche Bestim
mungen dem Acceptanten gegenüber nicht gelten — Art. 77
W- O. — ist nicht argumento e contrario eine abweichende Behandlung des Verhältnisses des einlösenden Indossanten dem
Acceptanten gegenüber zu folgern."
Man muß dem gegenüber
dennoch diesen Einwand erheben; denn es ist nicht abzusehen, wie der Gesetzgeber, wenn er das Forderungsrecht des Indossanten
dem Acceptanten gegenüber in seinem Entstehen, Bestehen und
Inkrafttreten ebenso beurtheilt,
wie
das Forderungsrecht des
Indossanten dem Vordermann gegenüber, so prinzipiell verschiedene
Regeln bezüglich der Verjährung beider Forderungsrechte auf-
*) Die Entscheidung des R. O. H. G. vom 14. September 1877 (B. XXII, S. 413) erklärt die Bestimmung „nur aus praktischen Rücksichten."
60 stellen könnte.
Es war auf der Leipziger Konferenz'), wiederum
lediglich unter Hinweis auf praktische, aus
dem Vorschläge zu
erzielende Resultate, allerdings beantragt, wegen der Ansprüche
gegen den Acceptanten ähnliche Bestimmungen, der Regreßklagen zu erlassen.
wie bezüglich
Gerade aus prinzipiellen Gründen
wurde dem von wissenschaftlichster Seite widersprochen, die nicht anstand, als verwerfliche Konsequenz zu nennen, „daß man dann
im Wechselrechte gar keine feste allgemeine Verjährungszeit haben würde, sondern diese immer nur zwischen zwei Wechselverbundenen Dabei wurde von anderer Seite bemerkt, „daß
laufen würde."
eine solche Gleichstellung des Acceptanten mit dem Indossanten
rücksichtlich der Verjährungszeit nicht zu rechtfertigen sei, indem im Regreßgange
allerdings
eine Reihe successive entstehender
Klagen vorliege, während in Bezug auf den Acceptanten von einem bestimmten Zeitpunkte an actio nata sei und eine Ver
änderung in Betreff der zu dieser Klage berechtigten Personen nicht wohl am Fortlaufe der Verjährung etwas ändern könne."
Einen solchen
Unterschied aufzustellen — es scheint
dies die
Ansicht der Mehrheit gewesen zu sein — wäre falsch gewesen,
wenn man der Ansicht unserer Entscheidungsgründe über Ent
stehung der Rechte der Indossanten und über die Natur des Indossaments
gehuldigt
hätte.
Die gemachte Unterscheidung
zwischen der Wechselklage gegen den Acceptanten und der Regreß
klage weiset aber auf
das Bestimmteste darauf hin,
welchen
Charakter die für die Regreßklagen vorgeschriebene Verjährung
hat.
Es handelt
sich um eine Bestimmung formalen Rechts,
die an Stelle anderer formaler Vorschriften (Notifikation) ge treten ist; es handelte sich für den Gesetzgeber um einen doppelten Schutz des Indossanten : nicht nur gegen die gegen ihn ge
richtete Klage seines Gläubigers, sondern auch für die ihm zu stehende Klage gegen seinen Schuldner.
Der letztere Zweck ist
ein erhaltender, welcher an sich außerhalb des Rahmens dessen liegt, was die Verjährung ihrem Begriffe nach leisten kann.
*) XXX. Protokoll (S. 204 f.).
61 Dadurch ergiebt sich schon die Unmöglichkeit, auf diese Verjährung
die für
die Verjährung im Allgemeinen geltenden rechtlichen
Grundsätze zur Anwendung zu bringen; darum sollte man es umgekehrt unterlassen, aus den positiven Bestimmungen über
diese Verjährung unter Zuhülfenahme allgemeiner Rechtsgrund sätze auf die Natur des von ihr betroffenen Rechtsverhältnisses
zu schließen. 6) Endlich berufen sich unsere Entscheidungsgründe noch
auf Art. 26 und 29 W. O. — Auch hier wollen die Ent scheidungsgründe die Thatsache, daß gegen den Acceptanten ohne Besitz des Wechsels Sicherheit nicht gefordert werden kann, als
Gegengrund gegen die Richtigkeit der Folgerung, daß der Gesetz
geber, der gegen den Regreßschuldner die Sicherheitsforderung lediglich unter Vorzeigung des Protestes gestattete, der Offerten-
Theorie über das Indossament gefolgt sei, nicht zulassen.
Auch
hier fehlt es in den Motiven zum Pr. Entwürfe sowie in den
Verhandlungen der Konferenz an einem Ausspruche, welcher den Schlußfolgerungen unserer Entscheidungsgründe zur Stütze dienen könnte.
Mußte der Gesetzgeber, wenn er dem Indossanten die
Forderung auf Sicherheitsleistung gegen seinen Vormann auch
ohne Besitz des Wechsels gestattete, den Indossanten als Wechsel gläubiger seines Vormannes ansehen?
Es bestehen doch zwischen den Solidarschuldnern noch eine
Menge rechtlicher Beziehungen, welche der Gesetzgeber (wie auch in der Konferenz ausgesprochen wurde) für genügend ansehen
mochte, um ohne Bestehen einer Wechselforderung und nur im Hinblick auf die Möglichkeit, daß der Eine Wechselgläubiger des
Anderen werden kann, dem Ersteren gegebenen Falls das Recht zuzusprechen, Sicherheit fordern zu dürfen.
Vielleicht wird man
darauf verweisen dürfen, daß allgemeine Rechtsshsteme (so das
A. L. R. in I, 14, §§. 384, 357 ff.) dem Rückbürgen dem Haupt bürgen gegenüber ebenfalls ein Recht auf Sicherheitsbestellung
gewähren, ob zwar zwischen ihnen beiden zur Zeit weder ein
Forderungsrecht noch
stehen.
überhaupt kontraktliche Beziehungen be
62 §. 8.
Das Gesetz und seine Entstehung sprechen für die Ueber« Iragungs-Theorie. Die Entscheidungsgründe haben aus dem Gesetze auf die Richtigkeit ihrer Theorie zu folgern gesucht.
Für keine Theorie
aber sprechen mehr Wortlaut und Sinn des Gesetzes wie für
die Uebertragungs-Theorie. Art. 9 W. O. sagt : „Der Remittent kann den Wechsel an einen Anderen durch Indossament übertragen."
Art. 10 : „Dnrch das Indossament gehen alle Rechte aus
dem Wechsel auf den Indossatar über." Art. 17 : „Das Procura-Indossament überträgt das Eigen
thum an dem Wechsel nicht," oder positiv : das Voll-Indossament überträgt das Eigenthum an dem Wechsel. Wer überträgt und an wen wird übertragen? Art. 9 sagt
es ja : durch das Indossament überträgt der Remittent an einen
Anderen.
Was? Art. 17 giebt die Antwort : das Eigenthum
an dem Wechsel.
Was hat man hierunter zu verstehen? Nicht
das Eigenthum an dem Wechselpapier; denn die Verhandlungen der Konferenz lassen solche Annahme nicht zu, und sie ist aus
geschlossen, wenn man Art. 17 mit Art. 10 zusammenstellt. Hier ist die Wirkung des „Indossament"
genannten Rechtsge
schäfts bestimmt : durch das Indossament gehen alle Rechte aus
dem Wechsel auf den Indossatar über.
Nur diese Wirkung und
nicht eine andere kann der Gesetzgeber gemeint haben, wenn er in Art. 17 verordnet, was für das Procura-Indossament im
Hinblick auf die von ihm bestimmten Wirkungen des Voll-Jndossaments gelten soll, und was nicht.
Der Remittent überträgt
also durch das Indossament an einen Andern das Eigenthum an den Rechten aus dem Wechsel.
Eigenthum ohne Beziehung
auf eilte Person ist undenkbar, und hier kann es auf keinen
anderen bezogen werden, wie auf den Indossanten.
Daher wäre
als Inhalt des Art. 10 gegeben, daß durch das Indossament alle Rechte des Indossanten aus dem Wechsel auf den Indossatar
63 übergehen.
Stellt man aber die drei Artikel zusammen, so wird
man zu folgender Definition gelangen : Das Indossament ist ein Vertrag,
durch welchen der Remittent einem Anderen das
Eigenthum seiner Rechte aus
dem Wechsel überträgt.
Diese
Definition stimmt ihrem Wortlaute nach mit dem §. 376 A. L. R. I,
11 überein, soweit darin der Inhalt des Cessionsvertrages be stimmt wird.
Aber man hält lediglich für ein Vergessen T), daß in Art. 17
W. O. das Wort „Eigenthum" stehen geblieben sei und spricht deshalb einer Folgerung dieser Bestimmung
auf die Natur des Indossaments aus
jede Berechtigung ab.
So blieben
noch
Art. 9 und 10*2), und die Grundlage für die Entscheidung, ob
aus diesem eine Schlußfolgerung für die Uebertragungs-Theorie gezogen werden dürfte, ist die auch zu Anfang unserer Entschei
dungsgründe aufgestellte, aber mit kurzen Worten als klarliegend
0 So bei der Mehrzahl der Theoretiker wiederholt. 2) Auch diese werden freilich für gänzlich bedeutungslos für eine Theorie
gehalten; beispielsweise aus folgenden Gründemvon Volkmar und Löwy (bei Goldschmidt, Zeitschrift B. III, S. 128) : „denn trotz Art. 9 der
W. O. kann der Wechsel auch ohne Giro übertragen werden; trotz Art. 10 aus
dem vom Indossatar nicht
besessenen Wechsel auf diesen übergehen lassen."
Ueber den ersten Satz als
kann das Indossament allein
Beweis
kein Recht
gegen die Uebertragungstheorie sind nicht viel Worte zu verlieren.
Der zweite Satz ist an anderer Stelle (Wechselrecht §. 29, S. 59 und S. 65
sub 8) näher dahin entwickelt : „Ist der Zweck des Indossaments die Rechts übertragung, so ist d i e Forderung unwiderleglich, daß das Mittel, das Giro,
diesen Zweck nun auch vollständig deckt und erreicht.
Sache ist just die umgekehrte.
Die wirkliche Lage der
Das Indossament genügt nicht, um die Rechte
aus dem Wechsel zu beanspruchen.
Entscheidend ist der Besitz des Wechsels,
und so entscheidend, daß der Schuldner nicht berechtigt ist, demjenigen Besitzer
die Zahlung vorzuenthalten, von dem er weiß, daß nicht ihm, sondern einem Andern der Wechsel durch Blanko-Giro übertragen wurde."
Dem gegenüber
ist nur auf die Gründe der Entscheidungen des R. O. H. G. vom 28. October 1873 (B. XI, S. 250) und R. G. vom 10. December 1880 (B. III, S. 326) zu verweisen, in denen dargelegt ist, daß und weshalb bei der Session
der Wechselforderung gleichfalls die Cessionserklärung allein ohne Uebergabe der Urkunde den Cessionar zum Forderungsberechtigten nicht machen könne. Und darum ist die Session doch gewiß Session geblieben!
64
—
—
zurückgewiesene Frage : ob nach der Meinung des Gesetzgebers der Indossant seine Rechte überträgt (Art. 9), ob die Rechte des Indossanten auf den Indossatar übergehen (Art. 10).
Bleiben wir nunmehr bei dem Gesetze und seiner Entstehung. Der Pr. Entwurf enthielt an Stelle der Art. 9 und 10
W. O., soweit sie hier in Frage kommen, folgende Bestimmungen. §. 10 : „Der Remittent kann seine Rechte aus dem Wechsel
übertragen."
§. 11 : „Durch das Indossament gehen alle Rechte
des Indossanten aus dem Wechsel auf den neuen Eigenthümer über." Die Rechtsanschauung
unserer Entscheidungsgründe
über
die Natur des Indossaments dulden keine dahin lautende Be stimmung, daß der Indossant seine Rechte übertrage.
Der
Pr. Entwurf enthält also in seinem Texte das direkte Zeugniß gegen diese und für die Uebertragungs-Theorie.
Wir fragen
weiter, ob die Leipziger Konferenz, als sie den Art. 9 und 10
ihre Gesetzes-Fassung gab, bewußt wurde,
beabsichtigte
oder sich
dessen nur
daß sie die Uebertragungs-Theorie verlasse und
einer anderen Theorie Raum schaffe, welcher die Unmöglichkeit
einer Uebertragung der Rechte des Indossanten auf den Indossatar
als Grundstein dient.
In dem VI. Protokolle der Leipziger
Konferenz *) liest man über die Berathungen, aus welchen diese
vermeintlich wichtige Aenderung des Pr. Entwurfs hervorgegangen
ist, folgendes : „Außerdem ward zum §. 10 noch für die Redac tion in Vorschlag gebracht, statt der Worte „„seine Rechte"" die Worte : „„die auf dem Wechsel beruhenden Rechte"" zu setzen,
um auszudrücken, daß der Indossatar dnrch die wechselmäßige Uebertragung alle aus dem Inhalte des Wechsels hervorgehenden Rechte selbstständig und unabhängig von dem persönlichen Rechts verhältnisse erwerbe, welches zwischen dem Aussteller und anderen
Vormännern des Indossatars
stattfinde.
