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German Pages [280] Year 2015
Novum Testamentum et Orbis Antiquus / Studien zur Umwelt des Neuen Testaments
In Verbindung mit der Stiftung „Bibel und Orient“ der Universität Fribourg/Schweiz herausgegeben von Martin Ebner (Bonn), Max Küchler (Fribourg), Peter Lampe (Heidelberg), Stefan Schreiber (Augsburg), Gerd Theißen (Heidelberg) und Jürgen Zangenberg (Leiden) Band 99
Vandenhoeck & Ruprecht
Lung Pun Common Chan
Die Metapher des Lamms in der Johannesapokalypse Eine sprach- und sozialgeschichtliche Analyse
Vandenhoeck & Ruprecht
Mit 6 Abbildungen und 23 Tabellen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 1420-4592 ISBN 978-3-666-59372-7 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de o 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, 37073 Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt
Vorwort Prof. Dr. Gerd Theißen gilt zu allererst mein tief empfundener Dank. Für mich stellt seine Betreuung mehr als eine Beziehung zwischen Doktorvater und Doktorand dar. Seine Kreativität hat mich zum Studium der Bibel motiviert. Seine Toleranz hat es ermöglicht, die im Laufe der Zeit entstandene Überarbeitung meiner Dissertation jetzt in der Reihe NTOA veröffentlichen zu können. Viele Tabellen der ursprünglichen Dissertation sind nun entfallen. Ein kürzeres Buch wird nämlich im Allgemeinen schneller rezipiert und ebenso kann nun der Druckkostenzuschuss gesenkt werden. Insgesamt aber wurde das Wesentliche der Gedanken beibehalten. Stets stärkt Prof Theiben mir den Rücken: Es gibt mindestens zwei Themenbereiche, in denen eine Weiterarbeit in Form von einzelnen Aufsätzen eventuell möglich wäre. Sie sind: 1) die Datierung der JohApk; und 2) die Deutung der JohApk als Kirchenpolitik. Außerdem werde ich niemals vergessen, dass mein Doktorvater und seine Frau Dr. Christa Theißen meine Dissertation, die von der Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Februar 2008 angenommen wurde, komplett Korrektur gelesen und in ein gut lesbares Manuskript verwandelt haben. Zu danken habe ich auch dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der den gesamten Aufenthalt meiner Familie in Deutschland finanziert hat. Prof. Dr. Peter Lampe, Prof. Dr. Christian Strecker und mein Doktorvater haben vielmals sehr positive Gutachten geschrieben, so dass mein DAAD Stipendium verlängert wurde. Besonderen Dank schulde ich meinem Doktorvater auch für meine damalige Anstellung als Wissenschaftliche Hilfskraft in seinem Sekretariat. Während meines Aufenthalts in Heidelberg pflegte der sogenannte Montagskreis (d. h. eine Gruppe von Prof. Theißens Schülern) eine akademische Freundschaft zwischen meiner Familie und den anderen Mitgliedern, namentlich Ines Pollmann, Darina Staudt, Kristina Wagner, Florian Theobald, Hajnalka Ravasz und Romeo Popa. Desweiteren bin ich insbesondere meinem jetzigen wissenschaftlichen Kollegen Prof. Dr. Kun-Chun Eric Wong für unseren anregenden Gedankenaustausch zu Dank verpflichtet. Prof. Wong erachte ich als meinen seelischen Mentor. Da ich die zwei Gutachten zu meiner Dissertation nochmals gelesen und mir genau durch den Kopf habe gehen lassen, möchte ich nunmehr meine Gedanken dazu zum Ausdruck zu bringen. Durch sein ausführliches Erstgutachten ermunterte mich mein Doktorvater Prof. Theißen in nicht zu überschätzendem Maße. Prof. Dr. Helmut Schwier, der das Zweitgutachten
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Vorwort
verfasst hat, hat mich als Nachwuchswissenschaftler dauerhaft ermutigt. Um der Redaktionsarbeit willen hat er damals mir ausländischem Doktoranden auch sein Korrekturexemplar meiner Doktorarbeit gegeben. Noch wichtiger aber war ihre wohlgemeinte Kritik. Ohne ihre wertvollen akademischen Ratschläge wäre dieses Buch nicht entstanden. Beiden Professoren sei hiermit nochmals herzlich gedankt! Ein Dank gilt natürlich auch dem Herausgeberkreis von NTOA/Studien zur Umwelt des Neuen Testaments für die Aufnahme dieser Arbeit in ihrer Reihe. Daniel Benz und Dr. Irene Littig bin ich für die mühevolle Arbeit des Korrekturlesens in verschiedenen Phasen besonders zu Dank verbunden. Ebenso geht mein Dank an die Arbeiter und die Angestellten im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. Nach vielen Jahren intensiver Arbeit liegt sie nun vor Ihnen: meine akademische Monographie, die mich eigentlich schon seit meine Forschungsaufenthalt an der Trinity International University in Chicago begleitet hat. Prof. Dr. Grant Osborne, Prof. David W. Pao, Prof. Dr. Robert W. Yarbrough, Prof. Dr. Eckhard Schnabel und Prof. Dr. D. A. Carson bin ich für ihre Hilfe bei meiner Magisterarbeit, die zur Grundlage dieses Promotions- und danach Buchprojekts wurde, zu Dank verpflichtet. Am Ende dieses Vorwortes soll meiner Frau Tsui-Yuk Louise Liu ein Ehrenplatz zukommen. Gerne erinnere ich mich noch einmal an unseren Weg nach Heidelberg. Im August 2013 feierten die Heidelberger mit einem Theaterstück (nämlich „Road to Heidelberg“) das 400jährige Hochzeitsjubiläum von Friedrich V. und Elisabeth Stuart; zugleich feierten wir in Prof. Dr. Gerd Theißens Beisein unseren zehnten Hochzeitstag in Heidelberg. Die Zeit vergeht wie im Flug. In unseren Flitterwochen (d. h. im August 2003) hatten wir Prof. Theiben erstmals besucht, um mit ihm unsere Promotionsprojekte zu besprechen. Im Jahr darauf begannen meine Frau und ich, jeweils eigene Forschungsgebiete zu untersuchen. Die Geburt unserer ersten Tochter war ein erfreuliches Ereignis während unseres Forschungsaufenthalts in Heidelberg. Aber dieser positive Wendepunkt in unserem Familienleben war zugleich ein schwieriges Ereignis für unsere Forschungsprojekte, da wir uns natürlich intensiv um unser neues Familienmitglied kümmern mussten und uns somit weniger Zeit für unsere Forschung blieb. Jedoch fanden wir durch unser Baby, dessen Name (nämlich Elisabeth) von unserem Doktorvater gewählt wurde, immer Trost. Ob unsere Tochter eines Tages ähnlich wie St. Elisabeth von Thüringen, die eine der beliebtesten Ausländerinnen des Mittelalters in Deutschland war, eine Rolle spielen wird, können wir natürlich nicht vorausahnen. Aber unsere Elisabeth war bisher schon die Motivation für uns, die beiden Doktorarbeiten schneller fertig zu schreiben. Während der Überarbeitung unserer beiden Dissertationen haben meine Schwiegermutter und unsere jüngere Tochter Yi-Yan Ines uns auch immer begleitet. Auf diese Weise stellt die Veröffentlichung der hier vorliegenden Monographie nicht das Werk einer einzelnen Person, sondern unserer ganzen Familie dar. Dieses Werk soll
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Vorwort
sowohl als bedeutendstes Geschenk zu unserem zehnjährigen Hochzeitsjubiläum, als auch als Zeugnis unserer Liebe gelten. Für alle, die Prof. Theißen zu seinem 70. Geburtstag gratuliert haben, hat er einen kleinen meditativen Text über uns Theologen verfasst, den ich hiermit aufnehmen möchte: Homo theologicus Jahrmillionen hat es gedauert, bis sich Lebewesen entwickelten. Stoffwechsel mit der Umwelt erhielt und erneuerte sie. Ihre Organe brachten Laute hervor, aber sie sprachen nicht. Sie wussten noch nichts von der Weisheit in den Wundern der Welt. Erst der Mensch verwandelte ihre Stummheit in Sprache. Erst der Mensch verwandelte ihr Glück in Dankbarkeit. Erst der Mensch verwandelte ihr Leid in Klage. Erst der Mensch verwandelt den materiellen Stoffwechsel in spirituellen Austausch und klagt Gott sein Leid und lobt ihn trotz allem. Alles, was als sein Proprium galt, haben wir bei Tieren gefunden: Sprache und Tradition, Solidarität und Selbstbewusstsein. Doch dass er loben und klagen kann, unterscheidet ihn vom Tier. Der Mensch ist das betende Tier, das nicht beten muss, so wie er das vernünftige Lebewesen ist, das nicht vernünftig sein muss. Theologen sind beides: Einige beten und sind unvernünftig. Einige sind unvernünftig, beten aber nicht. Einige beten nicht, sind aber vernünftig. Selig sind, die beten und vernünftig sind.
Heidelberg, im August 2013
Lung Pun Common Chan
Inhalt
1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Die Aufgabe der Arbeit: Die Bedeutung der Lammmetapher 1.1.1 Gegenstand und Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Hauptthese und Teilthesen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Dreifache Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Forschungsgeschichte der Lammmetapher in der Johannesapokalypse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Lexikalische Optionen: Lamm oder Widder? . . . . . . 1.2.2 Der Traditionshintergrund von Lamm und Widder . . 1.3 Fragestellung und Methodik der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2 Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung und in der Johannesapokalypse . . . . . . . . . . . 2.1 Erste Teilthese und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Der soziolinguistische Hintergrund des Johannesapokalyptikers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Das !qm_om und sein Traditionshintergrund . . . . . . . 2.2.3 Das !qm_om als innovative Verbindung von Gegensätzen . 2.3 Ergebnis: Das !qm_om als Märtyrer-Krieger und die hgq_om-Ideologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation der Johannesapokalypse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Zweite Teilthese und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse . . . 3.2.1 Situationsanalyse: Die Romanisierung in Kleinasien . . 3.2.2 Reaktionsanalyse: Antworten auf die Situation . . . . . . 3.3 Ergebnis: Entsprechung von Situation und !qm_om-Metaphorik
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4 Soziorhetorische Analyse: Die Intention der !qm¸om-Metapher in der Johannesapokalypse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 4.1 Dritte Teilthese und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
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Inhalt
4.2 Eine soziorhetorische Analyse der Johannesapokalypse . . . . 4.2.1 Die !qm_om-Metaphorik: „Sozial-integrative Veränderung und Aggression“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Der wertrevolutionäre Entwurf: Kirchenpolitik in der !qm_om-Metaphorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Ergebnis: Die !qm_om-Metapher als Motivation zur Wertrevolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Soziolinguistische Analyse: Ergebnisse und Ausblick . 5.2 Sozialgeschichtliche Analyse: Ergebnisse und Ausblick 5.3 Soziorhetorische Analyse: Ergebnisse und Ausblick . .
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. 177 . 177 . 219 . 223
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6 The Lamb Metaphor in the Apocalypse of John: A Semantic and Socio-historical Analysis (Abstract and Conclusion) . . . . . . . 6.1 Abstract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Conclusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Sociolinguistic Analysis: Results and Recapitulation . 6.2.2 Socio-Historical Analysis: Results and Recapitulation . 6.2.3 Socio-Rhetorical Analysis: Results and Recapitulation
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Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Primärquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Sammelausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Einzelausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Sonstige Primärquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Konkordanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Griechische Lexiken und Theologische Wörterbücher . 2.3 Biblische Wörterbücher und Enzyklopädien . . . . . . 2.4 Bibliografien und Forschungsgeschichten zur Johannesapokalypse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Sonstige Wörterbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Kommentare zur Johannesapokalypse . . . . . . . . . . . . . 3.1 Bis zu 19. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Seit 20. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Sonstige Kommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Monographien zur Johannesapokalypse . . . . . . . . . . . . 6 Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Sonstige Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stellenregister zur Johannesapokalypse (Apk) . . . . . . . . . . . . . . 275
Inhalt
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Tabellen: 1. 2.
Komparatistische Untersuchung des Wortfelds „Schaf“ 47 Komparatistische Wortuntersuchung des Sinnbereichs Ovis / „Schaf“ in der griechisch-römischen Literatur bis zum Ende des ersten Jahrhunderts 51 3. Komparatistische Wortuntersuchung des „Schaf“-Bereiches in LXX 56 4. „Schaf“-Bereich in LXX mit seinen hebräischen Entsprechungen 58 5. Komparatistische Wortuntersuchung zum Wortfeld „Schaf“ in der hellenistisch–jüdischen Literatur bis zum Ende des ersten Jahrhunderts 65 6. Komparatistische Wortuntersuchung des „Schaf“-Bereiches im NT 70 7. Die häufigsten Nomina in der Apk 75 8. Das hgq¸om bei hellenistisch-römischen Schriftstellern 86 9. hgq¸om in LXX 89 10. hgq¸om im Corpus Judaeo-Hellenisticum 91 11. Parallelen zwischen Apk 1,4b–6 und 5,6–14 106 12. Entsprechungen und Gegensätze von !qm¸om und hgq¸om als Hauptfiguren in der Apk 112 13. Situationsanalyse: Die Romanisierung in Kleinasien 117 14. Reaktionsanalyse: Anworten auf die Situation 117 15. Symbolkomplex der Romanisierung in der Apk 119 16. hgq¸om-Ideologie und ihre Gegenbotschaft 141 17. Drachen in Apk 12 und Tiere in Apk 13 147 18. Westliche und östliche Ortsnamen 155 19. Reaktionsanalyse mit vier Typen der Überlebensstrategien 159 20. Urchristliche Überarbeitungen der jüdischen Mythen in Apk 12 170 21. Die ¨de-Sätze als Strukturmarker 172 22a. Die !qm¸om-Metaphorik und die Gemeindebriefe 233 22b. The !qm¸om-Imagery and the Letters to the Churches 254 Abbildungen: 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Struktur von Apk 17,12–14 Synchronisches Modell (Zeugen/Märtyrer) Struktur von Apk 12,1–18 Die ¨de-Sätze in zwei Paaren Chiastische Struktur von Apk 12,4b–17 Syntaktische Struktur von Apk 2,9
80 100 145 149 170 200
1 Einleitung 1.1 Die Aufgabe der Arbeit: Die Bedeutung der Lammmetapher Die vorgelegte Arbeit hat sich die Aufgabe gestellt, die soziale Bedeutung der Lammmetapher in der Apk herauszuarbeiten. Sie will diese Metapher als Teil eines urchristlichen Diskurses und als Ausdruck urchristlichen Erlebens und Verhaltens im Rahmen der damaligen antiken Umwelt analysieren.
1.1.1 Gegenstand und Relevanz Die Arbeit verfolgt ein hermeneutisches Interesse. Ihr Gegenstand ist die Lammmetapher in der Apk, genauer gesagt, die in der !qm¸om-Metaphorik implizierte Ideologie, ihr sozialer Kontext und ihre soziale Funktion im kleinasiatischen Urchristentum. Ihre These ist, dass die !qm¸om-Metapher als dialektische Metapher gestaltet wurde, d. h. als ein Bild, das in sich Widersprüche vereint und einen Widerspruch zu anderen Ideologien im damaligen hellenistisch-römischen Kontext zum Ausdruck bringt. Für die damalige Zeit wird ein Wettbewerb zwischen den kirchenpolitischen Zielen der Apk und ihren imperialen Gegenideologien angenommen. Dafür gibt es in der Gegenwart eine Analogie: Die Romanisierung der Mittelmeerwelt war damals eine Art „Globalisierung“ der antiken Welt, der jüdische Nationalismus wurde von der politischen Elite des Römischen Reichs dagegen als eine Art „Terrorismus“ erlebt, der sich dieser Globalisierung widersetzte. In dieser Situation propagierte die Apk als Alternative zu einer gewalttätigen Machtrevolution eine Wertrevolution mit friedlichen Mitteln.1 Trotz ihrer primär historischen Ausrichtung verfolgt die Arbeit mit diesen Thesen auch ein hermeneutisches Interesse. Es lässt sich in drei Richtungen konkretisieren: 1) Die historischen Überlegungen dieser Arbeit sind indirekt auch für die heutige religiöse Spiritualität und Sozialethik relevant: Wie wurden Spannungen zwischen einer kleinen Minorität und einer imperialen Macht wie dem imperium romanum bewältigt? Ist die Apk mit ihren kriegeri1 Anregungen verdankt diese Arbeit vor allem vier Werken: Theissen, „Aggression“; ders., Erleben und Verhalten der ersten Christen: Eine Psychologie des Urchristentums, Gütersloh: Gütersloher, 1 2007, 420–433; ders., Soziologie der Jesusbewegung, 93–102; Lampe, „Die Apokalyptiker – ihre Situation und ihr Handeln Vorbemerkung,“ in: Luz u. a., Eschatologie und Friedenshandeln. Exegetische Beiträge zur Frage christlicher Friedensverantwortung, SBS 101, Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk, 1981.
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Einleitung
schen und martyrologischen Bildern ein Beitrag, um sinnlose Aggression aufzufangen? Wurde in der Lammmetaphorik die Spannung zwischen aggressivem Widerstand und friedlichem Zusammenleben in einer innovativen Metapher gestaltet? 2) Obwohl sich die Untersuchung mit antiken kleinasiatischen Gemeinden befasst, fragt sie danach, wie in ihnen Impulse der ursprünglichen Jesusbewegung in einer veränderten Situation weiter gewirkt haben: Trägt die Apk mit ihren traumatisch geprägten Bildern, die aber gleichzeitig voll Hoffnung sind, zur Weiterentwicklung der Wertrevolution der frühen Jesusbewegung im nachpaulinischen Urchristentum bei? Das könnte ein Modell dafür sein, wie unter veränderten Umständen Impulse der ursprünglichen Jesusbewegung auch heute aufgegriffen und vertreten werden können. 3) Auch wenn die Erforschung des historischen Horizonts an erster Stelle steht, ist für unsere postmoderne Gegenwart die Frage relevant, welche evokative Macht komplexe Metaphern entfalten können. Insbesondere interessiert uns: Wie schlagen sich in der Lammmetapher ein soziolinguistischer Diskurs, das sozialgeschichtliche Erleben und das soziorhetorische Ethos des Urchristentums nieder? Jedoch sei betont: Trotz dieser Gegenwartsbedeutung der Arbeit für den Umgang mit Aggression, für das Weiterwirken der Jesusbewegung und die Aussagekraft von Metaphern fragt die Arbeit in erster Linie nach der historischen Bedeutung der Lammmetapher.
1.1.2 Hauptthese und Teilthesen Die Hauptthese der Arbeit betrifft die !qm¸om-Metapher: Diese Metapher deutet den historischen Jesus als vorbildlichen Märtyrer-Krieger. Sie war eine dialektische und schöpferische Metapher im Dienste einer Wertrevolution, durch die Christen in einer nachpaulinischen „ökumenischen“ Bewegung in Kleinasien einerseits zu aktivem Widerstand gegen die Ideologie des Römischen Reichs motiviert werden sollten, durch die anderseits die Ideologie der jüdischen Revolte ersetzt und zugleich in veränderter Form erneuert wurde. Diese Hauptthese umfasst drei Teilthesen: 1) Die !qm¸om-Metapher deutet den geschichtlichen Jesus weder als Opfer (sei es als Passahopfer oder als das in Jes 53,7 beschriebene Lamm) noch als astrologisches Widder-Sternbild. Die !qm¸om-Metapher verbindet vielmehr zwei widersprüchliche Züge und geht damit über beide Traditionen hinaus: Das Lamm ist einerseits ein lebendiger Märtyrer, andererseits ein wahrheitstreuer Kämpfer gegen die hgq¸om-Ideologie. Er ist sowohl Märtyrer als auch Sieger. M.a.W.: Der geschichtliche Jesus wird als Märtyrer-
Die Aufgabe der Arbeit: Die Bedeutung der Lammmetapher
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Krieger zum Vorbild für die Gemeinde in ihrer Situation zwischen Märtyrertum und missionarischem Erfolg. 2) Die !qm¸om-Metaphorik ist im nachpaulinischen, kleinasiatischen Urchristentum Antwort auf eine Krise nach der Tempelzerstörung, um in einer sich romanisierenden Welt zwischen einem inneren Rückzug bei äußerer Anpassung, wie einige christliche Gruppen ihn praktizierten, und einer aussichtslosen gewalttätigen Machtrevolution, wie sie die aufständischen Juden versucht hatten, einen dritten Weg zu suchen. Der Sitz im Leben der Apk soll weder im Rahmen eines Kaiserkultparadigmas allein als Widerstand gegen den Kaiserkult noch im Rahmen eines Verfolgungsparadigmas allein als Bewältigung von Verfolgungen interpretiert werden, sondern im Rahmen eines Verkündigungsparadigmas als Auseinandersetzung mit der Herrschaftsideologie des Römischen Reichs in Konkurrenz mit anderen Gegenbewegungen auf dem damaligen ideologischen Markt. 3) Der Apokalyptiker war weder Verkündiger eines detaillierten eschatologischen Zeitplans für eine Randgruppe noch ein jüdischer Nationalist, der von einer Machtrevolution gegen Rom träumte. Er war ein ökumenischer Kirchenpolitiker, der durch seine Prophetie und seine !qm¸om-Metapher die nachpaulinischen, kleinasiatischen Gemeinden zu einer Wertrevolution durch Mission motivieren wollte.
1.1.3 Dreifache Argumentation These und Teilthesen werden durch eine dreifache Hermeneutik abgesichert, die aus Soziolinguistik, Sozialgeschichte und Soziorhetorik besteht: 1) Die These wird durch einen kulturell-linguistischen Vergleich zwischen der !qm¸om-Metapher in der Apk und anderen Bezeichnungen für „Lamm“ begründet. Wir untersuchen hier die Frage, ob die damaligen Leser der Apk aufgrund der !qm¸om-Metapher Jesus als Märtyrer-Krieger deuten konnten und mussten. 2) Eine weitere Begründung ist sozialgeschichtlich. Hier fragen wir nach dem Einfluss der sozialen Umwelt auf die !qm¸om-Metaphorik. Dabei geht es um Wechselwirkungen zwischen hellenistisch-römischen, jüdischen und urchristlichen Gruppen in der Entstehungszeit der Apk. Die Frage ist hier: Welchen Herausforderungen waren die Leser der Apk ausgesetzt? Waren die Gemeinden der Apk durch das Römische Reich objektiv gefährdet oder fühlten sie sich aufgrund ihrer Deutungen der Situation nur subjektiv bedroht? Reagierte der Prophet auf Übergriffe des imperium romanum oder erklärte er ihm in aggressiven Prophetien von sich aus den Krieg? 3) Eine dritte Begründung erfolgt durch Analyse der Kirchenpolitik innerhalb des damaligen kleinasiatischen Urchristentums. Dabei geht es vor allem
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Einleitung
um die Rhetorik der !qm¸om-Metapher, also darum, was der Apokalyptiker mit ihr in seinen Gemeinden erreichen wollte. Die Frage ist hier, ob seinen Lesern bewusst war, dass die !qm¸om-Metapher auf ihre Situation zielte: Sollten aggressive Phantasien, wie sie in der Apk vorliegen, das Ausagieren von Aggression in Handlungen erübrigen, dafür aber zu einer grundlegenden Veränderung des Lebens motivieren, also eine Machtrevolution durch eine Wertrevolution ersetzen?
1.2 Forschungsgeschichte der Lammmetapher in der Johannesapokalypse Wie ist diese Arbeit zur Lammmetapher in die Forschungsgeschichte der Apk einzuordnen? Wichtige Beispiele für ihre Interpretation liefern: De antichristo von Hippolytus (3. Jh. n. Chr.),2 Commentarius in Apocalypsin von Oecumenius (6. Jh. n. Chr.)3 und Commentarii in Apocalypsin von Andreas (6–7. Jh. n. Chr.).4 Sie sind keine wissenschaftlichen Auslegungen im modernen Sinne.5 Diese beginnen im 18. Jh. In seinem Überblick über die Auslegungen der Apk von 1700 bis 1988 unterscheidet O. Böcher6 einige Grundtypen: Seit der Reformation legten Lutheraner, Reformierte und Anglikaner im 16. und 17. Jh. die Apk welt- und kirchengeschichtlich aus, während die Gegenreformation, u. a. Jesuiten wie Luis de Alcazar 1554–1613,7 eine zeitgeschichtliche Auslegung vertrat bzw. eine Auslegung auf die Auseinandersetzung des Urchristentums mit Judentum und Heidentum.8 Neben der Weiterentwicklung der welt- und kirchengeschichtlichen Auslegung finden wir im 18. Jh. dann auch bei protestantischen Exegeten eine kritisch-zeitgeschichtliche Auslegung:9 bei 2 Achelis, Hippolyt’s kleinere exegetische und homiletische Schriften, 1897. 3 Hoskier, The Complete Commentary of Oecumenius on the Apocalypse, 1928. 4 Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, 1. Teil. Der ApokalypseKommentar des Andreas von Kaisareia. Einleitung, 1956; Text, 1955, MThS.HE, München: Karl Zink, 1955–6. 5 Zahn, I, 1–130, stellt in seiner Einleitung die Wirkungsgeschichte von Anfang an bis zu seiner Zeit dar. Siehe auch Kretschmar, Die Offenbarung des Johannes. Die Geschichte ihrer Auslegung im 1. Jahrtausend, CThM.ST 9, Stuttgart: Calwer Verl., 1985. Charles I, clxxxvii–clxxxviii, verweist noch auf weitere griechische, lateinische und syrische Kommentare zur Apk. 6 Bçcher, Die Johannesapokalypse, EdF 41, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 41998. 7 Andere ältere jesuitische Exegeten der Apk sind Robert Bellarmini (1542–1621) und Francisco Ribera (1537–1591). Ribera erneuerte zunächst eine endgeschichtliche Interpretation der Apk. Aber die (posthume) Veröffentlichung seines Buchs: Vestigatio arcani sensus in Apocalpysi (1614) begründete wirkungsvoll eine zeitgeschichtliche Auslegung der Apk. Siehe: Luis de Alcazar, Rev. Patris Lvdovici Ab Alcasar Hispalensis E Societate Iesv Theologi, et in Prouincia Bætica sacrae Scripturae Professoris, Vestigatio Arcani Sensvs in Apocalypsi (Antverpiae: Keerbergium, 1614). 8 Bçcher, Johannesapokalypse, 1. 9 Bçcher, Johannesapokalypse, 2–6.
Forschungsgeschichte der Lammmetapher in der Johannesapokalypse
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F. Abauzit,10 J.S. Semler,11 J.G. Herder,12 J.S. Herrenschneider13 und J.G. Eichhorn.14 Im 19. Jh. differenzierte sich die welt- und kirchengeschichtliche Auslegung einerseits in eine reichs- und endgeschichtliche Auslegungsmethode, andererseits öffnete sich die zeitgeschichtliche Auslegung für traditionsgeschichtliche und literarkritische Verfahren. Vertreter der zeit- und traditionsgeschichtlichen Kritik15 waren F. Bleek,16 F. Lücke,17 A. A. Waibel,18 W.M.L. de Wette,19 G.H.A. Ewald,20 F. Düsterdieck,21 G. Volkmar22 bzw. D. Völter,23 C. Weizsäcker,24 E. Vischer,25 A. Sabatier,26 G.J. Weyland,27 F. Spitta,28 H.J. Holtzmann,29 J. Weiß.30 Im 20. Jh. erreicht die zeitgeschichtliche Auslegung ihre Blütezeit. Gleichzeitig halten dispensationalistische Exegeten, die in der Apk den endzeitlichen Fahrplan Gottes suchen,31 „wissenschaftlich“ an der welt- oder endgeschichtlichen32 Interpretation fest. Viele im 20./21. Jh. entstandenen Monographien und Aufsätze zu Einzelthemen33 haben das „Lamm“ zum Untersuchungsgegenstand. Trotzdem gelang es nicht, bei der Interpretation des Wortes !qm¸om zu einem Konsens zu kommen. Zwei Fragestellungen lassen sich dabei unterscheiden: (1) Welche lexikalische Option realisiert das Wort !qm¸om in der Apk: Lamm oder Widder? 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33
Abauzit, Discours historique sur l’Apocalypse, 1770. Semler, Abhandlung von freier Untersuchung des Canons, 1771. Herder, Johannes Offenbarung, 1778. Herrenschneider, Apokalypseos a capite IV. usque ad finem illustrandae tentamen, 1786. Eichhorn, Commentarius in Apocalypsin Johannis, 1791. Bçcher, Johannesapokalypse, 6–13. Bleek, Beitrag zur Kritik und Deutung der Offenbarung Johannis, 1820. LNcke, Versuch einer vollständigen Einleitung in die Offenbarung des Johannes und in die apokalyptische Literatur überhaupt, 21848. Waibel, Auslegung der Offenbarung des heiligen Apostels Johannes: eine Zugabe zu seiner „Dogmatik der Religion Jesu Christi“, 1834. de Wette, Kurze Erklärung der Offenbarung Johannis, 1848. Ewald, Commentarius in Apocalypsin Johannis, 1828. DNsterdieck, Kritisch exegetisches Handbuch über die Offenbarung Johannis, 1859, 41887. Volkmar, Commentar zur Offenbarung Johannes, 1862. Vçlter, Die Entstehung der Apokalypse, 21885; ders., Das Problem der Apokalypse, 1893; ders., Die Offenbarung Johannis, 1904. WeizsLcker, Das apostolische Zeitalter der christlichen Kirche, 31902. Vischer, Die Offenbarung Johannis, 1886. Sabatier, Les origines littrraires et la composition de l’Apocalypse de S. Jean, 1888. Weyland, Omwerkings- en Compilatie-Hypothesen toegepast op de Apokalypse van Johannes, 1888. Spitta, Die Offenbarung des Johannes, 1889. Holtzmann, Evangelium, Briefe und Offenbarung des Johannes, 31908. Weiss, Die Offenbarung des Johannes, 1904. Sie kommen insbesondere aus dem Dallas Theological Seminary. Auch Theodor Zahn war ein Gelehrter, der an der endgeschichtlichen Auslegung, freilich ohne Dispensationalismus, festhielt. Siehe Muse, The Book of Revelation: An Annotated Bibliography, 1996; McGinn, Sheila E./ Aaron M. Gale, Bibliographies for Biblical Research New Testament Series, vol. 21: The Book of Revelation, 1997.
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Einleitung
(2) Welchen Traditionshintergrund hat das Wort !qm¸om: Passahfest, Opferkult, Jesajanischen Gottesknecht oder heidnische Astrologie? Oder ist mit einem Eklektizismus verschiedener Traditionen zu rechnen?
1.2.1 Lexikalische Optionen: Lamm oder Widder? Die bisherige Forschungsgeschichte diskutiert zwei lexikalische Möglichkeiten für !qm¸om:34 „Lamm“ ist die am weitesten verbreitete Option, „Widder“ eine Alternative, wobei es sich entweder um das Bild eines Widders aus heidnischer Tradition oder einen Widder handeln kann, wie er in der jüdischen Tradition erscheint. Diese lexikalische Frage ist weit mehr als eine Übersetzungsfrage. Die entscheidende Frage ist: Ist der Messias (a) ein gewaltloses Lamm oder (b) ein gewalttätiger Widder?
(a) Die Übersetzung „Lamm“ als die Mehrheitsoption Seit der Reformationszeit wird das Wort !qm¸om in den meisten Bibelversionen mit „Lamm“ übersetzt. Auch nachdem Friedrich Spitta die alternative Übersetzung mit „Widder“ 1907 vorschlug,35 blieb „Lamm“ die vorherrschende Übersetzung im letzten Jahrhundert. Ernst Lohmeyer kritisierte in seinem Kommentar zur Apk von 192636 Spittas Deutung mit folgenden Worten: „Die Versuche, das Bild vom Lamm mit dem Sternbild des Widders in Verbindung zu bringen, können zum mindesten hier den Zusatz ¢r 1svacl´mom nicht erklären.“37 Nach Lohmeyer entscheidet der Ausdruck ¢r 1svacl´mom (Apk 5,6) über den Sinn des in der Vision eingeführten !qm¸om als „urchristliches Motiv“.38 Obwohl er die „sieben Hörner“ „als ein Symbol kriegerischer Allmacht“39 bewertet, ordnet er sie „dem Lamm als dem Symbol des Friedens“40 unter. Er nahm m. E. die kriegerischen Attribute des !qm¸om, die „sieben Hörner“ in Apk 5,6, nicht ernst genug. 34 Die Lexika umfassen GDWNT; BDAG; LEH; Louw-Nida; LSJM; PGL. Theologische Wörterbücher sind: ABD; DAC; DBI; DNT; EBD; EDB; EDBT; HastingsDB; HBD; IDB; IDCB; ISBE; McKenzieDB; NDBT; NWDB; OCB. „Lamb !lmºr, !qm¸om“ in DDD, 938–941; „!lmºr, !q¶m, !qm¸om“ in EWNT I, 168–72; „Lamb, sheep !lmºr, !q¶m, !qm¸om, pqºbatom“ in NTT, 410–414; „!lmºr, !q¶m, !qm¸om“ in ThWNT I, 342–345, sind Beispiele für biblische Wörterbücher. 35 Spitta, „Christus das Lamm“, in: ders., Streitfragen der Geschichte Jesu, 1907, 172–224. 36 Lohmeyer, Die Offenbarung des Johannes, 1926, 21953. 37 Lohmeyer, 55. 38 Lohmeyer, 55. 39 Lohmeyer, 55. 40 Lohmeyer, 55.
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1980 stellte die in Rom vorgelegte deutschsprachige Dissertation von Nikola Hohnjec zu !qm¸om41 fest: Das !qm¸om sei bisher „synthetisch“42 (d. h. in seiner „Verbundenheit mit der Lammthematik im Evangelium nach Johannes“)43 bearbeitet worden, deshalb sei die !qm¸om-Metapher „als solche eigentlich unerforscht geblieben“.44 Hohnjec führt eine „beschreibend-erzählende“ Analyse aller Belege durch,45 entscheidet sich für „Lamm“ als Übersetzung von !qm¸om und sieht keinen „Grund, das Wort selbst mit Widder zu übersetzen“.46 Zwar sei die Verbindung von Hörnern mit dem Lamm „wenig passend“,47 aber die Hörner werden als Zeichen dafür gedeutet, dass Christus als Lamm „messianische Stärke und Effizienz besitzt“.48 Lohmeyers Erkenntnis, es handle sich um ein kriegerisches Symbol, wird neutralisiert, indem das Kriegerische auf eine relativ gewaltlose „Stärke“ reduziert wird. Sind die „sieben Hörner“ also nur Dekoration? Warum aber verhält es sich mit den „sieben Augen“ (Apk 5,6) ganz anders? Sind auch sie nur ein ungenutztes Potenzial? In seinem Kommentar von 1997 behauptet Heinz Giesen,49 dass !qm¸om in der Apk „nie mit Widder zu übersetzen“50 sei. Er bringt als Argument: „Wenn das der Fall wäre, müsste man im Übrigen immer mit Widder übersetzen.“51 Otfried Hofius kommt in seinem Aufsatz „!qm¸om – Widder oder Lamm?“ (1998) zu dem Ergebnis, dass es für einen Messiaswidder keinen sprachlichen und sachlichen Befund gibt,52 !qm¸om und jqiºr seien nirgendwo synonym. In der englischsprachigen Fachwelt hat die 2003 erschienene Monographie von Loren Johns „The Lamb Christology of the Apocalypse of John“ (2003)53 das Kernproblem deutlich herausgestellt: Das Wort „Lamm“ und sein Kontext passen in der Apk nicht zusammen. Es steht in Spannung z. B. zu den Hörnern in Apk 5,6; zum Zorn des !qm¸om in 6,16–17; zum Krieg mit dem !qm¸om in 41 Hohnjec, Das Lamm – t¹ !qm¸om in der Offenbarung des Johannes: eine exegetisch-theologische Untersuchung, Roma: Herder, 1980. (= Rom: Pontificia Universitate Gregoriana, 1979). 42 Ibid., 9. 43 Ibid. 44 Ibid. 45 Ibid., 20; 34 f. 46 Ibid., 44. 47 Ibid., 48. 48 Ibid. 49 Giesen, Die Offenbarung des Johannes, 1997. Vgl. seine früheren Arbeiten: ders., „Erlösung im Horizont einer verfolgten Gemeinde. Das Verständnis von Erlösung in der Offenbarung des Johannes,“ in: ders., Glaube und Handeln, Bd. 2, EHS.T 23/215, Frankfurt am Main: Lang, 1983, 43–56, bes. 49; ders., „Symbole und mythische Aussagen in der Johannesapokalypse und ihre theologische Bedeutung,“ in: Kertelge (Hg.), Metaphorik und Mythos im NT, QD 126, Freiburg im Breisgau: Herder, 1990, 255–277, bes. 262. 50 Giesen, Offenbarung, 167. 51 Giesen, Offenbarung, 167. 52 Hofius, „)qm¸om – Widder oder Lamm? Erwägungen zur Bedeutung des Wortes in der Johannesapokalypse,“ ZNW 89 (1998): 272–281. 53 Johns, The Lamb Christology of the Apocalypse of John, WUNT 167, Tübingen: Mohr Siebeck, 2003.
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17,14.54 Dennoch stimmt er der herkömmlichen Übersetzung als „Lamm“ zu, weil „Widder“ als Alternative keinen linguistischen Anhaltspunkt habe.55 Religionsgeschichtlich betrachtet, ist die Übersetzung als „Lamm“ die Voraussetzung dafür, die Lammmetaphorik im Rahmen der Passahfest- oder Opferkulttradition zu verstehen. Ein entscheidendes Argument dafür ist das ¢r 1svacl´mom in Apk 5,6.
(b) Die Übersetzung „Widder“ als Minderheitsoption Seit Anfang des 20. Jh.s wird die Übersetzung des Wortes !qm¸om als „Widder“ von einer Minderheit vertreten. Diese Übersetzung geht, wie schon erwähnt, auf F. Spitta zurück: !qm¸om sei von !q¶m abgeleitet, daher sei die Bezeichnung Christi als „Widder“ plausibel.56 D.W. Hadorn postulierte daraufhin 1928,57 dass !qm¸om sowohl mit „Lamm“ als auch mit „Widder“ übersetzt werden könne.58 Otto Böcher übersetzt !qm¸om in seinem Buch (1983) sogar mit „Widder“ oder „Messias-Widder“.59 Er will die Erkenntnis Spittas ernst nehmen, „dass !qm¸om besser mit „Widder“ als mit „Lamm“ zu übersetzen wäre“.60 In der englischsprachigen Welt wurde die Übersetzung mit „Widder“ von Louw-Nida (1989) akzeptiert.61 David E. Aune diskutiert sie in seinem Kommentar (1997).62 Obwohl er !qm¸om mit „Lamm“ übersetzt, räumt er ein, dass es eigentlich als „Widder“ übersetzt werden sollte, wählt aber nur einmal für Apk 13,11 diese Übersetzung. Er weist für die Bedeutung Widder auf die sieben Hörner des !qm¸om (Apk 5,6) und als Analogie auf die Hörner des apokalyptischen Widders in Dan 8,3 und äthHen 90,3.37 hin. Dennoch will er die Deutung der Lamm-Metapher im Rahmen des Opferkults beibehalten. Religionsgeschichtlich betrachtet macht die Übersetzung mit „Widder“ den Rückgriff auf heidnische Astralmythologie möglich: auf das Sternbild des Widders. Aber es gibt auch eine andere Möglichkeit: Für Peter Stuhlmacher (1996)63 muss !qm¸om als ein Widder aus jüdischen Traditionen gedeutet werden, weil der „Widder“ hier als Machthaber angesehen werden konnte 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63
Ibid., 24. Ibid., 25. Spitta, Christus das Lamm, 174. Hadorn, Die Offenbarung des Johannes, 1928. Hadorn, 77. Bçcher, Kirche in Zeit und Endzeit. Aufsätze zur Offenbarung des Johannes, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1983, 23. Bçcher, Johannesapokalypse, 47. Siehe „!qm¸om“ in Louw-Nida, 42. Vgl. auch die geringen Unterschiede zwischen BAGD und BDAG hinsichtlich der Bedeutung von „!qm¸om“ (S. 107 und 133); „!qm¸om“ in EDNT, 71 f. Aune, Revelation, 1997, 323. Stuhlmacher, „Das Lamm Gottes – eine Skizze,“ in: Geschichte – Tradition – Reflexion III. FS Martin Hengel, hg. v. Hermann Lichtenberger, Tübingen: Mohr Siebeck, 1996, 530–541.
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(Ex 15,15; 2Kön 24,15; Dan 8,3; Hes 34,17; äthHen 89,42–49). Er deutet die Metapher im Rahmen der jüdischen Opferkulttradition, bezweifelt aber, dass !qm¸om in der Apk nur auf eine Sühnewirkung festzulegen sei, und sieht, dass !qm¸om sehr viel mehr die Bedeutung von Macht hat.
1.2.2 Der Traditionshintergrund von Lamm und Widder64 Mit der Übersetzung von !qm¸om mit Lamm oder Widder ist noch nicht über den Traditionshintergrund der Metapher entschieden, obwohl es Zusammenhänge zwischen der Übersetzung des Wortes und der traditionsgeschichtlichen Einordnung der Metapher gibt. Diskutiert werden fünf Optionen: (a) das „Passahfest“, (b) der „Opferkult“, (c) der „deuterojesajanische Gottesknecht“, (d) die „heidnische Astrologie“ und (e) ein „Eklektizismus“ als neuste Tendenz in der Forschung.
(a) Das Passahfest als Traditionshintergrund65 Meist wird !qm¸om mit „Lamm“ übersetzt66 und das „Passahfest“ als traditionsgeschichtlicher Hintergrund angenommen. In der ersten Hälfte des 20. Jh.s war D.W. Hadorn der bedeutendste deutschsprachige Vertreter dieser Ansicht: !qm¸om sei „kein Sternbild, sondern der gekreuzigte Christus“,67 in erster Linie als „Passahlamm“68, in zweiter Linie als Lamm von Jes 53.69 In der englischsprachigen Fachwelt sah vor allem Richard Bauckham 199370 im !qm¸om das Passahlamm71 und begründete das damit, dass der eschatologische Exodus eines der großen Motive der Apk sei:72 !qm¸om begegne im 64 Einige Neutestamentler relativieren die Suche nach dem religionsgeschichtlichen Ursprung der Lammmetapher, so G.B. Caird mit seiner viel zitierten These, wo das Alte Testament vom „Löwen“ spricht, lese der Johannes-Apokalyptiker „Lamm“ (Caird, The Revelation of St. John the Divine, 1966 21984, 75). Seiner Meinung nach muss man nicht die alttestamentlichen oder andere jüdische Ursprünge der Lammmetapher entdecken, um zu verstehen, was der Apokalyptiker den Lesern sagen will. Von Caird beeinflusste Auslegungen berufen sich auf das Nebeneinander von „Löwe“ und „Lamm“ in Apk 5,5–6 (Vgl. Boring, Revelation, 1989, 109 ff.; Smith, Apocalypse, 2000, 23). 65 Vgl. HBD s.v. „Lamb of God“, 543–544; DDD s.v. „Lamb !lmºr, !qm¸om“, 938–941. 66 Vgl. HBD s.v. „Lamb of God“, 543–544; DDD s.v. „Lamb !lmºr, !qm¸om“, 938–941. 67 Hadorn, 77. 68 Hadorn, 77. 69 Hadorn, 77. 70 Bauckham, The Climax of Prophecy: Studies on the Book of Revelation, Edinburgh: T & T Clark, 1999; ders., The Theology of the Book of Revelation, New Testament Theology, Cambridge: Cambridge University Press, 1993. 71 Bauckham, Climax, 184; ders., Theology, 70. 72 Bauckham, Theology, 70.
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Kontext eines neuen Exodus in Apk 5,9–10 in Anspielung auf Ex 19,5–6.73 Der Sieg in Apk 5 bedeute daher die Befreiung des neuen Israel.74 Jedoch lasse sich die Funktion des Bluts des !qm¸om nicht aus der Exodustradition erklären, sondern durch Jes 53,7.75 Der Jesajanische Gottesknecht sei das Passahlamm des neuen Exodus.76 In den letzten beiden Dritteln des 20. Jh.s finden wir die Passahfestdeutung bei T. Holtz,77 G.E. Ladd,78 G.R. Beasley-Murray,79 M. Karrer80 und H. Giesen.81 Ihre einflussreichsten Vertreter waren in den 90er-Jahren des letzten Jh.s E. Schüssler-Fiorenza82 und R. D. Davis.83 In der gleichen Zeit kam O. Hofius zum Schluss: Das !qm¸om ist ein einjähriges, für ein Passahopfer geeignetes Tier, ein Schaf oder eine Ziege.84 (b) Der Opferkult als Traditionshintergrund Charakteristisch für die „Opferkultthese“ ist, dass sie sich sowohl mit der Bedeutung von !qm¸om als „Lamm“85 und, wenn auch selten, als „Widder“ verbinden kann. W. Bousset verband in seinem Kommentar (1906) H. Gunkels religions73 74 75 76 77 78 79 80 81
82 83 84 85
Ibid., 71. Bauckham, Climax, 184. Bauckham, Theology, 71. Ibid. Holtz, Die Christologie der Apokalypse des Johannes, TU 85, Berlin: Akad.-Verl., 1962, 43–46. Ladd, A Commentary on the Revelation of John. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1972, 85 f; ders., „The Apocalypse.“ in A Theology of the New Testament. Rev. ed., 669–83. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1992. Beasley-Murray, 125. Karrer, Die Johannesoffenbarung als Brief. Studien zu ihrem literarischen, historischen und theologischen Ort, FRLANT 140, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986, 239. Giesen, Erlösung, 43–56; ders., Symbole, 255–277, bes. 260 f.; ders., Offenbarung, 165; ders., Der Christustitel ,Lamm‘ in der Offenbarung des Johannes und sein religionsgeschichtlicher Hintergrund, in: Die Johannesoffenbarung, 2012, 173–196. In seiner letzten Veröffentlichung betont Giesen, dass „das Blut des Paschalammes anders als das des Lammes in der Offb nicht sühnend, sondern apotropäisch (Ex 12,7.13.22 f.) wirke“ (Giesen, Lamm, 184). Unter „apotropäisch“ versteht er „eine Wirkung, die Unheil und Gericht von einer Gruppe von Menschen abwehrt, während sie andere trifft“ (ebd. 184). Aber die Apk scheint die apotropäische Funktion des Blutes von !qm¸om auf das Eschaton zu beschränken, es wirkt nicht als Schutz für die Heiligen und Zeugen Jesu im Alltag (z. B. Apk 17,6). Nachdem das !qm¸om geschlachtet wurde, wirkt sein Blut also nicht wie das eines „Paschalamms“. Ich bin mit Giesen einer Meinung, dass das Blut des !qm¸om „nicht als Sühnemittel“ gilt (ebd., 185). Trotzdem ist die Deutung des Blutes als „Schutzfunktion“ (ebd., 190, vgl. 184) noch nicht ausreichend. SchNssler-Fiorenza, 60. Davis, The Heavenly Court Judgement of Revelation 4–5, Lanham: University Press of America, 1992, 137. Hofius, !qm¸om – Widder oder Lamm?, 272–281. Vgl. IDB s.v. „Lamb“, 58–59; HBD s.v. „Lamb of God“, 543–544; Louw-Nida s.v. „!qm¸om “, 42; EDNT s.v. „!lmºr, !q¶m, !qm¸om“, 70–72; DBI s.v. „Lamb“, 484.
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geschichtlichen Ansatz mit einer traditionsgeschichtlichen Methode.86 Er verstand !qm¸om als „Opfertier“, weil „das Lamm als ,gleichsam geschlachtet‘ eingeführt wird“.87 Ältere englischsprachige Vertreter dieser Ansicht sind I.T. Beckwith,88 und P. Carrington,89 danach auch L. Morris90. Diese Position findet heute ihr wissenschaftliches Echo91 bei A. Y. Collins,92 W. Harrington,93 L. Thompson94 und C. Koester.95 In seinem Aufsatz „Das Lamm Gottes“ (1996) bezieht auch Peter Stuhlmacher !qm¸om auf den Opferkult Israels, aber denkt dabei an den jüdischen Tamid-Opferwidder.96 In seiner Nachfolge prägte Monica-Elena Herghelegiu (2004)97 den Ausdruck „Lammwidder“.98
(c) Der Jesajanische Gottesknecht als Traditionshintergrund Neben der Passahfest- und Opferkulttradition wird für !qm¸om die Tradition des Jesajanischen Gottesknechts herangezogen. Vertreter dieser Ansicht sind H.B. Swete (1911),99 E. Lohmeyer (1926)100 und R.H. Charles (1920).101 Besonders Charles war sehr einflussreich.102 Mit Hilfe seiner heute überholten Annahme eines durchgehenden „Hebraismus“103 in der Apk begriff er !qm¸om und !lmºr als auswechselbare griechische Übersetzung des hebräischen „Lammes“, daher seien die neutestamentlichen Bedeutungen von !lmºr (Joh 1,29.36; 1Petr 1,19; Apg 8,32) auch auf !qm¸om anwendbar.104 Insbesondere sei 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104
Bousset, Die Offenbarung Johannis, 51896, 61906 21966. Bousset, 258. Beckwith, 315 f. Carrington, 119 f. Morris, 96. Vgl. HBD s.v. „Lamb of God“, 543 f.; DDD s.v. „Lamb !lmºr, !qm¸om“, 938–941. Collins, 40 f. Harrington, 84. Thompson, 95. Koester, 79. Stuhlmacher, Das Lamm Gottes, 530–541. Die Idee des !qm¸om als „Tamidopfer“ wurde von Otto Schmitz, Opferanschauung des späteren Judentums und die Opferaussagen des Neuen Testaments: eine Untersuchung ihres geschichtlichen Verhältnisses, 1910, 240–241, eingeführt. Herghelegiu, Siehe, er kommt mit den Wolken! Studien zur Christologie der Johannesoffenbarung, EHS.T 23/785, Frankfurt am Main: Lang, 2004. Ibid. Swete, 78. Lohmeyer, 55 ff. Charles, A Critical and Exegetical Commentary on the Revelation of St. John, 1920. Charles I, 141. Charles I, cxlii–clii. Vor Charles gab es schon im 19. Jh. Ausleger, die einen hebräischen Hintergrund der Apk annahmen. Demzufolge habe der Verfasser „wegen der Klangähnlichkeit yra [Löwe] mit !qm¸om verwechselt, während Weyland an layra Jes 29,1, dachte“ (Hadorn, 76). Charles I, 140 f.
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Apg 8,32 ein Zitat von Jes 53,7. Dieser Text erkläre die Wendung !qm¸om ¢r 1svacl´mom.105 Diese These wirkte im zweiten Drittel des 20. Jh.s bei J. Sickenberger,106 A.T. Hanson107 und A. Wikenhauser108 nach und wurde im letzten Drittel des letzten Jh.s von H. Kraft (1974)109 und M. Hasitschka (1994)110 vertreten. (d) Heidnische Astrologie als Traditionshintergrund Ausgehend von der möglichen Bedeutung des !qm¸om als Widder greifen einige Wissenschaftler auf die heidnische Astrologie zurück, um die !qm¸om-Metaphorik zu erklären. Sie interpretieren die „sieben Augen“ des !qm¸om (Apk 5,6) als die sieben Planeten, die das Sternbild des Widders repräsentieren. Aufgrund seiner Kenntnisse der antiken Astrologie und astralen Religion vertrat der klassische Philologe Franz Boll diese These schon 1914:111 Das !qm¸om ist „das Sternbild des Widders, des ersten im Tierkreis“.112 Die Darstellungen der sieben Hörner des !qm¸om in Apk 6,16 und 17,14 passen „zu dem Bilde des Lämmleins nicht“.113 Er wies darauf hin, dass „jqiºr und !qm¸a pqºbatym Ps 113,4.6 unmittelbar nebeneinander stehen“,114 und dass Dan 8 „den Kampf zwischen einem Widder und einem Bock“115 darstellt. Ihm folgte Eduard Lohse in seinem Kommentar zur Apk:116 !qm¸om sei „nicht aus dem Judentum übernommen worden“,117 sondern stamme „wie auch die Gestalten der vierundzwanzig Ältesten, der sieben Geister und der vier Wesen – wahrscheinlich ursprünglich aus astralmythologischen Vorstellungen“.118 Die sieben Augen des !qm¸om seien „die Gestirne und die sieben Planeten“.119 Allerdings sei !qm¸om gleichzeitig „das Opferlamm“.120 105 Charles I, 141. 106 Seine These lautet: „Hier wie dort liegt eine Anlehnung an die Weissagung vom leidenden „Gottesknecht“, der „wie ein Lamm zur Schlachtung geführt wird“ (Jes 53,7; vgl. Apg 8,32) vor. Der Kreuztod, den Jesus erlitten hat, hat ihn zum Opferlamm gemacht.“ Siehe: Sickenberger, 71. 107 Hanson u. Preston, 76. 108 Wikenhauser, 56 f. 109 Kraft, 110. 110 Hasitschka, „„Überwunden hat der Löwe aus dem Stamm Juda“ (Off 5,5). Funktion und Herkunft des Bildes vom Lamm in der Offenbarung des Johannes,“ ZThK 91 (1994): 487–493. 111 Boll, Aus der Offenbarung Johannis. Hellenistische Studien zum Weltbild der Apokalypse, Stoicheia 1, Leipzig; Berlin: Teubner, 1914. 112 Ibid., 44. 113 Ibid. 114 Ibid., 46. 115 Ibid. 116 Lohse, Die Offenbarung des Johannes, NTD 11, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1935 8 1960 141988 151993. 117 Ibid., 43. 118 Ibid., 44.
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Im letzten Drittel des 20. Jh.s erneuerte Otto Böcher die Hypothese von F. Boll: Das siebenäugige !qm¸om wird von ihm „identifiziert mit dem sieben,äugigen‘ Sternbild Widder, dem ersten Frühlingstierkreiszeichen, dem ,Haupte des Kosmos‘ und mächtigen Anführer des neuen Weltenjahres“.121 Bei J. Chevalier122 findet diese Auslegungstradition Ende des letzten Jh.s ein wissenschaftliches Echo. An der Wende vom 20. zum 21. Jh. vertrat dann Bruce J. Malina123 (zusammen mit John J. Pilch)124 eine sozialwissenschaftliche Deutung der Sternvisionen der Apk. Unter Rückgriff auf die seit Boll bekannten Argumente wird das !qm¸om als „das kosmische Lamm“125, bzw. „ein mächtiges, jugendliches, männliches Wesen, und zwar als ein junger Bock“126 gedeutet. Einige Argumente seien hier angeführt:127 Das !qm¸om verhalte „sich wie ein junger Bock“ und setze deswegen das „Sternbild, das von den Lateinern „Aries“ [d. h. !q¶m] (modern: Widder) genannt wurde“, als Tradition voraus. „In Psalm 113,4.5 werden Bock und Lamm parallel verwendet“. Die sieben Hörner und sieben Augen gingen „auf den Zahlengebrauch des Verfassers“ zurück. Dan 8 beschreibe „den Kampf zwischen einem Bock und einer Ziege“.
(e) Eklektizismus als neuste Tendenz Neue Trends neigen dazu, die Lammmetapher als eine Gestalt zu betrachten, in welcher der Verfasser verschiedene der oben erwähnten Motive vermischt hat. Ein einzelnes Motiv könne die eigentümlich ambivalenten Eigenschaften des !qm¸om nicht erklären. Tatsächlich findet sich in der religionsgeschichtlichen Betrachtungsweise (z. B. bei R.H. Charles)128 die Idee des Eklektizismus von Anfang an. Aber erst in den 1990er Jahren hat David E. Aune den eklektischen Ansatz bewusst vertreten. Er postuliert die Ableitung des Bilds !qm¸om von zwei großen Traditionen: die eine Tradition ist das Lamm als Herrscher oder Leiter in einer 119 120 121 122 123
124 125 126 127 128
Ibid. Ibid. Bçcher, Kirche, 23. Chevalier, A Postmodern Revelation: Signs of Astrology and the Apocalypse, Toronto: University of Toronto Press, 1997, 249. Malina, On the Genre and Message of Revelation: Star Visions and Sky Journeys, Peabody: Hendrickson, 1995 = ders., Die Offenbarung des Johannes. Sternvisionen und Himmelsreisen. Übers. v. Stegemann, Stuttgart: Kohlhammer, 2002; ders., The New Jerusalem in the Revelation of John: The City as Symbol of Life with God. Zacchaeus studies. New Testament. Collegeville, Minn.: Liturgical Press, 2000. Malina/Pilch, Social-Science Commentary on the Book of Revelation, 2000. Malina, Sternvisionen, 115–118 u. 197 ff. Malina, Sternvisionen, 116. Malina, Sternvisionen, 116 f. Charles I, 141.
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theologia gloriae (Apk 5,5), die andere das Lamm als Sühnopfer in einer theologia crucis (Apk 5,6).129 Die Fusion beider Traditionen sei entscheidend.130 Inzwischen treten sowohl G.K. Beale131 und R.H. Mounce132 (im Übergang vom 20. zum 21. Jh.) als auch M.G. Reddish133 und G.R. Osborne134 (seit Anfang des 21. Jh.s) für diese Position ein.
1.3 Fragestellung und Methodik der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik Die bisherige Forschungsgeschichte hat die semantischen und religionsgeschichtlichen Aspekte der !qm¸om-Metapher intensiv behandelt und deutlich gemacht, was für die Herkunft von !qm¸om im Sinne von „Lamm“ oder „Widder“ spricht. Trotzdem bleibt ein Desiderat. In der bisherigen Forschung fehlt eine soziolinguistisch orientierte Fragestellung, welche die Intention dieser ungewöhnlichen Wortwahl und der in ihr erhaltenen religiösen Tradition (bzw. Traditionen) zur sozialgeschichtlichen Situation der Apk in Beziehung setzt. Die bisherige Forschung beschränkte sich weitgehend auf eine innerreligiöse Fragestellung, der hier vorgelegte Beitrag erweitert dagegen die theologische Binnenperspektive um eine sozialgeschichtliche Außenperspektive. Er will durch eine soziolinguistische Auslegung die gesellschaftliche Dynamik hinter der sprachlichen Diktion (in diesem Fall hinter !qm¸om) aufweisen. Darüber hinaus war die bisherige Forschungsgeschichte sehr ertragreich, wo sie die Theologie (bzw. Christologie) des !qm¸om mit der theologischen Lehrtradition verband. Es fehlt aber noch immer eine kirchenpolitische Analyse der Lammmetapher, die untersucht, ob das !qm¸om in erster Linie eine individuelle Erlösung mitteilt oder auch das Gemeindeleben in bestimmter Weise gestalten will. Obwohl die zeitgeschichtliche Bestimmung der Apk insgesamt viel Interesse auf sich gezogen hat, fehlt eine Untersuchung zum Verhältnis zwischen der damaligen Situation und der Bildung der Lammmetapher. Die Bestimmung der Situation war lange Zeit auf den Kaiserkult (und früher auf die Christenverfolgung) konzentriert, dagegen wurden Differenzierungen unter den Gegenbewegungen und Antithesen zur Romanisierung vernachlässigt. Bisher wurde die mögliche Wechselwirkung zwischen der 129 Aune I, 352. 130 „However, it is not necessary to choose between these two possibilities, for it seems clear that the author of Revelation has fused both of these associations together in the single figure of the Lamb“. Siehe Aune I, 367–373, bes. 368. 131 Beale, 351. 132 Mounce, 132. 133 Reddish, 109. 134 Osborne, 254–257.
Fragestellung und Methodik der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
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!qm¸om-Metapher und den verschiedenen Gegenbewegungen gegen Roms Herrschafts- und Legitimitätsanspruch nicht untersucht. Die Erforschung der Lammmetapher der Apk braucht neue Fragestellungen, damit nicht ein blinder Fleck unsere Ergebnisse vorherbestimmt. Dazu sollten möglichst viele Wege erprobt werden. Diese Arbeit will den sozialwissenschaftlichen Weg gehen. Da das Untersuchungsobjekt ein soziales und kulturelles „Zeichen“ (vom griechischen Wort sgle?om, vgl. Apk 1,2) mit einer großen, ihm immanenten Komplexität ist, muss die sozialwissenschaftliche Hermeneutik (bzw. die soziosemiotische Kritik) interdisziplinär arbeiten. Die Arbeit versucht eine „Dreieck“ von „soziosemiotischen“ Fragestellungen zu entwickeln. Diese „Dreieck“ umfasst soziolinguistische, sozialgeschichtliche und soziorhetorische Analysen, da sie auf drei Dimensionen des kulturellen Zeichensystems basiert. Jedes kulturelle Zeichensystem umfasst die Dimensionen Sprachlichkeit, Geschichtlichkeit und Rhetorik. Sie bildet das von mir so genannte „Dreieck des kulturellen Zeichensystems“. Zweifellos ist die Apk ein religiöses Werk. Religion hat semiotischen Charakter, Religion aber ist „ein kulturelles Zeichensystem, das Lebensgewinn durch Entsprechung zu einer letzten Wirklichkeit verheißt“.135 Die Religion hat eine soziale Funktion, „nämlich die Integration [der Glieder einer Gesellschaft] zu leisten und Konflikte durch Änderungen zu bewältigen.“136 Unsere Frage ist: Welche Rolle spielt die !qm¸om-Metapher im Zeichensystem der urchristlichen Religion? Die erste Form einer sozialwissenschaftlichen Kritik ist eine soziolinguistische Analyse.137 Bei ihr liegt der Schwerpunkt auf der Untersuchung des Bilingualismus (bzw. Multilingualismus) der Apk. Hierzu gehören komparatistische Wortuntersuchungen und eine Untersuchung verwandter Wortbedeutungen, also eine Wortfelduntersuchung. Die Arbeit fragt nach Gründen für die Wortwahl von !qm¸om aus einer Fülle von möglichen Wörtern innerhalb der damals vorhandenen lexikalischen Ressourcen. Sie fragt nicht nur nach der Ähnlichkeit zwischen !qm¸om und verwandten Wörtern, sondern nach dessen Eigentümlichkeit im Vergleich zu anderen Wörtern. Diese Untersuchung soll die erste Teilthese beweisen, dass die !qm¸om-Metapher aus einer innovativen Dialektik von Märtyrer und Krieger besteht. Dieser Teil ist weitgehend sprach- und motivgeschichtlich. Die zweite Form sozialwissenschaftlichen Kritik ist eine Situations- und Interaktionsanalyse, also eine sozialgeschichtliche Aufgabe, die sozialpsychologische, sozialpolitische, sozialökonomische, soziokulturelle und sozial135 Theissen, Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums, Gütersloh: Chr. Kaiser und Gütersloher Verlagshaus, 32003, 19 und n. 2 da. 136 Theissen, Soziologie der Jesusbewegung. Eine Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Urchristentums, München: Kaiser, 61991, 10. 137 Teilgebiet der Sprachwissenschaft, das das Sprachverhalten sozialer Gruppen untersucht.
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ökologische Aspekte umfasst. Die Arbeit fragt hier nicht nur nach religions-, traditions- und wortgeschichtlichen Zusammenhängen, sondern auch nach den sozialgeschichtlichen Faktoren bei der Bildung der apokalyptischen !qm¸om-Metaphorik in ihrer Eigenart. Dabei soll der Blick auf die damalige Situation unsere Aufmerksamkeit für den sozialen Kontext von !qm¸om nicht vorherbestimmen, sondern die Eigenart der !qm¸om-Metapher soll unsere Wahrnehmung auf gesellschaftliche und kirchenpolitische Probleme lenken. Diese Untersuchung ist durchzuführen, um die zweite Teilthese zu untermauern, dass die !qm¸om-Metapher durch eine intensive Auseinandersetzung mit der imperialen Kaiserideologie und in Konkurrenz mit anderen Reaktionsformen auf sie geformt worden ist. Die dritte Form der sozialwissenschaftlichen Kritik ist eine soziorhetorische Analyse. Sie soll die dritte Teilthese stützen, dass in der !qm¸om-Metapher ein Aufruf zu einer Wertrevolution an Stelle einer gewalttätigen Machtrevolution enthalten ist. Hier werden sozialpsychologische Überlegungen eine Rolle spielen. Die Arbeit fragt nicht nur nach der passiven Rezeption religionsgeschichtlicher Traditionen in der Apk, sondern nach den Veränderungen und Neuschöpfungen des Apokalyptikers als dialektischer Signale in der Auseinandersetzung mit römischen Herrschafts- und jüdischen Rebellionsideologien. Die Arbeit konzentriert sich hier mehr auf die Unterschiede zur Tradition und auf die Diskontinuitäten zu ihr. Wenn Christus eher ein !qm¸om als ein !q¶m ist, so fragt die Arbeit nicht danach, ob er ein Sternwidder ist, sondern wie er sich mit der heidnischen Ideologie auseinandersetzt; bei der Interpretation der Beziehung des Engels Michael (Apk 12) zum !qm¸om fragt sie, wie sich hier die Apk mit jüdischen Träumen von einem Sieg über die Römer auseinandersetzt. Der Autor der Apk war weder passiver Sammler von Traditionen noch bei der Bearbeitung dieser Traditionen ein reiner Theologe; wenn er sein Buch schreibt, übt er immer eine kirchenpolitische Rolle aus.
2 Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung und in der Johannesapokalypse 2.1 Erste Teilthese und Fragestellung Eine soziolinguistische Analyse (als erster Teil einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik und soziosemiotischen Kritik) untersucht die Lammmetaphorik auf die in ihr enthaltene soziale Dynamik hin: Die apokalyptische !qm¸omMetapher deutet den geschichtlichen Jesus weder als Opfer (sei es als Passahopfer oder als das in Jes 53,7 beschriebene Lamm) noch als astrologisches Widder-Sternbild. Die !qm¸om-Metapher enthält vielmehr eine Innovation, die durch Verbindung zweier widersprüchlicher Züge über die Tradition hinausgeht: Das Lamm ist einerseits der lebendige Märtyrer, andererseits der wahrheitstreue Kämpfer gegen die hgq¸om-Ideologie. Er ist somit beides: Märtyrer und Sieger. Der geschichtliche Jesus wird in ihr dialektisch als (Vor)Bild des Märtyrer-Kriegers zu einem Symbol für die Gemeinde und für ihre Situation zwischen Märtyrertum und missionarischem Erfolg. Diese These handelt davon, warum der geschichtliche Jesus als „!qm¸om“ bezeichnet wurde. Die entscheidende Frage dieses Kapitels ist, ob die Leser der Apk in ihrer Zeit aufgrund der !qm¸om-Metapher Jesus als Märtyrer-Krieger deuten konnten.
2.2 Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen Die erste Teilthese wird durch den soziolinguistischen Vergleich1 zwischen der !qm¸om-Metapher in der Apk und allen anderen Bezeichnungen für „Lamm“ in relevanten religionsgeschichtlichen Überlieferungen abgesichert. Es wird soziolinguistisch nicht sicher zu bestimmen sein, wann !qm¸om mit den Überlieferungen von „Lamm“ und „Schaf“ verschmolzen wurde. Es muss überprüft werden, an welche traditionsgeschichtliche Überlieferung(en) !qm¸om sich dabei anpasste. 1 Vgl. Trudgill, Sociolinguistics. an Introduction to Language and Society, London: Penguin Books, 42000; ders., A Glossary of Sociolinguistics. Oxford: Oxford University Press, 2003; Milroy u. Gordon, Sociolinguistics: Method and Interpretation, Malden, MA: Blackwell, 2003.
