Die Modulproduktion in der Automobilindustrie Brasiliens: Eine rechtliche und ökonomische Analyse [1 ed.] 9783428527595, 9783428127597

Auf der Basis extensiver Feldforschung beschäftigt sich Luiz Salgado mit den neueren Produktionssystemen in der Automobi

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German Pages 173 Year 2008

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Die Modulproduktion in der Automobilindustrie Brasiliens: Eine rechtliche und ökonomische Analyse [1 ed.]
 9783428527595, 9783428127597

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 212

Die Modulproduktion in der Automobilindustrie Brasiliens Eine rechtliche und ökonomische Analyse

Von Luiz Guilherme Georgi Salgado

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

LUIZ GUILHERME GEORGI SALGADO

Die Modulproduktion in der Automobilindustrie Brasiliens

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 212

Die Modulproduktion in der Automobilindustrie Brasiliens Eine rechtliche und ökonomische Analyse

Von Luiz Guilherme Georgi Salgado

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.

Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg hat diese Arbeit im Sommersemester 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-12759-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Dedico este livro ao meu pai Luiz Fernando, à minha mãe Mércia (in memoriam) e ao meu irmão Marcelo

Geleitwort Wie funktioniert Wirtschaftsrecht im wirtschaftlichen Entwicklungsprozess? Diese ebenso wichtige wie schwierige Frage ist Grundthema zweier in Marburg parallel durchgeführter Studien von Baiguo Jiang und Luiz Salgado. Sie betreffen zwei der bedeutendsten Schwellenländer der Welt: China und Brasilien. Auf der Basis extensiver Feldforschung behandeln sie den wohl anschaulichsten modernen Industriesektor: die Automobilindustrie. Diese Industrie erforderte in Schwellenländern beachtliche Technologie- und Kapitaltransfers. In Brasilien und China haben sich inzwischen bemerkenswerte, in den Weltmarkt hinein vernetzte Produktionsstandorte und Satellitenproduktionen herausgebildet, die ihrerseits nun Produktionen in den führenden Industriestaaten bedienen. Von der Wirtschaftsordnung her war der Ausgangspunkt denkbar verschieden. Während Brasilien stets über ein westlich geprägtes politisches System mit gesicherten Eigentumsrechten verfügte, hat sich China noch nicht völlig von seinen staatswirtschaftlichen Traditionen gelöst. Die institutionelle Struktur der aktuellen Industriepolitik zeigt dennoch Parallelen, aber auch Divergenzen. In der China-Studie Jiangs steht das Problemfeld „Wirtschaftsförderung/ Wirtschaftskontrolle“ mit dem Instrumentarium des Joint Ventures im Mittelpunkt. In der Brasilien-Studie Salgados dagegen dominiert der Kooperationsansatz der „Modulproduktion“. Während in China das Joint-VentureKonzept in seiner ständigen Modifikation den Anschluss an moderne „kapitalistische“ weltmarktbezogene Wirtschaftsweisen ermöglichte, ist die brasilianische Modulproduktion ein Testfeld für innovative, entwicklungspolitisch „angepasste“ Produktionskonzepte. Beiden Studien gemeinsam ist ein institutionenökonomisch orientierter wirtschaftsrechtlicher Ansatz, der eine inzwischen prägende rechtliche Struktur aktueller Industrieproduktionen herausarbeitet: die in Vertrag und Regulierung auftretenden „symbiotischen“ Vernetzungen. Dass beide juristische Autoren nach einem glanzvollen Masterabschluss in Deutschland sich entschlossen haben, parallel in vierjähriger Arbeit die institutionelle Struktur einer Schlüsselindustrie ihres jeweiligen Heimatlandes zu untersuchen, gehört zu den seltenen Glücksfällen wirtschaftsrechtlicher Forschung. Die empirisch basierten institutionellen Studien von Baiguo Jiang und Luiz Salgado sind wegweisend für weitere Forschungen im Recht der internationalen Wirtschaftstransaktionen. Marburg, im März 2008

Prof. Dr. Dr. h.c. Erich Schanze LL.M. (Harv.)

Vorwort Nach meinem Masterabschluss (LL. M.) in Marburg im Jahr 2003 unterbreitete mir mein Betreuer den Vorschlag, an einem Promotionsprojekt zur Analyse der modernen institutionellen Strukturen der Automobilindustrie teilzunehmen. Insbesondere Brasilien und China, die – neben Russland und Indien – als Teil der sog. BRIC-Staaten eine zentrale Rolle im Automobilsektor spielen, sollten in die Forschung einbezogen werden. Ich sollte den Abschnitt über Brasilien, das seit Jahren zu den Schwellenländern mit den am weitesten entwickelten Automobilmärkten zählt, bearbeiten. Dabei faszinierte mich neben der Möglichkeit, nähere Einblicke in die Praxis der Automobilindustrie zu gewinnen, die Herausforderung, diese unter dem Blickwinkel der Schnittstelle von Recht und Ökonomie zu untersuchen. Das vorliegende Buch wurde im Sommersemester 2007 als Dissertation vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg angenommen. Sein Zustandekommen als Teil des erwähnten Projekts wäre ohne den Zuspruch, die Ideen und die Inspirationen anderer Menschen kaum möglich gewesen. Mein Dank gilt an erster Stelle meinem Betreuer, Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Erich Schanze LL. M. (Harv.), für die Anregungen im Laufe der Arbeit und für die gewährte Freiheit bei der Bearbeitung des Themas. Seit meiner Ankunft in Deutschland zeigte er sich stets gesprächsund diskussionsbereit und hat mir jede nur denkbare Unterstützung zukommen lassen. Meine Zeit am Institut für Rechtsvergleichung und die zahlreichen Seminare in Riezlern sowie am Edersee haben mich nicht nur fachlich, sondern auch persönlich sehr geprägt. Dank schulde ich auch Herrn Prof. Dr. Tobias Helms für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Die in diesem Buch präsentierten Ergebnisse basieren auf Erkenntnissen, die ich während eines mehrmonatigen Forschungsaufenthalts bei dem Unternehmen Robert Bosch Limitada in Brasilien gewinnen konnte. Für dessen Gewährung, in Verbindung mit einer Anwaltsstelle, schulde ich Herrn Horst Wittmoser, Herrn Edgar Silva Garbade und Frau Arlene Vasconcelos Heiderich Dank. Mein Dank gilt auch Herrn Cláudio Vianna, der mich bei der Forschung ständig unterstützt hat, sowie allen Arbeitskollegen für die freundliche Atmosphäre. Ausschlaggebend für das Gelingen der empirischen Untersuchung war nicht zuletzt die enge Zusammenarbeit mit Volkswagen do Brasil Ltda. Diesbezüglich möchte ich mich bei Herrn Dr. Peter Schindler und vor allem bei Herrn Eduardo de Azevedo Barros bedanken,

10

Vorwort

die mir Zugang zum Unternehmen, zu Werken sowie Verträgen verschafft haben. Danken möchte ich auch dem Kollegen Herrn Eduardo Gasparoto für die Unterstützung und seine Anregungen bei der Durchführung der Forschungsarbeit. Für ein Teilstipendium und die Gewährung eines Druckkostenzuschusses möchte ich dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) meinen Dank aussprechen. Ohne dessen Förderung wäre es mir in der Endphase der Doktorarbeit nicht möglich gewesen, mich ganz der wissenschaftlichen Arbeit zu widmen. Mein besonderer Dank gilt zudem der Familie Splieth (Luise, Benno, Livia und Joana). Sie haben mein Studium in Deutschland ermöglicht und mein Leben in Deutschland wesentlich erleichtert. Meinen Freunden Dr. iur. Andreas Jüttner, Joe Hohenester und Jan-Thomas Breust bin ich nicht nur für die Mühen des Korrekturlesens, sondern auch für die zahlreichen Anregungen zu Dank verpflichtet. Marburg, im März 2008

Luiz Salgado

Inhaltsverzeichnis Einleitung I.

Hintergründe und Entwicklungen in der Automobilindustrie . . . . . . . . . . . . . .

19

II. Zielsetzung und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 1 Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion I.

Lean Production . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

II. Neue Kooperationsmodelle in der Automobilindustrie und Modularisierung 1. Zuliefererparks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. OEM-Zulieferer-Kondominia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Modulproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorgeschichte: Der Fall „Autolatina“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erster Versuch: Der Fall „Škoda“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Maximale Modularisierung: VW-Resende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Produktionsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abschließende Analyse des VW-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Netzwerkgestaltung in der Modulproduktion: Der Rahmenvertrag . . . (1) Präambel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Grundlegende Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zuteilung der Module . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Einrichtung der Module . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Inbetriebnahme der Module . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Allgemeine Zulieferungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (9) Betreuung des Produktionsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (10) Technologische Aktualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (11) Änderung der technischen Spezifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (12) Qualitäts- und Ausführungsstandard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (13) Qualitätsprobleme und Rückruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (14) Abnahme der Endprodukte und Zahlungsbedingungen . . . . . . . . (15) Vertraulichkeit und Geheimhaltungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (16) Unabhängigkeit der Gesellschaften und Haftung . . . . . . . . . . . . . .

26 26 26 28 28 30 32 32 34 35 40 41 42 42 42 43 44 44 45 45 46 46 46 48 49 49 50

12

Inhaltsverzeichnis (17) Gebäudekosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (18) Versicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (19) Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Entschädigung für den Einsatz transaktionsspezifischer Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (20) Formalisierung des Aus- und Eintritts der Vertragspartner . . . . . (21) Force-Majeure-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (22) Konkurrenzverbot und Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 51 52 53 53 53 53 54

Kapitel 2 Die Modulproduktion im Lichte der Ökonomischen Analyse des Rechts und der Theorie der Symbiotischen Arrangements I.

Einführung: „Law and Economics“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

II. Ansatzpunkt und Forschungsprogramm der Theorie der Symbiotischen Arrangements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 III. Neue Institutionenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Transaktionskostentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Markt versus Hierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auswahl institutioneller Arrangements und Alternativkalküle . . . . . . . d) Hybride Langzeitverträge als anreizkompatible Vertragsgestaltung . . . (1) Der Fisher-Body-General-Motors-Fall und die Bündelung von Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anreize und Kontinuität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Schaffung von Abhängigkeiten mittels Investitionen . . . . . . . . . . (a) Reversible und irreversible Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Einsatz transaktionsspezifischer Vermögenswerte . . . . . . . . . (c) Ein Blick auf die Praxis der Modulproduktion . . . . . . . . . . . 2. Property-Rights-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Agenturtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Innen- und Außenverhältnis: Agenturtheorie versus Stellvertretung im Rechtssinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Theorie der Symbiotischen Arrangements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einsatz transaktionsspezifischer Vermögenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gekreuzte Prinzipal-Agent-Beziehungen und Dokumentation . . . . . . . . . . . 3. Internationale Kompatibilität und Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Selbstständigkeit trotz Asymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 59 59 60 64 66 67 70 72 72 73 75 76 79 79 81 83 84 85 85 86 87 87

Inhaltsverzeichnis

13

6. Anwendbarkeit der Theorie der Symbiotischen Arrangements auf die Modulproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Einsatz transaktionsspezifischer Vermögenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Gekreuzte Prinzipal-Agent-Beziehungen und Dokumentation . . . . . . . 88 c) Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 d) Langfristiges, asymmetrisch verteiltes Engagement selbstständiger Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Kapitel 3 Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion I.

Terminologie und Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

II. Das Konsortium in Brasilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die italienische Regelung als Gesetzesmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Aufnahme des Konsortiums in das Aktiengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Art. 278 f. Aktiengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vertrag oder Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Relationale Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Hybride Langzeitverträge und Symbiotische Arrangements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Billigung durch das zuständige Gesellschaftsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Bestandteile des Konsortialvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zweck und Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Anschrift und Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Bestimmung von Verpflichtungen, Leistungsanteilen und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Empfang von Einnahmen und Aufstellung von Ergebnissen . . . (7) Mitgliedschaft und Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Regelungen über Aus- und Eintritt der Vertragspartner . . . . . . . . f) Eintrag im Handelsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Beteiligung ausländischer Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sitztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gründungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Das brasilianische Internationale Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . (a) Zur „Anerkennung“ ausländischer Juristischer Personen . .

92 93 95 97 98 99 99 101 103 105 107 107 108 108 110 110 112 113 113 113 114 115 115 117 118 118

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Inhaltsverzeichnis (b) Rechtliche Möglichkeiten bezüglich der Realisierung inländischer Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Bewertung der in der Modulproduktion angewendeten Konsortialform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wettbewerbsrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertikaler Bindungseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten der Modulproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119 120 122 124 125 127

Zusammenfassung und Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Anhang: Rahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Abkürzungsverzeichnis* Acc. Rev. AcP Ad. Sc. Quart. Am. Beh. Scient. Am. Ec. Rev. Am. Jour. of Jur. BB CNPJ Corn. Law Quart. DB DJ DOU DStR Ec. Enq. Eur. Man. Jour. Fin. and St. GmbHR GRUR Harv. Bus. Man. Harv. Bus. Rev. Harv. Law Rev. ICC Inter. J. Oper. & Prod. Man. Int. J. Aut. Tech. and Manag. Int. Man. Syst.

The Accounting Review Archiv für die civilistische Praxis Administrative Science Quarterly American Behavioral Scientist The American Economic Review The American Journal of Jurisprudence Der Betriebsberater Cadastro Nacional da Pessoa Jurídica (Steuerregister für Juristische Personen) Cornell Law Quarterly Der Betrieb Diário da Justiça (Justizblatt) Diário Oficial da União (Brasilianisches Bundesgesetzblatt) Deutsches Steuerrecht Economic Enquiry European Management Journal Finance and Stochastics GmbH-Rundschau: Gesellschafts- und Steuerrecht der GmbH und GmbH & Co. Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Harvard Business Manager Harvard Business Review Harvard Law Review Industrial and Corporate Change International Journal of Operations & Production Management International Journal of Automotive Technology and Management Integrated Manufacturing Systems

* Das Verzeichnis enthält nicht alle in dieser Abhandlung verwendeten Abkürzungen. Es soll dem Leser einen schnellen Überblick über alle für das Verständnis des Textes wichtigen Abkürzungen und insbesondere über die Abkürzungen der zitierten Zeitschriften verschaffen.

16 IPRax JA J. Ec. Beh. & Org. J. Ec. Iss. J. Ec. Persp. J. Ec. Th. JFE J. Fin. Jher. Jahr. JITE/ZgS

Abkürzungsverzeichnis

Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Juristische Arbeitsblätter Journal of Economic Behavior & Organization Journal of Economic Issues Journal of Economic Perspectives Journal of Economic Theory Journal of Financial Economics The Journal of Finance Jherings Jahrbücher Journal of Institutional and Theoretical Economics/Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft JLE Journal of Law and Economics JLEO Journal of Law, Economics and Organization JM Journal of Marketing JNpÖ Jahrbuch für Neue politische Ökonomie J. of Legal Ed. Journal of Legal Education JPE Journal of Political Economy JZ Juristenzeitung LICC Lei de Introdução ao Código Civil (Einführungsgesetz zum brasilianischen Zivilgesetzbuch) Log. Man. Logistik Management LSA Lei das Sociedades por Ações (Aktiengesetz) Man. Acc. Management Accounting NJW Neue Juristische Wochenschrift North. U. Law. Rev. Northwestern University Law Review NVersZ Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht OEM Original Equipment Manufacturer (Originalausrüstungshersteller) Quart. J. Ec. The Quarterly Journal of Economics RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RDC Revista de Direito da Concorrência RDM Revista de Direito Mercantil, Industrial, Econômico e Financeiro Rec. des Cours Recueil des Cours, Académie de Droit International de La Haye Rev. Derecho Merc. Revista de Derecho Mercantil Rev. Dir. Est. Soc. Revista de Direito e Estudos Sociais

Abkürzungsverzeichnis Rev. Dir. Priv. Rev. Ec. St. Rev. For. Rev. Inf. Leg. Riv. Dir. Com. RIW Sl. Man. Rev. Sout. Cal. Rev. Str. Man. J. SZIER VersR World Dev. Yale Law J. ZGR ZHR

17

Revista de Direito Privado Review of Economic Studies Revista Forense Revista de Informação Legislativa Rivista del Diritto Commerciale e del Diritto Generale delle Obbligazione Recht der internationalen Wirtschaft Sloan Management Review Southern California Law Review Strategic Management Journal Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht Schriftenreihe der Zeitschrift Versicherungsrecht World Development Yale Law Journal Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

Einleitung I. Hintergründe und Entwicklungen in der Automobilindustrie Die westliche Automobilindustrie erlebte am Ende des letzten Jahrhunderts eine Phase des Umbruchs und der Neuorientierung. Der Globalisierungsschub der 90er Jahre bildete eine Triebkraft für diese Veränderungen und führte zu einer weiteren Verschärfung des durch bestehende Überkapazitäten ausgelösten Konkurrenzkampfes um Kunden und Märkte. Mit der Gründung der WTO wurde diese Entwicklung weiter vorangetrieben. Dass diese Wettbewerbsintensivierung mittels Liberalisierung des Welthandels von neuen Konzepten begleitet und geprägt war, beweisen zum einen Begriffe wie: „Nischenmarketing“ oder „qualitätsabhängiger Wettbewerb“ und zum anderen die unternehmerische Fokussierung auf die Kostenvorteile, die ständige technologische Weiterentwicklung oder auch die enge Verbindung zwischen Produkt und Dienstleistung.1 Mit ihren überholten Methoden der Massenfertigung von Standardprodukten stieß die westliche Automobilindustrie dabei an ihre Grenzen. Ihre absolute Größe machte es ihr unmöglich, schnell auf die neuen Herausforderungen des Marktes zu reagieren. Als Hauptgründe für ihren daraus resultierenden Niedergang sind die Verwendung veralteter Strategien, zu kurzfristig orientierte Zielsetzungen, technische Mängel in Entwicklung und Produktion, Vernachlässigung des Arbeitskräftepotenzials, aber auch Konflikte zwischen Staat und Industrie zu nennen.2 Die japanische Automobilindustrie hingegen verzeichnete einen spektakulären Erfolg. Dank der Entwicklung schlanker Wertschöpfungsketten und Vertriebssysteme war sie in der Lage, Fahrzeuge in kleineren Serien mit höherer Qualität und ansprechendem Design zu produzieren. Flankiert wurde dies durch die Kombination hoch qualifizierter Gruppenarbeit, die Errichtung flexibler Automationssysteme, eine gezielte Kundenorientierung und niedrige Preise. Nicht zuletzt sorgte die engere Zusammenarbeit von Herstellern, Zulieferern und Händlern für einen weiteren strategischen Vorteil hinsichtlich einer größeren Rationalität und Effizienz in Verfertigung und Entwicklung sowie beim Absatz der Fahr1 2

Lange, Das Recht der Netzwerke, S. 33. Vgl. die Übersicht bei Oehlke, WSI Mitteilungen 1993, S. 99.

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Einleitung

zeuge. Für dieses revolutionäre System stehen die Begriffe Lean Production bzw. Lean Distribution.3 Ebenfalls erfasst von der Globalisierungswelle wurde die brasilianische Wirtschaft, die überdies bereits eine Verschärfung des Wettbewerbs aufgrund staatlicher Maßnahmen zur Wirtschaftsöffnung in den 90er Jahren und der Gründung des Mercosur4 erlebt hatte. Um sich die Dimension der daraus resultierenden Auswirkungen zu verdeutlichen, gilt es, darauf hinzuweisen, dass Brasilien in den zwei vorhergegangenen Dekaden eine der am stärksten abgeschotteten Volkswirtschaften der Welt war. Der Importanteil an Industriegütern erreichte sowjetisches Niveau (4,8% im Jahre 1989).5 Dies war offensichtlich nicht der Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung, sodass die Regierung Ende der 80er Jahre die ersten Schritte in Richtung einer offeneren Politik unternahm. Anfang der 90er Jahre wurde der Import von Fahrzeugen liberalisiert, welcher zuvor durch Einfuhrzölle in Höhe von 85% entmutigt worden war.6 Dadurch kamen die Verbraucher, die bis zu diesem Zeitpunkt nur die Wahl zwischen vier Automarken (Fiat, Ford, General Motors und Volkswagen) gehabt hatten, in den Genuss einer Überschwemmung des Fahrzeugmarktes mit – was Qualität und Design anbetraf – hochwertigen Pkws zu attraktiven Preisen. Die Notwendigkeit, die Wettbewerbslücke gegenüber der japanischen Automobilindustrie zu schließen, führte zu einem Strukturwandel in der gesamten westlichen Automobilindustrie. Die Akteure begannen, eine aufwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeit zwecks konkurrenzfähiger Produktions- und Logistikkonzepte zu betreiben.7 Mit den betriebswirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen wandelte sich auch die Interaktion zwischen den Beteiligten.8 Insbesondere die Zusammenarbeit 3

Siehe hierzu insbesondere die fünfjährige empirische Untersuchung des Massachusetts Institute of Technology, die auf 116 Forschungsberichten basiert, zusammengefasst in Womack/Jones/Roos, The Machine that Changed the World. Der Begriff „Lean Production“ wurde von Krafcik, Sl. Man. Rev. 30 (1988), S. 41 ff., geprägt. 4 Siehe insbesondere Salgado, Die Europäische Gemeinschaft und der Mercosur, S. 1 ff.; Basedow, Der Mercosur als Integrationsmodell, S. 9 ff.; Salomão Filho/ Samtleben, Der Südamerikanische Gemeinsame Markt, S. 1345 ff., 1385 ff.; Zum spanischen Text und der deutschen Übersetzung der wichtigsten Verträge und Rechtsakte des Mercosur bis zum Jahr 2000 siehe Basedow/Samtleben, Rechtsquellen des Mercosur, Teilband I und II. 5 Vgl. Pinheiro/Giambiagi/Moreira, O Brasil na década de 90, S. 9. 6 Im Laufe der Jahre wurde in Brasilien der Importzoll auf Fahrzeuge aufgrund unterschiedlicher politischer Ansätze in wechselnder Richtung geändert. Heutzutage beträgt er laut Abschnitt Nr. 87 des Gemeinsamen Zolltarifs („tarifa externa comum“) des Mercosur 35%. 7 Vgl. Fieten, Lean Production in deutschen Unternehmungen, S. 128.

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mit den Zulieferern wurde verstärkt, die Vertriebskanäle neu strukturiert und das Verhältnis mit den Händlern verbessert. Hier vollzog sich ein Prozess der Konsolidierung, der zu einer bemerkenswerten Verminderung der Zahl unabhängiger Herstellergruppen führte.9 Kaum auf die neuen Anforderungen vorbereitet, gelang es den wenigsten Zulieferern, die gestiegenen Ansprüche bezüglich Entwicklungs- und Produktionskompetenz sowie Kapitalmobilisierung zu erfüllen.10 Dadurch kam es zwangsweise zu einem Wandlungsprozess, in dessen Verlauf das Segment durch eine stetig steigende Zahl an M & A mit inländischen Unternehmen zum Betätigungsfeld ausländischer bzw. multinationaler Zulieferer wurde. In dieser neuen Phase wurde die Zusammenarbeit zwischen Hersteller, Zulieferern und Absatzmittlern auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Dabei galt es, die Prozesskette Design (Hersteller), Entwicklung und Produktion (Hersteller, Zulieferer), Montage (Hersteller) und Verkauf (Hersteller, Absatzmittler) zu optimieren, kostengünstiger zu gestalten und alle Beteiligten so stark wie möglich in den Vertrieb zu integrieren.11 Aus diesem Motiv heraus entstand in Brasilien Mitte der 90er Jahre ein neues Produktionssystem, das in der Praxis als „Modulproduktion“ bezeichnet wird. Der ihm zugrunde liegende Ansatz war insofern revolutionär, als er eine wesentliche Veränderung der Kernkompetenzen der beteiligten Unternehmen umfasst. Das Werk wurde in Zellen („Module“) geteilt, in denen die Zulieferer („Modulanten“) für die Montage der Komponenten zuständig waren. D.h., sie wurden direkt in die Produktion integriert und übernahmen so zusätzliche Aufgaben neben der Lieferung der Komponenten. II. Zielsetzung und Vorgehensweise Infolge der die Modulproduktion kennzeichnenden arbeitsteiligen Spezialisierung gehen die Akteure eine langfristige Verbindung ein, in der die Aufrechterhaltung ihrer juristischen und ökonomischen Unabhängigkeit bei gleichzeitiger Bündelung von Ressourcen, gemeinsamer Risikoallokation und Nutzung von Synergieeffekten eine zentrale Rolle spielt. Obwohl sie eine gravierende Veränderung der Rechtsverhältnisse zwischen Hersteller und Zulieferer darstellt, steht die juristische Auseinandersetzung mit den dadurch aufgeworfenen Fragen erst am Anfang. Ziel dieser Arbeit ist es, einen interdisziplinären Beitrag zum Verständnis der Modulproduktion zu 8

Bernhard-Eckel, Der Just-in-Time-Vertrag, S. 19. Vgl. Jürgens, Outsorcing & Co., S. 7. 10 Vgl. Martins Santos/Pinhão, Panorama Geral do Setor de Autopeças, S. 73, 75 f. 11 Lange, Das Recht der Netzwerke, S. 37. 9

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Einleitung

leisten. Zum einen werden deren Organisationsstrukturen mittels einer ökonomischen Analyse dargelegt, zum anderen soll aber auch ein Weg aufgezeigt werden, der es den Akteuren erlaubt, ihre Interessen im brasilianischen Zivil-, Gesellschafts- und Wettbewerbsrecht dergestalt zu regulieren, dass die Kernelemente des Projekts nicht beschädigt, gleichzeitig aber auch zwingende Normen und Prinzipien des brasilianischen Rechts respektiert werden. Die Modulproduktion charakterisiert sich durch eine asymmetrische Steuerungsstruktur zwischen den Akteuren, wenngleich im Falle von Anpassungsverhandlungen eine weitgehende Parität besteht und zudem die Beziehung durch ein komplexes und umfangreiches Leistungsstörungsrecht bestimmt wird. So steht die Modulproduktion im Widerspruch zum klassischen Vertragskonzept, in dem das Idealbild durchgängig gleichberechtigter Partner vorherrscht, und berührt das Gesellschaftsrecht, sodass eine Überschneidung mit den Haftungsregelungen dieses Rechtsgebiets (insbesondere solidarische Gesellschafterhaftung und Faktische Gesellschaft) droht. Außerdem ist die Modulproduktion von bindender Wirkung zwischen den Beteiligten und kann Marktausschließung ermöglichen. Diese Unklarheiten können ihrem Sinn und Zweck zuwiderlaufen. Um eine nach außen abgeschlossene, maßgeschneiderte Rechtsordnung für ihr Bündel von Transaktionen zu schaffen, entwerfen die Akteure ein komplexes Netzwerk von in einem Rahmenvertrag eingebundenen Verträgen. Der Rahmenvertrag soll nicht zuletzt die Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen gewährleisten und ist als Kern der Modulproduktion zu betrachten. Die bevorzugte Rechtsform der Modulproduktion ist das Konsortium. Kapitel 1 ist das Ergebnis einer elfmonatigen empirischen Untersuchung (von August 2004 bis Juni 2005) in der Automobilindustrie Brasiliens, die mit einer Anwaltsstelle in der Rechtsabteilung von Robert Bosch Limitada in Campinas verknüpft war. Gegenstand der Forschung waren die zum Einsatz kommenden Kooperationssysteme zur Endmontage von Fahrzeugen und deren Rechtsverhältnisse zwischen Automobilherstellern (im Branchenjargon auch OEM – „Original Equipment Manufacturer“) und Zulieferern. Die Studie basiert auf Werksbesichtigungen, Gesprächen und Diskussionen mit Managern und Rechtsanwälten sowie auf Untersuchungen von Rahmenverträgen und den weiteren, damit verbundenen Verträgen, welche von den Rechtsabteilungen zur Verfügung gestellt wurden. Dieses Kapitel dient der Darstellung der Praxis der Modulproduktion. Dies geschieht anhand einer Erörterung der relevanten Klauseln des Rahmenvertrags. Die in der Modulproduktion beteiligten Unternehmen sind allgemein bekannt. Ihre namentliche Erwähnung, wie auch die Darstellung der wirtschaftlichen Entwick-

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lung dieses Segments, soll dem Leser das Verständnis erleichtern. Marken – wie auch Informationen zu Patenten o. Ä. – wurden entweder entfernt oder verfremdet. Kapitel 2 versucht, die ökonomischen Erkenntnisse der Neuen Institutionenökonomik und der von Schanze12 entwickelten Theorie der Symbiotischen Arrangements für eine Analyse der Modulproduktion fruchtbar zu machen. Erstere enthält Transaktionskosten-, Prinzipal-Agent- und PropertyRights-Ansätze und ist mit der Theorie der Hybriden Langzeitverträge verwandt, die der Ökonom Williamson13 in den vergangenen Jahren mit Blick auf vertikal integrierte Unternehmenskonzepte ausgearbeitet hat. Was die Theorie der Symbiotischen Arrangements betrifft, so werden alle von ihr entwickelten Voraussetzungen hinsichtlich der Schaffung einer rechtlich effizienten und anreizkompatiblen Vertragsstruktur dargestellt und ihre Anwendbarkeit auf die Modulproduktion untersucht. Kapitel 3 beschäftigt sich mit der gesetzlichen Entwicklung des Konsortiums in Brasilien und arbeitet dessen rechtliche Bedeutung, Voraussetzungen und die ihm immanenten Risiken heraus. Ferner soll ein Beitrag zu der Diskussion geleistet werden, ob die klassische Dichotomie zwischen Vertrag und Gesellschaft angesichts der Modulproduktion bzw. des Konsortiums nicht um eine dritte Kategorie von Rechtsbeziehungen im Sinne der Theorie der Symbiotischen Arrangements erweitert werden muss. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Rechtsnatur des Konsortiums noch nicht vollständig geklärt ist. Am Ende werden die Organisationsstrukturen der Modulproduktion nach brasilianischem Wettbewerbsrecht überprüft, um festzustellen, ob seine diesbezüglichen Schranken in der Praxis beachtet werden.

12 Schanze, Langzeitverträge, S. 1 ff.; ders., Franchising and the Law, S. 67 ff.; ders., JITE 149 (1993), S. 691 ff.; ders., Beyond Contract and Corporation, S. 75 ff.; ders., New Palgrave – Band 3, S. 554 ff. 13 Williamson, The Economics Institutions of Capitalism; ders., JLEO 4 (1988), S. 65 ff.; ders., Ad. Sc. Quart. 36 (1991), S. 269 ff.

Kapitel 1

Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion In der Modulproduktion gehen die Akteure eine enge Form der Zusammenarbeit ein, welche aufgrund ihrer ökonomischen Rationalität eine Veränderung der klassischen Rechtsverhältnisse der Beteiligten und somit eine große Herausforderung für die juristische Planung darstellt. Im Folgenden werden kurz die Philosophie und der Erfolg der Lean Production bzw. Lean Distribution erläutert, da diese den Umstellungsprozess in der westlichen Automobilindustrie angestoßen haben. Ergänzt wird dies durch einen kurzen Abriss der wichtigsten heute in Brasilien im Einsatz befindlichen Kooperationssysteme zur Fahrzeugendmontage. Anschließend werden Ursprung und Entwicklung der Modulproduktion aufgezeigt, bevor dann eine Darstellung des Verhältnisses von OEM und Modulanten anhand der Klauseln des Rahmenvertrags erfolgt. Er dient der Bestimmung der Normen zur Regelung der schuldrechtlich notwendigen Einzelverträge. Folglich wird er in der Praxis als „Regenschirmvertrag“ bezeichnet. Ohne eine umfassende Betrachtung aller organisatorischen und ökonomischen Einzelheiten der Kooperation ist weder das unternehmerische Konzept verständlich noch eine angemessene rechtliche Bewertung möglich. I. Lean Production Die „schlanken“ japanischen Unternehmensstrukturen haben ein neues Industriezeitalter eingeläutet. Die Kernelemente dieses revolutionären Ansatzes bestehen in einer konsequenten Konzentration aller Unternehmensaktivitäten auf die eigentliche Wertschöpfung, einer Reduktion der Zahl der Arbeitnehmer sowie der größtmöglichen Dezentralisierung von Entscheidungskompetenzen und Verantwortung in allen Bereichen des Unternehmens.1 Auf der Agenda der Lean Production bzw. Lean Distribution stehen an oberster Stelle: Kostenminimierung, kontinuierliche Qualitätsverbesserung sowie maximale Flexibilität.2 1

Vgl. Bernhard-Eckel, Der Just-in-Time-Vertrag, S. 24; Reese, Is Lean Production Really Lean?, S. 121 f.; Grunewald, NJW 28 (1995), S. 1777 f. Das Ergebnis waren kostengünstigere und qualitativ hochwertigere Personenkraftwagen sowie eine verbesserte Kundenorientierung. Vgl. Uhle, DStR 5 (1994), S. 184 ff.; Nagel/ Riess/Theis, DB 30 (1989), S. 1505 ff.

I. Lean Production

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Die Diskussionen über den Nutzen der Lean Production für die Automobilindustrie intensivierten sich, je mehr vor allem die nordamerikanischen und europäischen Pkw-Hersteller in eine schwere Krise gerieten. Laut der einführenden, weltweit beachteten Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) bot die Lean Production damals riesige Vorteile im Vergleich zur Massenfertigung, insbesondere durch die Halbierung des Fabrikpersonals, der Produktionsfläche, des Investitionsbedarfs für Werkzeuge und der Entwicklungszeit eines neuen Produkts.3 Nachdem der beeindruckende Erfolg der fernöstlichen Konkurrenz lange von der westlichen Automobilindustrie nicht zur Kenntnis genommen wurde, reagierte sie nun umso schneller. In den 80er Jahren geriet die Lean Production derart in den Fokus von Wissenschaft und Management, dass sie gleichsam zum Forschungsgegenstand wurde.4 Bald erkannte man, dass ihre Umsetzung die Entwicklung eines vollkommen neuen, mit der Tradition von F. W. Taylor und H. Ford brechenden Konzepts für das Management industrieller Prozesse erforderte.5 Für die westliche Automobilindustrie war es ein Wendepunkt; schnell leitete sie die notwendigen Schritte zu einer umfangreichen Umstrukturierung ihrer Produktion ein. Allen unternommenen Versuche war gemeinsam, dass sie auf eine Steigerung der Qualität und der Produktivität, eine Reduzierung der Durchlauf- und Fertigungszeiten und eine Flexibilisierung der gesamten Produktion abzielten, was eine engere Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Unternehmen implizierte.6 Dank ihres ökonomischen Nutzens kommt diese Strategie heutzutage in jedem Segment der Wirtschaft zum Einsatz.7 2

Vgl. Bösenberg/Metzen, Lean Management, S. 8. Vgl. Womack/Jones/Roos, The Machine that Changed the World, S. 13. 4 Vgl. Lange, Das Recht der Netzwerke, S. 46. 5 Vgl. Pfeiffer/Weiß, Philosophie und Elemente des Lean Management, S. 15. 6 Vgl. Lange, Das Recht der Netzwerke S. 46. 7 Als Paradebeispiel kann der Erfolg des nordamerikanischen „Allegheny General Hospital“ gelten. Im Jahr 2003 beschloss das Management des Krankenhauses ein ambitioniertes Projekt zur Reduzierung der Infektionsniveaus. Man wählte Toyotas System der Lean Production als Leitbild und implementierte insbesondere folgende Praktiken: i) intensivierte Suche nach Fehlern und deren unmittelbare Behebung; ii) Ausarbeitung von Protokollen; iii) nähere Überprüfung der Notwendigkeit jeder einzelnen Abteilung und Errichtung einer Zentrale für den standardisierten Einsatz von Injektionen, die Verteilung von Verbandsmaterial sowie die Erzeugung von Dokumentationen; iv) Entwicklung eines Computermodells für Ausbildung und Leistungsüberprüfung. Der Erfolg stellte sich 3 Monate nach der Einführung des Programms ein: Die Zahl der Infektionen war um 90% zurückgegangen und die Kosten entsprechend gesunken. Anfang des Jahres 2007 erhielten die Krankenschwestern des Krankenhauses von Allegheny einen Preis von der „American Association of Critical Care Nurses“ (AACCN). Für nähere Informationen siehe: http://www.wpahs.org/index.html. 3

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Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

II. Neue Kooperationsmodelle in der Automobilindustrie und Modularisierung Angesichts dieser Umstrukturierungsprozesse in der Automobilindustrie sind weltweit neuartige Kooperationsmodelle entstanden. Der Ansatz, die Zulieferer in die Produktionsanlagen zu integrieren, kennzeichnet insbesondere die folgenden Varianten: – Zuliefererparks; – OEM-Zulieferer-Kondominia; – Modulproduktion. 1. Zuliefererparks Das Zuliefererparkmodell, dessen Grad der Integration nicht als besonders weitreichend zu bezeichnen ist, ist sehr verbreitet. Um alle Vorteile der Just-in-Time-Zulieferung auch bei der Anlieferung der Zulieferteile realisieren zu können, treffen OEMs mit lokalen Gemeinden Arrangements zur Errichtung von Zuliefererparks, die direkt an ihre Produktionsstätten grenzen oder sich zumindest in unmittelbarer Nähe befinden. Diese Infrastrukturinvestitionen werden häufig zwischen OEMs, Zulieferern und den Gemeinden in der Form von „public privat partnerships“ durchgeführt. Der Erfolg dieses Ansatzes besteht in einer Optimierung von sequenzieller und Just-inTime-Zu- bzw. -Auslieferung sowie Materialbearbeitung bei einer gleichzeitigen Reduktion der Investitionen in Produktionsvermögen. Ferner ist auf die Vermeidung von Lock-in-Effekten hinzuweisen. Die Kernelemente des Zuliefererpark-Konzepts lassen sich wie folgt zusammenfassen:8 – Durchführung von Investitionen und Planungen seitens eines externen Investors; – Verbindung von Zulieferer- und OEM-Fabrik mit einem Brückenlaufband; – „pay on production“-Ablauf: Bezahlung der Zulieferer durch den OEM auf einer Stück-für-Stück-Basis (bei Ankunft der Teile am Montagepunkt). 2. OEM-Zulieferer-Kondominia OEM-Zulieferer-Kondominia („Kondominium-Ansatz“) gehen insofern einen Schritt weiter, als die Zulieferer auf dem Gelände des OEM angesie8

Siehe dazu Jürgens, Outsorcing & Co., S. 11.

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung

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delt werden.9 Infolge von Auslagerung, Devertikalisierung oder der Errichtung eines neuen Werks bieten OEMs einen Teil ihrer Fabrikräumlichkeiten Zulieferern an, die in direktem Kontakt mit dem eigentlichen Werk stehen und ihre Produkte für die OEM just in time produzieren.10 Die Komponenten werden den Herstellern übergeben und dann von werkseigenen Mitarbeitern montiert.11 Als aktuelle Beispiele einer Anwendung des Kondominium-Ansatzes in der Automobilindustrie Brasiliens sind die neuen Fabriken von GM und Ford zur Herstellung von Pkws zu nennen.12 Das GM-Werk in Gravataí wurde im Jahr 2000 gegründet. Es erforderte Investitionen in Höhe von US$ 357 Millionen seitens des OEM und noch einmal US$ 175 Millionen seitens der Zulieferer, die im Rahmen der Zuliefererbeziehungen amortisiert werden.13 Das Projekt zur Herstellung des Pkws „Celta“ heißt „Blue Macaw“; das Werk ist die weltweit modernste GM-Produktionsstätte. Die Fertigungshallen der Zulieferer setzte man neben die Fabrik;14 Letztere sind zuständig für die Koordination der Zulieferung seitens der „second-“ und „third-tier suppliers“ und erledigen in ihren Hallen die Vormontage der Komponenten in die einzelnen „Module“15. Der Motor ist das einzige Teil, das von GM hergestellt und zugeliefert wird. Der Transport aller Module (mit Ausnahme von Rädern und Sitzen, aufgrund ihrer großen Volumen) exakt an den vorgesehenen Punkt des Fließbandes erfolgt just in time mit9 Für nähere Einblicke in den Kondominium-Ansatz sowie Beispiele aus der Automobilindustrie Brasiliens siehe Pereira/Maia/Di Serio, Brazilian Automobile Industry, S. 6 ff. 10 Zu den Vor- bzw. Nachteilen des Kondominium-Ansatzes siehe Salerno u. a., Changes and Persistences on the Relationship, S. 51 ff. Siehe auch Pereira/Maia/Di Serio, VW São Bernardo, S. 231 ff. 11 Vgl. Gennes, Innovative Produktionskonzepte, S. 13. 12 Aufgrund der in den 90er Jahren in Brasilien betriebenen wirtschaftlichen Öffnung, sowie weiterer staatlicher Maßnahmen zur Anziehung ausländischer Investitionen, erlebte das Land in diesem Zeitraum den Markteintritt neuer Wettbewerber und Marken und die Errichtung zahlreicher neuer Fabriken, wie z. B.: Honda in Sumaré – SP (1997), Chrysler in Campo Largo – PR (1998), Toyota in Indaiatuba – SP (1998), Renault in S. J. dos Pinhais – PR (1998), Mercedes-Benz in Juiz de Fora – MG (1999), Volkswagen in S. J. dos Pinhais – PR (2000), General Motors in Gravataí – RS (2000), Peugeot in Porto Real – RJ (2000), Ford in Camaçari – BA (2001). Vgl. Fusco/Spring, Int. Man. Syst. 14 (2003), S. 27. Dies spiegelt sich in den Investitionsniveaus der Jahre 1995 bis 1998 (ca. US$ 17,97 Billionen) und 1999 bis 2003 (ca. US$ 16,22 Billionen). 13 Siehe Zawislak/Melo, A indfflstria automotiva no Rio Grande do Sul, S. 7 f. 14 Vgl. Posthuma, Industrial Renewal and Inter-Firm Relations, S. 31 ff. 15 Aus der Tatsache, dass Produktionsabläufe in Abschnitte unterteilt und dass diese und/oder deren Produkt oft Module genannt werden, ergibt sich noch keine Modulproduktion in unserem Sinne. Diese erheischt den Einsatz der Zulieferer in der Fabrik des OEM und die Übernahme von Endmontagearbeiten.

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Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

tels Rollwagen und extra dafür eingerichteter Seitenlinien aus den verschiedenen Hallen der Zulieferer.16 Ebenfalls als Kondominium-Ansatz wurde das von Ford im Jahr 2001 in Camaçari gegründete Werk organisiert, dessen Investitionen sich auf ca. US$ 1,2 Billionen seitens des OEM und US$ 700 Millionen seitens der Zulieferer beliefen.17 Das Projekt firmiert unter dem Namen „Amazon“; in Camaçari werden der „Fiesta“ und der „Ford Eco-Sport“ hergestellt. Wie im dargestellten Fall von GM werden die Zulieferer („first-tier suppliers“) in Hallen neben der Fabrik eingesetzt. Sie sind zuständig für die Koordinierung der „second-„ und „third-tier suppliers“, die Vormontage der Module und deren Just-in-Time-Zulieferung. 3. Modulproduktion Das Konzept der Modulproduktion geht noch darüber hinaus. Sein Kern besteht darin, dass die Zulieferer18 (im Folgenden auch als Modulanten bezeichnet) nicht nur die Lieferung der Komponenten übernehmen, sondern auch die Montage im Werk des OEM. Gleichzeitig sind sie verantwortlich für die Tätigung von Investitionen zur Ausrüstung der Module, die sich, aufgrund langfristig geschlossener Zulieferungsverträge, rückerstattet werden. Die Modulproduktion wurde von VW unter der Bezeichnung „ModulKonsortium“ in ihrer Fabrik zur Herstellung von Lkws und Bussen in Resende (Bundestaat Rio de Janeiro) entwickelt. Dieses innovative Konzept war für die gesamte Industrie ein Anstoß, bestehende Organisationskonzepte einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Im Folgenden wird die historische Entwicklung der Modulproduktion dargestellt. a) Vorgeschichte: Der Fall „Autolatina“ In den 80er Jahren wurde eine zwischen Volkswagen und Ford getroffene Vereinbarung bekannt, die den lateinamerikanischen Markt überraschte. Zwecks Teilung der Produktionskosten und Stärkung der ökonomischen Position beider Unternehmen beschlossen sie, eine die argentinischen wie die brasilianischen Werke umfassende Partnerschaft einzugehen. Man grün16

Siehe dazu Graziadio, Modular Production and Supply, S. 9 f. Vgl. Ribeiro, A implantação da montadora Ford na Bahia, S. 61; Fusco/ Spring, Int. Man. Syst. 14 (2003), S. 27; Andrade/Furtado, Innovation and Manufacturing in Assembly Industries, S. 11; Silva, Um enfoque da logística no arranjo produtivo do complexo Ford, S. 253 ff. 18 Zur rechtlichen Präzisierung des Begriffs „Zulieferer“ siehe Mankowski, DB 46 (2002), S. 2419 f. 17

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung

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dete eine Holding, damit beide Gesellschaften ihre Rechtspersönlichkeit behalten konnten und um die Unabhängigkeit ihrer Produkte und Marken zu gewährleisten. Dies war die Geburtsstunde der Autolatina.19 Beabsichtigt war die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, Infrastruktur und Arbeitskräften, sodass es sich aus der Binnenperspektive um eine Partnerschaft handeln würde, während aus der Außenperspektive, beispielweise aus Konsumentensicht, keine Änderung zu bemerken sein sollte. Die Fahrzeuge sollten unter den jeweiligen Marken von den zugehörigen Autohändlern verkauft werden. Diese Strategie war eine Reaktion auf die schwierige Wirtschaftslage der brasilianischen Automobilindustrie in der zweiten Hälfte der 80er Jahre. Ziel war es, den Verbleib beider Automobilhersteller in den Inlandsmärkten zu sichern und die erhebliche Verminderung ihrer Marktanteile aufzuhalten bzw. rückgängig zu machen. Die Automobilhersteller begannen, Aufgaben, Ressourcen und Infrastruktur in verschiedenen Bereichen zusammenzuführen. Betroffen waren z. B. Investitionen, Design, Montage, Personalabteilungen und andere Arbeitskräfte bis hin zur gemeinsamen Nutzung von Werken. Die Partnerschaft sollte als eine rein regionale Strategie dienen und wurde seitens beider OEM als ideale Lösung für das Problem zurückgehender Marktanteile in Südamerika betrachtet. Die Umsetzung zeitigte jedoch erhebliche partnerschaftliche Schwierigkeiten. Der globale Wettbewerb zwischen den Gesellschaften behinderte den Informationsaustausch und führte zu einem geringen Investitionsniveau seitens der Muttergesellschaften. Ungeachtet der Tatsache, dass der Zweck der eingegangenen Partnerschaft gerade darin bestand, Aufgaben gemeinsam festzulegen, versuchten die OEM, im Wettbewerb miteinander neue Fahrzeuge zu entwickeln und herzustellen, um sie sodann mit ihren jeweiligen Marken in den Markt einzuführen. Zudem stellte die mangelnde Abstimmung von Markt und Produkt einen bedeutenden Reibungspunkt bei den Vertragshändlern dar, da diese es vorzogen, die Autos beider Gesellschaften zu verkaufen, und folglich nur widerwillig bereit waren, sich der Exklusivitätsklausel weiterhin zu unterwerfen. Aufgrund des Rückgangs der verkauften Fahrzeuge und infolge der entgegengesetzten Interessen wurde die Aufrechterhaltung der Partnerschaft beiderseits in Frage gestellt. Die Entscheidung zur Auflösung der Autolatina wurde am Ende des Jahres 1994 getroffen und dann im März 1995 umgesetzt. Wider Erwarten trennte man sich gütlich, wobei die Trennung selbst als eine Frage unterschiedlicher Philosophien und Geschäftsstrategien beider OEM und als unvermeidbare Maßnahme angesehen wurde. Probleme bei der Auflösung bereitete die Produktion einiger Fahrzeuge, die teilweise 19 Zu Einzelheiten über die Autolatina siehe Di Serio, O caso Volkswagen do Brasil, S. 7 f.