Gleichergestalt ward
zum §. 11 in Vorschlag gebracht, die Worte „„des Indossanten""
*) S. 23 a. E. der Leipziger Ausgabe.
65 Es hat keine
und „„neuen Eigenthümer"" fallen zu lassen')."
Abstimmung über diese Aenderung stattgefunden;
es ist keine
Aeußerung in dem Sinne gefallen, daß man mit dieser Aende rung einer Auffassung, welche in dem Indossamente eine Ueber-
tragung von Rechten annimmt, entgegentrete.
In seiner Fassung
und in seinem Inhalte und in der stillschweigenden, gleichsam selbstverständlichen Annahme, sollte man vielmehr glauben, eine
direkte Anerkennung dafür finden zu können, daß die Versammlung, wenigstens in ihrer Majorität, nicht meinte, prinzipiell von dein Pr. Entwürfe abweichende Grundsätze über die Natur des In
dossaments aufzustellen.
Der Vorschlag selbst aber, welcher die
Aenderung einleitete, spricht noch von einer im Indossamente enthaltenen „wechselmäßigen Uebertragung."
der Rechte aus dem Wechsel.
Wessen? Doch eben
„Der Indossatar
Rechte aus dem Wechsel durch Uebertragung."
erwirbt die
Es haben also
die Rechte vorher bestanden, und mithin waren es die Rechte des Indossanten, welche auf den Indossatar übergegangen sind. Man darf deshalb wohl folgern,
daß die Majorität der Ver
sammlung sich in grundsätzlichen Gegensatz zu dem Pr. Entwürfe
nicht setzen wollte, daß man allein eine schärfere Hervorhebung der Grundsätze beabsichtigte, welche der Pr. Entwurf bezüglich der rechtlichen Natur des Indossaments bereits anerkannt hatte, nämlich betonen wollte, „daß der Indossatar die aus dem Wechsel hervorgehenden Rechte selbstständig und unabhängig von dem
persönlichen Rechtsverhältnisse
erwerbe, welches
Indossanten und seinen Vormännern stattsinde."
zwischen dem
Dasselbe findet
sich in den Motiven zum Pr. Entwürfe bereits bezüglich der Wirkungen des Indossaments anerkannt : „daß der Indossatar
nicht lediglich in das Rechtsverhältniß des Indossanten, sondern in
ein
unmittelbares Verhältniß zu
den Wechselverpflichteten
eintritt, daß demnach die Rechte aus dem Wechsel nicht so, wie
sie durch persönliche, besondere, außerhalb des Wechsels liegende
*) Mit dieser Aeußerung soll nach Volkmar und Löwy (Wechselrecht S. XVII) die Konferenz die Uebertragungstheorie gänzlich verurtheilt haben.
5
66 Rechtsverhältnisse modisicirt waren, sondern als selbstständige,
von den besonderen Verhältnissen des Indossanten unabhängige, lediglich durch den Wechsel bestimmte und unmittelbar gegen
die Wechselverpflichteten gerichtete Rechte
auf den Indossatar
übergehen, und diesem daher auch keine Einreden aus der Person
des Indossanten brachte der
entgegengesetzt
können."
werden
Veränderungs-Vorschlag
im
Eben dies
Gesetze schärfer zum
Ausdruck und wich hiermit von den Grundsätzen des Pr. Ent wurfs nicht nur nicht ab, sondern bestätigte dieselben durchaus ’).
Mit gutem Grunde läßt sich sonach annehmen, daß die Konferenz nicht an dem Grundsätze des Entwurfs, daß eine
Uebertragung von Rechten stattfinde, und zwar, daß der Indossant seine Rechte übertrage, gerüttelt hat.
Sie ließ es sich freilich
angelegen sein, den von den Motiven schon scharf hervorgehobenen vermeintlichen Gegensatz zwischen Indossament und Session in einer Weise in den Vordergrund aller Besprechungen zu stellen,
daß sie damit die Subsumirung des Indossaments unter den
allgemeineren Begriff der Cession ihrer Ansicht nach unmöglich gemacht hat.
Man sprach ausdrücklich aus2) : „Indossament
und Cession wären, wie solches in den Motiven des Entwurfs zugegeben werde, in ihrem inneren Wesen von einander ver
schiedene Dinge.
Es sei eine irrige Theorie, daß der eigentliche
Kern des Indossaments eine Cession sei, und dieser Kern jedes
mal da hervortrete, wo die besonderen wechselrechtlichen Ver stärkungen und Zuthaten, durch welche er verdeckt sei, hinweg-
*) Auch hierauf hat Ladenburg (im Archiv 92. F. B. VI, S. 126 ff.) Thöl und
Fontenay gegenüber bereits aufmerksam
gemacht : „Es fei
nicht richtig, daß die Leipziger Konferenz sich ausdrücklich gegen die Unter stellung der Succession in die Rechte des Indossanten verwahrt habe.
Nach
dem Wortlaute der Protokolle habe nur ausgedrückt werden sollen, daß der
Indossatar selbstständig und unabhängig von dem persönlichen Rechtsver
hältnisse, welches
zwischen dem Aussteller uud den Vormännern des In
dossatars stattfinde, alle aus dem Inhalte des Wechsels hervvrgehenden Rechte erwerbe."
8) VII. Protokoll, S. 26 a. a. O.
67 fielen."
Man suchte im Voll-Indossament die unterschiedlichen
Merkmale von der Cession aufs Schärfste hervorzuheben und man vermied beim Nach-Jndossamente der
protestirten Tratte
auf das Aengstlichste jede „Bezugnahme auf die Cession", ob
man gleich einstimmig bejaht hatte
„daß der Nach-Jndossatar
gleich einem Cessionar den Regreß ergreifen dürfe" und that
sächlich die Wirkungen dieses Nach-Jndossaments
so bestimmt
hat, daß in der Theorie fast Uebereinstimmung über die recht
liche Natur dieses Indossaments
als einer Cession besteht2).
Man hat die Thöl'sche Ansicht, das Indossament enthalte einen neuen Zahlungsauftrag, von der Hand gewiesen2); man hat
die Einert'sche Ansicht, das Indossament enthalte nichts außer einer Bürgschaft, geradezu verworfen4); aber man hat sich gegen
keine Theorie in dem Maße ausdrücklich abwehrend verhalten, wie gegen die C e s s i o n s -Theorie.
Dies aber lag in der Natur
der Sache; denn die damals herrschende Auffassung der recht lichen Natur des Cessionsvertrages bedingte nach den Beispielen
von Einert und den Motiven eine solche Frontstellung.
Aner
kennen, daß Indossament und Cession zusammenfielen, bedeutete sür die Konferenz Verleugnen der wesentlichsten Errungenschaft, nämlich
der Unabhängigkeit des Wechselversprechens von den
unterliegenden Verhältnissen.
Tenn man faßte die civilrechtliche
Cession nicht auf als eine Singular-Succession in die Forderung,
betrachtete vielmehr den Cessionar als den procurator in rem suam, der die Rechte seines Cedenten geltend mache, und konnte in Folge dessen eine Cession des Wechselversprechens unabhängig
*) a. a. O. S. 28.
e) Auch vom R. O. H. G. durchweg anerkannt. Vergl. z. B. Entsch. vom 6. December 1872 (B. VIII, S. 167), vom 18. September 1872 (SB. VII, S. 120) u. a.
’) a. a. O. S. 27. *) Wiederholt
durch Aufnahme
widersprechender Bestimmungen und
Zurückweisung gestellter Anträge. Die gründlichste Widerlegung der Einertschen fund Thöl 'scheu) Theorie aus dem Gesetze findet sich bei Bi euer
in den wechselrechtlichen Abhandlungen III (und II).
68
von den Beziehungen, welche zwischen dem Indossanten und seinem Schuldner bestanden hatten, nicht zugeben, ohne durch solche Auffassung die Valuta-Clausel, welche man eben aus dem
Wechsel beseitigt hatte, durch eine andere Thür wieder hinein zu bringen.
Daß die Motive zum Pr. Entwürfe wegen dieser Auffassung der rechtlichen Natur der Cession Indossament und Cession für grundverschiedene Dinge erklärten, steht an der Spitze der Be
trachtung derselben über den rechtlichen Charakter des Indossa ments.
Es heißt : „Das Indossament sei eine der Arten, den
Wechsel mit
den
daraus
hervorgehenden Rechten
gegen
die
Garanten desselben zu übertragen; hierin sei das Indossament der Cession verwandt; es unterscheide sich aber von dieser wesent
lich dadurch, daß der Indossatar nicht lediglich in das Rechts verhältniß des Indossanten, sondern in ein unmittelbares Ver
hältniß zu den Wechselverpflichteten eintrete."
An diesem Unter
schiede, als dem wesentlichen, dessen praktische Konsequenz sein
„daß der
soll, gegen
Cessionar im Unterschied vom Indossatar die
den Cedenten
begründeten Einreden
gegen
sich gelten
lassen müsse", ist von den Motiven festgehalten worden (man vergleiche nur die Motive zu §. 16), aber ebenso konsequent
ist
überall wiederholt
worden, was
von der Verwandtschaft
zwischen Cession und Indossament gesagt worden war, nämlich,
daß durch Beide von einer Person auf die andere Rechte über tragen werden.
In den Berathungen der Konferenz ist dieselbe
Auffassung wiederholt zu Tage getreten. des Vorschlags,
So bei Gelegenheit
welcher die Veränderungen der §§. 10 und 11
des Entwurfes zur Folge hatte, so bei Berathung des §. 16 J). Der Referent bemerkte, „daß, wenn in dem Entwürfe dem Giro nach Verfall die Wirkung einer Cession beigelegt werde, damit namentlich gesagt sein würde, daß derjenige, welcher aus
einem ihm nach Verfall girirten Wechsel Ansprüche erhebe, sich dieselben Einreden gefallen lassen müsse, welche gegen den Cedenten
>) VII. Protokoll, a. a. O. S. 26.
69
geltend zu machen gewesen wären."
Vorgeschlagen wurde, dem
§. 16 folgende Fassung zu geben : „Das nach Erhebung des Protestes Mangels Zahlung geschehene Indossament hat keine
andere wechselrechtliche Wirkung, als daß
die Rechte des
Indossanten auf den Indossatar übergehen."
Einen offen
baren Beweis dafür, daß man auf diesem Standpunkte beharrte:
Verwandtschaft zwischen Cession und Indossament eben in der beiden gemeinsamen Rechtsübertragung, wesentliche Verschieden heit in der Abhängigkeit der Rechte auf der einen, in der Selbst
ständigkeit der Rechtsstellung des Indossatars auf der anderen
Seite, liefert die Aufnahme des Art. 82 in das Gesetz.
In der
That sagt Thöl sehr konsequentl), daß nach seiner Lehre der
Art. 82 vollständig überflüssig gewesen wäre.
Wir sahen, wie
nach der von unseren Entscheidungsgründen vertretenen Ansicht
eher Bestimmungen nothwendig gewesen wären, welche für ge wisse Fälle die Zulässigkeit von Einreden aus den rechtlichen
Beziehungen zwischen Indossant und Indossatar statuirten.
9iur
für den, der die Verwandtschaft von Indossament und Cession
zwar anerkennt, aber leugnet, daß die Cession eine Sondernach
folge in die Forderung bewirken könne, ist eine Bestimmung, wie sie Art. 82 der W. O. trifft, Bedürfniß.
Bei der Meinung der Konferenzmitglieder von der recht lichen Natur der Cession sah man mit Recht durch die Unter
stützung der
Cessions-Theorie
die wesentlichste Errungenschaft
der neuen Gesetzgebung gefährdet : die Gesetze von der Unab hängigkeit der Wechselforderung von dem unterliegenden Vertrage.
Ist eine Sonder-Nachfolge in die Forderung undenkbar, reprä-
sentirt der Cessionar nur die Stellung des Cedenten, macht dessen Recht gegen den Schuldner geltend, dann freilich ist eine
Cession der Wechselforderung, der durch die Valuta-Clausel nicht gehemmten Wechselforderung, undenkbar.
Auch nach dieser Rich
tung hin fehlt es nicht an Aussprüchen der Konferenzmitglieder.
Es wurde einer Aeußerung in diesem Sinne schon erwähnt.
*) S. oben S. 27.
70 welche sich über die irrige Meinung verbreitet, daß beim Wegfall
der besonderen wechselrechtlichen
Verstärkungen und Zuthaten
als Kern des Indossaments eine Cession zurückbleibe — nämlich eine Cession der zwischen dem Indossanten und seinem Schuldner verbliebenen Forderungs- und Schuldverhältnisse.
Eine Cession
der abstrakten Wechselforderung kam nicht in Frage, weil eben nach Ansicht der Konferenz durch die Cession ihrer Natur nach
der Cessionar in das persönliche Nechtsverhältniß, welches zwischen dem Cedenten und dem Schuldner bestand,
eintreten müßte.