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Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Wir beginnen mit „Überlegungen zum soziolinguistischen Hintergrund des Autors“ (§2.2.1), um nachzuweisen, dass dem Apokalyptiker eine bewusste Wortwahl zuzutrauen ist. Danach folgen „soziolinguistische Wortuntersuchungen“ zu !qm¸om (§2.2.2), um wahrscheinlich zu machen, dass sich die Apk von traditionellen Lamm-Theologien mit Hilfe des seltenen Wortes !qm¸om befreite. Last not least werden wir durch „soziolinguistische Motivuntersuchungen“ !qm¸om als Innovation durch Verbindung von Krieger- und Märtyrermotiven (§2.2.3) analysieren. Sie ermöglicht es, Jesus in einer neuen Sicht zu deuten. 2.2.1 Der soziolinguistische Hintergrund des Johannesapokalyptikers2 Gab es eine Plausibilität dafür, dass der Verfasser der Apk mit dem Wortfeld von !qm¸om, !lmºr und p²swa vertraut war? Wenn er diese Wörter aufgrund seiner soziolinguistischen Umwelt kannte, wäre seine Wortwahl von !qm¸om in der Apk nicht zufällig. 2.2.1.1 Die Verbreitung des Bilingualismus als soziales Phänomen In diesem Abschnitt sollen die Argumente dafür gesammelt werden, dass der Autor zwischen verschiedenen semantischen Möglichkeiten und Sprachtraditionen differenzieren konnte. Der Grund ist: Vermutlich war er ein bilingualer (oder sogar multilingualer) Jude aus der jüdisch-palästinischen Gesellschaft. Der Bilingualismus (oder darüber hinaus „Multilingualismus“) war ein verbreitetes Phänomen im Judentum des 1. Jh.3 Seit Langem besteht ein 2 Vgl. Aune, „The Social Matrix of the Apocalypse of John,“ BR 26 (1981): 16–32; Barr, „The Apocalypse as a Symbolic Transformation of the World,“ Interp. 40 (1986): 243–56. 3 Multilingualismus als soziales Phänomen wird in ySot 7,2 (21c) kommentiert: „Rabbi Yonatan aus Bet Guvrin sagte: Es gibt vier zweckdienliche Sprachen, die die Welt benutzt, und das sind folgende: Griechisch für den Gesang, Lateinisch für den Krieg, Aramäisch für das Klagen und Hebräisch für das Sprechen. Und manche sagen: Außerdem „Assyrisch“ für das Schreiben. Das „Assyrische“ ist eine Schrift, aber keine Sprache; das Hebräische ist eine Sprache aber keine Schrift.“ (Übs. F.G. Hüttenmeister, Sota ÜTY, 164). Aus Unkenntnis des Bilingualismus der damaligen Zeit wurde bis Ende des neunzehnten Jahrhunderts das biblische Griechisch als besondere Sprache der Bibel, ja sogar als Sprache des Heiligen Geistes im Unterschied zum säkularen Griechisch angesehen (Vergote, „Grec Biblique“, in DB(V) III, 1320–69). Einen Neuanfang machten Deissmann, Neue Bibelstudien. Sprachgeschichtliche Beiträge, zumeist aus den Papyri und Inschriften, zur Erklärung des Neuen Testaments, Marburg: Elwert’sche Verlagsbuchhandlung, 1897, vor allem in der Lexikographie und Thumb, Handbuch der griechischen Dialekte, Heidelberg: Winter, 1909 21959; ders., Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus. Beiträge zur Geschichte und Beurteilung der Koine, Berlin: de Gruyter, 1974, vor allem in der Erforschung der Syntax (vgl. Brugmann u. Cohn, Griechische Grammatik. Lautlehre, Stammbildungs- und Flexionslehre, Syntax, Hg. v. Thumb, München: Beck, 41913). Sie ordnen das
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
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Konsens unter Wissenschaftlern darüber, dass Palästina im 1. Jh. mehrsprachig war. Gesprochen wurde sowohl das „Aramäisch“ als auch das „KoineGriechisch“, zusätzlich wohl auch „Hebräisch“ – als Sprache der heiligen Schriften, der Gelehrten und des Gottesdienstes. Darüber hinaus mussten Römer und palästinische Juden in politischen und administrativen Kontexten auch auf „Latein“ kommunizieren.4 Ein Jude (oder ein anderer Einwohner Palästinas) hatte damals keine Schwierigkeit, Griechisch lernen zu können,5 sicherlich als Fremdsprache, manchmal sogar als Muttersprache oder eine von mehreren Muttersprachen.6 Zweifellos gebrauchten Juden das hellenistische Griechisch auch in ihren eigenen kulturellen Kontexten. Das von ihnen gesprochene hellenistische Griechisch war eine Sprache (langue), die im Laufe der Zeit (als parole) semitisch-stilisiert und in dieser Stilisierung soziokulturell bedeutungsvoll wurde.7
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biblische Griechisch in das allgemeine hellenistische Griechisch ein. In den 1950er Jahren vertraten N. Turner und J. H. Moulton dann erneut die These einer besonderen jüdisch-griechischen Sprache. Hier kam es einige Jahrzehnte später zu einer Klärung, als Moiss Silva die Unterscheidung F. de Saussures zwischen langue und parole auf dieses Problem anwandte: Die Erkenntnisse von Deissmann und Thumb beziehen sich auf die langue, die von Turner-Moultons auf die parole. Es handelt sich daher bei der Bibelsprache um ein Griechisch (als langue), das (als parole) semitisch-stilisiert wurde. Man muss dabei zwischen alexandrinischem und palästinischem Bilingualismus unterscheiden (Silva, „Bilingualism and the Character of Palestinian Greek.“ Bib. 61 (1980): 198–219; Marcos, Septuagint, 3–13). Zum „Bilingualismus“ vgl. Oksaar, „Bilingualism,“ Current Trends in Linguistics 9 (1972): 476–511; Beardsmore, Bilingualism: Basic Priniciples, Multilingual Matters 1, Clevedon: Tieto, 1982 21987. Zum Bilingualismus vgl. Porter, Verbal Aspect in the Greek of the New Testament: with Reference to Tense and Mood. Studies in Biblical Greek 1, New York: Peter Lang, 2003, 113; Wellhausen, Einleitung in die drei ersten Evangelien. Berlin: Reimer, 1905 21911; Dalman, Die Worte Jesu. Mit Berücksigtigung des nachkanonischen jüdischen Schriftums und der armäischen Sprache erörtert, Leipzig: J. C. Hinrichs, 1898 21930. J. Wellhausen und G. Dalman plädierten für das Aramäisch als vorherrschende Sprache des palästinischen Judentums im 1. Jahrhundert – ebenso A. Meyer, F. Büchsel, A.J. Wensinck, J. Jeremias, P. Kahle, M. Black, C.C. Torrey. Zugunsten von Griechisch argumentierte T.K. Abbott. Chomsky, „What was the Jewish Vernacular During the Second Commonwealth?“ JQR 42 (1951–52): 193–212, stellte dagegen eine Dominanz der hebräischen Sprache im 1. Jh. fest. Aufgrund der Ausgrabungsbefunde, vor allem der Ossuarien im 1. Jh. mit dreisprachigen Inschriften, und der Briefe des Bar-Kokhba-Aufstands argumentiert Gundry für eine trilinguale palästinische Gesellschaft (Gundry, „The Language Milieu of First-Century Palestine: Its Bearing on the Authenticity of the Gospel Tradition,“ JBL 83 (1964): 404–8). Bilingualität und Bilingualismus werden in Hezser, Jewish Literacy in Roman Palestine, TSAJ 81, Tübingen: Mohr Siebeck, 2001, 227–50, diskutiert. Das Buch handelt von der Alphabetisierung der Juden im römischen Palästina. Porter, Verbal Aspect, 113; Argyle, „Greek Among the Jews of Palestine in New Testament Times,“ NTS 20 (1974): 87–9; Lieberman, Greek in Jewish Palestine: Studies in the Life and Manners of Jewish Palestine in the II–IV Centuries C. E., NY: Feldheim, 21965. Liebermans Zitate aus dem Babylonian Talmud Sota werden als Beweis für die Durchdringung aller jüdisch-palästinischen Gesellschaftsschichten durch den Hellenismus angeführt. So leitet sich der Name der jüdischen Institution „Sanhedrin“ vom griechischen Wort „sum´dqiom“ ab (Meyer, „Einige Bemerkungen zur Bedeutung des Terminus ,Synhedrion‘ in den Schriften des Neuen Testaments,“ NTS 14 [1967–68]: 545–51). Porter charakterisiert die sprachliche Situation in Palästina so: „… several broad language varieties came into heavy and
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Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Im Allgemeinen werden neutestamentliche Vokabeln aus einem zwei- oder sogar mehrsprachigen Kontext abgeleitet. Trifft das auch für die Apk zu? Die Diskussion des Griechischen der Apk hat gezeigt: Die Apk passt in den Kontext des palästinischen Bilingualismus. Das ist das Ergebnis der Forschungen von Charles, Mussies, Thompson, Porter und Aune. Dabei ging es immer darum, die auffallenden grammatischen Eigenarten der Apk zu erklären. In der ersten Hälfte des 20. Jh. stellte Charles eine umfassende Liste des apokalyptischen Hebräismus zusammen, wobei er sich auf Morphologie, Syntax und Wortwahl konzentrierte.8 Aufgrund der damaligen Forschungssituation plädierte er9 als Erklärung für die Sprache und Grammatik der Apk für deren hebräischen Hintergrund.10 Der Autor sei ein palästinischer Jude gewesen.11 Zwar wird die Hebräismus-Theorie von Charles heutzutage kriti-
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constant contact … no one denies the presence of lexical and syntactical Semitisms in Hellenistic Greek“ (Porter, 156). Silva erklärte weiter: „It is an accepted fact that the New Testament sprang up in a bilingual or multilingual community whose native language was Aramaic (according to some, Hebrew), but who used Greek, the commercial language of the day, to a considerable extent … This twofold bilingual background, one may assume, left its mark on the Greek of the New Testament. This mark would have consisted of interference in the phonology … grammar and vocabulary of the language“ (Silva, „Semantic Borrowing in the New Testament.“ NTS 22 (1976): 104). Krauss, Griechische und Lateinische Lehnwörter im Talmud, Midrasch und Targum, Hildesheim: Olms, 1964 21987 (1898–9) bietet eine beeindruckende Liste von Wörtern mit Transkription der griechischen Wörter. Charles I, cxlii–clii. cliii–cliv; Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen ApokalypseTextes, 2. Teil. Die Alten Stämme, MThS.HE, München: Karl Zink, 1955, 239–44. Charles konnte bei seinem Wissensstand sagen: „My own studies, which have extended from the time of Homer down to the Middle Ages, and have concentrated themselves specially with the Hellenistic Greek, so far as this Greek was a vehicle of Hebrew thought, have led me to a very different conclusion on this question…“ (Charles I, cxliii). Er kannte noch nicht die Datenbank des „Thesaurus Linguae Graecae (TLG)“, die seit 1977 entstand. Insofern war seine These: „Greek was a vehicle of Hebrew thought“ etwas übertrieben. Eine heute mögliche genaue Überprüfung seiner Beispiele könnte aber zu dem Ergebnis kommen, dass eine hebräische Version des Textes in den Gedanken des Autors existiert haben muss und die griechischen Sätze seiner Endgestalt nur „literal reproductions in Greek of Hebrew idioms“ sind (Charles I, cliii). Hinsichtlich des „Hebräismus“ meinte Charles, dass der Autor auf Hebräisch dachte und dann seine Idiome wörtlich ins Griechisch übersetzte (Charles I, xliv. cxliii). Er stützt sich auf zwei Argumente: (1) auf eine bis auf Dionysius von Alexandrien zurückgehende Tradition, (2) auf die grammatischen Schnitzer in der Apk, die ohne Parallele in ihrer Zeit sind. Charles setzte voraus, dass die Muttersprache des Autors Hebräisch war und er das tägliche Griechisch nicht bewältigen konnte (Charles I, xliv. cxliv). Mit seiner Hypothese interpretierte Charles die grammatischen Schnitzer der Apk als Ausdruck eines Griechisch, das auf einer hebräischen Grammatik basierte. Diese „Hebräismusthese“ von Charles ist eine Weiterentwicklung der Idee des Dionysius (Charles I, cxliii, n. 1), der schon in der Antike den Weg für die Hypothese von Moulton (vom sog. „jüdisch-griechischen Dialekt“) ebnete. Charles rechnete freilich nicht mit einer generellen Grammatik eines „Juden-Griechisch“ sondern wollte nur den hebräischen Stil eines einzelnen biblischen Autors erklären. Charles I, xxxviii, xliii–xliv. Er begründete seine „Galilean John“-Hypothese mit der Verbreitung des apokalyptischen Genres in Galiläa, konnte dafür aber keinen Beleg bringen.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
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siert,12 aber seine Liste von Wörtern wird nach wie vor als Beweismittel dafür benutzt, dass der Autor in einem palästinischen Bilingualismus aufwuchs. Zur Verbesserung der Hebräismus-Theorie von Charles, veröffentlichte Mussies eine umfangreiche Monographie über den Bilingualismus der Apk,13 wie er sich in Orthographie, Phonologie und Morphologie widerspiegelt. Er kam zu wichtigen Ergebnissen. Zunächst legte er die Annahme nahe, dass der Autor der Apk selbst oder sein Übersetzer bilingual (bzw. multilingual) war.14 Zweitens betonte er die Kenntnis des Koine-Griechischen beim Autor der Apk letzter Hand.15 Drittens vermutete er, dass sowohl das Hebräische als auch das Aramäische den Schriftsteller beeinflusst haben. Jedoch konnte er aufgrund seines Befunds zu keinem klaren Ergebnis hinsichtlich der Frage kommen, ob der Hintergrund des Schriftstellers rein Hebräisch oder rein Aramäisch war. Damit wandelte er die Hebraismustheorie zu einer Semitismustheorie ab.16 Viertens erkannte er, dass die semitische Färbung der Verben in der Apk in erster Linie eine Frage des Stils ist.17 Fünftens schloss Mussies aufgrund der Abwesenheit der orthographischen Variation u / oi im sogenannten „Kodex 12 Thompson, ein Advokat der Semitismusthese, schrieb: „… there are portions of the [Apk.] which are nearly free from Semitisms – i. e. the epistles to the Seven Churches … and it effectively prevents the cursory decision that a Semitic source underlies the entire Greek text of the [Apk.]“ (S. Thompson, The Apocalypse and Semitic Syntax, MSSNTS 52, Cambridge: Cambridge University Press, 1985, 107–8). Offensichtlich kann die Hebräismusthese von Charles nicht den gesamten griechischen Text der Apk erklären. Wenn der Autor nicht immer auf Hebräisch dachte, was er als Text schreiben sollte, wäre Charles Hypothese einer hebräischen Entsprechung für jedes griechische Wort (oder für jede Metapher) in der Apk nicht zu halten. Deshalb müssen wir nach einer anderen Erklärung für die Wortwahl der Apk suchen. 13 Obwohl Charles den Ausdruck „Bilingualismus“ nicht benutzte, hat seine Hebräismusthese einen bilingualen Kontext als Voraussetzung. 14 Mussies behauptete: „[In the Apokalypse,] the Jewish background is evident, the Greek language has been in contact with Hebrew and/or Aramaic. This contact may have arisen in two ways: a) St. John as a multilingual person was himself acquainted with Hebrew, Aramaic and Greek, and his use of the latter was influenced by his mother tongue; b) St. John had no mastery of Greek, and composed the Apocalypse either in Hebrew or in Aramaic. The book was afterwards translated into Greek by another person, who must at least have been bilingual (knowledge of Hebrew and Greek, or of Aramaic and Greek) … he almost certainly knew both these languages. The difference between a) and b) is in our opinion mainly a difference in the person who brought the languages in contact, a difference which cannot be discerned in Greek … the result was in the end the same.“ (Mussies, The Morphology of Koine Greek as used in the Apocalypse of St. John: a Study In Bilingualism. NT.S 27, Leiden: E. J. Brill, 1971, 311–2). Die hier vertretene Forschungsrichtung fragt also nicht primär, wer Johannes von Patmos historisch war, sondern nach seinem soziolinguistischen Hintergrund. Deshalb sind meine Ergebnisse unabhängig vom Wahrheitsgehalt der „Übersetzer“-Hypothese. 15 Er spricht mit Weinreich vom „locus of contact“ (Weinreich, Languages in Contact. Findings and Problems, Publications of the Linguistic Circle of New York 1, The Hague: Mouton, 1979, 1). Zwei Sprachen kommen entweder in einer Person oder durch Kontakt zwischen zwei Personen zusammen. In diesem Punkt änderte Mussies die Hebräismusthese von Charles. 16 Mussies, Morphology, 352–3. 17 Mussies, Morphology, 349. Mussies plädierte weder für einen „jüdisch-griechischen Dialekt“ noch für ein so bezeichnetes „Ghettogriechisch“.
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Alexandrinus,“ dem besten Manuskript für die Apk,18 einen alexandrinischen Bilingualismus als Hintergrund des Autors aus. Grundsätzlich schloss sich Thompson der Hebräismus- bzw. Semitismustheorie an.19 Seine Beobachtung des semitischen Einflusses auf die verbale Syntax und die abhängigen Sätze stützten die Annahme, dass der Verfasser der Apk in einer Umwelt lebte, in der Griechisch mit Hebräisch und/oder Aramäisch in intensiver Wechselwirkung stand.20 Porter kritisierte die Beobachtungen Thompsons.21 Aufgrund soziolinguistischer Überlegungen22 stellte er die Existenz eines besonderen jüdischgriechischen Dialekts in Frage.23 Für die Sprache der Apk könne nur eine „semitische Stilisierung“ bewiesen werden.24 Sie setzt eine mehrsprachige Situation voraus, jedoch betonte Porter den Unterschied zwischen alexandrinischem und palästinischem Multilingualismus.25 Er kam zu zwei Folgerungen: (1) Der Verfasser der Apk konnte nicht gut Griechisch; und (2) seine Sprache gehörte zum vulgären Griechisch des ersten Jahrhunderts.26 Obwohl 18 Mussies, Morphology, 351. Ursprünglich verwandte Mussies nicht den Ausdruck „alexandrinischer Bilingualismus“ (Silva), sondern „ägyptisches Koine-Griechisch“. 19 Mussies, „The Greek of the Book of Revelation,“ in: Lambrecht (Hg.), L’Apocalypse johannique et l’Apocalyptique dans le Nouveau Testament, BEThL LIII, Leuven: University Press, 1980, 167–77, argumentiert für einen Semitismus, den er als „abwesenden Semitismus“ bezeichnet. Es geht dabei um griechische Sätze, die kein hebräisches oder aramäisches Pendant haben und in der Apk abwesend sind. Thompson baute die Hebräismusthese von Charles und die Semitismusthese von Mussies durch Verwendung einer Terminologie von Turner ( „jüdisches Griechisch[dialekt]“) aus, um das Griechisch der Apk zu kategorisieren (S. Thompson, Semitic Syntax, 108). 20 Siehe S. Thompson, Semitic Syntax. Er vergleicht oft das Griechisch der Apk mit dem in der LXX enthaltenen hebräischen oder aramäischen Pendant. Obwohl es generell einen semitischen Einfluss auf die Apk gibt, muss der Befund auf vielfältige Weise überprüft werden, z. B. durch die aktuellen Erkenntnisse über das LXX-Griechisch, durch unsere Kenntnis der Übersetzungsmethode jedes LXX-Buchs, durch neue Informationen über das hellenistische Griechisch. 21 Porter überprüfte mit der Hilfe des „Thesaurus Linguae Graecae (TLG)“ einige Belege von Thompson, und fand, dass Thompson die Beziehung zwischen griechischen Verben und hebräischen Bedeutungen übertrieben hat (Porter, „The Language of the Apocalypse in Recent Discussion,“ NTS 35 (1989): 584–6.) 22 Porter wandte drei von den Soziolinguisten vorgeschlagene Standards an, um die Syntax und die Semantik zu analysieren (Porter, „Recent Discussion“, 586–7). 23 „When [modern classical philologists] refer to dialects, they refer to the kind of broad phonological, morphological, and lexical differences that distinguish Attic from Doric from Ionic, etc… . On the basis of this definition…Hellenistic Greek then held sway as a single essentially sub-dialectless variety until the Byzantine and modern periods, when modern Greek again developed dialectal distinctives.“ (Porter, „Recent Discussion“, 598–9.) 24 Porter postulierte drei Niveaus des semitischen Einflusses: (a) die direkte Übersetzung; (b) die Intervention; (c) die Frequenzerhöhung (d. h. eine seltene Wortfügung, die nebeneinander mit dem Griechisch bestehen kann, hat die Häufigkeit ihres Vorkommens aufgrund eines Einflusses der semitischen Literatur außerordentlich erhöht). Genau genommen aber sind weder die direkte Übersetzung noch die Frequenzerhöhung ein Semitismus (Porter, „Recent Discussion“, 587). 25 Porter, „Recent Discussion“, 600–1. 26 Porter, „Recent Discussion“, 600.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
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seine Überlegungen theoretisch überzeugend sind, hat er seine Theorie nicht am gesamten Text der Apk überprüft. Um die grammatischen Schnitzer der Apk zu erklären, ist die Annahme eines „vulgären Griechisch“ keine befriedigende Antwort.27 In unserem Zusammenhang geht es aber ohnehin nur um die konkrete Frage: Können wir aufgrund der multilingualen Situation des Autors verständlich machen, warum der Verfasser der Apk weder !lmºr noch p²swa als Bezeichnung für Christus als Lamm wählte, sondern !qm¸om? Porter hat verständlicherweise kein Interesse an einzelnen Phänomenen wie der !qm¸om-Metapher und ihrem soziolinguistischen Hintergrund. Für die These, dass der Apokalyptiker ein palästinischer Jude war, bringt Aune folgende Beweise: (1) Der Autor hat mehr als hundert alttestamentliche Anspielungen in seinem Text; (2) er bedient sich einer apokalyptischen Gattung, die exklusiv im frühen palästinischen Judentum verwandt wurde; (3) er war mit dem jüdischen Tempelkult vertraut (Apk 8,3–4; 11,1–2.19); (4) er betont „Jerusalem“ (Apk 11,2.8; 20,9) und „Palästina“, wo das „Harmagedon“ zu liegen scheint (vgl. Apk 16,16); (5) er schreibt ein semitisches Griechisch.28 Die bisherigen Diskussionen legen das Ergebnis nahe, dass der Apokalyptiker ein bilingualer (vielleicht sogar ein multilingualer) Jude aus Palästina war.29 Heutzutage wird das Phänomen des Bilingualismus im 1. Jh. von neutestamentlichen Sprachforschern anerkannt, aber diese Erkenntnis hat außer für Sprachprobleme der Apk keine Konsequenzen für andere Aspekte ihrer Interpretation. Daher fehlt es noch an Versuchen, im Lichte dieser Erkenntnis die Ideologie der Apk zu erforschen. Muss man nicht annehmen, dass der zweisprachige jüdische Autor seine theologische Überzeugung bewusst auf Griechisch vermitteln wollte? Eine Illustration mag genügen: In Apk 1,4 bringt der Autor einen speziellen Ausdruck !p¹ b ¥m. Es gibt drei Möglichkeiten, diese ungrammatische Wendung zu erklären: 27 Vor kurzem versuchte Callahan eine Widerlegung der soeben referierten Bewertungen. Er postulierte: „The seer’s language is due not to intellectual deficiency, but to an idiolectical peculiarity that is both intentional and insurgent.“ (Callahan, „The Language of Apocalypse,“ HTR 88 [1995]: 454). Im gesamten Aufsatz zog er Analogien zu grammatischen Schnitzern der modernen Romanschriftsteller wie Thomas Hardy, Salmon Rushdie und Chinua Achebe. Außerdem wandte er die soziolinguistische Untersuchung von John Platt, Heidi Weber und Ho Mian Lian an und griff dabei Gesichtspunkts von Schüssler Fiorenza auf. So suggerierte er, dass die apk Sprache poetisch, bewegend und politisch ist. Seine Überlegungen sind weiterführend, aber man muss ihnen in einem Punkte widersprechen, wenn er sagt: „Revelation is to be felt, not intellected“ (Callahan, „Language“, 463). Wir dürfen nicht vergessen, dass Johannes sich nicht als ein Künstler versteht, sondern als Prophet. Er hatte eine Botschaft seinen Empfängern zu vermitteln. 28 Aune I, l vermutete, dass Johannes von Patmos ein palästinischer Jude war, der nach Kleinasien auswanderte. Die Auswanderung ergäbe sich auch aufgrund externer Belege. Ähnlich auch Charles (Charles I, xxxviii. xliii). 29 Zu modernen Analogien vgl. DabMne u. Moore, „Bilingual Speech of Migrant People,“ in: Milroy und Muysken (Hg.), One Speaker, Two Languages: Cross-Disciplinary Persprectives on Code-Switching, Cambridge: CUP, 1995, 17–44.
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Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
1) Sie ist vulgäres Griechisch, weil der Autor keine Kenntnis des Ausdrucks !p¹ toO b £m hat, der klassischem Griechisch entspricht. 2) Sie spiegelt einen hebräischen Sprachausdruck wider, nämlich hy"h'w. hw,O hh, (dessen wörtliche griechische Übersetzung !p¹ b £m ja· [b] Gm wäre). 3) Sie zeigt einen bestimmten soziokulturell-bedingten theologischen Gebrauch von Gottesbezeichnungen. Die erste Interpretation erklärt nicht viel. Die zweite Interpretation kann nicht das zweite b, das dem Gm vorangeht, erklären, da dieses b keine Entsprechung im Hebräischen hat. Die dritte Interpretation gibt uns dagegen Einblicke in die Theologie des Autors: Er ist sich sehr wohl bewusst, welcher Kasus auf !pº folgen muss, aber er weigert sich, den Gottesnamen zu flektieren.30 Der Glaube des Autors ist der Grund dafür, dass er die Regeln der hellenistisch-griechischen Grammatik übertrat. Das Griechische war für ihn nur ein Mittel, um seine theologischen Überzeugungen zum Ausdruck zu bringen. Solche Beobachtungen lassen die Vermutung zu, dass auch !qm¸om nicht zufällig vom Autor gewählt wurde. Jetzt müssen wir weiter fragen, woher der Autor die theologischen Ideen erhielt, die er mit !qm¸om, !lmºr und p²swa assoziiert hat.
2.2.1.2 Die Verbreitung der Septuaginta als soziales Phänomen31 Abgesehen vom Bi- oder Multilingualismus wollen wir im Folgenden über einen weiteren Aspekt des soziolinguistischen Hintergrunds des Autors nachdenken, der für die Interpretation der !qm¸om-Metapher wichtig ist. Es handelt sich um die Kenntnisse des griechischen Alten Testaments. Zur Zeit des Urchristentums existierte die jüdische Bibel nicht nur in ihrer hebräischen Version, sondern auch als „Septuaginta“.32 Ihre Verbreitung unter zweisprachigen Juden lässt sich an vielen Stellen nachweisen.33 Schon vor dem 30 Zu diesem Beispiel vgl. die Diskussion in Charles I, clii. 10. 31 Heute weiß man, dass die „Septuaginta“ ihre Form im Laufe von mehr als zwei oder drei Jahrhunderten annahm, dass sie verschiedene Übersetzer hatte, die an verschiedenen Entstehungsorten arbeiteten (vgl. DJBP s.v. „Septuagint“). Tatsächlich entstand die Gestalt der LXX ungefähr im 2. Jahrhundert. Ihre Kanonisierung war in urchristlicher Zeit noch nicht abgeschlossen. Deshalb soll in dieser Untersuchung die Bezeichnung LXX nur in einem generellen Sinn verwandt werden. Das bedeutet: „[Septugaint refers to] any or all ancient Greek translations of the Hebrew Bible.“ (Jobes and MoisQs, Invitation to the Septuagint, Grand Rapids, MI: Baker, 2001, 30.) 32 MNller, The First Bible of the Church: A Plea for the Septuagint, JSOT.S 206, Copenhagen international seminar 1, Sheffield: Sheffield Academic Press, 1996, 143, schreibt: „The fact that the Jewish Bible at the time of the New Testament was not only Biblia Hebraica, but also the Septuagint accentuates this.“ 33 Thackeray, Septuagint and Jewish Worship. A Study in Origins, Schweich Lectures: The Schweich Lectures of the British Academy 1920, München: Kraus Reprint, 1980, nimmt an, dass die LXX bei jüd. Festen und Feiern wie Pfingsten verwandt wurde.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
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Urchristentum benutzten hellenistisch-jüdische Schriftsteller wie Demetrios (3. Jh. v. Chr.), Eupolemos (2. Jh. v. Chr.), Aristobulos, Artapanus (2. Jh. v. Chr.), Aristeas (1. Jh. v. Chr.) und Ezechiel der Tragiker Wörter, Phraseologie sowie Zitate und Anspielungen aus der LXX.34 Nachweisbar ist der Gebrauch der LXX für Philo35 und Josephus36. Indizien dafür konnten auch in jüdischen Inschriften und Papyri gefunden werden.37 Die LXX breitete sich dabei auch im palästinischen Judentum aus.38 Sie ist im NT gut bezeugt.39 Der Gebrauch der griechischen Übersetzungen als Bibel der frühen Kirche und die Existenz der griechischen Kodices sind weitere Zeugen für die Autorität des griechischen Alten Testaments im Frühen Christentum.40 Der Verfasser der Apk bildet bei seinem Gebrauch der LXX insofern keine Ausnahme.41 Neuere Untersuchungen weisen seine Vertrautheit mit der
34 FernOndez Marcos, The Septuagint in Context: Introduction to the Greek Versions of the Bible, Leiden: Brill, 2000, 260–1; vgl. Siegert, „Early Jewish Interpretation in a Hellenistic Style,“ in: Saeboe (Hg.), HBOT, Vol. I. From the Beginning to the Middle Ages (Until 1300), Part 1. Antiquity, Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht, 1996, 130–198 (bes. 190 f. zu Demetrios dem Historiker, Artapanus u. Aristeas). Demetrios war der älteste bekannte Benutzer des Pentateuch LXX (Siegert, Register zur „Einführung in die Septuaginta“. Mit einem Kapitel zur Wirkungsgeschichte. Münsteraner judaistische Studien 13, Münster; Hamburg; Berlin: LIT, 2003, 343). 35 Katz, Philo’s Bible: The Aberrant Text of Bible Quotations in some Philonic Writings and its Place in the Textual History of the Greek Bible, Cambridge: Cambridge University Press, 1950. Siehe seine Beweise S. 3–92 und Ergebnisse S. 95–121. Siegert, Register, 343: „Philos Exegesen bes. von Gen 1,2; 2,4.19.21.23; 3,14–16; 49,17; Ex 33,13; Lev 1,9; 7,34; 8,29; 9,14; Num 6,12 könnten nicht so sein, wie sie lauten, hätte er Zugang zum hebräischen Text gehabt“. 36 Siehe: Mason/ Kraft, „Josephus on Canon and Scriptures,“ in: Saeboe (Hg.), HBOT, Vol. I. From the Beginning to the Middle Ages (Until 1300), Part 1. Antiquity, 217–35. 37 N. Fern{ndez Marcos, Septuagint, 267–9. 38 Sundberg, The Old Testament of the Early Church, HThS 20, Cambridge: Harvard University Press, 1964, 88–103. Vgl. Green, „Scripture in Classical Judaism“, in EncJud III, 1302–9. Flesher, „Scripture, Privileged Translations of“, in EncJud III, 1309–20, stellt fest: „Over the following centuries the Septuagint became the Bible for Greek-speaking Jews throughout the Mediterranean world“ (1309). Die negative Bewertung der LXX bei den Rabbinen zeigt Soferim 1: „The day that the Torah was translated was as terrible as the day that the [golden] calf was made,“ (vgl. NEncJud s.v. „Septuagint“). Jedoch war das Judentum im 1. Jahrhundert keine monolithische Einheit. Nach 70 n. Chr. änderte sich nur langsam diese Situation. Die Entstehung verschiedener Rezensionen der LXX (die des Aquila, Theodotion, Symmachus), die allmähliche Dominanz des rabbinischen Judentums und dessen Ablehnung der LXX sowie der ausgedehnte Gebrauch von Targumen spiegeln Konflikte zwischen Juden und jüd. Christen über die messianische Interpretation der griechischen Bibel. 39 FernOndez Marcos, Septuagint, 322. 40 McLay, The Use of the Septuagint in New Testament Research, Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2003, 144. Jellicoe, „Septuagint Studies in the Current Century,“ JBL 88 (1969): 199, stellt fest: „He who would read the New Testament must know Koinr; but he who would understand the New Testament must know the Septuagint.“ 41 Diese Untersuchung konzentriert sich auf die Kenntnisse des Autors an LXX-Griechisch. Es wird nicht danach gefragt, ob der Autor mehr von griechischen Quellen als hebr. Quellen abhängt.
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griechisch-jüdischen Bibel (1) bei alttestamentlichen Anspielungen in der Syntax,42 (2) ansonsten bei sprachlichen Wendungen und im Wortschatz nach. Schmidt untersuchte die Anspielungen auf den Propheten Daniel in der Apk auf ihre Septuaginta-Syntax hin.43 Seine Untersuchung basiert auf folgendem Grundsatz: Während die wörtliche Übersetzung der Theodotion-Rezension den Semitismus des Buches Daniel widerspiegelt, bezeugt die sinngemäße und freie Übersetzung der Septuaginta-Rezension von Daniel einen Septuagintismus. Sein Ergebnis ist: Die Apk enthält viele Beispiele für Septuagintismen im Neuen Testament.44 Aufgrund der von Schmidt nachgewiesenen Anspielungen auf die LXX-Rezension von Daniel können wir feststellen,45 dass sie als syntaktische Fügungen in den !qm¸om-Absätzen der Apk verwendet wurden (Apk 4,1–5,14; 6,1–8,1; 12,1–14,20; 15,1–16,21; 19,1–10). In Apk 7,9.16; 13,7; 14,3 und 19,8 finden sich die Anspielungen in der Nähe der Bezeichnung !qm¸om. Abgesehen von DanielLXX gibt Schmidt auch Beispiele für Anspielungen auf GenesisLXX, JesajaLXX und HesekielLXX.46 Er prägte für den LXX-Einfluss in der Apk den Begriff „Prophetischer Septuagintismus“.47 Beale behauptet, dass die AT-Anspielungen dem Autor bewusst waren, und illustriert das anhand von Apk 4–5.48 Auch Callahan stellt fest, dass die Apk die Sprache der LXX gebraucht, um eine biblische Textur für seinen Text zu weben.49 Insge-
42 Drei Punkte sind beachtenswert: (1) die Definition des „Septuagintismus“ von Schmidt als „syntactical peculiarities that are not reflective of Semitic syntax, but used to render Semitic constructions into Greek in one of the translation styles in the Septuagint“ (Schmidt, „Semitisms and Septuagintalisms in the Book of Revelation,“ NTS 37 (1991): 592–603, bes. 594, cf. 596); (2) Nach Beale variieren die Gesamtzahlen der Anspielungen bei verschiedenen Forschern aufgrund unterschiedlicher Berechnungskriterien (Beale, 77 n.16); (3) Nach Moyise sind die wichtigsten Bezugstexte für die Apk: der Prophet Jesaja, der Psalter, der Prophet Hesekiel, die Tora und der Prophet Daniel, andere kommen zu ähnlichen Ergebnissen (Moyise, The Old Testament in the Book of Revelation, JSNT.S 115, Sheffield: Sheffield Academic Press, 1995, 16; vgl. Beale, 77). Für die Syntax der LXX-Übersetzung kann man auf die Arbeiten der „Helsinki Schule“ verweisen (Sollamo und SipilL, Helsinki Perspectives on the Translation Technique of the Septuagint: Proceedings of the IOSCS Congress in Helsinki 1999, SESJ 82, Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht, 2001, bes. 23–41). 43 Beale stellte fest dass der einflussreichste Bezugstext der alttestamentlichen Anspielungen in der Apk der Prophet Daniel war (Beale, The Use of Daniel in Jewish Apocalyptic Literature and in the Revelation of St. John, Lanham, MD: University Press of America, 1984). 44 Sein Ergebnis ist: „Indeed the linguistic influence of the LXX in the book of Revelation goes beyond images and phrases derived from textual allusions to features of the syntactical style itself. Revelation thus contains some of the best examples of septuagintalisms in the NT.“ (Schmidt, „Semitisms“, 592–603, 602–3.) 45 Anspielungen auf das DanielLxx finden sich mit ausgeprägten Septuagintismen in den !qm¸omAbsätzen Apk 4,1.7–8; 5,3; 6,4.8.11; 7,9.16; 13,2.4.5.7.12; 14,3.13.18; 15,8; 16,9 und 19,8. 46 Schmidt, „Semitisms“, 599–601. 47 Schmidt, „Semitisms“, 601. Seine genaue Bezeichnung ist „prophetic septuagintalisms“. 48 Beale, 80, 85–6. 49 Callahan, „Language“, 463. Die Ergebnisse von Aune dienen als weitere Beweise: 95 von 128 „Hapax Legomena“ der Apk können in der LXX gefunden werden (Aune I, ccvii–ccxi).
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samt kann man sagen: Da im griechischen Text der Apk viele Septuagintismen nachweisbar sind, kann man dem Autor gute LXX-Kenntnisse zuschreiben. Zweitens betont Silva, dass sich der Septuagintismus hauptsächlich durch phraseologischen und lexikalischen Einfluss in der Apk bemerkbar macht.50 Im Hinblick auf „semantische Lehnwörter“51 führte er h²mator als Beispiel an.52 Schon in der LXX wird h²mator als semantisches Lehnwort in der Übersetzung des hebräischen Wortes rbd (z. B. Ex 9,3.15; Ps 91,3.6; Jer 27,8.13; Hes 38,22) verwendet, wobei dessen griechische Bedeutung von „Tod“ zu „Pest“ erweitert wurde.53 Die Apk ist die einzige NT-Schrift, in der beide Bedeutungen, „Tod“ (6,8) und „Pest“ (6,8; 18,8), belegt sind. Darüber hinaus spiegelt der griechische Text der Apk einige in der LXX enthaltene Wendungen oder theologische Ausdrücke wider, die nicht direkt aus dem Hebräischen oder Aramäischen übersetzt wurden. Zu ihnen gehört die Wendung: „Gott der Herr der Allmächtige“ (j¼qior b he¹r b pamtojq²tyq), die eine von vier wichtigen Bezeichnungen Gottes in der Apk ist.54 Sie begegnet sieben Mal in Apk 1,8; 4,8; 11,17; 15,3; 16,7; 19,6; 21,22.55 Der Autor hat diese Wendung aus AmosLXX entliehen.56 Die griechische Phrase ûcior ûcior ûcior (Apk 4,8) begegnet nur einmal und ist im NT einmalig. Im AT begegnet sie nur in Jes 6,3.57 Deshalb kann man vermuten, dass der Autor der Apk das LXX-Griechisch absichtlich benutzt hat. Auch dürfte dem Autor die kulturell-sprachliche Unterscheidung von !qm¸om, !lmºr und p²swa bewusst gewesen sein. Ebenso hatten wohl auch die Leser der Apk LXX-Kenntnisse. Die Apk wurde wie andere neutestamentliche Bücher in Kreisen veröffentlicht, die 50 Silva, „Semantic Borrowing“, 108. Im Unterschied zu Schmidt beschränkt Silva den „Septuagintismus“ nicht auf die Syntax, sondern untersucht auch das Lexikon. 51 Silva übernimmt die Definition von Weinreich: „Semantic loan means the extension of the use of an indigenious word of the influenced language in conformity with a foreign model“ (Silva, „Semantic Borrowing“, 104). „Septuagintismus von Lehnwörtern“ bedeutet also ein erweiterter Sprachgebrauch, der aufgrund des Sprachgebrauchs der LXX entstanden ist. 52 Vgl. Osborne, 282. 643. 53 Silva, „Semantic Borrowing“, 108. 54 Bauckham, Theology, 25. 55 Abgesehen von der Apk wird pamtojq²tyq nur in 2Kor 6,18 verwandt, obwohl das Wort bzw. die Wendung j¼qior pamtojq²tyq 97x in der LXX belegt ist. Alle sieben Vorkommen in der Apk enthalten den relativ seltenen LXX-Ausdruck j¼qior b he¹r b pamtojq²tyq. Nur Apk 1,8 hat b £m ja· b Gm ja· b 1qwºlemor zwischen j¼qior b heºr und b pamtojq²tyq. 56 In AmosLXX sind alle 10 Vorkommen (Amos 3,13; 4,13; 5,8.14.15.16.27; 9,5.6.15) j¼qior b he¹r b pamtojq²tyq, dazu kommen 3 zusätzliche Beispiele in HosLXX 12,6, NahLXX 3,5 und SachLXX 10,3. In NahumLXX and SacharjaLXX ist diese (j¼qior) pamtojq²tyq relativ häufig, nicht aber in HoseaLXX. Weil j¼qior b he¹r b pamtojq²tyq nur einmal in HoseaLXX vorkommt, können wir sie nicht als eine markante Wendung von HoseaLXX betrachten. 57 Charles meint, dass der Autor hier nicht der LXX folgte, weil er ûcior ûcior ûcior j¼qior sabayh nicht genau übernommen hat (Charles I, 127). Er übersieht freilich einen wesentlichen Punkt: Der Autor ersetzte vorsätzlich eine hebräische Umschreibung (sabayh) durch die LXX-Phrase j¼qior b he¹r b pamtojq²tyq, auf die sofort das „Trishagion“ folgt. Dazu kommt: Durch den Einfluss der hebräischen Kultur wurde ûcior im NT mehr als in der säkularen griechischrömischen Literatur verwandt (Silva, „Semantic Borrowing“, 106).
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Kulturanthropologen als „Gesellschaft im gehobenen Kontext“ bezeichnen.58 Das häufige Vorkommen von Büchern und Rollen in der Apk legt nahe, dass die Leser Zugang zu Schriften hatten. Der Verfasser der Apk konnte bei ihnen ein Hintergrundwissen über die LXX voraussetzen. Der Septuagintismus der Apk erlaubt den Schluss: Die Art und Weise, wie !qm¸om, !lmºr und p²swa in der LXX verwendet wurden, und die mit diesen Wörtern verbundenen theologischen Implikationen waren wahrscheinlich für die Wortwahl des Autors wichtig. Er wählte bewusst diese Wörter, um Christus zu bezeichnen.
2.2.1.3 Die Verbreitung der hellenistisch-jüdischen Literatur als soziales Phänomen Erkenntnisse über die Ausbreitung hellenistisch-jüdischer Schriften sind einem Puzzle vergleichbar. Die Verbreitung der LXX war nur eines der Puzzleteile. Im folgenden Abschnitt wollen wir weitere Puzzlestücke zusammensetzen, damit der kulturlinguistische Hintergrund des Autors klarer bestimmt werden kann. Lange vor dem ersten Jahrhundert lebten fast zwei Drittel der Juden außerhalb Palästinas, vor allem in Ägypten, Kleinasien und vielen anderen Regionen.59 Hellenistische Assimilation, kulturelle Konvergenz und internationale Interaktion steigerten die Nachfrage nach hellenistisch-jüdischen Schriften. Aufgrund der geographischen Streuung, der sozialen Unterschiede und verschiedener religiöser Strömungen brachten die Juden eine große Mannigfaltigkeit an Koine-Literatur hervor.60 Uns interessieren vor allem die Texte, in denen !qm¸om, !lmºr und p²swa belegt sind. Das ist nur bei Philo und Josephus der Fall. Inwiefern könnten sie die Vorliebe der Apk für !qm¸om verständlich machen? Aufgrund seiner umfassenden griechischen Ausbildung konnte Philo61 (30 v. Chr. – 50 n. Chr.) fast 38 Werke im alexandrinischen Judentum schreiben.62 Sein Wortschatz umfasst 13.607 griechische Lemmata.63 Er setzt eine große Belesenheit in der griechischen Literatur voraus. Nach Fuglseth wurden 729 von 913 in der Apk vorkommenden griechischen Lemmata auch von Philo verwandt.64 Deswegen darf man die soziolinguistische Grenze zwischen den 58 59 60 61
Malina and Pilch, 19. Ferguson, Backgrounds of Early Christianity, Grand Rapids, MI: Eerdmans, 32003, 427. Ferguson, Backgrounds, 431–513. Für Philo ist Runia, Philo of Alexandria. An Annotated Bibliography 1987–1996; with addenda for 1937–1986, SVigChr 57, Leiden; Boston; Köln: Brill, 2000, ein wertvolles Hilfsmittel. 62 Ferguson, Backgrounds, 479–81. 63 Fuglseth, A Comparision of Greek Words in Philo and the New Testament, TSR 97, Lewiston, NY: Edwin Mellen, 2003, 10. Vgl. auch Borgen, Fuglseth und Skarsten, Philo Index. 64 Fuglseth, Comparision, 6.
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Werken Philos und der Apk (oder zwischen dem alexandrinischen und dem palästinischem Multilingualismus) nicht übertreiben, zumal zwei „Hapax Legomena“, diauc¶r „durchscheinend“ (Apk 21,21) und dipkoOr „zweifach“ (Apk 18,6), in beiden Textgruppen vorkommen. Diese „Hapax Legomena“ finden sich weder in LXX noch sonst im NT, sondern nur in anderen griechischen Texten.65 Das alles reicht aber nicht, um einen Einfluss des Philo auf die Apk anzunehmen. Man müsste dazu weitere thematische, literarische oder theologische Verbindungen entdecken.66 Bisher wurden keine Verbindungen entdeckt. Obwohl direkte lexikalische Anleihen nicht nachgewiesen werden können,67 helfen uns die Werke Philos, die Frage zu beantworten, ob ein bilingualer oder multilingualer Jude, der die LXX schätzt,68 das Frequenzmuster des Gebrauchs von !qm¸om, !lmºr und p²swa in der griechisch-jüdischen Bibel kennen und verstehen konnte. Wie der Verfasser der Apk wurde auch Flavius Josephus (37/38 n.Chr.–100/ 110 n. Chr.?) wahrscheinlich im palästinischen Judentum geboren und wuchs dort auf.69 Dafür sprechen zwei seltene griechische Lemmata bei Josephus und in der Apk: saqdºmun „Sardonyx“, ein halbedler Stein (Apk 21,20), und siqijºr „Seide“ (Apk 18,12).70 Beide finden sich weder in der LXX noch sonst im NT. Josephus bringt das Lemma saqdºmun sieben Mal.71 Auf den ersten Blick scheint es so, als habe der Verfasser der Apk Kenntnis dieses Lemmas durch Josephus. Auf den zweiten Blick aber wird diese Vermutung durch das zweite Lemma relativiert. Hier gibt es nämlich eine orthographische Varianz zwischen Josephus und der Apk: Josephus schreibt von sgqija?r, die Apk benutzt siqijºr (Jos. Bell. 7,5,4 §127 und Apk 18,12). Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass Josephus die Apk lexikalisch beeinflusst hat. Eher könnte die Ähnlichkeit einiger Lemmata ihren Ursprung in demselben Umfeld, also in der zweisprachigen palästinischen Gesellschaft, haben. Das wird durch ein weiteres griechisches Lemma, h¼zmor „wohlriechendes Holz“ in Apk 18,12, unter65 Das zeigen die Befunde des TLG. 66 Belegt Jos., Contra Apionem, dass die Werke Philos in Palästina im 1.Jh. n. Chr. zugänglich waren? Apion war Philos Gegner in Alexandrien (vgl. Rajak, „The Against Apion and the Continuities in Josephus’s Political Thought,“ in: Mason (Hg.), Understanding Josephus: Seven Perspectives, JSPE.S 32, Sheffield: Sheffield Academic Press, 1998, 227). 67 Fuglseth behauptet: „Conclusion pointing towards a direct influence between the New Testament and Philo are, however, almost completely lacking despite the vast influence of Philo on the Church Fathers.“ (Fuglseth, Comparison, 8.) 68 Philo Mos. 2,25–44. Vgl. FernOndez Marcos, Septuagint, 48. Der Septuagintismus zeigt sich bei Philo vor allem im lexikalischen Bereich.. 69 Jos. Vit. 5–8. 70 Nach dem Befund des TLG ist das griechische Lemma „saqdºmun“ nur 10x in griechischen Texten vom 8. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr. zu finden. Das früheste Vorkommen findet sich bei Pseudo-Hippocrates (5. Jh. v. Chr.). Danach fehlen Belege bis zum 1. Jh. n. Chr. Nach dem Befund des TLG erschien ferner das griechische Lemma „siqijºr/sgqija?r“ 8x in Texten vom 8. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr.. Sein erstes Vorkommen ist Strab. 15,1,20. 71 Jos. Bell. 5,5,7 (§233); Jos. Ant. 3,165.168.185.215.218; 7,161.
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stützt.72 Dieses Wort fehlt in LXX, NT und bei Josephus, kommt aber in der Rezension der LXX durch Symmachus73 vor, der die LXX-Übersetzung im 2. Jh. n. Chr. für das palästinische Judentum revidiert hat.74 Auch aufgrund äußerer Daten wie der Datierungen seiner Werke75 und der von ihnen intendierten Leserschaft76 gibt es keinen Grund, einen literarischen oder lexikalischen Einfluss der Werke des Josephus auf die Apk (et vice versa) anzunehmen.77 Aber beide Autoren haben denselben palästinischen Bilingualismus als Hintergrund. Josephus-Forscher wie Cohen weisen darauf hin, dass die Werke des Josephus keine LXX-Phraseologie widerspiegeln.78 Daher lassen seine Werke nicht erkennen, ob ein palästinischer Jude den spezifischen Gebrauch und das Frequenzmuster von !qm¸om, !lmºr und p²swa in der LXX kennen konnte¸ wohl aber, dass er die uns interessierenden griechischen Lemmata kennen konnte. Man darf daher annehmen, dass das bei Josephus belegbare Wortfeld „Schaf“ auch dem Verfasser der Apk bekannt war. Wir können das Ergebnis dieses Abschnitts so zusammenfassen: Philo bezeugt den LXX-Sprachgebrauch von !qm¸om, !lmºr und p²swa, während 72 Nach dem TLG ist das Lemma „h¼zmor“ nur 2x in griechischen Texten vom 8. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr. zu finden: in Strab. 4,6,2 und in Apk 18,12. Unter Zuhilfenahme von CSGOT und Field, Origenis Hexaplorum I, 615, finden wir einen anderen Befund in der Rezension des Symmachus von 3Kön 10,11, in der h¼zma ein oft benutztes Lemma ist und n¼ka ersetzt. 73 Dieser judenchristliche Bearbeiter der LXX, die Origenes verwandt hat, war nach Euseb Ebionäer (Eus. Hist. Eccl. 6,17), vgl. Jellicoe, The Septuagint and Modern Study, Winona Lake, Ind.: Eisenbrauns, 1993 = Oxford: Clarendon, 1968, 94–9. 74 Jobes und Silva, Invitation, 40–1. 75 Meist wird die Apk ca. 90–95 n. Chr. datiert. Die Datierungen der Werke des Josephus sind: Bell. ca. 76–82 n. Chr. (Rajak, „Against Apion“, 224; Bilde, Flavius Josephus between Jerusalem and Rome: His Life, his Works and their importance, JSPE.S 2, Sheffield: Sheffield Academic Press, 1988, 22); Ant. ca. 93–94 n. Chr. (Mason, „Should Any Wish to Enquire Further (Ant. 1.25): The Aim and Audience of Josephus’s Judean Antiquities/Life,“ in: ders. (Hg.), Understanding Josephus, 100; Rajak, „The Against Apion“, 224); Vit. ca. 93–94 n. Chr. als Supplement von Ant. (Mason, „Wish“, 100; Rajak, „Against Apion“, 224; Bilde, Jerusalem and Rome, 22; Ferguson, Backgrounds, 486); Ap. ca. 95 n. Chr. (Mason, „Wish“, 100; Bilde, Jerusalem and Rome, 13). Danach hätte der Verfasser der Apk theoretisch nur Bell. lesen können. 76 Mason bringt überzeugende Argumente dafür, dass sich die Werke des Josephus an Heiden wenden (Mason, „Wish“, 68). Schon deshalb waren sie für den Autor der Apk kaum zugänglich. 77 Mason bringt überzeugende innere und äußere Beweise dafür: „The [Jewish] War is aimed at defending the surviving Jews against widespread post-war animosity“ (Mason, „Wish“, 73; Ferguson, Backgrounds, 486). Den Zweck von Jewish Antiquities/Life bestimmt er so: „[Josephus] was writing for a group of [influential] Gentiles who were keenly interested in Judean culture,“ und „[this Jewish writer] offers Judaism as an alternative political constitution and as an alternative philosophical system“ (Mason, „Wish“, 80, vgl. 101; Ferguson, Backgrounds, 486). Der Autor der Apk gehörte gewiss nicht zu den von ihm intendierten Lesern. 78 Cohen, Josephus in Galilee and Rome: His Vita and Development as a Historian, CSCT 8, Leiden: E. J. Brill, 1979, 36; vgl. Varneda, The Historical Method of Flavius Josephus, ALGHJ 19, Leiden: E. J. Brill, 1986, 266.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
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Josephus nur indirekt bezeugt, dass diese Lemmata Johannes von Patmos im Prinzip zugänglich waren. 2.2.1.4 Die Verbreitung der neutestamentlichen Schriften als soziales Phänomen Im Folgenden untersuchen wir, ob der Autor der Apk NT-Schriften gekannt hat. Dafür gab es günstige Voraussetzungen: (1) die Entstehung der urchristlichen Gemeindebriefe und Evangelien als Ausdruck einer gemeindeleitenden „Kirchenpolitik“;79 (2) der intensive Informationsaustausch zwischen urchristlichen Gemeinden in den Städten des Römischen Reiches80 und (3) die zahlreichen materiellen Beweise für urchristliche Textüberlieferungen und „Buch“-Produktionen.81 Diese Faktoren schufen eine günstige Umgebung, in der der Verfasser der Apk andere neutestamentliche Überlieferungen und Gedanken kennen lernen konnte. Weil er sich als kirchenpolitischer Prophet des kleinasiatischen Urchristentums verstand, interessierte er sich wahrscheinlich auch für den synchronischen Gebrauch von !qm¸om, !lmºr und p²swa und die damit verbundenen theologischen Motive. Ziemlich sicher kannte die Apk paulinische Gemeindebriefe.82 Er wendet sich an kleinasiatische Gemeinden, die an der paulinischen Tradition festhielten.83 Daher hatte er ein Interesse, Vertrautheit mit paulinischen Überlieferungen, Schriften und Gedanken zu zeigen. So stellt Fiorenza fest, dass er 33 Wörter mit Paulus teilt, die sonst nicht im NT zu finden sind; beide haben 157 gemeinsame Lemmata, die jeder zweimal verwandt hat.84 Apk 1,4–5 ist
79 Meist wird die Apk ca. 90–95 n. Chr. datiert. Die meisten NT-Bücher stammen aus der zweiten Hälfte des 1.Jh. n. Chr. (Schnelle, Einleitung in das Neue Testament, UTB 1830, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 62007; Carson, Moo und Morris, An Introduction to the New Testament, Grand Rapids, MI: Zondervan, 1992). 80 M. B. Thompson, „The Holy Internet: Communication Between Churches in the First Christian Generation,“ in: Bauckham (Hg.), The Gospels for all Christians. Rethinking the Gospel Audiences, Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1998, 49–70, zeigt, dass römische Straßen und Schifffahrtswege die Kommunikationswege leichter und sicherer machten als in der Zeit vor der „Pax Romana“. Er sieht in Jerusalem und Ephesus zwei der Kommunikations-„Server“ der Antike und in der zwischenkirchlichen Praxis der Gastfreiheit die „Software,“ die Kommunikation erleichterte. Thompson legt nahe, dass der Autor der Apk andere NT-Dokumente im Prinzip erhalten konnte. 81 Alexander, „Ancient Book Production and the Circulation of the Gospels,“ in: Bauckham (Hg.), The Gospels for all Christians, 71–105. 82 Meist gelten 1 Thess, 1/ 2 Kor, Gal, Röm, Phil und Phm als „echt“ und sind früher als die Apk zu datieren (Schnelle, Einleitung, 63, 77, 99, 120, 138, 162, 175). Wenn die deuteropaulinischen Briefe nach der Apk entstanden, so ist das für uns irrelevant, da sie keine oder nur unbedeutende Auswirkungen auf die !qm¸om-Metapher haben konnten. Ich komme darauf zurück. 83 Schnelle, Einleitung, 592. 84 Fiorenza, „The Quest for the Johannine School: The Apocalypse and the Fourth Gospel,“ NTS
44
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
zudem eine Imitation des paulinischen Gruß-Formulars.85 Offensichtlich wollte der Autor seine Worte den Worten des Paulus in einem nachpaulinischen Kontext angleichen. Ferner muss man fragen: Hatte der Autor der Apk Zugriff auf weitere johanneische Schriften?86 Diese Frage soll Schritt für Schritt beantwortet werden. Erstens brachte die bisherige Forschungsgeschichte einen Konsens über die Existenz eines „Johanneischen Kreises“.87 Gründe dafür sind: (1) theologische Übereinstimmungen, (2) gemeinsame linguistische Elemente, (3) Hinweise in Joh 21,88 (4) ekklesiologische Bezeichnungen, (5) ethische Ermahnungen und (6) die Darstellung Jesu als „Rabbi“ sowohl in den johanneischen Briefen als auch im Johannesevangelium.89 Zweitens spiegelt die Apk möglicherweise die Wanderungsbewegung in der Zeit des ersten Jüdischen Aufstands wider. Dieser Kreis könnte aus dem Osten stammen und wäre dann unter dem Eindruck des römisch-jüdischen Kriegs (66–74 n. Chr.) nach Kleinasien emigriert.90 Drittens wurde die Apk in der Kanonbildung mit den anderen johanneischen Schriften zusammengestellt und demselben Autor zugeschrieben.91 Schon im zweiten Jahrhundert wurden die johanneische Schriften und die Dokumente der Emigranten-Gruppen aus Palästina-Syrien als eine Sammlung ohne Rücksicht auf ihre Unterschiede verstanden.92 Viertens meint die Mehrheit der Neutestamentler, dass das JohEv zwischen 80–110 n. Chr. entstand.93 Terminus a quo ist die in Joh 11,48 vorausgesetzte
85 86 87
88 89 90 91 92 93
23 (1977): 411. Charles, I, xxx, n.2., nannte Yeqousak¶l (1Kor 16,3; Apk 3,12; 21,2.10) als Beispiel. Schnelle, Einleitung, 592. Wie schon gesagt wurde, soll nicht diskutiert werden, ob der Verfasser des JohEv auch der Verfasser der Apk war. Im Allgemeinen wird das für unwahrscheinlich gehalten. Cullmann vertrat die These, dass das JohEv Traditionen eines „Johanneischen Kreises“ widerspiegelt (Cullmann, Der Johanneische Kreis. Sein Platz im Spätjudentum, in der Jüngerschaft Jesu und im Urchristentum; zum Ursprung des Johannesevangeliums, Tübingen: Mohr, 1975). Hengel versuchte, durch Untersuchung der „johanneischen Frage“, die Entstehungssituation des Johannesevangeliums zu klären (Hengel, Die johanneische Frage: ein Lösungsversuch, WUNT 67, Tübingen: Mohr, 1993). Zum Problem insgesamt vgl. Smith, „Johannine Christianity: Some Reflections on its Character and Delineation,“ NTS 21 (1975): 228–38; zur Forschungsgeschichte Culpepper, The Johannine School: an Evaluation of the Johannine School; Hypothesis based on an Investigation of the Nature of Ancent School, SBL.DS 26, Missoula: Scholars, 1975, 1–38. Whale, „The Lamb of John: Some Myths about the Vocabulary of the Johannine Literature.“ JBL 106 (1987): 290–1. Schnelle, Einleitung, 495–7. Theissen, Das Neue Testament, Beck’sche Reihe 2192, München: Beck, 32006, 97. 111; Charles I, xxxviii. xliii. Theissen, Das Neue Testament, 110. Ibid. In einem späteren Abschnitt versuchen wir nachzuweisen, dass 1–3 Joh keine Rolle bei der Bildung der !qm¸om-Metapher gespielt haben. Deshalb ist ihre Datierung ohne Bedeutung.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
45
Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.)94 und eine Anspielung in Joh 7,49 auf einen Fluch über Häretiker, der in das Synagogen-Gebet ca. 80 n. Chr. eingeführt wurde.95 Terminus ad quem ist das älteste NT Manuskript (Papyrus 52 = Joh 18,31–33.37–38), das ca. 125 n. Chr. oder zwei Jahrzehnte später entstanden ist.96 So muss das JohEv früher, aber nicht später als 125 n. Chr. geschrieben worden sein. Da wir keine konkreteren Beweise als Papyrus 52 haben, ist die Datierung ca. 80–110 n. Chr. eine Vermutung aufgrund weiterer theologiegeschichtlicher Überlegungen.97 Fünftens konnten einige linguistische und theologische Affinitäten zwischen der Apk und dem Johannesevangelium gefunden werden.98 Nach der oben dargestellten Diskussion konnten dem Autor der Apk die theologischen Betrachtungen des johanneischen Kreises kaum unbekannt geblieben sein, da beide im nachpaulinischen Kontext arbeiteten, aus demselben geographischen Ursprungsland stammten und in den drei Jahrzehnten (80–110 n. Chr.) wirksam waren.99 Kurz und bündig: Bevor der Verfasser der Apk entschied, !qm¸om als Bezeichnung für Christus zu übernehmen, hatte er wahrscheinlich andere NTSchriften (einige Paulusbriefe und das JohEv) zur Kenntnis genommen und konnte auch deshalb besser mit seinen Adressaten kommunizieren.
2.2.1.5 Zusammenfassung Wir fassen unsere bisherigen Beobachtungen und Ansichten zusammen. Der Autor der Apk war ein bi- oder multilingualer Jude aus Palästina, der die LXX und einige NT-Schriften, besonders paulinische und johanneische Schriften, kannte. Das Motiv für seine Vorliebe für !qm¸om muss aus seinem soziolin94 95 96 97
Schnelle, Einleitung, 540; Theissen, Das Neue Testament, 97. Theissen, Das Neue Testament, 97–8. Carson, John, 24; Schnelle, Einleitung, 540–1; Theissen, Das Neue Testament, 98. Carson, John, 82–6. Carson bringt zwei weitere Argumente: (1) Gedankenwelt und Sprache des JohEv zeigen eine Affinität zu den Oden Salomons (ungefähr gleiche Entstehungszeit) und zu den Briefen des Ignatius von Antiochien (ca. 110–115 n. Chr.); (2) Der gnostische Basilides (ca. 130 n. Chr.) zitiert Joh 1,9, was von Hippolytus (Refutation of Heresies 7.22.4) erwähnt wird (Carson, John, 24). Wenn das beweiskräftig wäre, könnte das JohEv ein bis zwei Jahrzehnte früher datiert werden. Aber bis jetzt hat sich die Fachwelt davon nicht überzeugen lassen (vgl. Schnelle, Einleitung, 540–1). 98 Charles verweist auf Vokabular-Beziehungen (Charles I, xxxii–xxxiv), Schnelle auf Übereinstimmungen zwischen paulinischer und johanneischer Theologie (Schnelle, „Paulus und Johannes.“ EvTh 47 (1987): 225–6). Fiorenza bestätigt viele Berührungspunkte (Fiorenza, „Quest“, 410–27). 99 Ähnlich ist das Urteil von E. S. Fiorenza: „The author of the Apoc is rooted in an early Christian prophetic-apocalyptic school, but he also has access to Johannine as well as Pauline traditions. We have therefore to assume that at the end of the first century in Asia Minor various Christian circles or schools lived side by side within the Christianity, without being necessarily rival Christian groups or separate institutions.“ (Fiorenza, „Quest“: 425–6).
46
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
guistischen Kontext heraus erklärt werden. Weder die Werke Philos noch des Josephus haben auf die Entwicklung der !qm¸om-Metapher in der Apk direkt eingewirkt, aber können im Folgenden zur Überprüfung der Befunde komparatistischer Wortuntersuchungen dienen. Die Diskussion des soziolinguistischen Hintergrunds des Autors dient dazu, die Ergebnisse der komparatistischen Wortuntersuchungen klarer und deutlicher zu sehen.
2.2.2 Das !qm_om und sein Traditionshintergrund Nach vorherrschender Meinung deutet die apokalyptische !qm¸om-Metapher Jesus teils als Opfer (auch Passahopfer), teils als Lamm von Jes 53,7 und hält auch eine Beziehung zum astrologischen Widder-Sternbild für möglich. Auch wenn wir diese Hypothesen zur Lamm-Theologie im Folgenden durch komparatistische Wortuntersuchungen überprüfen, bleibt vieles offen. Eben deshalb möchten wir im nächsten Abschnitt eine Wende hin zu einer soziolinguistischen Deutung der apokalyptischen !qm¸om-Metapher vorbereiten.
2.2.2.1 Komparatistische Wortuntersuchung in der hellenistisch-römischen Welt Wir wählen im Folgenden zunächst quantitative Rückschlussverfahren, um zu zeigen, dass der Autor der Apk seine Metaphern bewusst ausgewählt hat: Die Vorliebe der Apk für ein so seltenes Wort für „Lamm“ wie !qm¸om kann durch Vergleich der Wortfrequenz mit anderen Lemmata im gleichen sprachlichen Sinnbereich demonstriert werden. Tabelle 1 soll einen Blick auf den Befund aus der Vogelperspektive ermöglichen.100 Um ein Gesamtbild zu erhalten, werden zu den Wörtern, die den engeren Gegenstand dieser Untersuchung bilden (die messianischen „Lamm“-Lemmata !qm¸om, !lmºr und p²swa), und zwei weitere Wörter (!q¶m und pqºbatom) aus derselben Familie einbezogen. Mit Hilfe der TLG-Datenbank wurden alle noch vorhandenen griechischen Texte seit dem 8. Jh. v. bis zum 15. Jh. n. Chr. durchsucht. Für jedes Jahrhundert werden die Anzahl der Belege und der Prozentanteil jedes Lemmas in Bezug auf alle Belege für das jeweilige Jahrhundert verzeichnet. Wie Tab. 1 zeigt, begegnen nicht nur !q¶m und pqºbatom, sondern auch !qm¸om von der klassisch-griechischen Periode (ca. 8.–5. Jh. v. Chr.) bzw. seit dem Altgriechischen bis zum Ende der Dialekte in den erhaltenen griechischen Texten. Erst im späteren Zeitraum der klassisch-griechischen Periode bzw. im Attischen (ca. 5.–3. Jh. v. Chr.) erscheinen auch einige Belege für !lmºr 100 Tabelle 1 ist die Präsentation der Resultate meiner Suche auf der TLG-Datenbank, in der alle Volltexte der griechische Literatur von Homer bis 600 n. Chr. und weitere Texte bis 1453 n. Chr. durchsucht werden können.
47
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen Tabelle 1. Komparatistische Untersuchung des Wortfelds „Schaf“ !qm¸om
!lmºr (+!lm²r)
p²swa
!q¶m
pqºbatom
Anz. %
Anz. %
Anz. %
Anz. %
Anz. %
8. Jh. v. Chr.
0
0
0
0
0
0
7. Jh. v. Chr.
0
0
0
0
0
0
6. Jh. v. Chr.
7
6,9
0
0
0
0
13 12,9
81 80,2
5. Jh. v. Chr.
1
0,6
6
3,4
0
0
40 22,7
129 73,3
4. Jh. v. Chr.
6
2,4
11
4,4
0
0
36 14,3
198 78,9
14
2,5
17
3,1
0
0
3. Jh. v. Chr.
2
1,9
8
7,5
0
0
20 18,7
77 71,9
2. Jh. v. Chr.
0
0
4
6,5
1
1,6
19 30,6
38 61,3
1. Jh. v. Chr.
3
1,5
13
7,9
16
7,9
52 25,6
116 57,1
Summe: Koine I
5
1,3
25
7,5
17
4,6
91 24,5
231 62,1
1. Jh. n. Chr.
12
2,8
27
6,3
46 10,7
88 20,6
255 59,6
Apk
29 96,7
0
Summe: Koine II
41
9
2. Jh. n. Chr.
45
3,2
3. Jh. n. Chr.
20 10,5
Jahrhunderte
Summe: Klassisch
27
0 5,9
159 11,2 10
5,2
0
0
28 96,6 0
0
117 21
0
0
1
3,4
0
0
409 73,4
1
3,3
46 10
88 19,2
256 55,9
242 17,0
180 12,7
795 55,9
36 18,8
32 16,8
93 48,7
4. Jh. n. Chr.
185
3,0
918 15,1 1085 17,8
288
4,7 3626 59,4
Summe: Koine III
250
3,2 1087 14,1 1363 17,7
500
6,5 4514 58,5
5. Jh. n. Chr. 6. Jh. n. Chr.
23
2,2
139 13,4
251 24,1
67
6,4
561 53,9
122 19,6
73 11,7
106 16,9
38
6,1
285 45,7
253 42,7
19
3,2
218 36,8
25
6,9
188 51,5
7. Jh. n. Chr.
14
2,4
88 14,9
8. Jh. n. Chr.
18
4,9
36
9,9
98 26,8
9. Jh. n. Chr.
20
2,3
69
7,9
163 18,6
10. Jh. n. Chr.
7
1,4
30
6,1
87 17,5
96 11
527 60,2
26
346 69,8
5,2
48
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
(Fortsetzung) Jahrhunderte
!qm¸om
!lmºr (+!lm²r)
p²swa
!q¶m
pqºbatom
Anz. %
Anz. %
Anz. %
Anz. %
Anz. %
11. Jh. n. Chr.
9
1,3
86 12,3
213 30,6
100 14,4
288 41,4
12. Jh. n. Chr.
46
3,6
164 12,9
235 18,4
333 26,1
497 39,0
13. Jh. n. Chr.
25
4,5
48
8,6
168 30,1
57 10,2
260 46,6
14. Jh. n. Chr.
10
2,7
31
8,5
147 40,1
13
3,6
165 45,1
15. Jh. n. Chr.
6
3,2
10
5,4
42 22,6
13
7,0
115 61,8
Summe: Byzantinisch
300
4,3
774 10,9 1763 24,9
5
1,0
125 24,5
43
8,4
Nicht-LXX
49
4,2
149 12,8
70
Summe: Diverses
54
3,2
274 16,3
113
LXX
Gesamtzahl
664
787 11,1 3450 48,8 37
7,3
300 58,8
6,0
286 24,6
610 52,4
6,8
323 19,3
910 54,4
3,7 2204 12,4 3302 18,5 1908 10,7 9770 54,7
und !qm¸om. Das Lehnwort p²swa ist in der griechischen Sprache noch nicht vorhanden. Kurz gesagt, pqºbatom und !q¶m beherrschen mit 409 und 117 Vorkommen die Szene auf der Majoritätsseite, auf der Minoritätsseite wird !lmºr verhältnismäßig häufiger verwandt als !qm¸om. Dieses Frequenzmuster der Wörter für „Lamm“ entstand am Anfang der griechischen Zivilisation. Die dann folgende Entwicklungsphase der griechischen Sprache war das sogenannte „Koine-Griechisch“ (ca. 3. Jh. v. Chr.–330 n. Chr.). Im ersten Zeitraum (Koine I in Tab. 1) leistet p²swa mit 17 Vorkommen einen Beitrag zum „Schaf“-Bereich. Wie im vorherigen Zeitraum sind !q¶m und pqºbatom noch die Hauptvertreter im Sinnbereich „Lamm“, während !qm¸om, !lmºr und p²swa in der Frequenz zurückbleiben, wobei !qm¸om 5x vorkommt, dagegen !lmºr und p²swa jeweils 25x bzw. 17x. Mit anderen Worten, das allgemeine Frequenzmuster im Sinnbereich „Lamm“ bleibt konstant. Der zweite Zeitabschnitt (Koine II in der Tab. 1) zeigt, welches Frequenzmuster die Apk in ihrem Jahrhundert vorfand. Durch Berücksichtigung des Frequenzmusters vermeiden wir eine Überbewertung der absoluten Zahlen des Vorkommens von !qm¸om in der Apk. Die Tabelle zeigt, dass der Autor der Apk mit demselben synchronen Häufigkeitsmustern wie in der Phase vor ihm in Berührung kommen konnte (!qm¸om 12x, !lmºr 27x, und p²swa 46x). Was bewegte ihn dazu, das am wenigsten benutzte Lemma für den Sinnbereich
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
49
„Lamm“ auszuwählen? Die durch die Synonymität verschiedener „Lamm“Lemmata verursachte Überbetonung von !qm¸om vernachlässigt den statistischen Untersuchungsbefund und verdunkelt die möglichen theologischen Implikationen der apokalyptischen !qm¸om-Metapher. Erst wenn das vorherrschende Frequenzmuster richtig bewertet wird, wird das Rätsel der in der Apk beschriebenen !qm¸om-Metapher sichtbar. Interessanterweise hält sich im dritten Zeitabschnitt des Koine-Griechischen (2.– 4. Jh. n. Chr., Koine III in Tab. 1) das Häufigkeitsmuster durch, freilich mit vermehrtem !qm¸om, !lmºr und p²swa (!qm¸om 250x, !lmºr 1.087, und p²swa 1.363), worin sich ihre theologische Aufwertung in jüdischen oder christlichen Kreisen zeigt. In der ganzen hellenistischen Epoche steht das Koine-Griechisch im Allgemeinen und die hellenistisch-jüdische Kultur im Besonderen in engem und ständigem Kontakt. Es zeigt sich eine quantitative Erhöhung der Wortfrequenzen bei gleich bleibendem Frequenzmuster. Dieser Prozess der kulturellen Konvergenz ist auch für die theologische Bedeutung der drei Hauptbegriffe unserer Untersuchung wichtig. Weiter unten werden wir jeden von ihnen für sich noch einmal in seiner Besonderheit darstellen. Im Mittelgriechischen (im sog. byzantinischen Griechisch, ca. 330 n. Chr.–1453 n. Chr.) wird das bereits existierende Frequenzmuster nicht verändert, obwohl die Anzahl jedes Lemmas im Sinnbereich „Lamm“ aufgrund des allmählichen Anstiegs des Lateinischen abnahm, das damals eine konkurrierende Verkehrssprache (eine lingua franca) war. Ein Befund in dieser Periode ist beachtenswert: Die Anzahl des !qm¸om-Ausdrucks steigt im 6. Jh. n. Chr. plötzlich an. Das ist nicht schwer zu erklären, da 60 und 42 Fälle auf den Kommentar des Oecumenius101 bzw. des Andreas zur Apk zurückgehen. Im Großen und Ganzen bestätigt der Untersuchungsbefund (in Tabelle 1) meine vorherige These, dass der Autor eine Vorliebe für das relativ seltene Wort !qm¸om hatte. Was ergeben qualitative Rückschlussverfahren zu unserem Problem? In Tab. 1 haben wir aus einer Vogelperspektive heraus Bedeutung und Gebrauch von !qm¸om, !lmºr und p²swa in der graeco-römischen Literatur sichtbar gemacht. Tab. 2 richtet das Augenmerk auf das Vorkommen dieser drei Begriffe bei griechisch-römischen Verfassern. Weil nur die theologischen Implikationen der biblisch-messianischen „Lamm“-Lemmata – !qm¸om, !lmºr und p²swa – interessieren,102 werden !q¶m und pqºbatom in Tab. 2 nicht mehr präsentiert. Wegen Unklarheit der Datierung der Texte in der TLG-Kategorie „Diverses“ wurden diese Texte nicht berücksichtigt, zumal in dieser TLG-Kategorie nichts darauf hinweist, was das für diese Untersuchung relevante Frequenzmuster in Frage stellt. 101 Oecumenius ändert Apk 13,8 von 1m t` bibk¸\ t/r fy/r toO !qm¸ou toO 1svacl´mou in 1m t` bibk¸\ t/r fy/r toO oqqamoO toO 1svacisl´mou (vgl. Hoskier, Oecumenius, 152, 153). 102 Auch Tabelle 2 ist die Präsentation von Resultaten meiner Suche auf der TLG-Datenbank.
50
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
In Tab. 2 gibt es kein Vorkommen von p²swa in einem klassisch-griechischen Text. Jenseits der klassisch-griechischen Periode (bzw. des Attischen) werden !lmºr und !qm¸om in jeweils verschiedenen Gattungen verwendet. In griechischen Texten verband sich !lmºr oft mit Opferzeremonien für Götter, !qm¸om erscheint dagegen selten in diesem religiösen Kontext. Beispiele für !lmºr gibt es zuhauf. Sophokles (496–406 v. Chr.), selbst ein Priester,103 erwähnt !lmo¼r als Opfer in einem Kontext, der an Opfer für die Götter denken lässt.104 Aristophanes (ca. 450–385 v. Chr.) fügt in einer Szene in seinen Aves (414 v. Chr.) einen Chor hinzu, damit ein demokratischer Politiker, Pisander, gelobt werden kann, der ein !lmºm als Opfer gebracht hat.105 Der Bukoliker Theokrit106 beschreibt einen Wettgesang zwischen zwei Hirten, in dem der Hirte Lacon ein !lmºm gewann, das für die Nymphen geopfert wird. Nur im Werk des Lysias können wir ein Beispiel dafür finden, dass auch !qm¸om (im Sinn von „Lamm“) ein Opfer ist.107 Kurz und gut, !lmºr kam einer Opfertheologie oder -philosophie sehr viel näher als !qm¸om, weil sich !lmºr häufiger in Opferzeremonien findet. Neben seinem Verwendungszweck als Opfergabe begegnet „Lamm“ in den in Tab. 2 (s. u.) genannten Belegen als Bild für Sanftmut. Kürzlich hob Loren L. Johns in seiner Monographie hervor, dass !qm¸om ein Symbol der Verwundbarkeit war.108 Jedoch kann man in Bezug auf die frühen klassisch-griechischen Texte feststellen, dass !qm¸om diesen symbolischen Sinn nicht monopolisiert hat. Auch der Sprachgebrauch von !lmºr wurde schon früh um die Bedeutung von Sanftmut erweitert. Als Aristophanes in seiner Komödie Pax (421 v. Chr.) diskutierte, was die günstigste Opfergabe sei, wurde ein „Lamm“ (pqºbatom) ausgewählt, um die Menschen daran zu erinnern, dass sie wie Lämmer (!lmo¸) in sanfter und milder Weise miteinander umgehen sollen, damit sie nicht so leicht Krieg gegeneinander führen.109 Aus allen diesen Belegen kann man schließen, dass !lmºr eine weit bessere Wahl des Autors der Apk gewesen wäre als !qm¸om, wenn er ein Opferlamm hätte zeichnen und dessen Verletzbarkeit hätte betonen wollen. Die Wahl von !qm¸om bringt zum Ausdruck, dass er die herkömmliche Opferideologie herunterspielt.
103 WWWGW s.v. „Sophocles“; IEAK I s.v. „Sophocles,“). 104 Dieses Beispiel wird nicht in den sieben überlieferten Dramen des Sophokles gefunden, sondern in Soph. Fr. 751 (Siehe: Soph III LCL, 349). 105 Siehe: Aristoph. Av. 1553–63. 106 Siehe: Theokr. Idyll. 5,24.144.149 (vgl. 8,14.15). Der in Kapitel 5 erwähnte Theokritos kennt auch aWca (Geiß oder Zicke) als ein Opfer für die Nymphen (5,11) und jqiºm (Rammbock oder Widder) als Opfergabe im Fest des Apollo (5,83). 107 Siehe: Lys. Di. 21–2. 108 Johns, The Lamb Christology, 38–9. 109 Siehe: Aristoph. Pax 935 in im unmittelbaren Kontext von Aristoph. Pax 914–68.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
51
Tabelle 2. Komparatistische Wortuntersuchung des Sinnbereichs Ovis /„Schaf“ in der griechisch-römischen Literatur bis zum Ende des ersten Jahrhunderts Jahrhunderte Verfasser oder Werke 6. Jh. v. Chr.
5. Jh. v. Chr.
!qm¸om !lmºr p²swa (+!lm²r)
Aesopus / Äsop (der Dichter)[i]
7
0
0
Lysias (der Redner)[ii]
1
0
0
Sophokles (der Tragiker)[iii]
0
1
0
Achaeus (der Tragiker)[iv]
0
1
0
0
2
0
Autocrates (der Komödiant)
0
2
0
Philippides (der Komödiant)[vii]
2
0
0
Ephippus (der Komödiant)[viii]
2
0
0
Eubulos (der Komödiant)[ix]
2
0
0
Aristoteles (der Philosoph)[x]
0
2
0
Matrone (der Parodist)[xi]
0
2
0
Theokritos (der Bukoliker)[xii]
0
6
0
Aratos (der Astronom)[xiii]
0
1
0
14
16
0
Manetho (der Geschichtsschreiber)
2
0
0
Ister (der Geschichtsschreiber)[xv]
0
3
0
Aristophanes (der Grammatiker)[xvi]
0
3
0
Nikandros (der Dichter)[xvii]
0
2
0
–
0
0
0
Dionysios von Halikarnassos[xviii]
1
0
0
Philodemos (der Philosoph)[xix]
1
0
0
4
8
0
Aristophanes (der Komödiant)[v] [vi]
4. Jh. v. Chr.
Summe: klassisches Griechisch [xiv]
3. Jh. v. Chr.
2. Jh. v. Chr. 1. Jh. v. Chr.
Summe: Koine-Griechisch I
52
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
(Fortsetzung) Jahrhunderte Verfasser oder Werke
!qm¸om !lmºr p²swa (+!lm²r)
Kyraniden[xx]
3
0
0
Harpocration (der Grammatiker)
0
1
0
Plutarchos[xxii]
1
1
0
griechisch-römische Literatur
4
2
0
Clemens Romanus[xxiii]
3
9
2
Ignatius von Antiochien[xxiv]
1
2
1
Barnabasbrief[xxv]
0
1
0
christliche Literatur
4
12
3
8
14
3
18
38
3
[xxi]
1. Jh. n. Chr.
Summe: Koine-Griechisch II Gesamtzahl
Quelle von Tab. 2 [i] Aesop. Fab. 19; 41 (2x); 168 (2x); 228 (2x); [ii] Lys. Di. 21; [iii] Soph. Fr. 751; [iv] Achä. Fr. 14; [v] Aristoph. Pax. 939; Av. 1559; [vi] Autoc. Fr. 3;110 [vii] Philipp. Fr. 29;111 [viii] Ephipp. Fr. 3;112 [ix] Eubul. Fr. 150;113 [x] Aristot. Fr. Var. Hist. 44,507 (2x); [xi] Matr. Con. Att. 100; Fr. 534; [xii] Theokr. Idyll. 5 (3x); 8 (3x); [xiii] Arat. Phaen. 1; [xiv] Mane. Fr. 64; 65; [xv] Ist. Fr. 53 (3x); [xvi] Aristoph. Gramm. Fr. 4; Nom. Aet. S.276; Animal. 2,225; [xvii] Nik. Alex. 133; 151; [xviii] Dion. Hal. Lys. 27; [xix] Philodem. Philos. peq¸ poigl²tym Fr. 212; [xx] Kyran. 2,33 (3x); [xxi] Harp. Lexicon S.166; [xxii] !qm¸om: Plut. Prov. Alex. Fr. 21; !lmºr: Plut. Rom. et Gr. (St.) S.294; [xxiii] !qm¸om: Klem. v. Rom. 2Klem. 5,2.3.4; !lmºr: Klem. v. Rom. 1Klem. 16,7; Pseud-Klem. Sym. 169 (4x); Pet. 181 (3x); Virgin. 2,11,1; p²swa: Pseud-Klem. Sym. 163; Pet. 174; [xxiv] !qm¸om: Ign. Ant. 3,3; !lmºr: Ign. Ant. 3,3; Philip. 8,3; p²swa: Ign. Philip. 14,2; [xxv] Barn. 5,2.