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Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

entweder von beiden OEM gemeinsam oder nur von einem OEM hergestellte Komponenten benötigten. Um dieses Problem zu beheben, vereinbarten Volkswagen und Ford, dass diese Fahrzeuge noch während einer Übergangsfrist von 1 bis 2 Jahren gemeinsam erzeugt werden sollten. Nach Ablauf dieser Frist sollte dann jeder OEM in der Lage sein, ausschließlich mit den Kräften des eigenen Betriebs den Produktionsprozess zu steuern. Zu betonen ist, dass Ford damals sowohl über das nötige Know-how und die erforderliche Infrastruktur für die Herstellung von Lkws wie von Pkws verfügte, während Volkswagen stärker auf das Pkw-Segment fokussiert war.20 Das Engagement von VW in der Lkw-Herstellung geht auf den Beginn der 80er Jahre zurück, als man die von Chrysler do Brasil in diesem Bereich ausgeführten Tätigkeiten übernahm. Dies war weltweit die erste Erfahrung von Volkswagen in diesem Segment. Das Interesse, im brasilianischen Markt zu investieren, wurde insbesondere von der Struktur der Güterbeförderung geweckt, denn diese erfolgt bis heute zu ca. 50% mittels Lkw (weitere 25% werden über die Schiene, 20% über Wasserstraßen, 4% über Pipelines und 1% auf dem Luftweg abgewickelt).21 Mit dem erworbenen Know-how brachte VW bereits 1981 seine eigene Marke von leichten und mittelschweren Lkws auf den Markt, dessen Markanteil bescheidene 4% betrug.22 Mit der Gründung der Autolatina in den 80er Jahren profitierte VW wiederum vom Know-how Dritter. Die Herstellung von Lkws wurde in die Fabrik von Ford in Ipiranga verlagert, diese sollte für die Montage unter den Marken VW und Ford zuständig sein. Im Jahr 1994 erreichte Volkswagen in diesem Sektor einen Marktanteil von 16,7%.23 Aufgrund der Trennung von Ford stand sie jedoch nur ein Jahr später vor erheblichen Herausforderungen, denn VW verfügte nun über keine zur Herstellung von Lkws geeignete Fabrik mehr. Die einzige für VW infrage kommende Lösung war die Errichtung einer neuen Fabrik zur Lkw-Produktion. b) Erster Versuch: Der Fall „Škoda“ Der Vorschlag, ein neues Konzept einzuführen, nämlich die direkte Einbindung der Zulieferfirmen in den Produktionsablauf kam vom damaligen Stellvertretenden Vorsitzenden von VW, José Ignacio López de Arriortffla, der gleichzeitig für den lateinamerikanischen Markt verantwortlich war.24 20

Siehe Di Serio/Maia/Sampaio/Pereira, O consórcio modular, S. 1 ff. Vgl. Corrêa, VW Resende, S. 8 f. 22 Vgl. ANFAVEA, Tabelas estatísticas, 1981. 23 Vgl. Pires, Inter. J. Oper. & Prod. Man. 18 (1998), S. 225. 24 Marx/Zilbovicius/Salerno, Int. Man. Syst. 8 (1997), S. 293. Der damalige VWChef und Porsche-Enkel Ferdinand Piëch hatte José Ignacio López de Arriortffla 21

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung

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Persönlich mit der Ausarbeitung eines modularen Konzepts beschäftigt, wies er darauf hin, dass seine neue Fertigungsphilosophie leicht auf die Massenfertigung von Personenkraftwagen zu übertragen sei, und sagte diesbezüglich eine dritte Revolution in der Automobilindustrie voraus.25 Die ersten Experimente einer stärkeren Integration der Zulieferer seitens VW mit dem Endziel einer modularen Produktion wurden in der Tschechischen Republik betrieben, nach Übernahme der Aktienmehrheit von Škoda im Jahr 1991.26 Konkreter wurden diese mit der Umstellung der das damalige Modell „Felicia“27 herstellenden Fabrik in Mladá Boleslav, bis sie dann im Jahr 1994 in eine gemischte Produktionsform von Just-in-Time- und integrierter Zulieferung (OEM-Zulieferer-Kondominia) überführt wurde. Die Zulieferer wurden also außerhalb des Werkes eingesetzt und lieferten ihre Komponenten just in time an. Die Fortentwicklung dieses Experiments in Richtung einer kompletten Modularisierung wurde im September 1996 mit der Eröffnung einer Fabrik zur Herstellung des „Škoda-Octavia“ in Mladá Boleslav vorangetrieben. Das Auto wurde mittels eines hybriden Systems von integrierter Zulieferung und Modularisierung montiert: Drei Zulieferer wurden in Modulen innerhalb der Fabrik eingesetzt und übernahmen die Montage von Vorderwagen, Türen und Cockpit. Die Angestellten des OEM kamen am Ende des Laufbands zum Einsatz, um die Montage des Fahrzeugs zu vollenden. Zu betonen ist, dass der Modularisierungsversuch beim „Škoda-Octavia“ deshalb möglich war, weil sich die Integration der Zulieferer in eine modulare Produktionsstruktur im Zuge eines Aufbaus neuer Werke einfacher verwirklichen lässt (sog. „greenfield plants“28). Bei bereits bestehenden im Just-inTime-System vernetzten Fabriken („brownfield plants“) werden meistens Umsetzungsstrategien verfolgt, die die Zulieferer außerhalb der Fabrik in die Produktionsabläufe integrieren, wie z. B. im geschilderten Fall des „Škoda-Felicia“. Denn eine komplette Umstellung der Wertschöpfungsvervom Konkurrenten General Motors im Jahr 1993 abgeworben. Diesbezüglich vermutete GM einen Spion auf höchster Ebene. Nach gerichtlichen Streitigkeiten zwischen GM und VW schied López de Arriortffla bei VW aus und gründete in Spanien die Unternehmensberatung „Management Arriortffla“. Zu Informationen über den Lopez-Fall siehe Die Zeit, 12. Januar 1997, López hat VW mehr gebracht als geschadet; Tagespiegel, 30. November 2006, Herren des Verfahrens; Die Welt, 12. Mai 2007, Verdächtige bei Opel, Oracle und Ferrari. 25 Vgl. Neumann, Modularisierung im Automobilbau, S. 45. 26 Siehe Collins/Bechler/Pires, Eur. Man. Jour. 15 (1997), S. 501 f. 27 Der „Škoda-Felicia“ wurde zwischen 1994 und 2000 als Nachfolger des „Škoda-Favorit“ auf den Markt gebracht. 28 Zur Problematik von Restrukturierungsstrategien in neuen und alten Automobilwerken am Beispiel Fords in Mexiko siehe Carrillo, World Dev. 23 (1995), S. 87 ff.

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Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

hältnisse würde enorme Investitionen und eine fast unmögliche Neukonfiguration vorhandener Fließbandfertigungen erfordern.29 c) Maximale Modularisierung: VW-Resende Zur Umsetzung der Strategie von López musste ein „greenfield plant“ errichtet und die zukünftigen Partner ausgewählt werden. Nach der Evaluierung von 29 Städten verschiedener Bundesländer fiel im Juli 1995 die Entscheidung für die Stadt Resende. Sie liegt 150 km südlich von Rio de Janeiro und 295 km nördlich von São Paulo. Das Werk erforderte eine Investitionssumme von US$ 250 Millionen seitens VW und US$ 42 Millionen seitens der Zulieferer.30 Letztere wurden nach einer öffentlichen Ausschreibung ausgewählt.31 Alle sind in Brasilien ansässig. Ihre Kooperation mit VW wird im Rahmen eines Konsortiums geregelt. Aus diesem Grund wird das VW-Produktionssystem in Brasilien als „Modul-Konsortium“ bezeichnet. Das Konsortium als institutionelles Arrangement bietet einen beträchtlichen Spielraum bei Gestaltung der Obliegenheiten der Parteien im Rahmen eines vertraglichen Instruments und wird somit oft in Brasilien zur Gestaltung von Partnerschaften angewendet.32 Die wesentlichen Kriterien, die die Partner für die Teilnahme am Modul-Konsortium erfüllen mussten, lassen sich wie folgt zusammenfassen: – Da es sich um die Umsetzung eines innovativen Produktionssystems handelte, wurde erstens eine gewisse Finanzkraft seitens der einzelnen Partner verlangt, um eventuelle anfängliche negative Betriebserträge zu überstehen; – außerdem mussten die künftigen Vertragspartner bestimmte technische Befähigungen in Bezug auf die Mitwirkung in gemeinsamen Designprojekten sowie Produktionsverfahren nachweisen; – ferner war eine globale Marktstellung erforderlich. (1) Organisation In November 1996 begann VW, Busse und Lkws nach dem modularen Konzept zu produzieren. Den Zulieferern wurden Module zugeteilt, in denen sie schrittweise das Fahrzeug montierten, wobei die Qualitätskontrolle 29

Vgl. Collins/Bechler/Pires, Eur. Man. Jour. 15 (1997), S. 501. Pires, New Productive Systems in the Auto Industry, S. 2. 31 Es gab 47 Beteiligte. Vgl. Marx/Zilbovicius/Salerno, Int. Man. Syst. 8 (1997), S. 294. 32 Eine systematische Darstellung des Konsortiums in Brasilien erfolgt in Kapitel 3. 30

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung Komponenten

33

Komponenten Qualitätskontrolle

Modul Kabine

Fertigungsstraße

Modul InstrumentenbrettArmaturen

Modul Lackierung

Probefahrt Komponenten

Modul Karosserie

Modul Motor-Getriebe

Komponenten

Modul Räder-Reifen

Modul Achse, Bremse und Radaufhängungen

Komponenten

Komponenten

Abbildung 1: Modul-Konsortium in VW-Resende

vom Automobilhersteller am Ende des Laufbands durchgeführt wurde. Folgende Module kamen und, da das Werk bis heute nach diesem Modell arbeitet, kommen in Betracht: – Modul Karosserie; – Modul Achse, Bremsen und Radaufhängungen; – Modul Räder-Reifen; – Modul Motor-Getriebe; – Modul Kabine; – Modul Lackierung; – Modul Instrumentenbrett und Armaturen. Der arbeitsteiligen Zusammenführung der Modulanten in einem einheitlichen Werk verdanken sich substanzielle organisatorische Vorteile:33 – kurze Transportwege; – gemeinsame Problemlösung durch räumliche Nähe und direkte Kommunikation der Mitarbeiter (Teamwork); – sofortige Nacharbeit am Ort der Entstehung der Fehler; 33

Vgl. Wildemann, Die modulare Fabrik, S. 87.

34

Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

– mögliche gemeinsame Montage am Laufband bei kurzfristigen Engpässen; – kompakte und transparente Materialflussorganisation. Zu beachten ist, dass die Modulproduktion eine grundlegende Neudefinition der Kernkompetenzen der beteiligten Gesellschaften darstellt.34 Der Automobilhersteller bleibt zuständig in den Bereichen Finanzen, Projektplanung, Qualitätsprüfung, Verkauf, Nachverkauf und Kundenbetreuung. Die Modulanten übernehmen hingegen nicht nur ihre klassischen Aufgaben als Zulieferer, sondern auch die traditionelle Aufgabe eines jeden Automobilherstellers, nämlich die eigentliche Kfz-Montage. Da sie meistens nicht die gesamten benötigten Komponenten für das Fahrzeug produzieren, bedarf es einer indirekten Lieferkette. Der Einkauf der Komponenten wird zentral vom Automobilhersteller getätigt, welcher wiederum Zulieferungsverträge mit den einzelnen Modulanten abschließt. Dieses Verfahren stellt eine gekreuzte Teilung der Zulieferungsaufgaben der in der Modulproduktion tätigen Gesellschaften dar. (2) Produktionsablauf Wie sich anhand des obigen Schaubildes verdeutlichen lässt, fand die gesamte Lkw- und Busmontage unter einem Fabrikdach statt. Dementsprechend wurde die vom brasilianischen Zulieferer Iochpe-Maxion fertiggestellte Karosserie an den amerikanischen Zulieferer Arvin-Meritor übergeben, der die Achse, die Bremsen und die Radaufhängung montierte. Die Montage von Rädern und Reifen durch „Remon“ – ein Konsortium der Partner Iochpe-Maxion, Borlem und Bridgestone – komplettierte das Fahrgestell und führte es der Hauptmontagelinie zu. Hier wurden nun der Motor und das Getriebe von dem Partner Powertrain eingebaut, einem Konsortium zwischen dem deutschen Zulieferer Motoren-Werke Mannheim – MWM und dem amerikanischen Unternehmen Cummins. Die Fahrerkabine wurde 34 Laut Picot/Reichwald/Wigand, Die grenzenlose Unternehmung, S. 291 f., 300 f., stellen „Kernkompetenzen“ die wesentlichen technischen, technologischen, vertrieblichen und organisatorischen Fähigkeiten eines Unternehmens dar. Die Autoren behaupten, dass die Kernkompetenzen durch „Komplementärkompetenzen“ flankiert und unterstützt werden müssten. Komplementärkompetenzen seien durch Spezialisierungs-, Größen- oder Integrationsvorteile gekennzeichnet. Sie seien jedoch nicht so entscheidend für den strategischen Erfolg wie die eigentlichen Kernkompetenzen; oftmals verfügten andere Marktteilnehmer ebenfalls über sie. Deswegen sei es häufig notwendig, dass Unternehmen zur Realisierung ihrer Wettbewerbsstrategie Kooperationen und strategische Allianzen mit anderen Unternehmen bildeten. Vgl. auch Sabel/Kern/Herrigel, Kooperative Produktion, S. 204 ff. Siehe auch Baldwin/Clark, Harv. Bus. Man. 75 (1997), S. 87.

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung

35

in einer Seitenlinie von „AKC“ – einer Partnerschaft zwischen dem brasilianischen Unternehmen Aethra Componentes Automotivos und dem deutschen Partner Karmann-Ghia – gefertigt und dann lackiert. Am Ende vollendeten Cockpit, Sitze und die restlichen Komponenten des Modulanten „Siemens/VDO“ das Fahrerhaus. d) Abschließende Analyse des VW-Modells Die Verschärfung des Wettbewerbs fordert die Automobilhersteller ständig heraus, Lösungen für die varianten- und ausstattungsbedingten Flexibilitätsanforderungen und zur Verringerung der Komplexität zu finden. Der Endmontageprozess erhält ein neues Qualitätskonzept und kann als standardisiert, aber flexibel betrachtet werden.35 Die Module sind mittels einheitlicher Schnittstellen organisiert und lassen sich leicht in den Montagefluss eingliedern. Dadurch erlaubt die Modulproduktion die organisatorische Bewältigung der infolge explodierender Variantenvielfalt und kundenspezifischer Produktgestaltung steigenden Komplexität. Außerdem ändert das Prinzip der Modularisierung insofern das Verhältnis zwischen OEM und Zulieferer, als ihr Erfolg eine enge langfristige Kooperation voraussetzt. In dieser Hinsicht führt sie auch zu einer Ökonomisierung der zu erbringenden Investitionen durch deren Verteilung zwischen den Akteuren. Dies erleichtert die Errichtung einer Fabrik und stellt eine wesentliche Voraussetzung für eine kontinuierliche technologische Fortentwicklung des Werks im Allgemeinen und des Maschinenbestandes im Besonderen dar. Aus Sicht der „first-tier supplier“ (Modulanten) ermöglicht die Modulproduktion eine Erhöhung ihres Profits und eine Erweiterung ihres Marktanteils. Zudem besteht der Anreiz, neue Kompetenzen und Know-how zu erwerben. Auch was die „second-“ und „third-tier supplier“ betrifft, repräsentiert die Modulproduktion einen neuen Ansatz. Zwar werden die Bestellung und der Kauf der Komponenten beim OEM zentralisiert, um über die abgenommene Menge bessere Preise zu erzielen, aber die Annahme dieser Zulieferung und der gesamten Montage wird von den Modulanten erledigt. Dadurch übernimmt der „first-tier supplier“ nicht nur eine führende Rolle bei der Montage des Fahrzeugs, sondern auch bei der Lösung 35 Der Modul-Ansatz erinnert an das Franchising. Dabei engagiert der FranchiseGeber zum Zwecke einer Markterweiterung bei verminderten Investitionskosten und gleichzeitiger Gewährleistung der von ihm definierten standardisierten Qualität einen Franchise-Nehmer. Franchiseformen haben sich ursprünglich meistens auf die Produktion oder den Vertrieb eines Produktes beschränkt. Allerdings sind sie in den letzten Jahren im Bereich von Dienstleistungen immer populärer geworden. Zu einer ökonomischen Analyse der Franchising-Verträge siehe Dnes, JITE 152 (1996), S. 297 ff.

36

Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

der modularen Zulieferungsherausforderungen. Mit anderen Worten: aus „second-“ und „third-tier suppliers“ sind Zulieferer der Zulieferer geworden.36 Mit ihrem hohen Grad an Innovationsfähigkeit, großem Know-how in Bezug auf ihre Produktionsprozesse und einer beträchtlichen Kapitalkraft ist es den „first-tier suppliers“ möglich, in dieser dualisierten Zuliefererökonomie systemintegrierend zu wirken und den Betrieb eines komplexen Moduls zu leiten.37 Zu betonen ist, dass der Modularisierungsgrad von Lastkraftwagen wesentlich höher als der von Personenkraftwagen ist, was die Übertragung der Montage an die Zulieferer erleichtert. Lkws setzen sich aus viel mehr Einzelteilen zusammen, die sich zudem leichter organisatorisch voreinander trennen lassen, und darüber hinaus weisen sie in der Regel eine geringere technische Komplexität als ein Pkw auf. Dies spiegelt sich im Fall des „Škoda-Octavia“, bei dem das Konzept vorsah, die Montage teils von den Modulanten, teils von den Angestellten des OEM ausführen zu lassen. Außerdem hängt die Entscheidung, ob und wie die Modulproduktion angewendet wird, von einer Evaluierung der Gesamtheit der erforderlichen Operationen ab. Diese Argumente widersprechen der Vision von José Ignacio López de Arriortffla, dass das modulare Konzept leicht auf die Massenfertigung von Personenkraftwagen zu übertragen sei. Darüber hinaus muss beachtet werden, dass die Übertragung der Montage an die Modulanten eben auch eine von Know-how bzw. Kompetenzen und damit eine Dezentralisierung der Macht des OEM darstellt. Ausgehend von dem bereits erwähnten bescheidenen Marktanteil in Höhe von 4% des Lkw-Marktes im Jahre 1980 gelang es dem Unternehmen nach der Eröffnung des „greenfield plant“ in Resende, seine Marktposition kontinuierlich zu verbessern. Als wichtigste Akteure in diesem Segment sind neben VW, Mercedes-Benz (Daimler-Chrysler), Ford, Scania und Volvo zu nennen. Tabelle 1 verdeutlicht die Entwicklung des brasilianischen LkwMarktes ab dem Jahr 1996.38 Auch im Bus-Markt erarbeitete sich VW eine führende Marktposition und versuchte, trotz des starken Wettbewerbs insbesondere mit Agrale, Mercedes-Benz (DaimlerChrysler) und Scania seinen Marktanteil noch zu erweitern. Tabelle 2 zeigt die Entwicklung des brasilianischen Markts in diesem Sektor ab dem Jahr 1996.39 36

Vgl. Collins/Bechler/Pires, Eur. Man. Jour. 15 (1997), S. 500. Vgl. Sauer, Auf dem Weg in die flexible Massenproduktion, S. 64 f. 38 Quelle: ANFAVEA, tabela 12, vendas de caminhões por faixa, 1996–2007. 39 Quelle: ANFAVEA, tabela 10, vendas atacado mercado interno por tipo e empresa – combustível diesel 1996–2007. 37

1





18,8

2,5



38,8

12,8

8,5

17,6

100

DaimlerChrysler

Fiat

Ford

GM

Iveco

Mercedes-Benz

Scania

Volvo

VW

Gesamt

1996

Agrale

OEM

100

16

8,3

13,3

37



2,9

21,7





0,8

1997

100

17,1

8,1

10,6

37



4,6

21,6





1

1998

100

20,4

6,9

9,4

37



3,6

22,3





0,4

1999

100

22,3

6,6

8,8

35,7

1

5

19,7

0,2



0,7

2000

100

25,3

6

7,7



4,5

5,7

18,6

0,6

30

0,7

2001

100

28,3

6,7

5,1



3,8

1,3

22,1

0,6

31,2

0,9

2002

Marktanteil (%)

Tabelle 1 Lkw-Markt von 1996 bis 2007

100

31,3

7,1

6,2



2,2



20

0,4

31,8

1

2003

100

30,3

7,7

7,4



4,2



20

0,7

28,9

0,8

2004

100

30,5

7,7

6,8



4



20,5

0,4

29,5

0,6

2005

100

30,9

8,4

7



3,1



20,2



30

0,4

2006

100

28,9

7,8

11,7

27,2

3,8



19,9





0,7

2007

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung 37

5,8



63,5

10,9

9,3

10,5

Ford

Iveco

Mercedes-Benz

Scania

Volvo

VW

100



DaimlerChrysler

Gesamt

0

1996

Agrale

OEM

100

16,3

6,6

9,6

63



3,8



0,7

1997

100

16,6

7,1

7,2

62,7



1,8



4,6

1998

100

16,5

4,3

6,7

59,2







13,3

1999

100

21

3,7

6,8

51,7







16,8

2000

100

24,1

3,1

5,2



0,8



49,3

17,5

2001

100

26

2

2



3,2



44,6

22,2

2002

Marktanteil (%)

Tabelle 2 Bus-Markt von 1996 bis 2007

100

31

1

3



4



42

19

2003

100

21,8

1

3,5



1,8



50,5

21,4

2004

100

21,9

0,8

5,6



2,1



51,7

17,9

2005

100

25,7

1,3

3,6



1



52,3

16,1

2006

100

20,2

3

6,7

55,8

0,8





13,5

2007

38 Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung

39

Wie die obigen Tabellen zeigen, schaffte es VW, bei in Brasilien verkauften Lkws den ersten und im Busmarkt, hinter Mercedes-Benz (DaimlerChrysler), den zweiten Platz zu belegen. Im Streben nach Markterweiterung hatte VW durch die Implementierung eines modularisierten Produktionsmodells einen Weg beschritten, der „economies of scale“ innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette zu realisieren ermöglicht. Die Modulproduktion ist das Kooperationsmodell zwischen OEM und Zulieferer mit dem höchsten Grad an Integration bei Aufrechterhaltung der unternehmerischen Unabhängigkeit. Folgende Abbildung zeigt die drei wichtigsten Kooperationsmodelle in der Automobilindustrie Brasiliens; sie soll dazu dienen, die Steigerung des organisatorischen Integrationsgrades vom ZuliefererparkModell bis zur Modulproduktion noch einmal zu verdeutlichen. An welchem Modell sich ein Produktionssystem in der Praxis orientiert, entscheidet sich – wie bereits mehrmals betont – nach den ökonomischen und organisatorischen Bedürfnissen der Akteure. Obwohl die juristische Gestaltung der Modulproduktion aufgrund der Masse der vertraglich zu kodifizierenden Bestandteile äußerst komplex ist, existieren bisher keine rechtsdogmatischen Studien zum Thema. Bevor im nachfolgenden Abschnitt diese Herausforderungen anhand der Vertragsgestaltung detailliert

OEM Zulieferer

Zuliefererpark

Kondominium-Ansatz

OEM Zulieferer

Modulproduktion

Abbildung 2: Industrielle Produktionsarrangements in der Automobilindustrie Brasiliens

40

Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion Tabelle 3 Kooperationssysteme zur Fahrzeugendmontage der wichtigsten OEM Brasiliens

Hersteller

Produktionsstandort

Fahrzeugtyp

Start

Produktionssystem

Fiat

Betim (MG)

Pkw

1998

Kondominium-Ansatz

Ford

Camaçari (BA)

Pkw

2001

Kondominium-Ansatz

GM

Gravataí (RS)

Pkw

2000

Kondominium-Ansatz

Renault

S. J. dos Pinhais (PR) Pkw

1998

Kondominium-Ansatz

VW

Resende (RJ)

1996

Modul-Konsortium

VW

S. J. dos Pinhais (PR) Pkw

1999

Kondominium-Ansatz

Lkw u. Bus

erörtert werden, soll Tabelle 3 noch kurz einen Überblick über die wichtigsten der in Brasilien kooperative Produktionssysteme anwendenden Hersteller liefern.40 e) Netzwerkgestaltung in der Modulproduktion: Der Rahmenvertrag Angesichts der komplexen Beziehungen der beteiligten Unternehmen ist für einen Erfolg der Modulproduktion neben einem wettbewerbsfähigen ökonomischen Konzept eine adäquate Vertragsgestaltung unabdingbar.41 Der Begriff Modulproduktion stammt aus der Praxis der Automobilindustrie und bezieht sich auf die dargestellte Organisationsstruktur des Unternehmens. Aufgrund der Freiheit zur Gestaltung der Obliegenheiten wird das Konsortium als Arrangement angewendet. In der Modulproduktion werden die Rechtsbeziehungen der Parteien durch ein Netzwerk von Verträgen bestimmt (Rahmenvertrag, Eintritts- und Austrittsprotokoll, Gebrauchsleihe-, Lieferungsvertrag, Kauf- und Verkaufsbedingungen).42 Nach der Ausschreibung schließt der Automobilhersteller einen Rahmenvertrag mit den ausgewählten Gesellschaften. Dieser Vertrag definiert die Rechte, Befugnisse und Obliegenheiten der Parteien.43 Der Begriff „Rahmenvertrag“ ist gesetz40 Vgl. Kalife, Relações interfirmas, S. 23; Fusco/Spring, Int. Man. Syst. 14 (2003), S. 27; Salerno/Carneiro Dias, The Evolution of Modular Concepts, S. 65. 41 Vgl. Nicklisch, Dogmatik für komplexe Langzeitverträge, S. 19. 42 Über vertragliche Netzwerke siehe Nicklisch, Verknüpfte Verträge und verknüpfte Streitbeilegung, S. 5, 9 ff.

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung

41

lich nicht geregelt.44 Nach h. M. fallen Rahmenverträge unter die sog. Normenverträge.45 Dieser Begriff bezeichnet allgemeine Verträge, in denen Normen vereinbart werden, welche für schuldrechtliche Einzelverträge maßgeblich sein sollen.46 Im Rahmenvertrag werden folglich die Bedingungen festgelegt, die für die Einzelverträge gelten sollen.47 Er enthält den eigentlichen Kern der Vertragsbeziehungen (auch Stammverpflichtungen genannt) und ist den Einzelverträgen übergeordnet.48 Ferner soll der Rahmenvertrag garantieren, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der gewählten Rechtsform, in diesem Falle: die Voraussetzungen für ein Konsortium, erfüllt sind.49 Der Rahmenvertrag kann der Modulproduktion als Konsortialvertrag betrachtet werden. In ihm werden wichtige Aspekte der Zusammenarbeit mit den Modulanten geregelt. Es folgt eine Erläuterung der einzelnen Klauseln im Hinblick auf die organisatorischen Bedürfnisse und Ziele der Beteiligten. In der Praxis können sich einige Abweichungen ergeben, da die konkrete Ausgestaltung der Klauseln des Rahmenvertrags von den Bedürfnissen und Interessen der jeweiligen Parteien abhängig ist. (1) Präambel Im Rahmenvertrag wird dem eigentlichen Vertragstext eine Präambel vorangestellt, in der die Parteien die Motive und den Zweck der Partnerschaft erläutern. Die Präambel ist als Auslegungshilfe gedacht und soll nähere Einblicke in die ökonomische und juristische Dynamik des Konsortiums ermöglichen. 43

Über die rechtliche Erfassung eines Rahmenvertrags in der Automobilindustrie nach deutschem Recht siehe Nagel, DB 30 (1988), S. 2292 f. 44 Auch im deutschen Recht ist der Begriff „Rahmenvertrag“ nicht geregelt. Lediglich in § 305 Abs. 3 BGB ist dem Klauselverwender die Möglichkeit eingeräumt worden, mit dem Kunden eine Rahmenvereinbarung zu schließen, auf Grund derer für eine bestimmte Art künftiger Rechtsgeschäfte die Geltung von bestimmter AGB im Voraus vereinbart wird. Der Text dieses Paragrafen entspricht wörtlich dem früheren § 2 Abs. 2 AGBG. Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.01 wurde u. a. das AGBG aufgehoben und ohne wesentliche Änderungen ins BGB übernommen (§ 305 ff. BGB). Vgl. Westphalen, NJW 1 (2002), S. 12 ff.; Lorenz/Riehm, Schuldrecht, S. 47 ff.; Rebmann/Sacker, in MüKo Band 2a, § 305, S. 1057 ff. 45 Vgl. Lange, Das Recht der Netzwerke, S. 96. 46 Vgl. Hueck, Jher. Jahr. 1923, S. 99 f.; Nicklisch, Dogmatik für komplexe Langzeitverträge, S. 368 f. 47 Vgl. Lange, Das Recht der Netzwerke, S. 96; Zirkel, NJW 6 (1990), S. 346. 48 Vgl. Lange, Das Recht der Netzwerke, S. 96. 49 In Brasilien ist das Konsortium als Kooperationsform zweier oder mehrerer Gesellschaften in Art. 278 und 279 des Aktiengesetzes (Lei das Sociedades por Ações) geregelt. Siehe dazu Kapitel 3.

42

Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

(2) Glossar Das Glossar bildet einen wichtigen Bestandteil des Rahmenvertrags. Es dient der Definition einer Reihe von technischen, organisatorischen, unternehmerischen, rechtlichen und ökonomischen Begriffen. Insbesondere werden die allgemeinen Aufgaben jedes einzelnen Moduls in Bezug auf die Montage der benötigten Komponenten des Fahrzeugs dargelegt. Dadurch sollen zum einen Wiederholungen von Definitionen im Vertrag unterbunden und zum anderen, indem die bezüglich des Schuldverhältnisses notwendigen Erklärungen vorgenommen werden, etwaige Auslegungsschwierigkeiten des Vertrags vermieden werden.50 (3) Grundlegende Prinzipien Der Erfolg jeder Partnerschaft hängt von der Beachtung gemeinschaftlicher Regeln ab. Zwecks einer befriedigenden Umsetzung der Rechtsbeziehungen in die Praxis werden allgemeine Prinzipien im Rahmenvertrag vereinbart. Wichtig ist, dass ausreichend Vertrauen und Kooperationsbereitschaft vorhanden sind, nicht zuletzt in dem sensiblen Bereich des Austauschs von strategischen und technologischen Informationen, was dann bei entsprechender Disposition aller Beteiligten zu einer Stärkung des Geschäfts führt.51 Auf diesem Weg bilden Treu und Glauben sowie Geheimhaltungsund Sorgfaltsvorschriften unverzichtbare Voraussetzungen für den Erfolg der Modulproduktion. Dieser Vertragsabschnitt dient dazu, die allgemeinen Richtlinien der Partnerschaft zu setzen, welche die Parteien bei der Durchführung ihrer Aktivitäten im Auge behalten müssen. (4) Vertragsgegenstand Ziel der Modulproduktion ist die Errichtung einer engen Zusammenarbeit, in der die Parteien bei Aufrechterhaltung ihrer ökonomischen und juristischen Selbstständigkeit einen gemeinschaftlichen wirtschaftlichen Zweck verfolgen. In diesem Abschnitt des Rahmenvertrags vereinbaren die Parteien Klauseln, in denen die gegenseitigen grundlegenden Pflichten in Bezug auf die transaktionsspezifischen Investitionen und Fertigungsaufgaben festgelegt werden. Die Kosten der Ausstattung der Module werden auf die Zulieferer 50 Die institutionelle Qualität und Effizienz des Zivilprozesses bilden maßgebliche Kriterien für die Art des Gestaltungsvorgangs, die stilistischen Attribute und die Gestaltungsinhalte von komplexen Langzeitverträgen. Vgl. Schanze, Verträge ohne Zivilprozess, S. 473. 51 Vgl. Picot/Reichwald/Wigand, Die grenzenlose Unternehmung, S. 298 f.; Lange, Das Recht der Netzwerke, S. 1168.

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung

43

übertragen, die überdies zur Lieferung der Komponenten und deren Montage verpflichtet sind. Der Automobilhersteller bleibt für die Ausstattung der Module mit der notwendigen Infrastruktur zuständig. Außerdem soll er die Modulanten bei der Ausführung ihrer Aufgaben unterstützen sowie für eine kontinuierliche Verbesserung des Produktionssystems sorgen. (5) Zuteilung der Module In diesem Teil werden die Regeln für die Zuteilung der Module festgesetzt. Das Modul wird vom Automobilhersteller mit der notwendigen Infrastruktur versorgt und mittels eines Leihvertrags den Partnern übergeben. Hervorzuheben ist, dass – obwohl die Zulieferer die Kosten der Ausrüstung des Moduls übernehmen – eine progressive Erstattung der anfallenden Investitionen gemäß dem im Zulieferungsvertrag festgesetzten Zeitplan vorgesehen ist. Dadurch gehen nicht alle anfänglich notwendigen Investitionen zu Lasten des Automobilherstellers, was die Errichtung eines neuen Werks bzw. Produktionssystems vereinfacht. Die Modulproduktion weist insofern eine besondere Struktur in Bezug auf die Verteilung der ökonomischen Macht zwischen den Parteien auf, als der Automobilhersteller bemüht ist, zwecks langfristiger Kooperation einen angemessenen Kompromiss mit dem Vertragspartner zu erzielen, statt lediglich seine Verhandlungsstärke auszunutzen. Die Zuteilung der Module dient der Vereinfachung der Aufgabenorganisation in Hinblick auf die Montage des Fahrzeugs. In der Praxis befinden sich alle Modulanten in einem einheitlichen Werk, wo eine Individualisierung des Arbeitsplatzes nur im Rahmen eines auf dem Boden angestrichenen Bereichs gegeben ist, sodass alle Arbeitnehmer ihre Aktivitäten in der Produktionslinie zusammenführen. Um den partnerschaftlichen Geist zu befördern und Abgrenzungen zwischen Gesellschaften oder Arbeitnehmern zu vermeiden, tragen alle Arbeitnehmer sowohl der Modulanten als auch des Automobilherstellers unabhängig von ihrer hierarchischen Position die gleiche Uniform. Die Arbeitnehmer unterscheiden sich lediglich durch ein kleines, auf ihre Uniform gedrucktes Logo der zugehörigen Gesellschaften. Um eine mögliche Verwechslung der Materialien zu vermeiden, müssen die Modulanten ihre Ausrüstungsgegenstände kennzeichnen. Ferner sind die Modulanten verpflichtet, ihre Materialien zu pflegen und sie bei Störung oder Veraltung zu ersetzen. Alle bei der Ersetzung der Materialien anfallenden Investitionen werden vom Automobilhersteller progressiv rückerstattet, was im Rahmen des Lieferungsvertrags geregelt ist. Damit die Angestellten des OEM die notwendigen gewohnheitsmäßigen Inspektionen zwecks Überprüfung des Zustands der Güter und des Moduls

44

Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

durchführen können, müssen die Modulanten ihnen freien Zutritt gewähren. Jeder Modulant haftet für von seinen Angestellten verursachte Schäden an fremden Gütern, Modulen und der Produktionslinie. (6) Einrichtung der Module Eine oder mehrere für die Projektentwicklung und dessen Ausführung bezüglich der Einrichtung der Module infrage kommenden Gesellschaften werden vom Automobilhersteller empfohlen, da er über das entsprechende Know-how in diesem Bereich verfügt. Deswegen soll er auch die von den Modulanten schließlich ausgewählten Gesellschaften bei deren Aufgaben anleiten. Das Endprojekt wird von Modulanten und Automobilhersteller gemeinsam bestimmt. Wichtig ist, dass die Modulanten den Zeitplan für die Einrichtung ihrer betreffenden Module streng einhalten sowie alle primär anfallenden Kosten bestreiten. Zukünftige Umstellungen oder Anpassungen der Module werden von den Modulanten getragen und, wie bereits dargestellt, rückerstattet. Falls die Modulanten die Ausrüstung außerhalb des Modul-Werks für die Herstellung irgendwelcher anderer Güter weiter verwenden, trägt der Automobilhersteller nur die Kosten des Abbaus des Modul-Vermögens sowie der Transportverpackung. Sollte das Betriebsvermögen dagegen unbrauchbar geworden sein, übernimmt es der Automobilhersteller für seinen Restwert. (7) Inbetriebnahme der Module Aufgrund des Ziels der Partnerschaft, die Unabhängigkeit der Parteien zu bewahren, trägt jeder Vertragspartner die alleinige Verantwortung für die behördliche Erteilung der notwendigen Lizenzen oder Betriebserlaubnisse, ebenso für die Einstellung, Leitung und Bezahlung seiner Arbeitskräfte. Die Parteien sind verpflichtet, die zur Ausübung ihrer Tätigkeiten notwendigen materiellen Bedingungen zu schaffen und dabei die einschlägigen Gesetze genauestens zu befolgen. Eine gesamtschuldnerische oder subsidiäre Haftung ist nicht vorgesehen.52 Eine Aufgabe des Automobilherstellers in der Modulproduktion besteht darin, die Einheitlichkeit des Prozesses zu koordinieren sowie diesen ständig zu optimieren. Dazu arbeitet er Arbeitsinstruktionen und Richtlinien aus, welche von den Modulanten einzuhalten sind.

52

Siehe dazu Kapitel 3 II. 2. e) (4).

II. Neue Kooperationsmodelle und Modularisierung

45

(8) Allgemeine Zulieferungsbedingungen Bevor die Parteien die betreffenden Zulieferungsverträge unterschreiben, legen sie im Rahmenvertrag die grundlegenden Prinzipien zur Regulierung ihrer Obliegenheiten hinsichtlich der Zulieferungsbeziehungen dar. Die Modulanten übernehmen die Herstellung, Lieferung und Montage der notwendigen Komponenten der betreffenden Fahrzeuge. Einige Komponenten müssen gemäß der entsprechenden Technikbeschreibung des Automobilherstellers und mit Exklusivität geliefert werden. Mit der Produktion der Komponenten dürfen die Modulanten nur dann Dritte beauftragen, wenn der Automobilhersteller seine Einwilligung gibt und keine zusätzlichen Kosten entstehen. Da die Modulanten nicht die gesamten Komponenten zur Montage aller Fahrzeuge herstellen, werden diese teilweise vom Automobilhersteller (wegen dessen stärkerer Verhandlungsposition) gekauft. Genauer gesagt: Durch die Zentralisierung des Einkaufs können größere Mengen geordert und folglich günstigere Preise erzielt werden. Die vom OEM gekauften Komponenten werden als „buy“-Teile bezeichnet. Diese müssen die Modulanten lediglich auf ihre Konformität mit der Technikbeschreibung untersuchen, bevor sie sie in das Fahrzeug einbauen. Sollte der Automobilhersteller aus irgendwelchen möglicherweise entstehenden fiskalischen, kartellrechtlichen oder technischen Gründen diese Aufgabe nicht erfüllen können, wird sie von den Modulanten übernommen. Über die daraus erwachsenden Kosten wird zwischen den Parteien verhandelt. In diesem Fall darf der Automobilhersteller die Qualitätsübereinstimmung der Produkte überprüfen. (9) Betreuung des Produktionsprozesses Der Produktionsprozess kombiniert Produktionsfaktoren und bildet den Kern der betrieblichen Leistungserstellung. Die Automobilindustrie weist eindeutig eine große Gestaltungsbreite an Produktionsprozessen auf. Neben der Einbeziehung grundsätzlicher wettbewerbsrelevanter Faktoren ist die Schaffung materialflussgerechter Fabrikstrukturen bei der Gestaltung des Produktionsprozesses fundamental. Darüber hinaus kommen bei der Umsetzung strategischer Entscheidungen der Logistik und der Produktion Schlüsselrollen zu.53 Um allen Anforderungen zu genügen, müssen die Vertragspartner beim Betrieb des modularen Produktionsprozesses harmonieren. Dabei spielt die strikte Erfüllung der vom Automobilhersteller entwickelten Produktionsrichtlinien eine entscheidende Rolle. Überdies führt der Automobilhersteller im Rahmen seiner organisatorischen Aufgaben ständig Über53 Hinsichtlich der Rolle der Logistik in der Produktion siehe Kummer, DStR 40 (1992), S. 1412 ff.; Reiss/Bernecker, Log. Man. 3 (2005), S. 22 ff.

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Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

prüfungen des Produktionsprozesses durch, um evtl. entstehende Reibungsverluste zu beseitigen.54 Ferner sind regelmäßige Besprechungssitzungen vorgesehen, damit relevante Informationen ständig ausgetauscht sowie Problemlösungen und Vorschläge zur Optimierung des Systems zusammen ausgearbeitet werden können. (10) Technologische Aktualisierung Die kontinuierliche technologische Aktualisierung der Betriebe sowie der Produktionstechniken garantiert ein dauerhaft hohes Qualitätsniveau sowie die Konkurrenzfähigkeit der Marke. Sie kann überdies in der Praxis eine die Kosten reduzierende Optimierung des Produktionsprozesses darstellen. Sollte dies der Fall sein, vereinbaren die Parteien im Sinne der Partnerschaft, die entstehenden Gewinne zu teilen. (11) Änderung der technischen Spezifikationen Die erwähnten technologischen Aktualisierungen sowie aus strategischen Gründen oder kraft neuer Gesetze entstehende Änderungen werden nur im Falle gegenseitiger Übereinstimmung der beteiligten Vertragspartner umgesetzt. Dabei sind Rentabilität und Angemessenheit der zu bestreitenden Kosten sowie der organisatorische Aufwand entscheidend. Sollten die Parteien eine positive Entscheidung treffen, so sind sie verpflichtet, die Maßnahmen zur Änderung der technischen Spezifikationen so kostengünstig wie möglich durchzuführen. Die Kosten werden von den Modulanten alleine getragen, dann aber vom Automobilhersteller rückerstattet. Die sich daraus ergebende Steigerung oder Reduktion der Produktionskosten wird durch einen zwischen den Parteien vereinbarten Preisausgleich kompensiert.55 Die an die neuen technischen Spezifikationen angepassten Komponenten müssen vor ihrer Verwendung vom Automobilhersteller überprüft und bewilligt werden. (12) Qualitäts- und Ausführungsstandard In der Betriebwirtschaftslehre drückt Qualität die Beschaffenheit einer Einheit bezüglich einer spezifischen Anforderung aus. Der Qualitätsbegriff im Rahmen von Total-Quality-Konzepten schließt das ganze Unter54 Sog. „Null-Fehler“-Lieferung. Vgl. Zirkel, NJW 6 (1990), S. 347; Migge, VersR 16 (1992), S. 665. 55 Zur Wirksamkeit von Anpassungsregelungen in langfristigen Verträgen nach deutschem Recht siehe Horn, NJW 20 (1995), S. 1118 ff.

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nehmen ein.56 Danach misst sich die umfassende Qualität an der Erfüllung nicht nur der Kundenanforderungen, sondern auch der Anforderungen von Angestellten, Kapitalgebern und Öffentlichkeit an das Management. Evidenterweise kommt dem Qualitätsmanagement in Unternehmen eine entscheidende Rolle zu. Es handelt sich hierbei um einen Teilbereich des funktionalen Managements, der auf die Optimierung von Arbeitsabläufen oder von Geschäftsprozessen gerichtet ist. Der Gesamtproduktionsprozess wird in der Modulproduktion vom Automobilhersteller geleitet. Er soll dafür sorgen, dass die Qualitätsbelange in der Unternehmensführung den ihnen gebührenden Platz einnehmen. Bezüglich der Durchführung der intramodularen Arbeitsabläufe sowie der Herstellung der betreffenden Komponenten wird diese Funktion von den Modulanten übernommen. Ob die Fahrzeuge den Qualitätsanforderungen genügen, wird erst am Ende des Produktionsbands vom Fachpersonal des Automobilherstellers geprüft. Zu diesem Zweck richtet der Automobilhersteller einen Platz mit der für die Durchführung der Qualitätskontrolle notwendigen Infrastruktur ein, der in der Praxis als „Eichungsstelle“ bezeichnet wird. Sollte ein Mängelfehler festgestellt werden, wird der Automobilhersteller den Modulanten auffordern, diesen zu beseitigen. Der Automobilhersteller kann den Modulanten mit einem unmittelbaren Abbruch der Lieferungsbeziehung bestrafen, sofern der betreffende Mangel nicht ordnungsgemäß beseitigt wird. Der Rückgriff auf diese Maßnahmen kann in der Tat gravierende Schäden zur Folge haben, da er zu einer Produktionsunterbrechung („job stopper“) führen kann. Sie finden daher nur in extremen Fällen Anwendung. Um dies zu vermeiden, vereinbaren die Parteien, dass im Falle eines Mängelfehlers aufgrund der Missachtung der technischen Spezifikationen des Automobilherstellers seitens eines Modulanten dieser nur 90% des vereinbarten Preises erhält. Den Rest bekommt er erst, wenn er die notwendigen Maßnahmen zu dessen Beseitigung ergriffen hat. Dadurch soll auch verhindert werden, dass bereits montierte Fahrzeuge aufgrund von Mängeln am Ende des Produktionsablaufs stehen bleiben. Sollte eine Unterbrechung der Produktion aufgrund eines Mangels einer bestimmten Komponente oder eines Fehlers eines Modulanten bei der Ausführung des Produktionsprozesses eintreten, übernimmt der Automobilhersteller gegenüber den am Ereignis nicht beteiligen Modulanten die Kosten der zur Vollendung des Produktionsprozesses notwendig gewordenen Überstunden ihrer Angestellten. Zur Feststellung der verantwortlichen Partei wird ein Sachverständigengutachten bestellt, dessen Kosten sich der Automobilhersteller und der für den betreffenden Produktionsabschnitt zuständige 56 „TQC“ ist „top-down“ organisiert. Vgl. Scharrer, Qualität – ein betriebswirtschaftlicher Faktor?, S. 387.

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Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

Modulant teilen. Sollte der Modulant allein für das Ereignis verantwortlich sein, muss er die andere Hälfte der Kosten dem Automobilhersteller rückerstatten sowie unmittelbar die notwendigen Maßnahmen zur Nachbesserung der entsprechenden Mängel oder Fehler ergreifen. Im entgegengesetzten Fall verpflichtet sich der Automobilhersteller zu derselben Vorgehensweise. In allen Fällen bleibt der Modulant zur Ergreifung vorsorglicher Maßnahmen zwecks Verringerung der entstandenen Schäden verpflichtet. Unabhängig von der Pflicht des Automobilherstellers zur Inspektion der Fahrzeugqualität obliegt es jedem Modulanten, die Einhaltung der Qualitäts- und Ausführungsstandards seines Produktionsprozesses sowie der Komponenten direkt am Laufband ständig zu überprüfen.57 Dies soll der Standardisierung der Qualität dienen und die Zahl der Nacharbeitungen am Ende des Produktionsprozesses verringern. Von der Lean Production inspiriert, handelt es sich bei dieser Arbeitspraxis: i) um die Übertragung der größtmöglichen Zahl von Aufgaben und Verantwortlichkeiten an die Arbeitnehmer und ii) um die Einführung eines Systems, welches eine umgehende Suche der Fehler und deren schnelle Beseitigung ermöglicht.58 Auf dieser Art soll erreicht werden, dass sich das Fachwissen nicht nur bei den Abteilungsleitern konzentriert, sondern sich auch an die Angestellten überträgt. Somit vergrößert sich der Überblick der Angestellten über die Einzelheiten des Produktionsprozesses, was ihre Problemlösungskompetenz und ihre Fähigkeit zum Informationsaustausch erhöht. Zu Beginn litt die Modulproduktion noch unter einem geringen Effektivitätsniveau. Das Arbeitsband musste häufig angehalten werden, um die festgestellten Fehler zu beheben. Auf die Dauer zeigte der Produktionsprozess jedoch eindeutig eine kontinuierliche Verbesserung der Produktionseffektivität, da die Arbeitnehmer bei der Identifizierung und der schnellen Beseitigung der Fehler fortwährend an Erfahrung hinzugewannen. (13) Qualitätsprobleme und Rückruf Der Rahmenvertrag sieht vor, dass im Falle eines Qualitätsproblems infolge der Nichtbeachtung der technischen Richtlinien des OEM oder mangelnder Sorgfalt seitens des Modulanten Letzterer für die entstandenen Schäden sowie für die Folgeschäden, die dem Automobilhersteller gegebenenfalls aus der Wiederherstellung erwachsen, haftet. Unter Folgeschäden sollen die Aufwendungen verstanden werden, die sich nicht unmittelbar auf 57 Über die Verlagerung der Qualitätskontrolle auf den Zulieferer im JIT-Rahmenvertrag und deren rechtliche Konsequenzen in Deutschland siehe insbesondere Nagel, DB 6 (1991), S. 322 ff. 58 Vgl. Womack/Jones/Roos, The Machine that Changed the World, S. 99.