So verband man. mit dem Begriff der Cession an sich eine Wirkung, die für die Wirkung des Indossaments keinen Raum
ließ, und konnte von diesem Standpunkte aus die Anhänger der Cessions-Theorie mit dem Vorwurfe treffen ’) : „Nach dem vom Entwurf befolgten richtigen Systeme werde man nicht daran denken, nach erloschener Wechselkrast den Wechsel als Schuld schein und die Indossamente als Cessionen zu betrachten."
Man
hatte die Wechselforderung durch Ausstoßung der Valuta-Clausel
als nothwendigen Bestandtheils aus den ihren freien Umlauf hemmenden Fesseln herausgehoben und ihr eine gesonderte Exi
stenz von dem anderen Vermögen verliehen, eben zu dem Zwecke, sie übertragbar zu machen.
Indem man dann bei der Mühlen-
bruch'schen Theorie über das Wesen der Cession stehen blieb,
mußte man dieselbe zur Übertragung der abstrakten Wechsel forderung für unfähig befinden.
Deshalb war das Rechtsge
schäft, welches nach altem Brauche die Wechselforderung übertrug und durch die Stelle,
wo es beurkundet wurde, sich einen be
sonderen Namen erworben hatte, insofern es das leisten konnte,
was
die Cession nicht bewirkte,
von
dieser grundverschieden.
Nachdem aber der Wechsel protestirt worden ist und die den
Transport der Wechselforderung als einer abstrakten ermöglichende Eigenthümlichkeit nicht mehr besteht, die Wechselforderung viel mehr wie jede andere ein Vermögensstück des jeweiligen Gläubigers
geworden ist, stellt man unbedenklich den Uebertragungsakt in
*) XXVIII. Protokoll, a. a. O. S. 192.
71 seinen Wirkungen und begrifflich als mit der Session gleichbe deutend zusammen.
Es hält schwer zu rechtfertigen, wie dasselbe
Rechtsgeschäft in einem Falle unter den Begriff der Cession zu
stellen, im anderen von derselben grundsätzlich zu unterscheiden
sein soll x). §• 9.
Die Uebertragungs-Theorie in der Doktrin. Wenn man den neuesten Theorieen über die rechtliche Natur
des Indossaments folgt, so haben wir in der Wechselordnung
drei ihrem Wesen nach
verschiedene Rechtsgeschäfte, welche sich
unter diesem selben Namen verbergen : das Voll-Indossament, das Nach-Jndossament der protestirten Tratte, das Procura-Indossa
ment.
Folgt man der Theorie unserer Entscheidungsgründe, so
muß man das Indossament ohne Obligo noch dazu als besonderes
*) Bezüglich des Nachindossaments der Protestirten Tratte bemerkt Thöl (§. 128, S. 488) : „Ein Indossament kann gar nicht Cession sein, aber es
kann bei einer unterliegenden Cession die Form des Indossaments gebraucht werden, damit diese den Zwecken der Cession dienstbar werde."
Man kann
dahingestellt sein lassen, ob es denn eine Form giebt, welche als solche den
Namen Indossament führt, und ob unter der Form, welche Thöl (§. 115) für das Indossament
anerkennt,
— in §. 111, S. 418 vermeidet er, sich
hierüber zu erklären — sich überhaupt Cession verstecken könnte.
Jedenfalls
bezeichnet das Gesetz in Art. 16, Abs. 2 ein Rechtsgeschäft, nennt das selbe : „Indossament" und bestimmt seinen Inhalt anerkanntermaßen dahin, daß es mit „Cession" gleichbedeutend ist.
Förmlich im Cirkel bewegt sich Wolff : „Das Indossament nach Ver
fall" (im "Archiv B. XIII, S.
137 ff.).
Er würde für sehr
bedauerlich
halten, wenn es im Gesetze hieße : das Indossament nach Verfall sei Cession.
Man hätte dann nach
seiner Ansicht (die allerdings konform ist den oben
citirten Aussprüchen der Konferenzmitglieder)
Wechsel nach Verfall nur noch die Kraft
habe.
auch setzen können, daß der
eines gewöhnlichen Schuldscheins
Schließlich indeß erklärt er das Indossament des Art. 16, Abs. 2 als
gleichbedeutend mit der
Cession, und meint nun,
daß diese Bestimmung
höchst inkonsequent und dem Geiste des Wechselrechts zuwider sei, daß sie füglich mit den Konferenzprotokollen nicht in Einklang zu bringen, aber ein
mal vorhanden und nicht anders deutbar sei.
71 seinen Wirkungen und begrifflich als mit der Session gleichbe deutend zusammen.
Es hält schwer zu rechtfertigen, wie dasselbe
Rechtsgeschäft in einem Falle unter den Begriff der Cession zu
stellen, im anderen von derselben grundsätzlich zu unterscheiden
sein soll x). §• 9.
Die Uebertragungs-Theorie in der Doktrin. Wenn man den neuesten Theorieen über die rechtliche Natur
des Indossaments folgt, so haben wir in der Wechselordnung
drei ihrem Wesen nach
verschiedene Rechtsgeschäfte, welche sich
unter diesem selben Namen verbergen : das Voll-Indossament, das Nach-Jndossament der protestirten Tratte, das Procura-Indossa
ment.
Folgt man der Theorie unserer Entscheidungsgründe, so
muß man das Indossament ohne Obligo noch dazu als besonderes
*) Bezüglich des Nachindossaments der Protestirten Tratte bemerkt Thöl (§. 128, S. 488) : „Ein Indossament kann gar nicht Cession sein, aber es
kann bei einer unterliegenden Cession die Form des Indossaments gebraucht werden, damit diese den Zwecken der Cession dienstbar werde."
Man kann
dahingestellt sein lassen, ob es denn eine Form giebt, welche als solche den
Namen Indossament führt, und ob unter der Form, welche Thöl (§. 115) für das Indossament
anerkennt,
— in §. 111, S. 418 vermeidet er, sich
hierüber zu erklären — sich überhaupt Cession verstecken könnte.
Jedenfalls
bezeichnet das Gesetz in Art. 16, Abs. 2 ein Rechtsgeschäft, nennt das selbe : „Indossament" und bestimmt seinen Inhalt anerkanntermaßen dahin, daß es mit „Cession" gleichbedeutend ist.
Förmlich im Cirkel bewegt sich Wolff : „Das Indossament nach Ver
fall" (im "Archiv B. XIII, S.
137 ff.).
Er würde für sehr
bedauerlich
halten, wenn es im Gesetze hieße : das Indossament nach Verfall sei Cession.
Man hätte dann nach
seiner Ansicht (die allerdings konform ist den oben
citirten Aussprüchen der Konferenzmitglieder)
Wechsel nach Verfall nur noch die Kraft
habe.
auch setzen können, daß der
eines gewöhnlichen Schuldscheins
Schließlich indeß erklärt er das Indossament des Art. 16, Abs. 2 als
gleichbedeutend mit der
Cession, und meint nun,
daß diese Bestimmung
höchst inkonsequent und dem Geiste des Wechselrechts zuwider sei, daß sie füglich mit den Konferenzprotokollen nicht in Einklang zu bringen, aber ein
mal vorhanden und nicht anders deutbar sei.
72 Rechtsgeschäft rechnen; es fehlt diesem, soweit es sich um ein Rechtsgeschäft zwischen Indossant und Indossatar handelt, eigent
lich an jedem Inhalte.
Müßte schon merkwürdig erscheinen,
wenn der Gesetzgeber unter derselben Bezeichnung in dem
selben
Abschnitte
ihrem
Wesen
nach
so
grundverschiedene
Rechtsgeschäfte unter fortwährender Beziehung des einen auf das andere zusammengestellt hätte, so wäre doch noch auffallender,
daß Verkehr und Gewohnheit dieselben unter dem einheitlichen
Namen ausgebildet und zusammengefaßt haben könnten.
Aller
dings ist ihnen gemeinsam, daß sie sämmtlich von Anfang an
auf dem Rücken (in dorso) des Wechsels beurkundet zu werden pflegten; indessen können auch andere Rechtsgeschäfte hier beur kundet werden, das Indossament bleibt Indossament, wenn dies
auch nicht geschieht *), und schließlich ist der Name Giro im
Verkehr ebenso gebräuchlich, wie Indossament, dieser Name aber
hat mit der Stelle, wo das Rechtsgeschäft beurkundet wird, nichts zu thun.
Nicht deshalb also kann man bei diesen Rechts
geschäften den gemeinsamen Namen erklären.
eine bestimmte Form für Alle gilt.
Auch nicht, weil
Wenn Form die äußere
Erscheinung eines Rechtsgeschäfts ist2), so fragt man vergebens
*) Bergt. Volkmar und Löwy bei Goldschmidt, ZeitschriftB. III, S. 130; von Wä chter, Encyklopädie S. 496 u. a. ’) Aus der formalen Natur des Wechsels und der Wechselinstitute er
klärt Wolff (in dem
oben citirten Aufsatze und auch in einem weiteren
Aussatze im Archiv B. XII, ®. des Indossaments.
127 ff.) alle eigenthümlichen Wirkungen
Er steht hierin nicht allein und Thöl selbst unterstützt
diese Ansicht, wenn er an die Spitze des Kapitels Uber die Legitimation den
Satz stellt : „Die Form ist es, welche legitimirt; sie genügt." lich kann die Form
— die
Grundsätz
vollendete oder nicht vollendete — bei den
Wechselgeschäften doch wohl keine andere Bedeutung haben, wie überhaupt im Rechte. nur durch
Sie ist der Ausdruck
eines Willens und empfängt ihre Kraft
den hineingelegten Willen.
Es ist nichts außerordentliches, daß
sich bei vollendeter Form ein Dritter gar nicht, einer der Betheiligten nur
unter bestimmten Voraussetzungen darauf berufen kann : es habe der dieser Form entsprechende Wille gefehlt.
Bei mangelhafter Form aber kann diese
doch nur aus dem einen Grunde ein Recht nicht
geben, weil der nicht ge
hörige Ausdruck des Willens auf den nicht vorhandenen Willen schließen
73 für das Indossament nach einer bestimmten Form, und wer sie gefunden haben will, der frage sich, ob zwischen Voll-Indossament und Procura-Indossament etwa
noch in einem anderen Stücke
Gleichheit der Form existirt, als darin,
die Namensbezeichnungen
daß
der Kontrahenten
beide regelmäßig enthalten.
Was
eigentlich selbstverständlich ist, lehrt die Entstehung und Aus
bildung des Indossaments, nämlich daß diese sämmtlichen Rechts geschäfte in ihrem inneren Wesen verwandt sind und deshalb
naturgemäß unter einen gemeinsamen Namen gehören.
Das in
ihrem Wesen gemeinsame aber ist eben die durch sie alle bewirkte Uebertragung von Rechten.
Die rechtshistorische Forschung bezeichnet in vollster Ueber einstimmung unter sich zwei Elemente als dem Indossamente
vom Urbeginn seiner Entstehung an innewohnend : das Trans
port-Element und das Garantie-Element.
Man streitet, welches
von beiden der Zeit der Entstehung nach das Erste gewesen sei. Das Bedürfniß des Verkehrs soll sich nach den Einen zuerst auf Vermehrung der Garantie, nach
den Anderen zuerst auf
Transportirung der Forderung gerichtet haben. zu dem Resultate : „Es ist
K u n tz e kommt
nicht abzusehen, wie oder warum
die Entwickelung zuerst an dem einen Punkte begonnen haben
läßt. Die Form an sich kann nirgends etwas bedeuten. So sagte auch das R. O. H. G. allgemein : „Eine Wechselerklärung, welche zwar nach der äußern Form sich als Indossament ankündigt, welcher jedoch der Wille, das Eigenthum des Wechsels zu übertragen, nicht zu Grunde liegen kann, ist als ein Indossament im Sinne der W. O. nicht zu erachten." Und wiederholt wird vom R. O. H. G. betont, daß die Form nur deshalb wirken könne, weil ein Wille sie belebt. — Von diesem Gesichtspunkte aus muß auch eine Begründung, wie sie von Wächter (Encyklopädie S. 635 im Texte — anders in Note 7) giebt, gekünstelt erscheinen. Er legt in das Versprechen des Wechselschuldners, in die nicht nothwendig im Wechsel enthaltenen Worte „an Ordre" hinein — als wenn sich jeder Wechselschuldner der Formvorschriften des Art. 36 auch nur bewußt wäre —, daß derselbe nur dem Wechselinhaber Zahlung verspreche, der genau den Formvorschriften gemäß legitimirt sei. Dreht man sich hier nicht wirklich im Kreise herum : Legitimirt ist, an wen der Wechselschuldner als legitimirten Inhaber zahlen wollte? Siehe übrigens von Wächter S. 653.
74 und von diesem aus zu dem anderen gelangt sein sollte; es läßt sich eben keiner der beiden Punkte aus dem anderen entwickeln
und ableiten, vielmehr stehen sie als selbstständige Keime oder
Krhstallisationspunkte ebenbürtig und gleich ursprünglich neben Jedenfalls ist ein Rechtsgeschäft, welches eine Ver
einander."
mehrung der Garantie anders als gleichzeitig mit der Begebung des
Wechsels bewirkt, kein Indossament.