Innerhalb der Periode des Koine-Griechischen ist (ausweislich Tab. 2) das einmalige Vorkommen des Wortes !qm¸om im Werk des Dionysios von Halikarnassos eine Wiederholung des Textes von Lysias, den wir im vorherigen Paragraph besprochen haben.114 Dafür sind zwei !qm¸om-Referenzen von
110 111 112 113 114
Siehe Kock, CAF I, Autoc. Fr. 3 = Meineke, FCG II, Autoc. Fr. 1. Siehe Kock, CAF III, Philipp. Fr. 29 = Meineke, FCG III, Philipp. Fr. 7. Siehe Kock, CAF II, Ephipp. Fr. 3 = Meineke, FCG III, Ephipp. Fr. 2. Siehe Kock, CAF II, Eubul. Fr. 150 = Meineke, FCG III, Eubul. Fr. 15. Siehe: Dion. Hal. Lys. 27.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
53
Manetho wichtig,115 weil sie bezeugen, dass der !qm¸om-Sprachgebrauch zur Darstellung einer prophetischen Figur im apokalyptischen Genre wurde.116 Der fragmentarische Text von Manetho macht klar, dass wir die Originalität der !qm¸om-Metapher im apokalyptischen Genre nicht ohne weiteres Juden zuschreiben können. Das mahnt zur Vorsicht bei der Bestimmung dessen, wie die !qm¸om-Metapher in der Apk gestaltet wurde. Bezüglich der hellenistischen Gedankenwelt könnte unsere Untersuchung hier noch ausgeweitet und vertieft werden. Bei den TLG-Resultaten werden Belege für !qm¸om, !lmºr und p²swa in den Werken der griechischsprachigen frühen Apostolischen Väter in Tabelle 2 aufgezählt. Hier sind mehrere Punkte bemerkenswert. Zunächst haben wir keinen Beweis für eine direkte Beziehung zwischen den frühen Apostolischen Vätern und der Apk, alle Belege in ihren Werken können ein von ihnen geteiltes kollektives Verständnis der „Lamm“-Metaphorik in urchristlichen Kreisen widerspiegeln. Zweitens entstand der 1.Klemensbrief ungefähr in derselben Zeit wie die Apk und weist auf Jes 53,7 hin, wo !lmºr in seinem Sinngehalt erweitert wurde, um bildlich und messianisch verwandt zu werden;117 der Barnabasbrief wird dagegen etwas später angesetzt. Drittens sollten alle TLG-Beispiele von Ignatius von Antiochien aus der Betrachtung ausgeschlossen werden. Unter diesen Werken sind der Brief an die Antiochener und der Brief an die Philipper unechte Briefe, die im vierten Jahrhundert in der „langen“ Rezension zu den echten Briefen hinzugefügt worden sind.118 Viertens gibt es drei !qm¸om-Vorkommen im 2.Klemensbrief,119 der ins zweite Jahrhundert datiert werden kann.120 Dort meint !qm¸om die Christen. Gleichzeitig bedeutet !qm¸om Verwundbarkeit. Fünftens ist es unnötig, alle drei pas´ wa-Fälle in Betracht zu ziehen, die im Brief des Ignatius von Antiochien an die Philipper und den Pseudo-Clementinen erscheinen. Sechstens: Selbst wenn statistische Untersuchungsbefunde bei den frühen 115 Siehe: Mane. Fr. 64 u. Fr. 65. Vgl. Aune I, 370. 116 Johns, The Lamb Christology, 47–52, stellt zwei ähnliche Zitate zur Diskussion: Ein in Ael. Nat. An. 12,3; ein anderes in einem anonymen und fragmentierten Lamm-Papyrus (Vienna P. Dem. D. 10.000.) (7 n. Chr.). Krall, „Vom König Bokchoris: Nach einem demotischen Papyrus der Sammlung Erzherzog Rainer,“ in: Festgaben zu Ehren Max Büdinger’s von seinen Freunden und Schülern, Innsbruck: Wagner, 1898, 5: Das „sprechende“ Lamm hatte „acht Füße, zwei Köpfe und vier Hörner“; vgl. McCown, „Hebrew and Egytian Apocalyptic Literature,“ HTR 4 (1925): 357–411. Johns, The Lamb Christology, 75, kam zu folgendem Schluss: „[The Lamb to Bocchoris papyrus] should not be over-interpreted as a candidate either as a source for the Lamb Christology of the Apocalypse or as a contributor to the cultural Gestalt of the lamb figure generally.“ Wahrscheinlich ist der Verfasser der Apk von keinem ägyptischen LammPapyrus direkt beeinflusst. Es ist schwer zu sagen, wie sehr er durch andere hellenistische Kulturen beeinflusst war. 117 Siehe: Klem. v. Rom. 1Klem. 16,7 u. Barn 5,2. 118 ANFa I, 462. 478 u. 482; Holmes, The Apostolic Fathers, 131; Schoedel, Ignatius of Antioch, 3–4. 119 Klem. v. Rom. 2Klem. 5,2.3.4. 120 Siehe: AF I LCL, 159. Aber diese „Predigt“ wird häufig ins 4. Jh. datiert.
54
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
apostolischen Vätern nicht zur griechisch-römischen Literatur addiert würden, würde sich das auf das Frequenzmuster von !qm¸om, !lmºr und p²swa nicht auswirken. Last but not least gibt es kein Zeugnis in der griechisch-römischen Literatur dafür, dass !qm¸om vor der Entstehung der Apk in einem Kampfkontext erscheint. Freilich hing seit der späteren klassisch-griechischen Periode sein Pendant !q¶m (mit !qm¸om als seinem Diminutiv) mit dem griechischen Namen des Kriegsgottes „Ares“ zusammen.121 Daher ist es nicht ohne Anknüpfung an Traditionen, dass !qm¸om in einen Kampfkontext hineingestellt wurde, auch wenn das manchmal bestritten wird. Trotzdem hat der Verfasser der Apk Christus weder als !q¶m noch als %qgr (Sternbild) bezeichnet. Wenn er Christus mit einem heidnischen Gott assoziiert hätte, wäre er nach jüdischen Maßstäben blasphemisch. Nach diesen Einzelanalysen komme ich zu folgender Gesamtschau: Das in der griechisch-römischen Welt gebildete Häufigkeitsmuster von !qm¸om, !lmºr und p²swa kann durchgehend nachgewiesen werden. Der Autor der Apk war sich vermutlich der verhältnismäßig geringen Rolle von !qm¸om im griechischen Sprachraum bewusst. Wegen seines mehrsprachigen Hintergrunds konnte er die ungewöhnliche Wahl des Wortes !qm¸om bewusst und absichtlich treffen. Darüber hinaus hatten die griechisch-römischen Verfasser die Bedeutung des !qm¸om einerseits zu einem symbolischen Bild für Verwundbarkeit, andererseits zum metaphorischen Sinn einer in der apokalyptischen Literatur vorkommenden prophetischen Gestalt entwickelt. Diese Weiterentwicklung des Bedeutungsfelds von !qm¸om ermöglicht einen Einblick in die Bildung der apokalyptischen Lammchristologie. Vielleicht wurde die Emergenz des apokalyptischen Krieger-Lammes durch den Götternamen Ares stimuliert, der etymologisch auf !q¶m zurückgeführt werden konnte. Das ist eine sehr suggestive, aber im Wesentlichen nicht weiterführende Idee. Auf der anderen Seite wurde nicht !qm¸om mit Opferzeremonien verbunden, sondern !lmºr. Infolgedessen wäre es sinnvoller gewesen, wenn die Apk !lmºr ausgewählt hätte, um ein Opferlamm oder das Lamm von Jes 53,7 darzustellen, wie der 1.Klemensbrief und der Barnabasbrief zeigen. Jedoch entschied sie sich für !qm¸om. Man kommt so zu dem Ergebnis, dass die !qm¸om-Metapher der Apk Jesus weder als Opfer (geschweige denn als Passahopfer) noch als Lamm von Jes 53,7 verstand. Zur Bestätigung meiner ersten Nebenthese müssen weitere Untersuchungen zur hellenistisch-jüdischen kulturlinguistischen Umwelt in den folgenden Abschnitten durchgeführt werden. Bisher gab es viele Vertreter der Ansicht, dass die !qm¸om-Metapher im Rahmen der Jesajaüberlieferung oder innerhalb einer Opfergaben-Perspektive verstanden werden muss. Wer diese Ansicht nicht teilte, hatte die Beweislast dafür zu tragen. Die bisherigen Untersuchungen zu Sprachgebrauch und Wortfrequenz lasten dagegen 121 Johns, The Lamb Christology, 55–6.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
55
denen die Beweislast auf, die !qm¸om für ein Synonym von !lmºr und p²swa halten.
2.2.2.2 Komparatistische Wortuntersuchungen in der Septuaginta Wieder beginnen wir mit einem quantitativen Rückschlussverfahren, um eine zweifache These zu belegen. Der Autor der Apk spielt einerseits jeden Zusammenhang seiner !qm¸om-Metapher mit (Passah-)Opferlamm der LXX oder Jes 53,7 (LXX) herunter, andererseits machte er Gebrauch vom Motiv der Verwundbarkeit des !qm¸om in der LXX. In Tab. 3 werden alle Zahlen für das Vorkommen von !qm¸om, !lmºr und p²swa in jedem Buch der LXX aufgezählt.122 Die Bücher werden gemäß ihrer Sequenz und ihrer Gruppierung in der LXX vertikal angeordnet.123 LXX-Bücher ohne Belege sind nicht verzeichnet. Die Tabelle zeigt, dass das Frequenzmuster der Septuaginta zum generellen Trend, der im vorherigen Abschnitt herausgearbeitet wurde, passt. Das heißt: !qm¸om (6x) ist weit weniger gebräuchlich als !lmºr (125x) und p²swa (43x). Wenn man Tab. 3 mit Tab. 1 vergleicht, ist das Vorkommen von !lmºr und sogar das von p²swa größer als das von !q¶m (37x). Offensichtlich wurden !lmºr und p²swa von Septuaginta-Übersetzern bevorzugt. Der Vergleich zeigt ferner, dass p²swa in einer für die hellenistisch-jüdische Umwelt verständlichen Weise verwendet wird. So können wir getrost behaupten: Mit der Bezeichnung Christi als „Lamm“ (!qm¸om) gab die Apk zwei relativ verbreitete, in der LXX vorhandene Optionen auf und wählte das am wenigsten verbreitete Wort !qm¸om. Durch diese Wortwahl leitet er das Verständnis seiner Leser, damit sie die Lammmetapher in einer neuen Perspektive statt in der herkömmlichen Bedeutung verstehen.
122 Auch Tabelle 3 ist die Präsentation der Resultate meiner Suche in der TLG-Datenbank. 123 Vgl. die vereinfachte Darstellung nach: Jacques, List of Septuagint Words, 13. 21. 154.
56
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Tabelle 3. Komparatistische Wortuntersuchung des „Schaf“-Bereiches in LXX LXX-Bücher
!qm¸om
!lmºr (+!lm²r)
Genesis[i]
0
4 (+4)
0
Exodus[ii]
0
5
6
Leviticus[iii]
0
12 (+1)
1
Numeri[iv]
0
55 (+14)
10
Deuteronomium[v]
0
1
(Tora) Geschichtsbücher
0
77 (+19)
Josua[vi]
0
(+1)
1
2 Könige[vii] (= MT 2Sam)
0
(+3)
0
4 Könige[viii] (= MT 2Kön)
0
0
3
2. Chronik[ix]
0
5
0
1 Esra[x] (= Vulgata 3 Esra)
0
0
14
2 Esra[xi] (=MT Esra +MT Neh)
0
4
3
Geschichtsbücher / Historiae
0
9 (+4)
Psalmen[xii]
p²swa
4 21
21
2
0
0
[xiii]
Oden
0
1
0
Hiob[xiv ]
0
1 (+1)
0
Weisheit Salomos[xv]
0
1
0
Sirach[xvi]
0
1
0
Psalmen Salomos[xvii]
1
0
0
Lehrbücher / Libri Poetici
3
4 (+1)
0
12 Propheten[xviii]
0
2
0
Jesaja[xix]
[1]124
1
0
Jeremia[xx]
2
0
0
124 Es gibt 1x (Jes 40,11Aq) das Wort !qm¸om, das nicht in der TLG-Datenbank angezeigt wird. Jes 40,11Aq kürzt die Aquila-Rez. von LXX Jes 40,11 ab. Siehe: „!qm¸om“ in CSGOT, 159.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
57
(Fortsetzung) LXX-Bücher
!qm¸om
!lmºr (+!lm²r)
Hesekiel[xxi]
0
8
1
Propheten / Libri Prophetici
2
11
1
Gesamtzahl
[6]125
101 (+24)
p²swa
43
Quelle von Tab. 3 [i] Gen 21,28.29.30; 30,40 (2x); 31,7.41; 33,19 [ii] !lmºr: Ex 29,38.39 (2x). 40.41; p²swa: Ex 12,11.21.27.43.48; [iii] !lmºr: Lev 5,6; 9,3; 12,6.8; 14,10.12.13.21.24.25; 23,18.19.20; p²swa: 23,5; [iv] !lmºr: Num 6,12.14 (2x).15.17.21.23.27.29.33.35.39.41.45.47. 51.53.57.59.63.65.69.71.75.77.81.83.87.88; 15,5.11; 28,3.4(2x).8.9.11.13.14.19.21(2x).27.29(2x); 29,2.4(2x).8.10(2x).13.15 (2x).17.18.20.21.23.24.26.27.29.30.32.33.36.37; p²swa: 9,2.4.6.10.12. 13.14(2x).16; 28,16; 33,3; [v] !lmºr: Dtn 14,4; p²swa: Dtn 16,1.2.5.6; [vi] !lmºr: Jos 24,32; p²swa: Jos 5,10; [vii] 2Kön 12,3.4.6; [viii] 4Kön 23,21.22.23; [ix] 2Chr 29,21.22.32; 35,7.8; [x] 1Esra 1,1(2x).6(2x).8.9.13.16.17.18.19.20; 7,10.12; [xi] !lmºr: 2Esra 6,9.17; 7,17; 8,35; p²swa: 6,19.20.21; [xii] Ps 113,4.6 [=MT 114,4.6]; [xiii] Oden 14,17; [xiv] Hiob 31,20; 42,11; [xv] Weish 19,9; [xvi] Sir 13,17; [xvii] PsSal 8,23; [xviii] Hos 4,16; Sach 10,3; [xix] !qm¸om: Jes 40,11Aq; !lmºr: Jes 53,7; [xx] Jer 11,19 [=MT 50,45]; 27,45;[xxi] Hes 27,21; 46,4.5.6.7.11.13.15.
Um die traditionelle Sicht der Dinge weiter zu problematisieren, müssen wir über die Frage des Frequenzmusters hinaus weitere Aspekte einbeziehen: das soziolinguistische Wortfeld von !qm¸om und seine Beziehung zu anderen Lemmata in diesem Wortfeld. Es gibt mindestens siebzehn hebräische Wörter, die verschiedene Arten, Altersstufen und Geschlechter der Schafe, des Widders oder des Lammes anzeigen:126 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10)
xs;P, (Passah oder Passahlamm); hf, (Lamm oder Schaf);127 fb,K, (Lamm oder Schaf); bf,K, (Lamm oder Schaf); hB'f.Ki (Schaf oder engl.: „lamb“); hf'b.Ki (Lamm, Schaf, Schäflein oder engl.: „ewe lamb“); Lxer" (Schaf oder engl.: „ewe“); hl,j' (Milchlamm oder Schaf); rK; (Lamm); !ac (Herde oder Schafe);128
125 Nur 5x findet sich !qm¸om in der TLG-Datenbank. 126 TDOT VII, 43–52. Vgl. auch ThWAT. 127 „[It] can refer to any single animal out of the flock, whether that flock is made up of goats or sheep,“ Johns, The Lamb Christology, 29. 128 „[It can] refer to a board spectrum of small, four-footed cattle, including sheep, lambs, and goats,“ Johns, The Lamb Christology, 29.
58
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
11) 12) 13) 14) 15) 16) 17)
hn, c (Schafe); lyIa; (Widder); rk;D. (Widder); dWT[; ([Ziegen]bock oder engl.: „he-goat / ram“); ydIG. (Ziegenbock oder engl.: „goat / kid“); ayrIm. (Mastvieh); hj'fiq. (Goldstück, d. h. eine Einheit unbekannten Werts entspricht vielleicht einem „Lamm“ in einer Tauschwirtschaft).129
In der hebräischen Bibel werden die Lemmata dieses Wortfelds insgesamt mehr als 700x erwähnt.130 Dennoch werden nur sieben griechische Wörter für ihre Übersetzung verwendet. Zu ihnen gehören: 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)
!qm¸om;131 !lmºr (+!lm²r); p²swa; !qmºr (nicht-vorhandene lexikalische Form: !q¶m); pqºbatom; jqiºr; bekºstasir.132
Tab. 4 zeigt diese griechischen Wörter mit ihren hebräischen Entsprechungen. Tab. 4 illustriert: Gewöhnlich wird mehr als ein griechisches Lemma im „Lamm“-Bereich verwendet, um ein p einzelnes hebräisches Wort zu übersetzen. Es wird mit einem Zeichen „ “ in der folgenden Tabelle markiert. Tabelle 4. „Schaf“-Bereich in LXX mit seinen hebräischen Entsprechungen Schafe / Widder / Lämmer xs;P,
!qm¸om !lmºr p²swa !qmºr pqºbatom jqiºr bekºstasir (+!lm²r) p
hf, fb,K, bf,K,
p
p
p
p
p
p
p
p
p
p
p
129 Die deutsche Übersetzung der hebräischen Wörter stammt aus der Lutherbibel (1985). Die englischen Bedeutungen stammen aus der BDB. 130 Pinney, The Animals in the Bible: The Identity and Natural History of All the Animals Mentioned in the Bible, Philadelphia: Clinton Books, 1964, 108. 131 Das „!qm¸om“ ist die Übersetzung von fb,K in JerLXX 11,19; von !aCh; yrey[ic. (t± !qm¸a t_m pqob²tym) in 27,45 [MT 50,45]; von !aoc-ynEb.Ki (¢r !qm¸a pqob²tym) in PsLXX 113,4.6 [MT 114,4.6]; von hl,j' in Jes 40,11Aq. 132 Siehe: !lmºr, !qm¸om, !qmºr, bekºstasir, jqiºr, p²swa u. pqºbatom in CSGOT I 66. 159. 217; CSGOT II, 788–9. 1103. 1204–5. Vgl. !lmºr, !qm¸om, !qmºr, jqiºr und pqºbatom in: GELS, 11. 29. 140. 202. Dort gibt es aber kein Register für bekºstasir und p²swa.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
59
(Fortsetzung) Schafe / Widder / Lämmer hB'f.Ki
!qm¸om !lmºr p²swa !qmºr pqºbatom jqiºr bekºstasir (+!lm²r) p
hf'b.Ki Lxer" hl,j'
p
p
p
p
p p
rK; !ac
p
p
p
p
p
p p
p
p
p
p
ydIG.
p
ayrIm. hj'fiq.
p
p
rk;D. dWT[;
p
p
hn, c lyIa;
p
p
Eine ausführliche Überprüfung aller Beispiele lässt einen entscheidenden Faktor für das Übersetzungs-Prinzip der LXX-Bücher erkennen: Es gibt keine mechanische Eins-zu-eins-Äquivalenz (d. h. es muss nicht ein bestimmtes hebräisches Wort immer durch ein einziges griechisches Lemma übersetzt werden), sondern der jeweilige Kontext entscheidet über die Wortwahl. Ein Beispiel möge zur Illustration genügen: Wenn fb,K, (Lamm oder Schaf) in einer alltäglichen Lage als ein Lebewesen verwendet wurde,133 begegnet in der LXX entweder !lmºr (Hiob 31,20) oder pqºbatom (NumLXX 15,11; Spr 27,26); in einem figürlichen Kontext134 wird !lmºr (HosLXX 4,16; Sir 13,17),135 !qmºr (JesLXX 5,17. 11,6)136 oder !qm¸om (JerLXX 11,19)137 gewählt; in einer religiösen 133 Siehe Johns, The Lamb Christology, 212, in dem der Autor eine Tabelle „General Uses of ,Lamb‘ (Nonsacrificial, Nonsymbolic)“ bringt. 134 Siehe Johns, The Lamb Christology, 214, wo sich eine Tabelle „,Lamb‘ as Symbol in the Hebrew Bible and Septuagint“ findet. 135 In Hos 4,16 bedeute „Lamm“ das Volk Gottes, in Sir 13,17 fromme Leute im Unterschied zum „Wolf“ als Sünder. 136 In Jes 5,17 beleuchtet das Bild des „Lammes“ soziale Ungerechtigkeit; in Jes 11,6 bedeutet die Verbindung von Lamm und Wolf ein Zusammenleben in einem utopischen Frieden.
60
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Situation138 sind !qmºr (ExLXX 12,5; 1ChrLXX 29,21; JesLXX 1,11)139 und pqºbatom (LevLXX 4,32; 23,12)140 zwar mögliche Optionen, am meisten aber wird als Übersetzung !lmºr gewählt (77x in der Tora; 8x in Hesekiel; 5x in 2.Chronik; und 4x in 2Esra). Kurz, man kann sagen, dass !lmºr zur Darbringung von Opfern zumal in der Tora und im Propheten Hesekiel gehört. Nun sind Tora und der Prophet Hesekiel zwei bedeutende Quellen für den Autor der Apk,141 aus denen er die Bedeutung von „!lmºr“ hätte lernen können. Wir können daher nicht davon ausgehen, dass er die Konnotation von !lmºr in der LXX nicht kannte. Er traf eine nahe liegende Wortwahl nicht. Offensichtlich wollte er eine mit !lmºr verbundene Bedeutung vermeiden. Auch unabhängig von der Übersetzung von fb,K, tendierten die LXXÜbersetzer dazu, sich für das griechische Wort !lmºr zu entscheiden, wo immer es im Kontext einer religiösen Situation (wie der Opferdarbringung) begegnet. 82x begegnet es als das zum Opfer bestimmte Lamm.142 Außerdem ist p²swa ein Lehnwort von xs;P,, das mit dem Passah (35x als Fest und 8 als Passahlamm) eng verwandt ist.143 Ganz im Gegenteil dazu erscheint !qm¸om nur 6x in der LXX, in JerLXX 11,19; 27,45 [JerMT 50,45]; PsLXX 113,4.6 [PsMT 114,4. 6]; PsSal 8,23;144 Jes 40,11Aq. Niemals handelt es sich dabei um eine religiöse Situation. Deshalb ist die !qm¸om-Metapher in der Apk weder ein Opferlamm noch ein Passahlamm. Ebenso bezieht sich die !qm¸om-Metapher wahrscheinlich nicht auf JesLXX 53,7, weil in diesem Vers pqºbatom und !lmºr statt !qm¸om verwendet werden. Soll man aufgrund des Befundes in der LXX !qm¸om in der Apk besser mit „Widder“ denn mit „Lamm“ übersetzen? Obwohl „Lamm“ und „Widder“ zum selben Wortfeld gehören,145 gilt für die LXX, dass nur jqiºr oder bekºstasir 137 In Bezug auf Jer 11,19 bedeutet „Lamm“ ein Symbol der Verwundbarkeit. 138 Siehe Johns, The Lamb Christology, 213. 215; zwei Tabellen sind relevant, von denen die eine als „The Sacrificial Lamb in the Hebrew Bible and Septuagint“ und die andere als „The Passover Lamb in the Hebrew Bible and Septuagint“ bezeichnet wurde. Dennoch sind die Tabellen von Johns unvollständig, weil es keine hebräischen „Lämmer“ wie hn, oc, lyIa; , rk;D., dWT[;, ydIG. , ayrIm. und hj'yfiq gibt und jqiºr und bekºstasir ausgelassen wurden. 139 Ex 12,5 steht im Kontext eines Passahs, ist aber kein Passahlamm; „Lamm“ in 1Chr 29,21 ist ein Opferlamm wie in Jes 1,11. 140 In Lev 4,32 ist „Lamm“ ein „Sündopfer“, während es in Lev 23,12 ein „Brandopfer“ ist. 141 Moyise, The Old Testament, 16. 142 Das Wort !qmºr gehört zu den Ausdrücken für Opfer (Siegert, Zwischen Hebräischer Bibel und Altem Testament. Eine Einführung in die Septuaginta, Münster: LIT, 2001, 228–9), !qm¸om nicht (Ibid., 224: „Das mag den Übergang von !qmºr in Joh 1,29.36 usw. zu !qm¸om … in Apk 5,6ff erklären: Letzteres ist nicht mehr das zur Schlachtung bestimmte Jungtier, insbesondere nicht in der beabsichtigten Metaphorik.“). 143 Außer p²swa gibt es andere Kandidaten für die Bezeichnung des „Passahlammes“ wie pqºbatom (Ex 12,3–5) und !qmºr (Ex 12,5; in textlichen Varianten begegnet auch !lmºr). 144 Zum Hintergrund dieses Psalms vgl. Rowley, Rowley, H. H. Jewish Apocalyptic and the Dead Sea Scrolls, The Ethel M. Wood Lecture delivered before the University of London on 12 March 1957, London: University of London; Athlone, 1957, 15. 145 Diese Hypothese geht auf Spitta, „Christus das Lamm“, aus dem Jahr 1907 zurück und wird
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
61
(vielleicht auch %qmeior)146 mit „Widder“ zu übersetzen ist147 (vgl. die apokalyptischen Widder in Dan 8,3; äthHen 90,9.37).148 Im NT fehlen freilich die Wörter jqiºr und bekºstasir.149 Wenn der Verfasser der Apk bei seinen guten Septuagintakenntnissen150 einen „Widder“ hätte präsentieren wollen, hätte er aufgrund seiner LXX-Kenntnisse nicht das in der LXX seltene Wort !qm¸om gewählt. Sind hier also noch andere Einflüsse anzunehmen (vgl. Arat. Phaen. 225.238.357.515–6.549.709.713; Luc. Astrol. 12 als Sternbild)?151 Oder kann man aus den wenigen !qm¸om-Stellen in der LXX qualitativ den Sprachgebrauch der Apk ableiten? Damit kommen wir zu qualitativen Rückschlussverfahren. Alle fünf Vorkommen des in der LXX vorkommenden !qm¸om sind bildlich zu verstehen. Im Folgenden sei die bildliche Bedeutung jedes Beispiels für sich erläutert. In JerLXX 11,19 sieht sich der Prophet Jeremia von Verfolgern bedroht. Der Text ist eines der sogenannten „Klagelieder des Jeremia“ (JerLXX 11,18–12,6).152 Brueggemann meint, dass dieses Klagelied zuerst ein persönliches Gebet gewesen ist, aber später in die Literatur der Gemeinschaft aufgenommen wurde.153 Themen wie „Trockenheit“ (JerLXX 12,4) und „Baum“ (JerLXX 11,19; 12,2) sprechen für diese Hypothese. Diese Bilder sind für das kollektive Schicksal der Gemeinschaft transparent. Jeremia spielt im kanonischen Text in seiner Endgestalt die Rolle eines Vermittlers, der stellvertretend für sein von Leid betroffenes Volk klagt.154 Holladay betont dagegen die Unklarheit des ursprünglichen geschichtlichen Kontexts von Jer 11,18–12,6,155 aber auch die
146 147 148 149 150 151 152 153 154
155
heute vertreten von Louw-Nida, „!qm¸om“, 42, und Aune I, 368. Vgl. auch die geringen Unterschiede zwischen BAGD und BDAG hinsichtlich der Bedeutung von !qm¸om (S, 107 und 133); „!qm¸om“ in EDNT, 71–2; „Lamb !lm¹r, !qm¸om“ in DDD, 940. Nach F. Rehkopf wird !qm¸om auch mit „Widder“ in PsLXX 113,4.6; JerLXX 11,19; 27,45 übersetzt (Rehkopf, Septuaginta-Vokabular, Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht, 1989, 42). Wir finden insgesamt 167 Übersetzungen von jqiºr und bekºstasir mit „Widder“. Siehe: „jqiºr“ und „bekºstasir“ in CSGOT I, 217; CSGOT II, 788–9. Vgl. Herghelegiu, Wolken, 195. Das lässt sich durch VKGNT I/1, 90–1, kontrollieren und durch „BibleWorks 8.0 CD-Rom« überprüfen. Siehe Schmidt, „Semitisms“, 592–603. Vgl. Herghelegiu, Wolken, 195. Brueggemann, Jeremiah: Exile, 113–4. (Brueggemann, Jeremiah I, 360). Jer 11,18–12,6 wird als eine literarische Einheit von William L. Holladay bestätigt (vgl. Fischer, Jeremia I, 406). Brueggemann, Jeremiah: Exile, 113–4. Reventlow stellte die Hypothese auf, dass die Klagen Jeremias in einem Kult entstanden sind. Trotz Widerlegung der Hypothese von Reventlows durch die biblische Exegese bleibt ein Punkt bedenkenswert: Diese persönlichen Klagen wurden nur wegen ihres Echos in der kollektiven Misere konserviert. Siehe: Reventlow, Liturgie und prophetisches Ich bei Jeremia, Gütersloh: Mohn, 1963. Holladay stellt das kritische theologische Problem hinter der Episode so dar: „It has been stated already that [Jeremiah]’s basic problem with Yahweh is that Yahweh did not seem to be keeping his promise to [Jeremiah] to protect him when opposition came“. „But it must be borne in mind that he is not reacting out of personal pique against personal enemies: he is reacting in bewilderment to God who is not protecting the divine word given him to proclaim as was his
62
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Verwendbarkeit des Textes in neuen Kontexten.156 Jeremia stellt sich so dar, als sei er „wie ein argloses Lamm gewesen, das zur Schlachtbank geführt wird“ (¢r !qm¸om %jajom !cºlemom toO h¼eshai). Angesichts der Drohung mit Gefahr für Leib und Leben verliert der Prophet Jeremia die Kontrolle über seine Gefühle. Offensichtlich zeigt !qm¸om hier eine Verwundbarkeit an.157 Das ist von einem Opferlamm zu unterscheiden. Obwohl das griechische Verb des Schlachtviehes „h¼y“ ist, umfasst das Wortfeld nicht nur „opfern“ sondern auch „erschlagen, ermorden oder töten“.158 Außerdem ist sein hebräisches Pendant im Masoretischen Texttyp xbj („häusliches Schlachtvieh“), und die andere oft benutzte hebräische Bezeichnung ist „xbz“, was „opfern“ bedeutet.159 Aber es gibt innerhalb derselben literarischen Einheit einen ähnlichen Ausdruck in JerLXX 12,3: „Reiß sie weg wie Schafe zum Schlachten, und sondere sie aus, dass sie getötet werden (svac/r)!“160 Das macht verständlich, warum die Symmachus-Rezension in JerLXX 11,19 h¼eshai in eQr svac¶m änderte.161 Diese Änderung spiegelt die Interpretation des späteren Übersetzers von xbj wider, der die Bedeutung von „erschlagen, ermorden oder töten“ in h¼y wieder betont. Das in JerLXX 11,19 beschriebene !qm¸om zeichnet sich durch eine Verwundbarkeit angesichts von bösen Mächten aus. Berührungspunkte zwischen JerLXX 11,19 und der Apk sind: (1) !qm¸om ist in beiden Texten singulär; (2) ¢r 1svacl´mom (sv²fy) ist in Apk 5,6 Echo von eQr svac¶m in JerSymm 11,19; (3) Opposition entsteht in beiden Texten durch das Zeugnis des Wortes Gottes. Aufgrund dieser Verwandtschaft hat JerLXX 11,19 nicht nur die Bedeutung der apokalyptischen !qm¸om-Metapher mit bestimmt, sondern diente auch als Interpretationsmodell: Oecumenius, der griechische Bischof von Tricca, schlug schon im 6. Jh. n. Chr. vor, die apokalyptische !qm¸om-Metapher auf den Propheten Jeremia zu deuten.162 Zweitens ist JerLXX 27,45 [JerMT 50,45] zu nennen, Teil eines Orakels über das Gericht Gottes über Babylon. Zur Zeit des Propheten Jeremia beherrschte das babylonische Reich den Nahen Osten.163 Gott fordert neue Mächte auf, Ba-
156 157
158 159 160 161 162 163
expectation. If [Jeremiah]’s enemies are mocking him and planning to kill him, … and Yahweh needs to manifest himself as God to these mockers, else [Jeremiah]’s understanding of his mission is threatened at the foundation.“ Beide Zitate Holladay, Jeremiah I, 360. Holladay, Jeremiah I, 369. Vgl. Craigie, Jeremiah I, 177. Ich bin wie William McKane der Meinung, dass !qm¸om mit „Wehrlosigkeit“ assoziiert wird, aber dass die weitere Bedeutung von „Arglosigkeit“ hier nicht gegeben ist. Seit Gott Jeremia den Anschlag der Feinde offenbart hat, war der Prophet nicht mehr arglos. Siehe: McKane, Jeremiah I, 255–6; Johns, The Lamb Christology, 146. „h¼y,“ in BAGD, 367; „h¼y, hus¸a, husiast¶qiom“ in TDNT, 180–1. Holladay, Jeremiah I, 372. „svac¶,“ in BAGD, 795–6; „sv²fy, svac¶,“ in TDNT, 925–38. In Jer 12,3 addiert die Theodotion-Rezension einen Ausdruck bzw. ¢r pqºbata. Lundbom, Jeremiah I, 645 bezieht diesen Vers auf JerLXX 11,19. Field, Origenis Hexaplorum II, 602. Ziegler (ed.), Septuaginta XV: Ieremias, 207. Hoskier, Oecumenius, 79, Reihen 6–7. Brueggemann, Jeremiah: Exile, 461.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
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bylon zu besiegen. Diese werden die Chaldäer „mit den geringsten ihrer Schafe“ fortschleifen. Offensichtlich porträtiert der Text die „!qm¸a“ (pluralisch) als kraftlose und verwundbare Leute im babylonischen Reich.164 Obwohl diese Stelle nicht der Ursprung der apokalyptischen !qm¸om-Metapher ist, bezeugt er das Bedeutungselement „Verwundbarkeit“ für !qm¸om.165 Interessanterweise gibt es zwei Kategorien von !qm¸om im Propheten Jeremia: die eine ist Jeremia, die andere Babylon (!qm¸a). Ebenso gibt es zwei Kategorien von !qm¸om in der Apk: die eine ist Christus, die andere das Tier, dessen Hörner floia !qm¸\ sind (Apk 13,11), dessen Erscheinungsform ebenfalls Babylon ist. Wie wir schon festgestellt haben, gehört die Bedeutung von „!qm¸om“ als etwas Verwundbares zum Propheten Jeremia, jedoch ist diese Verwundbarkeit im Kontext des Prophetenbuchs paradox und dynamisch: Der verwundbare Jeremia (!qm¸om) wird am Ende verteidigt, die siegreichen Chaldäer (!qm¸a) erweisen sich als verwundbar. Solche Konnotationen der !qm¸om-Metapher können unsere Interpretation der Botschaft der Apk vertiefen. Die dritte Stelle, PsLXX 113,4.6 [PsMT 114,4.6], schildert eine Theophanie.166 Berge, Hügel, Meer und Jordan werden personifiziert.167 Vor Gott werden sie erschrecken und zittern.168 Die „Berge“ werden als „Widder“ (jqio¸), die „Hügel“ als erschrockene Lämmer (!qm¸a) dargestellt.169 Die Lebewesen werden zu Miniaturen angesichts der Offenbarung des Allmächtigen. Deutlich ist, dass „!qm¸a“ (pluralisch) Verwundbarkeit anzeigt.170 Obwohl PsLXX 113 [PsMT 114] ein zum Passahfest gehörender „Hallel“ ist,171 bringt es den Passahkontext nicht in Verbindung mit der !qm¸om-Metapher. Dass die Bezeichnung (!qm¸a) hier die Schöpfung mit ihren Lebewesen meint, unterscheidet die Lammmetapher hier von der apokalyptischen !qm¸om-Metapher. PsLXX 113 [PsMT 114] ist nicht ihr Ursprung. Als letzte Stelle ist Jes 40,11Aq zu nennen.172 Dieser Text schließt Jes 40,1–11, die Einleitung des deuterojesajanischen Teils im Jesajabuch, ab.173 Er stellt die erneuerte Beziehung zwischen Gott und seinem Volk im Bild vom Hirten und 164 In Jer 49(30),20 gibt es einen ähnlichen Ausdruck (siehe: Holladay, Jeremiah II, 371, n. 49:20a; 395, n. 50:45e). Obwohl der Masoretische Texttyp !aoCh; yrey[ic. in beiden Versen verwendet, wählen die LXX-Übersetzer 1k²wista, um die Edomäer darzustellen, und dann !qm¸a, um die Chaldäer zu porträtieren. 165 Brueggemann, Jeremiah: Exile, 472; Johns, The Lamb Christology, 146. 166 Allen, Psalm 101–150, 104. 167 Plumer, Psalms, 992; Terrien, Psalms, 769; Goulder, Psalms, 165. 168 Briggs, Psalms II, 391; vgl. Ps 29,6 (Duhm, Psalmen, 405). 169 Allen, Psalm 101–150, 104. Sofern es Unterschiede zwischen „Bergen“ und „Hügeln“ gibt, sind Widder (jqio¸) und Lämmer (!qm¸a) nicht gleich (Feuer, Psalms IV, 1372). 170 Johns, The Lamb Christology, 147. 171 Briggs, Psalm II, 390; Feuer, Psalms IV, 1369; Goulder, Psalms, 166–7. 172 Jes 40:11Aq kann in Field, Origenis Hexaplorum II, 510 od. Ziegler (ed.), Septuaginta XIV: Isaias, 268 gefunden werden. 173 Oswalt, Isaiah II, 47, n. 14, betont, dass Jes 40,1–11 eine literarische Einheit ist.
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Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Lämmern (!qm¸a: pluralisch) dar.174 Dieses Bild war im Alten Orient und in der LXX verbreitet.175 In diesem Bild impliziert die Bezeichnung !qm¸a, dass die Lämmer geliebt, geleitet und geschützt werden. Im Gegensatz zum „gewaltigen Arm“ in JesLXX 40,10 wird insofern mit !qm¸a Kraftlosigkeit und Wehrlosigkeit assoziiert.176 Wieder enthält das Bild die Nuance von Verwundbarkeit und Schwäche.177 Noch einmal sei daran erinnert, dass !qm¸om in der LXX die am wenigsten benutzte Bezeichnung im Wortfeld „Schaf und Lamm“ ist. Innerhalb des LXXKorpus ist !qm¸om weder Opfer noch Passahlamm. Auch in Jes 53,7 wird ein anderes Wort als !qm¸om gewählt. Wer trotz dieses Befunds die apokalyptische !qm¸om-Metapher als Opfer- oder Passahlamm oder als das in Jes 53,7 beschriebene Lamm deutet, hat die Beweislast dafür zu tragen. Einerseits ist mit !qm¸om keine eindeutig bestimmte Gestalt verbunden, andererseits kann man feststellen, dass !qm¸om in den LXX immer eine „paradoxe und dynamische Verwundbarkeit“ zum Ausdruck bringt.178 Mit dieser Charakterisierung des LXX-Sprachgebrauchs kann man vielleicht das bisher ungelöste Problem der Bedeutung von !qm¸om in der Apk lösen.
2.2.2.3. Komparatistische Wortuntersuchung im Corpus Judaeo- Hellenisticum Wieder beginnen wir mit quantitativen Rückschlussverfahren. Sie sollen die bisher festgestellten Frequenzmuster und die jeweiligen Konnotationen von !qm¸om, !lmºr sowie p²swa auch im damaligen Corpus Judaeo-Hellenisticum absichern.
174 Die Übersetzung von Jes 40,11LXX (%qmar) ist älter als Jes 40,11Aq (!qm¸a). Aquila war ein jüdischer Theologe und Übersetzer, der etwa zur Zeit des Rabbi Akiba ben Josef (ca. 55–135 n. Chr.) wirkte und somit ein Zeitgenosse der Johannes-Apk. Vgl. Reider, „Prolegomena to a Greek-Hebrew and Hebrew-Greek Index to Aquila,“ in: Orlinsky (Hg.), Studies in the Septuagint: Origins, Recensions, and Interpretations, New York: Ktav, 1974, 301–335, bes. 318. 175 Oswalt, Isaiah II, 55. 176 Koole, Isaiah III, 78–9. 177 Johns, The Lamb Christology, 146. 178 L.L. Johns hat das Problem in der Apk gesehen: „But there are problems with identifying the Lamb of the Apocalypse with the vulnerable lamb tradition in the Old Testament. The most obvious is that the Lamb of the Apocalypse hardly seems vulnerable… Rather than playing the helpless victim, the Lamb of the Apocalypse is a conquering, victorious lamb“ (Johns, The Lamb Christology, 148–9). Dennoch kann er noch nicht das Dilemma als Ausdruck einer „paradoxen und dynamischen Verwundbarkeit“ deuten.
65
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen Tabelle 5. Komparatistische Wortuntersuchung zum Wortfeld „Schaf“ in der hellenistisch-jüdischen Literatur bis zum Ende des ersten Jahrhunderts179 Jahrhunderte Verfasser oder Werke
2. Jh. v. Chr.
!qm¸om
!lmºr (+!lm²r)
p²swa
!q¶m
pqºbatom
Anz. %
Anz. %
Anz. %
Anz. %
Anz. %
Die Testamente der 12 Patriarchen[i]
0
0
4
100
0
0
0
0
1
2.6
Tragiker Ezechiel[ii]
0
0
0
0
1
100
0
0
1
2.6
0
4
100
1
100
0
0
2
5.2
100
16
100
12
23.1
54
45.7
30.4 43
48.9
10
3.9
entf. 66
entf.
Summe
0
1. Jh. v. Chr.
Philo von Alexandrien[iii]
1
33.3
16
1. Jh. n. Chr.
Flavius Josephus[iv]
3
7.3
9
Gesamtzahl
4
entf. 29
33.3 14 entf.
31
entf.
55
Quelle von Tab. 5 [i] !lmºr: TestJos 19,8.11; TestBenj 3,8; pqºbatom: TestJud 12,1; [ii] p²swa: Ez. Exag. 157; pqºbatom: Ez. Exag. 176; [iii] !qm¸om: Philo Leg. Gai. 362; !lmºr: Philo Rer. Div. Her. 174; Mut. Nom. 159; Spec. Leg. 1,169.171.177.178.184(2x).198.227.233.251.253; 3,46; 4,105; Arith. Fr. 56c; p²swa: Philo Leg. All. 3,94.154.156; Sacr. AC 63 (2x); Migr. Abr. 25; Rer. Div. Her. 192 (2x); 255; Congr. 89; 106; Vit. Mos. 2,224; Decal. 159; Spec. Leg. 2,41.145; QE 1,4; !q¶m: Philo Spec. Leg. 1,188.189.251.253; 4,12; Virt. 133; 142 (2x); 144; Praem. Poen. 87; Leg. Gai. 76; 317; pqºbatom: Philo Op. Mund. 85; Leg. All. 3,165 (2x); Cher. 79; Sacr. AC 11; 45; 46; 48; 50; 51; 55; 88; 89; 112; 113; Det. Pot. Ins. 5; Poster. C. 68; Deus. Imm. 119; Agric. 42; 43; 44; 61; Migr. Abr. 152; Rer. Div. Her. 20; 193; Congr. 95; 106; Fug. 132(2x); Mut. Nom. 111(2x); 233(2x); 245(2x); 246; 247; 250; Som. 1,189.197.198.199; 2,19 (2x); Spec. Leg. 1,135.163; 2,35; 4,11.12(2x). 14; Virt. 95; Omn. Prob. Lib. 30; Prov. 2,13; [iv] !qm¸om: Jos. Ant. 3,226.251(2x); !lmºr: Jos. Ant. 3,262; 7,21.70.148.149.150.163.166.382; p²swa: Jos. Ant. 2,313; 3,248.249.294; 10,70(2x).71; 11,110; 14,21; 18,29.90; 20,106; Bell. 2,10; 6,423; !q¶m: Jos. Ant. 3,222.229.231.237.238.239.241.246(2x).247.249.252.253; 6,25.182(2x).292; 8,40.396; 9,268.270; 10,71(3x); 11,102.107.137.297; pqºbatom: Jos. Ant. 3,102; 4,71.436; 6,87.295.297; 8,122; 9,30; 18,317.353.
In Tab. 5 verzeichne ich die Statistik aller erhaltenen relevanten Werke hellenistisch-jüdischer Verfasser mit Ausnahme der LXX und des NT. Wegen der Unklarheit in der Datierung werden Texte der TLG-Kategorie „Diverses“ nicht in Tab. 5 aufgenommen. Für jedes beschriebene Werk werden sowohl die Anzahl des Vorkommens eines Wortes als auch dessen Prozentanteil am Vorkommen jedes Lemmas in Bezug auf alle Belege des jeweiligen Lemmas im angegebenen Jahrhundert (%) verzeichnet. Wie Tab. 5 zeigt, vermehren zwei hellenistisch-jüdische Werke (die Testa179 Tab. 5 präsentiert die Resultate meiner Suche in der TLG-Datenbank.
66
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
mente der 12 Patriarchen und der Tragiker Ezechiel) die !lmºr- und p²swaBelege des 2. Jh. v. Chr.180 Im Vergleich mit !q¶m und pqºbatom wurden !lmºr und p²swa im 2. Jh. v. Chr. von graeco-römischen Verfassern nicht favorisiert, aber dennoch von einigen hellenistisch-jüdischen Verfassern benutzt. Das passt zur Vermehrung dieser Worte in der LXX, die im vorherigen Abschnitt zur Sprache kam.181 Dennoch wählte die Apk diese beiden Wörter (!lmºr und p²swa) nicht, um Christus zu bezeichnen. In den Testamenten der 12 Patriarchen kommt !lmºr 3x im Testament Josephs (19,8 [2x]; 19,11) und einmal im Testament Benjamins (3,8) vor.182 TestJos 19 ist eine visionäre Szene,183 in der !lmºr als bildliche und messianische Figur verwendet wird. In TestJos 19,8 wird der Messias aus Juda, der aus der Jungfrau hervorging, sowohl als ein „Löwe“ (in einem königlichen Bild) als auch als „ein unbeflecktes Lamm (!lmºr)“ (in einem Opferlamm-Bild) dargestellt.184 Dieser Messias wird in den letzten Tagen als göttlicher Krieger auftreten: „Alle wilden Tiere bestürmten es, und das Lamm (!lmºr) besiegte sie und vernichtete sie, dass sie zertreten werden“. Das „Lamm Gottes (b !lm¹r toO heoO)“ (ein Retter-Bild) rettet alle Heiden und Israel und gründet ein ewiges Königreich.185 Viele neutestamentliche Texte haben in diesem Text ein Echo gefunden, oder auch neutestamentliche Texte setzen vice versa solche Traditionen voraus.186 Jedoch behaupten viele Gelehrte, dass TestJos erst im dritten Jahrhundert christianisiert wurde.187 Dann wäre ausgeschlossen, dass sich dieser Text auf die Bildung der apokalyptischen Lammchristologie auswirken konnte.188 Trotzdem bezeugt dieser Text zumindest die Möglichkeit, dass das Bild „des Lammes“ im hellenstisch-jüdischen Bewusstsein einen göttlichen Krieger darstellt. Wichtig für uns ist ferner die Überlegung, dass, 180 Abgesehen von christlichen Interpolationen sind die Testamente der 12 Patriarchen ins 2. Jh. v. Chr. zu datieren (Kee, „Testaments of the Twelve Patriarchs“, in OTP I, 777–8). 181 R. G. Robertson erkannte, dass der Tragiker Ezechiel LXX-Kenntnisse hatte (Robertson, „Ezekiel the Tragedian“, in OTP II, 803–5). 182 Dieser Text ist nur in der armenischen Version erhalten (Kee, „Testaments of the Twelve Patriarchs“, in OTP I, 824.) 183 Dieses Kapitel enthält die umfassendsten apokalyptischen Materialien in den Testamenten der 12 Patriarchen (Kee, „Testaments of the Twelve Patriarchs“, in OTP I, 824). 184 Vgl. Hollander u. Jonge, Twelve Patriarchs, 408. 185 Vgl. auch O’Neill, „The Lamb of God in the Testaments of the Twelve Patriarchs,“ JSNT 2 (1979), 2–30. 186 Kugler, Twelve Patriarchs, 24. 187 Hollander u. Jonge, Twelve Patriarchs, 82; Jonge u. Korteweg, „The New Edition of the Testament of Joseph,“ in: Nickelsburg (Hg.), Studies on the Testament of Joseph, SCSt 5, Missoula, MT: Scholars, 1975, 126; Aune I, 369. 188 Johns, The Lamb Christology, 80–7, bes. 87; Jeremias, „Das Lamm, das aus der Jungfrau hervorging (Test. Jos. 19,8),“ ZNW 57 (1966): 219. Argumente für eine vor- oder urchristliche Tradition haben sich nicht als überzeugend erwiesen (gegen Murmelstein, „Das Lamm in Test. Jos. 19:8.“ ZNW 59 (1968): 273–9; O’Neill, „The Lamb of God in the Testaments of the Twelve Patriarchs,“ in: Evans u. Porter (Hg.), New Testament Background: A Sheffield Reader, BiSe 43, Sheffield: Sheffield Academic Press, 1997, 46–66.)
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
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wenn der Autor der Apk ein Opferlamm als Krieger-Bild porträtieren wollte, !lmºr seine natürliche Wortwahl wäre. Aber er wählt !qm¸om als Metapher, das einerseits die herkömmliche Opfer-Bedeutung des „Lammes“ herunterspielt, und andererseits diese Bezeichnung (bzw. „!qm¸om“) mit dem in den hellenistisch-jüdischen Texten wiederkehrenden Krieger-Thema verbindet. Der Gebrauch von „Lamm Gottes (b !lm¹r toO heoO)“ in TestBenj 3,8 ist dem Gebrauch dieses Bildes in TestJos 19 sehr ähnlich.189 Das Testament Benjamins setzt einen Kontext der Verfolgung voraus. Zur Errettung der Heiden und Israels wird das „Lamm Gottes“ „Beliar“ und seine Diener vernichten. Auch hier ist b !lm¹r toO heoO ein messianischer Retter und Krieger. Deshalb geht unsere Analyse dieses Texts in die gleiche Richtung wie die von TestJos 19. Die Exagoge des Tragikers Ezechiel ist die biblische Exodus-Erzählung in der literarischen Gattung einer griechischen Tragödie.190 Dieses Werk bezeugt den damals traditionellen wörtlichen Gebrauch der Bezeichnung p²swa (Exag. 157).191 Nichts weist darauf hin, dass sich p²swa hier zu einem Bild entwickelt, das den Messias symbolisieren kann. Wie Tab. 5 zeigt, weisen die Werke Philos alle noch vorhandenen Vorkommen von !lmºr (16x) und p²swa (16x) im ersten Jahrhundert v. Chr. und eines der zwei Vorkommen von !qm¸om auf. Philo spiegelt die „SeptuagintaVermehrung“ von !qm¸om, !lmºr und p²swa. Das Frequenzmuster bei ihm passt zum Sprachgebrauch von !qm¸om, !lmºr und p²swa in der griechischen Bibel (vgl. Tab. 1, 3 und 5) und bestätigt die Existenz des allgemeinen in der LXX gefundenen Frequenzmusters. Auch das unterstützt die Annahme, dass dem Autor der Apk das proportionale Vorkommen von !qm¸om, !lmºr und p²swa vertraut war. Seine Entscheidung für !qm¸om geschah bewusst. Auch abgesehen vom Frequenzmuster stimmt der Sprachgebrauch Philos von !qm¸om, !lmºr und p²swa mit dem in der LXX überein. Philo verwendet p²swa wörtlich für das Passah-Ereignis, aber bisweilen in einer allegorischen Interpretation dieses Ereignisses.192 Er versteht !lmºr hauptsächlich als Opferlamm in einem religiösen Kontext.193 Das Wort !qm¸om benutzte er für die Tierart des „Lammes“ in alltäglichen Situationen.194 Die Belege bei Philo legen die Schlussfolgerung nahe, dass !qm¸om in der Apk kein Opferlamm ist. 189 Johns, The Lamb Christology, 87–8. 190 Robertson, „Ezekiel the Tragedian“, in: OTP II, 803; Strugnell, „Notes on the Text and Metre of Ezekiel the Tragedian’s ,Exagoge,‘“ HTR 60 (1967): 449–57. 191 Robertson, „Ezekiel the Tragedian“, in: OTP II, 814. 192 In Bezug auf die „Passahfeier“ vgl. Philo Leg. All. 3,94. 154; Sacr. AC 63 (2x); Rer. Div. Her. 192. 255; Congr. 89, 106; Vit. Mos. 2.224; Decal. 159; Spec. Leg. 2,41. 145; bezüglich des „Passahlammes“ vgl. Philo Leg. All. 3,165; Migr. Abr. 25 u. QE 1.4. 193 In Bezug auf das „Opferlamm“ vgl. Philo Rer. Div. Her. 174; Spec. Leg. 1,169.171.177.178.184 (2x).198 bezüglich des „Speise- oder Trankgesetzes“ vgl. Philo Spec. Leg. 4,105. Ungewöhnliche Beispiele für das „Lamm“ als Tierart finden sich in Philo Mut. Nom. 159. 194 Zum „Lamm“ als alltäglicher Speise siehe: Philo Leg. Gai. 362.
68
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Wenn wir die Statistik der Vorkommen bei Josephus mit den Befunden Philos vergleichen und mit Tab. 3 in einer Synopse zusammenbringen, finden wir keine „Septuaginta-Vermehrung“ bei Josephus.195 Jedoch stimmt das Frequenzmuster mit dem in der griechisch-römischen Gesellschaft gefundenen allgemeinen Muster (vgl. Tab. 5 mit 1) überein. Mit anderen Worten, es gibt keinen Beleg dafür, dass !qm¸om ein verbreitetes Wort in der Antike war. Josephus gebrauchte !lmºr und p²swa ebenso wie die LXX und die Werke von Philo.196 Wenn er ein paar Mal !qm¸om zur Bezeichnung eines Opferlamms wählt,197 hat er die Diminutivbedeutung der Bezeichnung im Blick.198 Er wählt für die Opferlamm-Darstellung meist nicht !qm¸om, sondern !q¶m.199 Darin zeigt sich bewusst oder unbewusst der hellenistische Einfluss auf seine Werke. Man darf annehmen, dass der unwahrscheinliche Gebrauch von !qm¸om bei Josephus keine prägende Wirkung bei der Bildung der apokalyptischen Lammchristologie hatte. Das bedeutet nicht, dass Josephus für unsere gegenwärtige Untersuchung irrelevant ist. Der Verfasser der Apk hätte das ganze Spektrum der griechischen Wörter innerhalb des Wortfelds „Schaf“ bei Josephus lernen können. Wir können damit eine Prämisse dieser Untersuchung bestätigen, dass griechische Alternativen zur Bezeichnung „!qm¸om“ vorhanden waren und heute methodisch nachgewiesen werden können. Nach der vorhergehenden Analyse ist Philo ein Zeugnis für das LXX-Frequenzmuster des Gebrauchs von !qm¸om, !lmºr und p²swa, während die Texte von Josephus die Verfügbarkeit der Lemmata für Johannes von Patmos indirekt bezeugten. Für ihre Zeit lässt sich somit der erste Teil unserer Teilthese 1 („die apokalyptische !qm¸om-Metapher deutet den geschichtlichen Jesus weder als Opfer, noch als Passahopfer, noch als das in Jes 53,7 beschriebene Lamm“) historisch absichern. Die bisherigen quantitativen Analysen sollen im Folgenden qualitativ abgesichert werden. Dazu ist es hilfreich, den Gebrauch von Wörtern aus dem Wortfeld „Lamm“ im hellenistisch-jüdischen kulturlinguistischen Kontext inhaltlich zu kategorisieren. Wir unterscheiden vier Kategorien des Gebrauchs: den alltäglichen, den religiösen, den bildlichen und den messianischen Gebrauch der Lammmetapher.
195 Vgl. Johns, The Lamb Christology, 36–7. 196 Bezüglich des !lmºr als Opferlamm siehe: Jos. Ant. 7,14,11 (§382). Bezüglich des „p²swa“ als Passahfeier, z. B. Jos. Bell. 2,1,3 (§10); 6,9,3 (§423); Jos. Ant. 2,14,6 (§313); 3,10,5 (§249); 10,4,5 (§70) (2x); 10,4,5 (§71); 14,2,1 (§21) (Variante); 18,2,2 (§29); 18,4,3 (§90); 20,5,3 (§106); als Passlamm, z. B. Jos. Ant. 3,10,5 (§248); 3,12,6 (§294); 11,4,8 (§110). 197 Vgl. Jos. Ant. 3,8,10 (§221); 3,9,1 (§226); 3,10,5 (§251). 198 Johns, The Lamb Christology, 32–3. 199 z. B. Jos. Ant. 3,10,2 (§239); 3,10,3 (§240); 3,10,4 (§247); 3,10,6 (§252); 3,10,6 (§253); 8,2,4 (§40); 9,8,3 (§268); 9,8,3 (§270); 10,4,5 (§71) (2x).
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
69
Seit ungefähr acht Jahrtausenden werden Schafe in verschiedenen Unterarten domestiziert. Ihre Domestikation begann im Nahen Osten.200 Israel war als Teil des Nahen Ostens auch eine Weidewirtschaft.201 In Bezug auf das alltägliche Leben der Israeliten waren Schafe und Lämmer die Quelle von Milch, Wolle, Kleiderstoff und der Häute für Kleidung und Zelte.202 Die Juden einschließlich der NT-Schriftsteller lebten nicht wie moderne Menschen ohne Kontakt zur Landwirtschaft, sondern waren mit den Unterarten des „Lammes“ vertraut. In alltäglichen Lebenslagen traten !q¶m und pqºbatom in den meisten Szenarios auf, aber auch !lmºr war zahlreich. Religiös waren die Schafe und Lämmer überwiegend Opfertiere. Der Begriff „Lamm“ wurde oft im Opferkontext benutzt. Dafür gibt es viele Belege: Die Lämmer wurden dargebracht als Sündopfer, zur Reinigung, zur Einweihung des Altars, zum täglichen Brandopfer (am Morgen und am Abend), zum Brandopfer an jedem Sabbat oder am ersten Tag jedes Monats, am Passa für sieben Tage lang, am Wochenfest, am Tag des Posaunenblasens, am Versöhnungstag oder am Laubhüttenfest usw. Außerhalb von Opferkontexten sank die Frequenz der „Lamm“-Bezeichnungen. Antike Juden mussten daher vor allem den „Lamm“-Begriff (!lmºr) mit einem religiösen Kontext verbinden. Im Vergleich mit seiner Verwendung in hellenistisch-römischen Schriften wurden !q¶m und pqºbatom selten benutzt. Auch das Wort !qm¸om wurde normalerweise nicht mit einem religiösen Kontext assoziiert. P²swa bezeichnete dagegen als jüdisches Lehnwort die Passahfeier. Ferner begegnet das „Lamm“ auch als Metapher in antik-jüdischen Texten.203 Das „Schaf-und-Hirte-Bild“ war verbreitet (vgl. Hes 34, Jes 40,11). Das „Lamm“ erscheint als „Krieger-Bild“ in der hellenistisch-jüdischen Literatur. Manchmal wurde „Lamm“ verwendet, um Sanftmut, Arglosigkeit oder Wehrlosigkeit (vgl. 2Sam 12,1–6; Jes 53,7) zu symbolisieren. Das Wort !qm¸om kommt zwar selten in der LXX vor, impliziert aber immer den Sinn von „Verwundbarkeit“. Im Unterschied zu den Tiermythologien der Religionen im antiken Nahen Osten oder der hellenistisch-römischen Kultur war die Tiersymbolik im Judentum unterentwickelt.204 Außer in TestJos 19 und TestBenj 3 wurde der Ausdruck „Lamm“ zur Zeit des AT nie als messianischer „Titel“ verwendet, sondern nur als Bild in einer messianischen „Darstellung“ wie äthHen205. Der Ausdruck „Lamm“ war in den Gemeinschaften der hellenistisch-jüdischen Kultur sowohl in alltäglichen als auch in religiösen Kontexten weit verbreitet, war aber noch nicht zu einem messianischen „Titel“ entwickelt worden. 200 201 202 203 204
Vgl. „Lamb“, in ABD IV, 132. Vgl. „Lamb“, in EDBT, 460. Vgl. „Lamb“, in EBD, 637. Vgl. „Lamb“ in ABD IV, 132. Zu den Tiermythologien der antiken orientalischen Religionen und der hellenistisch-römischen Kulte vgl. Johns, The Lamb Christology, 40–75; Doniger (Hg.), Greek and Egyptian Mythologies, Chicago: University of Chicago Press, 1992. 205 Vgl. Tiller IV; Nickelsburg, I Enoch; Knibb II,
70
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
2.2.2.4 Komparatistische Wortuntersuchung in den NT- Schriften Wieder beginnen wir mit quantitativen Rückschlussverfahren. Im NT bilden fünf griechische Wörter das Wortfeld „Schaf“: (1) !lmºr; (2) p²swa; (3) !qm¸om; (4) !q¶m; (5) pqºbatom.206 Die ersten vier Wörter weisen auf ein „Lamm“, wobei nur die ersten drei als Namen für Jesus Christus im NT verwendet werden. In Tab. 6 wird die Anzahl des Vorkommens von !qm¸om, !lmºr und p²swa in jedem NTBuch zusammengestellt.207 Es fehlen Bücher ohne Vorkommen dieser Wörter. Tabelle 6. Komparatistische Wortuntersuchung des „Schaf“-Bereiches im NT Das Neue Testament
!qm¸om
!lmºr
p²swa
Das Evangelium nach Matthäus[i]
0
0
4
Das Evangelium nach Markus[ii]
0
0
5
Das Evangelium nach Lukas[iii]
0
0
7
Das Evangelium nach Johannes[iv]
1
2
10
Die Apostelgeschichte[v]
0
1
1
1.Korinther[vi]
0
0
1
1.Petrus[vii]
0
1
0
Hebräer[viii]
0
0
1
Der Entstehungszeitraum der NT
1
4
29
Die Johannesapokalypse[ix]
29
0
0
Gesamtzahl
30
4
29
Quelle von Tab. 6 [i] Mt 26,2.17.18.19; [ii] Mk 14,1.12(2x).14.16; [iii] Lk 2,41; 22,1.7.8.11.13.15; [iv] !qm¸om: Joh 21,15; !lmºr: Joh 1,29.36; p²swa: Joh 2,13.23; 6,4; 11,55 (2x); 12,1; 13,1; 18,28. 39; 19,14; [v] !lmºr: Apg 8,32; p²swa: Apg 12,4; [vi] 1Kor 5,7 [vii] Hebr 11,28; [viii] 1Petr 1,19; [ix] Apk 5,6.8.12.13; 6,1.16; 7,9.10.14.17; 12,11; 13,8.11; 14,1.4(2x).10; 15,3; 17,14(2x); 19,7.9; 21,9.14.22.23.27; 22,1.3.
Abgesehen von der Statistik zur Apk ist das NT-Frequenzmuster von !qm¸om, !lmºr oder p²swa dasselbe wie in der griechisch-römischen und der helle206 Siehe Louw-Nida, 41–2: „§4.22 pqºbatom, §4.23, pqobatijºr, §4.24 !q¶m; !lmºr, §4.25 u. §4.26 !qm¸om, §4.27 p²swa, §4.28 po¸lmg“. Danach bedeutet pqobatijºr „pertaining to sheep“ und wird mit „of sheep“ übersetzt, und po¸lmg bedeutet „a collective for a group of sheep and/or goats“ und wird mit „flock“ übersetzt. Beide Wörter werden in dieser Untersuchung nicht mitgezählt. 207 Tab. 3 ist die Präsentation der Resultate meiner Suche in der TLG-Datenbank.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
71
nistisch-jüdischen Kultur. Es überrascht nicht, dass das Wort !qm¸om nur einmal in Joh 21,15 außerhalb der Apk vorkommt. Alle übrigen neunundzwanzig Belege finden sich in der Apk.208 Obwohl !qm¸om hier 28-mal ein messianischer Name ist, fehlt diese christologische Bezeichnung in allen anderen NT Dokumenten. Überraschenderweise fehlen in der Apk aber auch die im Judentum damit verbundenen Bezeichnungen !lmºr und p²swa. Sie kommen in der Apk nicht vor.209 Qualitative Rückschlussverfahren bestätigen diesen Befund: Auszugehen ist davon, dass !lmºr (Joh 1,29.36) und p²swa (1Kor 5,7) in anderen NT Dokumenten als Benennung von Jesus Christus belegt sind. Daher kann man eine gewisse Kontinuität zwischen der neuen Lammchristologie und der vorhergehenden Überlieferung postulieren. Im Unterschied zum Vorkommen des Wortes !lmºr in der LXX und anderen hellenistisch-jüdischen Schriften haben alle vier Belege im Neuen Testament (Joh 1,29.36; Apg 8,32; 1Petr 1,19) einen übertragenen, figürlichen Sinn. In Apg 8,32 ist !lmºr ein Bild in einem Zitat von Jes 53,7, mit dem Jesus Christus gemeint ist (Apg 8,35). Dieses Beispiel illustriert eine Kontinuität vom metaphorischen Sinn von !lmºr von der LXX bis zum NT.210 Hier wird eine Theologie der Sühne vorausgesetzt.211 In 1Petr 1,19 fungiert !lmoO !l¾lou ja· !sp¸kou ebenfalls als Bild für Christus. Der unmittelbare Kontext weist auf Opfermetaphorik und die Opfersprache der LXX.212 Der Verfasser dachte wahrscheinlich an Jes 53.213 Die Stelle illustriert eine andere Art von Kontinuität: das Weiterwirken der Opferlammbedeutung. 1. Petrus stellt Christus als Sühnopfer dar.214 Auch das „Lamm“ (!lmºr toO heoO) in Joh 1,29.36 lässt sich als messianische Metapher deuten. Diese Stellen verweisen aus zwei Gründen auf die apokalyptische Lammchristologie: (1) Die !qm¸om-Metapher ist wie diese beiden !lmºr-Stellen eine messianische Metapher. (2) Der Autor der Apk hatte wahrscheinlich Kenntnis des Johannesevangeliums (wie wir oben für diese Untersuchung angenommen haben). Hinsichtlich Joh 1,29.36 kam es zu einer heftigen Debatte über die Geschichtlichkeit dieser Aussage des Johannes des Täufers. Die Authentizität einer solchen Opferaussage wurde bezweifelt.215 Mit 208 In der Apk wird Christus 28x als „Lamm“ bezeichnet. Nur einmal (Apk 13,11) ist der Antichrist gemeint, dessen Anti-Typ das Lamm ist. Siehe: „!qm¸om“ in VKGNT II, 40–1. 321; „!qm¸om“ in KNTG, 220–1. 209 Vgl. „!lmºr“ und „p²swa“ in VKGNT I/1,44; I/2,1103; VKGNT II,16–7. 214–5.313.376; „!lmºr“ und „p²swa“ in KNTG, 108. 1472–3. 210 „The Isaiah passage (Isa 53:7–8) is quoted in [general] agreement with the LXX … “. vgl. Barrett, Acts I, 430. 211 Witherington III, Acts, 298. 212 Michaels, 1 Peter, 65–6. 213 Bigg, Peter and Jude, 120. 214 Bigg, Peter and Jude, 120. 215 Carson, John, 148.
72
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
der Hypothese von !lmºr als apokalyptischem Krieger-Lamm versuchte Dodd, die Debatte zu beenden.216 TestJos 19,3.8 und TestBenj 3,8 erlauben es m. E., an der Plausibilität dieser Auslegung festzuhalten.217 Johannes der Täufer erwartete danach einen kriegerischen Richter, Johannes der Evangelist aber konnte als nachösterlicher Christ das „Lamm“ auf den Opfertod Jesu im Sinne seines Sühnetodes deuten.218 Dass das vieldeutige „aUqym“ („das der Welt Sünde trägt“) erhalten blieb, passt dazu und stimmt mit anderen SühneAndeutungen im JohEv überein.219 Danach wäre !lmºr im JohEv ein Opferausdruck oder eine Bezeichnung für das Passahlamm (worauf es noch weitere Anspielungen im Johannesevangelium gibt)220 oder eine von Jes 53,7 her bestimmte Metapher,221 vielleicht auch eine Synthese all dieser Bilder.222 Die johanneischen !lmºr-Aussagen illustrieren auf jeden Fall die Kontinuität der apokalyptischen Lammchristologie mit der Opferüberlieferung.223 Mit anderen Worten, b !lm¹r toO heoO war die Darstellung Jesu Christi als Erlöser, dessen Hauptsorge die Befreiung von Sünden war. Offensichtlich wählte Johannes der Evangelist seine Bezeichnung und Wörter bewusst und mit Bedacht. Bezüglich des p²swa224 sind achtundzwanzig Vorkommen wörtlich zu nehmen als Passahfeier,225 Passahlamm und Passahmahl“.226 Eine Stelle bei Paulus (1Kor 5,7) ist die einzige messianische Metapher für p²swa. Wie !lmºr im JohEv ist auch dieses p²swa bei Paulus ein wichtiger Verweis auf die apokalyptische Lammchristologie. Paulus stellt Jesus Christus hier als Urbild für einen neuen Exodus dar,227 um seine Gemeinde in Korinth zu ermahnen.228 Der „Sprechakt“ der p²swa-Metapher ruft das Volk Gottes dazu auf, den „alten Sauerteig“ wegzuschaffen (1Kor 5,7a), der ein Symbol „der Ausbrei216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227
228
Dodd, Fourth Gospel, 230–8. Vgl. Beasley-Murray, John, 24. Carson, John, 150. Vgl. Beasley-Murray, John, 25. Carson, John, 148. Dodd, Fouth Gospel, 230–8. Jeremias, „b !lm¹r toO heou - pa?r heoO (John 1:29, 36),“ ZNW 34 (1935): 117–23; Bernard/ Driver, John I, 44–6. Morris, John, 126–31; Hendriksen, John I, 98. „!lmºr, !q¶m, !qm¸om“in TDNT, 338–40; „Lamb, sheep !lmºr, !q¶m, !qm¸om, pqºbatom“ in NTT, 410–4; „Lamb of God“ in ISBE III, 62–3; „!lmºr, !q¶m, !qm¸om“in EDNT I, 70–1; „Lamb“in ABD IV, 133; „Lamb !lmºr, !qm¸om“in DDD, 938–41; „Lamb, Lamb of God“ in EDBT, 461. „p²swa“ in TDNT, 900–901; „p²swa“ in EDNT II, 51. Die Beispiele sind Mt 26,2.18.19; Mk 14,1.12.16; Lk 2,41; 22,1.8.13; Joh 2,13.23; 6,4; 11,15 (2x); 12,1; 13,1.38; 19,14; Apg 12,4; Hebr 11,28. Die Belege für Passahlamm und Passahmahl sind Mt 26,17; Mk 14,12.14; Lk 22,7.11.15; Joh 18,28. Vgl. NRS und NIV mit älteren englischen Versionen. Der Bezug zur Passahfeier wird durch das Wort 1t¼hg bestätigt. Siehe: Fee, 1Cor, 217. In Bezug auf t¹ p²swa, 1t¼hg weist p²swa nicht nur auf eine christliche Gedenkfeier des Todes Jesu, sondern auf seinen Opfertod auf Golgatha selbst (Conzelmann, 1Cor, 99). Vgl. Fee, 1Cor, 406.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
73
tungsfähigkeit des Bösen“ ist.229 Durch das nachfolgende Verb (2oqt²fylem) erklärt Paulus deutlich seine Absicht (1Kor 5,8). Für ihn war p²swa eine Darstellung Jesu Christi als Erlöser, der die Menschheit aus der Sklaverei befreit.230 Das einzige !qm¸om-Vorkommen außerhalb der Apk (Joh 21,15 !qm¸a) ist ein Bild für das Volk Gottes und die Mitglieder der christlichen Gemeinde.231 Das illustriert die Weiterentwicklung von !qm¸a als Bild für das Volk Gottes (Jes 40,11Aq; Klem. v. Rom. 2Klem. 5,2.3.4) in hellenistisch-jüdischen Kontexten. Es gibt hier keinen Hinweis auf eine Beziehung von !qm¸om zum Erlösungsmotiv. Vor der Veröffentlichung der Apk waren also einerseits der johanneische Kreis und seine Gemeinden an die Bezeichnung „!lmºr“ gewöhnt, andererseits war die p²swa-Metapher vorhanden und schon in paulinischen Traditionen artikuliert worden. Mit anderen Worten, !lmºr und p²swa waren bereits im urchristlichen Gebrauch vor der Apk zur messianischen Bezeichnung transformiert worden. Aber es gab keine vergleichbare Entwicklung im Fall von !qm¸om. Hier entstand vielleicht durch Kontakte mit der hellenistischen Umwelt in der Diaspora etwas Neues.232 Von hier aus konnte die Lammchristologie ihre Entwicklung nehmen. Dasein und Taten Jesu Christi konnten ja mit Hilfe der traditionellen alttestamentlichen Lammmotive ausreichend verstanden werden. Deshalb ist es erklärungsbedürftig, warum der Autor der Apk !qm¸om als messianischen Titel vorzog.233 Aber schon jetzt können wir zumindest so viel feststellen: Die apokalyptische !qm¸om-Metapher war ein markanter Beitrag zu einer sich neu entwickelnden Lammchristologie.234 Unser Zwischenfazit bestätigt die am Anfang formulierte Ausgangshypothese: „Die apokalyptische !qm¸om-Metapher deutete den geschichtlichen Jesus weder als Opfer, noch als Passahopfer, noch als das in Jes 53,7 beschriebene Lamm“. Auch wenn wir noch keine positive Deutung für den Befund in der Apk haben, hat sich jetzt immerhin die Beweislast umgekehrt. Sie liegt bei denen, die den Befund in der Apk allein aus der alttestamentlichen Opfertradition oder von Jes 53 her deuten wollen.
