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German Pages 152 Year 2002
WALTER FRENZ
Die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit für austretende Grubengase
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 878
Die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit für austretende Grubengase
Von Walter Frenz
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Frenz, Walter: Die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit für austretende Grubengase / Walter Frenz. - Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 878) ISBN 3-428-10676-8
Alle Rechte vorbehalten © 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Primus Solvero, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10676-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ
Vorwort Das klassische Ordnungsrecht hat immer wieder auf neue Entwicklungen zu reagieren und damit seine Funktionsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Das Thema Grubengas erlangte in den letzten Jahren aufgrund der Zechenstilllegungen in den Steinkohlenrevieren zunehmende Bedeutung. Von der untertägigen Steinkohlengewinnung freigesetzte und diffus an der Tagesoberfläche austretende Grubengase gefährden zunehmend Menschen und Sachgüter. Das der Steinkohle und dem Nebengestein beisitzende Grubengas desorbiert auch nach der Stilllegung eines Steinkohlenbergwerks. Das Gas sammelt sich im Grubengebäude an, strömt von dort über geeignete Fließwege an die Erdoberfläche und kann mit dem Eintritt in die Atmosphäre auch das Klima negativ beeinflussen (Treibhauseffekt). Es ist nicht auszuschließen, dass sich zukünftig durch die Einstellung der Wasserhaltung und des folgenden Grubenwasseranstieges unkontrollierte Gasaustritte an der Tagesoberfläche häufen. Aus rechtlicher Sicht stellt sich vor allem das Problem des Verantwortlichen. Haftet der jetzige bzw. der frühere Bergwerksbetreiber? Besteht auch eine Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers als Zustandsstörer? In welchem Ausmaß müssen Anhaltspunkte für eine Gefährdung gegeben sein, um Maßnahmen der Gefahrenabwehr oder ggf. auch der Gefahrenvorsorge auszulösen? Wo liegen die Grenzen? Ist auch derjenige verpflichtet, der sich vorher getreu der ihm erteilten Genehmigung verhalten hat oder dessen Bergbauaktivitäten bereits Jahrzehnte zurückliegen? Wie können Verwaltung und potenziell Verantwortliche kooperieren? Diese Fragen sind Gegenstand der Untersuchung, die ich für das Land NordrheinWestfalen angefertigt habe. Für seine wertvolle Mitwirkung hieran danke ich sehr herzlich Herrn Michael Kummermehr, für die wie immer sorgfältige Formatierung Frau Claudia Schütt, Μ. Α., für die Aufnahme in sein Verlagsprogramm Herrn Professor Norbert Simon. Aachen, im Juni 2001
Walter Frenz
Inhaltsverzeichnis Einführung § 1 Die Frage des anwendbaren Rechts A. B. C. D.
Hintergrund Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Bundes-Immissionsschutzgesetz Anordnungen nach Bergrecht I. Vor Beendigung der Bergaufsicht 1. Hintergrund 2. Abschlussbetriebsplanverfahren 3. Zwischen Abschlussbetriebsplanverfahren und Beendigung der Bergaufsicht a) Anordnungen nach §71 Abs. 1 Satz 1 BBergG b) Anordnungen nach § 71 Abs. 1 Satz 2 BBergG c) Anordnungen nach §71 Abs. 3 BBergG d) Zur Abgrenzung von Bergrecht zum Polizei- und Ordnungsrecht .. II. Die Beendigung der Bergaufsicht III. Nach Beendigung der Bergaufsicht IV. Adressaten der bergaufsichtsrechtlichen Anordnungen V. Bergbaubetriebe, die beim In-Kraft-Treten des BBergG bereits endgültig eingestellt waren 1. Überblick 2. Die einschlägigen Vorschriften des Allgemeinen Berggesetzes vom 24.6.1865 E. Bundes-Bodenschutzgesetz I. Freisetzung der Grubengase als Beeinträchtigung der Bodenfunktion? ... II. Bergbaubedingte Auflockerung des Deckgesteins als schädliche Bodenveränderung? III. Β eeinflussung der ordnungsrechtlichen Β ehandlung der Grubengasproblematik durch die Wertungen des BBodSchG? F. Rekurs auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht I. Auffangfunktion des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts II. Zuständigkeit nach dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht
§ 2 Überblick über die Verantwortlichen A. B. C. D. E.
Ausgangspunkt: OBG NRW Der Handlungsstörer Der Gesamtrechtsnachfolger des Handlungsstörers Die Zustandsverantwortlichen Weitere denkbare Pflichtige
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Inhaltsverzeichnis I. Die Erweiterung der Verantwortlichen im Bodenschutzrecht II. Handels-und gesellschaftsrechtliche Durchgriffshaftung
§ 3 Die Verursacherhaftung A. Bergwerksbetreiber als potenzielle Verursacher I. Beendigung der Wasserhaltung II. Der frühere Βergbautreibende 1. Verantwortlichkeit für Gasaustritte an Schächten 2. Andere Ausgasungen 3. Ausblick auf Fragen der Verursachung, Kausalität und Sozialadäquanz III. Verursachereigenschaft des Grundeigentümers? IV. Bauplanungs- und Bauordnungsbehörden als Verursacher? 1. Keine Verursachereigenschaft der Planungs- und Bauordnungsbehörden 2. Exkurs: Schadensersatzpflicht der Baubehörden B. Die Verursachungstheorien I. Überblick II. Theorie der unmittelbaren Verursachung III. Die polizeirechtliche Störerbestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre IV. Innehabung des Gegenmittels als Begründungstatbestand für Verursacherverantwortlichkeit V. Unbeachtlichkeit subjektiver Elemente, insbesondere Verschuldensunabhängigkeit 1. Grundsätze 2. Verursachung und Gefährlichkeitsprognose C. Verursachung I. Übersicht II. Zur kausalen Verursachung des Gasaustritts an der Oberfläche III. Verursacherschaft und Berechtsame IV. Überschreitung der Gefahrschwelle durch Bergbautreibende V. Verursachung durch rechtmäßige Betriebshandlung, die auf einem zugelassenen Betriebsplan beruht 1. Grunderwägungen 2. Sozialadäquanz der Verursacherhandlung zum Verursacherzeitpunkt .. 3. Verursachung trotz Sozialadäquanz VI. Verursachung durch eine Betriebshandlung bei Fehlen eines Betriebsplanes VII. Zu Gefahren durch Beendigung der Wasserhaltung D. Heranziehung bei Unklarheiten im Hinblick auf die Mitkausalität E. Heranziehung bei tatsächlicher Unsicherheit über die Verursachung I. Zur Nachweisbarkeit der Verursachung II. Vermutete Verursachung nach dem UGB III. Erweiterter Verursacherbegriff bzw. Herabsetzung der Anforderungen an den ordnungsrechtlichen Verursacherbegriff 1. Angleichung der Anforderungen des ordnungsrechtlichen Verursacherbegriffs an ein operationables Anforderungsprofil 2. Ansatz: Anscheins- und Verdachtslagen des Ordnungsrechts
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Inhaltsverzeichnis 3. Gebot effektiver Gefahrenabwehr bei Wirkungsunsicherheiten vor allem im Umweltbereich F. Heranziehung bei einer Personenmehrheit potenzieller Verursacher I. Ausgangssituation II. „Intertemporale Solidargemeinschaft" G. Zwischenfazit H. Haftung pro toto oder Haftung pro rata? I. Die Konzeption des Gefahrbeseitigungsumfangs II. Die Rechtsprechung des VGH Mannheim J. Fazit
§ 4 Die Verantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers A. B. C. D. E.
Hintergrund Gesamtrechtsnachfolgetatbestände Gesamtrechtsnachfolge in die durch Verfügung konkretisierte Polizeipflicht ... Gesamtrechtsnachfolge auch in die abstrakte Polizeipflicht Einzelrechtsnachfolge
§ 5 Die Zustandsstörer A. Überblick B. Das Bergwerkseigentum I. Hintergrund II. Das Längenfelderbereinigungsgesetz 1. Aufgedrängtes Eigentum? 2. § 5 Längenfelderbereinigungsgesetz anwendbar im Rahmen des OBG NRW? III. Beendigung des Bergwerkseigentums und Dereliktionsverantwortlichkeit C. Anknüpfungspunkt: Bergwerksanlage I. Aktuelles Eigentum II. Schicksal der Anlage bei Dereliktion des Belgwerkseigentums 1. Herrenlose Sachen 2. Erbbauverträge als Ausnahme? D. Anknüpfungsobjekt Grubengas E. Anknüpfungsobjekt Grundstück
§ 6 Der Derelinquent A. Die Aufgabe des Eigentums B. Inanspruchnahme des Gesamtrechtsnachfolgers des Derelinquenten?
§ 7 Behördliche Durchsetzung der Haftung A. Auswahl der Störer B. Nachforderungsrecht der Behörde C. Duldungs- und Mitwirkungspflichten I. Bergwerks- und Grundstückseigentümer II. Beeinflussung fremder Gewinnung von Bodenschätzen
§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit A. Das Übermaßverbot B. „Opferposition" des Zustandsstörers I. Hintergrund
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Inhaltsverzeichnis 1. Begrenzungsüberlegungen 2. Der Zustandsverantwortliche, der zugleich Verursacher ist II. Entfallen der Möglichkeit privatnütziger Verwendung des Grundstücks bzw. des Bergbaueigentums III. Von Art. 14 Abs. 1 GG garantierter Eigentumssockel 1. Verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie 2. Verkehrs wertgrenze 3. Idealwertgrenze 4. Möglichkeit der privatnützigen Verwendung 5. Gleichzeitiger Nutzen für das Gemeinwohl 6. Halbteilungsgrundsatz IV. Verhältnismäßigkeit (spezifisch) der Inanspruchnahme des Eigentümers . 1. Grundüberlegungen 2. Beachtlichkeit von Fremdeinwirkungen 3. Beachtlichkeit der Bösgläubigkeit des Zustandsstörers 4. Beachtlichkeit des gezogenen wirtschaftlichen Nutzens 5. Beachtlichkeit des Zeitablaufs für die Haftung des Zustandsstörers 6. Die Bedeutung der Einzelfallgerechtigkeit und der Grundwertung des Art. 14 Abs. 2 GG 7. Gesamtbetrachtung zur Konzeption des Bundesverfassungsgerichtes .. 8. Das Längenfelderbereinigungsgesetz C. Grenzen der Inanspruchnahme des Derelinquenten D. Legalisierungswirkung von Genehmigungen, insbesondere der Abschlussbetriebsplanzulassung I. Überblick II. Der Meinungsstand im öffentlichen Recht III. Der Meinungsstand für das Bergrecht 1. Bergrechtlicher Hintergrund 2. Die Abschlussbetriebsplanzulassung im Rahmen der Grubengasproblematik IV. Haftungsausschluss wegen behördlicher Duldung bzw. Vernachlässigung staatlicher Überwachungspflichten? E. Zeitliche Grenzen der Verantwortung I. Überblick II. Ansatz: Gefahrbeseitigungsanspruch III. Die vorgeschlagenen Regulative IV. Verzicht und Verwirkung 1. Das Verhältnis des Verzichts zur Verwirkung 2. Verwirkung V. Verjährung 1. Ansatz 2. Meinungsstand a) Die die Verjährung befürwortende Ansicht b) Die herrschende Meinung 3. Unübertragbarkeit zivilrechtlicher Verjährungsregeln in das Ordnungsrecht 4. Verhältnismäßigkeitslösung
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Inhaltsverzeichnis VI. Resümee anhand des Urteils des VGH Mannheim vom 29.3.2000 1. Verwirkung 2. Verjährung 3. Analoge Anwendung des § 17 Abs. 4a BImSchG 4. Verhältnismäßigkeitslösung zur Begrenzung der Ewigkeitshaftung .... § 9 Gefahrvorsorge und Gefahrerforschungseingriffe A. Gefahrvorsorge B. Eingriffe zur Gefahrerforschung
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§ 10 Kooperationsmöglichkeiten zwischen Verwaltung und potenziell Pflichtigen .. 125 A. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten 125 I. Grundüberlegungen 125 II. Explizite Regelung im Altlastenrecht 127 B. Zulässigkeit des Vertrages als Handlungsform 128 C. Inhaltliche Gestaltungsgrenzen 128 D. Aufbau und Inhalt der vertraglichen Einigung 131 I. Präambel 131 II. Verpflichtung zur Gefahrbeseitigung 131 Thesen
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Literaturverzeichnis
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Sachwortverzeichnis
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Einführung Grubengas ist ein vorwiegend im Steinkohlenbergbau beim Abbau von Kohlenflözen freigesetztes Methan (CH 4 ). In der Kohlelagerstätte stellt es eine dauerhafte Explosionsgefahr dar, die die Grubenbaue in ihrer Sicherheit beeinträchtigt. Durch die Bewetterung der Grubenbaue muss deshalb der Methangehalt unter 1 % gehalten werden, damit keine explosionsfähigen Gemische (bergmännisch: schlagende Wetter) entstehen können, die 4-15 % CH 4 enthalten. Andernfalls ist unter Tage eine gezielte Absaugung erforderlich. Am 7.11.1999 machte das WDR-Fernsehen in seinem Beitrag „Gefahr durch Grubengas" für das Nachrichtenmagazin Westpol die Öffentlichkeit auf über Tage ausströmendes Grubengas, das von alten Bergbaubetrieben stammt, aufmerksam. Zum Teil tritt das Gas an stillgelegten Schächten aus, zum Teil diffundiert es an die Oberfläche. Das zuständige Landesoberbergamt in Dortmund kennt das Problem schon länger. Dass das entflammbare Gas aber jetzt an die Oberfläche tritt, stellt ein nicht zu unterschätzendes ordnungsrechtliches Problem dar, treten doch ernsthafte Gefährdungen für ordnungsrechtlich geschützte Rechtsgüter wie Leib, Leben und Eigentum an der Oberfläche auf. Der Schwerpunkt der Grubengasproblematik betrifft dann auch diese Ausgasungen, die an die Oberfläche gelangen und somit das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung gefährden. Diese Ausgasungen finden vielfach erst dann statt, wenn das Bergwerk stillgelegt ist und keine Fördertätigkeit mehr stattfindet. Insofern greift das bergrechtliche Regime nicht mehr ein. Dadurch fällt die Verantwortlichkeit nicht automatisch auf Personen, die verantwortliche Personen nach § 58 BBergG sind. Es müssen vielmehr andere Zurechnungswege - namentlich die des Ordnungsrechtes - beschnitten werden. Zwar hat das „Problem" auch seine positive Seite, weil ein Teil des Gases mittels Gasabsauganlagen gesammelt und einer energetischen Nutzung zugeführt werden kann. CH4-Gas gilt nämlich als effektiver Energieträger. So wird das Gas bereits auf den ehemaligen Schachtanlagen Mont-Cenis in Herne und Minister Achenbach in Lünen-Brambauer in Block-Heizkraftwerken verwertet. Auch insofern stellen sich rechtliche Anschlussfragen, insbesondere darüber, ob die Nutzung dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung, der den Umweltsektor immer stärker dominiert, 1 entspricht bzw. durch diesen Grundsatz beflügelt wird. 2 Drängen1
Siehe Kloepfer, Umweltrecht, S.67; Frenz!Unnerstall,
parecht, S. 51 ff.
Nachhaltige Entwicklung im Euro-
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Einführung
der ist freilich das ordnungsrechtliche Problem. Hier stellen sich Fragen des anwendbaren Rechts, der Verantwortlichkeit für die Gefahrbeseitigung und ihrer Grenzen.
2
Frenz!Kummermehr,
DVB1. 2000, 451 (457).
§ 1 Die Frage des anwendbaren Rechts A. Hintergrund Vorbehaltlich des Vorliegens einer Eilzuständigkeit der Polizeibehörden, die sich in Nordrhein-Westfalen nach § 1 Abs. 1 Satz 3 PolG NRW 1 richtet, ist zunächst zu erörtern, ob die Grubengasproblematik einem speziellen Rechtsregime unterfällt. B. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist nicht einschlägig. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 KrW-/AbfG ist das Gesetz auf nicht in Behälter gefasste gasförmige Stoffe unanwendbar.2 Das Grubengas tritt in seinem Naturzustand auf und unterfällt damit nicht dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Selbst wenn es aber eingefasst ist, erfüllt es nicht den Abfallbegriff dieses Gesetzes. Schließlich ergeben sich aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz auch keine Nachsorgepflichten für stillgelegte Bergbaubetriebe, sondern nur für Abfallbeseitigungsanlagen (§ 36 KrW-/AbfG). C. Bundes-Immissionsschutzgesetz Das Bundes-Immissionsschutzgesetz hält zur Grubengasproblematik nur in begrenztem Umfang ein spezielles Pflichtenregime parat. Dem Bundes-Immissionsschutzgesetz unterfallen gemäß seinem § 2 Abs. 1 Nr. 1 das Errichten und der Betrieb von Anlagen nach § 3 Abs. 5 BImSchG. Soweit Anlagen des Bergwesens einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, 3 werden sie nicht bereits mit dem bergrechtlichen Betriebsplan legalisiert, es sei denn, der Betriebsplan ergeht im Planfeststellungsverfahren (vgl. § 57 a Abs. 2 Satz 1 BBergG). Als immissionsschutzrechtliche Pflicht kommt hier die Nachsorgepflicht des § 3 Abs. 5 BImSchG in Betracht. Anlagen des Bergwesens bedürfen aber gem. § 4 Abs. 2 BImSchG einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nur, sofern sie über Tage errichtet und betrieben werden. Damit richten sich 1 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 24.2.1990, GV NRW S. 70, ber. GVNRW 1990, S. 580; §§ 4,5,37 geändert durch Gesetz vom 24.11.1992, GVNRW S.446. 2 Dazu Frenz, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 19. 3 Näher Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S.59f.
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§ 1 Die Frage des anwendbaren Rechts
die immissionsschutzrechtlichen Pflichten für Anlagen unter Tage, die § 2 BBergG unterfallen, also dem Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten bestimmter Bodenschätze (wie Kohle) dienen, nach den Vorschriften über nicht genehmigungsbedürftige Anlagen.4 Insofern können Einzelanordnungen gem. §§22,24 BImSchG bei im Betrieb befindlichen Anlagen ergehen, wenn Immissionen beim Betrieb der Anlage austreten, was selten passieren wird. Das Grubengas gilt nach dem Immissionsgesetz jedenfalls dann als Immission, wenn man es als betriebsbedingt, mithin durch den Betrieb der Bergbauanlage freigesetzt ansehen kann. Dies begegnet jedoch insofern Zweifeln, als das Grubengas schon zuvor vorhanden war und nicht durch den Bergbauvorgang an sich, sondern erst mittelbar durch Gesteinsauflockerung freigesetzt wird. Der VGH Mannheim hat in seiner Entscheidung zur Grubengasproblematik die analoge Anwendung des § 17 Abs. 4 a BImSchG abgelehnt, da diese Regelung spezifisch auf die Stilllegung emittierender Betriebe zugeschnitten ist, von denen typischerweise keine Emissionen mehr ausgehen.5 Ein stillgelegtes Bergwerk stelle keinen solchen Betrieb dar. Hier gehe es nämlich um Gefahren, die aus dem Eingriff in die Erdkruste herrühren und auch nach der Einstellung des Betriebs fortdauern können. Die bei der Grubengasproblematik vorliegende Gefahrenlage sei demnach mit einer immissionsrechtlichen nicht zu vergleichen.6 In der Tat hält das immissionsschutzrechtliche Regime keine adäquaten Möglichkeiten parat, den zeitlich unabsehbaren Risiken des Bergbaus angemessen zu begegnen. § 17 Abs. 4 a BImSchG stellt jedenfalls eine Zeitgrenze auf, die im Rahmen bergrechtlicher Dimensionen viel zu kurz greift. 7 Aber auch die Pflichtenstruktur als solche ist im Bundesimmissionsschutzrecht auf kontrollierbarere Risiken zugeschnitten, was im Bergrecht nicht der Fall ist. D . Anordnungen nach Bergrecht I. Vor Beendigung der Bergaufsicht 1. Hintergrund Die Beantwortung der Frage, ob das Bergrecht auf die Grubengasproblematik Anwendung findet, richtet sich danach, ob die Bergaufsicht über das betreffende Bergwerk noch besteht. Besteht die Bergaufsicht noch, kann die Bergbehörde allgemeine Anordnungen nach §71 Abs. 1 BBergG erlassen, um Maßnahmen zur 4
BVerwG, DVB1. 1986, 1273; Jarass, BImSchG, 4. Aufl. 1999, §4 Rn.30f. VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591). 6 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591). 7 Vgl. Giesberts, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht, § 4 BBodSchG Rn. 613, der im Hinblick auf eine zeitliche Grenze der altlastenrechtlichen Sanierungspflicht fünf Jahre als zu knapp ansieht. 5
D. Anordnungen nach Bergrecht
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Durchführung der Vorschriften des Bundesberggesetzes, insbesondere der Anforderungen des § 55 BBergG, 8 zu treffen. Ein Bedürfnis für diese Anforderungen besteht aber nur, solange die Schutzziele des § 55 BBergG nicht bereits mit Hilfe des Betriebsplanverfahrens verwirklicht werden können.9
2. Abschlussbetriebsplanverfahren Sofern die Bergaufsicht noch nicht beendet ist, können die Probleme der Gefahrenabwehr aus dem vorhergehenden Bergbau mit Hilfe des Abschlussbetriebsplanverfahrens (§ 53 BBergG) gelöst werden. 10 Wenn der Unternehmer seinen entsprechenden Verpflichtungen zur Aufstellung und Durchführung des Abschlussbetriebsplanes im Hinblick auf sicherheitstechnische Aspekte wie dem Aufstellen von sogenannten Protego-Hauben an verfüllten Schachtanlagen nicht nachkommt, kann die Behörde gem. §71 BBergG Ordnungsverfügungen zur ordnungsgemäßen Durchsetzung erlassen. So ist nach der Rammelsberg-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 11 das zuletzt Bergbau treibende Unternehmen etwa auch für die ordnungsgemäße Behandlung von verunreinigtem Grubenwasser verantwortlich, selbst wenn es aus Teilen der Lagerstätte stammt, in denen seit Jahrzehnten kein Abbau mehr getätigt worden ist. Die Funktion des Abschlussbetriebsplanes besteht darin sicherzugehen, dass von dem früheren bergbaulichen Betrieb keine Gefahren mehr ausgehen können. Zwar spielt die Wiedernutzbarmachung (§§ 55 Abs. 2 Nr. 2, 2 Abs. 1 Nr. 2 BBergG) bei der Grubengas-Problematik keine Rolle, da es insoweit um die ordnungsgemäße Gestaltung der vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberfläche geht.12 Jedoch betrifft die Grubengasproblematik die Maßgabe des Abschlussbetriebsplans gem. § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBergG, dass „der Schutz Dritter vor den durch den Betrieb verursachten Gefahren für Leben und Gesundheit auch noch nach Einstellung des Betriebs [...] sichergestellt sein" muss. Dabei sind nach dem Rammelsberg-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die für das Abschlussbetriebsplanverfahren zu beachtenden Belange des § 55 BBergG nicht auf die Rechtsgüter des § 55 Abs. 2 BBergG beschränkt, was § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG betrifft. 13 Damit hat das Bundesverwaltungsgericht die Sichtweise der bergrechtlichen Literatur abgelehnt, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 BBergG eine Einschränkung sowohl des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG (Individualgüterschutz) als auch 8
Boldt/Weller, BBergG, 1984, §71 Rn.4. Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, 1983, §71 Rn. 1. 10 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000,589 (591); Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (105). 11 BVerwGE 100, 31; vgl. dazu die Anmerkung von Spieth/Wolfers, ZfB 138 (1997), 269. 12 Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rn. 45; Frenz, Bergrecht und Nachhaltige Entwicklung, S. 57. 13 Vgl. schon zuvor OVG Lüneburg, NVwZ 1995, 1026. 9
2 Frenz
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§ 1 Die Frage des anwendbaren Rechts
des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG (Schutz vor gemeinschädlichen Einwirkungen) darstellt. 14 Die Sonderregelung des Abschlussbetriebsplans in §55 Abs. 2 Nr. 1 BBergG modifiziert zwar für die Zeit nach Beendigung der Einstellungsmaßnahmen die Anforderungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG, limitiert § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG aber nicht auf die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 BBergG genannten Rechtsgüter.15 Für diese Grubengasproblematik spielt indes diese Klassifizierung keine wesentliche Rolle, da die Grubengasgefahr in jedem Fall im Hinblick auf die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 BBergG genannten Schutzgüter Relevanz entfaltet.
3. Zwischen Abschlussbetriebsplanverfahren und Beendigung der Bergaufsicht a) Anordnungen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 BBergG Wurde die Grubengasproblematik im Abschlussbetriebsplan berücksichtigt, können die Anforderungen des Abschlussbetriebsplans - wie soeben gesehen - nach § 71 Abs. 1 Satz 1 BBergG von der Bergbehörde durchgesetzt werden.
b) Anordnungen nach § 71 Abs. 1 Satz 2 BBergG Anordnungen vor Beendigung der Bergaufsicht, die über die in Bergverordnungen oder zugelassenen Betriebsplänen gestellten Anforderungen hinausgehen, sind dagegen nur unter den Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Satz 2 BBergG zulässig.16 Diese Norm stellt zwar keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage dar, erhöht aber die Voraussetzungen der Inanspruchnahme. Anforderungen, die nicht bereits Inhalt einer Bergverordnung oder eines zugelassenen Betriebsplanes sind, können nur zum Schutze der in § 71 Abs. 1 Satz 2 BBergG genannten ordnungsrechtlichen Schutzgüter gestellt werden. Aber auch erst durch §71 Abs. 1 Satz 2 BBergG ermöglichte Anordnungen müssen den von § 55 BBergG vorgegebenen Rahmen einhalten, das heißt es können auch hier keine Maßnahmen angeordnet werden, wenn nicht Rechtsgüter oder Belange im Sinne von § 55 BBergG betroffen sind. 17
c) Anordnungen nach § 71 Abs. 3 BBergG Wenn kein Abschlussbetriebsplan vorhanden ist, können sich entsprechend bis zur Beendigung der Bergaufsicht Anordnungen auch spezifisch auf die ordnungsge14 15 16 17
Vgl. Heuwels, NVwZ 1995, 972 (973); Boldt/Weller, BVerwGE 100, 31 (38f.). Boldt/Weller, BBergG, §71 Rn.2. Boldt/Weller, BBergG, §71 Rn.6.
BBergG, § 55 Rn.43.
D. Anordnungen nach Bergrecht
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mäße Einstellung von Bergbaubetrieben beziehen (§§71 Abs. 3,55 Abs. 2 BBergG). Das Gesagte gilt jedenfalls dann, wenn die Grubengasproblematik einen Belang im Sinne von § 55 BBergG betrifft. 18 Dann jedenfalls besteht das bergrechtliche Regime vor der Entlassung des Unternehmens aus der Bergaufsicht. d) Zur Abgrenzung von Bergrecht zum Polizei- und Ordnungsrecht Es stellt sich letztlich die Abgrenzungsfrage, ob sich die Eingriffe im Zusammenhang mit auftretenden Grubengasen nach § 71 Abs. 1 BBergG richten oder die Bannung dieser Gefahr außerhalb der Zuständigkeit der Bergaufsicht liegt. Dafür, dass bis zur Beendigung § 71 BBergG die einschlägige Ermächtigungsgrundlage ist, spricht, dass die Begegnung der Grubengasproblematik - wie aufgezeigt - Gegenstand des Abschlussbetriebsplanverfahrens sein kann. Als Ansatzpunkt dafür, dass eine bergaufsichtsrechtliche Materie vorliegt, kommt insoweit § 71 Abs. 1 i. V. m. § 55 Abs. 2 Nr. 1 BBergG in Frage. Diese Vorschrift ermächtigt die der Bergaufsichtsbehörde die erforderlichen Anordnungen zum Schutze Dritter vor den durch den Betrieb verursachten Gefahren für Leben und Gesundheit auch noch nach Einstellung des Betriebs zu erlassen. Ob darunter auch die ordnungsrechtlichen Aspekte der Grubengasproblematik fallen, erscheint indes dann zweifelhaft, wenn die Grubengasproblematik im Betriebsplan gar nicht vorgesehen worden ist. Schließlich ist die Reichweite dieser betriebsbezogenen19 Vorschrift selbst für geo-architektonische Störungen nicht vollends geklärt. 20 Letztlich kann indes dahingestellt bleiben, nach welcher Ermächtigungsgrundlage der in Frage kommenden ordnungsrechtlichen bzw. bergrechtlichen Vorschriften die Bergbehörde zum Schutze der Oberfläche einschreitet, 21 da sich materiell-rechtlich im Ergebnis nichts ändert. Handelt es sich um verlassene Grubenbaue, ist danach ebenso §§ 14 Abs. 1, 48 Abs. 4 OBG NRW 2 2 wie § 71 BBergG anwendbar. Nach §71 BBergG können grundsätzlich auch Anordnungen gegen die in den landesrechtlichen Vorschriften des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts im Rahmen der Lückenfüllungsfunktion ergehen.23 Zu beachten ist aber stets, dass das OBG NRW materiell-rechtlich ausdrücklich erst bei verlassenen Grubenbauen eingreift, „die nicht mehr der Bergaufsicht unterliegen" (§ 48 Abs. 4 a. E. OBG NRW). Daher gilt das allgemeine Ordnungsrecht erst, wenn die Bergaufsicht geendet hat. 18
Siehe oben unter 2. Boldt/Weller, BBergG, §71 Rn. 8. 20 OVG Münster, ZfB 131 (1990), 230 (234). 21 Kremer, ZfB 132(1991), 151. 22 Gesetz über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden Nordrhein-Westfalen. 23 Zur Lückenfüllungsfunktion bei den ordnungsrechtlichen Adressaten siehe sogleich unter IV. 19
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§ 1 Die Frage des anwendbaren Rechts
II. Die Beendigung der Bergaufsicht Gemäß § 69 Abs. 2 BBergG endet die Bergaufsicht nach Durchführung des Abschlussbetriebsplanes (§ 53 BBergG) bzw. entsprechender Anordnungen der zuständigen Behörde (§71 Abs. 3 BBergG) zu dem Zeitpunkt, in dem nach allgemeiner Erfahrung nicht mehr damit zu rechnen ist, dass durch den Betrieb Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter, für andere Bergbaubetriebe und für herausgehobene Lagerstätten oder gemeinschädliche Einwirkungen eintreten werden. Vielfach sind die Bergbaubetriebe, von denen die Grubengase ausgehen, stillgelegt und die Bergaufsicht ist beendet. Solange dann kein neuer Betriebsplan, etwa zum Abbau der Gase, vorhanden ist, können keine bergrechtlichen Anordnungen nach § 71 Abs. 1 BBergG mehr ergehen. Materiellrechtlich greift ab dem in § 169 Abs. 2 BBergG bezeichneten Moment und vorbehaltlich der Anwendbarkeit von anderem Sonderordnungsrecht das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht. 24 I I I . Nach Beendigung der Bergaufsicht Nach dem Ende der Bergaufsicht werden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durch die Behörde, sofern nicht das Bundes-Bodenschutzgesetz greift, 25 klar dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht zugeschlagen.26 In Nordrhein-Westfalen bleibt nach §48 Abs. 4 OBG die Bergbehörde dennoch weiterhin zuständig. Die von ihr erlassenen Maßnahmen richten sich jedoch materiell nicht mehr nach Bergrecht, sondern nach dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht, das eine Aufifangfunktion entfaltet, wenn kein spezielleres Ordnungsgesetz eingreift. 27 IV. Adressaten der bergaufsichtsrechtlichen Anordnungen Richtet sich indes die Anordnung vor der Beendigung der Bergaufsicht noch nach Bergrecht, wird diese im Rahmen der Bergaufsicht grundsätzlich nur gegen bestimmte Personen gerichtet. Das sind diejenigen Personen, die nach dem BBergG zur Erfüllung der angeordneten Maßnahmen verpflichtet sind, 28 wobei § 71 BBergG selbst keine Aussage darüber trifft, wer Adressat bergbehördlicher Verfügungen sein kann.29 Nach § 58 Abs. 1 BBergG richtet sich die Verantwortlichkeit für die bergrechtlichen Anforderungen in erster Linie an die dort genannten Personen.30 Das sind gem. 24 25 26 27 28 29 30
VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589f. Dazu sogleich unter E. VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589f. Zum allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht F. Boldt/Weller, BBergG, § 71 Rn. 8. ΡienslSchulte!Graf Vitzthum, BBergG, §71 Rn.21. Weller, ZfB 133 (1992), 30 (31).
D. Anordnungen nach Bergrecht
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§ 58 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BBergG der Unternehmer sowie die zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder eines Betriebsteiles bestellten Personen. Ist der Betrieb bereits eingestellt, so ist die verantwortliche Person auch der Inhaber der Gewinnberechtigung, sofern er zur Erfüllung der genannten Pflichten in der Lage ist. 31 Ist die Berechtigung nach dem 1.1.1982 erloschen, so tritt an die Stelle des Inhabers dieser Berechtigung die Person, die im Zeitpunkt des Erlöschens Inhaber der Berechtigung war. 32 Diese Regelungen entfalten insoweit Vorrang gegenüber den landesrechtlichen Vorschriften des Polizei- und Ordnungsrechts. 33 § 71 BBergG enthält bis auf wenige Ausnahmen, die Beschäftigte und Dritte im Betrieb betreffen, 34 keine Ermächtigung zum Erlass von Anordnungen gegen Dritte, die nicht der Bergaufsicht unterstehen, was aus der Betriebsbezogenheit des §71 BBergG folgt. 35 Jedoch ist die ergänzende Heranziehung der Vorschriften des landesrechtlichen Polizei- und Ordnungsrechts im Rahmen des §71 BBergG in Ausnahmefällen nicht ausgeschlossen. So ist denkbar, die Anordnung auch - unter den erhöhten Voraussetzungen der landesrechtlichen Norm 36 - gegen nicht verantwortliche Personen zu richten. 37 Denkbar ist auch, dass Verfügungen gegen den Gesamtrechtsnachfolger der primär Verpflichteten unter Zuhilfenahme allgemein-ordnungsrechtlicher Grundsätze Maßnahmen gerichtet werden können.38 Insoweit erfüllt das landesrechtliche Polizei- und Ordnungsrecht, insbesondere das OBG NRW in Nordrhein-Westfalen, eine Lückenschließungsfunktion, wobei primär die verantwortlichen Personen des Bergrechts herangezogen werden müssen, wenn dessen Regime eingreift. Konsequenz dessen ist aber auch, dass die unten dargestellten ordnungsrechtlich Verantwortlichen 39 prinzipiell ebenfalls Adressaten einer bergrechtlichen Anordnung nach § 71 BBergG sein können, sofern sie entweder selbst aktuell verantwortliche Personen des Bergrechts sind oder falls dies nicht der Fall ist, wenn bergrechtlich Verantwortliche nicht mehr existieren oder greifbar sind.
31
Boldt/Weller, BBergG, §58 Rn. 8. Boldt/Weller, BBergG, § 58 Rn. 9. 33 Boldt/Weller, BBergG, § 71 Rn. 8. 34 Boldt/Weller, BBergG, § 66 Rn. 9. 35 Boldt/Weller, BBergG, §71 Rn.8. 36 In Nordrhein-Westfalen ist dies § 19 OBG NRW. 37 Boldt/Weller, BBergG, § 71 Rn. 8. 38 Boldt/Weller, BBergG, § 71 Rn. 9; zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers des Gefahrverursachers siehe unten § 4. 39 Siehe unten §2. 32
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§ 1 Die Frage des anwendbaren Rechts
V. Bergbaubetriebe, die beim In-Kraft-Treten des BBergG bereits endgültig eingestellt waren 1. Überblick Bis zur Entscheidung des OVG Münster vom 8.4.198640 wurde allgemein davon ausgegangen, dass auf Bergbaubetriebe, die beim In-Kraft-Treten des Bundesberggesetzes am 1.1.1982 bereits endgültig eingestellt waren, dieses gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 BBergG keine Anwendung findet. Dies hatte jedenfalls für betriebsbezogene Anordnungen zur Folge, dass in Nordrhein-Westfalen das nach § 179 Abs. 1 Nr. 58 BBergG außer Kraft gesetzte Allgemeine Berggesetz (ABG) 41 und insbesondere dessen bergpolizeiliche Vorschriften weiter galten.42 Dies konnte im Einzelnen zu erhöhten Voraussetzungen bei der Heranziehung von Pflichtigen führen. Es galten nämlich dann die Eingriffsvoraussetzungen des Allgemeinen Berggesetzes, die - vertritt man die These von der Nicht-Anwendbarkeit des Bundesberggesetzes - im Einzelfall zur Nichtdurchsetzbarkeit der Ordnungsverfügung führen konnten. 43 Hintergrund ist die Erwägung, dass Eingriffsbefugnisse des Bergamts, sei es nach Allgemeinem Berggesetz, Bundesberggesetz oder nach dem allgemeinen Ordnungsrecht, nach der Stilllegung nicht umfassender sein dürfen als zur Zeit des Bergbaubetriebs. 44
2. Die einschlägigen Vorschriften
des Allgemeinen Berggesetzes vom 24.6.1865
Das Allgemeine Berggesetz sah in § 198 vor, dass das Oberbergamt die geeigneten polizeilichen Anordnungen nach Vernehmung des Bergwerksbesitzers oder des Repräsentanten durch einen Beschluss bzw. - in der Fassung des 4. Bergrechtsänderungsgesetzes vom 11.6.198645 - durch Ordnungsverfügung zu treffen hat, wenn auf einem Bergwerk für die in § 196 ABG bezeichneten Gegenstände eine Gefahr eintritt. In § 196 AGB wurde festgelegt, dass der Bergbau unter der polizeilichen Aufsicht der Bergbehörden steht (Abs. 1); zudem wurden in Abs. 2 die betreffenden „Gegenstände" genannt, auf die sich diese polizeiliche Aufsicht erstreckt: Dazu gehörten die Sicherheit der Baue, die Sicherheit des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter, der Schutz der Oberfläche im Interesse der persönlichen Sicherheit und des öffentlichen Verkehrs sowie der Schutz gegen gemeinschädliche Einwirkungen 40 41
231.
OVG Münster, ZfB 127 (1986), 377. Das allgemeine Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24.6.1865, ZfB 6 (1865)
42 OVG Münster- 12 A 929/81 (nicht veröffentlicht); OVG Münster, ZfB 125 (1984), 367; siehe auch noch VG Gelsenkirchen, ZfB 131 (1990), 59; BVerwG, 100, 31 (41). 43 VG Gelsenkirchen, ZfB 131 (1990), 59. 44 OVG Münster, ZfB 125 (1984), 367; VG Gelsenkirchen, ZfB 131 (1990), 59 (61). 45 GVNWS.201.
D. Anordnungen nach Bergrecht
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des Bergbaues. Diese abschließende Aufzählung wurde ab der Fassung des Gesetzes vom 9.6.193446 durch die Einfügung des Wortes „einschließlich" aufgegeben. Danach erstreckte sich der Schutz des § 196 ABG über die Enumeration des Kataloges der Schutzgüter hinaus. Später kamen auch die Gesichtspunkte der Sicherung und Ordnung der Oberflächennutzung und der Gestaltung der Landschaft hinzu. 47 Aus § 198 BBergG lässt sich entnehmen, dass diese Gefahren „auf einem Bergwerk" eintreten mussten, damit die Eingriffsbefugnis der Bergbehörden gegeben war. Die abschließende, später beispielhafte Aufzählung umfasste ebenfalls nur Schutzgüter im Zusammenhang mit dem Betrieb des Bergwerkes, bezogen jedoch ausdrücklich auf betriebliche Ursachen.48 Dort, wo das Bergrecht materiell nicht mehr eingreift, gilt das allgemeine Ordnungsrecht. Dies muss auch für die Zeit vor In-Kraft-Treten des Bundesberggesetzes und gleichsam für eingestellte Bergwerke gelten, auf die das Bundesberggesetz keine Anwendung fand. 49 Denn wenn nach heutigem Maßstab das Bundesberggesetz keine Anwendung fände, weil kein bergrechtliches Aufsichtsregime vorliegt, kann die Kollisionsnorm des § 196 Abs. 2 Satz 1 BBergG keine anderweitige Entscheidung treffen. Mit anderen Worten: Befindet man sich außerhalb des Bergrechts, kann auch die Norm des § 196 Abs. 2 BBergG nicht greifen, die vor dessen Geltungsbereich einschlägige Normen für anwendbar erklärt. Nach den Maßstäben des Bundesberggesetzes mag vielfach keine formelle Entlassung aus der Bergaufsicht stattgefunden haben. Dennoch verhindert dieser Einwand den Rekurs auf das allgemeine Ordnungsrecht für die heute auftretenden Problemlagen nicht. Zum einen gilt nach wie vor die Lückenfüllungsfunktion des Ordnungsrechts. 50 Diese Funktion entfaltet das Ordnungsrecht auch und erst recht für das Rechtsregime unter dem Allgemeinen Berggesetz, wurde doch das Verhältnis der Vorschriften über die Bergpolizei zum allgemeinen Ordnungsrecht stets bestimmt durch den Grundsatz von der Einheit der Polizeigewalt.51 Außerdem kann die Bergaufsicht für nicht formell entlassene Bergwerkbetriebe nicht ad infinitum fortdauern, so dass zu irgend einem Zeitpunkt das Ordnungsrecht schließlich greifen muss.52 Zum anderen ist die Grubengasproblematik nicht eindeutig der Bergaufsicht zurechenbar. 53 Darauf deutet die sachliche Verengung der bergaufsichtsrechtlichen 46
ZfB 75 (1934), 98. Gesetz zur Änderung berggesetzlicher Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen vom BBergG, Vor § 50 Rn. 3. 25.4.1950, GS NW S. 694; Boldt/Weller, 48 Begründung zum Gesetz vom 9.6.1934, ZfB 75 (1934), 96. 49 VG Düsseldorf, ZfB 132 (1991), 296 (298 f.). 50 Weiler, ZfB 128(1987), 13 (15); dies konzediert auch VG Gelsenkirchen, ZfB 131 (1990), 59 (61). 51 Weller, ZfB 128 (1987), 13 (14). 52 OVG Münster, ZfB 118 (1977), 110 (114); VG Gelsenkirchen, ZfB 131 (1990), 59 (61). 53 Siehe oben D. 1.3. d). 47
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§ 1 Die Frage des anwendbaren Rechts
Pflichten auf betriebsbezogene Störungen in §§ 196 ff. ABG hin. Da es weiter parallel zu den bergpolizeilichen Vorschriften auch schon immer allgemeine ordnungsrechtliche Befugnisse gab, wie sie in § 10 Teil II Titel 17 des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 ihre Grundlage hatten,54 bestand seit jeher eine Möglichkeit zum Erlass von OrdnungsVerfügungen auch außerhalb des Bergrechts. Eine Kodifikation des formell-allgemeinen Polizeirechts erfolgte jedenfalls in Preußen durch das Polizeiverwaltungsgesetz (PVG) vom 1.6.1931,55 in dessen Folge die Abgrenzung zwischen Bergpolizei und allgemeinem Ordnungsrecht ebenfalls unklar blieb. 56 Eine Ausschlussfunktion zu Lasten des Ordnungsrechts hatte diese Unklarheit jedenfalls nicht zur Folge. Dass dann, wenn die Bergaufsicht nicht sachlich griff, das allgemeine Ordnungsrecht zum Tragen kommen musste, liegt im Interesse der vom Ordnungsrecht geschützten Allgemein- und Individualgüter auf der Hand. Sieht man die Grubengasproblematik dagegen als eine betriebsbezogene Störung an, die als für die Oberfläche ordnungsrechtlich relevantes Phänomen unmittelbar mit der Bergbautätigkeit korrespondiert, unterfiel das Problem bereits dem § 196 ABG. Die Norm umfasste nämlich stets den „Schutz der Oberfläche im Interesse der persönlichen Sicherheit". Darunter kann auch das Problem austretender Grubengase gefasst werden. Jedenfalls ergibt sich für die Bannung des Grubengasproblems keine gesetzliche Lücke. Sieht man das Problem als betriebsbedingt an, unterfiel es bereits damals geltendem Bergrecht. Qualifiziert man dagegen das Problem als eine rein ordnungsrechtlich zu begegnende Folge des Bergbaus, spielt das Bergrecht auch insofern keine Rolle, als man entscheiden müsste, ob das Bundesberggesetz oder das Allgemeine Berggesetz Geltung entfaltet. Entscheidend ist allein, dass die Bekämpfung allgemeiner Gefahren seit jeher im Wege des Polizeirechts möglich war. Da das Austreten von Grubengas eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit darstellt, greift - sofern vorrangiges Bergrecht nicht ohnehin einschlägig ist - das allgemeine Ordnungsrecht unabhängig von der Tatsache, wann das Bergwerk aus der Bergaufsicht entlassen wurde.
54
„Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zur Abwehr der dem Publiko oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizey." 55 GS S.77. 56 Hammans, ZfB 72 (1931), 162 (164).