Somit wäre, wenn
nicht das frühere, so doch das Prinzipale beim und im Indossa mente der Transport-Effekt. Als die Gesetzgebung das
aus dem Verkehr überkommene
Institut aufnahm, hat sie ihm seine Stelle im Rechtsshsteme ohne Ausnahme unter dem allgemeineren Begriffe der Cession angewiesen ’).
Man stellte indossamentum und cessio als
gleichbedeutend nebeneinander.
Wer den Wechsel durch Trans
portirung erworben hatte heißt „Cessionarius", wenn er durch „bloßer Mandatarius", wenn er nur durch
Voll-Indossament,
Procura-Indossament
hatte.
erworben
Allgemeine
das
Noch
Landrecht spricht in §. 400, 11. Tit., Th. I von der Cession der Wechsel.
Die Verwandtschaft zwischen Cession und Indossa
ment kommt in den §§. 826, 827, Tit. 8, Theil II in der Weise zum Ausdruck, daß eine Cession von Rechten als regel
mäßig im Indossament enthalten anerkannt wird.
Bis in dieses
Jahrhundert hinein blieb die Doctrin?) dabei stehen, daß das Indossament in seinem Kern
nichts anderes sei als Cession.
Hierfür kann man sich auf ein Einverständniß der Theorie be rufen.
Zum Beispiel von den Gegnern
der Uebertragungs-
Theorie bekennen :
*) Man Bergs.
Leipziger W. O. von
1682,
§. IV, Braunschweiger
W. O. Art. XLII; Brandenburger W. O. §. III;
Chursächsisches Mandat
Born Jahre 1699 u. s. f.
2) Ein
so
gründlicher Forscher und Sammler,
tote Bon Martens
(im „Ursprung des Wechselrechts" S. 69 ff.), steht ohne jedes Bedenken aus
dem Boden der
Cessionstheorie, und es
Zweifel daran, daß die Uebertragung
Zweck des Indossaments gewesen seien.
entsteht bei ihm
auch nicht ein
der Wechselforderung
Grund
und
75 Hoffmann*) : Das Indossament habe ursprünglich eine
Übertragung der Anweisung unter selbstständiger Verpflichtung des Indossanten enthalten.
In sehr später Entwicklung erst sei
der springende Regreß an Stelle des Ordnungs-Regresses getreten. G e l p k e 2)3 ; Daß für die Vergangenheit die Unterordnung des Wechselganges vor und rückwärts unter die Grundsätze der
Übertragung von Schuldforderungen, und des Rechts auf Ge währleistung gegen den Wechselgeber als Cedenten unter die all
gemeinen Bestimmungen von der Cession nicht zu verkennen sei.
Volkmar und Löwy2) : „Man muß zugeben, daß vom Hause aus das Giro mehr oder weniger als Cession, und somit
die Haft als Folge der Eviction aufgefaßt worden ist."
Den
Nachweis, daß man vom Uranfang an die Grundsätze der Cession für das Indossament habe gelten lassen, und daß erst sehr spät aus mißverständlicher Würdigung der Tragweite des Satzes von dem Ausschlüsse
der Einreden
ex persona
indossantis eine
Opposition gegen die Ansicht von der begrifflichen Verwandtschaft zwischen Indossament und Cession großgezogen worden sei, hat
Ladenburg4)* längst erbracht. Bei Biener°) finden wir, daß die ältesten Zeichen von
Indossamenten auf das Procura-Indossament, als das der Zeit nach Erste hindeuten, und daß in dem Vaterlande des Indossa
ments, in Frankreich, die Auffassung herrschend gewesen fei6), daß Indossament und Cession zusammenfallen.
Bi en er steht
nicht an, diese Auffassung aus der seiner Ansicht nach grund
falschen Annahme der französischen Juristen zu erklären, daß die Cession eine Sonder-Nachfolge in die Forderung (ohne Mit-
*) Wechsel-Ordnung S. 52 ff. 3) Beiträge rc. S. 53. 8) Bei Goldschmidt, Zeitschrift B. III, S. 131. 4) Vergl. im Archiv B. XIV, S. 172 und öfter. 6) Wechselrechtl. Abhandlungen §. 13 (S. 121 ff.). 6) Daselbst S. 139 und 132 i. f. ff. Die Theorie des franz. Rechts hält daran noch heute fest. bei Löhr, Centralorgan N. F. B. III, S. 327 ff.
Hartmann
76 Wirkung des Schuldners) zulasse —, was er eine Versündigung
an dem römischen Rechte nennt *).
Hierin und hierin allein
sieht er den grundsätzlichen Gegensatz zwischen Indossament und Cession.
In seiner Theorie des Wechselrechts*2)
hält er allen
Gegnern, insbesondere ©inert, entgegen, daß es unrichtig sei, an der Thatsache des Uebergangs der Regreßrechte des Indossanten
zu zweifeln, und erklärt sich durchaus einverstanden mit dem,
was die Motive zum Preußischen Entwürfe über die Verwandt schaft von Indossament und Cession sagen.
Es erfüllt sich somit
an ihm, was vom Anfang hier behauptet wurde, daß die Oppo sition gegen die Uebertragungs-Theorie von einer grundirrigen
Auffassung über die Natur der Cession ausgegangen ist. selbe wiederholt
sich
bei Kuntze.
Das
Weil seiner Ansicht nach
obligatorische Verhältnisse unlöslich sind von den Personen des
ursprünglich Berechtigten und Verpflichteten, deshalb ist er grund sätzlicher Gegner der Cessions-Theorie.
Aber die Dogmen der
Kreation und Novation verlieren ihre Bedeutung für das In
dossament, wenn es richtig ist, was Kuntze grundsätzlich ver wirft, daß die Forderung übertragbar ist ohne Mitwirkung des Schuldners3). Im Laufe der Entwicklung der neueren, so überaus inhalts reichen Forschung über die rechtliche Natur des Indossaments
sieht man
überall als Quelle der Opposition gegen die Ueber
tragungs-Theorie jene anderweite Auffassung des Charakters der
Cession auftauchen 4). *) s) 3) B. XI,
©inert hatte seiner Zeit die Cessions-
a. a. O. S. 137. Abhandl. IV, S. 423 ff. Ausführlich über die Gegnerschaft Kuntze's Ladenburg im Archiv S. 405, B. XII, S. 253 ff. (im Grunde genommen fei nur der
Wortunterschied vorhanden „„verpflanzt"" und „überträgt") und Replik und Duplik im Archiv B. XIV, S. 1 ff. und 283 ff. 4) Prägnant tritt dies bei Jolly (im Archiv B. IV, S. 374 ff.) her
vor. Seine ganze Ausführung fußt auf dem Satze (S. 391 das.) : „In eine Forderung ist eine Singular-Succession unmöglich, nur ein ähnlicher
Erfolg kann . . . herbcigeführt werden." Und nun galt es. für ihn zu er klären, wie dieser Erfolg beim Indossament herbeigeführt wird, und hieraus wieder die rechtliche Natur des Indossaments zu bestimmen.
77 Theorie aus dem Felde schlagen können, weil eben damals von der Wissenschaft das Resultat der Mühlenbruch'scheu For schung : die Obligation sei untrennbar mit den Personen ver
bunden, zwischen denen sie entstanden ist, anerkannt war.
Wider
sprüche, wie die, einerseits bei der Uebertragung den neuen Gläubiger klagen zu lassen aus dem Rechte des früheren und
ihn
als eingetreten
in
vorhandene,
fortbestehende
rechtliche
Beziehungen zu betrachten, deren endliche Aufhebung erst ihm
ein eigenes Recht verleihen würde, und andererseits den In
dossatar als eigenberechtigten Gläubiger hinzustellen, dessen Recht mit den persönlichen Beziehungen des Schuldners zu dem früheren
Gläubiger gar nichts zu thun habe — solche Widersprüche sind unlöslich.
Was half es zu sagen: das Indossament ist eine
Uebertragung mit eigenthümlichen Wirkungen? Die eigenthüm
lichen Wirkungen waren solche, daß sie die Verwandtschaft auf
hoben.
Wenn trotzdem das Gesetz sanctionirte, daß durch das
Indossament eine Uebertragung von Rechten bewirkt werde, so
erklärte doch die Doctrin diesen Effekt aus einem anderen Grunde als einer kontraktlichen Uebertragung.
Sie leugnete dieselbe
und setzte an die Stelle der Rechtsübertragung eine Reihe von
anderen Theorien, welche die Lücke auszufüllen bestimmt waren. Aber bei allen diesen Versuchen findet sich immer wieder, daß
es schwer hält, den Buchstaben des Gesetzes sowohl, wie das
nach der Entwickelung des Rechts-Instituts demselben ureigenste
Element zu streichen und anderweit zu ersetzen.
Ueberall scheint
die Uebertragung hervor, freilich nur die Uebertragung, welche
begrifflich eine Sonder-Nachfolge in die Forderung bedeutet. ') G o l d s ch m i d t*2) hat die Uebertragung von der Forderung
*) Daß der Verfasser
im Folgenden weder eine Uebersicht noch eine
Kritik der abweichenden Theorieen zu geben beabsichtigt, braucht wohl nicht
erst erwähnt zu werden.
Seiten oft geschehen.
Beides ist in Lehrbuch und Aussätzen von berufenen
Es soll an einzelnen hervorragenden Theorieen lediglich
versucht werden zu beweisen, was soeben behauptet wurde. 2) In der Zeitschrift B. VI (der Erwerb dinglicher Rechte an Mobilien
S. 225 ff.), S. 314 ff.
78 Das mag zwar dem Buchstaben des
verlegt in die Sache.
Gesetzes entsprechen; ob aber dem Sinne desselben? der Auf
fassung der berathenden Konferenz? dem wirklichen Inhalte des zu deutenden Rechtsgeschäfts? Nur des letzteren ist hier noch zu
gedenken. Es heißt
also bei Goldschmidt, daß
allerdings eine
Uebertragung durch das Indossament bewirkt werde, nicht zwar der Wechselforderung, sondern des Wechselpapieres.
Die Tra
dition der Wechselurkunde mit dem Willen, den Erwerber zum Eigenthümer derselben zu machen, bewirke in dem wechselrecht
lichen Geschäfte des Indossaments, daß nunmehr der Indossatar die Wechselforderung gegen die Wechselschuldner geltend machen
könne.
„In der Uebertragung des Eigenthums der Urkunde
verkörpert sich der Wille des Gebers und Nehmers, daß in der
Person des Letzteren die Wechselforderung (welche übrigens wäh rend des Umlaufs „ihre unveränderliche Gestalt, wie sie einmal
durch Ausstellung des Papieres begründet war", behält) zur Entstehung gelange."
Ist dies nicht gleichbedeutend mit : nach
den Willen der Kontrahenten soll die Wechselforderung auf den
Indossatar übergehen ? Freilich ist die Uebertragung der Urkunde nothwendig, um dies zu bewirken, weil in ihr die Wechselforde
rung verkörpert ist; aber man wird wohl nicht verneinen dürfen, daß der Wille
der Kontrahenten eben auf Uebertragung der
Forderung durch Besitzübergabe der Urkunde (und nach dem
Inhalte des schriftlich beurkundeten Vertrags) gerichtet ist.
So
lange die Uebertragung einer Forderung möglich ist, möchte man
das Rechtsgeschäft
doch
nicht
anders als aus dem erklärten
Willen der Kontrahenten bestimmen können, nämlich als Ueber
tragung der Wechselforderung. Volkmar und Löwy') sagen : das Indossament ent-
*) Die Entwicklung der Theorie insbesondere in der „Einleitung" zu „Die deutsche Wechsel-Ordnung" (1862). Gegen Volkmar und Löwy aussllhrlich Hartmann in Löhr's Centralorgan N. F. B. III, S. 336 ff. und Hoffmann im Archiv B. VII, S. 482 f. u. a.
79 halte keine Uebertragung, sondern sei in Bezug auf die Trans portwirkung nichts anderes, als ein Zeichen der bewirkten Besitz entäußerung.
dossament als
Sie definiren nach positiver Seite hin das In
eine Bürgschaftsleistung,
also
einen Vertrag.
Negativ soll dann das Indossament eben nur Zeichen einer Be
sitzentäußerung sein.
Man muß wohl beachten, daß nach der
positiven Seite hin von dem Rechtsgeschäft „Indossament",
nach der negativen Seite hin indeß nur von einem Zeichen,
also von der Form „Indossament" geredet wird.
Ist die sicht
bare Erscheinung, die Form des Indossaments, ein Zeichen be wirkter Besitzentäußerung,
so muß dieser Erklärung ein Willen
dessen entsprochen haben, der sie niedergeschrieben hat.
Der
Indossant giebt also in dem Rechtsgeschäfte Indossament die
Willenserklärung ab, daß er sich eines Besitzes entäußere.
Er
giebt diese Erklärung zu Gunsten eines Anderen, welchen er der Regel nach direkt benennt, dem er den Wechsel in die Hand
giebt.
Der Andere will seinerseits den Besitz ergreifen und
nimmt deshalb den Wechsel an.