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das mangelhafte Produkt beziehen, aber für die Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs erforderlich sind, wie z. B. Dienstleistungen der Kfz-Vertragshändler. Besonders kostspielig wird dies bei folgendem Szenario: ein Fehler eines Endprodukts haftet einem oder zahlreichen Einzelteilen an und wird erst bemerkt, wenn es bereits in den Verkehr gelangt ist. In diesem Fall besteht für den Kfz-Hersteller die Pflicht zum Rückruf. Diesbezüglich vereinbaren die Vertragspartner der Modulproduktion, dass alle Kosten des Rückrufs vom schuldigen Partner allein getragen werden. (14) Abnahme der Endprodukte und Zahlungsbedingungen Die Abnahme der Endprodukte seitens des Automobilherstellers hängt lediglich von der Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeugqualität ab, die von ihm am Ende des Produktionsbands überprüft wird. Die Bezahlung erfolgt i. d. R. innerhalb von 28 Tagen nach der Fahrzeugabnahme. Wenn jedoch ein Produktions- oder Komponentenfehler festgestellt wird, erhält der für dessen Entstehung verantwortliche Modulant nur 90% des Betrages. Die Bezahlung der übrigen 10% erfolgt erst, wenn der Modulant den entsprechenden Mangel abstellt. (15) Vertraulichkeit und Geheimhaltungspflicht Die meisten Modulanten operieren auf mehreren Märkten und beliefern verschiedene Automobilhersteller. Sie müssen jedoch alle in der Lage sein, mit jedem Hersteller auf vertraulicher Basis zusammenzuarbeiten.59 In der Modulproduktion besteht die Verbindung zwischen Modulanten und Herstellern aus komplexen Kooperationsmodellen, in denen – im Idealfall – gegenseitiges Vertrauen und ein partnerschaftlicher und respektvoller Geist herrschen. Eine wechselseitige Know-how-Partizipation ist für den Erfolg des Produktionssystems unerlässlich.60 Hervorzuheben ist, dass die Gefahr eines opportunistischen Verhaltens in langfristigen Austauschbeziehungen ein geringeres Problem darstellt als bei kurzfristigen Marktverträgen, da die Erzielung kurzfristiger Vorteile auf Kosten des Kooperationspartners kontra59 Vgl. Large, Log. Man. 4 (1999), S. 254 ff. Rechtlich erfordert der Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses das Vorliegen einer im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehenden Tatsache, die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt, also nicht offenkundig ist und die ferner nach dem bekundeten oder doch erkennbaren Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden soll, und dass schließlich der Betriebsinhaber ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung hat. Vgl. Kraßer, GRUR 4 (1977), S. 178. 60 Über die Regelungen zum Schutz von betrieblichem Know-how siehe Salger/ Breitfeld, BB 3 (2005), S. 154 ff.

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Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

produktiv ist.61 Außerdem hängt die Vertrauenswürdigkeit in der Partnerschaft in stärkerem Maße von der Qualität und der Fairness der Vorverhandlungen ab und wird zudem in einem Vertrag formalisiert und stabilisiert. Um das Risiko zu minimieren, dass die Vertragspartner strategisch bedeutsame Informationen an die Konkurrenz weitergeben, muss die notwendige Vertraulichkeit vertraglich abgesichert werden.62 Wichtig dabei ist, dass die Geheimhaltungspflicht auch nach Beendigung der Vertragsbeziehung für eine bestimmte Frist in Kraft bleibt. (16) Unabhängigkeit der Gesellschaften und Haftung Wie bereits erwähnt, ist die Modulproduktion durch die Aufrechterhaltung der juristischen und ökonomischen Selbstständigkeit jedes Vertragspartners gekennzeichnet. Deshalb wird von den Vertragspartnern im Rahmenvertrag vereinbart, dass sie weder gesamtschuldnerisch noch subsidiär haften. Problematisch dabei ist, dass dies trotz des erklärten Ziels der Partnerschaft, die juristische Unabhängigkeit der Partner zu bewahren, in manchen Fällen laut Gesetz nicht möglich ist. Demzufolge haften die Vertragspartner zwangsläufig bei bestimmten gerichtlichen Verfahren gesamtschuldnerisch.63 Obwohl in diesem Fall ein Regressanspruch besteht, würde die Führung eines solchen Prozesses dem Ziel der Partnerschaft widersprechen. Deswegen wird vereinbart, dass, sollte ein Vertragspartner aufgrund eines Verschuldens des anderen Partners zu Schadenersatz verpflichtet werden oder für Leistungen haften müssen, für ihn das Recht auf Rückerstattung besteht. Dies soll auf freundschaftlicher Ebene vollzogen werden, sodass dem betreffenden Vertragspartner lediglich die geleisteten Kosten dargelegt werden müssen, um die entsprechende Rückerstattung vom verantwortlichen Partner zu veranlassen. (17) Gebäudekosten Die anfallenden Gebäudekosten werden zwischen den Partnern aufgeteilt. In der Regel trägt der Automobilhersteller im Rahmen seiner Eigentümerschaft alle Abgaben und/oder Steuern hinsichtlich des Fabrikgebäudes allein. Andererseits werden die entstehenden Nebenkosten, wie z. B. Strom, Wasser und Gas, von den Modulanten übernommen. 61

Vgl. Picot/Reichwald/Wigand, Die grenzenlose Unternehmung, S. 298 ff.; Macneil, Barriers to the Idea of Relational Contracts, S. 33. 62 Durch die zunehmenden wechselseitigen Datenübertragungen mittels EDV ist der Austausch von Informationen sprunghaft angewachsen und die Gefahr des Informationsmissbrauchs bedeutend gestiegen. Vgl. Nagel, DB 45 (1988), S. 2292. 63 Siehe Kapitel 3 II. 2. e) (4).

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(18) Versicherungen Damit ein Risiko korrekt versichert werden kann, muss es erkannt und bewertet werden. Bevor es entsteht, muss festgelegt werden, wie mit ihm zu verfahren ist.64 Mit diesem Prozess befasst sich das Risikomanagement, welches als Vorstufe jedem Versicherungsabschluss vorausgehen sollte.65 Da jede unternehmerische Entscheidung Risiken umfasst, kann sie grundsätzlich sowohl zu Verlusten als auch zu Gewinnen führen.66 Das Risikomanagement bildet einen wichtigen Bestandteil der Unternehmensführung, es zielt auf eine umfassende Bearbeitung von Risiken ab.67 Unter Risiko ist hier die Gefahr zu verstehen, dass Ereignisse, Entscheidungen oder Handlungen das Unternehmen daran hindern, festgelegte Ziele zu erreichen bzw. beschlossene Strategien erfolgreich umzusetzen.68 Die Bewertung der Risiken erfolgt größtenteils anhand der Kriterien der Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe. In der Automobilindustrie stellen Betriebsunterbrechungen, Produktfehler und Umweltschäden große Risiken für das Geschäft dar, da sie zu extremen Schäden führen können. Um die Partnerschaft der Modulproduktion abzusichern, schließen die Vertragspartner gemeinsam eine Versicherung zur Deckung dieser Risiken ab, einschließlich einer Sachversicherung (Gebäude-, Bauwesen-, Maschinenkasko-, Maschinenbruchversicherung), Unfallversicherung und Haftungsversicherung. Gemeinsam bewerten die Partner die zu deckenden Summen, wählen das Versicherungsunternehmen aus und führen die Verhandlungen. Sollten die Vertragspartner keinen Konsens erzielen, werden diese Aufgaben vom Automobilhersteller allein übernommen. Die Festsetzung der Kostenbeteiligung jedes Vertragspartners erfolgt proportional zu seinen Investitionen in der Partnerschaft. Der Abschluss des Versicherungsvertrags setzt in der Praxis üblicherweise eine Verzichtsklausel voraus. Dabei verpflichtet sich der Versicherer, im Versicherungsfall den Parteien gegenüber auf sein Regressrecht zu verzichten. 64

Vgl. Gleißner, DB 33 (2000), S. 1625; Vogler/Engelhard/Gundert, DB 29 (2000), S. 1425 f. Böhm, NVwZ 6 (2005), S. 614, behauptet, dass ein Leben ohne Risiko nicht denkbar sowie eine absolute Sicherheit nicht zu erreichen sei. Unterhalb dieser Schwellen solle durch eine angemessene Abschätzung und Bewertung von Risiken ein angemessenes Risikomanagement und folglich ein hohes Maß an Sicherheit erreicht werden. Zu einer rechtssoziologischen Betrachtung des Risikos siehe Pereira, Rev. Inf. Leg. 170 (2006), S. 181 ff. 65 Die wesentlichen Schritte des Risikomanagementprozesses bestehen aus den Phasen Risikoanalyse, -bewertung, -minimierung, -kontrolle, -verfolgung. Vgl. Lücke, DB 30 (2000), S. 1474 ff.; Vogler/Engelhard/Gundert, DB 29 (2000), S. 1427. 66 Vgl. Kless, DStR 2 (1998), S. 93. 67 Vgl. Vogler/Engelhard/Gundert, DB 29 (2000), S. 1426. 68 Vgl. Spannagl/Häßler, DStR 44 (1999), S. 1827.

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Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

(19) Kündigung Da in der Modulproduktion der Rahmenvertrag und die Zulieferungsverträge langfristig geschlossen werden, spielt das Kündigungsrecht eine besondere Rolle, insofern es den Vertragspartnern das Recht gewährt, aus dem Vertrag auszuscheiden. Dabei muss festgelegt werden, unter welchen Umständen der Vertrag in der Praxis gekündigt werden kann. Der Rahmenvertrag sieht vor, dass die Vertragspartner nur in begründeten Fällen den Vertrag kündigen sowie die betreffenden Voraussetzungen und Fristen ändern können.69 Das Kündigungsrecht soll in der Modulproduktion insbesondere dazu dienen, die Partnerschaft vor Leistungsstörungen oder opportunistischem Verhalten seitens eines oder mehrerer Vertragspartner zu schützen. Erstere stellen eine Verletzung von im Vertrag festgelegten Pflichten und folglich einen wichtigen Grund für eine Kündigung dar; dies wird im Rahmenvertrag in allen Einzelheiten geregelt. Auf der anderen Seite soll verhindert werden, dass das Kündigungsrecht ausgeübt wird, um opportunistische Gewinne zu erzielen. Ansonsten soll das Kündigungsrecht die Option der einzelnen Partner, aus dem Vertrag auszuscheiden, garantieren, wenn sie nach Ablauf einer bestimmten Zeit nach Vertragsbeginn kein ökonomisches Interesse an der Fortsetzung der Partnerschaft haben sollten. Außer diesen Möglichkeiten bilden Force-Majeure70 und Insolvenz zwei weitere Gründe für die Vertragskündigung. Sollte ein Vertragspartner insolvent werden und dadurch den Vertrag nicht weiter erfüllen können, besteht für die Vertragspartner das Recht zu kündigen. Im Rahmen seiner organisatorischen Aufgaben ist der Automobilhersteller für die Ersetzung des ausscheidenden Modulanten zuständig. Falls eine gleichzeitige Ersetzung des Modulanten nicht möglich sein sollte, muss der Automobilhersteller dessen Tätigkeiten ausüben, um eine Produktionsunterbrechung zu vermeiden. Für die Durchführung dieser Aufgaben übernimmt der Automobilhersteller keinerlei Haftung. Dieser Zustand soll die Frist von i. d. R. maximal 6 Monaten nicht überschreiten. Genauso wenig wie der Ersatz eines Modulanten das Vertragsverhältnis zwischen den anderen Vertragspartnern berührt, affiziert die Kündigung des Rahmenvertrags in Bezug auf einen Vertragspartner das Dauerschuldverhältnis zwischen den anderen.

69 Kündigungsklauseln ohne Angabe der Motive werden in der Modulproduktion nicht verwendet, da sie dem Sinn der Partnerschaft, eine langfristige Kooperation aufrechtzuerhalten, widersprechen. Über die rechtlichen und ökonomischen Hintergründe dieser Klauseln siehe Paz-Ares, Rev. Derecho Merc. 223 (1997), S. 7 ff. 70 Siehe Kapitel 1 II. 3. e) (21).

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(a) Entschädigung für den Einsatz transaktionsspezifischer Investitionen Da die Modulanten alle notwendigen Investitionen zur Vorinbetriebnahme sowie zur Beschaffung bzw. Einrichtung des notwendigen Vermögens zu leisten verpflichtet sind, ist der Automobilhersteller gezwungen, einen aus irgendeinem Grund ausscheidenden Vertragspartner zu entschädigen. Das Kriterium für die Entschädigungsbewertung ist der Restwert der Güter. Falls der Modulant im Augenblick seines Ausscheidens durch einen neuen Vertragspartner ersetzt wird, ist dieser zu der entsprechenden Entschädigung verpflichtet, wobei in diesem Fall der Automobilhersteller gesamtschuldnerisch haftet. (b) Vertragsstrafe Sollte der Rahmenvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden, erleidet der betroffene Vertragspartner einen Abzug in Höhe von i. d. R. 10% des gesamten Entschädigungswerts der Investitionen zur Vorinbetriebnahme und des Vermögens als Vertragsstrafe. Diese Maßnahme ist insbesondere auf die Vermeidung von opportunistischem Verhalten gerichtet. (20) Formalisierung des Aus- und Eintritts der Vertragspartner Alle Änderungen in der Partnerschaftsstruktur hinsichtlich des Ein- bzw. Austritts eines Vertragspartners müssen entsprechend formalisiert werden, was sich durch die Unterzeichnung eines Austritts- bzw. Eintrittsprotokolls verwirklichen lässt. Im Eintrittsprotokoll sollen die auf den Automobilhersteller übertragenen Vermögenswerte beschrieben werden, die er bereits für den Restwert erworben hat, und der neue Vertragspartner erklärt, dass er alle Rechte und Pflichten des Rahmenvertrags übernimmt. Der Automobilhersteller ist verpflichtet, bei jedem Vertragspartneraustritt bzw. -eintritt die anderen Parteien innerhalb einer bestimmten Frist (i. d. R. 15 Tage) schriftlich zu benachrichtigen. (21) Force-Majeure-Klauseln Wie in jedem Vertrag sind die Force-Majeure-Klauseln auch im Rahmenvertrag ein unverzichtbares Element, da sie eine Haftungsfreistellung für außergewöhnliche, unvorhersehbare und unvermeidbare Ereignisse vorsehen, soweit diese Ereignisse die Erbringung der geschuldeten Leistung verhin-

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Kap. 1: Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion

dern oder verzögern.71 Bei der Haftungsfreistellung handelt es sich um eine Verdrängung der sonst greifenden Haftungsregeln wie bei Verzug oder Sachmangel. Das Risiko der für ihn schädlichen Folgen einer Störung bzw. Verzögerung der Leistung wird letztlich jeder Vertragspartner selbst tragen. Für den Fall eines Force-Majeure-Ereignisses vereinbaren die Vertragspartner eine Pflichtensuspendierung, welche wieder aufgehoben wird, sobald es in seiner Wirkung nachlässt. Spätestens nach fünf Werktagen muss der betroffene Vertragspartner i. d. R. die anderen über den Eintritt des Force-MajeureEreignisses schriftlich benachrichtigen, ansonsten bleibt er zur Leistung verpflichtet. Die notwendige Frist, um der Obliegenheit nachzukommen, wird im gemeinsamen Einvernehmen zwischen den Vertragspartnern bestimmt, da die vorgesehenen Leistungstermine entsprechend angepasst werden müssen. Wenn die Pflichten länger als z. B. zehn Tage nach dem Eintritt des Force-Majeure-Ereignisses suspendiert bleiben müssen oder wenn von vornherein nicht mit dem Wegfall des Force-Majeure-Ereignisses zu rechnen ist, kann der Rahmenvertrag endgültig aufgehoben werden. (22) Konkurrenzverbot und Sonstiges Eine weitere Ausprägung der Treuepflicht bildet das Prinzip des Konkurrenzverbots. Hiernach sind die Parteien verpflichtet, keine Geschäfte oder Allianzen auf eigene Rechnung zu tätigen, die den Partnerschaftszweck berühren und in Konkurrenz zu diesem stehen. Das Konkurrenzverbot soll verhindern, dass die beteiligten Gesellschaften im Rahmen der Zusammenarbeit erworbene Kenntnisse nutzen, um der Partnerschaft Konkurrenz zu machen. Der Wettbewerbsschutz ist besonders weitreichend, wenn den Modulanten für die Dauer des Vertragsverhältnisses jede Vereinbarung mit Dritten untersagt wird, die unmittelbar oder nur mittelbar mit dem Projekt in Verbindung stehen.72 Um dem Konkurrenzverbot entsprechenden Nachdruck zu verleihen, kann es auch für eine gewisse Zeit nach Beendigung des Vertrags bestehen bleiben. Ferner findet sich am Ende des Rahmenvertrags eine Reihe von Klauseln, die zum Standardrepertoire aller internationalen Verträge gehören.73

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Vgl. Treitel, Frustration and Force Majeure, S. 50 f. Über die Begriffselemente höherer Gewalt siehe Beitzke, DB 41 (1967), S. 1572 f.; Kaden, RabelsZ 31 (1967), S. 613 ff. 72 Vgl. Rayermann, Der internationale Konsortialvertrag, S. 181. 73 Etwa Klauseln zu Regelungen zur Form und Zustellung von Bekanntmachungen und Informationen sowie Schieds-, Rechtswahl- und Gerichtsklauseln.

Kapitel 2

Die Modulproduktion im Lichte der Ökonomischen Analyse des Rechts und der Theorie der Symbiotischen Arrangements Wie gesehen, erfordern moderne unternehmerische Entscheidungsfindungsprozesse eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Experten, um die vielfältig verknüpften Anforderungen zu dechiffrieren und ihre Erfüllung im Rahmen transaktionsspezifischer Vereinbarungen rechtlich zu regeln. Dieses Kapitel analysiert die damit verbundenen ökonomischen Zusammenhänge mittels der Ökonomischen Analyse des Rechts1 und der Theorie der Symbiotischen Arrangements. I. Einführung: „Law and Economics“ Der Themenkomplex „Law and Economics“ hat etwas Janusköpfiges: Beide Bereiche sind derart miteinander verschwistert, dass der eine notwendigerweise den anderen impliziert.2 Ausgehend von dieser Erkenntnis hatten Coase (1937, 1960)3 und Calabresi (1961)4 die Grundlagen für einen Ansatz gelegt, der sich unter dem Namen „Ökonomische Analyse des Rechts“ (ÖAR) in den folgenden Jahren zu einer der produktivsten Forschungsdisziplinen der Rechts- und Wirtschaftstheorie entwickelte.5 Der Erfolg des Ansatzes beruht darauf, dass er von den einfachsten ökonomischen Grundannahmen ausgeht: Menschen verfolgen Maximierungsstrategien; Preise sind markträumend; die Marktbewegungen verbessern die individuelle und kollektive Wohlfahrt im Sinne der Effizienz6; und am wichtigsten: die Wahl der richtigen Institutionen ist relevant und erfolgswirksam. 1 In dieser Abhandlung schließt der Begriff „Ökonomische Analyse des Rechts“ die Neue Institutionenökonomik ein. Über ÖAR im Allgemeinen siehe die Arbeit von Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts. 2 Zu römischer Gottheit Janus siehe Encyclopedia Britannica, Vol. 12, S. 893. 3 Coase, The Nature of the Firm; ders., The Problem of Social Cost; Sonderdruck in Coase, The Firm, the Market and the Law. Deutsche Übersetzung in Assmann/ Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse des Rechts, S. 146 ff. 4 Calabresi, Yale Law J. 70 (1961), S. 499 ff. 5 Schanze, ZgS 138 (1982), S. 297; Posner, Overcoming Law, S. 426. 6 Siehe Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip.

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Kap. 2: Die Modulproduktion

Ansatzpunkt der ÖAR war eine von Coase durchgeführte Analyse der Rechtsinstitutionen aus einem völlig neuen Blickwinkel.7 Indem das Gesetz als ein variables System von alternativen institutionellen Arrangements, das eine Auswahl anhand von Kostenüberlegungen ermöglicht, betrachtet wird, werden rechtliche Institutionen in analoger Weise wie am Markt Substituierungsprozessen unterworfene „Güter“ begriffen.8 Damit hatte er den Begriff der rechtlichen Institution fundamental geändert, denn in der neoklassischen Tradition wird Recht als ein fest zwingender Faktor der ökonomischen Entscheidungen angesehen.

7 Zu einem Überblick über die Entwicklung der ÖAR siehe Schanze, Ökonomische Analyse des Rechts in den U.S.A., S. 2 ff.; Posner, An Introduction to Economic Analysis of Law, S. 1 ff. 8 Vgl. Schanze, JNpÖ 2 (1983), S. 165. Ein aktuelles Beispiel für die Coase’sche Feststellung bilden die strategischen Bewegungen der Akteure aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens. Zwecks Bekämpfung der Doppelbesteuerung schließen Staaten bilaterale Abkommen, welche infolge der unterschiedlichen Behandlung verschiedene steuerliche Vor- und Nachteile für die jeweiligen nationalen Wirtschaften verursachen. Das am 27. Juni 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Föderativen Republik Brasilien geschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) auf dem Gebiet der Einkommens- und Vermögenssteuern wurde von der BRD zum 1. Januar 2006 gekündigt. Unmittelbare Folge der Kündigung ist, dass sich eine Doppelbesteuerung ausschließlich gemäß den einseitigen Maßnahmen des internen brasilianischen bzw. deutschen Steuerrechts („Außensteuerrecht“) vermeiden lässt. Um steuerliche bzw. Transaktionskosten-Vorteile zu erzielen, können deutsche oder brasilianische Akteure ihre Einkünfte über einen anderen Staat leiten, damit die dortigen günstigeren DBA-Regelungen in Anspruch genommen werden können (Stichwort „treaty shopping“). Solche Transaktionen wurden früher als Steuerumgehung angesehen, doch nach aktueller h. M. sind sie als Steuervermeidung bzw. Steuerplanung zu interpretieren. Vgl. insb. Vogel/Lehner/Eigelshoven, Doppelbesteuerungsabkommen der Bundesrepublik Deutschland; Schaumburg, Internationales Steuerrecht; Rothmann, A denfflncia do acordo de bitributação, S. 146 ff.; Schoueri, Treaty Shopping. In ähnlicher Weise werden in der Europäischen Gemeinschaft Akteure von der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 ff. EGV) strategisch Gebrauch machen, um wettbewerbsrelevante Vorteile (z. B. bezüglich von Haftungs-, Mitbestimmungs- und Mindestkapitalregeln) zu erzielen. Dies hat zu Spannungen zwischen den Mitgliedsstaaten in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung von aus anderen Mitgliedsstaaten stammenden Gesellschaften geführt, was im Rahmen der folgenden Entscheidungen des EuGH geklärt wurde: Kommission/Frankreich (EuGH Rs. 270/83, Slg. 1986, S. 273 ff.), Segers (EuGH Rs. 79/85, Slg. 1986, S. 2375 ff.), Daily Mail (EuGH Rs. 81/87, Slg. 1988, S. 5483 ff.), Centros (EuGH Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459 ff.), Überseering (EuGH Rs. C-208/00, Slg. 2002, I- 9919 ff.), Inspire Art (EuGH Rs. C-167/01, ZIP 2003, S. 1885 ff.). Nach diesen Entscheidungen ist in Europa gemäß Art. 43 ff. EGV die Rechtsfähigkeit von Gesellschaften anzuerkennen und ihre Subjekteigenschaften sind zu respektieren. Dazu siehe insb. Schanze/Jüttner, AG 2003, S. 30 ff.; Schanze/Jüttner, AG 2003, S. 661 ff.; Jüttner, Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit, S. 15 ff.

II. Forschungsprogramm der Theorie der Symbiotischen Arrangements

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Diese Betrachtung des Rechts wird z. T. kritisiert. So sieht Fezer in der ÖAR nicht nur den Versuch, die Lebensbereiche der Gesellschaft ökonomisch zu erklären, sondern sie auch nach ökonomischen Prinzipien zu regeln.9 Zwar macht die ÖAR wertende Aussagen zu regelungsbedürftigen sozialen Sachverhalten, indem sie angibt, welche von mehreren möglichen Entscheidungen gesellschaftlich wünschenswert ist und deshalb auch von Rechtsorganen getroffen werden sollte, und stellt folglich die Normen des geltenden Rechts infrage, indem sie sie auf ihre Rationalität und Gerechtigkeit unter dem Gesichtspunkt der Allokation prüft. Aber sie kritisiert nicht die Legalität, wie Fezer meint, sondern die Legitimität sowie Effizienz einer rechtlichen Regelung.10 II. Ansatzpunkt und Forschungsprogramm der Theorie der Symbiotischen Arrangements Im Rahmen eines im Jahr 1974 begonnenen Forschungsprogramms über Rohstofferschließungsvorhaben in Entwicklungsländern wurde Schanze auf eine dritte sich herausbildende Kategorie von Rechtsbeziehungen aufmerksam.11 Er sah, dass bei der Koordinierung wirtschaftlicher Tätigkeiten zwischen rechtlich selbstständigen Unternehmungen im wachsenden Maße langfristige Verträge mit komplexen Schuldinhalten als Rechtsgrundlage dienten.12 Schanze erkannte, dass sich unter der allgemeinen Rubrik „Langzeitverträge“ zunehmend klarer eine „dritte Ordnungsstruktur“ zwischen klassischem Vertragsrecht (Markt) und Konzernrecht (Hierarchie) herausbildete, die der Analyse und Einordnung bedurfte. Um diesen Prozessen Rechnung zu tragen, entwickelte er die Theorie der „Symbiotic Arrangements“.13 Seit ihrer Entstehung wird diese Theorie von Juristen und Ökonomen im In- und Ausland intensiv diskutiert, was ihre kontinuierliche interdisziplinäre Weiterentwicklung garantiert.14 In dieser Abhandlung wird 9

Vgl. Fezer, JZ 1986, S. 819; ders., JZ 1988, S. 223 ff. Vgl. Ott-Schäfer, JZ 1988, S. 215. 11 Dazu siehe Kirchner u. a., Rohstofferschließungsvorhaben in Entwicklungsländern, Teil 1, S. 9 ff.; Schanze u. a., Rohstofferschließungsvorhaben in Entwicklungsländern, Teil 2, S. 11 ff.; Schanze, JITE 144 (1988), S. 525 ff. 12 Vgl. Schanze, Verträge ohne Zivilprozess, S. 2. 13 Siehe Schanze, Verträge ohne Zivilprozess, S. 1 ff.; ders., Franchising and the Law, S. 67 ff.; ders., JITE 149 (1993), S. 122 ff.; ders., JITE 149 (1993), S. 691 ff.; ders., Beyond Contract and Corporation, S. 75 ff.; ders., New Palgrave – Band 3, S. 554 ff.; ders., Failure of Long-Term Contracts, S. 155 ff. 14 Vgl. Collins, Law of Contract, S. 10 ff., 329 ff.; ders., JITE 149 (1993), S. 263 ff.; ders., Quality Assurance in Subcontracting, S. 285 ff.; Dnes, JITE 2 (1996), S. 297 ff.; ders., Franchise Contracts, S. 155 ff.; Eger, Langfristige Verträge, 10

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Kap. 2: Die Modulproduktion

der Begriff „symbiotic arrangements“ mit der Formulierung „Symbiotische Arrangements“ übersetzt. Der Ausdruck „symbiotisch“ verdeutlicht die Effizienz der vertraglich geregelten Wechselbeziehung in diesem Daueraustausch. Der Sinn entspricht dabei genau dem aus der Biologie bekannten: Es geht um das symbiotische Zusammenleben artverschiedener, aneinander angepasster Wirtschaftsakteure.15 Die Bezeichnung „Arrangements“ ist dem von Coase (1960) eingeführten Begriff der „sozialen Arrangements“ entliehen16, sie wird hier nicht mit dem Ausdruck „Vereinbarung“ übersetzt, weil dieser möglicherweise zu einer rechtlichen missverständlichen Auslegung führen könnte.17 Im Folgenden werden die drei Säulen der Neuen Institutionenökonomik, nämlich Transaktionskosten-, Property-Rights- und Agency-Theorie im Zusammenhang mit der Modulproduktion analysiert. III. Neue Institutionenökonomik Die in diesem Abschnitt dargestellte Richtung der Neuen Institutionenökonomik18 umfasst u. a. die Arbeiten von Autoren wie Armen Alchian, Ronald Coase, Douglass North und Oliver Williamson. Sie beruht auf der grundlegenden Erkenntnis, dass die Schaffung von Institutionen und Organisationen und deren tägliche Nutzung den Einsatz realer Ressourcen erfordern.19 Da die Wahl eines bestimmten institutionellen Arrangements zu spezifischen Kosten führt, bildet die Beschaffenheit der verfügbaren InstitutioS. 184 ff.; Fiebig, Franchising im öffentlichen Sektor, S. 77 ff.; Goldberg, JITE 152 (1996), S. 244 ff.; Kaas, JITE 149 (1993), S. 741 ff.; Kirchner, JITE 152 (1996), S. 226 ff.; Lindenberg, JITE 152 (1996), S. 188; Köndgen, Symbiotische Finanzierungsverträge, S. 127 ff.; Ménard, JITE 152 (1996), S. 154 ff.; Picot, JITE 149 (1993), S. 731 ff.; Powell, JITE 152 (1996), S. 197 ff.; Raub/Weesie, JITE 149 (1993), S. 716 ff.; Rubin, JITE 152 (1996), S. 123 ff.; Salgado, RDC 4 (2004), S. 33 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Rechts, S. 525 ff.; Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen; Spindler, JITE 149, S. 756 ff.; Schwartz, JITE 152 (1996), S. 287 ff.; Windbichler, JITE 152 (1996), S. 250 ff.; Zwecker, JA 1999, S. 159 ff. 15 Schanze, Langzeitverträge, S. 2. 16 Siehe Coase, The Problem of Social Cost, S. 95 ff.; Schanze, ZgS 137 (1981), S. 695. 17 Siehe die vagen und missverständlichen Ausführungen von Tarrega zum portugiesischen Begriff „acordo“ in ihrem Buch „associações consorciais“, S. 138. Zu diesem Begriff siehe auch Gomes, Direito civil, S. 280 ff.; Vogel, Vertrag und Vereinbarung, S. 29 ff. 18 Diese Bezeichnung stammt von Williamson, Market and Hierarchies, S. 1. Da die Theorie noch sehr jung ist, gibt es keine allgemein anerkannten Begriffsdefinitionen. Mercuro/Medema, in Economics and the Law, unternehmen einen Versuch zur Definition der Begriffe und Teilbereiche, S. 130 ff. 19 Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 33.

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nen ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung, ob eine bzw. mehrere Transaktionen durchgeführt werden sollen und auf welche Weise dies konkret zu geschehen hat. Hervorzuheben ist, dass sich im Rahmen des von Coase ausgearbeiteten theoretischen Fundaments verschiedene Forschungsrichtungen entwickelt haben. Im Folgenden sollen diejenigen Ansätze, die für die Modulproduktion und die Theorie der Symbiotischen Arrangements von Relevanz sind, behandelt werden. 1. Transaktionskostentheorie Bis zum Coase’schen Aufsatz aus dem Jahre 1937, in dem er mittels seines Unternehmensbegriffs die optimale Unternehmensgröße zu bestimmen versuchte, wurden Transaktionskosten von den Ökonomen nur im Bereich der Geldtheorie thematisiert. Sie behaupteten, dass die Institution des Geldes entstanden sei, um die Reibung einer Naturaltauschwirtschaft zu verringern,20 und bezeichneten dabei Transaktionskosten als „Friktionen“ oder „Reibungen“ bzw. „Reibungsverluste“. Es blieb Coase vorbehalten, dieses Thema gründlicher zu untersuchen. Ausgangspunkt seiner Überlegung war eine Betrachtung der unternehmerischen Entscheidung „make or buy“.21 Da sowohl Markt- als auch Unternehmenstransaktionen mit Kosten verbunden sind und immer die kostengünstigere Variante gewählt wird, verhält sich ein Unternehmen rational, wenn es sich so weit ausdehnt, bis die Kosten der Organisation einer zusätzlichen Transaktion innerhalb des Unternehmens gleich sind mit den Kosten derselben Transaktion als Tausch am offenen Markt.22 a) Terminologie Der Begriff der „Transaktionskosten“ lässt sich klarer fassen, wenn man sich die ökonomische Grundbedeutung des Terminus „Transaktion“ vergegenwärtigt. Williamson definiert diesen wie folgt:23 „Eine Transaktion findet statt, wenn ein Gut oder eine Leistung über eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg übertragen wird. Eine Tätigkeitsphase wird beendet, eine andere beginnt.“ 20

Vgl. Mill, Principles of Economics. Coase, Meaning, S. 19. Über „make or buy“-Entscheidungen siehe G. Klein, The Make-or-Buy Decisions, S. 435 ff.; Sampaio/Di Serio, Supply Chain Design, S. 1 ff. 22 Coase, The Nature of the Firm, S. 44; ders., The Firm, the Market and the Law, S. 7. 23 Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, S. 1. 21

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Laut Williamson können Ressourcen im physischen Sinn einer „Übergabe“ übertragen werden. Eine solche Übergabe bezieht sich auf interne oder externe Transaktionen bzw. auf Unternehmens- oder Markttransaktionen. Sie können als eine Folge der Arbeitsteilung verstanden werden.24 Allerdings bilden nicht nur ökonomische Transaktionen, sondern auch soziale Beziehungen den Forschungsgegenstand der ökonomischen Analyse der Institutionen.25 Denn aus ihrer Perspektive stellen ökonomische Transaktionen einen Sonderfall sozialer Transaktionen (d.h. sozialer Handlungen, die für die Gründung, Erhaltung usw. des institutionellen Rahmens, in dem die Wirtschaftstätigkeit erfolgt, notwendig sind) dar.26 Die Transaktionskostentheorie verwendet einen mikroökonomischen Ansatz zur Beobachtung von Organisationsvarianten, um zu ermitteln, ob und in welchem Maße Institutionen die Einsparung von Transaktionskosten ermöglichen.27 Hinsichtlich der formalen Institutionen umfassen die Transaktionskosten die Kosten der Einrichtung, Benutzung, Erhaltung und Veränderung von Institutionen im Sinne von objektivem sowie subjektivem Recht (politische Transaktionskosten).28 Klassische Beispiele für Transaktionskosten ergeben sich aus den Kosten der Marktbenutzung (Markttransaktionen) oder den Kosten, die aus der Ausübung des Rechts, Anordnungen zu erteilen, innerhalb eines Unternehmens erwachsen (Unternehmenstransaktionskosten). b) Markt versus Hierarchie Einer der Beiträge von Coase zum Thema Recht und Ökonomie des Unternehmens bestand – wie bereits erwähnt – in der Erkenntnis, dass Markt und Hierarchie als Organisationsleitsätze des Produktionsprozesses einem wechselseitigen Substitutionsprozess unterliegen.29 Neben den Produktionskosten spielt bei Unternehmen das Prinzip der Minimierung von Transaktionskosten eine große Rolle. Vor der Abwicklung eines bestimmten Transaktionsbündels werden die Akteure sich fragen, ob es entweder im Markt oder In-House durchgeführt werden soll. Dabei werden sie sorgfältig die Transaktionskosten ermitteln und analysieren,30 die aus den beiden Varian24

Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 47. Im Sinne des Begriffs „soziales Handeln“ von Max Weber. 26 Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 48. 27 Über Organisationstheorie siehe insbesondere Chandler, Strategy and Structure, sowie Polanyi, Personal Knowledge. 28 Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 49. 29 Vgl. Schanze, ZgS 137 (1981), S. 694. 30 „Transaction costs are the costs of specifying what is being exchanged and of enforcing the consequent agreements. In economic markets what is being specified 25

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ten entstehen.31 Bei der Betrachtung der Markttransaktionskosten geht es um die notwendige Evaluierung der Anbahnungskosten von Verträgen (Such- und Informationskosten im engeren Sinne) sowie der Kosten des Abschlusses von Verträgen (Verhandlungs- und Entscheidungskosten) und der Überwachung und Durchsetzung vertraglicher Leistungspflichten. Die Analyse der Unternehmenstransaktionskosten andererseits behandelt zwei Gruppen von Kosten, nämlich fixe und variable Transaktionskosten. Bei den fixen Transaktionskosten kommen die Kosten der Einrichtung, Erhaltung oder Änderung einer Organisationsstruktur in Betracht. Derartige Kosten ergeben sich aus einem ziemlichen breiten Spektrum von Tätigkeiten, wie z. B. Kosten der Personalverwaltung, Investitionen in Informationstechnologie, PR-Kosten oder Lobbykosten. Die variablen Transaktionskosten zerfallen wiederum in zwei Untergruppen. An erster Stelle sind die Informationskosten zu nennen, wie z. B. Kosten des Entscheidungsvorganges, der Überwachung der Ausführung von Anordnungen, der Messung der Leistung von Arbeitskräften, der Geschäftsführung, der Informationsverarbeitung usw. Bei der zweiten Art von variablen Transaktionskosten handelt es sich um die Kosten im Zusammenhang mit der physischen Übertragung von Gütern und Dienstleistungen über eine trennbare Schnittstelle.32 Beispiele hierfür wären Leerzeitkosten bei Halbfertigprodukten, Transportkosten innerhalb des Unternehmens usw.33 Zweck dieser Darstellung ist es nicht, hier alle Kosten der Markt- oder Unternehmenstransaktionen anzuführen, sondern zu erläutern, dass die Wahl zwischen Markt oder Hierarchie sich nicht lediglich nach dem Preis des Gutes oder der Dienstleistung richtet, sondern vielmehr einer Berechnung aller Vor- und Nachteile der vorgenannten Markt- und Unternehmenstransaktionskosten bedarf. Sollte nach dieser Evaluierung das Preissystem dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil bieten, wird es seitens der Akteure angenommen. Derartige Evaluierungsprozesse kommen beispielsweise bei folgenden Fragen zum Einsatz: Soll der Vertrieb über Handelsvertreter oder ein firmeneigenes Vertriebssystem organisiert werden? Sollen Beratungskapazitäten per Rechtsanwalt oder Rechtsabteilung an ein Unterneh(measured) is the valuable attributes – the physical and property-rights dimensions – of goods and services or the performance of agents.“ Vgl. North, Am. Ec. Rev. 84 (1994), S. 361. 31 Dabei spielen auch die mit der Erfüllung der Arbeitsverträge – zwischen einem Unternehmen und den in ihm Beschäftigen – verbundenen Kosten eine Rolle. 32 Vgl. Williamson, The Economics Institutions of Capitalism, S. 1. 33 Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 53. Die erwähnten Unternehmenstransaktionskosten spielen in den letzten Jahren in der Kostenrechnung unter der Bezeichnung „Prozesskostenrechnung“ eine Rolle. Siehe Miller/Vollmann, Harv. Bus. Rev. 63 (1985), S. 142 ff.; Cooper, Part One, S. 45 ff.; ders., Part Two, S. 41 ff.; O’Guin, Man. Acc. 71 (1990), S. 36 ff.

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Kap. 2: Die Modulproduktion

men gebunden werden?34 Allerdings ist hervorzuheben, dass bestimmte Arten von Aktivitäten trotz der Höhe ihrer Kosten weiterhin internalisiert werden, wenn dabei wichtige Bereiche der Unternehmenspolitik berührt werden, wie z. B. gewerbliche Strategien oder das Betriebsgeheimnis.35 Die Rolle der Transaktionskosten bei der Organisation von Produktionssystemen lässt sich anhand der Modulproduktion deutlich machen. Bei der Entscheidung zur Errichtung einer neuen Fabrik ist den Akteuren klar, dass ein wettbewerbsfähiges Produktionssystem unverzichtbar ist. Um die bestmögliche Lösung zu finden, ließen die Akteure sich von verschiedenen bekannten Produktionssystemen inspirieren. Ein beachtenswertes Modell war selbstverständlich die Lean Production, welche die westliche Automobilindustrie zu Beginn der 90er Jahre mit grundlegend neuen Herausforderungen in den Bereichen von Kostensenkung, Qualitätsverbesserung und Kundenorientierung konfrontierte. Tatsächlich setzt die Lean Production um, worauf Coase bereits in seinem Aufsatz von 1937 die Welt aufmerksam gemacht hatte, dass nämlich die Effizienz eines Unternehmens von seiner Größe abhängt, mit anderen Worten: dass ein Unternehmen umso effizienter koordiniert werden kann, je kleiner (schlanker) es ist.36 Dies berührt nicht zuletzt die Entscheidung, ob das Produktionssystem mittels vertikaler oder horizontaler Integration gestaltet wird.37 Angesichts dieser organisatorischen Fragestellung entwickelten die Akteure das Konzept der Modulproduktion. Die unmittelbare Integration der Zulieferer in die Fabrik ermöglicht eine Reduktion von Transaktionskosten und Synergieeffekte zwischen den Parteien, wie die wesentlichen Merkmale der Partnerschaft, die im Folgenden skizziert werden, beweisen. Zwecks Umsetzung des Konzeptes muss der Automobilhersteller die künftigen Partner suchen, was in der Regel in Form einer weltweit öffentlichen Ausschreibung geschieht. Diese soll erstens garantieren, dass sich jeder Interessent bei Erfüllung bestimmter Kriterien bewirbt,38 und außerdem dazu dienen, mittels festgelegter Voraussetzungen den idealen Partner zu finden sowie die Partnerschaft vor künftigen wettbewerbsrechtlichen Prob34

Vgl. Schanze, JNpÖ 2 (1983), S. 172. Williamson, in Market and Hierarchies, hat den Coase’schen Ansatz für das Wettbewerbsrecht konkretisiert, indem er nach den Grenzen von Wettbewerb und Konzentration fragt. Über die Rolle der Fertigungstiefe in der Transaktionskostenökonomik siehe Williamson, The Vertical Integration of Production; ders., Market and Hierarchies; Klein, JLE 4 (1988), S. 199 ff.; Klein/Crawford/Alchian, JLE 21 (1978), S. 297 ff. 35 Dazu siehe Salgado, RDC 4 (2004), S. 36. 36 Coase, The Nature of the Firm, S. 43. 37 Dazu siehe Aoki, Am. Ec. Rev. 76 (1986), S. 971 ff.; Grossman/Hart, JPE 94 (1986), S. 691. 38 Siehe Kapitel 1 II. 3. c).

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lemen zu schützen.39 Auf der anderen Seite realisiert diese Maßnahme „transaction-cost economies“ bezüglich Suche und Information, da die interessierten Gesellschaften sich durch Vorlage der notwendigen Angaben anmelden müssen. Zwar ist deren Glaubwürdigkeit vom Automobilhersteller zu prüfen, dies erfolgt jedoch auf eine gegenüber sonst üblichen Überprüfungen vereinfachte Art und Weise. Nach der Auswahl der künftigen Partner werden ein langfristiger Rahmenvertrag sowie diverse andere Verträge geschlossen,40 die einerseits eine ständige Anpassung der Leistungspflichten der Partner erlauben und andererseits die Kosten der fortgesetzten Anbahnung von Verträgen und ihrer Abschlüsse reduzieren. Außerdem dient die Partnerschaft der Vereinfachung von Überwachung und Durchsetzung der vertraglichen Leistungspflichten, da die Maßnahmen zur Vermeidung von Leistungsstörungen unmittelbar in Kraft gesetzt werden können. Bezüglich der Einrichtung der Module müssen die Partner im Rahmen einer progressiven Rückerstattungsmethode die notwendigen Investitionen selbst in Angriff nehmen, wobei der Automobilhersteller ihnen üblicherweise leistungsfähige Gesellschaften für die Projektentwicklung und -ausführung empfiehlt, da er diesbezüglich über das nötige Wissen verfügt. Mit dieser Maßnahme sollen erneute Such- und Informationskosten vermieden werden. Darüber hinaus wird jeder Modulant aufgrund der Beibehaltung der juristischen und ökonomischen Selbstständigkeit seine eigene Verwaltungsstruktur aufrechterhalten sowie eigene Arbeitskräfte zur Ausübung seiner Aktivitäten beschäftigen, d.h. in kleineren, schlankeren Zellen arbeiten, was zu effektiveren Leistungsmessungs- und Überwachungssystemen bezüglich variabler Kosten wie z. B. der Ausführung von Anordnungen und der Leistung von Arbeitskräften führt. Ein weiteres wichtiges Merkmal hinsichtlich der Minimierung von Transaktionskosten bezieht sich auf die sog. „buy“-Teile: Da die Modulanten nicht alle der zahlreichen für die Herstellung der Fahrzeuge notwendigen Komponenten erzeugen, wird – zwecks Erzielung niedriger Einkaufspreise per nachgefragter Menge – der gesamte Kauf der zusätzlich benötigten Teile beim Automobilhersteller zentralisiert. Hervorzuheben ist auch die Rolle der technologischen Aktualisierung sowohl des Betriebs wie auch der Produktionstechniken. Sollte die von einem Partner ergriffene Maßnahme zu einer Produktionskostensenkung führen, werden die Profite zwischen allen Partnern verteilt. Natürlich ist eine derartige Verteilung der Profite auch in einer normalen Zulieferungsbeziehung vorgesehen, jedoch lässt sich dies schwierig kontrollieren, da die Partner in verschiedenen, weit voneinander entfernt gelegenen Werken tätig sind. 39

Über die kartellrechtliche Lage der Modulproduktion siehe Kapitel 3 II. 3. Wie etwa: Gebrauchsleihe-, Lieferungsvertrag, Kauf- und Verkaufsbedingungen. Vgl. Kapitel 1 II. 3. e). 40

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Kap. 2: Die Modulproduktion

c) Auswahl institutioneller Arrangements und Alternativkalküle Institutionelle Arrangements bilden laut Coase die Voraussetzung für das Zustandekommen von Transaktionen und sind gleichzeitig Gegenstand ökonomischer Kalküle zwecks Minimierung von Transaktionskosten.41 Das Rechtssystem ist als bewegliches System von alternativen institutionellen Arrangements anzusehen, in dem nach Kostengesichtspunkten prinzipiell ergebnisoffene Wahlakte vollzogen werden. Bei den Kalkülen werden in der Tat nicht nur die Kosten bestimmter Rechtsformen einbezogen, sondern auch genuin staatliche Anforderungen und Anreize, wie beispielsweise Steuern und Subventionen. In diesem Zusammenhang darf ein wichtiger kostenorientierter Bewertungsprozess der Modulproduktion nicht unerwähnt bleiben, den die Akteure bei der Suche nach den entsprechenden institutionellen Arrangements zur Modellierung der Partnerschaft durchführen. Neben der Wahl der passenden Rechtsform42 evaluieren die Akteure, welche von den verschiedenen möglichen Städten bzw. Bundesstaaten gebotenen Anreize für die Errichtung der Fabrik am vorteilhaftesten sind. Ferner bilden die Distanz der Orte zu einem geeigneten Hafen, ihre Infrastruktur sowie ihre Anbindung an Fernverkehrsstraßen entscheidende Kriterien bei der Auswahl des Standortes. Wichtig dabei ist außerdem die Auswahl eines institutionellen Arrangements, welches das Modul-Geschäft in Bezug auf steuerrechtliche Obliegenheiten der Betriebsstätten vereinfachen kann. Weil es dem Schwerpunkt dieser Abhandlung widersprechen würde, sollen hier nicht die einzelnen bei der Modulproduktion fälligen Steuern und ihre betreffenden Tarife dargestellt, sondern diesbezüglich nur prinzipiell die Rolle des ausgewählten institutionellen Arrangements in der Modulproduktion erläutert werden. Die Besteuerung Juristischer Personen ist in Brasilien sehr komplex geregelt und bietet verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. Die brasilianische Steuergesetzgebung kennt unterschiedliche Steuern und Abgaben, die entweder dem Bund, den Bundesstaaten oder aber den Gemeinden zustehen.43 41

Der Ausdruck „institutionelle Arrangements“ ist im Sinne der „social arrangements“ des Aufsatzes von Coase, The Problem of Social Cost, zu verstehen. 42 Dazu siehe Kapitel 3. 43 Zu den wichtigsten Steuern gehören: – Bundessteuern – i) Körperschaftssteuer („imposto sobre a renda de pessoas jurídicas – IRPJ“); hinzu kommt stets eine Sozialabgabe auf Gewinn („contribuição social sobre o lucro líquido – CSLL“); ii) Importsteuer („imposto sobre importação – II“); iii) Industrieproduktsteuer („imposto sobre produtos industrializados – IPI“): eine Art Mehrwertsteuer; iv) Sozialabgabe („contribuição para o financiamento da seguridade social – COFINS“); – Bundesstaatensteuer – v) Warenumlaufsteuer („imposto sobre a circulação de mercadorias e serviços – ICMS“): ebenfalls eine Art Mehrwertsteuer; – Gemeindesteuern – vi) Dienstleistungssteuer („imposto sobre serviços – IIS“), auf kommer-

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Liegt die zur Errichtung der Modul-Fabrik gewählte Stadt nicht in einem der Bundesstaaten, wo die in der Partnerschaft tätigen Gesellschaften ihren Sitz haben, ist es für die Akteure noch wichtiger, ein entsprechendes institutionelles Arrangement zur Vereinfachung der Steuerveranlagungsverfahren sowie zur Verringerung der Steuerlast auszuwählen.44 In der Praxis wird das „Sondersystem“ („regime especial“45) bevorzugt. Dabei handelt es sich um ein Veranlagungsverfahren, das nur bei solchen in der Montage bestimmter Fahrzeuge tätigen Gesellschaften Anwendung findet, die in verschiedenen Betriebsstätten Mehrwert erzielen.46 Das Sondersystem lässt es zu, dass die Eigentumsübertragung physischer Produktionsfaktoren von den Partnern an den Automobilhersteller bzw. umgekehrt allein mittels eines zentralisierten EDV-Systems kontrolliert wird, ohne dass dabei die Ausstellung weiterer Steuerdokumente oder zusätzliche Buchführung erforderlich ist. Es wird von jedem Partner die Emission eines einzigen Steuerbelegs („nota fiscal“) hinsichtlich des in einer Periode getätigten Verkaufsgeschäfts bzw. hinsichtlich der Eigentumsübertragung verlangt. Weiterhin ergibt sich im Sondersystem die Möglichkeit, dass eine teilweise von einem Modulanten in der Modul-Fabrik begonnene Operation von ihm in einem anderen Modul oder von einem anderen Modulanten in seinem Modul weitergeführt oder vollendet werden darf. Besonders vorteilhaft im Sondersystem ist die Möglichkeit, für die Industrieproduktesteuer („imposto sobre produtos industrializados – IPI“)47 einen Zahlungsaufschub zu erwirken, sodass die Bezahlung der fälligen IPI erst am Ende der Veranlagungsperiode erfolgt. Das Sondersystem ist ein Kernbestandteil der Modulproduktion. Deshalb wird im Rahmenvertrag festgeschrieben, dass jede Partei verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass ihr jegliche hierfür notwendige amtliche Lizenz oder Erlaubnis erteilt wird.48 Dies bildet eine wichtige Voraussetzung für das Zuzielle Dienstleistungen, soweit diese nicht der ICMS unterliegen; vii) Steuer auf Gemeindegrundstücke („imposto sobre prédios e territórios urbanos – IPTU“). Dies führt zu erheblichen Spannungen zwischen Gemeinden und Bundesstaaten, da sie derart um das beste Angebot im Bereich von steuerlicher Begünstigung und Anreizen wetteifern, dass dies bereits als „Steuerkrieg“ („guerra fiscal“) bezeichnet wird. In Brasilien wird schon seit Langem heftig über eine Steuerreform diskutiert. Es wird u. a. vorgeschlagen, einen gleichmäßigen Tarif für das gesamte Staatsgebiet Brasiliens, insbesondere in Bezug auf die ICMS, festzusetzen. 44 Im Sinne des Aufsatzes von Coase, The Problem of Social Cost. Bei der Wahl des sozialen bzw. institutionellen Arrangements muss der „totale“ Effekt verschiedener Arrangements verglichen werden. Vgl. Schanze, ZgS 138 (1982), S. 304. 45 Siehe dazu „medida provisória“ Nr. 2.158-35/01, § 56; Dekret Nr. 4.544/02, Art. 111 ff.; „instrução normativa SRF“ Nr. 85/01; „ato declaratório interpretativo SRF“ Nr. 12/2002. 46 Vgl. Art. 112, § 1 des Dekrets Nr. 4.544/02. 47 Siehe Fußn. 43. 48 Siehe dazu Kapitel 1 II. 3. e) (7).