E. Bundes-Bodenschutzgesetz
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E. Bundes-Bodenschutzgesetz I. Freisetzung der Grubengase als Beeinträchtigung der Bodenfunktion? Schließlich könnte als Sonderordnungsrecht noch das am 1.3.1999 in Kraft getretene Bundes-Bodenschutzgesetz57 einschlägig sein. Die Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit, die aus einer Störung der Bodenfunktionen durch die Freisetzung des Gases selbst herrühren, etwa weil das aufsteigende Gas den Boden in seiner Funktion als Lebensraum (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchG) oder landwirtschaftliche Nutzfläche (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 b) BBodSchG) beeinträchtigt, werden nur in dem Maße vom BundesBodenschutzgesetz erfasst, in dem die Gefahr für den Menschen über den Boden mediatisiert wird. Das Gas, das den Boden durchlaufen hat, stellt aber unmittelbar selbst eine Gefahr dar. Damit geht es spezifisch um seine Neutralisierung; die Auswirkungen gehen weit über bodenmediatisierte Folgen hinaus. Zudem ist der Boden vor allem die Gase durchleitendes Objekt. Seine Funktionen werden regelmäßig nicht dadurch beeinträchtigt, dass er selbst in seiner Konsistenz verändert wird, sondern die Gase durch ihn an die Oberfläche gelangen und dadurch wirken. II. Bergbaubedingte Auflockerung des Deckgesteins als schädliche Bodenveränderung? Das Bundes-Bodenschutzgesetz könnte aber nicht wegen des Gasaustritts, sondern bereits wegen der bergbaubedingten Auflockerung der Gesteinsdecke Anwendung finden. Immerhin rührt das Austreten der Grubengase von der bergbaubedingten Auflockerung der deckenden Gesteinsschicht her, die bereits vorhandenes Grubengas am Austritt an die Oberfläche hinderte. Damit könnte das BundesBodenschutzgesetz vorbehaltlich einer etwaigen Rückwirkungsproblematik 58 anwendbar sein, jedenfalls sofern die Bergaufsicht beendet ist. 59 Dann müsste das Austreten der Grubengase aus einer Störung der Bodenfunktionen herrühren. Demnach müsste es sich bei der abdichtenden Schicht um Boden im Sinne des BundesBodenschutzgesetzes handeln, und die Gasabdichtung müsste eine nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz geschützte Bodenfunktion nach §2 Abs. 2 BBodSchG sein. Boden ist nach § 2 Abs. 1 BBodSchG die obere Schicht der Erdkruste. Die abdichtende Schicht tritt teilweise in Ausläufern des Ruhrgebiets - wo allerdings noch keine Fälle des Austritts von Grubengas an der Oberfläche festgestellt worden sind - an die Oberfläche, ist also Teil der oberen Erdkruste und damit Boden im Sinne des Bun57
Bundes-Bodenschutzgesetz vom 5.2.1998, BGB1.I, S. 1545. Dazu etwa Frenz, BBodSchG, 2000, § 4 Abs. 1 Rn. 94,108; § 4 Abs. 2 Rn. 75 f., § 4 Abs. 3 Rn. 14, 113, 119,174ff., §4 Abs. 5 Rn.óff., 11, §4 Abs.óRn.l. 59 Becker, BBodSchG, 1999, § 3 Rn. 25. 58
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§ 1 Die Frage des anwendbaren Rechts
des-Bodenschutzgesetzes. Jedoch ist durch die Auflockerung dieser deckenden Schicht keine spezifische Bodenfunktion betroffen. Die Funktion des Bodens nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 c) BBodSchG umfasst zwar auch die natürliche Puffereigenschaft. Diese aber besteht ausschließlich zum Schutz vor Schadstoffeinträgen in den Boden und nicht für Ausgasungen aus dem Boden.60 Auf die Frage einer Verdrängung des Bundes-Bodenschutzgesetzes nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 durch das Bergrecht 61 kommt es daher nicht an. Entsprechend können auch nicht bodenschutzrechtliche Maßstäbe die materiellen Anforderungen mitprägen. I I I . Beeinflussung der ordnungsrechtlichen Behandlung der Grubengasproblematik durch die Wertungen des BBodSchG? Im Rahmen der bestehenden ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit ist indes denkbar, dass die im Bundes-Bodenschutzgesetz vorgenommene Erweiterung des Kreises der Pflichtigen auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht durchschlägt, dass mithin Wertungen daraus als einem modernen, vom Nachhaltigkeitsgedanken geprägten Umweltordnungsgesetz62 eine Rolle spielen können.63 Insbesondere ist hier an die Rechtsnachfolge in die sogenannte abstrakte Polizeipflicht (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG)64 sowie an die spezifische Regelung zur Verhinderung rechtsmissbräuchlicher Haftungsverschiebungen aufgrund gesellschafts- bzw. handelsrechtlicher Rechtsgrundtatbestände zu denken (§ 4 Abs. 3 Satz 4 BBodSchG). Denkbar ist zudem auch, dass der bodenschutzrechtliche Ausgleichsanspruch gem. § 24 Abs. 2 BBodSchG für den Bereich des Ordnungsrechts Geltung entfacht. 65 Ansatzpunkt für die Anwendung dieser Regelungen speziell für die Grubengasproblematik könnte die thematische Nähe des Bodenschutzrechtes zum den Boden stark einbeziehenden und potenziell nachhaltig beeinträchtigenden Bergbau sein, da dieser im Boden konservierte Gefahrensituationen hervorrufen kann, die das Bundes-Bodenschutzgesetz bekämpfen will. Bei einer darauf gegründeten Übertragung würden namentlich die Regelung über die Nachfolge in die abstrakte Polizeipflicht, die Fälle des Durchgriffs auf die „Hinterleute" bei der „Unterkapitalisierung" und der „qualifizierten faktischen Konzernabhängigkeit" auch hier Anwendung finden. 66 Insofern aber ist der Anwendungsbereich des Bundes-Bodenschutzgesetzes eng von dessen § 3 umrissen. 67 60
Etwa Radtke, in: Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, 1998, §2 Rn. 17. Dazu Frenz, BBodSchG, § 3 Rn.48. 62 Vgl. Schoeneck, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 1 Rn. 11; Frenz, BBodSchG, § 1 Rn. 8 ff. 63 Zu diesem Ansatz Frenz!Kummermehr, DVB1. 2000, 451. 64 Dazu unten § 4 D. 65 Zum Ausgleichsanspruch vgl. Pützenbacher, NJW 1999,1137; siehe auch VG Trier, NJW 2001,531. 66 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des BBodSchG, BTDrucks. 13/6701, S. 51. 67 Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 3 f. 61
F. Rekurs auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht
27
Zudem muss man sich vergegenwärtigen, dass das Bundes-Bodenschutzgesetz lediglich als umstritten geltende Einzelfragen für den Bereich des Altlastenrechts lösten und gerade keine verallgemeinerbaren Präjudizien für das Ordnungsrecht schaffen wollte. 68 Über die Materie des Ordnungsrechts hinaus entfaltet das Bundes-Bodenschutzgesetz daher keine unmittelbare Geltung, und es liefert auch keine verallgemeinerungsfähige Schablone für Analogien; wegen der begrenzten Zielsetzung scheidet vielmehr eine analoge Anwendung der bodenschutzrechtlichen Spezialnormen im Bereich des allgemeinen Ordnungsrechts aus.69
F. Rekurs auf das allgemeine Polizeiund Ordnungsrecht I. Auffangfunktion des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts Da kein spezielleres Ordnungsgesetz die Grubengasproblematik für die Zeit nach der Entlassung aus der Bergaufsicht regelt, ist damit das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht des Bundeslandes, in dem das Phänomen auftritt, einschlägig.70 In Nordrhein-Westfalen ist dies vorliegend im OBG und im PolG 71 geregelt. Voraussetzung des ordnungsbehördlichen Eingreifens ist gem. § 14 OBG NRW, dass im Einzelfall eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht. Es muss also eine konkrete 72 Gefahr für die darunter fallenden Schutzgüter bestehen. Die öffentliche Sicherheit umfasst den Schutz der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, in erster Linie also Individualrechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Eigentum und Vermögen, sowie der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates.73 Über den Schutz der objektiven Rechtsordnung kann jeweils bei zu erwartenden Verstößen gegen Gesetze oder Verordnungen, insbesondere Strafrechtsnormen eingeschritten werden. Das Schutzgut öffentliche Ordnung findet sich dagegen nicht mehr im PolG NRW, wohl aber noch im OBG NRW, 74 spielt aber im Rahmen der Grubengasproblematik keine Rolle. Eine konkrete Gefahr liegt bei einer Sachlage vor, die bei ungehindertem Verlauf in 68
von Mutius/Nolte, DÖV 2000, 1 (7). Allgemein Canaris , Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S.78; vgl. für das Altlastenrecht Schink, in: Erbguth, Aktuelle Fragen des Altlasten- und Bodenschutzrechts, S.83 (118). 70 Breuer, JuS 1986, 359 (363). 71 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen. 72 Eine bloß abstrakte Gefahr genügt nicht; diese ist aber ausreichend für den Erlass von Polizeiverordnungen, vgl. §25 OBG NRW. 73 So lautete bereits die amtliche Begründung zu § 14 des preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes, vgl. Tettinger, Besonderes Verwaltungsrecht 1, Rn.299. 74 So enthält § 14 Abs. 1 OBG NRW noch die öffentliche Ordnung, nicht aber § 8 Abs. 1 PolG NRW; näher zur Kritik zum Schutzgut öffentliche Ordnung bei Schenke, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, II Rn.42ff. 69
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§ 1 Die Frage des anwendbaren Rechts
absehbarer Zeit wahrscheinlich zu einem Schaden am Schutzgut der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung führt. 75 II. Zuständigkeit nach dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht Die Zuständigkeit der Bergbehörde in Nordrhein-Westfalen richtet sich - wie oben angesprochen - nach § 48 Abs. 4 OBG NRW. Materiell rechtlich richten sich die Anordnungen jedoch nach dem Ordnungsrecht. Das heißt, der Kreis der Verantwortlichen wird aus §§ 17-19 OBG NRW bestimmt. Die Polizei kann gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 PolG dann nach den im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften des PolG NRW handeln, wenn ein Eingreifen der an sich zuständigen Bergbehörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint.
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Drews/Wacke/Vogel/Martens,
Gefahrenabwehr, S. 220 m. w. N.
§ 2 Überblick über die Verantwortlichen A. Ausgangspunkt: OBG NRW Als nach pflichtgemäßem Ermessen1 in Anspruch zu nehmende Polizeipflichtige kommen nach dem OBG der Verhaltensverantwortliche (§ 17 OBG NRW), der Zustandsverantwortliche (§18 OBG NRW) unter Einbezug des Derelinquenten (§18 Abs. 3 OBG NRW) sowie - unter erhöhten Voraussetzungen - prinzipiell auch der Nichtstörer (§19 OBG NRW) in Betracht. Sofern die Polizei eilzuständig ist, richtet sich die Verhaltensverantwortlichkeit nach § 4 PolG NRW, die Zustandsverantwortlichkeit nach § 5 PolG NRW (die Dereliktionsverantwortlichkeit nach § 5 Abs. 3 PolG NRW) und die Inanspruchnahme des Nichtstörers nach § 6 PolG NRW. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften entsprechen denen der Korrespondenzvorschriften des OBG.
B. Der Handlungsstörer Als Handlungsstörer gem. § 17 OBG NRW kann derjenige ordnungsrechtlich herangezogen werden, der durch sein Tun, Dulden oder garantenpflichtiges Unterlassen2 kausal die Gefahr „unmittelbar" 3 (mit-)verursacht hat, bzw. derjenige, der die Risikoschwelle überschritten hat.4 Dies gilt unabhängig davon, ob er diese zu verschulden hat. Nach herrschender Meinung5 gilt dies auch unabhängig davon, ob er von der Risikosetzung und ihren Folgen wusste oder davon wissen konnte.6
1
§ 3 PolG NRW bzw. § 16 OBG NRW. Friauf y in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, 2. Abschnitt Rn.72. 3 PrOVGE 31, 409; 103, 139; OVG Münster, NVwZ 1997, 804f.; OVG Münster, NVwZ 1995, 355 (356); VGH München, BayVBl. 1978, 340; VGH Kassel, NJW 1986, 1829; OVG Lüneburg, NVwZ 1988,638 (639); aus der Lit. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S.313 m.w.N. in Fn.34ff. 4 Sogenannte „polizeirechtliche Störerbestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre", Pietzcker, DVB1. 1984, 457ff. m.w.N.; ausführlich Gantner, Verursachung und Zurechnung im Recht der Gefahrenabwehr, S. 123 ff. 5 Brandner, Gefahrenerkennbarkeit und polizeirechtliche Verhaltensverantwortlichkeit, S.60 m.w.N. 6 Α. A. im Zusammenhang mit der Altlastenproblematik Papier, Altlasten und polizeirechtliche Störerhaftung, 1985, S.35ff. 2
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§ 2 Überblick über die Verantwortlichen
C. Der Gesamtrechtsnachfolger des Handlungsstörers Regelmäßig wird ein insbesondere gesellschaftsrechtlicher Wechsel der verantwortlichen Personen im Bereich des Bergbaus stattgefunden haben, da die Beeinträchtigungen über einen langen Zeitraum erfolgt sind. Im Bereich der Grubengasproblematik kommt der Rechtsnachfolgeproblematik insofern eine große Bedeutung zu. Dabei stellt sich die Frage, ob der Rechtsnachfolger in die polizeiund ordnungsrechtliche Pflicht seines Rechtsvorgängers eintreten kann. Diese Problematik spielt bei der Rechtsnachfolge in die Zustandsverantwortlichkeit keine eigenständige Rolle, da derjenige, der in die Eigentumsposition seines Rechtsvorgängers eintritt, bereits originär in eigener Person den Tatbestand der Zustandsverantwortlichkeit verwirklicht. 7 Eine Bedeutung hat die Gesamtrechtsnachfolge aber für den Handlungsverantwortlichen. Der Gesamtrechtsnachfolger in die Pflichtigkeit des Verursachers wird allerdings weder im OBG NRW noch im PolG NRW erwähnt. Dennoch beurteilt sich diese Problematik nach den hierzu entwickelten, nach wie vor aber kontrovers diskutierten ordnungsrechtlichen Grundsätzen, die auf die entsprechenden zivilrechtlichen Übergangstatbestände als Transmissionsnormen zurückgreifen. Besonders steht bei dieser Problematik die Frage im Vordergrund, ob auch die Gesamtrechtsnachfolge in die Polizeipflicht des Rechtsvorgängers möglich ist, gegenüber dem die Ordnungsbehörde noch gar keine Ordnungsverfügung erlassen hat (sogenannte Rechtsnachfolge in die abstrakte Polizeipflicht). 8 Die Rechtsprechung bejaht diese Frage überwiegend.9 Auch die herrschende Meinung in der Literatur vertritt diese Position.10 Im Bundesbodenschutzrecht ist dieses Problem mittlerweile durch § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG mit einer Norm gelöst worden, die diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Für die Bodenschutzproblematik hat die Regelung des § 4 Abs. 3 BBodSchG daher jetzt ausdrücklich einen Rechtsnachfolgetatbestand in die nicht konkretisierte Störerverantwortung des Verursachers geschaffen. 11 Diese Norm ist im Bereich des Ordnungsrechts nicht unmittelbar anwendbar.12 Da außerhalb des Bundesbodenschutzrechtes im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht eine solche Norm allerdings nicht existiert, 13 ist man auf die Heranziehung der allgemeinen Grundsätze angewiesen. 7
Schenke, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, II Rn. 187; vgl. OVG Hamburg, NVwZ 2001, 215; zur Gesamtrechtsnachfolge in die Dereliktionshaftung siehe unten §6B. 8 Zur Problematik vgl. Papier, DVB1. 1996, 125 ff.; Ossenbühl, Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S.51. 9 VGH München, NVwZ-RR 1995,647; ZfW 1989,147 (151); OVG Münster, NVwZ 1985, 355; OVG Lüneburg, NJW 1998,97 (98); OVG Koblenz, DÖV 1980,654; VGH Kassel, DÖV 1990, 211; näher dazu unten §4B. 10 Kloepfer, NuR 1987,1 (7); ders., Umweltrecht, § 12 Rn. 81; Beckmann, ZfB 133 (1992), 120 (125 f.). 11 von Mutilisi Nolte, DÖV 2000, 1 ff. 12 von Mutius/Nolte, DÖV 2000,1 (7). 13 Vgl. Boldt/Weller, BBergG, §71 Rn.9.
D. Die Zustandsverantwortlichen
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D. Die Zustandsverantwortlichen In die Pflicht kann auch derjenige genommen werden, der das Eigentum, das sich im Wesentlichen an zivilrechtlichen Grundsätzen misst,14 bzw. die Inhaberschaft der tatsächlichen Gewalt über eine Sache hat, von der die Gefahr ausgeht.15 Die Haftung des Eigentümers gilt in Nordrhein-Westfalen gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 PolG bzw. § 18 Abs. 2 OBG dann nicht, wenn der Inhaber der tatsächlichen Gewalt diese ohne den Willen des Eigentümers bzw. Berechtigten ausübt. Als Hintergrund speziell für die Heranziehung des Eigentümers zur Gefahrenabwehr gilt allgemein die Möglichkeit, auf die gefahrverursachende Sache einzuwirken. 16 Dogmatische Basis bildet die allgemeine Pflichtenbindung des Eigentümers. Diese ist in Art. 14 Abs. 2 GG unabhängig von einer tatsächlichen bzw. rechtlichen Sachherrschaft festgelegt. Voraussetzung dafür ist nur das Eigentum.17 Dessen Zuordnung und die daraus erwachsenden Pflichten sind der eigentliche Rechtsgrund der Eigentümerverantwortung. 18 Die Sachherrschaft ist für den Eigentümer nicht Verantwortungsgrund, sondern Anknüpfungspunkt. 19 Die Gefahr geht bei der Grubengasproblematik, je nach Betrachtungsweise, von diversen Sachen aus. In Betracht kommen das Bergwerkseigentum bzw. die Bergwerksanlage, das Gas an sich bzw. die Kohle, von der das Gas stammt und das Grundstück, auf dem das Gas austritt. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch noch der Derelinquent als potenziell Pflichtiger zu erwähnen. Die Aufgabe des Eigentums beendet die Haftung grundsätzlich nicht (§ 5 Abs. 3 PolG NRW bzw. § 18 Abs. 3 OBG NRW). 20 Dies gilt dann, wenn die Sache durch die Aufgabe des Eigentums herrenlos wird. Im Bergrecht spielt die Haftung des Derelinquenten im Zusammenhang mit verlassenen Grubenbauen eine wichtige Rolle. 21
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Siehe Depenheuer, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14 Rn. 33 sofern die zivilrechtlichen Wertungen mit den öffentlich-rechtlichen vereinbar sind, Ossenbühl, DVB1. 1990, 963 (966); auch Jarass, VVDStRL 50 ( 1991), 239 (250). 15 Vgl. § 5 PolG NRW bzw. § 18 OBG NRW. 16 Grundlegend Friaufin: Festschrift für Wacke, S. 293 (301); aus der Rechtsprechung etwa GefahrenabBVerwG, DVB1. 1986, 360 (361); aus der Literatur Drews/Wacke/Vogel/Martens, wehr, S.319; Götz, NVwZ 1984, 211 (215); Sparwasser IG eißler, DVB1. 1995, 1317 (1320). 17 Dazu bereits PrOVGE 8, 327 (329); aus der Literatur vgl. Hohmann, DVB1. 1984, 997 (998 f.). 18 BVerfG, DVB1. 2000, 1275; VGH München, NVwZ 1986, 942 (943). 19 Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S.254. 20 Siehe unten §6. 21 Vgl. OVG Münster, ZfB 131 (1990), 232.
32
§ 2 Überblick über die Verantwortlichen
E. Weitere denkbare Pflichtige I. Die Erweiterung der Verantwortlichen im Bodenschutzrecht Im Bodenschutzrecht wird neben den klassischen Verantwortlichen gem. § 4 Abs. 3 Satz 4 BBodSchG auch missbräuchlichen Übertragungen der Zustandsverantwortlichkeit erfasst sowie die früheren Eigentümer eines Grundstückes in Anspruch genommen (§ 4 Abs. 6 BBodSchG). Mit dieser Bestimmung nimmt das Bundes-Bodenschutzgesetz auch den früheren Eigentümer als Zustandsverantwortlichen in die Pflicht, also denjenigen, der das Eigentum weiter übertragen hat. Eine solche Regelung fehlt für die vom Ordnungsrecht geregelte Grubengasproblematik und kann auf diese auch nicht ausgeweitet werden. 22 II. Handels- und gesellschaftsrechtliche Durchgriffshaftung § 4 Abs. 3 Satz 4 BBodSchG, der missbräuchliche Übertragungen der Zustandsverantwortlichkeit behandelt, nimmt als adäquate Reaktion auf die zunehmende Verflechtung von Konzern- und Gesellschaftsstrukturen bestimmte Buy-Out-Konstellationen und Verlagerungen in gesellschaftsrechtliche Schachtelkonstruktionen ins Visier. Dies erfolgt durch die Anwendung handels- bzw. gesellschaftsrechtlicher Durchgriffsregelungen. 23 Da das Bundes-Bodenschutzgesetz nur den Bereich der Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen regeln wollte, beschränken sich diese Sonderregelungen aber auf diesen Sektor. Wegen dieses eng begrenzten Hauptziels des Bundes-Bodenschutzgesetzes können auch verallgemeinerungsfähige Präjudizien für das allgemeine Ordnungsrecht aus dem Bundes-Bodenschutzgesetz nicht gewonnen werden. 24 Dies gilt für die Durchgriffshaftung genauso wie für die Haftung des früheren Eigentümers. Schließlich ist auch zu beachten, dass die Norm des § 4 Abs. 3 Satz 4 BBodSchG das Entschlüpfen aus der Haftung des aktuellen Zustandstörers regelt, 25 indes aber im Bereich der Grubengasproblematik die Haftung des Verursachers und konsequenterweise sein Entschlüpfen aus dieser Haftung die ungleich relevantere Fallgruppe darstellt. Dem Umgehen der Verursacherhaftung im Wege gesellschafts22
Siehe oben §1 E.III. Näher Spieth/Wolfers, NVwZ 1999, 355; Schmitz-Rodel Bank, DB 1999, 417. 24 Siehe oben §1 E.III. 25 § 4 Abs. 3 Satz 4 BBodSchG lautet: „Zur Sanierung ist auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast belastet ist, gehört, [...]" und bezieht sich damit auf den präsentischen Zustand des aktuellen Sachbezugs. 23
E. Weitere denkbare Pflichtige
33
rechtlicher Konstruktionen wird nach der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre auch im allgemeinen Ordnungsrecht erfolgreich dadurch begegnet, dass der Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers ohnehin in die Haftung genommen wird. 26 Da das Bundes-Bodenschutzgesetz weder direkt noch analog Anwendung findet, verbleibt die Möglichkeit, eine Durchgriffshaftung, wie sie in § 4 Abs. 3 Satz 4 BBodSchG vorgesehen ist, originär für das Ordnungsrecht herzuleiten. Explizit angeordnet ist eine solche Durchgriffshaftung im allgemeinen Ordnungsrecht nicht, auch konzeptionell ist sie noch „ordnungsrechtliches Neuland".27 Zu beachten ist indes, dass ein solcher Durchgriff wegen öffentlich-rechtlicher Ansprüche bereits nach der bisherigen Rechtsprechung zulässig war. 28 Dies betraf aber nur vermögensrechtliche Ansprüche und keinen Durchgriff auf Personen, die durch die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Regeln nunmehr selbst in die Pflicht genommen werden können, öffentlich-rechtliche Primär- bzw. Handlungspflichten zu erfüllen. 29 Ob im Rahmen des hier relevanten allgemeinen Ordnungsrechts ebenfalls die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze für eine Durchgriffshaftung zur Erfüllung von Ordnungspflichten gegeben sind, ist daher sehr zweifelhaft und im Ergebnis abzulehnen. Die Tatsache, dass im Rahmen des GesetzgebungsVerfahrens zum Bundes-Bodenschutzgesetz letztlich eine klärende Regelung für den Bereich des Altlastenrechts erfolgte, weist darauf hin, dass gesellschafts- bzw. handelsrechtliche Grundsätze zur Erweiterung der Haftung ohne ausdrücklich normierten Bezug im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht inoperabel sind. So sah die Bundesregierung neben dem Problem der Ermittlung der im Einzelfall gegebenen zivilrechtlichen Verantwortlichkeiten in der Übertragung der Grundsätze zur Einstandspflicht für eine juristische Person eine Belastung des Gesetzesvollzugs mit schwierigen Auslegungsfragen. 30 Auch der Bundesrat suchte die Anpassung des klassischen Systems des Ordnungsrechts an die durch das Zivilrecht eingeräumten Handlungsmöglichkeiten.31 Daher wurde eine eigene Regelung in § 4 Abs. 3 BBodSchG aufgenommen. Das zeigt, dass eine solche Anpassung überhaupt nur dann stattfinden kann, wenn klare Verweise auf das Gesellschaftsrecht von Gesetzes wegen bestehen. Da das im allgemeinen Ordnungsrecht nicht der Fall ist, ist eine Haftung dessen, der im Gesellschaftsrecht durchgriffspflichtig wäre, abzulehnen.
26
Siehe unten § 4. Kobes, NVwZ 1998, 786 (790). 28 BSG, NJW 1984,2117; BSG, NJW-RR 1997,94; OVG Lüneburg, MDR 1996,1024; siehe auch Schoeneck, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, §4 Rn.39. 29 Das oftmals in diesem Zusammenhang zitierte Urteil des VG Freiburg, ZUR 1998,42 betrifft nicht die primäre Sanierungspflicht eines Durchgriffspflichtigen, sondern die Sittenwidrigkeit einer Grundstücksübertragung. 30 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 13/6701, S. 63. 31 Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/6701, S.51. 27
3 Frenz
§ 3 Die Verursacherhaftung Α. Bergwerksbetreiber als potenzielle Verursacher I. Beendigung der Wasserhaltung Als Verantwortlicher in Frage kommt ein aktueller Bergwerksbetreiber, der die Wasserhaltung beendet. Durch den dadurch hervorgerufenen Anstieg des Grundwasserspiegels kann auch die Hebung des Grubengasspiegels verursacht werden. Die Beendigung der Wasserhaltung könnte man allerdings auch als bloße Wiederherstellung des naturgemäßen Zustandes ansehen.1 Danach wäre nur derjenige als Verursacher zu betrachten, der das Gas durch Bergbautätigkeit aus dem Gestein gelöst hat, bzw. derjenige, der dafür die Verantwortung trägt, dass bauliche Anlagen so errichtet worden sind, dass es bei diesen bei der Einstellung der Wasserhaltung zu ordnungsrechtlichen Gefahren kommt.2 Insbesondere könnten insoweit die Bauplanungs- und Bauordnungsbehörden eine Verantwortung tragen, dass sie für Gefährdungen anfällige Oberflächenbereiche als Wohngebiete ausgewiesen haben bzw. Baugenehmigungen für solche Bereiche erteilt haben.3 II. Der frühere Bergbautreibende 1. Verantwortlichkeit
fir Gasaustritte an Schächten
In Frage kommen als verantwortliche Verursacher grundsätzlich die Bergbaubetriebe, die Inhaber der Berechtigung zum Abbau der Kohle waren oder sind, insbesondere diejenigen, in Zusammenhang mit deren Betriebshandlungen Gase „aufgetreten" 4 sind. Nach der Rechtsprechung ist bei Grubengasaustritten an Schächten daher der frühere Bergbautreibende jedenfalls ins Visier zu nehmen.5 Der Austritt an dem Schacht weist darauf hin, dass derjenige, der dort Bergbau betrieben hat, auch für das Auftreten von Grubengas an der Oberfläche verantwortlich ist, wobei die unter1 2 3 4 5
Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (108). Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (108). Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (108); dazu näher unter III. 2. Vgl. § 3 Abs. 3 3. Gruppe BBergG. VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589.
Α. Bergwerksbetreiber als potenzielle Verursacher
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lassene Möglichkeit der Behandlung des Problems im Abschlussbetriebsplan einer Verantwortlichkeit nicht entgegensteht.6 2. Andere Ausgasungen Ausgasungen, die nicht im Bereich ehemaliger Schachtanlagen stattfinden, müssen genauso behandelt werden wie Schachtausgasungen, sofern die durchgeführte Bergbautätigkeit für das Auftreten der Gase verantwortlich ist. Die früheren Bergbautreibenden sind nämlich zumindest mitverantwortlich für die Auflösung der gasdeckenden Gesteinsschicht. 3. Ausblick auf Fragen der Verursachung, Kausalität und Sozialadäquanz Bei dem Nachweis und der Beurteilung des kausalen Beitrags des Einzelnen ist dabei eine sehr weite Konzeption zu verfolgen. 7 Insofern ist auch zu beachten, inwieweit die Auflösung des Deckgesteins zum Abbau der Kohle unerlässlich war. Insoweit kann ein sozialadäquates Verhalten vorliegen. Ob das Vorliegen eines Betriebsplans oder einer behördlichen Erlaubnis bzw. Bewilligung jedoch jegliche vom Verursacher stammende Folgegefahr legalisiert, ist eine Frage, die erst im Rahmen der Legalisierungswirkungen von Genehmigungen ihre Relevanz entfaltet. 8 I I I . Verursachereigenschaft des Grundeigentümers? Fraglich ist, ob die privaten Grundstückseigentümer dadurch als Verursacher in Betracht kommen, dass sie durch Baumaßnahmen, die über alten Schachtanlagen durchgeführt werden, die Gesundheitsgefahren im Wohnbereich zu verantworten haben, etwa weil Ver- bzw. Entsiegelungsmaßnahmen nicht ordnungsgemäß oder nicht im erforderlichen Umfang umgesetzt worden sind. Die Bauherren haben immerhin selbst gehandelt, indem sie selbst gebaut haben.9 Durch ihr Bauen aktualisiert sich aber nur die Gefahr, die durch die vorhandenen Grubengase bereits latent existiert hat. Sie sind damit keine Verursacher.
6 7 8 9
3*
VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590f.); näher dazu unten § 8 D. III. 2. Näher unter § 3 E.c). Siehe unten§8D.V. VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000 - 8 Κ 3891/97, S. 10.
36
§ 3 Die Verursacherhaftung
IV. Bauplanungs- und Bauordnungsbehörden als Verursacher? 1. Keine Verursachereigenschaft der Planungs- und Bauordnungsbehörden Im weiteren Kreis potenzieller Verantwortlicher werden auch die Planungs- und Baubehörden ausgemacht.10 Durch deren Planung und Genehmigungserteilung kam es dazu, dass Wohngebiete auf Rächen entstehen konnten, unter denen die Gesteinsdecke durchlässig für Grubengas geworden war. Aus ordnungsrechtlicher Sicht stellt sich hier aber das Problem, dass sie zwar auch als Hoheitsträger an ordnungsrechtliche Vorschriften gebunden sind,11 indes die Planung und Genehmigung dem Ausgleich divergierender Belange dient, und zwar auch zwischen Privaten. Damit schaffen die Gefahren immer noch die Privaten durch ihr Vorgehen. Dieses ist den Behörden nicht zurechenbar. 12 Etwas anderes soll allerdings für die Baugenehmigungsbehörde dann gelten, wenn diese eine sozial inadäquate Baugenehmigung erteilt hat. 13 Unter Zugrundelegung einer wertenden Betrachtung ist der Baugenehmigungsbehörde dann die Gefahr zuzurechnen, wenn die Baugenehmigung unter Verstoß gegen Bauordnungsrecht 14 erteilt worden ist. Dabei soll auch unerheblich sein, ob die Baugenehmigungsbehörde die Gefahr hätte erkennen können.15 Sofern von der zu genehmigenden baulichen Anlage Gefahren für Leib und Leben der Bewohner ausgehen,16 spielt dieser Aspekt keine Rolle. 17 Die Auflage einer „gasundurchlässigen" Bauausführung hätte nämlich das Eindringen des Methans in das Gebäude verhindern können.18 Andererseits besteht auch in diesen Fällen die von anderen unmittelbar geschaffene Gefahr durch das Grubengas bereits im Vorfeld. Von daher sind auch in diesen Fällen die Behörde wie die Bauherren keine Verursacher, da die Gefahr bereits latent im Vorfeld der Vergabe der Baugenehmigung existiert hat.
10
Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (108). BVerwGE 29, 52 (56ff.); BGH, DVB1. 1970, 499f.; OVG Münster, NJW 1986, 2526. 12 Näher Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 89ff.; vgl. dagegen Schwabe, Die sogenannte Drittwirkung der Grundrechte, S.65f.; auch Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 91 f. 13 VG Gelsenkirchen vom 8.9.2001 - 8 Κ 3891/97, S. lOf. 14 In Nordrhein-Westfalen namentlich unter Verstoß gegen § 70 Abs. 1 LBauO NRW i. V. m. § 3 Abs. 1 LBauO NRW i. d. F. vom 26.6.1984. 15 VG Gelsenkirchen vom 8.9.2001 - 8 Κ 3891/97, S. lOf. 16 Vgl. § 3 Abs. 1 LBauO NRW i. d. F. vom 26.6.1984. 17 VG Gelsenkirchen vom 8.9.2001 - 8 Κ 3891/97, S. 11. 18 VG Gelsenkirchen vom 8.9.2001 - 8 Κ 3891/97, S . l l . 11
Α. Β erg werksbetreiber als potenzielle Verursacher
2. Exkurs: Schadensersatzpflicht
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der Baubehörden
Den Bauherren können, sofern die Behörden eine Schuld trifft, jedoch Amtshaftungsansprüche zustehen.19 Beim Erlass von baurechtlichen Satzungen sind die für die Planaufstellung verbindlichen Vorgaben durch § 1 BauGB näher vorgezeichnet. § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG gegenüber der planaufstellenden Gemeinden kann schon von daher gegeben sein, da die Tätigkeit der die Baupläne aufstellenden Gemeinderäte von normativen Vorgaben, insbesondere von § 1 Abs. 5 BauGB bestimmt ist. Daher sind die Gemeinderäte Beamte im Sinne des Haftungsrechts. 20 Sie können sich zumindest insoweit nicht unter Hinweis auf ihre Freiheit des Mandats,21 die ohnehin wegen des weitestgehend exekutiven Aufgabenzuschnitts beschränkt gesehen wird, 22 auf einen Haftungsausschluss wegen legislativen Unrechts 23 berufen. Der Beschluss des Bebauungsplans ist jedenfalls dann rechtswidrig, wenn die Verseuchung trotz hinreichender Anhaltspunkte missachtet und dadurch wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB („gesunde Wohnverhältnisse") das baurechtliche Abwägungsverbot verletzt wurde, 24 das von dem Planungsträger zu beachten ist. 25 Auch ist die Pflicht, das Abwägungsgebot einzuhalten, drittbezogen. 26 Zwar ist eine Satzung grundsätzlich eine Rechtsnorm und damit abstrakt-generell, also ohne Individualbezug. Dieser wird aber für Bauleitpläne durch § 1 Abs. 6 BauGB hergestellt, der eigens die Abwägung öffentlicher und privater Belange verlangt. Zugunsten der Betroffenen entfaltet das Gebot der Rücksichtnahme drittschützende Wirkung. Die Bauleitplanung hat gerade auch die künftige Bebauung in den Blick zu nehmen. Deshalb fällt auch der private Bauherr, der aufgrund des Bebauungsplanes ein Wohnhaus errichtet hat, in den persönlichen Schutzbereich. Allerdings ist eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht immer in 19 Zur Überplanung von „Altlasten" BGHZ 106, 323ff.; 108, 224ff.; 109, 380ff.; 113, 367 ff.; BGH, NJW 1990, 381 ff.; Kühn, Die Amtshaftung der Gemeinden wegen der Überplanung von Altlasten, S.24ff.; Giesberts, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht, §4 BBodSchG Rn. 169ff. 20 St. Rspr. des BGH, vgl. BGH, VersR 1970,1007 (1009); WM 1975,630 (633); BGHZ 84, 292 (298); 92, 34 (51); 106, 323. 21 Vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG: Volksvertretung in Ländern und Gemeinden, womit nur eine solche gleicher Kategorie gemeint sein kann; siehe Frohwein, in: Püttner, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis Bd. 2, S. 81 (87); Hien, BayVBl. 1984, 203. 22 Etwa Schönfelder, Rat und Verwaltung im kommunalen Spannungsfeld, S.40; Wurzel, Gemeinderat als Parlament?, S.65ff. 23 Dieser wurde sehr intensiv diskutiert; dazu etwa bereits Eckert, Die Haftung des Staates bei nichtigen Gesetzen und Verordnungen; Frenz, Die Staatshaftung in den Beleihungstatbeständen, S.214ff. m.w.N. 24 BGHZ 109,380; aber VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000 - 8 Κ 3891/97, S. lOf., das von einer originären Ordnungspflicht der Baugenehmigungsbehörde ausgeht. 25 BGH, NJW 1990, 381 (382). 26 BGHZ 106, 323; 108, 224.
38
§ 3 Die Verursacherhaftung
Bezug auf alle Belange als Dritter anzusehen. Es kommt dabei vielmehr darauf an, ob das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäftes geschützt werden soll. 27 So zählen diejenigen Erwerber, die nicht die Absicht haben, das Wohngrundstück zu bebauen, nicht zum Kreis der geschützten Dritten. 28 Wegen der hervorgerufenen Gefahren für die Wohngesundheit gehört der Schaden auch zum sachlichen Schutzbereich.29 Die Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht liegt damit vor. Diese wurde dann auch schuldhaft verletzt, wenn die im Verkehr allgemein erforderliche Sorgfalt nicht beachtet wurde. 30 Da jeder Beamte die zur Führung seines Amtes erforderlichen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen bzw. sich diese gegebenenfalls beschaffen muss,31 handeln die Gemeinderatsmitglieder schuldhaft, wenn rechtswidrige Planungsentscheidungen ergehen.32 Zu ersetzen ist der durch die Amtsverletzung adäquat entstandene Schaden.33 Die Haftung umfasst auch Vermögensschäden, die der Erwerber eines Wohngrundstückes dadurch erleidet, dass er im Vertrauen auf eine ordnungsgemäße Planung Wohnungen errichtet oder verkauft, die nicht bewohnbar sind. 34 Trifft den für die Bauplanung zuständigen Gemeinderat kein Amtsverschulden, ist weitergehend zu prüfen, ob die Bauordnungsbehörden haftbar gemacht werden können. Dies wird immer dann gegeben sein, wenn eine Baugenehmigung erteilt worden ist, die gegen die bauplanungsrechtlichen Vorgaben verstößt. 35 Der BGH hat darüber hinaus entschieden, dass die Erteilung einer rechtswidrigen Baugenehmigung grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch nach § 39 Abs. 1 lit. b) OBG NRW rechtfertigen kann.36
B. Die Verursachungstheorien I. Überblick Grundvoraussetzung der Verursacherhaftung ist die objektive Verursachung. Diese ist eine unter naturwissenschaftlichen Aspekten kausale Handlung bzw. ein entsprechendes garantenwidriges Unterlassen. Die Handlung bzw. das Unterlassen 27
BGH, NJW 1990, 381; siehe auch Schink, NJW 1990, 351 (356). Β GHZ 108, 224. 29 Diese Gefahren müssen aber auch konkret bestehen, vgl. BGHZ 113, 367. 30 Vgl. Thomas, in: Palandt, BGB, § 839 Anm.6. 31 BGH, VersR 1975, 469 (470). 32 Schink, NJW 1990, 351 (357). 33 Schink, NJW 1990, 351 (357). 34 BGHZ 106, 323. 35 Siehe § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW. 36 BGHZ 109,380; vgl. demgegenüber VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000-8 Κ 3891/97, das von einer Polizeipflicht und nicht bloß von einem Entschädigungsanspruch ausgeht. 28
Β. Die Verursachungstheorien
39
kann sich auch über einen längeren Zeitraum erstreckt haben, was die zeitliche Eingrenzbarkeit der objektiven Verursachung jedoch nicht aufhebt. 37 Alle Verursachungstheorien operieren zur Bestimmung der relevanten Gefahrschwelle mit einem Mindestmaß an natürlicher Kausalität als Grundlage jeder Haftung. 38 Grundvoraussetzung ist die Setzung einer naturwissenschaftlich nicht wegzudenkenden Bedingung (conditio sine qua non) für den Eintritt einer Gefahr. Es genügt indes für die ordnungsrechtliche Verursachung nicht, wenn eine solche - bloß naturwissenschaftliche - Bedingung gesetzt worden ist. Vielmehr hat eine tiefergehende Auswahl nach den für die Gefahr wesentlichen Ursachen stattzufinden. Ein Kriterium hierfür ist nach dem OVG Münster die Frage, welche Person bzw. welcher Bergbautreibende die Gefahrengrenze überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat. 39
II. Theorie der unmittelbaren Verursachung Nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung 40 ist für die Überschreitung dieser Gefahrensch welle erforderlich, dass der Verursacher, von dem das für die Gefahr (mit)kausale Verhalten stammt, die maßgebliche Gefahrensch welle unmittelbar überschritten hat. Nach diesem Ansatz ist derjenige Verursacher, dessen Verhalten der bekämpften Gefahr unmittelbar vorgelagert ist und die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschritten hat. Wann ein solches Überschreiten allerdings gegeben ist, wo also diese polizeirechtliche Gefahrengrenze beginnt, kann nur fallorientiert und mit Blick auf die natürliche Einheit von Handlung und Gefahr sowie auf die jeweiligen Rechtsgewährleistungen, rechtlich normierten Pflichten und Risikozuweisungen entschieden werden. 41 Die kausale Bergbautätigkeit, die zur Auslösung der Grubengase geführt hat, ist dann als unmittelbar anzusehen, wenn nach einer wertenden Betrachtung die gesetzte Bedingung so wesentlich war, dass die Inanspruchnahme des diese Bedingung Setzenden geboten ist. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Verursacher auch die zeitlich letzte kausale Ursache gesetzt haben muss.42 Die 37 Vgl. zu Überlegungen einer Verjährung der Ordnungspflicht ab Verursachung: Martensen, NVwZ 1997, 442. 38 Pietzcker, DVB1. 1984, 457 (458). 39 OVG Münster, UPR 1984,279 = ZfB 125 (1984), 367 (374) mit Verweis auf OVG Münster, AS 14, 265 (267); AS 29, 44 (52); OVG Hamburg, DÖV 1983,1016 (1017). 40 PrOVGE 31, 409; 103, 139; OVG Münster, NVwZ 1997, 804f., OVG Münster, NVwZ 1995, 355 (356); VGH München, BayVBl. 1978, 340; VGH Kassel, NJW 1986, 1829; OVG Lüneburg, NVwZ 1988, 638 (639); aus der Literatur Drews/Wacke/VogeliMartens, Gefahrenabwehr, S.313 m.w.N. in Fn.34ff.; Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Abschnitt Rn. 76. Zu den einzelnen Theorien speziell im Kontext des Bodenschutzrechtes: Hilger, in: Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, Rn.42ff. 41 Würtenberger, in: Achterberg/Püttner/Würtenberger, Besonderes Verwaltungsrecht II, 2. Aufl., Kap.7Rn.167. 42 Siehe unten D.
40
§ 3 Die Verursacherhaftung
Unmittelbarkeit der Verursachung bezieht sich nicht auf die zeitliche Unmittelbarkeit, sondern auf die Maßgeblichkeit der gesetzten Bedingung. Diese Maßgeblichkeit kann bereits dann vorliegen, wenn im Rahmen der Abbautätigkeit das Grubengas aus dem Gestein gelöst wird, kann daneben aber auch dann gegeben sein, wenn versiegelndes Deckgestein aufgelockert wird oder Schächte angelegt werden, in denen das Gas an die Tagesoberfläche geführt wird. Es bedarf mithin einer evaluativen Betrachtung, die regelmäßig entscheidend ist 43 und daher den Sinn des Unmittelbarkeitskriteriums letztlich in Frage stellt. 44 Vorzugswürdig ist daher die „polizeirechtliche Störerbestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre". 45 I I I . Die polizeirechtliche Störerbestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre Die „polizeirechtliche Störerbestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre" geht nicht den Umweg über das Unmittelbarkeitskriterium. Hier wird von vornherein eine umfassende Bewertung der zugrunde liegenden Sach- und (auch außerpolizeirechtlichen) Rechtslage vorgenommen. Diese Abschichtung basiert - ebenso wie die Unmittelbarkeitstheorie - auf einem Mindestmaß an natürlicher Kausalität. Diese ist Grundlage jeder Haftung zur Bestimmung der Gefahrschwelle. 46 Auf ein darüber hinausgehendes Verschulden oder eine Zweckgerichtetheit der Verursachung kann es auch hier, wie bei der Theorie der unmittelbaren Verursachung, nicht ankommen.47 Jeder, der einen Verursacherbeitrag leistet, ist potenzieller Verursacher. Grundlage der polizeirechtlichen Abwägung ist die Auflösung der „Antinomie zwischen Polizeigut und gegenläufigem Einzelinteresse". 48 Indem auch das Bundesberggesetz ausdrücklich den Oberflächenschutz berücksichtigt, 49 geht es bei ihm um die Abwägung zwischen diesem konkretisierten Schutzgut und den individualisierten Abwehrrechten des diese Funktionen beeinträchtigenden bzw. bei mehreren in Betracht kommenden Personen den Einzelnen konkret zuzuordnenden Abwehrbelangen. 50 Damit muss eine Abwägung zwischen Bodenschutz und beeinträchtigten Individualbelangen vorgenommen werden. 43
Die Unmittelbarkeit auf eine wertende Beurteilung des zugrundeliegenden Vorgangs reduzierend etwa Papier, NVwZ 1986, 256 (257). Die Notwendigkeit einer wertenden Betrachtung für manche Fälle konzedierend DrewslWackelVogellMartens, Gefahrenabwehr, S. 315 f. Übersicht zum Problem- und Meinungsstand bei Selmer, JuS 1992, 97 ff. 44 Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. E Rn. 66. 45 Insbesondere Pietzcker, DVB1.1984,457ff. m. w.N. zu ähnlichen Ansichten in Fn.3; bereits Gantner, Verursachung und Zurechnung im Recht der Gefahrenabwehr, S. 123 ff. 46 Pietzcker, DVB1. 1984, 457 (458). 47 Vgl. Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap.E Rn.58. 48 Erichsen, VVDStRL 35 (1977), 171 (203). 49 Siehe oben § 1D. 50 Allgemein für den Umweltbereich Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S.247.
Β. Die Verursachungstheorien
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So wird die Abwägung zwischen konkretisiertem Schutzgut und individualisiertem Abwehrrecht auf der Seite des Schutzgutes wesentlich durch den Zweck des Bundesberggesetzes bzw. des Allgemeinen Berggesetzes bestimmt, unter deren Regime die relevanten Tätigkeiten, die zur Gefahrverursachung geführt haben, stattgefunden haben. Das Ziel der angesprochenen Berggesetze besteht bzw. bestand auch darin, die an der Oberfläche vom Bergbau potenziell gefährdeten Rechtsgüter umfassend zu schützen. Dies wird verfassungsrechtlich dadurch bestärkt, dass die betroffenen Rechtsgüter wie Leib, Leben, Eigentum und auch die Umwelt allesamt dem verfassungsrechtlichen Schutz unterliegen. Bei der Abwägung, die diesem Finalprogramm zugrunde liegt, sind nach allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen auch außerordnungsrechtliche Normen heranzuziehen. Eine Verhaltens Verantwortlichkeit ist insbesondere dann ohne weiteres zu bejahen, wenn gegen Rechtsvorschriften verstoßen wurde. Zivilrechtliche Haftungsvorschriften können einbezogen werden, wenn sie den Zivilrechtskreis übersteigende, auch einen Gemeinwohlbezug aufweisende und damit für andere Rechtsgebiete übertragbare Aussagen über die Folgenverantwortlichkeit risikobehafteten Verhaltens aufweisen.51 Einschlägig ist insoweit die Verkehrssicherungspflicht des bürgerlichen Rechts.52 Eine Verursachereigenschaft liegt daher immer dann vor, wenn jemand Dritte durch risikobehaftetes Tun gefährdet.
IV. Innehabung des Gegenmittels als Begründungstatbestand für Verursacherverantwortlichkeit Anknüpfungspunkt ordnungsbehördlicher Heranziehung könnte auch die „Innehabung eines speziellen Gegenmittels" sein.53 Damit wäre derjenige in der Pflicht, der bereits die Technologie und die Maschinen zur Bannung dieser speziellen Problematik in den Händen hielte. Der Inhaber des Gegenmittels hat aber regelmäßig keine ordnungsrechtlich relevante Verursachung gesetzt; er hat auch nicht gegen Ordnungspflichten verstoßen oder den ihm zugeteilten Risikobereich verlassen.54 Seine Inanspruchnahme kommt daher allenfalls im Wege der Notstandsinanspruchnahme in Betracht, 55 die ausgleichspflichtig ist. 56
51 Dazu Herrmann, DÖV 1987, 666 (671 ff.); Kloepfer, NuR 1987, 7 (11); Ossenbühl, DVB1. 1990, 963 (966); Schink, VerwArch. 82 (1991), 357 (375); Schulz, Die Lastentragung bei der Sanierung von Bodenkontaminationen, S. 302 m. w. N. in Fn. 531. 52 Koch, Bodensanierung nach dem Verursacherprinzip, S. 16 mit Fn.44; Schink, VerwArch. 82 (1991), 357 (375). Zum BBodSchG ausdrücklich Hilger, in: Holzwarth/Radtke/Hilger/ Bachmann, BBodSchG, §4 Rn.65. 53 Vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 308; Lindner, Die verfassungsrechtliche Dimension der allgemeinen polizeirechtlichen Adressatenpflichten, S.43ff. 54 Drews/Wacke/VogeliMartens, Gefahrenabwehr, S.308. 55 Tettinger, Besonderes Verwaltungsrecht 1, Rn.335. 56 § § 39 ff. OBG bzw. § 67 PolG NRW.
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§ 3 Die Verursacherhaftung
V. Unbeachtlichkeit subjektiver Elemente, insbesondere Verschuldensunabhängigkeit 1. Grundsätze Sowohl nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung als auch nach der Theorie der polizeirechtlichen Bestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre kommt es auf individuell-persönliche Verhältnisse des Verursachers wie Verschulden nicht an. 57 Der Verursacher ist vielmehr durch eine verobjektivierte rechtliche Betrachtung zu bestimmen, worauf die allgemeine polizeirechtliche Dogmatik 58 ausdrücklich hinweist.59 Nach ständiger Rechtsprechung60 allgemeiner Ansicht 61 setzt die polizeiliche Verantwortlichkeit weder Verschuldensaspekte noch eine individuelle Schuldfähigkeit voraus. Hintergrund ist die Ermöglichung einer weitgehend effektiven Gefahrenabwehr, wobei subjektive Aspekte bei der Verantwortlichkeitszurechnung und der Störerauswahl ergänzend berücksichtigt werden können.62 Dass die Verursachungsverantwortlichkeit frei von dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit ihrer Folgen sein muss, ergibt sich daraus, dass das Polizeirecht an die aktuelle Gefährdung anknüpft. 63 Zudem würde die Notwendigkeit einer Vorhersehbarkeit zu einer Verengung der Pflichten Privater im Hinblick auf solche Gefahrsituationen führen. Gleichzeitig würde die Lösung dieser offenen Probleme auf die Allgemeinheit der Steuerzahler transferiert. Dies widerspräche dem Verursacherprinzip. 64
57
Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. E Rn. 58. Siehe nur Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 198; Papier, NVwZ 1986, 256 (257); Würtenberger, in: Achterberg/Püttner/Würtenberger, Besonderes Verwaltungsrecht II, 2. Aufl., Kap. 7 Rn. 167. 59 Für die ordnungsrechtliche Zurechnung im Bergrecht vgl. OVG Münster, Urteil vom 29.3.1984, UPR 1984, 279 = ZfB 125 (1984), 367 (374). 60 PrOVGE 67, 308 (310); OVG Münster, DVB1. 1964,683 (684); NVwZ 1997, 507 (508); OVG Koblenz, DVB1. 1998, 103. 61 Friauf\ in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Abschnitt Rn. 73; Te ttinger, Besonderes Verwaltungsrecht 1, Rn.330; DrewslWackelVogellMartens, Gefahrenabwehr, S.293, 311; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn.322; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, Rn.210f.; Pietzcker, DVB1. 1984,457 (458). 62 OVG Hamburg, DÖV 1983, 1016 (1017). 63 OVG Münster, NVwZ 1997, 507 (511). 64 Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 3 Rn. 29. 58
C. Verursachung
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2. Verursachung und Gefährlichkeitsprognose Tiefergehend träte auch ein Widerspruch zur Verschuldensunabhängigkeit auf, wenn man verlangen würde, 65 dass ein Verhalten bereits nach früherem naturwissenschaftlich-technischem Erkenntnis- und Entwicklungsstand als gefährlich angesehen worden sein müsse, um zu einer Verhaltensverantwortlichkeit zu führen. Zudem kann ein gewandelter Erkenntnis- und Entwicklungsstand hierfür nicht ausschlaggebend sein. Im Ergebnis liefe der Miteinbezug subjektiver Komponenten auf eine Fahrlässigkeitshaftung hinaus.66 Dann trüge auch die Allgemeinheit die Last ursprünglich versteckter Risiken gefährdenden Verhaltens, obgleich dieses von individuellem Nutzen war und Gefahren von Einzelnen verursacht worden sind. Diese Verlagerung privat begründeter Lasten auf die Allgemeinheit der Steuerzahler widerspräche gleichsam dem zu befürwortenden Gebot der Erforderlichkeit, jedenfalls aber der Angemessenheit der Steuererhebung. 67 Eine Exkulpation des Bergbautreibenden kann also nicht im Hinblick darauf erfolgen, dass der Bergbau zum damaligen Kenntnisstand hinsichtlich der Grubengasproblematik als ungefährlich galt. C. Verursachung I. Übersicht Ausgangspunkt einer Haftungszuordnung ist ein Verursachungsbeitrag mit einem Mindestmaß an natürlicher Kausalität als Haftungsgrundlage. 68 Der Verursacher muss also einen physisch-realen Anstoß gegeben haben, der sich letztlich in der Gefahr manifestiert hat. Auch ein Dulden und sogar ein garantenpflichtiges Unterlassen kann eine solche Verursachung darstellen. 69 Zu klären bleiben Zweifelsfragen im Hinblick auf eine kausale Verursachung und weitergehend darauf, ob eine bergbauliche Tätigkeit überhaupt die Gefahrschwelle im Sinne des Ordnungsrechts überschreiten kann. II. Zur kausalen Verursachung des Gasaustritts an der Oberfläche Der Bergbautreibende kommt bei Verursachung einer kausalen Störung regelmäßig als Störer in Frage. Dies gilt im Falle von Gasaustritten in erster Linie für den65 So Papier, Altlasten und polizeirechtliche Störerhaftung, S.38; DVB1. 1985, 873 (877); NVwZ 1986, 256 (259). 66 Brandner, Gefahrenerkennbarkeit und polizeirechtliche Verhaltensverantwortlichkeit, S.60. 67 Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 185 ff. 68 Pietzcker, DVB1. 1984,457 (458). 69 Friauf in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Abschnitt Rn.72.