229 Lockwood, 1Cor, 173. 230 S. J. Kistemaker, 1Cor, 166. 231 Die !qm¸a sind nicht auf eine bestimmte Gruppe in der Kirche beschränkt, sondern beziehen sich auf die Kirche im Allgemeinen, vgl. R. E. Brown, John II, 1104–6, 1116–7. 232 Wie sich das im Befund des Johannesevangeliums, des 1. Korintherbriefs und der Apk widerspiegelt. 233 Auch das ist bemerkenswert: Wenn Johannes der Apostel der Autor des Johannesevangeliums sowie der Apk war, würde dieselbe Person die drei griechischen Lamm-Wörter (!lmºr in Joh 1,29. 36; p²swa in Joh 11,55; 12,1 u.s.w., wenn auch nicht als christologischen Titel; !qm¸om in Joh 21,15) kennen und benutzen. Die apk !qm¸om-Metapher könnte mit nicht-!lmºr- und nichtp²swa-Metonymien direkter definiert werden. 234 L.L. Johns stellte auch viele Unterschiede zwischen den Lammchristologien des Johannesevangeliums und der Apk fest. Siehe: L.L. Johns, The Lamb Christology, 27–8.
74
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
2.2.2.5 Folgerung Wir haben überzeugende Argumente dafür gebracht, dass die apokalyptische !qm¸om-Metapher keine herkömmliche Metapher des Opfer- oder Passahlammes oder die in Jes 53,7 enthaltene Lammmetapher ist. Durch die Analyse des soziolinguistischen Hintergrunds des Autors aufgrund komparatistischer Wortuntersuchungen kommen wir zu dem Ergebnis, dass die enge Verbindung von !lmºr und p²swa mit herkömmlichen Opfer- oder Passahkontexten oder mit Jes 53,7 in der neutestamentlichen Epoche die Entwicklung der Lammchristologie geformt hat, insbesondere im Johannesevangelium und in den paulinischen Briefen. Das allgemeine Thema von Apg 8,32, 1Petr 1,19, Joh 1,29.32 und 1Kor 5,7 ist die Erlösung. Die apokalyptische !qm¸om-Christologie verdunkelt ein wenig diese bedeutende christliche Lehre,235 aber bestreitet oder verletzt sie nicht. Wir können bis jetzt nur feststellen, dass die !qm¸omMetapher durch zwei inhaltliche Merkmale charakterisiert ist: (1) durch Verwundbarkeit und (2) durch eine Volk-Gottes-Metaphorik. Die Wechselwirkung dieser Merkmale führt zu einer paradoxen und ekklesiologischen Figur in der Apk. Die Unklarheit und die fehlende Traditionalität der !qm¸omBezeichnung waren Voraussetzungen dafür, dass der Verfasser der Apk das Bild eines „Märtyrer-Kriegers“ schuf, dessen allgemeine Struktur in der hellenistisch-jüdischen Literatur bereits existierte, aber noch nicht in Form der !qm¸om-Metapher. In den folgenden Abschnitten führen wir die Untersuchung der apokalyptischen Lammchristologie in ihrem eigenen Kontext durch.
2.2.3 Das !qm_om als innovative Verbindung von Gegensätzen Nachdem die herkömmliche Bedeutung der !qm¸om-Metapher dekonstruiert wurde, argumentiere ich in diesem Teil für die positive Aussage der Teilthese 1: Das Lamm ist sowohl Märtyrer als auch Sieger. Darin liegt die Innovation der apokalyptischen Lammchristologie. Der Nachweis dafür wird als soziolinguistische Motivuntersuchung in drei Gedankengängen durchgeführt, die ich zunächst unkommentiert vorstelle, um sie anschließend abschnittsweise zu erläutern: (1) Jesus wird mit Hilfe der !qm¸om-Metapher als Gegenspieler zur Macht des hgq¸om dargestellt; (2) Jesus nimmt zugleich die Rolle des Märtyrers und des Kämpfers ein; und (3) die apokalyptische !qm¸om-Metapher transformiert den geschichtlichen Jesus in ein dialektisches Symbol. Mit diesen drei Gedankengängen soll nachgewiesen werden, dass die !qm¸om-Metapher durch Verbindung zweier widersprüchlicher Züge eine Innovation über die Überlieferungen hinaus darstellt. 235 Gegen Hohnjec, Das Lamm, 158.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
75
2.2.3.1 Soziolinguistische Überlegung 1: Das !qm¸om als Gegenspieler des hgq¸om Ich werde in diesem Abschnitt zeigen, dass in der Apk das !qm¸om als Antihgq¸om definiert werden soll und gleichzeitig das hgq¸om als Anti-!qm¸om zu verstehen ist. Falls das richtig ist, finden wir eine umfassende Erklärung dafür, warum das griechische Wort !qm¸om vom Autor der Apk anderen Wörtern vorgezogen wurde. Wir beginnen mit einer Analyse des Wortpaares !qm¸om und hgq¸om im Lichte des ¸om-Morphems. Das ¸om-Morphem in der Endung beider Wörter kann das Geheimnis des !qm¸om lüften: Ohne hgq¸om als Gegensatz hätte der Autor der Apk nicht !qm¸om bei seiner Wortwahl anderen viel näher liegenden Wörtern vorgezogen. Diese beiden Leitwörter in der Apk sind in ihrer lautlichen Form ähnlich, in ihrem Inhalt aber Gegensätze. Dass die Apk der Lautgestalt eines Wortes einen tieferen Sinn beilegen kann, ist auch sonst gut bezeugt. In Apk 9,11 ist z. B. vom )pokk¼ym, dem Verderber, die Rede, der Leser aber soll aufgrund des Gleichklangs auch an den griechischen Gott Apollon denken. In der Apk gibt es insgesamt 914 Lexeme mit 9.851 Wörtern. Neben dem !qm¸om kann man insgesamt 2.345 Nomen in allen grammatischen Formen finden. Tab. 7, die in absteigender Reihenfolge von links nach rechts zu lesen ist, stellt die häufigsten Nomina dar. Tabelle 7. Die häufigsten Nomina in der Apk236 Grundform
A
F
1. heºr
–
2. c/
A
F
96 12. pºkir
–
27 27. laqtuq¸a
9 19
–
82 13. aQ¾m
–
26
l²qtur
5 19
3. %ccekor
–
67 13. h²kassa
–
26
laqtuq´y
4 19
4. vym¶
–
55 13. pOq
–
26
laqt¼qiom
1 19
f`om
–
52 16. %mhqypor
–
24 33. kºcor
– 18
17 50 17. j¼qior
–
23 35. we¸q
– 16
13 50 18. 5hmor
–
23 35. maºr
– 16
5. fy¶
f²y
Grundform
Grundform
A F
236 Die Statistik-Daten wurden aus „BibleWorks 8.0 CD-Rom« erhoben. Sie lassen sich durch das Werk von Kurt Aland kontrollieren (VKGNT I/1, 90–1). Ich fasse sachlich zusammengehörige Wörter wie fy¶, und f²y in einer Gruppe zusammen. A bedeutet in der Tabelle: die Aufgliederung nach verwandten Wörtern (Cognate) in einer Gruppe, F die Frequenz eines Wortes oder einer Gruppe; Kursivschrift = Nicht-Nomen
76
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
(Fortsetzung) Grundform
A
F
6. hgq¸om
–
7. basike¼r
A
F
39 20. stºla
–
22 35. pkgc¶
– 16
21 38 21. Bl´qa
–
21 35. Vppor
– 16
basike¸a
9
38 21. 1nous¸a
–
21 39. ‚IgsoOr
– 14
basike¼y
7
38 21. vuk¶
–
21 39. doOkor
– 14
bas¸kissa
1
38 21. pqov¶tgr
8
21 39. !st¶q
– 14
7
21 42. Fkior
– 13
8. wiki²r
Grundform
Grundform
A F
19 30
pqovgte¸a
w¸kioi
6
30
xeudopqov¶tgr 3
21 42. svqac¸r
– 13
wik¸aqwor
2
30
Pqovgte¼y
2
21 42. dq²jym
– 13
pqov/tir
1
21 42. pistºr
8 13
–
20
p¸stir
4 13
25. 1jjkgs¸a
–
20
%pistor
1 13
27. cum¶
–
19 46. d¼malir
– 12
27. h²mator
–
19 46. pqesb¼teqor – 12
w¸kioi diajºsioi 2n¶jomta w¸kioi 2najºsioi 9. !qm¸om
10. bibk¸om
2
30 25. 5qcom
1
30
–
29 27. aXla
–
19 46. japmºr
– 12
23 28 27. jevakg´
–
19 46. vi²kg
– 12
bibkaq¸diom 3
28 27. dºna
b¸bkor
28
2
Don²fy
17 19 2
19
Summe = 1.223 (52.2 % der Apk. Nomen)
Tab. 7 gibt Hinweise darauf, dass hgq¸om (7. Rang) und !qm¸om (10. Rang) vergleichbar sind. Sie bilden ein Wortpaar, das der Autor der Apk absichtlich als Gegensatz präsentiert: 1)
Beide, !qm¸om und hgq¸om, sind Substantive mit einem ¸om-Morphem.237 In Übersetzungen geht das verloren; die den griechischen Morphemen inhärente Bedeutung ist in gewissem Sinne unübersetzbar.
237 Vgl. Robertson, Grammar, 66. 154–6.197.273; Mussies, Morphology, 108–11. Walters, The Text of the Septuagint. its corruptions and their Emendation, Cambridge: Cambridge University Press, 1973, 46–54, bes. 46–47.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
77
2)
Beide, !qm¸om und hgq¸om, haben einen einsilbigen Wortstamm, der -¸om vorausgeht;238 auch das geht bei der Übersetzung verloren. 3) Nach Tab. 7 ist hgq¸om das häufigste (39x), !qm¸om das zweithäufigste ¸omNomen (29x); beide Größen liegen hinsichtlich der Zahl ihres Vorkommens nicht allzu sehr auseinander.239 4) Abgesehen von dailºmiom sind nur !qm¸om und hgq¸om lebendige Wesen mit einer ¸om-Endung in der Apk. 5) hgq¸om bedeutet in alltäglicher Sprache „Tier“ (vgl. Apk 6,8); !qm¸om gehört ebenfalls zur Kategorie der „Tiere“. 6) Die !qm¸om- wie die hgq¸om-Metapher sind in der Apk singulär und symbolisieren wahrscheinlich einen Menschen, genauer: einen Mann.240 7) Beide, !qm¸om und hgq¸om, sind mehr als alltägliche Tiere in der Apk,241 sie sind Metaphern und Bilder. 8) hgq¸om ist die häufigste dämonisierte Gestalt in der Apk,242 !qm¸om die häufigste christologische Bezeichnung Jesu.243 9) Beide, !qm¸om und hgq¸om, sind jeweils als zweite Person in eine Triade eingebunden. 10) Beim ersten Auftreten der beiden Wörter – !qm¸om in Apk 5,6, hgq¸om in Apk 11,7 – begegnet jeweils der Nominativ, also eine Form mit einer ¸omEndung; die durch -¸om gegebene Beziehung zwischen beiden Wörtern prägt sich als erster Eindruck dem Leser und jeder Audienz ein. 11) In Apk 13,8 wird hgq¸om mit !qm¸om durch eine Vergleichpartikel bzw. durch floia verbunden und verglichen: Ja· eWdom %kko hgq¸om !maba?mom 1j t/r c/r, ja· eWwem j´qata d¼o floia !qm¸\ ja· 1k²kei ¢r dq²jym. 12) Es gibt in der Apk kein anderes Wort mit der Endung -¸om, das alle oben genannten Eigenschaften hat.
238 Mussies, Morphology, 108–11. 239 Es gibt ungefähr 19 ¸om-Nomina in der Apk: bibk¸om (23x); husiast¶qiom (8x); Rl²tiom (7x); wqus¸om (5x); lust¶qiom (4x); pot¶qiom (4x); dailºmiom (3x); bibkaq¸diom (3x); dgm²qiom (3x); s²qdiom (2x); st²diom (2x); eqacc´kiom (1x); laqt¼qiom (1x); Bli¾qiom (1x); jatoijgt¶qiom (1x); jokk[o]¼qiom (1x); top²fiom (1x). 240 Mussies, Morphology, 138: „neuter which in apocalyptic literature [most likely] symbolize male persons“. 241 Heutzutage gibt es noch Schafe oder Lämmer oder Widder (z. B. Hebridean und Jacob in Großbritannien, Navajo Churro und Painted Desert in den USA), die vier Hörner haben. Manx Loaghtan in Großbritannien kann vier oder sechs Hörner haben. Aber man fand bisher kein Lamm oder keinen Widder mit sieben Hörnern und sieben Augen (vgl. Apk 5,6), deshalb muss man das apokalyptische !qm¸om als ein mythologisches Wesen wie die Sphinx ansehen. 242 Nach Tab. 7 ist dq²jym (13x) die zweithäufigste dämonisierte Figur in der Apk. 243 Nach Tab. 7 begegnet j¼qior 23x, aber auch als Bezeichnung dessen, der „auf dem Thron sitzt“, meint also neben Gott als zweithäufigste christologische Bezeichnung in der Apk Jesus. Der Eigenname YgsoOr begegnet 14x, ist aber kein christologischer Titel.
78
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Die Beobachtungen Hurtgens zu anderen griechischen Literaturtechniken der Apk, die auf phonetischen Wiederholungen und Anklängen basieren244 (wie die Initial- und Mesial-Alliteration,245 Parechesis246 und Paronomasia247 sowie der Parallelismus248) sprechen dafür, dass er auch das !qm¸om-hgq¸om-Paar als literarische Struktur entwarf. Auch Hasitschka hat gesehen, dass das Lamm eine literarische Angleichung an das Tier sein könnte,249 aber er bezieht die griechischen Wörter (!qm¸om und hgq¸om) nicht in ihrem Wortlaut aufeinander. Er argumentiert mit dem Inhalt der Texte.250 Zwar wurde der Vorschlag Hatsitschkas zurückgewiesen,251 aber die sieben von Hatsitschka herausgestellten literarisch-inhaltlichen Vergleichspunkte zwischen !qm¸om und hgq¸om sind tatsächlich vorhanden (siehe: Tab. 12). Sie stützen die These, dass das !qm¸om ein Gegenbild der hgq¸om-Macht ist. Den !qm¸om-hgq¸om-Gegensatz stellt der Autor der Apk in einer Weise dar, dass deutlich wird: Er will nicht nur einen mythologischen, sondern einen 244 Hurtgen, Anti-language in the Apocalypse of John, Lewiston u. a.: Mellen Biblical, 1993, 104.109 f.116; Robertson, Grammar, 1194–1208; BDF, 258–9. 245 Vgl. Apk 13,1: je´ qata … jevak²r … jeq²tym … jevak²r; ferner Apk 13,8; 13,16; 13,18. 246 Parechesis oder Homonym bedeutet: „recurrence of different words of similar sounds / the assonance of different words (appears in old combinations from the folk-speech)“ (BDF 258). 247 Paronomasia bedeutet: „recurrence of same word or word stem in close proximity“ (BDF 258), Vgl. Apk 12,4: Ja· b dq²jym 6stgjem 1m¾piom t/r cumaij¹r t/r lekko¼sgr teje?m, Vma ftam t´jgü t¹ t´jmom aqt/r jatav²cg. Weitere Beispiele: Apk 12,10; 13,6; 13,15. 248 z. B. Apk 13,10: eU tir eQr aQwlakys¸am, eQr aQwlakys¸am rp²cei7 eU tir 1m lawa¸q, !pojtamh/mai aqt¹m 1m lawa¸q, !pojtamh/mai 249 Hasitschka,. „Überwunden“: 488: „Gegenbild und Kontrastbild zum Lamm ist das „Tier“, Sinnbild für sich selbst verabsolutierende irdische Staatmacht.“ 250 Die sieben Argumente von Hasitschka, „Überwunden“: 488, Anm. 5. sind: „(i) Das Lamm ist gekennzeichnet durch die Todeswunde, und es trägt zugleich sieben Hörner (5,6) – eines der Häupter des Tieres trägt eine Todeswunde, die geheilt ist (13,3.12.14), und das Tier ist ausgestattet mit 10 Hörnern (13,1); (ii) das Lamm empfängt durch Gott das Buch sowie Macht (5,7.12), und es erwirbt für Gott Menschen – aus allen Völkern (5,9), – das Tier enthält durch den Drachen Macht (13,2) und er herrscht über alle Völker (13,7); (iii) die Engel und die ganze Schöpfung huldigen Gott und dem Lamm (5,8–14) – alle Bewohner der Erde beten den Drachen und das Tier an (13,4; 13,8 vgl. auch 13,12.15); (iv) für Jesus sind Zeugen und Propheten tätig – im Dienste des Tieres steht der falsche Prophet (13,11–18; 16,13; 19,20; 20,10); (v) das Bild vom Lamm ist verbunden mit dem Bild vom himmlischen Jerusalem (Offb 21–22), dieses ist die Braut und Frau des Lammes (19,7; 21,2.9) – mit dem Bild vom Tier ist verknüpft das Bild von der großen Stadt Babylon (Offb 17–18), diese wird dargestellt als „große Hure“ (17,1; 19,2); (vi) das Lamm ist Herr der Herrn und König der Könige (17,14; 19,16) – die Menschen, die das Tier anbeten, sagen: „Wer ist dem Tier gleich, wer kann den Kampf mit ihm aufnehmen? (13,4)“; und (vii) jene, die dem Lamm folgen, tragen den Namen des Lammes auf ihrer Stirn (14,1 vgl. 7,3; 22,4) – Jene, die unter der Herrschaft des Tieres stehen, tragen sein Kennzeichen auf ihrer rechten Hand oder Stirn (13,16; vgl. 14,9.11; 16,2; 19,20; 20,4).“ 251 Herghelegiu, Wolken, 200.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
79
sozialen Gegensatz darstellen. Er denkt an Spannungen zwischen Antagonistengruppen: zwischen Urchristentum und Vertretern des Römischen Reichs; vielleicht auch an Aufständische aus dem römisch-jüdischen Krieg. Diese sozialen Spannungen schildert die Apk mit den Farben einer „Antilanguage“:252 „According to Halliday, anti-language arises when the alternative reality is a counter-reality, set up in opposition to some established norm … it is thus not the distance between the two realities but the tension between them that is significant … There is not only distance but also tension in the language of Revelation, as it reflects group and anti-group, society (of the Beast) and anti-society (of the Lamb).“ „The tension that the anti-language creates in the seven tableaux (11,19–15,4) are between God and the dragon, beast and Lamb, good angel and bad angel, earth-dweller and saint.“253 Der auf dem ¸om-Morphem basierende !qm¸om-hgq¸om-Gegensatz würde von jemand, der in einer ganz anderen soziolinguistischen Kultur aufgewachsen ist, gar nicht bemerkt. Soziolinguistische Semantik macht diesen Gegensatz wieder sichtbar: Das Wort !qm¸om wurde vom Verfasser der Apk ausgewählt, weil es ein Kontrastwort zu hgq¸om ist,254 und vice versa ist das Wort hgq¸om erst als Gegensatz zu !qm¸om in der Apk zentral geworden. Entscheidend ist freilich nicht diese formale Beobachtung, sondern die inhaltliche Exegese des Gegensatzpaares !qm¸om und hgq¸om in Apk 13,11 und 17,12–14. Diese beiden Texte sind ausschlaggebend, weil nur in ihnen !qm¸om und hgq¸om innerhalb von "10 Wörtern verbunden sind. Apk 17,12–14 erzählt vom Wirken des ersten hgq¸om, Apk 13,11 führt das zweite hgq¸om ein. Das zweite hgq¸om tritt in einem nicht-militärischen Kontext auf, das erste in einem militärischen Kontext. Nur in diesen beiden Texten treten das !qm¸om und das hgq¸om in direkten Kontakt zueinander. Im ersten Vers geschieht das durch Vergleichspartikel (floia): Aussehen und Stimme des hgq¸om und !qm¸om werden miteinander konfrontiert. Im zweiten Text geschieht das durch direkte Interaktion der beiden Gestalten: Mit ihren jeweiligen Anhängern kämpfen das hgq¸om und das !qm¸om gegeneinander. Apk 17,12–14 zeigt am klarsten in diesem Werk, dass sich das hgq¸om und das !qm¸om als Oppositionspaar im Krieg miteinander befinden. Eindeutig auf einen Krieg weist pokel¶sousim (Apk 17,14). Wenn man die planvolle Struktur von Apk 17,12–14 berücksichtigt, entdeckt man noch mehr Vergleichpunkte zwischen hgq¸om und !qm¸om:
252 Hurtgen, Anti-language, 12. 253 Hurtgen, Anti-language, 139–40. Nach meiner Meinung muss eine „Anti-language« im Sinne von Halliday kein Markenzeichen einer sozialen Randgruppe sein; auch jemand, der sich mit den Verlierern oder den Minderheiten identifiziert, kann eine „Anti-language“ benutzen. 254 Falls die Hypothese einer Opposition von Tier und Lamm richtig ist, steht !qm¸om wohl auch in Kontrast zu dailºmiom (3x), hgq¸om zu eqacc´kiom (1x) und laqt¼qiom (1x).
80
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Abbildung 1. Struktur von Apk 17,12–14 12a
Vorstellung von zehn Hörnern: Ja· t± d´ja j´qata $ eWder d´ja basike?r eQsim oVtimer basike¸am oupy 5kabom, !kk± 1nous¸am ¢r basike?r l¸am ¦qam kalb²mousim
12b
Erste let²-Formulierung:
13
Kriegsalliierte des hgq¸om:
let± toO hgq¸ou
oxtoi l¸am cm¾lgm 5wousim ja· tµm d¼malim ja· 1nous¸am aqt_m t` hgq¸\ didºasim 14a
Zweite let²-Formulierung: oxtoi
let± toO !qm¸ou pokel¶sousim
14b
Vorstellung des !qm¸om: ja· t¹ !qm¸om mij¶sei aqto¼r, fti j¼qior juq¸ym 1st·m ja· basike»r basik´ym
14c
Dritte let²-Formulierung: ja· oR
14d
Kriegsalliierte des !qm¸om: Jkgto· ja· 1jkejto· ja· pisto¸
‚ let aqtoO [d. h. mit dem Lamm]
Zuerst sollen hgq¸om und !qm¸om mit Hinweis auf die drei let²-Formulierungen (in 17,12b.14a.14c) in einen Zusammenhang gebracht werden. Der Gegensatz von „Tier“ und „Lamm“ führt zu einem Krieg, der durch pokel¶sousim in der Mitte der drei let²-Formulierungen hervorgehoben wird. Dabei trägt das !qm¸om den Sieg (17,14b) davon. Weil die Verben pokel¶sousim (17,14a) und mij¶sei (17,14b) Futur sind, ist das !qm¸om in der Zukunft siegreich. Offen ist, ob es auch in Vergangenheit und Gegenwart als Sieger gilt. Der Text gibt darauf keine Antwort, sondern stellt die verschiedenen Rollen des hgq¸om und des !qm¸om im Krieg heraus: Das hgq¸om spielt die Rolle des Kriegsherrn, das !qm¸om die des Siegers in diesem Krieg. Zweitens greifen das hgq¸om (17,13) und die zehn Hörner (17,12a) nach der Königsmacht (vgl. 1nous¸am ¢r basike?r). Politische Machthaber setzen dem !qm¸om Widerstand entgegen. Umgekehrt wird das Wort „Macht“ (1nous¸a) nie mit dem !qm¸om in Apk 17,12–14 verbunden. Soll dieser Krieg als Krieg zwischen „Macht“ und „Ohnmacht“ dargestellt werden? Aus dem Text erfahren wir ferner nicht, warum das hgq¸om und die zehn Hörner gegen das !qm¸om Krieg führen. Der Text bietet dazu nur zwei Vorstellungen zur Deutung ihres Verhältnisses an: (a) die Deutung der zehn Hörner als Könige in 17,12a und (b) die Herrschaft des !qm¸om über Herren und Könige in 17,14b. Die erste Vorstellung greift die Deutung der zehn Hörner als zehn Könige in
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
81
Dan 7,24 auf.255 Die Apk übernimmt aber weder st¶somtai aus DanLXX noch !mast¶somtai aus DanTheodotion, sondern wählt ein einfaches eQs¸m. Dieses einfache Verb (vgl. 1st¸m in V.14b) zeigt: Apk 17,12a fungiert in erster Linie als intertextueller Bezug auf Daniel (t± d´ja j´qata $ eWder d´ja basike?r eQsim) und dient der Dekodierung der „zehn Hörnern“ im Sinne eines Symbols der Macht. Die zweite Vorstellung – vom „Herrn der Herren, König der Könige“ (17,14b)256 – betont vor allem den Herrschaftsgedanken mit Hilfe jüdischer257 bzw. orientalischer258 Herrschaftstitel. Zwei ursprünglich verschiedene Überlieferungen wurden so in der Apk kombiniert. Gemeinsam ist ihnen die Bezugnahme auf „Könige“: Die zehn Hörner sind basike?r, das !qm¸om steht aber noch über ihnen als basike»r basik´ym. Damit bringt die Apk ihre Idee einer „normativen“ Weltordnung zum Ausdruck. Dass die zehn Könige dem hgq¸om und nicht dem !qm¸om untergeordnet sind (17,13), ist angesichts dessen, dass das !qm¸om „Herr der Herren“ und „König der Könige“ (17,14b) ist, „anormal“. Die Apk setzt dem „gegenwärtigen“ Sein (17,13) ein „Sollen“ (17,14b) entgegen. Die Berufenen, Auserwählten und Treuen (17,14d) folgen einem Ruf zur Revolution, damit sich die Weltordnung vom „Sein“ zum „Sollen“ wandelt. Drittens ist nach der Bedeutung des „Horns“ (j´qar) zu fragen. Die „zehn Hörner“ stammen aus der danielschen Tradition. Apk 17,12–14 übernimmt mindestens sechs Motive aus Daniel 7: 1) 2) 3) 4) 5) 6)
die zehn Könige: Apk 17,12a; Dan 7,24; die Hörner und das Tier: Apk 17,12; Dan 7,7; die Macht: Apk 17,12a.13 (1nous¸am); Dan 7,26 (1nous¸am [des Horns]); das Königreich: Apk 17,12a; vgl. DanLXX/DanTheodotion 7,24; den Krieg: Apk 17,14a (pokel¶sousim); Dan 7,21(pºkelom [des Horns]); den Sieg: Apk 17,14b (t¹ !qm¸om mij¶sei); DanLXX/DanTheodotion 7,21: ([das Horn] tqopo¼lemom / Uswusem).259
Die Punkte 1–6 beziehen sich auf die zehn Hörner, deren Darstellung in der Apk geringfügig geändert wurde. Anders als Daniel betont die Apk, dass die zehn Hörner für eine Zeit ohne Königreich existieren (bzw. basike¸am oupy 5kabom in Apk 17,12a). Sie haben zusammen mit dem hgq¸om noch keine Macht (1nous¸am) empfangen. In dieser Zeit hat der Apokalyptiker die „zehn Hörner“ in einer Vision geschaut ($ eWder in Apk 17,12a). Ihre Existenz hängt also nicht von ihrer aktuellen Macht (1nous¸am) ab. Falls „Macht“ die einzige Deutung des Horns (j´qar) ist, wäre für antike Leser klar, dass die zehn Hörner des 255 256 257 258 259
Giesen, 384; Beale, 878. Apk 19,16; 1Tim 6,15. Dan 4,37; äthHen 9,4; vgl. Beale, 881; Aune III, 953–4. Giesen, 384; Aune III, 954–5. Vgl. Beale, 880.
82
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Tieres mächtiger als die sieben Hörner des !qm¸om sind.260 Sie bedeuten Krieg. Das machen die Punkte 5–6 klar. Obwohl der Krieg ursprünglich eher von dem einen Horn als von den zehn Hörnern geführt wird, verbindet die Apk alle zehn Hörner mit einem militärischen Konflikt. Gleichzeitig gibt es in Apk 17,12–14 eine dramatische Änderung beim Sieg: Der Sieg gehört nicht mehr dem danielschen Horn, sondern dem apokalyptischen !qm¸om.261 Auch die „eine Stunde“ der Machtverleihung (l¸am ¦qam; 17,12a) stammt nicht aus Dan 7.262 Sie betont die Plötzlichkeit der Machtübernahme und des Kriegs. Das Symbol der „zehn Hörner“ warnt auch vor einem plötzlichen Krieg, !qm¸om bedeutet dagegen eine Garantie des Siegs in diesem Krieg. Die enge Beziehung von hgq¸om und !qm¸om lässt sich durch Apk 17,12–14 belegen, wo beide in einem Kriegskontext erscheinen. Apk 13,11, der andere Text, in dem das ¸om-Gegensatzpaar sich direkt berührt, ist dagegen ohne militärischen Kontext. In Apk 13,11 werden hgq¸om und !qm¸om durch Vergleich erstmals direkt verbunden. Der Ausdruck floia !qm¸\ bringt jedem Leser die Vergleichbarkeit zwischen hgq¸om und !qm¸om zum Bewusstsein. Hier wird absichtlich ein Kontrast herausgearbeitet. Aufgrund dieses Kontrastbildes wird man sich an das vorhergehende Vorkommen von !qm¸om in der Apk erinnern. Das !qm¸om stand schon in vorhergehenden Texten im Vordergrund. Deshalb wird man spätestens durch j´qata d¼o floia !qm¸\ (Apk 13,11)263 angeregt, über weitere Entsprechungen und Gegensätze zwischen !qm¸om und hgq¸om nachzudenken. Dabei ist die Frage, ob das hgq¸om das !qm¸om verfälschend nachahmt,264 weniger wichtig. Stattdessen sollten wir fragen: Wem war das hgq¸om durch sein Aussehen ähnlich? Wer sind die potenziellen Zielgruppen des hgq¸om? Hat das !qm¸om vergleichbare Zielgruppen? Diese Fragen richten ihr Augenmerk darauf, dass das hgq¸om und das !qm¸om auf einem ideologischen Markt konkurrieren. In Apk 13,12 finden wir den Auftrag des hgq¸om: ja· poie? tµm c/m ja· to»r 1m aqt0 jatoijoOmtar Vma pqosjum¶sousim t¹ hgq¸om t¹ pq_tom (ELB: und es veranlasst die Erde und die auf ihr wohnen, dass sie das erste Tier anbeten). Aufgrund der Vergleichbarkeit von hgq¸om und !qm¸om stellt sich die Frage: Hat das !qm¸om in der Apk ebenfalls solch einen Auftrag? In Apk 14,1–3 gibt es 144.000 Menschen, „die erkauft sind von der Erde“ und ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier lebendigen 260 Giesen, 384, versteht die „zehn“ Hörner als „Symbol für die begrenzte Macht gottwidriger Mächte“. Beale, 878, deutet die „sieben“ Hörner auf Vollmacht. 261 Beale, 880. 262 Der Sprachgebrauch könnte aus DanLXX 4,17 (1m ¦qô liø t/r Bl´qar) stammen, aber es gibt keine direkte Anspielung darauf (gegen Beale, 879). Der Ausdruck ist zweideutig. Falls er sich auf 1nous¸am ¢r basike?r bezieht, weist er auf eine kurze Regierungszeit (vgl. Beale, 879). Dass er kalb²mousim modifiziert, ist in diesen Kontext allerdings wahrscheinlicher. 263 Vgl. Aune II, 157. 264 Vgl. Giesen, 311. Dass das „Tier“ vom Lande dem johanneischen „Antichristen“ (1Joh 2,18.22; 4,3; 2Joh 7) entspricht, soll man nicht vorschnell annehmen.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
83
Wesen und den Ältesten singen – als sichtbares Zeichen und Symbol des erfolgreich durchgeführten !qm¸om-Auftrags (vgl. Apk 5,9–10). In Apk 13,11–18 finden wir den Antagonismus einer Gruppe, die aufgrund ihrer Verweigerung der hgq¸om-Anbetung getötet wurde (Apk 13,15), und einer Gruppe von Anhängern und Nachfolgern des hgq¸om (Apk 13,16). Das führt zu der weiteren Frage: Hat auch das !qm¸om sowohl eine Gemeinschaft von Nachfolgern als auch von Gegnern? Beide, die Nachfolger des !qm¸om (Apk 14,1–5) wie seine Gegner (Apk 14,9–11), sind in Apk 14 unmittelbar nebeneinander zu finden. Dabei sind die Nachfolger des hgq¸om die Gegner des !qm¸om und die Nachfolger des !qm¸om die Gegner des hgq¸om. Die ganze Erde (vgl. Apk 13,12 tµm c/m mit 14,3 !p¹ t/r c/r) ist ihr Konkurrenzmarkt. Das !qm¸om ist der potenzielle Hauptkonkurrent des hgq¸om auf dem ideologischen Konkurrenzmarkt. Noch schärfer ist der Kontrast, der mit 1k²kei ¢r dq²jym (Apk 13,11)265 geschaffen wird. Die verführende Stimme des Tieres vom Land (Apk 13,14) und die lästernde Stimme des Tieres aus dem Meer (Apk 13,1.5.6) kontrastieren mit dem Schweigen des Lammes. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Die Gotteslästerung des hgq¸om kontrastiert mit der Verherrlichung Gottes durch die !qm¸om-Nachfolger (Apk 14,3–4). Ebenso wird die Irreführung durch das hgq¸om der Aufrichtigkeit und Wahrheit des Zeugnisses der !qm¸omNachfolger (Apk 14,5) entgegengesetzt. Martyrologische Kritiker der Herrschaft kontrastieren mit solchen, die sich an die Herrschaftsideologie anpassen (vgl. Apk 13,15 mit 14,9–11). Offensichtlich will der Autor der Apk nicht nur das !qm¸om, sondern auch die ihm zugehörige Zeugengemeinschaft als Gegenspieler der Macht des hgq¸om darstellen. Darüber hinaus soll Apk 13,11–18 vermutlich an zwei Eigenarten des wahren !qm¸om erinnern. Wenn das visionär geschaute Tier vom Land hier mit „j´qata d¼o floia !qm¸\“ (13,11) dargestellt wird, erinnert das den Leser an das Lamm, das sieben Hörner hat. Wenn das Tier aus dem Meer eine geheilte Todeswunde durch das Schwert hat (13,12.14), muss der Leser an das geschlachtete Lamm (bzw. das Zeichen des Märtyrers) denken. So dienen zwei Motive im Text dazu, nicht bloß Entsprechungen zwischen Tier und Lamm zu signalisieren, sondern auch dazu, an das !qm¸om als Märtyrer-Krieger zu erinnern. Apk 13,11 und 17,12–14 zeigen in zwei verschiedenen Kontexten, dass hgq¸om und !qm¸om als Kontrastbilder eines ¸om-Gegensatzpaares gestaltet sind. Dabei werden zwei Eigenarten des !qm¸om mit dem „Tier“ kontrastiert: Das !qm¸om ist Sieger im militärischen Krieg gegen das hgq¸om und sein Hauptkonkurrent in der nicht-militärischen, ideologischen Konkurrenz.
265 Vgl. Aune II, 157.
84
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Zum Motiv des hgq¸om in der 1berlieferung Wortuntersuchungen zeigen, dass das hgq¸om nicht nur Symbol der Macht, sondern in jüdischen Schriften auch Symbol der Fremdherrschaft ist.
hgq¸om in der hellenistisch-römischen Welt Diese Arbeit bietet keine vollständige Wortuntersuchung des Gebrauchs von hgq¸om in der hellenistisch-römischen Welt. Doch kann man mit Hilfe der TLG-Datenbank feststellen, dass die Apk den Gebrauch von singulären Formen des Wortes hgq¸om dadurch erhöhte, dass sie dieses Wort neben !qm¸om stellte. Tab. 8266 ist nach der Frequenz der singulären Formen von hgq¸om in absteigender Reihenfolge geordnet. Sie zeigt, dass das Wort hgq¸om im 1. Jh. n. Chr. in der hellenistisch-römischen Welt oft benutzt wurde; es ist 657x belegt.267 Bemerkenswert ist, dass hgq¸om oft im Kontext kaiserzeitlicher Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe als Teil der damaligen Unterhaltungskultur auftrat. Solch ein Kontext findet sich für die Zeit der Zerstörung Jerusalems im Zusammenhang mit Titus (Jos. Bell. 7,38).268 Sind die Tiere in Apk 6,8 (nur hier ist von Tieren im Plural die Rede) auch Tiere in den Gladiatorenspiele (und implizieren dann auch Kriegsgefangene als Opfer), weil der Vers in einem Militärkontext steht? Wie die folgende Tabelle zeigt, war Plutarch nach der TLG-Datenbank der häufigste Nutzer des Wortes hgq¸om im 1. Jh. n. Chr.; er bringt es 217x in allen Formen und 68x im Singular. Allerdings schreibt er nur einmal !qm¸om, und nicht im selben Kontext wie hgq¸om. Obwohl der Apokalyptiker das hgq¸om nur 39x in allen Formen wählte, ist er der zweithäufigste Nutzer des Singulars (38x). Zugleich belegte er den ersten Platz für den Gebrauch von !qm¸om (29x). Der Vergleich mit zeitgenössischen griechischen Schriften zeigt eine auffällige Erhöhung des Gebrauchs der Opposition von !qm¸om – hgq¸om, die auch soziolinguistisch relevant ist. Für die Opposition von hgq¸om und !qm¸om im selben Werk gibt es vor der Apk keinen vergleichbaren Befund. Erst nach der Apk und wahrscheinlich unter ihrem Einfluss finden wir diese Opposition. Hippolytus269 (3. Jh. n. Chr.), 266 Auch Tab. 8 präsentiert die Resultate meiner Suche auf der TLG-Datenbank. 267 Das Wort !qm¸om begegnet nur 41x, !lmºr 27x, p²swa 46x, !q¶m 88x und pqºbatom 256x. 268 Nach Jos. Bell. 7,38 wurden nach der Eroberung Jerusalems viele Kriegsgefangene in Tierspielen getötet. In den Augen der Römer bedeuteten die hgq¸a die Bestrafung der Aufständischen und zugleich eine Feier. Aber in den Augen der Kriegsgefangenen waren sie ein Zeichen für die Grausamkeit der römischen Herrschaft. 269 Achelis, Hippolyt, 38,4.8.9; 39,3; 48,4.5.7.20.21; 49,2.7.9.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
85
Oecumenius270 (6. Jh. n. Chr.) und Andreas271 (6–7. Jh. n. Chr.) sind Beispiele für eine Verbindung von hgq¸om und !qm¸om im selben Kontext. Quelle von Tab. 8 (nur hgq¸om im Singular: Apk u. NTsiehe Tab. 11; Jos. siehe Tab. 10) [i] Plut. Thes. 8,2; 9,1; Quaest. Rom. 6,3; Thes. et Rom. 1,5; Lyc. 18,1; Aem. Paul. 26,6; Pelop. 29,5; Philop. 10,9; Pyr. 20,4.6; Mar. 46,1; Caes. 66,10; Ag. et Cleo. 57,4; Cic. 46,6; Demetr. 27,6.7; 48,1; 49,2; Anton. 86,2.5; Dion 16,2; Amico. (St.) S.52c; 54b; Capi. (St.) S.86e; Superst. (St.) S.170a; Imper. (St.) S.195a; Apophth. Lacon. (St.) S.234a; Minor. (St.) S.310e; Fort. Rom. (St.) S.321a; Alex. Fort. Virt. (St.) S.344a; Is. et Os. 376e; Orac. (St.) S.414a; 414b (2x); 418b; 642c; Mor. (St.) S.447c (2x); Cohi. (St.) S.462e; Amore (St.) S.494c; Quaest. Conv. (St.) S.670e; Praec. Ger. Reip. (St.) S.800c; Aqua. (St.) S.956; SAnimal. (St.) S.962c; 968b.c; 969b (2x); 972c; 981e; 982c; 984b.c; 985e; BAnimal. (St.) S.985e.f; 987 f; 991a; 992e (2x); Comm. Not. (St.) S.1064a; Col. (St.) S.1119b; Fr. 117; 119; 136; 137; 200; Prov. Alex. Fr. 9 (2x); [ii] Pseud-Apollod. Bibl. 1,39.55.98; 2,31.57.75.81.82.83.126.178; 3,37.101.170; [iii] Kyran. 1,5.7; 2,1.2.30.40(2x); 3,1; 4,9 (2x).20.23.68; [iv] Dio Chrys. Or. 2,2.69; 5,15.26.27; 7,50; 9,12; 32,28; 74,23 (2x); [v] Arrian. Alex. An. 5,18,6; Hist. Ind. 14,4; Cyn. 3,5; 16,4.6; 20,1; 23,1.4; 24,3; [vi] PseudKlem. Jac. 2,6; Hom. 3,21,2; 8,19,1; 12,6,3; Sym. 74 (2x); Pet. 145; 146; [vii] Epict. Diss. 2,9.10; 3,23; 4,1.5.8.11; [viii] Diosc. Mat. Med. 2,124; 3,134; 4,24.76; [ix] Appian. Bell. Civil. 2,14.15.16; 4,13; [x] Apoll. Sophist. S.92; 101(2x); [xi] TestAbrA 19; TestAbrB 2; [xii] Apion Fr. 53 (2x); [xiii] Harp. Lexicon S.86; 177; [xiv] Teu. Sign. 7,207 (2x); [xv] Thes. Herb. 1,11,2.3; [xvi] Muson. Diss. 10; 14; [xvii] Anony-Lond. Ia. 33; [xviii] Pseud-Diosc. Animal. 30; [xix] Barn. 4,5a; [xx] Soran. Gyn. 3,29,5; [xxi] Suet. Blas. 4; [xxii] vgl. Ign. Tr. 1,2; Sm. 4,1.2(2x); Eph. 7,1.4; R. 4,1(2x).2; 5,2.3.
Danach hat das Wort hgq¸om keine sozialpolitische Bedeutung als Symbol für „Macht, Herrschaft und Politiker“ bei den hellenistisch-römischen Schriftstellern im 1. Jh. n. Chr. Ausnahme sind jüdische Schriften. Das sogenannte „M´qyma (Nero) als hgq¸om“-Zitat272 findet sich erst im 3. Jh. n. Chr. bei Flavius Philostratus.273 Ethelbert Stauffer (20. Jh. n. Chr.) war der erste Wissenschaftler, der die „Bestie“ als geheimen Schimpfnamen Domitians bei Römern und Griechen, Juden und Christen ins Spiel brachte.274 Allerdings belegte er seine Behauptung nicht. Nach der TLG-Datenbank ist nur bei Dio Cassius (2–3. Jh. n. Chr.) belegbar, dass Domitian und das Wort hgq¸oir in einem engeren Kontext (Hist. Rom. 67,14,2) vorkommen. Dabei handelt es sich aber um keinen Schimpfnamen, sondern um Tierkämpfe. 270 Hoskier, Oecumenius, 148,27; 149,2.3; 155,4.6.8.11.27; 162,23; 163,5; 169,6; 188,2.3; 189,23.25; 190,3. 271 Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, 1. Teil, Text, 1955, MThS.HE, München: Karl Zink, 1955–6, pinax 1; 13,37 (Apk 13,11); 14,42 (Apk 14,9–10); 18,54 (17,13–4). 272 Kayser, Opera 1, 4,38: Zeile 6 (M´qyma) und Zeile 27 (hgq¸om). 273 Flavius Philostratus schrieb 71x hgq¸om in allen Formen. 30x davon im Singular. 274 Stauffer, „666,“ in: Coniectanea Neotestamentica XI in honorem Antonii Fridrichsen sexagenarii, CNT 11, Lund: Gleerup, 1947, 237–41, bes. 239.
86
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Tabelle 8. Das hgq¸om bei hellenistisch-römischen Schriftstellern Oppositionspaar hgq¸om
!qm¸om
Alle Formen Singuläre Formen
Alle Formen
Jahrhunderte
Anz. %
Anz. %
Gesamtzahl (8. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.)
2099 100
Anz. % 642 100
66 100
8. Jh. v. Chr.
5
0,2
4
0,6
0
0
7. Jh. v. Chr.
4
0,2
1
0,1
0
0
6. Jh. v. Chr.
32
1,5
15
2,3
7
10,6
5. Jh. v. Chr.
272
13,0
82
12,8
1
1,5
4. Jh. v. Chr.
294
14,0
129
20,1
6
9,1
3. Jh. v. Chr.
198
9,4
52
8,1
2
3,0
2. Jh. v. Chr.
115
5,5
35
5,5
0
0
1. Jh. v. Chr.
358
17,1
88
13,7
3
4,6
LXX
164
7,8
25
3,9
6
9,1
1. Jh. n. Chr.
657
31,3
211
32,9
41
62,1
[i]
217
33,0
68
32,2
1
2,44
Apk
39
5,9
38
18,0
29
70,72
Pseudo-Apollodorus[ii]
17
2,6
14
6,7
0
0
Josephus
49
7,5
13
6,2
3
7,32
Kyraniden[iii]
27
4,1
13
6,2
3
7,32
Dio Chrysostomus (der Redner)[iv]
75
11,4
10
4,8
0
0
Flavius Arrianus (der Historiker)[v]
30
4,6
9
4,3
0
0
Clemens Romanus[vi]
12
1,8
8
3,8
3
7,32
Epiktet (der Philosoph)[vii]
12
1,8
7
3,3
0
0
Dioscorides Pedanius (der Arzt)[viii]
37
5,6
4
1,9
0
0
Appianus (der Historiker)[ix]
26
4,0
4
1,9
0
0
Plutarchos
87
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen (Fortsetzung) Oppositionspaar hgq¸om
Jahrhunderte Apollonius (der Sophist)[x]
!qm¸om
Alle Formen Singuläre Formen
Alle Formen
Anz. %
Anz. %
Anz. %
10
1,5
3
1,4
0
0
7
1,1
3
1,4
1
2,44
10
1,5
2
0,9
0
0
Apion (der Grammatiker)[xii]
6
0,9
2
0,9
0
0
Harpocration (der Grammatiker)[xiii]
6
0,9
2
0,9
0
0
Teucer (der Astronom)[xiv]
4
0,6
2
0,9
0
0
Thessalus (der Astronom)[xv]
4
0,6
2
0,9
0
0
Musonius Rufus (der Philosoph)[xvi]
3
0,5
2
0,9
0
0
Anonymus Londinensis[xvii]
9
1,4
1
0,5
0
0
Pseudo-Dioscorides[xviii]
5
0,8
1
0,5
0
0
Barnabasbrief[xix]
4
0,6
1
0,5
0
0
Soranus[xx]
1
0,2
1
0,5
0
0
Suetonius[xxi]
1
0,2
1
0,5
0
0
Ignatius von Antiochien[xxii]
11
1,7
0
0
1
2,44
Übrige in 1. Jh. n. Chr.
35
5,3
0
0
0
0
NT außer Apk Testamentum Abrahae[xi]
hgq¸om in der Septuaginta Dieser Abschnitt versucht nachzuweisen, dass das danielsche hgq¸om einen signifikanten Einfluss auf die Formation des apokalyptischen hgq¸om (zumal des Tieres aus dem Meer) hatte. hgq¸om (im Plural) hat am Anfang der Bibel meist eine positive oder neutrale Bedeutung. Tiere werden als eine Art der Geschöpfe kategorisiert (vgl. Lev 17,13 hgq¸om im Singular). In der Genesis wird das hgq¸om in der Alltagswelt nicht negativ bewertet. hgq¸om muss vielmehr durch ein negatives Adjektiv (Gen 37,20.33: hgq¸om pomgqºm; vgl. Lev 26,6: hgq¸a pomgq²) qualifiziert werden, um im Kontext eine negative Be-
88
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
deutung zu signalisieren. In Ex 23,29; Lev 26,22 und Dtn 7,22 sind Tiere eine potenzielle Bedrohung für menschlichen Besitz. Seit Lev 11,27 können Tiere ferner unrein sein. Tiere gehören auch zum historischen Gericht Gottes über sein Volk in Dtn 28,26; 32,24. Die Tora kennt aber noch kein figuratives oder mythisches hgq¸om. Die Aussage in JosLXX 23,5 (!posteke? aqto?r t± hgq¸a t± %cqia 6yr #m 1nokehqe¼s, aqto»r ja· to»r basike?r aqt_m !p¹ pqos¾pou rl_m), die nicht in der hebräischen Bibel gefunden werden kann, ist eine Weiterentwicklung der Aussagen im Dtn, meint aber kein Gericht Gottes gegen sein Volk, sondern gegen benachbarte Feinde. 1Kön 17,46 geht in dieselbe Richtung wie JosLXX 23,5. Dass die Leichname zur Beute der Raubtiere werden (Dtn 28,26; 1Kön 17,46; 2Kön 21,10), wird als Unglück angesehen. Tab. 9 zeigt, dass das Wort hgq¸om in den Psalmen, den Psalmen Salomons und bei Jeremia überhaupt nicht vorkommt, obwohl ein !qm¸om jeweils in PsLXX 113,4.6; PsSal 8,23 und JerLXX 11,19; 27,45 auftritt. Neben den 8 Belegen von hgq¸om (im Plural) im Jesajabuch gibt es in seiner griechischen Fassung ein Vorkommen in Jes 5,29 im Singular: „[Er/Sie/Es] wird packen und wie ein Tier brausen“ (1pik¶lxetai ja· bo¶sei ¢r hgq¸ou). Es ist fraglich, wer das Subjekt der beiden Verben ist. Es könnte der „Herr“ (Jes 5,25) oder die „Nation“ sein (Jes 5,26: 5hmesim als Kollektiv in 5,29). Beide Optionen bereiten Schwierigkeiten: Wie kann ein „Herr“ wie ein wildes Tier brausen? Wie kann der Plural „Nation“ zu beiden Verben von Jes 5,29 passen? Falls die letztere Option richtig wäre, hätten wir hier mit „Tier“ eine Fremdherrschaft oder Macht beschrieben. Am wichtigsten ist das sieben- bzw. neunfache Vorkommen des Wortes hgq¸om im Singular in der LXX-Rezension (bzw. der Theodotion-Rezension) von Daniel. Das danielsche hgq¸om bedeutet weder einen König, noch eine Macht, sondern eine Fremdherrschaft wie Babylon.
hgq¸om im Corpus Judaeo-Hellenisticum Dieser Abschnitt soll zeigen, dass neben dem danielschem hgq¸om eine ergänzende Idee der Fremdheit bei der Formation des Apk. singulären hgq¸om (zumal des Tieres vom Land) eine Rolle spielte. Wie Tab. 10 zeigt, enthält Philo 6 Belege für hgq¸om im Singular:275 Nach Abr. 2 (§7–8) ist der Mensch ohne Hoffnung, nach Abr. 6 (§32–3) ist der ungerechte Mensch ein „Tier“. Auf dieser Linie liegt es, wenn Philo den Politiker mit einer Tiermetapher in Verbindung bringt: Er wird von Leidenschaften, vor allem von seiner Ruhmsucht, wie ein Tier zerrissen: 275 Ebr. 42 (§174) meint ein auffälliges Tier, Som. 2,7 (§65–6) deutet das Tier, das Joseph angeblich geraubt und gefressen hat, allegorisch als verfehltes Leben.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen Tabelle 9. hgq¸om in LXX LXX-Bücher
hgq¸om Alle Formen
!qm¸om Singuläre Formen
Genesis[i]
19
3
0
Exodus[ii]
2
0
0
Leviticus[iii]
5
1
0
Numeri
0
0
0
Deuteronomium[iv]
3
0
0
29
4
0
Josua[v]
1
0
0
1.Könige[vi] (= 1SamMT)
1
0
0
2.Könige[vii] (= 2SamMT)
1
0
0
4.Könige[viii] (= 2KönMT)
1
0
0
2.Chronik[ix]
2
0
0
(Tora) Geschichtsbücher / Leges
Judit[x]
1
0
0
[xi]
1.Makkabäer
7
3
0
2.Makkabäer[xii]
5
0
0
3.Makkabäer[xiii]
8
0
0
27
3
0
Psalmen[xiv]
7
0
2
Oden[xv]
2
0
0
Hiob[xvi]
5
0
0
Weisheit Salomos[xvii]
4
0
0
Sirach[xviii]
4
0
0
2
0
1
24
0
3
8
0
0
Geschichtsbücher / Historiae
Psalmen Salomos
[xix]
Lehrbücher / Libri Poetici 12 Propheten[xx]
89
90
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
(Fortsetzung) LXX-Bücher
hgq¸om Alle Formen
Jesaja[xxi]
!qm¸om Singuläre Formen
9
1
1
[xxii]
Jeremia
7
0
2
Baruch[xxiii]
2
0
0
Hesekiel[xxiv]
17
1
0
DanielLXX (DanielTheodotion)[xxv]
17 (24)
7 (9)
0
Propheten / Libri Prophetici
60 (67)
9 (11)
3
140 (147)
16 (18)
6
Gesamtzahl
Quelle von Tab. 9 (Fettdruck = hgq¸om im Singular; Quelle von !qm¸om siehe Tab. 3) [i] Gen 1,24.25.30; 2,19.20; 3,1.14; 6,19; 7,14.21; 8,1.17.19; 9,2.5.10; 37,20.33(2x); [ii] Ex 23,11.29; [iii] Lev 11,27; 17,13; 25,7; 26,6.22; [iv] Dtn 7,22; 28,26; 32,24; [v] Jos 23,5; [vi] 1Kön 17,46; [vii] 2Kön 21,10; [viii]4Kön 14,9; [ix] 2Chr 25,18 (2x); [x] Jdt 11,7; [xi] 1Makk 6,35.36.37.43 (2x); 11,56; [xii] 2Makk 5,27; 9,15; 10,6; 15,20.21; [xiii] 3Makk 4,9; 5,23.29.42.45.47; 6,16.21; [xiv] Ps 49,10; 67,13; 73,19; 78,2; 103,11. 20; 148,10; [xv] Oden 2,24; 8,81; [xvi] Hiob 5,22; 37,8; 39,15; 40,15; 41,17; [xvii] Weish 7,20; 12,9; 16,5; 17,18; [xviii] Sir 10,11; 12,13; 17,4; 39,30; [xix] PsSal 4,19; 13,3; [xx] Hos 2,14.20; 4,3; 13,8; Hab 2,17; Zef 2,14 (2x). 15; [xxi] Jes 5,29; 13,21; 18,6 (2x); 35,9; 43,20; 46,1; 56,9 (2x); [xxii]Jer 7,33; 12,9; 15,3; 16,4; 19,7; 34,6; 41,20; [xxiii] Bar 3,16; 6,68; [xxiv] Hes 5,17; 14,15(2x).21; 17,23; 29,5; 31,6.13; 32,4; 33,27; 34,5.8.25.28; 38,20; 39,4.17; [xxv] DanLXX 2,38; 3,81; 4,12.15.17.33; 7,3.5.6(2x).7(2x).11.17.19.23; 8,4; DanTheodotian 2,38; 3,81; 4,12.14.15.16.21.23.25.32; 5,21; 7,3.5.6(2x).7(2x).11.17.12.19 (2x).23; 8,4. „Er wird auch als ein von wilden Tieren (hgq¸om) Zerrissener dargestellt; denn ein ungezähmtes Tier ist die auf der Lauer liegende eitle Ruhmsucht, die alle, die von ihr erfüllt sind, anpackt und vernichtet. Die Käufer aber verkaufen ihn weiter; denn die Staatsmänner (pokiteuol´mym) haben zum Herrn nicht einen Mann, sondern einen Volkshaufen und zwar in beständigem Wechsel immer wieder andere; sie wechseln aber nach Art schlechter Sklaven die Herren, denn bei ihrem ungleichmäßigen, habgierigen und neuerungssüchtigen Charakter halten sie es bei den früheren nicht aus.“ (Ios. 7 (§32–6 übs. L. Cohn).
Der Tiersymbolik der Apk nähern wir uns bei Josephus. Wie Tab. 10 zeigt, enthalten seine Werke 13x ein hgq¸om im Singular.276 Bemerkenswert ist, dass
276 In Jos. Ant. 5,8,5 (§287) ist ein Löwe gemeint; in 9,9,2 (§197–8) ist das „Tier“ in einer Fabel
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
91
Tabelle 10. hgq¸om im Corpus Judaeo-Hellenisticum Verfasser oder Werke
hgq¸om Alle Formen
!qm¸om Singuläre Formen
Philo von Alexandrien[i]
70
6
1
Flavius Josephus[ii]
49
13
3
Apk[iii]
39
38
29
Quelle von Tab. 10 (Fettdruck = hgq¸om im Singular; Quelle von !qm¸om siehe Tab. 5 u. 6) [i] Philo Op. Mund. 64; 153; Leg. All. 2,9(4x).11(3x).12.53.71.106; 3,65.107.113; Poster. C. 160; Agric. 91; Plant. 43; Ebr. 174; Conf. Ling. 24; Rer. Div. Her. 137; Som. 1,49; 2,54.65.66; Abr. 8; 33; 149; Ios. 14; 22; 36; Vit. Mos. 1,43.109; Decal. 80; 110; 113; 114; 115; Spec. Leg. 1,301; 3,45.57.99.103.115; 4,103.119; Virt. 87; Praem. Poen. 85; 87; 88 (2x); 91; Omn. Prob. Lib. 89; Vit. Cont. 8; Flacc. 66; 188; Leg. Gai. 131; 139; 163; Prov. 2,14.56.58.65.70; QG 1,74; 2,26a; QG isf 10; QE 2,25a; 2Ebr. Fr. 1; [ii] Jos. Ant. 1,59 (2x); 2,35.36.38.303; 3,96.97; 5,287; 6,183; 9,197; 10,216.242.258.260.262; 14,210; 15,273.275; 16,137.315; 17,117.120.309; Bell. 1,43.429.465. 587.589.624.627.632; 2,377; 3,385; 4,174.263.325.425.540; 5,4.86.383; 6,418; 7,24.38.373; Ap. 2,128.139.269. [iii] Apk 6,8; 11,7; 13,1.2.3.4(3x).11.12(2x).14(2x).15(3x).17.18; 14,9.11; 15,2; 16,2.10.13; 17,3.7.8 (2x).11.12.13.16.17; 18,2; 19,19.20(2x); 20,4.10.
Josephus die Regierungszeit von Herodes als Herrschaft einer Bestie, eines hgq¸om, darstellt. Da es sich um die nächsten Parallelen zum Wortgebrauch der Apk handelt, seien diese Stellen wörtlich angeführt:277 Herodes beschuldigt seinen eigenen Sohn Antipater, er habe ihn als „Bestie“ ermorden wollen. Sklavinnen bezeugen, dass er wiederholt gesagt habe: „Herodes werde wohl jetzt, nachdem er Alexander und Aristobulus beseitigt habe, auch gegen sie und ihre Frauen wüten; vor dem, der eine Mariamne und deren Kinder habe umbringen können, sei eben niemand mehr sicher. Es sei daher geratener, dieser Bestie (hgq¸ou) soweit als möglich aus dem Wege zu gehen. … Kein Vater habe je seine Kinder so gehasst, wie Herodes (gGq¾dgm), aber noch größer sei sein Bruderhass. So habe er ihm jüngst hundert Talente gegeben, damit er mit Pheroras kein Wort mehr spreche. Auf dessen Frage, was er denn dem König zuleide getan, habe Antipater erwidert: „Wir können schon zufrieden sein, wenn er, nachdem er uns alles gePolemik gegen einen König; in 5,1,1 (§3–4) vergleicht Josephus die Zeloten mit einem tollwütigen Tier; vgl. noch Bell. 1,1,5 (§43); 5,9,4 (§383). 277 Den Hinweis auf die Gleichsetzung von Herodes mit einem „Tier“ verdanke ich meiner Frau Louise Tsui Yuk und ihrer Dissertation über „Herodes als Symbol der Fremdherrschaft“, Diss.theol. Heidelberg 2008.
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nommen, uns nur das nackte Leben lässt. Aber es ist unmöglich, einem so mordgierigen Ungeheuer (hgq¸om) zu entrinnen, das es nicht einmal gern sieht, wenn man anderen offen seine Zuneigung beweist.“ (Jos. Bell. 1,30,3 [§586.589]) Im Prozess beschuldigt Herodes Antipater nun seinerseits als eine „Bestie“: „Diese schreckliche Bestie (hgq¸om) jedoch missbrauchte meine Geduld und kehrte ihre ganze Wut gegen mich. Mein Leben dauerte Antipater zu lange, mein Alter ward ihm unbequem, und nicht anders als durch Vatermord wollte er König werden. . . Siehe dich also vor, Varus! Ich kenne das Ungeheuer (hgq¸om), ich sehe schon voraus, wie er sich den Schein der Glaubwürdigkeit zu geben und durch sein heuchlerisches Gewinsel Eindruck zu machen versuchen wird.“ (Jos. Bell. 1,32,2 [§624.627]). Im Parallelbericht in den Antiquitates hält Nikolaus von Damaskus eine Anklagerede. Auch hier spielt das Schimpfwort „Tier“ oder „Bestie“ eine wichtige Rolle: „Ja, du begnügtest dich nicht damit deine Mutter in deine verbrecherischen Anschläge zu verwickeln, sondern zerstörtest auch das gute Einvernehmen zwischen deinen Brüdern und wagtest es, deinen Vater dem wilden Tiere (hgq¸om) zu vergleichen.“ (Jos. Ant. 17,5,5 [§120]. „Wie lange denn Varus, willst du den König noch den Verunglimpfungen seiner Verwandten aussetzten? Wann endlich gedenkst du dieses Ungeheuer (hgq¸om) von einem Menschen zu vertilgen, das um seinen Brüdern den Untergang zu bereiten, Liebe zu seinem Vater heuchelt und, da es im Begriffe steht, den Thron zu besteigen, diesen seinen Vater verderben will? Es kann dir ja nicht unbekannt sein, dass der Vatermord sowohl ein Verbrechen gegen die Natur als gegen das Leben des einzelnen Menschen ist, und dass schon der bloße Gedanke daran der wirklichen. Ausführung der Freveltat nicht nachsteht. Wahrlich, wer dagegen nicht mit Strenge einschreitet, begeht selbst ein Verbrechen gegen die Natur!“ (Jos. Ant. 17,5,5 [§120] übs. H. Clementz) Nach dem Tod des Herodes klagen jüdische Gesandte über seine Regierungszeit und vergleichen ihn mit einem hgq¸om (einem Tyrannen mit unkontrollierbarer Macht vgl. §304): „Nicht reden wolle man davon, wie er mit der größten Schamlosigkeit Frauen und Jungfrauen geschändet habe, weil es den Geschändeten fast mehr zum Trost gereiche, dass die Misshandlungen verborgen blieben, als dass sie nicht geschehen sein möchten. Kurz, sie seien von Herodes (gGq¾dgm) so misshandelt worden, dass ein wildes Tier (hgq¸om) ihnen wohl keine schlimmeren Unbilden hätte antun können, wenn es zur Herrschaft über sie gelangt wäre. Zwar sei ihr Volk auch schon früher von schweren Unglücksfällen heimgesucht und zu Auswanderungen gezwungen worden; aber es komme doch in der Geschichte kein Beispiel einer Drangsal vor, die mit dem gegenwärtigen Elend, welches Herodes (gGq¾dgr) heraufbeschworen, verglichen werden könne. Deshalb hätten sie auch zunächst mit gutem Grund den Archelaus freudig als König begrüßt, da sie überzeugt gewesen seien, es könne nicht leicht ein Nachfolger des Herodes (gGq¾dou), wer es auch sei, diesen an Härte übertreffen.“ (Jos. Ant. 17,11,2 [§309–11] übs. H. Clementz)
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Wenn man bedenkt, dass Josephus und der Verfasser der Apk Zeitgenossen waren – beide schreiben nach der Zerstörung Jerusalems, beide stammen aus Palästina –, so kann man diese Parallelen nicht hoch genug einschätzen. Was in den Berichten über Herodes ein metaphorisches „Schimpfwort“ für einen Tyrannen ist („Tier“, „Bestie“), wird in der Apk zu einem Mythos vom Chaostier, das die Weltordnung in Frage stellt. Gemeinsam ist aber, dass die Tiermetapher auf politische Machthaber übertragen wird. Wir haben hier einige Belege für einen soziopolitischen Gebrauch von hgq¸om in jüdischen Schriften. In den neutestamentlichen Schriften ist das singulär, auch wenn hier gelegentlich von einem „Tier“ die Rede ist.278 Wir können nun unsere Überlegungen zu den hgq¸om-Überlieferungen zusammenfassen: Die Apk symbolisiert in ihrem hgq¸om-Bild eine (Fremd-) Herrschaft mit der zu ihr gehörenden Ideologie. Die Verwendung der Tiermetapher bei Philo und besonders bei Josephus macht verständlich, warum das Tier in der Apk zum Symbol einer bedrohlichen politischen Macht werden konnte. Apk 13,1–10 ist nach der Daniel-Tradition gestaltet, Apk 13,11–18 folgt allgemeinen jüdischen Traditionen.279
Apk 13 im Vergleich zu Apk 5 Warum werden beide Figuren des Bösen nur in Apk 13, aber nicht in den übrigen Texten der Apk mit der gleichen Bezeichnung hgq¸om (vv. 1.2.4.5.11.12.14.15.17.18 bzw. v.11) bezeichnet? Wurden sie nur in diesem Kapitel einheitlich gestaltet, damit das hgq¸om mit dem !qm¸om verglichen werden kann? Soll mit Hilfe des ¸om-Morphems die Kontrastierung zwischen hgq¸om und !qm¸om auf beide Tiere ausgeweitet werden? Ich bringe dazu zwei Überlegungen, um sie danach zu erläutern: 1) Das in Apk 13 vorgestellte hgq¸om-Bild hebt sowohl die Unbesiegbarkeit eines Eroberers (vv. 1–10) als auch das Wortzeugnis eines Propagandisten (vv. 11–18) hervor. Der Eroberer ist boshaft und wirkt entmutigend, der Propagandist verführt und täuscht. 2) Das in Apk 5 dargestellte !qm¸om und die mit ihm verbundenen Motive 278 Mk 1,13; Apg 11,6; 28,4.5; Tit 1,12; Hebr 12,20; Jak 3,7; Apk 6,8; 11,7; 13,1.2.3.4(3x).11.12 (2x).14(2x).15(3x);17.18; 14,9.11; 15,2; 16,2.10.13; 17,3.7.8(2x).11.12.13.16.17; 18,2; 19,19.20 (2x); 20,4.10. 279 Das apk Tier vom Land wird oft als Überarbeitung des Mythos von Leviatan-Behemot gedeutet (Aune II, 755). Aber das ist nicht sicher: Leviatan wird nirgendwo als hgq¸om in der LXX übersetzt (vgl. Hiob 3,8; 40,25; Ps 74,14; Jes 27,1) und Behemot wird in Hiob 40,15 durch den Plural (hgq¸a) wiedergegeben. Auch Dan 8,3 ist als religionsgeschichtlicher Ursprung von Apk 13,11 keineswegs gesichert (gg. Aune II, 757; Beale, 707), da hier von einem jqiºr die Rede ist. Wahrscheinlich hat die Apk das Bild innovativ, wenn auch nicht ganz „selbständig“ (gg. Giesen, 311) gestaltet.
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erinnern in Apk 13 an den Sieg des Märtyrers im Kampf (vv. 1–10) als auch an das Augenzeugnis und das Martyrium des Kämpfers (vv. 11–18). Falls sich diese zwei Überlegungen bewähren, würde das bedeuten: hgq¸om bedeutet Eroberer und Propagandist, !qm¸om dagegen ein Märtyrer-Krieger.
Die zwei Seiten des hgq¸om in Apk 13 Das hgq¸om existiert in zwei Gestalten (vv. 1–10 und vv. 11–18), die in Apk 13 einen einheitlichen Komplex bilden. Die zwei Gestalten verkörpern zwei Aspekte des hgq¸om-Zeichens: den Krieger und den Propagandisten. Zunächst ist dass hgq¸om ein Krieger. Apk 13,4 fragt: „Wer ist dem Tier gleich, und wer kann mit ihm [d. h. hgq¸om] kämpfen (pokel/sai)?“ Weiterhin stellt es einen Angreifer dar, der mit den Heiligen Krieg führt (Apk 13,7a: poi/sai pºkelom let± t_m "c¸ym). Es ist nach Apk 13,7b Eroberer der ganzen Welt (1dºhg aqt` 1nous¸a 1p· p÷sam vukµm ja· ka¹m ja· ck_ssam ja· 5hmor). Durch die Aussicht auf „Gefangenschaft“ (13,10a: aQwlakys¸am) werden die Eroberten gedemütigt und durch Androhung des Todes entmutigt: „Wenn jemand mit dem Schwert getötet werden soll, dann wird er mit dem Schwert getötet werden“ (Apk 13,10b). Dadurch erhält das hgq¸om bösartige Züge. Lange begegnet es keinem unbesiegbaren Feind (vgl. vv. 4.7).280 Es ist ein Sieger. Apk 13,3 betont nicht nur seine Unsterblichkeit (B pkgcµ toO ham²tou aqtoO 1heqape¼hg), sondern auch seine Unbesiegbarkeit. Der Militärkontext von Apk 13,1–10 spricht für diese Interpretation von ¢r 1svacl´mgm eQr h²matom (13,3), ebenso die Schwertwunde: tµm pkgcµm t/r lawa¸qgr (13,14). Das hgq¸om ist ein entmutigender und bösartiger Krieger, dessen Unbesiegbarkeit ins Licht gerückt wird. Auf der anderen Seite wirkt das zweite hgq¸om als Propagandist. Es treibt anhand von Zeichen Propaganda für das erste Tier bei den Bewohnern auf Erden, damit sie es anbeten (Apk 13,12: Vma pqosjum¶sousim t¹ hgq¸om t¹ pq_tom). Weiterhin überredet (Apk 13,14: k´cym)281 es die Bewohner auf Erden, dem hgq¸om ein Bild zu machen (13,14: poi/sai eQjºma t` hgq¸\). Darüber hinaus will es „allesamt, die Kleinen und Großen, die Reichen und Armen, die Freien und Sklaven“ (13,16) dazu bewegen, das Malzeichen des hgq¸om (13,17) zu übernehmen. Seine Propaganda ist sowohl irreführend (Apk 13,14: pkamø), kontrollierend (13,17: l¶ tir d¼mgtai !coq²sai C pyk/sai) als auch repressiv bis hin zur Tötung (13,15: !pojtamh_sim). Das einzige Wortzeugnis, das durch k´cym signalisiert wird und für das erste hgq¸om abgelegt wird, ist nach Apk 13,14, dass sie „dem Tier, das die Wunde vom Schwert hatte und lebendig geworden war“ ein Bild machen sollen. Das hgq¸om ist ein in die 280 Vgl. Giesen, 306. 281 Zu k´cym als „befehlen“ vgl. Beale, 710.
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Irre führender und mörderischer Propagandist, dessen Wortzeugnis betont wird. Es ist festzuhalten: In Apk 13 spielt hgq¸om einerseits die Rolle des bösartigen und entmutigenden Kriegers (vv. 1–10), andererseits die Rolle des irreführenden und mörderischen Propagandisten (vv. 11–18). Unbesiegbarkeit (v. 3) und Wortzeugnis (v. 14) sind seine Merkmale. Die hgq¸om-Gestalt entspricht der Rolle eines „Kriegers und Propagandisten“. Die Aufnahme von Apk 5 in Apk 13 Die in Apk 13 dargestellten hgq¸om-Gestalten haben zwei Seiten, die nicht zufällig zwei Seiten der !qm¸om-Vorstellung widerspiegeln. In beiden Textabschnitten von Apk 13 wird das !qm¸om-Zeichen mit Absicht (in 13,8 und 13,11) eingeführt. Die Aussagen weisen auf zwei charakteristische Seiten des !qm¸om hin. In Apk 13,1–10 steht das hgq¸om in Kontrast (13,8 vgl. 13,3) zu dem in Apk 5 dargestellten !qm¸om, wird aber mit ihm auch durch ein gemeinsames Thema (13,4.7) verbunden. Nicht nur das !qm¸om (Apk 13,3), auch das hgq¸om (13,8) ist geschlachtet. Der Ausdruck in 13,3 (¢r 1svacl´mgm)282 erinnert an „¢r 1svacl´mom“ in Apk 5,6. Das „Schlachten“ des hgq¸om findet wahrscheinlich auf dem Schlachtfeld statt und ist eher militärisch als kultisch zu interpretieren. Im Gegensatz zum hgq¸om wird sich das in Apk 5 dargestellte !qm¸om in Apk 13,8 als kämpferischer Märtyrer dem Gedächtnis einprägen. Zweitens ist in „Leben“ (fy¶) ein Kontrast angelegt. Das Gegenteil ist der „Tod“ des hgq¸om trotz dessen Heilung. Durch seine Schwertwunde (Apk 13,14 vgl. 13,12) ist das hgq¸om tödlich verwundet worden. Es tötet seine Feinde mit dem Schwert (vgl. das zweimalige 1m lawa¸q, !pojtamh/mai in Apk 13,10). Das hgq¸om ist Symbol eines heimtückischen Vorgehens (Apk 13,10b). Das geschlachtete !qm¸om symbolisiert dagegen „Leben“, wie Apk 13,8 im Bild des Lebensbuches sagt (t/r fy/r toO !qm¸ou toO 1svacl´mou). In Apk 13,1–10 bietet das Lebensbuch des !qm¸om den einzigen „Ausweg“ an. Das !qm¸om ist auf diese Weise nicht nur ein Zeichen für das Leben sondern auch ein Zeichen für Lebensrettung, die den Getöteten in Apk 13,10b angeboten wird. Zugleich ist das !qm¸om ein Zeichen der Lebenshoffnung für die Gefangenen (13,10a), während das hgq¸om für sie ein entmutigendes Zeichen ist. Das !qm¸om ist somit Gegenbegriff zu hgq¸om: beide sind angreifende Krieger, der eine steht für Tod, der andere zeugt für das Leben. Die Frage in Apk 13,4: „Wer ist dem Tier gleich, und wer kann mit ihm kämpfen?“ ist rhetorisch. Als Antwort auf die Frage kommt nur das !qm¸om in Frage, auch wenn es nicht direkt genannt wird. Der Sieg des hgq¸om (13,7: 282 Vgl. Beale, 702.