Begegnen sich hier nicht zwei
Willenserklärungen, die eine auf Besitzentäußerung, die andere
auf Besitzergreifen gerichtet und liegt hierin nicht ein vertrags mäßiges Handeln? Es würde sich also noch darum handeln, ob
wir es mit einer vertragsmäßigen Uebertragung des Papieres oder der Rechte aus dem Wechsel zu thun haben — eine Frage,
bezüglich deren man lediglich auf das Gesetz und den faktischen
Inhalt der beiderseitigen Willenserklärungen *) zu verweisen hat.
*) Es sei hierzu erwähnt, daß in einer Entscheidung des R. O. H. G. vom 23. Februar 1875 (B. XVI, S. 149) in Rücksicht auf einen praktischen Fall gesagt wird : „Es ist eine frivole Ausstellung des Beklagten, daß Gegenstand des Kaufs nur das Papier gewesen wäre ohne Rücksicht auf seine rechtliche Geltung als Wechsel." Man mag hieraus doch wohl das
ersehen können, wie wenig eine Theorie, welche als den Prinzipalen Inhalt des Rechtsgeschäfts die Uebertragung des Papiers annimmt, den faktischen Inhalt des Rechtsgeschäfts berücksichtigt. Es heißt in der Entscheidung weiter : „Der Verkäufer (cedirt nicht ein persönliches Gläubigcrrecht, sondern er) soll und will nur die Ansprüche übertragen, welche in dem Wechsel selbst ver körpert sind, an ihm haften" rc. Wenn somit positiv behauptet wird, daß
80 Nach Si ebenhaar l) würde das Indossament als Rechts geschäft sogar drei einseitige Willenserklärungen enthalten, aber
ein obligatorisches nicht sein.
Nämlich : der Transport-Effekt
des Indossaments ist die Wirkung eines nicht obligatorischen
Rechtsgeschäfts, vielmehr eines Aktes der Entäußerung durch die Uebergabe des Wechsels von Seiten des Veräußerers und Empfang
nahme von Seiten des Erwerbers.
Es verhält sich damit gerade
so, wie mit der Uebergabe einer körperlichen Sache in der Ab
sicht, das Eigenthum daran auf den Empfänger zu übertragen
und mit der Empfangnahme derselben in der Absicht, Eigenthum daran zu erwerben.
Außerdem aber vollzieht sich in dem In
dossament noch eine Wechsel-Operation, eine einseitige Erklärung des Indossanten, daß er gleichfalls Schuldner sei, welche von
Niemand acceptirt wird,
sondern von dem Objekte Wechsel ent
gegen genommen und seinem Werthe hinzugefügt wird.
Abge
sehen von diesem letzteren, merkwürdigen Versuch, ein Abhängigkeitsverhtzltniß zwischen Person und Objekt zu konstruiren — richtiger machen Volkmar und Löwh den Wechsel gleich zum
Gläubiger2) — haben wir in den klarsten Worten statt der cessio die traditio.
Die verkörperte Forderung wird zum Körper
und dann steht man nicht an, eine Uebertragung im Indossa mente anzunehmen. Auch bei Thöl und seiner Schule findet sich der Anklang
an die Uebertragung. Jolly2),
der
wie Thöl
anmerkt,
der
Thöl'schen
der Verkäufer Ansprüche und keine Sache übertragen wolle und könne, so versetzt doch die weitere Ausführung wieder mitten in die Theorieen von Volkmar und Löwy und Siebenhaar u. a. *) Im Archiv B. XVI, S. 115 ff. Dagegen Hoffmann a. a. O. S. 484 bis 487 und noch ausführlicher Gareis im Archiv B. XVII, S. 266 ff. *) Vergl. Volkmar und Löwy Wechselordnung S. XII sub 5) und hierzu Kuntze im Archiv B. XII, S. 6. •) Im Archiv B. IV, S. 374 und V, S. 37 ff. Dagegen u. a. Hart mann in Löhr a. a. O. S. 335 f., Volkmar und Löwy a. a. O. §. 28, S. 55 und noch ausführlicher Ladenburg im Archiv B. XII, S. 263 ff.
81
Theorie durchaus nicht so fern steht, wie er selbst glaubt und behauptet, giebt in der That der Rolle des Indossanten einen so weiten Inhalt,
daß
er seine Theorie der Uebertragungs-
theorie ihrem Wesen nach sehr nahe bringt.
Er sieht mit Thöl
im Indossament ein Wechselversprechen, erkennt aber als das Prinzipale die früher von einem Transporte abhängig gemachte Wirkung.
Diese hält er freilich nicht für Wirkung des Indossa
ments, sondern für begründet in dem Inhalte des Wechselver
sprechens, welches nicht einem bestimmten Gläubiger, sondern
Jedem gegenüber abgegeben sei, der in seiner Person die Eigen schaften erfülle, an welche nach dem Willen des Schuldners die Gläubigerschaft geknüpft sein sollte.
Nun fällt dem Indossa
mente die Aufgabe zu, den Gläubiger zu individualisiren.
Der
Wechselnehmer ist berechtigt, durch Erfüllung der desfallsigen wechselrechtlichen Vorschriften, durch Indossament, einen Anderen
an seiner Statt zum Gläubiger zu machen.
Diese Thätigkeit
übt er aus durch eine Willenserklärung, und die Willenserklärung
ist enthalten im Indossamente.
Wenn nun der Indossant sich
dahin erklärt, daß er sein Recht zu Gunsten der anderen be
stimmten Person aufgebe, so bedarf es doch wohl zweifellos auch noch
des erklärten Willens
werden.
des Anderen, um Gläubiger zu
Wird dieser schließliche Effekt, daß der Indossatar an
Stelle des Indossanten Gläubiger wird, durch das Indossament
— einen Vertrag — erreicht, so liegt nicht fern, die Wirkung, den Transport des Gläubigerrechts, eben eine Folge des Ver trages zu nennen.
Was aber den Inhalt des von dem Wechsel
schuldner gegebenen Versprechens anlangt, so geht dasselbe dahin, daß der Schuldner sich von vornherein mit der Uebertragung
des Rechts an
den von seinem Gläubiger bestimmten neuen
Gläubiger einverstanden erklärt hatte. Thöl selbst streicht das Transport-Element gänzlich aus dem Indossamente; denn der Effekt, daß der Indossatar neben dem Wechselversprechen des Indossanten
auch Gläubigerrechte
gegen den Acceptanten und die Vor-Jndossanten erhält, wird
82 nicht durch das auf dem Wechsel beurkundete Rechtsgeschäft er reicht ; der Vertrag, welcher den Effekt vermittelt, wird nicht
zwischen dem Indossanten und Indossatar als Kontrahenten ge schlossen, findet in der Form des Indossaments keinen Ausdruck, und der Indossant steht ihm gegenüber als Zuschauer.
Was
seit der Entstehung des Indossaments als dessen eigenste, Prin zipale Wirkung anerkannt wurde, dafür findet sich nun im In
dossamente selbst kein Inhalt mehr vor.
Man vergegenwärtige
sich dagegen den Verlauf der Verhandlungen zwischen dem In
dossanten und Indossatar, so wie sich dieselben der Regel nach im Verkehrsleben abspielen.
Mag nun der Titel zum Indossa
mente, das diesem Akte zu Grunde liegende Geschäft sein, was es wolle : Kauf, Hingabe an Zahlungsstatt, Tausch, Schenkung
oder irgend ein Anderer — der Regel nach wird auf Seiten
des Erwerbers das Interesse an dem Geschäfte nicht in dem Erwerbe des neuen Wechselversprechens seines Mitkontrahenten,
sondern in dem Erwerbe der bereits vorhandenen Wechselver
sprechen stecken.
Hiervon handeln die Abmachungen zwischen
den Kontrahenten, hierfür zahlt oder verrechnet der Erwerber
regelmäßig einen Preis, die Valuta.
Und dennoch soll der 3«'
dossant dem Rechtsgeschäfte, welches den Erwerb der Wechsel
versprechen vermittelt, nur gegenüber stehen als Bote oder Brief? In der That ist auch für die Thöl'sche Lehre die Thätigkeit
des Indossanten eine andere wie die eines Boten oder Briefes. „Durch das Indossament wird für die ursprünglich beauftragte Zahlung ein anderer Empfänger bestimmt", durch das Indossa
ment, also durch die beurkundete Willenserklärung des Indossanten. Ist es unrichtig zu sagen, daß in dem neuen Zahlungsempfänger
von dem Indossanten der Forderung ein neuer Gläubiger be stimmt wird? Wenn nun aber, was freilich Thöl leugnet, be grifflich möglich ist, daß
ohne Mitwirken des Schuldners sich
die Forderung vom alten Gläubiger loslvsen und aus den neuen übergehen kann, so bedarf es, um den von den Kontrahenten
gewollten Effekt
herbeizuführen, weder der Vermittelung des
83
Uebergangs durch Zahlungsauftrag T), noch eines neuen Vertrages mit dem Schuldner.
Die Wirkung des Transport-Elements sehen Thöl und
unsere Entscheidungsgründe sich verwirklichen durch die Stellung des Wechsels an Ordre.
Mit dem Zusatze „Ordre" sollen der
Trassant, Acceptant, Indossant ihren Willen dahin erklären, daß
sie nicht nur ihrem unmittelbaren Kontrahenten, sondern auch jedem späteren Nehmer des Wechsels, der mit ihnen kontrahiren
In diesen Worten ist die Offerte
wird, sich verpflichten wollen. der Wechselschuldner,
welche der jedesmalige Wechselgläubiger
weiter befördert, enthalten.
Selbstredend, daß sie eine schrift
liche sein muß: denn dies erfordert schon die formale Natur
der Wechselobligation, und ohne Schriftlichkeit würde die Rolle des Indossanten eine andere sein.
Nun ist aber nach der W. O.
zur Erzeugung der Wirkungen des Indossaments, welche man als Wirkung des Transport-Elements bezeichnet, durchaus nicht
erfordert, daß der Wechsel ausdrücklich „an Ordre" laute, der Wechsel ist vielmehr begebbar ohne Aufnahme der Ordre-Klausel.
Eine solche Bestimmung entspricht durchaus den Grundsätzen der
Uebertragungs-Theorie;
denn die Wechselforderung muß,
wie jede andere, ihrem Wesen nach übertragbar sein, ohne daß
es einer ausdrücklichen Bestimmung des Schuldners bedürfte^).
*) Die Anhänger Th öl's streichen zumeist den Zahlungsauftrag, für welchen sich allerdings z. B. bei acceptirter Tratte im Indossamente gar kein Inhalt mehr vorfindct. Man kommt dann zu der reinen von S o h m (bei Goldschmidt Zeitschrift B. XVII, S. 74 ff.) entwickelten Accept-OffertenTheorie, von welcher im Anschluß an das reichsoberhandelsgerichtliche Prä judiz hier ausgegangen ist. Vergl. von Wächter, Encyklopädie S. 1020. Die Offerten-Theorie de Fontenay’s (in Goldschm idt's Zeit schrift B. XVIII, S. 4) steht zu fern, als daß sie hier mehr wie genannt werden könnte. Dagegen siehe Ladenburg im Archiv 92. F. B. VI.
*) Wird sie aber hinzugefügt, so bedeutet sie, wie Bi en er sagt, daß vom Wechselschuldner „im Voraus eine Einwilligung zu weiteren Sessionen gegeben wird." Diese Auslegung wird von Fick (bei Goldschmidt, Zeitschrift B. III, S. 683 ff.) lebhaft bekämpft Vergl. indeß auch Laden
burg im Archiv B. IX, S. 344.
Eine ähnliche Auffassung des R. O.
84 Sie entspricht aber nicht der Thöloschen Grundlehre, wie dieser
selbst gesagt und nachgewiesen
hat.
Er
behauptet
von dem
Rechtssatze, daß er „leider" festgestellt sei und „legislative Weis
heit sich nicht in ihm offenbare." nicht tadeln will,
Wer den Gesetzgeber deshalb
wird eher die abweichende Theorie verwerfen.
§. 10.
Die Uebertragungs-Theorie. Die Uebertragungs-Theorie kommt zu folgendem Ergebnisse: Im Voll-Indossament überträgt der Indossant seine Rechte
aus dem Wechsel, insbesondere auch die ihm persönlich zustehende
Befugniß l), den Wechsel weiter zu indossiren, und giebt als Gewährleistung ein neues Wechselversprechen.
Mit der Wechselforderung überträgt
der Indossant auch
alle accessorischen Rechte, zum Beispiel diejenigen, welche er aus einer Wechsel- oder einfachen Bürgschaft gegen andere Personen
hatte, auch die zur Sicherung der Wechselforderung gegebenen
Pfandrechte?).