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Kap. 2: Die Modulproduktion

standekommen der Partnerschaft, denn sollte ein Partner nicht die Erlaubnis zur Ausübung des Sondersystems erlangen, würde der Weg einer Modulproduktion ungangbar. Fazit: Das Sondersystem zeigt, wie die Wahl des passenden institutionellen Arrangements eine wichtige Strategie zur Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit sowie der Effizienz eines Unternehmens bildet. Dank der Vereinfachung der Buchhaltungsarbeiten (Unternehmenstransaktionskosten) stellt das Sondersystem eine erhebliche Minimierung von Transaktionskosten dar. Außerdem erlaubt es, wie gesagt, dass die IPI erst am Ende der Veranlagungsperiode, wenn die Fahrzeuge bereits verkauft sind, entrichtet wird. Dadurch können die Partner Betriebskapital einsparen und es anderen Verwendungszwecken zuführen. In Bezug auf andere Steuern, wie z. B. die ICMS49, schließen die Parteien weitere Vereinbarungen mit den betreffenden Bundesstaaten, um ganze Bündel von Transaktionen zu vereinfachen. d) Hybride Langzeitverträge als anreizkompatible Vertragsgestaltung Die Transaktionskostenökonomik verwendet einen vergleichenden Vertragsansatz bei der Untersuchung ökonomischer Organisationen, in dem der Begriff der Transaktion im Zentrum der Analyse steht und die Einzelheiten der Unternehmenskontrolle sowie die Besonderheiten der Akteure in die Forschung einbezogen werden.50 Sie erkennt, dass aufgrund von Ungewissheit und der Schwierigkeit, alle Leistungspflichten in einem durchsetzbaren vertraglichen Instrument zu bestimmen, komplexe Verträge notwendigerweise unvollständig abgeschlossen werden müssen.51 Deshalb ist die klassische Vertragstheorie ungeeignet für die Erfüllung all dieser Ansprüche, denn sie wird im Gegenteil von dem Axiom beherrscht, dass die Parteien vor Vertragsabschluss über vollständige und zutreffende Informationen verfügen und die jeweiligen Leistungspflichten vollständig beschrieben werden können.52 In der Welt der Transaktionskostenökonomik spielen hingegen andere – realistischere – Annahmen eine Rolle. Erstens handeln die Wirtschaftssubjekte begrenzt rational,53 d.h. sie verfügen nicht über alle relevanten Informationen (insbesondere herrscht Ungewissheit über künftige Entwicklungen).54 Zweitens können sie Informationen nur in eingeschränk49

Siehe Fußn. 43. Williamson, JLEO 4 (1988), S. 66. 51 Vgl. Klein, JLE 4 (1988), S. 201. 52 Hart, JLEO 4 (1988), S. 121 ff.; Klein, JLE 4 (1988), S. 199 ff.; Williamson, JLEO 4 (1988), S. 68 ff. 53 Vgl. Simon, Administrative behavior, S. xxiv. 54 Vgl. Klein, JLE 4 (1988), S. 199 ff. 50

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tem Umfang verarbeiten.55 Drittens sind nicht alle Vertragspartner vertrauenswürdig, da sie sich opportunistisch und aus Eigennutz strategisch verhalten können.56 Viertens werden die Vertragspartner aufgrund einer langfristig orientierten vertraglichen Beziehung häufig viel Geld für auf die Transaktionen zugeschnittene Investitionen aufbringen müssen (sog. „asset specifity“).57 Die daraus erwachsenden Herausforderungen lassen sich effizienter im Rahmen eines unvollständigen Vertrags regulieren. Lückenhafte Verträge dienen einer kontinuierlichen Anpassung der Leistungspflichten der Parteien mittels sequenzieller Beschlüsse (zwecks Deckung der vertraglichen Unvollständigkeit). Sie lassen u. U. Raum für opportunistisches Verhalten („expost-opportunism“58) oder, im Zusammenhang mit „asset specifity“, den sog. „Räuberfall“ („hold-up“).59 Die Transaktionskostenökonomik beschäftigt sich mit Lösungsstrategien zur Stabilisierung dieser unvollständigen, komplexen Vertragsbeziehungen. Um das Verständnis dieser Problematik zu erleichtern, soll sie vorab am Beispiel des Fisher-Body-General-Motors-Falles erläutert werden.60 (1) Der Fisher-Body-General-Motors-Fall und die Bündelung von Ressourcen Ursprünglich wurden Fahrzeuge aus einzelnen offenen Karosserien aus Holz gefertigt. Ab dem Jahr 1919 tendierte man zunehmend zu geschlossenen Karosserien aus Metall, deren Herstellung von spezifischen Maschinen abhängig war. Deshalb schloss General Motors einen zehnjährigen unvollständigen Vertrag mit Fisher-Body über die Zulieferung dieser neuartigen Karosserien. Zweck des langfristigen Vertrags war es, den Parteien ein hohes Maß an Sicherheit zu vermitteln und gegenseitiges Vertrauen zu fördern. Das wesentliche Vertragsmerkmal bestand in einer Exklusivitätsklausel, in der GM sich verpflichtete, zehn Jahre lang nur Karosserien von Fisher-Body für die Fertigung eines bestimmten Automodells zu kaufen, was Fisher-Body den nötigen Anreiz und genügend Vertrauen für die Ausfüh55 Richter/Furobotn, Neue Institutionenökonomik, S. 4; Sester, Projektfinanzierungs-vereinbarungen, S. 116. 56 Vgl. Williamson, JLEO 4 (1988), S. 68. 57 Vgl. Williamson, Ad. Sc. Quart. 36 (1991), S. 269 ff.; Klein, JLE 4 (1988), S. 203 ff.; Joskow, Asset specificity, S. 108 ff. 58 Vgl. Williamson, Market and Hierarchies, S. 26 ff. 59 Vgl. Klein, JLE 4 (1988), S. 199 ff.; ders., Hold-up Problem, S. 241 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 93 f. Dazu siehe auch Hadfield, The Many Legal Institutions, S. 178 ff. 60 Darüber siehe insbesondere Klein/Crawford/Alchian, JLE 21 (1978), S. 297 ff.; Klein, JLE 4 (1988), S. 199 ff.; Coase, Influence, S. 33 ff.; ders., JLE 43 (2000), S. 15 ff.

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Kap. 2: Die Modulproduktion

rung der spezifischen Investitionen lieferte. Diese Exklusivitätsklausel hatte die Möglichkeit, dass GM sich opportunistisch verhalten würde, indem es nach der Ausführung der spezifischen Investitionen von Fisher-Body niedrige Preise für den Kauf der Karosserie verlangte, bedeutend reduziert. Parallel dazu wurde im Vertrag auch eine Formel zur Anpassung der Kaufpreise vereinbart, was den Parteien angesichts einer möglichen Änderung oder eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage Sicherheit brachte. Eine weitere wichtige Maßnahme stellte eine Meistbegünstigungsklausel dar, nach der der von GM verlangte Kaufpreis nicht höher als der von anderen Automobilherstellern geforderte Preis für eine gleichartige Karosserie sein durfte. Sowohl Fisher-Body als auch General Motors profitierten von verschiedenen flexiblen Vertragspflichten, wie z. B. bezüglich der Lieferfristen oder Qualitätsmerkmale. Der Fisher-Body-General-Motors-Fall wurde erstmals von Klein, Crawford und Alchian verwandt, um einen angeblichen von Fisher-Body gegen GM verübten „Räuberfall“ („hold-up“61) darzulegen.62 Klein, Crawford und Alchian behaupteten, dass Fisher-Body seine Verkaufspreise erheblich angehoben habe, da die Nachfrage nach Automobilen im Laufe der Vertragsdauer unvorhersehbar gestiegen sei. Überdies solle Fisher-Body nicht akzeptiert haben, aus logistischen Gründen seine Produktion näher an das GM-Werk zu verlegen. Somit habe Fisher-Body einen „hold-up“ laut Klein, Crawford und Alchian gegen GM verübt und die Beziehung nachhaltig belastet. Deshalb habe GM im Jahr 1924 den Vertrag mit Fisher-Body als untragbar erklärt und entschieden, durch Übernahme von 51% der Anteile mit Fisher-Body zu verschmelzen. Eigentlich wollten Klein, Crawford und Alchian mit dem Fisher-Body-General-Motors-Fall nachweisen, dass die „hold-up“-Problematik manchmal besser durch Vertikalintegration als durch eine langfristig orientierte vertragliche Beziehung verhindert werden kann, und demzufolge kritisieren sie den Coase’schen Aufsatz von 1937 als „zu simpel“, was die Erläuterung der spezifischen Formen der ökonomischen Organisationen betrifft.63 In der Tat bezog sich die Entscheidung von GM 61

Unter „hold-up“ ist ein opportunistisches Ausnutzen von Vertragslücken zu verstehen, bei dem ein Vertragspartner sich nach dem Abschluss des Vertrags Vorteile verschafft. Siehe dazu Klein, Hold-up Problem, S. 241 ff. 62 Vgl. Klein/Crawford/Alchian, JLE 21 (1978), S. 297 ff.; Klein, JLE 4 (1988), S. 199 ff.; ders., Ec. Enq. 34 (1996), S. 444 ff.; ders., Hold-up Problem, S. 241 ff.; ders., JLE 43 (2000), S. 105 ff. 63 Vgl. Klein/Crawford/Alchian, JLE 21 (1978), S. 326. Tatsächlich beabsichtigte Coase in seinem Aufsatz „Das Wesen des Unternehmens“ nicht eine „magische“, universell für jede Art von ökonomischer Organisation anwendbare Formel zu entwickeln, sondern die Frage zu klären, worin das Wesen eines Unternehmens besteht, indem er, ökonomische Organisationen mit Kosten verknüpfte (vgl. Coase, Meaning, S. 26, 28). Seine Argumentation ist nicht tautologisch (wie Alchian/Demsetz,

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auf eine strategische Verlegung der Fabrik von Fischer-Body, aber nicht wegen eines angeblich erlittenen „Räuberfalles“.64 Hintergrund der Fusion war eine Entscheidung von GM zur Errichtung einer neuen Fabrik.65 Aus diesem Grund hatte GM gefordert, dass Fisher-Body sein Werk nach Flint (Michigan) verlegen möge, um die Logistik mit der geplanten neuen Fabrik zu vereinfachen bzw. Kosten zu senken. Fisher-Body hatte damals andere große Kunden außer GM. Deshalb war es nicht interessant für ihn, sein Werk von Detroit nach Flint zu verlegen, denn dies hätte seine Lieferkosten für andere Kunden gesteigert. Ferner hatte Fisher-Body andere Aktionäre – wie z. B. die Mendelssohns –, welche vielleicht kein Interesse am Schicksal von GM hatten. Nach einer langen Verhandlungsphase hatte GM schließlich 51% der Anteile von Fisher-Body erworben, und im Jahr 1926 wurde eine neue Karosseriefabrik in Flint in Betrieb gesetzt und das Werk in Detroit im Jahr 1927 geschlossen.66 Die falsche Behauptung von Klein, Crawford und Alchian hat einerseits dazu geführt, dass der Fisher-Body-General-Motors-Fall irrtümlicherweise in zahlreichen Aufsätzen und Büchern als mustergültiges Beispiel für den Begriff „hold-up“ übernommen wurde.67 Andererseits muss hervorgehoben werden, dass Klein, Crawford und Alchian trotz der falschen Anwendung des Fisher-Body-General-Motors-Beispiels mit ihren Werken einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Begriffs „hold-up“ geleistet haben. Das „hold-up“-Problem wäre natürlich gelöst, wenn es gelänge, die Anreizstruktur des Vertrags so einzurichten, dass sich der Vertrag von selbst durchsetzt („self-enforcing contracts“).68 Williamson hat die „self-enforcing contracts“ näher untersucht und den Begriff „Hybride Langzeitverträge“ entwickelt.69 Er stellte fest, dass, in dem Maße wie Langzeitverträge mit Am. Ec. Rev. 62, 1972, S. 783, und Williamson, Market and Hierarchies, S. 3, meinen), sondern war vielmehr der Startschuss für eine neue Ära juristisch-ökonomischer Zusammenarbeit, die bis heute andauert und in der Ökonomen und Juristen unter verschiedenen Blickwinkeln seine These präzisieren und weiterentwickeln. 64 Siehe dazu Coase, JLE 43 (2000), S. 15 ff. 65 Vgl. Coase, JLE 43 (2000), S. 29. 66 Über die Verhandlungsphase und die Fusionsvereinbarung zwischen GM und Fisher-Body siehe Coase, JLE 43 (2000), S. 21 ff. 67 Siehe z. B. die Bücher von Tirole, The Theory of Industrial Organization, S. 3; Williamson, The Economics Institutions of Capitalism, S. 114 f.; Ricketts, The Economics of Business Enterprise, S. 200. 68 Siehe dazu Klein, JLE 4 (1988), S. 199 ff.; Collins, Discretionary Powers in Contracts, S. 220 ff.; Schanze, JITE 144 (1988), S. 152 ff.; ders., Failure of LongTerm Contracts, S. 155 ff.; Ménard, Enforcement Procedures and Governance Structures, S. 234 ff. 69 Williamson, JLEO 4 (1988), S. 65 ff.; ders., Ad. Sc. Quart. 36 (1991), S. 269 ff.

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anpassungsfähigen Steuerungsstrukturen angereichert werden, sie sich vom klassischen schnell abgewickelten Austauschvertrag („sharp-in“ und „sharpout“)70 entfernen und der hierarchischen (integrierten) Unternehmung annähern. Somit können sie weder in die klassischen Strukturen des Marktes noch unter dem Stichwort „Hierarchie“ eingeordnet werden.71 Da die Vertragsparteien nicht alle künftigen Ereignisse wegen des beschränkten Informationsstandes („ex-ante-perspective“) vor Vertragsabschluss vorhersehen können („uncertainty“), erlauben Hybride Langzeitverträge eine Schließung der von den Parteien absichtlich gelassenen Vertragslücken im Laufe der Vertragsausführung durch sie selbst (im gemeinsamen Einvernehmen oder durch Delegation an eine Vertragsseite) oder durch Dritte (Schiedsgerichte oder Schlichter). Auf dieser Wiese schaffen Hybride Langzeitverträge besonders anpassungsfähige Mechanismen zur Neufestsetzung der Leistungsobliegenheiten und damit zur Wiederherstellung von Effizienz. (2) Anreize und Kontinuität Hybride Organisationen existieren, weil Märkte als ein untaugliches Mittel zur Bündelung von relevanten Ressourcen und Kompetenzen angesehen werden, während hierarchische Organisationen, aufgrund der Schaffung von irreversiblen und schwachen Anreizen, die Flexibilität reduzieren.72 Der ausschlaggebende Grund für die Wahl der hybriden Form der Integrationsgestaltung liegt allerdings darin, dass sie in einer Welt knapper Ressourcen die Vergemeinschaftung von Kompetenzen und Kapital sowie deren zwischengesellschaftliche Koordination und Anwendung ermöglicht. Jedoch ist die gemeinsame Benutzung von Ressourcen mit Ermessensentscheidungen verbunden, was zu Kontroversen oder gar zur Destabilisierung der Verbindung führen kann.73 Wichtig für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts der hybriden Organisationen sind eine optimale Vertragsgestaltung sowie die Vereinbarung unterschiedlicher Mechanismen und Maßnahmen. Dies soll am Beispiel der Modulproduktion im Folgenden erörtert werden.74 70

Vgl. Macneil, Sl. Man. Rev. 74 (1974), S. 738. Williamson, JLEO 4 (1988), S. 73. 72 Vgl. Ménard, JITE 160 (2004), S. 351. Siehe Teece/Pisano, ICC 3 (1994), S. 537 ff. 73 Über diese Problematik im Zusammenhang mit der Property-Rigths-Theorie siehe Kapitel 2 III. 2. 74 Die Analyse basiert auf Ménard, JITE 160 (2004), S. 154 ff.; Williamson, The Economics Institutions of Capitalism; ders., JLEO 4 (1988), S. 65 ff.; ders., Ad. Sc. Quart. 36 (1991), S. 269 ff. Über Gleichgewicht in Partnerschaften siehe Farrel/ Scotchmer, Quart. J. Ec. 102 (1988), S. 284 ff. 71

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Da die Modulproduktion eine Verbindung verschiedener Gesellschaften darstellt und eine Bündelung von Ressourcen und Kompetenzen impliziert, ist das Risiko opportunistischen Verhaltens erhöht. Deshalb ist die Suche nach den passenden Parteien so wichtig.75 Hybride Organisationen sind selektiver als der Markt. Außer einem gewissen Standing im Markt müssen die interessierten Gesellschaften eine bestimmte finanzielle Leistungsfähigkeit und Kompetenzen in einer Reihe von Bereichen vorweisen. Nach der Auswahl der Partner wird die Komplexität der Beziehung bezüglich der Gliederung, Verteilung und Koordinierung der Aufgaben, aufgrund erwarteter möglicher Problemkonstellationen, mittels eines Rahmenvertrags und eines Netzes von zusätzlichen Verträgen geregelt, um die notwendigen Steuerungs- und Überwachungsmechanismen zu schaffen („discrete alignment principle“).76 Unverzichtbar ist dabei die Entwicklung eines effektiven Systems der Verbreitung von Informationen. In der Modulproduktion wird das Fachwissen nicht nur an den Abteilungsleiter des jeweiligen Modulanten übertragen, sondern auch an die Fabrikarbeiter. Dadurch lassen sich ihre Effektivität sowie ihre Fehlerlösungskompetenz verbessern.77 Zu betonen ist, dass die Bündelung von Ressourcen und Kompetenzen in der Modulproduktion wie in jeder hybriden Organisation nur mittels der Kontinuität der Beziehungen („continuity“) erreicht werden kann, was einen hohen Grad an Kooperation hinsichtlich der Aufgaben- und Gewinnverteilung erfordert. Dies setzt die Bereitschaft der Parteien voraus, einen Teil ihrer Autonomie abzugeben, über die sie in einer einfachen Marktbeziehung verfügen würden, allerdings ohne die der hierarchischen Struktur immanenten erweiterten Steuerungsmöglichkeiten.78 Infolge der Selbstständigkeit der Parteien besteht die Gefahr, dass sie sich an beliebigen anderen hybriden Organisationen beteiligen. In diesem Fall könnten sie die Partnerschaft durch opportunistisches Verhalten beeinträchtigen, beispielsweise durch die Weitergabe von Unternehmensgeheimnissen oder sonstiger relevanter Informationen, der Partnerschaft Konkurrenz machen oder das Konsortium verlassen. Deswegen ist das Vorhandensein einer Konkurrenzverbotsklausel von so grundlegender Bedeutung; im Fall eines derartigen opportunistischen Verhaltens besteht für den anderen Partner die Möglichkeit, mittels Kündigung aus dem Vertrag auszuscheiden.79 Zudem tragen die hohen Investitionen („asset specifity“), die die Parteien aufgrund der langfristigen Orientierung des 75

Vgl. Gulati, Str. Man. J. 19 (1998), S. 299. Vgl. Gulati/Singh, Ad. Sc. Quart. 43 (1998), S. 782 f. Joskow, Am. Ec. Rev. 77 (1987), S. 169. 77 Siehe Kapitel 1 II. 3. e) (12). 78 Siehe Gulati, Str. Man. J. 19 (1998), S. 302 ff.; Ghosh/John, JM 63 (1999), S. 131 ff. 79 Siehe Kapitel 1 II. 3. e) (22). 76

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Konsortiums zu tätigen gezwungen sind, zur Entwicklung einer gegenseitigen Abhängigkeit („mutual dependence“) bei, welche die Wahrscheinlichkeit opportunistischen Verhaltens wesentlich verringert. (3) Schaffung von Abhängigkeiten mittels Investitionen Wie bereits dargestellt, bildet die sog. „asset specifity“ einen wichtigen Bestandteil der Theorie der Hybriden Langzeitverträge. Nach Williamson ist eine Investition dann spezifisch, wenn sie nicht ohne einen Verlust von produktivem Wert in einen anderen Zusammenhang umsetzbar ist und folglich zu bilateraler Abhängigkeit führt.80 Dementsprechend werden solche Investitionen nur dann von den Parteien vorgenommen, wenn sie voraussichtlich eine Reduktion der Produktionskosten oder zusätzliche Einkommen nach sich ziehen.81 (a) Reversible und irreversible Investitionen Bevor die Bedeutung von „asset specifity“ bei hybriden Organisationen im Einzelnen behandelt wird, ist es zweckmäßig, folgende Fragen in Bezug auf Investitionen zu beantworten: Unter welchen Bedingungen sind Akteure bereit zu investieren? Sind alle Investitionen grundsätzlich reversibel und, sofern dies der Fall ist, bis zu welchem Grad sind sie es praktisch? Tatsächlich ist eine vorausschauende Einschätzung der zu erwartenden Gewinne, zwecks Kompensation der zu tätigenden Investition, in manchen konkreten Fällen schwierig.82 Ferner, sobald eine scheinbar reversible Investition getätigt wird, können ggf. veränderte ökonomischen Umstände den Akteur der Möglichkeit berauben, diese rückgängig zu machen, d.h. zu Irreversibilität oder eingeschränkter Reversibilität der Investition führen.83 Reversible Investitionen ermöglichen es den Akteuren, jederzeit eine Einheit von Investitionsgütern zu kaufen und anzuwenden, deren Grenzprodukt für eine bestimmte Zeitspanne herauszuziehen und anschließend den nicht entwerteten Teil zu verkaufen.84 Diesbezüglich soll hier auf einen in der 80

Siehe Williamson, The Mechanisms of Governance, S. 377. Dies bezieht sich auf den Begriff „sunk cost“. Vgl. Williamson, JLE 4 (1988), S. 70. 82 Siehe insb. Øksendal, Fin. and. St. 4 (2000), S. 223 ff. 83 Trotz ihrer Auswirkungen auf unternehmerische Investitionsentscheidungen, Kapazitätsauswahl und Unternehmenswert wurde die Irreversibilität von Investitionen bis zur Arbeit von Kenneth Arrow, Optimal Capital Policy with Irreversible Investment, vernachlässigt. 84 Vgl. Arrow, Optimal Capital Policy with Irreversible Investment, S. 3. 81

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Realität leicht zu beobachtenden Punkt hingewiesen werden, nämlich dass der Verkaufspreis von Investitionsgütern unter normalen Umständen unter ihrem ursprünglichen Einkaufspreis liegt, da z. B. Einrichtungskosten, die Teil des Einkaufspreises sind, so wie auch andere zusätzliche aus Abbau und Versand von Maschinerie resultierende Kosten, beim Verkauf im Regelfall nicht wiedererlangt werden können. Damit werden sie teilweise irreversibel. Die Gefahr einer Irreversibilität oder ungenügender Reversibilität der Investition beeinflusst die Entscheidungsfindung bezüglich einer optimalen Unternehmenspolitik. Daher werden minuziöse Analysen zur Investitionshöhe, den Marktbedingungen und den voraussichtlichen Gewinnen der zu tätigenden Investition durchgeführt.85 Sollte sich eine gewisse Unsicherheit („uncertainty“) aus dieser Prüfung ergeben,86 werden die Akteure neue Informationen abwarten, bevor sie das Risiko einer Realisierung der Investition eingehen. (b) Einsatz transaktionsspezifischer Vermögenswerte Dem oben skizzierten Szenario lässt sich entnehmen, dass sich die Begriffe „transaktionsspezifische Vermögenswerte“ („asset specifity“) und „irreversible Investitionen“ in gewissen Punkten berühren. Die Parteien haben die Erwartung, ihre langfristig orientierte Investition mit einer gewissen Gewinnmarge auf Dauer wiederzuerlangen, was für die Investitionsentscheidung ein ausreichendes Maß an Sicherheit voraussetzt. Transaktionsspezifische Vermögenswerte sind auf die Schaffung von Kontinuität und Gleichgewicht in hybriden Organisationen gerichtet und können nicht ohne prohibitive Kosten verlagert werden. Laut Williamson ist „asset specifity“ ein Oberbegriff, unter dem sechs verschiedene Begriffe zusammengefasst werden können:87 „i) site specifity, as where successive stations are located in a cheek-by-jowl relation to each other so as to economize on inventory and transportation expenses; ii) physical asset specifity, such as specialized dies that are required to produce a component; iii) human-asset specifity that arises in learning by doing; iv) brand name capital; 85

Siehe Pindyck, Am. Ec. Rev. 78 (1988), S. 969 ff.; Majd/Pindyck, JFE 18 (1987), S. 7 ff.; Arrow, Optimal Capital Policy with Irreversible Investment, S. 3 ff. 86 „Uncertainty is worse than knowing the truth, no matter how bad“, The Magazine of Wall Street 30 (1929), S. 177. Vgl. Romer, Quart. J. Ec. 105 (1990), S. 597. Über Unsicherheit siehe insb. Borch, The Economics of Uncertainty. 87 Vgl. Williamson, Ad. Sc. Quart. 36 (1991), S. 281 f.

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v) dedicated assets, which are discrete investments in general purpose plant that are made at the behest of a particular costumer; vi) temporal specifity, which is akin to technological nonseparability and can be thought of as a type of site specifity in which timely responsiveness by on-site human assets is vital.“

Im Zuge der Beiträge von Williamson88 haben bereits mehr als hundert empirische Untersuchungen die Rolle von „asset specifity“ bei der Entscheidung untersucht, ob Transaktionen über den Markt, unternehmensintern oder über hybride Organisationen abgewickelt werden sollen.89 Sie belegen, dass „asset specifity“ ein Schlüsselfaktor für den wechselseitigen Austausch von Leistungen zwischen Gesellschaften ist. Der Grund für die Entscheidung, Transaktionen in einer hybriden Form durchzuführen, schuldet sich dem Umstand, dass die Parteien einerseits dazu verpflichtet sind, spezifische Investition zu tätigen, was signifikante und dauerhafte gegenseitige Abhängigkeiten schafft, andererseits aber Property-Rights90 und Entscheidungsfindung („decision making“) getrennt bleiben.91 Dabei können zwei Strategien verfolgt werden. Entweder kommen einander ergänzende Vermögenswerte der Parteien zum Einsatz, oder sie entscheiden sich für einen gemeinsamen Ressourcen-Pool und tätigen gemeinsam Investitionen für einen Teil ihrer Aktivitäten.92 Beide Strategien wurden von Ökonomen näher untersucht. Die Ergebnisse der Studien über die erste Strategie zeigen, dass im Falle von ergänzenden Investitionen in diesen Organisationen eine dauerhafte vertragliche Beziehung unverzichtbar ist.93 Die zweite Strategie bezieht sich auf Vereinbarungen, die gemeinsame Investitionen erfordern und typisch für die Entwicklung und Übertragung von Produkten zwischen Organisationen mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit sind.94 Probleme können bei beiden Strategien entstehen, wenn unzureichend reversible Investitionen gegenseitige Abhängigkeiten erzeugen, d.h. wenn die Parteien sich an ihre durch die getätigten dauerhaften 88

Siehe dazu Williamson, Market and Hierarchies; ders., The Economics Institutions of Capitalism; ders., JLEO 4 (1988), S. 65 ff.; ders., Ad. Sc. Quart. 36 (1991), S. 269 ff. 89 Für einen Überblick siehe Shelanski/Klein, JLEO 11 (1995), S. 335 ff.; Boerner/Macher, Transaction Cost Economics, S. 1 ff. 90 Siehe Kapitel 2 III. 2. 91 Ménard, JITE 160 (2004), S. 355. 92 Schanze, Franchising and the Law, S. 92 f. 93 Siehe z. B. Palay, JLEO 1 (1985), S. 155 ff.; Joskow, JLEO 4 (1988), S. 95 ff.; Ménard, JITE 152 (1996), S. 154 ff. 94 Zu einer Studie dieser Beziehungen in Bezug auf die Aluminium- und Dosenindustrie siehe insbesondere Hennart, J. Ec. Beh. & Org. 9 (1988), S. 281 ff.; zum Technologietransfer siehe Teece, J. Ec. Beh. & Org. 18 (1992), S. 1 ff.; Gulati, Str. Man. J. 19 (1998), S. 293 ff.; Oxley, J. Ec. Beh. & Org. 38 (1999), S. 283 ff.

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Investitionen entstandene gegenseitige Abhängigkeit gewöhnt haben.95 Ein Ressourcen-Pool erhöht das Risiko opportunistischen Verhaltens, deshalb ist es ausgesprochen wichtig, Mechanismen für die Koordinierung und Überwachung der Organisation zu entwickeln. Als Fazit lässt sich Folgendes festhalten: Hybride Organisationen ermöglichen die Schaffung von Mechanismen zur Absicherung der Investitionen, was die Stabilität der Vereinbarung gewährleistet. Dazu müssen die Parteien „ex ante“ sorgfältig ausgewählt und „ex post“ („governance mechanism“96) koordiniert und überwacht werden. Die Parteien sind nur dann bereit, derartige gegenseitige Abhängigkeiten zu akzeptieren, wenn daraus Gewinne resultieren. (c) Ein Blick auf die Praxis der Modulproduktion Kern der Modulproduktion ist ein vom Automobilhersteller entwickeltes innovatives Fertigungssystem. Es besteht im Einsatz transaktionsspezifischer Vermögenswerte sowohl seitens des Automobilherstellers als auch der Modulanten. Die Erwartung einer progressiven Amortisation der Investitionen und beiderseitiger Gewinne stellt für die Parteien den nötigen Anreiz zur Tätigung der Investitionen dar. Selbstverständlich können sie sich nicht sicher sein, ob dieses innovative Fertigungssystem sich in der Praxis tatsächlich bewährt, und diese Unsicherheit kann die Investitionsentscheidung der Parteien beeinflussen. Deshalb ist es für die Parteien von fundamentaler Bedeutung, dass ihnen die Option einer Kündigung mit Investitionsrückerstattung, nach Ablauf einer gewissen Zeit seit Inkrafttreten des Rahmenvertrags, garantiert wird für den Fall, dass ihre Obliegenheiten sich als ökonomisch undurchführbar herausstellen.97 Die Zeit hat die grundsätzliche Funktionstüchtigkeit des Fertigungssystems erwiesen; das System existiert in Brasilien seit mehr als 10 Jahren und dient heutzutage weltweit zahlreichen Produktionssystemen als Modell. In der Modulproduktion ist eine progressive Amortisation der geleisteten Investitionen, gemäß der jeweiligen Zulieferungsbeziehung, im Rahmenvertrag vorgesehen. Sollten neue Investitionen zur technologischen Aktualisierung der Module nötig werden, verpflichtet sich der Automobilhersteller, das alte Vermögen für seinen Restwert zu erwerben, wenn es nicht von den Modulanten außerhalb des Modul-Werks weiterverwendet werden kann.98 Da eine technologische Aktualisierung überdies zu einer Kostenreduzierung 95 96 97 98

Vgl. Ménard, JITE 160 (2004), S. 355. Dieser Terminus stammt von Williamson JLEO 4 (1988), S. 65 ff. Siehe Kapitel 1 II. 3. e) (19). Siehe Kapitel 1 II. 3. e) (6).

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führen kann, vereinbaren die Parteien die in diesem Fall entstehenden Gewinne untereinander aufzuteilen. Ferner, sollte der Vertrag aus irgendeinem Grund gekündigt werden, obliegt es dem Automobilhersteller, von dem betreffenden Partner die investierten Vermögenswerte zu ihrem Restwert zu erwerben oder einen Dritten für die Vertrags- bzw. Modul-Übernahme zu benennen.99 Ein Beispiel für die anreizkompatible Vertragsgestaltung im Zusammenhang mit transaktionsspezifischen Vermögenswerten ist die Kündigung aus wichtigem Grund, denn im Rahmenvertrag ist vorgesehen, dass in diesem Fall die ausgeschiedene Partei einen Abzug in Höhe von 10% des gesamten Entschädigungswerts ihrer Investitionen erleidet.100 Wie bereits erwähnt, zielt diese Maßnahme insbesondere auf die Verhinderung opportunistischen Verhaltens. 2. Property-Rights-Theorie Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhundert orientierten sich Diskussionen über das Eigentum sehr am „gesunden Menschenverstand“ und es erfolgte keine systematische Analyse der Property-Rights (in der Übersetzung von Assmann, Kirchner und Schanze: „Eigentumsrechte“).101 Dies geschah erst durch die Arbeiten von Coase (1959, 1960)102, Alchiam (1958, 1965)103, Alchian und Kessel (1962)104, Demsetz (1964, 1966, 1967)105. Ihr Ansatz ist im Rahmen der Diskussion über das Externalitätenproblem entstanden,106 das von Coase in seiner Abhandlung „Das Problem der sozialen Kosten“ diskutiert wurde. Diese Abhandlung stellt eines der Fundamente der Theorie der Eigentumsrechte dar.107 Das Konzept der Eigentumsrechte ist umfassender als der juristische Begriff des Eigentums (wie z. B. im Art. 1.228 des brasilianischen Zivilgesetzbuches oder § 903 BGB).108 Der Begriff Eigentumsrechte bezieht sich nicht nur auf Sachen, sondern auf 99

Siehe Kapitel 1 II. 3. e) 19) (a). Siehe Kapitel 1 II. 3. e) 19) (b). 101 Vgl. Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse des Rechts, S. X ff. 102 Siehe hierzu Coase, JLE 2 (1959), S. 1 ff.; ders., The Problem of Social Cost. 103 Siehe hierzu Alchiam, Private Property and the Relative Cost of Tenure, S. 177. 104 Siehe hierzu Alchian/Kessel, Pursuit of Pecuniary Gain, S. 157 ff. 105 Siehe hierzu Demsetz, JLE 7 (1964), S. 11 ff.; ders., JLE 9 (1966), S. 61 ff.; ders., Am. Ec. Rev. 9 (1966), S. 61 ff. 106 Für einen Überblick über die Literatur der externen Effekte siehe Hutter, Die Gestaltung von Property Rights, S. 15 ff. Eine ausführliche Darstellung der Problematik enthält Dahlman, JLE 22 (1979), S. 141. Über die Externalitäten im brasilianischen Zivilgesetzbuch siehe Sztajn, RDM 133 (2004), S. 7 ff. 107 Vgl. Schanze, ZgS 138 (1982), S. 302. 108 Vgl. Hutter, Die Gestaltung von Property Rights, S. 11. 100

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jede denkbare, einen Wert repräsentierende materielle oder immaterielle Einheit.109 Ausschlaggebend für das Verständnis des Property-Rights-Ansatzes in Bezug auf Privatsysteme ist die Vorstellung, dass Personen die Kontrolle über knappe Ressourcen (inkl. Ideen) ausüben und dass dieses Recht der Kontrolle verkäuflich oder übertragbar ist.110 Die Eigentumsrechttheorie ist eine Theorie der Anreize. Nach ihr verhalten sich Menschen rational; jeder Handel impliziert eine Nutzung von Ressourcen und hängt von Aufwand und Ertrag verschiedener Handlungspositionen ab. Bevor in einem privaten eigentumsrechtlichen System überhaupt über fremdes Eigentum bestimmt bzw. bevor es verwendet werden darf, bedarf es des Einverständnisses des betreffenden „Eigentümers“.111 Daraus, dass für die Nutzung einer Ressource das Einverständnis ihres Eigentümers notwendig ist, erwachsen in einem kooperativen eigentumsrechtlichen System wesentliche Herausforderungen für das Ziel dauerhafter Effizienz. Denn: i) Es werden zahlreiche Ressourcen angewandt. ii) Oft sind sie nicht individuell zurechenbar.112 Daneben bereitet ein zusätzlicher Faktor ein organisatorisches Problem: iii) Nicht alle ausgeübten Eigentumsrechte gehören einer Partei, zudem werden sie vorübergehend – oder sogar endgültig – umgruppiert und/oder neu zugewiesen. In einem kooperativen eigentumsrechtlichen System wie der Modulproduktion können die oben genannten Herausforderungen nur mittels Koordination, Delegation und Anreizen angenommen werden. Die Richtlinien der Koordinierung werden zum einen durch eine Reihe von Verträgen113 umrissen und zum anderen von den Parteien gemeinsam oder per Delegation überwacht und durchgesetzt. Grundlegend für den Effizienzerhalt in Kooperationen sind die reibungslose Übertragbarkeit von Eigentumsrechten sowie deren optimale Anwendbarkeit im Rahmen der gemeinschaftlichen Zwecke. Sollten die beteiligten Partner von den mit den bereits übertragenen Eigentumsrechten verbundenen Zielen abweichen, werden sie Konflikte in der Partnerschaft provozieren und einen Effizienzverlust verursachen. 109 Es ist üblich, drei Ausprägungen von Property-Rights zu unterscheiden: i) Nutzungsrecht; ii) das Recht auf den Ertrag aus der Nutzung einer Ressource und das Recht, Verträge mit anderen über die Nutzung abzuschließen; iii) das Recht, auf Dauer die bereits genannten Rechte auf andere zu übertragen. Siehe Schmidtchen, Property-Rights, S. 4. 110 Vgl. Demsetz, JLE 9 (1966), S. 62. Zu einer Studie über „property rules and liability rules“ siehe Polinsky, Ec. Enq. 18 (1980), S. 233 ff. 111 Vgl. Demsetz, JLE 9 (1966), S. 62. 112 Im Sinne von Alchian/Demsetz, Am. Ec. Rev. 62 (1972), S. 78. Siehe auch Porter/Scully, JLE 30 (1987), S. 494 ff. 113 Cheung entwickelt eine interessante These in dieser Richtung. Siehe Cheung, JLE 7 (1969), S. 23 ff.; ders., JLE 13 (1970), S. 49 ff.

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Diese Gefahr kann durch die Schaffung von wechselseitigen Abhängigkeiten erheblich eingeschränkt werden, denn je mehr gemeinsame Eigentumsrechte (dies bezieht sich auch auf „asset specifity“) und wirtschaftliche Vorteile in einer Kooperation konzentriert sind, desto größer ist die Interdependenz der Partner, und desto stärker werden sie sich für das Erreichen gemeinsamer Ziele und die bestmögliche Anwendung gemeinschaftlicher Eigentumsrechte engagieren. In diesem Zusammenhang bildet die asymmetrische Verteilung der Steuerungsmacht ein wichtiges Merkmal der Modulproduktion. Die Modulanten begeben sich im Rahmen der Kooperation freiwillig in eine untergeordnete Position, ohne dabei jedoch ihren Charakter als selbstständige Gesellschaften zu verlieren. Selbstverständlich sind sie nur zu diesem Schritt bereit, weil die wirtschaftlichen Vorteile der Kooperation erheblich größer als ihre Nachteile sind. Die untergeordnete Position ermöglicht die Optimierung von Koordination und Selbstüberwachung. Darin liegt ein weiterer Vorteil der Modulproduktion. In diesem Produktionssystem werden zwar Eigentumsrechte übertragen, aber viele Produktionsfaktoren werden von den Arbeitsgruppen getrennt genutzt, was das Konfliktpotenzial reduziert. Die physischen Module gehören dem Automobilhersteller und werden an die Modulanten mittels eines Leihvertrags übergeben, der die Benutzungsrichtlinien umfasst. Diese Module müssen von den Modulanten ausgestattet werden, und die Arbeitsgruppe jedes Modulanten wird nur ihre betreffenden Arbeitsmittel verwenden. Die Arbeitsgruppen montieren im Fahrzeug die von ihrem Modul bezogenen Komponenten, danach wird das Fahrzeug über das Laufband zur nächsten Gruppe weitergeleitet. Bisweilen werden einige Arbeitsgruppen an dem Laufband zusammenarbeiten müssen, allerdings um unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen. Diese Arbeit in Zellen vereinfacht die Kontrolle möglicher Abweichungen von der vorgesehenen Anwendung der Eigentumsrechte sowie einer etwaigen Leistungsschwäche seitens einiger Arbeitnehmer („shirking“114) durch den OEM. Dabei wird er von den Modulanten unterstützt, was insofern von Vorteil ist, als diese sich in ihrer Tätigkeit auskennen und folglich wissen, wo die Neigung zu Arbeitsabweichungen am größten ist.115

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Alchian/Demsetz, Am. Ec. Rev. 62 (1972), S. 73 ff. Vgl. Alchian/Demsetz, Am. Ec. Rev. 62 (1972), S. 99; Hart, Financial Structure, S. 56 ff.; Barzel, Property Rights, S. 55. 115

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3. Agenturtheorie a) Einführung Die Literatur zur Agenturtheorie („agency theory“) ist unabhängig von derjenigen zu den Theorien der Transaktionskosten und der Eigentumsrechte entstanden, obgleich die von diesen drei Theorien behandelten Probleme sehr ähnlich sind.116 Eine Agenturbeziehung liegt vor, wenn zwischen zwei oder mehreren Personen bzw. Parteien eine Verbindung besteht, in der eine Person (Prinzipal) eine andere (Agent) zur Erfüllung eines Auftrags ermächtigt.117 Dazu müssen wichtige Entscheidungen delegiert oder Ermessensspielräume eröffnet werden, woraus Steuerungsproblemen erwachsen können. Sollten beide Parteien (Prinzipal und Agent) am Gewinn orientiert sein, besteht Grund zu der Annahme, dass der Agent nicht immer im besten Interesse des Prinzipals agieren wird.118 Zwecks Beschränkung möglicher Abweichungen vom Auftrag muss der Prinzipal ein entsprechendes Anreiz-119 und Überwachungssystem für seinen Agenten einrichten,120 was denn auch den Schwerpunkt der Literatur zur Agenturtheorie bildet.121 Diesbezüglich berühren sich sowohl Agenturtheorie und Transaktionskostentheorie, weil die Überwachung („monitoring“122) der Leistung und des Handelns des Agenten mit Kosten verbunden ist,123 als auch Agenturtheorie und Theorie 116 Jensen/Meckling, JFE 3 (1976), schildern die Unterschiede zwischen Agenturund Eigentumsrechtetheorie. Zur Abgrenzung zwischen der Agenturtheorie und der Transaktionskostenökonomik siehe Williamson, J. Fin. 43 (1988), S. 567 ff. 117 Schanze, Agency Theory, S. 461 ff.; ders., JITE 146 (1990), S. 687; ders., Agenturtheorie, S. 60; Jensen/Meckling, JFE 3 (1976), S. 308. 118 Jensen/Meckling, JFE 3 (1976), S. 308. 119 Siehe dazu Ma, Rev. Ec. St. 55 (1988), S. 555 ff.; Holmström/Milgrom, JITE 146 (1990), S. 85 ff.; Sappington, J. Ec. Persp. 5 (1991), S. 45 ff. 120 Sappington, J. Ec. Persp. 5 (1991), S. 45 ff.; Jensen/Meckling, JFE 3 (1976), S. 308. 121 Aktuelle ökonomische Arbeiten zeigen, dass hybride Organisationen hinsichtlich der Agenturbeziehungen sich sowohl schädlich (im Sinne einer Kollusion) als auch vorteilhaft (im Sinne einer Kooperation) entwickeln können. Siehe z. B. Hughes/Fischer, JITE 153 (1997), S. 334 ff.; Itoh, J. Ec. Th. 60 (1993), S. 410 ff.; Ramakrishnan/Thakor, JLEO 7 (1991), S. 248 ff.; Holmström/Milgrom, JITE 146 (1990), S. 85 ff.; Mailatah/Postlewaite, Rev. Ec. St. (1990), S. 351 ff.; Varian, JITE 146 (1990), S. 153. Der Fall der Kollusion wurde zuerst von Jean Tirole genauer untersucht. Vgl. Tirole, JLEO 2 (1986), S. 18 ff. Siehe auch Laffont, JLEO 6 (1990), S. 301 ff. 122 In einer frühen Stellungnahme zur Agenturtheorie bemerkt Arrow, Am. Ec. Rev. 58 (1968), S. 538, dass Agenten vom Prinzipal ausgewählt würden, weil sie über spezielle Fähigkeiten und Kenntnisse verfügten. Deshalb sei die Vorstellung, der Prinzipal könne die Leistung eines Agenten umfassend prüfen, realitätsfern.

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Kap. 2: Die Modulproduktion

der Eigentumsrechte, denn die vom Agenten getroffenen Entscheidungen über die Anwendung von Ressourcen zwecks Maximierung der Wohlfahrt des Prinzipals werden nicht immer im perfekten Einklang mit des Letzteren Sicht der Dinge sein. Folglich lassen sich Transaktionskosten-, Verfügungsrechte- und Agenturtheorie als einander ergänzend ansehen. Jensen unterscheidet zwischen positiver und normativer Agenturtheorie.124 Die positive Agenturtheorie beschäftigt sich mit der Frage, wie sich Agenten innerhalb eines feststehenden institutionellen Rahmens gegenüber ihren Prinzipalen verhalten, während sich die Untersuchungen der anderen Richtung der Agenturtheorie, der sog. normativen Theorie, sich auf die effiziente Gestaltung der Risikoverteilung sowie die optimale Gestaltung und Regulierung des institutionellen Rahmens konzentrieren.125 Zentrale Themen sind Informationskosten, Screening, Monitoring, Signalling, Reputationseffekte und Sanktionierung von opportunistischem Verhalten.126 Ausschlaggebend für die Modulproduktion ist die sog. normative Agenturtheorie. Im Rahmen der Arbeitsteilung der Modulproduktion delegiert der Prinzipal (Automobilhersteller) an seine Agenten (Modulanten) bestimmte Aufgaben, zu deren Ausführung sie an ein und demselben Standort eingesetzt werden. Dies erhöht insofern die Effizienz, als die Agenten aufeinander Einfluss nehmen und einander überwachen („mutual monitoring“), um unerwünschte Ereignisse zu vermeiden bzw. gemeinsame Ziele zu fördern.127 Prinzipal und Agenten unterstützen einander bei der Durchführung ihrer Aufgaben und beim Weiterleiten von Informationen. Auf diese Weise schafft der Prinzipal eine effektive und kostengünstige Überwachungsmethode, denn alle in der Modulproduktion beteiligten Parteien haben die Verpflichtung zu bzw. das Interesse an deren bestmöglichem Erfolg. Im Folgenden wird das Verhältnis zwischen Agenturtheorie und der Stellvertretung im Rechtssinne beleuchtet. 123 Vgl. Jensen/Meckling, JFE 3 (1976), S. 308; Fama/Jensen, JLE 26, S. 327; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 215. 124 Vgl. Jensen, Acc. Rev. 53 (1983), S. 334. 125 Vgl. Williamson, J. Fin. 43 (1988), S. 568. 126 Für einen guten Überblick siehe Richter/Furubton, Neue Institutionenökonomik, S. 201 ff. 127 Ökonomische Studien zeigen, dass Multiagentenbeziehungen bzw. gekreuzte Prinzipal-Agenten-Beziehungen in zunehmendem Maße bei der modernen Produktionsgestaltung Anwendung finden. Diese Strategie ist der Tatsache geschuldet, dass zusammenarbeitende Agenten einander wirksamer überwachen können. Siehe z. B. Lawarrée/Shin, JITE 161 (2005), S. 621 ff.; Fischer/Hughes, JITE 153 (1992), S. 334; Holmström/Milgrom, JITE 146 (1990), S. 85 ff.; Varian JITE 146 (1990), S. 153 ff.; Ma/Moore/Turnbull, J. Ec. Th. 46 (1988), S. 355 ff.; Demski/Sappington, J. Ec. Th. 33 (1984), S. 152 ff.