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§ 3 Die Verursacherhaftung
jenigen, der früher dort Bergbau getrieben hat, wo das Gas ausströmt. 70 Zweifel an der Feststellung einer kausalen Verursachung ergeben sich bereits daraus, dass das Gas auch ohne bergbauliche Tätigkeit an die Oberfläche gelangen kann. 71 Angesprochen sind damit diffuse Ausgasungen, die nicht an den Schachtanlagen der früheren Bergbaubetreiber stattfinden. Der Steinkohleabbau hat durch die Auflockerung des Gebirges indes zu einer immensen Druckentlastung und in deren Gefolge zur Freisetzung des Grubengases geführt. 72 Sofern daher durch die Bergbautätigkeit Gas aus den Gesteinsporen gelöst wurde bzw. wird, 73 hat der Bergbautreibende durch die Freisetzung eine wesentliche Ursache für die spätere Gefahr für die Tagesoberfläche gesetzt. Wie sich das Gas seinen Weg an die Oberfläche bahnt, spielt für die Relevanz des Verursacherbeitrages keine Rolle. Der Verursachungsbeitrag wird nicht dadurch neutralisiert, dass das gelöste Gas an die Oberfläche diffundiert, statt sich seinen Weg durch die Schächte zu bahnen. Die Bergbautätigkeit hat zur Auslösung des der Steinkohle beisitzenden Gases geführt. Dieses Gas hat sich letztlich seinen Weg an die Oberfläche gebahnt, wenn auch nicht direkt oder linear. Eine (unmittelbare) Verursachung bzw. eine Überschreitung der Risikosphäre ist auch dann gegeben, wenn die Tätigkeit (mit-)kausal und wesentlich für eine Oberflächenausgasung war. III. Verursacherschaft und Berechtsame Es wird vertreten, dass der Berechtsamsinhaber kategorisch nicht für fremde Grubenbaue innerhalb seiner Berechtsame haftet. 74 Nach dem OBG NRW ist die Gewinnberechtigung indes keine Voraussetzung für die polizeiliche Inanspruchnahme. Allenfalls im Rahmen von Anordnungen nach §71 BBergG ist die Verantwortung über § 58 BBergG primär - neben anderen verantwortlichen Personen - auch dem Inhaber der Gewinnberechtigung zugewiesen.75 Eine ordnungsrechtliche Haftung hängt somit nicht von der bergrechtlichen Berechtigung ab, Bodenschätze abzubauen. Verursacher kann auch derjenige sein, der gar keine Berechtigung zum Abbau hatte bzw. dessen Verursachungsbeitrag sich auch außerhalb seines für ihn vorgesehenen Abbaubereichs auswirkt bzw. dort mit den Verursachungsbeiträgen anderer Mitverursacher zusammenwirkt. Genauso wenig kann die sächliche Gewinnzuordnung eine Rolle für die Verursachereigenschaft spielen. Formelle Aspekte der Gewinnberechtigung schlagen sich nicht auf die Verursachereigenschaft nieder. Deshalb muss sich weitergehend die Frage, ob der Berechtsamsinhaber auch für fremde 70
VGH Mannheim, Urteil vom 29.3.2000, NVwZ-RR 2000, 589. Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (108 f.). 72 Franke, RdE 1994, 1. 73 Kühne, Rechtsfragen der Aufsuchung und Gewinnung von in Steinkohleflözen beisitzendem Methangas, S. 17 ff. 74 Knöchel in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (106). 75 Boldt/Weller, BBergG, § 58 Rn. 8. 71
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Grubenbaue haften kann, allein danach richten, ob er an diesen Grubenbauen Eigentum bzw. die Inhaberschaft der tatsächlichen Gewalt innehat, mithin als Zustandsstörer, eventuell auch als Derelinquent in Frage kommt bzw. ob er die von dort ausgehende Gefahr mitverursacht hat und daher Handlungsstörer ist. Die Tatsache, dass die Gefahr offensichtlich von fremden Grubenbauen herrührt, exkulpiert den Bergbautreibenden also nicht automatisch. Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für seine Mitverantwortlichkeit, kann er Teil der „intertemporalen Solidargemeinschaft" der Störer sein.76 Andere Parameter für die Verantwortlichkeitszuordnung als die ordnungsrechtlich vorgegebenen können jedenfalls bei der Störerbestimmung keine Rolle spielen. IV. Überschreitung der Gefahrschwelle durch Bergbautreibende Dementsprechend ist auch problematisch, inwiefern es wesentlich für die Störereigenschaft ist, ob die Betriebshandlungen, die eine Gefahr verursacht haben, rechtmäßig vorgenommen worden sind oder nicht. Nach dem OVG Münster spielt diese Frage keine Rolle. 77 Dies gilt sogar dann, wenn die Betriebshandlungen, die kausal für die Gefahrentstehung waren, auf einem zugelassenen Betriebsplan (§ 67 ABG bzw. § 51 BBergG) beruhen, 78 und muss argumentum minus a maiore erst recht dann gelten, wenn die Tätigkeit zu einem Zeitpunkt stattgefunden hat, als noch gar kein Betriebsplanverfahren existiert hat. 79 Im Zusammenhang mit der Problematik von Tagebrüchen ist speziell bei dem in oberflächennahen Teufen betriebenen Bergbau davon auszugehen, dass hiervon stets eine latente Gefährdung der Erdoberfläche ausgeht. Die Betriebshandlungen des Bergbaus zeigen von vornherein eine im Verhältnis zum Normalmaß erhöhte Gefahrentendenz auf. 80 Diese schließt die im Ordnungsrecht geltende Regel aus, dass sozialübliches Verhalten keine Überschreitung der Gefahrschwelle darstellen kann.81 Weitergehend muss diese Ausnahme auch auf die Grubengasproblematik zutreffen, da auch insofern typischerweise die Betriebshandlung eine Gefährdung für die Oberfläche darstellt.
76
Zum Begriff siehe unten F. II. OVG Münster, UPR 1984, 279 = ZfB 125 (1984), 367 (374ff.). 78 Siehe unter V. 79 Siehe unter VI. 80 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589; OVG Münster, UPR 1984, 279 = ZfB 125 (1984), 367 (374); OVG Lüneburg, AS 14, 396 (403). 81 Dazu sogleich unter V. 77
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§ 3 Die Verursacherhaftung
V. Verursachung durch rechtmäßige Betriebshandlung, die auf einem zugelassenen Betriebsplan beruht 1. Grunderwägungen Die Grunderwägungen hierzu lassen sich dem Urteil des OVG Münster vom 29.3.1984 entnehmen.82 Das OVG Münster hatte dort die verwaltungsgerichtliche Entscheidung bestätigt, dass eine Bergbautreibende gem. § 17 Abs. 1 OBG als Verhaltensverantwortliche herangezogen werden kann. Da die Betriebshandlungen des Bergbaus von vornherein eine im Verhältnis zum Normalmaß erhöhte Gefahrentendenz aufzeigen, war es für die Störereigenschaft des Bergbautreibenden unwesentlich, ob die Betriebshandlungen, die eine Gefahr verursacht haben, rechtmäßig vorgenommen sind, weil sie auf einem zugelassenen Betriebsplan beruhen. 2. Sozialadäquanz der Verursacherhandlung zum Verursacherzeitpunkt Grundsätzlich gilt zwar im Ordnungsrecht, dass eine Handlung, die sozialadäquat ist, keine Überschreitung der Risikosphäre bzw. keine unmittelbare Verursachung darstellen kann.83 Regelmäßig ist also derjenige nicht als Störer anzusehen, der lediglich eine von der Rechtsordnung vorgesehene Möglichkeit der Rechtsausübung in sozialüblicher Weise wahrgenommen hat. 84 3. Verursachung trotz Sozialadäquanz Zwar dient gerade die Betriebsplanzulassung der präventiven Gefahrenabwehr, 85 sie sanktioniert es jedoch nicht, wenn durch die zugelassenen Betriebshandlungen für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Gefahren oder Störungen herbeigeführt werden. 86 Die Betriebsplanzulassung führt in diesem Sinne nicht zu einer Freistellung von einer ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit. Die angesprochene Regel, dass derjenige nicht als Störer anzusehen ist, der lediglich eine von der Rechtsordnung vorgesehene Möglichkeit der Rechtsausübung87 in sozial üblicher Weise wahrgenommen hat, 88 gilt demnach für Bergbautreibende nicht. 89 82
UPR 1984, 279 = ZfB 125 (1984), 367. OVG Münster, AS 14, 265 (268); NVwZ 1985, 355 (356); NVwZ 1997,507 (508); OVG Lüneburg, OVGE 17,447 (451 f.); VG Düsseldorf, NVwZ 1999, 216 (217). 84 Tettinger, Besonderes Verwaltungsrecht 1, Rn.333. 85 Breuer, JuS 1986, 359 (362). 86 Näher zu diesem Kriterium unten § 8 D. 87 Etwa die Ausübung des Eigentumsrechtes. 88 Siehe soeben oben unter 2. 89 OVG Münster, UPR 1984, 279 = ZfB 125 (1984), 367 (374f.). 83
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Eine Überschreitung der Gefahrschwelle kann mithin prinzipiell auch bei Durchführung einer an sich sozialadäquaten Bergbautätigkeit vorliegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Abbau in oberflächennahen Teufen vollzieht, sofern dadurch Gefahren für die Oberfläche entstehen können - etwa Tagebrüche oder die Lösung des Deckgesteins, die ein oberflächengefährdendes Ausgasen erst ermöglichen. Dabei kann die Teufe auch oberflächenferner sein, wenn die spezifische Bergbautätigkeit zwangsläufig zu einer Oberflächengefährdung führen kann. Eine solche Gefährdungssituation realisiert sich auch bei dem Austritt von Grubengasen.90 Ausgehend von diesen Überlegungen konnte nach Ansicht des OVG Münster 91 eine bergrechtliche Gewerkschaft durch Ordnungsverfügung der Bergbehörde dazu angehalten werden, dass von ihr angelegte Schachtanlagen verfüllt werden. Nachdem der Betrieb der Zeche stillgelegt worden war, stellte diese unverfüllte Erdöffnung eine Gefahrenquelle dar, für deren Entstehung die betreffende bergrechtliche Gewerkschaft eine unmittelbare Ursache gesetzt hatte. Hieran änderte auch der Umstand nichts, dass zwischenzeitlich eine andere Firma die Zeche betrieb und von dieser Hohlräume geschaffen worden waren, die eine dauerhafte Verfüllung des Tagesüberhauens erschweren konnten. Denn dies hatte lediglich zur Folge, dass auch diese Firma als Störer zu den Verfüllungsarbeiten herangezogen werden konnte. Ob es dabei geboten war, die Verfüllarbeiten zwischen den beiden Verursachern in einer bestimmten Weise aufzuteilen, kann vorliegend dahinstehen.92 Für stillgelegte Bergwerke stellt sich die damit zusammenhängende, wenngleich davon zu unterscheidende Frage, ob zumindest das ordnungsgemäße Abschlussbetriebsplanverfahren zur Folge haben kann, dass die Tätigkeiten des Bergbautreibenden ex post legalisiert werden, so dass eine spätere Inanspruchnahme ausgeschlossen ist. Diese Frage ist im Zusammenhang mit den Grenzen der Haftung zu diskutieren. 93
VI. Verursachung durch eine Betriebshandlung bei Fehlen eines Betriebsplanes Erst recht besteht die Möglichkeit einer Störerverantwortlichkeit dann, wenn eine Handlung gar nicht im Rahmen eines geregelten Betriebsplanverfahrens abgelaufen ist. Wenn Bergbau ohne Betriebsplan durchgeführt worden ist, dann ist die Möglichkeit der Überschreitung der Gefahrschwelle sogar evident, da im Betriebsplan Möglichkeiten angelegt sind, die Oberfläche vor negativen Auswirkungen des Bergbaus auch im Hinblick auf die Ausgasung zu schützen. So rechtfertigt ja bereits regelmäßig die formelle Illegalität einer Tätigkeit, für die nach Bergrecht ein zuge90 91 92 93
VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590). UPR 1984, 279 = ZfB 125 (1984), 367 (374ff.). Zur Aufteilung der Verantwortlichkeit siehe unter H. Siehe unten § 8 D.
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§ 3 Die Verursacherhaftung
lassener Betriebsplan notwendig ist, im Hinblick auf die präventive Überwachungsfunktion der Bergbehörden eine Untersagungsanordnung nach § 72 Abs. 1 Satz 1 BBergG. 94 Allenfalls ist denkbar, dass der lange Zeitablauf zwischen Verursachung und Gefahrentstehung eine relevante Tatsache darstellt, die die behördliche Möglichkeit zur Heranziehung beeinflussen kann. Dies ist aber im Zusammenhang mit den zeitlichen Grenzen der Verantwortlichkeit zu klären. 95
VII. Zu Gefahren durch Beendigung der Wasserhaltung Der Ansatz der Gefahrverursachung kann aber auch in der Beendigung der Wasserhaltung gesehen werden. Bei der Einstellung der Wasserhaltung kommt es zum Wiederanstieg des Grundwasserspiegels. Hierdurch können negative Veränderungen des Baugrundes entstehen, Gebäude an der Oberfläche können mit Grundwasser geschädigt werden, aber auch der Austritt von Grubengas kann dadurch forciert werden. Fraglich ist, ob auch derjenige Bergbauunternehmer, der die Wasserhaltung einstellt, dafür haftet, dass durch die Einstellung der Wasserhaltung fremde (verlassene) Grubenbaue und Schächte unter Wassereinfluss gelangen und von diesen Gefahren für die Oberfläche ausgehen. Allgemein wird konzediert, dass Schächte und Grubenbaue, die durch den zuletzt tätigen Bergbauunternehmer angelegt und genutzt worden sind, von diesem auch hinreichend gesichert werden müssen, damit keine Gefahren insbesondere für die Oberfläche entstehen. Der Bergbauunternehmer muss von daher so lange die Wasserhaltung betreiben, bis sichergestellt ist, dass von den von ihm angelegten und genutzten Grubenbauen keine Gefahren mehr ausgehen können. Dies rechtfertigt sich aus der bereits behandelten, sich aus der Abbautätigkeit an sich ergebenden Handlungsstörereigenschaft und gilt konsequenterweise auch im Hinblick auf die Gefahr des Austritts von Grubengasen. Wenn allerdings von fremden verlassenen Grubenbauen bzw. Schächten durch den Wiederanstieg des Grundwassers Gefahren drohen, soll hierfür der Bergunternehmer, der die Wasserhaltung beendet, nicht verantwortlich sein.96 Es komme dann allenfalls eine Inanspruchnahme als Nichtstörer in Betracht, was letztlich auch daraus folge, dass keine Verpflichtung im Hinblick auf die Fortsetzung der Wasserhaltung zur Ermöglichung der Β ergbau vorhaben Dritter bestehe.97 Der Verweis auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme aus Notstand wird indes dem der Störerhaftung zugrunde liegenden98 Verursacherprinzip nicht gerecht. Wird derjenige Bergbauunternehmer, der die Wasserhaltung beendet, nur unter dem Aspekt der Notstandsinanspruchnahme herangezogen, hat er einen Ersatzanspruch 94 95 96 97 98
VGH Kassel, ZfB 140 (1999), 37. Siehe unten §8 E. Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (108). Knöchel in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (108). Näher Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 1 Rn. 11.
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gegen den Staat aus § 39 Abs. 1 lit. a) OBG NRW. Damit trifft die finanzielle Belastung des Problems letztlich die Allgemeinheit der Steuerzahler, obwohl doch derjenige, der die Wasserhaltung aufgibt, letztlich näher an der Gefahr ist als diese, setzt er doch eine wesentliche kausale Ursache für den Austritt des Grubengases voraus. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Rammelsberg-Entscheidung" aufgezeigt, dass sich die Verantwortlichkeit des Bergbauunternehmers auch auf Bereiche erstrecken kann, die über den unmittelbaren Rahmen eigener Bergbautätigkeit hinaus reicht. Danach musste die Eigentümerin eines Erzbergwerkes auch Sicherheitsvorkehrungen gegen sogenanntes „Sauerwasser" treffen, obwohl nach ihrer Ansicht die nachteiligen Wirkungen, die abgewendet werden sollten, in keinerlei Weise durch ihre Bergbautätigkeit verursacht worden waren. 100 Diese Verpflichtung im Bereich der Nachsorge führt, wie das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, zwar nicht dazu, dass der spezifisch bergrechtliche Pflichtenkanon zu einer allgemeinen Polizeipflicht erweitert wird. Nachsorgepflichten statuiert das Bergrecht im Falle von Betriebseinstellungen nur insoweit, als es um die Abwehr von Risiken geht, die aus dem Bergwerksbetrieb herrühren. 101 Allgemeine Gefahren, die im Zeitpunkt der Betriebsbeendigung zwar manifest werden, ihre Ursachen aber nicht in der vorangegangenen Bergbautätigkeit haben, bieten dagegen keine Handhabe dafür, im Verfahren der Zulassung des Abschlussbetriebsplans Gefahrbeseitigungsauflagen zu erteilen. Im Falle der Grubengasproblematik stammt das Grubengas zwar nicht aus dem Betrieb bzw. von der Tätigkeit des die Wasserhaltung einstellenden Unternehmers. Jedoch ist die Einstellung der Wasserhaltung selbst ein Betriebsrisiko, das sich im Austritt von Grubengasen realisiert. Dagegen könnte zwar als Einwand greifen, dass mit der Beendigung der Wasserhaltung letztlich nur der naturgemäße Zustand wieder hergestellt werde, der vor der bergbaulichen Tätigkeit - konkret vor der Wasserhaltung - bestand.102 Da - wie gesehen - bergbauliche Tätigkeiten auch dann eine adäquate Verursachung darstellen, selbst wenn sie im Betriebsplan vorgesehen sind, weil sie ein besonderes Gefahrenpotential in sich bergen, muss dies auch für den Gesamtvorgang der Wasserhaltung gelten. Die Herstellung und Einstellung der Wasserhaltung stellen einen physikalischen Eingriff in den Naturkreislauf dar, der ein großes Risiko insbesondere für die Tagesoberfläche birgt, selbst wenn sich dieses erst im Zusammenspiel mit Handlungen Dritter realisiert. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob die spätere Einstellung auch Bereiche erfasst, die von anderen Mitverursachern angelegt worden sind. Allein die Tatsache, dass diese fremden Bereiche erfasst werden und dass es das ansteigende Grundwasser ist, das den Grubengasaustritt forciert, deutet darauf hin, dass die Wasserhaltung selbst einen Gesamtvorgang darstellt, der ein bergbauspezifisches Gefahrpotential in sich trägt. 99
BVerwGE 100, 31. BVerwGE 100, 31 (39). 101 BVerwGE 100, 31 (40). 102 Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (108). 100
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Nicht zu vergleichen ist daher die Einstellung der Wasserhaltung im Hinblick auf oberflächenrelevante Gefahren mit dem Aspekt der Ermöglichung der Bergbauvorhaben Dritter. Bei Letzterem bestünde die Pflicht, die Wasserhaltung fortzuführen, letztlich nur im Hinblick auf die Interessen anderer Privater. Da es sich insofern bloß um gleichwertige (privatrechtliche) Güter handelt, muss nicht von demjenigen Bergbauunternehmen, das die Wasserhaltung im Hinblick auf eigene (abgeschlossene) Vorhaben einstellen will, verlangt werden, die Wasserhaltung aufrecht zu erhalten. Darum kann sich dann auch dasjenige Bergbauunternehmen kümmern, das in dem betroffenen Sektor Bergbau betreiben will. Anders ist es aber dann, wenn die Wasserhaltung als Gesamtvorgang letztlich zu Gefahren für die Oberflächensicherheit führt. Das Dilemma, dass der in Frage kommende Bergbaubetreiber nicht umhinkommt, den Grundwasserspiegel anzuheben, spielt dabei letztlich keine Rolle. Zwar könnte der Β ergbau treibende ohne Wasserhaltung selbst keinen Bergbau betreiben, der ihm nach Maßgabe bergrechtlicher Vorschriften ausdrücklich erlaubt und der vom Staat auch so gewollt ist. Diese rechtlich abgesicherte energie- und wirtschaftspolitische Funktion kann aber nicht zur Erhöhung der angesprochenen Risikoschwelle führen und damit zu einem Ausschluss der Verursacherhaftung wegen sozialadäquaten Verhaltens.103 Wie gesehen, gilt der Vorbehalt der sozialinadäquaten Verursachung im Bergrecht nicht, und zwar insbesondere dann nicht, wenn die Tätigkeit ein Risiko für die Oberflächensicherheit darstellt. 104 Es muss also auch hier eine Verursachereigenschaft des Bergbautreibenden angenommen werden können.
D. Heranziehung bei Unklarheiten im Hinblick auf die Mitkausalität Unklarheiten können zunächst im Hinblick auf die Mitkausalität bestehen. Zwar wird in der Regel die zuletzt bergbaubetreibende Firma herangezogen.105 Dies schließt aber nicht die Heranziehung weiterer Mitverursacher aus. Im dem einen Tagebruch betreffenden Fall des OVG Münster 106 lag eine Besonderheit insoweit vor, als nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Gefahreintritt (auch) auf Ursachen zurückzuführen war, die nicht durch eine Betriebshandlung der herangezogenen bergrechtlichen Gewerkschaft gesetzt worden sind. Im betreffenden Fall ist das Versatzmaterial der Tagesüberhauen zwischenzeitlich dreimal nachgesackt. Daher musste angenommen werden, dass das Füllgut in unterirdische Hohlräume auslief. Dies konnte damit erklärt werden, dass der Füllsäule unterirdisch das nötige Widerlager fehlte, weil die neben dem Tagesüberhauen durch Raubbau entstandenen 103 Vgl. dazu OVG Münster, NVwZ 1997, 507 ff. zum Fall von Bodenkontaminationen durch eine Munitionsfabrik. 104 Siehe oben V. 105 BVerwGE 100, 31. 106 OVG Münster, UPR 1984, 279 (280) = ZfB 125 (1984), 367 (375 f.).
D. Heranziehung bei Unklarheiten
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Hohlräume nicht oder nicht ordnungsgemäß verfüllt worden sind. Dieser Raubbau war aber in erster Linie von einer nachfolgenden Firma betrieben worden. Daher stellte sich die Frage, ob dadurch verursachte Gefahren (auch) der ursprünglich Bergbau betreibenden bergrechtlichen Gewerkschaft zugerechnet werden konnten. Nach Auffassung des OVG Münster war diese Frage zu bejahen. Danach versteht es sich bereits von selbst, dass von ausdrücklich geregelten Ausnahmen abgesehen (z.B. § 17 Abs. 3 OBG) keine polizeirechtliche Verantwortlichkeit für fremdes störendes Verhalten besteht. Andererseits reicht jede Art von Mitursächlichkeit aus, um die Störereigenschaft zu begründen. 107 Dabei ist die zeitliche Reihenfolge der zusammenwirkenden Ursachenbeiträge grundsätzlich bedeutungslos. Die Behörde ist beim Zusammenwirken nicht darauf angewiesen, nur den letzten Störer zur Gefahrenabwehr heranzuziehen.108 Das Unmittelbarkeitskriterium ist nämlich nicht dahingehend zu verstehen, dass nur die zeitlich letzte Ursache als wesentliche Ursache in Betracht kommt. 109 Die überkommene Ansicht, nur den zeitlich letzten Verursacher heranziehen zu können, erscheint schon allein deshalb nicht sachgerecht, weil die Behörde, wenn sie die Gefahrenlage vorfindet und einschreiten muss, häufig keine Möglichkeit hat, sich darüber Gewissheit zu verschaffen, wer von den Verursachern die letzte Bedingung zur Entstehung der Gefahr gesetzt hat. Hintergrund der Effektivität der Gefahrenabwehr ist insbesondere auch auf der Ebene der Störerauswahl, dass die Behörde in Gefahrsituationen vielfach gar nicht die Zeit für lange Nachforschungen hat, wer von mehreren Verpflichteten der Letztverantwortliche ist. 110 Hat eine Gesellschaft bereits einen Kausalitätsbeitrag gesetzt, wird dieser nicht durch den Kausalitätsbeitrag einer anderen Gesellschaft verdrängt. Das gilt selbst dann nicht, wenn der erste Kausalbeitrag vom Betriebsplan gedeckt war, der letzte Kausalitätsbeitrag dagegen nicht. 111 Die möglicherweise hierdurch gesetzte weitere Schadensursache hat rechtlich keine andere Bedeutung, als sie etwa eine nachträglich durch Naturvorgänge hervorgerufene hätte. Aus diesem Grunde konnte nach Ansicht des OVG Münster zurecht dahingestellt bleiben, wer die zeitlich letzte Ursache gesetzt hat. Eine weitere Frage ist aber, wie die Behörde agieren muss, wenn die Verursacherschaft einer Gesellschaft nicht eindeutig feststeht. Dies spielt zunächst für die Verantwortung isoliert betrachtet eine Rolle; 112 in einem weiteren Schritt ist zu über107
OVG Münster, DVB1. 1971, 828 (829). VG Frankfurt a.M., DVB1. 1965, 779. 109 So etwa noch VGH Mannheim, DVB1. 1950,475 (477). 110 OVG Münster, DVB1.1971,828 (829); DVB1.1973,924 (928); VGH Kassel, DÖV 1987, 260 (261); OVG Koblenz, VerwRspr 19,849; DÖV 1988,80 (81); VGH München, NJW 1979, 2631 (2632); NJW 1984, 1196. 111 OVG Münster, UPR 1984, 279 (280) = ZfB 125 (1984), 367 (376). 112 Dazu sogleich unter E. 108
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§ 3 Die Verursacherhaftung
prüfen, was geschieht, wenn bei mehreren (bloß) potenziellen Verursachern nicht feststeht, wer letztlich tatsächlich die Gefahr verursacht hat. 113
E. Heranziehung bei tatsächlicher Unsicherheit über die Verursachung I. Zur Nachweisbarkeit der Verursachung Das zentrale Problem bei komplexen ordnungsrechtlichen Problematiken ist die Bestimmung des Verursachers und - damit zusammenhängend - die Nachweisbarkeit der Verursachereigenschaft. Dabei ist zunächst zu klären, wie hoch der Grad der Nachweisbarkeit der Verursachung überhaupt im Ordnungsrecht angelegt sein muss. So gehen die Entwürfe für ein Umweltgesetzbuch von ausdrücklich flexiblen Begriffen aus. Ob im Ordnungsrecht eine Erweiterung eines starren Verursacherbegriffes vorzunehmen ist, muss in einem zweiten Schritt geklärt werden. Dabei ist ein für den Fall operationables Anforderungsprofil zu entwickeln, das gerade bei materienbedingten Nachweisdefiziten keine zu hohen Hürden für die Inanspruchnahme nach Störergesichtspunkten aufstellt. II. Vermutete Verursachung nach dem UGB In den Entwürfen zum Umweltgesetzbuch finden sich Regelungen, die im Rahmen des Altlastenrechts denjenigen in die Verantwortung nehmen, der mutmaßlich - aber eben nicht sicher nachweisbar - Verursacher der Gefahr ist. In § 303 Abs. 2 UGB-BT 1 1 4 sowie in § 348 Abs. 2 Satz 1 UGB-KomE 115 werden daher im Zusammenhang mit der Sanierungspflicht Regelungen vorgeschlagen, die über den tatsächlich nachweisbaren Verursacher auch denjenigen in die Pflicht nehmen, der „im Zeitraum, in dem die Bodenbelastung mutmaßlich entstanden ist, eine Anlage betrieben hat, von der die Bodenbelastung überwiegend wahrscheinlich ausgegangen sein kann" (§ 303 Abs. 2 UGB-BT). Nach § 348 Abs. 2 Satz 1 UGB-KomE wird eine entsprechende Vermutung für den Kommissionsentwurf zum UGB aufgestellt.
113
Dazu sogleich unter F. Professorenentwurf zum Umweltgesetzbuch, Besonderer Teil, in: Umweltforschungsplan des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. 115 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch. 114
E. Heranziehung bei Unsicherheit über die Verursachung
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I I I . Erweiterter Verursacherbegriff bzw. Herabsetzung der Anforderungen an den ordnungsrechtlichen Verursacherbegriff 1. Angleichung der Anforderungen des ordnungsrechtlichen Verursacherbegriffs an ein operationables Anforderungsprofil Verursacher könnte also nicht nur derjenige sein, der nachweislich die Gefahr verursacht hat, sondern auch derjenige, bei dem aufgrund tatsächlicher Unsicherheiten nur eine überwiegend wahrscheinliche Verursachung gegeben ist. Es besteht in der Praxis ein Bedürfnis dahingehend, dass eine Heranziehung einer Person auf unsicherer Tatsachengrundlage wahrscheinlich sein muss, selbst dann, wenn eine Norm sich nur auf den Verursacher und nicht wie § 303 Abs. 2 UGB-BT bzw. § 348 Abs. 2 Satz 1 UGB-KomE auf den bloß wahrscheinlichen Verursacher bezieht. Für die Umweltprobleme, denen nach wie vor noch mit den Mitteln des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts begegnet wird, ist indes die Einbeziehung solcher Klauseln bereits gesetzestechnisch aufwändiger zu handhaben. Schließlich ist die explizite Einfügung des (mutmaßlichen) Verursachers dann überflüssig, wenn auch dieser dem Verursacherbegriff des Ordnungsrechts unterfällt. Dies liegt dann vor, wenn an die Anforderungen, die an den ordnungsrechtlichen Verursacherbegriff gestellt werden, solche Voraussetzungen geknüpft werden, die eine Operationabilität auch ermöglichen. Für die Frage, ob auch der nicht hundertprozentig nachweisbare (mutmaßliche) Verursacher von entweichendem Grubengas dem Handlungsstörerbegriff des allgemeinen Ordnungsrechts unterfällt, muss also Ansatz der Verursacherbegriff des Polizeirechts sein. 2. Ansatz: Anscheins- und Verdachtslagen des Ordnungsrechts Auch das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht kennt im Rahmen der Heranziehung des Verursachers Anscheinslagen, bei deren Vorliegen auch der bloß mutmaßliche Verursacher ordnungsgemäß herangezogen werden kann. Davon gehen mittlerweile Rechtsprechung116 und herrschende Meinung 117 aus. Grundlage ist eine verobjektivierte polizeiliche ex-ante-Beurteilung der Gefahrsituation. Eine konkrete 118 Gefahr liegt bei einer Sachlage vor, die bei ungehindertem Verlauf in absehba116 BGHZ 126, 279 (283); VGH Mannheim, DÖV 1985, 687 (688); DVB1. 1990, 1947 (1048); OVG Münster, NWVB1.1993,351 (352); OVG Saarlouis, DÖV 1984,471 (472f.); siehe auch BGHZ 117, 303 (307). 117 Erichsen/Wernsmann, Jura 1995,219 (221); Mar tens en, DVB1.1996,286 (290); Kokott, DVB1. 1992,749 (751); Losch, DVB1.1994,781 (785); Seibert, DVB1. 1992,664 (668); Nierhaus, in: Breuer/Kloepfer/Marburger/Schröder (Hrsg.), UTR 27 (1994), 369 (389ff.). 118 Eine bloß abstrakte Gefahr genügt nicht; diese ist aber ausreichend für den Erlass von Polizeiverordnungen, vgl. §25 OBG NRW.
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§ 3 Die Verursacherhaftung
rer Zeit wahrscheinlich zu einem Schaden am Schutzgut der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung führt. Der Anscheinsgefahr liegt eine Sachlage zugrunde, in der bei ex-post-Beurteilung objektiv gar kein Schaden gedroht hat bzw., bezogen auf die Unsicherheit der Person des Störers, in der zwar eine Gefahr vorhanden ist, aber eine verantwortliche Person herangezogen wird, die sich ex post als Nichtstörer herausstellen kann. Da die subjektive Annahme einer Gefahr durch die Polizei im Zeitpunkt des Einschreitens aber pflichtgemäß war, handelt es sich um eine echte Gefahr bzw. einen echten Verursacher im Sinne der ordnungsrechtlichen Vorschriften. So kann bei Vorliegen einer Anscheinsgefahr die dieser zuzuordnende Person als Anscheinsstörer herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie den Anschein der Gefahr in zurechenbarer Weise verursacht hat oder nicht. 119 Stellt mithin das Polizeirecht die Heranziehung als Störer teilweise unter den Vorbehalt des Nachweises eines Beitrages, 120 stößt eine daraus resultierende Behandlung als Nichtstörer bei bestehenden tatsächlichen Unsicherheiten auf den Widerspruch, dass eine Gefahr in dieser Situation durchaus angenommen wird. Insbesondere aber wird eine Inanspruchnahme als solche in Frage gestellt, da die Heranziehung des Nichtstörers zumindest im allgemeinen Polizeirecht stark eingeschränkt ist. Dann könnte selbst eine feststehende Gefahr nicht bekämpft werden, auch wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie gerade von einer bestimmten Person ausgeht. Gefahr und zu ihrer Bekämpfung in Anspruch genommene Personen können somit nicht getrennt werden. Daher müssen auch insoweit Anscheinslagen als Eingriffsgrundlage ausreichen. Dasselbe gilt dann, wenn lediglich nur der Verdacht einer Gefahr vorliegt. 121 Auch dann müssen ordnungsrechtliche Eingriffe möglich sein, um eine Gefahrerforschung als Vorfeldmaßnahme einer gegebenenfalls erforderlichen Gefahrbeseitigungsmaßnahme durchzuführen. Grundlage ist nach der Rechtsprechung 122 und der herrschenden Literatur 123 hierbei ebenfalls die ordnungsrechtliche Eingriffskompetenz, die im Rahmen der Gefahrbeseitigungsmaßnahmen auch eingreift, sofern eine Gefahr, also ein in absehbarer Zeit wahrscheinlicher Schadenseintritt, gegeben ist. 124 Ansatz ist letztlich eine weite Interpretation des Gefahrbegriffs, der konsequenterweise zu einer weiten Interpretation des Begriffs der Gefahrverursachung und 119 Vgl. aber Schenke, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, II Rn. 166. Kompensiert wird diese Belastung des Anscheinsstörers durch die Zuerkennung des (Nichtstörer-)Entschädigungsanspruchs analog § 39 Abs. 1 lit. a) OBG NRW. 120 So noch Classen , JA 1995,608 (613); siehe auch Hoffmann-Riem, in: Festschrift für Wacke, S. 327 (336f.); speziell dazu krit. Schwabe, in: Gedächtnisschrift für Martens, S.419 (436 f. Fn. 73). 121 Siehe unten § 9. 122 OVG Münster, NWVB1. 1998, 64; VGH Mannheim, VB1BW 1995, 64 (66); VGH Kassel, NVwZ-RR 1998, 463. 123 Weiß, NVwZ 1997,737 (740f.). 124 Siehe näher unten § 9.
E. Heranziehung bei Unsicherheit über die Verursachung
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schließlich zu einem weiten Verständnis des Verursacherbegriffs führt. Im Einzelfall entscheidend ist stets, welche Belange ein staatliches Handeln erfordern und welche diesem entgegenstehen. Dies ist die Konsequenz eines Gefahrenbegriffs, der gleitend ist und durch eine Gegenüberstellung der geschützten und der beeinträchtigten Güter gewonnen wird. Der gebräuchliche Ansatzpunkt ist dabei: Je größer der zu befürchtende Schaden, desto geringer die erforderliche Eintrittswahrscheinlichkeit.125 Umgekehrt steigen freilich die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit, je höherwertig das Rechtsgut ist, in das zur Schadensabwehr eingegriffen werden muss.126 Allerdings können auch insoweit Unsicherheiten bestehen, wie wahrscheinlich die Beeinträchtigung eines Rechtsgutes ist. Daher bietet es sich an, die bestehenden Unsicherheiten auf beiden Seiten mit in Betracht zu ziehen. Bestehen damit Unsicherheiten, ob und inwieweit Rechtsgüter beeinträchtigt werden, sinken umgekehrt die Anforderungen an die notwendige Wahrscheinlichkeit zur Darlegung von Schadenseintritten. 3. Gebot effektiver Gefahrenabwehr bei Wirkungsunsicherheiten vor allem im Umweltbereich Die dargestellte Möglichkeit zum Eingriff bei bloßen Anscheins- und Verdachtslagen bzw. - hier relevanter - bei bloßen Anhaltspunkten in Bezug auf die Verursacherschaft muss in ihrer vollen Konsequenz erst recht im Umweltbereich gelten. Dort scheidet eine wirksame Bekämpfung von Umweltgefahren bei der Unmöglichkeit, gegen Personen auch bei einer bloßen Wahrscheinlichkeit ihres Verursachungsbeitrages vorzugehen, oft aus. Gerade in diesem Sektor steht oftmals eine drohende oder eingetretene Schädigung fest, nicht aber, durch wen sie verursacht wird bzw. wurde. 127 Akzeptiert man daher die Heranziehung eines Verursachers auch auf unsicherer Tatsachengrundlage, sind die auf dieser Basis ersichtlichen, für eine Inanspruchnahme streitenden Gemeinwohlbelange gegen die beeinträchtigten Individualinteressen abzuwägen, was wiederum für die Störerbestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre maßgeblich ist. 128 Tatsächliche Unsicherheiten bestehen zumal im Bereich boden- und luftrelevanter Umweltgefahren. Zu diesen Umweltgefahren gehören auch Grubengase. Ihr Gefah125
Aus dem Gebiet des Verwaltungsrechts BVerwGE 45, 51, 61; 47, 31, 40; BVerwG, NVwZ 1990,474,475; VGH Mannheim, NVwZ 1991,493,494; OVG Koblenz, NVwZ 1992, 499; zum Ganzen Hansen-D ix, Die Gefahr im Polizeirecht, im Ordnungsrecht und im technischen Sicherheitsrecht, S. 39; Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 149 ff. 126 BVerwGE 57, 61, 65 f. 127 Siehe nur den Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 1987, Tz. 216 (S.80), Abschnitt 3.1.3.2. (S. 458 ff.). 128 Siehe oben Rn. 9 f. Siehe auch Schenke, in: Festschrift für Friauf, S.455 (474ff.); Schenke/Ruthig, VerwArch. 87 (1996), 329 (336ff.).
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§ 3 Die Verursacherhaftung
renpotential resultiert zwar weniger aus einer drohenden Schädigung der Bodenfunktionen, weshalb auch der Anwendungsbereich des Bundes-Bodenschutzgesetzes nicht eröffnet ist. 129 Indes gelangen die Grubengase immerhin durch den Boden und kommen dabei an die Luft mit entsprechenden Auswirkungen auf deren Zusammensetzung. Eine zukunftsbezogene, auf die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen gerichtete Gefahrbannung kann nur wirksam durchgeführt werden, wenn auch bei unsicherer Tatsachengrundlage gehandelt werden kann. 130 Letztlich liegt diese Sicht auch in der Konsequenz des Art. 20 a GG. Es können nicht dem Staat besondere Verpflichtungen zum Schutz bestimmter Rechtsgüter auferlegt werden, die vor allem durch nicht genau erforschte bzw. erforschbare Ursachen gefährdet werden, ohne ihn zu einem Handeln auf ungewisser Tatsachengrundlage berechtigt zu sehen.131 Da Ursachen regelmäßig durch Personen gesetzt werden, muss das auch dann gelten, wenn eine wirksame Bannung von Gefahren immer dann ausscheiden würde, wenn man gegen Personen bei einer bloßen Verantwortlichkeitswahrscheinlichkeit nicht vorgehen kann. In besonderem Maße ist nämlich eine Herabsetzung der staatlichen Darlegungen dann erforderlich, wenn es um zukunftsbezogene Entwicklungen geht. Für Grubengase gilt das dann, wenn sie namentlich mangels Austritts noch nicht zu Schäden geführt haben, solche aber in Zukunft zu erwarten sind. Je größer die Zukunftsgerichtetheit ist, um so eher kann auf Phänomene aufgrund ihrer notwendig ungewissen Kontur nur dann reagiert werden, wenn die Anforderungen an ihre Charakterisierung und die von ihnen ausgehenden Gefährdungen herabgesetzt sind. Nicht zufällig betont der auf den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung bezogene Grundsatz 15 der Rio-Deklaration, dass „ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewissheit kein Grund dafür sein kann, kostenwirksame Maßnahmen zur Vermeidung von Umweltverschlechteningen aufzuschieben", sofern „schwerwiegende und bleibende Schäden" drohen. 132 Daher ist die notwendige Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden eintritt, um so tiefer anzusetzen, je weiter der zu befürchtende Schaden in der Zukunft liegt. 133 Auch wenn solchermaßen die erforderliche Darlegungslast abgesenkt ist, sind doch gewisse Mindeststandards zu wahren, um dem Bürger eine Abwehr staatlicher Maßnahmen zu ermöglichen. Schon aus rechtsstaatlichen Gründen genügen nicht bloße Spekulationen oder ein Handeln „ins Blaue hinein" 134 , sondern es müssen - wie von der Dogmatik zu Anscheins- und Verdachtslagen vorgegeben 135 - tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, 136 auch wenn diese nur eine je nach 129
Siehe oben §1E.I. Näher oben Frenz, BBodSchG, §4 Abs. 1 Rn.29 und § 10 Rn.49ff. 131 Näher Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S.287f. 132 Siehe Calliess, DVB1. 1998, 559 (564). 133 Frenz, ZG 1999, 143 (155). 134 Ossenbiihl, NVwZ 1986, 161 (166). 135 Siehe oben unter 2. 136 Allgemein näher zu rechtsstaatlichen Anforderungen bei vorsorgendem Umweltschutz Di Fabio , in: Festschrift für Ritter, S. 807, 820ff. 130
F. Heranziehung bei Personenmehrheit potenzieller Verursacher
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Zukunftsbezogenheit des jeweiligen Phänomens zu bestimmende hinreichende Plausibilität abstützen müssen. Damit ist zwar die Richtung und der Bezugspunkt für die zu fordernden tatsächlichen Anhaltspunkte verändert, und von daher modifizieren sich auch die Qualität und die Intensität der nachzuweisenden objektiven Gegebenheiten. Außer Betracht bleiben müssen freilich imaginäre Gefahren und Ängste. 137 Im Ergebnis ergibt sich damit die weitgehende Möglichkeit, auch entfernt liegende und nur sehr begrenzt wahrscheinliche Gefährdungen in die Gefahrprognose einzubeziehen, dass eine Störung der öffentlichen Sicherheit in absehbarer Zeit wahrscheinlich ist, sowie auch solche Personen als Verursacher heranzuziehen, denen die Gefahr wahrscheinlich zuzurechnen ist. Verursacher muss danach auch derjenige sein, von dem die Gefahr wahrscheinlich stammt. Die Erfordernisse des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs können dabei bis auf das Vorliegen bloßer tatsächlicher Anhaltspunkte reduziert werden. 138 Indes müssen diese Wahrscheinlichkeiten sich immer auf tatsächliche Anhaltspunkte zurückführen lassen, auch wenn diese nur eine Wahrscheinlichkeit und keine Sicherheit belegen. Dieser Mindeststandard ist rechtsstaatlich gefordert und kann auch Umweltschutzbelangen nicht weichen. Eine hundertprozentige Nachweisbarkeit indes ist jedoch gerade nicht erforderlich.
F. Heranziehung bei einer Personenmehrheit potenzieller Verursacher I. Ausgangssituation Im Rahmen diffuser Ausgasungen können Zweifel entstehen, ob ein bestimmter (ehemaliger) Bergwerksbetreiber überhaupt den jetzigen gefährlichen Zustand zu verantworten hat. Bei dem hohen Grad der Durchbauung insbesondere der Steinkohlereviere und der schwer berechenbaren Wegigkeit des Gases wird angezweifelt, ob das Austreten von Methangas an der Oberfläche außerhalb von Schachtbereichen einer bestimmten Person als Verursacher zugerechnet werden kann. 139 II. „Intertemporale Solidargemeinschaft" Neben der Unsicherheit darüber, ob ein einzelner Verursacher die Gefahr verursacht hat, können zusätzliche Faktoren zu dieser Ungewissheit dann beitragen, wenn über Jahrzehnte hinweg mehrere potenzielle Verursacher an derselben Stelle Bergbau betrieben haben und sich der Verursachungsanteil jedes Einzelnen nicht 137 Generell Isensee, in: ders./Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 111 Rn. 146; Di Fabio , DÖV 1995, 1, 8. 138 Siehe Ossenbühl NVwZ 1986, 161 (166). 139 Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (107).
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§ 3 Die Verursacherhaftung
zweifelsfrei aufklären lässt. Wenn feststeht, dass die Gefahr von der betreffenden Stelle herrührt, aber nicht zweifelsfrei erwiesen ist, wer derjenige Verursacher ist, der an dieser Stelle den entscheidenden Kausalbeitrag geliefert hat, muss eine Beweiserleichterung eingreifen. Würde die Heranziehung eines mehrerer potenzieller Verursacher unter den Vorbehalt der Nachweisbarkeit gestellt sein, könnte jeder einzelne Verursacher aufgrund der nicht zweifelsfrei aufklärbaren Gefahrenlage der eigenen Heranziehung durch die Behörde mit dem Argument entgegentreten, dass die Gefahr mit der gleichen Wahrscheinlichkeit von einem anderen Verursacher herrühre. Folge davon wäre, dass alle potenziellen Verursacher sich einer Verpflichtung entziehen könnten, indem sie sich jeweils auf die (ebenfalls potenzielle) Verursachereigenschaft des oder der Anderen berufen. Ist die Anzahl der potenziellen Verursacher groß, schwindet die Wahrscheinlichkeit der Verursachereigenschaft des Einzelnen. Damit wäre das behördliche Vorgehen gegen den oder die Verursacher lahmgelegt. Bei Ungewissheiten im Hinblick auf die Verursachung der Grubengasgefahr könnte indes der Gedanke der „intertemporalen Solidargemeinschaft" greifen. Dieser Gedanke stammt ursprünglich aus dem Steuerrecht 140 und fand als allgemein öffentlich-rechtliches Konzept 141 Eingang in das Altlastenrecht. 142 Danach bilden die möglichen Verursacher eine solidarische Gruppe, die gegenüber der Allgemeinheit für die im Einflussbereich dieser Gruppe auftretenden Gefahren haftet. Ist mithin unsicher, durch wessen Verursachungsbeitrag die auftretende Störung eingetreten ist, sollen auch diejenigen potenziellen Verursacher, die einen späteren Kausalbeitrag zu verantworten haben, zur Beseitigung der gesamten Gefahr herangezogen werden, selbst wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Gefahrsituation auch allein durch das Verhalten früherer Verursacher, sprich Bergbautreibender, veranlasst wurde. 143 Dadurch wird wirksam verhindert, dass die potenziellen Verursacher sich den Konsequenzen einer kostenintensiven Gefahrbeseitigung dadurch entziehen können, dass sie sich gegenseitig der Verursachung des entscheidenden Kausalbeitrages bezichtigen, so dass die behördliche Ermessensauswahl zum Erliegen kommt. Umso mehr potenzielle Verursacher in Frage kommen, desto unwahrscheinlicher ist die Heranziehbarkeit des Einzelnen. Selbst bei einem erhöhten Verursacherhorizont, der die Verursachungswahrscheinlichkeit unter dem Aspekt der Anscheinshaftung als relevante Verursachung ausreichen lässt,144 ergäbe sich die Konsequenz, dass die bloße Möglichkeit der Verursachung bei zeitlich gestuften Kausalbeiträgen zur Heranziehung nicht ausreichen würde. Die Konstruktion der intertemporalen Solidargemeinschaft verhindert dieses Beweisdilemma auf der Ebene der primären Heranziehung. Zunächst ist der potenziel140 141 142 143 144
Trzaskalik, StuW 1992, 135 (143). Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 249ff. Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 3 Rn. 23. Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 3 Rn. 23. Siehe oben E.