Allerdings werden hiervon betroffen nur die für
die Wechselforderung ausdrücklich bestellten Rechte*3).4 * *Diese *8
H. G.
über die Bedeutung der Klausel „an Ordre" siehe unten S. 90,
N. 1.
4) Das Gesetz (Art. 10) vermertt ausdrücklich, daß auch diese Befugniß mit übertragen werde. Kann man eine Befugniß von einer Person getrennt denken? Der Indossatar erhält also dieselbe Befugniß, welche bis dahin der Indossant hatte, d. h. der Indossant überträgt sein Recht. 2) So sogar Thöl (§. 151, Note 7), indem er zur Erklärung des Uebergangs auch dem Versprechen des Pfandschuldners die Ordreklausel an hängt. — Kuntze (D. W. R. §. 17, S. 57) läßt dasselbe als Ausnahme gelten : „Das Indossament wirkt eine translatio obligationis iure novationis mit der einzigen Ausnahme, daß falls dem Wechsel eine Pfandklausel beige fügt ist, das Pfandrecht nicht bloß durch die Begebung des Wechsels nicht erlischt, sondern mit seinen Qualitäten auf den jedesmaligen Wechselberechtigten ungeschmälert übergeht."
8) Man vergl. von Wächter Encyklopädie S. 164 und S. 147, N. 1. Bei Besprechung „des Wesens und der Wirkungen des Indossaments" leugnet
84 Sie entspricht aber nicht der Thöloschen Grundlehre, wie dieser
selbst gesagt und nachgewiesen
hat.
Er
behauptet
von dem
Rechtssatze, daß er „leider" festgestellt sei und „legislative Weis
heit sich nicht in ihm offenbare." nicht tadeln will,
Wer den Gesetzgeber deshalb
wird eher die abweichende Theorie verwerfen.
§. 10.
Die Uebertragungs-Theorie. Die Uebertragungs-Theorie kommt zu folgendem Ergebnisse: Im Voll-Indossament überträgt der Indossant seine Rechte
aus dem Wechsel, insbesondere auch die ihm persönlich zustehende
Befugniß l), den Wechsel weiter zu indossiren, und giebt als Gewährleistung ein neues Wechselversprechen.
Mit der Wechselforderung überträgt
der Indossant auch
alle accessorischen Rechte, zum Beispiel diejenigen, welche er aus einer Wechsel- oder einfachen Bürgschaft gegen andere Personen
hatte, auch die zur Sicherung der Wechselforderung gegebenen
Pfandrechte?).
Allerdings werden hiervon betroffen nur die für
die Wechselforderung ausdrücklich bestellten Rechte*3).4 * *Diese *8
H. G.
über die Bedeutung der Klausel „an Ordre" siehe unten S. 90,
N. 1.
4) Das Gesetz (Art. 10) vermertt ausdrücklich, daß auch diese Befugniß mit übertragen werde. Kann man eine Befugniß von einer Person getrennt denken? Der Indossatar erhält also dieselbe Befugniß, welche bis dahin der Indossant hatte, d. h. der Indossant überträgt sein Recht. 2) So sogar Thöl (§. 151, Note 7), indem er zur Erklärung des Uebergangs auch dem Versprechen des Pfandschuldners die Ordreklausel an hängt. — Kuntze (D. W. R. §. 17, S. 57) läßt dasselbe als Ausnahme gelten : „Das Indossament wirkt eine translatio obligationis iure novationis mit der einzigen Ausnahme, daß falls dem Wechsel eine Pfandklausel beige fügt ist, das Pfandrecht nicht bloß durch die Begebung des Wechsels nicht erlischt, sondern mit seinen Qualitäten auf den jedesmaligen Wechselberechtigten ungeschmälert übergeht."
8) Man vergl. von Wächter Encyklopädie S. 164 und S. 147, N. 1. Bei Besprechung „des Wesens und der Wirkungen des Indossaments" leugnet
85 aber werden als Nebenrechte folgerecht mitübertragen, falls sie nicht durch Vereinbarungen ausgeschlossen werden, und aus der
Thatsache, daß sie übertragen werden, folgt, daß der Indossant
seine Forderung überträgt.
Das Blanko-Indossament ist Voll-
Indossament und nur in der Form privilegirt.
In dem Falle
des vorhandenen Blanko-Indossaments aber läßt das Gesetz eine
weitere Uebertragung der Wechselrechte lediglich durch mündlichen Vertrag und Uebergabe der Urkunde zu. heißt nicht „Indossament."
Dieses Rechtsgeschäft
Die Verwandtschaft zwischen dem
selben und dem Indossament geht aber aus der Bestimmung
des Art. 13 W. O. und den Motiven zum Preuß. Entwürfe aufs Klarste hervor.
In den letzteren heißt es : „Die Begebung
durch bloße Uebergabe hat in Bezug auf den Uebergang der
Rechte an und
aus dem Wechsel dieselbe Wirkung, wie
eine Begebung durch Indossament" 1). derselbe den Uebergang der Rechte des Indossanten im Indossamente; ins besondere
erlange der Indossatar nicht die Rechte des Indossanten gegen
den Bezogenen in Betreff der diesem gemachten Deckung Versprechen, den Wechsel zu acceptiren und dergleichen.
oder aus einem
Man wird zugeben
müssen, daß dies keine Nebenrechte der Wechselforderung, sondern Rechte aus nebenhergehenden Verträgen sind, denen der Charakter eines accessorischen
Rechts nicht zukommt. *) Bei diesem Rechtsgeschäfte
erkennt Thöl (§. 127, S. 485) an, daß
der Uebertragende möglicherweise hafte
gleich einem Cedenten.
Damit fällt
für ihn die in den Motiven anerkannte Verwandtschaft des Rechtsgeschäfts mit dem Indossamente hinweg.
eine solche nicht zugeben.
Auch unsere Entscheiduugsgründe könnten
Die Rolle des Boten oder Briefs möchte freilich
dem Inhaber des Wechsels, der diesen weiter giebt, ebensowohl zufallen wie dem
Indossanten, und die Offerte des früheren Wechselschuldners könnte
ebensowohl an den durch Indossament wie durch Uebergabe des Wechsels bezeichneten neuen Gläubiger lauten; — oder muß sie es nicht?
— Aber
schwer zu rechtfertigen wäre dann, daß der Inhaber, welcher seinerseits den Wechsel weiterbegiebt,
sein
Gläubigerrecht wieder verliert.
Müßte er es
nicht vielmehr behalten, weil es weder nntergehen, noch nach dieser Theorie
übertragen werden konnte? — Lesse (im Centralorgan N. F. B. III, S. 29 ff.) nennt als das Eigen thümliche dieser Uebertragung, daß der Begebende wechselmäßig nicht hastet, weiset aber in ausführlicher Betrachtung nach, daß im Uebrigen dies Rechts geschäft und das Indossament im Wesentlichen übereinstimmen. —
86 Ein Voll-Indossament mit seinen Wirkungen wird regel mäßig als von den Kontrahenten gewollt angenommen, wenn nicht ein anderer Wille in der äußeren Form, in welcher das
Indossament erscheint, beurkundet ist.
Das Rechtsgeschäft hört nicht
auf Indossament zu sein,
wenn auch der Indossant ein Wechselversprechen gar nicht abgiebt, also
„ohne Obligo" indossirt.
Denn der wesentliche
Inhalt des Rechtsgeschäfts, der Transport von Rechten, bleibt, und nur die Gewährleistung, und zwar jede Gewährleistung 1),
ist ausgeschlossen.
Im Indossament ohne Obligo wie im Voll-
Indossament ist nur die Wechselforderung übertragen, und dar
aus erklärt sich, daß die Gegenansprüche, welche dem Wechsel schuldner gegen solchen Indossanten zustanden, beim Voll-Indossament,
ebensowenig wie
dem Indossatar entgegengesetzt werden
können2). Auch von Wächter will die Grundsätze der Cession auf diese Ueber-
tragung anwenden, „wenn die Hingabe des in blanco girirten Wechsels zum Zwecke der Cession geschehe"
(S. 921),
also daß die Cession (wie sonst
Kauf rc.) wieder den Titel zur Cession abgeben würde. *) Entwickelt in dem Erk. des Ob. Trib. vom 30. November 1865, bei Borchardt Zus. 247, S. 104. 2) von Wächter (a. a. O. S. 1030) erkennt als Wirkungen des In
dossaments ohne Obligo wie der weiteren Uebertragung bei vorhandenem
Blanko-Indossament, „daß
der Erwerber des Wechsels
in die Rechte des
übertragenden Nehmers gegen die früheren Geber des Wechsels eintrete"
und zwar in der Art, daß sein nunmehriger Wechsel-Anspruch an dieselben
ein selbstständiger sei, so
daß ihm nicht Einreden aus unterliegenden Ver
hältnissen des Uebertragenden zu den Wechselschuldnern eutgegengesetzt werden
können.
Sonach wäre ihm also diese Uebertragung das, was hier vom In
dossament behauptet wird : eine Sondernachfolge in die Wechselforderung, und auf dieser Grundlage wäre die begriffliche Verwandtschaft aller dieser Rechtsgeschäfte wieder hergestellt, welche an anderen Stellen geleugnet wird.
So heißt es bei Demselben (S. 505) von dem Indossament „ohne Obligo" :
„Ein solches Indossament behält zwar die Funktion der Uebertragung der Wechselrechte, aber der Indossant haftet nicht aus demselbeu.
Er kann in
der Regel auch nicht civilrechtlich als Cedent einer Forderung von seinem Indossatar in Anspruch genommen werden."
Sollte also doch wohl zuweilen
in dem Indossament eine Cession stecken? Oder ist das Indossament „ohne Obligo" wieder eine besondere Art Rechtsgeschäft?
87 Vom „Indossament" kann nicht gesprochen werden, wenn
keine Begebung des Wechsels stattgefunden hat.
Denn seiner
Natur nach fordert das Indossament eine Uebertragung von
Rechten, und das Wechselversprechen
des Indossanten ist eben
nur eine Garantie, wie eine andere Art der Gewährleistung bei der Session.
Rücken
dem
Deshalb ist ein in einem einzelnen Namen auf des
Wechsels
beurkundetes
Rechtsgeschäft
nicht
immer') Indossament, sondern nur dann, wenn eine Be
gebung des Wechsels, also eine Uebertragung der Rechte aus
dem Wechsel damit verbunden gewesen ist. Das Indossament ist das Rechtsgeschäft, durch welches die
Wechselforderung und nur diese übertragen wird.
Wechselgläubiger kann auch ein Anderes
Ein
wollen, nämlich die
Wechselforderung mit sammt den aus dem unterliegenden Ver trage gegen seinen Schuldner bestehenden Rechten (folglich auch Pflichten) auf einen Anderen übertragen wollen.
Man begreift
unter diesem Rechtsgeschäfte gemeiniglich die „Cession der Wech
selforderung", während es richtiger heißen sollte: die Cession der Rechte aus dem Wechselschluß, dem Vertrage, der zur Ent stehung der Wechselforderung diente.
Eine solche Cession wird
allerdings in ihren Wirkungen von dem Indossamente verschieden sein, weil eine andere Forderung übertragen wird 2).
Schwerlich
müßte man indeß aus dem Gebrauche des Wortes : „ich cedire" auf dem Rücken des Wechsels folgern, daß die Kontrahenten
nicht
Uebertragung der
*) Es kann Aval sein.
Wechselforderung, sondern der
Entsch.
d. R. O. H.
G. vom 21. Januar
1874 (B. XII, S. 255 ff.). *) Man kann durchaus der Ansicht Renaud's (a. a. O- §■ 50, Anm. 1)
fein, daß nämlich „die Wechselcesfion kein wechselmäßiges Geschäft fei", ohne doch die Ansicht theilen zu müssen,
daß die ältere Theorie, welche in
dem Indossamente eine Cession annahm, falsch sei.
Renaud, der in dem
Indossamente eine Sondernachsolge in die Wechselforderung
sieht, würde
eher zu den Anhängern der Cessivnstheorie zu rechnen sein, wenn er bei der Cession eine Sondernachsolge in die Forderung zulassen wollte. oben §. 4, S. 23.
Vergl.
88
—
anderweiten, zwischen ihnen bestehenden Rechte und Pflichten
gewollt hätten.
Man nehme folgende Beurkundung auf dem
Wechsel : Ich übertrage die Rechte aus dem Wechsel auf den
N. N. und verpflichte mich wechselmäßig zur Zahlung der Wechsel
summe.
Eine solche Beurkundung würde wörtlich dem in Art. 10
und 14 W. O. angegebenen Inhalte eines richtigen Voll-Jndossaments entsprechen und als solches doch wohl gelten müssen
trotz des Gebrauchs des Wortes: „ich übertrage."
Aendert
nun hieran, daß man das Wort : „ich cedire" gebraucht, welches
doch allgemein und besonders im Verkehrsleben für gleichbedeutend
mit : „ich übertrage" erachtet wirdx) ? Ließen die Kontrahenten freilich durch einen weiteren Zusatz erkennen, daß sie nicht bloß
die Wechselforderung (die Rechte aus dem Wechsel) cedirt wissen
wollten, so würde die Beurkundung „Indossament" nicht heißen, das Rechtsgeschäft „Indossament" nicht sein können.
Es wäre
eine Beurkundung, bezüglich deren der Wechsel nichts wäre als
das Papier, ist,
auf welchem das Rechtsgeschäft niedergeschrieben
das besser außerhalb des Wechsels
hätte.