III. Neue Institutionenökonomik

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b) Das Innen- und Außenverhältnis: Agenturtheorie versus Stellvertretung im Rechtssinne Aufgrund arbeitsteiliger Spezialisierung ist es oft unumgänglich, dass jemand eine Person einschaltet, um seine Handlungsmöglichkeiten quasi durch einen verlängerten Arm zu erweitern (Delegation).128 Die sich aus diesem Sachverhalt ergebenden Fragestellungen werden sowohl in der Agenturtheorie als auch im Stellvertretungsrecht (i. w. S.) thematisiert,129 wenn auch unter unterschiedlichen Blickwinkeln. Wie soeben dargestellt, konzentrieren sich die Ökonomen bei der Agenturtheorie auf das Innenverhältnis zwischen Prinzipal und Agent. Verallgemeinert handelt es sich bei dieser Theorie um ein realistisches Modell der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, in dem Externalitäten, Unsicherheiten, eingeschränkte Beobachtbarkeit, mangelhafte Messbarkeit und/oder asymmetrische Information vorherrschen. Ihr Interesse gilt insbesondere Fragen bezüglich der Auswahl geeigneter Agenten, des Loyalitätsproblems, der anreizkompatiblen Vertragsgestaltung und der Überwachungstechniken.130 Dagegen liegt der Schwerpunkt der rechtlichen Stellvertretungstheorie auf dem Außenverhältnis, nämlich der Beziehung zwischen arbeitsteilig handelnden Akteuren und Dritten.131 Die Stellvertretung ergibt sich aus einer vertraglichen Verabredung oder per Gesetz und dient sowohl der Abwicklung wirtschaftlicher Transaktionen als auch der Organisation familienrechtlicher Verhältnisse.132 Nach einer ersten Betrachtung der Ansätze ist bereits zu erkennen, dass Agenturbeziehungen seitens der Ökonomen nicht als eine selbstständige Kategorie, sondern lediglich als ein Unterfall des Vertrags betrachtet werden, während der Jurist scharf zwischen dem Handlungsmodell des Vertrags auf der einen Seite und der Stellvertretung auf der anderen unterscheidet. Dies wirft die Frage auf, ob es sich bei Stellvertretung (Agenturbeziehungen) und Vertrag um zwei voneinander getrennte Kategorien handelt. Aus ökonomischer Perspektive stellt sich die Frage nicht, denn laut Williamson liegen Verträge (marktförmige Transaktionen), hybride Organisationen und Hierarchien auf einer gleitenden Skala. Juristisch kann diese ökonomische 128

Vgl. Schanze, Stellvertretung und ökonomische Agenturtheorie, S. 60. Das gesamte Spektrum der betroffenen Rechtsinstitute wird aufgezeigt in Schanze, Stellvertretung und ökonomische Agenturtheorie, S. 62 ff. 130 Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 133. 131 Der Sieg der deutschen Repräsentationstheorie über die Geschäftsherrentheorie ist mit dem Namen Friedrich Carl von Savigny verbunden. Dazu siehe Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Band III, S. 90 ff. 132 Vgl. Schanze, Agency Theory, S. 461, 463; ders., Stellvertretung und ökonomische Agenturtheorie, S. 71. 129

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Kap. 2: Die Modulproduktion

Antwort nach einer sorgfältigen Überprüfung der Privatrechtsordnung nicht befriedigen.133 Tatsächlich spielt diese Frage eine zentrale Rolle für die Systembildung und wird im Folgenden beantwortet. Delegation und Ermessen gehören zum Rechtsbegriff der Stellvertretung (wie auch der Agenturtheorie) und lösen voneinander abhängige Steuerungs- und Zurechnungsprobleme aus.134 In der Rechtstheorie der Stellvertretung – wie in der Agenturtheorie – bedient sich der Prinzipal im Rahmen arbeitsteiliger Spezialisierung eines oder mehrerer Agenten zur Durchführung bestimmter Aufgaben. Da die Agenten über Expertenwissen verfügen, das dem Prinzipal unbekannt ist, gründet sich das Verhältnis vielmehr auf den maximalen Einsatz ihrer Fähigkeiten als auf einen im Voraus bestimmten Ertrag. Die Agenten müssen im Interesse des Prinzipals agieren und dessen Präferenzfunktion möglichst präzise ausführen. Je mehr die Agenten sich vom Willen des Prinzipals (bewusst oder grob fahrlässig) entfernen, desto mehr verschärft sich das Problem der Zurechnung im Außenverhältnis. Die Verbindung von Direktions- und Kontrollrechten einerseits mit der Frage der Zurechnung andererseits kommt im Gesetz eindeutig zum Ausdruck (z. B. Art. 116 des brasilianischen Zivilgesetzbuches und § 166 Abs. 2 BGB). Außerdem ist hinsichtlich der Ausrichtung des Stellvertretungsrechts auf das Außenverhältnis auf die Publizitätsregelungen zu verweisen (wie z. B. Art. 118 CC und 171 f. BGB).135 Zu betonen ist, dass die Stellvertretung beinahe in der Gesamtheit der Fälle auf eine langfristige Beziehung zwischen Prinzipal und Agent abzielt. Im Gegensatz dazu dient der Vertrag in den meisten Fällen einem einzelnen und kurzfristigen Austausch von äquivalenten Leistungen, wobei deren Inhalt im Einzelnen im Vertrag bestimmt wird. Kern des Leistungsstörungsrechts ist die exakte Erfüllung des Geschuldeten. Die Frage, wie der Schuldner seine Leistung erbringt, ist irrelevant für die Vertragstheorie. Ferner bezieht sich der Vertrag auf bilaterale oder multilaterale Verhältnisse, in denen Drittinteressen nicht berücksichtigt werden, es sein denn, es handelt sich um Sonderfälle wie beispielsweise Verträge mit Schutzwirkung und Drittschadensliquidation. Der oben angesprochenen Gegenüberstellung ist zu entnehmen, dass Vertrag und Stellvertretung (Agenturtheorie) zwei verschiedenartige Handlungsmodelle darstellen. Deshalb trifft es zu, wenn Schanze sagt, dass „some contracts contain agency features but [that] agency is not a special contract“.136 Diese Feststellung ändert jedoch nichts daran, dass im Zuge der zunehmenden Komplexität der rechtlichen und ökonomischen Bezie133 134 135 136

Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 131. Vgl. Schanze, Agency Theory, S. 465. Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 132. Schanze, Agency Theory, S. 461, 468.

III. Neue Institutionenökonomik

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hungen in der Praxis ein Netz von Verträgen mit teilweise unbestimmten Leistungsinhalten einerseits und Direktions- und Kontrollmechanismen andererseits beobachtet werden kann, sodass eine Kombination von beiden Handlungsmodellen vorliegt. Wie diese Mixtur in der Praxis gestaltet wird, hängt von den Anforderungen der jeweiligen Transaktion(en) ab. Obwohl die Ökonomen übersehen haben, dass die Stellvertretung ein aliud und kein Unterfall des Vertrags ist, ist davon auszugehen, dass die Erkenntnisse der Agenturtheorie das Blickfeld der Juristen erweitern können, insbesondere hinsichtlich der Auswahl geeigneter Agenten, des Loyalitätsproblems, der anreizkompatiblen Vertragsgestaltung und der Überwachungstechniken.137 4. Fazit Die dargestellten ökonomischen Ansätze ermöglichen präzise Erklärungen der Modulproduktion. Die wesentlichen, die Konkurrenzfähigkeit dieses Produktionssystems garantierenden Strategien lassen sich wie folgt zusammenfassen: i)

Minimierung von Transaktionskosten mittels Bündelung von Agenten und Ressourcen sowie der Auswahl institutioneller Arrangements;138

ii) anreizkompatible Vertragsgestaltung aufgrund einer dauerhaften Kooperation und vereinbarter Teilung der anfallenden Gewinne; iii) Einsatz und Amortisation transaktionsspezifischer Vermögenswerte als Mittel zur Schaffung einer Interessengemeinschaft und zur Vermeidung von opportunistischem Verhalten; iv) Erzielen eines optimalen Produktionsablaufs durch präzise Anwendung von Property-Rights, was Koordinierung, Delegation und Anreize erfordert; v) bessere Allokation von Risiken; vi) „mutual monitoring“, was effiziente gegenseitige Überwachungsmethoden und Assistenz sowie eine verbesserte Durchsetzung sequenzieller Entscheidungen ermöglicht. Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit die Theorie der Symbiotischen Arrangements auf die Modulproduktion anwendbar ist.

137

Schanze, Stellvertretung und ökonomische Agenturtheorie, S. 69 ff. Die Bedeutung der Auswahl des institutionellen Arrangements wurde anhand des brasilianischen steuerlichen Sondersystems („regime especial“) erläutert. Siehe Kapitel 2 III. 1. c). 138

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Kap. 2: Die Modulproduktion

IV. Die Theorie der Symbiotischen Arrangements Die dargestellten Forschungsansätze zeigen, dass langfristige Verträge mit komplexen Schuldinhalten in zunehmendem Maße als Rechtsgrundlage für die Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten zwischen selbstständigen Unternehmungen dienen. Unter der allgemeinen Rubrik „Langzeitverträge“ ist immer deutlicher geworden, dass sich eine dritte Ordnungsstruktur jenseits von Vertrag (< Markt) einerseits und Gesellschaft (< Hierarchie) anderseits herausgebildet hat.139 Trotz der hohen Relevanz ist es jedoch bislang keinem der organisationswissenschaftlichen Ansätze gelungen, das rechtliche Wesen dieser klar zu definieren. Die Rechtsverhältnisse dieser dritten Kategorie liegen quer zu dem allgemeinen bipolaren Regulierungsansatz typischer, atypischer oder typengemischter BGB-Verträge versus Gesellschaft, was regelmäßig zu unerwünschten Konsequenzen führt: Die Rechtsverhältnisse können teilweise unwirksam sein, insbesondere in Bezug auf das Leistungsstörungsrecht und die Risikoallokation.140 Einen Versuch zur Analyse und Einordnung dieses Bereichs stellt die Theorie der Symbiotischen Arrangements von Erich Schanze dar.141 Die Bezeichnung ist der Biologie entliehen, da die Dynamik der von diesen Rechtsverhältnissen erfassten Wechselbeziehungen im präzisen Sinne dem bekannten Bild aus der Biologie entspricht, nämlich dem symbiotischen Zusammenleben artverschiedener, aneinander angepasster Wirtschaftsakteure.142 Die Beteiligten, die gleichberechtigt und in ähnlich starker Verhandlungsposition sind, ordern sich freiwillig einem Partner unter, da der Erfolg der Kooperation gerade auf dieser asymmetrischen Steuerungsstruktur beruht. Als typische Beispiele Symbiotischer Arrangements sind folgende Partnerschaftsmodelle zu benennen: Franchise-Systeme, Bierlieferungssystem, Rohstoff-Material-Joint-Ventures, Total-Quality-Management, Just-in-TimeProduktion, Talent- und Vermarktungskonzepte in der Unterhaltungsindustrie und Kooperationen in der biotechnologischen Industrie.143 Im Folgenden werden die prägenden Merkmale der Theorie der Symbiotischen Arrangements erläutert. Anschließend erfolgt eine Analyse der Anwendbarkeit dieser Theorie auf die Modulproduktion. 139

Vgl. Schanze, Franchising and the Law, S. 68 f. Vgl. Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 160. 141 Schanze, Langzeitverträge, S. 1 ff.; ders., Franchising and the Law, S. 67 ff.; ders., JITE 149 (1993), S. 691 ff.; ders., Beyond Contract and Corporation, S. 75 ff.; ders., New Palgrave – Band 3, S. 554 ff. 142 Vgl. Schanze, Langzeitverträge, S. 2; ders., Franchising and the Law, S. 69. 143 Dazu siehe Schanze, Franchising and the Law, S. 72 ff.; Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 163 ff. 140

IV. Die Theorie der Symbiotischen Arrangements

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1. Einsatz transaktionsspezifischer Vermögenswerte Der Einsatz transaktionsspezifischer Vermögenswerte spielt auch in der Theorie der Symbiotischen Arrangements eine zentrale Rolle. Der Begriff wurde bereits im Zusammenhang mit hybriden Organisationen ausführlich erläutert.144 Im Grundsatz geht es um spezifische Investitionen, die die Parteien tätigen müssen und nur zu prohibitiven Kosten in einem anderen unternehmerischen Zusammenhang eingesetzt werden können. Dabei besteht für den Kapitalgeber die Gefahr, erpresst zu werden („hold-up“), welche insbesondere mittels kontinuierlicher vertraglicher Anreize beseitigt werden kann. Ihr Ausmaß steigt mit dem Differenznutzen der nächstbestehenden Einsatzmöglichkeit des spezifischen Vermögenswerts. Was diese Problematik betrifft, so erarbeitet die Theorie der Symbiotischen Arrangements konsequente Lösungen zur Stabilisierung dieser Verhältnisse: In vertraglichen Maßnahmen verpflichten sich die Parteien zu gegenseitigen Investitionen, welche im Rahmen einer anreizkompatiblen und langfristig orientierten Partnerschaft progressiv amortisiert werden.145 Außerdem werden die Parteien ihre gemeinschaftlichen Interessen mittels vertraglicher Verabredungen sichern, wie z. B. durch garantierte Mindestabnahmemengen, Ausschließlichkeitsklauseln, Koppelungsgeschäfte und Preisberechnungsformeln. 2. Gekreuzte Prinzipal-Agent-Beziehungen und Dokumentation Symbiotische Arrangements entfernen sich von klassischen langfristigen Verträgen. Sie sind gekennzeichnet durch die Schaffung von PrinzipalAgent-Beziehungen, in denen die Delegation von Entscheidungen und das Einräumen von Ermessensspielräumen unerlässlich sind. Hingegen gehört die Delegation von Entscheidungen nicht zu klassischen langfristigen Verträgen, und Ermessen ist als Kategorie nicht vorhanden. Die Parteien investieren nicht in ein enges Verhältnis: Sie definieren lediglich die zu erbringenden Leistungen und deren zugehörige Preise. Im Gegensatz zu klassischen Verträgen werden bei Symbiotischen Arrangements Prinzipal-Agent-Beziehungen eingerichtet, denn der Prinzipal weiß, dass die Durchführung seiner komplexen, arbeitsteilig organisierten Aufgaben nur mittels des Einsatzes von Agenten auf eine Art erreicht werden kann, die seinem Anspruch Genüge tut. Dabei werden sowohl der Prinzipal als auch die Agenten im Rahmen der Aufgabenverteilung ihre Rollen teilweise wechseln müssen, sodass ein Bild gekreuzter Agenturstrukturen ent144 145

Kapitel 2 III. 1. d) (3). Vgl. Schanze, Franchising and the Law, S. 93.

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Kap. 2: Die Modulproduktion

steht.146 Wie Prinzipal und Agenten ihre Positionen kreuzen, bestimmt sich danach, welche Partei eine spezifische Teilfunktion in der Unternehmung auf die festgelegte Art und Weise ausführen kann. Dies bezieht sich insbesondere auf die einzelnen Kernkompetenzen der Parteien. Um bei der Anwendung von Property-Rights und der Vermeidung von „hold-up“ oder „shirking“ an einem Strang zu ziehen, vereinbaren die Parteien in diesen Arrangements „screening“-Konzepte, Überwachungstechniken und anreizkompatible Verteilungsregeln. Um den dazu nötigen Ermessensspielraum einzuräumen und die Partnerschaft vor einer künftigen Vertragsrevision infolge missverständlicher Auslegung zu schützen, dokumentieren die Parteien ihre Motivation. Deshalb findet sich am Anfang eines Symbiotischen Arrangements eine Präambel bzw. ein Glossar, in denen die Parteien ihre Motive, gemeinsame Annahmen bezüglich der erforderlichen Personal- und Kapitalressourcen sowie die sonstigen Bedingungen der Durchführbarkeit genau darlegen. Dies soll als Fundament für eine etwaige allseitig kompatible Vertragsrevision dienen. 3. Internationale Kompatibilität und Autonomie Weitere Bestandteile Symbiotischer Arrangements sind ihre internationale Kompatibilität und Autonomie, die eng miteinander zusammenhängen.147 Bei der internationalen Kompatibilität handelt es sich um rechtliche Organisationsstrukturen, die sowohl von internationalen Anwaltsfirmen als auch von Rechtsabteilungen internationaler Konzerne entworfen werden. Sie sind in allen Einsatzgebieten zwar strukturell identisch, dennoch enthalten sie zugleich einen Spielraum, über den sie an die spezifischen Besonderheiten des Transaktionsvorhabens, die Eigenschaften des betreffenden Marktes und bindende Vorschriften der betroffenen internen Rechtsordnungen angepasst werden können.148 Was die Autonomie des Symbiotischen Arrangements betrifft, so geht es um ausführliche und abschließende Leistungsstörungsregeln, in denen die Parteien exakte Voraussetzungen und das Verfahren für notwendige Anpassungen bestimmen.149 Oft wird die Zuständigkeit für Modifikationen an eine Parteiseite, ein gemeinsames Gremium oder einen Schiedsrichter delegiert. 146 Schanze, Franchising and the Law, S. 67, 93; ders., New Palgrave – Band 3, S. 554. 147 Schanze, Franchising and the Law, S. 74 ff. 148 Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 173; Schanze, Franchising and the Law, S. 74 ff. 149 Schanze, Franchising and the Law, S. 74 ff.; ders., Verträge ohne Zivilprozess, S. 463 ff.; ders., JITE 144 (1988), S. 152 ff.; ders., Failure of Long-Term Contracts, S. 155 ff.

IV. Die Theorie der Symbiotischen Arrangements

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4. Selbstständigkeit trotz Asymmetrie Als letztes Merkmal Symbiotischer Arrangements ist die asymmetrische Verteilung der Steuerungsmacht hervorzuheben. Aufgrund der gezielten Kooperation wird sich eine oder mehrere Parteien im Rahmen ihrer Privatautonomie in eine untergeordnete Position begeben, ohne dabei ihre ökonomische noch ihre rechtliche Selbstständigkeit zu verlieren. Dadurch lassen sich Koordinations-, Organisations- und Selbstüberwachungsmethoden schaffen. Natürlich sind die Parteien nur zu diesem Vorgehen bereit, weil Symbiotische Arrangements ihnen erhebliche ökonomische und rechtliche Vorteile sowie eine bessere Gestaltung der partnerschaftlichen Organisationskonzepte bieten. 5. Fazit Symbiotische Arrangements bilden eine dritte Struktur zwischen Vertrags- (Markt) und Gesellschaftsrecht (Hierarchie) und ermöglichen wirtschaftliche und organisatorische Vorteile für die Parteien. Die maßgeblichen Merkmale der Symbiotischen Arrangements lassen sich wie folgt zusammenfassen:150 i)

ein freiwilliges, pareto-superiores, langfristiges Engagement selbstständiger Unternehmen, das

ii) typischerweise in einem umfangreichen Vertrag bzw. einem Netz von Verträgen niedergeschrieben und ratifiziert wird; iii) keine Kontrolle durch die Investition von Eigenkapital, wie es für die Konzernorganisation charakteristisch ist; iv) eine starke konzeptionelle Verbindung zwischen den Partnern, die typischerweise durch ein Marktprodukt, ein Design oder ein spezifisches gemeinsames Ziel ausgedrückt wird (Schlagwort: „Zusammenarbeit durch Konzept“); v) die Tätigung spezifischer in der Partnerschaft vereinbarter Investitionen; vi) ein implizites oder ausdrückliches Ungleichgewicht zwischen den Parteien; vii) die Einigung über zahlreiche Steuerungsrechte, um das „vertragliche Verhalten“ und die Leistung der anderen Partei festzulegen, zu überwachen und zu sanktionieren, und die Einführung teilweise gekreuzter Prinzipal-Agent-Beziehungen, die auf verschiedenen Ebenen der Transaktion eingesetzt werden und in der komplexen Langzeitvereinbarung angelegt sind. 150

Schanze, New Palgrave – Band 3, S. 554 f.

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Kap. 2: Die Modulproduktion

6. Anwendbarkeit der Theorie der Symbiotischen Arrangements auf die Modulproduktion a) Einsatz transaktionsspezifischer Vermögenswerte In der Modulproduktion ist der Einsatz verschiedener transaktionsspezifischer Vermögenswerte vorgesehen, was sowohl auf die praktische Umsetzung der Partnerschaft durch die Bündelung der notwendigen Ressourcen gerichtet ist als auch auf die Gewährleistung von Kontinuität und Rentabilität in der Partnerschaft. Deren Abzug ist mit prohibitiven Kosten verbunden, wodurch opportunistisches Verhalten verhindert wird. Um den Akteuren für die Ausführung der Investitionen Anreize zu bieten, ist deren Amortisation inklusive einer Gewinnmarge im Laufe der Zulieferungsbeziehung vorgesehen. Solche Rückerstattungen erfolgen auch in Bezug auf neue Investitionen. b) Gekreuzte Prinzipal-Agent-Beziehungen und Dokumentation Bei der Modulproduktion geht es nicht lediglich um ein schlichtes Prinzipal-Agent-Modell. Die Rollenverteilung zwischen Prinzipal und Agenten ist nicht ein für alle Mal festgelegt, sondern wechselt je nach Abschnitt des Produktionsprozesses, sodass ein Bild gekreuzter „agency“-Strukturen entsteht.151 Ein Zeichen dafür ist der erwähnte Kauf der indirekten Komponenten seitens des Automobilherstellers.152 Der optimale Ablauf des Produktionsprozesses hängt von einer zeitlich präzisen Bereitstellung von qualitativ und quantitativ optimalen Inputs und Outputs seitens der Beteiligten ab, was einen hohen Grad von Koordination und gegenseitiger Assistenz erfordert. Der Erfolg der Modulproduktion ist mit einer Vernetzung der Aufgaben von Prinzipal und Agenten verbunden. Die Eigenschaften dieser gekreuzten Beziehung können auf folgende Weise zusammengefasst werden: i)

gegenseitiges Monitoring: zwecks Vermeidung unerwünschter Ereignisse bzw. Förderung gemeinsamer Ziele werden Prinzipal und Agenten einander in wechselnden Rollen überwachen bzw. fördern;

ii) gegenseitige Assistenz: Prinzipal und Agenten werden einander bei der Durchführung ihrer Aufgaben und der Weiterleitung von Informationen unterstützen; 151 Schanze, Franchising and the Law, S. 67, 93. Siehe auch Jeon, JITE 157 (2001), S. 246 ff. 152 Sollten einige Komponenten nicht von seinen Agenten hergestellt werden, wird deren gesamter Kauf vom Prinzipal organisiert, um über die Menge bessere Einkaufspreise zu erzielen. Siehe Kapitel 1 II. 3. d).

IV. Die Theorie der Symbiotischen Arrangements

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iii) sequenzielle Entscheidungen: zur Durchführung der Aufgaben ist Koordination vonnöten. Der Erfolg des Produktionssystems verlangt die exakte Bereitstellung von In- und Outputs. Wegen dieser „agency“-Strukturen werden die Parteien ihre Motivation und alle zugehörigen Verabredungen in einem umfassenden Rahmenvertrag sowie einem Netz von Zusatzverträgen dokumentieren. Deshalb beginnt der Rahmenvertrag mit einer ausführlichen Präambel und es folgen ein umfangreiches Glossar, die grundlegenden Prinzipien sowie der Vertragsgegenstand.153 Damit bauen die Parteien ein Fundament, nach dem sich ihr Schuldverhältnis, ihre Handlungsmöglichkeiten und Anpassungsnotwendigkeiten richten werden und auf dem eine spätere für alle Beteiligten akzeptable Vertragsrevision möglich ist. c) Autonomie Die juristische Institutionalisierung und Regulierung der Modulproduktion vollzieht sich in Form eines detailreichen und komplexen Rahmenvertrags sowie einer Reihe von zusätzlichen Verträgen, die von zusammenarbeitenden Anwälten großer internationaler Anwaltskanzleien und den Rechtsabteilungen der an der Modulproduktion beteiligten Unternehmensgruppen ausgearbeitet werden. Das Ziel besteht darin, eine nach außen abgeschlossene, maßgeschneiderte Rechtsordnung für das konkrete Bündel von Transaktionen der Akteure zu entwerfen. Deswegen finden sich im Rahmenvertrag – wie bereits mehrfach betont – Hinweise zur Auslegung dieser privaten Rechtsordnung.154 Sein Kern besteht aus einer umfassenden Regulierung der Obliegenheiten der Parteien sowie der Leistungsstörungen.155 Ferner dient der Rahmenvertrag einer ausführlichen Darstellung des von jeder Partei zu tätigenden Einsatzes transaktionsspezifischer Vermögenswerte.156

153

Vgl. Kapitel 1 II. 3. e) (1) bis (4). Insbesondere in den Abschnitten: „Präambel“, „Glossar“, „Grundlegende Prinzipien“, „Vertragsgegenstand“ sowie „Unabhängigkeit der Gesellschaft und Haftung“. Vgl. Kapitel 1 II. 3. e) (1) bis (4) und (16). 155 Diese findet sich u. a. in den folgenden Abschnitten: „Allgemeine Zulieferungsbedingungen“, „Änderung der technischen Spezifikationen“, „Qualitätsprobleme und Rückruf“, „Vertraulichkeit und Geheimhaltungspflicht“ und „Konkurrenzverbot“ bzw. Kapitel 1 II. 3. e) (8), (11), (13) und (22). 156 Vgl. „Zuteilung der Module“, „Einrichtung der Module“ und „Entschädigung für den Einsatz transaktionsspezifischer Vermögen“ bzw. Kapitel 1 II. 3. e) (4), (6) und (19) (a). 154

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Kap. 2: Die Modulproduktion

d) Langfristiges, asymmetrisch verteiltes Engagement selbstständiger Unternehmen Aufgrund der Größe der organisatorischen Aufgabe und um ein vorteilhaftes Niveau von Koordinations- und Überwachungsmechanismen zu erreichen, begeben sich die Agenten freiwillig in eine untergeordnete Position. Nichtsdestotrotz verbleiben alle Parteien juristisch und ökonomisch unabhängig voneinander. Dies verweist auf die vertragliche Verabredung, in der die Parteien betonen, dass aus der Modulproduktion keine solidarische oder subsidiäre Haftung erwächst. Sollte die Partnerschaft trotzdem gerichtlich belangt werden, verpflichtet sich die betroffene Partei, den nicht am Ereignis Beteiligten die diesbezüglichen Kosten zu rückerstatten. e) Ergebnis Die Modulproduktion erfüllt sämtliche Anforderungen der Theorie der Symbiotischen Arrangements und kann als eines ihrer typischen Beispiele angesehen werden.

Kapitel 3

Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion Das Konzept, die Organisation und die Praxis der Vertragsgestaltung der Modulproduktion wurden in Kapitel 1 dargestellt, daran schloss sich eine ökonomische Analyse an. Oberstes Ziel des vorliegenden Kapitels ist die Darstellung der historischen Entwicklung, der rechtlichen Bedeutung und der geltenden Vorschriften des Konsortiums, der in der Praxis der Modulproduktion ausschließlich angewendeten Rechtsform. Darüber hinaus wird die im Kapitel 2 begonnene Subsumtion unter die Theorie der Symbiotischen Arrangements fortgeführt, indem geprüft wird, ob die Rechtsnatur des Konsortiums als eine dritte Kategorie zwischen Vertrags- und Gesellschaftsrecht anzusehen ist. Gleichzeitig werden die Chancen und Grenzen dieses Ansatzes herausgearbeitet. Es gilt zu betonen, dass das Konsortium in Brasilien nicht nur bei der Gestaltung der Modulproduktion Anwendung findet, sondern auch zahlreichen anderen Kooperationen als institutionelles Arrangement dient. Der Grund liegt darin, dass es großzügige Gestaltungsspielräume bezüglich der unbedingt erforderlichen „Unternehmensverfassung“ bietet. Der Erfolg hängt dabei von der Einhaltung der dem zwingenden Recht immanenten Schranken ab. Was diese Fragestellung anbetrifft, so werden im zweiten Teil dieses Kapitels Trennlinien zwischen dem brasilianischen Zivil-, Gesellschafts- und Wettbewerbsrecht entworfen. I. Terminologie und Begriffsbestimmung Das Konsortium als Kooperationsform ist keine Erscheinung neueren Datums.1 Der Begriff „Konsortium“ leitet sich vom lateinischen Wort „consortium“ ab, das sich wiederum aus der Silbe „con“ und dem Wort „sors“ zusammensetzt. Die Silbe „con“ drückt etwas Gemeinsames aus, dass etwas gleichzeitig geschieht bzw. gemeinsam vollzogen wird. Das Wort „sors“ be1

Für eine Darstellung der historischen Entwicklung des Konsortiums siehe Scholze, Das Konsortialgeschäft der deutschen Banken, S. 37 ff.; Caputo, I consorzi d’imprese, S. 13 ff.; Alvares, Rev. For. 253 (1976), S. 28 f.

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

deutet u. a. Los, Anteil, Schicksal und Kapital.2 Demzufolge bezeichnete das Wort „consortes“ Personen, die ein Los oder Schicksal teilten bzw. anteilig über gemeinsames Kapital verfügten.3 Diese doppelsinnige Bedeutung einer Schicksals- und Vermögensgemeinschaft liegt auch dem modernen Begriff des Konsortiums zugrunde. Beim Konsortium handelt es sich um einen auf einem Vertrag beruhenden Zusammenschluss mehrerer rechtlich und wirtschaftlich selbstständiger Parteien zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Diese Definition ist gezwungenermaßen sehr allgemein gehalten, da das Konsortium in den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft angewendet wird (beispielsweise im Großanlagenbau und -betrieb, im Bankwesen sowie in der Forschung und Entwicklung), und dies mit zahlreichen unterschiedlichen ökonomischen und gesetzlichen Nuancen. Bei der Modulproduktion geht es um ein „Konsortium von Unternehmen“ („consórcio de empresas“), was der Oberbegriff für ihre genauere Klassifikation – nämlich „Industriekonsortium“ („consórcio industrial“) – ist. II. Das Konsortium in Brasilien Im Zuge des im 20. Jahrhundert erlebten Wachstums der brasilianischen Wirtschaft wurden zwischen im Inland tätigen Gesellschaften in steigendem Maße Kooperationen gebildet, um große Projekte – insbesondere im Bereich des Ausbaus der öffentlichen Infrastruktur – realisieren zu können. Obwohl das Konsortium immer häufiger in Brasilien als Rechtsform angewendet wurde, herrschten bis zu seiner Regelung im Aktiengesetz von 1976 (Art. 278 f. des Gesetzes Nr. 6.404/1976)4 große Rechtsunsicherheiten. Als ein Beispiel dafür ist das damalig geltende Gesetz Nr. 4.137/1962 zur Unterbindung des Missbrauchs ökonomischer Macht hervorzuheben, welches, obgleich in seinem Art. 72 die Möglichkeit einer Vereinbarung zwischen Unternehmen vorgesehen war, das Konsortium wie eine Fusion oder Übernahme von Gesellschaften behandelte, was dem Sinn der Verbindung, nämlich die juristische und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Parteien zu bewahren, diametral zuwiderlief. Ausdrücklich erwähnt wurde das „Konsortium“ erst im Dekret Nr. 57.651/1966, welches das Gesetz Nr. 4.720/1965 über die Handelseintragung regelte. Nichtsdestotrotz wiederholte sein Art. 64 einfach den Text 2

Vgl. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, S. 399. Vgl. Pontes de Miranda, Tratado de direito privado – Vol. 51, S. 233. 4 Für eine deutsche Übersetzung des Aktiengesetzes siehe Florence, Das brasilianische Gesellschaftsrecht. 3

II. Das Konsortium in Brasilien

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des soeben genannten Art. 72 des Gesetzes über die Handelseintragung, sodass in der Tat kein Fortschritt in Bezug auf das Konsortium erzielt wurde.5 Dieser stellte sich erst mit dem Gesetz Nr. 4.728/1965 über den Kapitalmarkt, welches in seinem Art. 15 Finanzinstituten die Möglichkeit einräumt, Konsortien zur Abwicklung von Emissionsgeschäften zu bilden, ein. Hervorzuheben ist Abs. 3: Dieser sieht vor, dass die Haftung der Finanzinstitute auf die Höhe des im Vertrag übernommenen Risikos beschränkt ist. Ohne Zweifel war dieses Gesetz ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Konsortium in der uns heute bekannten Form. Wegen Rechtsunsicherheiten bezüglich Vertragsgestaltung, Durchführung der Obliegenheiten und gerichtlicher Beilegung von Streitigkeiten wurde von wissenschaftlicher Seite wie von der Wirtschaft die Schaffung einer besonderen Regelung für das Konsortium gefordert, so z. B. von Rubens Requião in seinem Aufsatz aus dem Jahr 1971 und Luiz Gastão Paes de Barros Leães im Jahr 1973.6 Beeindruckt vom italienischen Zivilgesetzbuch, schlug insbesondere Ersterer dem brasilianischen Gesetzgeber vor, das System des italienischen Zivilgesetzbuches als Modell zu übernehmen.7 Wie bereits erwähnt, wurde das Konsortium in Brasilien im Jahr 1976 durch das Aktiengesetz geregelt.8 Erst dieses Gesetz brachte eine umfassende rechtliche Regelung für das wirtschaftliche Phänomen der Unternehmenskonzentration, denn bis zu seinem Inkrafttreten hatten nur vereinzelte Bestimmungen gegolten, die lediglich einzelne Aspekte der Gesellschaftsverbindungen auf wiederum nur bestimmten Rechtsgebieten geregelt hatten. Zu betonen ist, dass die Struktur des vom brasilianischen Gesetzgeber angewendeten Modells des Konsortiums in der Tat derjenigen des italienischen Zivilgesetzbuches sehr ähnelt. Im Folgenden soll das italienische System des Konsortiums in seinen Grundzügen vorgestellt werden, um hierdurch einen Einblick in die Hintergründe der brasilianischen gesetzlichen Bestimmungen zu gewinnen, bevor diese dann im Einzelnen darzustellen sind. 1. Die italienische Regelung als Gesetzesmodell Die rechtliche Behandlung des Konsortiums wurde in Italien im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts durch die Verabschiedung verschiedener Gesetze immer wieder neu geregelt,9 bis dann im Jahr 1942 das Zivilgesetz5

Diese Regelungen wurden bereits aufgehoben. Vgl. Requião, RT 430 (1971), S. 19 ff.; Leães, RDM 12 (1973), S. 137 ff. 7 Requião, RT 430 (1971), S. 24. 8 „Lei das sociedades por ações – LSA“, Gesetz Nr. 6.404/1976, Art. 278 f. 9 Für eine Darstellung der gesetzlichen Entwicklung siehe Penteado, Consórcio de empresas, S. 122 f. 6

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

buch in Kraft trat.10 Im „codice civile“ wird das Konsortium im Buch 5, Kapitel 10, Abschnitt 2 abgehandelt.11 Dieser Abschnitt des „codice civile“ enthält im ersten Teil Vorschriften über alle freiwilligen Konsortien (Art. 2602 bis 2611) und im zweiten Vorschriften über die Außenkonsortien (Art. 2612 bis 2615). Schließlich finden sich im dritten Teil Bestimmungen über die sog. Zwangskonsortien (Art. 2616 f.) sowie im vierten Vorschriften zur staatlichen Kontrolle (Art. 2618 bis 2620). Zu beachten ist, dass das Konsortium in Italien je nach Besonderheiten und Zweck sowohl die Form eines reinen Vertrags als auch einer Gesellschaft erhalten kann. Die folgende Skizzierung wird sich nur auf die allgemeinen Bestimmungen für Innen- und Außenkonsortien konzentrieren, weil nur in Bezug auf diese eine vergleichbare Regelung im brasilianischen Aktiengesetz existiert.12 Laut Art. 2603 des italienischen Zivilgesetzbuches setzt die Bildung eines Konsortiums notwendig den Abschluss eines schriftlichen Vertrags voraus, in dem Folgendes anzugeben ist: Gegenstand und Dauer des Konsortiums, Sitz einer gegebenenfalls eingerichteten Geschäftsstelle, Pflichten und Beiträge der Parteien, Aufgaben und Befugnisse der Konsortialorgane (auch bezüglich einer Vertretung vor Gericht), die Bedingungen für die Aufnahme neuer Konsortialpartner, die Voraussetzungen für Austritt und Ausschluss sowie die Rechtsfolgen bei Nichterfüllung der übernommenen Obliegenheiten.13 Hinsichtlich der Dauer des Konsortiums steht es den Parteien frei, diese gemäß ihren Bedürfnissen festzulegen. Sollte jedoch die Vertragsdauer unbestimmt sein, so gilt der Vertrag laut Art. 2604 für zehn Jahre. Weiterhin sind im Art. 2605 f. Regelungen in Bezug auf die Kontrolle der Tätigkeiten der einzelnen Konsortialpartner und der Beschlüsse des Konsortiums zu finden. Laut Art. 2606 werden Beschlüsse – sollte der Vertrag nichts anderes vorsehen – mit der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder gefasst. Ferner sieht Art. 2608 vor, dass das Verhältnis zwischen Verwaltern und Mitgliedern des Konsortiums in den einschlägigen Vorschriften über die Stellvertretung (Art. 1710 ff.) geregelt wird. Im Falle eines Austritts oder 10 Die italienische Rechtslehre ist sehr reich an Bezügen auf das Konsortium, sowohl vor dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches als auch danach. Als wichtige Quellen sind die Werke der folgenden Autoren hervorzuheben: Ascarelli, Consorzi volontari tra impreditori; Caputo, I consorzi d’imprese; Carnelutti, Riv. Dir. Com. Vol. 37 (1939), S. 1 ff.; Franceschelli, I consorzi industriali; Milani, Contributo alla teoria dei consorzi; Ferri, Enciclopedia del diritto, S. 371 ff.; Guidini/Libertini/Putzolu, La concorrenza e i consorzi; Borgioli, Consorzi. 11 Mit nachfolgenden Änderungen im Jahr 1976. Für eine Übersetzung des italienischen Zivilgesetzbuchs siehe Bauer/Eccher/König/Kreuzer/Zanon, Italienisches Zivilgesetzbuch. 12 Zur Bedeutung von Außen- und Innenkonsortien siehe Kapitel 3 II. 2. a). 13 Für nähere Einblicke siehe Ferri, Enciclopedia del diritto, S. 376 ff.; Borgioli, Consorzi, S. 230 ff.

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Ausschlusses eines Konsortialpartners fällt sein Anteil den übrigen zu, proportional zu ihren bisherigen Anteilen (Art. 2609). Schließlich enthält Art. 2611 eine nicht abschließende Aufzählung von gesetzlichen Gründen für die Auflösung des Konsortiums, nämlich: Ende der Vertragsdauer; Erreichung des Zwecks oder dessen Unmöglichkeit; einstimmiger Beschluss der Konsortialpartner; Verfügung der Regierungsbehörde in den vom Gesetz zugelassenen Fällen (Art. 2629). Den Parteien steht es jedoch frei, weitere Gründe für die Auflösung des Konsortiums zu vereinbaren. 2. Die Aufnahme des Konsortiums in das Aktiengesetz Wie bereits erwähnt, wurde erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 6.404/1976 (Aktiengesetz) die rechtliche Situation des Konsortiums in Brasilien geregelt. Die folgende Darstellung wird ergeben, dass die Vorschriften im Aktiengesetz in der Tat sehr dem Modell des italienischen Zivilgesetzbuches ähneln, wenngleich sie nicht ebenso umfassend sind. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Wirtschaft in Brasilien in den 70er Jahren trotz einer im Vergleich zu dem als Wirtschaftswunder bezeichneten Wachstum der 50er Jahre eingetretenen Verlangsamung der wirtschaftlichen Entwicklung durchaus noch in einem zufriedenstellenden Maße wuchs.14 Dies war jedoch nicht von einer entsprechenden Entwicklung des brasilianischen Rechts begleitet, was damals zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führte. Zudem war das Rechtssystem nicht in der Lage, die von der Wirtschaft eingeforderten flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten – wie etwa das bekannte Modell der „joint ventures“ – anzubieten. In der Begründung zum Entwurf des Aktiengesetzes führte der damalige Finanzminister aus, dass das Hauptziel des Gesetzentwurfes darin bestehe, die für die Stärkung des Kapitalmarktes in Brasilien notwendige Rechtsgrundlage zu schaffen.15 Und tatsächlich hat das wirtschaftliche Phänomen der Unternehmenskonzentration erst mit dem Inkrafttreten des Aktiengesetzes eine umfassende rechtliche Regelung erfahren. Nach dem deutschen Aktiengesetz von 1965 war das brasilianische Aktiengesetz das zweite in der Welt, das die wichtigsten mit der Konzernstruktur verbundenen Phänomene und von derselben aufgeworfenen Probleme regelte.16 14

Vgl. Comparato, ZGH 4 (1979), S. 583 ff. Vgl. Rothmann, Behandlung des Konzerns, S. 223. 16 Vgl. Comparato, RDM 23 (1976), S. 93. Als ein Beispiel für die erzielten Fortschritte kann angeführt werden, dass die reinen Holding-Gesellschaften, deren Zweck ausschließlich auf Kapitalbeteiligung an anderen Gesellschaften gerichtet ist, bis zum Inkrafttreten des Aktiengesetzes in Brasilien eigentlich nur praeter legem existierten. Das Gesetz hat diese Praxis durch die Bestimmung (Art. 2 Abs. 3) legi15

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

Aus einem rechtsetzungstechnischen Blickwinkel ist die Regelung des Konsortiums als Kooperationsform von Gesellschaften im Aktiengesetz nicht sachgerecht. Damals hätten einige konzernrechtliche Probleme nicht im Aktiengesetz, sondern im Rahmen eines allgemeinen Gesellschaftsgesetzes geregelt werden sollen. Damit hätte man Unsicherheiten vermeiden können, die mit einer Anwendung des Aktiengesetzes zur Lösung von bei anderen Gesellschaftsformen bestehenden Problemen verbunden waren.17 Dieses Vorgehen führte unmittelbar nach Inkrafttreten zu Unklarheiten in Bezug auf die Anwendung desselben auf das Konsortium, so fragte beispielsweise Fábio Konder Comparato, ob zumindest eines der beteiligten Unternehmen eine Aktiengesellschaft sein müsse, da das Thema im Aktiengesetz geregelt sei,18 was Fran Martins damals bejahte.19 Nach der heute herrschenden Meinung wird dies zutreffend verneint,20 worauf Mauro Rodrigues Penteado in seiner frühen Arbeit aus dem Jahre 1979 zum Thema bereits richtigerweise hingewiesen hatte.21 Mithin kann jede Art von Gesellschaft sich an einem Konsortium beteiligen. Infolge der Wirtschaftsöffnung Brasiliens in den 90er Jahren eröffnete sich für das Thema Konsortium eine neue Dimension, als es zunehmend als Mittel zur Steigerung der Konkurrenzfähigkeit an Bedeutung gewann. Das Konsortium fand nicht nur in erheblichem Maße zwischen großen Unternehmen Anwendung, wie beispielsweise im Fall der Modulproduktion, sondern auch zwischen kleinen Gesellschaften, die allein nicht in der Lage waren, den erforderlichen Grad an technischem Know-how, die nötigen finanziellen Ressourcen und unternehmerische Kompetenz bereitzustellen.

timiert, dass „der Gesellschaftszweck die Beteiligung an anderen Gesellschaften sein kann“, wobei zusätzlich noch Folgendes bestimmt wurde: „Die Beteiligung ist auch dann, wenn sie im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen ist, als Mittel zur Erreichung des Gesellschaftszwecks oder zur Erlangung steuerlicher Vergünstigungen zulässig.“ Daher ist es nicht überraschend, dass die Aktiengesellschaft zur vorherrschenden Rechtsform von Unternehmensgruppen geworden ist. Vgl. Comparato, ZGR 4 (1979), S. 585 f. 17 Was bereits Comparato, ZGR 4 (1979), S. 606; ders., Rev. For. 256 (1976), S. 9, angemerkt hat. 18 Vgl. Comparato, RDM 23 (1976), S. 100; ders., ZGR 4 (1979), S. 597 f. 19 Vgl. Martins, Comentários à LSA, S. 486. 20 Vgl. Borba, Direito societário, S. 444; Rocha, RDM 115 (1999), S. 84. 21 Vgl. Penteado, Consórcio de empresas, S. 141 f.

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a) Art. 278 f. Aktiengesetz Das Konsortium ist in Art. 278 f. Aktiengesetz geregelt:22 Art 278 – Aktiengesellschaften und sonstige Gesellschaften, gleich ob sie unter einheitlicher Kontrolle stehen oder nicht, können unter Beachtung der Vorschriften dieses Kapitels ein Konsortium zur Ausführung einer bestimmten Unternehmung bilden. Abs. 1 – Das Konsortium hat keine Rechtspersönlichkeit, und die Mitglieder des Konsortiums sind nur im Rahmen der Bedingungen des betreffenden Vertrags verpflichtet; jedes Mitglied haftet für seine Verpflichtungen; eine gesamtschuldnerische Haftung wird nicht unterstellt. Abs. 2 – Der Konkurs eines Mitglieds des Konsortiums erstreckt sich nicht auf die übrigen Mitglieder, unter denen das Konsortium fortbesteht; Guthaben, die der Konkursschuldner möglicherweise hat, werden gemäß dem Vertrag des Konsortiums festgestellt und ausgezahlt. Art 279 – Die Bildung des Konsortiums erfolgt durch einen Vertrag, der von demjenigen Gesellschaftsorgan zu billigen ist, welches für die Genehmigung der Veräußerung von Gegenständen des Anlagevermögens zuständig ist. Der Konsortialvertrag muss Folgendes enthalten: I.

gegebenenfalls die Bezeichnung des Konsortiums;

II.

die Unternehmung, welche den Gegenstand des Konsortiums bildet;

III.

Dauer, Anschrift und Gerichtsstand;

IV.

die Bestimmungen der Verpflichtungen und des Haftungsumfanges eines jeden Mitgliedes des Konsortiums und seiner Leistungsanteile;

V.

Vorschriften über den Empfang von Einnahmen und die Aufstellung von Ergebnissen;

VI.

Vorschriften für die Verwaltung des Konsortiums, Rechnungslegung, Vertretung der Mitglieder des Konsortiums und gegebenenfalls über Verwaltungsgebühren;

VII. die Form der Beschlussfassung über Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse unter Angabe der Anzahl der Stimmen, die jedem Mitglied des Konsortiums zustehen; VIII. gegebenenfalls den Beitrag eines jeden Mitglieds des Konsortiums zu den gemeinsamen Ausgaben. Einziger Paragraf23 – Der Konsortialvertrag und seine Änderungen sind im Handelsregister am Sitz des Konsortiums einzutragen, die amtliche Bescheinigung des Eintrags ist zu veröffentlichen. 22 Für andere Wirtschaftssektoren gelten spezielle Regelungen, beispielsweise Art. 192 des brasilianischen Luftfahrtgesetzbuchs (Gesetz Nr. 7.565/1986) und Art. 33 des Gesetzes Nr. 8.666/1993 über die Regelungen für öffentliche Versteigerungen sowie für Verträge mit der öffentlichen Verwaltung.