G. Zwischenfazit
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le Verursacher in einer temporalen Solidargemeinschaft auf der Primärebene zur Gefahrbeseitigung verpflichtet. Dies entspricht auch dem Gedanken der Effektivität der Gefahrenabwehr. 145 Entsprechend den Regeln der Anscheinsstörerhaftung 146 hat der Betreffende - regelmäßig erst auf der Sekundärebene - die Möglichkeit, den Gegenbeweis anzutreten, dass er selbst keinen die Gefahr auslösenden Kausalbeitrag zu verantworten hat. In der Konsequenz kommt es auf der Primärebene demnach zu einer Beweislastumkehr: Nicht die Behörde muss dem (potenziellen) Verursacher seinen Beitrag nachweisen, sondern der in Anspruch genommene (potenzielle) Verursacher muss belegen, dass er als Teil der Gruppe, die zeitlich gestaffelt an der betreffenden Stelle Bergbau betrieben hat, nicht die Gefahr verursacht hat. Die Verknüpfung des Kreises wahrscheinlicher Verursacher zu einer Gruppe führt dazu, dass zunächst geprüft wird, ob die Gruppe als ganze die Gefahr verursacht hat. Wenn dies regelmäßig der Fall sein wird, kann ein Mitglied aus der Gruppe herangezogen werden. Dieses hat Möglichkeiten den Gegenbeweis anzutreten; gelingt dieser nicht, steht der Betreffende in der Haftung. Gegen diese Zurechnung kann durch die Anknüpfung an den ordnungsrechtlichen Verursacherbegriff kein Einwand erhoben werden. Die Nähebeziehung zur Gefahr 147 rechtfertigt die primäre Heranziehung eines Mitglieds der Gruppe der intertemporalen Solidargemeinschaft. Diese Nähebeziehung, die auch als Kriterium für die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit angesehen wird, modifiziert lediglich den Verursacherbegriff für zeitlich gestufte Verursachungskonstellationen. Diese Modifizierung ist aber aufgrund des Verursacherprinzips geboten:148 Die Nähe aller in Frage kommenden Beteiligten zur Gefahrverursachung bildet das sachliche Differenzierungskriterium, das die Betreffenden von der Allgemeinheit unterscheidet. Erstere sollen für die Gefahrbeseitigung rasch und effektiv aufkommen. Dies wäre unmöglich, wenn man sie nicht als eine Gruppe sähe, sondern ihnen individuell die Möglichkeit überließe, die behördliche Ermessensausübung durch Verweis auf andere potenzielle Verpflichtete zu verhindern. Die Möglichkeit des Gegenbeweises des einzelnen Herangezogenen, sichert eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Differenzierung.
G. Zwischenfazit Für die Zurechenbarkeit der Gefahr zu den Verursachern spielt die Beweisbarkeit und Eindeutigkeit der Zurechenbarkeit nur eine untergeordnete Rolle. Im Bereich 145 OVG Münster, DVB1.1971,828 (829); DVB1.1973,924 (928); VGH Kassel, DÖV 1987, 260 (261); VGH München, NJW 1979, 2631 (2632); NJW 1984, 1196; NVwZ 1986, 942 (944); OVG Koblenz, VerwRspr 19, 849; DÖV 1988, 80 (81); NJW 1986, 1369 (1370). 146 Siehe oben E.III.2. 147 Papier, DVB1. 1996, 125 (128); Lindner, Die verfassungsrechtliche Dimension der allgemeinen polizeirechtlichen Adressatenpflichten, S. 42. 148 Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 3 Rn. 23.
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§ 3 Die Verursacherhaftung
von Bodenveränderungen und Altlasten sowie der Grubengasproblematik bestehen nämlich naturgemäß tatsächliche Unsicherheiten. Effizienzerwägungen erfordern daher, dass auch auf unsicherer Tatsachengrundlage gehandelt werden können muss. 149 Zwar wird im Polizeirecht teilweise die Heranziehung als Störer unter den Vorbehalt des Nachweises eines Beitrages gestellt,150 nach der herrschenden Meinung 151 und der Rechtsprechung152 können aber insoweit Anscheins- und Verdachtslagen ausreichen. Treten Grubengase am Standort oder im Einflussbereich des Standorts auf, wo zuvor Bergbau betrieben worden ist, gelten diejenigen als Verursacher, die zuvor dort Bergbau betrieben haben. Die natürliche Ausgasung wird in ihrer Störungsrelevanz durch Bergbaumaßnahmen über das an sich erlaubte Risiko hinaus erhöht. Waren bzw. sind dies mehrere Unternehmen, haften alle als Verursacher. Haben mehrere Unternehmen in zeitlicher Abfolge dort Bergbau betrieben, gelten sie alle als Mitverursacher, es sei denn es steht für Einzelne fest, dass ihnen die Auflösung der Deckschicht nicht zugerechnet werden kann. Zeitlich abfolgende Verursacher haften in „intertemporaler Solidargemeinschaft" 153 regelmäßig jeder einzeln auf die Beseitigung des Gesamtgefahrtatbestands „Grubengas", da dieser sich bei seiner Bannung nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand in einzelne Beseitigungsanteile aufspalten lässt. Die Palette der Möglichkeiten zur Bannung der Gefahr ist ebenfalls von der Effektivität der Gefahrenabwehr vorgegeben und reicht von thermischer Behandlung über Absaugungen bis hin zu Versiegelungsmaßnahmen. Dies gilt auch für die im Folgenden genannten, in die Pflicht genommenen Zustandsverantwortlichen.
H. Haftung pro toto oder Haftung pro rata? I. Die Konzeption des Gefahrbeseitigungsumfangs Der Verhaltensverantwortliche haftet nicht bloß pro rata, 154 sondern regelmäßig für die gesamte Gefahr, sofern ihm die Gefahr zugerechnet werden kann. 155 Dies 149
Vgl. zum Parallelproblem im Bodenschutzrecht Frenz, BBodSchG, §4 Abs. 1 Rn.29, §4 Abs. 3 Rn. 17 ff. und § 10 Rn.49ff. 150 So noch Classen , JA 1995,608 (613); siehe auch Hoffmann-Riem, in: Festschrift für Wacke, S. 327 (336f.); speziell dazu krit. Schwabe, in: Gedächtnisschrift für Martens, S.419 (436 f. Fn. 73). 151 Etwa Martensen, DVB1. 1996, 286 (290). 152 Insbesondere BGHZ 126, 279 (283). 153 Begriff von Trzaskalik, StuW 1992,135 (143). Näherund m. w.N. auch zu abweichenden Ansätzen Frenz (Fußn. 9), BBodSchG, §4 Abs. 3 Rn. 23. 154 OVG Hamburg, OVG Bf VII 48/86. 155 Für das Altlastenrecht VGH Mannheim NVwZ 1990, 781 (784); Seibert, DVBI. 1992, 664 (672).
H. Haftung pro toto oder Haftung pro rata?
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liegt beim Mitverursacher auf der Hand, der im Zusammenwirken mit einem Anderen eine Gefahr geschaffen hat, 156 gilt aber im Grundsatz auch für die quantitative Addition von Gefahrbeiträgen - etwa über Jahre hinweg - die jeder für sich zu einer einzelnen Gefahr geführt hätten. Die Gesamtverantwortlichkeit ergibt sich bereits nach allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen, wenn die Verursachungsanteile unmittelbar miteinander verbunden sind und sich in einer einheitlichen Gefahr manifestieren. 157 Insoweit wird eine Risiko- bzw. Gefahrengemeinschaft angenommen, aus der eine gesamtschuldnerische Haftung für die gesamte Beseitigung der Störung erwächst. 158 Sofern eine Unaufklärbarkeit von Verursachungsbeiträgen zu Lasten der Behörde geht und zu einer Absenkung der Haftung privater Verantwortlicher führt, 159 würde letztlich eine zusätzliche Belastung öffentlicher Kassen bewirkt und liefe daher dem ordnungsrechtlichen Entlastungshintergrund zuwider. Zieht man das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Prinzip der gerechten Lastenverteilung heran, 160 kann dem aus einem verfassungsrechtlich abgesicherten Verursacherprinzip der Grundsatz gegenübergestellt werden, dass Private und nicht die Allgemeinheit der Steuerzahler für von Einzelnen bzw. Unternehmen verursachte Schäden aufkommen sollen. 161 Grundlage eines solchen Ansatzes ist vor allem auch Art. 3 Abs. 1 GG. 1 6 2 Damit bedarf es auch aus Sicht des Gleichheitssatzes nicht mehr der Nachweisbarkeit von Verursachungsbeiträgen zum Zwecke einer Heranziehung, sondern eine Ungewissheit über Verursachungsbeiträge geht dann gerade nicht zu Lasten der öffentlichen Kassen. Auch eine Verschonung von Personen, die einen Schaden aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte verursacht haben können, bleibt rechtfertigungsbedürftig. Unabhängig von Fragen der Lastenverteilung würde eine Heranziehung nur nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit einer Verursachung hohe Ermittlungsaufwendungen nach sich ziehen und damit auch die Zügigkeit und Effektivität der Gefahrenbeseitigung in Frage stellen.163 Daher scheidet es auch aus, zunächst den Haftungsanteil entsprechend §287 ZPO schätzen zu lassen.164 156
Siehe oben D. OVG Münster, UPR 1984,279 = ZfB 125 (1984), 367 (374ff.); Seibert, DVB1.1992,664 (672) zum Problem einer „Gesamtaltlast"; siehe oben 19 ff. 158 Im Ergebnis etwa VGH Mannheim, NVwZ 1990, 761 (784); bereits PrOVG, PrVBl. 17, 155 (156). 159 Dafür Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung unter mehreren Störern, S. 182. 160 Etwa VG Karlsruhe, NVwZ 1993,108 (109); Papier, NVwZ 1986,256 (263); Schwachheim, NVwZ 1988,225 (227); näher und m. w. N. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung unter mehreren Störern, 1990, S.46ff. 161 Näher Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, insbesondere S. 174 ff. 162 Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, 1997, S. 188 ff. 163 Auch Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung unter mehreren Störern, S. 147 f. verlangt eine Beachtung der Grundsätze der gerechten Lastenverteilung (zwischen Privaten) bereits auf der Primärebene nur dann, wenn kein Zeitdruck vorliegt. 164 Siehe dagegen OVG Hamburg, DÖV 1983, 1016 (1018); Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung unter mehreren Störern, 1990, S. 182 Fn.53. 157
§ 3 Die Verursacherhaftung
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Bei feststehenden Verursachungsbeiträgen liegt eine pro rata-Haftung näher. 165 Insoweit wird kein Grund gesehen, einen Störer für die Anteile Anderer mitverantwortlich zu machen.166 Dies ergibt sich für den Verursacher bereits aus dem Prinzip der Zurechenbarkeit der Verursachung. Für ihn gilt insoweit, dass er nur für seine Verursachung haftet, 167 die gleichwohl in der Setzung einer relativ unbedeutenden Ursache liegen kann. 168 Für dem Störer eindeutig nicht zurechenbare Folgen ist er kein Verursacher. Dies zu beweisen, obliegt jedoch bei auf seine Haftung deutenden Anhaltspunkten dem Störer. 169 Steht sein Beitrag eindeutig klar und ist dieser gegenüber anderen Beiträgen isolierbar und separat behebbar, darf er daher nicht auch zur Behebung anderer, nicht von ihm stammender Schädigungen herangezogen werden. Auch wenn im Einzelnen nachvollzogen werden kann, welcher Störer welchen Kausalbeitrag geliefert hat, ist jedenfalls eine separate Gefahrbehebung eines konkreten, einem Störer zurechenbaren Kausalbeitrags beim Auftreten von Grubengasen regelmäßig nicht möglich. Zu unterscheiden ist nach wie vor die Ebene der isolierten Feststellung des Kausalbeitrages von der Ebene der separaten Gefahrbehebung. Auch wenn die Verursacherbeiträge demnach auf der ersten Ebene als solche feststehen, wirken sie doch regelmäßig dergestalt ineinander, dass sie zusammen die Gefahr als Gesamtheit hervorgerufen haben, die im Regelfall nicht separat nach den einzelnen Verursachungsbeiträgen behoben werden kann. Würde dann, bei isolierter Feststellbarkeit, aber nicht separater Behebbarkeit, die Haftung Einzelner zurückgenommen, müsste indes der Staat einspringen, wenn sich bei einem der Verantwortlichen etwa eine fehlende Zahlungsfähigkeit herausstellen sollte. Gerade im hier zu behandelnden Bereich kann dies aufgrund der hohen Kosten der Ordnungsmaßnahmen sehr häufig auftreten. Daher widerspricht im Falle nicht nach einzelnen Ursachen getrennt behebbarer Gefahren auch bei gesicherten Haftungsbeiträgen eine Haftung nur pro rata der gewollten Entlastung der öffentlichen Haushalte.170 Insbesondere für den Handlungsstörer gilt demnach: Ist ihm die Verursachung bei Anlegung eines großzügigen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes zurechenbar, 171 haftet er pro toto auf die Gesamtfolge seiner Verursachung, auch wenn sein Einzelbeitrag an der Gesamtfolge gering ist. Auch wenn sein Beitrag erwiesenermaßen feststeht, haftet er für die gesamte mit der Gefahr verbundene Ordnungsmaßnahme, sofern er seinen Beitrag nicht isoliert rückgängig machen kann, was bei der Grubengasproblematik regelmäßig ausgeschlossen ist. Im Zweifel ist also bei der Neutralisierung der Verursachung von einer pro toto-Haftung auszugehen. Nur in Ausnahmefällen 165 166 167 168 169 170 171
Hilger, in: Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, § 10 Rn.29 m. w.N. Seibert, DVB1. 1992, 664 (672). Zum Altlastenrecht vgl. Eickel, BBodSchG, §4 Rn. 17. Zum Altlastenrecht vgl. Freni , BBodSchG, § 4 Abs. 3 Rn. 129. Siehe F. II. Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 182 ff. Siehe zum Altlastenrecht Frenz, BBodSchG, §4 Abs. 3 Rn. 17 ff.
J. Fazit
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muss der Verursacher die Gefahr lediglich anteilig beseitigen. Dies ist dann der Fall, wenn die Gefahr isoliert diesem zugerechnet werden kann und dieser Verursachungsbeitrag darüber hinaus auch separat neutralisiert werden kann. Letzteres ist bei der Grubengasproblematik regelmäßig nicht der Fall. II. Die Rechtsprechung des V G H Mannheim Zur Feststellbarkeit der Anteile des Handlungsstörers hat sich auch der VGH Mannheim im Zusammenhang mit Bodenverunreinigungen geäußert. 172 Haben danach verschiedene Anlagenbetreiber nacheinander zu einer Verunreinigung des Bodens bzw. des Grundwassers des von ihnen gepachteten Grundstücks beigetragen, so kann anstelle des Grundstückseigentümers (auch) derjenige von ihnen zur gesamten Sanierung herangezogen werden, der den möglicherweise geringeren Beitrag zu der Verunreinigung geleistet hat. Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass sein Anteil an der Verunreinigung auch für sich betrachtet ein behördliches Einschreiten unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen würde. Erforderlich ist danach ein wesentlicher bzw. erheblicher Verunreinigungsbeitrag. Dies gilt auch dann, wenn sich der jeweilige Umfang der Beiträge beider Verursacher der Verunreinigung nicht genau rekonstruieren lässt.173 J. Fazit Im Hinblick auf tatsächliche Unsicherheiten bei der Ermittlung des Störers und der Zurechnung des von diesem zu beseitigenden Gefahrbeitrages sind letztlich verschiedene Komplexe zu unterscheiden: Die Mitverursachung an sich führt zur vollen Haftung für die Gefahr. Kann die tatsächliche Verantwortlichkeit des potenziellen Verursachers nicht sicher belegt werden, ist die Heranziehung als Störer auch unter Verzicht auf den Vorbehalt der vollständigen Nachweisbarkeit möglich. Da Zurechnungen zwischen Störern und Anscheinsgefahrsituationen im Ordnungsrecht möglich sind, muss umgekehrt eine vom Effektivitätsgedanken getragene Zurechnung bestehender Gefahrsituationen auf diejenigen Personen möglich sein, die tatsächliche Anhaltspunkte dafür geliefert haben, dass sie potenzielle Handlungsstörer sind. Ein solcher tatsächlicher Anhaltspunkt ist die Durchführung einer bergbauspezifische Gefahren mit sich bringenden Tätigkeit an einer bestimmten Stelle, von der aus die Gefahr ausging bzw. wahrscheinlich ausging. Kommen mehrere Personen in Frage, bilden diese eine Solidargemeinschaft, die gegenüber der Allgemeinheit haftet. Kommen mehrere Verursacher aus bestimmten hintereinanderliegenden Betriebszeitabschnitten in Frage, bilden diese eine „intertemporale Solidargemeinschaft' 4. Alle wahrscheinlichen Verursacher haften der 172
VGH Mannheim, UPR 1994, 271. VGH Mannheim, UPR 1994, 271; dazu Tettinger, Rn. 334. 173
Besonderes Verwaltungsrecht 1,
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§ 3 Die Verursacherhaftung
Behörde danach zunächst für die Gefahrbeseitigung. Diese bezieht sich auch bei quantitativen addierenden Teilverursachungsbeiträgen auf die Behebung der gesamten Gefahr, jedenfalls dann, wenn die Gefahrbeseitigungsbeiträge nicht auf personelle Beiträge aufspaltbar sind und so eine getrennte Zurechnung vorgenommen werden kann.
§ 4 Die Verantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers A. Hintergrund Vielfach diskutiert wird, ob im Rahmen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts eine Gesamtrechtsnachfolge in die Pflichten des Verursachers stattfindet, so dass der Gesamtrechtsnachfolger haften muss, als hätte er selbst die Gefahr verursacht. Das OBG NRW und das PolG NRW schweigen zu diesem Problem, eine eindeutige Haftungszuordnung an den Gesamtrechtsnachfolger existiert demzufolge nicht. Das neu eingeführte BBodSchG sieht dagegen ausdrücklich den Gesamtrechtsnachfolger im in §4 Abs. 3 BBodSchG genannten Kreis der Pflichtigen vor. Da die Wertungen des § 4 Abs. 3 BBodSchG nicht auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar sind,1 richtet sich die Frage zur Verpflichtbarkeit des Gesamtrechtsnachfolgers nach den Grundsätzen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts. Dort wird die Frage seit längerem problematisiert.
Β. Gesamtrechtsnachfolgetatbestände Hauptfall der Gesamtrechtsnachfolge ist die Erbschaft nach §§ 1922, 1967 BGB. Im Zusammenhang mit der Haftung von Bergbaugesellschaften ist dieser Fall aber weniger bedeutsam als die gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtstatbestände. Hier sind die relevantesten Gesamtrechtstatbestände die Verschmelzung (§§ 2-122 UmwG) 2 und die Unternehmensspaltung (§§ 123-173 UmwG). 3 In diesen Fällen tritt eine juristische Person an die Stelle einer anderen. Die Unternehmensspaltung führt in ihren drei Ausgestaltungen (der Aufspaltung, der Abspaltung und der Ausgliederung) zu einer sogenannten partiellen Gesamtrechtsnachfolge. Rechtsnachfolger ist dann der die Zuordnungsmasse des Vermögens jeweils aufnehmende Rechtsträger aufgrund einer quotalen Zuweisung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 UmwG). Gesamtrechtsnachfolger ist derjenige an der Spaltung beteiligte Rechtsträger, dem im Spaltungs- bzw. Übernahmevertrag der Anteil der Vermögensmasse zugewiesen ist. 1
Siehe oben unter § 1E. III. Vgl. OVG Münster, UPR 1984,279 = ZfB 125 (1984), 367 zur Fusion einer Bergbau treibenden Gesellschaft. VGH München, ZfW 1989, 147 (150f.). 3 Becker, BBodSchG, §4 Rn. 19ff.; näher zur Untemehmensspaltung und Verantwortlichkeit nach §4 Abs. 3 BBodSchG Theuer, DB 1999, 621. 2
5 Frenz
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§ 4 Verantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers
C. Gesamtrechtsnachfolge in die durch Verfügung konkretisierte Polizeipflicht Eine konkrete Ordnungspflicht liegt dann vor, wenn dem Störer gegenüber eine konkrete, dem Bestimmtheitserfordernis genügende Verfügung ergeht, in der die Behörde festlegt, welche Pflichten ihn im Einzelnen genau treffen. Diese stellt nach allgemeiner Meinung eine übergangsfähige Pflicht dar.4 Ist eine behördliche Konkretisierung gegenüber dem Verursacher bereits ergangen, stellt sich die Problematik, ob der Rechtsnachfolger nur aufgrund eines zusätzlichen Grundverwaltungsaktes in Anspruch genommen werden kann5 oder ob die ursprünglich gegenüber dem Rechts Vorgänger erfolgte Konkretisierung ausreicht.6 Da bei der Gesamtrechtsnachfolge sämtliche Rechte und Pflichten des Vorgängers übergehen, bezieht sich dieser Übergang an sich auch auf konkretisierte Polizeipflichten. Sofern Umstände eingetreten sind, die eine Heranziehung des Gesamtrechtsnachfolgers rechtswidrig machen, etwa aus Verhältnismäßigkeitserwägungen, können diese von dem Gesamtrechtsnachfolger immer noch geltend gemacht werden, und sei es auf der Ebene der Verwaltungsvollstreckung. Ein schneller Zugriff auf den Verhaltensverantwortlichen beziehungsweise an dessen Stelle auf den Rechtsnachfolger, wie es eine zügige Gefahrenabwehr erfordert, sichert eher die Ausgangssituation, wenn ein zusätzlicher Verwaltungsakt entbehrlich ist.
D. Gesamtrechtsnachfolge auch in die abstrakte Polizeipflicht Umstritten ist, ob auch dann, wenn gegenüber dem Rechtsvorgänger noch keine Verfügung erlassen worden ist, die diesen treffende abstrakte Pflichtenposition auch im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergangsfähig ist.7 Teilweise wird vertreten, dass den Störer, der den Tatbestand bloß abstrakt erfüllt, noch gar keine Pflicht treffe, solange diese nicht von der Ordnungsbehörde konkretisiert worden ist. 8 Die in den polizeilichen Generalklauseln normierte Verpflichtungsbefugnis der Behörde stellt danach lediglich die Möglichkeit einer „Verpflichtbarkeit" dar.9 Dadurch be4
Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (474); Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S.293. 5 Oldiges, JA 1978,541 (542 f.); Peine, DVB1.1980,941 (946ff.); Schenke, GewArch. 1976, 1 ff.; ders. y in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, II Rn. 188. 6 Befürwortend etwa Schlabach/Simon, NVwZ 1992, 143 (145); für vertretbare Pflichten Deninnger, in: Lisken/Deninnger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. E Rn. 103 ff. 7 Vgl. Ossenbühl, Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S.44. 8 Papier, DVB1. 1996, 125 (127); dersAltlasten und polizeirechtliche Störerhaftung, S. 94 f.; Petersen, Der gesamtschuldnerische Ausgleich bei einer Mehrheit polizeirechtlich verantwortlicher Personen, S. 56 f. 9 Höhle, Das Störungsverbot als präventive und repressive Verhaltensnorm im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht - zum Rechtswidrigkeitsmerkmal der Störung - S . 144, 152.
D. Gesamtrechtsnachfolge in die abstrakte Polizeipflicht
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stehe jedenfalls keine übergangsfähige Pflicht, so dass, wenn gegenüber dem Verursacher keine polizeiliche Anordnung ergangen ist, sein Gesamtrechtsnachfolger nicht in die Haftung genommen werden könnte. Hat eine Gesellschaft vor hundert Jahren durch Bergbau die Gefahr letztlich verursacht, aber manifestiert sich diese erst viel später, ist in diesen Fällen die Behörde gegenüber dem ursprünglichen Rechtsvorgänger regelmäßig nie tätig geworden. Folgte man dieser restriktiven, eine erfolgte Konkretisierung verlangenden Meinung, könnte der Gesamtrechtsnachfolger nicht in Anspruch genommen werden. Wenn man dagegen die Konstruktion einer abstrakten Polizeipflicht bejaht, besteht schon eine (übergangsfähige) Pflicht des Rechtsvorgängers. Die Rechtsprechung10 und die herrschende Meinung 11 gehen jedoch davon aus, dass es zur Begründung der Polizeipflicht keines weiteren Verwaltungsaktes bedarf und dass sich die Polizeipflicht des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger überträgt. Diese Meinung ist vorzugswürdig. Die Polizeipflicht besteht schon vor ihrer Konkretisierung als übergangsfähige (negative) Vermögensposition und wird nicht erst durch die behördliche Heranziehung konstituiert, sondern lediglich konkretisiert, das heißt präzisiert. Diese Lösung ergibt sich auch aus den Anforderungen des Verursacherprinzips. 12 Zwar hat der Rechtsnachfolger für ein Verhalten seines Vorgängers regelmäßig gar keinen Beitrag geleistet; auch haftet er nicht aufgrund eigenen Tuns.13 Allerdings besteht aus Sicht des Erblassers eine Anreizwirkung dahingehend, Nachkommen keine Belastungen zu hinterlassen. Auch verhindert die Haftung des Rechtsnachfolgers den Missbrauch durch die Schaffung von gesellschaftsrechtlichen Schachtelkonstruktionen, etwa dann wenn der Rechtsnachfolger mit dem verhaltensverantwortlichen Rechtsvorgänger zusammenwirkt, um der Haftung zu entkommen.14 Diese Missbrauchsmöglichkeit ist bei Verantwortungsträgern des Rechtsnachfolgers, dem das Wissen des Rechtsvorgängers zugerechnet werden kann, vielfach gegeben.15 Will man diesen Rechtsmissbrauch effektiv bekämpfen, muss dem Staat die Möglichkeit eingeräumt werden, den Rechtsnachfolger auch dann in die Pflicht zu nehmen, wenn gegenüber 10 VGH München, NVwZ-RR 1995, 647, ZfW 1989, 147 (151); VGH Kassel, DÖV 1990, 211; NVwZ 1998, 1315f.; VG Köln, NVwZ 1994, 927 (929f.); OVG Münster, NVwZ 1985, 355; NVwZ 1997,507; OVG Lüneburg, NJW 1998,97 (98); OVG Koblenz, DÖV 1980, 654; VG Köln, NVwZ 1994, 927. 11 Beckmann, ZfB 133 (1992), 120 (125 f.); SchlabachlSimon, NVwZ 1992, 143 (145); Kloepfer, NuR 1987, 7 (17); ders., Umweltrecht, § 12 Rn.81; Striewe, ZfW 1986, 273; Rehbinder, DVB1. 1991,421 (424); Stadie, DVB1. 1990, 501 (505). 12 Vgl. die Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des BBodSchG, BTDrucks. 13/6701, S.51, wonach die Normierung der Sanierungsverantwortlichkeit des Rechtsnachfolgers unabhängig von einer behördlichen Konkretisierung gegenüber dem Rechtsvorgänger der „Stärkung des Verursacherprinzips" dient. 13 Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 3 Rn. 58; ders., Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S.252. 14 Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S.252. 15 Kloepfer, NuR 1987, 7 (17); zur Wissenszurechnung Schultz, NJW 1990, 477.
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§ 4 Verantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers
dem Rechtsvorgänger - etwa aus damaliger Unkenntnis über die Gefahr - kein Verwaltungsakt zur Gefahrbeseitigung ergangen ist. Schließlich ist von den Gerichten die Rechtsnachfolge in die abstrakte Polizeipflicht vor allem dann bejaht worden, wenn es um derart problematische gesellschaftsrechtliche Konstruktionen ging. 16 Auch in dem vom OVG Münster 17 zu behandelnden bergrechtlichen Fall berief sich die von der Bergbehörde in Anspruch genommene Klägerin darauf, dass sie als Rechtsnachfolgerin der die Gefahr verursachenden Gesellschaft nicht in eine durch deren Betriebshandlungen begründete Störerhaftung eingetreten sei. Jedenfalls dort, wo - wie im Fall - eine durch Betriebshandlungen verursachte Gefahr durch vertretbares Verhalten beseitigt werden kann, bestanden nach Ansicht des OVG Münsters keine durchgreifenden Bedenken gegen die Annahme, dass eine Rechtsnachfolge in die Verhaltenshaftung nach § 17 Abs. 1 OBG möglich ist. Nach Ansicht des Senats wäre es gerade ein untragbares Ergebnis gewesen, eine bergbautreibende Kapitalgesellschaft von ihrer aus dem Bergbaubetrieb herrührenden Störerhaftung zu befreien und auf diese Weise Folgeschäden der Allgemeinheit aufzubürden. 18
E. Einzelrechtsnachfolge Während bei der Gesamtrechtsnachfolge der unmittelbare Übergang mit der Gesamtheit aller Rechte und Pflichten erfolgt, findet bei der Einzelrechtsnachfolge die Rechtsnachfolge in eine Sonderrechts- bzw. Sonderpflichtenposition statt.19 Nach der Konzeption des allgemeinen Ordnungsrechts zu personenbezogenen Pflichten - wie der materiellen Polizeipflicht des Verursachers - haftet der Einzelrechtsnachfolger nicht. 20 Eine Einzelrechtsnachfolge in personenbezogene Pflichten wird regelmäßig mangels Verfügungsbefugnis des Einzelnen über öffentlich-rechtliche Polizeipflichten als unzulässig angesehen, und zwar sowohl für konkretisierte 21 als auch für abstrakte Pflichten. 22 Anders allerdings ist die Rechtslage bei dinglichen Verwaltungsakten im Bereich des Bauordnungs-, Immissionsschutz- und Abfallrechts, die grundstücksbezogen erlassen worden sind.23 Sieht man die solchermaßen 16 Bay VGH, ZfW 1989, 147 (151); VGH Kassel, DÖV 1990, 211; UPR 1984, 279 (280) (letztere spezifisch für Bergbaubetriebe). 17 UPR 1984, 279 (280) = ZfB 125 (1984), 367 (376). 18 OVG Münster, UPR 1984, 279 (280) = ZfB 125 (1984), 367. 19 Ossenbühl NJW 1968, 1992 (1993). 20 Eickel BBodSchG, §4 Rn.20; Schink, DÖV 1999, 797 (801). 21 Insoweit Schoeneck, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, §4 Rn.36 mit Verweis auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht. 22 Eickel BBodSchG, §4 Rn.20; Becker, BBodSchG, §4 Rn.20; siehe auch Kommissionsentwurf zum Umweltgesetzbuch (UGB-KomE), hrsg. vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 1998, S. 1033; Kloepfer, NuR 1987,7 (17); Ossenbühl Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S.43; Papier, DVB1. 1996, 125 (126); Rehbinder, DVB1. 1991, 421 ff.; vgl. auch VGH Kassel, UPR 1992, 454 (455). 23 VGH Kassel, NVwZ 1998, 1315.
E. Einzelrechtsnachfolge
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durch Verwaltungsakt 24 konkretisierte Ordnungspflicht als „Annex" des Grundstücks an, wie dies im Bauordnungsrecht, 25 aber auch bei Anlagenbetrieben oder im Abfallrecht 26 gesehen wird, ist auch eine Einzelrechtsnachfolge in die Polizeipflicht denkbar.
24 25 26
VGH Kassel, NVwZ 1998, 1315. BVerwG, NJW 1971, 1624. Ausführliche Rechtsprechungsübersicht in VGH Kassel, NVwZ 1998, 1315 (1316).
§ 5 Die Zustandsstörer Α. Überblick Für die Zustandsstörereigenschaft soll es auf die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf die gefahrverursachende Sache ankommen.1 Hinzu tritt die Pflichtenbindung des Eigentümers. Diese ist in Art. 14 Abs. 2 GG unabhängig von einer tatsächlichen bzw. rechtlichen Sachherrschaft und losgelöst von der Art und Weise der Eigentumsentstehung festgelegt. Nach § 18 Abs. 1 OBG NRW haftet der Eigentümer einer Sache, von der eine Gefahr ausgeht. Dasselbe gilt nach Abs. 2 für den Inhaber der tatsächlichen Gewalt. Die Maßnahme muss gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt gerichtet werden, wenn dieser die Gewalt gegen den Willen des Eigentümers oder eines anderen Verfügungsberechtigten ausübt bzw. auf einem im Einverständnis mit dem Eigentümer schriftlich oder protokollarisch gestellten Antrag von der zuständigen Ordnungsbehörde als allein verantwortlich anerkannt ist. Die Verwendung des Begriffes „tatsächliche Gewalt" sowohl in § 854 Abs. 1 BGB als auch in § 18 Abs. 2 OBG NRW legt hier aufgrund der notwendigen Einheit der Rechtsordnung eine einheitliche Auslegung nahe, soweit die Wertungen übertragbar sind und nicht insbesondere der Aspekt der Effektivität der Gefahrenabwehr den zivilrechtlichen Hintergrund verdrängt. 2 Nach § 854 Abs. 1 BGB wird der Besitz einer Sache durch „Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben". Die tatsächliche Gewalt wird dort umgrenzt als eine nicht notwendigerweise rechtmäßig erlangte, auf eine gewisse Dauer angelegte und sich nicht als bloße flüchtige Sachberührung darstellende, von einer gewissen Festigkeit geprägte, räumliche Beziehung, die es dem Besitzer erlaubt, jederzeit in der Lage zu sein, beliebig auf die Sache einzuwirken, sei es aufgrund physischer Innehabung oder infolge der Achtung anderer vor fremdem Besitz.3 Danach sind regelmäßig der unmittelbare Besitzer bzw. Mitbesitzer, der Mieter, der Pächter, der Verwahrer, der Besitzer aufgrund Nießbrauch oder anderer dinglicher Rechte und derjenige, der aufgrund zwangsrechtlich begründeter Rechte wie der Zwangs- oder der Insolvenzverwalter Sachherrschaft über das Grundstück ausübt, Inhaber der tatsächlichen Gewalt. Nicht zwingend jedoch ist im Rahmen des die faktischen Gegebenheiten als maßgeblich zugrunde legenden Ordnungsrechts 1 Grundlegend Friauf, in: Festschrift für Wacke, S.293 (301). ders., in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Abschnitt Rn. 86. 2 Ossenbühl, DVB1.1990,963 (966); Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S.25. 3 Bassenge, in: Palandt, BGB, §854 Rn.2.
Β. Das Bergwerkseigentum
71 4
ein Besitzverhältnis im Sinne von § 854 Abs. 1 BGB. Erfasst wird mithin auch ein unrechtmäßiger, aber tatsächlich und effektiv ausgeübter Grundstücksbesitz.5 Auch der Mitbesitzer verfügt über tatsächliche Zugriffsmöglichkeiten. Dagegen kann die Inhaberschaft der tatsächlichen Gewalt beim Erbenbesitzer nach § 857 BGB fehlen. 6 Umgekehrt kann auch der Besitzdiener gem. § 855 BGB die tatsächliche Gewalt ausüben,7 nicht aber der bloß „vergeistigte" 8 mittelbare Besitzer nach § 868 BGB, der freilich regelmäßig als Eigentümer in der Haftung ist.
B. Das Bergwerkseigentum I. Hintergrund Besteht noch Bergwerkseigentum, schließt sich daran die „aktuelle" 9 Zustandsstörereigenschaft an.10 Nach § 9 BBergG gewährt das Β erg Werkseigentum das ausschließliche Recht, nach den Vorschriften des BBergG die in § 8 Abs. 1 Nr. 1-4 BBergG bezeichneten Tätigkeiten und Rechte auszuüben. Auf das Recht sind die für Grundstücke geltenden Vorschriften des BGB anzuwenden, soweit im BBergG nichts anderes bestimmt ist. 11 Die Anwendbarkeit der BGB-Vorschriften für Sacheigentum stellt das Bergwerkseigentum diesem gleich. Dass das Bergwerkseigentum in erster Linie ein Aneignungsrecht darstellt, 12 schließt die Verfügungsmacht des Bergwerkseigentümers, an die sich typischerweise eine Ordnungspflicht anschließt, gerade nicht aus.13 Die mit dem Aneignungsrecht verbundene Möglichkeit, auf das Bergwerkseigentum eigentümergleich einzuwirken, qualifiziert den Bergwerkseigentümer als Zustandsstörer. Der Bergwerkseigentümer ist daher Zustandsstörer nach § 18 Abs. 1 OBG NRW. 14 Diese Verantwortlichkeit erstreckt sich auch auf wesentliche Bestandteile des Bergwerkseigentums, die nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können, sondern das Schicksal mit diesem teilen.15 So ist die Bergwerksanlage einschließlich 4
Vgl. Bay VGH, NuR 1995, 37. Schenke, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, II Rn. 181; zweifelnd allerdings VGH Mannheim, NVwZ 1995, 1130 (1131 f.) für das Abfallrecht. 6 Schenke, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, II Rn. 181. 7 Schenke, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, II Rn. 181. 8 Bassenge, in: Palandt, BGB, §868 Rn. 1. 9 Im Gegensatz zu einer sogenannten „verlängerten" Zustandsstörerschaft; dazu Droese, UPR 1999, 86 (90); Kahl, DV 33 (2000), 29 (54). 10 VG Arnsberg, ZfB 132 (1991), 147. 11 § 9 Abs. 1 HS 2 BBergG; davor § 50 Abs. 2 ABG. 12 Mattert, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 113 (117). 13 Vgl. die weitgehende Konzeption des VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000- 8 Κ 3891/97, S. 12f. 14 VG Arnsberg, ZfB 132 (1991), 147 (150). 15 OVG Münster, ZfB 131 (1990), 232 (233). 5
§ 5 Die Zustandsstörer
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der angelegten Schächte regelmäßig wesentlicher Bestandteil des Bergwerkseigentums.16 Zu beachten ist, dass das Ordnungsrecht wie das Bundesberggesetz prinzipiell keinen Vorrang des Handlungsstörers vorsieht. 17 Dagegen wurde für das ABG vertreten, dass, wenn das Bergwerk von einem Anderen als dem Bergwerkseigentümer betrieben wurde, der Bergwerkseigentümer selbst nicht herangezogen werden kann.18 Diese Stufung existiert im Polizei- und Ordnungsrecht nicht. Insofern sind alle Störertypen gleichwertig. Ob zwischen mehreren gleichwertigen Störern im Rahmen des Auswahlermessens einer vorrangig heranzuziehen ist, bildet eine im Anschluss zu behandelnde Frage. 19
II. Das Längenfelderbereinigungsgesetz Der aufgrund § 18 Abs. 1 OBG NRW in Anspruch Genommene kann der Behörde nicht entgegenhalten, er hafte nicht für das ihm aufgrund des Gesetzes zur Bereinigung der Längenfelder vom 1.6.195420 (Längenfelderbereinigungsgesetz) aufgedrängte Eigentum bzw. sei gem. § 5 Längenfelderbereinigungsgesetz von der Verantwortlichkeit befreit. 21 Zwar ist das Längenfelderbereinigungsgesetz durch das Rechtsbereinigungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18.12.198422 aufgehoben worden. 23 Seine eigentumsrechtliche Zuordnung wirkt jedoch fort, so dass sich hieraus ergebende Fragen nach wie vor für die Zustandverantwortlichkeit stellen. 1. Aufgedrängtes Eigentum? Das Längenfelderbereinigungsgesetz hat in Nordrhein-Westfalen die so genannten Längenfelder dem jeweiligen Geviertfeld zugeordnet. Die regelmäßig oberflächennahen Abbaubereiche wurden gesetzlich dem Geviertfeldinhaber zugeschlagen. Teilweise wird deshalb vertreten, dass die Zustandsstörung des Geviertfeldinhabers für die Längenfelder nicht greifen kann, die diesem gesetzlich aufgedrängt worden sind. 24 Jedoch entfaltet Art. 14 GG keinen so weitgehenden 16 17 18
Dazu sogleich unter C. ΡienslSchulte!Graf Vitzthum, BBergG, §71 Rn.23. So für § 198 ABG Ebel/Weller, ABG, § 198 Rn.6; OVG Münster, ZfB 105 (1964), 100
(102). 19
Siehe unten §7 A. GVNWS.700. 21 VG Arnsberg, ZfB 132 (1991), 147 (150). 22 GV NWS. 806. 23 Art. 1 Nr. 57 Rechtsbereinigungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18.12.1984. 24 Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (109); Kremer, ZfB 132 (1991), 151 (152). 20
Β. Das Β erg Werkseigentum
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Schutz gegen die Inanspruchnahme.25 Der Eigentümer einer Sache ist grundsätzlich zustandsverantwortlich. Dies gilt unabhängig davon, wie die Sache in das Eigentum des Verantwortlichen geraten ist. Es liegt innerhalb der Sozialpflichtigkeit auch aufgedrängten Eigentums, wenn der Betreffende aufgefordert wird, den ordnungswidrigen Zustand zu beseitigen, so dass die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG dadurch nicht verletzt wird. Zum Teil wird zwar die Auffassung vertreten, dass die ZustandsVerantwortlichkeit dann enden müsse, wenn der ordnungswidrige Zustand nicht aus der Risikosphäre des Zustandsstörers komme.26 Zu beachten ist allerdings, dass auch eine sogenannte „Opferposition" 27 des Zustandsstörers nichts daran ändert, dass Gefahren bzw. Störungen aus dem Eigentum des Herangezogenen erwachsen.28 Dieses Eigentum ist ihm unabhängig von der Art und Weise der Eigentumsentstehung umfassend zugeordnet: 29 Diese Zuordnung erfolgt hinsichtlich der Rechte durch Art. 14 Abs. 1 GG und hinsichtlich der Pflichten nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Pflichten sind nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut von Art. 14 Abs. 2 Satz 1 GG gerade nicht auf bestimmte Herkunftsquellen bezogen. Verantwortungsgrund ist somit das Eigentum als solches. Gefahrenherde gehören unabhängig von ihrer Ursache zum Eigentum. Daher ist unbeachtlich, ob einen die Ergreifung von Maßnahmen erfordernden Zustand gerade der Eigentümer durch die Wahrnehmung seines Rechts30 oder ein Anderer hervorgerufen hat. 31 Unterstützt wird dies durch Art. 14 Abs. 2 GG als Grundlage des Verursacherprinzips in Abgrenzung zum Gemeinlastprinzip. Ohne eine Haftung des Eigentümers müsste die Allgemeinheit der Steuerzahler für die Kosten aufkommen. Ein Bezug zum Eigentum besteht insofern, als die Gefahren bzw. Störungen durch die im Eigentum stehende Sache hervorgerufen wird. Daher steht diesen Gefahren und ihrer Beseitigung der Eigentümer näher als die Gesamtheit der Steuerzahler. 32
25
VG Arnsberg, ZfB 132 (1991), 147 (151). Dazu ausführlich unter § 8B. 27 Zum Begriff unten § 8 Β. 1.1.; zur Konzeption des BVerfG vgl. § 8 Β. IV. 28 OVG Münster, OVGE5, 185 (188ff.); DrewslWackel Vogel!Martens, Gefahrenabwehr, S.320f. m.w.N. 29 Siehe oben A. 30 So die Konzeption Binders, Die polizeiliche Zustandshaftung als Gefährdungshaftungstatbestand, S.27ff. 31 Näher Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 145 ff., 254; auch VGH München, NVwZ 1986, 942; OVG Koblenz, DVB1. 1998, 103 (103). 32 VGH München, NVwZ 1986,942 im Hinblick auf Altlasten; OVG Koblenz, DVB1.1998, 103 (104) für Gefahren aus Naturereignissen, besonders Felssturz. 26
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§ 5 Die Zustandsstörer
2. § 5 Längenfelderbereinigungsgesetz im Rahmen des OBG NRW?
anwendbar
Nach § 5 Längenfelderbereinigungsgesetz haftet der Eigentümer eines Bergwerksfeldes, der sein Eigentum aufgrund der Bestimmungen des Gesetzes verliert, auch noch für diejenigen Bergschäden, die nach dem erfolgten Eigentumsübergang entstehen und durch seinen Abbau verursacht worden sind. Eine Haftung des neuen Eigentümers tritt daneben nicht ein. Daraus wird teilweise gefolgert, dass der Geviertfeldinhaber nicht für das ihm von Gesetzes wegen zugeschlagene Eigentum haftet, sondern nach wie vor noch der ursprüngliche Eigentümer des Längenfeldes. 33 Diese Bestimmung des § 5 Längenfelderbereinigungsgesetz betrifft die zivilrechtliche Haftung für Bergschadensfälle, die in § 160 Abs. 2 ABG geregelt war und wonach regelmäßig alle Ansprüche mit der Aufhebung des Bergwerkseigentums erlöschen. § 5 Längenfelderbereinigungsgesetz bildet die Ausnahme zur Regel des § 160 Abs. 2 ABG. Der neue Eigentümer soll zivilrechtlich nicht haften, weil er das Eigentum nicht aufgrund eines Rechtsgeschäfts, sondern von Gesetzes wegen erlangt hat. § 5 Längenfelderbereinigungsgesetz regelt allerdings nur diese zivilrechtliche Haftung, nicht aber die öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit. 34 Dies entspricht dem Sinn der Vorschrift, gerade einen Ausnahmetatbestand zu § 160 Abs. 2 ABG zu regeln. 35 Bereits die Verwendung der Begriffe „Haftung" und „Bergschäden" zeigt, dass es sich dabei um eine rein zivilrechtliche Regelung handelt.36 Nichts deutet darauf hin, dass die Vorschrift auch im Rahmen des Ordnungsrechts zur Anwendung kommt. I I I . Beendigung des Bergwerkseigentums und Dereliktionsverantwortlichkeit Das Bergwerkseigentum wird beendet, indem der Eigentümer einen Antrag stellt, woraufhin das Β erg Werkseigentum von der zuständigen Behörde, dem Oberbergamt, aufgehoben wird. 37 Daneben kommt auch eine vorzeitige Beendigung des Bergwerkseigentums durch Rücknahme und Widerruf in Betracht. 38 Schließlich erlischt das Β erg Werkseigentum dann, wenn die Frist abgelaufen ist, für die das Β erg Werkseigentum gem. § 16 Abs. 5 Satz 1 BBergG verliehen wurde.39 33
Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (109). VG Arnsberg, ZfB 132 (1991), 147 (150); offen gelassen durch LG Essen vom 16.11.2000 - 4 Ο 494/99, S. 21 - nicht rechtskr. 35 Ebel/Weller, Allgemeines Berggesetz, II BF 11, S.606. 36 VG Arnsberg, ZfB 132 (1991), 147 (150); VG Gelsenkirchen, ZfB 131 (1990), 59. 37 Boldt/Weller, BBergG, § 9 Rn. 6. Zum Verfahren, vgl. Boldt/Weller, BBergG, § 20 Rn. 2-8. 38 Boldt/Weller, BBergG, § 9 Rn. 6. 39 Boldt/Weller, BBergG, § 9 Rn. 6. 34
C. Anknüpfungspunkt: Bergwerksanlage
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Wird das Bergwerkseigentum durch dessen Aufgabe herrenlos, haftet weiterhin derjenige, der das Eigentum an der Sache aufgegeben hat. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 18 Abs. 3 OBG NRW. 40
C. Anknüpfungspunkt: Bergwerksanlage I. Aktuelles Eigentum Anknüpfungspunkt kann auch die Bergwerksanlage sein. Auch sie ist Ausgangspunkt der Grubengasgefahr, jedenfalls insoweit als dort an den Schächten Grubengase an die Oberfläche treten. 41 Dann haftet derjenige für die durch die Schachtanlagen entstehenden Gefahren, dem diese eigentumsrechtlich zugewiesen sind bzw. der daran ein dem Eigentumsrecht unterfallendes Nutzungsrecht 42 schuldrechtlicher bzw. dinglicher Art, etwa durch einen Erblastvertrag, innehat. Schließlich kann auch derjenige, der in sonstiger Weise die tatsächliche Gewalt über die Schachtanlage ausübt und damit Möglichkeiten zur Bannung der Gefahr hat, Zustandsverantwortlicher sein. II. Schicksal der Anlage bei Dereliktion des Bergwerkseigentums 1. Herrenlose Sachen Das Schicksal des Bergwerkseigentums und seiner wesentlichen Bestandteile richtet sich als grundstücksgleiches Recht gem. § 9 Abs. 1 HS 1 BBergG bzw. § 50 Abs. 2 ABG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts. Die Eigenschaft eines Schachtes, wesentlicher Bestandteil des Β erg Werkseigentums zu sein,43 geht nicht dadurch verloren, dass er stillgelegt wird und nicht mehr genutzt wird. 44 Gibt der Bergwerkseigentümer sein Bergwerk jedoch auf, werden die in Ausübung des Gewinnungsrechts errichteten Schächte von wesentlichen Bestandteilen des Bergwerkseigentums zu herrenlosen Sachen.45 Sie werden jedoch keine wesentlichen Bestandteile des Grundstücks, auf dem die Anlage errichtet ist, sondern Scheinbestandteil gem. § 95 Abs. 1 BGB. 46 Zustandsstörer bleibt dann gem. § 5 Abs. 3 PolG NRW bzw. § 18 Abs. 3 OBG NRW derjenige, der das Bergwerk aufgegeben hat. 40 41 42 43 44 45 46
Zur Dereliktionsverantwortlichkeit siehe unten § 6. VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000 - 8 Κ 3891/97, S. 9. Vgl. BVerfGE 89, 1 (6); krit. Depenheuer, NJW 1993, 2562. OVG Münster, ZfB 114 (1973), 429; VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000- 8 Κ 3891/97, S. 9. VG Düsseldorf, ZfB 132 (1991), 298 (299). OVG Münster, ZfB 131 (1990), 232ff. OVG Münster, ZfB 131 (1990), 232 ff.
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§ 5 Die Zustandsstörer
2. Erbbauverträge
als Ausnahme?