Der Name „Indossament"
eine Stelle gefunden
ist überliefert für das auf
dem Rücken des Wechsels beurkundete Rechtsgeschäft, durch welches
lediglich die Rechte aus dem Wechsel übertragen werden. Man mag, um den Unterschied hervorzuheben, betonen, daß
unter der regelmäßig außerhalb des Wechsels, nur zufällig auf dem Wechsel beurkundeten Cession ein ganz anderes Rechtsge
schäft verstanden werden müsse2).
Aber man schlägt damit nicht
*) Fast allgemein (vergl. z. B. von Wach ter a. a. O. S. 497, Note 22) wird nach dem Vorgänge Th öl's gelehrt, daß der Vermerk „ich cedire" („ich trete ab") niemals ein Indossament bedeuten könne. Dies wird indeß allein gefolgert aus der grundsätzlichen Verneinung der UebertragungsTheorie.
!) von Wach ter (a. a. O. S. 920) u. A. nimmt neben dem Indossa ment noch eine Cession, 1) der Wechselforderung allein, 2) der Wechselforde rung und der außerhalb des Wechsels liegenden Ansprüche des Cedenten als möglich an. Es soll nicht bestritten werden, daß die Kontrahenten einen Pakt vereinbaren könnten, nach welchem nur die Wechselforderung und
89 die Uebertragungs-Theorie.
Daß dies dennoch geschehen konnte,
läßt sich erklären, weil mehrfach Urtheile in Theorie und Praxis in dem Indossamente, da es eine Uebertragung enthalte, für
den Fall der Ungültigkeit oder Unzulässigkeit der Uebertragung der Wechselforderung unter allen Umständen noch eine
Uebertragung der verbleibenden Schuldverhältnisse angenommen
haben.
Das Eine ist nicht das Andere, und ob das Andere
bei der Ungültigkeit des Einen gewollt sei, ist eben eine von
Fall zu Fall zu beantwortende Fragex).
Die Folgen der von den Kontrahenten gewollten Ueber tragung der Wechselforderung hängen durchaus davon ab, ob
und welche Rechte vorhanden sind und welchen Inhalt diese Rechte haben.
Beim Indossament „ohne Obligo" ist selbstverständlich, daß
der neue Indossatar keine Wechselforderung gegen seinen In
dossanten übertragen kann; denn diese ist nicht vorhanden.
Giebt
der Aussteller eine Tratte „nicht an Ordre", so sagt er, daß er die Uebertragung seines Wechselversprechens nicht wolle — seines
Wechselversprechens und nur dieses.
Denn das Verbot steht
auf dem Wechsel und bezieht sich deshalb nur auf die abstrakte, in dem Wechsel verkörperte Forderung, welche ihre selbstständige
Existenz außerhalb der zwischen dem Geber und Nehmer außer-
eben mit der Haftung des Cedenten, wie sie bei der Cession üblich ist, über
tragen werden soll.
(Man vergl. die
Entsch. des R. O. H. G. vom 28.
October 1873 in Band XII, S. 250 ff.).
Sie könnten (oder müßten zur
Wirksamkeit) diesen Pakt unter den landesgesetzlich für die Cession üblichen Formen, eventuell unter Beglaubigung der Unterschrift abschließen.
Weder
aber wäre die Wirkung solcher Vereinbarung, daß Kraft der Natur der
Cession nunmehr der Cessionar „nur das Recht des Cedenten geltend macht und alle Einreden oder Gegenansprüche, welche der Schuldner gegen den
Cedenten hatte, von ihm nun auch dem Cessionar entgegengehalten werden könnten" (denn dies ist sogar für die Cession civilrechtlicher Forderungen
unrichtig), noch beweiset solche Möglichkeit,
daß in dem Indossamente eine
Cession der Wechselforderung unter eigenthümlicher Gestaltung der Gewähr leistung des Cedenten nicht gegeben ist.
*) Siehe hierunter im Text.
90
dem noch bestehenden rechtlichen Verhältnisse führt.
Es mögen
die Kontrahenten möglicherweise mit dem Verbote auch die Un
übertragbarkeit dieser anderen Rechte und Gegenrechte gemeint
haben 1). daß
Für die wechselrechtlichen Folgen hat nur Bedeutung,
das Verbot jedenfalls für die Wechselforderung als
solche besteht.
Handelt nun der Wechselnehmer gegen das Ver
bot, begiebt den Wechsel durch Indossament, so wird der In dossatar dem Aussteller gegenüber nicht Wechselgläubiger, be
rechtigt wie ein Singularsuccessor in die Wechselforderung, weil das Schuldversprechen des Ausstellers ausdrücklich dahin lautete,
daß er keinem Rechtsnachfolger des Nehmers aus seinem Wechsel Der Indossatar wird auch nicht be
versprechen haften wolle.
rechtigt dem Indossanten gegenüber, weil dessen Garantieleistung, zu zahlen, wenn der andere nicht zahlt, inhaltlos ist; denn der
Andere, der Bezogene, soll und will zahlen, wie der Auftrag
lautete2), nämlich nur an den Nehmer des Wechsels bezw. den Aussteller.
So sagt die W. O. im Art. 9 : „ein solches Jn-
von Wächter (a. a. O. S. 492) sagt: „Die Rekta-Klausel unter sagt aber nur die wechselmäßige Begebung, nicht die civilrechtliche Ueber-
tragung,
nicht
die Cession
einer Wechselforderung."
Sicherlich
will der
Schuldner mit solchem Verbote jede Uebertragung der selbstständigen Wechsel forderung verbieten, und wer eine solche neben dem Indossament anerkennt, muß das Verbot auch hierfür gelten lassen.
Man kann sich hier wohl in
umgekehrter Folgerung auf das beziehen, was
das R. O. H. G. in der
Entscheidung vom 3. October 1876 (B. XXI, S. 80) über die Bedeutung
der Stellung „an Ordre" bei an sich nicht indossabeln Papieren ausgeführt hat : „Wer Ordrepapiere ausgebe, erkläre damit, daß er nicht auf die Person
des ersten Gläubigers Gewicht lege, sondern sich gleichsam Gläubiger gefallen lasse.
einen fungibeln
Ohne und gegen diesen Willen erscheine es
verkehrt, selbstständige
Uebertragungen
zu
gestatten."
Auch
kann man schwerlich sagen, daß mit der Rektaklausel niemals jede Cession
verboten sein könnte, also auch die
Cession der Wechselforderung und der
anderweiten Rechte des Nehmers des Wechsels.
wird die weitere Tragweite
Schon in den Protokollen
derselben „unter Umständen" anerkannt (siehe
im Text); auch kann in dem
„gleichbedeutenden Ausdruck", welchen das
Gesetz an Stelle der Worte „nicht an Ordre" zuläßt, recht wohl jenes Ver bot einen sichtbaren Ausdruck finden. 2) Entsch. des R. O. H. G. B. XIV, S. 60.
91 dossament hat keine wechselrechtliche Wirkung."
Indem man
dies aber bestimmte, war die Konferenz „darüber einverstanden,
daß die Frage : ob eine solche vom Aussteller verbotene Uebertragung eines Wechsels unter Umständen und nach Maßgabe der gebrauchten Form als Cession gültig sein könne, nach dem Civilrechte eines jeden Staates zu beurtheilen sei" ’).
Voraus
setzung des Einverständnisses muß doch wohl gewesen sein, daß
begrifflich Indossament und Cession nicht als grundsätzlich ver schieden aufgefaßt wurden.
Denn was die Kontrahenten ge
gebenen Falls gewollt und beurkundet hatten, was aber wegen
von ihrem Willen unabhängiger Verhältnisse nicht wirksam werden konnte, war : „Indossament."
War hierin möglicherweise Cession
gegeben — nun so kann es doch nicht anders sein, als daß beide Rechtsgeschäfte in ihrem Wesen auf demselben Fundamente ruhen. Ein Indossant kann ein Wechselversprechen „nicht an Ordre"
gegeben haben.
Hiermit verhält sich's wie mit dem Versprechen
des Ausstellers „nicht an Ordre."
Das neue Indossament des
Indossatars kann dem neuen Wechselgläubiger eine Forderung
nicht geben, weil dies nach dem Inhalte des von dem In dossanten „nicht an Ordre" gegebenen Wechselversprechens aus
geschlossen ist. Wurde der Wechsel am Verfalltage nicht protestirt, so be
schränken sich die Rechte des Wechselinhabers aus dem Wechsel auf das Recht aus einem etwa vorhandenen Accept.
Der Wechsel
gläubiger kann also auch keine Rechte gegen den Indossanten
und den Aussteller, sondern nur sein Recht gegen den Acceptanten übertragen.
Ist der Wechsel dagegen unter Protest ge
langt, so hat der Wechselinhaber Forderungen nicht nur gegen
den Acceptanten, sondern auch gegen Aussteller und Indossanten
und kann also alle diese Rechte auf einen Anderen übertragen.
So steht im Art. 16 W. O., und dieser Artikel sagt auch, zwar umschreibend aber doch deutlich, daß dem Nachindossament der
*) Protokolle Leipziger Ausgabe S. 23.
92 protestirten Tratte die Wirkung einer Session (nur einer Session,
wie es im Gesetze heißt ’)) beizulegen sei.
Der Nach-Jndossant
cedirt also durch Indossament die Rechte aus dem Wechsel, mit
hin auch sein Recht gegen den Acceptanten.
Wenn nun der
Wechsel nicht protestirt ist, soll das Rach-Jndossament der acceptirten Tratte keine Session der Forderung gegen den Acceptanten
enthalten.
Aber die Forderung des Wechselinhabers gegen den
Acceptanten ist keine andere; Art. 44 W. O. sagt mit dürren
Worten, daß die Protesterhebung auf diese Forderung keinen Einfluß habe.
Auch ein Indossament ist in beiden Fällen ur
kundlich vorhanden.
Nach-Jndossanten
Auch die
Verhandlungen
und Rach-Jndossatar
zwischen dem
werden schwerlich
einen Falle einen anderen Inhalt haben wie im anderen.
im
Und
doch sollte nur im einen Falle das Rechtsgeschäft eine Ueber-
tragung enthalten, im anderen aber ganz etwas anderes sein? Man hilft sich, indem man sagt : das eine Rechtsgeschäft ist
ein Indossament, das andere nicht, ohne einen inneren Grund für den Unterschied anzugeben.
Dieser kann nicht darin liegen,
daß beim Rach-Jndossament der Indossant außer dem Rechte gegen den Acceptanten noch weitere Rechte
dieses ist eben nur ein Mehr.
überträgt;
denn
Auch darin ist er nicht zu finden.
*) In diesem Wörtchen „nur" soll, wie mit Andern auch das R. O. H. G. in der Entsch. vom 24. Februar 1871 (B. II, S. 62) behauptet, der
Wille des Gesetzgebers Ausdruck gefunden haben, daß
auch zwischen den
Rechten der Nachindossatare dem Acceptanten gegenüber ein Unterschied be
stehen soll für den Fall, daß sie eine verfallene nicht Protestirte oder Protestirte Tratte erhalten haben.
Wenn nun aber — wovon im Text gehandelt wird
— ein grundsätzlicher Unterschied nicht bestehen kann, und wenn das R. O.
H. G.
selbst keinen andern Grund dafür angiebt, als „daß die Haftpflicht
des Acceptanten ihrem Rechtsbestande nach keine andere sein könne und solle,
als die der andern Wcchsclverbundenen" — sollte dann nicht anzunehmen sein, daß dieses Wörtchen „nur" lediglich ein Rest aus dem Pr. Entwürfe
ist, welcher
Session" ?
besagte : das Rach-Jndossament hat „nur die Wirkung einer
Statt
diesen Satz
für
das Rach-Jndossament der protestirten
Tratte stehen zu lassen, hat man (vergl. oben) das Wort Cessivn umschrieben, aber das Wörtchen „nur" aus dem Entwürfe mit hcrübergenommen.
93 daß im einen Falle der Indossant nur haftet wie der Cedent
nach Civilrecht, im anderen Falle wechselmäßig; denn das wech
selmäßige Garantieversprechen kann vollständig fehlen, ohne den Charakter des Rechtsgeschäfts als Indossament zu ändern, und
die Garantie
allein ohne Uebertragung ist kein Indossament.
Ein Moment, aus welchem der begriffliche Unterschied hergeleitet werden könnte, ist eben nicht vorhanden.
Zieht man nun gar
den sowohl aus schiefer Auffassung des Indossaments wie der Session in dieser Folge unrichtigen Schluß , daß der Acceptant beim Nach-Jndossament des protestirten Wechsels sich aller Ein
reden (materielle Einreden und Gegenansprüche) gegen den NachJndossatar wie gegen den Nach-Jndossanten bedienen könne, daß
er dies aber beim Nach-Jndossament einer nichtprotestirten, ver
fallenen Tratte nicht dürfe, so vermißt man erst recht den Grund, weshalb dem Schuldner (Acceptanten) im einen Falle eine Be
günstigung zu Theil werden soll, welche ihm im anderen nicht gewährt wird, weshalb dem Gläubiger durch die Versäumniß
des Protestes der Gewinn erwachsen soll, daß er die Forderung gegen seinen Schuldner unabhängig von seinen Verpflichtungen verwerthen darf, was ihm im anderen Falle verwehrt ist.