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

Bis auf wenige Ausnahmen sind die Vorschriften des Aktiengesetzes bezüglich des Konsortiums als dispositives Recht zu betrachten und werden von den Konsortialpartnern je nach der konkreten Ausgestaltung der Arbeitsteilung innerhalb ihrer Partnerschaft angewendet. Die in der Praxis anzutreffenden Abweichungen von den gesetzlichen Merkmalen hängen nicht zuletzt davon ab, ob es sich um ein Außen- oder Innenkonsortium handelt. Denn, wie in diesem Kapitel noch genauer darzulegen sein wird, sind bei Außenkonsortien einige Vorschriften des Art. 278 f. Aktiengesetz, beispielsweise der Eintrag ins Handelsregister, zwingend zu achten.24 Als Außenkonsortien bezeichnet man diejenigen Konsortien, bei denen es zu unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen der Unternehmensverbindung und Dritten kommt, die also nach außen in Erscheinung treten. Im Fall der Modulproduktion handelt es sich um ein Innenkonsortium. Dabei ergeben sich keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen mit Dritten, sondern nur zwischen den beteiligten Unternehmen, sodass es sich um ein von außen nicht erkennbares Verhältnis handelt. Die Modulproduktion muss als ein strukturiertes Konsortium betrachtet werden. D.h., die Obliegenheiten der Parteien werden so umfassend im Rahmenvertrag gestaltet, dass eine Art Unternehmensverfassung entsteht. OEM und Modulanten begeben sich im Rahmen ihres Prinzipal-Agent-Ansatzes in eine gestufte Beziehung. In dieser Hinsicht entfernt sich die Modulproduktion insofern vom Gleichordnungskonzern, als die beteiligten Unternehmen nicht gleichrangig sind. Aufgrund der spezifischen Struktur der Arbeitsteilung akzeptieren die Modulanten eine untergeordnete Position, ohne jedoch ihre juristische und ökonomische Selbstständigkeit zu verlieren. Im Folgenden wird die Rechtsnatur des Konsortiums herausgearbeitet. b) Rechtsnatur Azevedo betont, dass die habituelle Spannung in den rechtlichen Beziehungen, die sich gewissermaßen in einem Schwebezustand zwischen den konkreten Tatsachen des Lebens und den abstrakten rechtlichen Regelungen befänden, eine Reihe von „vorgängigen Entscheidungen“ hinsichtlich der anzuwendenden Normen erfordere, welche die Natur eines Rechtsinstituts bestimmten.25 Eine umstrittene Frage in den Rechtswissenschaften ist die nach der Rechtsnatur des Konsortiums. Zutreffend weist der Autor darauf hin, dass bei der Feststellung der Rechtsnatur eines rechtlichen Instituts die 23

Deutsche Übersetzung des aus dem Aktiengesetz stammenden Ausdrucks „parágrafo fflnico“. 24 Dazu siehe Kapitel 3 II. 2. f). 25 Vgl. Azevedo, RT 832 (2005), S. 118 f.

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folgenden Kriterien zu berücksichtigen sind: i) die Feststellung seines zugehörigen Platzes in der Gesetzgebung; ii) sein Vergleich mit anderen rechtlichen Instituten, denn so lasse sich feststellen, inwieweit es sich anderen Rechtsinstituten annähere oder von ihnen entferne.26 (1) Die Lehre In der Zeit vor Inkrafttreten des Aktiengesetzes vertrat Pontes de Miranda die Auffassung, dass das Konsortium von Fall zu Fall als eine „vertragliche“ oder „gesellschaftliche“ Verbindung bzw. Vergemeinschaftung von natürlichen oder Juristischen Personen zwecks Verfolgung gemeinsamer Interessen zu verstehen sei.27 Für Requião28 und Comparato29 war das Konsortium als reiner Vertrag anzusehen. Mit dem Inkrafttreten des Aktiengesetzes nahm die Wissenschaft die Diskussionen über die Rechtsnatur des Konsortiums wieder auf. Die herrschende Meinung ist, dass die Rechtsnatur des Konsortiums vertraglich ist, so wie es Comparato bereits anlässlich seiner Analyse des Aktiengesetzentwurfs vertreten hatte.30 Nach einer Mindermeinung handelt es sich dagegen beim Konsortium um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit bzw. eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.31 (2) Vertrag oder Gesellschaft? Das Konsortium nähert sich der vertraglichen Struktur, solange die juristische Unabhängigkeit der Vertragspartner gewahrt wird. Gemäß Art. 279 Aktiengesetz erfolgt seine Bildung durch einen Vertrag. Dabei handelt es sich um einen insofern spezifischen Vertrag, den sog. Konsortialvertrag, als er multilateral angelegt ist und sich von reinen Austauschverträgen infolge der Bestimmung eines gemeinsamen Zwecks grundsätzlich unterscheidet. Demnach verfügt das Konsortium auch über Berührungspunkte mit dem Gesellschaftsrecht. Beispiele dafür sind: der Eintrag des Konsortialvertrags im Handelsregister sowie ggf. des Konsortiums im Steuerregister für Juris26

Vgl. Azevedo, RT 832 (2005), S. 119. Vgl. Pontes de Miranda, Tratado de direito privado – Vol. 51, S. 231. 28 Vgl. Requião, RT 430 (1971), S. 23. 29 Vgl. Comparato, RDM 5 (1972), S. 139. 30 Vgl. Comparato, Rev. For. 256 (1972), S. 9. Siehe auch Martins, Comentários à LSA, S. 484 f.; Carvalhosa, Comentários à LSA – Vol. 4, S. 339; Penteado, Consórcio de empresas, S. 160 f. 31 Vgl. Alvares, Rev. For. 253 (1976), S. 31; Teixeira/Guerreiro, Das sociedades anônimas no direito brasileiro, S. 797. 27

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tische Personen32, das damit verbundene Risiko der Faktischen Gesellschaft, ferner Bestimmungen über Mitgliedschaft, Beschlussfassung und Vertretung. Infolgedessen kann man die Rechtsnatur des Konsortiums weder einfach als reinen Vertrag noch als Gesellschaft bestimmen: In ihm sind vertrags- und gesellschaftsrechtliche Elemente gemischt. In welche Richtung das Pendel in der Praxis ausschlägt, welche Elemente also überwiegen, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt vom Einzelfall, d.h. den spezifischen Bedürfnissen (und der daraus resultierenden Gestaltung) der Partnerschaft ab.33 Azevedo unternimmt in einem vor Kurzem erschienenen Gutachten u. a. den Versuch, die Rechtsnatur des Konsortiums zu ergründen.34 Er stellt fest, dass das Konsortium sich zwar Elementen des Vertragsrechts nähere, sich aber dennoch in keine der von der klassischen Vertragstheorie vorgegebenen Klassifizierungen genau einordnen lasse. Zur Begründung der Rechtsnatur des Konsortiums geht der Autor dann von seinem kooperativen Charakter aus und schlägt vor, es als einen relationalen Vertrag im Sinne der Theorie von Ian Macneil zu betrachten, die laut Azevedo den Juristen vielleicht als „Kreuzung“ erscheinen mag. Gemeint ist mit dieser Bezeichnung, dass die Rechtswissenschaftler bei der Analyse dieser komplexen Verhältnisse sich von starren Dogmen befreien und interdisziplinäre Methoden einbringen sollten, um zu realistischeren Betrachtungen zu gelangen. Denn die klassische Vertragstheorie führt seit Langem nicht mehr zu den exakten Erklärungen, die die modernen und notwendigerweise flexiblen rechtlichen Gestaltungen der ökonomischen Verhältnisse erfordern.35 Sztajn erkennt sogar eine Symbiose zwischen Vertrags- und Gesellschaftsrecht,36 was Schanze in seiner Theorie der Symbiotischen Arrangements präzise begründet.37 Symbiotische Arrangements liegen jenseits der tradierten Handlungsmodelle „Vertrag“ und „Gesellschaft“. In komprimierter Form lautet das Ziel dieses Ansatzes: Unternehmerische Konzepte, die die Produktion durch eine enge, langfristige Kooperation zwischen selbstständigen, aber nicht gleichberechtigen Partnern organisieren (wie beispielsweise die Modulproduktion), sollen dergestalt reguliert werden, dass ein stabiler Ermöglichungsrahmen mit klar definierten Außengrenzen entsteht: das zwingende Recht („Unternehmensverfassungsrecht“) der Symbiotischen Arrangements.38 32

Siehe, unten Kapitel 3 II. 2. f). Dazu siehe insbesondere Mendes, In medio statt virtus, S. 30 ff. 34 Vgl. Azevedo, RT 832 (2005), S. 115 ff. 35 Vgl. Villela, Rev. Dir. Est. Soc. 1973, S. 333. 36 Vgl. Sztajn, Natureza da empresa, S. 140. 37 Siehe oben, Kapitel 2 IV. Schanze, Langzeitverträge, S. 1 ff.; ders., Franchising and the Law, S. 67 ff.; ders., JITE 149 (1993), S. 691 ff.; ders., Beyond Contract and Corporation, S. 75 ff.; ders., New Palgrave – Band 3, S. 554 ff. 33

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Ob nun das Konsortium als relationaler Vertrag betrachtet werden kann, wird im Folgenden geprüft. (a) Relationale Verträge Der vor allem durch Ian R. Macneil39 und Victor P. Goldberg40 geprägte Begriff „Relationaler Vertrag“ kann nahezu als ein Synonym für Williamsons Begriff des Hybriden Langzeitvertrags angesehen werden.41 Der Grundstein für das Vertragsverständnis Macneils und Goldbergs war bereits von Lon L. Fuller42 gelegt worden: „Generally we may say that in the actual carrying out of a complex agreement between friendly parties, the written contract often furnishes a kind of framework for an ongoing relationship. For the definition we may have to look to a kind of two-party customary law implicit in the parties’ actions, rather than to the verbal formulations of the contract; if this is true of contracts that are eventually brought to court, it must be much more commonly so in situations where the parties make out without resort to litigation.“

Die erste Veröffentlichung Macneils war eine Untersuchung soziologischer Abhandlungen über die Einschränkung der Vertragsfreiheit, in der er Erstere als eines der größten Vertragsprobleme in einer Zeit von Standardformen, ökonomischer Konzentration und sozialer Macht bezeichnet.43 In späteren Veröffentlichungen zum Thema beschäftigte sich Macneil schwerpunktmäßig mit Problemkreisen, die es ihm erlaubten, das Versagen der klassischen Vertragstheorie zu begründen, insbesondere den Mangel an Realitätsbezug in den Regelungen über die Willenserklärungen sowie in den Vereinbarungen zum Einsatz von Rechtsmitteln.44 Er fasste seine Meinung später wie folgt zusammen:45 „The limited extent to which it is possible for people to consent to all the terms of a transaction, even a relatively simple and very discrete one, soon forces the development of legal fictions expanding the scope of ‚consent‘ far beyond any38

Vgl. Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 148 f. Macneil, South. Cal. Rev. 47 (1974), S. 691 ff.; ders., North. U. Law Rev. 72 (1978), S. 854 ff.; ders., North. U. Law Rev. 75 (1981), S. 1018 ff. 40 Goldberg, J. Ec. Iss. 10 (1976), S. 45 ff.; ders., Am. Beh. Scient. 23 (1980), S. 337 ff.; ders., JITE 46 (1990), S. 216 ff.; ders., New Palgrave – Band 3, S. 289 ff. 41 Schanze, New Palgrave – Band 3, S. 555; Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 124; deutlich wird die synonyme Verwendung beider Begriffe bei Williamson, JLEO 4 (1988), S. 65 ff.; ders., Ad. Sc. Quart. 36 (1991), S. 269, 290. 42 Fuller, Amer. Jour. of Jur., 14 (1969), S. 1, 15. 43 Macneil, Corn. Law Quart. 46 (1960), S. 177. 44 Vgl. Campbell, Relational Theory of Contract, S. 3. 45 Macneil, North. U. Law Rev. 72 (1978), S. 883 f. 39

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thing remotely close to what the parties had in mind. The classical [. . .] contract is founded not upon actual consent but upon objective manifestations of consent. Moreover, in [the] classical law [,] manifestations of intent include whole masses of contract consent one, or even both, of the parties did not know in fact.“

Obwohl Macneil bei seinem Begriff der „Relationalen Verträge“ am Wort „Beziehung“ („relation“) ansetzt, gilt es, darauf hinzuweisen, dass diese Verträge eben nicht in dieser, sondern in der Kooperation („co-operation“) ihren Ursprung haben,46 wie Azevedo in seinem Gutachten richtig erkennt.47 Laut Macneil besteht ein Vertrag aus folgenden Hauptelementen:48 „There are [. . .] five basic elements of contracts: 1. co-operation; 2. economic exchange; 3. planning for the future; 4. potential external sanctions; and 5. social control and manipulation.“

Goldberg charakterisiert relationale Verträge als die Menge der Rechtsbeziehungen, welche durch Konsens begründet werden, auf einen langfristigen Leistungsaustausch gerichtet sind und bei denen sich von Beginn an folgende Problemfelder abzeichnen: i) Anpassungen der Verträge an künftige veränderte Umstände werden notwendig; ii) solche Anpassungen sollen am besten durch jene Vertragspartei erfolgen, die sie mit den geringsten Kosten durchführen kann („least cost avoider“); iii) das Gelingen des Vertragskonzepts ist mit einer teils kontinuierlichen, teils diskontinuierlichen Fortschreibung der gemeinsamen Leistungsvereinbarung verbunden.49 Die nach dem „least cost avoider“-Prinzip gestalteten Verträge verlangen strikte Umsetzung. Schwierigkeiten beim Entwurf von Anpassungsregeln bestehen darin, Anreize gegen opportunistische Anpassungsmaßnahmen zu setzen.50 Dieser Konflikt wird von Goldberg wie folgt beschrieben:51 „When entering into an agreement, this goes, the parties would rationally attempt to minimize the joint costs of adjusting to prospective contingencies. If that requires them to adjust their behaviour over time in response to changed circumstances, then they would want to assign the job of adjusting to particular contingencies to the party in the best position to do so. There is a fundamental tradeoff between explicitly defining the obligations of contracting parties and allowing the parties to adjust their behaviour (and their obligations) in the face of changed circumstances. The problem is exacerbated if the benefits of allowing adjustment are potentially great but permitting adjustment allows one or more parties to engage in opportunistic behaviour or rent-seeking.“ 46

Vgl. Campbell, Relational Theory of Contract, S. 7. Vgl. Azevedo, RT 832 (2005), S. 122 f. 48 Vgl. Macneil, J. of Legal Ed. 21 (1969), S. 407. 49 Vgl. Goldberg, New Palgrave – Band 3, S. 289 ff.; Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 124. 50 Vgl. Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 124. 51 Vgl. Goldberg, New Palgrave – Band 3, S. 289. 47

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Problematisch bei der Theorie der relationalen Verträge ist, dass sie an unpräzisen Begriffen leidet. So bleiben die Grenzlinien der „Relationalen Verträge“ zu den „gewöhnlichen Verträgen“ einerseits und zu gesellschaftsrechtlichen Strukturen andererseits im Dunkeln. Als Erfolg der Theorie ist demnach eine Verbreiterung der neoklassischen Vertragsdogmatik anzuerkennen, wie z. B. hinsichtlich des Prinzips vom „least cost avoider“ und vertraglicher Anreize gegen die opportunistische Ausnutzung des Ermessensspielraums, die bei der Gestaltung von Verträgen angewendet werden können. Dabei kommt den Gerichten die Aufgabe zu, die Parteien vor grobem Missbrauch zu schützen.52 (b) Hybride Langzeitverträge und Symbiotische Arrangements Weitere Ansatzpunkte für die Bestimmung der Rechtsnatur des Konsortiums können aus der Theorie der Hybriden Langzeitverträge und der Theorie der Symbiotischen Arrangements gewonnen werden. Diesbezüglich ist davon auszugehen, dass im Konsortium sowohl vertrags- (Markt) als auch gesellschaftsrechtliche Elemente (Hierarchie) vorhanden sind. Während Williamson ökonomisch zwischen Markt, hybriden Transaktionsformen und Hierarchie unterscheidet, können sich Juristen diesem Sachverhalt über die Theorie der Symbiotischen Arrangements nähern, d.h., die Frage beantworten, ob es nach rechtlichen Maßstäben ebenfalls eine dritte Kategorie zwischen Vertrag und Gesellschaft gibt. Teubner betont, dass die klaren Grenzen von formalen Organisationen gegenüber ihren Marktumwelten angesichts des gegenwärtigen massiven Auftretens von virtuellen Unternehmen, strategischen Netzwerken, hybriden Organisationen, Intranets und Extranets, Franchising-Netzen, Just-in-Time-Verträgen, Outsourcing und anderen Formen vertikaler Entflechtung prinzipiell in Frage gestellt werden könnten.53 Die Theorie der Symbiotischen Arrangements erlaubt eine realistische Interpretation dieser Strukturen, wobei der Gewinn unmittelbar aus der Verabschiedung vom Dualismus „Vertrag versus Gesellschaft“ resultiert. Dadurch wird Typenvielfalt bei unternehmerischen Organisationskonzepten und in der Konsequenz Privatautonomie zugelassen; zudem wird verhindert, dass die entstehenden Vereinbarungen durch das festzementierte Bett des Gesellschaftsrechts oder des dispositiven, für Standardtransaktionen konzipierten Vertragsrechts gepresst werden.54 Man mag sich zwar über die verschiedenen Vertragskonzepte streiten, trotzdem liegt es nahe, das Wesen des Vertrags als in der Privatautonomie 52 53 54

Vgl. Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 126 f. Teubner, ZGR 165 (2001), S. 550; ders., ZHR 154 (1990), S. 295 f. Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 420.

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gründend zu begreifen. Umstritten bleibt allerdings der Grad dieser Freiheit. Einige Autoren sprechen von begrenzter Privatautonomie, solange die Selbstbestimmung der Parteien durch das Recht eingeschränkt werde (bis hin zu der extremen Auffassung, dass deshalb nicht wirklich von Vertragsfreiheit gesprochen werden könne). Letztlich stützt die Tatsache, dass bei diesen Diskussionen die Privatautonomie im Zentrum steht, bei allen möglicherweise gegebenen Einschränkungen, die These, dass sie als Wesen des Vertrags zu begreifen ist.55 Tatsächlich wurde die Privatautonomie im Laufe der Jahre aufgrund des notwendigen Schutzes von schwächeren Parteien und Gläubigern immer weiter eingeschränkt. Dies folgt aus einer wichtigen Rolle des Wirtschaftsrechts (insbesondere des Vertragsrechts), nämlich der der sozialen Kontrolle. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass es auch eine unabdingbare „Ermöglichungs“-Funktion im Rahmen der Vertragsfreiheit gibt. Zu Recht bemerkt Calabresi, dass große Parteien wüssten, was wichtig für sie sei.56 Deswegen sollten ihr Wille und die ökonomische Logik des Vertrags respektiert werden. Laut Sester brächte dies mehr Sicherheit, eine bessere und freiere Gestaltung der aus den ökonomischen Notwendigkeiten der Parteien entstehenden Obliegenheiten und ermöglichte zudem höhere organisatorische Effizienz.57 In diesem Zusammenhang würde das Wirtschaftsrecht weiterhin eine wesentliche Rolle spielen, jedoch wären das Zivil- und das Handelsrecht für den Rechtsverkehr zwischen Wirtschaftsunternehmen auf ihre ursprünglichen liberalen Konzepte zurückzuführen. Die Verrechtlichung der zahlreichen ökonomischen Nuancen der Modulproduktion, wie überhaupt jeder modernen Transaktion, erfordert typisierte Vereinbarungen. Dabei verfügen die Juristen im Rahmen des Prinzips der Typenfreiheit nicht nur über eine weitreichende inhaltliche Gestaltungsfreiheit, sondern werden – wie Harm Peter Westermann zutreffend formuliert hat – sogar von der Beobachtung der vorhandenen Typenschemata freigestellt und autorisiert, neue Regelungskomplexe zu erfinden.58 Aus diesem Grund stellt eine sog. Deregulierung per Gesetz keine Lösung dar. Stattdessen ist die geltende Rechtsordnung in einer Weise auszulegen, die ihre liberalen Traditionen stark hervortreten und Respekt vor der Privatautonomie erkennen lässt.59 Dies gilt auch für die Modulproduktion, wobei selbstver55

Villela, Rev. Dir. Est. Soc. 1973, S. 329. Vgl. Calabresi, Yale Law J. 70 (1961), S. 502. 57 Siehe Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 420, 423 ff. 58 Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 113; ebenso Dilcher, NJW 1960, 1040 f. 59 Wie Peter Sester zu Recht betont, in Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 434. 56

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ständlich nicht von einem neuen, nicht von den gesetzlichen Schemata erfassten Typ auszugehen ist. Vielmehr handelt es sich um eine den Rahmen der Inhaltsfreiheit des Konsortiums keineswegs sprengende, umfassende Vertragsgestaltung, die die Obliegenheiten der Parteien in einem komplexen Netzwerk von Verträgen bestimmt. Solange dabei zwingende Vorschriften berücksichtigt werden, sind die Modulproduktion und andere moderne Vereinbarungen als zulässig zu betrachten. c) Parteien In der Modulproduktion sind die Modulanten üblicherweise entweder in Form einer „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ („sociedade limitada“) oder einer „Aktiengesellschaft“ („sociedade por ações“) organisiert; sie sind die in der brasilianischen Praxis am häufigsten gewählten Gesellschaftsformen. Vorschriften über die „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ sind in Art. 1.052 bis 1.087 des neuen brasilianischen Zivilgesetzbuches zu finden, das im Jahr 2003 in Kraft trat. Bei der Wahl lässt man sich üblicherweise von Kriterien wie Unternehmenskosten oder Bilanzierungsvorschriften leiten. Die „sociedade por ações“ und die „sociedade limitada“ unterscheiden sich von ihren deutschen Pendants, AG und GmbH, im Wesentlichen in zwei Aspekten, nämlich darin, dass: i) Brasilien bei diesen Rechtsformen die Rechtsfigur der Einmanngesellschaft nicht kennt; ii) das brasilianische Recht weder ein Mindestkapital noch eine Mindesteinlage der einzelnen Gesellschafter fordert.60 Der Grund, weshalb das neue brasilianische Zivilgesetzbuch Vorschriften über die „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ enthält, ist, dass der brasilianische Gesetzgeber sich beim Gesetzentwurf offenbar wiederum vom italienischen Zivilgesetzbuch hat beeinflussen lassen. Allerdings mit dem Unterschied, dass er eine Vereinheitlichung insbesondere des Schuldrechts zu schaffen beabsichtigte, während sich in der italienischen Variante eine Vereinheitlichung des gesamten Privatrechts findet.61 Darüber hinaus setzte das neue Zivilgesetzbuch sowohl das Dekret Nr. 3.018/1919 (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) als auch das damalige Zivilgesetzbuch (Gesetz Nr. 3.071/1916) sowie den ersten Teil des Handelsgesetzbuchs von 1850 außer Kraft. Folglich verbleibt der zweite Teil des Handelsgesetzbuchs, das den Seehandel regelt, ebenso in Kraft wie das erwähnte Gesetz Nr. 6.404/1976 über die Aktiengesellschaften. Unmit60

Vgl. Thomas, Die Gründung einer Tochtergesellschaft in Brasilien, S. 96. Vgl. Leães, RDM 128 (2002), S. 7, 9; Reale, O projeto de código civil, S. 71 ff.; Wald, Rev. For. 372 (2004), S. 53 ff.; ders., RDM 130 (2003), S. 43. Siehe auch Machado, Rev. Dir. Priv. 15 (2003), S. 9 ff. 61

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telbare Folge dieser Reform ist eine schwer zu beseitigende Aufsplitterung der Gesetzgebung gewesen.62 Weiter kennt das brasilianische Zivilgesetzbuch die „sociedade simples“ (Einfache Gesellschaft), die „sociedade em nome coletivo“ (Offene Handelsgesellschaft), die „sociedade em comandita“ (Kommanditgesellschaft), die „sociedade em comandita por ações“ (Kommanditgesellschaft auf Aktien), die „sociedade em comum“ (Faktische Gesellschaft) sowie die „sociedade em contas de participação“ (Stille Gesellschaft).63 An sich ähnelt die im brasilianischen Zivilgesetzbuch Art. 997 bis 1038 geregelte „sociedade simples“ (Einfache Gesellschaft) eher der deutschen Offenen Handelsgesellschaft als der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Da aber für diese Gesellschaftsform der Betrieb eines kleinen Unternehmens unter gemeinschaftlicher Firma oder ein Zusammenschluss von Angehörigen freier Berufe typisch ist, weist sie durchaus Gemeinsamkeiten mit der deutschen Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Partnergesellschaft auf.64 Die „sociedade em nome coletivo“ entspricht ungefähr der deutschen Offenen Handelgesellschaft. Als ihre Besonderheit ist zu nennen, dass ausschließlich persönlich und unbeschränkt haftende natürliche Personen als Gesellschafter fungieren können. Ihre Gründung erfolgt in der Praxis äußerst selten, insbesondere aufgrund des unkomplizierten Verfahrens zur Gründung einer „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ und des sich daraus ergebenden Vorteils der beschränkten Haftung. Darüber hinaus korrespondieren die „sociedade em comandita“ und die „sociedade em comandita por ações“ der brasilianischen Rechtsordnung weitgehend den jeweiligen deutschen Rechtsformen der Kommanditgesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien. Anders als in Deutschland werden sie jedoch mangels steuerlicher Vorteile sehr selten benutzt. Die „sociedade em comum“ (Faktische Gesellschaft) und die „sociedade em contas de participação“ (Stille Gesellschaft) sind gesetzlich als Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit geregelt.65

62 Vgl. Villela, Das Unternehmen im neuen Zivilgesetzbuch Brasiliens, S. 11. Der Autor begrüßt das neue Zivilgesetzbuch feierlich mit folgenden Worten: Le Code civil est mort, vive le Code civil! 63 Vgl. mit der Übersetzung von Sanden, Das Unternehmen im neuen Zivilgesetzbuch Brasiliens, S. 46 ff. 64 Vgl. Rocha Gomes, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 3. 65 Zu der brasilianischen Regelung der Kommanditgesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien siehe Borba, Direito societário, S. 70 ff., 143 ff.

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d) Billigung durch das zuständige Gesellschaftsorgan Laut Art. 279 setzt die Bildung eines Konsortiums die Billigung seitens desjenigen Gesellschaftsorgans der beteiligten Gesellschaften voraus, das zuständig für die Genehmigung der Veräußerung von Gegenständen des Anlagevermögens ist. Sollte es sich bei allen oder mehreren Parteien um Aktiengesellschaften handeln, ist für die Erteilung der Billigung laut Art. 142 Abs. VIII Aktiengesetz der Verwaltungsrat zuständig,66 sofern nichts anderes in dem Gesellschaftsvertrag vereinbart ist. Darüber hinaus lässt sich in zwei Fällen ohne größere Probleme feststellen, welches Organ über die Zuständigkeit verfügt, nämlich: i) wenn der Gesellschaftsvertrag dieses Sachgebiet ausdrücklich bestimmt und die Zuständigkeit dem Vorstand, dem Verwaltungsrat oder der Hauptversammlung zuweist; ii) wenn der Gesellschaftsvertrag lückenhaft ist, denn in diesem Fall ist der Verwaltungsrat zuständig. Schwierigkeiten können sich dann ergeben, wenn die Aktiengesellschaft keinen Verwaltungsrat besitzt. Laut herrschender Meinung und Rechtsprechung ist hier von der Zuständigkeit der Hauptversammlung auszugehen, die an den Vorstand delegiert werden kann.67 Im Falle einer Beteiligung von Gesellschaften mit anderen Rechtsformen am Konsortium werden die zuständigen Organe mit Hilfe der einschlägigen Vorschriften und der Gesellschaftsverträge festgestellt. e) Bestandteile des Konsortialvertrags Wichtig für die Bildung eines Konsortiums ist der Abschluss eines Konsortialvertrages,68 der je nach konkreter Ausgestaltung des Konsortiums ein66 Die rechtlichen Bestimmungen zur Verwaltung der brasilianischen Aktiengesellschaft sind mit dem deutschen System enger verwandt als mit dem angloamerikanischen „board“-System. Vgl. Thomas, Die Gründung einer Tochtergesellschaft in Brasilien, S. 102. 67 Vgl. Penteado, Consórcio de empresas, S. 145 f. 68 Nach deutschem Recht müssen die Parteien zur Errichtung eines Konsortiums eine bestimmte Rechtsform auswählen, in der Praxis fast ausnahmslos die GbR. Eine der Voraussetzungen für die Bildung einer GbR ist der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags. Dieser wird in Deutschland als Konsortialvertrag bezeichnet. Vgl. Schaub, Der Konsortialvertrag, S. 43; Ulmer, in Müko Band 5, § 705, Rn. 39; Bick, Die Gelegenheitsgesellschaft, S. 28; Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1708, 1727. Der Konsortialvertrag bedarf in Deutschland keiner besonderen Form und kann theoretisch auch mündlich geschlossen werden. Dies wird in der Praxis natürlich vermieden, denn die Parteien wollen wichtige Aspekte ihrer Verbindung, wie z. B. Haftung, in einem schriftlichen Dokument kodifizieren, um einschlägige Risiken einschränken zu können. Vgl. Delorme, Konsortial- und Emissionsgeschäft, S. 11. Hervorzuheben ist die Position von Karsten Schmidt: Das Recht der GbR sei vielleicht nicht das bedeutsamste, aber doch wohl das schwierigste Gebiet des Besonde-

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schlägige Vorschriften des Art. 279 Aktiengesetz erfüllen muss. Sie werden im Folgenden dargestellt. (1) Bezeichnung Im Fall eines Außenkonsortiums sind die Konsortialpartner verpflichtet, im Konsortialvertrag einen Namen für die Partnerschaft zu bestimmen. Dieser muss sich von den Namen der beteiligten Gesellschaften unterscheiden, ist im Rechtsverkehr zu verwenden und weist üblicherweise einen bestimmten Bezug zu dem verfolgten Zweck auf.69 Bei der Modulproduktion handelt es sich hingegen um ein strukturiertes Konsortium zur Ausführung einer mehrgliedrigen Wertschöpfung, dessen Produkt nach außen unter einer Marke des OEM in Erscheinung tritt. Deshalb ist die Bestimmung eines eigenen Namens für die Modulproduktion an sich nicht von Bedeutung. Wird trotzdem ein eigener Name verwendet, so mag dies in Vermarktungsstrategien, genauer: in der Schaffung eines für die Konsumenten erkennbaren Labels, gründen. (2) Zweck und Dauer Der Konsortialvertrag muss die Verabredung über den gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck enthalten (Art. 279 II). Dessen Bestimmung ist ein notwendiges, charakteristisches Merkmal des Konsortiums, welches sich hierdurch von den reinen Austauschverträgen unterscheidet. Art. 278 Aktiengesetz erfordert die „Ausführung einer bestimmten Unternehmung“ („determinado empreendimento“). Hervorzuheben ist, dass dieser Ausdruck in der portugiesischen Sprache nicht frei von Doppeldeutigkeiten ist, was zu rechtswissenschaftlichen Kontroversen Anlass gab. Einige Autoren weisen darauf hin, dass es sich um eine einzige, zeitlich begrenzte Operation handeln müsse.70 Heutzutage vertritt die herrschende Meinung die Ansicht, dass auch eine zeitlich unbegrenzte Tätigkeit und die gemeinsame Durchren Gesellschaftsrechts, weil i) das Gesetzesrecht der §§ 705 ff. BGB fragmentarisch; ii) die Vielfalt der Gestaltungen verwirrend und iii) eine systematische und praktikable Ordnung dieser Vielfalt dem Gesetzesrecht nicht zu entnehmen sei. Vgl. Schmidt, JZ 1985, S. 909; ders., Gesellschaftsrecht, S. 1690. Ob das Recht der BGB-Gesellschaft der Reform bedarf, ist umstritten. Zu umfassenden Vorschlägen siehe Schmidt, in GbR Bd. 3, S. 413 ff. Kritik: Ulmer, ZGR 2 (1984), S. 313 ff.; Hüffer, AcP 184 (1984), S. 584 ff.; Schwichtenberg, BB 7 (1985), S. 429 ff. 69 Ergänzt wird dies durch die Eintragung des Konsortialvertrags ins Handelsregister; diese Publizitätsmaßnahme soll die Interessen Dritter schützen. Siehe unten, Kapitel 3 II. 2. f). 70 Vgl. Teixeira/Guerreiro, Das sociedades anônimas no direito brasileiro, S. 798.

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führung mehrerer Operationen Gegenstand des Konsortiums sein können.71 Selbst wenn das Konsortium also im Sinne des Aktiengesetzes als eine echte societas alicuius negotiationis zu betrachten wäre, wird es in der Praxis zur Ausführung einer oder mehrerer Unternehmungen angewendet, welche wiederum zeitlich begrenzt oder unbegrenzt sein mögen. Diesbezüglich sei auf die insbesondere bei Außenkonsortien übliche Vorsichtsmaßnahme hingewiesen, den Konsortialvertrag auf eine bestimmte Zeit zu begrenzen; schließlich besteht immer die Möglichkeit, das Konsortium nach Ablauf des Vertrags zu verlängern. Denn bei einem zeitlich unbegrenzten Konsortium riskiert man, dass es entgegen den eigentlichen Interessen der Konsortialpartner, als eine Faktische Gesellschaft eingestuft wird und die Gesellschafter nach Art. 990 des Zivilgesetzbuches gesamtschuldnerisch und unbeschränkt für die Verpflichtungen der Gesellschaft haften.72 Soll das Konsortium am Rechtsverkehr teilnehmen, ist es von besonderer Bedeutung, den Art. 11 Abs. III der Verwaltungsvorschriften („instrução normativa“) Nr. 568/2005 der Finanzverwaltung („receita federal“) zu beachten, welcher dessen Eintragung in das Steuerregister für Juristische Personen („cadastro nacional da pessoa jurídica“ – CNPJ) verlangt. Aus einem rechtstechnischen Blickwinkel mutet diese Eintragung in das CNPJ erst einmal seltsam an, schließlich verfügt das Konsortium über keine eigene Rechtspersönlichkeit (Art. 278 Abs. II). Indessen verfährt die Finanzverwaltung einfach pragmatisch, um eine bessere Kontrolle der Steuerpflichtigen zu erreichen. Die Modulproduktion bedarf keiner Eintragung in das CNPJ, denn bei ihr handelt es sich um ein Innenkonsortium zur Montage unterschiedlichster Fahrzeuge, wobei der Automobilhersteller für deren Verkauf zuständig ist und die Modulanten im Rahmen der Zulieferungsbeziehungen vergütet werden. Das in der Praxis angewendete Sonderregime („regime especial“)73 erlaubt einen Aufschub der bei der Übertragung von Produktionsfaktoren anfallenden, von jedem Konsortialpartner einzeln der zuständigen Steuerbehörde zu überweisenden Steuern. Während der Rahmenvertrag unbefristet 71

Als Beispiel dafür siehe Azevedo, RT 832 (2005), S. 115 ff. Dies bezieht sich auf folgende vereinzelte Entscheidung der 1. Steuerzahlerkammer des Finanzministeriums („conselho de contribuintes do ministério da fazenda“) aus dem Jahr 1996: „Das Konsortium ist eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, dessen Zweck die Ausführung einer bestimmten und spezifischen Unternehmung ist. Sollte [. . .] der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen sein, ist das Rechtsverhältnis nicht als Konsortium anzuerkennen, sondern als eine rein faktische Gesellschaft“ (DOU von 13.5.1996, S. 8157). Zum Begriff der „faktischen Gesellschaft“ siehe Bulgarelli, A teoria jurídica da empresa, S. 246 ff. 73 Siehe Kapitel 2 III. 1. c). 72

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ist, werden die einschlägigen Zulieferungsverträge auf bestimmte Zeit geschlossen.74 (3) Anschrift und Gerichtsstand Weitere Bestandteile des Konsortialvertrags bilden die Angabe von Anschrift und Gerichtsstand des Konsortiums (Art. 279 III). Ersteres meint lediglich die Adresse derjenigen Örtlichkeit, in der die Konsortialtätigkeiten ausgeübt werden. Im Falle der Modulproduktion, bei der die Konsortialpartner ihre Tätigkeiten in einem bestimmten Werk ausführen, ist diese Örtlichkeit als Anschrift zu verwenden. Bei anderen Konsortialtätigkeiten ist es in der Praxis durchaus üblich, die Anschrift des betreffenden Stellvertreters anzugeben. Ferner gilt es, im Konsortialvertrag den Gerichtsstand festzulegen, der für die Beilegung eventueller Streitigkeiten zwischen den Vertragspartnern oder mit Dritten zuständig sein soll. Dies ist nicht obligatorisch und kann durch Schiedsgerichtsklauseln ersetzt werden. Obwohl rechts- und handlungsfähig, war es in der älteren Literatur umstritten, ob das Konsortium auch als parteifähig zu interpretieren ist,75 was heutzutage gemäß der herrschenden Rechtsprechung zu bejahen ist.76 In diesem Zusammenhang muss auf die Rechtsprechung des brasilianischen Obersten Gerichtshofs („superior tribunal de justiça“) hingewiesen werden, der zufolge die übrigen Konsortialpartner nicht parteifähig sind, sofern im Konsortialvertrag eine Partei („empresa líder“77) zur exklusiven Vertretung des Konsortiums benannt wurde.78 (4) Bestimmung von Verpflichtungen, Leistungsanteilen und Haftung Unabdingbarer Bestandteil eines Konsortialvertrags ist die genaue Darstellung aller Verpflichtungen und Leistungsanteile sowie der Haftung der Parteien. Ziel dabei ist es, eine Privatrechtsordnung zur Regelung des konkreten Bündels von Transaktionen der Akteure zu schaffen, wobei die Par74

Siehe Kapitel 1 II. 3. e) (19). Vgl. Teixeira/Guerreiro, Das sociedades anônimas no direito brasileiro, S. 797. 76 Die Frage, ob ein Konsortium bzw. eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts parteifähig ist, war auch in Deutschland umstritten. Erst mit dem bahnbrechenden Urteil BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 wurde anerkannt, dass die GbR rechtsfähig, handlungsfähig, parteifähig und insolvenzrechtsfähig ist. 77 Siehe unten, Kapitel 3 II. 3. e) (5). Vgl. Carvalhosa, Comentários à LSA – Vol. 4, S. 342. 78 Vgl. REsp 337869/DF – Rec. Esp. 2002/0068502-0, 28.3.2006, DJ 24.4.2006, S. 354; RMS 8340/DF – Rec. Ord. MS 1997/0016337-7, 6.11.1997, DJ 15.12.1997, S. 66215. 75

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teien Voraussetzungen für die Durchführung der Leistungen, die zu erbringenden Beiträge und das Verfahren für eventuell notwendige Anpassungen festsetzen. Zu den Beiträgen i. w. S. gehören alle auf die Förderung des gemeinsamen Zwecks gerichteten Leistungen der Gesellschaften. Beitrag in diesem Sinne kann jede Leistung sein, sei sie materieller oder immaterieller, realer oder ideeller Art. Der Erfolg eines jeden Konsortiums bzw. einer jeden Kooperation ist nicht zuletzt von der Qualität der vertraglichen Verabredungen abhängig. Aus der Analyse des in der Modulproduktion geschlossenen Rahmenvertrags ergibt sich zwingend, dass er zwecks Schaffung dieser Privatrechtsordnung zwischen den Konsortialpartnern gestaltet ist. Sollte das Konsortium durch die Parteien oder Dritte gerichtlich belangt werden, gilt der Rahmenvertrag zudem als Auslegungshilfe, um nähere Einblicke in die ökonomische und juristische Struktur der Unternehmung zu ermöglichen. Art. 278 Abs. 1 Aktiengesetz legt fest, dass die Konsortialpartner keine gesamtschuldnerische Haftung trifft, und zwar auch dann nicht, wenn eine der beteiligten Gesellschaften in Konkurs gerät (Abs. 2).79 Das bedeutet, dass zwischen den Konsortialpartnern keine gesellschaftlichen Abhängigkeiten vorliegen, sodass die Gläubiger sich die gesamtschuldnerische Haftung nach den allgemeinen Vorschriften ausbedingen müssen. Typische Beispiele dafür erwachsen aus Art. 2 Abs. II Arbeitsgesetzbuch und Art. 25 Abs. II Verbraucherschutzgesetzbuch. Art. 2 Abs. II Arbeitsgesetzbuch sieht Folgendes vor: „Immer wenn ein oder mehrere Gesellschaften sich unter Leitung, Kontrolle oder Verwaltung anderer Gesellschaften befinden, aber ihre eigene juristische Unabhängigkeit behalten, mit dem Zweck, eine Verbindung für die Ausführung industrieller, gewerblicher sowie jeglicher anderen Art von Tätigkeiten zu bilden, haften gesamtschuldnerisch sowohl die Hauptgesellschaft als auch die untergeordneten Gesellschaften.“ Laut herrschender Lehre80 und Rechtsprechung81 ist Art. 2 II des Arbeitsgesetzbuches zu entnehmen, dass zur Feststellung der gesamtschuldnerischen Haftung der Konsortialpartner das Vorhandsein von gemeinsamer Leitung und Kontrolle vonnöten ist. Für die Modulproduktion bedeutet dies, dass die Konsortialpartner fast unweigerlich 79 Als Ausnahme von dieser Vorschrift ist der Fall des Art. 33 Abs. V des Gesetzes Nr. 8.666/1993 zu erwähnen. Dieses Gesetz regelt die öffentliche Ausschreibung und Verträge mit der öffentlichen Verwaltung und definiert verschiedene Vorschriften in Bezug auf das Konsortium (Art. 33). Gemäß Art. 33 Abs. V haften die Konsortialpartner gesamtschuldnerisch sowohl in der Phase der öffentlichen Ausschreibung als auch während der Umsetzung des Vertrags. 80 Siehe Magano, Os grupos de empresa no direito do trabalho, S. 238. 81 Vgl. TST-AIRR-248/2002-087-03-00, DJ 15.9.2006; TST-RR-509893/1998.5, DJ 20.10.2006.

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gesamtschuldnerisch haften werden. So hat denn auch das brasilianische Bundesarbeitsgericht („tribunal superior do trabalho“) bereits entschieden, dass die Modulanten unter der Kontrolle des Automobilherstellers stehen und für diesen eine Dienstleistung erbringen.82 Um zu verhindern, dass dadurch die ökonomische Ratio ihrer Verbindung in der Praxis Schaden nimmt, vereinbaren die Konsortialpartner im Rahmenvertrag, dass die verantwortliche Partei den anderen gegenüber zur Rückerstattung verpflichtet ist, ohne dass dafür erst ein Regressanspruch geltend gemacht werden müsste.83 In aus Art. 25 II Verbraucherschutzgesetzbuch resultierenden Fällen gesamtgesellschaftlicher Haftung, wird ebenso verfahren.84 (5) Vertretung Ein typisches organisatorisches Merkmal des Konsortiums ist die Auswahl einer Partei zur Ausübung der Geschäftsführungstätigkeiten. Sie wird in der Praxis als „Geschäftsführer“ bezeichnet. Die Aufgaben des Geschäftsführers können darauf beschränkt sein, Handlungen ohne rechtsgeschäftlichen Bezug vorzunehmen. In diesem Fall ist ihre Tätigkeit auf die technische, kommerzielle und organisatorische Koordinierung der Leistungsanteile der Konsortialpartner begrenzt. Zugleich besteht die Möglichkeit, den Geschäftsführer mit der Finanzplanung, -verwaltung und -kontrolle sowie der Abwicklung der Korrespondenz zwischen den Konsortialpartnern und gegenüber Dritten zu betrauen. Im Fall der Modulproduktion gründen die Leitungsaufgaben des OEM nicht in einer Stellvertretung im Rechtssinne, sodass er also dazu bevollmächtigt worden wäre, vielmehr handelt es sich um eine konsequent gestaltete Prinzipal-Agent-Beziehung. Die beabsichtigte Arbeitsteilung mit weitreichenden Spezialisierungen innerhalb einer mehrgliedrigen Wertschöpfungskette erzwingt vom Prinzipal die Delegation bestimmter Aufgaben an seine Agenten. Um die Unternehmung angesichts der Komplexität der Aufgabenverteilung zum Erfolg zu führen, sind Prinzipal und Agenten teilweise gezwungen, ihre Positionen zu tauschen (sog. Gekreuzte Prinzipal-AgentBeziehung). Dank dieser arbeitsteiligen Konfiguration können die Parteien „economies of scale“ sowie Erfahrungskurveneffekte realisieren. Darüber hinaus versuchen OEM und Modulanten, Synergieeffekte zu erzielen und das Einsparpotenzial zu erhöhen. 82

Vgl. TST-AIRR-248/2002-087-03-00, DJ 15.9.2006. Vgl. Kapitel 1 II. 3. e) (16). 84 Wonach sowohl die Hersteller als auch die Zulieferer gesamtschuldnerisch haften, wenn ein Qualitätsfehler aus einer in das Produkt eingebauten Komponente oder einem Ersatzteil entsteht. 83

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(6) Empfang von Einnahmen und Aufstellung von Ergebnissen Von nicht zu unterschätzender Bedeutung bei der Gestaltung des Konsortialvertrags sind klare Regelungen über die den Konsortialpartnern zustehende Vergütung und Beteiligung am Gewinn. Unterschiedlich gestaltet wird das Zahlungsverfahren einschließlich der Rechnungslegung. Bei der Modulproduktion sind diesbezügliche Regelungen im Konsortialvertrag bzw. Rahmenvertrag unerlässlich, da der Automobilhersteller allein für den Verkauf der Fahrzeuge zuständig ist. (7) Mitgliedschaft und Beschlussfassung Nicht für die Modulproduktion, aber für Außenkonsortien und einige Innenkonsortien mit besonderer Gestaltung ist die Festsetzung der Form der Beschlussfassung (Art. 279 VII) von Bedeutung. In dieser Hinsicht nähert sich die Modulproduktion dem Vertragsmodell und somit besteht keine Notwendigkeit, Beschlüsse im gesellschaftsrechtlichen Sinne zu fassen. In der Modulproduktion ist das Engagement der Vertragspartner auf ein gemeinsames Ziel gerichtet, dabei dient der Rahmenvertrag als Unternehmensverfassung. Er enthält die „ex ante“ vereinbarten Richtlinien, auf die bei der Organisation und Koordination von Aufgaben sowie im Fall von Investitionen zurückgegriffen wird. Weitere notwendige Absprachen werden im Rahmen des erwähnten Netzwerks von Verträgen geregelt, beispielsweise die über Zulieferverträge erfolgende Vergütung der Modulanten und die Rückerstattung der Investitionen. (8) Regelungen über Aus- und Eintritt der Vertragspartner Das Konsortium ist vom Gesetzgeber nicht – wie Austauschverträge – zweiseitig, sondern mehrseitig angelegt: Es können alte Konsortialpartner ausscheiden sowie neue Konsortialpartner angenommen werden. Diese Entscheidungen treffen grundsätzlich die Konsortialpartner selbst oder der Geschäftsführer; im Fall der Modulproduktion wäre dies der Automobilhersteller. Die Entscheidung erfolgt durch ein sog. Eintritts- bzw. Austrittsprotokoll.85 Mögliche Gründe für einen Austritt sind: i) Austritt kraft Gesetzes oder kraft des Konsortialvertrags, ii) Austritt durch Kündigung, iii) Auflösung des Konsortiums.86 Dies spielt eine zentrale Rolle beim Schutz des Konsortiums vor opportunistischem Verhalten oder anderen Leistungsstörungen. 85 86

Einzelheiten in Kapitel 1 II. 3. e) (20). Für nähere Einblicke siehe Kapitel 1 II. 3. e) (19).

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

f) Eintrag im Handelsregister Obgleich das Konsortium über keine Rechtspersönlichkeit verfügt und nicht selbst ein Gewerbe im kaufmännischen Sinne ausübt, sieht der Art. 279 vor, dass der Konsortialvertrag im Handelsregister einzutragen ist.87 Die Einhaltung dieser Vorschrift ist für Außenkonsortien unabdingbar. Allerdings gilt es zu betonen, dass durch den Eintrag ins Handelsregister keine eigene Rechtspersönlichkeit entsteht. Diese Publizitätsmaßnahme dient einzig dem Schutz der Interessen von Gläubigern und Dritten.88 So werden die Konsortialpartner „erfasst“ und die Grundlagen ihrer Verbindung einer Rechtskontrolle unterworfen, insoweit diese Informationen jedermann zur Verfügung stehen. Sie sind gezwungen, unter den Augen der Öffentlichkeit zu agieren und später alle Änderungen des Konsortialvertrags sowie dessen Beendigung nachzutragen. Da das Konsortium in der Modulproduktion eine Organisationsform ausschließlich interner arbeitsteiliger Tätigkeiten darstellt, ist der Eintrag im Handelsregister nicht erforderlich. Die rechtspolitischen Erwägungen bezüglich des Eintrags im Handelsregister, die die Konsortialpartner der Außenkonsortien im Auge behalten müssen, offenbaren sich bei einem Blick auf Art. 986 Zivilgesetzbuch. Solange der Konsortialvertrag nicht eingetragen ist, unterliegt die Kooperation den Vorschriften über „Faktische Gesellschaften“ und subsidiär den Normen für die sog. „Einfache Gesellschaft“.89 In diesem Fall können die Konsortialpartner sich nicht auf die fehlende Eintragung berufen, um der strengen Haftung von Art. 990 des Zivilgesetzbuches zu entgehen, laut dem alle Gesellschafter gesamtschuldnerisch und unbeschränkt für die Verpflichtungen der Faktischen Gesellschaft haften.