Eine Ausnahme hierzu gibt es auch nicht nach § 12 Abs. 3 Erbbauverordnung 47 für die wesentlichen Bestandteile des Erbbaurechts. § 12 Abs. 3 Erbbauverordnung lautet zwar: „Erlischt das Erbbaurecht, so werden die Bestandteile des Erbbaurechts Bestandteile des Grundstücks." Damit würde der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Schachtanlage errichtet ist, Zustandsstörer. 48 Insoweit würden dann die allgemeinen Begrenzungen der Eigentümerhaftung gelten.49 Nach Ansicht des OVG Münster kann diese Vorschrift aber nicht entsprechend auf die wesentlichen Bestandteile des Bergwerkseigentums angewendet werden, weil dies der Interessenlage widerspräche. 50 Das Erbbaurecht werde nämlich aufgrund einer Einigung mit dem Grundstückseigentümer bestellt. Sein wesentlicher Inhalt ist das Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (vgl. § 1 Abs. 1 Erbbau Verordnung). Eine Aufhebung kann nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers (§ 26 Erbbauverordnung) oder durch Zeitablauf (§ 27 Abs. 1 Erbbauverordnung) erfolgen. So weiß der Grundstückseigentümer, dass und wann ihm das aufgrund des Erbbaurechts errichtete Gebäude wieder zufällt. Das Bergwerkseigentum wird dagegen ohne Zustimmung des Bergwerkseigentümers begründet und letztlich auch ohne ihn aufgehoben. 51 Wäre also § 12 Abs. 3 Erbbauverordnung entsprechend anwendbar, könnte dem Grundstückseigentümer gegen seinen Willen auch das Eigentum an dem Schacht zufallen, der wirtschaftlich wertlos ist, aber zu einer ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit führt. Das gilt, zumal die Zustandsverantwortlichkeit unabhängig von den Umständen der Herkunft der durch das Eigentum mediatisierten Gefahr besteht, wie sich aus Art. 14 GG ergibt. 52 Deshalb verneint das OVG Münster die entsprechende Anwendbarkeit des § 12 Abs. 3 ErbbauVerordnung in Fällen, in denen der Grundstückseigentümer ohne seine Zustimmung mit einer ordnungsrechtlichen Zustandsverantwortlichkeit im Hinblick auf nichtverfüllte Grubenschächte konfrontiert wird. Im vorliegenden Fall ist nach hier vertretener Auffassung der Grundstückseigentümer aber ohnehin in der Pflicht, sofern die Ausgasungen an seiner Oberfläche stattfinden. Geht es nicht um die Nichtverfüllung von Grubenschächten, ist mithin der Oberflächengrundstückseigentümer neben dem (früheren) Inhaber des Bergwerkseigentums verantwortlich, da von dem einen Eigentum die Gefahr kommt, die sich auf dem anderen Eigentumsbereich manifestiert. Der Oberflächeneigentümer muss mithin nicht besonders vor an ihn zurückfallenden Volleigentumsbestandteilen geschützt werden. Da die Ausgasung auch an der Oberfläche stattfindet, ist er 47 48 49 50 51 52
Verordnung über das Erbbaurecht vom 15.1.1919, RGBl. S.72; BGBl.III S.403-6. OVG Münster, ZfB 131 (1990), 230 (233 f.). Vgl. unten § 8B. OVG Münster, ZfB 131 (1990), 230 (234). OVG Münster, ZfB 131 (1990), 230 (234). Siehe unten § 8 Β. IV.2.
D. Anknüpfungsobjekt Grubengas
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ohnehin in die Pflicht genommen. Insofern kann man argumentieren, dass dieses Schutzbedürfnis vorliegend nicht gegeben ist und dass § 12 Abs. 3 Erbbauverordnung doch eingreift. Folge des § 12 Abs. 3 Erbbauverordnung wäre indes, dass der Derelinquent von Schachtanlagen aus der Haftung fällt, da die Zustandsverantwortlichkeit nunmehr gem. § 12 Abs. 3 Erbbauverordnung auf den Oberflächeneigentümer übergeht. Damit wäre der Derelinquent der Anlage von der Haftung freigestellt. Im Interesse einer weiten Schutzkonzeption ist die Lösung zu wählen, die den ehemaligen Bergwerkseigentümer in der Haftung belässt. In der Tat entspricht der Fall der Ausgasung im Wesentlichen dem der nichtverfüllten Grubenschächten. Er unterscheidet sich nur darin, dass die Gefahr nicht auf den unmittelbaren Schachtbereich beschränkt ist und auch eine Gefahr für das übrige Oberflächeneigentum darstellt bzw. Maßnahmen auch in der Umgebung des Schachtes notwendig macht. Wegen der Ähnlichkeit der Grubengasproblematik mit der Fragestellung unzureichend verfüllter Schachtanlagen ist demnach dem Lösungsansatz des OVG Münster auch dann zu folgen, wenn der Oberflächeneigentümer bereits seinerseits aufgrund der Anknüpfung seines (Oberflächen-)Eigentums in der Pflicht steht.53 Für die sachenrechtliche Zuordnung der Schachtanlage gilt nämlich in beiden Fällen das Gleiche: Insoweit wäre es unbillig, dem Oberflächeneigentümer auch noch diesbezüglich die alleinige ZustandsVerantwortlichkeit zuzumuten. Im Ergebnis haften hier also Derelinquent und Oberflächeneigentümer nebeneinander.
D. Anknüpfungsobjekt Grubengas Auch das Gas selbst fällt unter den Sachbegriff des Ordnungsrechts. 54 Gibt es bereits einen dinglichen Verfügungsberechtigten über das Gas, ist dieser in der Pflicht. 55 In der Regel besteht zunächst kein Eigentum an dem gem. § 3 Abs. 3 BBergG bergfreien Bodenschatz Kohlenwasserstoff. 56 Auf bergfreie Bodenschätze bezieht sich das Eigentum an dem Grundstück, das über dem Gasvorkommen lagert, als Ausnahme zu § 905 BGB und der Tatsache, dass das Herrschaftsrecht des Eigentümers sich auf das Erdreich einschließlich vorhandener Hohlräume erstreckt, 57 gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 BBergG nicht. Sofern man ausschließlich das Gas als Ausgangspunkt der Gefahr sieht, wäre damit der Eigentümer von dem über der Gasquelle liegenden Grundstück nicht in der Pflicht. Treten allerdings Ausgasungen an dem betreffenden Grundstück auf, ist auch das Grundstück prinzipiell als 53
OVG Münster, ZfB 131 (1990), 230 (234). VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000-8Κ 3891/97, S. 12; Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2. Aufl. 1996, Kap. E Rn. 88. 55 Zur Haftungserweiterung auf Verleihungsberechtigte im Hinblick auf das Grubengas, VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000 - 8 Κ 3891/97, S. 12f. 56 Kühne, Rechtsfragen der Aufsuchung und Gewinnung von in Steinkohleflözen beisitzendem Methangas, S. 32. 57 BGH, WM 1981, 129. 54
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§ 5 Die Zustandsstörer
gefährliche Sache im Sinne von § 18 OBG NRW anzusehen, da auch von dieser Sache eine Gefahr „ausgeht", wie Absatz 1 der Vorschrift fordert. 58 Das VG Gelsenkirchen 59 hat auch das jeweilige Land selbst als möglichen Zustandsverantwortlichen in Betracht gezogen. Zwar sei das Land nicht Eigentümer des Grubengases, jedoch in einer Rechtsposition, die es ihm erlaube, wie der Eigentümer frei über das Grubengas zu verfügen und über die Förderabgabe einen Gewinn abzuschöpfen. 60 Dass das staatliche Verleihrecht an dem Methangas im konkreten Fall beim Land Nordrhein-Westfalen lag, folgt für das VG Gelsenkirchen hier aus § 1 Abs. 2 der Preußischen ErdölV. Gem. §§ 3 Abs. 3, 149 Abs. 1 c) BBergG bestimmt sich das Verfügungsrecht aber grundsätzlich nach dem ABG, weil der Erwerb des Β erg Werkseigentums in den 70er Jahren, d. h. vor dem InKraft-Treten des Bundesberggesetzes am 1.1.1982 stattfand, und von der zuständigen Behörde bestätigt wurde. Nach §§ 1 f. ABG fiele damit das Methangas dem Grundstückseigentümer zu, es sei denn, man sieht wie das VG Gelsenkirchen 61 in § 1 Abs. 2 der Preußischen ErdölV eine Spezialnorm. Nach dieser Norm unterfällt „Erdgas" dem Staatsvorbehalt. Das VG Gelsenkirchen ordnet auch Grubengas unter die Kategorie „Erdgas" dieser Vorschrift. 62 Daher kann nach Ansicht des VG Gelsenkirchen auch der staatliche Verleihungsberechtigte zustandsverantwortlich sein.63 Dem muss aber entgegen gehalten werden, dass auch dann, wenn man Grubengas dem § 1 Abs. 2 der Preußischen ErdölV unterstellt, der Staat eine QuasiVerfügungsberechtigung nur über solches Grubengas haben konnte, das auch nutzungsfähiges Grubengas im Sinne dieser Vorschrift war. Dies gilt offensichtlich nicht für austretendes Grubengas, dessen Austritt durch Bergbautätigkeit verursacht worden ist. Dieses Gas entzieht sich gerade einer eventuellen Verfügungsberechtigung des Verleihungsberechtigten. In der Pflicht kann auch derjenige sein, der gem. § 9 BBergG Β erg Werkseigentum innehat und für dessen Bergwerkseigentum sich auch Aneignungsrechte an dem Grubengas anschließen. So können auch Bewilligungsinhaber nach § 8 BBergG, die das ausdrückliche Recht haben, die auftretenden Gase als Bodenschätze zu erwerben, gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 BBergG das Recht haben, das Eigentum an den Gasen zu erwerben. Diese Konstellation wird im Stadium der Gefahrentstehung allerdings selten gegeben sein, da zu diesem Zeitpunkt wieder ein Betriebsplanregime - und zwar im Hinblick auf den Gasabbau - greift, so dass ordnungsrechtlichen Fragestellungen in diesem Rahmen zu begegnen ist. 64 58
Zum Grundstück als Anknüpfungspunkt siehe unten E. VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000- 8 Κ 3891/97, S. 12f. 60 VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000 - 8 Κ 3891/97, S. 12. 61 VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000 - 8 Κ 3891/97, S. 12. 62 Näher VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000 - 8 Κ 3891/97, S. 12. « VG Gelsenkirchen vom 8.9.2000- 8Κ 3891/97, S. 12f. 64 Vgl. oben § 1D. 59
E. Anknüpfungsobjekt Grundstück
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Schließlich könnte auch die (aktuell existente) Berechtigung zum Abbau der Steinkohle eine ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit für das Grubengas begründen. Eine solche theoretische Konstellation ist insbesondere dann zumindest denkbar, wenn die Bergbauberechtigung auf Steinkohle automatisch eine Mitberechtigung auf das CH4-Gas einräumt, wenn mithin durch das Gewinnungsrecht ein „Mitgewinnungsrecht von Gesetzes wegen"65 für das Gas als Bodenschatz im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 1 3. Gruppe BBergG besteht.66 Dann müsste das Grubengas ein Gas sein, das im Zusammenhang mit der Gewinnung von Stein- und Braunkohle auftritt. Diese mögliche Klassifizierung wird allerdings auch abgelehnt und das Grubengas ausschließlich der 2. Gruppe des § 3 Abs. 3 Satz 1 BBergG zugeschlagen, so dass eine Berechtigung zur Mitgewinnung ausschließlich über § 42 BBergG erfolgen kann. 67 Die Klassifizierung des Grubengases kann aber dahingestellt bleiben, da dieses der 3. Gruppe des § 3 Abs. 3 Satz 1 BBergG nur im Rahmen eines engen Betriebszusammenhanges bezüglich der Kohlegewinnung unterfallen kann.68 Allenfalls wenn die Gasgewinnung eine mit der Kohlegewinnung unmittelbar zusammenhängende Entgasungstechnik darstellt, wäre das Grubengas von der Kohleberechtigung mitumfasst. Da dann der Steinkohleberechtigte aber zugleich Verursacher der Gasgefahr ist, 69 muss eine solche Konstruktion nicht bemüht werden, zumal auch wegen der zeitlichen Abbaunähe hier ebenfalls regelmäßig ein Betriebsplanregime gegeben sein wird, das die ordnungsrechtlichen Regeln im Grundsatz verdrängt. 70 Was eine Inhaberschaft der tatsächlichen Gewalt über das Gas betrifft, wird diese regelmäßig erst dann vorliegen, wenn das Gas abgesaugt worden ist und keine Gefahr mehr darstellt. Daraus ergibt sich deshalb schon vom Grunde her keine ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit.
E. Anknüpfungsobjekt Grundstück Die Gefahr geht aber auch vom Grundstück an sich aus, von dem das Grubengas aus dem Boden austritt. Sieht man das Grundstück als gefahrträchtig an, von dem Gas an die Erdoberfläche strömt, stehen potenziell auch der Eigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt, vielfach der einfache Mieter oder der Pächter, in der Verantwortung. Schließlich unterfällt nach dem Bundesverfassungsgericht auch eigentumsähnlich ausgestalteter Nutzungsbesitz dem Eigentumsgrundrecht, 71 so dass 65
Franke, RdE 1994, 1 (4). Franke, RdE 1994,1; krit. Kühne, Rechtsfragen der Aufsuchung und Gewinnung von in Steinkohleflözen beisitzendem Methangas, S.20ff. 67 Kühne, Rechtsfragen der Aufsuchung und Gewinnung von in Steinkohleflözen beisitzendem Methangas, S.20ff., insbesondere 28 ff. 68 Franke, RdE 1994, 1 (5). 69 Zum Verursacher § 4. 70 Siehe oben §1 D.I. 71 Für die Miete BVerfGE 89, 1 (6). Krit. Depenheuer, NJW 1993, 2561 ff. Erweiternd auf die Pacht Frenz, VerwArch. 90 (1999), 208 (228 f.). 66
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§ 5 Die Zustandsstörer
insofern bereits ein Haftungsgrund mit seinen spezifischen eigentumsrechtlichen Konsequenzen vorliegt. Die Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers gilt dort als besonders unbillig, wo der Eigentümer selbst Opfer der Gefahr geworden ist, für deren Entstehung er weder etwas konnte noch davon wusste.72 Dieser Fall könnte hier dann anzunehmen sein, wenn das Grubengas unabhängig von den Einwirkungsmöglichkeiten des Grundstückseigentümers oder -besitzers gefährlich wird. In diesem Fall kann nach verbreiteter Ansicht das Vorliegen einer sogenannten Opferposition 73 dazu führen, dass der Zustandsverantwortliche nicht oder nur in begrenztem Umfang herangezogen werden kann. 74
72 Speziell zur Problematik der Wohngrundstückseigentümer Breuer, DVB1. 1994, 890 (894). 73 Grundlegend Friauf\ in: Festschrift für Wacke, S. 293 (301 ff.). Unter Bezugnahme auf Art. 14 Abs. 2 GG Papier, DVB1.1985, 873 (878); Hohmann, DVB1.1984,997 (1000); Kloepfer, NuR 1987, 7 (17); ohne Bezug auf Art. 14 GG im Ansatz auch BVerwG, DÖV 1991,428. Allgemein für von außen kommende Veränderungen einer Sache unter Nutzen- und Risikoaspekten Pietzcker, DVB1. 1984, 457 (463); im Anschluß an ihn Schink, DVB1. 1986, 161 (170); generell zurückhaltend gegenüber den genannten Begrenzungen Drews/Wacke/Vogelf Martens, Gefahrenabwehr, S.320ff. 74 Ausführlich unten § 8 B.
§ 6 Der Derelinquent Λ. Die Aufgabe des Eigentums Der Derelinquent ist in fast allen landesrechtlichen Gesetzen mit Ausnahme von Baden-Württemberg und Sachsen in die Pflicht genommen. Dies gilt auch für Nordrhein-Westfalen. Dies ergibt sich dort - wie bereits angesprochen - aus § 18 Abs. 3 OBG NRW.1
B. Inanspruchnahme des Gesamtrechtsnachfolgers des Derelinquenten? Die Frage, ob die im Bergrecht sehr relevante Verantwortung des Derelinquenten auch rechtsnachfolgefähig ist, spielt nur dann eine Rolle, wenn der Derelinquent selbst keinen Verursachungsbeitrag geliefert hat, der unmittelbar bzw. nach der Theorie der Überschreitung der Risikosphäre zu der durch die Grubengase ausgelösten Gefahr geführt hat. Dann ist der Rechtsnachfolger dieser Person bereits Rechtsnachfolger des Verursachers und kann aus diesem Grund in Anspruch genommen werden.2 Wegen des besonderen Ausnahmecharakters der Dereliktionsverantwortlichkeit ist diese hingegen weder im Bundes-Bodenschutzgesetz noch im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht nachfolgefähig. Im Rahmen des Polizeirechts ist zwar grundsätzlich eine Rechtsnachfolge dann denkbar, wenn eine materielle Gefahrbeseitigungspflicht entstanden ist und diese mittels einer Übertragungsnorm auf den Rechtsnachfolger des Pflichtigen übergeht.3 Die Dereliktionshaftung ist aber durch deren Haftungsgrund im Grundsatz begrenzt.4 Wenn sich aber für das verlassene Grundstück oder die verlassene Anlage ein neuer Zustandsstörer findet, ist dieser aktuelle Zustandsstörer vorrangiges Zugriffssubjekt für die Behörde. 1
Siehe oben §5 C.II. Vgl. dazu §4. 3 Vgl. oben §4D.; Dietlein, Nachfolge im Öffentlichen Recht, S.276, betont in diesem Zusammenhang insbesondere die Nachfolge in die (wenn auch konkretisierte) Polizeipflicht des „Nichtstörers"; vgl. BVerwGE 3, 208. 4 Die Haftung besteht aber nur solange, wie der Derelinquent noch als derjenige angesehen werden kann, der zum Eigentum bzw. der Inhaberschaft der Sache noch am nächsten steht. Gibt es einen neuen Zustandsstörer, soll dieser vorrangig heranzuziehen sein. Mit Begründung eines neuen Eigentumsverhältnisses durch einen neuen Vollrechtsinhaber muss die abgeleitete und subsidiäre Derelinquentenhaftung zwangsläufig erlöschen, Kahl, DV 33 (2000), 29 (54). 2
6 Frenz
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§ 6 Der Derelinquent
Dies ergibt sich in Nordrhein-Westfalen daraus, dass in § 18 Abs. 3 OBG, § 5 Abs. 3 PolG NRW wie auch in § 5 Abs. 3 des Musterentwurfs eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder (MEPolG) Voraussetzung der Dereliktionshaftung die „Herrenlosigkeit" der Sache ist. Der Derelinquent soll dann, wenn die Sache nicht mehr „herrenlos" ist, nicht mehr herangezogen werden können. Mit der Heranziehbarkeit eines neuen Zustandsstörers fällt nämlich der besondere Rechtfertigungsgrund für eine verlängerte Zustandshaftung weg.5 Die Dereliktionsverantwortlichkeit besteht, angeknüpft an die Zustandsverantwortlichkeit, um einem Missbrauch durch die Eigentumsaufgabe vorzubeugen. Dies ist Haftungszweck, der zugleich diesen Zweck der Dereliktionsverantwortlichkeit begrenzt. Dieser besondere materielle Haftungsgrund des Verantwortlichen, der keinen aktuellen Bezug zum Eigentum hat, wird vom Bundesverfassungsgericht dadurch hervorgehoben, dass es den legitimierenden Grund für die Inanspruchnahme des Zustandsstörers zunächst in der durch die Sachherrschaft vermittelten Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache und die damit verbundene aktuelle Nutzungsmöglichkeit sieht.6 Daher darf eine sächlich begründete Haftung grundsätzlich nur solange gegeben sein, als die eigentumsrechtliche Zuordnung besteht. Strenggenommen handelt es sich bei der Dereliktionsverantwortlichkeit nicht um einen eigenen Typus der materiellen Ordnungspflicht, sondern nur um ein „Anhängsel" an die Zustandshaftung. Sie ist damit selbst nicht perpetuierbar.
5 6
Droese, UPR 1999, 86 (90); Kahl, DV 33 (2000), 29 (54).; Droese, UPR 1999, 86 (90). BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1277).
§ 7 Behördliche Durchsetzung der Haftung A. Auswahl der Störer Zentrales Problem ist die konkrete Auswahl des Heranzuziehenden. Bei einer Vielzahl von Verantwortlichen stellt sich die Frage, welcher von diesen konkret heranzuziehen und wie mithin das Auswahlermessen1 hinsichtlich der Störer auszuüben ist. Die behördliche Störerauswahl ist eine Frage des pflichtgemäßen Ermessens.2 Seine Ausübung richtet sich gem. §40 VwVfG zunächst nach dem Zweck der Ermessensermächtigung, mithin nach dem Zweck der ordnungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen. In erster Linie spielt daher eine effektive Gefahrbeseitigung eine Rolle. Entscheidend ist, dass die Gefahr schnell und umfassend gebannt werden kann. Teilweise wird im Ordnungsrecht 3 und auch im Bergrecht 4 der Vorrang der Verhaltensverantwortlichkeit und der Nachrang der Zustandsverantwortlichkeit bejaht. Eine solche Stufung stößt aber auf Schwierigkeiten, jedenfalls sofern es wie im Altlastenrecht an der finanziellen Leistungsfähigkeit mangelt. Im Bereich der Grubengase werden aber vielfach eher dem Grundstückseigentümer die finanziellen Mittel fehlen als dem Bergbauunternehmen. Bei lange Zeit stillgelegten Bergbaubetrieben kann freilich der Fall eintreten, dass der Verursacher überhaupt nicht mehr fassbar ist und auch keine greifbaren Gesamtrechtsnachfolger hat. Aber gerade in eindeutigen Fällen liegt es nahe, denjenigen heranzuziehen, der die Gefahr verursacht hat.5 Bei mehreren Mitverursachern kann sich die Bergbehörde an denjenigen halten, dessen Mitverursachung am sichersten nachweisbar ist.6 Dies gilt dann, wenn eine schnelle und effektive Gefahrenabwehr nicht in Frage gestellt wird. 7 Wird bei Insolvenz oder Unauffindbarkeit des Verursachers der Zustandsstörer nicht herangezogen, bleibt die Last auf dem Fiskus ruhen. Jedenfalls dann kann ein 1
§ 3 PolG NRW bzw. § 16 OBG NRW. Piens/Schulte!Graf Vitzthum, BBergG, §71 Rn.25; D rew sIWackel Vogel!Martens, renabwehr, S. 302; Papier, Altlasten und polizeirechtliche Störerhaftung, S.69; a. A. Knemeyer, VVDStRL 35 (1977), 221 (248 mit Fn.81): ausschließlich Problem des geringstmöglichen Eingriffs. 3 Gantner, Verursachung und Zurechnung im Recht der Gefahrenabwehr, S. 21 Off.; auch Schwerdtner, NVwZ 1992, 141 (142f.). 4 Kirchneri Kremer, ZfB 131 (1990), 5; Beckmann, ZfB 133 (1992), 120 (124). 5 Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, §71 Rn.25. 6 VG Arnsberg, ZfB 123 (1982), 112 (117). 7 BGH, DÖV 1981, 843. 2
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Gefah-
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§ 7 Behördliche Durchsetzung der Haftung
Vorrang der Haftung des (handelnden) Verursachers mit der Konsequenz einer Nichtinanspruchnahme des Zustandsstörers grundsätzlich nicht bestehen,8 bestimmt doch Art. 14 Abs. 2 GG eine private Verantwortung. 9 Wie sich ansonsten etwa die Auswahl zwischen der noch aktiv bewirtschaftenden Gesellschaft als Zustandsstörerin und der ursprünglich verursachenden Gesellschaft als Handlungsstörerin gestaltet und ob dabei vorrangig der Handlungsverantwortliche in die Pflicht zu nehmen ist, kann daher nur für den konkreten Einzelfall beantwortet werden.
B. Nachforderungsrecht der Behörde Die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit der erstbetreibenden bergrechtlichen Gewerkschaft ist nach Ansicht des OVG Münster 10 nicht deshalb entfallen, weil sie einer früheren Ordnungsverfügung der Bergbehörde, die Schächte zu verfüllen, nachgekommen ist und diese Arbeiten von der Bergbehörde abgenommen worden sind. Eine einmal durch Betriebshandlungen begründete Störereigenschaft des Bergbaubetreibenden entfällt mit der Durchführung von Maßnahmen zur Gefahrabwehr nicht. Dieser Verursachungsbeitrag wurde dadurch nicht beseitigt, der Haftungsgrund existiert fort. Dass noch Gefahren bestehen, zeigt die fortbestehende Erforderlichkeit von Gegenmaßnahmen. Es bleibt die Anordnung weiterer Maßnahmen zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist. 11 Dem Bergbautreibenden kann aus diesem Grund auch eine wiederholte Gefahrbeseitigung aufgegeben werden, wenn die durch seine Betriebshandlungen gesetzte Gefahrenursache erneut gefährliche Folgen hervorbringt. Die Erfüllung einer der Gefahrenabwehr dienenden bergrechtlichen Anordnung kann also nicht die Ordnungspflicht als solche zum Erlöschen bringen. Ebenso wenig kann die Bergbaubehörde den Bergbautreibenden aus seiner Verantwortlichkeit als Störer entlassen, indem sie die von ihm durchgeführten Maßnahmen abnimmt und so zu erkennen gibt, dass sie den Zweck ihrer Anordnung als erfüllt ansieht.12
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Siehe BVerwGE 106, 43; bereits VGH München, DÖV 1986, 976 (978); VGH Kassel, UPR 1986, 437 (439); VGH Mannheim, DVB1. 1990, 1046; auch Spannowsky, DVB1. 1994, 560 (562); vgl. Kohler-Gehrig, NVwZ 1992, 1049 (1049f.). 9 Siehe VGH München, NVwZ 1986,942; OVG Koblenz, DVB1.1998,103 (103); ausführlich Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 145 ff. 10 OVG Münster, UPR 1984, 279 (280) = ZfB 125 (1984), 367 (375). 11 Vgl. auch §15 Abs. 3 OBG. 12 OVG Münster, UPR 1984, 279 (280) = ZfB 125 (1984), 367 (374ff.).
C. Duldungs- und Mitwirkungspflichten
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C. Duldungs- und Mitwirkungspflichten I. Bergwerks- und Grundstückseigentümer Schließlich muss auch der Bergwerkseigentümer Maßnahmen zur Bannung der Gefahr dulden, selbst wenn er nicht selbst zur Beseitigung der Gefahr herangezogen wird. Duldungspflichten des Grundstückseigentümers werden offensichtlich vom Bergrecht vorausgesetzt bzw. unterstellt. 13 Ohne die Pflicht etwa des Oberflächeneigentümers, den untertägigen Abbau zu dulden, wäre das Gewinnungsrecht seiner Wirksamkeit beraubt. 14 Duldungspflichten sind dem Bergrecht immanent, obgleich es explizit keine Vorschrift enthält, in der ausdrücklich das Duldungsrecht des Oberflächeneigentümers begründet ist. 15 Es besteht aber eine immanente Duldungspflicht des Oberflächeneigentümers, was sich bereits aus § 114 Abs. 2 Nr. 3 BBergG ergibt. 16 Auch im Rahmen der durchzuführenden ordnungsrechtlichen Maßnahmen kommen Pflichten zur Duldung der Maßnahmen in Betracht; gegebenenfalls kann der Dritte auch zur Mitwirkung verpflichtet werden. Dies gilt insbesondere für die Eigentümer der Grundstücke, von denen das Methan ausgast. Eigentümern können bereits Duldungspflichten in ihrer Eigenschaft als Zustandsstörer auferlegt werden. 17 Die Duldungsmaßnahmen werden für den Betroffenen keine zu kostenintensive Maßnahme darstellen, so dass eine Beschränkung der Zustandsstörereigenschaft 18 insofern nicht in Betracht kommen wird. Scheidet eine Zustandsstörerschaft aus, weil etwa Nachbargrundstücke betroffen sind, von denen nicht selbst Ausgasungen ausgehen, kommen Duldungs- und gegebenenfalls Mitwirkungspflichten nur unter den erhöhten Voraussetzungen der Notstandsinanspruchnahme gem. § 19 OBG NRW in Betracht. Bei der Inanspruchnahme eines Oberflächeneigentümers, der nicht selbst Störer ist, wird dem Gebot des mildesten Eingriffs jedenfalls dann Rechnung getragen, wenn von diesem lediglich die Duldung der Gefahrbeseitigungsmaßnahmen verlangt wird. II. Beeinflussung fremder Gewinnung von Bodenschätzen Die Abwehrmaßnahmen können auch mit der Methangas- bzw. allgemein mit der Bodenschatzgewinnung Dritter interferieren. Sofern die Dritten selbst als Störer in Betracht kommen, können sie zur Duldung nach den Regeln der Störerinanspruchnahme herangezogen werden. Sofern sie nicht als Störer in Betracht kommen, müs13
Boldt/Weller, BBergG, § 8 Rn. 8; Knöchel, ZfB 140 (1999), 224 (225f.). BGH, ZfB 99 (1958), 216 in Anschluss an die st. Rspr. des RG, RGZ 30,231; RG, ZfB 52 (1911), 526; ZfB 61 (1920), 226. 15 Knöchel, ZfB 140 (1999), 224 (225). 16 Knöchel, ZfB 140 (1999), 224 (225). 17 Zum Zustandsstörer siehe oben § 5. 18 Siehe unten § 8B. 14
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§ 7 Behördliche Durchsetzung der Haftung
sen auch sie unter den erhöhten Voraussetzungen der Notstandsinanspruchnahme nach § 19 OBG NRW in die Pflicht genommen werden. Die Notstandsinanspruchnahme setzt dabei eine besondere zeitliche Nähe der Gefahr voraus. Die Abwehr der Gefahr bzw. deren Beseitigung darf nicht durch Maßnahmen (ausschließlich) gegenüber einem Störer möglich sein. Die Polizei- und Ordnungsbehörden dürfen zudem nicht in der Lage sein, selbst oder durch Beauftragte die Gefahr rechtzeitig abzuwehren.19 Schließlich muss die Inanspruchnahme ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten erfolgen können.20 Sofern diese Voraussetzungen gegeben sind, ist eine Inanspruchnahme als Nichtstörer möglich. Dann allerdings besteht gegen den Staat ein Rückgriffsanspruch nach § 39 Abs. 1 OBG NRW. Schäden im Rahmen der ordnungsbehördlichen Maßnahme sind dem Nichtstörer zu ersetzen.
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Siehe oben V. Schenke, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, II Rn. 191 ff.
§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit Schließlich stellt sich die Frage, ob die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit der Störer immer unbegrenzt besteht. Stets steht die polizeiliche Inanspruchnahme jedenfalls unter dem Vorbehalt des rechtsstaatlichen Obermaßverbots. 1 Darüber hinaus besteht insbesondere beim Zustandsverantwortlichen, der die Gefahr nicht selbst verursacht hat, das Bedürfnis, dessen Haftung mit grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Grundsätzen in Einklang zu bringen. Tiefergehend stellt sich die Frage, ob solche Begrenzungen der Zustandsverantwortlichkeit auch auf den Derelinquenten übertragbar sind. Von besonderer Bedeutung bei bergrechtlichen Problemlagen ist weiter, ob die Zulassung von Betriebsplänen bzw. bei stillgelegten Bergwerken insbesondere die Zulassung des Abschlussbetriebsplans die Verursachung von Gefahren ex tunc legalisiert, so dass eine behördliche Inanspruchnahme dieser Verursacher nicht mehr möglich ist. Da die Grubengasproblematik Verursachungen betrifft, die teilweise mehrere Jahrzehnte zurückliegen können, ist letztlich auch zu überlegen, ob die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit zeitlichen Grenzen unterliegt. Zu denken ist hier insbesondere sowohl an die Verwirkung als auch an die Verjährung der Ordnungspflicht bzw. des behördlichen Gefahrbeseitigungsanspruchs.
A. Das Übermaßverbot Eine allgemeine Grenze der Inanspruchnahme bildet das Übermaßverbot als verfassungsabgeleitetes Prinzip. 2 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzt sowohl die Inanspruchnahme als solche wie auch deren Maß. Eine besondere Rolle spielt er bei der Inanspruchnahme des Zustandsstörers, der für eine von außerhalb seines Risikobereiches kommende Gefahr haften muss.3 Die Verhältnismäßigkeit kann auch dann die Inanspruchnahme begrenzen, wenn diese deshalb unbillig ist, weil seit der Entdeckung der Gefahr 4 bzw. seit ihrer Verursachung 5 ein langer Zeitraum verstrichen ist.
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Dazu sogleich unter A. BVerfGE 53,135 (145 f.); 67,157 (177); 68, 193 (219); 90, 145 (172). Siehe sogleich unter B. Siehe unten E.IV. Siehe unten E. V.
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§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit
B. „Opferposition" des Zustandsstörers I. Hintergrund 1. Begrenzungsüberlegungen Als Beschränkung der Zustandsstörerhaftung wird eine sogenannte „Opferposition" diskutiert. 6 Diese kann für den Zustandsstörer Konsequenzen im Hinblick auf die Inanspruchnahme haben.7 Zahlreiche Stimmen in der Literatur und auch die Rechtsprechung verneinen mithin eine Zustandshaftung bei Vorhandensein einer „Opferposition". 8 Mit Beschluss vom 16.2.2000 hat sich das Bundesverfassungsgericht zur Möglichkeit der Begrenzung der Zustandsverantwortlichkeit geäußert.9 Es sieht ebenfalls die Möglichkeit der Begrenzung der Zustandsverantwortlichkeit, anknüpfend an eine „Opferposition" wegen „Unzumutbarkeit" der Inanspruchnahme, vor, verlegt aber die Begrenzung auf die Inanspruchnahme des Zustandsstörers auf die kostenrechtliche Sekundärebene.10 Eine ähnliche Position, wenngleich nicht unter dem Stich wort der „Opferposition", vertritt der Verfasser im Altlastenrecht. 11 Nach der Konzeption des Bundesverfassungsgerichts ist die Verhältnismäßigkeit das geeignete Korrektiv, außerhalb des Eigentums stehende Gesichtspunkte zu berücksichtigen, wenn auch wohl nicht ausschließlich: Das Bundesverfassungsgericht betont nur die „besondere Bedeutung" der Verhältnismäßigkeit. 12 Eine Begrenzung der Zustandsverantwortlichkeit kann vorliegend bei dem Grundstückseigentümer in Frage kommen, bei dem das Grubengas austritt; der Grundsatz wird aber grundsätzlich auch für das Bergwerkseigentum diskutiert. 13 Voraussetzung ist aber zunächst, dass der Bezug zum Zustand der Sache noch aktuell ist. 14 Ob sich die gefundenen Begrenzungen dann auch auf das aufgegebene Eigentum übertragen lassen ist gesondert zu behandeln.15 6
Vgl. den Überblick bei F. Kirchhof \ in: Freundesgabe für Oppermann, S.639 (640ff.). Einschränkend wegen der Verantwortungszuweisung nach Art. 14 Abs. 2 GG Frenz, VerwArch. 90 (1999), 208 (226f.). 8 Grundlegend Friauf in: Festschrift für Wacke, 1972, S.293 (301 ff.). Unter Bezugnahme auf Art. 14 Abs. 2 GG, Papier, DVB1. 1985, 873 (878); Hohmann, DVB1. 1984, 997 (1000); Kloepfer, NuR 1987, 7 (17); ohne Bezug auf Art. 14 GG im Ansatz auch BVerwG, DÖV 1991, 428. Allgemein für von außen kommende Veränderungen einer Sache unter Nutzen- und Risikoaspekten Pietzcker, DVB1. 1984, 457 (463); im Anschluß an ihn Schink,, DVB1. 1986, 161 (170); generell zurückhaltend gegenüber den genannten Begrenzungen Drews/Wacke/Vogell Martens, Gefahrenabwehr, S. 320ff. 9 DVB1. 2000, 1275. 10 BVerfG, DVB1. 2000, 1275. 11 Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 2 Rn. 43 ff. 12 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1277). 13 Kremer, ZfB 132 (1991) 151 f.; Knöchel, in: Frenz/Preuße, Spätfolgen des Bergbaus, S. 103 (109). 14 BVerfG, DVB1. 2000, 1275. 15 Siehe C. 7
Β. „Opferposition" des Zustandsstörers
2. Der Zustandst er antwortliche, der zugleich Verursacher
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ist
Weitere Voraussetzung eines Begrenzungsansatzes ist, dass der Zustandsstörer nicht bereits Verursacher der Gefahr ist. Dann nämlich kommt die Gefahr aus seiner Risikosphäre. Eine „Opferposition" ist dann nicht denkbar.16 Auch in diesem Zusammenhang aus Art. 14 GG abgeleitete Eigentumsgarantien können nicht greifen, da die Verantwortlichkeit nicht alleine aus Art. 14 GG folgt, sondern bereits aus der Verursachereigenschaft des Handlungsstörers. 17 II. Entfallen der Möglichkeit privatnütziger Verwendung des Grundstücks bzw. des Bergbaueigentums Der Eigentümer könnte dann nicht für Aufwendungen zur Beseitigung von Gefährdungen aufkommen müssen, wenn sie nicht der privatnützigen Verwendung des Eigentums entspringen.18 Danach könnte für denjenigen Eigentümer, der nicht als Bergwerks- oder Oberflächeneigentümer private Vorteile wie den Abbau von Bodenschätzen aus dem Eigentum gezogen hat, kein Haftungsgrund bestehen. Eine Heranziehung des Grundstücks- bzw. Bergwerkseigentümers, dessen privatnützige Verwendung die Grenzen der Gemeinwohlverträglichkeit nicht überschreitet und deshalb nicht in die Schranken der sozialen Verträglichkeit verwiesen werden muss, scheint die Privatnützigkeit des Eigentums auszuhöhlen.19 Voraussetzung hierfür könnte indes sein, dass der Eigentümer erst einmal privatnützig gehandelt hat. Dies wäre dann die Basis dafür, dass Pflichten nach Art. 14 Abs. 2 GG entstehen. Diese könnten mithin nicht unabhängig von einer privatnützigen Verwendung und damit nicht durch Einwirkungen von außen entstehen. Dagegen spricht aber die Entstehungsgeschichte des Art. 14 GG 2 0 und die Tatsache, dass das Recht des Art. 14 Abs. 1 einen von Art. 14 Abs. 2 GG verschiedenen Regelungsgehalt und eine sich daran zeigende Eigenständigkeit aufweist. Sie beschränkt ihn nicht auf eine lediglich den Inhalt des Eigentumsrechts mitprägende Bedeutung.21 Daher kann Art. 14 Abs. 1 GG auch nicht die Voraussetzung dafür sein, um zur Verpflichtung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG zu gelangen. Diese kann mithin nicht allein durch den privatnützigen Gebrauch des Eigentums ausgelöst werden, 16 Vgl. §25 Abs.2 Satz 1 BBodSchG-E, auf dessen Kriterien das BVerfG, DVB1.2000,1275 zurückgreift. 17 Siehe oben § 3. 18 Kloepfer, NuR 1987, 7(17). 19 Papier, DVB1. 1985, 873 (878); ders., NVwZ 1986, 256 (261). 20 Siehe JöR I n . F. 1, 147. 21 Badura, in: Βenda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 10 Rn.24; Breuer, Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, S. 42; von Brünneck, Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, S. 393; Bryde, in: von Münch/Kunig, GG Bd. 1, Art. 14 Rn. 69; Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 144f.; Kimminich, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 14 Rn. 165 f.
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§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit
sondern auch durch davon unabhängige, ihm gerade zuwiderlaufende Ereignisse, die das Eigentum als solches treffen. Und selbst wenn man die Eigentumspflicht nach Art. 14 Abs. 2 GG in Art. 14 Abs. 1 GG eingebunden sieht, sie lediglich als Maßgabe für den Gesetzgeber zur Bestimmung von Inhalt und Schwanken des Eigentums einstuft, 22 so wird doch immerhin das Eigentumsrecht von ihr mitgeprägt. Wird auf diese Weise das Eigentumsrecht von der parallel dazu bestehenden Pflicht beeinflusst, so kann diese Prägung schwerlich ausschließlich dann ausgelöst werden, wenn ein Vorgang betroffen ist, der aus dem Eigentumsrecht fließt. Dadurch würde der Inhalt der Eigentumspflicht durch das Eigentumsrecht vorgefiltert, so dass Art. 14 Abs. 2 GG nur bei a priori im Rahmen des Eigentumsrechts befindlichen Vorgängen wirken könnte und darüber hinaus seine das Eigentumsrecht prägende Bedeutung verlöre. Eine solche Beschränkung geht indes aus Art. 14 Abs. 2 GG gerade nicht hervor. Der Satz „Eigentum verpflichtet" enthält keine Begrenzung dahin, dass der Grund der Verpflichtung in einem privatnützigen Vorgang gelegen haben muss. Daher können auch dann aus der Eigentumspflicht dem Eigentumsrecht an sich widersprechende Elemente herangetragen werden, wenn sie aus der privatnützigen Verwendung des Eigentums fremden Vorgängen erwachsen. Das Eigentum kann somit gerade durch der privatnützigen Verwendung fremde Bestandteile belastet werden. Eine die Zustandshaftung prinzipiell ausschließende „Opferposition" ist Art. 14 GG mithin nicht generell entnehmbar, da Art. 14 Abs. 2 GG umfassend und generell dem Eigentümer Pflichten zuweist. I I I . Von Art. 14 Abs. I GG garantierter Eigentumssockel 1. Verfassungsrechtliche
Eigentums garantie
Jedoch ergibt sich aus Art. 14 Abs. 1 GG eine dem Eigentümer zu verbleibende eigentumsrechtliche Mindestgrenze bzw. eine Höchstgrenze ordnungsrechtlicher Inanspruchnahme. In der Regel sind Gefahrbeseitigungsmaßnahmen, wie sie hier zur Rede stehen, mit hohen Kosten verbunden. Aufgrund von Art. 14 Abs. 1 GG ausgeschlossen ist ein solcher Kostenaufwand, der die Möglichkeit der privatnützigen Verwendung des Grundstücks entfallen lässt.23 Der Eigentümer darf also durch die Kostenlast nicht erdrückt werden. Ein solches Erdrosselungsverbot 24 wird als nur „theoretische Schranke" 25 eingestuft, die bislang leerlief. 26 Diese Mindestgrenze prüft das Bundesverwaltungsgericht bei der Frage der Kostenlast für nicht selbst ab22
Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (227); Gassner, NVwZ 1982, 165 (167); Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn.250; Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S.295ff. m.w.N. 23 BVerwGE 106, 43 (50f.). 24 Siehe etwa BVerfGE 87,153 (169); 78, 232 (243,245); 70, 219 (230); 63, 312 (327); 38, 61 (85 f.); 16, 147 (161); auch OVG Lüneburg, NVwZ 1989, 591 (592). 25 Für das Steuerrecht Leisner, NJW 1995, 2591 (2592); Arndt/Schumacher, AöR 118 (1993), 513 (584 ff.). 26 Leisner, NJW 1995, 2591 (2591).
Β. „Opferposition" des Zustandsstörers
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gelagerte Abfälle denn auch nicht näher. Demgegenüber verlegt das Bundesverfassungsgericht 28 die Frage der Beschränkung im Wesentlichen auf den Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit, leitet mithin die Frage der verfassungsrechtlich gegebenen Begrenzung nicht unmittelbar aus Art. 14 GG ab. 2. Verkehrswertgrenze Als Grenze der Inanspruchnahme des Zustandsstörers kommt der Grundstückswert bzw. der Wert des Bergbaueigentums in Frage. 29 So ging der Regierungsentwurf des Bundes-Bodenschutzgesetzes vom Verkehrswert des Grundstücks im Sinne von § 194 BauGB als Grenze der Inanspruchnahme des Eigentümers aus.30 Im Rahmen des Altlastenrechts führte dies bei einem sanierungsbedürftigen Grundstück allerdings dazu, dass die Grenze der Inanspruchnahme bei der Sanierungspflicht um so schneller erreicht wäre, je sanierungsbedürftiger ein Grundstück wäre. Danach bildete sich ein im Hinblick auf den Gesetzeszweck des Bodenschutzgesetzes fataler Teufelskreis heraus. Der Zustandsstörer wäre praktisch von seiner Sanierungspflicht befreit, wenn das Grundstück aufgrund seines Sanierungsbedarfs wertlos wäre. Jeder Eigentümer sähe sich herausgefordert, möglichst schnell und rücksichtslos Raubbau auf Kosten der Bodenqualität zu betreiben, um so den Grundstückswert in die Tiefe zu treiben, ohne auf Profit verzichten zu müssen. Der aktuelle Grundstückswert und damit die zulässige Höchstgrenze der Inanspruchnahme wäre um so eher erreicht, je langsamer und ineffizienter der Grundstückseigentümer seiner Abwehrpflicht nachkäme. Er kann daher nicht die maßgebliche Grenze bilden. Ob Entsprechendes auch für die Grubengasproblematik gelten muss, wenn das Grundeigentum durch Ausgasungen in erhöhter Konzentration unbenutzbar gemacht worden ist, ist dagegen fragwürdig. Regelmäßig sind der Grundeigentümer und derjenige, der die Kohle abbaut, zwei verschiedene Personen, deren Handeln nicht gegenseitig zurechenbar ist. Auch das Bundesverfassungsgericht sieht schließlich im Rahmen der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme die Verkehrswertgrenze als Limit für die Kostenbelastung des Grundstückseigentümers an, der für eine Gefahr einstehen muss, die von außerhalb seiner Risikosphäre kommt. 31 3. Idealwertgrenze Als eine weitere Grenze wäre noch ein Idealwert des Grundstücks denkbar, etwa eine Summe aus dem aktuellem Wert plus die Kosten für die Gefahrbeseitigung oder einem hypothetischen Wert des Grundstücks ohne Belastung. Aber diese Werte 27 28 29 30 31
Siehe BVerwGE 106, 43 (50f.). BVerfG, DVB1. 2000, 1275; BVerfGE 100, 226. F. Kirchhof \ in: Freundesgabe für Oppermann, S. 639 (641 ff.). Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/6701, S. 14. BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1278).
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spiegeln auch kein scharfes Bild einer aktuellen Belastbarkeitsgrenze wider. Eine Miteinrechnung von Gefahrabwehrkosten führte zur Aufhebung einer Erdrosselungsgrenze, da sich die Grenze immer parallel an der notwendigen Maßnahme orientieren würde. Hypothetische Werte sind dagegen zu unbestimmt und nicht präzise. 32 Vielmehr sind ertragsbezogene Ansätze zu verfolgen. 4. Möglichkeit der privatnützigen
Verwendung
Der Belegenheit des Grundstücks entwachsend, nimmt das Bundesverwaltungsgericht im Ansatz ausschließlich die Möglichkeit, dieses (weiterhin) privatnützig zu verwenden, als verfassungsmäßig gebotene Grenze der Inanspruchnahme.33 Die Möglichkeit der gewinnbringenden Verwendung setzt das Verbleiben von Erträgen voraus. Entsprechend der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögensteuer müssen staatliche Lasten aus den Erträgen bezahlt werden können, damit nicht die Substanz des Vermögens, der Vermögensstamm, angegriffen wird. 34 Dieser Beschluss legt die Soll-Erträge, also die üblicherweise zu erwartenden, möglichen Erträge, 35 als maßgeblich zugrunde. Steuern werden für einen nicht in der Belegenheit eines Grundstücks begründeten Zweck erhoben. 36 Demgegenüber sind die Aufwendungen zur Abwehr von Belastungen auf das Grundstück bezogen. Für eine unbeschränkte Verantwortlichkeit könnte dennoch sprechen, dass der Belegenheit auch positive Überraschungen wie Wertsteigerungen aufgrund einer Baulandausweisung oder eines generellen Nachfrageüberhangs nach Land entstammen, was jedenfalls für das Oberflächeneigentum gelten kann. Die Belegenheit des Bergwerkseigentums kann gleichsam positive Überraschungen mit sich bringen, wie etwa die Entdeckung besonders reichhaltiger Lagerstätten. Das Korrelat zu positiven Umständen des Eigentums wären Belastungen durch zufällige Ereignisse. Indes ist die dafür begründete Verantwortlichkeit öffentlich-rechtlich und damit staatlich festgelegt. Sie resultiert nicht, wie etwa die Bodenpreise beim Oberflächeneigentum aufgrund einer Übernachfrage, aus dem freien Spiel der Kräfte des Marktes. Handelt es sich aber um eine staatliche Belastung, die nicht (auch) auf eigenem Verhalten beruht, greift die davor schützende eigentumsbezogene und nicht 32
Vgl. aber das BVerfG, DVB1.2000,1275 (1278), das im Altlastenrecht den „Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung" vorschlägt. Die Zugrundelegung dieses Wertes gelingt aber nur dann, wenn man wie das BVerfG die Begrenzung der Belastung des Eigentümers auf die kostenrechtliche Sekundärebene verlagert. Erst dann steht ja der Verkehrswert des sanierten Grundstückes fest. 33 BVerwGE 106, 43 (50f.). 34 BVerfGE 93,121 (137). 35 BVerfG, ebd. 36 Siehe allgemein etwa P. Kirchhof \ JZ 1982,305 (309); Rodi , Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, S. 190 f.