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mij/sai) hat eine Entsprechung in Apk 5,5, wo 1m¸jgsem sich auf den bezieht, der das versiegelte Buch öffnet. Im Lichte der militärischen Deutung des „Siegs“ von Apk 13,7 erhält auch der „Sieg“ von Apk 5,5 eine „militärische“ Färbung. Der Kampf wird in Apk 17,12–14 stattfinden.283 Der Sieg des !qm¸om (Apk 5) und die Unbesiegbarkeit des hgq¸om (Apk 13) bauen den Hintergrund für diesen Krieg in Apk 17,12–14 auf. Mit Hilfe der soeben besprochenen direkten und indirekten Vergleiche ist das !qm¸om ein kämpferischer Märtyrer im Kontrast zum hgq¸om als eroberndem Krieger. Auch im zweiten Teil unseres Textes (in Apk 13,11–18) findet man einen Kontrast (13,11a) zwischen dem hgq¸om und dem in Apk 5 dargestellten !qm¸om sowie ein gemeinsames Thema, das sie beide verbindet (Apk 13,11b.14). Auffallend ist die Charakterisierung des zweiten Tieres durch „zwei Hörner wie ein Lamm“ (Apk 13,11a: j´qata d¼o floia !qm¸\). Das zweite hgq¸om wird hier direkt mit einem !qm¸om verglichen.284 Seine zwei Hörner erinnern an das siebenhörnige !qm¸om in Apk 5,6. Die Hörner signalisieren Kampfkraft. Der Leser soll nicht vergessen, dass auch das zweite hgq¸om aggressiv ist (Apk 13,15; vgl. 13,17), obwohl es hauptsächlich die Rolle des Propagandisten spielt. Das in Apk 13,14 erwähnte „Schwert“ weist nicht nur auf Ruhe und Frieden. Die „zwei Hörner“ sollen daher wie die „zehn Hörner“ auch vor dem Krieg warnen (vgl. Apk 16,13–14; 19,19–20). Sie bringen das sieben-„hörnige“ Lamm (Apk 5,5) und den Löwen aus dem Stamm Juda (Apk 5,5) in Erinnerung. Mit dem zwei-„hörnigen“ mörderischen Propagandisten von Apk 13,11–18 kontrastiert das sieben-„hörnige“ Lamm als Märtyrer und Kämpfer. Das !qm¸om ist auch in dieser Hinsicht Gegenbegriff zum hgq¸om. Die Charakterisierung des zweiten Tiers durch „zwei Hörner wie ein Lamm“ (Apk 13,11a) wird durch den Satz: „und er redete wie ein Drachen“ (Apk 13,11b: ja· 1k²kei ¢r dq²jym), ergänzt. Sofern die zwei Hörner mit den sieben Hörnern (Apk 5,6) verglichen werden, wird indirekt auch an die mit den sieben Hörnern verbundenen sieben Augen (Apk 5,6) erinnert. Das !qm¸om ist der Augenzeuge Gottes. Seine „Augen“ werden „in alle Lande gesandt“ (Apk 5,6). Es verkörpert die Weisheit, von der in Apk 13,18 die Rede ist und die man braucht, um zu verstehen, was geschieht. Das zweite Tier legt als Propagandist ein Wortzeugnis für das erneuerte Leben des im Krieg verwundeten hgq¸om (Apk 13,14) ab. Das !qm¸om ist dagegen Augenzeuge Gottes. Auch es wurde getötet und errang erneut das Leben. Mit Hilfe der soeben genannten direkten und indirekten Erinnerungen wird das !qm¸om als Augenzeuge und martyrologischer Kämpfer dem hgq¸om als irreführendem und mörderischem Propagandisten entgegengesetzt. Außerhalb von Kapitel 13 gibt es in der Apk weitere Belege für das hgq¸om als ein Krieger-Bild (Apk 11,7; 16,13–14; 17,12.13; 19,19–20), das als Kontrast 283 Vgl. Beale, 880. 284 Vielleicht muss man hier !qm¸om mit „Widder“ übersetzen. Vgl. Aune II, 719. 757.
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zur Vorstellung des !qm¸om als Kämpfer (Apk 17,14) dient. Auch in diesen Belegen meint das hgq¸om-Bild eine verführende (vgl. Apk 16,13; 19,20; 20,10) und mörderische Gestalt (Apk 11,7 vgl. 6,8). Aber seine mörderische Kraft wird nicht ewig wirken. Als Kontrast dazu entwirft die Apk ein lebendiges Bild der nicht von ihm verführten Märtyrer (vgl. Apk 20,4). Wir können aus diesen Überlegungen ein Kriterium für die Interpretation formulieren: das Kriterium des Gegenbildes. Es sagt, dass die Interpretation des apokalyptischen !qm¸om von der jeweiligen hgq¸om-Auslegung abhängt. Wenn eine Aussage über die apokalyptische „Lammmetapher“ keine „Antihgq¸om-Bedeutung“ hat, wäre sie widerlegt oder zumindest unsicher. 2.2.3.2 Soziolinguistische Überlegung 2: !qm¸om statt !lmºr als Märtyrer und Kämpfer Im letzten Abschnitt (§ 2.2.3.1) wurde Jesus mit Hilfe der !qm¸om-Metapher als Gegenspieler zum hgq¸om dargestellt. In diesem Abschnitt (§ 2.2.3.2) ist zu zeigen, dass das !qm¸om zugleich die Rolle des Märtyrers und Kämpfers einnimmt. Vertiefende Analyse des Gegensatzpaares !qm¸om und hgq¸om In der Apk gibt es zahlreiche Wörter, die mit den Märtyrer- und Kriegermotiven verwandt sind. Wir untersuchen nur die wichtigsten Leitwörter. In Bezug auf (1) das Märtyrermotiv285 sowie (2) das Kriegermotiv286 werden 285 In der Forschungsgeschichte des Märtyrermotivs sind besonders wichtig: Campenhausen, Die Idee des Martyriums in der Alten Kirchen, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 11936 2 1964; Beutler, Martyria. Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zum Zeugnisthema bei Johannes, FTS 10, Frankfurt am Main: Josef Knecht, 1972, bes. 182.188; Trites, „L²qtur and Martyrdom in the Apocalypse: a Semantic Study,“ NT 15/01 (1973): 72–80; Reddish, „The Theme of Martyrdom in the Book of Revelation“ Ph.D. diss., The Southern Baptist Theological Seminary, 1982; Reddish, „Martyr Christology in the Apocalypse,“ JSNT 33 (1988): 85–95. Weitere Literatur: Lohse, Märtyrer und Gottesknecht. Untersuchungen zur urchristlichen Verkündigung vom Sühntod Jesu Christi, FRLANT 64, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1 1955 21963, 111–224; Kiddle, xlix: „The Apk is ,the greatest of all textbooks for martyrs‘.“; Rist, 347–613; Mounce, „The Christology of the Apocalypse,“ Foundations 11 (1969): 50: „The entire Apocalypse may be called a philosophy of martyrdom.“; Ford, bes. 90–1. Zum Märtyrermotiv vgl. Herghelegiu, Wolken. In Bezug auf Märtyrer-Krieger in der Apk, siehe: „Die Erwähnung des Martyriums der beiden Zeugen scheint allerdings eine christianisierte Variante eines älteren jüdischen Mythos vom Antichrist und somit die älteste Form der Tradition von den beiden Zeugen als Kämpfern gegen den Antichrist zu sein.“ (Black, „The „Two Witness“ of Rev 11,3–4 in Jewish and Christian Apocalyptic Tradition,“ in: Bammel u. a. (Hg.) Donum Gentilicium: New Testament studies in honour of David Daube, Oxford: Clarendon, 1978, 227. 235). 286 Zum göttlichen Kriegermotiv vgl. äthHen 1–5; 10,11–11,2; 25,3–6; 91,5–9; 99,3–10; 100,1–6;
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dementsprechend folgende Wörter besonders untersucht: (1) l²qtur,287 laqtuq¸a,288 laqt¼qiom289 und laqtuq´y,290 bzw. (2) mij²y,291 pºkelor292 und pokel´y.293 In der römischen Kaiserzeit finden l²qtur, laqtuq¸a und laqt¼qiom über die Sphäre des Rechtslebens hinaus eine ganz allgemeine Anwendung als Bezeugung von Wahrheit, von Tatsachen oder von Ansichten;294 laqt¼qiom ist ein Beweismittel für Wahrheit oder Tatsachen.295 L²qtur bedeutet Augenoder Ohrenzeuge im Alltag.296 Epiktet (50–138 n. Chr.) liefert die wichtigsten Beispiele für die Verwendung des Wortes l²qtur297 und verwandter Wörter; sie zeigen, dass ein Philosoph als von Zeus berufener Zeuge der stoischen Lebensweisheit angesehen wurde.298 Nach seinem Werk Diss 1,29299 meint das Wort l²qtur einen von „Gott“ berufenen Zeugen. Einfache Menschen können als l²qtur ihren eigenen Überzeugungen treu bleiben und ein Leben ohne Angst vor dem Erleiden
287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299
100,10–102,3; Sir 35[32],22b–26; 36,1–22[33,1–13a; 36,16b–22]. Vgl. Argall, 1 Enoch and Sirach: A Comparative Literary and Conceptual Analysis of the Themes of Revelation, Creation and Judgment, SBL.EJL 8, Atlanta, GA: Scholars, 1995, 167–84. 211–20; Cross, Canaanite Myth and Hebrew Epic. Essays in the History of the Religion of Israel, Cambridge, MA: HUP, 1973, 91–111; Miller, „God the Warrior: A Problem in Biblical Interpretation and Apologetics,“ Interp. 19/1 (1965): 39–46; Gombis, „Ephesians 2 as a Narrative of Divine Warfare,“ JSNT 26/4 (2004): 403–18; Ellens (Hg.), The Destructive Power of Religion: Violence in Judaism, Christianity, and Islam. Vol. 3: Models and Cases of Violence in Religion, Westport, CT; London: Praeger, 2004. 5x in drei Formen: d. h. l²qtur: Apk 1,5; 2,13; 3,14; l²qtus¸m: 11,3; laqt¼qym: 17,6. 9x in drei Formen: laqtuq¸am: Apk 1,2.9; 6,9; 11,7; 12,17; 19,10; 20,4; laqtuq¸ar: 12,11; laqtuq¸a: 19,10. 1x in der Apk d. h. laqtuq¸ou: 15,5. 4x in vier Formen: 1laqt¼qgsem: Apk 1,2; laqt¼qym: 22,16; laqtuq_: 22,18; laqtuq_m: 22,20. 17x in neun Formen: mij_mti: Apk 2,7b.17b; mij_m: 2,11b.26; 3,5.12.21a; 6,2b; 21,7; 1m¸jgsa: 3,21b; 1m¸jgsem: 5,5; mij¶s,: 6,2b; mij¶sei: 11,7; 17,14; 1m¸jgsam: 12,11; mij/sai: 13,7a; mij_mtar: 15,2. 9x in zwei Formen: pºkelor: Apk 12,7; pºkelom: 9,7.9; 11,7; 12,17; 13,7; 16,14; 19,19; 20,8. 6x in fünf Formen in der Apk d. h. pokel¶sy: 2,16; 1pok´lgsem: 12,7; pokel/sa?: 12,7; 13,4; pokel¶sousim: 17,14; pokele?: 19,11. vgl. ThWNT, 480. Plut. Quaest. Conv. (St) 8,10 (II 734 f); Dio C. Hist. Rom. 38,22,3; 44,47,1. Dio C. Hist. Rom. 41,33,1: „That is precisely why I have called you together, to make you witnesses (l²qtuqar) as well as spectators of my words (kecul´mym) and deeds (poi¶sylai).“ Hier spricht Cäsar in einer Rede in Placentia vor seinen Soldaten. Epict. Diss. 1,29,46.47; 3,22,88. vgl. ThWNT, 483–4. Epict. Diss. 1,29: „… As a witness summoned by God (¡r l²qtur rp¹ toO heoO jejkgl´mor laqt¼qgsom). Come forward, you, and bear testimony for me, for you are worthy (%nior) to be brought forward as a witness (l²qtur) by me: is any thing external to the will good or bad? do I hurt any man? have I made every man’s interest dependent on any man except himself ? …“ Hier finden wir einige Vergleichspunkte zur Apk.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen
99
des Todes300 unter einem Tyrannen führen, da nur dem Körper des Schwächeren, nicht aber seinem Willen durch einen Stärkeren Schaden zugefügt werden kann. Die praktische Haltung eines Zeugen ist wirksamer als dessen mündliches Zeugnis.301 Diss. 3,24,110 betont: Es gilt oq kºc] !kk’ 5qc\. Nach der neutestamentlichen „Zeugnis“-Kategorie von Louw-Nida302 hat NT elf verwandte Wörter von „laqtu-“. Es sind: (1) laqtuq´y; (2) laqt¼qiom; (3) laqtuq¸a; (4) l²qtur; (5) sullaqtuq´y; (6) sumepilaqtuq´y; (7) jatalaqtuq´y; (8) xeudolaqtuq´y; (9) xeudolaqtuq¸a; (10) xeudol²qtur und (11) !l²qtuqor. Zusätzlich sollten (12) laqt¼qolai; (13) dialaqt¼qolai; (14) 1pilaqtuq´y und (15) pqolaqt¼qolai eingeschlossen werden.303 Auf den ersten Blick schneiden die „laqtu“-Wörter die Frage an, ob etwas wahr oder unwahr („xeudo-“), nachweisbar oder nicht nachweisbar („sul-“/„!-“), begründet oder nicht („dia-“/„1pi-“) ist und auf welche Seite man sich stellt („sumepi-“/„jata-“). Diese Arbeit setzt das Ergebnis der bisherigen Forschung voraus, dass sich laqtuq¸a, laqt¼qiom und laqtuq´y zur Zeit der Apk noch nicht zu technischen Termini entwickelt hatten. Die Trennung des allgemeinen „Zeugnis“Konzepts vom Konzept des Martyriums ist eine moderne Idee. Von Anfang an erfuhren die ersten Christen eine Verbindung von Zeugnis und Märtyrertod. Jeder urchristliche Zeuge konnte ein Märtyrer werden. Zur Zeit der Apk hatte sich l²qtur zwar in der langue noch nicht zu einem technischen Terminus entwickelt. Die Apk gebraucht l²qtur jedoch in der parole schon wie einen technischen Terminus. Die Gründe dafür sind: 1) An allen Stellen, an denen der Begriff vorkommt, gibt es eine Beziehung zu einem Bezeugen durch den Tod (Apk 1,5; 2,13; 3,14; 11,3 vgl. 11,7; 17,6). 2) Jesus selbst ist Märtyrer unter Einschluss eines „Martyriums“ (Apk 1,5). 3) Es gibt Bezeichnungen für Nicht-Märtyrer wie „Knechte“ (Apk 1,1: do¼koir), „Propheten“ (22,9: pqovgt_m). 4) Der Verfasser der Apk gehört nicht selbst in die Kategorie des l²qtur, obwohl auch er ein Zeuge (Apk 1,9: laqtuq¸am) war. Daher kann man l²qtur auch als „Märtyrer“ in der Apk verstehen. Hier bietet sich ein synchronisches Modell an,304 um die Beziehung zwischen „Zeugen“ und „Märtyrer“ zu veranschaulichen. Zur Zeit des Urchristentums gab es mindestens vier Typen von „Zeugen-Märtyrern“: (1) Zeugentätigkeit ohne Todesdrohung; (2) Zeugentätigkeit mit Gefahr für Leib und Leben; (3) Bereitschaft zum Martyrium wegen dieser Zeugentätigkeit; (4) Martyrium infolge Zeugentätigkeit. Aber es gab (5) kein Martyrium ohne 300 Epict. Diss. 1,29 weist nach, dass „Sokrates Vorbild der Überzeugungstreue ohne Rücksicht auf die Folgen … ist“ (vgl. ThWNT, 483). 301 Vgl. ThWNT, 484. 302 Louw-Nida I, 418–9. 303 ThWNT, 477–520. 304 Vgl. Trites, „L²qtur and Martyrdom“, 72–80.
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Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Zeugentätigkeit im Urchristentum. Somit gehört l²qtur in der Apk zu Kategorie (4).
Abbildung 2. Synchronisches Modell (Zeugen/Märtyrer)
In Bezug auf das Kriegermotiv sind folgende Wörter aus dem neutestamentlichen Wortfeld der „Militärtätigkeiten“ von Louw-Lida in der Apk zu berücksichtigen: (1) pºkelor (9x); (2) pokel´y (6x); (3) Nolva¸a (6x); (4) l²waiqa (4x); (5) stq²teula (4x); (6) wik¸aqwor (2x); (7) aQwlakys¸a (2x); und (8) Rppijºr (1x). In Bezug auf pºkelor stehen hgq¸om und !qm¸om nebeneinander im unmittelbaren Kontext (Apk 13,7.8). Mit dem hgq¸om sind dort l²waiqa (v.10) und aQwlakys¸a (v.10) verbunden. Das Tier und das Lamm begegnen einander im Kampf in Apk 17,14 (pokel¶sousim). Das hgq¸om und sein Heer (stq²teula) sammeln sich in Apk 19,19, während Christus als der König der Könige, Herr der Herren, der in 19,16 den gleichen Titel wie das !qm¸om in 17,14 führt, seine himmlische Armee in den Krieg führt (19,14). Wenn sich die wik¸aqwoi (Apk 6,15) vor dem Zorn des !qm¸om (6,16) verbergen, so weist das auf einen militärischen Kontext. Das Wort mij²y bedeutet in der Antike nicht nur einen Sieg im sportlichen Wettkampf oder im Rechtsstreit, sondern auch im Krieg.305 In der Apk findet sich das Wort 17x. Apk 11,7; 13,7 und 17,14 bedeuten Sieg im „Krieg“ (vgl. 11,7: pºkelom; 13,7: poi/sai pºkelom; 17,14: pokel¶sousim). Die apokalyptische Verbindung von mij²y und pºkelor (Apk 11,7; 13,7) oder pokel´y (17,14) unterscheidet sich vom sonstigen urchristlichen Sprachgebrauch. Pºkelor und pokel´y bedeuten zwar – besonders in apokalyptischen Kontexten – immer „Krieg“ bzw. „Krieg führen“ (Dan 7,8.21; 9,26.27; 11,20.25; Mt 24,6//Mk 13,7//Lk 21,9 und Dan 9,26; 11,11), das Wort 305 GDWNT s.v. „mij²y“; „mij²y“ in BAGD, 673 (= Bauer-Aland 1090–91). Je ein Beispiel für den paganen und jüdischen Sprachgebrauch seien hier angeführt: Dio C. Hist. Rom. 67,11,1–2: „A certain Antonius, who was governor of Germany at this period, revolted against Domitian; … for many others have won unexpected victories (1m¸jgsam), and moreover his troops contributed to his success …“, und Jos. Bell. 7,8,6 (§326): „For our enemies, fervently though they pray to take us alive, can no more prevent this than we can now hope to defeat (mij÷m) them in battle.“
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen 101
mij²y aber bezeichnet sonst nie einen militärischen Sieg und steht auch nicht mit pºkelor oder pokel´y zusammen. Die meisten Belege für mij²y (24 von 28) finden sich in den joh Schriften (17 davon in der Apk). In ihnen bezieht sich mij²y immer auf einen Kampf zwischen Christus und der Welt (Joh 16,33) bzw. den Christen und der Welt (1Joh 2,13.14; 4,4; 5,4 [2x].5). Das passt besser zum Sprachgebrauch der Apk als die Stellen in Lk 11,22; Rom 3,4 und 12,21. Denn auch in der Apk geht es um den Konflikt zwischen dem !qm¸om als Symbol Christi und dem hgq¸om als Symbol des Weltherrschers (Apk 17,14) oder zwischen den zwei Zeugen als Vertretern der Christen und dem hgq¸om (Apk 11,7) oder zwischen den Heiligen und dem hgq¸om (Apk 13,7). Die Apk teilt hier ein gesamtjohanneisches Bedeutungsfeld. Diese kriegerischen Konnotationen des Zeugnisses in der Apk können mit Hilfe der Makkabäerbücher geklärt werden. Auffällig ist in der LXX306 die Häufung der Belege in 3Makk 1,4 und 4Makk (15x). In 3Makk 1,4 ist der Kontext Krieg (3Makk 1,1–3).307 Das Zeugnis von Juden begegnet sehr oft.308 In 4Makk 6,32–33 ist das Zeugnis (laqtuq¸am) sogar ein Sieg (mij¶samtor).309 Tatsächlich finden die Martyrien in 4Makk zur Kriegszeit statt (4Makk 7,4; 17,14).310 Hier finden wir den literarischen Boden für die Idee des siegreichen Märtyrer-Kriegers. Sogar eine Märtyrerin wird als „Kriegerin“ angesehen, obwohl sie nicht Krieg führt: § l/teq dQ eqs´beiam heoO stqati_ti pqesbOti ja· c¼mai di± jaqteq¸am ja· t¼qammom 1m¸jgsar ja· 5qcoir dumatyt´qa ja· kºcoir erq´hgr !mdqºr (4Makk 16,14). Diese Frau siegt nicht auf dem Schlachtfeld, sondern durch Werke und Worte. Die Zeugen der Apk sind ebenfalls kriegerische Sieger durch Werke und Worte (Apk 12,11: 1m¸jgsam … di± t¹m kºcom t/r laqtuq¸ar). Obgleich der Verfasser der Apk das 4. Makkabäerbuch nicht kannte und wahrscheinlich nicht kennen konnte, könnte die Vorstellung vom !qm¸om als Märtyrer-Krieger aus solch einer soziolinguistischen Umgebung stammen. Unser Ergebnis ist: Das !qm¸om und das hgq¸om gehören in eine semantische Umgebung, die voll von Märtyrer- und Kriegswörtern ist.
306 Mij²y kommt nur 27x vor. Außer Ps 50,6; Hab 3,19 nur in den Apokryphen. 307 3Makk stammt wohl aus dem letzten Drittel des 1. Jh. v. Chr. (Leonhard, Einleitung in die alttestamentlichen Apokryphen und Pseudepigraphen einschließen der großen QumranHandschriften, Heidelberg: Quelle und Meyer, 1971, 79). 308 4Makk 1,11; 3,17; 6,10. 33; 7,11; 8,2; 9,6.30; 11,20; 13,2.7; 16,14; 17,15. 309 4Makk 6,32: eQ c±q t± p²hg toO kocisloO jejqat¶jei to¼toir #m !p´dolem tµm t/r 1pijqate¸ar laqtuq¸am; 6,33: mum· d³ toO kocisloO t± p²hg mij¶samtor aqt` pqosgjºmtyr tµm t/r Bcelom¸ar pqosm´lolem 1nous¸am. 310 „Da anscheinend der Tempel noch steht, wird man das Jahr 70 n. Chr. als terminus ante quem annehmen dürfen. Vielleicht könnte man die erste Hälfte des 1. Jh. n. Chr. als Entstehungszeit vermuten.“ Leonhard, Einleitung, 82.
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Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Vertiefende Exegese des Gegensatzpaares !qm¸om und hgq¸om: Apk 5,6 ist das erste Auftreten des !qm¸om. Die Stelle ist zentral, um das !qm¸om als Märtyrer-Krieger zu verstehen. Zwei Beziehungen zu anderen Bibelstellen sind in der Apk dafür wichtig: (i) die Beziehung von Apk 5,6–10 zu 1,5–6 anhand des Wortes l²qtur und der mit dem !qm¸om verbundenen Märtyrervorstellung; (ii) ferner der Zusammenhang zwischen Apk 5,5 und Apk 17,14 anhand der Wörter pokel´y und mij²y. Bevor wir diese Beziehungen untersuchen, müssen wir zwei Fragen zu Apk 5 beantworten: 1) Warum ist !qm¸om ein Krieger? 2) Warum ist das !qm¸om ein Märtyrer? 3) Vereint das !qm¸om beide Rollen in seiner Gestalt? Das !qm¸om als Krieger Im Prolog der Thronsaalszene in Apk 5 fragt ein Engel: „Wer ist würdig (%nior), das Buch zu öffnen und seine Siegel zu brechen?“ (Apk 5,2). Nach dieser Frage weint der Seher (5,4), „weil niemand für würdig (%nior) befunden wurde, das Buch zu öffnen noch es anzublicken“ (5,4): „Und niemand in dem Himmel, auch nicht auf der Erde, auch nicht unter der Erde konnte das Buch öffnen noch es anblicken“ (5,3). Aber einer der Ältesten ermutigt ihn durch eine messianische Verkündigung:311 „Siehe, es hat überwunden (1m¸jgsem) der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, um das Buch und seine sieben Siegel zu öffnen“ (Apk 5,5). Diese Stimme erklärt auch, warum der Messias „würdig“ (%nior) ist, das Buch und seine sieben Siegel zu öffnen: Er ist „würdig“ (%nior), weil er „überwunden“ (1m¸jgsem) hat. Überraschend ist dann, dass statt des Löwen aus dem Stamm Juda bzw. statt der Wurzel Davids ein !qm¸om auftritt (Apk 5,5).312 Es „kam und nahm das Buch aus der Rechten dessen, der auf dem Thron saß“ (Apk 5,7) und öffnet später die sieben Siegel (Apk 6,1.3.5.7.9.12; 8,1). Wie wir gesehen haben, assoziiert das Verb „siegen/überwinden“ einen militärischen Kontext. Es erscheint in der Apk 17x in neun verschiedenen Formen. Außerhalb der neun Stellen in acht Überwindersprüchen313 ist der militärische Kontext immer eindeutig. In Apk 11,7; 13,7; 17,14 begegnen die Wörter „Krieg“ (pºkelom) und „Krieg führen“ (pokel¶sousim). In Apk 12,11 311 Der Löwe aus dem Stamm Juda erinnert an Gen 49,9 (auch vgl. Dtn 33,22). Die Wurzel Davids erinnert an Jes 11,10. Beide Titel werden im Frühjudentum messianisch verstanden (TestJud 24,5; Röm 1,3; 15,12; 4QPB 3 f.). Aune I, 350–1; Giesen, 163; Roloff, 74. 312 Giesen, 167. 313 Apk 2,7b.11b.17b.26; 3,5.12.21 (2x); und 21,7. Die Stellen außerhalb der Überwindersprüche sind Apk 5,5; 6,2 [2x]; 11,7; 12,11; 13,7a; 15,2; 17,14
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen 103
wird der Kriegskontext in 12,7 und 12,17 deutlich (vgl. dort „Krieg“ pºkelor und „kämpfen“ pokel/sai). In Apk 11,7 und 12,11 finden wir das Stichwort „Töten“ und „Tod“ (11,7 !pojteme? und ham²tou). Auch für Apk 6,2 sind sich die Kommentare hinsichtlich des Kriegskontextes einig,314 obwohl hier nur eine Waffe (d. h. der „Bogen“ tºnom) erwähnt wird. In Apk 15,2 werden „Sieger“ erwähnt, vorausgesetzt ist auch hier ein Prozess des Siegens, wie er in Apk 19,19–20 geschildert wird. Wenn „Siegen“ (mij²y) immer auf einen Kriegskontext weist, wird man das Verb in Apk 5,5 nicht anders deuten. Die Anspielung auf den Löwen aus dem Stamm Juda (Gen 49,9) und die Wurzel Davids (Jes 11,1) ist kriegsbezogen.315 Offensichtlich erscheint das !qm¸om in der Rolle desselben Siegers im Krieg wie in der messianischen Verkündigung in Apk 5,5. Daher kann man das !qm¸om als Krieger betrachten. Das !qm¸om als Märtyrer Der Verfasser betont, dass das !qm¸om „geschlachtet“ (sv²fy) worden ist (Apk 5,6.9.12; 13,8). Auf drei Aspekte ist hier hinzuweisen. Erstens wird das !qm¸om dreimal in Apk 5 als „geschlachtetes Lamm“ bezeichnet.316 Zweitens wird die Kennzeichnung als „geschlachtet“ ein Teil des Titels !qm¸om, wie die Wiederholung von Apk 5,12 (t¹ !qm¸om t¹ 1svacl´mom) in 13,8 (toO !qm¸ou toO 1svacl´mou) zeigt. Drittens erinnert die Hervorhebung des Bluts (Apk 5,9–10) an den Vorgang der Schlachtung. Das Verb „schlachten“ (sv²fy) erscheint achtmal mit sechs Formen in der Apk.317 Viermal beschreibt der Verfasser damit das !qm¸om (Apk 5,6.9.12; 13,8); einmal „die Seelen“ der Märtyrer (6,9); einmal alle, „die auf der Erde“ (18,24) umgebracht wurden; einmal ist einer „seiner Köpfe“ (d. h. einer der Köpfe des Tieres aus dem Meer; 13,3) gemeint. Schließlich sagt der Verfasser, dass sich die Menschen auf der Erde gegenseitig abschlachten (Apk 6,4). 314 Der Kriegskontext ist sicher, obwohl die Identität des Reiters umstritten ist. Zur Diskussion vgl. Aune II, 395: „The first cavalier primarily represents warfare, and each of the three following cavaliers represents one of the stereotypical evils of war: sword, famine, and plague.“; Roloff, 80: „Und zwar muss der erste Reiter auf Grund seiner Attribute als siegreicher Krieger identifiziert werden, der in seiner Gestalt Aggression und Eroberung verkörpert.“; Ritt, 44: „Der erste Reiter ist als siegreicher Kriegsheld triumphierend dargestellt.“ 315 z. B. Gen 49,8b.10: „Deine Hand wird auf dem Nacken deiner Feinde sein. Vor dir werden sich niederbeugen die Söhne deines Vaters … Nicht weicht das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen weg, bis daß der Schilo kommt, dem gehört der Gehorsam der Völker“; Jes 11,4b.10.11a: „Und er wird den Gewalttätigen schlagen mit dem Stab seines Mundes und mit dem Hauch seiner Lippen den Gottlosen töten … Und es wird geschehen zu der Zeit, daß das Reis aus der Wurzel Isais dasteht als Zeichen für die Völker. Nach ihm werden die Heiden fragen, und die Stätte, da er wohnt, wird herrlich sein. Und der Herr wird zu der Zeit zum zweiten Mal seine Hand ausstrecken, daß er den Rest seines Volks loskaufe …“ 316 Vgl. Giesen, 168. 317 D.h. 1svacl´mom: Apk 5,6.12; 1svacl´mou: 13,8; 1svacl´mym: 6,9; 18,24; 1svacl´mgm: 13,3; sv²nousim: 6,4; und 1sv²cgr: 5,9.
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Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
An allen vier Stellen, die sich nicht auf das !qm¸om beziehen, werden die „geschlachteten“ Subjekte eigentlich „ermordet“. Zweimal findet das in einer Kriegsschlacht statt. Deutlich ist das in Apk 6,4, wo der Friede von der Erde genommen wird. Einer der Köpfe des Tieres aus dem Meer wurde durch Schwert bzw. im Krieg verwundet (vgl. 13,14b: „die Wunde des Schwertes“ tµm pkgcµm t/r lawa¸qgr mit 13,3). Sowohl Apk 6,4 als auch Apk 13,14 weisen nicht auf einen kultischen Kontext. Im Kontext des Kapitels 18 fand der Tod der Propheten und Heiligen in Apk 18,24 wahrscheinlich nicht nur in einer militärischen Auseinandersetzung statt, sondern im alltäglichen Leben einer Stadt. Sie wurden umgebracht, aber werden nicht als kultische Opfer wahrgenommnen. In Apk 6,9 muss man nachdenken, ob die Seelen der Getöteten „unter dem Altar“ als Opfer angesehen werden. Obwohl die kultische Interpretation vorgeschlagen wurde, wird niemand bestreiten, dass der eigentümliche Ausdruck „unter dem Altar“ (rpoj²ty toO husiastgq¸ou)318 sich nicht auf die Darbringung als Opfer bezieht. Sicher ist nur: Der Messias tröstet die Seelen, dass sie noch eine kleine Zeit ruhen müssen, bis ihre Mitknechte und Brüder vollzählig dazukommen, die auch noch „getötet“ (!pojt´mmeshai) werden sollen „wie sie“ (¢r ja· aqto¸)“ (Apk 6,11). Auch die Mitknechte werden „getötet“ bzw. „ermordet“ (vgl. Apk 13,10). Ihr Tod aber wird nirgendwo ein „Geopfertwerden“ (h¼y) genannt. Im Lichte der nicht auf das !qm¸om bezogenen Stellen von „Schlachten“ (sv²fy) muss das Verb in Apk 5,6 in erster Linie als „umbringen“ oder „ermorden“ verstanden werden. Das Stichwort „schlachten“ gehört zum apokalyptischen Märtyrermotiv mit seinen Worten: l²qtur, laqtuq¸a, laqt¼qiom und laqtuq´y. Ein Bezug zum Opfern ist weniger selbstverständlich, als oft angenommen wird. Sicher soll die Passion des !qm¸om wie ein Martyrium im Gedächtnis bewahrt werden. Dafür, dass das Martyrium des !qm¸om als Darbringung eines Opfers wie in 4Makk 6,29 interpretiert werden kann, müsste 318 Boll, 32 verweist auf einen Altar „am südlichen Himmel, in der Milchstraße: er heißt entweder bylºr oder hut¶qiom oder huliat¶qiom (latein. ara oder turibulum) und wurde dargestellt als Opfertisch oder als Rauchfaß.“ Vgl. Manil. Astron. 1,420–432; Boll, 32–5; Malina u. Pilch, 112; Malina, Sternvisionen, 143. Trotzdem ist der Altar (husiast¶qiom) wahrscheinlich nicht heidnisch, wenn man den LXXSprachgebrauch berücksichtigt: „An example of the artificial distinction between words for an altar is the translation of x;Bez. mi by husiast¶qiom, in the Pentateuch, Joshua, Isaiah and Jeremiah, when it refers to an altar dedicated to Yahweh, while a heathen altar was rendered by bylºr.“ in: Olofsson, The LXX Version: a guide to the translation technique of the Septuagint, CB.OT 30, Stockholm: Almquist & Wiksell, 1990, 1). Vgl. byl¹m in Apg 17,23. ARN 26 (7c): „Rabbi Aqiba (um 135) hat gesagt: Wer in den übrigen Ländern (außer Babylonien u. Palästina) beerdigt ist, der ist, wie wenn er in Babel beerdigt wäre; wer in Babel beerdigt ist, der ist, wie wenn er im Lande Israel beerdigt wäre; wer im Lande Israel beerdigt ist, der ist, wie wenn er unter dem Altar beerdigt wäre, weil das ganze Land Israel für den Altar geeignet ist; wer unter dem Altar beerdigt ist, der ist wie wenn er unter dem Thron der Herrlichkeit beerdigt wäre, … “; Weil Rabbi Aqiba und die Apk zeitgenössisch sind, ist es möglich dass die Apk im Gespräch mit solch einer nationalistischen und machtrevolutionären Ideologie steht.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen 105
man jedoch einen eingehenden exegetischen Beweis bringen. In erster Linie soll man das !qm¸om als Märtyrer wahrnehmen, wahrscheinlich nicht als ein kultisches Opfer. Das !qm¸om als Märtyrer-Krieger In Apk 5 erscheint „würdig“ (%nior) 4x (d. h. Apk 5,2.4.9.12).319 „Würdig“ meint die Kompetenz, das Buch zu öffnen (Apk 5,5: Qdo» 1m¸jgsem … !mo?nai); Begründung für diese Kompetenz ist der gewaltsame Tod des Lammes (5,9: fti 1sv²cgr; vgl. 5,12). Das eine ist eine „Krieger“-Aussage, das andere eine „Märtyrer“-Aussage. Die Frage in Apk 5,2: „Wer ist würdig (%nior), das Buch zu öffnen?“ wird durch Hinweis auf den Messias (d. h. den Löwen aus Juda und die Wurzel Davids) beantwortet. Grund dafür ist, dass er „überwunden hat“ (1m¸jgsem) (Apk 5,5). Als Messias erscheint aber dann das !qm¸om (Apk 5,6). Es ist „würdig“, weil es „überwunden“ hat. In dieser Hinsicht ist es ein Krieger. Apk 5,9 erklärt noch einmal, warum das !qm¸om würdig ist, „das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du bist geschlachtet worden und hast durch dein Blut Menschen für Gott erkauft aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation“. Hier betont der Verfasser, dass das !qm¸om aufgrund seines Martyriums würdig ist. Sein Märtyrertod wird gelobt, um seine Würdigkeit festzustellen (Apk 5,12: %niºm 1stim t¹ !qm¸om t¹ 1svacl´mom). In dieser Hinsicht ist es ein Märtyrer. Überraschend ist, dass nach der Verkündigung des überwindenden Löwen ein geschlachtetes !qm¸om erscheint. Der Übergang von der Krieger- zur Märtyrer-Gestalt geschieht unvermittelt und schnell. Ist diese „Transformation“ eine Ersetzung der Krieger-Gestalt durch die Märtyrer-Gestalt? Oder besteht die „Transformation“ in einer Verbindung von Märtyrer- und Kriegergestalt? Auf diese Fragen ist später noch einzugehen. Im Folgenden suchen wir vor allem die Beziehung zwischen Apk 5 und den Bibelstellen zum Märtyrermotiv (Apk 1,5–6) bzw. zum Kriegermotiv (17,12–14) zu klären. Beziehungen zwischen Apk 5,5 und Apk 17,14 Vergleichbar sind zwei Themen in Apk 5,5 und Apk 17,14: das Motiv des „Siegs“ und das des „Königs“. Der „Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids“ wird in Apk 5,5 als „siegreich“ (vgl. 1m¸jgsem) eingeführt, das !qm¸om tritt unmittelbar danach als Sieger auf (Apk 5,6). Die messianischen Titel zeugen von einer Sehnsucht nach einem militärischen Sieg über die Feinde. In Apk 17,14 verwirklicht das !qm¸om diese Sehnsucht nach einem siegreichen (mij¶sei) Krieger im Mythos. Erstaunlicherweise wird das Martyrium des 319 Anderswo erscheint es in Apk 3,4; 4,11; 16,6.
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Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
!qm¸om dabei nicht erwähnt. Das !qm¸om ersetzt also nicht die Kriegerrolle des „Löwen aus dem Stamm Juda, der Wurzel Davids“, es verwirklicht vielmehr diese Rolle im Mythos der Apk. Begriffe wie „König“, „der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids“ (Apk 5,5) bezeichnen nicht unbedingt einen Weltherrscher, sondern den Messias Israels. Dennoch ist eine globale Herrschaft des !qm¸om in den Kontexten der beiden Stellen (vgl. Apk 5,9–10) erkennbar. Der „Herr der Herren, König der Könige“ (Apk 17,14) meint dann sicher einen universalen Herrscher. Es ist plausibel, dass der Unterschied zwischen dem !qm¸om und den Messiastiteln nicht in ihrer militärischen Bedeutung liegt, sondern in der Weltherrschaft. Daher ist festzuhalten, dass das !qm¸om in der Apk wahrscheinlich als ein Sieger im Krieg anzusehen ist.
Beziehungen zwischen Apk 5,6–10 und Apk 1,5–6320 In Apk 5,6 ist das !qm¸om als „stehend wie geschlachtet“ (2stgj¹r ¢r 1svacl´mom) dargestellt, womit die Auferstehung Jesu von den Toten betont wird.321 Die Stelle erinnert an Apk 1,5a, wo vom „Erstgeborenen der Toten“ (b pqytºtojor t_m mejq_m) die Rede ist. In der Tat gibt es viele Parallelen zwischen Apk 1,4b–6 und 5,6–14: Tabelle 11. Parallelen zwischen Apk 1,4b–6 und 5,6–14 Apk 1,4b–6
Apk 5,6–14
„Thron“ (toO hqºmou aqtoO) (1,4b)
„Thron“ (toO hqºmou) (5,6a)
„sieben Geister“ (t_m 2pt± pmeul²tym) (1,4b)
„die [sieben] Geister Gottes“ (t± [2pt±] pme¼lata toO heoO) (5,6b)
„der Erstgeborene der Toten“ (b pqytºtojor t_m mejq_m) (1,5a)
„stehen wie geschlachtet“ (2stgj¹r ¢r 1svacl´mom) (5,6a)
320 Beide Apk 1,5 (1po¸gsem Bl÷r basike¸am, Reqe?r t` he`) und 5,10 (1po¸gsar aqto»r t` he` Bl_m basike¸am ja· Reqe?r), bzw. „Königreich u. Priester« sind Abwandlungen von ExLXX 19,6 (rle?r d³ 5sesh´ loi bas¸keiom Req²teula ja· 5hmor ûciom = eine königliche Priesterschaft). Vgl. 2Makk 2,17 (t¹ bas¸keiom ja· t¹ Req²teula = das Königtum u. das Priestertum); Targ Onk u. Jerusch II („Ihr sollt vor mir sein Könige, Priester u. ein heiliges Volk“); Targ Jerusch I („Ihr sollt vor mir Könige sein, … , u. diensttuende Priester u. ein heiliges Volk“). 321 Vgl. Charles, I, 141; Aune, I, 353; Ritt, 41.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen 107 (Fortsetzung) Apk 1,4b–6
Apk 5,6–14
„durch sein Blut“ (1m t` aVlati aqtoO) (1,5b)
„durch dein Blut“ (1m t` aVlat¸ sou) (5,9)
Er hat „uns gemacht zu einem [Königreich], zu Priestern für seinen Gott und Vater“ (ja· 1po¸gsem Bl÷r basike¸am, Reqe?r t` he`)ü ja· patq· aqtoO) (1,6a)
Du „hast sie unserem Gott zu einem [Königreich] und zu Priestern gemacht“ (ja· 1po¸gsar aqto»r t` he` Bl_m basike¸am ja· Reqe?r) (5,10a)
„Ihm“ (aqt`) (1,6b)
„Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm“ (t` hqºm\ ja· t` !qm¸\) (5,13b)
„die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (B dºna ja· t¹ jq²tor eQr to»r aQ_mar [t_m aQ¾mym]) (1,6b)
„die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (B dºna ja· t¹ jq²tor eQr to»r aQ_mar t_m aQ¾mym) (5,13b)
„Amen“ (!l¶m) (1,6c)
„Amen“ (!l¶m) (5,14)
Einerseits zeigen die Parallelen, dass das in Apk 5,6 dargestellte „!qm¸om“ zwar Jesus Christus (Apk 1,5: YgsoO WqistoO) gleicht. Andererseits sind die Begriffe zwischen Apk 1,4b–6 (insbesondere v.5) und 5,6–14 (insbesondere v.9) wechselseitig austauschbar und ergänzen einander. Drei vergleichbare Merkmale sind bedeutsam: Erstens ergänzen sich die Aussage: Er hat „uns von unseren Sünden befreit“ (Apk 1,5b: k¼samti Bl÷r 1j t_m "laqti_m Bl_m) und „für Gott erkauft“ (5,9: Acºqasar t` he`). Die zwei Verse sprechen von einer Überwindung der „Sünden“. Das Verb „erkaufen“ (!coq²fy)322 meint einen Handelsbegriff in der Apk (vgl. 3,18; 13,17; 18,11). Die rein theologische Deutung der „Erlösung“ sollte daher nicht überbetont werden, sonst gerät eine mögliche sozialökonomische Implikation dieses Verbs außer Sicht. Als Ergänzung von
322 Es erscheint 6x mit fünf Formen in Apk d. h. !coq²sai: 3,18; 13,17; !coq²fei: 18,11; die Tätigkeit des Lamms umfasst Acºqasar in 5,9; Acoqasl´moi in 14,3; Acoq²shgsam in 14,4.
108
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
„erkaufen“ ist „befreien“ (k¼y)323 treffender als seine Textvariante „waschen“ (Apk 1,5: ko¼y). Im Lichte von Apk 18,4.5 ist die „Sünde“ ("laqt¸a)324 von Apk 1,5 wahrscheinlich mehr als nur eine persönliche Sünde, sondern auch gesellschaftliche Sünde. Die sogenannte kultische Deutung vom !qm¸om sollte daher neu durchgedacht werden, sofern man sie nur auf persönliche Sünden bezieht. Zweitens bereichert die Schilderung der Apk 5, was am Anfang im Prädikat „Fürst der Könige der Erde“ (Apk 1,5: b %qwym t_m basik´ym t/r c/r) impliziert ist. Das !qm¸om gleicht einem %qwym,325 das den majestätischen Titel „der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids“ (Apk 5,5) erwirbt, zahlreiche Menschen „aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen“ (Apk 5,9) beeinflusst, und von „vielen [d. h. vieltausendmal tausend] Engeln“ (Apk 5,11), von „jedem Geschöpf, das im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meer und allen, was darin ist“ (Apk 5,13), von den „vier lebendigen Wesen“ (Apk 5,14) und „den Ältesten“ (Apk 5,14) verehrt wird. Weder mit dem Passah- noch mit dem Opferlamm ist eine vergleichbare Majestät verbunden. Drittens und am wichtigsten sind Beziehungen zu den Begriffen „Märtyrer“ und „Liebe“ zu bedenken. Das dreimalige Attribut „geschlachtet“ (Apk 5,6.12: 1svacl´mom; 5,9: 1sv²cgr) wird durch den Märtyrer-Titel bzw. „den treuen Märtyrer“ (Apk 1,5a: b l²qtur b pistºr) und das Partizip: „der uns liebt“ (Apk 1,5b: t` !cap_mti), bestimmt. Mit anderen Worten, das geschlachtete !qm¸om entspricht zwar dem treuen Märtyrer. Da das neu definierte Wort l²qtur (Apk 1,5 vgl. 2,13; 3,14) aber früher als !qm¸om (Apk 5,6) in der Apk auftritt, leistet es eine Verstehenshilfe für die dann erst folgende Bezeichnung Christi als !qm¸om. Außerdem weist „Liebe“ (vgl. !cap_mti) auf die Intention des Todes des !qm¸om hin. Paradoxerweise wird das !qm¸om ermordet, aber es ging aus Liebe in den Tod. Der Tod des !qm¸om wird bewusst als Martyrium verstanden. Das !qm¸om ist also auch l²qtur.
Der Märtyrer-Krieger in den drei Christuserscheinungen der Apk Der „Märtyrer-Krieger“ ist eine Schöpfung des Autors der Apk. Das zeigen die drei Christusepiphanien, in denen diese Gestalt sukzessiv näher bestimmt wird: Die erste Erscheinung (Apk 1,13–16 und 1,17–20) kombiniert die Rolle des Kriegers und Märtyrers. Die zweite (Apk 5,5f) verbindet in einer Szene im 323 Es erscheint 6x mit sechs Formen in Apk d. h. k¼samti: 1,5; kOsai: 5,2; kOsom: 9,14; 1k¼hgsam: 9,15; kuh/mai: 20,3; kuh¶setai: 20,7. 324 Es erscheint 3x mit drei Formen in Apk d. h. "laqti_m: 1,5; "laqt¸air: 18,4; "laqt¸ai: 18,5. 325 Falls die Apk in den Psalmen mit der LXX unter „%qwym“ den menschlichen Fürsten (PsLXX 104,20, dagegen unter dem Subjekt von „despºfy“ den göttlichen Fürsten versteht (vgl. despºtgr in Apk 6,10), wird Apk 1,5 vermutlich auf einen Vergleich zwischen Jesus und dem Kaiser zielen (siehe Flashar, „Exegetische Studien zum LXX-Psalter,“ ZAW: 241–69 bes. 255–7).
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen 109
Himmel beide Rollen in einem Symbol: dem !qm¸om mit sieben Hörner und sieben Augen. Die dritte findet zuerst in einem Märtyrer-Kontext (Apk 19,9–10), dann in einem Krieger-Kontext statt (19,11–21); sie veranschaulicht die Rolle der Nachfolger Christi.
Der „Märtyrer-Krieger“ in der ersten Erscheinung (Apk 1,13–16; 1,17–20) Christus erscheint in der ersten Christusvision als einer „gleich einem Menschensohn“: floiom uR¹m !mhq¾pou (1,13 vgl. 14,14). Der Verfasser vermeidet offensichtlich den titularen Gebrauch von Menschensohn.326 Inwiefern ist er schon hier eine „Märtyrer-Krieger“ Gestalt? Der „Menschensohngleiche“ wurde durch eine Verschmelzung von Gott, dem „Alten an Tagen“ (Dan 7,9–10)327 mit „einem, wie einem Sohn eines Menschen“ (Dan 7,13) und „einem Mann“ (Dan 10,5–6)328 geschaffen. Im Danielbuch stehen alle diese Schilderungen im Kontext des Kriegs (Dan 10,1: „des großen Kriegs“). Darüber hinaus hat die Apk ein kriegerisches Merkmal in die erste Christuserscheinung eingeführt, das in Dan 7 fehlt. Nur in Apk 1,16a heißt es: „und er hatte in seiner rechten Hand sieben Sterne, und aus seinem Mund ging ein zweischneidiges, scharfes Schwert hervor“. Kommentare deuten das zweischneidige Schwert im Munde des Menschensohnähnlichen als ein biblisches Gerichtssymbol,329 in dem eine Tendenz angelegt sei, Gewalt zu vermindern. Aber nicht zufällig begegnet das Schwert in Verbindung mit einer Kriegsmetapher in Apk 2,16: Der Menschensohnähnliche sagt dort, er werde „Krieg mit ihnen führen mit dem Schwert meines Mundes“. Das könnte sich auf eine Auseinandersetzung mit Worten mit der Gemeinde in Pergamon beziehen. Aber an anderer Stelle ist die Funktion des Schwertes eindeutig kriegerisch: „Und die übrigen wurden getötet mit dem Schwert, das aus dem Mund dessen hervorging, der auf dem Pferd saß“ (Apk 19,21). Der „Menschensohngleiche“ wird durch das Attribut des Schwertes als KriegerGestalt dargestellt. 326 Vgl. Roloff, 41–2: „Johannes sagt nicht ,ich sah den Menschensohn‘; er vermeidet offensichtlich den titularen Gebrauch der Bezeichnung ,Menschensohn‘ … Anscheinend verzichtet die Apk auf den titularen Gebrauch, weil dieses Prädikat weder den angeschriebenen, von der paulinischen Christologie geprägten Gemeinden vertraut, noch für seine eigene christologische Konzeption relevant war.“ 327 Dan 7,9 (LXX): „Ich schaute, bis Throne aufgestellt wurden und einer, der alt war an Tagen, sich setzte. Sein Gewand wie Schnee und das Haar seines Hauptes wie reine Wolle, sein Thron Feuerflammen.“ 328 Dan 10,5–6 (LXX): „Und ich erhob meine Augen und sah: und siehe, ein Mann, in Leinen gekleidet, und seine Lenden, in Leinen gekleidet, und aus seine Mitten Licht. Und sein Leib war wie ein Türkis und sein Gesicht wie das Aussehen eines Blitzes. Und seine Augen waren wie Feuerfackeln und seine Arme und seine Füße wie glatte Bronze. Und der Klang seiner Rede war wie der Klang eines Tumults.“ 329 z. B. Roloff, 43; Giesen, 88; Ritt, 22; Aune I, 98–9.
110
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
Zugleich ist er ein „Zeuge“ und Märtyrer. Nach der Vision des „Menschensohngleichen“ in Apk 1,13–16 folgt eine Audition: Der Seher hört die Stimme Jesu (Apk 1,17–20). Wie in Apk 1,2 angekündigt, soll er bezeugen, was er gesehen hat (vgl. 1,2: eWdem mit 1,19.20: eWder und 1,17: eWdom). Die Selbstvorstellung des „Menschensohngleichen“ (1,17b–18) entspricht dem „Zeugnis Jesu Christi“ (tµm laqtuq¸am YgsoO WqistoO) in Apk 1,2. Inhalt dieses Zeugnisses ist nicht der irdische Jesus, sondern dessen Tod und Auferstehung (1,18). Das entspricht der brieflichen Einleitung (1,4–8). Dort ist Jesus „der Erstgeborene der Toten“ (1,5: b pqytºtojor t_m mejq_m). Bemerkenswert ist: Jesus ist „Märtyrer“ (1,5: l²qtur); und der Seher ist sein Zeuge. Christus ist „Krieger“ und Märtyrer zugleich.
Der „Märtyrer-Krieger“ in der zweiten Erscheinung (Apk 5,5 und 5,6) In der zweiten Christuserscheinung begegnet Christus zum ersten Mal als !qm¸om. In ihr geschieht eine Transformation des Löwen in ein geschlachtetes !qm¸om. Christus ist als Löwe (5,5) ein Krieger, als „geschlachtetes“ !qm¸om (5,6) ein Märtyrer. Unsere Frage war: Hat der Märtyrer die Gestalt des Kriegers ersetzt oder wurden zwei Vorstellungen verschmolzen? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir fragen: Gibt es noch weitere Kriegerelemente in der !qm¸om-Gestalt (bes. ab Apk 5,6)? Wichtig für uns sind die Merkmale der sieben Hörner und sieben Augen, in denen Krieger- und Märtyrerelemente verbunden sind. Das Horn symbolisiert im AT Macht330 und Königswürde.331 Es ist in rabbinischen Schriften ein messianisches Symbol.332 In Dan 7,20 gibt es zehn Hörner. Diese zehn Hörner werden in Apk 13,1 dem Tier aus dem Meer zugeschrieben. Dan 7,21 (d. h. der direkte Kontext dieser Vorstellung) beschreibt „wie dieses Horn gegen die Heiligen Krieg führte und sie besiegte“ (vgl. auch LXX: t¹ j´qar 1je?mo pºkelom sumist²lemom pq¹r to»r "c¸our ja· tqopo¼lemom aqto»r). Dieser Text mit kriegerischen Konnotationen ist der wichtigste Hintergrund für die Symbolik des Horns in der Apk. Das !qm¸om ist ein Gegenspieler des hgq¸om. Deshalb soll man seine „sieben Hörner“ als Merkmal eines Kriegers verstehen. Dass die sieben Hörner des !qm¸om nicht von den „sieben Augen“ getrennt werden können (5,6: j´qata 2pt± ja· avhaklo»r 2pt²), spricht dafür, dass die Märtyrer-Gestalt nicht einfach die des Kriegers ersetzte. Die „sieben Augen“ symbolisieren die Zeugenfähigkeit des !qm¸om. Wenn sie in Apk 5,6 mit einem Lamm verbunden werden, das „wie geschlachtet“ ist, beleuchtet das die enge 330 Num 23,22; Dtn 33,17; 1Sam 2,1; 1Kön 22,2; Ps 75,4; 89,17 usw.; Charles I, 141. 331 Ps 112,9; 148,14; Zech 1,18; Dan 7,7.20; 8,3; vgl. Apk 12,3; 13,1.2; 17,3. Charles, I, 141. 332 Lv R 31; TanchB §6 (46a); Midr. KL 2,3 (65a); Targ 1 Sm 2,10; Midr Ps 75 §5 (170b); vgl. auch PsMT 132,17; 1 Sm 2,10; Ps 75,5. Vgl. Billerbeck. I, 9; II, 110–1; II, 111.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen 111
Beziehung zwischen dem Leidensmartyrium Jesu und seiner Zeugentätigkeit. Durch die sieben Hörner und sieben Augen des !qm¸om sind Krieger- und Märtyrerzüge eng verbunden.333
Der „Märtyrer-Krieger“ in der dritten Erscheinung (Apk 19,9f; 19,11–21) Zum dritten Mal erscheint Christus als der Reiter auf einem weißen Pferd (Apk 19,11). Er ist eine Krieger-Gestalt, denn er „kämpft“ (pokele?) (19,11) und führt „die Kriegsheere, die im Himmel sind“ (19,14). Seine Waffen sind ein scharfes Schwert aus seinem Mund (19,15) und ein eiserner Stab (19,15). Mit diesen Waffen schlägt er die Nationen (19,15) bzw. hütet sie (19,15). Die Szene des Kriegs ist in 19,19 offensichtlich: Hier sind „das Tier und die Könige der Erde und ihre Heere versammelt, um mit dem, der auf dem Pferd saß, und mit seinem Heer Krieg zu führen“. Es besteht kein Zweifel: Apk 19,11–21 bezieht sich auf einen Krieg. Wenn die Kriegerelemente eindeutig nachweisbar sind, können wir nun fragen: Wie ist es mit den Märtyrerelementen? Die Märtyrer-Gestalt wird durch die Namen des Reiters reflektiert. Der Reiter „heißt Treu und Wahrhaftig“ ([jako¼lemor] pist¹r ja· !kghimºr) (19,11). Das erinnert an seine Identität als Märtyrer in 3,14, wo vom „treuen und wahrhaftigen Märtyrer“ (b l²qtur b pist¹r ja· !kghimºr) (vgl. auch 1,5) die Rede ist.334 Sein zweiter Name „Das Wort Gottes“ (b kºcor toO heoO) (19,13) erinnert an die enge Beziehung zum „Martyrium Jesu Christi“ (vgl. 1,2: „der das Wort Gottes und das Martyrium Jesu Christi bezeugt hat“ [dr 1laqt¼qgsem t¹m kºcom toO heoO ja· tµm laqtuq¸am YgsoO WqistoO]; vgl. 1,9; 20,4). Beachtenswert ist, dass der Ausdruck „das Wort Gottes“ nur viermal außerhalb von 19,13 in der Apk begegnet, und dann immer mit dem Martyrium Jesu bzw. seiner Zeugentätigkeit verbunden ist. Deshalb erinnert der zweite Name wie der erste an die Märtyrer-Identität des !qm¸ou. Sein dritter Name „König der Könige und Herr der Herren“ (Basike»r basik´ym ja· j¼qior juq¸ym) erinnert dagegen an das Lamm als „Herr der Herren und König der Könige“ (t¹ !qm¸om. . . j¼qior juq¸ym 1st·m ja· basike»r basik´ym; Apk 17,14). Man kann daher feststellen, der Reiter ist das !qm¸om auch mit seinen Märtyrerzügen.335 Eine weitere Frage ist: Wenn der Reiter bzw. das !qm¸om ein Märtyrer ist, warum beschreibt der Verfasser hier nicht seinen Tod? Die Antwort ist: Hier wie in 17,14 betont er die Überwindung des Todes (vgl. 1,17–18; 5,6). Apk 17,14 ist die Verkündigung seines künftigen Siegs.336 Sein vergangener Tod 333 Gg. Resseguie, Revelation Unsealed: A Narrative Critical Approach to John’s Apocalypse, Bibl.Interpr.S 32, Leiden: Brill, 1998, 133–5. 334 Vgl. Giesen, 421. 335 Giesen, 422. 336 Beachte das Futur: oxtoi let± toO !qm¸ou pokel¶sousim ja· t¹ !qm¸om mij¶sei aqto¼r.
112
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
wird durch sein in Blut getauchtes Gewand (19,13) reflektiert.337 Nicht nur sein Gewand deutet auf eine Märtyrer-Gestalt, sondern auch die Kleidung der himmlischen Kriegsheere in 19,14. Apk 19,7b–8 beschreibt die Braut des !qm¸ou: „und sein Weib hat sich bereitgemacht. Und ihr wurde gegeben, dass sie sich kleide in feine Leinwand, glänzend, rein; denn die feine Leinwand sind die gerechten Taten der Heiligen“. Aber dann begegnen in 19,14 „die Kriegsheere, die im Himmel sind, . . . auf weißen Pferden“. Man kann die Heiligen an ihrer Kleidung erkennen (19,14: „bekleidet mit weißer, reiner Leinwand“ [1mdedul´moi b¼ssimom keuj¹m jahaqºm]). Ihre „weiße, reine Leinwand“ (19,14) bzw. „feine Leinwand, glänzend, rein“ (19,8a) deutet nach 19,8b auf „die gerechten Taten der Heiligen“ (t± dijai¾lata t_m "c¸ym). Die gerechten Taten der Heiligen sind das Zeugnis Jesu (19,10: t_m 1wºmtym tµm laqtuq¸am YgsoO). Diese Taten haben wahrscheinlich die Martyrien der Heiligen zur Folge (vgl. 13,7; 16,6; 17,6a; 18,20.24). So bezieht Apk 19,9–10 das Thema der Zeugentätigkeit eng auf das Märtyrermotiv in Apk 19,11–21. Daher kann man sagen: Nicht nur der Reiter bzw. das !qm¸om gehört zu den MärtyrerKriegern, sondern auch seine Nachfolger und die Heiligen. Durch die dreimalige Christusepiphanie wird das !qm¸om als „MärtyrerKrieger“ sukzessiv näher bestimmt.
2.2.3.3 Soziolinguistische Überlegung 3: Das !qm¸om als dialektisches Gegenbild zum hgq¸om Nach den bisherigen Untersuchungen ist klar, dass das !qm¸om als MärtyrerKrieger ein ideologisches Gegenbild gegen das hgq¸om ist. Im Folgenden stellen wir einige Entsprechungen und Gegensätze zusammen. Tabelle 12. Entsprechungen und Gegensätze von !qm¸om und hgq¸om als Hauptfiguren in der Apk Lamm
Vergleichspunkte Tier
!qm¸om
-iom Suffix-Form
Lamm ist die häufigste Frequenz Bezeichnung Christi (29x)
hgq¸om Tier ist die häufigste (39x) Bezeichnung satanischer Macht
Wer ist würdig …? (5,2; Wer ist dem Tier gleich und rhetorische Frage vgl. 5,3) kann mit ihm kämpfen? (13,4) am Anfang Wer kann bestehen¨? (6,17) 337 Vgl. Giesen, 422; Rissi, Die Zukunft der Welt: eine exegetische Studie über Johannesoffenbarung 19,11 bis 22,15, Basel: Reinhardt, 1966, 22; BrNtsch, II 301; Boring, 196 f.; Harrington, 192.
Soziolinguistische Metaphernanalyse: Wort- und Motivuntersuchungen 113 (Fortsetzung) Lamm
Vergleichspunkte Tier
Sieger (5,5; 17,14; vgl. 7,9)
Krieger (11,7; 13,7; 17,12–14)
Vermittler (5,9–10; vgl. 14,4; 15,3f) Wahrheitstreuer Märtyrer (5,6.9; 1,5–6)
Vermittler (13,4.12.14). Wundertäter, der die Menschheit verführt (13,13.14)
Funktion
Führer (7,17; 14,4b vgl. 14,4a.5)
Führer seiner Alliierten (17,12–14; 19,19)
eine Rolle (d. h. !qm¸om) mit vielen Bezeichnungen Rolle Löwe aus Juda (5,5) und Wurzel Davids (5,5) Bezeichnung Herr der Herren` (17,14) König der Könige (17,14)
eine Bezeichnung (d. h. hgq¸om) mit vielen Rollen Tier aus der Unterwelt (11,7) Tier aus dem Meer (13,1ff) Tier vom Land (13,11ff) Tier, auf dem die Hure Babylon reitet 17,3 ff. *
*
*
*
*
* *
Sieben Hörner (5,6) Sieben Augen (5,6)
*
Zehn Hörner (13,1; 17,3.7) Zwei Hörner (13,11) Aussehen
Sieben Häupter (13,1; 17,3.7)
Löwe (5,5)
wie eines Löwen Rachen (13,2) Füße wie ein Bär (13,2) Farbe scharlachrot (17,3)
wie geschlachtet (5,6.9.12)
wie geschlachtet (mit der Wunde des Schwertes) (13,3 vgl.13,12.14)
lebendig 2stgjºr (5,6)
Leben/Tod
kollektive Anbetung (vgl. 5,8–12.14)
Status
Braut (21,9) / Frau (19,7; 21,9)
Partner
lebendig (13,3 vgl.13,12) 5fgsem (13,14) kollektive Anbetung (13,3 vgl.13,12.14) Hure (17,16)
114
Soziolinguistische Analyse: Die !qm¸om-Metapher in der Überlieferung
(Fortsetzung) Lamm
Vergleichspunkte Tier
Die Berufenen und Erwählten und Treuen (17,14 vgl. 14,4)
Alliierte
Die Könige der Welt (16,14; 17,12–13; 19,19)
Thron Gottes und des Lammes (22,1.3)
Königstuhl
Thron des Tieres (16,10; vgl. 13,2)
Im Hinblick auf die !qm¸om-Metapher haben wir versucht, plausibel zu machen, dass mit ihrer Hilfe Jesus als Märtyrer-Kämpfer gegen die hgq¸om-Macht des Imperium Romanum dargestellt wird. Der apokalyptische Text erlaubt die Auslegung: Die !qm¸om-Metapher deutet den geschichtlichen Jesus dialektischideologisch als ein innovatives jüdisches Bild. Wir finden eine dreifache Innovation in der Apk: Die !qm¸om-Metapher ist (i) ein Oppositionsbild zum hgq¸om; (ii) bildet als Märtyrer-Sieger ein ganzheitliches, aber in sich spannungsreiches Bild; und ist (iii) ein Bild für die Kirchengemeinschaft gegen die hgq¸om-Ideologie der römisch-hellenistischen Gesellschaft.
2.3 Ergebnis: Das !qm_om als Märtyrer-Krieger und die hgq_om-Ideologie Das Ergebnis unserer soziolinguistischen Analyse kann man so zusammenzufassen: Die apokalyptische !qm¸om-Metapher stellt den geschichtlichen Jesus weder als Opfer (sei es als Passahopfer oder als das in Jes 53,7 beschriebene Lamm) noch als astrologisches Widder-Sternbild dar. Das !qm¸om ist einerseits ein Märtyrer, andererseits ein Kämpfer gegen die hgq¸om-Ideologie. Die Metapher ist innovativ, indem sie durch die Verbindung zweier widersprüchlicher Züge über die Tradition hinausgeht. Das ist das Ergebnis der soziolinguistischen Motivuntersuchung, durch die !qm¸om als Innovation durch Verbindung zweier widersprüchlicher Züge erkennbar wird.
3 Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation der Johannesapokalypse 3.1 Zweite Teilthese und Fragestellung Eine sozialgeschichtliche Analyse untersucht die Situation, in die hinein die Lammchristologie entworfen wurde. Die !qm¸om-Ideologie ist im kleinasiatischen Urchristentum Antwort auf eine Krise der nachpaulinischen Zeit1 nach der Tempelzerstörung. Sie will in einer sich globalisierenden Umwelt zwischen einem inneren Rückzug bei äußerer Anpassung, wie ihn einige christliche Gruppen praktizierten (Nikolaiten usw.), und einer aussichtslosen Machtrevolution, wie ihn die aufständischen Juden versucht hatten, einen dritten Weg gehen. Der Sitz im Leben der Apk soll weder ausschließlich im Widerstand gegen den Kaiserkult (im Rahmen einer Kaiserkultdeutung) noch allein in der Bewältigung von Verfolgungen (im Rahmen einer Verfolgungsdeutung) gesucht werden, sondern im Rahmen einer Verkündigungsdeutung in einer Auseinandersetzung mit der römischen Herrschaftsideologie auf der einen Seite und untereinander konkurrierenden Gegenbewegungen auf der anderen Seite. Da sich diese Verkündigung kriegerischer Metaphern bedient, kann man von einem „gewaltfreien Verkündigungskrieg“, einer spezifisch apokalyptischen Variante der „militia Christi“ sprechen. Innerhalb der in der Forschung als überholt geltenden Verfolgungsdeutung und der noch immer weit verbreiteten Kaiserkultdeutung wurden einige Fragen vernachlässigt, die für unsere Analyse zentral sind: 1) In welcher sozialgeschichtlichen Situation hat der Apokalyptiker die !qm¸om-Metapher in der Apk geschaffen und geprägt? Lässt sich diese Situation als Romanisierung Kleinasiens (im Rahmen eines Ost-West-Konflikts) begreifen, die teils von den dortigen Eliten begrüßt wurde, teils aber auch oppositionelle Reaktionen hervorrief ? 1 „Nachpaulinische Zeit“ bestimmen wir mit P. Lampe so: (1) „Wir verstehen unter „nachpaulinischen Gemeinden“ das paulinische Missionsgebiet zwischen Rom und Kleinasien in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts“ (in unserem Fall ist nur Kleinasien betont); (2) „Die Gemeinden dieses Bereiches waren in nachpaulinischer Zeit nie ausschließlich von Paulus bestimmt“. „Neben paulinischen gab es andere Einflüsse, zum Beispiel judenchristliche … “; „Vielmehr wiederholte sich in nachpaulinischer Zeit, was schon für die paulinische Zeit auffiel …“ (LAMPE / LUZ, „Nachpaulinisches Christentum und pagane Gesellschaft,“ in: Becker u. a., Die Anfänge des Christentums. Alte Welt und Neue Hoffnung, Stuttgart; Berlin; Köln; Mainz: Kohlhammer, 1987, 185–6).
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
2) Wie haben die ersten Christen diese Romanisierung erlebt: als Christenverfolgung – so die ältere Forschung –, oder als Verführung zum Kaiserkult, wie jüngere Erklärungsversuche meinen? Welche anderen Herrschaftsstrategien der Romanisierung spiegeln sich neben Verfolgung und Kaiserkult in der Apk wider? Hat der Apokalyptiker die Romanisierung sowohl als repressive als auch als attraktive Herrschaftsstrategie erlebt und erkannt? 3) Welche Reaktionen können wir in der Umwelt der Apk bei Juden und Christen beobachten? Ist die militärische Rebellion des jüdischen Kriegs in Palästina eine relevante Vergleichsgröße? Ist die Anpassung an die römische Gesellschaft in einigen christlichen und jüdischen Gruppen Kleinasiens (bei Nikolaiten, Anhängern der Isebel und in der „Synagoge des Satans“) eine andere Vergleichsgröße? 4) Bezeugt die Apk für die ersten Christen in Kleinasien eine oppositionelle Reaktion auf die Romanisierung, die sich von anderen unterscheiden lässt? Waren Rückzugs- und Aggressionstendenzen zwei entgegengesetzte Reaktionen auf die Romanisierung in den Gemeinden der Apk? 5) Lässt sich aus dieser Situation die Entstehung der !qm¸om-Metapher in der Apk erklären? Erklärt sich ihre innere Dialektik aus Märtyrer- und Kriegermetaphorik durch eine unter den Christen der Apk zu beobachtende gleichzeitige Tendenz zu Rückzug und Angriff ? 6) Die Frage ist schließlich: Wie soll die die !qm¸om-Metaphorik widerspiegelnde sozialgeschichtliche Situation genannt werden? Werden die bisherigen Erklärungsmodelle (also die Verfolgungs- und Kaiserkultdeutung) den Daten gerecht? Nach beiden Deutungen reagieren die Christen eher passiv auf eine vorgegebene Situation. Kann eine „Verkündigungsdeutung“ eine Alternative zu den beiden bisher in der Forschung dominierenden Erklärungen sein? Dann würden die Christen mit einem aktiven Programm zur Bekehrung anderer Menschen auf die Situation reagieren. Wissenschaftlich wurden die soeben genannten Fragen bisher zu wenig gestellt. Die Situation der Apk wurde als Reaktion auf Verfolgung oder Kaiserkult allzu sehr vereinfacht dargestellt. Meine 2. Teilthese ist ein Versuch, die oben skizzierten Fragen zu beantworten. Dabei werden wir in diesem Kapitel durch sozialgeschichtliche Analysen die oben erwähnten Fragen konkreter beantworten und die damalige Situation genauer analysieren. Die Fragen (1) bis (2) werden durch eine Situationsanalyse erläutert, (3) durch eine Reaktionsanalyse und (4) bis (6) durch eine Analyse der Interaktion zwischen Situation und Reaktion.
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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3.2 Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse Die sozialgeschichtliche Analyse der !qm¸om-Metapher und der Apk untersucht, wie sich die soziale Umwelt der Apk und die Wechselwirkungen zwischen einzelnen sozialen Tendenzen in ihr auf diese Metaphernbildung auswirkten. Sie unterteilt sich in Situations-, Tendenz- und Interaktionsanalysen.2 Die Situationsanalyse (§3.2.1) beschäftigt sich mit der sozialen Umwelt im sich romanisierenden Kleinasien im Rahmen eines Ost-West-Konflikts. Sie erhellt insbesondere die Herrschaftsstrategien, die sich im Gegensatz von hgq¸om und !qm¸om zeigen. Die Reaktionsanalyse (§3.2.2) analysiert, wie Menschen in verschiedener Weise auf eine Situation reagieren, um die in der !qm¸om-Symbolik implizierten Antworten auf die Situation besser zu verstehen. Sie behandelt insbesondere die Überlebensstrategien dieser Gruppen. In zwei Tabellen wird im Folgenden ein Überblick über bipolare Stichwörter zu jeder der soeben erwähnten Analysen geboten: Tabelle 13. Situationsanalyse: Die Romanisierung in Kleinasien Herrschaftsstrategie repressiv
attraktiv
Militärisch destruktiv
Krieg
Triumph und Auszeichnungen
Sozial konstruktiv (durch Herrschaftsklugheit)
Soziale Kontrolle
Patronage und Propaganda
Tabelle 14. Reaktionsanalyse: Antworten auf die Situation
Überlebensstrategie Aggression
Rückzug
Krieger
Widerstand oder Aufstand
erzwungene Waffenruhe
Zeugen
Soziale Konflikte
(i) Anpassung (ii) inaktives Zeugenwerden (iii) Separatismus
2 Zur Methodik sozialgeschichtlicher Exegese vgl. Hochschild, Sozialgeschichtliche Exegese. Entwicklung, Geschichte und Methodik einer neutestamentlichen Forschungsrichtung, NTOA 42, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1999, bes. 216–27.
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
Die kommenden Abschnitte werden diese Tabellen im Einzelnen erläutern. Dabei können wir nicht das ganze soziale Milieu der Apk rekonstruieren, dazu müsste man eine Sozialgeschichte der römischen Provinz Asien im 1./ 2. Jh. n. Chr. vorlegen, sondern wir untersuchen nur, wie die !qm_om-Metapher in einer Wechselwirkung zwischen hellenstisch-römischen, jüdischen und urchristlichen Gruppen in einem ideologischen Wettkampf geprägt worden ist.3
3.2.1 Situationsanalyse: Die Romanisierung in Kleinasien Im Brennpunkt der Situationsanalyse stehen Herrschaftsstrategien. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen: in militärisches und herrschaftskluges Vorgehen (wozu alles nicht-militärische Vorgehen gehört). Wir finden entsprechend repressive und attraktive Wirkungen der Herrschaft. Durch repressive Wirkungen wurden die Gegner der Romanisierung kontrolliert, bedroht oder im Extremfall vernichtet. Dagegen zeigt sich die attraktive Kraft des Imperium Romanum darin, dass es um eine bzw. verschiedene Zielgruppe(n) wirbt, um sie zu romanisieren, oder um Gegner der Romanisierung ruhig zu stellen. Militärische Macht oder Herrschaftsklugheit sind in verschiedener Weise mit der repressiven oder attraktiven Wirkungskraft des Imperium Romanum verbunden. Das Zusammenspiel von „Militärmacht und Herrschaftsklugheit“ und „repressiver und attraktiver Wirkung“ lässt vier Typen der Herrschaftsstrategien in der Apk unterscheiden: 1) 2) 3) 4)
Repressiv-militärisch ist jede Form von Krieg; Attraktiv-militärisch sind militärische Triumphe und Auszeichnungen; Repressive Herrschaftsklugheit umfasst alle sozialen Kontrollen; Attraktive Herrschaftsklugheit umschließt alle Patronatsverhältnisse und Propaganda.
Mit Hilfe dieser vier Kategorien wollen wir die !qm¸om-Metapher im Aufbau der Apk analysieren. Der sorgfältig komponierte Aufbau kann deutlich machen, wie der Verfasser die sozialgeschichtliche Situation wahrgenommen und wie er auf sie reagiert hat. Auf diese Weise wird die textimmanent erkennbare Wahrnehmung der Situation mit der textextern erkennbaren Situation vergleichbar.