87 Falls das Konsortium in Deutschland in Form einer GbR gekleidet ist, kann es nicht in das Handelsregister eingetragen werden, da eine GbR kein Gewerbe i. S. v. § 1 Abs. 2 und § 2 HGB ausübt. Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht – Band II, S. 690; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 94. Eine Lösung im Sinne des brasilianischen Gesetzes wäre ratsam, um mehr Rechtssicherheit in diesem Bereich zu gewährleisten. Karsten Schmidt vertritt ebenfalls die Meinung, dass die Eintragung in das Handelsregister obligatorisch und konstitutiv sein müsse. Vgl. Schmidt, GbR Bd. 3, S. 486, 508 f. 88 Laut Art. 1 III Gesetz über das öffentliche Register von Handelsgesellschaften (Gesetz Nr. 8.934/1994) besteht der Zweck des Eintrags darin, Publizität, Authentizität, Sicherheit sowie Wirksamkeit der juristischen Handlungen der Handelsgesellschaften zu garantieren. 89 Siehe oben, Kapitel 3 II. 2. c).

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g) Beteiligung ausländischer Gesellschaften Es stellt sich die Frage, ob ausländische Gesellschaften sich an einem Konsortium bzw. an der Modulproduktion beteiligen dürfen. Tatsächlich führt sie uns unmittelbar zur Kernfrage des Internationalen Gesellschaftsrechts, nämlich zu dem Problem, ob eine im Ausland gegründete Gesellschaft im Niederlassungsstaat als rechts- und parteifähig anerkannt wird. Denn die Verweigerung der Anerkennung zwingt die ausländische Gesellschaft, eine neue Gesellschaft nach dem Recht des Niederlassungsstaats zu gründen. In diesem Fall stellt sich aufgrund des dann fehlenden Auslandsbezugs kein IPR-Problem. Wird hingegen die ausländische Gesellschaft im Grundsatz anerkannt, so stellt sich die qualifizierte Frage, welche Rechtsregeln auf die ausländische Gesellschaft Anwendung finden, die des Gründungs- oder des Niederlassungsstaats. Zur Beantwortung dieser Frage wurden insbesondere zwei Theorien entwickelt, die sog. Sitztheorie und Gründungstheorie.90 Sie werden im Folgenden kurz skizziert, bevor die nach brasilianischem Recht geltende Anknüpfungstheorie dargestellt wird. (1) Sitztheorie Die Vertreter der Sitztheorie gehen davon aus, dass das Gesellschaftsstatut91 an den tatsächlichen Sitz der Hauptverwaltung (Verwaltungssitz) anzuknüpfen ist.92 Als Gesellschaftsstatut sei demnach das Recht desjenigen 90

Außer der Sitz- und Gründungstheorie wurden in der Wissenschaft weitere Theorien entwickelt, wie z. B. die Überlagerungstheorie von Otto Sandrock, der zufolge sowohl die Außen- als auch die Innenbeziehungen einer Gesellschaft grundsätzlich dem Herkunftsrecht unterstellt würden. Das Gründungsstatut könne jedoch durch zwingende Normen des Verwaltungssitzes überlagert bzw. verdrängt werden, wenn diese eine besonders „wichtige rechtspolitische Funktion im Inland“ erfüllten und sich schutzbedürftige Dritte (Gläubiger, Minderheitsgesellschafter, Arbeitnehmer) auf die Anwendbarkeit des Rechts des Verwaltungssitzstaates beriefen. Vgl. Sandrock, BerDGesVR 18 (1978), S. 169, 171 ff.; ders., RabelsZ 42 (1978), S. 227, 246 ff. Nach der Überseering-Entscheidung wurde die Überlagerungstheorie allerdings von Sandrock entscheidend modifiziert. Die zwingenden Normen des Verwaltungssitzstaates haben eine erhebliche „Schrumpfung“ erfahren. Vgl. Sandrock, BB 2002, S. 1601 ff. Siehe auch die von Schanze/Jüttner entwickelte europarechtliche moderierte Kontrolltheorie in AG 2003, S. 165 ff. 91 Die (bisher) in Deutschland herrschende Meinung geht von einem einheitlichen Gesellschaftsstatut aus. BGHZ 78, 318, 334; BGH, ZIP 2000, 967, 968; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, S. 505 ff.; Großfeld, in Staudinger, IntGesR, Rn. 62 ff.; Kindler, in MüKo, IntGesR, Rn. 287 ff.; Hohloch, in Erman, Art. 37 EGBGB; Behrens, in Hachenburg, Einl., Rn. 129. Die Gültigkeit und der Erkenntnisgewinn dieser Annahme werden jedoch zu Recht von Schanze in Frage gestellt (vgl. Schanze, FS Helge Thue, S. 423 ff.).

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Staates zu betrachten, in dem die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat.93 Maßgeblich sei der von außen erkennbare Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der für das Tagesgeschäft zuständigen Vertretungsorgane,94 also „der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden“.95 Im Sinne einer präventiven Schutztheorie lässt sich die Sitztheorie von der Überlegung leiten,96 dass der Schutz der Anteilseigner, Arbeitnehmer und Gläubiger dem Staat zukomme, dessen wirtschaftliche und politische Belange am stärksten betroffen seien.97 Dies sei normalerweise der Staat, in dem sich der Verwaltungssitz der Gesellschaft befindet. Die Umgehung der an diesem Ort geltenden zwingenden Vorschriften soll dadurch vermieden werden, dass sich die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft nach den Regeln des „meistbetroffenen“ Staates – dem des Verwaltungssitzes – richten.98 92 Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. 8, S. 108: Die Aufgabe des IPR bestehe darin, „dass bei jedem Rechtsverhältniß dasjenige Rechtsgebiet ausgesucht werde, welchem dieses Rechtsverhältniß seiner eigenthümlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist (worin dasselbe seinen Sitz hat)“. Siehe dazu ferner Beitzke, Juristische Personen im IPR, S. 9. Zur Entwicklung der Sitztheorie siehe Grossfeld, FS H. Westermann, S. 203 ff. 93 Siehe Mélega, RDM 33 (1979), S. 128; Dollinger, Direito internacional privado, S. 411 ff.; ders., RDM 33 (1979), S. 66; Xavier, RDM 39 (1980), S. 77; Rechsteiner, Direito internacional privado, S. 110 ff.; v. Bar/Mankowski, IPR I, Rn. 31, S. 56; Kindler, in MüKo Band 11, Rn. 312; Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 557. Ausnahmen können sich aus abweichenden staatsvertraglichen Regelungen ergeben, wie beispielsweise dem Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Art. 4 Abs. 1 EGBG). Siehe Jüttner, Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit, S. 136 f. 94 Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 557 f.; Mélega, RDM 33 (1979), S. 128; Dollinger, RDM 33 (1979), S. 66 f.; Xavier, RDM 39 (1980), S. 77. 95 Vgl. BGH 97, 269, 272; OLH Hamburg RIW 1988, 816, 816; v. Bar/Mankowski, IPR I, S. 571; Ebenroth/Bippus, JZ 1988, S. 677 f.; Kindler, in MüKo Band 11, Rn. 316; Kruse, Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften, S. 24 f.; Sandrock, FS Beitzke, S. 669, 684; ders., BB 32 (2002), S. 1601. Zu der Schwierigkeit der Feststellung des Verwaltungssitzes nach der Sitztheorie siehe Borges, RIW 3 (2000), S. 170; Breuninger/Krüger, FS Rädler, S. 79 ff. 96 In der Europäischen Gemeinschaft findet die Sitztheorie – in stark abweichenden Varianten – Anwendung in Frankreich, Italien, Belgien, Luxemburg, Griechenland, Spanien und Portugal. Auch in Deutschland gilt die Sitztheorie. Diese Theorie führte zu erheblichen Spannungen bezüglich der Niederlassungsfreiheit in der EG. Siehe Fußn. 8 in Kapitel 2. 97 Vgl. Görk, GmbHR 15 (1999), S. 794; Ebke, JZ 13 (1999), S. 660; ders., ZGR 2 (1987), S. 247; Jayme, IPRax 2 (1996), S. 88; Einsele, RabelsZ 60 (1996), S. 424; Ebenroth/Eyles, DB 7 (1989), S. 365. 98 Vgl. Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, S. 501 ff.; Kindler, in MüKo Band 11, Rn. 9, S. 313 f.; BGH NJW 1967, 36, 38; BayOblG EuZW 1992, 548 f.

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(2) Gründungstheorie Nach den Vertretern der Gründungstheorie wird das Gesellschaftsstatut von der Rechtsordnung desjenigen Staates bestimmt, gemäß dessen Recht sie gegründet worden ist und in dem sie die notwendigen Formalitäten zur Erlangung der Rechtspersönlichkeit erfüllt hat.99 Überdies fördere die Gründungstheorie den Fortbestand der Rechtspersönlichkeit, da eine Verlegung des Verwaltungssitzes keinen Wechsel des anwendbaren Rechts nach sich ziehe,100 und schaffe damit einen klaren und einfach zu ermittelnden Anknüpfungspunkt.101 Dieser liberale Ansatz berücksichtige nicht nur das Interesse der Gründer, sondern auch das Interesse von Dritten, jedenfalls insofern, als Satzungssitz und Registrierungsort für sie in der Regel leichter feststellbar seien als der tatsächliche Verwaltungssitz.102 Dies heiße jedoch nicht, dass Gründungstheoriestaaten ihre Grenzen uneingeschränkt öffneten und keinerlei Kontrolle über ausländische Gesellschaften ausübten, insofern ihre grundsätzliche Annerkennung nach dem Recht des Herkunftslandes lediglich als Ausgangspunkt diene.103 Ausländische Gesellschaften müssten weitere rechtliche Anforderungen erfüllen, um den Kontrollbedürfnissen des Gründungstheoriestaates zu genügen.104

99 Kley-Struller, SZIER 2 (1991), S. 167; Knobbe-Heuk, ZHR 154 (1990), S. 325 f.; Eidenmüller/Rehm, ZGR 1 (1997), S. 89 ff.; Koppensteiner, Internationale Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht, S. 105; Meilicke, RIW 6 (1990), S. 449 ff.; Mann, FS M. Wolff, S. 271, 286; Beitzke, FS Luther, S. 1, 8; Drobnig, ZHR 1967, S. 93, 115 ff.; S. Petrén, Rec. des Cours Vol. 109 (1963), S. 504. Zum Ursprung der Gründungstheorie siehe Grossfeld, FS H. Westermann, S. 200 ff. 100 Vgl. Siehr, Internationales Privatrecht, S. 311 f. Dadurch sei der internationale Handelsverkehr begünstigt. Vgl. Kropoller, Internationales Privatrecht, S. 563. 101 Mann, FS M. Wolff, S. 271. 102 Kropoller, Internationales Privatrecht, S. 562. Insbesondere bei transnationalen, durch moderne Telekommunikationsmittel verbundenen Unternehmen lässt sich der Satzungssitz erheblich einfacher als der tatsächliche Hauptsitz feststellen. Exemplarisch OLG Frankfurt a. M. NZG 1999, S. 79 ff. Vgl. ferner Borges, RIW 3 (2000), S. 167, 173 f.; Breunninger/Krüger, FS Rädler, S. 79 ff. Als eine erste Annäherung an die Frage der Entstehung der Gründungstheorie kann darauf hingewiesen werden, dass in England juristische Personen weitgehend nach denselben Grundsätzen wie natürliche Personen behandelt wurden und man deshalb gleichermaßen an das „domicile“ anknüpfte. Grossfeld, FS H. Westermann, S. 201. 103 Jüttner, Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit, S. 21 f. 104 Ein Beispiel ist das niederländische Gesetz für formal ausländische Gesellschaften („wet op de formeel buitenlandse vennootschappen“), welches Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens in dem Fall Inspire Art war (EuGH Rs. C-167/01, Inspire Art, ZIP 2003, S. 1.885 ff.). Dazu siehe Timmerman, FS M. Lutter, S. 173 ff.

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

(3) Das brasilianische Internationale Gesellschaftsrecht Wie bereits erwähnt, geht es bei dem Internationalen Gesellschaftsrecht um die Frage, welche Rechtsordnung für die im Inland tätigen, aber im Ausland gegründeten juristischen Personen maßgebend ist. Die Antwort auf diese Frage richtet sich nach den nationalen IPR-Gesetzen und ihrer jeweiligen Ausrichtung im Sinne der oben dargestellten Sitz- oder Gründungstheorie. Je nach den verwendeten Anknüpfungskriterien sind die ausländischen Gesellschaften anzuerkennen oder nicht anzuerkennen.105 In Art. 11 des Einführungsgesetzes106 zum brasilianischen Zivilgesetzbuch („lei de introdução ao código civil – LICC“) heißt es: „Organisationen, die kollektive Interessen zum Gegenstand haben, wie Gesellschaften und Stiftungen, folgen dem Recht des Staats, in dem sie gegründet wurden.“

Demnach folgt das brasilianische IPR der sog. Gründungstheorie, was jedoch nicht bedeutet, dass, sofern die Gesellschaften die im Herkunftsstaat bestehenden Vorschriften erfüllen, sie in Brasilien unmittelbar rechts- und handlungsfähig sind. Denn Art. 11 Abs. 1 des LICC ist zu entnehmen, dass die ausländischen Gesellschaften zur Ausübung dieser Fähigkeiten einer Genehmigung seitens der brasilianischen Regierung bedürfen: „Indessen können sie keine Filialen, Agenturen oder Betriebsstätten in Brasilien halten, bevor nicht die Gründungsakten durch die brasilianische Regierung genehmigt wurden, womit sie brasilianischem Recht unterworfen werden.“

Es geht dabei um den in der Rechtswissenschaft als „Anerkennung ausländischer Gesellschaften“ gefassten Sachverhalt. Von der Anerkennung zu trennen ist die IPR-Frage, ob sich eine ausländische Gesellschaft im Inland niederlassen und gewerblich betätigen darf. Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift in Brasilien wird im Folgenden dargestellt. (a) Zur „Anerkennung“ ausländischer Juristischer Personen Bei der Anerkennung von Gesellschaften handelt es sich auch um einen kollisionsrechtlichen Zusammenhang. In Betracht kommt dabei unter anderem die Rechtsfähigkeit oder sonstige Verselbstständigung einer Gesellschaft nach demjenigen nationalen Recht, aus dem die Gesellschaft diese Rechtsstellung herleitet (Gründungstheorie). Es geht hierbei um die Festschreibung der Voraussetzungen, unter denen eine ausländische Gesellschaft im Inland Rechte erwerben und Verpflichtungen eingehen kann.107 105 106

Kley-Struller, SZIER 2 (1991), S. 166. Gesetzesdekret Nr. 4.657/1942.

II. Das Konsortium in Brasilien

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Die Vorschriften über die Voraussetzungen und das Verfahren zur Genehmigung ausländischer Gesellschaften sind in Art. 1.134 bis 1.141 des brasilianischen Zivilgesetzbuches enthalten. Was Aktiengesellschaften betrifft, so finden sie sich in Art. 59 bis 73 Gesetz 2.627/1940. Das Genehmigungsverfahren wird in der Praxis wegen seiner Komplexität, der damit verbundenen Bürokratie, der hohen Kosten und/oder der nicht vorhandenen objektiven Voraussetzungen selten von den Akteuren angewendet.108 Deshalb wird in dieser Abhandlung auf seine Darstellung verzichtet. Außerdem ist die Versagung der Rechtsfähigkeit nicht das angemessene Mittel, um die inländische Wirtschaft vor Konkurrenz zu schützen und das Geschäftsgebaren ausländischer Gesellschaften zu kontrollieren.109 Dieses Ziel ist vielmehr durch die Anwendung aller kollisionsrechtlichen Regeln – die sowohl für natürliche Personen als auch für Gesellschaften gelten –, also insbesondere der Kollisionsregeln bezüglich Vertretung, Vertrag, Delikt, Bereicherung, GoA, Insolvenz und aller wirtschaftsrechtlichen sog. Sonderanknüpfungen, insbesondere im Steuerrecht, Bilanzrecht und Kapitalmarktrecht, zu erreichen.110 (b) Rechtliche Möglichkeiten bezüglich der Realisierung inländischer Aktivitäten In der Modulproduktion müssen die ausgesuchten Modulanten die notwendigen Tätigkeiten in Brasilien ausüben. Sollten sie noch nicht in Brasilien niedergelassen sein, werden sie deshalb zwecks Vermeidung eines Genehmigungsverfahrens eine Tochtergesellschaft gründen oder eine Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft erwerben. In diesem Fall wird meistens auf die „Aktiengesellschaft“ („sociedade por ações“) oder die „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ („sociedade limitada“) als Rechtsform zurückgegriffen.111 Zu betonen ist, dass ausländische Gesellschafter einer brasilianischen Gesellschaft einen Bevollmächtigen mit Wohnsitz in Brasilien zur Vertretung gegenüber den Steuerbehörden sowie einen Zustellungsbevollmächtigen zur Annahme gerichtlicher Ladungen benennen müssen. Bei anderen Arten von Konsortien, in denen die beteiligten Partner nicht direkt in Brasilien tätig sein müssen, können die Akteure sich z. B. für die Errichtung einer Handelsvertretung („representação comercial“) oder den Abschluss eines Technologietransfervertrags entscheiden. 107

Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, S. 214. Vgl. Rechsteiner, Direito internacional privado, S. 120. 109 Kley-Struller, SZIER 2 (1991), S. 166. 110 Vgl. Schanze/Jüttner, AG 2003, S. 665 f. 111 Siehe oben, Kapitel 3 II. 2. c). In Bezug auf „public private partnerships“ besteht mit dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 11.079/2004 die Möglichkeit, eine „special purpose company“ (Art. 9) zu gründen. 108

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

h) Bewertung der in der Modulproduktion angewendeten Konsortialform Die Modulproduktion zeigt, wie sich Juristen bei der Vertragsgestaltung komplexer Transaktionen des dispositiven Rechts bedienen, um spezifische, für die jeweiligen ökonomischen Notwendigkeiten maßgeschneiderte Regelungskomplexe zu schaffen. Das Konsortium fungiert dabei als institutionelles Arrangement, weil es einerseits die gewünschte Unabhängigkeit der Partner gewährleistet und anderseits großen Spielraum bei der Verrechtlichung der ökonomischen Obliegenheiten der Parteien bietet. So wird die Modulproduktion in einer Weise reguliert, die die eigenständige institutionelle Struktur des Konsortiums respektiert, ohne die Ordnungsprinzipien der Privatrechtsordnung zu verwässern.112 Dies spiegelt sich im Rahmenvertrag, der die Kooperation in einer Art Unternehmensverfassung umfassend regelt. Kern der Modulproduktion ist eine starke konzeptionelle Bindung zwischen den Parteien, die sich in einem spezifischen gemeinsamen Ziel ausdrückt.113 Modulare Produktionsstrukturen charakterisieren sich durch eine überlegene, abgestufte Beziehung im Sinne der Theorie der Symbiotischen Arrangements. Im Zuge der konzeptionellen Arbeitsteilung entwickeln die Partner eine gekreuzte Prinzipal-Agent-Beziehung, um die gewünschten Koordinations-, Organisations- und Selbstüberwachungsmaßnahmen umsetzen zu können. Im Einzelfall bestimmt sich die Position der Partner danach, welche Partei eine bestimmte Teilfunktion in der Unternehmung auf überlegene Weise ausführen kann. Die Modulproduktion weist eine asymmetrische Verteilung der Steuerungsmacht auf, genauer: die Modulanten begeben sich im Rahmen des Organisationskonzepts freiwillig in eine untergeordnete Position, ohne deshalb ihren Status als selbstständige Unternehmen zu verlieren. In dieser Hinsicht entfernt sich die Modulproduktion vom klassischen Gleichordnungskonzern. Weiterhin resultieren aus modularen Strukturen, durch den Einsatz und die Amortisation von Investitionen betreffende Regelungen, Mechanismen zur Ökonomisierung derselben sowie zur Stabilisierung der Partnerschaft (Schlagwort „Einsatz transaktionsspezifischer Vermögenswerte“). Ferner ermöglicht der mehrgliedrige und standardisierte Endmontageprozess der Modulproduktion die Realisierung von „economies of scale“. Zu beachten ist, dass der Grad der Umsetzung modularer Strategien sich in der Praxis nach Spezifität und Komplexität des Fahrzeugs bzw. des Produkts richtet. Außerdem mag die bei der Modularisierung unweigerlich gegebene Notwendigkeit einer Übertragung von Know-how im Falle von bestimmten Hochtechnologie-Fahrzeugen nicht erwünscht sein. 112 113

Im Sinne des Buches von Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 420. Vgl. Schanze, New Palgrave – Band 3, S. 554 f.

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Die Modulproduktion stützt eine der zentralen Thesen der vorliegenden Arbeit, dass nämlich die heutige Vielzahl an wirtschaftlichen Transaktionen sich nur dann effizient regulieren lässt, wenn die entworfenen Regelungskomplexe den spezifischen Herausforderungen auch Rechnung tragen. Deshalb ist eine umfassende bindende Regulierung per Gesetz kontraproduktiv. Es ist für den Gesetzgeber eine schier unmögliche Aufgabe, die in der Folge einer rasanten ökonomischen Entwicklung entstandenen Phänomene bzw. Vereinbarungen per Gesetz zufriedenstellend zu regeln. Das Recht muss vielmehr Ermöglichungsrahmen für die Vertragsgestalter sowie eine Barriere „gegen Eingriff der Willkühr und ungerechter Gesinnung“ bieten.114 Jeder darüber hinausgehende gesetzgeberische Versuch fesselt die Vertragsgestalter und unterminiert, durch für standardisierte Beziehungen konzipierte Institutionen, die Funktionsfähigkeit des Marktes. Stattdessen ist das Recht in einer Weise auszulegen, die den Respekt vor der Privatautonomie befördert. Seine Ordnungsprinzipien sollten als ein Mittel zur Schaffung eines sicheren Rechts betrachtet werden. Sester ist zuzustimmen, wenn er darauf hinweist, dass man in dieser Hinsicht moderne Vereinbarungen weder durch Analogien und eine extensive Auslegung in das starre Konzept des Gesellschaftsrechts pressen noch dem Vertragsrecht, das für Standardtransaktionen des täglichen Lebens konzipiert sei, als Maßstab einer Inhaltskontrolle jeder Art von Transaktionen unterwerfen solle, sodass dieses 114

Mit dem Satz: „wir wollen Grundlage eines sicheren Rechts, sicher gegen Eingriff der Willkühr und ungerechter Gesinnung“ (S. 161) stellt Savigny in seinem Werk „Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ einen Konsens mit einem der Argumenten von Thibaut hinsichtlich der Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland her. Dieses Zitat soll selbstverständlich nicht dazu dienen, näher auf den sog. Kodifikationsstreit zwischen Thibaut und Savigny einzugehen, sondern lediglich dazu, eine der Funktionen des Rechts zu beleuchten. Thibaut hoffte damals mit seinem Kodifikationsvorschlag, „daß ein einfaches Gesetzbuch, das Werk eigner Kraft und Thätigkeit endlich unsern bürgerlichen Zustand, den Bedürfnissen des Volks gemäß gehörigen begründen und befestigen möge, und daß ein patriotischer Verein aller Deutschen Regierungen dem ganzen Reich die Wohltaten einer gleichen bürgerlichen Verfassung auf ewige Zeiten angedeihen lasse“. Vgl. Thibaut, Ueber die Nothwendigkeit eines allgem. Bürgerl. Rechts, S. 23. Savigny war gegen die Kodifikationsbestrebungen Thibauts, weil sie nach seiner Meinung nicht zur nationalen Einheit Deutschlands beitragen würden, da sie „die gewünschte Einheit nur für die hälfte von Deutschland hervorbringen, die andere hälfte dagegen schärfer als vorher absondern würde“ (S. 161). Stattdessen betont er den „organischen Zusammenhang des Rechts mit dem Wesen und Charakter des Volkes“ (S. 11). Danach entstehe das Recht, aufgrund der dem Volk innewohnenden Recht setzenden Kraft, als Gewohnheitsrecht aus dem Volk selbst heraus. Es sei daher Aufgabe der Rechtswissenschaft durch behutsame, umfassende Reformierung des damals geltenden zersplitterten Rechts auf der Grundlage des gemeinen Römischen Rechts die Rechtseinheit voranzutreiben, an deren Ende dann auch eine Kodifikation möglich erscheine.

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

letztlich in zwingendes Recht umwandelt würde.115 Widersetzt man sich dieser Einsicht, läuft dies, wie gesagt, nicht nur den Interessen der Parteien zuwider und unterminiert die Funktionsfähigkeit des Marktes, sondern führt auch aus rechtswissenschaftlicher Sicht in eine falsche Richtung. Die Verrechtlichung der ökonomischen Bedürfnisse der Parteien in der Modulproduktion weist eine strukturierte Form auf, die mit den das brasilianische Aktiengesetz leitenden Vorstellungen nicht adäquat erfasst werden kann. Sie begründet eine langfristige, konsensuale Rechtsbeziehung zwischen OEM und Modulanten, die aufgrund ihrer Gestaltung im Grenzgebiet von Vertrag und Gesellschaft angesiedelt ist. Dies stellt einen Paradigmenwechsel im Sinne der Theorie der Symbiotischen Arrangements dar, wie sich anhand der spezifischen Gestaltungselemente der Organisationsform „Modulproduktion“ feststellen lässt: strukturierte Arbeits- und Risikoteilung bei gleichzeitiger unternehmerischer Selbstständigkeit, Ausrichtung auf hochspezifische Investitionen, Einsatz zahlreicher Steuerungselemente, absichtliche Asymmetrie in der Verteilung der Steuerungsmacht. So stellt die Modulproduktion ein der Rechtswissenschaft bisher unbekanntes Phänomen dar. Die Entstehung derartig innovativer Regelungskomplexe sollte begrüßt und gefördert werden. 3. Wettbewerbsrechtliche Aspekte Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bildet die Modulproduktion eine Form der Koordination ökonomischer Aktivitäten, die durch die Schaffung einer Beziehung mit bindenden Auswirkungen zwischen den beteiligten Marktpartnern charakterisiert ist. Etwaige daraus sich ergebende Wettbewerbsbeschränkungen116 unterliegen dem Wettbewerbsrecht.117 In Brasilien ist dies durch das Gesetz Nr. 8.884/1994118 geregelt. Es unterscheidet nicht zwischen horizontalen und vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen.119 Laut Art. 20 Abs. 1 ist ein Verhalten als ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zu betrachten, wenn es den freien Wettbewerb beschränkt, verfälscht oder beeinträchtigt.120 115

Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 420. Siehe Immenga/Mestmäcker, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, S. 37 ff. 117 Zur Bedeutung und zu den verschiedenen Definitionen von Wettbewerb siehe Köhler/ Bornkamm, S. 12 ff.; Bunte, Einführung zum GWB – Band. 1, S. 31 f.; I. Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, S. 1 ff. 118 Im Folgenden auch: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. 119 Zum Thema „vertikale und horizontale Beschränkungen“ siehe Salomão Filho, Condutas, S. 297 ff. 116

II. Das Konsortium in Brasilien

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Die Modulproduktion ist ein Paradebeispiel dafür, wie nutzenmaximierende Wirtschaftssubjekte versuchen, Koordinationsstrukturen als Alternative zum Markt zu nutzen.121 Sie dient u. a. der Realisierung von „transaction-cost economies“ und der Effizienzsteigerung122, besserer Allokation von Risiken und Ressourcen sowie der Schaffung gekreuzter PrinzipalAgent-Beziehungen. Zu überprüfen ist, ob die Modulproduktion als ein unzulässiges Verhalten im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzusehen ist, wobei nicht vergessen werden darf, dass, sollte die Vereinbarung einen Verstoß gegen den freien Wettbewerb darstellen, sie 120 Art. 21 des Gesetzes Nr. 8.884/1994 weist auf eine Reihe von Verhältnissen hin, die Verstöße gegen die ökonomische Ordnung darstellen können. 121 Im Sinne von Williamson, JLEO 4 (1988), S. 65 ff.; ders., Ad. Sc. Quart. 36 (1991), S. 269 ff., und Schanze, Franchising and the Law, S. 67 ff.; ders., New Palgrave – Band 3, S. 554 ff. 122 Hervorzuheben ist, dass der CADE („conselho admistrativo de defesa econômica“ – brasilianische Wettbewerbsbehörde) bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit von vertikalen Zusammenschlüssen das Kriterium der Minimierung von Transaktionskosten und Steigerung der Effizienz akzeptiert. Ein Beispiel dafür ist die Entscheidung Nr. 104/96 („ato de concentração“: Montecitrus Indfflstria e Comércio Ltda. e Montecitrus S/C Serviços Técnicos Agrícolas). Fraglich war, ob eine Vereinbarung zur Herstellung von Orangensaft zwischen mehreren Konkurrenten einen Wettbewerbsverstoß darstellte. Die negativen wettbewerbsrechtlichen Effekte waren evident: Da die Wirtschaftsakteure auf sachlich wie räumlich identischem Markt tätig waren, bestand in diesem Falle eine natürliche Tendenz zur Maximierung des gemeinsamen Gewinns mittels Absprachen oder Gruppendisziplin bzw. Preisführerschaft. Aufgrund dieser Gefahr wurde zu Beginn des Verfahrens beim brasilianischen Kartellamt (CADE) ein „Kompromiss zur Aussetzung der Praktiken“ („compromisso de cessação de práticas“) geschlossen, durch den alle Unternehmen sich verpflichteten, sich nicht weiter am Zusammenschluss zu beteiligen. Der Präsident des Kartellamts hat in seiner Stellungnahme die Effizienzgewinne des in Frage stehenden Arrangements sowohl in Hinblick auf Transaktionskosten wie auch „economies of scale“ bejaht: „Im Rahmen der gegenwärtigen Umstände der Branche stellt die Herstellung von Orangensaft durch Dritte sowohl offensichtliche Effizienzerhöhungen als auch eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf folgende Punkte dar: Optimierung der Produktionsfähigkeit mittels Kostenersparnis („economies of scale“); Abschwächung der asymmetrischen Informationsverteilung des Sektors bei Anbahnung von Verträgen, was zu besseren Verhandlungspositionen führt; Verringerung der Unsicherheit (Minimierung der Transaktionskosten) [. . .]. Die Rationalität der vertikalen Integration in diesem Segment ist in der Tat sehr eng auf das Vorhandsein spezifischer Vermögenswerte und großer Unsicherheiten bezogen, was zu hohen Transaktionskosten in Spotmärkten führt.“ (vgl. „voto do presidente“, S. 9). Mit dieser Begründung entschied der Präsident die Aufhebung des „Kompromisses zur Aussetzung der Praktiken“. Die Kontrolle dieses Verhaltens erfolgt je nach Fall mittels Anfrage an das Kartellamt (vgl. „voto do presidente“, S. 16). Darüber hinaus entschied der Präsident, dass zukünftige Verträge bezüglich der Herstellung von Orangensaft in dieser Form immer der Genehmigung des Kartellamts bedürfen. Siehe Art. 54 des Gesetzes Nr. 8.884/94. Vgl. Salomão Filho, Regulação e Concorrência, Fn. 13, S. 62 f. Siehe auch ders., Condutas, S. 298 f.

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

nichtsdestotrotz laut Art. 54 des Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf Anfrage der betroffenen Unternehmen von dem CADE genehmigt werden darf.123 a) Vertikaler Bindungseffekt Die Modulproduktion kann als eine Art vertikaler Zusammenschluss selbstständiger Wirtschaftssubjekte verstanden werden, die auf verschiedenen Wirtschaftsstufen tätig sind und in einer Käufer-Verkäufer-Beziehung stehen.124 Der OEM ist in der Automobilbranche aktiv, die Modulanten dagegen in ihren jeweiligen Autoteilesektoren. Nach der wirtschaftlichen Öffnung Brasiliens in den 90er Jahren hat sich der Wettbewerb im Automobilsektor durch den Markteintritt neuer Hersteller intensiviert. Eine wichtige Rolle spielten hierbei die anfangs noch drückende Wettbewerbsüberlegenheit japanischer Unternehmen und der Transfer japanischer Organisationskonzepte.125 Zwecks Steigerung der Konkurrenzfähigkeit wurden neue Fertigungsmethoden wie die Modulproduktion entwickelt, was insofern zu einer positiv zu bewertenden Restrukturierung des Fahrzeugmarkts führte, als die Wahlmöglichkeiten der Endverbraucher erweitert, die Produktqualität verbessert und Kosten gesenkt wurden. Im Zuge der veränderten wettbewerblichen, betriebswirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen wandelten sich die Interaktionsmuster von Automobilhersteller und Zulieferer. Auch die Autoteilebranche erlebte eine starke Veränderung, denn die Erlangung eines hohen technologischen Innovationsniveaus hing unmittelbar mit dem Investitionspotenzial bzw. der Finanzkraft der beteiligten Unternehmen zusammen, was sich in der Zunahme von Fusionen und Übernahmen wie auch strategischer Allianzen ausdrückte.126 Ein Charakteristikum dieser Umstrukturierungen ist die wachsende Ausdifferenzierung und Spezialisierung von Unternehmen entlang der Zulieferungsketten.127 Ferner reduzierte sich der Zahl der Zulieferer progressiv und es entstanden sog. Megazulieferer.128 Für die Zukunft ist von einer weiteren Beschleunigung dieser Entwicklung auszugehen. Diese durch vertikale Bindungen gekennzeichnete Hersteller-Zulieferer-Struktur ist als ein rationales Instrument zum 123 Siehe folgende Entscheidungen des CADE: Nr. 45/92 („voto no processo administrativo“, in DOU 19.4.2000, S. 1); Nr. 08000.019862/96-89 („voto no processo administrativo“, in DOU 8.1.1998, S. 5). 124 Vgl. I. Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, S. 143. 125 Vgl. Jürgens, Outsorcing & Co., S. 8. 126 Vgl. Entscheidung des brasilianischen Kartellamts – CADE im Prozess Nr. 26/95 („ato de concentração“), in DOU 27.12.1995, S. 22350. 127 Vgl. Jürgens, Outsorcing & Co., S. 7. 128 Siehe dazu Martins Santos/Pinhão, Panorama Geral do Setor de Autopeças, S. 71 ff.

II. Das Konsortium in Brasilien

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Zwecke der Arbeitsteilung zu betrachten.129 In der Europäischen Gemeinschaft vertritt die Kommission den Standpunkt, dass vertikale Vereinbarungen in der Regel der Erhöhung wirtschaftlicher Effizienz innerhalb einer Produktions- oder Vertriebskette dienen.130 Wettbewerbsverzerrende Wirkungen seien nur dort zu erwarten, wo die Beteiligten nicht dem Wettbewerb anderer Zulieferer ausgesetzt seien, was von der Marktstruktur, insbesondere der Marktposition der an der vertikalen Vereinbarung beteiligten Unternehmen, abhänge.131 b) Besonderheiten der Modulproduktion Um die Teilnahme aller Interessenten am Auswahlverfahren der Modulproduktion zu gewährleisten und kompetente Agenten auszuwählen, führt der Automobilhersteller eine öffentliche Ausschreibung durch. Wie bereits erwähnt, konzentriert sich der OEM auf die Bereiche Finanzen, Projektplanung, Qualitätsprüfung, Verkauf, Nachverkauf und Kundenbetreuung. Die Modulanten wiederum übernehmen sowohl die Zulieferung der Komponenten als auch die Kfz-Montage. Solange die Auswahl der Modulanten nach objektiven und nachprüfbaren Kriterien erfolgt, ist hierin keine Beschränkung des Wettbewerbs zu sehen.132 Da die Modulanten alle für die Montage der Fahrzeuge benötigten Komponenten herstellen, wird ihre Arbeit von einer indirekten Zulieferungskette ergänzt. Zwecks Verbesserung der Handlungsposition bzw. Erzielung günstigerer Einkaufspreise wird der Kauf von dem OEM übernommen. Für die Annahme hingegen sind die Modulanten verantwortlich (Schlagwort: Koordination von „second-tier“ und third-tier supplier“). Fraglich ist, ob diese vertikale Integration Wettbewerbsprobleme in den betroffenen Marktstufen aufwirft. Der brasilianische Fahrzeugmarkt kann als ein Oligopol-Markt mit differenzierter Produktpalette begriffen werden, in dem der Preis das ausschlaggebende Kaufkriterium ist und der sich durch einen heftigen Wettbewerb um neue Konsumenten auszeichnet.133 Aus diesen Gründen eignet sich die Modulproduktion nicht als Beispiel für die negativen Merkmale vertikaler Unternehmenszusammenschlüsse; sie stellt weder eine Marktbeschränkung noch eine Marktausschließung dar. Vielmehr ist sie laut dem CADE, dank 129

Vgl. Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, S. 190. Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalvereinbarungen, 6. Erwägungsgrund. 131 Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalvereinbarungen, 7. Erwägungsgrund. 132 Vgl. Lange, Das Recht der Netzwerke, S. 538. 133 Vgl. „ato de concentração“ Nr. 08012.003603/00-5, in DOU 25.7.2003, S. 28. 130

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Kap. 3: Das Konsortium als Organisationsform der Modulproduktion

Qualitätsverbesserung, Kostensenkung und der Erweiterung der Wahlmöglichkeiten der Endverbraucher, als ein wichtiger Faktor zur Verbesserung des Wettbewerbs zu interpretieren.134 Die Frage, ob die vorhandene asymmetrische Verteilung der Macht zwischen Automobilhersteller und Modulanten einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellt, wurde von dem CADE in einer Konzentrationsgenehmigung mit folgender Begründung verneint: „Nach einer Betrachtung der ökonomischen Rationalität des Geschäfts [. . .] ist nicht von einer Ausbeutung der Zulieferer auszugehen [. . .], wenn das Verhältnis durch eine Verabredung begründet wird [. . .] und die Modulanten davon profitieren.“135 Zu analysieren ist, ob der Kauf aller indirekten Komponenten seitens der OEM als wettbewerbswidrig einzustufen ist. Dieses Marktverhalten berührt das in der Wirtschaftswissenschaft unter dem Begriff Oligopson (im Extremfall: Monopson) bekannte Phänomen. Das Oligopson ist eine Marktform, bei der es nur eine kleine Anzahl von Käufern für ein Produkt gibt (im Falle des Monopsons: nur einen Nachfrager).136 Ob der gesamte Einkauf von Komponenten seitens der OEM gegen das Wettbewerbsrecht verstößt bzw. ein Oligopson oder Monopson darstellt, wurde in einem Konzentrationsgenehmigungsverfahren beim CADE thematisiert. In seiner Entscheidung sieht das brasilianische Kartellamt zunächst kein Problem in diesem Verhalten, „denn es ist nur Ausdruck der Tatsache, dass große Einkäufer (mit starker Verhandlungsmacht) über die Menge bessere Preise als kleinere Einkäufer erzielen können (Synergieeffekt der ‚economies of scale‘)“.137 Weiter zu überprüfen sei allerdings, ob diese Strategie nicht insofern wettbewerbsrechtlich bedenklich sei, als dadurch möglicherweise ein entstandenes Oligopson bzw. Monopson mit einem Monopol im Downstream-Markt kombiniert werde, was die Höhe der Preise in unerwünschter Weise beeinflussen könne. Problematisch dabei sei, dass solch ein Negativeffekt nur dann kompensiert werden könne, wenn der Endverbraucher ebenfalls über Monopolmacht verfüge, sodass die Preise in diesem Markt nur unwesentlich beeinflusst würden, oder wenn die indirekten Zulieferer genügend Marktmacht besäßen, um die Oligopson- bzw. Monopsonmacht zu neutralisieren.138 Dieses Machtverhältnis neige dazu, den gesellschaftlichen Wohlstand zu stören, insoweit es die effiziente Zirkulation der Produktions134

Vgl. „ato de concentração“ Nr. 26/95, in DOU 27.12.1995, S. 22350. Vgl. „ato de concentração“ Nr. 26/95, in DOU 27.12.1995, S. 22350. 136 Vgl. Geißler, Harv. Bus. Man. 9 (2004), S. 8; Sullivan/Grimes, The Law of Antitrust, S. 137 ff.; Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 479 ff. 137 Vgl. „ato de concentração“ Nr. 08012.003603/00-5, in DOU 25.7.2003, S. 28. Für den Endverbraucher können sich solche Strategien positiv, in Form konstanter oder gar sinkender Preise, auswirken. 138 Vgl. „ato de concentração“ Nr. 08012.003603/00-5, in DOU 25.7.2003, S. 28. 135

II. Das Konsortium in Brasilien

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faktoren beeinträchtige, was wiederum die ökonomische Stabilität anderer Wettbewerber gefährden bzw. potenzielle Wettbewerber entmutigen und den Markteintritt neuer Unternehmen verhindern könne. Da aber der brasilianische Fahrzeugmarkt als ein Oligopol mit äußerst ausdifferenzierter Produktpalette zu bewerten sei, entschied der CADE, dass dieses Verhalten als zulässig zu betrachten ist, solange nicht von einem Monopoleffekt im Downstream-Markt gesprochen werden kann.139 c) Ergebnis Ob die Umsetzung modularer Strukturen geneigt ist, im brasilianischen Wettbewerbsrecht Tatbestände zu erfüllen, hängt von der Einschätzung der tatsächlich bestehenden Abhängigkeiten zwischen OEM und Modulanten ab. Entscheidend ist, ob eine Kontrolle bzw. ein wettbewerbsrechtlich erheblicher Einfluss gegeben ist. Dabei gilt es zu beachten, dass aufgrund der bereits dargestellten, in den modularen Strukturen angelegten, abgestuften Beziehung durchaus eine gewisse Abhängigkeit zwischen OEM und Modulanten besteht. Dies betrifft insbesondere neue Kooperationsmodelle in der Automobilindustrie, in denen sich die Nachfrage des OEM im Zuge eines „single sourcing“-Ansatzes auf möglichst wenige Zulieferer konzentriert, weil die Option, die Modulproduktion mit zahlreichen Zulieferern durchzuführen, wirtschaftlich nicht rentabel wäre. Da die Modulproduktion von der reibungslosen Zulieferung der Komponenten bzw. Ausführung der Montagearbeiten ihrer Modulanten abhängig ist, besteht bei dieser Strategie natürlich die Gefahr, dass die Produktion durch einen Ausfall eines einzigen Modulanten erheblich beeinträchtigt wird. Deshalb ist ihr Erfolg ohne eine langfristige, anreizkompatible und vertrauensvolle Beziehung zwischen den Parteien nicht denkbar. Liegen weder wechselseitige Unternehmensbeteiligungen noch ein Fall von Missbrauch vor, legt das brasilianische Recht, in der hier vertretenen Auslegung, der Einführung modularer Produktionsnetzwerke keine Hindernisse in den Weg.

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Vgl. „ato de concentração“ Nr. 08012.003603/00-5, in DOU 25.7.2003, S. 28.