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nach den Ursachen dieser Belastung differenzierende, zur Wahrung der Kernelemente des Eigentums unabdingbare Schranke der Privatnützigkeit notwendig ohne Abstriche ein. Um nicht zu konfiskatorischen Wirkungen zu führen, 37 müsste daher prinzipiell 38 bei Verantwortlichkeiten aufgrund der Belegenheit des Grundstücks dessen Ist-Ertrag als Obergrenze der möglichen Belastung zu betrachten sein.39 Dabei wäre der Ist-Ertrag eines Jahres auch bei zufälligen Ereignissen eine auch zum Zwecke der unternehmerischen Überschaubarkeit operable Größe. 40 Eine Begrenzung der Inanspruchnahme ist dann auf die weiteren Vorteile, die aus dem Eigentum erwachsen, dann geboten, wenn das die Gefahr mediatisierende Eigentum den wesentlichen Teil des Vermögens des Pflichtigen bildet und die Grundlage seiner privaten Lebensführung einschließlich seiner Familie darstellt. 41 Dann ist eine Belastung bis zur Höhe des Verkehrswertes auch nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes unerträglich, 42 weil die Eigentumsgarantie als Gewährleistung eines Freiheitsraumes im vermögensrechtlichen Bereich in den Vordergrund tritt. Bei Bergbaugesellschaften kann hingegen diese Grenze nicht geltend gemacht werden; da bei ihnen lediglich die gewerbliche Tätigkeit, nicht aber die private Lebensführung in Frage stünde. Zu beachten ist demgegenüber auch, dass im Abfallrecht den Eigentümer einer Deponie auch bei nicht selbst abgelagerten Abfällen und bei Unvorhersehbarkeit der daraus resultierenden Gefahren eine unbeschränkte Kostenlast trifft. 43 Profitiert also der Eigentümer von der spezifischen Funktion des Eigentums, indem er es etwa als Deponie nutzen lässt bzw. in einem Bergwerk den Abbau von Kohle duldet, dann kommt keine Begrenzung der Haftung in Frage, wenn diese spezifische Eigentumsnutzung die Gefahr an dieser Stelle erst ermöglicht. Dies gilt im Falle des selbsttätigen Abbaus von Kohle bereits schon deshalb, weil der Eigentümer zugleich als Verursacher in die Haftung genommen werden kann,44 eine eigentumsspezifische Haftungsbegrenzung für ihn ohnehin nicht in Frage kommt. 45 Befürwortet man dennoch eine solche Belastungsgrenze auf den Ertrag, 46 ist diese aber jedenfalls zu klein, wo - wie eben dargestellt - der Eigentümer, ohne selbst Verursacher zu sein,47 von der Belastung (mit-)profitiert hat, er etwa als (Noch-)Berg37
Dies ist der Hintergrund von BVerfGE 93, 121 (137). Bei stillgelegtem und aufgegebenem Bergwerkseigentum muss dagegen eine andere Belastungsgrenze greifen, da hier kein aktueller Ertrags wert besteht; siehe unten C. 39 Näher Frenz, VerwArch. 90 (1999), 208 (217). 40 Frenz, VerwArch. 90 (1999), 208 (218). 41 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1278). 42 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1278) mit Verweis auf BVerfGE 83, 201 (208) und st. Rspr. 43 VGH München, NuR 1993, 445 (446f.); DVB1. 1993, 739 (740). 44 Siehe oben § 3 A. 45 Siehe oben Β. 1.2. 46 Zum Altlastenrecht Frenz, BBodSchG, § 4 Rn. 2 Rn. 33 f. 47 Dann nämlich gelten die hier diskutierten Grenzen aufgrund eines nicht über Art. 14 Abs. 2 GG begründeten Haftungstatbestandes nicht. 38
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Werkseigentümer keinen aktuellen Ertragswert erwirtschaftet. Insoweit kommt es also auch auf die temporalen und kausalen Entstehungsumstände der Gefahr an. Stufenweise sind Ertragssummen ansetzbar, je nachdem, inwieweit und wie lange der Eigentümer selbst von der zur (drohenden) Gefahr werdenden Belastung einen finanziellen Nutzen gehabt hat. Erträge, die wie das Grundstück an Gesamtrechtsnachfolger weitergegeben wurden, müssten danach auch bei dem jetzigen Zustandsstörer zu berücksichtigen sein. 5. Gleichzeitiger Nutzen für das Gemeinwohl Die Inanspruchnahme des Eigentümers für gefährdende Sachverhalte ist Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums. Indem gem. Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG der Gebrauch des Eigentums auch dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll, könnte insoweit der Staat die diesem Ziel zugute kommenden Lasten tragen müssen. Verstärkt würde dieser Ansatz dann, wenn man dem Staat als Fehlverhalten zurechnete, dass er die Gefahren und Störungen nicht durch sein Eingreifen verhindert hat, 48 indem er etwa nicht in Betriebsplänen technische Anforderungen verlangt hat, das Grubengasproblem zu vermeiden. Dies übergeht allerdings die Tatsache, dass der Staat im Falle von Naturereignissen gar nicht eingreifen kann und auch regulativ Problemen wie der Ausgasung von Grubengas nicht im Vorhinein umfassend Herr werden kann. So würde dem Staat eine Zufallshaftung auferlegt, der Private würde von ihr jedenfalls partiell entbunden. Die Vorteile aus unvorhergesehenen Situationen könnte er hingegen weiterhin genießen. Ein Ungleichgewicht von Recht und Pflicht entstünde - zu Lasten der Pflicht. 49 Das widerspricht der Grundkonzeption der Grundrechte und v. a. des Art. 14 GG. Zwar können staatliche Schutzmaßnahmen erforderlich sein, zur Zurechnung an den Staat kann dies wie im Falle der Frage nach der Verantwortlichkeit der Planungsbehörden50 nicht führen, würde doch dann auch insoweit der abwehrrechtliche Gehalt der Grundrechte aktiviert und der Bezug der grundrechtlichen Schutzpflichten auf einen Ausgleich privater Belange verwischt. 51 Dass Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG dem Eigentümer auch die Wahrung von Gemeinwohlbelangen zuweist, ist Teil der aus dem Eigentum erwachsenden Pflicht, wie die Nachstellung nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 GG belegt.52
48 So die Konzeption Leisners, Umweltschutz durch Eigentümer unter besonderer Berücksichtigung des Agrarrechts, S.52ff. 49 Näher Frenz, VerwArch. 90 (1999), 208 (221 f.). 50 Siehe oben §3 A.III.2. 51 Näher insbesondere Sachs, in: Stern, Staatsrecht III/l, S.686f., 730ff. m.w.N. 52 Näher Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 147 ff.
Β. „Opferposition" des Zustandsstörers
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6. Halbteilungsgrundsatz Als grundgesetzlich determinierte Maximalgröße der Belastung könnte sich der sogenannte Halbteilungsgrundsatz anbieten. Im Steuerrecht wurden die grundrechtlichen Grenzen für die Belastung konsolidierten Vermögens mit dem Vermögensteuerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts dadurch erheblich verschärft, dass die Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung des Ertrages zwischen privater und öffentlicher Hand verlaufen soll. 53 Dieser Halbteilungsgrundsatz wird insbesondere aus dem Wörtchen „zugleich" in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG gefolgert. Aus ihm könne man schließen, dass das Maß der Gemeinwohlbindung die verbliebene Privatnützigkeit nicht übersteigen dürfe. 54 Diese eigentumsgrundrechtlichen Determinanten sind freilich nicht auf das konsolidierte Vermögen beschränkt. Daher wird befürwortet, generell die steuerliche Belastung im Wesentlichen auf 50 v. H. des Ertrages zu begrenzen.55 Obgleich das Bundesverfassungsgericht in seiner jüngsten Entscheidung zum Art. 14 GG nicht auf den „Halbteilungsgrundsatz" eingegangen ist, 56 können die in Art. 14 GG aufgestellten Eckpunkte über das Steuerrecht hinausgreifen. 57 Der Schutzgegenstand in Gestalt des Eigentums wird gegenüber allen staatlichen Stellen gewährleistet, nicht nur gegenüber dem Steuerstaat. Entnimmt man dem „zugleich" in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG einen Halbteilungsgrundsatz als Grenze staatlicher Belastung, müsste dieser daher konsequenterweise auch für andere Gebiete gelten. So wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung sämtliche steuerlichen Belastungen des konsolidierten Vermögens zusammenrechnete,58 müssten dann sämtliche staatlich veranlassten Lasten zusammengenommen werden, um zu prüfen, ob der Halbteilungsgrundsatz gewahrt bleibt. Bezogen auf Grundstücke, von denen Grubengase auszugehen drohen, könnte dies bedeuten, dass Steuern, sonstige Abgaben und ordnungsrechtlich angeordnete Lasten im Hinblick auf die Bannung von Gefahren zusammen mit allen anderen staatlich festgesetzten finanziellen Belastungen nicht mehr als etwa die Hälfte des Ertrages betragen dürften. Indes handelt es sich im Zusammenhang mit grubengasbedingten Gefahren, die nicht vom Eigentümer selbst hervorgerufen wurden, nicht wie bei Steuern um lau53
BVerfGE 93, 121 (3. Leitsatz, 138); zustimmend Leisner, NJW 1995, 2591 (2594); insoweit Art. 14 GG nicht als tragfähig ansehend Sondervotum Böckenförde, BVerfGE 93, 149 (157); krit. auch Arndt!Schumacher, NJW 1995, 2603 (2604). 54 Andeutungsweise BVerfGE 93, 121 (138); deutlich Leisner, NJW 1995, 2591 (2594); Ρ Kirchhof; StuW 1996, 3 (6): „zugleich" als Wertbegriff. 55 P. Kirchhof, StuW 1996, 3 (6) bezieht das „zugleich" auf jede Steuer. Auch Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rn. 223: Halbteilungsgrundsatz hat alle Steuern im Blickfeld. Für einheitliche Grenzen auch Arndt!Schumacher, NJW 1995, 2603 (2605). 56 Zur Vereinbarkeit des § 13 Abs. 1 Satz 2 Rhl.-Pf. Denkmalschutz- und pflegegesetz mit Art. 14 GG BVerfGE 100, 226. 57 Allgemein Depenheuer, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14 Rn.207. 58 BVerfGE 93,121 (137 f.).
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fende, sondern um gelegentliche Belastungen. Weiter ergeben sich grundsätzliche Bedenken.59 Bei einer Erstreckung des Halbteilungsgrundsatzes über den steuerlichen Bereich hinaus auf alle eigentumsbedingten Aufwendungen, die nicht auch aus eigenem Verhalten resultieren, würde die staatliche Belastungsintensität in einem unübersehbaren Bereich ursachenunabhängig auf ein kaum flexibilisierbares Niveau begrenzt. Ein solches aus Art. 14 GG folgendes Gleichmaß hemmte stark die Anpassung staatlicher Maßnahmen auf den Einzelfall. Steuern erfordern vor allem eine durchgängige gleichheitsmäßige Ausgestaltung,60 weniger eine spezifische Ausformung nach der jeweiligen Situation. Die Gefahrenabwehr bzw. -Vorsorge hat dagegen nicht flächendeckend, sondern im Hinblick auf den jeweiligen Störer und damit bezogen auf die jeweils auftretende Konstellation zu reagieren und daher primär den Einzelfall in den Blick zu nehmen. Deshalb handelt es sich um von der Anlage her gänzlich unterschiedliche Gebiete, ebenso vom Hintergrund her: Jedenfalls die notwendige Finanzierung des Staates ist Grund für die Steuererhebung. 61 Staatliches Handeln zur Gefahrenabwehr dient hingegen aus verfassungsrechtlicher Sicht auch der Erfüllung von Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2, 6 2 14 Abs. I 6 3 und dem Gestaltungsauftrag nach Art. 20 a GG. Diese Grundlagen können im Einzelfall eine Beanspruchung des Eigentums über 50 v. H. seines Ertrages gebieten. Nicht zuletzt erweckt es sogar bei steuerrechtsimmanenter Betrachtung Bedenken,64 aus dem Partikel „zugleich" eine scharfe Fixierung staatlicher Belastung auf einen Halbteilungsgrundsatz anzunehmen. IV. Verhältnismäßigkeit (spezifisch) der Inanspruchnahme des Eigentümers 1. Grundüberlegungen Weil gem. Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG der Gebrauch des Eigentums nur zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll, geht indes auch diese Vorschrift davon aus, dass sich Gemeinwohl und Privatnützigkeit gegenüberstehen. Daher ist insbesondere im Rahmen der Bemessung der Verantwortung für nicht selbst geschaffene 59
Auch dazu näher Frenz, VerwArch. 90 (1999), 208 (223 ff.). BVerfGE 93, 121 (134) m.w.N. 61 Vor allem Isensee, DÖV 1982,609 (612); zur Notwendigkeit der Rechtfertigung Vogel, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 87 Rn. 87 ff. Grundsätzlich Isensee, in: Festschrift für H.P. Ipsen, S. 409 ff. und Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, S. 155, 161 ff. 62 Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Abschnitt Rn. 64. 63 Siehe BVerfG, NJW 1998, 3264 - Waldschäden. 64 Sondervotum Böckenförde, BVerfGE 93, 149 (157, 162ff.); Bull, NJW 1996, 281 (282); Tipke, MDR 1995,1177 (1179); Frenz, StuW 1997,116(121 ff.). Zur Bedeutung einer ausreichenden Belastung bei lenkenden Abgaben Förster, Ökosteuern als Instrument der Umweltpolitik?, S. 36; Buck, Lenkungsstrategien für die optimale Allokation von Umweltgütern, S.279; Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S.62. 60
Β. „Opferposition" des Zustandsstörers
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Lagen die Privatnützigkeit des Eigentums über die Verhältnismäßigkeit zu beachten. Diese ist somit zum Gemeinwohlbezug bei der Ermittlung des Ausmaßes der Pflichtenbindung in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen. 65 Das hat zunächst nicht pauschal etwa durch ein Abstellen darauf zu erfolgen, inwieweit tatsächlich aus dem Grundstück Nutzungen gezogen wurden 66 oder eine Maßnahme dem Gemeinwohl dient. 67 Gleichwohl mag eine Belastung um so eher zumutbar sein, je mehr sie zugleich den Belangen des Eigentümers nützt. Bei der Abwehr der von einem Grundstück drohenden Gefahren ist das regelmäßig deshalb der Fall, weil damit regelmäßig ein Wertverlust verhindert wird. Bei der Abwehr der Grubengasgefahr, die aus dem aktuellen Bergwerkseigentum folgt, wird allerdings in erster Linie die Oberfläche geschützt, so dass eine Wertminderung des Bergwerkseigentums nur in begrenztem Umfange zur Rede steht. Art. 14 GG gibt als durch die OrdnungsVerfügung beeinträchtigtes Grundrecht die Maßgabe dafür vor, inwieweit eine staatliche Maßnahme zumutbar ist. Auch das Bundesverfassungsgericht stellt im Altlastenrecht nunmehr ausdrücklich auf die Unzumutbarkeit der Maßnahme ab,68 wobei die Opferrolle des Zustandsstörers eine Determinante dieser Unzumutbarkeit ist. 69 Nach seinem Beschluss vom 16.2.2000 kann die vom Eigentumsgrundrecht vorgegebene Grenze dann unzumutbar überschritten sein, wenn die Gefahr, die von der Sache ausgeht, aus Naturereignissen, aus den der Allgemeinheit zuzurechnenden Ursachen oder von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrührt. Dann darf die Ordnungspflicht dem betroffenen Privaten nicht unbegrenzt zur Last fallen. 70 Sonst würden ihm im Übermaß die Risiken aufgebürdet, die auf Umständen beruhen, die losgelöst von der Sachherrschaft über das Grundstück sind und jenseits seiner Verantwortungssphäre liegen.71 Die vorgegebene Grenze zieht das Bundesverfassungsgericht dabei beim Verkehrswert der Sache, im Altlastenrecht beim bereinigten Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung. 72
65 Die Zumutbarkeitslösung einer rigiden „Opfergrenze" vorziehend F. Kirchhof \ in: Freundesgabe für Oppermann, S.639 (652ff.). 66 Diesen Aspekt nur einbeziehend auch OVG Koblenz, DVB1. 1998, 103 (104). 67 Siehe Leisner, Umweltschutz durch Eigentümer unter besonderer Berücksichtigung des Agrarrechts, S.52ff. und dagegen oben III. 5. 68 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1277). 69 BVerfG, DVB1. 2000, 1275. 70 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1278). 71 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1278). 72 Vgl. dazu oben unter III. 2.
7 Frenz
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§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit
2. Beachtlichkeit von Fremdeinwirkungen Aus dem Ursprung der Verantwortung des Eigentümers auch für nicht selbst geschaffene Konstellationen aus dem Eigentum heraus73 ergeben sich dabei Haftungsparameter. Je eher eine Entwicklung außerhalb des Eigentums steht und nur durch eine weitere Verkettung von Umständen dazu führt, dass vom Eigentum Gefahren ausgehen, desto eher ist eine Belastung des Eigentümers unangemessen. Freilich weist Art. 14 Abs. 2 GG dem Eigentümer die Verantwortung ursachenunabhängig zu. Zudem können Grundstücke aufgrund ihrer Belegenheit Ziel von Einwirkungen anderer sein. Das gilt aufgrund subjektiver Bestimmung des Eigentümers bei einer eigenen Nutzung oder Verpachtung eines Grundstücks etwa als Deponiegelände. Ansatzpunkt in der Grubengasproblematik ist eine Überlassung eines Grundstücks zu Zwecken des Bergbaus, der dann zu Grubengasaustritten führt. Von daher ist auch die Verantwortung für solche Entwicklungen auf die Situation des Grundstücks rückführbar. Deshalb - und tiefergehend wegen der Grundkonzeption des Art. 14 Abs. 2 GG - vermag eine Fremdeinwirkung nicht stets zu einer Verminderung der Verantwortung zu führen. Somit kann nicht generell aus einem Vorrang der Inanspruchnahme des Verhaltensstörers 74 eine Herabsetzung oder gar ein Entfallen der Haftung des Grundstückseigentümers gefolgert werden. 75 Die Verhältnismäßigkeit der Pflichtenbindung des Zustandsstörers entfällt dagegen tendenziell in außergewöhnlichen Fällen der Fremdeinwirkung, die nicht oder nur in sehr geringem Maße an die Belegenheit des Grundstücks anknüpfen. 76 Dies steht im Einklang mit der Tendenz des VGH München, dann die volle Kostenlast auf den Zustandsstörer zu überbürden, wenn das Eigentum in einer Weise genutzt worden ist, die die Herbeiführung der Gefahr, wenn nicht unmittelbar verursacht, doch aber gefördert hat. 77 3. Beachtlichkeit der Bösgläubigkeit des Zustandsstörers Schließlich kann auch die Bösgläubigkeit des Eigentümers zum Ausschluss der Haftungsbeschränkung über die Verhältnismäßigkeit führen. 78 Das heißt nach den Worten des Bundesverfassungsgerichts: 79 „Eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigt, kann allerdings zumutbar sein, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen hat." Dies liegt dann vor, wenn der Eigentümer das Grundstück in Kenntnis der Belastung 73
Siehe oben III. 4. Dazu Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 3 Rn. 121 ff. 75 Sorgfältig differenzierend auch VGH München, NVwZ 1986, 942 (944ff.). 76 In diesem Fall ebenfalls eine Grenze aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten annehmend VGH München, NVwZ 1986, 942. 77 VGH München, NuR 1993, 445 (446f.); DVB1. 1993, 739 (740); siehe näher dazu oben unter III. 4. 78 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1278 f.). 79 BVerfG, DVB1. 2000,1275 (1278). 74
Β. „Opferposition" des Zustandsstörers
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erworben hat, oder wenn er zuließ, dass das Grundstück in risikoreicher Weise genutzt worden ist. 80 Im Zusammenhang mit dem Altlastenrecht sah auch der Regierungsentwurf des § 25 Abs. 2 BBodSchG eine Begrenzung der Sanierungshaftung nur bei Gutgläubigkeit des Eigentümers hinsichtlich der schädlichen Bodenveränderungen bzw. Altlast vor. 81 Nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 und 6 HessAltlG konnte der Eigentümer eines sanierungsbedürftigen Grundstückes nur herangezogen werden, wenn ihm die Verunreinigung beim Erwerb oder während des Besitzes bekannt gewesen ist. 82 Das Bundesverwaltungsgericht kam zu dem ähnlichen Ergebnis, dass die Kenntnis bzw. die grob fahrlässige Unkenntnis des Eigentümers vom ordnungswidrigen Zustand des Grundstücks beim Eigentumserwerb dessen Haftungsbeschränkung ausschließen.83 Überlegungen einer verfassungsrechtlich begründeten Eingrenzung der Verantwortlichkeit des Nur-Zustandsstörers entfallen nach Ansicht des Gerichts von vorneherein, weil der Zustandsverantwortliche damit ein Risiko eingeht, das es gebietet, die gesetzlichen Folgen der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit zu tragen. 84 Für nicht grob fahrlässige Unkenntnis hat das Gericht den Ausschluss der Haftungsbeschränkung offen gelassen. Das OLG Frankfurt 85 hat eine solche Begrenzung bejaht. Auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Bundes-Bodenschutzgesetz sieht die in Art. 14 Abs. 2 GG normierte Sozialbindung dann als überschritten an, wenn die Zustandsverantwortlichkeit desjenigen Grundstückseigentümers, der beim Erwerb von der Bodenbelastung keine Kenntnis hatte, auch dann noch mit Kostenfolgen belegt wird, wenn die Nutzung des Grundstücks mit den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteilen ausgeschlossen wird. 86 Die Begründung berücksichtigt also auch subjektive Komponenten. Sieht man Art. 14 Abs. 2 GG als Haftungsgrund der Eigentümerhaftung, 87 ist entscheidend, dass Art. 14 GG nicht zwischen Bös- und Gutgläubigkeit des Pflichtigen unterscheidet. In die Pflicht genommen ist zunächst jeder Eigentümer; von den Begrenzungen dieser Pflicht profitiert umgekehrt auch jeder Eigentümer, unabhängig von der Bös- oder Gutgläubigkeit im Hinblick auf einen ordnungswidrigen Zustand. Die eigentumsrechtliche Mindestgrenze, die dem Eigentümer zu verbleiben hat, ist als solche nicht offen für subjektive Wertungen. Die Sozialbindung wird aber, wie eben festgestellt, in besonderen Fällen durch Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte abgemildert. 88 Diese ist offen für subjektive Wertungen. Die 80
Siehe OVG Hamburg, NVwZ 2001, 215. Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/6701, S. 14. 82 Oerder, in: ders./Numberger/Schönfeld, BBodSchG, §4 Rn.55. 83 BVerwG, NVwZ 1991, 475. 84 BVerwG, NVwZ 1991, 475. 85 OLG Frankfurt, NVwZ-RR 1992, 129. 86 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/6701, S.46. 87 Siehe oben §5. 88 Vgl. im Zusammenhang mit der Frage der Bösgläubigkeit dazu BVerwG, UPR 1997,193. Dies aufgreifend BVerfG, DVB1. 2000, 1275. 81
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§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit
Inanspruchnahme des Zustandsstörers bis zur Mindestgrenze ist also dann nicht unverhältnismäßig, wenn er beim Erwerb des sanierungsbedürftigen Grundstücks hinsichtlich der Altlast bösgläubig war. 4. Beachtlichkeit des gezogenen wirtschaftlichen
Nutzens
Knüpft man an die Wertungen des VGH München im Abfallrecht an, dass nämlich den Eigentümer einer Deponie selbst bei nicht selbst abgelagerten Abfällen auch bei Unvorhersehbarkeit der daraus resultierenden Gefahren eine unbeschränkte Kostenlast trifft, 89 muss auch die Art der wirtschaftlichen Nutzung des Eigentums eine Rolle bei der Abwägung der Zumutbarkeit spielen. Dies ist der Fall bei demjenigen, der den gezogenen Nutzen aus seinem Eigentum zieht, ohne dass er selbst Verursacher der Grubengasgefahr ist, etwa weil er nicht selbst Bergbau betrieben hat, sondern anderen den Abbau überlassen hat, oder etwa weil er während des von ihm durchgeführten Abbaus die Grubengase in ordnungsgemäßer Weise ableiten und sammeln konnte. Dann liegt dennoch für das Bergwerkseigentum eine risikoreiche Nutzung vor. Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr klargestellt, dass sich auf der Ebene der Verhältnismäßigkeit die Nutzung des Eigentums in risikoreicher Weise insoweit auswirken muss, als durch diesen Umstand eine Inanspruchnahme auch mit einer Kostenfolge zumutbar ist, die jenseits der Verkehrswertgrenze des Eigentums liegt. 90 Bei der erforderlichen Abwägung schutzwürdiger Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit sind derartige Umstände auf der Verhältnismäßigkeitsebene ebenfalls beachtlich.91 Wer ein solches Risiko bewusst eingeht, kann seiner Inanspruchnahme als Zustandsverantwortlicher nicht entgegenhalten, seine Haftung müsse aus Gründen des Eigentümerschutzes begrenzt sein. Denn das freiwillig übernommene Risiko mindert die Schutzwürdigkeit des Eigentümers. 92
5. Beachtlichkeit des Zeitablaufs für die Haftung des Zustandsstörers Letztlich spielt auch der Zeitablauf zwischen der Verursachung und der Entdeckung der Gefahr bzw. der behördlichen Inanspruchnahme eine große Rolle. Nach dem VGH München nimmt die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Zustandsverantwortlichen gerade in dem Maße zu, je länger die Verursachung zurückliegt. 93 Er stellte hierzu für eine altlastenrechtliche Situation fest: „Der Umstand, dass die Stö89 90 91 92 93
Siehe oben III. 4. BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1278). BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1278). BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1278). VGH München, NVwZ 1986, 942 (945); Frenz, BBodSchG, §4 Abs. 3 Rn. 124.
Β. „Opferposition" des Zustandsstörers
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rung lange Zeit verborgen blieb, betrifft, selbst wenn er daran schuldlos ist, eher ihn als die Öffentlichkeit; denn was die Abgrenzung der Risikosphären angeht, steht er seiner Sache am nächsten und hat eher für ihren Zustand einzustehen als die Allgemeinheit." 94 Das Gericht zieht folgendes Fazit: „Im Ergebnis bedeutet dies, dass mit zunehmendem Alter der Altlast die Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers tendenziell zunimmt." 95 Für diese tendenzielle Zunahme der Haftung des Zustandsstörers spricht demnach die Tatsache, dass der Eigentümer mit der Zeit sein Eigentum gegen solche Drittwirkungen etwa aus benachbarten Bergwerken, von denen das Gas zum Bergwerkseigentum des Zustandsverantwortlichen, der nicht selbst Verursacher ist, wandert, absichern kann. Zudem wird die Abgrenzung einzelner Verursachungsbeiträge mit fortschreitendem Zeitablauf derart diffizil, dass die Inanspruchnahme des Verursachers mit der Zeit de facto nachlässt. Das gilt allerdings nur eingeschränkt bei einer weiten Konzeption der Inanspruchnahme des Verursachers im Falle lediglich wahrscheinlicher Verursachung. 96 Zudem bezieht sich dieses Argument in erster Linie auf das Verbinden von abgelagerten Stoffen mit dem Boden. Diese Konzeption gilt also offensichtlich im Abfallrecht bei Ablagerungen auf Oberflächeneigentum. 97 Grubengase lassen sich hingegen vom Boden unterscheiden. Freilich kann bei ihnen die Herkunft unsicher werden, nämlich ob sie durch Bergbauaktivitäten oder durch natürliche Vorgänge bedingt sind. Bezogen auf die Absicherung muss sich die Haftung des Zustandsstörers auch in Bergbausituationen danach richten, ob er sogleich nach einem Fremdgaseintritt die Beseitigung der Gase veranlasst oder ob er - auch ohne eine bewusste Duldung - die Gaswegigkeit weiterhin belässt. Selbst bei latenten Gefahren muss die Zustandsverantwortung entsprechend zunehmen, da der Eigentümer am ehesten die Möglichkeit hatte, nachzuprüfen, welche Stoffe auf seinem Eigentum dort eingeleitet werden oder dorthin aufgrund physikalischer Vorgänge gelangen.98 In der Konsequenz verschiebt sich daher die Haftung mit fortschreitender Zeit auf den Zustandsstörer. Dies ist ja gerade Sinn der Zustandsstörerhaftung. Daher wird auch seine Inanspruchnahme um so zumutbarer, je weiter zurück die Verursachung liegt. Dieser Umstand ist bei der Beschränkung der Zustandsverantwortlichkeit insbesondere bei der Grubengasproblematik, bei der die Verursachung regelmäßig sehr weit zurück liegt, zu beachten.
94 95 96 97 98
VGH München, NVwZ 1986, 942 (945). Bay VGH, NVwZ 1986, 942 (945). Siehe oben § 3 C. Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 3 Rn. 124. OVG Münster, NVwZ 1997, 507 (511).
102
§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit
6. Die Bedeutung der Einzelfallgerechtigkeit und der Grundwertung des Art. 14 Abs. 2 GG Im Ergebnis geht es um eine Einzelabwägung, die insbesondere die sich letztlich für den Einzeleigentümer ergebende Belastung im Blick hat und die Gesamtsituation würdigt. Letztlich ist zu beachten, dass die Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme ihre besondere Nuance im Hinblick auf die Begrenzung der Verantwortlichkeit des Eigentümers dadurch gewinnt, dass insoweit die Gesamtheit der Steuerzahler die Lasten tragen muss. Vom Grundsatz her ist die Verantwortung des Eigentümers allein aus der Lage und auch bei zufälligen Erscheinungen im Zusammenhang mit seinem Grundstück" durch Art. 14 Abs. 2 Satz 1 GG begründet. Weist somit das Grundgesetz dem Eigentümer eine solche Verantwortung zu, darf diese Grundsatzentscheidung prinzipiell nicht durch eine großzügige Korrektur über die Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlaufen werden. 100 7. Gesamtbetrachtung zur Konzeption des Bundesverfassungsgerichtes Das Bundesverfassungsgericht geht im Ergebnis von einer Gesamtkorrektur der Eigentumsbelastung auf der Ebene der Verhältnismäßigkeit aus. Wenn also die Inanspruchnahme wegen eines von außen kommenden, vom Eigentümer nicht in Kauf genommenen bzw. vor diesem verborgen gebliebenen, eine Eigentumsbelastung mit sich bringenden Gefährdungstatbestandes unzumutbar erscheint, wird das staatliche Einschreiten begrenzt. 101 Im Ansatz aber schließt eine „Opferposition" die Zustandsverantwortlichkeit nicht aus; 102 sie kann aber nur „in Maßen" bestehen. Wesentliche Gesichtspunkte für eine limitierende Bedeutung der Verhältnismäßigkeit sind die Distanz von Einwirkungen zur Belegenheit des Grundstücks, mithin vor allem ihr - wenn auch weiter - Zusammenhang mit einem Vorverhalten des Zustandsstörers, sowie dessen Bösgläubigkeit. Hinzu kommt entsprechend der Judikatur von Oberverwaltungsgerichten der zeitliche Abstand zur Verursachung. 103 Insbesondere dieser letzte Gesichtspunkt erlangt für Grubengase besonderes Gewicht. Ob daneben eine prinzipielle Begrenzung auf einen eigentumsrechtlich garantierten Grundsockel möglich bzw. geboten ist, wird im Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 16.2.2000 nicht explizit angesprochen. Es weist lediglich auf die „besondere Bedeutung" des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Reduzierung der Eigentumsbelastung hin. 104 Dies deutet zwar auf die überragende Korrek99
Darauf abstellend auch BVerwGE 106, 43. Frenz, VerwArch. 90 (1999), 208 (227). 101 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1277). 102 BVerfG, DVB1. 2000. 103 OVG Münster, NVwZ 1997, 507 (511); VGH München, NVwZ 1986, 942 (945). 104 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1277). 100
C. Grenzen der Inanspruchnahme des Derelinquenten
103
turfunktion des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hin, schließt aber nach wie vor die Möglichkeit einer allgemeinen Begrenzung der Eigentumsbelastung unabhängig von außerhalb des Eigentums stehenden Kriterien nicht aus. 8. Das Längenfelderbereinigungsgesetz Für das angesprochene Problem des Längenfelderbereinigungsgesetzes 105 ergibt sich, dass von den „aufgedrängten" Feldern entstehende Gefahren grundsätzlich aus der Sphäre des Eigentums des Neueigentümers folgen. Dieser hat schließlich auch die Möglichkeit gehabt, die neuen Felder wirtschaftlich zu nutzen. Jedenfalls aber ergibt sich die Belastung des Eigentümers nicht von außerhalb der Sphäre des Eigentums, sondern gerade aus seinem Eigentum heraus. Die Tatsache, dass das Eigentum gesetzlich dem Neueigentümer zugeschlagen wurde, führt nicht dazu, dass die Gefahr außerhalb seines Eigentums steht, sondern im Gegenteil dazu, dass sie aus der Sphäre seines Eigentums kommt. Die aus der gesetzgeberischen Entscheidung aufgrund des Längenfelderbereinigungsgesetzes erwachsenden Verpflichtungen aus dem Neu-Eigentum sind solche im Sinne des Art. 14 Abs. 2 GG. Die Tatsache, dass diese Belastung auf der Basis einer gesetzlichen Grundlage erfolgte, nämlich aufgrund des Längenfelderbereinigungsgesetzes, stellt letztlich nur eine Konkretisierung dieser Sozialpflichtigkeit des Eigentums dar. Das bedeutet, dass die potenzielle Vermehrung von Ordnungspflichten durch das Längenfelderbereinigungsgesetz letztlich rechtmäßig und grundsätzlich zumutbar ist. 106 Nur da, wo staatlicherseits letztlich bloß eine Finanzbelastung zugeschlagen worden ist, muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz diese aufgedrängte Belastung relativieren.
C. Grenzen der Inanspruchnahme des Derelinquenten Die eigentumsbedingte Haftungsbegrenzung beim Derelinquenten, insbesondere bei verlassenen Grubenbauen, kann sich mangels einer aktuellen Eigentumsanknüpfung nicht auf eine Eigentumsgröße beziehen, zu der der Zustandsstörer noch in Beziehung steht. Doch auch im Zusammenhang mit der Verantwortung des Derelinquenten kann sich das Problem stellen, ob eine Einschränkung der Haftung wie beim aktuellen Eigentümer besteht. Die Dereliktionshaftung ist jedenfalls kein Fall der aktuellen107 Zustandshaftung und knüpft nicht an die aktuell vermittelte Freiheit des Eigentums an. 108 Stellte man indes auf den Ist-Ertrag des Bergwerkseigentums als Maßstab für die Begrenzung der Zustandsverantwortlichkeit ab, käme man im Falle verlassener Grubenbaue schnell zur Unmöglichkeit der Inanspruchnahme des 105
Siehe oben §5B.II. So auch LG Essen vom 16.11.2000 - 4 Ο 494/99, S. 21 ff. - nicht rechtskr. 107 Vgl. Droese, UPR 1999, 86 (91), die die Haftung der „verlängerten" Zustandsstörerschaft der Zustandsverantwortlichkeit zuweist. 108 BVerfG, DVB1. 2000, 1275. 106
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§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit
Derelinquenten. Da keinerlei Privatnützigkeit der verlassenen Sache mehr vorliegt, besteht zunächst keine Begründung mehr dafür, dass die Kehrseite des Eigentumsrechtes die Eigentumspflicht ist. Allerdings hat auch der Derelinquent zu einem früheren Zeitpunkt Nutzen aus der Sache gezogen, von der er heute noch profitiert. Daher erscheint eine Heranziehung des Derelinquenten auch dann angemessen, wenn die erwirtschafteten Mittel vollständig für die Reparation des während des Betriebs entstandenen Gefahren und Schäden verwendet werden müssen.109 Dies gilt insbesondere für solche Gefahren, die erkennbar waren bzw. erkennbar sein mussten. Für diese Gefahren kann später nicht geltend gemacht werden, dass die zu treffenden Vorkehrungen von der Behörde bereits während der Betriebszeit hätten verlangt werden können und dementsprechend vor der Eigentumsaufgabe hätten einkalkuliert werden können.110 Umgekehrt bedeutet dies aber, dass die erwirtschafteten Mittel die Obergrenze der zumutbaren Belastung des Derelinquenten darstellen. Eine unangemessene Inanspruchnahme liegt danach vor, wenn die Gefahrbeseitigungsmaßnahme wirtschaftlich die Summe übersteigt, die der frühere Eigentümer mit seinem Eigentum erwirtschaftet hat. Allerdings wird bei einem Bergwerk diese Summe des Ertrages derart hoch liegen, so dass de facto den Derelinquenten eines Bergwerks letztlich keine quantitative Beschränkung trifft. Vom Ansatz her kann eine solche Begrenzung zudem nur dann bestehen, wenn die Eigentumsbelastung schon damals durch Umstände herbeigeführt worden ist, die von Außerhalb an das Eigentum herangetragen worden sind. Da der Derelinquent des Bergwerks aber zumeist selbst Bergbau getrieben hat und deshalb Verursacher ist, scheidet eine Begrenzung von daher aus. Hat der Derelinquent seinerseits das Bergwerk nur übernommen, konnte er bei der Übernahme jedenfalls wissen, dass der Bergbau zuvor das Grubengas aus dem Gestein herausgelöst hat, so dass insofern eine weitere Gefährdung entstehen könnte.
D. Legalisierungswirkung von Genehmigungen, insbesondere der Abschlussbetriebsplanzulassung I. Überblick Bei der Grubengasproblematik spielt im Hinblick auf die Begrenzung des Verhaltensverantwortlichen insbesondere die Frage nach der Legalisierungswirkung von Genehmigungen eine Rolle. 111 Vielfach können sich die Verantwortlichen auf das Bestehen von Betriebsplänen, bergrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen beru109
Vgl. VGH München, DVB1. 1993, 739 (740) im Zusammenhang mit der Schließung einer Hausmülldeponie. 110 VGH München, DVB1. 1993, 739 (740). 1,1 Begriffsprägend BVerwGE 55, 118 (121).
D. Legalisierungswirkung von Genehmigungen
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fen. Dasselbe gilt für Erlaubnisse von vor In-Kraft-Treten des Bundesberggesetzes, wenn der Abbau vor diesem Zeitpunkt erfolgt ist. Daher könnte argumentiert werden, dass sich keine ordnungsrechtlichen Konsequenzen anschließen können, weil durch die Erlaubnis alle vorhersehbaren Risiken, die der Abbau zur Folgen haben kann, also auch das spätere Austreten von Grubengasen, für die Zukunft legalisiert worden sind. Insbesondere könnte dies für die Funktion des Abschlussbetriebsplans zutreffen. Dessen Zulassung deutet schließlich darauf hin, dass die Behörde keine weiteren Bedenken im Hinblick auf die Zukunft habe. II. Der Meinungsstand im öffentlichen Recht Eine im Vordringen befindliche Ansicht verneint eine Legalisierungswirkung aufgrund von Betriebsplanzulassungen und behördlichen Erlaubnissen generell. 112 Danach entfaltet die Genehmigung, Zulassung oder Erlaubnis einer Tätigkeit, die eine absehbare Umweltstörung zur Konsequenz hat, keine Genehmigungswirkung hinsichtlich dieser Störung. Anders blieben die Umwelteinwirkungen ja gerade externalisiert und würden auf Kosten des Steuerzahlers behoben. Die ganz herrschende Meinung befürwortet jedoch für weite Teile des öffentlichen Rechts, insbesondere für das Gewerbe- und das Immissionsschutzrecht, eine LegalisierungsWirkung von Genehmigungen. Die Erteilung von Genehmigungen büßte einen wesentlichen Teil ihres Sinnes ein, wenn gegen den genehmigten Zustand unter Berufung auf die ordnungsbehördliche Generalklausel dennoch eingeschritten werden dürfte. Zwar liegt danach insoweit keine formelle Verdrängung des Polizeirechts vor, jedoch schließt die Legalisierungs Wirkung der Genehmigung aus, dass die in der ordnungsrechtlichen Generalklausel genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Einschreitens gegeben sind. 113 Die Legalisierungswirkung ergibt sich allerdings nicht pauschal, sondern entsprechend dem Inhalt der Genehmigungen114 und der erkennbaren Auswirkungen zum Zeitpunkt ihrer Erteilung. 115 Nicht erkennbare Folgeerscheinungen wären nach dieser Ansicht nicht von einem staatlichen Genehmigungsakt erfasst. Dieser vereinheitlichenden herrschenden Meinung wird indes zu Recht entgegengehalten, dass behördliche Genehmigungen, Erlaubnisse und sonstige Gestaltungsm Feldhaus/Schmitt, WiVerw. 1984, 1 (11 f.); Brandt/Lange, UPR 1987, 11 (15); Kokott, DVB1. 1992, 749 (753); NVwZ 1985, 355 (356); Reinhardt, Die Eingriffsbefugnisse der Wasserbehörden bei der Sanierung von Altlasten, S. 140ff. 113 BVerwGE 55, 118 (120ff.). 114 BVerwGE 55, 118 (123). 115 BVerwGE 55,118 (120ff.); VGH Mannheim, BB 1990,237 (238); Fluck, VerwArch. 79 (1988), 406 (420 ff.); Hermes, in: Becker-Schwarze/Köck/Kupka/von Schwanenflügel, Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 187 (204ff.); Kloepfer, NuR 1987,7 (14); Peine, JZ 1990, 201 (211); Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (477ff.); Seibert; DVB1. 1992, 664 (671); ders., Die ΒindungsWirkung von Verwaltungsakten, S.450ff. m. w.N. S.449f.
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akte im öffentlichen Recht nicht alle in „einen Topf geworfen" werden dürfen. 116 So bildet nach Breuer gerade die bergrechtliche Betriebsplanzulassung ein „extremes Gegenbeispiel für eine schlichte Präventivkontrolle". 117 Die Betriebsplanzulassung vermag es nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung nicht, den Adressaten vor repressiven Maßnahmen zu schützen.118 Sie dient der präventiven Gefahrenabwehr, lässt aber gerade wegen der mit bergbaulichen Betriebshandlungen von vorneherein über das normale Maß erhöhten Gefahrentendenz ein späteres Einschreiten zu, wenn durch die zugelassenen Betriebshandlungen Gefahren für die öffentliche Sicherheit herbeigeführt werden. 119 Die Sonderstellung des Bergrechts im Rahmen der Diskussion um die Legalisierungswirkung staatlicher Zulassungsakte ist in der Tat so evident, dass auch im Rahmen der herrschenden Meinung anerkannt ist, dass beigrechtliche Erlaubnisse keine Legalisierungswirkung zeitigen.120
I I I . Der Meinungsstand für das Bergrecht 1. Bergrechtlicher
Hintergrund
So wird mithin insbesondere für den Bereich des Bergrechts die Legalisierungsfunktion von Genehmigungen und insbesondere die Funktion des Abschlussbetriebsplans relativiert und eine umfassende Legalisierungswirkung grundsätzlich abgelehnt.121 Grund hierfür ist, dass im Bergrecht die Situation insbesondere mit der immissionsrechtlicher Anlagen 122 nicht vergleichbar ist, weil sich bei bergrechtlichen Gefährdungslagen die dort angelegten Risiken auch noch Jahrzehnte später aktualisieren können. Allen betrieblichen Vorgängen des Bergbaus wohnt wegen des Eingriffs in die Erdkruste von vorneherein eine im Verhältnis zum Normalmaß erhöhte Gefahrtendenz inne; 123 daher muss stets mit einer latenten Gefahr für die Oberfläche - wie durch den Austritt von Grubengas 124 - gerechnet werden. 125 Bereits unter dem Regime des Allgemeinen Berggesetzes sicherte die Betriebsplanzulassung nicht gegen repressive Ordnungsverfügungen der Bergbehörden. 126 116
Breuer, JuS 1986, 359 (362). Breuer, JuS 1986, 359 (362). 118 Wagner, Öffentlich-rechtliche Genehmigung und zivilrechtliche Rechtswidrigkeit, S.48. 119 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 598 (590); näher dazu sogleich unter II. 120 Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (478). 121 OVG Münster, UPR 1984,279f. = ZfB 125 (1984), 367 (376); UPR 1985,250. VG Köln, ZfB 137 (1996) 89, 93. 122 Diese bilden ein Hauptanwendungsfeld einer Legalisierungswirkung, siehe vorstehend II. 123 OVG Münster UPR 1985, 250. OVG Münster, ZfB 138 (1997), 36; OVG Lüneburg, AS 14, 396 (403). 124 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590). 125 OVG Münster, ZfB 138 (1997), 36; OVG Münster, UPR 1984, 279 = ZfB 125 (1984), 367 (374 ff.). 126 Breuer; JuS 1986, 359 (362). 117
D. Legalisierungswirkung von Genehmigungen
107
So hatte danach die Bergbehörde unabhängig davon, ob vorher eine Betriebsplanzulassung ergangen war, die erforderlichen Anordnungen zu treffen, sofern die drohende Beeinträchtigung bergrechtlicher Belange gegeben war. 127 2. Die Abschlussbetriebsplanzulassung im Rahmen der Grubengasproblematik Dieser Aspekt ist im letzten Jahr vom VGH Mannheim im Zusammenhang mit der Grubengasproblematik und im Hinblick auf die Zulassung des Abschlussbetriebsplans ausdrücklich unterstrichen worden. 128 Grundsätzlich schließt sich der VGH Mannheim der allgemeinen Ansicht an, dass bergrechtliche Betriebsplanzulassungen aus den soeben erläuterten Gründen keine Legalisierungswirkung entfalten können. Diese Frage bedarf nach dem VGH letztlich aber keiner abschließenden Erörterung. Denn selbst wenn man bergrechtlichen Genehmigungen grundsätzlich eine Legalisierungs wirkung zuerkennen wollte, schließt dies eine polizeiliche Inanspruchnahme des ehemaligen Bergwerksbetreibers nicht aus.129 Zum einen können die nach der Betriebsplanzulassung und der Entlassung aus der Bergaufsicht gegebenen polizeibehördlichen Eingriffsbefugnisse nicht stärker beschränkt werden als die ursprüngliche bergrechtliche Eingriffsermächtigung. 130 Der frühere Betreiber kann einer Anordnung zur Gefahrenbeseitigung die Legalisierungswirkung der Genehmigung jedenfalls in dem Umfang nicht entgegensetzen, als er auch während des Betriebs mit nachträglichen Anordnungen zu rechnen hatte.131 Insoweit besteht kein Vertrauen auf eine Legalisierungswirkung. In der Tat hätte die Bergbehörde eine Anordnung zur Gefahrenabwehr wegen des Austritts des Grubengases jederzeit nach § 71 Abs. 1 BBergG ergehen können. Unter dem Regime des Allgemeinen Berggesetzes wäre eine Anordnung in Nordrhein-Westfalen nach § 196 ABG möglich gewesen. Daher können entsprechende Maßnahmen auch nach Ende der Bergaufsicht noch nach allgemeinem Polizeirecht getroffen werden. Die Tatsache, dass die Bergbehörde die drohende Gefahr übersehen hat, führt nicht zur Entpflichtung des Betreibers. Denn genau für den Fall, dass möglicherweise erkennbare Gefahren übersehen werden, existiert die Möglichkeit zum Erlass nachträglicher Anordnungen. 132 Etwas anderes gilt auch nicht für den Abschlussbetriebsplan, der die Einstellung des Bergwerks abschließend regeln soll. Auch hieraus folgt keine Legalisierungswirkung für die Zukunft. Die Entlassung aus der 127 OVG Koblenz, DVB1. 1965, 70; Pfadt, Rechtsfragen zum Betriebsplan im Bergrecht, S. 108 f. 128 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590f.). 129 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590). 130 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590) mit Verweis auf Breuer, JuS 1986, 359 (363). 131 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590) mit Verweis auf Kutscheidt, NVwZ 1986, 622. 132 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590).