3 Mit Theissen, Soziologie der Jesusbewegung, 10, wird „auf die Suche nach einer sozialen „prima causa“ verzichtet, da ökonomische, ökologische, politische und kulturelle Faktoren in unauflöslicher Wechselwirkung stehen.“
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Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
3.2.1.1 Repressive und attraktive Romanisierung in Apk 4,1–22,5 Wie erlebten die ersten Christen in der Apk die damalige Romanisierung? Die Romanisierung wird in Apk 4,1–22,5 durch verschiedene dramatische Personen personifiziert. Diese sind im Einzelnen: der Drache (der Patron der anderen Tiere), das Tier aus dem Meer, das Tier vom Land und Babylon, die Bündnispartnerin des Tiers. Die Komplexität dieser Gestalten lässt die Mannigfaltigkeit der Romanisierung in der Apk plastisch hervortreten. Sie schaffen einen differenzierten Symbolkomplex für die Romanisierung. In einer Tabelle lässt er sich so darstellen: Tabelle 15. Symbolkomplex der Romanisierung in der Apk Person
T r i a s
Dimension
1. dq²jym
sozialmythisch Meer + Land
2. hgq¸om
sozialpolitisch (-militärisch)
Tier mit 7 Häupter u. 10 Hörner
soziokulturell
pqosjume? t¹ hgq¸om
Sozial3. ökologisch xeudopqov¶tgr Sozialökonomisch
Frau pºqmg
Sozialgeografisch
t0 eQjºmi toO hgq¸ou
Könige auf Erden
Tier aus dem Meer Zentralverwaltung
t¹ w²qacla t¹ emola toO hgq¸ou
Babylon
Hauptstadt
Z e n t r u m
Regionalverwaltung Zeichen Tier vom Land R (LügenBild e prophet) g i Malzeichen o n
Grenze
Erde (Völker u. Scharen u. Nationen u. Sprachen)
Dieser Symbolkomplex tritt in Apk 4,1–22,5 als Gegenspieler des !qm¸om auf, der die Hauptfigur ist und im Buch mit den sieben Siegeln bei einem mythisch-geschichtlichen Drama die Regie führt. Jeder Gegenspieler zeigt repressive und attraktive Seiten der Romanisierung, aber jeder übernimmt eine verschiedene Funktion bei der Ausübung von Militärmacht oder Herrschaftsklugheit in den verschiedenen Teilen der Apk.
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
Zwei Seiten der Romanisierung in der Wahrnehmung der Apk Alle Komponenten des Symbolkomplexes können repressive und attraktive Seiten der Romanisierung darstellen. Diese können vier Wirkungen haben: (1) Widerstand als Gegenwirkung; (2) Abschreckung als Rückwirkung in zwei Formen: (3) Anpassung als Auswirkung, die sich auf das äußere Verhalten beschränkt, und (4) innere Anpassung als Nachwirkung. Theoretisch gibt es zwar die Möglichkeit, dass Rückzugstendenzen oder Aggressionstendenzen als Reaktionsform auf die römische Herrschaft in der Apk vorherrschen. Beides sind aber nur theoretische Möglichkeiten. Tatsächlich korreliert repressive Macht sowohl mit Aggressions- als auch mit Rückzugstendenzen. Die attraktive Kraft des Imperium Romanum ist Kehrseite ihrer repressiven Macht. Wir erläutern in späteren Abschnitten, wie mit seiner repressiven und attraktiven Wirkung eine von ihr bevorzugte Reaktionsform korreliert, und konzentrieren uns hier darauf zu zeigen, wie beide Wirkungen in Apk 4,1–22,5 verbunden sind.
Das Imperium Romanum als Drache und Patron der Tiere Das aus dem Himmel entfernte Ungeheuer hat vier Bezeichnungen: Drache,4 alte Schlange,5 Teufel6 und „Satan“7 (Apk 12,9; 20,2). Wichtig sind die Beziehung zwischen dem Drachen und dem ersten Tier. Der Drache ist der mythische Patron des Tiers, eines Symbols für das Imperium Romanum. Nach Apk 13,2.4 soll er dessen Herrschaft legitimieren.8 Genauer gesagt, soll seine Dämonisierung eine Delegitimierung des Regimes bewirken.9 Daher kann 4 13x in Apk 4,1–22,5: Apk 12,3.4.7(2x).9.13.16.17; 13,2.4.11; 16,13; 20,2. Zu seinem religionsgeschichtlichen Ursprung siehe: Gunkel, Schöpfung und Chaos in Urzeit und Endzeit. Eine religionsgeschichtliche Untersuchung über Gen 1 und Ap Joh 12, Mit Beitr. v. Zimmern. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1895 21921, bes. 29–90. 5 5x in Apk 4,1–22,5: Apk 12,9.14.15; 20,2; aber Apk 9,19 bezieht sich nicht auf die alte Schlange. Siehe Gunkel, Schöpfung, bes. 81. 6 4x in Apk 4,1–22,5: Apk 12,9.12; 20,2.10; dazu noch einmal in Apk 2,10. 7 3x in Apk 4,1–22,5: Apk 12,9; 20,2.7; dazu noch 5x in Apk 2,9.13 (2-mal).24; 3,9. 8 Normalerweise gleicht ein Pronomen in Genus und Numerus seinem entsprechenden Nomen. In diesem Fall wird aqtºm (13,8) nach dem Inhalt des unmittelbaren Kontexts von Apk 13,1–8 (insbes. vv.5–7) intuitiv als das Tier verstanden (gg. Aune II, 718). Aber das maskuline Pronomen passt nicht zu hgq¸om (Neutrum). Es gibt im Kontext (13,1–8) aber ein Maskulinum, nämlich dq²jym (in v.4; vgl. Beale, 698). Obgleich dq²jomti (v.4) relativ fern von aqtºm (v.8) steht, bringt der gleiche Kontext sie einander näher, vgl. pqosej¼mgsam t` dq²jomti (zusammen mit pqosej¼mgsam t` hgq¸\), und pqosjum¶sousim aqtºm. Hier bietet sich eine inhaltliche Erklärung an: Da aqtºm (v.8) den Drachen und mit ihm das Tier als grammatischen Referenten des Pronomens hat, könnte das aqtºm die Dämonisierung des Regimes unterstreichen, wobei pqosej¼mgsam t` hgq¸\ und pqosej¼mgsam t` dq²jomti nicht getrennt werden dürfen. 9 Vgl. Aune II, 735: „the power of the Roman empire is therefore satanic in origin“.
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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man den Drachen (bzw. die „alte“ Schlange) als sozialmythische Symbolisierung der Romanisierung verstehen. Sie hat repressive und attraktive Seiten.10 Repressiv benutzt der Drache im Mythos sowohl seine Militärmacht als auch seine Herrschaftsklugheit. Seine Militärmacht wird in Apk 12,7 f beschworen: „Und es entbrannte ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel, und sie siegten nicht, und ihre Stätte wurde nicht mehr gefunden im Himmel“. Diese Verse enthalten indirekt eine Dekonstruktion der hellenistisch-römischen Militärmythen, mit denen die ersten Christen im Alltag konfrontiert wurden. Diese Mythen verherrlichten das Römische Reich als Schutzmacht. Sie sagten: Die „göttlichen“ Mächte stehen auf Seiten der römischen Herrschaft. Im Widerspruch dazu dämonisiert Apk 12,7 f die römische Macht, indem diese auf die Seite des Drachens im kosmischen Kampf (pºkelor) zu stehen kommt. Die ersten Christen identifizierten sich dagegen mit dem !qm¸om („Lamm“; Apk 12,11), bei dem der Anklang an !q¶m „Ares“ (einen Kriegsgott) vermutlich nicht zufällig war. Das Lamm ist hier Teil eines christlichen Kampfmythos gegenüber einer repressiven Mythenwelt. Das wird auch in Apk 12,17 deutlich: „Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, zu kämpfen gegen die übrigen von ihrem Geschlecht, die Gottes Gebote halten, und haben das Zeugnis Jesu.“ Dieser Vers deutet Konflikte der ersten Christen aufgrund ihrer Zeugentätigkeit11 als einen „Krieg“ (pºkelom) zwischen göttlichen und satanischen Mächten. Er gibt ihrer Unterdrückungserfahrung einen Sinn durch eine Metaerzählung, in der sie auf Gottes Seite als (tragische) Helden12 gegen eine repressive dämonische Macht kämpfen. Gleichzeitig wurden die ersten Christen in ihrer Umwelt nicht nur mit Militärmythen, sondern auch mit unmilitärischen Propagandamythen konfrontiert, die mit den Vorteilen des Römischen Reiches warben, seine Nachteile jedoch verhüllten. Das wird durch den apokalyptischen Drachen-Mythos entlarvt. Wenn in Apk 12,4 davon die Rede ist, dass der Drache die Kinder der Frau fressen wollte, so ist dies vielleicht ein Echo des Kindermords,13 der in Mt 2 auf Herodes als Repräsentanten der (römischen) Fremdherrschaft zurück10 Obwohl Gunkel betont, dass Apk 12 „nicht christlichen Ursprungs“ ist und daher seine damalige „herkömmliche“ Interpretation des Ursprungs von Apk 12 „auf Jesu Geburt und Himmelfahrt völlig unhaltbar ist“ (Gunkel, Schöpfung, 173. 201), behauptet er nach wie vor: Dieses Kapitel ist „eine zeitgeschichtliche Exegese: sie deutet das Capitel auf Ereignisse der Zeit des Sehers, Geburt und Himmelfahrt Christi und die Flucht nach Pella; genauer ist sie eine zeitgeschichtlich-allegorische Erklärung“ (Gunkel, Schöpfung, 234). 11 In Bezug auf die verfügbare Zeit bzw. „1.260 Tage“ (11,3; 12,6) korreliert das Zeugenmotiv in Apk 12 (vv. 11.17) mit dem in Apk 11 (vv. 3.7). 12 Ihre Zeugentätigkeit bringt das Martyrium der zwei Zeugen in Apk 11 in Erinnerung. Die Christen, die Kapitel 12 nach Kapitel 11 lesen, wissen nun, dass jetzt auch ihre Zeit beginnt, in der sie zum Zeugendienst bereit sein sollen. 13 Beale, 637.
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
geführt wird – oder allgemeiner ein Echo der großen Verluste an Menschenleben im jüdischen Krieg. Apk 12,10 erinnert an die juristischen14 Erfahrungen der ersten Christen. Ihr Ankläger wird überwunden. Zusammen mit Apk 12,11 sehen wir „des Lammes Blut“ und diesen „Ankläger“ nebeneinander. Das ist eine Dämonisierung der rechtswidrigen Passion Jesu und eine Verherrlichung seiner Kreuzigung als Martyrium (vgl. 11,8). Apk 12,13.15.16 – die Verfolgung der Frau, ihre Flucht, der Versuch des Drachens, sie durch Wasser zu ersäufen – all das sind mythische Erinnerungen an die vom Apokalyptiker wahrgenommene Verfolgung des Urchristentums. Deswegen ist die Dämonisierung des Drachens eine radikale und kritische Bilanz in mythischer Form bei der Bewertung der damaligen sozialen Realität. Darüber hinaus hat der Drachen die Fähigkeit zu attraktiven Verführungstechniken, um die Bewohner auf Erden zu täuschen (12,9; 20,10 pkam_m; 20,3 pkam¶s,; 20,8 pkam/sai). Die Dämonisierung des Imperium Romanum in der Apk ist Kritik in Form eines Mythos an solch einer irreführenden Propaganda. Die Herrschaftsübertragung in Apk 13,2 (5dyjem aqt` b dq²jym tµm d¼malim aqtoO) ist eine „teuflische“ Segnung; sie stellt das Romanisierungsprogramm des Tiers dar. Seine attraktive Macht wird in 13,3bf deutlich: „Und die ganze Erde wunderte sich über das Tier, und sie beteten den Drachen an, weil er dem Tier die Macht gab, und beteten das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich, und wer kann mit ihm kämpfen?“ Die Anbetung und die panegyrischen Fragen in Apk 13,4 feiern einen militärischen Triumph. In Apk 16,13–14 und 20,7–8 werden darüber hinaus Auxiliartruppen aus nichtrömischen. Völkern als Instrumente und Verbündete der römischen Macht mythisiert und dämonisiert – also das für Nichtrömer so attraktive römische Militärdiplom. Die (Auxiliar-) Soldaten sind gottfeindlich und ihr Schicksal ist der Tod (Apk 20,9). Jedoch macht die Apk für die Militärverbrechen in erster Linie nicht sie verantwortlich, sondern die teuflische Trias (20,10; vgl. 19,20). In gewisser Hinsicht soll die Dämonisierung der römischen Macht durch den Apokalyptiker auch Verantwortung von den verführten Menschen abwälzen und ihnen Gelegenheit zur Buße geben. Das Zusammenwirken der repressiven und attraktiven Funktionen des Imperium Romanum zeigt sich im planvollen Aufbau der Apk. Was das Aussehen des Drachens angeht, so sind die „sieben Häupter und zehn Hörner“ gewiss ein repressives Symbol. Seine Attraktivität wird durch den Nachsatz: „der die ganze Welt verführt“ (12,9), hervorgehoben. In Apk 16,13–14 sind beide Funktionen eng verbunden. Obwohl Attraktionsmotive der Verführung und des Lügenpropheten in 20,2–3.7–8.10 mit Bedacht in die Szene eingeflochten sind, ist ein „letzter“ Krieg zu führen. Obwohl die Atmosphäre des Kapitels 12 eine repressive Stimmung enthält, finden wir einen Hinweis auf die attraktive Kraft des Drachens in Apk 12,9: b pkam_m tµm oQjoul´mgm fkgm. 14 Nach Beale, 661, hat Apk 12,10 einen juristischen Akzent. Aber Apk 12,7–9 kann man nur schwer als eine juristische Auseinandersetzung verstehen (gg. Beale, 661–3).
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Wenn die ersten Christen diese Aussage vom Verführer der ganzen Welt und vom Ankläger in 12,10–11 (b jatgcoq_m aqto»r … Bl´qar ja· mujtºr und aqto· 1m¸jgsam aqt¹m) nebeneinander stellen, erfahren sie die zwei Funktionen nicht nur in einer mythischen Erzählung, sondern diese wird existenziell für ihr Alltagsleben transparent. Bemerkenswert ist, dass in der Apk beide Funktionen des Drachens bei der Romanisierung der Erde effektiv sind. Mit anderen Worten, der Drache ist ein Charismatiker, dessen Attraktivität Rückzugstendenzen der Bewohner des Imperium Romanum verstärkt. Keine irdische aggressive Macht scheint mit dem Tier bzw. der dämonisierenden Herrschaft kämpfen zu können (vgl. 13,4). Aber Gott und seine Anhänger sind in der Apk niemals ultimativ überwindbar. Kurz, der Drache ist der erste Charismatiker des teuflischen Triumvirats mit repressiven und attraktiven Funktionen, deren sozialmythische Bedeutung die Romanisierung der Welt ist.
Das Imperium Romanum und das Tier aus dem Meer Der Schwerpunkt der Kritik des Apokalyptikers an dem Tier aus dem Meer ist nicht in erster Linie religiös, sondern sozial: Er kritisiert die Destruktion des Zusammenlebens und den Kulturverlust durch militärischen Imperialismus. Wie Dan 7 symbolisiert das hgq¸om („Tier“15) eine Herrschaft oder Macht, in der Apk genauer die römische Herrschaft. Es gliedert sich in zwei Personen auf: ein Tier aus dem Meer und eins vom Land. Mit wenigen Ausnahmen16 ist das singularische hgq¸om immer Abkürzung für das „Tier aus dem Meer“17, bzw. „das Tier, das sieben Häupter und zehn Hörner hat“.18 Das erste Tier kann diesen Begriff hgq¸om fast monopolisieren, weil es die Zentralverwaltung der römischen Herrschaft in Rom repräsentiert. Dagegen verkörpert das zweite Tier nur ihre Regionalverwaltung in Kleinasien. Wenn die beiden Tiere in der Apk zusammen in den Blick kommen, wird das zweite Tier immer nach dem ersten Tier genannt (Apk 16,13; 19,20; 20,10). Das erste Tier übernimmt die führende Rolle (vgl. Apk 19,19). Das Römische Reich gehört ihm (Apk 16,10: B basike¸a aqtoO); es hat einen Thron (Apk 16,10: t¹m hqºmom toO hgq¸ou), das zweite Tier hat dagegen keinen Thron. Außerdem bleibt zwischen den beiden Tieren eine Klientelbeziehung bestehen (Apk 13,12a), wobei das zweite Tier 15 39x in Apk 4,1–22,5: zwei Stellen entfallen (Apk 6,8; 18,2), alle übrigen lassen sich als Symbol der Herrschaft interpretieren. 16 In Apk 13,11 wird „das Tier vom Land“ explizit erwähnt. In 6,18 ist hgq¸ym ein Genitiv-Plural, in 18,2 wird hgq¸ou durch das Adjektiv pamtºr modifiziert. 17 36 von 39x ist in Apk 4,1–22,5 mit hgq¸om das Tier aus dem Meer gemeint: Apk 11,7; 13,1.2.3.4 (3x).12(2x).14(2x).15(3x).17.18; 14,9.11; 15,2; 16,2.10.13; 17,3.7.8(2x).11.12.13.16.17; 19,19.20 (2x); 20,4.10. In Apk 13,12 (2-mal) wird es „das erste Tier“ genannt. Die übrigen Stellen kürzen „das Tier aus dem Meer“ als „das Tier“ ab. 18 Apk 13,1; 17,3.7.
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
seinen Patron in jedem Fall als übergeordnet anerkennt (Apk 13,12b.14.15.17). Daher bedeutet das erste Tier das sozialpolitisch-militärische Zentrum des Römischen Reiches.19 Dieses Zentrum meint beim Apokalyptiker nicht nur einen einzelnen lebenden oder toten Kaiser, sondern die ganze abgelehnte „böse“ Kaiserinstitution,20 die sich im Laufe der Kaiserzeit durchgesetzt hat, auch wenn in ihr einzelne Kaiser durch die mythische Symbolisierung hindurch erkennbar sind. Man kann das Tier aus dem Meer als den Kern der sozialmythischen Darstellung der Romanisierung verstehen. Anhand von überwiegend repressiven Militärtaktiken (vgl. pokel/sai in 13,4) will das Tier aus dem Meer seine Gegner besiegen. In Apk 11,7 führt es Krieg (pºkelom) mit zwei Gegenspielern bzw. Zeugen und demzufolge werden diese beiden defensiven „Zeugen“ getötet. Die Romanisierung unterdrückt ihre Gegner. Die Christen sahen in diesem Martyrium von zwei verkündigenden Kriegern ihr eigenes Schicksal voraus.21 Dieser christliche Krieg soll nach 1.260 Tagen stattfinden (Apk 11,3). Die Prophezeiung sieht eine Tendenz zu Martyrien voraus, obwohl es in der Gegenwart nur sporadisch Märtyrer gab (vgl. Apk 2,13; 13,8). Diese Weissagung könnte auf erkennbare und beobachtbare soziale Tendenzen von Unterdrückungen des Gegenzeugnisses zurückgehen. Warum beschreibt der Apokalyptiker diesen Konflikt beim ersten Auftreten des hgq¸om aber als „Krieg“ (pºkelom)? Ist das nur eine literarische Fantasie und nicht wörtlich zu nehmen? Gewiss konnten auch begrenzte militärische Nachrichten das aggressive hgq¸om-Image im apokalyptischen Mythos verstärken. Nach Apk 13,1–10 gehörten jedoch Kriegserfahrung durch Gefangenschaft (13,10 eU tir eQr aQwlakys¸am) und Kampf (13,10 eU tir 1m lawa¸q, !pojtamh/mai vgl. 6,4) zum realen Erfahrungshorizont der Christen. Sie wissen von der Belagerung Jerusalems und der Tempelzerstörung durch Heiden (11,2: 5hmesim). Der in Apk 11 direkt angesprochene jüdische Krieg wird in die umfassende Auseinandersetzung mit dem Tier aus dem Meer eingetragen – durch einen mit Hilfe der „42 Monate“ geschaffenen intratextuellen Bezug von Apk 13,5–7a auf 11,2. Das repressiv vorgehende Militär in Apk 11 entspricht daher der Gotteslästerung des Tieres (13,1.5.6). Der Widerstand der „Heiligen“ (13,7a: pºkelom)22 wurde niedergeschlagen und „alle Stämme und Völker und Sprachen und Nationen“ mussten kapitulieren (13,7b). Zahlreiche Gebiete wurden romanisiert. Wenig überraschend ist daher, dass das Image des Tieres in Apk 17,14 nochmals das eines feindlichen „Kriegsführers“ (vgl. pokel¶sousim) ist. Der Vers ist Überarbeitung von Dan 7,24–25, wobei t¹ !qm¸om und seine Anhänger statt der in Dan 7,25 erwähnten jüdischen Heiligen vom Tier unterdrückt werden. Solche Aussagen sind zweifellos weit mehr als eine künstliche Phantasie, aber auch keine wörtlich zu nehmende Prophezeiung. Die Anspielungen auf Daniel 19 20 21 22
Bauckham, Climax, 343. Ibid. Giesen, 254. Pºkelom hat hier eine geschichtliche und wörtliche Bedeutung.
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konnten bei den (Juden)Christen das kollektive Gedächtnis des fehlgeschlagenen jüdischen Aufstands (und anderer Revolten) aktivieren (vgl. Apk 11,2; 13,5–7; 17,10). Die Anhänger des !qm¸om leisten Widerstand gegen die hgq¸omIdeologie. Was für die Gegner des Imperium Romanum repressive Militärtaktiken sind, eröffnet für die politisch Verbündeten attraktive Aufstiegsmöglichkeiten. Die Vasallen bzw. Klientelkönige in Apk 16,14 (to»r basike?r t/r oQjoul´mgr fkgr) und 19,19 (to»r basike?r t/r c/r) werden der römischen Zentralmacht (dem Tier) die aus den verbündeten Völkern rekrutierten Auxiliartruppen anbieten. Die Weissagung einer im so genannten „Letzten Krieg“23 (t¹m pºkelom in 16,14 und 19,19) gegründeten Allianz (bzw. t¹ hgq¸om ja· to»r basike?r t/r c/r ja· t± stqate¼lata in Apk 19,19)24 könnte durch zahlreiche schon existierende römische Militärkarrieren25 angeregt sein. Wie schon gesagt wurde, ist die Identität der „zehn Könige“ (d. h. der „zehn Hörner“) in Apk 17,12–14 unklar. In der Forschungsgeschichte wurden sie als Partner,26 Vasallen, Teile des Römischen Reiches, Angehörige der Provinzen und sogar verstorbene Kaiser gedeutet. Ob sie Auxiliartruppen anbieten, ist nicht ganz klar. Aber sicher bilden sie mit den Römern eine strategische Militärallianz (vgl. Apk 17,14: pokel¶sousim), die für die „zehn Könige“ sehr attraktiv gewesen sein muss. Neben Militärkarrieren im römischen Heer gab es als weitere Form einer propagandistisch-attraktiven Militärtaktik den demonstrativ zur Schau gestellten Triumph. Das Tier aus dem Meer bringt die ganze Erde zur Verwunderung (1haul²shg) und dadurch zur Ruhe (13,3), insbesondere durch die im Krieg erwiesene Unbesiegbarkeit eines seiner sieben Häupter, das seine töd23 Das Motiv vom „Letzten Krieg“ ist sehr häufig belegt. Vgl. äthHen 38–39; JoelLX X 4,2.9.11; Sach 12,3; 14,2.13–14; Ps 2,1–3; äthHen 56,5–6; 90,13–19; 99,4; syrBar 48,37; 70,7; Sib 3; 4Esra 13,5.33–38; TestJos 19; 1QM 1,10–11; 15,1–13; 18,1–2; PsSal 2,1–2; 17,22–23 usw. Aber zugleich passen diese verschiedenen Vorstellungen nicht ganz zu Apk 16,14 u. 19,14. Vgl. Collins, Apocalypticism in the Dead Sea scrolls, London; NY: Routledge, 1997, 91–109. 24 Nach Kowalskis ausführlicher Analyse der Rezeption des Hesekiels in der Apk passt Apk 20,8 (bes. „Gog u. Magog“) sowohl auf Wort- (Hes 38,2; vgl. 7,2) als auch auf einer Strukturebene (Hes 38,4.7.13.15) zu Hezekiel, Apk 16,14 u. 19,19 aber nur auf einer Strukturebene (Hes 38,4.7.13.15). Vgl. Kowalski, Die Rezeption des Propheten Ezechiel in der Offenbarung des Johannes, Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 2004, 217–21; 391–407; 506–7. Das bedeutet: Die „Sammlung der Völker“ im Gog-Magog-Kapitel von Hes 38–39 ist mit der „Sammlung der Heere des Tieres u. der Könige der Erde zum Kampf“ in Apk 19,11–21 (vgl. 16,12–16) nur entfernt vergleichbar, sie entsprechen einander nicht. In Hes 38 ist der Führer des Kriegs „Gog“ (38,2.3.14.17.18), in Apk 19,19 (vgl. 16,13–14) ist es das hgq¸om (= die römische Herrschaft). Das Heer von „Gog“ wird d¼malir (Hes 38,4.15) oder sumacyc¶ (vv. 4.7.13.15) genannt und unterscheidet sich von den Heeren bzw. stqate¼lata des hgq¸om in der Apk (im Plural). Der Apokalyptiker kennt die LXX-Wörter für „Heere“ (bes. aus Hes od. Dan). stq²teula wäre das nahe liegende Wort für römische Heere wie in Lk 23,11 u. Apg 23,10.27. Daher denkt Apk 19,19 vermutlich an sie. 25 Eichhorn I u. II. 26 Eichhorn I u. II.
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liche Wunde überlebt (vgl. 13,3.4.14). Aufgrund zahlreicher Siege (13,7) werden alle Bewohner der Erde mit Ausnahme der Anhänger des Lammes durch Siegesfeiern (13,8) und Demonstration von Kampfkraft (13,4) in ihren Bann geschlagen. Wir finden in der Apk das Echo der auf Attraktion zielenden Militärtechnik des römischen Triumphs. Wie beim Drachen ist das Zusammenspiel der repressiven und attraktiven Funktionen in der Symbolik des Tieres aus dem Meer auch im Aufbau der Apk zu finden. Das Tier hat ein repressives Erscheinungsbild wie „sieben Häupter und zehn Hörner“ (13,1), das Aussehen eines „Panthers“ (13,2a), „Bärenfüße“ (13,2b) und einen „Löwenrachen“ (13,2c). Es bietet zwar auch attraktive Aspekte wie die Heilung der Todeswunde eines seiner Häupter (13,3: 1haul²shg) und seine Wiederkehr (17,8: haulash¶somtai). Aber die repressive Funktion des Tieres ist insgesamt mehr betont als seine attraktive Seite. Immer wenn es in verschiedenen Kontexten (vgl. Apk 11,7; 13,1–10; 16,12–16; 17; 19,19–21) aktiv wird, spielt es durch sein Militär eine destruktive Rolle. Dagegen erscheint seine Herrschaftsklugheit (wie sein Herrschen durch Patronage) nur indirekt in Apk 13,12a. Bemerkenswerterweise kann der auf Hebräisch transkribierte Name )badd¾m bzw. )pokk¼ym (Apk 9,11), der wörtlich „Zerstörer“ bedeutet,27 zu diesem dämonisierten Regime in Beziehung gesetzt werden. Deshalb tritt neben dem Tier vom Land als zweiter Charismatiker des teuflischen Triumvirats das Tier aus dem Meer.
Das Tier vom Land Das Tier vom Lande ist die Verkörperung der römischen Regionalverwaltung. Es ist ein Klient des ersten Tieres (vgl. 13,12) und entspricht ganz oder teilweise dem apokalyptischen „Lügenpropheten“ (16,13; 19,20; 20,10),28 weil dieser in Apk 19,20 auf das zweite Tier in 13,13–17 zurückweist.29 Bei diesem Rückverweis in Kapitel 19 werden oft die vorhergehenden Verse Apk 13,11–12 übersehen. Ohne sie könnte man die Bezeichnung ,Lügenprophet‘ als rein religiöses Symbol beurteilen, damit wäre vor allem der „Kaiserkult“ gemeint. 27 Religionsgeschichtlich betrachtet ist es willkürlich, „in dem Namen )pokk¼ym (9,11) „einen Stich auf den in Kleinasien viel verehrten Apollo[n]“ zu sehen … Eine Anspielung auf Apollo[n] dürfte man nur dann annehmen, wenn sie ganz anders deutlich hervorträte“ (Gunkel, Schöpfung, 214). 28 Siehe: Irenaeus, Against Heresies, 5,28,2 in: Schaff, The Apostolic Fathers with Justin Martyrs and Irenaeus, Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2001, 810. „After this he likewise describes his armour-bearer, whom he also terms a false prophet.“ 29 In Apk 19,20 heißt es: „Und das Tier wurde ergriffen und mit ihm der falsche Prophet, der vor seinen Augen die Zeichen getan hatte, durch welche er die verführte, die das [Malzeichen] des Tieres angenommen und das Bild des Tieres angebetet hatten.“ Die kursiv gesetzten Teile beziehen sich alle auf 13,13–17 zurück: Dort ist von den Augen des Tieres (v.14) die Rede, das große Zeichen tut (v.13f), die auf Erden wohnenden Menschen verführt (v.14), ein Mahlzeichen verlangt, das alle Menschen tragen sollen. Alle sollen das Bild des Tieres anbeten (v.14–15).
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Ist „das Tier vom Land“ aber wirklich nur ein Deckname für den römischen Kaiserkult? Aufgrund von Apk 13,11–12 kann man das bezweifeln. 1) Erstens ist das Tier vom Land auch ein hgq¸om (Apk 13,11), das eine politische Macht symbolisiert. Die Macht aus dem Meer ist die römische Herrschaft, da diese aus kleinasiatischer Perspektive ihr Zentrum jenseits des Meeres hat, während die Macht vom Land die lokalen Machthaber repräsentiert. Der Kaiserkult wäre nur eine religiöse Institution mit politischer Implikation, die nur zum Teil zur Regionalverwaltung gehörte. 2) Zweitens hat das Tier vom Land „zwei Hörner wie ein Lamm“ (floia !qm¸y Apk 13,11), eine Bezeichnung, die im Zusammenhang mit dem Kaiserkult nicht belegbar ist.30 Das Bild charakterisiert das Tier vom Land als (Pseudo-)Messias; man muss auf die Analogie des Klientelkönigs Herodes des Großen31 zurückgreifen, um es zu erklären. Denn Herodes war ein großer Förderer des Kaiserkults. In der durch Palästina geprägten Erfahrung des Apokalyptikers steht das (jüdische) Klientelkönigtum in Zusammenhang mit den römischen Provinzen (wie Kleinasien). Es handelt sich immer um eine Regionalverwaltung im Auftrag der Fremdherrschaft. Gemeinsam ist ihnen, dass beide die Bewohner auf Erden zu romanisieren versuchen. 3) Drittens kann das Tier vom Land „alle Macht des ersten Tieres vor seinen Augen ausüben“ (13,12a), während die Priester des Kaiserkults solch eine Vollmacht zur Regionalverwaltung nie besaßen. 4) Viertens wissen wir durch den Vma-Satz in Apk 13,12b,32 dass die Aufgabe des Tieres vom Land die Manipulation der Bewohner auf Erden ist, damit sie vor der römischen Zentralverwaltung (nämlich vor dem ersten Tier) „am Boden knien“ (bzw. pqosjum¶sousim33 in 13,12b). Der Grund für die 30 Die Anspielung der Apk 13,11 auf Dan 8,3 ist nicht so sicher (gg. Riemer, Das Tier auf dem Kaiserthron? Eine Untersuchung zur Offenbarung des Johannes als historischer Quelle, Stuttgart; Leipzig: Teubner, 1998, 121). Obwohl die hebräischen Wörter lyIa; mit ~yIn"r'q. (im Dual) sind, werden sie als jqiºm mit j´qata (im Plural ohne Adjektiv „zwei“) in der LXX übersetzt. Falls es eine Anspielung auf Dan 8 ist, wäre sie nicht als „Priestertum“ sondern als „politische Herrschaft“ (vgl. basike»r L¶dym ja· Peqs_m in Dan 8,20) zu deuten. 31 Siehe: Schalit, König Herodes. Der Mann und sein Werk, SJ 4, Berlin: Walter de Gruyter, 1969, 473–9. Es gibt auch andere Hinweise auf Herodes I. in der Apk, z. B. der Kindermord (Apk 12,4) und der Vorhof für die Heiden als Teil des herodianischen Tempels (Apk 11,2). Tatsächlich spricht Josephus von der Regierungszeit des Herodes als Herrschaft eines hgq¸om (Ant. 17,11,2 (§309–11); Bell. 1,30,3 (§586–9); 1,32,2 (§622–7)). 32 Der Vma-Satz in Apk 13,12b lautet: Vma pqosjum¶sousim t¹ hgq¸om t¹ pq_tom (vgl. Lampe, „Vma“ in EWNT II, 460–6, bes. 466). 33 Neben der möglichen „kultischen Anbetung“ (Horst, Pqosjume?m. Zur Anbetung im Urchristentum nach ihrer religionsgeschichtlichen Eigenart, NTF 3,2, Gütersloh: Bertelsmann, 1932, 253–311), sollte man die Möglichkeit einer „sozialpolitischen Huldigung“ in der Apk (bes. 13,4.12) nicht ausschließen. Es gibt auch einen säkularen Sprachgebrauch von pqosjum´y (vgl. „pqosjum´y“ in GDWNT, 1435; „pqosjum´y“ in ThWNT, 759–67; „pqosjum´y“ in LSJM, 1518; Mt 2,2.8.11). 24x in der Apk: Apk 3,9; 4,10; 5,14; 7,11; 9,20; 11,1.16; 13,4(2x).8.12.15;
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Anbetung des ersten Tieres (pqosjum´y) ist die Heilung seiner Todeswunde durch das Schwert (vgl. Apk 13,12b mit 13,4.14). Dieser Grund ist bemerkenswert, weil er bei dieser „Anbetung“ einen religiösen Aspekt betont: die Herrschaftsideologie von der unbesiegbaren militärischen Macht. Aufgrund dieser vier Beobachtungen zu Apk 13,11–12 sei hier folgende These vertreten: „Das Tier vom Land“ ist kein Deckname für den Kaiserkult, sondern symbolisiert die Regionalverwaltung des Römischen Reiches, die in den römischen Provinzen und Klientelkönigtümern den Kaiserkult ausübt, aber auch andere Romanisierungsprogramme durchsetzt, so dass sich ihre Tätigkeit nicht auf den Kaiserkult begrenzen lässt. Diese Deutung kann unser Verständnis der teuflischen Trias (Apk 16,13) vertiefen. Intuitiv möchte man meinen, dass diese Trias eindrucksvoller wäre, wenn der „Drache (vom Himmel)“, „das Tier aus dem Meer“ und „das Tier vom Land“ nebeneinander stünden und so genannt würden. Aber die teuflische Trias wird dq²jym, hgq¸om und xeudopqov¶tgr genannt. Neben der Trias finden wir ferner eine vierte Rolle, nämlich die „Könige der ganzen Welt“ (Apk 16,14 vgl. 20,8) oder die „Könige auf Erden“ (19,19).34 Die Regionalverwaltung umfasst die „Könige auf Erden“ und den „Lügenpropheten“. Sie kontrollieren die regionalen Lebensbedingungen. Der „Lügenprophet“ (Apk 16,13; 19,20; 20,10) gehört zu der Trias, weil er wie der Drache und das erste Tier ein einflussreicher Charismatiker ist. Er ist das Schimpfwort für einen regionalen Propagandisten der Romanisierung (etwa einen Vasall oder einen Priester des Kaiserkults), der andere Bewohner verführt. Die „Könige auf Erden“ können die Vasallen und die regionalen Machthaber umfassen, die am Krieg des ersten Tieres (Apk 19,19) teilnehmen und Soldaten rekrutieren. Die Könige gehören nicht zur teuflischen Trias, weil sie nach Meinung des Apokalyptikers für die Kriegsführung nicht hauptverantwortlich sind (vgl. Apk 16,14.16 mit 19,19). Sofern diese Könige auf Erden das Romanisierungsprogramm nicht mittragen, 14,7.9.11; 15,4; 16,2; 19,4.10(2x).20; 20,4; 22,8.9. Die Grundbedeutung von pqosjum´y ist „am Boden knien“, „anbeten“ ist nur eine erweiterte Bedeutung. Pqosjum´y in Apk 3,9, das erstmalige Vorkommen dieses Verbs, ist zwar eine symbolische Geste, aber ohne die erweiterte Bedeutung von „Anbetung“. Vgl. Aune I, 238: „This prostration has no religious significance but is simply the traditional (oriental) expression of homage and honor, which we have chosen to translate „grovel“. Ganz gleich, ob pqosjum´y sich auf den „kultischen“ oder den „sozialpolitschen“ Sitz im Leben bezieht, enthält dieses Verb in der Apk immer ein Werturteil über den Adressaten. Wird jemand eine „Proskynese“ erwiesen, so muss er deshalb aber nicht Gott sein (vgl. bes. 3,9). Der Ort zum pqosjum´y ist nicht unbedingt kultisch festgelegt (vgl. Apk 19,10; 22,8). Deshalb weist pqosjum´y nicht unbedingt auf eine Anbetung im Kaiserkult. 34 Basike¼r ist 21mal in der Apk zu finden: 1,5; 6,15; 9,11; 10,11; 15,3; 16,12.14; 17,2.9.12(2x).14 (2x).18; 18,3.9; 19,16(2x).18.19; 21,24. Basike¼r könnte sich auf Gott (15,3), Christus (1,5; 17,14; 19,16), Kaiser (17,9), „Zerstörer“ (9,11), „zehn Könige“ (17,12) oder Vasallen (bzw. Regionalverwalter) beziehen. Die Beziehung zwischen Babylon und den Vasallen (oder den regionalen Machthabern) findet man in Apk 17,2.18 und 18,3.9. Darüber hinaus müssen die „zehn Könige“ (17,12) als Vasallen oder provinzielle Machthaber verstanden werden.
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können sie sogar ihre Herrlichkeit in das neue Jerusalem bringen (Apk 21,24). Wer jedoch die Rolle des „Lügenpropheten“ in der Regionalverwaltung spielt, wird ausgeschlossen. Die Regionalverwaltung des Imperium Romanum kontrolliert die regionalen Lebensbedingungen soziokulturell durch „Zeichen“ als prorömische Propaganda (Apk 13,13.14a: sgle?a), sozioökologisch durch Aufstellung eines Bildes bzw. einer Statue des ersten Tieres (Apk 13,14b.15: eQj¾m). Sozialökonomisch implementiert es ein Malzeichen (Apk 13,16.17: w²qacla), das den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens anzeigt und zum Handel berechtigt. Das Tier vom Land repräsentiert die Romanisierung in vielen Dimensionen. Die Herrschaftsstrategien des Lügenpropheten sind zweiseitig. Er übt teils eine attraktive Verführungsmacht über die lokalen Eliten aus, teils unterdrückt er repressiv seine Gegenspieler. „Zeichen“, „Bild“ und „Malzeichen“ der Regionalverwaltung leisten einen wirksamen Beitrag zur Legitimierung seines Patrons durch eine umfassende Herrschaftsideologie.35 In der soziokulturellen Dimension gehören „Zeichen“36 zur attraktiven Herrschaftsklugheit37 (sgle?a in Apk 13,14; 16,14; 19,20). Wegen der Zeichen verfallen die Bewohner auf Erden der Propaganda (Apk 13,14a), um freiwillig der Zentralverwaltung des Römischen Reiches ein Denkmal zu errichten und dieses Bauprojekt vermutlich auch noch zu finanzieren (Apk 13,14b). Aber was die „Zeichen“ im antiken Alltagsleben konkret bedeuten, bleibt unbestimmt. Aufgrund der in der Apk gegebenen Hinweise können wir nur annehmen, dass das Wesen des apokalyptischen „Zeichens“ eine Botschaft oder ein Orakel (Apk 12,1.3; 15,1; vgl. 1,1)38 ist. Es gibt verschiedene Arten von Zeichen wie Wunder (Apk 13,13),39 Visionen (Apk 12,1.3),40 Naturkatastrophen (Apk 15,1ff),41 deren Eigenschaften am Himmel erscheinen,42 die 35 Vgl. Park, „Tiere und Farben in der Offenbarung. Eine Untersuchung zur Herkunft, Funktion und theologischen Bedeutung der Tier- und Farbmotive in der Apokalypse des Johannes,“ Th.D. Diss., Kirchlichen Hochschule Bethel, 1997, 136–7. Anders als ich deutet Park das Tier vom Land als „Provinzpriestertum“, „das für den römischen Kaiserkult arbeitete“ (S.136). 36 7x in Apk: 12,1.3; 13,13.14; 15,1; 16,14; 19,20. 37 „Zeichen“ sollte nicht als Militärzeichen verstanden werden, obwohl es in militärischen (16,14b; 19,19) oder triumphierenden (13,14b) Kontexten erscheint. Es gehört zur „Herrschaftsklugheit“, weil es destruktive Militärmacht hinter einer dekorierten Fassade versteckt. 38 Apk 12,1–2 handelt in mythischer Form vom Zeichen (sgle?om) einer schwangeren Frau; Apk 12,3–4 vom Zeichen (sgle?om) des Drachens; Apk 15,1ff vom Zeichen (sgle?om) der sieben Plagen. In Apk 1,1 bedeutet 1s¶lamem (sgla¸my) „kundtun“. 39 Apk 13,13 ist ein vom Himmel fallendes Feuerwunder (sgle?a), das das Tier vom Land vor den Menschen tut: Vma ja· pOq poi0 1j toO oqqamoO jataba¸meim eQr tµm c/m. 40 ¥vhg (Apk 12,1.3) signalisiert sgle?om als Vision, die vom Apokalyptiker gesehen wurde. 41 Obwohl die sieben Plagen mythisch sind, werden ihre Inhalte wie Naturkatastrophen beschrieben: Die erste Plage ist eine Katastrophe auf der Erde (16,2), die zweite eine Meereskatastrophe (16,3), die dritte eine Wasserkatastrophe (16,4), die vierte eine Klima- oder Temperaturkatastrophe (16,8–9), die fünfte eine Katastrophe der Finsternis (16,10), die sechste eine Dürrekatastrophe am Euphrat (16,12), die siebte Erbeben (16,19) und Hagel (16,21). 42 Vgl. 1m t` oqqam` in Apk 12,1.3; 15,1 und 1j toO oqqamoO in Apk 13,13.
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sichtbar,43 auffallend,44 wunderbar,45 mythisch,46 astrologisch47 und katastrophisch sind. Wenn jemand ein „Zeichen“ als „göttliche“ Botschaft oder „göttliches“ Orakel interpretieren kann, kann er innerhalb der mediterranen Kultur damit Menschen beeinflussen und manipulieren. In der Hand der Regionalverwalter sind „Zeichen“ weit mehr als eine neutrale Botschaft, sie funktionieren als ideologische Propaganda (13,14; 16,14; 19,20). Die Zeichenbzw. Ideologiekritik des Apokalyptikers bestand in der Etikettierung dieser Zeichenpraxis als „verführend“ (13,14a), „dämonisch“ (16,14a) und „lügenhaft“ (16,13; 19,20). Diese negativen Labels enthielten eine Kritik an der Propaganda für den römischen Imperialismus; denn die Zeichen sind mit militärischen (16,14b; 19,19) oder triumphierenden (13,14b) Kontexten verbunden. Kurz, „Zeichen“ (sgle?a) sind soziokulturelle Propaganda. In seiner sozialökologischen Dimension wirkt das „Bild“ (eQj¾m)48 sowohl attraktiv als auch repressiv. Dass die Menschen „das Bild des Tieres anbeten“ (13,15) kann, aber muss sich nicht auf den Kaiserkult beziehen. Die Grundbedeutung von eQj¾m ist nämlich eigentlich „Repräsentation einer Realität“49, nicht Götzendienst oder „Idolatrie“. Vielmehr gibt es andere auf Idolatrie bezogene Wörter in der Apk wie eUdyka (9,20), oR eQdykok²tqai (22,15), eQdykok²tqair (21,8), eQdykºhuta (2,14.20). Bemerkenswert ist, um wessen „Bild“ es sich handelt. Es gehört zu dem Tier aus dem Meer (13,14). Interessant ist, dass der Apk 13,12.14 nicht wie 13,3 die Heilung der Todeswunde eines der sieben Häupter, sondern die Heilung des Tieres betont. Wenn das „Bild“ nur einen bestimmten Kaiser repräsentieren sollte, hätte der Apokalyptiker auch in Apk 13,12.14 von „einem der sieben Häupter“ reden müssen. Daher ist das „Bild“ des Tieres die Repräsentation der römischen Zentralverwaltung. Das kann, muss aber nicht ein bestimmtes Kaiserbild sein. Das Medium des „Bildes“ (eQj¾m) kann eine Skulptur (Dan 3), eine Malerei (Hes 23,14) oder eine Münze sein (Mt 22,20 // Mk 12,16 // Lk 20,14), aber man kann nicht sicher beurteilen, welches Medium der Apokalyptiker meint. Sicher ist nur die Intention dieses Bildes (vgl. 13,14 mit 13,12): Es funktioniert als Denkmal der Zentralverwaltung des Römischen Reiches in einem regionalen Hoheitsgebiet, das allen den unbesiegbaren Imperialismus Roms einprägen soll. Seine Intention ist daher nicht primär religiös. Sie wirkt als Politisierung der materiellen Kultur in der alltäglichen Lebenswelt. Hier erlebten die Christen und Nichtchristen eine sich immer mehr romanisierende Umgebung, deren hochdekorative Gebäude nicht als unauffällige oder gegenständliche „Ob43 Vgl. ¥vhg in Apk 12,1.3; eWdom in Apk 15,1; vgl. 1m¾piom t_m !mhq¾pym) in Apk 13,13. 44 Vgl. sgle?om l´ca in Apk 12,1; l´ca in Apk 15,1; sgle?a lec²ka in Apk 13,13; und vgl. Qdo» dq²jym l´car puqqºr in Apk 12,3. 45 Vgl. haulastºm in Apk 15,1. 46 Vgl. den Mythos von der Frau und der Schlange in Apk 12 (vgl. sgle?om in Apk 12,1.3). 47 Vgl. Sonne, Mond und zwölf Sterne in Apk 12,1; die Sterne des Himmels in Apk 12,3. 48 10 mal in Apk: 13,14.15(3x); 14,9.11; 15,2; 16,2; 19,20; 20,4. 49 Vgl. Kol 1,15; 3,10; Röm 8,9; 1Kor 11,7; 2Kor 4,4 usw.
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jekte“ sondern als lebendige und sozial interaktive „Subjekte“ erfahren wurden.50 In diesem Sinne könnte das Bild, das in Apk 13,15a als „lebendig“ und „belebt“ beschrieben wird,51 sich nicht nur auf den Kaiserkult, sondern auf lebendige „Vor-Bilder“ unter den Menschen der alltäglichen Lebenswelt beziehen. Zahlreiche Bewohner auf Erden wurden durch das „Bild“ (eQj¾m) bzw. die überredende Werbung (vielleicht auch durch den Kaiserkult) bewusst oder unbewusst angezogen und romanisiert (14,9.11; 16,2; 19,20). Aber diese Werbung hat auch eine repressive Seite. Wer das „Bild“ (eQj¾m) nicht „anbeten“ will, wird getötet (13,15b). In der Tat ist das „Anbeten“ (pqosjum´y) eine symbolische Geste, deren erweiterte Bedeutung in der Apk nicht nur kultische Verehrung sondern auch politischen Souveränitätstransfer umfasst.52 Ob jemand „anbetet“, ist nicht nur eine Frage der körperlichen Gestik, sondern der Loyalität. Offensichtlich spielt Apk 13,15b auf das Loyalitätsmotiv in Dan 3 an, auch wenn das Motiv der Götzenbildverehrung (in Dan 3,8.14.18) nicht explizit aufgegriffen wird. Dennoch ist nicht allein die Identität der getöteten Menschen als Christen die Todesursache in der Apk. Nicht nur Christen wurden damals aufgrund ihres Widerstands gegen die römische Macht getötet. Die Ablehnung der Verehrung des Kaisers als „Gott“ ist nur eine der möglichen Todesursachen, aber auch das ist nicht sicher, weil diese Interpretation auf der unsicheren Deutung des hgq¸om auf einen einzelnen Kaiser basiert. In der Apk wird nur gesagt, dass die Verfolgung den trifft, der sich nicht an die Ideologie, die hinter der „Heilung der durch das Schwert verursachten Todeswunde“ steht (13,14.15; vgl. vv. 4.12), anpasst. Die Verfolgung ist daher wahrscheinlich eher politisch als religiös bedingt. Falls dieses Verständnis richtig ist, könnten wir dazu zahlreiche analoge Beispiele für eine politische Verfolgung (wie z. B. die Kreuzigung Jesu) finden. Anders gesagt: Wer dem militärischen Imperium Romanum keine Treue schwor, verdiente den Tod. Der Apokalyptiker lobt dagegen implizit diejenigen, die wie die „drei Freunde“ in Dan 3 das Bild nicht anbeteten, weil sie mit der repressiven Herrschaftsideologie keinen Kompromiss schließen wollten. Falls es geschichtlich keine erzwungene Anbetung im Kaiserkult gab, wäre das apokalyptische „Bild“ eine literarische Symbolisierung, mit deren Hilfe der Apokalyptiker einen Einblick in die sich romanisierende, materiell-kulturelle 50 „It is not only with people and animals that we interact but also with objects. Objects are a cause, a medium, and a consequence of social relationships … , in commonsense thought objects are generally conceptualized in opposition to people, a perception which imputes a strong semantic contrast to the differences between things and organisms, matter and life. From this perspective people are assumed to be active agents who determine the physical configurations and meanings of objects; objects are apparently nothing but the passive embodiment of human intentions.“ (Riggins [Hg.], The Socialness of Things. Essays on the Socio-Semiotics of Objects, Berlin: Mouton de Gruyter, 1994, 1. Die Einsicht Riggins gibt uns einen Hinweis darauf, wie wir Apk 13,15a verstehen können, obwohl die Beiträge dieses Buchs die Apk nicht berühren. 51 Vgl. den „Geist“ und die „Rede“ in Apk 13,15a: Ja· 1dºhg aqt` doOmai pmeOla t0 eQjºmi toO hgq¸ou, Vma ja· kak¶s, B eQj½m toO hgq¸ou. 52 Vgl. Apk 4,10; 5,14; 7,11; 11,16; 19,4 auch 15,3–4.
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Umgebung gibt. Im Alltagsleben erlebten die ersten Christen zahlreiche Bauprojekte des „Bildes“, aber auch zahlreiche Widerstände dagegen (Apk 13,15; 15,2; 20,4). Kurz gesagt, das „Bild“ ist nicht nur ein Symbol für eine attraktive Propaganda, sondern auch für eine repressive soziale Kontrolle. Auch in seiner sozialökonomischen Dimension wirkt das „Malzeichen“ (w²qacla)53 der Herrschaft sowohl attraktiv als auch repressiv. Gemeint ist eine Wirtschaftspolitik, die das Kaufen (13,17a: !coq²sai) und das Verkaufen (13,17a: pyk/sai) kontrollieren kann. Das Tier vom Land ist der Verwalter dieser regionalen Wirtschaftspolitik. Aber die Apk gibt uns nur wenig Auskunft über diese Handelspolitik. Das „Malzeichen“ (w²qacla) entspricht dem „Namen“ (13,17b: emola) des Tieres aus dem Meer (13,17b). Es ist mit der „Zahl“ (13,17b: !qihlºr) dieses Namens gleichbedeutend. Die Deutung der Zahl von „666“ oder „616“ (13,18) ist noch umstritten. Falls die Zahl den Personennamen eines bestimmten Kaisers (z. B. Nero oder Domitian) kodieren würde, wäre eine wirtschaftspolitische Maßnahme zu ihrer jeweiligen Regierungszeit gemeint. Aber es könnte sich auch um eine allgemeine sozialökonomische Politik handeln, die in der ganzen Kaiserzeit durchgeführt wurde. Denn „666“ ist möglicherweise ein Deckname für das hgq¸om als Symbol für das ganze „Imperium Romanum“. In jedem Fall muss das kritisierte Handelssystem einflussreich und umfassend sein, weil es sich auf alle gesellschaftlichen Schichten (nämlich auf die Kleinen und Großen, die Reichen und Armen, die Freien und Sklaven) auswirkt (13,16a). Das lebenswichtige römische Fiskalsystem könnte eine Analogie zum Apk. „Malzeichen“ (w²qacla) sein, weil die (Amts)namen54 auf den römischen Münzen55 „eingeprägt“ wurden. Einerseits ist das „Malzeichen“ (w²qacla) auf diese Weise ein Symbol für die attraktive romanisierende Herrschaftstaktik, da es überall den Namen des Tieres aus dem Meer propagiert (13,17; 14,11; 16,2; 19,20; 20,4). Entsprechend hatten auch die römischen Währungen einen Propagandawert.56 Der Apokalyptiker kritisiert, dass das „Malzeichen“ (w²qacla) als Lebenszeichen akzeptiert wird, das an der rechten Hand oder an der Stirn einzutätowieren ist (13,16b; 14,9; 20,4). Die Annahme des „Malzeichens“ (w²qacla) symbolisiert die (wirtschaftliche) Anpassung an die Herrschafts53 7 mal in Apk: 13,16.17; 14,9.11; 16,2; 19,20; 20,4. 54 Bousset, 369, hält w²qacla für die „Umschrift der Kaisermünze“. 55 Lohse, Die Offenbarung des Johannes, 82, notiert, dass w²qacla sich auf Griechisch auch auf „den amtlich gebräuchlichen Ausdruck für Siegel und Stempel der Caesaren“ bezieht. 56 „The Romans were certainly not the first to promote political doctrine through the use of propaganda, but they may have been the best – perhaps of all time … It did not take the Romans very long to realize that there was enormous potential in the images which could be placed on coinage. Coins typically circulated across a very broad spectrum of social classes and geographical regions. In addition they were durable … Consequently, the message delivered on a coin was echoed many times across the land … The message was usually brief, but it was clear and powerful. Practically every Roman Imperial coin reverse has some propagandistic element in its design.“ (Sayles, Ancient Coin Collecting III. The Roman World-Politics and Propaganda, Iola, WI: Krause, 1997, 166).
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ideologie. Andererseits aber bedeutet das „Malzeichen“ (w²qacla) eine repressive Sozialkontrolle. Ursprünglich war es keine Handelsbarriere, sondern eine Förderung des Handels, durch die zahlreiche Bewohner auf Erden profitieren konnten. Aber es funktioniert indirekt als Handelsbeschränkung, weil ohne das Malzeichen kein Handel getrieben werden konnte (13,17a: l¶ tir d¼mgtai). In diesem Sinne ist der Markt nicht frei. Überall in den römischen Provinzen gab es Münzämter, damit die römische Herrschaft und ihre Regionalverwalter die Lebensbedingungen ihrer Hoheitsgebiete kontrollieren konnten. Sofern die Regionen jedoch ohne Ausbeutung unter Kontrolle gehalten werden konnten, steht das „Malzeichen“ (w²qacla) auch für die Herrschaftsklugheit des Tieres vom Land. Kurzum, das „Malzeichen“ (w²qacla) ist einerseits attraktive sozialökonomische Propaganda, andererseits repressive Sozialkontrolle. Die Könige auf Erden sind sowohl mit attraktiven als auch repressiven Militärtaktiken verbunden. Auf die attraktive Seite gehört, dass sie nach Apk 19,19a57zu den Auxiliartruppen des Tieres aus dem Meer gehören. Die vereinigten Heere (19,19a: t± stqate¼lata aqt_m) sind in Analogie zu Soldatenrekrutierungen für die römischen Legionen in Klientelkönigtümern und Provinzen zu verstehen. Auf die repressive Seite gehört, dass sich die Könige auf Erden im Krieg befinden (19,19b: „poi/sai t¹m pºkelom let± … “). Aber im Vergleich zu Apk 16,14.16 spielen die Könige auf Erden nur eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz zu ihnen ist der Lügenprophet ein aktiver Verführer, um Militärkarrieren anzubieten (16,14; 19,20). Er ist in Apk 19,20 (vgl. 16,14.16) selbst kein Krieger. Er steht für die nicht-militärische Herrschaftsklugheit des Tieres in der Regionalverwaltung, während die Könige auf Erden militärisch auftreten. Neben dem Drachen und dem Tier aus dem Meer ist also auch beim Tier vom Land ein Zusammenspiel von attraktiven und repressiven Herrschaftsseiten zu beobachten, besonders in Apk 13,11–18. Attraktive und repressive Signale existieren nebeneinander in Apk 13,14 (pkamø) und 13,15.17 (!pojtamh_sim … Vma l¶ tir d¼mgtai !coq²sai C pyk/sai). Seine attraktive Funktion wird mehr betont: sein attraktives und irreführendes Aussehen (13,11 j´qata „floia“ d¼o !qm¸\) und eine entsprechende Sprache (13,11 1k²kei „¢r“ dq²jym). Es kann ein attraktives „Zeichen“ tun (sgle?om) und ein attraktives „lebendiges“ „Bild“ (eQj¾m) herstellen. Sein Angebot zur Herrschaftssicherung („Zeichen“, „Bild“ und „Malzeichen“) hat weit mehr attraktive als repressive Funktionen (nur in 13,15.17). Das Tier vom Land repräsentiert hauptsächlich attraktive Herrschaftsklugheit und spielt somit die konstruktive Rolle im Romanisierungsprogramm. Ob es sich im Krieg befindet, ist unklar. Sicher ist seine Aufgabe im Vergleich zu dem Tier aus dem Meer nicht in erster Linie die Kriegsführung (vgl. 19,19–20 mit 16,14.16). 57 Militärkarrieren werden auch in Apk 19,19a vorausgesetzt: Ja· eWdom t¹ hgq¸om ja· to»r basike?r t/r c/r ja· t± stqate¼lata aqt_m sumgcl´ma.
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Zusammenfassend kann man sagen: Das Tier vom Land bzw. der Lügenprophet als dritter Charismatiker des teuflischen Triumvirats stellt die attraktive und repressive Herrschaftsklugheit des Imperium Romanum dar. Seine Aufgabe ist eine prorömische Regionalverwaltung mit kulturellen, sozioökologischen und ökonomischen Dimensionen. Die Könige auf Erden der Regionalverwaltung spielen im Vergleich zum Tier aus dem Meer dagegen nur eine untergeordnete Rolle in der sozialpolitisch-militärischen Dimension.
Babylon die Bündnispartnerin des Tiers Was die Stadt „Babylon“ angeht, so bezieht sich die Kritik des Apokalyptikers an ihr weder eindeutig auf die religiöse Praxis des romanisierten Kleinasiens noch ausschließlich – in Rezeption des jüdischen Decknamens „Babylon“ für Rom58 – auf die Stadt Rom, sondern er übt Sozialkritik an der Urbanisierung59 der Welt nach römischen Wertvorstellungen. „Babylon“ (Babuk¾m),60 genauer gesagt „das große Babylon“ (Babuk½m B lec²kg), ist an sich ein geographischer Ortsname, dessen weitere Bezeichnungen, nämlich „Hure“ (pºqmg),61 und „Frau“ (cum¶),62den Ort als große Gegenspielerin personifizieren.63 Nach Apk 17,3.7 (vgl. 18,7) ist die „Frau“ (cum¶), die hinter dem Decknamen „Babylon“ (Babuk¾m ist Femininum) steht, Bündnispartnerin des Tieres. Dieses personifizierte Babylon ist tatsächlich eine große Stadt (Apk 18,10; 18,21), die auf „sieben Bergen“ (17,9)64 und an „vielen Wassern“ (17,1 vgl. v.15)65 eine strategisch vorteilhafte Lage hat (j²hgtai). In der Antike bieten „Berge“ eine militärisch günstige Verteidi58 Vgl. Sib 5,158; MHld 1,6(89a); TanB §16(21b). 59 B. J. Malina rät modernen Lesern, antike Städte nicht mit modernen zu verwechseln. Siehe seine Beschreibung einer antiken Stadt in Malina, New Jerusalem, 26–37. 40–7. 60 6x in Apk: 14,8; 16,19; 17,5; 18,2.10.21. 61 5x in Apk: 17,1.5.15.16; 19,2. 62 19x in Apk: 2,20; 9,8; 12,1.4.6.13.14.15.16.17; 14,4; 17,3.4.6.7.9.18; 19,7; 21,9. Mit Ausnahme von Apk 9,8, wo ein Gleichnis (¢r tq¸war cumaij_m) vorliegt, kann man die Belege in zwei Gruppen teilen: die eine Frau steht auf der göttlichen Seite, die andere auf der gottfeindlichen. Beide Frauen (14,4), mit denen sich die Anhänger des Lammes (nämlich „144.000“) nicht befleckt haben, bedeuten ebenso wie die gottfeindliche Jezebel (2,20) echte Menschen. Kapitel 12 stellt eine göttliche Frau dar, die vor dem Drachen, der sieben Häupter und zehn Hörner hat, in die Wüste flieht. Im Gegensatz dazu stellt das Kapitel 17 eine andere gottfeindliche Frau in der Wüste dar, die von dem Tier getragen wird, das sieben Häupter und zehn Hörner hat. In Kapitel 17 ist der gottfeindliche Ortsname (nämlich Babylon) als Frau des Tieres personifiziert, dagegen begegnet uns in Apk 19,7 und 21,9 (vgl. 21,10) die Personifikation des göttlichen Ortsnamens (bzw. Neues Jerusalems) als Frau des Lammes. 63 Vielleicht wird die Göttin Roma mit dieser Gegenspielerin vergleichbar (vgl. Bauckham, Climax, 344). Trotzdem sollte man Babylon als einen Ortsname nicht aus den Augen verlieren. 64 Nach 1pû t± eqg eQs¸m, fpou B cumµ j²hgtai 1pû aqt_m in Apk 17,9. 65 Nach jahgl´mgr 1p· rd²tym pokk_m in Apk 17,1 und t± vdata $ eWder ox B pºqmg j²hgtai in Apk 17,15.
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gungsstellung, „viele Wasser“ weisen auf Lebensmöglichkeiten, die sich in einer „hydraulischen Gesellschaft“ voll entfalten können.66 Solch eine Stadt kann wachsen und gedeihen. Aber der Apokalyptiker bewertet die Sozialgeographie der Stadt nicht nur positiv. Wenn man die mit „Babylon“ verbundenen Eigenschaftswörter beachtet, fällt auf: Die Prädikate „stark“ und „groß“ enthalten vielleicht eine feine Ironie.67 Babylon wird nicht nur als „die starke Stadt“ (18,10: B pºkir B Qswuq²) hervorgehoben, sondern auch als „Babylon die große Stadt“ (18,21: Babuk½m B lec²kg pºkir), als „die große Stadt Babylon“ (18,10), „das große Babylon“ (14,8; 16,19; 17,5; 18,2) oder einfach als „die große Stadt“ (in 17,18; 18,16.18.19). „Babylon“ erscheint in der Apk nie ohne das Adjektiv „groß“. Im Gegensatz dazu ist die göttliche Stadt (vgl. 3,12) nie mit dem Adjektiv „stark“ oder „groß“ verbunden, sondern mit „geliebt“ (20,9: tµm pºkim tµm Acapgl´mgm) oder „heilig“ (11,2: tµm pºkim tµm "c¸am). Auch das „Neue Jerusalem“,68 das der „Frau des Lammes“ (21,9) entspricht, heißt „die heilige Stadt“ (tµm pºkim tµm "c¸am Yeqousakµl jaim¶m in 21,2; vgl. 21,10; 22,19). Der Vergleich der zwei Stadttypen zeigt, dass nicht die Verstädterung eines Orts kritisiert wird, sondern das Idealbild hinter der Urbanisierung. Das „große“ Babylon ist wahrscheinlich das Urbild anderer Städte (Apk 16,19). In Apk 17–18 wird es erstmals in der Apk formell vorgestellt. Die sieben Berge sind das erste Signal, das Babylon auf Rom, die Residenzstadt der (sieben) Kaiser, d. h. der „sieben Häupter“, bezieht (17,9). Babylon meint die Hauptstadt, während das Tier, das sieben Häupter und zehn Hörner hat, die Zentralverwaltung repräsentiert. Die Kaiserresidenz Babylon, die viele Wasser unter Kontrolle hält, hat ferner Macht über „Völker und Scharen und Nationen und Sprachen“ (17,15) bzw. über die „Könige auf Erden“ (17,18). Diese Macht ist das zweite Signal dafür, dass „die Erde“ (17,2: t/r c/r) die Grenze des Reiches ist und Babylon ihre Hauptstadt. Babylon und „die Erde“ vereinigen sich zum großen Hoheitsgebiet des Imperiums. Man kann daher fragen: War die damalige Hauptstadt, d. h. das historische Rom, das alleinige Ziel der Kritik in Apk? Oder war auch die Urbanisierung als umfassendes Romanisierungsprogramm mitgemeint? Vor Apk 17,9 gibt es keinen textimmanenten Hinweis darauf, wo Babylon, „die große Stadt“, zu lokalisieren ist. Apk 17,9 ist in dieser Hinsicht eine Wende. Die soeben genannten beiden Signale (17,9b und 17,15.18) machen plausibel, dass der Apokalyptiker in Übereinstimmung mit jüdischen Traditionen das historische „Rom“ als „Babylon“ (Babuk¾m) kodiert. Die Babylonisierung Roms ist 66 Nach dem Soziologen Karl August Wittfogel (1896–1988) ist eine hydraulische Gesellschaft eine Kultur, deren sozialpolitischer und ökonomischer Fortbestand und deren Entwicklungspotenzial grundlegend von einem erfolgreich vernetzten Wasserbau abhängen. Vgl. Wittfogel, Wirtschaft und Gesellschaft Chinas. Produktivkräfte, Produktions- und Zirkulationsprozess, Leipzig: Hirschfeld, 1931. 67 Die Anspielung von Apk 18,10 auf Hes 26,17 erklärt noch nicht (so Giesen, 397) die Intention und den Sprachgebrauch des Apokalyptikers. 68 2x in Apk 3,12 und 21,2.
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dialektisch: Einerseits kritisiert sie in jüdischer Tradition69 eine romzentrierte Weltordnung, andererseits relativiert sie mit Hilfe der Babylon-Symbolik das historische Rom durch Zuordnung zu seinem altorientalischen Urbild. Diese Relativierung ergibt sich m. E. aus fünf Überlegungen: 1) Der Vergleich Babylons als „Mutter der Huren“ (17,5) mit dem historischen Rom, impliziert die Existenz oder Möglichkeit weiterer „Huren“; 2) Weil „Babylon die große Stadt“ den Ausdruck „große Stadt“ in der Apk nicht monopolisiert hat und andere Städte bekannt sind (11,8.13; 16,19), können Städte neben Rom die Rolle der „großen Stadt“ spielen. 3) Zwei verschiedene Darstellungen des Endes der Stadt Babylon (vgl. 17,16 mit Kapitel 18) machen klar, dass das Schicksal des historischen Roms (17,16) nicht einfach dem Gericht über Babylon entspricht, sondern dessen Vorspiel ist. 4) Ähnlich wie der „achte“ König (17,11) eine „Inkarnation“ des Tieres und zugleich die Klimax der Boshaftigkeit ist, könnte sich die „Hure“ (anstatt „die große Hure“) als Deckname des historischen Roms in 17,16 auf „Babylon“ (als eine umfassendere Größe) beziehen. 5) Die durch den jüdischen Decknamen für Rom und viele Anspielungen an Daniel geschaffene Babylon-Symbolik ruft die Vergänglichkeit der Weltordnung Babylons ins Gedächtnis und lässt deshalb eine Veränderung der romzentrierten Weltordnung erwarten. Das historische Rom wird in der Apk zwar nie direkt genannt.70 Aus unseren Überlegungen lässt sich aber schließen, dass das historische Rom nicht allein Gegenstand der Kritik ist, sondern mit ihm die Urbanisierung der ganzen Welt als Teil eines Romanisierungsprogramms. Auch eine andere Stadt könnte in der Krise zur „starken“ und „großen“ Stadt werden. Jerusalem war nicht heiliger als Rom, war diese Stadt doch der Ort der Kreuzigung des Herrn gewesen (11,8). Herrschaftsklugheit will das multidimensionale71 Idealbild einer „starken 69 Die Kritik an der römischen Urbanisierung findet sich nicht nur in der Apk, sondern auch bei den Rabbinen, vgl. PesR 14(65b) (eine allegorische Auslegung von Num 19,2); Pes 118b; San 21b; yAZ 1,39c,33; yTaan 1,64a,12; MKoh 5,7(26a). Diese Kritik ist nicht nur eine vereinzelte Klage, sondern entspricht einer verbreiteten sozialen Unzufriedenheit. 70 Bauckham, Climax, 345: „It seems that John has quite deliberately fashioned a prophetic oracle against Rome which gathers up all that his prophetic predecessors had pronounced against the two cities of Babylon and Tyre.“ Zu beachten ist aber, dass das historische Rom nirgendwo in der Apk explizit genannt wird. Rom und andere Städte sind m. E. nur Exempel der Urbanisierung. Rom wird dadurch stark relativiert. So erkläre ich die Anspielungen auf Hes 26–28; Jer 50–51 und Jes 13,1–14,23; 21,1–10; 23. Durch sie werden sowohl das historische Babylon als auch das historische Tyros im Gedächtnis behalten. Beide waren ebenso wie Rom nur Beispiele. 71 Einerseits nennt Bauckham, Climax, 345, die Darstellung von Babylon in Apk 17–18 eine Kombination von „the evils of the two great evil cities of the Old Testament prophetic oracles: Babylon and Tyre“. Andererseits stellt er fest: „If Babylon gave Rome its name in John’s oracle, it is probably Tyre that supplied the image of the harlot for Rome … Thus we should expect the
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und großen“ Stadt als attraktive Möglichkeit aufwerten. Sozialpolitisch dehnt die „große“ Stadt (17,18) ihren Einfluss auf andere Länder oder Völker aus. Sozialökologisch besitzt sie als „starke“ Stadt (18,10) Verteidigungsanlagen, sozialökonomisch ist sie voll zahlreicher Luxusgegenstände (18,16.19). Soziokulturell bietet sie ein mannigfaltiges Kulturleben an. Die politische Implikation der sozialgeographischen Zentralstellung der großen Stadt kann man anhand von Apk 17,1–18 (vgl. 18,1–8) erläutern. Einige Informationen enthält die Kritik des Apokalyptikers, wenn man ihre Metaphorik genauer betrachtet. Er stempelt das Zentrum der Macht als „Hure“ (17,15) ab. Die Hure gewinnt ihre Herrschaft über „Völker und Scharen und Nationen und Sprachen“ (17,15) und leistet ihnen „sexuelle“ Dienste (17,2; vgl. 14,8). Das lässt sich so deuten: Zentrum und die regierten Regionen befinden sich in einer Art „sexueller“ Partnerschaft. Sie stellt beide zufrieden. Die antike Patronage entspricht solch einer Beziehung. Die „sexuellen“ Dienste, die sogenannte „Hurerei“, sind Symbol dafür, dass das Zentrum seine Regionen zufrieden stellt. Die Regionen sind „sexbegierig“ auf das Zentrum, das durch eine Frau mit hohem sozialen Status,72 Wohlstand73 und Macht74 symbolisiert wird. In umgekehrte Richtung haben die Regionen, die Unzucht trieben, Begierde nach Status, Wohlstand und Anteil an der Macht. Zudem sind die Beziehungen zu der Hure mindestens auf zwei verschiedenen sozialen Schichten ungleichmäßig verteilt. „Die Könige auf Erden“ (oR basike?r t/r c/r) haben zur Hure eine intimere Beziehung als „die Bewohner auf Erden“ (oR jatoijoOmter tµm c/m), da die Könige Unzucht mit ihr treiben, die Bewohner aber nur vom Wein der Unzucht getrunken haben (17,2; vgl. 18,3). Die Verteilung der Ressourcen hängt von der Verbindung einer Region mit der Hauptstadt Rom ab. Nach Apk 17,16 hängt wiederum deren Entwicklung wesentlich vom Kaiser und der Institution des Kaisertums ab. Wenn der Kaiser und seine Alliierten die Hauptstadt hassen, können sie die Hauptstadt verwüsten, „nackt“ machen, ihr „Fleisch“ essen und mit Feuer verbrennen (17,16). Aber wenn man den Vers aus einer anderen Perspektive liest, könnte die enge Verbindung zwischen dem Kaiser und der Hauptstadt auch die Möglichkeit beinhalten, dass die Stadt Rom sich zu einer großer Stadt entwickelt (17,18), dass sie Ehrenkleidung trägt (17,4), Macht über anderes primary significance of John’s portrayal of Rome as the great harlot to be economic“ (Bauckham, Climax, 346). Entsprechend relativiert er die Elemente der Babylon-Tradition. Neben der „Babylon-Tyros“-Tradition haben wir die beim Apokalyptiker selbst gegebenen Daten, die uns einen Blick auf die soziale Realität ermöglichen (siehe: Beale, 909: „The list of products [Apk 18,12–13] is based partly on Ezek. 27:7–25, where fifteen of the twenty-nine items listed here appear along with 5lpoqoi [„merchants,“ as in Rev. 18:11a, 15] … Presumably the goods not listed in Ezekiel reflect the actual products of trade at John’s time.“ Vgl. Bauckham, Climax, 350–1). 72 Apk 17,4: peqibebkgl´mg poqvuqoOm ja· jºjjimom. 73 Apk 17,4: jewqusyl´mg wqus¸\ ja· k¸h\ til¸\ ja· laqcaq¸tair und pot¶qiom wqusoOm. 74 Apk 18,7: j²hglai bas¸kissa.