Eine Veränderung ist allerdings vorgegangen mit der Forde rung gegen den Acceptanten, aber eine Veränderung im einen
Falle so gut wie im anderen.
Der Gläubiger hat anstatt des
abstrakten Schuldversprechens des
Acceptanten
eine bestimmte
klagbare Forderung gegen denselben; „die Spannung, in welcher die Wechselforderung sich befand, ist gelöst"'); die reine zum
circuliren bestimmte Wechselforderung existirt nicht mehr; das
vom
Acceptanten
gegebene
Summenversprechen,
welches
als
solches dem Willen der Kontrahenten gemäß, als losgelöst von
den unterliegenden Abmachungen für übertragbar von der Ge setzgebung anerkannt wurde, hat sich verwandelt in eine Summen-
schuld.
Mit der abstrakten Natur des Wechselversprechens und
der Thatsache, daß es nur in und durch die Form existirt, sind *) Protokolle.
94 bestimmte Folgen auch für die Uebertragung verbunden.
Hat
sich das Versprechen in eine feste Schuld verwandelt, so hat damit die bestehende Obligation ihre Starrheit aufgegeben und
ist nicht mehr unfähig, durch die Abmachungen zwischen Gläubiger und Schuldner ihren Inhalt zu verändern 1).
Wird sie über
tragen, so wird sie eventuell mit dem veränderten Inhalte über tragen.
Wohl richtig deshalb, daß die Uebertragung der Wechsel
forderung nach Verfall häufig eine andere Wirkung haben wird, wie ihre Uebertragung vor Verfall.
Aber prinzipiell zwischen
den Wirkungen des Indossaments nach Verfall, wenn Protest erhoben ist und wenn nicht, bezüglich der Rechte gegen den
Acceptanten fertigen.
einen Unterschied zu machen, ist schwer zu recht
Das Eine enthält eine Cession wie das Andere; die
Forderung, welche cedirt wird, ist im einen Falle dieselbe wie im anderen.
Positive Gesetzgebung hat freilich, veranlaßt durch das Be-
*) Es ist wohl zu beachten, daß dem Inhaber des protestirten Wechsels
die Wechselschuldner als S o lidar-Verpflichtete gegenüberstehen, von denen jeder
zur Zahlung der Wechselsumme selbstständig
verbunden ist.
Wenn
nun also auch derselbe Schuldner sich dem Rechtsnachfolger seines Gläu bigers gegenüber auf die
aus
anderweiten Vereinbarungen zwischen ihm
und dem Gläubiger resultirenden Einreden berufen könnte, so würde doch lediglich nach den für die Solidarität geltenden Grundsätzen die andere Frage
beantwortet werden müssen, ob auch ein anderer Schuldner diese Einreden
geltend machen könnte.
Belangt aber der Rechtsnachfolger des Gläubigers,
der die Abmachungen seines Rechtsinhabers dem einen Schuldner A gegen
über respekliren muß, den
andern Schuldner B, so hat er diesen B doch
nur auf Grund des von demselben abgegebenen Wechselversprechens belangt und kann, wie derselbe nur verpflichtet ist zur
Einlösung der abstrakten
Wechselforderung, auch nur die abstrakte Wechselforderung frei von Rechten und Verbindlichkeiten auf ihn übertragen.
Der Einlösende B, welcher hier
mit gegen den anderen Schuldner A ein früher ihm ertheiltes oder erworbenes Garantieversprechen rückerwirbt,
kann dasselbe unbehindert von Einreden,
welche dieser Schuldner etwa dem Nachindossatar hätte entgegensetzen können, geltend machen. Ebensowenig, wie bei von Wächter a. a. O. S. 525 (N. 37 und 38),
würde demnach
hier als richtig anzuerkennen sein, daß die Einlösung dem
Nachindossamente der Protestirten Tratte gleichzustellen sei.
95 dürfniß des Verkehrs, den Unterschied in den Wirkungen des
Nach-Jndossaments nach Verfall, je nachdem die Tratte protestirt
war oder nicht, zu einem eklatanten gemacht, indem sie bestimmte,
daß im letzteren Falle der Indossant wechselmäßig verpflichtet wird.
Ob Protest erhoben ist oder nicht — das Wechselversprechen ist konsumirt.
Der Acceptant hatte versprochen, an dem be
stimmten Verfalltage zu zahlen, und ist also mit Ablauf dieses Tages zahlungspflichtig.
Die Versprechen des Ausstellers und
der Indossanten sind gleichfalls konsumirt; sie haften als defi nitive Schuldner oder haften nicht, je nachdem Protest erhoben
wurde oder nicht.
Wenn nun die Gesetzgebung im letzteren
Falle den Wechsel für fähig bestimmte, neue Wechselversprechen
aufzunehmen, so sind dies Versprechen mit verändertem Inhalte. Aussteller und Indossanten hatten garantirt, zahlen zu wollen,
wenn der Bezogene an dem bestimmten Tage nicht zahle.
Die
Nach-Jndossanten können dies nicht mehr versprechen; denn der
Tag ist verstrichen **).
Das Gesetz muß also annehmen, daß die
Nach-Jndossanten versprechen
überhaupt nicht zahle.
zu
zahlen, wenn der Bezogene
Dieser selbst haftet als Acceptant unbe
dingt, ob Protest erhoben ist oder nicht.
Aber wegen der Nach-
Jndossanten hat das Gesetz dem Wechsel einen neuen Inhalt
gegeben; er ist zu einem Wechsel nach Sicht geworden2).
Diese
positive Bestimmung der Gesetzgebung, von welcher Tragweite sie auch für die Wirkung des Nach-Jndossaments ist, bedeutet doch nichts für die Frage nach der Natur desselben.
Nimmt
die Gesetzgebung im einen Falle von dem Indossanten als ge wollt an, daß er sich wechselmäßig verpflichte, so ist dies eben eine an sich auch bei der Cession durchaus zulässige Art der
Gewährleistung.
Uebertragen wird im einen Falle wie im anderen
*) Sergi. Thöl W. R. §. 128. *) Weitläufig bei von Wächter a. a. O. S. 517 ff. unter Quellen angabe. Auch Entsch. des R. O. H. G. B. VI, S. 99 ff.
96 eine bestimmte Forderung, nämlich die Forderung gegen den
Acceptanten. Befindet sich nun kein Accept auf dem Wechsel, so ist bei
versäumtem Proteste keine Forderung vorhanden; es kann keine übertragen werden; das Indossament sollte grundsätzlich ohne
Bedeutung sein. Löwy
Der Wechsel ist todt, wie Volkmar und
sagen; um so
weniger aber sollten sie ihn mit einer
hereditas iacens vergleichen, denn er hat keinen Werth mehr. Gar keinen? Wenn man der Anschauung folgt, welche bei vor handenem Accepte ein verändertes Zahlungsversprechen des Nach-
Jndossanten als aus
dem Inhalte des Wechsels herleitbar an
nimmt, ohne Rücksicht darauf, daß dieser Inhalt ein anderer ist, wie der Inhalt des neuen Versprechens, so spricht freilich
hieraus die Folge, daß der nicht acceptirte Wechsel auch noch einen Inhalt hat, nämlich den ursprünglichen Auftrag des Aus
stellers
trotz der versäumten Aufforderung noch enthält.
Und
so wird Kraft dieser Annahme in dem Gesetze bestimmt, daß
auch das Nach.Indossament der verfallenen, nicht protestirten, nicht acceptirten Tratte noch ein wirkungsvolles Indossament
enthalte, insofern der Nach-Jndossant den vom Aussteller er theilten, ihm durch die Vor-Jndossamente übertragenen Zahlungs auftrag seinerseits übertrage und sich wechselmäßig für die auf
getragene Zahlung verpflichte.
Dies ist bei der berathenden
Konferenz in folgenden Worten zum Ausdruck gebracht worden : „Der Indossant hat einen nochmaligen Versuch zur Einziehung machen wollen und muß selbst regreßpflichtig sein." In solchem Falle also überträgt der Indossant nicht sowohl
eine Forderung, sondern allein einen Zahlungsauftrag.
Falle, daß der Wechsel
In dem
und mit ihm die Wechselforderung noch
nicht vorhanden sind, wenn also Jemand ein seine Unterschrift
tragendes, mehr oder weniger vollständiges Blanket und hier mit dem Anderen die Befugniß gegeben hat, den Wechsel aus
zufüllen, wird durch ein etwa vor der Ausfüllung vom Nehmer des Wechsels gegebenes Indossament diese Befugniß auf den
—
Indossatar übertragen1).
97
-
Es war dies zweifellos von den Kon
trahenten gewollt und in dem Indossamente beurkundet.
Wenn
aber das Judossament nicht eine Uebertragung enthielte, so wäre
nicht erklärlich, daß dieses dem Nehmer des Blankets persönlich
zustehende Recht auf den Indossatar gehört diese Befugniß
übergehen sollte.
Oder
auch zu den im Wechsel verkörperten
Rechten? und wo ist in dem bis dahin unausgefüllten Papiere der Körper gegeben, in welchen die Forderung ausgenommen ist? Das Indossament enthält immer und in jedem Falle seiner
Anwendung eine Uebertragung von Rechten. Indossament 2).
Auch das Procura-
Dieses enthält eine Uebertragung, freilich nicht
des Eigenthums der Forderung, sondern der Ausübung derselben. Der Procura-Indossatar hat ein Voll-Indossament zur Geltend
machung der Forderung; er klagt nicht die eigene, sondern die
Forderung seines Indossanten ein, klagt deshalb nicht aus eigenem, sondern aus fremdem Rechte.
Die begriffliche Verwandtschaft
des Procura-Indossaments mit dem Voll-Indossamente besteht
eben darin, daß beide eine Uebertragung enthalten.
Das Pro
cura-Indossament ist freilich auch verwandt mit dem Mandate.
‘) Entsch. des R. O. H. G. vom 4. September 1874 (B. XIV, S. 54) : „Das Recht zur Ausfüllung des Wechsel-Blankets haftet keineswegs an der Person des Empfängers, kann vielmehr .... auch auf dritte Personen übertragen (auch vererbt) werden." Auch Entsch. B. XVII, S. 210 ff. ’) von Wächter a. a. O. (S. 514) sagt : „Das Indossament hat zwei Funktionen: die Uebertragung rc. und die Begründung einer neuen Wechselverpflichtung durch Wechselversprechen. Die eine oder andere Funktion kann aber fehlen; so bewirkt das Procura-Indossament keine Uebertragung der Wechselrechte; das Indossament ohne Obligo keine Verpflichtung des In dossanten." Wenn das Procura-Indossament keine Uebertragung bewirken soll, so bewirkt es auch sicherlich nicht die Begründung einer neuen Wechsel verpflichtung; von Wächter sagt von ihm (S. 509), daß es nur eine Vollmacht gebe, deshalb ein „uneigentliches" (sagte man nicht besser: eigentlich kein?) „Indossament sei." An anderer Stelle (S. 635, N. 7) citirt von Wächter selbst aus den Entscheidungsgründen des R. O. H. G. : „Die accessorische Garantiepflicht des Indossanten kann ohne Uebertragung des Eigenthums am Wechsel nicht übernommen werden." Der Beweis, daß es ein Indossament ohne Uebertragung geben könne, ist eben noch zu führen.
7
98 Nicht auch die Session? Hat sie sich doch aus dem Mandate
Aus der actio mandata wurde die actio utilis,
entwickelt.
wurde actio des Cessionars proprio nomine, aus einem pro-
curator wurde der procurator in rem suam, schließlich der
dominus.
Lehrreich genug ist darum, bei Bien er zu lesen,
daß auch das Indossament zuerst nur in der Form des ProcuraIndossaments ausgetreten ist, und in einer späteren Zeit erst
aus diesem vom Verkehre das Voll-Indossament herausgebildet
wurde, nicht anders wie die Session, welche erst im Laufe einer
langen Entwickelung zur Sondernachfolge
in
die Forderung
führte.
Gesetzgebung und Doctrin haben neuerdings dem Namen
Jndossainent ein größeres Gebiet eingeräumt.
Ein in ähnlicher
Weise wie das Wechsel-Indossament beurkundetes Rechtsgeschäft,
welches die Session einer Forderung zum Inhalt hat und eben wegen der abstrakten Natur der Forderung gleiche oder doch im Wesentlichen
gleiche Wirkungen
wie das Wechsel-Indossament
erzeugt, nennt man in Theorie nnd Praxis *) „Indossament", theils allein, theils willkürlich wechselnd mit dem Namen Session.
Denn der Kern eines jeden Indossaments ist eine Uebertragung
von Rechten.
‘) Beispiele aus der Theorie liefern die Kommentare zu dem Preuß. Gesetze vom 5. Mai 1872 (so Turnau, Grundb. Ordn.). Ein Beispiel aus der Praxis die Entsch. des R. G. vom 11. Mai 1881 (B. IV, S. 175 ff.). Uebrigens möchte wohl kein systematisches Lehrbuch des Privatrechts das Indossament an anderer Stelle wie bei der Session erwähnen; es sei denn, daß es dem Wechselrechte eine gesonderte Darstellung widmet.
Druck von Wilhelm Keller in Gießen.