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§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit
Bergaufsicht, die viele Jahre nach der eigentlichen Betriebseinstellung liegen kann, zeigt lediglich auf, dass die Behörde prognostisch davon ausgeht, dass eine besondere gesteigerte Gefahr, die die bergrechtliche Überwachung bisher erforderlich machte, nicht mehr vorliegt. 133 Dies stellt aber keine Haftungsfreistellung dar. Die Erfüllung einer der Gefahrenabwehr dienenden bergbehördlichen Anordnung kann nicht die Polizeipflichtigkeit als solche zum Erlöschen bringen. 134 Im konkreten Fall, den der VGH Mannheim zu entscheiden hatte, ergab sich denn auch keine Legalisierungswirkung mit der Folge einer weitergehenden Haftungsfreistellung. 135 Ausgehend davon, dass die Reichweite der Legalisierungswirkung sich nach dem Regelungsgehalt der Genehmigung richtet, konnte diese nur soweit gehen, als im Abschlussbetriebsplan hinsichtlich der durch den Gasaustritt verursachten Gefahrenlage abschließende Anordnungen getroffen wurden. Dies war dort nicht der Fall. Der Abschlussbetriebsplan regelte nur die Verfüllung von Schächten des Kalisalzbergwerks, jedoch nicht die kontrollierte dauerhafte Gasabführung. Im Zulassungsverfahren wurden alleine die Fragen geprüft, mit welchem Material die Schächte zu verfüllen waren und wie der Wassereintritt in die Lagerstätte verhindert werden kann. Nicht wurde dabei die Frage des Gasaustritts mitgeregelt. Die objektive Erkennbarkeit der Grubengassituation spielt dabei, nach dem eben Gesagten, keine Rolle. Die polizeirechtliche Normallage ist gerade dadurch geprägt, dass dem Störer auch hinsichtlich der Schadensbeseitigung das volle Risiko einer Veränderung des Kenntnisstands auferlegt wird. 136 IV. Haftungsausschluss wegen behördlicher Duldung bzw. Vernachlässigung staatlicher Überwachungspflichten? Neben der Legalisierungswirkung von Genehmigungen werden auch die Institute der behördlichen Duldung und die behördliche Nachlässigkeit als Beschränkungen thematisiert. 137 Der Fall behördlicher Duldungen ist indes nur schwer auf die Grubengasproblematik übertragbar. Da die Abbautätigkeit und daher auch das Anlegen von Schachtanlagen nicht nur geduldet, sondern volkswirtschaftlich erwünscht war, 138 ist hier die Situation nicht gegeben, in der der Verursacher eine Tätigkeit vornimmt, die trotz ihrer evidenten Schädlichkeit von der Behörde in Kauf genommen worden ist. Allerhöchstens ist denkbar, dass die Bergbehörde den Abbau geduldet hat, ohne dass dieser mit besonderen betriebsplanbedingten Sicherheitsmaßnahmen reglementiert war. 133
VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590). VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590) mit Verweis auf OVG Münster, ZfB 125 (1984), 367 (375). 135 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (590f.). 136 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000,589 (591); VGH Mannheim, NVwZ-RR 1996, 387; Seibert, DVB1. 1992, 664 (670); Kloepfer, NuR 1987, 7. 137 Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (480f., 484ff.). 138 Siehe oben §3C.V. 134
E. Zeitliche Grenzen der Verantwortung
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Grundsätzlicher Haupteinwand gegen die Konstruktion der behördlichen Duldung ist indes, dass Überwachungspflichten gerade im öffentlichen Interesse und nicht gegenüber dem Anlagenbetreiber im Hinblick auf die Minderung seines Haftungsrisikos bestehen.139 In der Konsequenz ergibt sich daher auch kein Haftungsausschluss wegen Vernachlässigung staatlicher Überwachungspflichten. 140 In Betracht kommt höchstens eine Minderung der Verantwortlichkeit des Verursachers aus Gründen des Schutzes von Vertrauen, das sich aufbauen konnte, weil die Behörde rechtswidrig nicht einschritt. 141 Die Kenntnis der Gefährlichkeit der eigenen Aktivität verhindert indes die Bildung von Vertrauen. 142 Die Bergbaubetriebe dürften regelmäßig um die Gefahr zumindest der Bildung von Grubengasen gewusst haben, die dann später auch austreten können; auch diese Folge wird oder muss bekannt sein. 143
E. Zeitliche Grenzen der Verantwortung I. Überblick Auch aus zeitlicher Dimension könnten sich unter den Aspekten der Verwirkung und Verjährung Schranken der Inanspruchnahme ergeben. Dann, wenn die Verursachung namentlich durch Bergbau lange Zeit zurückliegt oder gegebenenfalls qua Rechtsnachfolge in die abstrakte Polizeipflicht über Jahrzehnte perpetuiert wird, 144 stellt sich die Frage, ob die Verursacherverantwortlichkeit nicht in entsprechender Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften ihr Ende finden kann. Denn die mit der Perpetuierung der abstrakten Polizeipflicht einhergehende Ewigkeitshaftung kann zu einer zeitlichen Überforderung des Rechtsnachfolgers als Polizeipflichtigem führen. Dessen Inanspruchnahme kann theoretisch unendlich lange seit Begehung des Verursacherbeitrages zurückliegen. 145 Das daraus resultierende Bedürfnis nach zeitlicher Begrenzung wird auch im Zusammenhang mit der Grubengasproblematik diskutiert. 146
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BGHZ 39, 358 (362 ff.); Brandt, Altlastenrecht, IV D Rn.67. Pietzcker, JZ 1985, 209 (215); so aber Papier, Altlasten und polizeirechtliche Störerhaftung, S. 43 f.; ders., DVB1.1985,873 (877) im Hinblick auf die Sondersituation im DDR-Recht Müller/Süß, altlasten spektrum 1999, 91 (93 ff.). 141 Dazu unten im Rahmen der Verwirkung unter F. II. 2. 142 Allgemein in diesem Zusammenhang Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 335. 143 Vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591). 144 Vgl. oben § 4 D. 145 Zum Überblick Wieland, Die Verjährungsproblematik im Altlastenrecht. 146 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591). 140
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§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit
II. Ansatz: Gefahrbeseitigungsanspruch Zunächst ist zu klären, welches Element genau der zeitlichen Begrenzung unterliegen soll. Zunächst bietet sich hierfür der Kostenersatzanspruch der Behörde gegen den Störer nach erfolgter Ersatzvornahme an. Im Bereich der Grubengasproblematik kann zwar teilweise der Störer nicht selbst die Gefahrbannung besorgen, wenn auch Bergbaubetriebe hierzu in der Lage sein werden. Indes kann die Behörde jedenfalls die notwendigen Maßnahmen im Wege der Verwaltungsvollstreckung durch beauftragte Unternehmen durchführen lassen, wenn etwa wegen Gefahr im Verzug oder fehlender eigener technischer Möglichkeiten nicht gewartet werden kann. Die Ansprüche gegen den Störer auf Kostenersatz der Maßnahme unterliegen als vermögensrechtliche Ansprüche problemlos der Verjährung. 147 Jedoch entstehen diese Kostenersatzansprüche frühestens ab dem Zeitpunkt der Durchführung der Ersatzvornahme. Daher kann hier eine zeitliche Begrenzung nicht greifen. Der konkrete Kostenerstattungsanspruch ist nämlich ein Produkt aktueller Geschehnisse, das an jüngste Ereignisse wie die Gefahrbannung an sich anknüpft. 148 Die materielle Polizeipflicht an sich kann keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen. Ihr korrespondiert nämlich unmittelbar zunächst kein Recht, von der Behörde ein Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen. Die Behörde muss diese Pflicht erst im Wege der Heranziehung konkretisieren. 149 Entsprechend unterliegt auch die Eingriffsbefugnis der Behörde keiner zeitlichen Begrenzung. Es liegt auf der Hand, dass die Behörde ihre Kompetenz einzuschreiten nicht verliert. 150 Ansatz der zeitlichen Begrenzung muss daher der Anspruch der Behörde gegen den Störer auf Gefahrbeseitigung sein. Dieser ergibt sich aus der materiellen Polizeipflicht des Störers und wird in seiner konkreten Ausgestaltung in Form des Verwaltungsaktes aktualisiert, wenn die Behörde den Störer ordnungsrechtlich heranzieht. Dieser Gefahrbeseitigungsanspruch könnte wie Ansprüche des bürgerlichen Rechts oder des öffentlich-rechtlichen Vermögensverwaltungsrechts zeitlichen Grenzen unterliegen. Denkbar ist, dass der Anspruch verjährt oder der Verwirkung unterliegt. Es ist mithin dieser Gefahrbeseitigungsanspruch, der bipolar ausgestaltet den angesprochenen Regulativen unterliegen könnte. 147
Vgl. BVerwGE 28, 336 (338). Aus diesem Grund will Martensen, NVwZ 1997,442 den Beginn des Laufes der Verjährung bereits auf den Zeitpunkt der objektiven Gefahrerkennbarkeit vorverlagern. Diese auf die Sekundärebene begrenzte Lösung würde im Rahmen des Altlastenrechts und innerhalb des Geltungsbereiches des Bundes-Bodenschutzgesetzes allerdings zu unvereinbaren Friktionen mit § 24 Abs. 2 und § 25 BBodSchG führen, da sie wegen der dort möglichen Rückgriffsansprüche bei Fortbestand der primären Polizeipflicht nicht geeignet wäre, einen endgültigen Rechtsfrieden zu garantieren. Erlischt die primäre Polizeipflicht in Form des Gefahrbeseitigungsanspruchs nicht durch Verjährung, kann weiterhin auf den betreffenden Störer zugegriffen werden. Vgl. Schapmann, Der Sanierungsvertrag, S.61. 149 Ossenbühl, NVwZ 1995, 547; Martensen, NVwZ 1997,442 (443). 150 Martensen, NVwZ 1997,442 (443). 148
E. Zeitliche Grenzen der Verantwortung
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I I I . Die vorgeschlagenen Regulative Diese Frage, ob die polizeiliche Ordnungspflicht verjähren kann, ist zuerst im Altlastenrecht aufgetreten. Das Altlastenrecht hat typischerweise Fallgestaltungen zum Gegenstand, bei denen die Gefahr schon lange besteht, auch wenn sie wegen der für diese Fälle typischen Latenz lange verborgen geblieben ist. So stellte sich bereits vor In-Kraft-Treten des Bundes-Bodenschutzgesetzes im Zusammenhang mit Altlasten die Frage, ob der Verhaltens- oder Zustandsstörer einer Ewigkeitshaftung für Altlasten bzw. für sogenannte „Uraltlasten" unterliegt. 151 Diese „Ewigkeitshaftung" wird teilweise als unbillig angesehen: Insbesondere im Hinblick auf die oftmals mehr als 70 Jahre zurückliegende Entstehung von Altlasten - oder bergrechtlichen Gefahren - erscheint eine verfassungskonforme Reduktion der Störerhaftung auch in zeitlicher Hinsicht geboten.152 Insbesondere Ossenbühl 153 und Kothe 15* schlagen deshalb vor, die Ordnungspflicht über die Institute der Verjährung, der Verwirkung und des Verzichts zu begrenzen.155 IV. Verzicht und Verwirkung 1. Das Verhältnis des Verzichts zur Verwirkung Zu beachten ist bei den vorgeschlagenen Modellen zunächst, dass der Verzicht selbst keinen Zeitbezug aufweist. 156 Dabei geht es vielmehr um eine voluntative Entscheidung der Behörde, den Anspruch gegenüber den Pflichtigen auf Gefahrbeseitigung nicht geltend zu machen. Zu diesem Verzicht ist die Behörde im Rahmen der Gefahrbeseitigung nicht ohne Weiteres berechtigt. 157 Maßnahmen des Ordnungsrechts bestehen grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit. Auf diese Maßnahmen kann die Behörde grundsätzlich nicht verzichten. 158 Demgegenüber soll die Verwaltung ihr Recht auf Ausübung des Gefahrbeseitigungsanspruchs als Konsequenz eines Zeitablaufs dann verlieren können, wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg den Eindruck erweckt, sie werde den Betref151
Anschaulich Kniesel, BB 1997, 2009 (2013). VG Köln, NVwZ 1994, 930; Ossenbühl, NVwZ 1995, 547ff.; Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (477). 153 Ossenbühl, NVwZ 1995, 547; der s., Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S.74ff. 154 Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (484ff.); ders., Altlasten und schädliche Bodenveränderungen, Rn. 298. 155 Vgl. auch Becker, BBodSchG, §4 Rn.47. 156 BVerwGE 44, 339 (343); VGH München, BayVBl. 1974, 559. 157 Ausnahmen können im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages bestehen, vgl. unten § 10. 158 Papier, Altlasten und polizeirechtliche Störerhaftung, S. 45; siehe auch Brandt, Altlastenrecht, IV D Rn.65; Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (485 f.). 152
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fenden nicht in Anspruch nehmen. Sofern sich deshalb ein Vertrauensverhältnis beim Pflichtigen dahingehend entwickelt, dass er davon ausgeht, die Behörde werde ihn auch in Zukunft nicht in Anspruch nehmen, kann im Einzelfall der Vertrauensschutz überragen. 159 Der Behörde kann es dann verwehrt sein, den Betreffenden in Anspruch zu nehmen. Grundlage eines solchen Vertrauens muss dabei nicht unbedingt ein „Verzicht" der Behörde sein, den Gefahrbeseitigungsanspruch ihm gegenüber zu realisieren. Dieser wäre im Bereich des Ordnungsrechts ohnehin unter dem - eben erwähnten - Aspekt der generellen Unverzichtbarkeit des Gefahrbeseitigungsanspruchs sehr zweifelhaft. 160 Das grundsätzlich geschützte Vertrauen kann sich auch darauf beziehen, dass der Pflichtige davon ausgeht, die Behörde wolle nicht ihn, sondern einen anderen Störer heranziehen, wenn sie ihn nicht bereits herangezogen hat, und werde daher den Betreffenden verschonen. Dieses Vertrauen im Rahmen der Betätigung des behördlichen Auswahlermessens kann insbesondere bei Fallgestaltungen im Rahmen des Bundes-Bodenschutzgesetzes auftreten. Durch die dort vorhandene große Auswahl an potenziell Pflichtigen besteht hier die Gefahr, dass sich auf der Seite eines Pflichtigen Vertrauen bilden kann, er werde im Rahmen der Ermessensausübung verschont. Ist dieses Vertrauen besonders schützenswert, weil die Behörde entgegen Treu und Glauben den dieses Vertrauen auslösenden Eindruck erregt hat, den Pflichtigen zu verschonen bzw. einen anderen heranziehen, kann sie ihren Gefahrbeseitigungsanspruch nach einem diesen Umstand bestärkenden Zeitablauf eventuell verwirken. 2. Verwirkung Ist die Legalisierungswirkung von Genehmigungen bzw. behördlichen Duldungen genehmigungsbedürftiger Vorhaben unter dem Aspekt der Abwägung des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes grundsätzlich und bei bergbaubedingten Gefahren im Besonderen 161 abzulehnen, kann die Hinnahme von Gefahren unter dem Aspekt der Verwirkung 162 Bedeutung entfalten, die wiederum auf dem Grundsatz von Treu und Glauben basiert. 163 Eine Verwirkung der Verantwortlichkeit erfordert neben einem Zeitelement die Setzung eines Vertrauenstatbestandes in die rechtliche Situation. Es muss rechtsmissbräuchlich und treuwidrig erscheinen, dass die Behör159 DrewslWackelVogellMartens, Gefahrenabwehr, S. 387; vgl. für den Vertrauensschutz im Hinblick auf die Unterlassung eines gewerberechtlichen Einschreitens BVerwG, DVB1. 1965, 525. 160 Dazu näher sogleich unter 2. 161 Siehe oben unter D. sowie § 3 C. 162 Dazu insbesondere Ossenbühl, Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S. 78 ff. mit Verweis auf VG Köln, NVwZ 1994, 927 (930). 163 BVerwGE 52, 16 (25); 44, 339 (343) VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591); NVwZ-RR 1996, 387; Schoeneck, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 10 Rn. 14.
E. Zeitliche Grenzen der Verantwortung
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de den Pflichtigen zur Sanierung gerade zum jetzigen Zeitpunkt verpflichtet. Dies scheint dann der Fall, wenn die Behörde vorher die Bodenschädigung sehenden Auges hingenommen hat. 165 Wie gesehen ist ein Umstandsmoment im Sinne einer Verwirkung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Verwirkung muss auch nicht an der generellen Unverzichtbarkeit der Behörden auf ihre Eingriffsbefugnisse scheitern. 166 Die dazu führenden Belange können im Konflikt mit den gegen eine Inanspruchnahme sprechenden Aspekten auf Seiten des Betroffenen geraten, namentlich in Gestalt des Vertrauensschutzes. Diese blieben einfach unbeachtet, wenn eine Verwirklichung völlig ausgeschlossen wäre. Da beide Elemente (verfassungs-)rechtlich abgesichert sind, bedarf es eines Ausgleichs. Dann fungiert der Vertrauensschutz als Grenze der Inanspruchnahme und macht die Einzelfallsituation entscheidend.167 Daraus ergibt sich, sofern das Vertrauen mit einem Zeitmoment zusammenfällt, der Anwendungsbereich der Verwirkung. Grund für die Unverzichtbarkeit ist, dass die ordnungsrechtlichen Eingriffsbefugnisse im Allgemeininteresse eines geordneten Gemeinwesens bestehen.168 Der eigentlich von einer Verwirkung Betroffene ist aber nicht die Verwaltung, sondern der durch den Störer beeinträchtigte Private, wenn dieser einen Anspruch auf polizeiliches Einschreiten hat. Dann muss dessen Verzichtsbereitschaft entscheidend sein. 169 Sind indisponible Güter wie das Leben betroffen, genügt sie freilich nicht. 170 Bei austretenden Grubengasen besteht vielfach Lebensgefahr, jedenfalls aber Gesundheitsgefahr, mit der die Betroffenen kaum werden leben wollen bzw. können. Eine Verwirkung behördlicher Eingriffsbefugnisse scheidet von daher regelmäßig aus. Folgt man diesem Rückbezug der Verzichtsbereitschaft auf die Betroffenen nicht bzw. scheidet sie wegen der Betroffenheit indisponibler Rechtsgüter aus, ist eine Übernahme der Wertungen des Zivilrechts zu überlegen. Das Rechtsinstitut der Verwirkung setzt auch im Zivilrecht grundsätzlich die subjektive Verfügbarkeit von Ansprüchen voraus, 171 die im Polizei- und Ordnungsrecht nicht gegeben sein kann. Eine Analogie zum Zivilrecht muss sich aber von daher nicht zwingend verbieten. 172 Unter den Aspekten des grundsätzlich gewährleisteten Vertrauensschutzes und des damit verbundenen Übermaßverbotes kann der Betreffende dann zu schüt164
Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (487). Becker, BBodSchG, §4 Rn.47. 166 Vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591). 167 Siehe Ossenbühl, Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S.79f. 168 Kloepfer, NuR 1987, 7 (12). 169 Hillgruber, Der Schutz des Menschen vor sich selbst, S. 134ff. 170 Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 336. 171 VGH München, BayVBl. 1974, 559; Wolff/ BachofiStober, Verwaltungsrecht I, §37 Rn. 17; Bauer, DV 23 (1990), 211 (214); auch BVerwGE 76, 176. 172 Becker, BBodSchG, § 4 Rn. 47; Schoeneck, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 4 Rn. 14. 165
8 Frenz
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zen sein, wenn er im Rahmen der behördlichen Ermessensausübung davon ausgehen konnte, nicht herangezogen zu werden. Dies soll insbesondere dann gelten, wenn die Gefahr den Beteiligten schon über einen langen Zeitraum hinweg bekannt bzw. die Gefahr objektiv erkennbar war. 173 Entscheidender Gedanke hinter der Verwirkung ist danach also, dass die Gefahr als solche und das behördliche Einschreiten über Jahre hinweg in solchem Maße aktuell war, dass sich ein Vertrauen überhaupt aufbauen konnte, gerade der betreffende Störer werde von der Haftung ausgenommen. Dieses Vertrauen kann sich nur entwickeln, wenn die Gefahrsituation und die behördliche Inanspruchnahme als solche sich schon hinreichend abzeichnet. Dann aber weiß auch das entsprechende Unternehmen um die Gefährlichkeit seines Tuns; diese Kenntnis schließt an sich Vertrauen gerade aus. 174 Zudem verfügt die Behörde über ein Opportunitätsermessen, warum sie einschreitet, 175 so dass auch nach Verstreichen einer längeren Zeit immer noch mit dem Eingreifen gerechnet werden muss. Argumentiert man mit dem VG Köln, dass durch den Opportunitätsgrundsatz, der das „Wie" und das „Wen" der Inanspruchnahme ins Ermessen der Behörde stellt, ein gewisser behördlicher Dispositionsspielraum besteht,176 müssen individuelle Vertrauensschutzaspekte mit dem behördlichen Gefahrbeseitigungsinteresse in Einklang gebracht werden. Dann aber steht der auf Interessenausgleich bezogene Einzelfall im Vordergrund. Im Ergebnis bedeutet dies: Die gesamte Situation muss dabei unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit und Störerauswahl geprüft werden. Eine angemessene Inanspruchnahme ist dann auch bei einem „Uraltstörer" bzw. bei dessen Rechtsnachfolger gegeben, wenn es keine anderen gefahrnäheren Störer gibt. Umgekehrt kann eine Inanspruchnahme unangemessen bzw. ermessensfehlerhaft sein, wenn gefahrnähere Störer bei gleichem Effektivitätsergebnis ebenfalls heranziehbar sind. Eine formalistische Festlegung auf ein Verwirkungsinstitut wird daher zu Recht im Zusammenhang mit der Begrenzung ordnungsrechtlicher Pflichten zu Gunsten einer Lösung über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgelehnt.177 V. Verjährung Im Vordergrund der Erwägungen einer zeitlichen Begrenzung steht jedoch das Institut der Verjährung. Dieses stützt sich allein auf den Zeitablauf ab einem isolierbaren Zeitpunkt und bedarf im Gegensatz zur Verwirkung nicht eines zusätzlichen Umstandsmomentes.178 173
VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591). Siehe oben § 8 D. IV. 175 In anderem Zusammenhang Randelzhof erIWilke, Die Duldung als Formflexiblen Verwaltungshandelns, S.55f. 176 NVwZ 1994, 927 (930). 177 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591). Zu dieser Lösung siehe unten VI. 178 Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (484ff.). 174
E. Zeitliche Grenzen der Verantwortung
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1. Ansatz Denkbar ist die zeitliche Begrenzung der Ordnungspflicht durch Verjährung des Gefahrbeseitigungsanspruchs analog den zivilrechtlichen in §§ 194 ff. BGB normierten Regelungen. Die durch den Gefahrbeseitigungsanspruch vermittelte Ordnungspflichtigkeit knüpft konsekutiv an einen Verursachungsbeitrag an. Die Verjährung als kein ausschließlich dem Zivilrecht zuzuordnendes Rechtsinstitut könnte mithin eingreifen, um die daraus erwachsende Pflicht zu begrenzen. Immerhin unterliegen öffentlich-rechtliche Ansprüche, jedenfalls vermögensrechtlicher Art, genau wie zivilrechtliche Ansprüche der Verjährung. 179 Der Vorteil gegenüber der Verwirkung ist der, dass die Verjährung schon früher zu laufen beginnt und auch einer festen Frist unterliegt. Diese feste Frist beträgt im Zivilrecht gem. § 195 BGB regelmäßig 30 Jahre. Wegen dieser klaren und berechenbaren Rechtsklarheits- und Rechtssicherheitsfunktion der Verjährung schlägt Ossenbühl vor, auch im Ordnungsrecht § 195 BGB jedenfalls entsprechend anzuwenden.180 Immerhin weise ja auch der ordnungsrechtliche Gefahrbeseitigungsanspruch vermögensrechtliche Züge auf, insbesondere da, wo es - wie im Umweltordnungsrecht - um die Erstattung der Kosten der Ersatzvornahme gehe.181 Daher wird vertreten, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Gefahrbeseitigungskosten vermögensrechtlicher Art sei. Dieser Anspruch sei auch nach der herrschenden Meinung verjährbar. Hintergrund der Verjährung ist, dass sie dem Rechtsstaatsprinzip entstammt und Rechtssicherheit und Rechtsfriede gewährleistet. Nach dem Ablauf von spätestens dreißig Jahren soll Rechtsfrieden einkehren können. Dies ist auch der Hintergrund der bürgerlichrechtlichen Verjährungsnormen §§ 195, 852 BGB. 1 8 2 Der Schuldner soll nicht mit Forderungen konfrontiert werden, die durch den zwischenzeitlichen Zeitablauf schon der „verdunkelnden Macht der Zeit" ausgesetzt waren. 183 Dabei hat die Verjährung gerade auch einen prozessökonomischen Hintergrund. Die Gerichte sollen nicht mit solchen schwer durchsetzbaren Ansprüchen belastet werden. 184 Die Verjährung kann vor diesem Hintergrund auch im Falle nichtvermögensrechtlicher öffentlich-rechtlicher Ansprüche als ein Instrument zur Schaffung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden angesehen werden. Vielfach wird daher eine verfassungskonforme Reduktion der ordnungsrechtlichen Haftung in zeitlicher 179
BVerwGE 75, 173 (179); 69, 227 (223); 66, 256 (257 ff.); Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (486). 180 Ossenbühl, NVwZ 1995, 547; ders., Zur Haftung des Gesamtrechtnachfolgers für Altlasten, S. 74 ff. 181 So auch VG Köln, NVwZ 1994, 927. Vgl. auch Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (484ff.); Schulz, Die Lastentragung bei der Sanierung von Bodenkontaminationen, S. 328 f. 182 Würtenberger, in: Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht II, 1. Aufl., Kap. 7 Rn. 365. 183 Mugdan, Motive zum BGB, Bd. 1, S.512. 184 Mugdan, Motive zum BGB, Bd. 1, S. 512. 8*
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Hinsicht gefordert. Durch sich über einen langen Zeitraum teilweise latent entwickelnde ordnungsrechtliche Sachverhalte und der Tatsache, dass sich die Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers über mehrere gesellschaftsrechtliche Rechtsnachfolgetatbestände „aufaddieren" kann, 186 besteht ein Bedürfnis zur zeitlichen Begrenzung. Diesem Bedürfnis wird in der Rechtsordnung durch das Verjährungsinstitut Rechnung getragen. 187 Von daher bietet sich das Institut, das ja nicht auf zivilrechtliche Sachverhalte begrenzt ist, auch im Ordnungsrecht an. 188 2. Meinungsstand a) Die die Verjährung befürwortende Ansicht Ossenbühl vertritt deshalb die Auffassung, dass nach dem Ablauf der Verjährung der Staat den Handlungsstörer als solchen nicht mehr heranziehen kann. 189 Damit begibt sich die Behörde aber nicht ihrer Eingriffsbefugnis gegenüber diesem spezifischen Störer, 190 sondern hat nach wie vor die Möglichkeit, diesen im Wege der Notstandsinanspruchnahme heranzuziehen.191 Ähnliches vertrat bisher auch Würtenberger. Er befürwortete die analoge Anwendung der zivilrechtlichen VerjährungsVorschriften zur Begrenzung der Ewigkeitshaftung. Da sogar die Verfolgung von Straftaten, die mit lebenslanger Haft bedroht sind, in dreißig Jahren verjähre, müsse auch der Gefahrbeseitigungsanspruch der Behörde innerhalb dieses Zeithorizontes ihr Endefinden können. 192 Im Rahmen des Altlastenrechtes änderte Würtenberger jedoch seine Ansicht, da er durch die Regelung des Bundes-Bodenschutzgesetzes im Jahr 1998 keine planwidrige Regelungslücke mehr sah, die die analoge Anwendung zivilrechtlicher Verjährungsregeln hätte rechtfertigen können.193 Außerhalb des Bereichs des spezialgesetzlich behandelten Altlastenrechts ist diese Regelungslücke allerdings noch nicht „verbaut", so dass durchaus eine Analogie zu den Normen des BGB denkbar ist. 185 Für das Altlastenrecht: Kniesel, BB 1997,2009 (2013); Gärtner, UPR 1997,452; Oerder, in: ders./Numberger/Schönfeld, BBodSchG, §4 Rn. 18. 186 Spieth/Wolfers, NVwZ 1999, 355 (360). 187 Kothe, VerwArch. 88 (1997), 456 (486). 188 Ossenbühl, Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S. 75 f.; ders., NVwZ 1995, 547 (548). 189 Ossenbühl, Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S. 74f.; ders., NVwZ 1995, 547 (548 ff.). 190 So aber Maas, Die Verjährung im öffentlichen Recht, S. 13 f., 60f. 191 Ossenbühl, Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S. 76f.; ders., NVwZ 1995, 547 (549); Wieland, Die Verjährungsproblematik im Altlastenrecht, S. 123 f. 192 Würtenberger, in: Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht II, 1. Aufl., Kap. 7 Rn. 365. Im Anschluss daran auch Wieland, Die Verjährungsproblematik im Altlastenrecht, S. 177. 193 Würtenberger, in: ders./Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, Rn.621.
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b) Die herrschende Meinung Die herrschende Meinung 194 und die Rechtsprechung195 lehnen nach wie vor eine zeitliche Grenze für die polizeirechtliche Haftung im Sinne einer Verjährung des Gefahrbeseitigungsanspruchs ab. Das fügt sich in die generelle Judikatur gerade auch im öffentlichen Recht ein. Eine entsprechende Anwendung des zivilrechtlich geprägten Verjährungsrechts im Rahmen des öffentlichen Rechtes ist von der Rechtsprechung bisher nur für originär vermögensrechtliche Ansprüche befürwortet worden. 196 Der Gefahrbeseitigungsanspruch ist aber kein originär vermögensrechtlicher Anspruch, auch wenn er letztlich auf die Kostentragungslast der ordnungsbehördlichen Ersatzvornahme hinausläuft. Grund hierfür ist, dass dem primären Gefahrbeseitigungsanspruch und dem sekundär-kostenrechtlichen Ersatzanspruch auf Geld letztlich zwei unterschiedliche Zurechnungsebenen zugrunde liegen. 197 Die Polizeipflicht ist also nicht vermögensrechtlicher Art und unterliegt deshalb nicht der zivilrechtlichen Verjährung. 3. Unübertragbarkeit zivilrechtlicher in das Ordnungsrecht
Verjährungsregeln
Eine Parallele zu den Verjährungsregelungen des BGB verbietet sich tiefergehend deshalb, weil das hoheitliche Einschreiten wegen einer Gefahr auch in seiner Ausgestaltung als Gefahrbeseitigungsanspruch kein Recht im Sinne von § 194 BGB ist, von einem Anderen ein Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen. Es liegen insoweit zwei grundverschiedene, inkompatible Interessenlagen vor: Die Ordnungspflicht ist ein auf Aktualitätsbezug angelegtes Dauerrechtsverhältnis, das prinzipiell nicht wie zivilrechtliche Ansprüche der zeitlichen Entkräftung unterliegt. 198 Auch ist im Ordnungsrecht ein Desinteresse des „Gläubigers" unvorstellbar, seinen Anspruch nicht geltend zu machen. Dieses Desinteresse ist neben den oben genannten Gründen 199 ein Rechtfertigungsgrund für die zivilrechtliche Verjährung. 200 Im Ordnungsrecht gibt es demgegenüber im jeweiligen Rahmen des Opportunitätsermessenes eine gesetzliche Pflicht zur Geltendmachung von Eingriffsrechten. 201 Weil es
194 Schink, DÖV 1999, 797 (804f.); Lange, Die verwaltungsrechtliche Verjährung, S.21 m.w.N.; Schenke, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, II Rn. 181; von Mutius/Nolte, DÖV 2000, 1 (5); Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 3 Rn. 181 ff. 195 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1996,387 (390); NVwZ-RR 2000,589 (591); OVG Münster, NVwZ 1997, 507 (511); ZfB 138 (1997), 36 (42); VGH München, UPR 1997, 193. 196 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1969, 387 (390); BVerwGE 28, 336 (338). 197 Das muss sogar Ossenbühl, Zur Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten, S.66 konzedieren. 198 OVG Münster, NVwZ 1997, 507 (511). 199 Siehe oben 1. 200 Mugdan, Motive zum BGB, Bd. 1, S. 512. 201 Lisken, in: ders./Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap.C Rn. 1 ff.
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im Ordnungsrecht gerade nicht unschädlich ist, wenn der Staat seinen Gefahrbeseitigungsanspruch nicht geltend macht, kann auch das Motiv des Desinteresses auf Gläubigerseite eine Verjährung dort nicht rechtfertigen. Da mithin im Herauslösen von Normen aus dem Kontext einer fremden Teilrechtsordnung zugleich die Gefahr der Verfälschung der Normaussage liegt, 202 muss vorliegend von einer Projektion des Zivilrechts auf das Ordnungsrecht abgesehen werden. Unabhängig von dem Problem, dass damit nicht die Bedenken gegen die Verjährung der Eingriffskompetenz an sich ausgeräumt sind, da der Staat ja immerhin auch dann auf einen Teil seiner Eingriffskompetenzen verzichtet, 203 ist die Verlagerung auf die Inanspruchnahme des Nichtstörers dahingehend zu kritisieren, dass dieser letztlich gegen den Staat einen Ausgleichsanspruch aus seiner Inanspruchnahme haben kann. Ebenso ginge eine Verjährung regelmäßig zu Lasten des Zustandsstörers. 204 Dessen Haftung kann schon theoretisch gar nicht verjähren, weil sein Haftungsgrund, das aktuelle Eigentum,205 nicht zeitlich punktuell wie die Verursachung ist und so gar kein Zeitpunkt gegeben ist, von dem ab die Zustandsverantwortlichkeit verjähren könnte. Fiele zudem die Verantwortlichkeit des Zustandstörers aus den vom Bundesverfassungsgericht 206 genannten Gründen aus,207 ginge die Haftung letztendlich zu Lasten der Allgemeinheit. 208 Diese Belastung der Allgemeinheit ist aber ohne gesetzliche Grundlage gar nicht zu rechtfertigen. Schließlich herrscht das Verursacherprinzip und gerade nicht das Gemeinlastprinzip vor. 209 Der Verursacher einer zeitlich weit zurückliegend begründeten Gefahr bzw. dessen Rechtsnachfolger stehen der Verursachung und einer sich daraus ergebenden Pflichtigkeit immer noch näher als die Allgemeinheit der Steuerzahler. Das verfassungsrechtlich verankerte 2 1 0 Verursacherprinzip steht mithin einer gesetzlich nicht fundierten Verjährung der Verursacherverantwortlichkeit entgegen.211 Es weist nämlich die Verantwortlichkeit dem Privaten dann zu, wenn dieser gesetzlich zur Vermeidung, Bannung und Beseitigung der Störung ins Visier genommen wird. Das allgemeine Polizeiund Ordnungsrecht erlegt vornehmlich dem Handlungs- und dem Zustandsstörer Pflichten auf, erst in zweiter Linie dem Nichtstörer bzw. der Allgemeinheit. Die Entscheidung entgegen dieser gesetzlich geordneten und verfassungsrechtlich begrün202
Vgl. bereits Krause, VerwArch. 61 (1970), 297 (301). Ossenbühl, DVB1. 1990, 963; Jarass, VVDStRL 50 (1991), 238; Martensen., NVwZ 1997, 442 (444). 204 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1996, 387 (390). 205 BVerfG, DVB1. 2000, 1275 (1277); Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S.254. 206 BVerfG, DVB1. 2000, 1275. 207 Siehe dazu oben Β.IV. 208 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1996, 387 (389). 209 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 81. 210 Näher Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 93 ff. 211 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1996, 387 (390). 203
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deten Verantwortungsteilung bedarf daher ihrerseits des Vorbehalts des Gesetzes. Dies ergibt sich aus der Wesentlichkeitstheorie, wonach es für wesentliche Entscheidungen in grundlegenden normativen Bereichen immer einer gesetzlichen Norm bedarf. 212 Einen Vortritt des Gemeinwohlprinzips müsste der Gesetzgeber daher schon selbst anordnen. 213 Dasselbe gilt auch für die Verträglichkeit der ordnungsrechtlichen Verjährung mit dem Prinzip der gerechten Lastenverteilung, das verfassungsrechtlich seine Fundierung in Art. 3 GG findet. 214 Da durch den Gleichheitssatz staatliches Handeln insoweit vorprogrammiert wird, dass ein bestimmter Störertyp nicht - ohne gesetzlich fundierten Grund - einseitig aus der Haftung genommen werden kann, während der Andere, nämlich der Zustandsstörer, als Garant für die Gefahr einzustehen hat, bedürfte es auch unter diesem Aspekt einer gesetzlichen Regelung, die die Verjährung explizit anordnet. 215 Die Auffassung, die eine Verjährung im Rahmen des Ordnungsrechts vertritt, nimmt daher eine vom Verursacherprinzip losgelöste Risikoverteilung vor und erkennt letztlich nicht das entscheidende Differenzierungskriterium zwischen Allgemeinheit und Altverursacher an, nämlich die größere Gefahrnähe von Letzterem. Schließlich streitet auch das besondere öffentliche Interesse an der Gefahrbeseitigung 216 dafür, eine gesetzliche Verjährungsgrundlage zu fordern. 217 Dieses besondere öffentliche Interesse einzuschränken, stellt gleichfalls eine wesentliche, dem Gesetzgeber alleine vorbehaltene Entscheidung dar. 218 4. Verhältnismäßigkeitslösung Das Problem der „Ewigkeitshaftung" kann jedoch in eng begrenzten Ausnahmefällen 219 vor dem Hintergrund der behördlichen Ermessensauswahl bzw. der Verhältnismäßigkeit insofern berücksichtigt werden, als gefahrnähere Verantwortliche vorrangig heranzuziehen sind bzw. die zeitliche Entfernung zur Gefahr in die Angemessenheit der behördlichen Maßnahme eingestellt wird. 220 Dieser Lösungsansatz steht in Einklang mit der Lösung des Bundesverwaltungsgerichtes im Hinblick auf den Zeitraum zwischen der Stilllegung einer Deponie und der Anordnung abfallrechtli212
Vgl. BVerfGE 45, 400 (417); 58, 257 (268); 84, 212 (226). VGH Mannheim, NVwZ-RR 1996, 387 (389f.). 214 Garbe, DÖV 1998, 632 (634); Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung unter mehreren Störern, S.45f. 215 Vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 1996, 387 (390). 216 Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, Rn.78. 217 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591); NVwZ-RR 1996, 387 (390). 218 Vgl. Schapmann, Der Sanierungsvertrag, S.60. 219 BenderlSparwasser!Engel, Umweltrecht, Kap. 7 Rn.231. 220 Siehe bereits oben im Rahmen der Verhältnismäßigkeit § 8 Β. IV.5. Vgl. OVG Münster, NVwZ 1997, 507 (511). So ist auch VGH München, NVwZ 1986, 942 zu interpretieren, Schink, in: Erbguth, Aktuelle Fragen des Altlasten- und Bodenschutzrechts, S.83 (118 f.). 213
§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit
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eher Nachsorgepflichten. 221 Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Nachsorgeanordnungen gem. § 10 Abs. 2 AbfG auch noch Jahre nach der tatsächlichen Stilllegung einer Deponie ergehen können, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind. 222 Da es an einer gesetzlichen Befristung fehlt, bestimmt sich die zeitliche Begrenzung nach dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. 223 Die Beschränkung auf Extremfälle rechtfertigt sich aus der Tatsache, dass die Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme ihre besondere Nuance im Hinblick auf die Begrenzung der Verantwortlichkeit dadurch gewinnt, dass insoweit die Gesamtheit der Steuerzahler die Lasten tragen muss. Daher darf letztlich die Korrektur über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu großzügig erfolgen. Liegt nämlich eine Verantwortungszuweisung vor, darf diese Grundsatzentscheidung prinzipiell nicht durch eine großzügige Korrektur über die Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlaufen werden. 224 Diese Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme muss daher auf die Fälle beschränkt werden, in denen die Inanspruchnahme dessen, der für eine bereits lange schwelende Gefahr haftet, aus sich heraus unerträglich und unbillig sind. Die Inanspruchnahme ist dann jedenfalls nicht unbillig, wenn die vor etlicher Zeit verursachte Gefahr eine typische Folge der Verursachungshandlung darstellt, was in bergrechtlichen Sachverhalten regelmäßig der Fall sein wird. 225 Eine Inanspruchnahme ist weiter regelmäßig nicht unbillig, wenn der Verursacher bei Durchführung der gefährlichen Tätigkeit einen wirtschaftlichen Nutzen gehabt hat. 226 Dieses Kriterium ist für Bergbaubetriebe ebenfalls erfüllt. VI. Resümee anhand des Urteils des V G H Mannheim vom 29.3.2000 Der VGH Mannheim folgt in der Behandlung der von ihm zu entscheidenden Grubengasproblematik sowohl bei der Verwirkung als auch bei der Verjährung der hier dargestellten Meinung. 1. Verwirkung Eine Verwirkung der Eingriffsbefugnis wird trotz der Zweifel im Hinblick auf die Unverzichtbarkeit der Eingriffsbefugnis prinzipiell ernsthaft in Erwägung gezogen, 221 BVerwG vom 12.3.1999-7B 260/98; grundlegend auch zur Zeitgrenze für Nachsorgeanordnungen BVerwG, NVwZ 1997,1000. 222 BVerwG, NVwZ 1997, 1000 (1001). 223 BVerwG vom 12.3.1999-7B 260/98, Tz. lb); bereits BVerwG, NVwZ 1997, 1000
(1001). 224 225 226
Vgl. schon oben B.IV.6. zu Art. 14 Abs. 2 GG. VGH Mannheim, NVwZ-RR 2000, 589 (591). OVG Münster, ZfB 138 (1997), 36 (42).
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aber für die vorliegende Problemlage abgelehnt, da sich auf Seiten des letzten Bergbautreibenden kein hinreichendes Vertrauen darauf gebildet hat, nicht in Anspruch genommen zu werden. 227 Vorliegend hat die zuständige Bergbehörde sofort nach Eintritt der Gefahrenlage reagiert, so dass von einer längeren Zeitspanne nicht die Rede sein konnte. Ein schützenswerter Vertrauenstatbestand wurde jedenfalls nicht geschaffen. So hat die Bergbaubetreibende auch nicht geltend gemacht, im Vertrauen auf die Untätigkeit der Behörde schützenswerte Dispositionen getroffen zu haben.228 2. Verjährung Der VGH Mannheim lehnt eine Verjährung des Gefahrbeseitigungsanspruchs aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Dabei weist er auf die allgemeinen Bedenken im Hinblick auf eine fehlende gesetzliche Grundlage der Verjährung ausdrücklich hin und betont die negativen Folgen einer nichtnormierten Verjährung für das Verursacherprinzip. 229 3. Analoge Anwendung des § 17 Abs. 4 a BImSchG Ebenso lehnt der VGH eine analoge Anwendung des § 17 Abs. 4 a BImSchG ab. Da von dem stillgelegten Bergwerk aufgrund des Eingriffs in die Erdkruste noch Gefahren ausgehen, was bei stillgelegten emittierenden Betrieben aber typischerweise nicht mehr der Fall sein soll, ist die bergrechtliche Gefahrensituation nicht mit der immissionsschutzrechtlichen Situation vergleichbar. 230
4. Verhältnismäßigkeitslösung zur Begrenzung der Ewigkeitshaftung Die vom OVG Münster vorgeschlagene Lösung über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird als Korrektiv zur Entgegnung von „Uraltlasten" auch vom VGH Mannheim vertreten, im konkreten Fall aber abgelehnt.231 Konkreter Grund ist, dass die Grubengase die Manifestation eines bergbautypischen Risikos sind, so dass die Inanspruchnahme des Verursachers auch viele Jahre nach der Verursachung nicht unbillig und daher unzumutbar sein kann, zumal der Bergbauunternehmer durch die gefährliche Tätigkeit einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen konnte. 232 227 228 229 230 231 232
VGH VGH VGH VGH VGH VGH
Mannheim, NVwZ-RR Mannheim, NVwZ-RR Mannheim, NVwZ-RR Mannheim, NVwZ-RR Mannheim, NVwZ-RR Mannheim, NVwZ-RR
2000, 589 (591). 2000, 589 (591). 2000, 589 (591). 2000, 589 (591). 2000, 589 (591). 2000, 589 (591).
§ 9 Gefahrvorsorge und Gefahrerforschungseingriffe A. Gefahrvorsorge Zu klären bleibt schließlich, was in den Fällen zu geschehen hat, in denen nicht feststeht, ob eine Gefahr bereits besteht, aber konkrete Anhaltspunkte darauf hinweisen, dass diese entstehen kann. Zu unterscheiden ist diese Situation von der Gefahrvorsorge. Diese richtet sich im Bodenschutzrecht nach §7 BBodSchG.1 Dort ist eine Gefahrvorsorge im Wege konkreter Handlungspflichten vorgesehen.2 Ziel ist es, dass ungünstige Veränderungen der Bodenbeschaffenheit von vornherein unterbleiben. Bei der Grubengasproblematik ist es hingegen regelmäßig zu spät, das Lösen des Gases aus dem Gestein mit ordnungsrechtlichen Instrumenten zu verhindern, da die Bergbautätigkeit zumeist schon stattgefunden hat. Gefahrverhinderungsmaßnahmen können jedoch im Rahmen des Betriebsplanverfahrens bzw. des Abschlussbetriebsplanverfahrens vorgesehen werden.3
B. Eingriffe zur Gefahrerforschung Die Zulässigkeit von ordnungsrechtlichen Gefahrerforschungsmaßnahmen wurde bisher zumeist auf einen bloßen Gefahrenverdacht gegründet. Diese Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass noch keine (ausreichenden) Anhaltspunkte für die Annahme einer Gefahr vorhanden sind, deren Vorliegen aber aufgrund der bestehenden Anhaltspunkte erforscht werden muss. Der Sachverhalt ist also ungewiss. Es bestehen aber immerhin erste Anzeichen oder Befunde, die auf die Möglichkeit einer Gefahr hinweisen. Es handelt sich also dabei nicht um eine bloße Scheingefahr, bei der entgegen der objektiven Situation subjektiv das Vorliegen der polizeilichen Eingriffsvoraussetzungen angenommen wird. 4 Auch liegt keine Anscheinsgefahr vor, bei der gleichfalls objektiv eine Gefahr nicht vorliegen kann, die aber subjektiv als gefährlich angesehen wurde und auch angesehen werden durfte, weil sie auch nach dem Urteil eines fähigen, besonnenen und sachkundigen Amtswalters als Gefahrentatbestand zu bewerten war. 5 Vielmehr ist es aufgrund der noch notwendigen Ermittlungen of1 2 3 4 5
Frenz, BBodSchG, § 7 Rn. 1 ff. Sanden, in: ders./Schoeneck, BBodSchG, §7 Rn.2.; Frenz, BBodSchG, §7 Rn.2. Siehe oben §1 D.I. Dazu etwa Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 225 m. w. N. Bereits PrOVGE 77,333; BVerwG, NJW 1975,2158; BVerwGE45,51 (58); 49,36 (42,44).
Β. Eingriffe zur Gefahrerforschung
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fen, ob sich schließlich das Vorliegen der polizeilichen Eingriffsvoraussetzungen herausstellt oder nicht. Zum Teil wird der Gefahrverdacht strikt dadurch von der Gefahr geschieden, dass eben noch keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr gegeben sind.6 Immerhin müssen aber Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Gefahrenverdachts vorliegen, die das nähere Erkunden eines Sachverhalts notwendig erscheinen lassen. Diese weisen zugleich jedenfalls auf die Möglichkeit des Vorliegens einer Gefahr hin. Damit entsteht eine Situation, die sich von der allgemein anerkannten Gefahrensituation nur durch den Grad der Wahrscheinlichkeit unterscheidet.7 Dementsprechend wird unter den Begriff des Gefahrverdachts auch eine Lage gefasst, in der bereits tatsächliche, wenn auch nur geringe Anhaltspunkte für eine Gefahr vorhanden sind.8 Subsumiert man solchermaßen auch den Gefahrenverdacht unter den Gefahrbegriff im Sinne des Polizeirechts, so besteht in der Generalklausel des Ordnungsrechts (§ 14 OBG NRW) eine eindeutige gesetzliche Grundlage für die Anordnung von Sachverhaltserforschungsmaßnahmen durch die Behörde.9 Das heißt, ein Eingriff ist bei Vorliegen einer Lage möglich, die bei ungehindertem Ablauf des Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für polizeilich geschützte Schutzgüter führen wird. Lediglich ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und damit die relevante Gefahrschwelle angesichts der Größe der Gefahr 10 so niedrig, dass die erforderlichen Gefahrabwehrmaßnahmen zunächst nur in einer tiefergehenden Gefahrerforschung realisiert werden können.11 6
Siehe Di Fabio , DÖV 1991, 629 (632 mit Fn.24); Kickartz, Ermittlungsmaßnahmen zur Gefahrerforschung und einstweilige polizeiliche Anordnungen, S.91. 7 Aus der Rechtsprechung bereits PrOVGE 77, 333 (338f.); BVerwGE 12, 87 (93); 39, 190 (193 ff.); 49,36 (42f.); OVG Münster, DVB1.1982,653 (654); NVwZ 1985,355 (358); Rat der Sachverständigen für Umweltfragen, Sondergutachten „Altlasten", BT-Drucks. 11/6191, Tz. 841 S.210; Darnstädt, Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge, S.96; Schneider, DVB1. 1980, 406 (408); Brandt!Smeddinck, Jura 1994, 225 (230); siehe auch Gusy, Polizeirecht, Rn. 186; Petri , DÖV 1996, 443 (445); a. A. Losch, DVB1. 1994, 781 (782); Schenke, in: Festschrift für Friauf, S.455 (459ff.) m. w. N. pro et contra in Fn. 13. 8 Darnstädt, Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge, S.94f.; DrewslWackelVogel!Martens, Gefahrenabwehr, S. 226; Schink, DVB1. 1989, 1182 (1186f.); Hansen-Dix, Die Gefahr im Polizeirecht, im Ordnungsrecht und im technischen Sicherheitsrecht, S.66: bei hinreichend begründetem Verdacht. 9 Friauf\ in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Abschnitt Rn. 52; siehe auch Breuer, in: Gedächtnisschrift für Martens, S.317 (345); Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 155, in Rn. 159 die Unzulänglichkeit der über die polizeiliche Generalklausel hinausgehenden Spezialgesetze aufzeigend. Wegen Fehlens einer gesetzlichen Grundlage hingegen S ach Verhaltserforschungsmaßnahmen grundsätzlich für unzulässig haltend Schwabe, in: Gedächtnisschrift für Martens, S.419 (436ff.); für bergrechtliche Gefahren- bzw. Verdachtslagen vgl. OVG Münster, ZfB 1990, 230. 10 Siehe oben §3E.III.2. 11 Darnstädt, Gefahrenabwehr und Gefahrvorsorge, S.96.
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§ 9 Gefahrvorsorge und Gefahrerforschungseingriffe
Zum Teil ohnehin als erster Schritt zur Gefahrenabwehr angesehen,12 wird vor allem in der Rechtsprechung die Anordnung von Gefahrerforschungsmaßnahmen gegenüber dem Anlass dazu gebenden Privaten für zulässig erachtet. 13 Diese erschöpft sich daher nicht in einer Pflicht, behördliche Untersuchungsmaßnahmen zu dulden, 14 sondern umfasst auch eine Handlungs- bzw. Mitwirkungspflicht, sofern die Verantwortlicheneigenschaft des betroffenen Privaten prinzipiell gegeben ist. 15 Die letztliche Kostenpflicht eines solchermaßen in Anspruch Genommenen wird allerdings nur dann bejaht, wenn er selbst eine ihm zurechenbare Ursache für die polizeilichen Anordnungen gesetzt hat. 16 Die Feststellung durch Gefahrerforschungseingriffe bei Ungewissheit einer Gefahr im Wege von Ordnungsverfügungen, die dem Pflichtigen eine Handlungspflicht zur Feststellung des „Ob" der Gefahrensituation auferlegen, wird daher von der ordnungsrechtlichen Generalklausel beim Vorliegen von hinreichend konkreten Anhaltspunkten für eine Gefahr umfasst. 17 Diese Konzeption wird nunmehr im Altlastenrecht von § 9 Abs. 2 BBodSchG bestätigt.18 Danach kann die zuständige Behörde anordnen, dass die S anierungsverpflichteten bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine schädliche Bodenveränderung bzw. Altlast die notwendigen Untersuchungen zur Gefahrabschätzung durchzuführen haben.