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„Fleisch“ ausübt (17,2.6.15) und Vermögen ansammelt (17,4). Dass das große Babylon „Mutter der Huren“ (17,5) ist, Rom also nicht die einzige „Hure“ ist, verweist darauf, dass das große Babylon nach dem Prinzip des divide et impera („teile und herrsche“) auch andere regionalen Städte zu „Huren“ machen konnte. Denn die regionalen Städte konnten ebenso wie ihre „Mutter“ ihren Einfluss über die eigenen Stadtbewohner hinaus auf die benachbarte Gegend ausdehnen. In diesem Sinne ist die Urbanisierung ein Romanisierungsprogramm von großer Attraktivität. Das römische Reich hatte die Tendenz, das ganze Reich durch kleine Stadtstaaten verwalten zu lassen und akzeptierte einheimische Klientelkönige nur in Gebieten, die dafür noch nicht reif waren. Beachtenswert ist übrigens, dass der Kaiserkult in Kapitel 17 nicht erwähnt wird. Er konnte Teil eines solchen Romanisierungsprogramms sein, aber musste es nicht sein. Auch sozialökologische Implikationen der sozialgeographischen Dimension lassen sich aus Apk 18,9–10 erschließen. Hier begegnet anstelle des Namens „das große Babylon“ (Babuk½m B lec²kg) zum ersten Mal in der Apk die Bezeichnung „die große Stadt Babylon, die starke Stadt“ (B pºkir B lec²kg Babuk½m B pºkir B Qswuq²). Erst hier wird Babylon „Stadt“ genannt, und das gleich zwei Mal hintereinander. Gemeint ist dabei Babylon auch in architektonischer Hinsicht. „Die starke Stadt“ (B pºkir B Qswuq²) könnte sich auf Verteidigungsanlagen beziehen (vgl. Ri 9,51: p¼qcor Qswuqºr). Der ungewöhnliche Ausdruck, der in der Apk singulär ist,75 setzt die Verteidigungsanlage mit anderen Attributen der „Stärke“ im unmittelbaren Kontext in Beziehung (18,8: Qswuq¹r j¼qior b heºr; und 18,21: %ccekor Qswuqºr). Außerhalb der Apk begegnet „Stärke“ (Qswuqºr) oft in militärischen Kontexten.76 Bemerkenswert ist der Kommentar der Könige der Erde zum Ende Babylons: Sie sprechen von einer „starken Stadt“ (Apk 18,10), hier hat „Stärke“ eher militärische als wirtschaftliche Bedeutung. Das Attribut „stark“ fehlt dagegen in der Reaktion der Kaufleute auf das Ende Babylons (18,11–20). Außerdem weist das Verb stqgmi²y (18,9: „prassen“) nicht bloß auf „luxuriösen“ Konsum im privaten Sinn, sondern wohl auch auf einen demonstrativ „arroganten“ Genuss im sozialen Sinn (vgl. 18,7; 2Kön 19,28). Die sozialökonomische Implikation der sozialgeographischen Dimension tritt in Apk 18,11–17 und 18,18–20 anschaulich hervor. In Apk 18,1–8 werden erstmals „die Kaufleute der Erden“ (oR 5lpoqoi t/r c/r)77 in der Apk erwähnt. In diesem Zusammenhang ist auch von „Sünden“ ("laqt¸ai) und „Ungerechtigkeit“ (!dij¶lata) die Rede (18,4f). Aufgrund dieser Sünden ist der Status der Stadt bedroht, sogar ihr Status als „Königin“ (18,7). In der großen 75 Der gewöhnliche Ausdruck für eine Verteidigungsanlage ist in der LXX pºkir awuq¶, z. B. 2Kön 19,25. 76 Die militärischen Kontexte für Qswuqºr sind z. B. 1Makk. 1,4; 2,42.66; 3,15.17.27; 4,7.30; 6,6.41; 11,15. Alle Vorkommen im ersten Buch der Makkabäer sind militärisch. 77 4x in Apk 18,3.11.15.23.
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Stadt (18,16.18.19) können die Kaufleute Handel mit Luxusgütern treiben (18,11.15, vgl. v.3). Die zahlreichen Luxusgegenstände (18,12–13, vgl. v.14) umfassen edlen Schmuck wie Gold, Silber, Edelsteine und Perlen (17,4 und 18,16), elegante Kleidungsstoffe wie feines Leinen, Purpur, Seide und Scharlach (17,4 und 18,16), wohlriechende Hölzer, künstliche Geräte aus Elfenbein, kostbarem Holz, Erz, Eisen und Marmor, teure kurzlebige Konsumgüter wie Zimt, Balsam, Räucherwerk, Myrrhe, Weihrauch, Wein, Öl, feinstes Mehl und Weizen, Haustiere und Verkehrsmittel wie Vieh, Schafe, Pferde und Wagen sowie Sklavenhandel mit „Leibern und Seelen“ von Menschen. Das überregionale oder internationale Handelsnetz ist vorausgesetzt, da die „Seide“78 (18,12: siqijºr)79 (vielleicht auch l²qlaqor) durch die damalige „Seidenstraße“80 aus Ostasien81 (wahrscheinlich aus China)82 zum Mittelmeer und nach Europa importiert werden musste. Im Welthandel entwickelten sich die Hafenstädte sehr schnell, und zahlreiche Schiffsherren, Steuerleute, Seefahrer und Marinearbeiter verdienten sich hier ihren Lebensunterhalt. Aber der Apokalyptiker übt Kritik an dieser „Wohlstandsgesellschaft“, da man in ihr seinen Lebensunterhalt auch durch Sklavenhandel mit „Leibern und Seelen von Menschen“ bestreitet (18,13: syl²tym ja· xuw±r !mhq¾pym anstatt do¼kym vgl. 19,18 und doOkor in 6,15). Auch in Apk 18–20 wird der Kaiserkult nicht erwähnt. Kaiserkult kann, aber muss keine Rolle im sozialökonomischen Romanisierungsprogramm spielen. Die soziokulturellen Implikationen der geographischen Zentralstellung Babylons werden in Apk 18,21–24 deutlich. Die große Stadt wird zum Treffpunkt zahlreicher Künstler wie Harfensänger, Musiker, Flötenspieler, Trompeter, verschiedener Arten von Handwerkern wie z. B. der Müller (18,22). Es werden Hochzeiten gefeiert (18,23a). Auffallend ist, dass der Apokalyptiker keine Kritik an dieser Kultur übt, wohl aber scharfe Kritik an der „Zauberei“ (vaqlaje¸a) als Teil des Stadtlebens (18,23b). Auch den Kaiserkult hätte er als Beispiel anführen können, tut es aber nicht. Die Urbanisierung ist für zahlreiche Fürsten der Erde und ihre Völker attraktiv. Nur die zu diesem Kulturleben gehörende Zauberei wird polemisch angegriffen. Neben diesem attraktiven Idealbild der großen Stadt finden sich in Apk 17–18 (vgl. 17,6; 18,20.24; 19,2) Hinweise auf eine Herrschaftsklugheit, die mit repressiven Mitteln arbeitet. Bemerkenswert ist, dass alle Bewohner, die auf der Erde hingeschlachtet worden sind (18,24: p²mtym t_m 1svacl´mym 1p· t/r 78 Zur Seide vgl. Plin. (d.Ä.) HistNat. 11,26 (§76); 11,27 (§77). 79 Vgl. Aune III, 999. 80 Gaius Plinius Secundus Maior oder Plin. (d.Ä.) (gestorben um 79 n. Chr.) kennt die Seidenstraße. Vgl. HistNat. 6,20 (§53b–54); HistNat. 6,24 (§88); HistNat. 12,41 (§84) 81 Procop. Caesar. Anekd. 25,14. 82 Vgl. M. P. Charlesworth, Trade-Routes and Commerce of the Roman Empire, Cambridge: Cambridge University Press, 1924 = Hildesheim: Olms, 1961, 97–111; F. De Matino, Wirtschaftsgeschichte des alten Rom, Übers. v. Brigitte Galsterer, München: Beck, 1985, 356–8. = Ders. Storia economica di Roma antica.
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c/r), beklagt werden. Die Unterdrückung scheint nicht nur Christen zu treffen. Man denke nur an Zeugen wie in Apk 11,3–14a, die sich der Herrschaftsideologie des Reichs widersetzten. Als repressive Maßnahmen ist von „Blutvergießen“, d. h. gewaltsamem Tod (17,6; 18,24; 19,2), Kreuzigung (11,8), Verbot der Bestattung der Leichname (11,9) die Rede. Die Verfolgungen wurden oft auf öffentlichen Plätzen praktiziert (11,8–9), um die Stadtbewohner davor abzuschrecken, sich der Herrschaft und ihrer Ideologie öffentlich zu widersetzen. Auch bei der Babylon-Symbolik ist das Zusammenspiel attraktiver und repressiver Herrschaftsklugheit zu beachten. Einerseits hat Babylon als Hure eine attraktive Aufmachung mit Schmuck (17,4) sowie einen lüstern machenden Namen (17,5); andererseits ist sie blutdurstig (17,6). Einerseits ist sie wegen ihrer repressiven Werke doppelt zu strafen (18,6); ihre attraktive „Üppigkeit“ wird mit Leid vergolten (18,7); andererseits freuen sich die Unterdrückten, wenn sie durch Bestrafung der Stadt gerechtfertigt werden (18,20). Einerseits werden alle Nationen durch ihre Zauberei angezogen (18,23b); andererseits werden zahlreiche Bewohner unterdrückt (18,24). Einerseits ist sie die große Hure, die durch ihre Unzucht die Erde verdorben hat (19,2a); andererseits wird sie wegen der Tötung der Knechte Gottes vor Gericht gestellt (19,2b). All diese Beispiele stellen die Ambivalenz der Wirkung Babylons in Apk 17,1–19,8 dar. Zusammenfassend kann festgestellt werden: Das große Babylon ist als starke und große Stadt Vorbild für die übrigen Herrschaftsgebiete. Es gehört nicht zum teuflischen Triumvirat, aber vereint als Frau besonders eindrücklich attraktive und repressive Herrschaftsklugheit. Insgesamt ist festzuhalten, dass alle Rollen im Symbolkomplex des „Tieres“ diese Ambivalenz von repressiven und attraktiven Wirkungen haben: (1) Der Drache steht für die sozialmythische Legitimierung der Romanisierung, (2) das Tier aus dem Meer für die Kaiserinstitution und die politisch-militärische Dimension der Herrschaft, (3) das Tier vom Land für die Regionalverwaltung und die kulturellen, kulturökologischen und ökonomischen Dimensionen der Romanisierung; (4) Babylon symbolisiert das Urbanisierungsideal mit dem sozialgeographischen Zentrum der Hauptstadt. Zusammen vertreten sie die Herrschaftsideologie des Römischen Reiches. Ihr widersetzt sich in der Apk die !qm¸om-Christologie.
Die !qm¸om-Symbolik als Widerspruch zur hgq¸om-Ideologie Gegen die hgq¸om-orientierte Romanisierung der Welt strebt die Apk eine !qm¸om-orientierte Wertrevolution durch Christianisierung des Imperium Romanum an. Bevor wir die einzelnen Aspekte dieser Botschaft besprechen,
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fassen wir in einer Tabelle die !qm¸om-Symbolik als Gegenbotschaft zur hgq¸omIdeologie zusammen: Tabelle 16. hgq¸om-Ideologie und ihre Gegenbotschaft hgq¸om als Symbol der Romanisierung
!qm¸om als Symbol der Christianisierung
die Hure Babylon
17,15–18 19,1–8 18,1–24
die Braut des Lammes
die beiden Tiere aus dem Meer und vom Land: der falsche Prophet und die Könige
19,11–21 19,9–10
das Hochzeitsmahl des Lammes
das Ende des Teufels
(20,1–6) 21,1–22,5 das Lamm 20,7–15 im neuen Himmel und in neuer Erde
In umgekehrter Reihenfolge zur Vorstellungssequenz in der Apk wird das Gericht über vier Gestalten von Apk 17,15f ab angekündigt: zwei Mal wird ein Ende Babylons visionär geschildert; beim ersten Mal geht das Tier gegen die Hure vor (Apk 17,15–18), beim zweiten Mal gegen Babylon (18,1–24); zwei Gestalten des teuflischen Triumvirats werden gerichtet, der Lügenprophet und das Tier in Apk 19,11–21; auch der Teufel findet ein Ende in zwei Stufen, die erste führt zu einer Welt ohne Tier (Apk 20,1–6), die zweite zur Vernichtung des Teufels und des Tieres (Apk 20,7–15). Bemerkenswert ist, dass der Drache und das hgq¸om, nicht etwa der Teufel, den gemeinsamen Nenner in der Serie von Untergängen des Bösen bilden (17,16–17; 18,2; 19,19–20; 20,2.10). Meine These ist: Diesem Gericht stellt die !qm¸om-Symbolik vier Rollen entgegen. Das Motto ihrer Botschaft ist „Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit“ (19,2.8–9.11; vgl. 15,3; 16,7). Sie widerspricht damit der repressiven und attraktiven Seite der hgq¸om-Ideologie, d. h. ihrer Ungerechtigkeit durch Unterdrückung und ihrer vorgetäuschten Attraktivität. Die Braut des Lammes in Apk 19,1–8 bietet ein Gegenbild zum zweifachen Ende Babylons (17,15–18 und 18,1–24). In Apk 17,15–18 wird die „Frau“ (17,18: B cum¶), die gleichzeitig die „Hure“ ist (B pºqmg: 17,15.16; vgl. 19,2), vom Tier gehasst. Zu dieser Zeit wird sich die „Braut“ des Lammes (B cum¶) schon zur Hochzeit vorbereiten (19,7). So ist die Gegenwart einerseits eine Zeit der Vorbereitung für eine (wert)revolutionäre Änderung, andererseits eine Zeit, in der die „Hurerei“ toleriert werden muss. Erwartet wird eine Ablösung der gegenwärtigen, romzentrierten Weltordnung. Die Braut des Lammes, das Symbol der neuen Weltordnung, wird in enger Verbindung mit dem !qm¸om
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stehen, das !qm¸om wird die Rolle der Kaiser ersetzen. Die gegenwärtigen Gewinner werden in der Zukunft ein dreifaches „Wehe! Wehe!“ klagen (18,10.16.19), die gegenwärtigen Verlierer ein vierfaches „Halleluja“ hören (19,1.3.4.6). Zum Leid der Endzeit vor der Wende gehört, dass Hochzeitsfeiern von „Bräutigam und Braut“ (18,23: ja· vymµ mulv¸ou ja· m¼lvgr) nicht mehr in der großen Stadt veranstaltet werden, im Vergleich dazu wird „die Hochzeit des Lammes (b c²lor toO !qm¸ou)“ als künftiger Gewinn in Apk 19,7 angekündigt. Es geschehen die „wahren und gerechten“ (!kghima· ja· d¸jaiai) Gerichte Gottes (Apk 19,2), die „Halleluja“-Klimax des ganzen Abschnitts ist gleichzeitig die Ankündigung der Hochzeit des Lammes in Apk 19,6–8. In dieser Klimax erscheint die feine Leinwand (19,8: t¹ b¼ssimom) der Heiligen als etwas Hellleuchtendes, um die „Gerechtigkeit“ (19,8 t± dijai¾lata) der Braut des Lammes zu repräsentieren. Die Bilder der Braut und der Frau stehen somit in einem scharfen Kontrast zueinander. Auf der einen Seite bekleiden sich die Heiligen in Apk 19,8 mit dieser feinen Leinwand, die „glänzend“ und „rein“ ist (peqib²kgtai b¼ssimom kalpq¹m jahaqºm); auf der anderen Seite steht die Frau in Apk 18,16, die mit feiner Leinwand, Purpur und Scharlach bekleidet (peqibebkgl´mg b¼ssimom ja· poqvuqoOm ja· jºjjimom; vgl. 17,4) und mit Gold, Edelsteinen und Perlen geschmückt ist. Während die Frau das kritisierte Sozialleben der großen Stadt widerspiegelt, symbolisiert die Braut einen Neubeginn für ein verändertes Sozialleben in der neuen „Stadt“, im neuen Jerusalem. Obwohl die dekorative Fassade der Frau durch „wahre und gerechte“ Gerichte zerstört wird, bleiben die Mittel der Braut als irdische Vorbereitung der Hochzeit (19,7: Bto¸lasem) noch verborgen. Die Verwirklichung der Hochzeit des Lammes bleibt nach apokalyptischer Tradition das Werk Gottes, aber auch die Braut hat Verantwortung in dieser großen Wende. Das Hochzeitsmahl des Lammes in Apk 19,9–10 kontrastiert mit dem großen Mahl Gottes (in 19,11–21 vgl. 19,17), das den Anhängern des Tieres und des Lügenpropheten bereitet wird. Dieses Mahl bedeutet Destruktion, das Mahl des Lammes dagegen Konstruktion. Die Verknüpfung zwischen den Textabschnitten von Apk 19,9–10 und 11–21 wird durch das Wort „Mahl“ (de?pmom) geschaffen. Das euphorische Mahl entspricht dem „Hochzeitsmahl des Lammes“ (19,9: t¹ de?pmom toO c²lou toO !qm¸ou), das „große Mahl Gottes“ (19,17: t¹ de?pmom t¹ l´ca toO heoO) kontrastiert als seine Alternative. Einerseits sind die selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes eingeladen und berufen sind (19,9), andererseits werden alle Vögel eingeladen, um sich am Fleisch derer zu sättigen, die mit dem Schwert getötet wurden (19,21; vgl. v.17–18). Die beiden einander entgegensetzten Mahle signalisieren eine revolutionäre Änderung der „gegenwärtigen“ Ordnung. Gott ist der Einladende geworden; er wird der echte Meister und Patron in einer neuen Klientelbeziehung. Das „Hochzeitsmahl des Lammes“ (19,9) basiert auf dem „wahrhaftigen“ Wort Gottes (19,9: !kghimo¸), sein Gegenbild, der „Pseudoprophet“ (19,20: b xeudopqov¶tgr) zieht Menschen aus vielen sozialen Klassen an (19,20 vgl. 19,18). Viele passen sich dem Programm des Lügenpropheten an.
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Anstatt sich an sein Programm anzupassen, soll jeder Eingeladene des Hochzeitsmahls des Lammes „das Zeugnis Jesu“ ablegen (vgl. 19,10). So fordert das „Hochzeitsmahl des Lammes“ die Eingeladenen auf, aktiv für Gott einzutreten. Im Gegensatz zum „Hochzeitsmahl des Lammes“ wird das „große Mahl Gottes“ vom kämpferischen Pferdereiter (19,11.19) durch das Schwert, das aus seinem Mund hervorgeht (19,15.21), vorbereitet. Der Reiter auf dem Pferd, der König der Könige und Herr der Herren (19,16), wird seine Krieger (19,14.19) anführen, um mit dem Tier aus dem Meer und seinen Königen auf Erden zu kämpfen (19,19). Die Symbolik der zwei einander entgegengesetzten „Mahlfeiern“ zielen weniger auf eine Macht- als auf eine Wertrevolution, die sich allein des „Wortes Gottes“ als Waffe bedient (19,13.15.21 vgl. 9,9). „Treu und aufrichtig“ (19,11: pist¹r ja· !kghimºr) ist das Motto dieser Wertrevolution, das auch zum Motto „gerecht und aufrichtig“ (19,2) abgewandelt werden kann. Die Eigenschaften „treu“ und „gerecht“ reagieren vor allem auf Repression durch Krieg und Unterdrückung, während „aufrichtig“ auf die Irreführung durch attraktive Propaganda Bezug nimmt (19,20; vgl. 19,9). Das Lamm im neuen Himmel und der neuen Erde (Apk 21,1–22,5) stellen die neue Welt nach dem zweistufigen Ende des Teufels dar (20,1–6 und 20,7–15). Apk 20,1–6 ist die erste Stufe: Der Teufel wird für „1.000“ Jahre gebunden (20,2). In dieser Zeit können die siegreichen Christen mit dem Messias (20,4: 1bas¸keusam) im so genannten „tausendjährigen Reich“ herrschen (20,3.4.5.6: t± w¸kia 5tg). Es ist zeitlich begrenzt. In Apk 21,1–22,5 werden die Knechte Gottes dagegen zusammen mit dem Thron Gottes und dem Lamm (22,3: b hqºmor toO heoO ja· toO !qm¸ou) von Ewigkeit zu Ewigkeit ohne Zeitbegrenzung regieren (22,5: basike¼sousim). Umstritten ist, wie und wann die „1.000“ Jahre stattfinden. Wir müssen in dieser Arbeit viele damit verbundene Fragen offen lassen. Denn uns interessiert vor allem die soziale Funktion „des tausendjährigen Reiches“. Die Erwartung von „1.000“ Jahren erweiterte den Horizont für die ersten Christen oder anderer Leser, die mit dieser Erwartung die Enge der Mythenwelt ihres Alltags überschreiten konnten. Wer das 1.000jährige Reich erwartet, für den ist die Pax Romana nicht mehr die einzige Option. Die Erwartung richtete sich auf eine Mitherrschaft einfacher Menschen. In gewisser Weise begegnen wir hier einer urchristlichen Demokratiehoffnung. Wer mit dem Messias „1.000“ Jahre mitherrschen sollte, musste in der Gegenwart bzw. noch während des Wirkens des verführenden Teufels auf der richtigen Seite stehen. Die Märtyrer und Verfolgten der Gegenwart werden die Gewinner im „1.000jährigen“ messianischen Reich (20,4), bleiben aber trotzdem in der Gegenwart Verlierer. Auf der anderen Seite werden das Tier und der Lügenprophet in den „1.000“ Jahren zu den Verlierern gehören (vgl. 19,19–20), obwohl sie in der Gegenwart Gewinner sind. Die Gegenwart ist die Entscheidungszeit. Diese Gegenwart fordert auch die Tolerierung der noch bestehenden Regierung des Tieres, deren repressive und attraktive Herrschaftsstrategien sich tief ins Gedächtnis eingeprägt hatten (20,4). Es wird zu keinem gewaltsamen Umsturz aufgerufen.
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Entscheidend ist der Weg zur Erlangung und Konsolidierung der Macht (20,4), nicht nur das angestrebte Ziel. Die Mittel der Anhänger des Lammes waren im Unterschied zu denen des Tieres gewaltfrei. Daher zielte die Erwartung auf keine Macht-, sondern auf eine Wertrevolution. Das „1.000jährige Reich“ weist auf eine nicht erst im Eschaton, sondern schon in der Geschichte existierende Veränderbarkeit der Welt und die Möglichkeit ihrer Christianisierung hin.83 Gleichzeitig werden die „1.000“ Jahre als das irdische messianische Reich noch nicht die finale Erlösung der Weltpolitik (20,3: t± 5hmg) sein, sondern nur der Vorgeschmack einer ewigen Versöhnung zwischen Gott und den Nationen (21,24.26; 22,2: t± 5hmg). Zur Zeit des Jüngsten Gerichts nach dem 1.000jährigen Reich wird ein „großer, weißer Thron“ (20,11: hqºmom l´cam keujºm) erscheinen. Er existiert auch im neuen Himmel und der neuen Erde als „der Thron Gottes und des Lammes“ (22,3: b hqºmor toO heoO ja· toO !qm¸ou).84 Die götterfeindliche Seite wird gerichtet, während Gott und sein Christus in einer neuen und ewigen Weltordnung regieren werden. Doch vor dem Jüngsten Gericht wird „die geliebte Stadt“ (tµm pºkim tµm Acapgl´mgm) noch einmal belagert (20,9). Das Ereignis wiederholt die geschichtliche(n) Belagerung(en) des irdischen Jerusalems. Dadurch wird der repressive Krieg des Tieres gegen Jerusalem ins Gedächtnis gerufen (vgl. 20,10 mit 19,19–20 und 13,7). Aber „die heilige Stadt Jerusalem“ (20,10), „die Braut des Lammes“ (20,9), wird nun endlich in ewigem Frieden leben. Auch die Aussagen über Jerusalem implizieren hier eine gewisse Dialektik. Das „Lebensbuch des Lammes“ (20,15; 21,27) ist das entscheidende Kriterium dafür, wer der letzte Gewinner sein wird. An die Entscheidung darüber, auf welcher Seite wir während der Regierungszeit des Tieres zu stehen kommen, wird nochmals durch das Bild des Lebensbuchs erinnert (13,8 und 17,8). Wieder sei darauf aufmerksam gemacht, dass das !qm¸om nicht mit dem Teufel in der gleichen Szene direkt konfrontiert wird, sondern unabhängig davon ein alternatives Orientierungsangebot macht. Zusammenfassend ist zu sagen: Alle vier Komponenten des teuflischen Symbolkomplexes (Drache, Tier, Lügenprophet und Babylon) betreiben mit repressiven und attraktiven Wirkungen die Romanisierung der Welt. Die
83 In Bezug auf das „1.000-jährige Reich“ vertritt diese Arbeit nicht nur dessen theologische, sondern auch dessen soziale Bedeutung (gg. T. J. Bauer, Das tausendjährige Messiasreich der Johannesoffenbarung. Eine literarkritische Studie zu Offb 19,11–21,8, BZNW 148, Berlin; NY: Walter de Gruyter, 2007, 288: „Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Aufnahme des „tausendjährigen“ messianischen Zwischenreichs in der Johannesoffenbarung ist allein theologisch motiviert … . Dem Millennium geht es nicht um eine neue und bessere Weltordnung, nicht um eine soziale und politische Revolution … Der Vf. der Johannesoffenbarung ist folglich kein Prophet der ökologischen Bewegung, kein Sozialrevolutionär … Das Millennium ist somit keine Real-Utopie …“). 84 Die Symbole vom Thron Gottes und vom Lamm implizieren, dass das Ideal des Apokalyptikers nicht Anarchie war. Er versuchte nie, die Politik zu entwerten.
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!qm¸om-Symbolik veranschaulicht dagegen alternative Szenarios im Gegensatz zu repressiven und attraktiven Herrschaftsstrategien.
Herrschaftsklugheit und Militärmacht in Apk 4,1–22,5 Jeder der vier teuflischen Gegenspieler steht in verschiedenen Teilen der Apk für verschiedene Strategien von Militärmacht und Herrschaftsklugheit bzw. Herrschaftslist: Beide begegnen (1) in parallelen Erzählepisoden in Apk 12 und (2) in Apk 13, darüber hinaus (3) in parallelen ¨de-Formulierungen wie Apk 13,10: „Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen“ (vgl. 13,8; 14,12; 17,9). (4) Beide, Herrschaftsklugheit und Militärmacht, begegnen schließlich nebeneinander in Apk 17, darüber hinaus (5) verstreut auch in Apk 15–16 und 18–20. Wir besprechen nacheinander diese fünf Gruppen von Aussagen.
(1) Herrschaftslist und Militärmacht in Apk 12 Herrschaftslist und Militärmacht begegnen in parallelen Erzählepisoden in Kapitel 12. Das Kapitel gliedert sich in vier Episoden, in der Mitte steht ein Hymnus, umrahmt wird es von einer Einführung am Anfang und einem Wendepunkt am Schluss:85 Abbildung 3. Struktur von Apk 12,1–18 Einführung
(12,1–4a)
12,4b–6
Episode 1: Herrschaftslist des Drachens
12,7–9
Episode 2: Militärmacht des Drachens Hymnus
(12,10–12)
12,13–16 Episode 3: Herrschaftslist des Drachens 12,17
Episode 4: Militärmacht des Drachens Wendepunkt
(12,18)
In der ersten Erzählepisode (Apk 12,4b–6) zeigt der Drache eine repressive Herrschaftslist. Er lauert auf das neugeborene Kind, um es zu verschlingen (12,4: jatav²c,). Damit ersetzt der Apokalyptiker verbreitete Propaganda85 Vgl. Busch, Der gefallene Drache. Mythenexegese am Beispiel von Apokalypse 12, TANZ 19, Tübingen; Basel: Francke, 1996, 43, u. auch meine andere Textgliederung in „Zwei Symbolpaare in Apk 12“ von §3.2.2.3.
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
mythen der römischen Gesellschaft durch einen Drachen-Mythos, um die römische Herrschaft zu entlarven – durch ein Echo auf den Kindermord von Bethlehem (vgl. Mt 2), der Unterdrückungserfahrungen der ersten Christen reflektiert. In der zweiten Erzählepisode (Apk 12,7–9) befindet sich der Drache im offenen Krieg mit dem Engel Michael (12,7: 1pok´lgsem). Der Drache wird auf die Erde geworfen, um hier erst recht Kriege zu führen (vgl. 12,17). Durch diesen Mythos wird die alltägliche wie die im (Jüdischen) Krieg erlebte Militärmacht des Römischen Reiches für Christen gedeutet, dämonisiert und kritisiert. In der dritten Erzählepisode (Apk 12,13–16) geht der Drache wieder mit Herrschaftslist vor. Er verfolgt die Frau (Apk 12,13: 1d¸ynem) und versucht sie zu ertränken (Apk 12,15; vgl. 12,16). Auch das ist Gegenpropaganda zu den Propagandamythen der römischen Gesellschaft. Der Rückzug der Frau (Apk 12,14) scheint in den Augen des Apokalyptikers eine wenig verbreitete Reaktionsform auf die römische Herrschaft zu sein, sonst würde der Drache nicht so zornig werden (12,17: ¡qc¸shg). Aber dabei bleibt es nicht. In der vierten Erzählepisode (Apk 12,17) tritt die repressive Militärmacht (poi/sai pºkelom) des Drachens wieder offen in den Vordergrund. Sie dient dazu, die Erinnerung der ersten Christen an die Erfahrung der Militärmacht des Römischen Reichs aufzufrischen. Offensichtlich wechseln Motive der Herrschaftslist und Militärmacht in Apk 12 einander ab. Das entspricht einem planvollen Aufbau der Apk. In der Mitte der vier Erzählungsepisoden steht ein Hymnus, in dem „das Blut des Lammes“ (Apk 12,11) als ausschlaggebend für den Sieg hervorgehoben wird. (2) Herrschaftsklugheit und Militärmacht in Apk 13 Militärmacht und Herrschaftsklugheit begegnen in Kapitel 13 nacheinander in Gestalt des Tieres aus dem Meer (13,1–10) und des Tieres vom Land (13,11–18). Ihr Nebeneinander setzt die Erzählung von Kapitel 12 fort. Im Hymnus Apk 12,10–12, der die Mitte der vier Erzählepisoden ist, wird das Wirken und Wüten des Drachens über Erde und Meer hervorgehoben (12,12). Dem entspricht, dass im folgenden Kapitel ein Tier als irdischer Vertreter des Drachens aus dem Meer kommt (13,1) und ein zweites Tier als sein irdischer Vertreter vom Land (13,11). Jedes der zwei Tiere vertritt eine der zwei Taktiken des Drachens. In Apk 13,1–10 werden die destruktiven Wirkungen der Romanisierung dargestellt. Das Tier aus dem Meer setzt sich in diesem Textabschnitt mit Militärmacht, ohne Herrschaftsklugheit durch. Wir begegnen einer imponierenden Militärmacht, einem militärischen Triumph, der sich in der stolzen Frage zeigt: „Wer ist dem Tier gleich, und wer kann mit ihm kämpfen?“ (13,4). Die repressive Seite der Militärmacht zeigt sich im Brechen des Widerstands
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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„der Heiligen“ (13,7) und in Eroberungskriegen, die zur Herrschaft über „alle Stämme und Völker und Sprachen und Nationen“ führen (13,7b). Die militärischen Machtmotive greifen auf Erzählepisoden des vorhergehenden Kapitels zurück (12,7: 1pok´lgsem und 12,17: poi/sai pºkelom). In Apk 13,11–16 werden dagegen die konstruktiven Eigenschaften der Romanisierung dargestellt. Das Tier vom Land zeigt Herrschaftsklugheit ohne Militärmacht. Seine Herrschaftsstrategie umfasst „Zeichen“ (13,14), „Bild“ (13,15) und „Malzeichen“ (13,17). Sie funktionieren als Propaganda und soziale Kontrolle. Seine Verführungsmacht könnte vom verführenden Drachen stammen, der in Apk 12,9: pkam_m genannt wird. Die Herrschaftsklugheit des Tieres vom Land bedient sich der gleichen Taktik wie der Drache (12,4b–6.13–16). Der Zusammenhang zwischen dem Drachen in Kapitel 12 und den zwei Tieren in Kapitel 13 entspricht einem bewussten Aufbau der Apk, der in der folgenden Tabelle dargestellt ist: Tabelle 17. Drachen in Apk 12 und Tiere in Apk 13 Kapitel 12 Der Drache Militärmacht
Herrschaftsklugheit
Einführung 1. Repressive Herrschaftslist: Verfolgung des Kindes 2. Repressive Militärmacht: Krieg im Himmel 12,7 1pok´lgsem
Nachsatz: 12,9 pkam_m
Hymnus 3. Repressive Herrschaftslist: Verfolgung der Frau und des Kindes 4. Repressive Militärmacht: Krieg gegen die zur Frau Gehörenden 12,17 poi/sai pºkelom Wendepunkt 13,1–10 Das Tier aus dem Meer (Militärmacht)
13,11–18 Das Tier vom Land (Herrschaftsklugheit)
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
(Fortsetzung) Kapitel 12 Der Drache 5. Attraktive Militärmacht: 13,4 pokel/sai Repressive Militärmacht: 13,7: poi/sai pºkelom 6. Attraktive Herrschaftsklugheit: 13,14 pkamø Repressive Herrschaftsklugheit: 13,15.17
Noch eine Bemerkung: Wenn wir von den drei Tieren ausgehen, können wir nacherleben, wie die Christen die damalige Situation in der Apk erlebten. Das Tier aus dem Meer symbolisiert das destruktive Imperium Romanum, das Tier vom Land die konstruktiven Seiten des Römischen Reiches: Die Menschen huldigen freiwillig dem Tier, von dem sie sich Frieden und Wohlstand versprechen (Apk 13). Der aus dem Himmel entfernte Drache, der die Frau verfolgt, zeigt aber von vornherein, was das alles für die Christen bedeutet (Apk 12). In diesem ersten Kapitel finden wir schon nebeneinander eine aggressive Symbolik (der Kampf Michaels gegen den Drachen) und eine evasive Rückzugssymbolik: die Frau flieht vor dem Drachen in die Wüste. Die Christen, die Kap. 12 vor Kap. 13 lesen, wissen nun, dass hinter der Auseinandersetzung mit dem Römischen Reich eine kosmische Auseinandersetzung zwischen dem Himmel und den satanischen Mächten steht. So ist das Nebeneinander von Motiven der Militärmacht und der Herrschaftsklugheit und -list kein Zufall. (3) Herrschaftsklugheit und Militärmacht in den ¨de-Parallelen Die ¨de-Sätze in Apk 13,10.18; 14,12 und 17,9a sind entscheidend für die Interpretation der !qm¸om-Metapher als Märtyrer-Krieger. Sie lassen sich in zwei Paaren gruppieren: Das erste Paar ist Apk 13,10: „Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen“ zusammen mit 13,18: „Hier ist Weisheit!“. Das zweite Paar ist Apk 14,12: „Hier ist Geduld der Heiligen!“ zusammen mit 17,9a: „Hier ist Sinn, zu dem Weisheit gehört!“ Die beiden Sätze des ersten Paares finden sich am Ende eines Textabschnitts, die des zweiten Paares in der Mitte des entsprechenden Textabschnitts. Der erste Satz betrifft jeweils die Geduld, der zweite Satz jeweils die Weisheit. Mit anderen Worten, die vier ¨de-Sätze wechseln einander ab. Die jeweils ersten und letzten Sätze (Apk 13,10 und 17,9a) erscheinen in einem Kontext mit Motiven der Militärmacht, die beiden inneren Sätze (Apk 13,18 und 14,12) in Kontexten mit Motiven der
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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Herrschaftsklugheit. Hier liegt eine chiastische Struktur vor. In allen vier Kontexten werden sowohl das hgq¸om als auch das !qm¸om hervorgehoben. Die vom Apokalyptiker bewusst geplante Struktur der ¨de-Sätze ist also folgende: Abbildung 4. Die ¨de-Sätze in zwei Paaren Paare Parallelen ¨de-SLtze 1. Paar Ende 13,10
Geduld
Ende 13,18
Weisheit
HYde´ 1stim B rpolomg` ja· B p¸stir t_m "c¸ym HYde B sov¸a 1st¸m
2. Paar Mitte 14,12
Geduld’
Mitte 17,9a
Weisheit’
HYde B rpolomµ t_m "c¸ym 1st¸m HYde b moOr b 5wym sov¸am
Den Kontext des ersten Paares bzw. Kapitel 13 haben wir oben besprochen. Das Tier aus dem Meer ist ein Symbol destruktiver Militärmacht, das Tier vom Land Symbol konstruktiver Herrschaftsklugheit. Der unmittelbare Kontext des ersten ¨de-Satzes enthält das Bild vom hgq¸om aus dem Meer, innerhalb dieses Bildes wird das !qm¸om durch sein Lebensbuch (13,8) miterwähnt. Obwohl der zweite ¨de-Satz am Ende des Bildes vom (zweiten) Tier vom Land positioniert ist, ist sein unmittelbarer Inhalt „die Zahl des (ersten) Tieres“ (13,18: t¹m !qihl¹m toO hgq¸ou). Bemerkenswert ist, dass das Tier vom Land das Aussehen wie ein Lamm hat (13,11). In Apk 13 begegnen Militärmacht und Herrschaftsklugheit nacheinander. Die zweite ermutigende Aufforderung zur „Geduld“ (14,12–13) ist in die Mitte von Kapitel 14 platziert. Ihm gehen der Auftritt des Lamms und die Botschaft von drei Engeln voran (14,1–11), ihm folgt das Erscheinen des Menschensohns und drei weiterer Engel (14,14–20). Unmittelbar vorher steht in Apk 14,9–11 die Ankündigung des dritten Engels vom Gericht über die verführten Anbeter des ersten Tieres (14,9; 14,11). Sie werden vor dem !qm¸om und seinen Engeln gequält werden (14,10). Verführende Herrschaftslist und Herrschaftsklugheit spielen somit eine Rolle in Kapitel 14. Ähnlich wie die zweite Aufforderung zur „Geduld“ ist der zweite zur „Weisheit“ auffordernde Satz (17,9–11) in die Mitte von Kapitel 17 gesetzt. Vorher geht das Motiv: „Frau und Tier“ (17,1–8), es folgt das Motiv vom „Tier mit zehn Hörnern“ (17,12–18). Apk 17,9–11 wird von Beschreibungen des ersten Tieres umrahmt (17,8 und 17,9b–14), wobei hgq¸om und !qm¸om mit
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ihren Alliierten gegeneinander kämpfen (17,14). Motive der Militärmacht dominieren in diesem Kapitel. Festzuhalten ist, dass Texte mit Motiven der Militärmacht und der Herrschaftsklugheit in chiastischer Struktur mit je zwei ¨de-Parallelen verbunden sind. Diese Struktur ist wahrscheinlich beabsichtigt. Die ¨de-Sätze in Apk 13,10.18; 14,12 und 17,9a können die Auseinandersetzung der !qm¸om-Metapher als einer Kombination von Märtyrer- und Kriegermotiven mit der Kombination von Aggressions- und Rückzugstendenzen im letzten Abschnitt dieses Kapitels verdeutlichen.
(4) Herrschaftsklugheit und Militärmacht in Apk 17 Herrschaftsklugheit und Militärmacht begegnen nebeneinander in Kapitel 17 in Gestalt des großen Babylon (bzw. der großen Hure) und des Tieres, das sieben Häupter und zehn Hörner hat. Die Hure ist die Vertreterin einer verführerischen Herrschaftslist, während das Tier militärische Macht darstellt. Die Hure ist Gegenspielerin zur Frau des Lammes. Sie beherrscht sowohl attraktive als auch repressive Taktiken der Herrschaftsklugheit (jeweils 17,2.5 und 17,6), aber sie befindet sich in Kapitel 17 nirgendwo im Krieg. Das Tier ist ein Gegenspieler des Lammes. Es wird mit „zehn Königen“ gegen das Lamm und seine Anhänger kämpfen (17,12–14). In diesem Sinne stehen Herrschaftslist und Militärmacht als Partner nebeneinander.
(5) Herrschaftsklugheit und Militärmacht in Apk 15–16 und 18–20 Schließlich gibt es noch verstreute Motive der Herrschaftsklugheit in Apk 15–16 und 18–20 sowie klare Motive der Militärmacht im „Letzten Krieg“ der Apk. Der „letzte Krieg“ wird Schritt für Schritt in Apk 16,12–16; 19,11–21 und 20,7–10 geschildert. Militärische Gewalt gilt dem Apokalyptiker als letztes Sich-Aufbäumen der teuflischen Seite. Bemerkenswert ist, dass neben dem „letzten Krieg“ keine andere Militärtätigkeit in diesen zwei Textabschnitten beschrieben wird. Beispiele für Herrschaftsklugheit sind die Propagandamittel der Regierenden („Zeichen“, „Bild“ und „Malzeichen“), die in Apk 15,2; 16,2; 19,20 und 20,4 begegnen. Die militärische Gewalt wird in wenigen Kapiteln konzentriert, die Zeichen von Herrschaftsklugheit begegnen dagegen zerstreut. Der Unterschied erklärt sich vielleicht dadurch, dass im Alltagsleben die Völker des Imperium Romanum Herrschaftsklugheit direkter und relativ häufiger als militärische Macht erlebten. Zusammenfassend ist zu sagen: Das Nebeneinander von Herrschaftsklugheit und Militärmacht geht auf eine absichtliche Gestaltung des Apokalyptikers zurück.
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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3.2.1.2 Repressive und attraktive Romanisierung in Apk 1,9–3,22 Die sieben Sendschreiben86 an die sieben kleinasiatischen Gemeinden, die eine einheitliche Komposition bilden, geben uns über das Romanisierungserlebnis der ersten Christen in Kleinasien Aufschluss. Apk 1,9–3,22 enthalten Hinweise auf repressive und attraktive Seiten dieser Romanisierung, aber die römische Macht erscheint nur in Gestalt von kluger Herrschaftsweisheit und (anders als in 4,1–22,5) nie als Militärmacht. Wir versuchen, diesen Unterschied zwischen beiden Teilen durch den Ost-West-Konflikt zu erklären. Repressive und attraktive Seiten römischer Herrschaft in Apk 1,9–3,22 Hier konzentrieren wir uns darauf zu zeigen, wie attraktive und repressive Seiten römischer Herrschaft in Apk 1,9–3,22 zusammenspielen. Nicht jede urchristliche Gemeinde erlebte beide Seiten römischer Herrschaft, aber ihr Zusammenspiel lässt sich allgemein für die kleinasiatische Gesellschaft nachweisen. In dem Gemeindebrief an Ephesus (Apk 2,1–7) sind nur sehr allgemeine Züge der Politik zu erkennen. Nach Apk 2,6 genossen die Nikolaiten ursprünglich Redefreiheit in der Ephesusgemeinde, auch wenn sie jetzt abgelehnt werden. Denn der Vergleich von Apk 2,6 und 2,2 zeigt, dass auch die sogenannten „Bösen“ und Pseudoapostel am Anfang in der Gemeinde wirken konnten. Wenn sie auch „Apostel“ genannt werden, so könnte man daraus schließen, dass sie ihre Redekunst nicht nur im Gemeindeleben, sondern auch in der Öffentlichkeit zeigten. Das Imperium Romanum gewährte den Bewohnern in Kleinasien in dieser Hinsicht große Freiheit und hoffte, dass auch deswegen seine Herrschaft leichter akzeptiert würde. Die Nikolaiten sind Vertreter einer Anpassung an die Romanisierung genauso wie Bileam, der Repräsentant der Herrschaftsideologie Balaks (2,14–15). Ihr Wirken spiegelt zusammen mit der Propaganda und Rhetorik verwandter Gruppen (2,2) möglicherweise die ideologische Atmosphäre der kleinasiatischen Gesellschaft wider. Es gab gewiss keine Politik der römischen Herrschaft, die darauf zielte, die Ephesusgemeinde zu unterdrücken. Wir finden keine Spuren ihrer repressiven Kraft in Ephesus. Im Gemeindebrief nach Smyrna (Apk 2,8–11) sind dagegen attraktive und repressive Wirkungen der römischen Herrschaft in spezifischer Form nachweisbar. Die Juden waren in Kleinasien eine der Zielgruppen dieser Romanisierung. Vermutlich stehen romanisierte jüdische Gruppen in Smyrna hinter der Bezeichnung „Synagoge des Satans“ (sumacycµ toO satam÷) in Apk 2,9; denn der Satan ist eine mythische Chiffre für das Römische Reich, wie der 86 Vgl. Charles I, 37.
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
Apokalyptiker später zeigen wird. Im Konflikt zwischen prorömischer Synagoge und den (Juden-) Christen in Smyrna, die „Lästerung“ und „Verleumdung“ (tµm bkasvgl¸am) ertragen müssen, spüren wir indirekt etwas vom Effekt einer attraktiven Herrschaftsstrategie der Römer auf die Smyrnagemeinde. Nach Apk 2,10 werden darüber hinaus Christen die römische Herrschaft als Repression erleben, deren Unterdrückungsmaßnahmen von „Gefängnis“ (vukaj¶m) und „Bedrängnis“ (hk?xim) bis zum „Tod“ (%wqi ham²tou) reichen (2,10). Der Grund ihrer Unterdrückung bleibt unklar, aber die „Lästerung“ oder „Verleumdung“ (tµm bkasvgl¸am) von Seiten einiger Juden wird dabei eine Rolle gespielt haben. Plausibel wäre, dass die Verkündigung Jesu der wichtigste Streitpunkt war oder der Kaiserkult oder allgemeine Unruhen (vgl. Apg 17,6; 19,40). Aber all das bleibt unseren Augen entzogen. Auf jeden Fall sind für Smyrna sowohl attraktive wie repressive Wirkungen der römischen Herrschaft dokumentierbar. Im Gemeindebrief nach Pergamon (Apk 2,12–17) werden diese attraktiven und repressiven Seiten römischer Herrschaft konkreter. Nach Apk 2,13a liegt Pergamon dort, wo der „Thron des Satans“ ist (b hqºmor toO satam÷). Das ist eine einzigartige Ortsbezeichnung in den sieben Gemeindebriefen. Sie spiegelt wahrscheinlich die Machtteilung zwischen römischer Herrschaft und den lokalen Eliten von Pergamon wider, die in einem Kaisertempel architektonisch dokumentiert wurde.87 Gleichzeitig warben in Pergamon die Anhänger des Bileam für eine Anpassung an die römische Herrschaft und Gesellschaft durch „Götzenopfer zum Essen“ und „Hurerei“ (vgl. 2,14), zwei Schlagwörter, die wahrscheinlich die Teilnahme an heidnischen Opfermahlen und Kulten als „Hurerei“ brandmarken. Religiöse und soziale Integration in die Gesellschaft stellte eine Atmosphäre her, die mit den Machtverhältnissen einverstanden war. Das war für viele attraktiv. Die Nikolaiten sind ein Beispiel dafür. Sie vertreten kaum einen mystischen Separatismus wie die spätere Gnosis, denn sie propagieren dieselbe Herrschaftsideologie (2,15: tµm didawµm [t_m] Mijokazt_m) wie Bileam für den König Balak (2,15: ovtyr … blo¸yr). Gleichzeitig war in Pergamon jedoch auch die Kehrseite der Machtverhältnisse spürbar: Das zeigt der Fall des getöteten Märtyrers Antipas (2,13b: b l²qtur lou b pistºr lou). Beide, die attraktive und die repressive Seite der römischen Herrschaft, werden in Pergamon besonders gut sichtbar. Im Gemeindebrief nach Thyatira (Apk 2,18–29) tritt die attraktive Seite der Romanisierung in spezifischer Form hervor. „Isebel“ (2,20) und ihre Anhänger (2,23) warben mit einer Botschaft ähnlich der der Nikolaiten (vgl. 2,20.21.22 mit 2,14). Sie waren lokal sehr einflussreich, da ihre Anführerin als „Isebel“ einer alttestamentlichen Königin entspricht und ihre Lehre mit der geheimnisvollen Chiffre, „die Tiefen des Satans“ (2,24: t± bah´a toO satam÷), charakterisiert wird. Ein Zusammenhang mit der „Synagoge des 87 Nach Vçgtle, 39, bezieht sich Apk 2,13a auf den „weltbekannt geworden Pergamon-Altars,“ „der sich heute größtenteils im Pergamon-Museum in Ost-Berlin befindet.“
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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Satans“ und dem „Satan“ als Chiffre für das Römische Reich, ist nicht ausgeschlossen, auch wenn wir diesen Zusammenhang nicht mehr genau erkennen können. Diese Lehre hatte auf jeden Fall direkten Einfluss auf die Kirche in Thyatira, da einige Gemeindemitglieder von ihr beeindruckt waren (Apk 2,22; vgl. 2,24). Die Verführungsmacht politischer und gesellschaftlicher Macht ist in Thyatira deutlich zu spüren. Der Gemeindebrief nach Sardes (Apk 3,1–6) informiert nur allgemein über die Auswirkungen einer attraktiven Herrschaftspolitik. Ein Vergleich von 3,1 mit 3,2 legt den Gedanken nahe, dass der „Schlaf“ der Sardesgemeinde, also ihr fehlendes aktives Zeugnis für den Glauben, aus der Kulturatmosphäre von Sardes resultierte. In Apk 3,1 spielt der Apokalyptiker mit dem Namen „Sardes“, den er als „lebendig sein“ (f0r) deutet, wenn er betont sagt: Du hast den „Namen“, dass du lebst. Vielleicht knüpft er daran an, dass S²qdeir und f0r oberflächlich ein Homoioteleuton bilden. Die Gemeinde erlebte sich wahrscheinlich nach dem gesellschaftlich vorherrschenden Wertesystem der Umwelt als „lebendig“. Dagegen kritisiert der Apokalyptiker die Gemeinde, weil sie nach seinem Wertesystem „tot“ (mejqºr) ist. Die Kritik impliziert ein anderes Wertesystem als das der römischen Gesellschaft. Die Auswirkungen einer attraktiven Herrschaftsklugheit sind in Sardes freilich nur sehr indirekt erkennbar. Im Gemeindebrief nach Philadelphia begegnet in Apk 3,9 wie in Apk 2,9 eine „Synagoge des Satans“ (t/r sumacyc/r toO satam÷). Sie bringt Kritik an prorömischen jüdischen Gruppen in Philadelphia zum Ausdruck. Viele Juden waren in Kleinasien prorömisch eingestellt. Sie konnten deshalb leicht in Konflikt mit (Juden-)Christen geraten, die das positive Verhältnis zur Gesellschaft und zum römischen Staat in Frage stellten. Wenn man darüber hinaus die Bilder vom Tempel und vom neuen Jerusalem in diesem Gemeindebrief (Apk 3,12) als Erinnerung an den Verlust des Tempels verstehen könnte, wäre das eine Erinnerung an die repressive Politik des Imperium Romanum, freilich nur ein Beleg für die gewaltsame Romanisierung Palästinas nicht für die Romanisierung Kleinasiens. In Philadelphia selbst war nur die attraktive Seite römischer Herrschaftsstrategie spürbar. Der Gemeindebrief nach Laodizea (Apk 3,14–22) lässt allgemeine attraktive Züge römischer Politik erkennen. 3,17 und 18 zeigen, dass das allgemeine soziale Wertesystem die Laodizeagemeinde mehr beeinflusst hat als das urchristliche Wertesystem. Das Imperium Romanum war die Grundlage für Laodizea als Stadt mit Wohlstand (vgl. pko¼siºr, pepko¼tgja, oqd³m wqe¸am mit ptywºr) und einer Kultur von „Ehre und Scham“ im Alltagsleben (vgl. culmºr, B aQsw¼mg t/r culmºtgtor). Dieser allgemeine Assimilationssog des Imperiums hatte die Laodizeagemeinde „säkularisiert“, ohne dass sie eine Zielgruppe dieser Politik gewesen war. In dieser sehr allgemeinen Form sind attraktive Auswirkungen römischer Politik und Herrschaft in Laodizea nachweisbar.
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
Im Großen und Ganzen dämonisiert der Apokalyptiker die kleinasiatische Umwelt und erweckt den Eindruck, dass Kleinasien ein aktives Herrschaftsgebiet des Satans ist. Der Satan wird in den Gemeindebriefen nach Smyrna, Pergamon, Thyatira und Philadelphia direkt erwähnt, aber das bedeutet nicht, dass die übrigen drei Gemeinden satansfreie Gemeinden sind. Pergamon wird sogar als „der Thron des Satans“ bezeichnet. Viele kleinasiatische Propagandisten, wie „Isebel“, stellten die Herrschaftsideologie bzw. „die Tiefen des Satans“ heraus. Die kleinasiatischen Juden waren oft prorömisch eingestellt. Deshalb werden sie als „Synagoge des Satans“ abgewertet. Alle sieben Sendschreiben an die Gemeinden zeigen die attraktive Seite der Romanisierung im kleinasiatischen Herrschaftsgebiet. Nur zwei von ihnen stellen deren repressive Seite dar. Meist konnte man beide Seiten römischer Herrschaft und Macht erleben. Aber in Kleinasien war die attraktive Seite römischer Politik stärker erfahrbar als ihre repressive Seite. Vergleicht man die Situation in Apk 1,9–3,22 mit der in 4,1–22,5 muss man einen Gegensatz feststellen: Die repressive Seite römischer Herrschaft ist in 1,9–3,22 deutlich weniger ausgeprägt als in 4,1–22,5. War sie in Kleinasien nicht so stark bemerkbar – anders als in anderen Hoheitsgebieten des Imperium Romanum?
Herrschaftsklugheit in Apk 4–11 und neue Militärtaktik in Apk 1–3 Wir spüren nichts von der römischen Militärmacht in Apk 1,9–3,22. Sofern sich in den Sendschreiben militärische Motive finden (2,16: pokel¶sy; vgl. 2,12.26–27), gehören sie zu den mythischen Tätigkeiten des Messias. Anders in Apk 4–11. Das Substantiv pºkelor begegnet erstmals in 9,7.9; 11,7. In Apk 11,7 ist klar, dass das Tier Krieg mit seinen Gegenpropagandisten führt. Apk 9,7.9 sind mythische Beschreibungen des Kriegs. Der Kriegsherr von Apk 9,7.9 ist ein König, dessen Name auf Hebräisch „Abaddon“ (wörtlich „Zerstörer“), und auf Griechisch „)pokk¼ym“ (also „Verderber“) heißt. In Kleinasien herrscht relativ Ruhe und Frieden. Daher müssen wir fragen: Wo übte die römische Herrschaft ihre militärische Macht demonstrativ aus? Für eine Antwort auf diese Frage sind die Ortsnamen in den verschiedenen Textabschnitten der Apk zu vergleichen. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht:
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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Tabelle 18. Westliche und östliche Ortsnamen Kleinasien (Westliche Orte) 1,1–8
Östliche Orte von Kleinasien
1,4 Kleinasien 1,9 Patmos
1,9–3,22
Ephesus
Smyrna Pergamon
Thyatira Sardes
Philadelphia
3,12 das neue Jerusalem
Laodizea 11,2 die heilige Stadt 11,8 Sodom, Ägypten 14,1 Zion 4,1–22,5
Babylon88
16,12 Euphrat
16,19 Harmagedon
20,8 Gog und Magog 20,9 die geliebte Stadt; 21,2 das neue Jerusalem 22,6–21 keine Angabe
keine Angabe
Alle acht irdischen Ortsnamen (sieben Gemeindeorte und Patmos) gehören in Apk 1,9–3,22 zur römischen Provinz „Asia“ (1,4: )s¸a) oder zum sogenannten „Kleinasien“. Darüber hinaus soll in Apk 3,12 vermutlich an Jerusalem gedacht werden, gemeint ist aber nicht das irdische, sondern das neue Jerusalem. Deshalb haben die kleinasiatischen Empfänger der Apk nur den Westen Kleinasiens im Blick, ohne dass der Osten deswegen aus ihrem Sinn verschwunden ist. Im Gegensatz zu den Sendschreiben verschwinden alle kleinasiatischen Ortsnamen in Apk 4,1–22,5. In diesem großen Textabschnitt finden sich zwar weit weniger Ortsnamen als im ersten Teil der Apk, aber alle weisen auf Gebiete östlich von Kleinasien. Sie sind hauptsächlich in 11,14b–22,5 konzentriert. Nach 1,19b ist 11,14b–22,5 eine Beschreibung dessen, was in Zukunft („danach“) geschehen wird. Wo die entscheidenden zukünftigen Ereignisse stattfinden, wird in 1,19 noch nicht gesagt. Aber wenn in 16,12 der sechste Engel den „Königen vom Aufgang der Sonne“ (t_m basik´ym t_m !p¹ !matok/r Bk¸ou) den Weg bereitet, ist eindeutig der Osten gemeint. 88 Apk 14,8; 16,19; 17,5; 18,2.10.21.
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
Der Osten wird also das militärische Schlachtfeld werden. Im Rahmen der sechsten Schale ist „Euphrat“ (16,12) Aufmarschgebiet zum Krieg (16,12–16). Nach 16,16 wird in „Harmagedon“ die Kriegsfront sein (vgl. 16,14: pºkelom). Nach 20,8–9 wird „die geliebte Stadt“ (wieder) belagert werden (vgl. 20,8: pºkelom; 20,9: 1j¼jkeusam), wie „die heilige Stadt“ in 11,2 zertreten wurde. In 11,8 ist die große Stadt, die figurativ „Sodom und Ägypten“ heißt, ein Schlachtfeld (11,7 pºkelom). In ihr findet die Kreuzigung des historischen Jesus statt und das Martyrium der Gegenpropagandisten. Immer wieder werden Kriege im Osten stattfinden. Der Osten ist auch die Wurzel der Hurerei (bzw. der Anpassung an die verführerische Herrschaftsklugheit). „Babylon“ könnte mehr als ein Deckname für das im Westen gelegene Rom sein, es weist zugleich als Ortsname in das Morgenland. In Apk 17,5 wird „das große Babylon“ als „die Mutter der Hure“ bezeichnet. Der Osten ist aber auch der Standort des !qm¸om und der Ort der Hoffnung. In 14,1 stand das !qm¸om auf dem „Berg Zion“ in Ruhe und Frieden. Das !qm¸om steht zu den Kriegern und Machtrevolutionären in Spannung. „Das neue Jerusalem“ (21,2; vgl. 3,12) wird ein Ort des ewigen Friedens und der ewigen Herrlichkeit sein. In 3,12 wird auch Kleinasien mit der östlichen Hoffnung auf „das neue Jerusalem“ (21,2) verbunden und dadurch indirekt auch mit dieser Stadt als der „Braut des Lammes“ (21,9–10). Die Leserlenkung führ die kleinasiatischen Leser der Apk in den Osten und die Situation des Morgenlands. Zwischen Apk 1,9–3,22 und 4,1–22,5 wird der Horizont für die Leser in Kleinasien erweitert. Er erstreckt sich nicht nur von der Erde bis zum Himmel, von der regionalen Provinz bis zum Imperium, von der Kirche bis zur ganzen Welt, von der Alltagsrealität zur umfassenden mythischen Welt, sondern auch von West bis Ost. Die Botschaft des Apokalyptikers betraf somit nicht nur den Kontext Kleinasiens, sondern die Beziehung zwischen Kleinasien und dem Orient sowie die Rolle Kleinasiens zwischen Ost und West. Wir ziehen daraus die Folgerung: Wenn man die Entstehungssituation der !qm¸om-Metapher rekonstruieren will, muss man Informationen über den damaligen Orient, besonders aus der Perspektive der Bewohner Kleinasiens, sammeln.
3.2.1.3 Romanisierung in Innen- und Außenperspektive Im Großen und Ganzen zeigt die Situationsanalyse einen Ost-West-Konflikt als Entstehungshintergrund der !qm¸om-Metapher. Sozialpolitisch verdankte sich der nachhaltige Erfolg der Pax Romana89 89 Vgl. Riedo-Emmenegger, Prophetisch-messianische Provokateure der Pax Romana. Jesus von Nazaret und andere Störenfriede im Konflikt mit dem Römischen Reich, NTOA 56, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2005, 33–92; bes. 183–191.
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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repressiver und attraktiver Mittel, die entweder mit Militärmacht oder Herrschaftsklugheit eingesetzt wurden. Ein Vergleich zwischen Apk 1,9–3,22 und 4,1–22,5 zeigt, dass Kleinasien im Gegensatz zum östlichen Teil des Imperium Romanum in Ruhe und Frieden lebte. Allerdings gab es in Kleinasien auch Verfolgungen (z. B. 2,10.13). In Apk 4,1–22,5 wird nun dieser politisch-militärische Imperialismus ausgeweitet. Dabei zeigt sich: Zahlreiche Kriege, der blutige Einmarsch von Legionen, die Verlockung durch Militärkarrieren und militärische Triumphe sowie gewalttätiges Regierungsvorgehen blieben hier kollektiv im Gedächtnis bewahrt. Trotzdem lehnte sich die Regionalverwaltung durch Machtteilung an die Zentralmacht an. Das Krieger-Image des !qm¸om macht es zum Gegenspieler militärischen Vorgehens, während sein Märtyrer-Image es zum Patron und Tröster der Märtyrer macht. Soziokulturell war der römische Kulturimperialismus erfolgreich.90 In Apk 1,9–3,22 resultierte daraus teils eine Tendenz zu religiöser und moralischer Gleichgültigkeit (wie die Gemeindesituation in Pergamon und Thyatira zeigt), teils ein Kompromiss mit den Werten der Umwelt (wie in Sardes und Laodizea), der durch eine ansprechende kulturelle Atmosphäre in der Gesellschaft möglich wurde. In Apk 4,1–22,5 stoßen wir dagegen auf einen durch repressive Maßnahmen bedingten einschneidenden Verlust wie die Zerstörung des Tempels91 und irrationale kulturelle Zeichen wie Wundertaten und Orakel. Der Kaiserkult war nur eines der kulturellen Phänomene.92 Das !qm¸om bildet als martyrologischer Krieger einen Kontrast zur Anpassung an die Romanisierung, als kriegerischer Märtyrer setzt das !qm¸om der gewaltsamen Verteidigung der eigenen Religion und Kultur eine gewaltfreie Alternative entgegen. Zudem ist das !qm¸om der echte Orakelgeber, der das versiegelte Buch öffnen kann. Sozialökologisch verstärkt der materielle Kulturimperialismus der im römischen Reich sich immer mehr vereinheitlichenden Straßen, Gebäude, Plätze und Denkmäler die Wirkung der anderen Herrschaftsstrategien. Die in Apk 1,9–3,22 genannte „Synagoge des Satans“ ist vermutlich nicht nur eine soziale Institution, sondern auch ein Gebäude, in dem sich Juden in Kleinasien 90 Vgl. Ibid., 140–174; bes. 191–192. 91 Die Juden behielten ihn in ihrem Gedächtnis. Josephus verteidigt Kaiser Titus gegen den Vorwurf, er habe die Zerstörung des Tempels zu verantworten (Jos. Bell. 6,4,3–7 [§236–66] bes. 6,4,7 [§266]: „Auf diese Weise ging der Tempel gegen den Willen des Titus in Flammen auf.“ [Übs. Clementz, Jüdischen Krieg, 590] Vgl. Jos. Bell. 7,4,5 [§148–52]; 7,4,7 [§158–62] ). Aber der Verfasser der Apk klagt die römische Herrschaft wegen dieses Verlustes an. 92 Vergleichbar ist das Ergebnis von Witulski, Kaiserkult in Kleinasien. Die Entwicklung der kultisch-religiösen Kaiserverehrung, NTOA 63, Göttingen: Vanderhoeck & Ruprecht, 2007, 173: „Die Analyse der Entwicklung der kultisch-religiösen Verehrung der römischen Kaiser in der römischen Provinz Asia von Augustus bis Antoninus Pius auf gesamtprovinzialer Ebene zeigt folgendes Ergebnis: Eine von staatlich-imperialer Seite propagierte Konzeption, in welcher dem amtierenden princeps nicht nur in einer bestimmten Stadt, sondern innerhalb der gesamten Provinz dezidiert eine soteriologische Bedeutung beigelegt wird, läßt sich nur für den von 117 bis 138 n. Chr. regierenden Kaiser Hadrian nachweisen.“
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
trafen. In Apk 4,1–22,5 bezieht sich das „Bild“ auch auf ein Baudenkmal und zahlreiche Bauprojekte in einer sich romanisierenden Umgebung. Gegenüber solchen Bildern war das !qm¸om als Märtyrer und Krieger ein lebendiges Bild. Sozialökonomisch war Wohlstand in den Augen der Zeitgenossen ein wichtiges Argument für das Imperium Romanum.93 In Apk 1,9–3,22 erscheinen die kleinasiatischen Städte als Teil einer Überflussgesellschaft. In Laodizea erlebten kleinasiatische Stadtbewohner Materialismus und soziale Ungleichheit von Armut und Reichtum (man vergleiche nur Smyrna94 und Laodizea95). In 4,1–22,5 war die Situation ambivalent: Einige lebten im Wohlstand, andere erfuhren einschränkende Lebensbedingungen (vgl. 6,6.8).96 Sozialgeographisch wird das Idealbild der „großen und starken“ Stadt propagiert. In Apk 1,9–3,22 erlebten einige Bewohner eine Marginalisierung und eine oberflächliche soziale Harmonie in den kleinasiatischen Städten. In 4,1–22,5 kommt eine umfassendere römische Urbanisierung in den Blick.
3.2.2 Reaktionsanalyse: Antworten auf die Situation Die Reaktionsanalyse fragt nach den Überlebensstrategien der beherrschten Menschen und Gruppen angesichts der römischen Herrschaftsstrategien. Wir unterscheiden dabei zwei Rollen: „Krieger“ und „Zeugen“. Beide können 93 Vgl. Riedo-Emmenegger, Pax Romana, 93–139; bes. 176–183. 94 Die Gemeinde in Smyrna ist nicht die einzige arme nachpaulinische Christengemeinde. Wir finden etliche Angaben von armen Witwen (in Ephesus) nach 1Tim 5,3–16 (vgl. 1Tim 1,3), von Sklaven (nicht nur in Ephesus, sondern auch in Kleinasien) nach 1Tim 6,1, Eph 6,5–8 u. 1Petr 2,18–23 (vgl. 1Petr 1,1). Siehe: LAMPE / LUZ, „Nachpaulinisches Christentum“, 187. 95 Die Gemeinde in Laodizea ist nicht die einzige wohlhabende nachpaulinische Christengemeinde. Andere Beispiele sind „Damen in teurer Garderobe, mit Perlen u. Gold behängt, ihr Haar kunstvoll geflochten“ (nicht nur in Ephesus, sondern auch in kleinasiatischen Gemeinden nach 1Tim 2,9 u. 1Petr 3,3). Sie gehören zur Oberschicht. Es gibt christliche Hausbesitzer, deren Versammlungsräume groß genug sind, dass die Mitglieder der Gemeinde ihre Sklaven mitbringen konnten (vgl. 1Tim 6,2 u. Eph 6,5–9). Seit paulinischer Zeit haben die Gemeinden wohlhabende Mitglieder wie die Purpurhändlerin Lydia, die aus der Stadt Thyatira kam. Siehe: LAMPE / LUZ, „Nachpaulinisches Christentum“, 186–7. 96 Die Schilderung sozialer Ungleichheit von Armut und Reichtum in der Gemeinde in Apk 1,9–3,22 ist zugleich eine gesellschaftliche Kritik. Um die Armen kümmert man sich im Römischen Reich kaum: „Die kaiserliche Zentralregierung kennt keine systematische Fürsorgepolitik … . Von sich aus greift die kaiserliche Hand nur in Katastrophen wie Erdbeben, Hungersnot oder Epidemien ein … . Eine Pensionskasse versorgt die Heeresveteranen. Verbilligte oder kostenlose Lebensmittel wie Getreide oder Speiseöl werden vom Kaiser in großem Ausmaß nur an die hauptstädtische Bevölkerung verteilt. In den Genuß der kaiserlichen Versorgung hilfsbedürftiger Kinder (alimentatio) gelangen lediglich freigeborene Kinder, und diese meist nur, wenn sie in Italien leben: Vor allem von Nerva (96–98 n. Chr.) und Trajan (98–117 n. Chr.) sind Stiftungsfonds für mittellose Mädchen und Jungen eingerichtet (z. B. Dio Cassius 68,5,4) … Die kaiserliche Administration kümmert sich aufs Ganze gesehen wenig um die Armen (LAMPE / LUZ, „Nachpaulinisches Christentum“, 194)“.
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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durch Aggression oder Rückzug reagieren. Aggression ist die äußere Umsetzung innerer Aggressivität, Rückzug die Verinnerlichung äußerer Ohnmacht. Beide Tendenzen sind für die Romanisierung günstig. Für deren Durchsetzung mit attraktiven Mitteln ist der Vorteil von Rückzugsverhalten evident, da sich dabei Widerstand in Luft auflöst. Für die Durchsetzung mit repressiven Mitteln ist offene Aggression manchmal ein Vorteil, weil sie aufgrund der Stärke des Römischen Reiches leicht zerschlagen werden kann. Jedoch wäre es zu einfach, die Aggression der repressiven und den Rückzug den attraktiven Herrschaftsstrategien zuzuordnen. In Wirklichkeit reagieren Menschen auch mit Aggression auf das Verführungspotential der Macht und mit Rückzug auf Repression. Darüber hinaus stehen „Aggression und Rückzug“ mit der Rolle von „Krieger und Zeuge“ in Wechselbeziehung. Vier Typen der Überlebensstrategien kann man danach in der Apk unterscheiden: 1) Gegenwirkung von Kriegern mit äußerer Aggression, 2) Nachwirkung auf Krieger durch Abschreckung, 3) Rückwirkung auf das äußere Verhalten von Zeugen mit sozialer Aggressivität, 4) Auswirkung auf Zeugen auch durch innere Anpassung. Sie seien noch einmal durch eine (etwas vereinfachte) Tabelle nebeneinander gestellt: Tabelle 19. Reaktionsanalyse mit vier Typen der Überlebensstrategien
Überlebensstrategie
Krieger
Aggression
Rückzug
Gegenwirkung: Widerstand
Nachwirkung: Abschreckung
Auswirkung: Rückwirkung: Innere Anpassung inZeugen Unterdrückung sozialer Konflikte durch äußere aktives Anpassung Zeugenwerden, Separatismus
Die vorgeschlagenen Unterscheidungen sollen den in der Apk geführten „Dialog“ mit den verschiedenen Gruppen, die auf die politische Macht in Kleinasien reagieren, differenziert erfassen. Dieser Dialog ist als Intention des Textes der Apk herauszuarbeiten. Dabei sind Rückzugs- und Aggressionstendenzen nebeneinander im Text nachzuweisen. Beide Tendenzen sind textimmanent in der Apk und, wenn möglich, auch textextern in der sozialgeschichtlichen Situation nachzuweisen. Dazu muss man die innenperspektivische Wahrnehmung der Apk durch eine außenperspektivische Skizze ihrer
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
Situation ergänzen. Wenn Text- und Situationsanalyse das Nebeneinander beider Tendenzen bestätigen, haben wir einen wichtigen Schritt getan, um die martyrologisch-kriegerische !qm¸om-Symbolik als einen Beitrag zum Gespräch über eine sinnvolle Reaktion auf die politische Macht des Imperium Romanum zu deuten. Ziel ist es, die dialektische Einheit von Märtyrer und Krieger in der !qm¸om-Symbolik als soziorhetorische Mitte der apokalyptischen Botschaft zu interpretieren.
3.2.2.1 Konstruktive Rückschlüsse auf Rückzugs- und Aggressionstendenzen aus den Gemeindebriefen Sieben kleinasiatische Gemeinden sind die direkten Empfänger der sieben Sendschreiben, die zusammen als eine geschlossene Komposition zu lesen sind.97 Gehen aus ihnen (genauer aus: Apk 1,9–3,22) Rückzugs- und/oder Aggressionstendenzen hervor? Das soziale Milieu Kleinasiens bildet nach der Wahrnehmung des Apokalyptikers eine Einheit (2,7.11.17.29; 3,6.13.23; vgl. 2,23). Tendenzen in der einen Gemeinde können wir im Prinzip latent auch in anderen voraussetzen. Es ist daher nicht erforderlich, dass beide Tendenzen in jeder Gemeinde belegt werden müssen. Nachzuweisen ist, dass die Rückzugs- und Aggressionstendenzen in Apk 1,9–3,22 insgesamt nebeneinander existieren. In den Gemeindebriefen könnte man eine Rückzugstendenz dort annehmen, wo die Gemeinde getadelt wird, eine aggressive Tendenz dagegen dort, wo sie gelobt wird, wenn man davon ausgeht, dass eine aggressive Tendenz (aus Sicht des Apokalyptikers) wünschenswerter als eine Rückzugstendenz ist. Die Rückzugstendenz springt in jeder der sieben Gemeinden ins Auge. Die Gemeinden in Smyrna und Philadelphia bilden hier keine Ausnahmen. Was aber die aggressive Tendenz angeht, so gibt es nur wenige Anweisungen an die Leser, die romanisierende Umwelt zu bekämpfen. Die Aggression wird vielmehr in vielen Fällen an mythische Gestalten delegiert. Wir müssen die einzelnen Gemeindebriefe nacheinander auf Rückzugs- und Aggressionstendenzen befragen. Das Sendschreiben an Ephesus Die Rückzugstendenz in der Ephesusgemeinde wird im Befehl zusammengefasst: „!kk± 5wy jat± soO fti tµm !c²pgm sou tµm pq¾tgm !v/jer. lmglºmeue owm pºhem p´ptyjar ja· letamºgsom ja· t± pq_ta 5qca po¸gsom … “ (2,4–5a: 97 Vgl. Charles I, 37: „… the Seven Letters addressed to seven actual Churches in Asia Minor, in which their spiritual character and environment are distinctly and concretely described … the Seven Churches are to be regarded as a typical of the Church as a whole. Thus in addressing certain specific Churches, our author is addressing all Christian Churches.“
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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„Aber ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast. Denke nun daran, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke!“). Der Befehl wird durch drei Imperative (lmglºmeue letamºgsom und po¸gsom) erteilt, um die Herzen der ersten Christen wieder für den Messias zu gewinnen. Ohne ihre „erste Liebe“ gibt sich die Gemeinde selbst auf. Was aber ist mit der „ersten Liebe“ gemeint? „Liebe“ meint hier keinen mystischen Kontakt, sondern konkrete Taten: t± pq_ta 5qca (v.5) entspricht tµm !c²pgm tµm pq¾tgm (v.4).98 Dadurch wissen wir, dass die Ephesusgemeinde ihre ursprünglichen Werke verließ. Sie hatte sich einer Rückzugstendenz angeschlossen.99 Andererseits gab es auch aggressive Emotionen gegen einige verwandte Gruppen wie gegen die Nikolaiten (Apk 2,6), die wie Bileam für eine Anpassung an die Romanisierung plädierten (Apk 2,14–15). (Die Abgrenzung von ihnen spricht dafür, dass die Rückzugsform der Ephesusgemeinde keine einfache Anpassung an die Romanisierung war. Wahrscheinlich bestand sie nur in einem inaktiven Zeugentum.) Die Aggressionstendenz gegen diese Anpassung wird vor allem vom Messias vertreten und an ihn delegiert (vgl. 3,6: $ j!c½ lis_ „die ich auch hasse“). Aber diese Aggression traf die „Werke“ der Nikolaiten und bedeutet nicht, dass das Zusammenleben mit der heidnischen Umwelt generell in Frage gestellt wurde. Ferner sind die zwei inhaltlichen Teile dieses Sendschreibens (2,2–5 und 2,6) durch das Stichwort t± 5qca verbunden, einerseits durch positiv bewertete Werke (2,2.5), andererseits durch abgelehnte Werke (2,6). Das Verlassen der „Liebe“100 weist auf eine Rückzugstendenz, die der Verfasser ablehnt, während der „Hass“ des Messias auf die von ihm bevorzugte Aggressionstendenz weist. Sie erscheinen nacheinander in diesem Sendschreiben.