Zusammenfassung und Schlussbetrachtung (1) Der verschärfte Wettbewerbsdruck, der rasche technologische Wandel und die geänderten Verbraucherbedürfnisse haben zu einem Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie geführt. Die neuen Grundsätze erforderten nicht nur eine Verschlankung und Optimierung der Fertigungs- und Vertriebssysteme, sondern verlangten auch nach einer Ausbalancierung der Interessen der beteiligten Akteure. Dadurch befreiten sich die OEM und Zulieferer der westlichen Automobilindustrie langsam aus einer lange währenden historischen Konstellation, die von großem Misstrauen und beidseitigem Gegeneinander-Ausspielen geprägt war, um zunehmend Kooperationen einzugehen. (2) Die in der brasilianischen Automobilindustrie entwickelte Modulproduktion stellt insofern die ultimative Form der Verbindung von OEM und Zulieferern dar, als sie auf maximale Integration (nota bene: bei ökonomischer und rechtlicher Unabhängigkeit der Akteure) abzielt. Durch die Eingliederung Letzterer in den Montagefluss und deren Zuteilung in einheitliche, durch Schnittstellen abgegrenzte Abschnitte gelingt es dem OEM, den Endmontageprozess zu flexibilisieren und die infolge zunehmender Variantenvielfalt und kundenspezifischer Produktgestaltung wachsende Komplexität zu bewältigen. Daraus erwächst der Modulproduktion die Möglichkeit, ein neues Konzept von standardisierter Qualität sowohl in Bezug auf das Endprodukt wie auf die Wertschöpfungskette zu realisieren. Zu betonen ist, dass aus der Modularisierung eines Fahrzeugs und ihrer organisatorischen Widerspiegelung in der Montage erhebliche technische Abstimmungsprobleme erwachsen können. Diese sind i. d. R. bei Pkws aufgrund ihrer Struktur größer als bei Nutzfahrzeugen wie Lkws und Bussen. Ferner erzwingt die Modularisierung vom OEM notwendigerweise eine Weitergabe seines Knowhow, was bei Hochtechnologie-Fahrzeugen meistens nicht erwünscht ist. Insofern hängt die Entscheidung für den Einsatz der Modulproduktion, wie auch ihre konkrete Umsetzung, letztendlich von der Komplexität des Fahrzeugs ab. (3) Bei der Modulproduktion handelt es sich um ein komplexes Produktionssystem, in dem zahlreiche ökonomische und organisatorische Varianten eine wichtige Rolle spielen. Im Zuge der Arbeitsteilung begeben sich die Modulanten in eine abgestufte Beziehung. Sie garantiert die

Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

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gewünschte Effizienz mittels hybrider Strukturen, da der Markt keine ausreichende Bündelung von Ressourcen und Kompetenzen erlaubt, während eine hierarchische Organisationsform die Schaffung der notwendigen Flexibilität blockiert. Das Kernelement bei der Durchführung der hoch spezialisierten und ausdifferenzierten Arbeitsteilung bildet die Auswahl von geeigneten Agenten bzw. Modulanten („screening“). Diese müssen das Anforderungsprofil in puncto Entwicklungs- und Produktionskompetenz sowie Kapitalmobilisierung genauestens erfüllen. Prinzipal (OEM) und Agenten führen ihre Aufgaben teils zusammen, teils in wechselnden Rollen (gekreuzte „agency“-Strukturen) aus. Daraus resultiert ein äußerst leistungsfähiges und kostengünstiges Überwachungssystem: Es zeichnet sich durch gegenseitiges Monitoring und Assistenz aus und ermöglicht eine optimale Koordination der sequenziellen Entscheidungen bei exakter Bereitstellung von In- und Outputs. (4) Ferner erkennt der OEM in der Integration von Zulieferern einen strategischen Weg zu einer die Transaktionskosten reduzierenden Form der Leistungserstellung. Um den Wettbewerbsvorteil noch zu erhöhen, wird in der Modulproduktion oft versucht, im Sinne eines „single sourcing“-Ansatzes, die Zahl der in die Wertschöpfungskette eingegliederten Zulieferer so weit wie möglich zu reduzieren. Anderseits ist gerade dies die Achillesferse der Modulproduktion, wenn z. B. bei Ausfall eines einzigen Modulanten der Fluss der auszuführenden Tätigkeiten unterbrochen wird. Deshalb sind dauerhafte, anreizkompatible und vertrauensvolle Verhältnisse conditio sine qua non für einen Erfolg dieses Produktionsansatzes. (5) Von besonderer Bedeutung bei der Gestaltung der Modulproduktion ist die Auswahl der institutionellen Arrangements. Dies schließt ökonomische Kalküle hinsichtlich staatlicher Anreize (z. B. Steuern und Subventionen) ebenso ein wie die Suche nach einer geeigneten, die Transaktionsbündel abdeckenden Rechtsform. Hervorzuhebende Arrangements der Modulproduktion sind das Sondersystem („regime especial“) und das Konsortium. Bei Ersterem handelt es sich um ein Veranlagungsverfahren, welches durch die Vereinfachung der Buchhaltungsarbeiten eine Reduktion von Transaktionskosten darstellt und darüber hinaus den Vorteil bietet, für fällige Steuern einen Zahlungsaufschub zu erwirken. Das Konsortium als Kooperationsform garantiert die juristische Unabhängigkeit der Akteure. Seine Rechtsnatur weist allerdings eine Mischung von vertrags- und gesellschaftsrechtlichen Komponenten auf, sodass das Konsortium als eine dritte Kategorie von Rechtsbeziehungen im Sinne der Theorie der Symbiotischen Arrangements betrachtet werden kann. Infolgedessen besteht die Gefahr einer Überlagerung der Haftungs-

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Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

regelungen beider Rechtsgebiete. Den Gläubigern steht die Möglichkeit offen, die gesamtschuldnerische Haftung aufgrund der Vorschriften weiterer Gebiete des Zivilrechts einzufordern, z. B. Art. 25 Abs. II Verbraucherschutzgesetz und Art. 2 Abs. II Arbeitsgesetzbuch. Deshalb ist auf die Vorsichtsmaßnahme hinzuweisen, die für jede Partei eventuell eintretenden Haftungsfälle im Vertrag so genau wie möglich zu bestimmen. Als Zeichen des kooperativen Geistes der Modulproduktion ist die den Regressanspruch betreffende Vereinbarung zu erwähnen, laut der die verantwortliche Partei der anderen, ohne Ausübung des Regressanspruchs, zur Rückerstattung verpflichtet ist. Hinsichtlich der Haftung des Herstellers ist gegenwärtig, soweit bekannt, keine grundlegende Änderung in der wirtschaftlichen Praxis zu verzeichnen. Im Außenverhältnis haftet der OEM für das gesamte Endprodukt einschließlich der Zulieferteile, der Modulant hingegen nur für seinen konkreten Beitrag. Die Haftung beider Seiten kann durch eine Rückrufpflicht verdichtet werden. Das bekannte Dilemma angesichts der Verteilung des Haftungsrisikos gründet im Innenverhältnis. Laut Rahmenvertrag wird das mit fehlerhaften Zulieferteilen verbundene Haftungsrisiko ausschließlich dem verantwortlichen Modulanten zugeordnet. Dasselbe Prinzip gilt für die sog. „buy“-Teile, d.h., hier haften die indirekten Zulieferer in der geschilderten Weise. (6) Bezüglich der Teilnahme ausländischer Unternehmen am internen Rechtsverkehr ist anzumerken, dass die Akteure in der Praxis auf das im Brasilien vorgesehene „Genehmigungsverfahren“ angesichts der Komplexität desselben, der damit verbundenen Bürokratie und der entstehenden Kosten verzichten. Sofern die ausländischen Akteure noch nicht im Inland ansässig sind, ist es üblich, sich in Brasilien mit einer nach brasilianischem Recht gegründeten Gesellschaft niederzulassen oder eine Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft zu erwerben. Je nach Art der Beteiligung am Konsortium eröffnen sich u. U. weitere Möglichkeiten, in Brasilien tätig zu sein, z. B. über die Errichtung einer Handelsvertretung („representação comercial“) oder den Abschluss eines Technologietransfervertrags. (7) Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht deutet nichts auf potenzielle Negativeffekte der Modulproduktion hin. Im Zuge der Wettbewerbsintensivierung der 90er Jahre erlebte der brasilianische Automobilmarkt eine Phase der Neustrukturierung: Neue Fertigungsmethoden wurden entwickelt, die Zahl der Automobilhersteller und Zulieferer verminderte sich, und die sog. Megazulieferer begannen sich zu formieren. Diese Prozesse zeitigten positive Effekte in Form verbesserter Qualität, gesunkener Kosten und erweiterter Wahlmöglichkeiten. Mittels der Modul-

Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

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produktion gelang es den Akteuren, effizienzsteigernde Koordinationsstrukturen zu entwickeln. Vertikale Bindungseffekte sind zwar vorhanden, werden aber als zulässig betrachtet, solange sie nicht zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen. Die vorliegende Untersuchung der Modulproduktion hat deutlich gemacht, wie heutige Juristen gefordert sind, die vielschichtigen Transaktionen im Rahmen spezifischer Arrangements derart zu gestalten, dass deren Ratio reflektiert und zugleich deren Risiken herausarbeitet werden. Versuche einer Regulierung solcher Arrangements per Gesetz sind meist wenig überzeugend und sollten daher unterlassen werden. Tatsächlich führen sie in der Praxis zu einer Einschränkung der Privatautonomie der Parteien und beeinträchtigen die Funktionsfähigkeit des Marktes. Aufgabe des Rechts sollte es vielmehr sein, Ermöglichungsrahmen anzubieten. Solange die grundlegenden Ordnungsprinzipien der geltenden Privatrechtsordnung seitens der Vertragsgestalter respektiert werden, sind die daraus entspringenden modernen Vereinbarungen als zulässig einzustufen. Selbstverständlich muss jede Grenzverletzung entsprechend sanktioniert werden, damit sich zwischen den Vertragsparteien ein Gleichgewicht herstellen kann. Die einschlägigen vom brasilianischen Gesetzgeber im Geiste des italienischen „codice civile“ erlassenen (wenngleich weniger umfassenden) Vorschriften zum Konsortium, die sich in den Art. 278 f. Aktiengesetz finden, stellen den hier eingeforderten Spielraum bereit. Die ökonomischen Bedürfnisse der Parteien werden in einer Art Unternehmensverfassung derart verrechtlicht, dass aus der Konsortialform des Aktiengesetzes ein neuartiges, der Rechtswissenschaft bisher unbekanntes Konzept entsteht. Es begründet eine abgestufte und strukturierte Arbeits- und Risikoteilung bei simultaner gesellschaftlicher Unabhängigkeit und charakterisiert sich durch die Ausrichtung auf hochspezifische Investitionen, den Einsatz zahlreicher Steuerungselemente sowie eine ungleichmäßige Verteilung der Steuerungsmacht. So entfernt sich die Konsortialform der Modulproduktion vom klassischen Konzept des Gleichordnungskonzerns, da OEM und Modulanten eben nicht gleichgestellt sind. Das bedeutet, dass sich ohne eine enge, dauerhafte, vertrauensvolle und anreizkompatible Beziehung zwischen den Beteiligten das beabsichtigte Effizienzniveau nicht erreichen lässt.

Anhang

Rahmenvertrag* zwischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Gesellschaft A) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Gesellschaft B) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Gesellschaft C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Gesellschaft D) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Gesellschaft E) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Gesellschaft F) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Gesellschaft G) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Gesellschaft H) alle nachstehend Vertragspartner genannt.

I. Präambel 1.1.

Im Bewusstsein, dass: i)

der Automobilhersteller die grundlegenden Prinzipien eines Produktionssystems entwickelt hat, das auf die Erhöhung der Flexibilität, Produktivität und der Leistungsfähigkeit wie auch die Schaffung von Synergieeffekten gerichtet ist und die Herstellung konkurrenzfähiger Endprodukte ermöglicht;

ii) die Vertragspartner die beste mögliche Variante zur Umsetzung des Produktionssystems zusammen ausgearbeitet haben, um ihre Marktposition mittels eines konkurrenzfähigen Produkts zu stärken; iii) die Vertragspartner ihre betreffenden Zuständigkeitsbereiche einschließlich der Vertragsbestimmungen der Partnerschaft definiert haben; iv) das Produktionssystem in den Werken in der Stadt X eingerichtet wird, wobei der Automobilhersteller alle Kosten und die Verantwortung für deren Bau, für die notwendige Ausstattung des Betriebes und die erforderliche Infrastruktur übernehmen muss; v) das Bauprojekt das Vorhandensein von Modulen vorsieht; * Der vorliegende Vertrag wurde von mir übersetzt und ist der in der Praxis angewendete Rahmenvertrag zwischen OEM und Modulanten.

Anhang

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vi) die Modulanten die Ausrüstung und Inbetriebnahme ihres jeweiligen Moduls übernehmen müssen; vii) die Modulanten für die Lieferung der notwendigen Komponenten ihres betreffenden Moduls sowie deren Einbau zuständig sind, beschließen die Vertragspartner, den vorliegenden Vertrag, der gemäß den oben genannten Prinzipien sowie folgender Klauseln und Bedingungen geregelt und auszulegen ist, zu unterschreiben.

II. Glossar 2.1.

In diesem Vertrag haben die nachstehenden Begriffe die folgende Bedeutungen, dabei umfasst der Singular den Plural und umgekehrt, sofern der Sinn dieser Auslegung dem nicht entgegensteht:** (. . .) Als „Komponente“ sind alle zur Herstellung eines Fahrzeugs benötigten Teile sowie Rohstoffe anzusehen. Die von den Zulieferern hergestellten Komponenten werden als „Make-Teile“ bezeichnet. Die vom Automobilhersteller gekauften Komponenten werden als „buy“-Teile bezeichnet. (. . .) Das „Modul“ ist als eine räumlich abgegrenzte Einheit innerhalb des Werkes zu betrachten, die eine einheitliche und/oder von anderen Bereichen unterschiedene Fläche umfasst und einem individuellen Abschnitt des Produktionsverfahrens des Fahrzeugs entspricht. (. . .) Das „Motor-Modul“ ist zuständig für den Einbau der folgenden in der Entwicklungsstückliste angegebenen Komponenten in das Fahrzeug: i)

Motor, Kupplung, Getriebe und elektrische sowie mechanische Aggregate;

ii) Motor- und Getriebegehäuse in die Karosserie.

III. Grundlegende Prinzipien 3.1.

Bezüglich des Aufbaus und des Betriebes des Produktionssystems erkennen die Vertragspartner folgende Prinzipien als Richtlinien der Partnerschaft an: i)

gegenseitiges Vertrauen und wechselseitige Kooperation, auch in Bezug auf den Austausch technologischer und strategischer Informationen, mit dem Ziel einer kontinuierlichen Verbesserung des Geschäfts;

** Dies ist anhand dreier Beispiele dargestellt, da es für das vorliegende Werk von geringer Relevanz wäre, alle in der Modulproduktion angewendeten Termini anzuführen.

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Anhang ii) Transparenz, Loyalität und Wahrung der Geheimhaltungspflicht; iii) Wahrung der Sorgfaltsvorschriften bei der Durchführung der Aktivitäten; iv) Pünktlichkeit bei der Erfüllung der Obliegenheiten.

IV. Vertragsgegenstand 4.1.

Jeder Modulant nimmt an einen bestimmten Abschnitt des Produktionsprozesses unter Anerkennung der folgenden Pflichten teil: i)

auf eigene Kosten das Modul auszurüsten und Verantwortung für die Inbetriebsetzung zu tragen;

ii) für die Herstellung des Fahrzeugs benötigte Komponenten zu liefern. 4.2.

Anderseits übernimmt der Automobilhersteller die folgenden Obliegenheiten: i)

Bestreitung der aus der Errichtung der Infrastruktur der Werke resultierenden Kosten;

ii) Erhalt der notwendigen Infrastruktur zur Ausführung der Betriebstätigkeiten; iii) Unterstützung bei laut Rahmenvertrag den Modulanten obliegenden Aufgaben; iv) kontinuierliche Verbesserung und Optimierung des Produktionssystems; v) Kauf der Komponenten von den Vertragspartnern, gemäß den betreffenden Zulieferungsverträgen. A. Zuteilung der Module 4.3.

Die Modulanten sind zuständig für die Ausrüstung und Inbetriebnahme ihrer entsprechenden Module. Jedes Modul wird vom Automobilhersteller über einen Leihvertrag („Kommodat“) dem betreffenden Vertragspartner übergeben, gemäß den im Zulieferungs- und Leihevertrag vereinbarten Bedingungen. 4.3.1.

Zwecks Durchführung ihrer Aktivitäten erhalten die Vertragspartner ihr betreffendes Modul mit der erforderlichen Infrastruktur, ausschließlich Licht- und Telekommunikationsanlage, Energie, Netzwerkkabel, Druckluft sowie Wasser und einschließlich Gas, sofern nötig.

4.3.2.

Die vorgesehenen Investitionen in Bezug auf die Vorinbetriebnahme und die Beschaffung der transaktionsspezifischen Investitionen zu Lasten der betreffenden Vertragspartner, als auch der Erstattungszeitplan bezüglich dieser Beträge, werden in den betreffenden Zulieferungsverträgen spezifiziert.

4.3.3.

Jeder Vertragspartner übernimmt die Verantwortung für die Ausführung seiner betreffenden Investition. Die im Erstattungszeitplan vorgesehenen Beträge und Fristen müssen dabei streng geachtet werden. Jegliche Änderung hinsichtlich der Beträge und Fristen muss miteinander abgestimmt werden.

Anhang

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B. Einrichtung der Module 4.4.

4.5.

4.6.

Der Automobilhersteller empfiehlt den Modulanten im Voraus eine oder mehrere Gesellschaften, die unter seiner Anleitung ein Vorprojekt zur Einrichtung der jeweiligen Module entwickeln. Das Endprojekt wird vom betreffenden Modulanten und dem Automobilhersteller gemeinsam definiert. Jeder Modulant trägt die Verantwortung für die Ausführung des Endprojekts sowie für die Bezahlung der von ihm ausgewählten Gesellschaft bzw. Gesellschaften und übernimmt alle bei der Einrichtung des Moduls anfallenden Kosten, es sei denn, diese resultieren aus einer für die perfekte Ausführung des Endprojekts notwendigen Anpassung der Infrastruktur; in diesem Fall muss der Automobilhersteller die Kosten und die Durchführung übernehmen. 4.4.1.

Jeder Modulant verpflichtet sich zur exakten Einhaltung des Zeitplans für den Einsatz seiner transaktionsspezifischen Investitionen wie für die Finanzierung des Endprojekts. Jede Änderung des Endprojekts bedarf der vorherigen Zustimmung und der schriftlichen Bewilligung des Automobilherstellers.

4.4.2.

Jeder Modulant verpflichtet sich, seine Materialen deutlich zu kennzeichnen und sie in einem guten Verwendungszustand zu verwahren.

4.4.3.

Jeder Modulant ist zuständig für die Bestreitung der Kosten, die beim Ersatz seiner Materialen anfallen, sollten diese eine Störung aufweisen oder obsolet werden, um ständig ihre bestmögliche Leistung zu gewährleisten. Diese Investitionen werden gemäß dem im Zulieferungsvertrag vereinbarten Zeitplan rückerstattet.

Falls zukünftig eine Umstellung oder Anpassung in einem Modul notwendig wird, die entweder auf eine Anregung des Automobilherstellers zurückgeht und/oder von einer Änderung der technischen Spezifikationen des Produkts verursacht wird, werden bei deren Umsetzung vom Automobilhersteller und den Modulanten die folgenden Bestimmungen beachtet: 4.5.1.

Sollte das Betriebsvermögen unbrauchbar für die Herstellung von Gütern im Modul-Werk geworden sein, aber für die weitere Verwendung seitens der Modulanten bei der Herstellung anderer Güter außerhalb des Hauses geeignet sein, verpflichtet sich der Automobilhersteller nur alle nachgewiesenen Abbau- und Transportverpackungskosten des betreffenden Vermögens zu tragen. Ob die Güter außerhalb des Hauses weiter verwendet werden können, hängt allein von den Bedürfnissen und dem Willen des betreffenden Modulanten ab;

4.5.2.

Sollte anderseits, in beiderseitigem Einvernehmen der Vertragspartner, das betreffende Vermögen unbrauchbar geworden sein, wird der Automobilhersteller die Verantwortung für die Zahlung des Restwerts des Vermögens tragen. Der Zahlungstermin wird von den Vertragspartnern bestimmt.

Die Modulanten müssen den Angestellten des Automobilherstellers freien Zutritt gewähren, damit sie die regulären Inspektionen und die Überprüfung der Instandhaltung von Gütern und Modul durchführen können. Die erwähnten

136

Anhang Inspektionen werden auf eine Weise durchgeführt, die den Betrieb des betreffenden Moduls nicht beeinträchtigt.

4.7.

Jeder Modulant ist zu Schadenersatzleistungen infolge eines von seinen Angestellten verursachten Schadens an fremden Gütern, Vermögen, Modulen und an der Produktionslinie verpflichtet (dies erstreckt sich auch auf Umweltschäden). C. Inbetriebnahme der Module

4.8.

Jedem Modul korrespondiert eine Gesellschaft des betreffenden Vertragspartners, wobei jeder allein zuständig für die Erteilung aller benötigten Arten von amtlichen Lizenzen oder Erlaubnissen ist sowie für die Begleichung der anfallenden Kosten. Jeder Vertragspartner verpflichtet sich zur Einstellung, Leitung und Bezahlung der Arbeitsnehmer sowie zur Schaffung von materiellen und immateriellen Produktionsbedingungen, einschließlich der benötigten „Software“, und zur strengen Einhaltung der einschlägigen Gesetze. Der Automobilhersteller übernimmt keinerlei Verantwortung gegenüber Behörden oder Dritten aufgrund irgendwelcher Verfahren, Maßnahmen sowie entstehender Schadenersatzansprüche. 4.8.1. Anderseits verpflichtet sich der Automobilhersteller zur Erstellung, Unterzeichung und Einreichung alle notwendigen Dokumente zwecks Erteilung der vorher erwähnten Lizenz oder Erlaubnis, wenn die zuständigen Behörden dies von ihm aufgrund seiner Stellung als Inhaber der Werke oder aufgrund dieses Vertrages verlangen. 4.8.2. Es besteht keinerlei Abhängigkeit zwischen den Vertragspartnern. Es handelt sich um ein Konsortium zwecks Errichtung eines gemeinsamen Geschäfts, in dem die Parteien ihre juristische wie ökonomische Selbstständigkeit behalten. Darüber hinaus steht jeder Partner allein für etwaige entstehende Schadenersatzansprüche ein, in gerichtlichen und amtlichen Verfahren, insbesondere in Hinblick auf das Arbeitsrecht. Jeder Partner haftet allein für jegliche Art von Handlung, Fahrlässigkeit oder Unterlassung seiner Angestellten oder Dritter, für die er direkt oder indirekt verantwortlich ist.

4.9.

Jeder Modulant verpflichtet sich, die vom Automobilhersteller erstellten Arbeitsinstruktionen und Richtlinien einzuhalten. Sie zielen auf die Harmonisierung sowie Optimierung der Modulproduktion. D. Allgemeine Zulieferungsbedingungen

4.10. Gemäß den in den betreffenden Zulieferungsverträgen vereinbarten Bedingungen werden die Modulanten die für den Betrieb ihres Abschnitts des Produktionsprozesses notwendigen Komponenten exklusiv liefern. 4.11. Die Komponenten werden gemäß der in Technikdokumentation angegebenen Beschreibung und/oder irgendeiner anderen Technikanleitung des Automobilherstellers gefertigt.

Anhang

137

4.12. Bei gegebener Einwilligung seitens des Automobilherstellers dürfen die Modulanten mit der Fertigung ihrer betreffenden Produkte gänzlich oder teilweise Dritte beauftragen, es sei denn, diese Option beeinträchtigt den Verlauf des Produktionsprozesses oder stellt zusätzliche Kosten dar. Die Modulanten bleiben in diesem Fall voll verantwortlich für die Einhaltung der vereinbarten Zulieferungsbedingungen. 4.13. Ab Inkrafttreten dieses Vertrages wird der Automobilhersteller einige Komponenten direkt von dritten Fabrikanten kaufen (sog. „buy“-Teile). In diesem Fall beschränkt sich die Verantwortung der Modulanten lediglich auf die Überprüfung der Technikkonformität dieser Teile. Dabei müssen die Beschreibungen des Automobilherstellers bezüglich der betreffenden „buy“-Teile genau beachtet werden. Das Verfahren zur Durchführung der Überprüfung wird zwischen den Vertragspartnern vereinbart. Wenn der Automobilhersteller aus irgendwelchen eingetretenen fiskalischen oder technischen Gründen diese Aufgaben nicht erfüllen kann, werden sie von den betreffenden Modulanten übernommen. In diesem Fall darf der Automobilhersteller jederzeit die notwendigen Maßnahmen zwecks Überprüfung der Qualitätsmäßigkeit dieser Produkte ergreifen. 4.14. Sollte der vorgenannte Fall eintreten, werden die Parteien den vom Automobilhersteller zu zahlenden Preis aushandeln. E. Betreuung des Produktionsprozesses 4.15. Die befugten Angestellten des Automobilherstellers haben jederzeit das Recht auf freien Zugang zu jedem Modul und/oder jeder externen Einrichtung, um den betreffenden Produktionsprozess zu betreuen bzw. zu überprüfen. Die Modulanten werden den Automobilhersteller bei allen technischen Fragen, einschließlich Einbau der Komponenten in das Endprodukt, unterstützen. 4.16. Um einen befriedigenden Verlauf aller betreffenden Aktivitäten der Modulproduktion zu garantieren, werden wöchentlich oder in kürzerer Zeit Besprechungssitzungen durchgeführt werden, wobei die Vertragspartner nur von ihre Bevollmächtigen vertreten werden dürfen. F. Technologische Aktualisierung 4.17. Zwecks kontinuierlicher Verbesserung des Endprodukts wird von jedem Partner verlangt, sich mit neuen, im Markt entstehenden Produktionstechniken vertraut zu machen und seinen Bereich technologisch auf dem neuesten Stand zu halten. 4.17.1. Sollten die zuvor erwähnten technologischen Aktualisierungen eine Herabsetzung der Produktionskosten herbeiführen, werden die erzielten Gewinne zwischen dem entsprechenden Modulanten und dem Automobilhersteller geteilt.

138

Anhang G. Änderung der technischen Spezifikationen

4.18. Sollten Änderungen in den technischen Spezifikationen der Produkte sowie im betreffenden Produktionsprozess infolge technologischer Aktualisierung, neuer Gesetze oder anderer Gründe notwendig sein, wird der betreffende Vertragspartner sich bemühen, die notwendigen Maßnahmen zu deren Umsetzung so kostengünstig wie möglich zu entwickeln und auszuführen. 4.18.1. Jede Änderung der technischen Spezifikationen der Produkte oder des Produktionsprozesses wird nur im Falle einer beiderseitigen Übereinstimmung von Automobilhersteller und betreffendem Modulanten durchgeführt. Sie werden die Durchsetzungsmaßnahmen bestimmen und, je nachdem, ob eine Steigerung oder Reduktion der Produktionskosten vorliegt, den Preisausgleich gemeinsam festlegen. 4.18.2. Sollten die Voraussetzungen der vorherigen Klausel gegeben sein (Konsens zwischen den Parteien, Festlegung der Durchsetzungsmaßnahmen sowie des Preisausgleichs), verpflichtet sich jeder Modulant, dem Automobilhersteller eine Warenprobe desjenigen Produkts, an dem die Änderung der technischen Spezifikationen vorgenommen wurde, zwecks Genehmigung zu übergeben, bevor es im Endprodukt montiert wird. H. Qualitäts- und Ausführungsstandard 4.19. Jeder Modulant verpflichtet sich gegenüber dem Automobilhersteller und Dritten, sich an die vom Automobilhersteller spezifizierten Qualitäts- sowie Ausführungsstandards in Bezug auf die zu liefernden Komponenten gemäß dem betreffenden Liefervertrag zu halten. 4.19.1. Bezüglich der „buy“-Teile wird der Automobilhersteller für deren entsprechenden Qualitätsstandard sorgen, wobei jeder Modulant für die Durchführung der Konformitätsüberprüfung bei den „buy“-Teilen zuständig ist, sowie für deren ordnungsgemäße Montage im Fahrzeug. 4.20. Die Modulanten werden die notwendigen Maßnahmen zur Anpassung an das vom Automobilhersteller verlangte Qualitätsniveau ergreifen. Sie werden sich bemühen, die gemeinschaftlichen Ziele dauerhaft zu erfüllen. 4.21. Infolge der vorgenannten Klausel verpflichten sich die Modulanten zur Einführung und Kontrolle von Arbeitsabläufen, die auf die Sicherung der Qualität ihrer Produkte im Sinne der Philosophie des Automobilherstellers, auf Mängelverhütung, kontinuierliche Verbesserung sowie die Vereinheitlichung der Arbeitsabläufe abzielen. 4.22. Der Automobilhersteller wird entsprechende „Eichungsstellen“ in seiner Verantwortung betreiben, welche er mit der notwendigen Infrastruktur und Arbeitskraft ausstattet. Dies soll der Sicherstellung der entsprechenden Qualität der Produkte und Endprodukte dienen. Als „Produkt“ soll jedes Ergebnis eines Einschlusses von Komponenten seitens eines Modulanten verstanden

Anhang

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werden, was sich immer den technischen Anweisungen entnehmen lässt. Der Ausdruck „Endprodukt“ bezieht sich auf die am Modul montierten Fahrzeuge. 4.23. Sollte festgestellt werden, dass hinsichtlich eines bestimmten Produkts die Qualitäts- und Ausführungsstandards des Automobilherstellers nicht erfüllt werden, wird der Automobilhersteller den betreffenden Modulanten zur Ergreifung der notwendigen Maßnahmen auffordern. Dies schließt die Möglichkeit seitens des Automobilherstellers ein, den betreffenden Modulanten mit einem unmittelbaren Abbruch der Lieferungsbeziehung und seiner Aktivitäten zu bestrafen, sofern die erforderlichen Maßnahmen nicht in die Praxis umgesetzt werden. 4.23.1. Der betreffende Modulant wird innerhalb einer Frist von max. 30 Tagen den Mangel ordnungsgemäß beseitigen müssen, sofern der Mangel sich entweder auf seine Komponenten oder auch auf die „buy“-Teile bezieht. Die Frist läuft, sobald ihm die Bekanntmachung des Automobilherstellers zugegangen ist. 4.23.2. Sollte sich eine Unterbrechung des Produktionsprozesses des Endprodukts („job stopper“) ereignen, verpflichtet sich der Automobilhersteller, die nachgewiesenen Überstundenkosten der nicht unmittelbar an der Unterbrechung beteiligten Modulanten zu bezahlen. 4.24. Bei Eintritt einer Produktionsunterbrechung werden der betreffende Modulant sowie der Automobilhersteller die Kosten der Ausarbeitung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens gemeinsam tragen, damit die anstehenden Fragen bezüglich der Ursache der Produktionsunterbrechung geklärt werden können. Dies entbindet den Modulanten keineswegs von der Pflicht zur vorsorglichen Ergreifung jeglicher vorübergehender Maßnahme zur Minimierung des Schadens, sowie zur Übernahme der sich daraus ergebenden Kosten. Sollte das Sachverständigengutachten ein schuldhaftes Handeln oder Unterlassen des untersuchten Modulanten nachweisen, wird er die vom Automobilhersteller bereits getragenen Kosten der Ausarbeitung rückerstatten. Wenn das Sachverständigengutachten anderseits hervorbringt, dass der Modulant keinerlei Verantwortung für die Unterbrechung der Produktion trägt oder dass das Ereignis lediglich von einem Qualitätsmangel eines „buy“-Teils verursacht wurde, besteht für den Automobilhersteller die Pflicht, ihm die angefallenen Kosten zu rückerstatten. 4.25. Unbeschadet der zuvor genannten Klauseln, in denen der Automobilhersteller sich verpflichtet, den Produktionsprozess zu betreuen sowie die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeugqualität in den entsprechenden „Eichungsstellen“ zu überprüfen, werden die Modulanten nicht aus ihrer Pflicht zur Einhaltung der Qualitäts- und Ausführungsstandards sowie zur Durchführung der entsprechenden Qualitätsüberprüfungen bei der Ausübung ihrer Aktivitäten entlassen. 4.26. Die Haftung der Vertragspartner für die von ihnen verursachten Mängel in Komponenten oder Produkten infolge der Missachtung der betreffenden Anforderungen des Automobilherstellers erstreckt sich weiter auf alle Kosten, die er gegebenenfalls gerichtlich oder außergerichtlich übernehmen muss.

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Anhang Falls Komponenten nach erfolgter Montage in einer Reihe von verkauften Fahrzeugen erhebliche Mängel aufweisen, die bei Kunden zu Schäden von großem Ausmaß führen können, oder gar lebensgefährliche Mängel aufweisen, welche darüber hinaus gezwungenermaßen zu einer Inspektion und/oder einem Rückruf dieser Fahrzeuge führen, verpflichtet sich der Automobilhersteller, dies unmittelbar dem schuldigen Modulanten mitzuteilen. Der Automobilhersteller wird im gegenseitigen Einvernehmen mit dem betreffenden Modulanten ein Programm für die Beseitigung der Mängel durchführen, wobei der Modulant allein die Kosten tragen wird, die der Automobilhersteller dabei zu übernehmen gezwungen ist. I. Abnahme der Endprodukte und Zahlungsbedingungen

4.27. Alle Modulanten sind davon in Kenntnis gesetzt und erklären ihr Einverständnis, dass die Annahme des Endprodukts seitens des Automobilherstellers von der strengen Erfüllung der folgenden Voraussetzungen abhängig ist: i)

Vollendung des den jeweiligen Modulanten betreffenden Produktionsabschnittes des entsprechenden Endprodukts;

ii) Überprüfung der technischen Anforderungen für die Verkaufstellung und Billigung des Endprodukts seitens des Automobilherstellers. 4.28. Der entsprechende Preis wird vom Automobilhersteller dem betreffenden Modulanten innerhalb von spätestens 28 Tagen ab dem Abnahmezeitpunkt gezahlt. Sollten ein oder mehrere Produktions- oder Komponentenmängel festgestellt werden, wird der verantwortliche Modulant nur 90% des Betrages erhalten. Die restlichen 10% wird er erst bekommen, wenn das Fahrzeug sich im vorgeschriebenen Verkaufszustand befindet. J. Vertraulichkeit und Geheimhaltungspflicht 4.29. Sollte während der Geltungsdauer des vorliegenden Vertrages ein Vertragspartner von Informationen Kenntnis erlangen, die sich auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beziehen oder vertraulichen Charakter besitzen, obliegt es ihm und seinen direkten und indirekten Angestellten, Gesellschaftern, Verwaltern, Boten, verbundenen oder kontrollierten Unternehmen sowie jeder Person unter seiner direkten oder indirekten Verantwortung, die Zugang zu diesen Informationen gewinnen können, sie streng zu bewahren. Die hier erwähnten Informationen mit vertraulichem Charakter beziehen sich auch auf Strategien, Organisationen, Projekte, gewerbliche Muster, Formeln, Methoden, Verhandlungen, Kompromisse und ihre entsprechenden Dokumente, es sei denn: i)

die Informationen sind offenkundig oder ohne Schuld des Vertragspartners übermittelt worden;

ii) die Informationen werden durch ermächtigte Dritte bekannt gegeben; iii) die Informationen sind bereits vor den Verhandlungen des vorliegenden Vertrages dem betreffenden Vertragspartner bekannt und Teil seines üblichen geschäftlichen Know-hows.

Anhang

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4.30. Die Verwendung seitens eines Vertragspartners von Betriebsgeheimnissen, Marken, Patenten oder patentierbaren Ideen wird unter folgenden Bedingungen beendet: i)

wenn vom Automobilhersteller die Diskontinuität der Zulieferung eines bestimmten Produkts beantragt wird;

ii) durch die Kündigung des vorliegenden Vertrages. 4.31. Im Falle der Beendigung der Zulieferung sowie bei Ablauf oder Kündigung des vorliegenden Vertrages verpflichten sich die beteiligen Vertragspartner, alle Dokumente, Formeln, Prozesse, Zeichnungen und alle anderen Unterlagen, die ihnen im Rahmen der Zulieferungsbeziehung anvertraut werden, unmittelbar zurückzugeben. 4.32. Sollte die in den vorherigen Klauseln geregelte Geheimhaltungspflicht verletzt werden, wird der betreffende Vertragspartner alle Kosten und Belastungen tragen, die sich aus diesem Tatbestand ergeben, einschließlich Schadenersatz. K. Unabhängigkeit der Gesellschaften und Haftung 4.33. Der vorliegende Rahmenvertrag bestimmt eine vertragliche Beziehung zwischen Zulieferern (Modulanten) und dem Automobilhersteller. Es ist festgesetzt, dass aus dieser vertraglichen Beziehung weder eine juristische Abhängigkeit zwischen den Vertragspartnern erwächst, was sich auf jegliche Verknüpfung zwischen den Vertragspartnern sowie zwischen ihren direkten oder indirekten Gesellschaftern, verbundenen oder kontrollierten Unternehmen, Verwaltern, Boten, Angestellten sowie jeder Person unter ihrer direkten oder indirekten Verantwortung bezieht, noch eine gesamtschuldnerische oder subsidiäre Haftung in Bezug auf Arbeits-, Sozial-, Gesellschafts-, Handels- und Steuerrecht sowie hinsichtlich irgendeines anderen Rechts. Aufgrund der vorherigen Klausel wird dieser Rahmenvertrag keinerlei Gesamtschuld zwischen den Vertragspartner hinsichtlich jeglicher Verpflichtung, Schuld, Obliegenheit oder Verantwortung vor Dritten begründen, die von jedem Vertragspartner „per se“ übernommen würde. 4.34. Sollte ein Vertragspartner eventuell wegen Schadenersatzes oder irgendeines vom anderen Partner verschuldeten rechtlichen Anspruches gezwungen sein, an einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Prozess teilzunehmen, obliegt es dem betreffenden Partner, alle Kosten einschließlich Gerichts- und Anwaltskosten zu rückerstatten. L. Gebäudekosten 4.35. Der Automobilhersteller trägt allein alle Abgaben und/oder Steuern, die sich auf das Fabrikgebäude beziehen. 4.36. Demgegenüber verpflichten sich die Modulanten, bezüglich ihres entsprechenden Moduls alle Nebenkosten, insbesondere Strom, Wasser und Gas, sowie

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Anhang alle anderen erforderlichen Abgaben, unter Berücksichtigung der genauen Zahlungstermine zu übernehmen. M. Versicherungen

4.37. Die Vertragspartner sind zum Abschluss eines Versicherungsvertrags sowohl in Brasilien als auch im Ausland verpflichtet, welcher die folgenden Risiken abdeckt: i)

materielle Schäden von Gebäuden, Bauwesen, Betrieben, Maschinen, Ausrüstungen sowie Werkzeugen;

ii) von jedweder Person verursachte oder erlittene Personen- oder Vermögensschäden, die sich unter direkter oder indirekter Verantwortung der Vertragspartner im Werk befindet; iii) Endprodukt- oder „buy“-Teile-Fehler oder -Defekte; iv) Umweltschäden. 4.38. Mit Ausnahme der Haftpflichtversicherung des Arbeitsgebers, die obligatorisch von jedem Vertragspartner individuell abgeschlossen wird, werden alle sonstigen Versicherungsverträge gemeinsam geschlossen, sodass die Parteien gleichzeitig als Mitvertragspartner und Mitbegünstigter (gekreuzte Vertragsversicherungen) fungieren. Der Abschluss des Versicherungsvertrages setzt die Vereinbarung einer Verzichtsklausel voraus, in der der Versicherer von seinem Regressrecht gegenüber den Parteien bei einem möglichen Eintreten des Versicherungsfalles zurücktreten muss. 4.39. Die Verhandlungen bezüglich der vorgenannten Klausel werden gemeinsam von den Vertragspartnern geführt, es sei denn, dass sie keinen Konsens erzielen, in diesem Fall muss der Automobilhersteller die Verhandlungsführung übernehmen. Die Parteien werden gemeinsam die Deckungssummen bestimmen. Bei Nichtzustandekommen eines Konsenses wird nach Mehrheit entschieden.

V. Kündigung 5.1.

Der vorliegende Vertrag kann unmittelbar in Bezug auf einen oder mehrere Vertragspartner mittels schriftlicher Bekanntmachung gekündigt werden, wenn eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen vorliegen: i)

Kündigung des Zulieferungsvertrages, Leihvertrages sowie sonstiger Verträge wegen Nichterfüllung

ii) absichtliche Produktionsunterbrechung, die mehr als 24 Stunden dauert; iii) Verletzung der Geheimhaltungspflicht; iv) Insolvenz eines Vertragspartners.

Anhang

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5.2.

Der vorliegende Vertrag kann ebenfalls gekündigt werden, wenn nach Ablauf der ersten zwölf Monate seit Inkrafttreten ein Vertragspartner nachweist, dass die in vorliegendem Rahmenvertrag bestimmten Obliegenheiten für ihn ökonomisch nicht durchführbar sind.

5.3.

Die Vertragspartner können den vorliegenden Vertrag in Bezug auf einen oder mehrere Vertragspartner nur mittels schriftlicher Bekanntmachung kündigen, wenn dieser zur Nacherfüllung aufgefordert wurde und er dieser nicht innerhalb von 30 Tagen nach Empfang der Bekanntmachung nachkommt.

5.4.

Durch die Kündigung des vorliegenden Vertrages werden unmittelbar alle zusätzlichen Vertragsverhältnisse beendet. Der gekündigte Vertragspartner ist verantwortlich für die Bezahlung aller aus der Beendigung seiner Tätigkeiten notwendigerweise erwachsenden Kosten, einschließlich arbeitsrechtlicher Kosten.

5.5.

Sollte ein Vertragspartner aus diesem Rahmenvertrag ausscheiden, wird der Automobilhersteller ihn vorübergehend ersetzen oder einen Ersatzmodulanten einsetzen. Dies darf die Frist von 6 Monaten ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung nicht überschreiten. 5.5.1. In Anbetracht der vorgenannten Klausel wird der Automobilhersteller alle notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung einer möglichen Produktionsunterbrechung wegen des Ausscheidens eines Vertragspartners ergreifen. Dennoch wird er für den Zeitraum von einer möglichen Produktionsunterbrechung bis zur Wiederaufnahme des Produktionsablaufs nicht für Schadenersatz aufkommen.

5.6.

Sollte der Rahmenvertrag in Bezug auf einen oder mehrere Vertragspartner aus irgendeinem Grund gekündigt werden, wird dies nicht die übernommenen Obliegenheiten der anderen Vertragpartner berühren, welche bis zum Vertragsende und unter den vereinbarten Bedingungen ausgeführt werden müssen.

5.7.

Die Kündigung des vorliegenden Rahmenvertrages aus irgendeinem Grund wird keine Bestimmungen berühren oder beeinträchtigen, die ausdrücklich oder mittelbar nach der Kündigung in Kraft bleiben. a) Einsatz transaktionsspezifischer Investitionen

5.8.

Sollte der vorliegende Rahmenvertrag in Bezug auf einen Vertragspartner aus irgendeinem Grund gekündigt werden, ist der Automobilhersteller ihm gegenüber verpflichtet, die Investitionen zur Vorinbetriebnahme rückzuerstatten und das Sachvermögen (Betriebskapital) für dessen Restwert zu erwerben oder einen Dritten für die Vertragsübernahme zu benennen. Sollte Letzterer der daraus resultierenden Pflicht, den auszuscheidenden Vertragspartner für die erwähnten Investitionen zu entschädigen, nicht nachkommen, entsteht dem Automobilhersteller dadurch eine gesamtschuldnerische Obliegenheit.

144

Anhang b) Vertragsstrafe

5.9.

Sollte der Rahmenvertrag aufgrund der Klauseln 5.1. i) bis iv) gekündigt werden, wird der Automobilhersteller 10% vom gesamten Entschädigungswert, der gemäß der vorherigen Klausel 5.8. zu entrichten ist, als Vertragsstrafe abziehen.

VI. Formalisierung des Aus- und Eintritts der Vertragspartner 6.1.

Ein Ausscheiden eines Vertragspartners aus irgendeinem Grund wird mittels eines entsprechenden Austrittsprotokolls formalisiert, welches vom Automobilhersteller und dem betreffenden Vertragspartner unterzeichnet werden muss. 6.1.1. Im Austrittsprotokoll werden die bereits vom Automobilhersteller erworbenen Vermögen beschrieben, die entweder ihm oder einem von ihm benannten Vertragspartner übertragen werden. 6.1.2. Dem Automobilhersteller obliegt es, alle Parteien bezüglich des Austritts eines Vertragspartners innerhalb einer Frist von maximal 15 Tagen schriftlich zu benachrichtigen.

6.2.

Der Eintritt eines vom Automobilhersteller zu benennenden Dritten in diesen Rahmenvertrag wird durch ein Antrittsprotokoll formalisiert und vom Automobilhersteller und dem neuen Vertragspartner unterzeichnet, wodurch er alle Rechte und Obliegenheiten dieser Vereinbarung übernimmt. 6.2.1. Diesbezüglich obliegt es dem Automobilhersteller, alle Parteien innerhalb einer Frist von maximal 15 Tagen schriftlich zu benachrichtigen.

VII. Force-Majeure 7.1.

Sollte die Erbringung einer Vertragsobliegenheit seitens eines Vertragspartners wegen höherer Gewalt, welche trotz äußerster Sorgfalt des Betroffenen nicht vermieden werden konnte, verhindert oder verzögert werden, ist der Betroffene bis zum Wegfall des aus höherer Gewalt eingetretenen Ereignisses von deren Erfüllung entlastet.

7.2.

Nach Wegfall des Ereignisses aus höherer Gewalt wird die notwendige Frist zur Nacherfüllung der Leistung zwischen den Vertragspartnern vereinbart.

7.3.

Sollte ein Vertragspartner wegen höherer Gewalt seine Leistung nicht vertragsgemäß erbringen können, wird er vom Ersatz des Schadens entlastet, den die anderen Vertragspartner wegen Verzögerung oder Nichterbringung der Leistung erleiden. Der betroffene Vertragspartner ist verpflichtet, nach spätestens 5 Werktagen den Eintritt des Ereignisses aus höherer Gewalt den anderen Vertragspartnern schriftlich mitzuteilen, sowie mit angemessener Sorgfalt alle notwendigen

Anhang

145

Maßnahmen zur Verminderung oder Beseitigung der Folgen des Ereignisses zu ergreifen und darüber hinaus die Nacherfüllung der betroffenen Vertragsobliegenheiten schnellstmöglich zu betreiben. 7.4.

In den folgenden Fällen ist jeder Vertragspartner ermächtigt, den Vertrag mit dem Betroffenen ohne jegliche Haftungsübernahme zu kündigen: i)

falls der Wegfall des Ereignisses aus höherer Gewalt zu erwarten ist, aber es mehr als 10 Tage nach der entsprechenden Bekanntmachung noch andauert;

ii) wenn von vornherein voraussichtlich kein Wegfall des Ereignisses aus höherer Gewalt zu erwarten ist. In diesem Fall kann eine Kündigung umgehend nach der entsprechenden Bekanntmachung des Ereignisses aus höherer Gewalt erfolgen.

VIII. Konkurrenzverbot 8.1.

Sollte ein Vertragspartner ein gesellschaftliches, geschäftliches oder vertragliches Verhältnis mit einem im Wettbewerb stehenden Unternehmen unterhalten, was ihm Zugang zu strategischen und vertraulichen Informationen ermöglicht bzw. ermöglichen kann, oder im Falle von Ingerenz des Konkurrenten in Verwaltung und Geschäft der Partnerschaft, besteht für die Vertragspartner das Recht zur Kündigung.

IX. Änderung des Vertrages 9.1.

Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

X. Salvatorische Klausel 10.1 Falls einzelne Bestimmungen dieses Vertrages vollständig oder teilweise unwirksam sein sollten oder dieser Vertrag Lücken enthält, wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, welche dem Sinn und Zweck der unwirksamer Bestimmung entspricht, was nach Sinn und Zweck dieses Vertrages vernünftigerweise vereinbart worden wäre, wenn die Vertragspartner die Angelegenheit von vornherein bedacht hätten.

XI. Anwendbares Recht und Gerichtsstand 11.1. Der vorliegende Vertrag untersteht brasilianischem Recht. Der Gerichtsstand ist . . . [Stadt].

146

Anhang

Da alle Vertragspartner einverstanden sind, unterschreiben sie, und zwei Zeugen, den vorliegenden Vertrag in acht Ausfertigungen mit identischem Inhalt.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . [Ort], . . . . . . . . . . . . . . . . . . [Datum].

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Sachverzeichnis agency 58, 79 ff., 98, 112 – gekreuzte Prinzipal-Agent-Beziehungen 85 f., 88 f., 120, 123, 129 Aktiengesellschaft 96 f., 105, 107, 119 allgemeine Zulieferungsbedingungen 45 f., 136 f. Anerkennung ausländischer Juristischer Personen 115 ff. asset specifity 53, 67, 71 f., 73 f., 75, 78, 85, 88, 120 Autolatina 28 ff., 30 Beschlussfassung 97, 113 Betreuung des Produktionsprozesses 45 f., 137 brownfield plants 31 buy-Teil 45, 63, 130, 133, 137, 138, 139, 142 Design 19, 21, 29 dispositives Recht 98, 120

Geheimhaltungspflicht 49 f., 134, 140 f., 142 Geldtheorie 59 Genehmigungsverfahren 119, 130 Gesellschaftsorgan 97, 107 Gleichordnungskonzern 98, 120, 131 Greenfield plants 31, 32 Gründungstheorie 115, 117 Haftung – gesamtschuldnerisch 44, 50, 53, 90, 97, 109, 111 f., 114, 130, 141 – subsidiär 45, 50, 90, 141 Handelsregister 97, 99, 114 f. Handlungsfähigkeit 110, 118 Holding 29 hold-up 67 ff., 85 hybride Langzeitverträge 23, 66 ff., 72 ff., 81, 85, 101, 103 ff. institutionelle Arrangements 64 f., 91, 120 just in time 26, 31, 84

economies of scale 39, 112, 120, 126 Effizienz 56, 57, 62, 66, 70, 77, 80, 104, 123, 125, 129, 131 einfache Gesellschaft 106, 114 ex-post-opportunism 67 Externalität 76, 81 faktische Gesellschaft 18, 106, 109, 114 Finanzverwaltung („receita federal“) 109 first-tier supplier 28, 35, 36 Fisher-Body 67 ff. Force-Majeure 52, 53 f., 144 f.

Kapitalmobilisierung 21, 129 Kernkompetenz 21, 34, 86 Know-how 30, 35, 44, 49, 96, 120, 128, 140 Kondominium-Ansatz siehe OEMZulieferer-Kondominia Konkurrenzverbot 54, 71, 145 Konsortium 91 ff. – Außenkonsortium 94, 98, 108, 113 – Innenkonsortium 94, 98, 109, 113 Kooperationssystem 22, 25, 40 Kundenorientierung 19, 62 Kündigung 52 f., 71, 75, 113, 142 ff.

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Sachverzeichnis

Lean Production bzw. Lean Distribution 20, 24 ff., 48, 62 least cost avoider 102 f. Leistungsstörungsrecht 22, 82, 84 Lock-in-Effekte 26 make or buy 59 Massenfertigung 20, 25, 31 Megazulieferer 124, 130 Mercosur 20 Mitgliedschaft 100, 113 Modul-Konsortium 28, 32 ff. Monitoring 79, 83, 84, 129 Neue Institutionenökonomik 58 ff. nota fiscal siehe Steuerbeleg OEM-Zulieferer-Kondominia 26 ff., 39 f. öffentliche Ausschreibung 32, 40, 62, 125 opportunistisches Verhalten 49, 52, 67, 71, 75, 80, 83, 88, 113 Parteifähigkeit 110, 115 pay on production 26 Privatautonomie 87, 103 f., 121, 131 Produktionsunterbrechung („job stopper“) 47, 139, 142 Property-Rights-Theorie 76 ff. Qualitäts- und Ausführungsstandards 48, 138 f. Rahmenvertrag 40 ff. Rechtsnatur 23, 91, 97 ff., 129 Regenschirmvertrag siehe Rahmenvertrag regime especial siehe Sondersystem Regressanspruch 50 f., 112, 130, 142 relationale Verträge 101 ff. Ressource 71, 74, 77, 80, 83, 86, 88, 96, 123, 129 Risikoallokation 21, 84 Risikomanagement 51 Rückruf 48 f., 130, 140

second-tier supplier 125 self-enforcing contracts 69 sharp in – sharp out 70 Shirking 78, 86 Sitztheorie 115 ff. – Verwaltungssitz 115, 117 societas alicuius negotiationis 109 Sondersystem („regime especial“) 65 ff., 130 Stellvertretung 81 ff., 94, 112 Steuerbeleg 65 Steuerregister für Juristische Personen (CNPJ) 100, 109 superior tribunal de justiça 110 Synergieeffekte 21, 62, 112, 132 technologische Aktualisierung 46, 75, 137 third-tier supplier 27 f., 35, 125 Total-Quality-Konzept 46, 84 Transaktionskosten (Begriff) 59 ff., 129 tribunal superior do trabalho 112 Unabhängigkeit 21, 39, 43, 48, 50, 90, 92, 100, 111, 120, 124, 141 Unternehmensverfassung 91, 98 f., 113, 120, 131 Veranlagungsverfahren 65, 130 Versicherung 51, 142 vertikaler Bindungseffekt 124 f. Vertragsstrafe 53, 144 Vertriebssystem 19, 61, 128 Wertschöpfungskette 19, 39, 112, 129 Wettbewerb 122 ff. Wirtschaftsöffnung 20, 96 Zahlungsaufschub 65, 129 Zuliefererpark 26, 39 Zwingendes Recht 22, 91, 100, 105, 116, 122