12
Schenke/Ruthig, VerwArch. 87 (1996), 329 (340). VGH Mannheim, VB1BW 1995, 64 (66); tendenziell ebenso OVG Münster, DÖV 1996, 1049 (1050); zurückhaltend OVG Koblenz, NVwZ 1987, 240 (241); abl. VGH Kassel, DB 1991,90 (91); Breuer, NVwZ 1987,751 (754); Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Abschnitt Rn.52a; Schink, DVB1. 1989, 1182 (1186); Papier, DVB1. 1985, 873 (875). 14 Schink, DVB1. 1989, 1182 (1187); Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Abschnitt Rn. 52 m. w. N.; vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 24.3.1987 - 20 Β 1860 - Urteil vom 14.10.1988 - 20 A 2684/84 - ; VGH Mannheim, DÖV 1985, 687; VGH Kassel, NVwZ 1991, 493; OVG Koblenz, NVwZ 1987, 240 (241). 15 OVG Münster, DÖV 1996, 1049 (1050); NWVB1. 1998, 64; VGH Mannheim, VB1BW 1995, 64 (66); VGH Kassel, NVwZ-RR 1998,463. 16 OVG Münster, DÖV 1996,1049; Kokott, DVB1.1992,749 (755); Breuer, in: Gedächtnisschrift für Martens, S. 317 (340ff.): bei Provokation des Verdachts; vgl. BGHZ 117,303 (308); 126, 279 (283ff.): Entschädigungsansprüche; solche nur teilweise bejahend Kokott, DVB1. 1992,749 (752 ff.); grundsätzlich zum Auseinanderfallen von Handlungs- und Zahlungsebene Griesbeck, Die materielle Polizeipflicht des Zustandsstörers und die Kostentragungspflicht nach unmittelbarer Ausführung und Ersatzvornahme - dargestellt am Beispiel der AltlastenProblematik, S. 104 ff., zu dem des Störerbegriffs auf primärer und sekundärer Ebene Martensen, DVB1. 1996, 286 (289ff.). 17 Für eine Handlungspflicht, die im Wege der Ersatzvornahme bzw. des Sofortvollzugs durchgesetzt werden kann, OVG Münster, DÖV 1996, 1049 (1050); zum Streitstand Weiß, NVwZ 1997,737 (740 f.), der eine Eingriffsbefugnis auch im Hinblick auf Handlungspflichten zutreffend bejaht. 18 Dazu Frenz, BBodSchG, § 9 Rn. 38 ff. 13
§ 10 Kooperationsmöglichkeiten zwischen Verwaltung und potenziell Pflichtigen Λ. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten I. Grundüberlegungen Schließlich besteht noch die Möglichkeit, dass sich Altverursacher bzw. mutmaßliche Altverursacher und die Behörden in einem kooperativen Verfahren darüber einigen, wie der Gefahr am wirksamsten zu begegnen ist, und die daraus entstehenden Lasten entsprechend aufteilen. Dies ist einmal in den Fällen sinnvoll, in denen eine Klärung über die Verursachereigenschaft nicht herbeigeführt werden kann. Oft bestehen Unsicherheiten hinsichtlich der Verursachung der Gefahr, weil an den betreffenden Stellen schon seit Generationen Bergbau betrieben wird und es der Behörde deshalb schwer fällt, den Verursacher hinreichend1 zu bestimmen.2 Wegen der Pflicht zur fehlerfreien Ausübung ihres Aus wahlermessens darf es sich die Behörde nicht zu leicht machen, indem sie nur den greifbaren Zustandsstörer heranzieht und ohne zumutbare weitere Nachforschungen darauf verzichtet, den Verursacher als den primär Verantwortlichen auch unmittelbar in die Pflicht zu nehmen.3 Zudem können in Bezug auf die Belastbarkeit des Zustandsstörers Hindernisse in Bezug auf dessen Inanspruchnahme bestehen. Dies gilt insbesondere für den Eigentümer des Oberflächengrundstückes, dessen Inanspruchnahme vielfach unzumutbar sein wird. 4 Daher kann auf eine - ggf. auch kooperative - Heranziehung des Verursachers nicht verzichtet werden. Bei der Grubengasproblematik sind tatsächliche Unsicherheiten im Hinblick auf Gefahr und deren Verursachung sehr häufig und vielfältig: 5 Welchen räumlichen Umfang und welche Ursachen hat die Gefahr? Wer ist letztlich verantwortlich für austretende diffuse Gase? Zwar lässt sich über die Konstruktion der „intertemporalen Solidargemeinschaft" eine weitreichende Erfassung von Verursachern auch bei unsicheren Tatsachenlagen erreichen. Indes kann auch bei dieser weiten Konzeption immer noch darauf verwiesen werden, ein eigener Verursacherbeitrag sei überhaupt 1
Zur hier vertretenen Konzeption des Nachweises der Verursachung vgl. oben § 3 E. Breuer, NVwZ 1987, 751 (756). 3 Vgl. VGH Mannheim, NVwZ 1986, 325 (326). Zur Beweislast der Behörde OVG Hamburg, BB 1990, 662 (663); Kopp/Ramsauer, VwVfG, §24 Rn.49. 4 Breuer, DVB1. 1994, 890 (894). Näher oben § 8 Β. IV. 5 Siehe oben § 3 E. 2
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§ 10 Kooperationsmöglichkeiten
nicht gegeben oder dergestalt absonderbar, dass eine Mithaftung ausscheide.6 Um hier zu einer raschen Lösung und aktivem Mitwirken der zumindest potenziellen Verursacher zu kommen, kann sich auch in dieser Situation eine vertragliche Lösung anbieten, in der zugleich die Haftungsverteilung zwischen den verschiedenen Unternehmen geregelt wird. Allerdings können sich die Verhandlungen naturgemäß nur so lange hinziehen, wie angesichts einer sich durch austretende Grubengase verschärfenden Gefahrensituation mit Gegenmaßnahmen gewartet werden kann. Ist die Situation noch oder durch vorläufige Maßnahmen erst einmal unter Kontrolle, können sich vertragliche Vereinbarungen auch zu der vielfach weitgehend offenen Frage anbieten: Welche genauen Maßnahmen mit welchen Kosten sind erforderlich, um der Gefahr dauerhaft erfolgreich zu begegnen? Sind diese Fragen nicht hinreichend geklärt, so können die Voraussetzungen einer ordnungsrechtlichen Inanspruchnahme fehlen. Die Behörde kann zudem keine Verfügungen erlassen, die bezüglich des Maßnahmeziels und -mittels dem Bestimmtheitserfordernis des § 37 Abs. 1 VwVfG entsprechen.7 Dass damit aus Behördensicht der Erlass einer Anordnung in vielen Fällen problematisch und nicht immer erfolgversprechend ist, bedeutet aber, nicht dem ordnungspflichtigen Privaten immer zu raten, die insofern schwache Stellung der Behörde auszunutzen, um der Gefahrbeseitigung zu entgehen oder sie um Jahre hinauszuschieben.8 Es darf nicht verkannt werden, dass es sich im späteren Kontakt mit der Behörde positiv bemerkbar machen kann, in bisherigen Angelegenheiten kooperationsbereit gewesen zu sein, weil man dann in zukünftigen Fällen seinerseits von einer wohlwollenden Haltung der Behörde profitieren kann.9 Daher bietet sich oft für beide Seiten der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an. Die angesprochenen Nachteile bei dem Vorgehen mittels Verwaltungsakts entfallen dabei. Die Behörde kann auf die Bereitschaft des Vertragspartners bauen, die gewünschte Gefahrbeseitigungsmaßnahme tatsächlich durchzuführen. 10 Diesem wiederum kommt bei dem Abschluss des Vertrages zugute, dass die Behörde ihn darin angesichts bestehender Unsicherheiten gem. § 55 VwVfG teilweise und endgültig von weiteren Pflichten freistellen kann, sofern er seiner vertraglichen Verpflichtung nachkommt.11 Von Vorteil ist für den Bürger zudem die dadurch eröffnete Möglichkeit, einen stärkeren Einfluss auf den Ablauf und die Art der Maßnahmen auszuüben12 sowie eine Berücksichtigung seiner individuellen, vor allem finanziellen 6
Siehe oben§3H. Vgl. OVG Münster, NWVB1. 1993, 154 (155). 8 FrenzlHeßler, NVwZ 2001, 13 (14). 9 Arnold, VerwArch. 80 (1989), 125 ff. und Bulling , DÖV 1989, 277 ff. 10 Eine entsprechende Akzeptanzförderung kommt dem öffentlich-rechtlichen Vertrag namentlich im Rahmen des Vertragsnaturschutzes zu; dazu Di Fabio , DVB1. 1990, 338 ff.; Gelle r mann! M iddeke, NuR 1991, 457 ff. 11 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, §55 Rn.4. 12 Sahm, UPR 1999, 374 (376). 7
Α. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten
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Möglichkeiten zu gewährleisten.13 Denn angesichts der hohen mit der Gefahrbegegnung verbundenen Kosten, die sich oft im sechs- oder siebenstelligen Bereich befinden, kann die Finanzierung ein großes Problem darstellen.
II. Explizite Regelung im Altlastenrecht Im Bundes-Bodenschutzgesetz wurde für den gleichfalls sehr kostenintensiven und ebenfalls von tatsächlichen Unsicherheiten geprägten Bereich der Altlastensanierung eine Regelung durch Vertrag zwischen Pflichtigen Privaten und Behörden 14 eigens in § 13 Abs. 4 vorgesehen.15 Der Anwendungsbereich solcher öffentlichrechtlicher SanierungsVerträge erstreckt sich auf die gesamte Phase der Bodensanierung. 16 So können Vereinbarungen bereits über die Pflicht und den Umfang von Gefährdungsabschätzungen und Sanierungsuntersuchungen getroffen werden, 17 den Umfang der Sanierungspflicht an sich beinhalten oder sich konkret auf die Durchführung der Sanierung beziehen. Letzteres setzt bei komplexeren Altlasten allerdings voraus, dass zuvor bereits ein Sanierungsplan aufgestellt worden ist. 18 Dieser Anwendungsbereich öffentlich-rechtlicher Sanierungsverträge wird für das Altlastenrecht nunmehr ausdrücklich in § 13 Abs. 4 BBodSchG festgeschrieben, ohne dass damit andere Vertragsschlussmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Danach kann mit dem Sanierungsplan der Entwurf eines S anierungs Vertrages über die Ausführung des Planes vorgelegt werden, der die Einbeziehung Dritter vorsehen kann.19 Dieser Weg ist allerdings nicht notwendig vorrangig. 20 Die keineswegs zwingend formulierte Vorschrift nimmt der Behörde nicht das Ermessen für die Wahl der Handlungsmittel, sondern prägt dieses höchstens mit. 21 Der Vertrag wird mithin nur als Möglichkeit besonders herausgehoben, ohne dass ein Rechtsanspruch auf seinen Abschluss besteht.22 Daher bildet auch diese ausführliche gesetzliche Erwähnung nur einen besonderen Hinweis für die Verwaltung, dass es sich
13 14
So die Begründung zum Regierungsentwurf zum BBodSchG, BT-Drucks. 13/6701, S. 42. Ansonsten macht der Hinweis auf den „Dritten" keinen Sinn, Becker, BBodSchG, § 13
Rn.9. 15
Siehe Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/6701, S.42. Frenz/Heßler, NVwZ 2001, 13 (14). 17 Der Unterschied zwischen beiden Maßnahmen liegt darin, dass mithilfe einer Gefährdungsabschätzung erst untersucht wird, ob überhaupt eine Altlast vorliegt (vgl. § 9 BBodSchG), während eine Sanierungsuntersuchung als notwendige Untersuchung zur Entscheidung über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen (§13 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG) das Vorhandensein einer Altlast voraussetzt. 18 Näher zum Sanierungsplan Diehr, UPR 1998, 128 ff. 19 Speziell dazu Sahm, UPR 1999, 374 ff. 20 Frenz, BBodSchG, § 13 Rn. 89 f. 21 Eine legislative „Vorsteuerung" des Ermessens bejaht Radtke, in: Holzwarth/Radtke/Hilger/ Bachmann, BBodSchG, § 13 Rn. 14. 22 Näher und allgemein Schapmann, Der S anierungs vertrag, S.41 ff. 16
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§ 10 Kooperationsmöglichkeiten
um ein sachgerechtes und wirksames Instrument der Problembewältigung handelt, das man verstärkt nutzen soll. 23 Dementsprechend ist die Wahl eines Verwaltungsvertrages im Bereich der Grubengasproblematik keineswegs fest vorgezeichnet, sondern steht im Ermessen der Behörden. Er ist nicht zwingend das mildere Mittel. Sein vermehrter Einsatz führt auch nicht zu einer Selbstbindung der Verwaltung, weil Art. 3 Abs. 1 GG nur eine Gleichheit in der inhaltlichen Rechtsanwendung, nicht in der Wahl der Handlungsform vorgibt. 24
B. Zulässigkeit des Vertrages als Handlungsform Die Zulässigkeit der Handlungsform des Verwaltungsvertrages wird positivrechtlich durch § 54 VwVfG bzw. - da eine Landesbehörde zuständig ist - VwVfG NRW festgeschrieben. Da es kein generelles Handlungsformverbot für Verträge im Bereich der Gefahrenabwehr gibt, 25 war etwa im Altlastenrecht bereits vor In-KraftTreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes allgemein anerkannt, dass der Verwaltung der Abschluss von SanierungsVerträgen prinzipiell erlaubt ist. 26 Dies wird für den Bereich des Altlastenrechts nunmehr durch § 13 Abs. 4 BBodSchG bestätigt, der insofern klarstellend auf die Möglichkeit der Handlungsform des S anierungs Vertrages hinweist.27 Für die Grubengasproblematik bedeutet das, dass die Gefahrbeseitigung ebenfalls vertraglich nach den Anforderungen des VwVfG bzw. des landesrechtlichen VwVfG NRW regulierbar ist.
C. Inhaltliche Gestaltungsgrenzen Bei der inhaltlichen Gestaltung eines Vertrages ist zu bedenken, dass für die Verwaltung beim Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge keine uneingeschränkte Vertragsfreiheit im Sinne der Privatautonomie gilt. Vielmehr ist sie als Träger öffentlicher Gewalt an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und somit bei der Gestaltung öffentlich-rechtlicher Verträge vor allem an den Vorrang des Gesetzes gebunden.28 Dies bedeutet, dass die Behörde im Vertrag von materiellen gesetzlichen Vorgaben des Ordnungsrechts grundsätzlich nicht abweichen darf. 29 Tut 23
Siehe Bichel, BBodSchG, § 13 Rn.7f.; Sahm, UPR 1999, 374 (375); Salzwedel, in: ders., Umweltrecht, Kap. 16 Rn. 26; Schoeneck, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 13 Rn. 15. 24 Schapmann, Der S anierungs vertrag, S. 40. 25 So schon 1960 das OVG Münster, OVGE 16, 12 (16). 26 ΒeckmannlGröße-Hündfeld, BB 1990, 1570 (1571 f.). 27 Siehe vorstehend A.II, und z.B. Vierhaus, NJW 1998, 1262 (1268). 28 Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, §26 Rn.9. 29 Dies stellt auch die Begründung zum Regierungsentwurf zum BBodSchG klar, BTDrucks. 13/6701, S.42.
C. Inhaltliche Gestaltungsgrenzen
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die Behörde dies dennoch, so ist der Vertrag rechtswidrig oder nach Maßgabe des § 59 VwVfG NRW sogar nichtig. Zentrale Norm, an der Verträge regelmäßig zu messen sind, ist § 55 VwVfG NRW. Danach kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 VwVfG NRW, 30 der eine tatsächliche oder rechtliche Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt (Vergleichsvertrag), geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält. Gerade die tatsächlichen Ungewissheiten, etwa über die Ordnungspflicht des Betroffenen an sich bzw. deren Umfang, oder die rechtlichen Unsicherheiten, wie Grenzen der Verantwortung oder der richtigen Ausübung des Aus wahlermessens, sind es ja, die auch den typischen Grubengasfällen zugrunde liegen31 und die beseitigt werden sollen. Somit kann gerade in diesen Konstellationen die Besonderheit des § 55 VwVfG NRW nutzbar gemacht werden, nach dem die strikte Bindung der Verwaltung an den Vorrang des Gesetzes zu Gunsten einer pflichtgemäßen Ermessensausübung bezogen auf den Abschluss des Vergleichsvertrages gelockert wird. Dies bedeutet im Ergebnis, dass ein Abweichen von gesetzlichen Vorgaben, welches ansonsten der Behörde nicht erlaubt ist, unter den besonderen Voraussetzungen des § 55 VwVfG NRW durchaus möglich ist. Letztlich ist es freilich immer eine Frage des Einzelfalls, ob das behördliche Vergleichsermessen pflichtgemäß ausgeübt wurde und der Vertrag deshalb rechtmäßig ist. Dabei sind vor allem der Grad der bestehenden Ungewissheiten sowie die Möglichkeit der Behörde, den Sachverhalt in angemessener Zeit ohne erhebliche Schwierigkeiten und zusätzliche Kosten aufzuklären, von Bedeutung.32 Je komplexer und unüberschaubarer die Gefahrenlage ist und je mehr (tatsächliche und rechtliche) Unsicherheiten hinsichtlich der Verantwortlichkeit des potenziellen Vertragspartners bestehen, desto weitgehender ist der Behörde der Abschluss eines vergleichenden Vertrages erlaubt. 33 Im Ergebnis feststehen dürfte indes, dass eine völlige vertragliche Freistellung des Bürgers von seiner Ordnungspflicht bei einer Ungewissheit über seinen Verursachungsanteil nicht mehr pflichtgemäß ist. 34 Verträgen wird im Bereich des Ordnungsrechts oft auch eine Austauschlage zugrunde liegen, weil der Verpflichtung des Privaten zu Gefahrbeseitigungsmaßnahmen eine behördliche Gegenleistung gegenübersteht, etwa indem die Zusicherung gegeben wird, über die vertraglich festgelegte Ordnungspflicht hinaus keine Nachforderungen zu stellen. Für solche Austauschverträge enthält § 56 VwVfG NRW rechtliche Grenzen. Hier ist insbesondere relevant, dass die Gegenleistung des Bürgers den Umständen nach angemessen ist und im sachlichen Zusammenhang mit 30
Dies ist ein solcher Vertrag, der anstelle des Erlasses eines Verwaltungsaktes geschlossen
wird. 31 32 33 34
Siehe vorstehend A.I. und oben § 3 E. Kopp/Ramsauer, VwVfG, §55 Rn.20. Frenz/Heßler, NVwZ 2001, 13 (14f.) für Altlastenverträge. Müllmann, NVwZ 1994, 876 (877).
9 Frenz
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§10 Kooperationsmöglichkeiten
der vertraglichen Leistung der Behörde steht. § 57 VwVfG NRW, der für öffentlichrechtliche Verträge generell die Schriftform anordnet, wird schon deshalb von untergeordneter Bedeutung sein, weil aufgrund des Umfangs eines solchen Vertrages und der Komplexität der Thematik die schriftliche Abfassung des Vertrages selbstverständlich sein dürfte. Werden Dritte, deren Rechtspositionen durch den Vertrag beeinträchtigt werden, nicht von vornherein aktiv in den Vertrag miteinbezogen, so sind die Zulässigkeitsanforderungen des § 58 Abs. 1 VwVfG NRW zu beachten. Danach wird ein Vertrag, der in Rechte eines Dritten eingreift, erst wirksam, wenn der Dritte schriftlich zustimmt. Bei der Vorschrift handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes, dass Verträge zu Lasten Dritter nur mit deren Zustimmung geschlossen werden können.35 Der den ordnungspflichtigen Vertragspartner von einer späteren Inanspruchnahme freistellende öffentlich-rechtliche Vertrag könnte das Zustimmungserfordernis des §58 Abs. 1 VwVfG NRW auslösen, weil andere Störer sowie Grundstückseigentümer in ihren Rechten beeinträchtigt sein könnten. Im Ergebnis wird eine Zustimmungspflicht aufgrund einer Freistellungsvereinbarung nach allgemeiner Ansicht jedoch zu Recht abgelehnt.36 Rechte der in ihrer Gesundheit bedrohten Betroffenen sind deshalb nicht beeinträchtigt, weil die Behörde trotz Wegfall eines Störers weiterhin für die Beseitigung der Gefahr sorgen kann, indem sie entweder auf andere Verantwortliche zugreift oder notfalls selbst die Gefahr beseitigt. Für andere Störer erhöht sich durch den Freistellungsvertrag zwar objektiv die Wahrscheinlichkeit, später bei noch vorhandenem Gefahrbeseitigungsbedarf selbst in Anspruch genommen zu werden; ein Rechtseingriff, der deshalb das Zustimmungserfordernis des § 58 Abs. 1 VwVfG aktiviert, liegt deshalb aber noch nicht vor. Denn weder aus Normen des Ordnungsrechts noch aus den Grundrechten lässt sich ein subjektiv-öffentliches Recht des einen (noch nicht herangezogenen) Störers auf möglichst umfängliche Heranziehung eines anderen Störers ableiten.37 Die Vorschriften der §§ 59-62 VwVfG NRW enthalten keine Anforderungen, die speziell bei der Gestaltung öffentlich-rechtlicher Gefahrbeseitigungsverträge besonders beachtet werden müssen. Trotzdem ist die Nichtigkeitsregelung des § 59 VwVfG NRW für solche Verträge von besonderer Bedeutung, weil nur bestimmte qualifizierte Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Nichtigkeit führen 38 und deshalb dem Vertrag gegenüber OrdnungsVerfügungen eine erhöhte Β indungsWirkung zukommt. Während nämlich die Ordnungsverfügung wegen jedes Fehlers mit Ausnahme der Fälle der §§ 45 f. VwVfG NRW angefochten werden und nach §§ 48 f. 35 Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, §26 Rn. 8; Kopp/Ramsauer, VwVfG, §58 Rn. 1. 36 Beckmann/Große-Hiindfeld, BB 1990, 1570 (1572f.); ausführlich Schapmann, Der Sanierungsvertrag, S.80ff. 37 Schapmann, Der S anierungs vertrag, S. 83 ff. 38 Näher zu den einzelnen Nichtigkeitsgründen des § 59 VwVfG im Hinblick auf Sanierungsverträge Frenz, BBodSchG, § 13 Rn. 121 ff.
D. Aufbau und Inhalt der vertraglichen Einigung
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VwVfG NRW aufgehoben werden kann, entfaltet der ordnungsrechtliche Vertrag nur bei Nichtigkeit oder nach Kündigung gem. § 60 VwVfG NRW keine Bindungswirkung.
D. Aufbau und Inhalt der vertraglichen Einigung Im Folgenden soll kursorisch dargestellt werden, wie die Gestaltung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages in der Praxis aussehen kann, welche einzelnen Punkte Inhalt werden können oder sollten.39 Es wird aber darauf hingewiesen, dass es den Mustervertrag angesichts dessen, dass jeder ordnungsrechtliche Fall spezifische Probleme aufwirft und jeder Vertrag auf die individuellen Interessen der Vertragsparteien ausgerichtet sein sollte, nicht gibt. 40
I. Präambel Nach der Bezeichnung der beteiligten Vertragsparteien sollte der Vertrag mit einer Präambel beginnen. In dieser kann zunächst die Bergwerkshistorie, also die früheren und momentanen Eigentumsverhältnisse sowie die bisherige und derzeitige Nutzung, zusammengefasst werden. 41 Auch die Kenntnislage beider Vertragsparteien über den Grund der Entweichung des Grubengases und deren Umfang sollte hier festgehalten werden. Die Bedeutung einer solchen Präambel sollte nicht unterschätzt werden. Sie dient vor allem einer späteren Auslegung des Vertrages, die sich maßgeblich nach dem Kenntnisstand bei Vertragsschluss richtet. Oft kann nur mithilfe einer detaillierten Präambel geklärt werden, ob die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung oder -kündigung gem. § 60 VwVfG NRW vorliegen. So kann ζ. B. der zunächst vereinbarte Beendigungszeitpunkt für die Gesamtmaßnahmen später noch korrigiert werden, weil sich herausstellt, dass die Problematik komplexer oder großflächiger ist, als bei Vertragsschluss angenommen wurde. 42
II. Verpflichtung zur Gefahrbeseitigung Im Mittelpunkt des Vertrages steht die Ordnungsverpflichtung des Verantwortlichen sowie die eventuelle Gegenverpflichtung der Behörde. Hier sollte anders als in der eher einführenden Präambel möglichst genau beschrieben werden, mit welchen konkreten Maßnahmen die Gefahrbannung bei den belasteten Bereichen zu erfolgen hat, welche Zielwerte maßgeblich sind und ferner, wann die Maßnahmen beginnen 39
Ein Beispiel für einen altlastenrechtlichen S anierungs vertrag findet sich bei Schapmann, Der Sanierungsvertrag, S. 273 ff. sowie bei Sahm, UPR 1999, 374 (378 ff.). 40 Dombert, in: von Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, § 13 Rn. 39; Sahm, UPR 1999, 374 (378). 41 Vgl. Vierhaus, NJW 1998, 1262 (1269). 42 Frenz/Heßler, NVwZ 2001, 13 (15). *
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und beendet sein sollen.43 Um dies zu erreichen, kann eine bereits erstellte Maßnahmeplanung dem Vertrag als Anlage beigefügt und durch zusätzlichen ausdrücklichen Verweis im Vertragstext selbst Bestandteil des Vertrages werden. Geregelt werden sollte auch, welche Folgen eine vertragsgerechte Erfüllung für die Zukunft hat, z.B. inwieweit die Behörde auf weitere Maßnahmen verzichtet. Vertraglich kann eine spätere Erweiterung des Kenntnisstandes aus Behördensicht dadurch Rechnung getragen werden, dass eine Freistellung sich nur auf die bekannten und im Vertrag erwähnten Gefahrenherde bezieht.44 Hinsichtlich anderer, noch verborgener Gefahrenherde kann sich die Behörde ausdrücklich vorbehalten, einseitig-hoheitlich mittels Ordnungsverfügung tätig zu werden. Um den Vertragspartner nachdrücklich zur zügigen Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zu bewegen, kann in dem Vertrag, sofern sich der Private darauf einlässt, als Druckmittel die Pflicht zur Zahlung einer Vertragsstrafe bei nicht fristgerechter Durchführung der Maßnahmen vereinbart werden. 45 Die Möglichkeit, Vertragsstrafen in öffentlich-rechtlichen Verträgen zu vereinbaren, ergibt sich aus § 62 Satz 2 VwVfG NRW i. V. m. §§ 339 ff. BGB und ist nach allgemeiner Ansicht zulässig.46 Möglich ist auch die Vereinbarung, dass sich beide Parteien gem. § 61 Abs. 1 VwVfG NRW der sofortigen Vollstreckung unterwerfen. 47 Für die Behörde hat das den Vorzug, ihre Forderungen aus dem Vertrag gem. § 61 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW wie einen Verwaltungsakt nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NRW) vollstrecken zu können. Sie bedarf insofern nicht der ansonsten erforderlichen Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht. 48 Der Bürger kann seine Forderungen gem. § 61 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW nach den Vorschriften über die Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Urteile verwirklichen. Jedenfalls bei der Unterwerfungserklärung der Behörde ist gem. §61 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW die Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde einzuholen.49
43
Vgl. Müllmann,, NVwZ 1994, 876 (877 f.); Sahm, UPR 1999, 374 (378 f.). Müllmann, NVwZ 1994, 876 (878). 45 Schapmann, Der Sanierungsvertrag, S.219ff. 46 Kopp!Ramsauer, VwVfG, § 62 Rn. 9; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 62 Rn. 37. 47 Ausführlich Schapmann, Der Sanierungsvertrag, S. 207ff. 48 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn.55 mit Verweis auf § 10 Rn.6. 49 Die Reichweite des Genehmigungserfordemisses ist umstritten, vgl. Bonk, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, § 61 Rn. 22; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 56; Müllmann, NVwZ 1994, 876 (879). Siehe auch §61 Abs. 1 Satz 4 VwVfG. 44
Thesen § 1 Die Frage des anwendbaren Rechts 1. Das an die Oberfläche tretende Grubengas ist ein neues Phänomen, das verschiedene, insbesondere ordnungsrechtliche Fragestellungen in neuen Konstellationen aufwirft. Bereits die Frage, welchem Rechtsregime die Problematik unterfällt, ist komplex, da eine Gemengelage aus Immissionsschutzrecht, Bergrecht, Bodenschutzrecht und allgemeinem Ordnungsrecht vorliegen kann. Regelmäßig wird man aber auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht zurückgreifen müssen, da das Bergrechtsregime nach Entlassung aus der Bergaufsicht nicht mehr greift. 2. Da das Bergrecht verlassene Grubenbaue nicht erfasst, spielt insoweit auch keine Rolle, ob die Einstellung des Betriebes vor In-Kraft-Treten des Bundesberggesetzes am 1.1.1982 stattgefunden hat. Insoweit kommt es gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 BBergG auch nicht zu einer Anwendung des Allgemeinen Berggesetzes. 3. Andere, speziellere Ordnungsgesetze greifen für die Grubengasproblematik nicht ein. Weder das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz noch das BundesImmissionsschutzgesetz sind auf die spezifisch bergrechtliche Problemlage unmittelbar oder entsprechend anwendbar. 4. Vor der Entlassung aus der Bergaufsicht gilt indes das Regime des Bergrechts. Über das Betriebsplanverfahren hat man hier ein Instrument, frühzeitig geogene Gefahren zu bannen. 5. Auch das seit 1.3.1999 in Kraft getretene Bundes-Bodenschutzgesetz ist nicht auf die vom allgemeinen Ordnungsrecht zu sanktionierende Grubengasgefahr anwendbar, selbst wenn der auf Altlasten bezogene Hintergrund dieses Gesetzes mit dem der Grubengasproblematik vergleichbar ist. Daher sind auf die Grubengasproblematik weder der § 4 noch der § 24 BBodSchG direkt oder analog anwendbar. 6. Die Grundsätze des materiellen Ordnungsrechts gelten generell, so dass im Wesentlichen den dargelegten Grundsätzen der Inanspruchnahme von Verantwortlichen auch dann gefolgt werden kann, wenn noch die Normen des Beigrechtsregimes greifen.
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§ 2 Überblick über die Verantwortlichen 7. Als ordnungsrechtlich Verantwortliche kommen verschiedene Personen in Frage. Das Polizeirecht nimmt den Verhaltensstörer, den Zustandsstörer und nach herrschender Ansicht auch den Gesamtrechtsnachfolger ins Visier. Weitere denkbare Pflichtige könnten sich aus dem weitergehenden Pflichtigenkatalog des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben. Deren Verantwortlichkeit beschränkt sich aber auf den begrenzten Bereich des Altlastenrechts.
§ 3 Die Verursacherhaftung 8. Ausgangspunkt der Verursacherhaftung ist ein Verursachungsbeitrag mit einem Mindestmaß an natürlicher Kausalität als Haftungsgrundlage. 9. Zentral ins Visier genommen ist im Rahmen der Grubengasproblematik der Handlungsstörer. Hierbei kommen konkret frühere Bergbaubetreiber, aber auch der die Wasserhaltung beendigende Unternehmer in Betracht. 10. Für die Zurechnung der Verantwortlichkeit spielt es keine Rolle, ob die Ausgasungen durch vom Bergbaubetreiber angelegte Schächte erfolgt oder diffus, sofern der Verantwortliche auch für die auf diesem Wege austretenden Gase einen wesentlichen Kausalbeitrag gesetzt hat, der die Gefahrschwelle überschreitet. 11. Ein wesentlicher Kausalbeitrag besteht bereits in der Herauslösung des Gases aus dem Gestein durch die Bergbautätigkeit an sich. 12. Die Frage der Abbauberechtigung spielt bei der Haftungszuordnung keine Rolle. So schlagen sich auch formelle Aspekte der Gewinnberechtigung nicht auf die Verursacherschaft nieder. 13. Keine Verursacher sind Planungs- und Bauordnungsbehörden im Hinblick auf den Austritt von Grubengasen in Wohngebieten. Diese Behörden haben keinen wesentlichen Gefahrbeitrag geleistet. Verantwortlich für die Gefahr sind in dieser Hinsicht die handelnden Privaten, für die die Behörden lediglich den Interessenausgleich betrieben haben. 14. Allerdings besteht die Möglichkeit der Schadensersatzpflicht nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG jedenfalls dann, wenn die Behörden berechtigte Belange der von der Gefahr Betroffenen trotz hinreichender Anhaltspunkte falsch eingeschätzt haben. 15. Die Zurechnung der Verhaltens Verantwortlichkeit erfolgt nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung bzw. nach der Theorie der polizeirechtlichen Störerbestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre. Letztlich erreicht die zweitgenannte Theorie das Ergebnis unter Abschichtung vorhandener Risikozuweisungen. Da das Risiko für bergbaubedingte Oberflächengefahren jeder
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Art dem Bergbau Betreibenden zugewiesen ist, haftet dieser für Kausalbeiträge, die zu einer solchen Gefahr geführt haben. 16. Sowohl nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung als auch nach der Theorie der polizeirechtlichen Bestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre kommt es auf individuell-persönliche Verhältnisse des Verursachers wie Verschulden nicht an. Auch ist die Verursachungsverantwortlichkeit frei von dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit ihrer Folgen. 17. Auch die Frage der Rechtmäßigkeit der Abbautätigkeit spielt bei der Bestimmung der Überschreitung der Gefahrschwelle keine Rolle. Dies gilt sogar dann, wenn ein zugelassener Betriebsplan ausdrücklich die Tätigkeit erlaubt hat. 18. Dies gilt auch für die Beendigung der Wasserhaltung. Diese stellt an sich einen Eingriff in den Naturhaushalt dar. Damit kann dieser Vorgang als solcher einen wesentlichen, die erlaubte Gefahrschwelle überschreitenden Kausalbeitrag für eine ordnungsrechtliche Gefahr darstellen. 19. Eine mitkausale Verursachung stellt eine Verursachung im ordnungsrechtlichen Sinn dar, für die der Mitverursacher voll haftet. Bei mehreren Mitverursachern ist es nicht zwingend, dass derjenige herangezogen werden muss, der den letzten mitkausalen Beitrag geliefert hat. 20. Die Grundsätze der Zurechnung zwischen vorhandener Gefahr und den dafür Verantwortlichen richten sich nach einem operablen Maßstab der Nachweisbarkeit. Andernfalls ist es nämlich unmöglich, diese Gefahren wirksam zu bannen. Besonders ins Visier genommen werden hierbei gerade die Bergbaubetriebe. Diese sind auch am ehesten in der Lage, für eine effektive Beseitigung der Gefahr zu sorgen. 21. Der ordnungsrechtliche Verursacherbegriff ist eine Ausprägung des öffentlichrechtlichen Verursacherprinzips. Es geht hierbei um die Internalisierung von Umweltkosten bei denjenigen, die durch Schaffung dieser Kosten profitiert haben. Diese stehen näher an der Gefahr als die Allgemeinheit der Steuerzahler. Daher muss gerade hier ein flexibilisierter Nachweismaßstab ausreichen. 22. Dies gilt umso mehr, als im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht Anscheins- und Verdachtslagen genügen. Gibt es konkrete Anhaltspunkte für eine Verursacherschaft, muss daher eine Inanspruchnahme möglich sein. Die Wahrscheinlichkeit der Verursachereigenschaft kann umso geringer sein, je größer das gefährdete Rechtsgut ist. 23. Darüber hinaus bilden die aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte möglichen Verursacher eine solidarische Gruppe, welche für die im Einflussbereich dieser Gruppe auftretenden Gefahren haftet. So kann verhindert werden, dass bei Unklarheiten der Verursacherschaft unter mehreren möglichen Verursachern diese die Haftung auf den jeweils anderen abschieben können.
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24. Ist dem Handlungsstörer die Verursachung zurechenbar, haftet dieser insgesamt für die Beseitigung der Gesamtgefahr, auch wenn sein fest stehender Einzelbeitrag an der Gesamtfolge gering ist. Auch wenn sein Beitrag erwiesenermaßen feststeht, haftet er für die gesamte mit der Gefahr verbundene Ordnungsmaßnahme, sofern er seinen Beitrag nicht isoliert rückgängig machen kann, was bei der Grubengasproblematik regelmäßig ausgeschlossen ist.
§ 4 Die Verantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers 25. Nach den Grundsätzen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts haftet auch der Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers. Dies gilt auch dann, wenn gegenüber dem Rechtsvorgänger keine behördliche Anordnung ergangen ist.
§5 Die Zustandsstörer 26. Als Zustandsstörer kommt der Inhaber des Bergwerkseigentums in Frage sowie - sofern das Eigentum aufgegeben worden ist - der Derelinquent; dasselbe gilt für den Berechtigten an der Bergwerksanlage. 27. Als sächlicher Anknüpfungspunkt kann, sofern es hierfür Gewinnberechtigte gibt, auch das Grubengas selbst und das Grundstück dienen, von dem das Gas an der Oberfläche austritt. 28. Das Längenfelderbereinigungsgesetz hat den Geviertfeldinhaber nicht von seiner Zustandsverantwortlichkeit ausgenommen. § 5 dieses Gesetzes ist auf ordnungsrechtliche Sachverhalte nämlich nicht anwendbar.
§6 Der Derelinquent 29. Gemäß § 18 Abs. 3 OBG NW ist auch der ordnungspflichtig, der das Eigentum an einer gefährlichen Sache aufgegeben hat. Diese Regelung spielt im Rahmen der Problematik der Spätfolgen des Bergbaus eine große praktische Rolle. Die Dereliktionsverantwortlichkeit selbst ist nicht nachfolgefähig.
§ 7 Behördliche Durchsetzung der Haftung 30. Die Störerauswahl richtet sich alleine nach dem Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr. Eine feste Reihenfolge der Inanspruchnahme bei mehreren potenziellen Störern ist daher nicht geboten. 31. Die Behörde hat außerdem ein Recht zur Gefahrbeseitigung auch dann, wenn der Störer seiner Pflicht bereits zuvor einmal nachgekommen ist, sich diese Maßnahme aber als unzureichend herausstellte.
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32. Zur effektiven Gefahrbeseitigung können Duldungs- und Mitwirkungspflichten Dritter bestehen. Die Pflicht Betroffener sowie derer, deren Bodenschatzgewinnung durch die Ordnungsmaßnahmen zeitweise verhindert wird, kann über die Notstandsinanspruchnahme aktualisiert werden. Duldungs- und Mitwirkungspflichten anderer Verantwortlicher richten sich nach den Regeln der ordnungsrechtlichen Inanspruchnahme.
§ 8 Grenzen der Verantwortlichkeit 33. Trotz der weiten Haftungskonzeption können die in die Pflicht genommenen Verantwortlichen nicht grenzenlos haften. Neben der Verhältnismäßigkeit ergeben sich weitere Begrenzungen der ordnungsrechtlichen Haftung, insbesondere für den Zustandsverantwortlichen, der gleichsam „Opfer" der Gefahr ist. Für diesen Fall hat das Bundesverfassungsgericht in jüngster Zeit Parameter aufgestellt, anhand derer die Unzumutbarkeit einer ordnungsrechtlichen Inanspruchnahme gegeben ist. 34. Danach ist eine Inanspruchnahme des Zustandsstörers dann unzumutbar, wenn die Gefahr nicht aus seiner Risikosphäre kommt, er mithin im Hinblick auf diese gutgläubig war und auch keinen wirtschaftlichen Nutzen bei ihrer Verursachung gezogen hat, und ihre Behebung höhere Kosten verursacht, als das Grundstück bzw. Bergwerkseigentum letztlich wert ist. Eine Inanspruchnahme des Zustandsstörers ist auch umso eher zumutbar, je weiter die Verursachung zurückliegt. 35. Daneben kann sich bereits aus dem Eigentumsgrundrecht an sich eine generelle Beschränkung der Zustandsstörerverantwortlichkeit ergeben. 36. Die Grenzen der Inanspruchnahme des Derelinquenten orientieren sich entsprechend an dem früheren Ertrag des Eigentums, greifen aber bei Bergbaubetrieben schwerlich ein. 37. Bergrechtliche Betriebsplanzulassungen, insbesondere die des Abschlussbetriebsplans können keine Legalisierungswirkung entfalten. Wegen der mit bergbaulichen Betriebshandlungen von vorneherein über das normale Maß erhöhten Gefahrentendenz muss nämlich ein späteres ordnungsbehördliches Einschreiten stets möglich sein. 38. Obwohl in der Literatur zeitliche Begrenzungen für die ordnungsrechtliche Haftung teilweise vertreten werden, wobei die Verjährung entsprechend § 195 BGB befürwortet wird, lehnt die herrschende Meinung solche nicht normierten Begrenzungen ab. Die Begrenzung des Gefahrbeseitigungsanspruchs greift in das Verursacherprinzip und den Grundsatz gerechter Lastenverteilung ein und bedürfte deshalb einer gesetzlichen Grundlage.
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39. Eine Verwirkung des Gefahrbeseitigungsanspruchs ist prinzipiell entsprechend § 242 BGB denkbar, knüpft aber an ein konkretes Vertrauen des Verantwortlichen an, von der Behörde nicht in Anspruch genommen zu werden. Daher hat es die Behörde selbst in der Hand, durch rasches Eingreifen solche Vertrauensbildungen zu verhindern. 40. Das Problem einer Ewigkeitshaftung ist nicht im Rahmen einer nicht auf ordnungsrechtliche Primäransprüche übertragbaren Verjährung, sondern bei der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme zu berücksichtigen. Sie scheitert bei bergrechtlichen Problemlagen aber regelmäßig daran, dass die Inanspruchnahme dann nicht unzumutbar sein kann, sofern die Gefahr das Ergebnis eines spezifischen bergbaulichen Risikos darstellt.
§ 9 Gefahrvorsorge und Gefahrerforschungseingriffe 41. Die Gefahrenvorsorge hat im Rahmen des Betriebsplanverfahrens zu erfolgen. 42. Gefahrerforschungseingriffe sind auf Kosten der Verantwortlichen möglich, sofern tatsächliche Anhaltspunkte für eine Gefahrentwicklung vorliegen.
§ 10 Kooperationsmöglichkeiten zwischen Verwaltung und potenziell Pflichtigen 43. Je komplexer ein ordnungsrechtlicher Vorfall und je vielfältiger und größer die damit verbundenen Unsicherheiten sind, desto eher bietet sich der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages als dem gegenüber einer Ordnungsverfügung flexibleren Instrument an. Seine Wahl steht im Ermessen der Behörde. Bei seinem Abschluss sind vor allem die rechtlichen Grenzen der §§54 ff. VwVfG zu beachten.
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arverzeichnis Abfallrecht 15 Abschlussbetriebsplan - Gefahrenabwehr 17 f. - LegalisierungsWirkung 107 f. Abschlussbetriebsplanverfahren 17 f. Abspaltung 65 Allgemeines Berggesetz (von 1865) 22 ff. Altbergbaubetriebe 22 ff. Anordnungen, bergrechtliche 16 ff. Anscheinslagen 53 ff. Aufspaltung 65 Ausgliederung 65 Baubehörden - Schadensersatzpflicht 37 f. - Verursacherhaftung 36 f. B ergaufsicht, Β eendigung der 18 ff. Β ergrechtliche Anordnungen 16 ff. - Abschlussbetriebsplanverfahren 17 f. - Adressaten 20 ff. - nach Beendigung Bergaufsicht 20 - vor Beendigung Bergaufsicht 18 ff. Bodenschutzrecht 25 ff. - Auflockerung Deckgestein 25 f. - Freisetzung Grubengas 25 - S anierungs vertrag 127 f. - Wertungen und Polizeirecht 26 f. Buy-Out-Konstellationen 32 f.
- Halbteilungsgrundsatz 95 f. - Idealwertgrenze 91 f. - Mindestbestand 90 ff. - Möglichkeit der privatnützigen Verwendung 92 ff. - Verhältnismäßigkeit 96 ff. - Verkehrswertgrenze 91 Einzelrechtsnachfolge 68 f. Erbbauverträge 76 f. Erdrosselungsverbot 90 f. Gebot effektiver Gefahrenabwehr 55 ff. Gefahrerforschungseingriffe 122 ff. Gefährlichkeitsprognose 43 Gefahrvorsorge 122 Gemeinlastprinzip 73 Gesamtrechtsnachfolger - des Derelinquenten 81 f. - des Verursachers 65 ff. - in abstrakte Polizeipflicht 66 ff. - in konkrete Polizeipflicht 66 Gesamtrechtsnachfolgetatbestände 65 Geviertfeld 72 f. Haftung pro rata 60 ff. Haftung pro toto 60 ff. Halbteilungsgrundsatz 95 f. Handeln „ins Blaue" 56
Dereliktionsverantwortlichkeit - Begründung 74 ff., 81 f. - Grenzen 103 f. Derelinquent 81 Duldung, behördliche 108 f. Duldungspflichten 85 f. Durchgriffshaftung 32 f.
Kausalität 43 ff. Kooperationsmöglichkeiten mit Verwaltung 125 ff.
Eigentum, aufgedrängtes 72 f. Eigentumsgarantie - Erdrosselungsverbot 90 f.
Längenfelderbereinigungsgesetz 72 ff. Legalisierungswirkung von Genehmigungen 104 ff.
Immissionsschutzrecht 15 f. Innehabung des Gegenmittels 41 f. Intertemporale Solidargemeinschaft 57 ff.
150
arverzeichnis
Mitkausalität 50 ff. Mitwirkungspflichten 85 f.
Theorie der unmittelbaren Verursachung 39 f.
Nachforderungsrecht 84 Nachhaltige Entwicklung 56
UBG-Entwürfe 52 f.
Opferposition (des Zustandsstörers) 88 ff. Personenmehrheit 57 ff. Polizei- und Ordnungsrecht, allgemeines 27 ff. - Anscheinslagen 53 ff. - Auffangfunktion 27 f. - Bodenschutzrecht, Relevanz 26 f. - Derelinquentenhaftung 81 f. - Gefahrbeseitigungsumfang 60 ff. - Gefahrerforschung 122 ff. - Gefahrvorsorge 122 - Gesamtrechtsnachfolge 65 ff. - Legalisierungswirkung von Genehmigungen 104 ff. - Personenmehrheiten 57 ff. - Störerauswahl 83 f. - Störerbestimmung 38 ff. - Unsicherheiten 52 ff. - Verantwortlichkeitsgrenzen 87 ff. - Verantwortlichkeitsverteilung 29 ff. - Verdachtslagen 53 ff. - Verhältnismäßigkeit 87, 96 ff. - Verjährung 114 ff. - Verursacherhaftung 34 ff. - Verursachungstheorien 38 ff. - Verwirkung 111 ff. - Zuständigkeit 28 - Zustandsstörerhaftung 70 ff. Polizeipflicht, abstrakte 66 ff. Polizeipflicht, konkretisierte 66 Preußisches Allgemeines Landrecht 24 Rammelsberg-Urteil 17 f., 49 Rechtsstaatliche Anforderungen 56 f. Rio-Deklaration 56 Schachtelkonstruktionen, gesellschaftsrechtliche 32 f. Störerauswahl 83 f. Störerbestimmung nach Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre 40 f.
Umweltstaatszielbestimmung 55 f. Unternehmensspaltung 65 Verantwortliche, allgemein 29 ff. Verdachtslagen 53 ff. Verhältnismäßigkeit - Bösgläubigkeit 98 ff. - Fremdeinwirkungen 98 - Längenfelderbereinigungsgesetz -
103
Sozialbindung Eigentum 102
- Zeitablauf 100 ff. -
zeitliche Grenzen 119 ff. Verjährung 114 ff. Vernachlässigung Überwachung 108 f. Verschmelzung 65 Vertragliche Lösungen 125 ff. Vertragsstrafen 132 Verursacherhaftung 34 ff.
- Bauordnungsbehörden 36 - Bauplanungsbehörden 36 - Berechtsame 44 f. - Bergwerksbetreiber 34 ff. - Betriebshandlungen, rechtmäßige 46 f. - Grenzen 87 ff. - Grundstückseigentümer 35 f. - Sozialadäquanz 46 f. - subjektive Elemente, Relevanz 42 f. - Theorien 38 ff. - Unklarheiten 50 ff. - Verschuldensunabhängigkeit 42 f. - Vorhersehbarkeit 43 - Wasserhaltung, Beendigung der 48 ff. Verwaltungsvertrag - „Grubengasabwehrvertrag" 131 ff. - inhaltliche Grenzen 128 ff. - Zulässigkeit 128 Verwirkung 111 ff., 120f. Verzicht l l l f . Vollstreckung, Unterwerfung 132 Vorsorge 56
Sachwortverzeichnis Wahrscheinlichkeitsmaßstab 62f., 123 f. Zivilrecht, Übertragbarkeit 117 f. Zustandsstörerhaftung 70 ff. - Bergwerksanlage 75 ff.
Bergwerkseigentum 71 ff. Grenzen 87 ff. Grubengas 77 ff. Grundstück 79 f. Opferposition 88 ff.