98 Giesen, 99: „Was in V. 4 „erste Liebe“ genannt wird, heißt in V. 5 „erste Werke“.“ 99 Unklar bleibt der Grund, warum sie die erste Liebe verließ bzw. diese Rückzugstendenz entwickelte und ob die Ursache für das Rückzugsphänomen innerchristlich oder gesellschaftlich war. Ein gesellschaftlicher Einfluss kann möglich sein, da die übrigen Gemeinden von Kleinasien auch gesellschaftlich beeinflusst wurden. 100 Es gibt meist drei mögliche Deutungen für den Gegenstand der „Liebe“: (1) Liebe zum Menschen – z. B. Bousset, 205; Zimmermann, „Christus und die Kirche in den Sendschreiben der Apokalypse,“ in: Schilling und Zimmermann (Hg.), Unio Christianorum (FS Lorenz Jäger). Paderborn: Verl. Bonifacius-Dr, 1962, 194; Schrage, Ethik des Neuen Testaments, GNT 4, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 51989, 338; MNller, 103; Schnackenburg, Die sittliche Botschaft des Neuen Testaments, Bd. 2. Die urchristlichen Verkündiger, HMT 6, München: Max Hueber, 1962, 264; Harrington, 55.57; (2) Liebe zu Gott – z. B. Satake, „Kirche und feindliche Welt. Zur dualistischen Auffassung der Menschenwelt in der Johannesapokalypse,“ in: D. Lührmann und G. Strecker (Hg.), Kirche: Festschrift für Günther Bornkamm zum 75. Geburtstag, Tübingen: Mohr, 1980, 345 Anm. 52; Prigent, 42; und (3) Liebe zu Gott und zum Menschen – z. B. Mounce, 88; Karrer, Johannesoffenbarung, 204 f.; Giesen, 99; vgl. Ritt, 25.
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Das Sendschreiben an Smyrna Das Sendschreiben an die Gemeinde von Smyrna ist nicht so klar wie das Sendschreiben nach Ephesus. Es gab eine Morddrohung durch den Teufel (Apk 2,10) – Niederschlag einer Romanisierungsstrategie, die in der kleinasiatischen Gesellschaft lokalisiert ist. Obwohl die Smyrnagemeinde nach dem Sendschreiben einen positiven Eindruck macht, bleibt die in ihr vorherrschende Reaktionsform unbestimmt. Ihre Mitglieder sind in der armen und leidenden Unterschicht (Apk 2,9) der wohlhabenden Stadt zu suchen. Die für die nächste Zukunft angesagte Todesgefahr (2,10) ist eine latente Versuchung, der Konfrontation mit der Umwelt auszuweichen. Das wird durch die Ermutigung Christi (2,10a: lgd³m voboO $ l´kkeir p²sweim „Fürchte dich nicht …“) und seinen Befehl (2,10c: c¸mou pist¹r %wqi ham²tou „Sei treu bis zum Tod“ ELB) indirekt belegt. Gerade deshalb ist auffallend, dass eine aktuelle Rückzugsform als Anpassung dem Sendschreiben nicht zu entnehmen ist. Aber der Brief hat auch noch eine andere Seite: Er fordert dazu auf, die Legitimationsgrundlage der Romanisierung d. h. den „Teufel“ zu bekämpfen. Der Beleg findet sich in der Auslegung von c¸mou pist¹r %wqi ham²tou (2,10c). Nach Apk 19,11 kann ein Kriegsführer in mythischer Gestalt als pistºr bezeichnet werden, pistºr kann daher eine aggressive Reaktion signalisieren. Die Aufforderung, bis zum Tode treu zu sein, setzt voraus, dass für die Gegenwart Treue unterstellt wird. So existierte eine aggressive Reaktion vermutlich schon eine Weile, aber es war nicht sicher, ob die Christen in Smyrna ihr treu bleiben und sie bis zum Tode durchhalten werden. In diesem Fall besteht die zentrale Frage nach ihrer „Treue“ daher nicht darin, ob sie sich überhaupt an die Romanisierung anpassen oder nicht, sondern ob sie an der Ablehnung von Anpassung festhalten. Wie im Fall von Christus (1,5; vgl. 3,14) und Antipas (2,13), zwei Vorbilder des pistºr-Seins, sollen die ersten Christen in Smyrna aktive Zeugen (und sogar Märtyrer) werden. Im Lichte des %wqi ham²tou (2,10) ist aktive Zeugenschaft die entscheidende Frage nach der „Treue“. Wenn jemand nicht zeugen wird (d. h. die romanisierende Umwelt bekämpft), kann er nicht als pistºr bezeichnet werden. Auf die über ihr schwebende Morddrohung antwortet die Gemeinde in Smyrna mit zwei Möglichkeiten: Sie kennt den Rückzug als eine Möglichkeit, als andere aber auch den beständigen Konflikt mit der Umwelt; in diesem Gemeindebrief wird der Kampf sichtbarer, während der Rückzug eine latente Möglichkeit bleibt. Das Sendschreiben an Pergamon Es gibt beide Reaktionsformen in den beiden inhaltlichen Teilen (Apk 2,13 und 2,14–15) des Sendschreibens an die Pergamongemeinde.
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Offensichtlich führte ein Teil der Pergamongemeinde einen Rückzug durch: Sie folgten der Lehre der verwandten Nikolaiten (2,15: ovtyr 5weir ja· s» jqatoOmtar tµm didawµm [t_m] Mijokazt_m blo¸yr), aßen vom Götzenopfer und trieben „Hurerei“, d. h. Götzendienst (2,14). Nach der Wahrnehmung des Apokalyptikers waren die Nikolaiten die Hilfstruppen der Herrschaftsideologie, so wie Bileam dem König Balak Hilfe leistete. Der andere Teil der Pergamongemeinde schloss dagegen keinen Kompromiss mit der kleinasiatischen Gesellschaft (2,13b: fpou b hqºmor toO satam÷ „wo der Thron des Satans ist“101; 13e: fpou b satam÷r jatoije? „wo der Satan wohnt“102). Ihr Feind war der „Satan“, der eine Chiffre für Rom ist. Unklar bleibt: War hier eine Aggressivität gegen die Romanisierung lebendig wie sie sich in dem Messias symbolisiert, der das zweischneidige Schwert führt?
Das Sendschreiben an Thyatira Beide Tendenzen werden in diesem Sendschreiben nacheinander angesprochen: zunächst der Rückzug (2,19–23), dann die Aggressivität (2,24–27). Evasive Tendenzen sind bei den Anhängern der Isebel anzunehmen. Der Vorwurf der poqme¸a (2,21: „Unzucht“) weist auf eine Anpassung an die römisch-hellenistische Gesellschaft, weil die Hurerei Isebels diese zu einer der Töchter von „Babylon“ (in 17,5 „die Mutter der Hurer“) macht. Gemeint ist damit Rom. Diese Anhänger der Isebel nahmen sich die Freiheit zum Götzenopferessen (Apk 2,20), hielten also an ihren Sozialkontakten mit der umgebenden Welt fest. Die Aggression wird in 2,24–27 an mythische Gestalten delegiert: Der Messias kämpft gegen Babylon, aber im Überwinderspruch an Thyatira wird den ausharrenden Christen verheißen, dass sie mit dem Messias die Heiden bekämpfen werden. Falls die ausharrenden Christen keine Aggressivität gegen ihre Umwelt hätten, wäre der Überwinderspruch sinnlos.
Das Sendschreiben an Sardes Die Aggressionstendenz fehlt im Gemeindebrief nach Sardes. Im Gegenteil, die Rückzugstendenz wiegt vor: Der Messias kritisiert die Gemeinde, weil sie tot ist (3,1b: oWd² sou t± 5qca fti emola 5weir fti f0r, ja· mejq¹r eW „Ich kenne deine Werke: Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot!“). Der Sardesgemeinde war ursprünglich ihr eigenes Problem nicht bewusst gewesen, denn 101 Vgl. Beale, 246: „„The throne of Satan“ in Pergamum is a way of referring to that the city is a center of Roman government and pagan religion in the Asia Minor region.“ Trotzdem kann auch an die besondere Architektur Pergamons gedacht sein. 102 Vgl. Beale, 247; Mounce, 97.
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sie lebte in einer Stadt, deren Name (bzw. deren Ruf) in Kleinasien der einer lebendigen Stadt war. Hier finden wir einen wahrgenommenen Unterschied zwischen dem Urchristentum und seiner Umwelt. Das Sendschreiben an Philadelphia Im Gemeindebrief an Philadelphia finden wir Zeichen dafür, wie schwer es war, bei einer starken Rückzugstendenz dem Druck der Umwelt standzuhalten.103 Obwohl eine mythische Krone für diese Gemeinde schon bereitet ist, muss sie festhalten, was sie schon hat. Wenn sie das nicht mehr kann, werden andere aufgrund anhaltenden Drucks von außen nach der vorbereiteten Krone greifen. Die Gemeinde könnte die Krone noch verlieren. Der Beleg dafür ist jq²tei d 5weir, Vma lgde·r k²b, t¹m st´vamºm sou (3,11: „Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!“). Darüber hinaus erinnert der dann folgende Überwinderspruch aber an den erzwungenen Rückzug vom Tempel in Jerusalem. In Apk 3,12 gO mij_m poi¶sy aqt¹m stOkom 1m t` ma` toO heoO lou ja· 5ny oq lµ 1n´kh, 5ti sind in der Verheißung, dass die Gemeinde eine Säule des Tempels Gottes wird, das Futur (poi¶sy) und die Aufforderung, „nicht mehr (aus dem Tempel) hinauszugehen“, wichtig. Der Messias ermutigt in diesem Vers dazu, trotz anhaltenden Drucks von außen, standzuhalten und zu bleiben. Hier gibt es zwei Formen von Rückzug: der eine geschieht selbstverantwortlich, der andere ist erzwungen. Was die aggressive Tendenz angeht, so ist sie in der Weissagung einer Versuchung über den ganzen Weltkreis indirekt enthalten (3,10). Der Messias wird die Gemeinde schützen. Das Sendschreiben an Laodizea Wie im Gemeindebrief nach Sardes tritt auch im Sendschreiben an die Laodizeagemeinde die aggressive Spannung zur Umwelt nicht zutage. Die Gemeinde in Laodizea empfand sich als wohlhabend und ohne Defizite (3,17–18). Sie erlebte sich als angepasst in ihrer Umgebung und nahm ihre Distanz ihr gegenüber nicht wahr (vgl. v.17 mit v.18). Deshalb tadelt der Messias mit Ironie104 ihre unvollständige Anpassung (3,15: evekom xuwq¹r Gr C festºr „dass du kalt oder heiß wärest“).105 Sie war nicht radikal genug. Ei103 Normalerweise gilt die Philadelphiagemeinde als ideale christliche Gemeinde. Vgl. Giesen, 136: „In Philadelphia lebt eine ideale christliche Gemeinde, an der Christus nichts auszusetzen hat … Als Gemeinde ohne Tadel besitzt die Gemeinde in Philadelphia bereits den Siegeskranz.“ 104 Roloff, 63–4: „Nicht ohne Ironie wird die verfehlte Selbsteinschätzung der Gemeinde gegeißelt.“ 105 Es gibt zwei Erklärungen für das Urteil über die Laodizeagemeinde als „weder kalt noch heiß“, sondern „lau“. Oft interpretiert man das als Unentschiedenheit und Unentschlossenheit. „Heiß
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gentlich ist der radikale Befehl, f¶keue owm ja· letamºgsom (2,19b: „So sei nun eifrig und tue Buße!“) ihrer Lage angemessen. Eifer ist der einzige Ausweg. Als Fazit halten wir fest: Die Rückzugstendenz ist in Apk 1,9–3,22 sichtbarer als die Aggressionstendenz, die aber nie ganz verschwindet. Jeder der sieben Gemeindebriefe enthält einen Ausdruck, um den sich die Rückzugstendenz im Text kristallisiert: – – – – – – –
Ephesus mit tµm !c²pgm tµm pq¾tgm !v/jer (Apk 2,4)106, Smyrna mit lgd³m voboO (Apk 2,10)107, Pergamon mit jqatoOmtar tµm didaw¶m t_m Mijokait_m (Apk 2,15)108, Thyatira mit poqme¸ar (Apk 2,21)109, Sardes mit mejq¹r eW (Apk 3,1)110, Philadelphia mit Vma lgde·r k²b, t¹m st´vamºm sou (Apk 3,11)111, Laodizea mit f¶keue (Apk 3,19)112.
Aber nicht jedes Sendschreiben hat einen vergleichbaren Ausdruck, der die Aggressionstendenz bezeugt: – Ephesus mit lise?r t± 5qca t_m Mijokazt_m $ j!c½ lis_ (Apk 2,6),
106 107 108 109 110 111 112
sein“ heißt dann: eifrig im zuverlässigen Zeugnis für Christus sein, während „kalt sein“ die Zugehörigkeit zur Welt bedeute. Z.B. Charles I, 96; Swete, 60; Lohmeyer, 38; Wikenhauser, 48; Woschitz, Erneuerung aus dem Ewigen. Denkweise – Glaubensweisen in Antike und Christentum nach Offb 1–3, Wien u. a.: Herder, 1987, 240; MNller, 136; Roloff, 63. Das Problem dieser Erklärung ist, warum Christus eins der Extreme, d. h. das „Heiß oder Kaltsein“ dem „Lausein“ vorzieht. Warum zieht Christus die negativste Haltung d. h. „kalt sein“ der neutralen Haltung, d. h. „lau sein“, vor? Einige Exegeten versuchen das Problem zu lösen, z. B. Trench, Epistles, 205–8. Eine andere Interpretation basiert auf geographischen Aspekten Laodizeas. In Kolossä gab es kalte Quellen, die als rein, trinkbar und lebensspendend galten, während es im nahen Hierapolis heiße Heilquellen gab. Vgl. Rudwick u. Green, „The Laodicean Lukewarmness,“ ET 89 (1957–58): 76–8; Hemer, „Local Setting“, 186–91; Harrington, 74. Lauwarmes Wasser ist salz- und mineralhaltig. Es kann Erbrechen erregen und ist deshalb auszuspeien. Vgl. Lohse, Die Offenbarung des Johannes, 35; Woschitz, Erneuerung, 239 f.; Harrington, 74. Diese Erklärung ist aber nicht ohne Probleme. Hemer, „Local Setting“, 190, ist sich auch dieses Problems bewusst: „There are many unanswered questions about the Laodicean watersupply.“ Vgl. auch Hemer, „Local Setting“: 278, Anm 51: „Why did the city take such trouble to obtain water of such bad and petrifying quality? Was it miscalculation, or had there perhaps been some change consequent on earthquake or the shifting course of a stream? Was the supply basic or supplementary? Do the ring-formations of the deposit in the pipes testify to a seasonal, or to a discontinuous, use? Did a structure so vulnerable survive the earthquake of Nero’s reign? Is one pipe later than the other? Did a later pipe supplement or replace an earlier?“ Aune I, 135 nennt den Ausdruck ein Nomen-Cluster (noun cluster). Solches Nomen-Cluster findet sich 8x in der Apk (2,4.13.19; 3,12; 10,2.5; 11,17; 13,16). Aune I, 165–6. Aune I, 188. Aune I, 205. Aune I, 219. Aune I, 241. Aune I, 247.
166 – – – – – –
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Smyrna mit c¸mou pist¹r %wqi ham²tou (Apk 2,10), Pergamon mit b l²qtur lou b pistºr lou (Apk 2,13), Thyatira mit pkµm d 5wete jqat¶sate %wqi[r] ox #m Fny (Apk 2,25). Im Schreiben an Sardes fehlt ein vergleichbarer Ausdruck; Das Schreiben an Philadelphia hat jq²tei d 5weir (Apk 3,11), Im Schreiben an Laodizea fehlt eine Entsprechung.
Beide Tendenzen existieren in dieser einheitlichen Textkomposition nebeneinander (Apk 1,9–3,22), auch wenn sie nicht in allen einzelnen Teilen gleichzeitig präsent sind. Wir kommen zu folgenden Ergebnissen: 1) Sozialpolitisch finden wir als Reaktion auf die persuasiv-attraktive Seite römischer Herrschaft sowohl Anpassung (unter Christen in Pergamon, Thyatira, Sardes und Laodizea) als auch emotionale Aggressivität gegen Propagandisten der Anpassung (in Ephesus, vielleicht in Thyatira). Auf der anderen Seite kann eine aggressive Reaktion (in Pergamon, vielleicht auch in Smyrna und Philadelphia) ebenso Reaktion auf repressive Aspekte römischer Herrschaft sein wie der Rückzug in Form einer inaktiven Zeugenschaft (in der Smyrna- und Philadelphiagemeinde). 2) Soziokulturell nährt sich die aggressive Tendenz wahrscheinlich aus der Erinnerung an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem (etwa in Smyrna und Philadelphia); die Rückzugstendenz reagiert dagegen auf den religiösen Synkretismus (in Pergamon und Thyatira) und Materialismus der kleinasiatischen Gesellschaft (in Laodizea). 3) Sozialökologisch gesehen ist Kleinasien damals befriedeter als das östliche Imperium Romanum; daher ist die Rückzugstendenz sichtbarer als die Aggressionstendenz. 4) Sozialökonomisch verbindet sich die aggressive Tendenz eher mit der armen Unterschicht (wie in der Smyrnagemeinde) als mit der wohlhabenden Obenschicht; die Rückzugstendenz ist unter den Wohlhabenden (wie in Laodizea) verbreiteter. 3.2.2.2 Analytische Rückschlüsse auf Rückzugs- und Aggressionstendenzen in der apokalyptischen Prophetie (Apk 4,1–22,5) Um die Reaktionsformen in den Gemeinden auf die damalige sozialgeschichtliche Situation zu beeinflussen, konfrontiert der Apokalyptiker seine Gemeinden nicht mit direkter Kritik, sondern mit einer Erhellung ihrer Situation durch ein visionäres Geheimnisbuch. Er möchte nicht nur kritisieren, sondern verändern. Deshalb gibt er nur indirekt und implizit Informationen über die vorhandenen Reaktionsformen in Apk 4,1–22,5. Die „konstruktiv“ auswertbaren Gemeindebriefe (Apk 1,9–3,22) können daher als Basis zum Verständnis des visionären Geheimnisbuches in Apk 4,1–22,5 dienen. Ziel der analytischen Rückschlüsse aus diesen Visionen ist es zu untersuchen, ob die
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Rückzugs- und Aggressionstendenzen auch in Apk 4,1–22,5 nebeneinander existieren. Es gibt zwar nur wenige relevante Texte in Apk 4,1–22,5, die in diesem Zusammenhang auszulegen sind, aber diese wenigen Texte sind aufschlussreich: 1) Aggression und Rückzug in zwei Aussagegruppen mit unbewusstem Inhalt: 18,4; 6,9–10; 11,5–6 2) Aggression und Rückzug in zwei Symbolpaaren in Apk 12 3) Aggression und Rückzug in zwei Paaren von ggYde-Aussagen (13,10 // 13,18 und 14,12 // 17,9)
(1) Aggression und Rückzug in zwei Aussagegruppen mit unbewusstem Inhalt: 6,9–10; 11,5–6; 18,4 Apk 6,9–10; 11,5–6 und Apk 18,4 verteilen sich auf die beiden Teile der Apk, die den beiden Fragen in Apk 1,19 entsprechen: Der erste Teil beantwortet die Frage: „Was ist?“ (1,9–11,14a), der zweite Teil die Frage: „Was wird danach geschehen?“ (11,14b–22,5). Nach Apk 10,7 sind alle Inhalte des letzten Teils in „dem dritten Wehe“ (11,14b) bzw. in „der siebenten Posaune“ (11,15) enthalten. Der zweite Teil beginnt daher mit der „letzten Posaune“ (vgl. 10,7), welche die eschatologischen Ereignisse einleitet und darstellt. Daraus folgt; Der vorhergehende Teil gehört zur (inzwischen vergangenen) Gegenwart des Apokalyptikers. Das ist der Grund, warum die soeben genannten Textstellen in zwei Gruppen einzuteilen sind: Apk 6,9–10; 11,5–6 liegt in der Vergangenheit, Apk 18,4 in der Zukunft. Außerdem bringen diese Textstellen unbewusste (oder zumindest verborgene) Aussagen zum Ausdruck. Die Aussagen müssen entschlüsselt werden, damit ihre verborgene Botschaft verstanden werden kann. Die Rückzugstendenz wird im Befehl: „Geht heraus … (aus Babylon)“ (18,4: 1n´khate … 1n aqt/r) zusammengefasst. Der Apokalyptiker meint mit b kaºr lou („mein Volk“) die „ersten Christen“, insbesondere die sieben Gemeinden in Kleinasien. Ihre Heimat wird in diesem Vers als „Babylon“ (vgl. 18,2) symbolisiert, als ein gottfeindlicher Ort. In Apk 17–18 herrscht das große Babylon durch seine attraktiven Verführungsstrategien, indem es seine Bewohner dazu verleitet, ein luxuriöses Leben zu führen und wie Hunde (vgl. 22,15) und Katzen zu leben. Apk 18,4 erinnert an den Lebensstil der kleinasiatischen Gemeinden nach den Sendschreiben (1,9–3,22). Das Stichwort poqme¸a (18,3) ruft die von Isebel propagierte Unzucht (2,21) ins Gedächtnis. Mit Hilfe der Gemeindebriefe können wir erkennen, dass der Konjunktiv sucjoimym¶sgte (in dem Nebensatz: „dass ihr nicht teilhabt an ihren Sünden“) nicht nur eine Befürchtung, sondern eine schon vorhandene Anpassung bezeugt, auf die sich diese Befürchtung bezieht. Psychoanalytisch kann ja· Ejousa %kkgm vymµm 1j toO oqqamoO k´cousam („Und ich hörte eine
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andre Stimme vom Himmel, die sprach“) in 18,4 als Stimme aus dem Unbewussten verstanden werden; die Aussage offenbart die innere Auseinandersetzung des Apokalyptikers mit Rückzugstendenzen im Urchristentum. In den Gemeindebriefen finden wir diese Rückzugstendenz im Überwinderspruch an die Gemeinde von Philadelphia, wenn ihr verheißen wird, dass sie den Tempel nicht mehr verlassen muss (Apk 3,13). Sie wird sich einmal für immer in den Schutz des Tempels zurückziehen können. Wenn man nun den Befehl „Geht heraus … aus Babylon“ neben den Überwinderspruch in Apk 3,12 stellt, kann man die verborgene Kritik an der Rückzugstendenz genauer erfassen. Die Aufforderung, Babylon zu verlassen (18,4 1n´khate), steht in Opposition zur Verheißung, nie mehr den Tempel verlassen zu müssen (3,12 1n´kh,). Beides lässt sich verbinden: Wenn die Christen unterwegs nach dem neuen Jerusalem sind, müssen sie zuvor Babylon verlassen. Der Befehl in Apk 18,4 ist eindeutig. Um den Konjunktiv (3,12: oq lµ 1n´kh,) verwirklichen zu können, müssen die ersten Christen zunächst den Imperativ 1n´khate (18,4) befolgen. Einen Beleg für die aggressive Tendenz finden wir in Apk 6,9–10 und 11,5–6. Bei der Öffnung des fünften Siegels erhalten wir Einblick in die innere Welt der ersten Christen: In Apk 6,9–10 verschaffen sie ihrer Aggressivität ein Ventil durch die Klage: „Wie lange (6yr pºte) richtest du nicht und rächst nicht unser Blut?“ (v.10). Sie empfinden sich als heilig und aufrichtig und dürfen deshalb vor dem Gericht des „Heiligen und Aufrichtigen“ (v.10) klagen. Sie drängen ihn dazu, Rache an den Angeklagten zu vollziehen. Der Seher sieht die Märtyrer im Himmel. Mit eWdom rpoj²ty toO husiastgq¸ou t±r xuw±r t_m 1svacl´mym („ich sah unter dem Altar die Seelen derer, die geschlachtet worden waren“) (v.9) betont er nicht ihre Darbringung als Opfer, sondern die Unbarmherzigkeit der Schlachtung. Der Heilige und Aufrichtige beantwortete ihren Appell zunächst mit dem letzten Teil des fünften Siegels, wonach sie noch warten sollen, bis die volle Zahl der Märtyrer erreicht wird (v.11), dann aber mit der Öffnung des sechsten Siegels (6,12–17). In ihm übernimmt das Lamm den „Zorn“ der Schlachtopfer (v.16). Es ist der Tag des „Zorns des Lammes“ (6,16f).113 Angeklagt sind die Bewohner auf der Erde (v.10: 1j t_m jatoijo¼mtym 1p· t/r c/r). Können wir aber sicher sein, dass sich in ihrem Vorgehen gegen die Christen die repressive Seite der römischen Herrschaft zeigt? Die ersten vier Siegel ermöglichen es, diese Frage zu bejahen, wenn man das fünfte Siegel als Konsequenz und Reaktion auf das in ihnen Dargestellte versteht. Das erste Siegel (6,1–2) weist auf siegreiche Kriege als Legitimation der römischen Herrschaft hin, das zweite Siegel (6,3–4) auf ununterbrochene militärische Kämpfe zwischen Menschen und Kulturen, das dritte Siegel (6,5–6) auf ökonomisch bedrängte Lebensbedingungen. Das vierte Siegel (6,7–8) konstatiert 113 Hier könnten wir !qm¸om und die aggressive Tendenz in einen Zusammenhang bringen, den wir in nächstem Abschnitt erläutern werden.
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eine Krise durch Krieg, Hunger und Krankheit. All das lässt sich als Teil der Ausdehnung und Sicherung römischer Herrschaft verstehen. Im Lichte der ersten vier Siegel ist die Aggressivität der Schlachtopfer im fünften Siegel als Reaktion auf die repressive Romanisierung der Welt zu verstehen. Wir können die Aggressivität der ersten Christen ferner mit Apk 11,5–6 belegen. Dieser Text steht innerhalb des Abschnitts, der auf die Tempelzerstörung und den jüdischen Krieg Bezug nimmt (11,1–14). In ihm findet man einen Konflikt, in dem als Parteien auf der einen Seite die „zwei Zeugen“ (v.3), die auch „zwei Propheten“ (v.10) heißen, auftreten und auf der anderen Seite „der Herr der Erde“ (v.4), die Bewohner auf der Erde (v.10) und „das Tier“ (v.7). Auf der einen Seite steht hier die römische Herrschaft, auf der anderen stehen die Repräsentanten der Gemeinden. Die zwei Zeugen werden durch den Krieg getötet, den das Tier führt, das die Romanisierung symbolisiert (v.7). Aber aggressive Motive erscheinen nicht nur auf der Seite der römischen Herrschaft und ihrer Anhänger, sondern auch auf der anderen Seite. Das Aggressionspotenzial der Zeugen wird mythisiert: Aus ihrem Mund kommt Feuer und verzehrt alle Feinde (pOq 1jpoqe¼etai 1j toO stºlator aqt_m ja· jatesh¸ei to»r 1whqo»r aqt_m). Dass ihr Gegner „Feinde“ genannt werden, zeigt die Aggressivität dieser Phantasien. Sie ist gebremst, denn sie wird in zwei Konditional-Sätzen (v.5) dargestellt. Das bedeutet, dass die Verwandlung von Aggressivität in Aggression von Bedingungen abhängig gemacht wird: Sie ist nur als Notwehr legitim. Die mythischen Sanktionen gegen die Feinde symbolisieren die unbewusste Aggressivität der ersten Christen. Wie oben gezeigt wurde, betont Apk 6,1–11,14a die repressive Seite der römischen Herrschaft, während ihre attraktive Seite in Apk 11,14b–22,5 dominiert. Aggressivität ist mit Repression verbunden, die Rückzugstendenz mit Attraktivität. Beide Tendenzen bestehen nebeneinander.
(2) Aggression und Rückzug in zwei Symbolpaaren in Apk 12 Um die Rückzugs- und Aggressionstendenzen in Apk 12 zu untersuchen, muss man die eigentümliche Verbindung von Mythos und Geschichte berücksichtigen.114 Die Mythen von Apk 12 bringen nicht nur existenzielle Erfahrungen zum Ausdruck, sondern sind als Bilder auch Entscheidungshilfen für die Leser, mit denen sie ihre Antwort auf die Situation klären.
114 Nach Gunkel, Schöpfung, 234, ist Apk 12 eine „ganz uncontrollierbare Vermischung des Zeitgeschichtlichen und des „Phantastischen““. Die „Vermischung“ ist nicht zu bestreiten (vgl. Berger, Historische Psychologie des Neuen Testaments. SBS 146/147, Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk, 1991, 130–5), eher aber dass sie eine „uncontrollierbare“, „eklektische und unorganische (S.397)“ sei.
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Der Text umfasst vier Teile, dazu eine Einführung (12,1–4a) und einen Wendepunkt (12,18).115 Die vier Teile sind:116 Abbildung 5. Chiastische Struktur von Apk 12,4b–17 (R) 12,4b–6 Rückzugssymbolik im jüdischen Mythos; (A) 12,7–9
Aggressionssymbolik im jüdischen Mythos;
(A’) 12,10–12 Aggressionssymbolik in urchristlicher Überarbeitung; (R’) 12,13–17 Rückzugssymbolik in urchristlicher Überarbeitung.
Texte mit Rückzugs- und Aggressionssymbolik folgen einander in einer chiastischen Struktur.117 In einer Übersicht kann man sich die innere Logik des Kapitels 12 so klar machen: Tabelle 20. Urchristliche Überarbeitungen der jüdischen Mythen in Apk 12 12,1–4a als Einführung (v.4b 6stgjem) die Wüste (5qglom) Rückzugssymbolik
die ganze Welt (tµm oQjoul´mgm fkgm) Aggressionssymbolik
jüdische Mythen
12,4b–6 (v.6: floh 5vucem)
12,7–9 (v.7: pºkelor und pokel/sai)
Urchristliche Überarbeitungen
12,13–17
12,10–12
12,18 als Wendepunkt (v.18 1st²hg)
Die ersten beiden Teile dieses Kapitels enthalten zwei jüdische Mythenkomplexe:118 den Mythos von der Frau (vv.4b–6)119 und von Michael (vv.7–9).120 In 115 Die Anfänge von Apk 12 und 13 ff. werden jeweils durch ein „Stehen“ des Drachens (12,4b 6stgjem; v.18 1st²hg) signalisiert. 116 Vgl. die vier Einheiten nach Busch, Drachen, 42: 12,1–6; 12,7–9; 12,10–12; 12,13–17. 117 Siew, The War Between the Two Beasts and the Two Witnesses: A Chiastic Reading of Revelation 11,1–14,5, NY: T & T Clark, 2005, 210, stellt als chiastische Struktur fest: (E) 12,1–4; (F) 12,5–6; (G) 12,7–12; (F’) 12,13–14; (E’) 12,15–17. 118 Seit Vischer, 19, wird Apk 12 als jüdische Tradition gedeutet. Gunkel, Schöpfung, 173.181.201, entwickelt diese These dahingehend weiter, dass Apk 12 „ein ausserhalb des Judentums entstandener, aber vom Judentum übernommener Mythus ist“ (Gunkel, Schöpfung, 282), der „babylonischen Ursprungs sei“ (Gunkel, Schöpfung, 379). Er bestreitet Vischers These insofern nicht, als zumindest Apk 12,11.17 nach Gunkel, Schöpfung, 379, „Zusätze zu den jüdischen Zusätzen“ sind. Genau hundert Jahre (1995) nach Gunkels grundlegendem Werk fasst Busch, Drachen, 30, den wissenschaftlichen Konsens so zusammen, „dass die paganen Mythen erst durch die Zwischenstufe einer „interpretatio iudaica“ von Johannes aufgenommen worden seien“. Nach Busch, Drachen, 29, ist seit Gunkel „bisher noch
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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diesen Mythenkomplexen finden wir nebeneinander eine evasive Rückzugssymbolik, die Flucht der Frau vor dem Drachen in die Wüste (v.6), und eine aggressive Symbolik, den Kampf Michaels gegen den Drachen im Himmel (v.7). Die Rückzugs- und Aggressionstendenzen werden durch die beiden Verben „fliehen“ (v.6: 5vucem) und „bekämpfen“ (v.7 pokel/sai; vgl. pºkelor) visualisiert. Die Symbolik bringt existenzielle Erfahrungen der urchristlichen Gemeinden zum Ausdruck. Sie können von Lesern oder Hörern mit Rückzugs- oder Aggressionstendenzen gut nachempfunden werden. Auf diese Art und Weise können Vertreter beider Tendenzen diesen mythischen Bildern zustimmen. Die zwei letzten Teile enthalten zwei urchristliche Überarbeitungen dieser Mythenkomplexe. Apk 12,10–12 ist ein Hymnus, der das Siegesmotiv des Michaelmythos (vgl. v.11 1m¸jgsam mit v.9 oqj Uswusem) weiterentwickelt. Vor allem das Symbol des „Lammes“ ist ein Beleg für die urchristliche Überarbeitung. Die Aggressivität der Christen wird durch die Atmosphäre des Hymnus korrigiert. Das Blut des Lammes und das Wort ihres Zeugnisses (d. h. des Zeugnisses der „Brüder“) enthalten zwar auch Aggressionssymbolik. Aber die Bereitschaft zu einer kriegerischen Auseinandersetzung wird in Frage gestellt: Die in Vers 9 hervorgehobene Verführung der ganzen Welt durch den Drachen (pkam_m tµm oQjoul´mgm fkgm) zeigt die Aussichtslosigkeit eines solchen Krieges. Auch wird in Frage gestellt, ob der (himmlische) Krieg Frieden bringen kann. Das Gegenteil ist der Fall: Der Sieg im Himmel erhöht die Konflikte auf Erden. Die urchristlichen Brüder führen keinen Krieg wie Michael in Apk 12,10–12 oder wie der Drache (vgl. v.17). Eine andere Rückzugssymbolik enthält Apk 12,13–17. Dieser Text ergänzt und christianisiert ebenfalls einen traditionellen Mythos von der Frau (vv.4b–6). Die urchristliche Textergänzung zeigt sich im Wort „Jesus“ (v.17).121 Die evasive Symbolik besteht darin, dass die Frau in die Wüste fliegt (v.14: p´tgtai eQr tµm 5qglom), wo sie fern vom Angesicht der Schlange ist (v.14: !p¹ pqos¾pou toO eveyr). Aber die Verfolgung der Frau (1d¸ynem tµm cuma?ja), die in Vers 13 hervorgehoben wird, ist wie ein Einwand, der den Erfolg des Rückzugs bezweifelt: Der Drache lässt sich so von seiner Aggression nicht
kein Text gefunden worden, der eine eindeutige traditionsgeschichtliche oder religionsgeschichtliche Vorstufe zur Gesamthandlung von Apk 12 darstellt“. 119 Zahlreiche Bibelstellen, die eine gewisse aber keine völlige Ähnlichkeit mit den Mythen am Anfang der Apk 12 haben, werden in der Forschungsgeschichte zitiert, z. B. (für die Geburtsschmerzen-Metapher) Mi 4,10; 5,1; Jes 7,14; 54,1; 66,7–9; JerMT 30,6; 49,24; JerLXX 4,31; 22,23; (für die gefallenen Sterne-Metapher) Jes 34,4; Joel 2,10; 3,4; Dan 8,10. Vçlter, Problem, 480, sieht vor allem eine Beziehung zum sogenannten „Protevangelium“ (Gen 3,14–16). 120 vgl. de Wette, 121. 121 Nach Gunkel, Schöpfung, 397, ist Apk 12,17 einer der „beiden einzigen christlichen Stücke in Capitel 12“.
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
abhalten. Der Text verrät, dass „die übrigen ihrer Nachkommenschaft“ (v.17) nicht in der Wüste leben, der Drohung des Drachens zum Trotz.
(3) Aggression und Rückzug in zwei Paaren von ggYde-Aussagen (13,10 // 13,18 und 14,12 // 17,9) Die in Apk 12 angesichts Rückzugs- und Aggressionssymbolik angedeutete Dialektik wird in Apk 13,1–22,5 weiter entwickelt. Apk 13,1–22,5 kann in vier Textabschnitte gegliedert werden: (1) 13,1–10; (2) 13,11–18; (3) 14,1–16,21; und (4) 17,1–22,5. Die ¨de-Sätze in Apk 13,10b.18a; 14,12a und 17,9a sind Strukturmarker für die jeweiligen Textabschnitte. Jeder Strukturmarker enthält in Kurzform eine Forderung, wie die Christen angemessen auf die römische Herrschaft reagieren sollen. Die Struktur des Textes lässt sich in folgender Tabelle veranschaulichen: Tabelle 21. Die ¨de-Sätze als Strukturmarker Struktur
Überlebensstrategien
A
Aggression Geduld und Treue (13,10b)
R
Herrschaftsstrategien
Struktur
Lamm (13,8)
Repressiv Kampf (13,1–9)
X
Rückzug Weisheit (13,18a)
Lamm (13,11)
Attraktiv Anbetung des Bildes (13,11–17)
Y
A’
Aggression Geduld (14,12a)
Lamm (14,10)
Attraktiv Anbetung des Bildes (14,6–11)
Y’
R’
Rückzug Weisheit (17,9a)
Lamm (17,14)
Repressiv Kampf (17,7–8. 9b–14)
X’
Die zusammenfassenden Strukturmarker schaffen eine ARA’R’-Struktur. Jeder Strukturmarker wird durch ¨de122 signalisiert. Apk 13,10b (rpolom¶) läuft parallel zu 14,12a (rpolom¶), 13,18a (sov¸a) parallel zu 17,9a (sov¸am). Apk 13,1–9 ist der unmittelbare Kontext von 13,10. Die repressiven Herrschaftsstrategien, die das Tier aus dem Meer einsetzt, sind in dieser Szene dominant. Wir hören von einem fehlgeschlagenen Widerstand der Heiligen in diesem Krieg. In diesem Kontext formuliert die Devise „Hier ist Geduld und 122 Zusätzlich gibt es noch zweimal ¨de in Apk 4,1 (!m²ba ¨de) und 11,2 (!m²bate ¨de). An beiden Stellen handelt es sich um Ortsadverbien. Sie fungieren nicht als Strukturmarker.
Situation- und Reaktionen: Sozialgeschichtliche Analyse
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Treue der Heiligen“ (10b) eine Antithese zu diesem direkten Widerstand. Als Attitüde nach dem verlorenen Krieg ist die in v.10a sichtbare resignative Einstellung zu postulieren: „Wenn jemand ins Gefängnis soll, dann wird er ins Gefängnis kommen; wenn jemand mit dem Schwert getötet werden soll, dann wird er mit dem Schwert getötet werden.“ Das Tier vom Land (Apk 13,11–17) hat in erster Linie Verführungspotenz. Viele fühlen sich zu seinen Wundern (13,14) hingezogen. Die Aufforderung zur Weisheit in 13,18b setzt voraus, dass sich nicht alle ersten Christen dieser Verführungsmacht widersetzt haben, sonst wäre der Befehl (durch den Imperativ xgvis²ty) zur Berechnung der rätselhaften Zahl sinnlos. Daher ist 13,18a eine Antithese zur Rückzugstendenz. Man soll die Gefährlichkeit des Tieres erkennen. Die Mahnung zur Geduld in Apk 14,12a steht in unmittelbarem Kontext mit den vorhergehenden Verkündigungen der drei Engel. Hier erinnern die Botschaften an die Verführung durch das Tier vom Land (14,9.11) und durch Babylon (14,8). Es gab Menschen, die sich darauf einließen (14,9.11). Vermutlich irritierten sowohl die Verführer wie die Verführten. Der Zorn Gottes (v.10: toO huloO toO heoO) wird ein Echo der Aggressivität der ersten Christen gegen sie sein. Aber dennoch sollen die ersten Christen Geduld (14,12a) aufbringen und nicht ihrem Zorn folgen. Mit anderen Worten, 14,12a stimmt nicht mit der aggressiven Tendenz überein. Obwohl Kapitel 17 hauptsächlich die große Hure beschreibt, wird der „Weisheits“-Satz (17,9a) durch Beschreibungen des „Tieres“ gerahmt (17,6–8 und 17,9–14). Hier ist seine Kriegsführung im Blick (17,6.12–14). Eine große Menge der Erdenbewohner wundern sich (v.8 haulash¶somtai) über dessen repressive Macht. Innerhalb der Gemeinden gab es wahrscheinlich eine Tendenz, der Herrschaft die Treue zu schwören (vgl. v.13) anstatt Gott (vgl. v.6: di± t¸ 1ha¼lasar. „Warum wunderst du dich?“). Damit ist die Mahnung zur Weisheit Apk 17,9a eine Gegenrede zur Rückzugstendenz. Daraus ergibt sich ein planvoller Aufbau der Texte mit Hilfe der vier Strukturmarker, der Mahnungen zu Weisheit und Geduld: Sie bilden eine chiastische (X–Y–Y’–X’) Struktur. Auf diese Art und Weise konnte der Autor der Apk die Rückzugstendenz bei äußerer Anpassung sowohl mit der attraktiven Seite des Imperium Romanum als auch mit dessen repressiver Seite verbinden. Darüber hinaus aber konnte er zeigen, dass die Aggressionstendenz ebenfalls auf beide Seiten der Herrschaftsstrategien reagiert.
3.2.2.3 Komparative Rückschlüsse auf Rückzugs- und Aggressionskrisen: Vergleich mit anderen Gruppen In diesem Schritt sind die nachgewiesenen oppositionellen Reaktionsformen bei geschichtlich benachbarten Gruppen zu vergleichen. In Frage kommt
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Sozialgeschichtliche Analyse: Die !qm¸om-Metapher und die Situation
zunächst ein Vergleich mit den Juden in Palästina und ihrer Rebellion.123 Hier ist wahrscheinlich zu machen, dass die Apk von solchen Gruppen beeinflusst sein konnte.124 Das wäre dann der Fall, wenn man plausibel machen kann, dass Emigranten aus Palästina zu den Gemeinden der Apk gehören und er selbst ein dem jüdischen Krieg entronnener urchristlicher Prophet war.125 Die Texte, die eine besondere Nähe zum Krieg zeigen, sind vor allem Apk 11,1–14.126 Ein zweiter Vergleich ist mit christlichen und jüdischen Gruppen in Kleinasien zu machen, die angesichts der Tragödie in Palästina umso mehr mit dem Imperium Romanum Frieden suchten. So stehen hinter der als „Synagoge des Satans“ angegriffenen jüdischen Gemeinde wahrscheinlich Juden, die sich mit dem Kaiser (dem Satan) arrangierten. Christliche Gruppen127 innerhalb der Gemeinde sind die Nikolaiten128 und die Anhänger der Isebel.129 Bei ihnen 123 Zur Zeit des 1. Jüdischen Krieg gab es auch den Bataveraufstand (69 n. Chr.) in Niedergermanien. Obwohl der Apokalyptiker den Aufstand vielleicht nicht erkannt, beweist er, dass militärische Aufstände als Reaktion gegen die römische Herrschaft damals möglich waren. 124 C. Riedo-Emmenegger, Pax Romana, 265, betont die Nähe der Zeichenpropheten zum bewaffneten Widerstand: „Allgemein kann festgestellt werden, dass Josephus die Zeichenpropheten im Bellum „militarisiert“, um sie in die Nähe des bewaffneten Widerstandes zu bringen und so seiner Grundtendenz, den Ausbruch des Krieges und den Untergang Jerusalems einzelnen Individuen oder Gruppen (beide Seiten) anzulasten, dienstbar zu machen“. Die Zeichenpropheten haben zumindest Aggressivität gegen die Fremdherrschaft provoziert. Unwahrscheinlich ist, dass solche prophetisch-messianischen Bewegungen und deren Anhänger sofort nach dem 1. Jüdischen Krieg verschwanden. 125 Auch nach dem jüdischen Krieg (66–73 n. Chr.) besteht die Tendenz zum Aufstand weiter sowohl in der Diaspora, wie der Aufstand in Ägypten, Zypern, der Kyrenaika und Mesopotamien unter Trajan in 115–117n.Chr. zeigt (vgl. Appian. Bell. Civil. 2,90), als auch in Palästina, wie der Bar-Kokhba-Aufstand 132–5 n. Chr. beweist (Vgl. Appian. Rom. Hist. 11,50). Vgl. Goodman, „Trajan and the Origins of the Bar Kokhba War,“ in: Schäfer (Hg.), The Bar Kokhba War Reconsidered: New Perspectives on the Second Jewish Revolt against Rome, TSAJ 100, Tübingen: Mohr Siebeck, 2003, 27. 126 Wellhausen, Analyse der Offenbarung Johannis. Berlin: Weidmann, 1907, 15. 21, behauptet, Apk 11,1–2 sei ein zelotisches Fragment. Vgl. Lichtenberger, „Der Mythos von der Unzerstörbarkeit des Tempels,“ in: Hahn (Hg.), Zerstörungen des Jerusalemer Tempels, WUNT 147, Tübingen: Mohr Siebeck, 2002, 104–6. 127 Für die nachpaulinische Zeit finden wir auch außerhalb der Apk. Beispiele für einen Rückzug der Christen in Kleinasien: „Hymenäus“, „Alexander“ und ihre Mitchristen (1Tim 1,19–20), die Christen als Anhänger des Satans (1Tim 5,15), die als „Geldgierige“ bezeichneten Christen (1Tim 6,10), „Phygelus“, „Hermogenes“ und die Kleinasiaten (2Tim 1,15). Andere sich anpassende Christen derselben Zeit werden in 2Tim 4,10 u. Hebr 6 bezeugt. 128 Es gibt zwei vorherrschende Erklärungen für „Nikolaiten“. Einige halten sie für Gnostiker oder gnostisierende Christen: Fiorenza, „Apocalypse and Gnosis in the Book of Revelation and Paul.“ JBL 92 (1973): 565–81; Strobel, TRE III, 187; Roloff, 49; Schnackenburg, „Ephesus. Entwicklung einer Gemeinde von Paulus zu Johannes,“ BZ 35 (1991), 50–1; Klauck, „Das Sendschreiben nach Pergamon und der Kaiserkult,“ Bib. 73 (1992): 169; Kçster, Einführung in das Neue Testament. Im Rahmen der Religionsgeschichte und Kulturgeschichte der hellenistischen und römischen Zeit, Berlin: de Gruyter, 1980, 689, denkt an gnostisierende Judenchristen. Aune I, 148–9, diskutiert das Problem der „Nikolaiten“ auf zwei Seiten ohne klares Ergebnis, aber auch er versteht die Wendung von den „Tiefen des Satans“ als eine gnostische Formel (Aune I, 207–8).
Ergebnis: Entsprechung von Situation und !qm_om-Metaphorik
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können wir Rückzugstendenzen bei gleichzeitiger Anpassung voraussetzen. Die äußere Anpassung ergibt sich aus der Unbefangenheit gegenüber Speisegeboten und Kontakten mit dem heidnischen Kult. Die Haltung dieser Gruppen war wahrscheinlich der Haltung der Starken in Korinth vergleichbar.
3.3 Ergebnis: Entsprechung von Situation und !qm_om-Metaphorik Unsere Untersuchung zur Situation hat eine Entsprechung zwischen Situation und der !qm¸om-Metaphorik herausgestellt: auf der einen Seite finden wir eine Dialektik der Reaktionsformen in der Realität, auf der anderen Seite eine Dialektik der Rollen in den Texten. Die Rollenanalyse hat die !qm¸om-Metaphorik als Dialektik von „Märtyrer-“ und „Kriegerrolle“ diagnostiziert. Die Analyse der Reaktionsformen auf die Herrschaftsstrategien des Imperium Romanum hat die Dialektik von Aggression und Rückzug und als Ansatz zur Auseinandersetzung damit die Dialektik der Mahnung zum „Ausharren“ und zur „Weisheit“ herausgearbeitet. Die soziorhetorische Analyse der !qm¸omMetaphorik wird diesen Zusammenhang vertiefen.
Andere meinen, dass Gnostizismus mit Bezug auf die Apk ein Anachronismus sei. Z.B. Scrobie, „Local References in the Letters to the Seven Churches,“ NTS 39 (1993): 617; Giesen, „Das Buch mit den sieben Siegeln. Heil für Aussenseiter: Zum Zweck der Johannesoffenbarung,“ in: 1900th Anniversary of St. John’s Apocalypse, Proceedings of the International and Interdisciplinary Symposium (Athens-Patmos, 17–26 September 1995), Athens, 1999, 592–7; TrocmQ, „La Jzabel de Thyatire (Apoc. 2/20–24),“ RHPR 79 (1999): 51–651–6; Prigent, 152–4; Heiligenthal, „Wer waren die Nikolaiten? Ein Beitrag zur Theologiegeschichte des Frühchristentums,“ ZNW 82 (1991): 137 denkt, dass die Nikolaiten durch den hellenistischen Rationalismus beeinflusst waren. Wieder andere vergleichen die Nikolaiten mit den „Starken“ in 1 Kor 8. Dieser Vergleich bedeutet freilich keine Identifizierung der beiden Gruppen. Vgl. MNller, 98–9. Einige Wissenschaftler halten die Nikolaitenbewegung für eine Tendenz unter den Christen, die sich für den damaligen heidnischen Synkretismus geöffnet hatten. Z.B. A. Y. Collins, „Insiders and Outsiders in the Book of Revelation and its Social Context,“ in: Neusner und Frerichs (Hg.), ”To See Ourselves as Others See Us”: Christians, Jews, ”Others” in Late Antiquity, Chico, CA: Scholars Press, 1995, 215; und Thomas I, 148–50. 129 Ritt, 29: „… ähnlich wie die Nikolaiten (6.15) verführte Isebel die Christen zum Kompromiß mit den heidnischen Lebensgewohnheiten“; vgl. Giesen, 119; Harrington, 64; Allo, 32; Mounce, 103; Roloff, 57; Zimmermann, Christus und die Kirche, 191.
4 Soziorhetorische Analyse: Die Intention der !qm¸om-Metapher in der Johannesapokalypse 4.1 Dritte Teilthese und Fragestellung Die soziorhetorische Analyse bezieht die !qm¸om-Metapher auf die Situation der Apk und fragt danach, wie sie auf diese Situation einwirken will. Unsere These ist: Der Apokalyptiker war weder ein sozialkritischer Verkünder eines eschatologischen Zeitplans für eine Randgruppe noch ein jüdischer Rebell, der von einer Machtrevolution gegen Rom träumte, sondern ein Kirchenpolitiker, der durch seine Prophetie mit Hilfe der !qm¸om-Metapher seine Gemeinden zu einer Wertrevolution durch Mission motivieren wollte. Um das herauszuarbeiten, stellen wir fünf Fragen: 1) Welche Intention hatte die !qm¸om-Metapher in der damaligen Situation? Zielt sie auf sozial-integrative Veränderung oder Desintegration, Stimulation oder Bearbeitung von Aggression? Wie können diese Spannungen erklärt werden? 2) Wie setzt sich die !qm¸om-Metapher mit evasiven Rückzugstendenzen als dem einfachsten Weg zur sozialen Konfliktlösung auseinander? Welches Licht wirft sie auf Bemühungen um Konfliktvermeidung in den kleinasiatischen Städten und im Imperium Romanum? 3) Wie setzt sich die !qm¸om-Metapher mit dem jüdischen Nationalismus auseinander, der noch immer von der Katastrophe des jüdischen Kriegs geprägt ist? Wie verhält sie sich zu einer Machtrevolution, wie sie in diesem Krieg angestrebt wurde? 4) Wie zeigt sich in der Gestalt und dem Aufbau der Apk ihr Ziel einer Wertrevolution? Welchen Stellenwert hat die !qm¸om-Metapher dabei? Genauer gefragt: Wie werden die Kirchengemeinden zu einer Wertrevolution durch die !qm¸om-Metapher aktiviert? 5) Welches Medium oder welche Medien benutzt der Verfasser der Apk, um mit seiner !qm¸om-Metapher die Kirchengemeinden zu erreichen und sie in seinem Sinne wertrevolutionär zu beeinflussen? Meine dritte Teilthese ist eine Antwort auf diese Fragen nach der Intention der !qm¸om-Metapher. Das folgende Kapitel begründet diese Antwort durch eine dreiteilige soziorhetorische Analyse. Sie behandelt sozialgeschichtliche Aspekte der Situation und beantwortet damit die erste bis dritte Frage, sie untersucht die Kirchenpolitik der Apk als Antwort auf die vierte Frage und gibt
Eine soziorhetorische Analyse der Johannesapokalypse
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mit Hilfe von Ritualkritik und antiker Rhetorik eine Antwort auf die fünfte Frage.
4.2 Eine soziorhetorische Analyse der Johannesapokalypse Eine soziorhetorische Analyse untersucht, wie die !qm¸om-Metaphorik auf ihre soziale Entstehungssituation reagiert. Sie fragt nach Ideal, Entwurf und Propagandamedium. Das wertrevolutionäre Ideal (§4.2.1) erklärt, wie durch eine Kombination von Forderung von sozial-integrativer Gestaltung und Aggressionsbearbeitung eine Wertrevolution statt Machtrevolution möglich wird und wie die in Spannung zueinander stehenden !qm¸om-Rollen (als Märtyrer und Krieger) mit dieser Dynamik von „sozial-integrativer Veränderung und Aggression“ korrelieren. Der konkrete wertrevolutionäre Entwurf (§4.2.2) skizziert, wie die !qm¸omMetaphorik soziorhetorisch der Kirchenleitung dient, um eine Wertrevolution in Gang zu setzen. Die soziorhetorische Analyse versucht somit in zwei Analyseschritten den Zusammenhang zwischen der !qm¸om-Metapher und der urchristlichen Wertrevolution zu klären.
4.2.1 Die !qm_om-Metaphorik: „Sozial-integrative Veränderung und Aggression“ Aufgabe dieses Abschnittes ist eine plausible Erklärung der Korrelation zwischen Wertrevolution und !qm¸om-Eigenschaften in Bezug auf Integrationsforderung und Aggressionsbearbeitung.1 In Apk 1,5–6 kontrastiert die Apk die Könige der Erde und die Christen als ein Königreich von Priestern (Apk 1,5–6). In Apk 1,9 stellt sich der Autor seinen Lesern als euer Bruder und Teilhaber an der Bedrängnis (hk¸xei), am 1 Lampe, „Johannesapokalyptiker“, 94–113, hat auf die Spannung in der Apk zwischen einer „Ethik der rpolom¶ (Ausharren)“ und politisch-ökonomischem Protest hingewiesen (ebd., 112). Meine Arbeit ergänzt das in zwei Richtungen: (1) Das !qm¸om hat zwei Eigenschaften: Es motiviert als Märtyrer nicht nur zu geduldigem Ausharren und Gewaltverzicht, d. h. „Passivität“ (ebd., 109), sondern als Krieger auch zum Protest. (2) Das !qm¸om ist eine dialektische Metapher: Sie zielt nicht nur auf einen „Protest nach außen“ (ebd., 112), sondern auch auf eine Aggressionsbearbeitung „im Innern“. Sie provoziert nicht nur passives „Ausharren“ in einem „inneren Frieden“ (ebd., 112) und die Hoffnung auf „ein reales künftiges Friedensreich“ (ebd., 113), sondern eine „missionarische“ Wertrevolution. Lampes „präsentische Eschatologie“ (siehe: ebd., 98–104) und die „drei Zeitmodi des christologisch-eschatologischen Indikativs“ (ebd., 109) sind für diese Arbeit sehr wichtig.
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Soziorhetorische Analyse: Die Intention der !qm¸om-Metapher
Königreich (basike¸ô) und der Standhaftigkeit (rpolom0) in Jesus vor; rpolom¶ schließt dabei auch „Ertragen“ und „Tolerieren“ ein. Apk 1,9 setzt somit für die Gegenwart zwei koexistierende Königreiche voraus: das Reich Jesu und das des Tieres (vgl. 16,10). Einerseits verursachte das Martyrium Jesu (1,5b) in der „Vergangenheit“ das Einbrechen des zweiten Königreichs, das in der Gegenwart mit dem irdischen Königreich koexistiert, andererseits wird die Wiederkunft Christi (1,1–8 und 22,6–21) in der „Zukunft“ die Koexistenz der beiden Königreiche beenden, so dass nur das Reich Christi (11,15) übrig bleiben wird. Anders gesagt: Die Passion Jesu, die Koexistenz von zwei Königreichen und die Vollendung des Königreiches Christi folgen nacheinander und bauen aufeinander auf. Geduld und „Ertragen“ sollen nicht endlos dauern. Mit der begonnenen Koexistenz fing eine „revolutionäre“ Veränderung dieser Welt an, die sich bis zur Wiederkunft Christi vollenden wird. Deshalb bezeugen Geduld und „Ertragen“ eine durch das !qm¸om begründete Spannung von „Schon-und-noch-nicht“2 bis zur Vollendung der Vision einer Mitherrschaft mit dem !qm¸om (vgl. 5,10 und 22,1.3.5). Wie aber kommt die in Apk 1,9 thematisierte Geduld und das „Ertragen“ (rpolom¶) in der ganzen übrigen Apk zum Zuge? Obwohl die jüdische Apokalyptik übernatürliche Faktoren der Änderung betont, sind Geduld und „Ertragen“ in der Apk Schlüsselwörter für das Zusammenleben im Imperium Romanum. Es geht dabei um die menschliche Verantwortung für die Vollendung der mit dem !qm¸om gegebenen Vision des Weltfriedens, die in Apk 5,9–14; 7; 14,1–5 und 21–22 dargestellt wird. Zwischen Revolution und Anpassung schlägt die Apk einen dritten Weg des Zusammenlebens ein. Drei Merkmale hat dieser Weg der Geduld und des „Ertragens“: 1) Geduld und Ertragen sind in der von Naherwartung geprägten Zeit möglich; die Naherwartung bildet den literarischen Rahmen der Apk, wie die Inclusio (1,1–8 und 22,6–21) zeigt; 2) Geduld und Ertragen sind im Stadtleben (1,9 vgl. 2,2.3.19; 3,10) und im ganzen römischen Reich möglich (11,15 vgl. 13,10; 14,12); 3) Geduld und Ertragen werden vorbildlich durch das !qm¸om als MärtyrerKrieger dargestellt (5,6 vgl. 14,4). Dieses Bild fordert sozial-integrative Veränderung und bearbeitet zwischenmenschliche Aggression. Es gibt eine Spannung zwischen der in der Apk 1,9 thematisierten Geduld und „Toleranz“ und der Naherwartung (in Apk 1,1–8 und 22,6–21). Einerseits ist die Naherwartung eine Antithese gegen die gegenwärtige Weltordnung und verstärkt die Rebellion gegen sie durch die Überzeugung, dass die Welt in ihrer 2 Beckwith, 433, betont, das Reich in der Apk sei ein kommendes messianisches Reich. Dagegen behauptet Giesen, 84: „Weil die Christen das Volk sind, in dem Gott schon jetzt seine Herrschaft eschatologisch ausübt, können sie in der gegenwärtigen bedrängenden Situation standhaft sein.“ Die Apk fasst beide Seiten ins Auge.
Eine soziorhetorische Analyse der Johannesapokalypse
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jetzigen Form bald verschwinden muss. Andererseits ermöglicht dieselbe Naherwartung eine Tolerierung der gegenwärtigen Welt durch den Gedanken, man könne die Welt in ihrer gegenwärtigen Form ertragen, weil sie ohnehin bald verschwindet. Die Erläuterung der in Apk 1,9 als Thema vorgegebenen Geduld und „Toleranz“ vollzieht sich in zwei großen Textabschnitten, in Apk 1,10–11,14a und 12,1–22,5, die beide mit einem Hinweis auf das „Königreich“ Christi eingeführt werden (vgl. basike¸a in 1,9 und basike¸a in 11,15). Der erste Textabschnitt stellt die Gegenwart dar, in der eine existenzielle Toleranz von zwei koexistierenden Königreichen gefordert ist (1,9), der zweite formuliert eine Enderwartung für das Reich der Welt und die Vollendung des Reiches Christi (11,15). In beiden Textabschnitten liegt auf dem Wort Geduld und „Toleranz“ (rpolom¶) ein besonderer Akzent: im ersten Teil findet es sich in den Gemeindebriefen an die kleinasiatischen Städte (2,2.3.19; 3,10); im zweiten Teil erscheint es in zwei der vier ¨d´-Sätze (13,10 und 14,12). Durch eine Analyse des Lebens in der Stadt (§4.2.1.1) und des Lebens in der Welt (§4.2.1.2) können wir Schwerpunkte bezüglich „Sozial-integrativer Veränderung und Aggression“ unterscheiden: Apk 1,10–11,14a enthält eine wertrevolutionäre Integrationsforderung, aber nur eine sehr allgemeine Aggressionsbearbeitung: Aus den Städten sollen sich die Christen nicht zurückziehen. Dagegen geht es in 12,1–22,5 um eine vielschichtige Aggressionsbearbeitung mit einer sehr allgemeinen Integrationsforderung: Der Konflikt zur Gesellschaft als ganzer bleibt. Last not least wird das Ideal von Geduld und „Toleranz“ (1,9) vor allem in Apk 5,6 durch das !qm¸om bildlich (und vorbildlich) dargestellt. Obwohl die Worte Geduld und „Toleranz“ in Apk 5 nicht wörtlich begegnen, enthält Apk 5,6 eine einprägsame bildliche Darstellung von „Sozial-integrativer Veränderung und Aggression“. Das !qm¸om hat pardoxerweise sieben kriegerische Hörner3, wird aber dennoch geschlachtet. Die aktive Aggressivität des Lammes wird durch sieben Hörner und die passiv erlittene wird durch seine Schlachtung symbolisiert. Das weist auf Aggressionsbearbeitung durch dieses Symbol. Außerdem werden sieben Augen4 des Lammes in alle Lande gesandt, so dass das !qm¸om zu einem Augenzeugen des Blutvergießens in der Welt wird. Das Lamm wird also auch mit „Weisheit“ verbunden, die das Geschehen in der 3 Nach Dtn 33,17; Ps 89,18.25; 132,17 sind die Hörner das Symbol der Kraft. Ritt, 41, betont sie als „Züge der herrscherlichen Gewalt (6,16; 17,14; vgl. äthHen 89,49) des ,Lammes‘, wo die Übersetzung als ,Widder‘ (im Bild: mit den kriegerischen Hörnern) denkbar ist.“ 4 Seit H. Gunkel kommt es zu folgender Gleichsetzung: „Sieben Augen = sieben (Lampen) = sieben Sterne / Planeten“. Aber nirgendwo werden in der Apk die „sieben Augen“ mit den sieben Lampen in einer eindeutigen Formulierung wie in Sach 4,1–14 gleichgesetzt; zweitens liegt es nicht „in der Natur der Sache“, dass Sterne Lampen sind; dass sie „die Lampen des Himmels“ sind, ergibt sich vielmehr aus Gen 1,16. Nach der Apk sind zudem die Sterne Engel, die Lampen entsprechen eher der Kirche. Drittens ist Gunkels These „sieben Augen = sieben Planeten“ nicht genügend belegt (gg. Gunkel, Schöpfung, 125).
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Soziorhetorische Analyse: Die Intention der !qm¸om-Metapher
Welt wahrnimmt und beurteilt. Die Hörner und Augen des !qm¸om sind durch die Siebenzahl eng aufeinander bezogen: Aktive und passive Aggression sollen in irgendeiner Weise mit Weisheit koexistieren. Es liegt nahe, dass das !qm¸om durch sein Aussehen nicht nur ein christologisches Bild sein soll, sondern ein seelsorgerliches Vorbild für seine Nachfolger (14,4): Die !qm¸om-Metaphorik soll Aggressivität und die Solidarität des zwischenmenschlichen Zusammenlebens darstellen und gestalten. 4.2.1.1 Aggressionsbearbeitung im Mythos (Apk 11,14b–22,5) Im Unterschied zum ersten Teil der Apk (1,9–11,14a) tritt beim zweiten Teil die relativ konkrete Bearbeitung von Aggression5 hervor, während die Integrationsforderung allgemein bleibt. Wichtig ist es, dabei zu sehen, in welchen Dimensionen die Aggression begegnet: Wenn sie in der sozialmythischen Phantasie ausagiert wird, kann das ja ein Beitrag dazu sein, sie im realen Leben einzuschränken. Die Untersuchung beschäftigt sich vor allem mit der mythischen Symbolisierung von Aggression bei folgenden mythischen Gestalten, die zusammen einen Symbolkomplex bilden: 1) 2) 3) 4) 5)
Der Drache und das !qm¸om; Das Tier aus dem Meer und das !qm¸om; Das Tier vom Land und das !qm¸om; Babylon und das !qm¸om; Der ganze Symbolkomplex und das !qm¸om.
Bei den Teilen (1)–(4) liegt das Gewicht auf der rollenorientierten Analyse, während bei (5) das Gewicht auf der Analyse der Textstruktur liegt. Bei der Analyse der Aggressionsbearbeitung (und der Integrationsforderung) sollten zwei Arten der Interaktion zwischen dem Symbolkomplex „Tier“ und dem !qm¸om unterschieden werden: Zusammenspiel und Kontrastierung. Zusammenspiel bedeut, dass das !qm¸om und der Symbolikkomplex „Tier“ im selben Kontext in Wechselwirkung stehen. Bei einem Kontrast fehlt diese Wechselwirkung. Der Drache und das !qm¸om Eine Interaktion zwischen dem Drachen und dem !qm¸om findet sich in Apk 12 in Form des Zusammenspiels, in Apk 20 und 21–22 in Form eines Kontrasts. 5 Diese Arbeit übernimmt die Definition Theißens für „Aggression“ bzw. „Aggressivität“, vereinfacht sie aber: „Unter Aggression ist jedes Verhalten zu verstehen, das andere Menschen schädigt, sei es durch physische Gewalt oder durch psychische Verletzungen . . . Aggression meint das ganze Verhalten, Aggressivität speziell die aggressive Motivation und Emotion“ (Theissen, „Aggression und Aggressionsbearbeitung im Neuen Testament. Ein Beitrag zur historischen Psychologie des Urchristentums,“ ZNT 17 (2006): 32).
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Der Drache symbolisiert im teuflischen Triumvirat den Imperialismus des Römischen Reiches als hgq¸om. In sozialmythischer Form weist Apk 12 dabei sowohl auf Rückzugs- als auch auf Aggressionstendenzen der ersten Christen gegenüber der römischen Macht. Rückzugstendenzen werden in der Frauensymbolik (Apk 12,1–6), insbesondere in der Flucht der Frau in v.6 zum Ausdruck gebracht, Aggressionstendenzen dagegen in der Michaelsymbolik (Apk 12,7–9), insbesondere in seinem erfolgreichen Kampf gegen den Drachen.6 Die Überlebensalternative des Rückzugs und der Aggression des !qm¸om wird in der Komposition der Apk als inclusio im großen Textabschnitt des Symbolkomplexes (11,14b–22,5) dargestellt. Der Teufel ist in Gestalt des hgq¸om (d. h. als Gegenbild zum !qm¸om) die erste und die letzte Komponente in diesem Symbolkomplex. Er wird in Apk 12,7–9 aus dem Himmel entfernt und endet in Apk 20,7–10 im Höllenfeuer. Das römische Reich wird so zuerst dämonisiert, dann am Ende entdämonisiert. Ohne Teufel als bestimmender Macht wäre das „Reich“ des Tieres (16,10) in der Zeit der gegenwärtigen Koexistenz der zwei Königreiche nicht zu ertragen (vgl. 1,9). Die Dämonisierung und Entdämonisierung der römischen Macht ermöglicht eine Antwort auf die Theodizeefrage. Einerseits kann das Symbol des !qm¸om helfen, dass die Christen ihre durch das Theodizeeproblem ausgelösten Affekte besser kontrollieren. Wenn die „Revolution“ zu einer Ablösung des „Reiches“ des Tieres durch das Reich Christi führt (vgl. 11,15), kann das !qm¸om die Christen eher zu einem gewaltfreien wertrevolutionären Weg als zu einem aussichtslosen gewalttätigen machtrevolutionären Weg motivieren (Apk 12). In ihren Hoffnungsbildern ist die Endzeit ja schon entdämonisiert und der Teufel überwunden (Apk 20 und 21–22). Andererseits konnte das !qm¸om bei den ersten Christen auch eine innere Aggressivität stimulieren und legitimieren. Die Ideologisierung des Imperium Romanum durch den Teufel erlaubt es, an ihm scharfe Kritik zu üben, da Gott diesem Reich entgegengesetzt ist. Apk 12 bringt im Symbol des „!qm¸om-Jesus“ (in 12,11 und 12,17) eine Alternative zu Rückzug oder Aggression in einer sozialmythischen Dimension zum Ausdruck. Der Hymnus von Apk 12,10–12 ist die urchristliche Überarbeitung einer jüdischen Symbolik voll Aggression: Im Himmel findet eine mythische Revolution statt (Apk 12,7–9; vgl. „Michael“ in Dan 12,1). Die Apk bejaht mindestens drei Aspekte dieser Revolution: das Blutvergießen (v.11: aXla), die Bereitschaft zur Hingabe des Lebens (v.11: oqj Ac²pgsam tµm xuwµm aqt_m %wqi ham²tou) und die Sehnsucht nach Besiegung des Feinds (v.11: 1m¸jgsam aqtºm bzw. den „Teufel“). Die Apk distanziert sich aber auch von dieser Revolution: Krieg erzeugt Krieg und Verführung, der himmlische Krieg kann weder teuflische Kriege auf Erden (vgl. 12,7 mit 12,17) noch Verführung der Menschen (12,9) vermeiden. 6 Als Feldherr der göttlichen Heere, z. B. äthHen 20,5; 1QM 9,15 f.; 17,33 ff.; Jud 9. Als der Engel Israels, z. B. Dan 10,13; äthHen. 9f.; TestNaph. 8f.. Vgl. Roloff, 129.
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Der Hymnus will seine Leser dazu motivieren, als Zeugen ohne Gewaltanwendung „Sieger“ zu werden. Denn im Hymnus ist der gefeierte Sieg (12,11: 1m¸jgsam) ein Sieg ohne Kriegsführung (12,7: pºkelor und pokel/sai). Die irdischen Sieger treten nicht als Krieger, sondern als Zeugen auf (vgl. 12,11: laqtuq¸ar). Statt des Wegs eines gewaltsamen Aufstands sucht die Apk jüdischen oder urchristlichen Gruppen, die aufgrund ihrer Situation zum Aufstand neigen könnten, den Weg des Zeugnisses als verheißungsvollere Option zu öffnen. Weiterhin bereitet die Apk den Boden für ein urchristliches Martyrium im Kampf gegen den Teufel. Er verbindet den im Urchristentum weit verbreiteten Begriff des „Zeugnisses“ mit seiner „Revolutionsmoral“. Obwohl es schon Fälle von Martyrium gab, bedeutet der Begriff laqtuq¸a noch nicht wie in Apk 17,6 ein Zeugnis „bis zum Tod“ (%wqi ham²tou)7. Erst durch die Apk entwickelte sich das Wortfeld laqtuq¸a (12,11) zum „Zeugnis“ als „Martyrium“. Auf diese Weise bezeugt Apk 12,11 eine Verwandlung von Aggression in ein gewaltloses Zeugnis. Die !qm¸om-Symbolik bearbeitet Aggression auch durch einen Bedeutungswandel von „Stärke“ (Qsw¼y Qsw¼r). „Schwach“ bedeutet besiegbar, „Stärke“ dagegen Sieg. Bei der Niederlage des Drachen spricht der Verfasser von einem „oqj Uswusem“ (12,8). Der Hymnus (12,10–12) betont dagegen das Prinzip der Schwäche und der Schutzlosigkeit als alternativen Weg zum Sieg. Obwohl das !qm¸om geschlachtet (5,12: t¹ !qm¸om t¹ 1svacl´mom) und sein Blut (12,11: aXla; vgl. 5,9) vergossen wird, ehrt das ganze Universum die Stärke des !qm¸om (5,12: Qsw¼m). Das !qm¸om entlarvt damit das Prinzip der Stärke als Schwäche. Das entspricht seiner „paradoxen Verwundbarkeit“. Das !qm¸om und die sozial Schwachen waren nicht so „schwach“, wie meist gedacht wird. Worin ist aber die paradoxe „Stärke“ des verwundbaren !qm¸om begründet? Die siegreiche „Stärke“ des !qm¸om liegt in seinem „Blut“ (12,11: t¹ aXla toO !qm¸ou). Das „Blut“ des !qm¸om bedeutet in der Apk: 1) einen hohen „Kaufpreis“ (vgl. 5,9: Acºqasar) für „alle Stämme und Sprachen und Völker und Nationen“ (5,9). Dadurch wird ihre „Menschenwürde“ aufgewertet; 2) eine scharfe Anklage angesichts der Missachtung seines Lebensrechts (vgl. 5,9: 1sv²cgr) im irdischen Königreich; 3) ein lebendiges Zeugnis für ein Leben nach dem Tode (vgl. 5,6: 2stgj¹r ¢r 1svacl´mom); 4) eine einzigartige Einsicht in das geschichtliche Schicksal durch das versiegelte Buch (vgl. 5,9: %nior eW kabe?m t¹ bibk¸om ja· !mo?nai t±r svqac?dar; vgl. 5,3–5); 5) die Gründung einer neuen Weltordnung bzw. eines schon bestehenden und 7 Allerdings müssen die Christen zum Martyrium bereit sein. Vgl. Ritt, 67: „…ihre unerschütterliche Christustreue darf auch das Martyrium nicht scheuen (vgl. Mk 8,35 par und die QDublette: Mt 10,39/ Lk 17,33; Christen müssen zum Äußersten bereit sein; Joh 12,25).“
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noch nicht vollendeten Königreichs (vgl. 5,9–10: „(1po¸gsar) basike¸am . . . ja· basike¼sousim 1p· t/r c/r“); 6) Lebenskraft für bedrängte Menschen (vgl. 7,14: 1j t/r hk¸xeyr t/r lec²kgr); 7) eine vorbildliche Kraft (vgl. 12,11: 1m¸jgsam aqt¹m di± t¹ aXla toO !qm¸ou) des Märtyrers als Zeugen (vgl. 1,5: b l²qtur); und 8) eine Befreiung aus der Sündenwelt durch Liebe (1,5: T` !cap_mti Bl÷r ja· k¼samti Bl÷r 1j t_m "laqti_m). Die Liste ist unvollständig. Sie beschreibt die „Stärke“ des „wie verwundbar“ erscheinenden !qm¸om und ist nicht durch eine vermeintliche „Stärke“ eines Kriegs oder einer Machtrevolution ersetzbar. Damit motiviert der Hymnus die sozial „Ohnmächtigen“ (wie die jüdischen Aufständischen) nicht zu einer Machtrevolution, sondern zu einem „stärkeren“ Zeugnis (12,11: t¹m kºcom t/r laqtuq¸ar) in der Welt des „Teufels“. Genau das ist die Wertrevolution, die die Apk mit Hilfe der !qm¸om-Metaphorik in Gang setzen will. Sie ist Bearbeitung von Aggression, die an sich auch zu einer Machtrevolution tendieren könnte. Durch Verbindung mit einer Rückzugsmentalität kann sich die militärischaggressive Mentalität der noch vom jüdischen Krieg geprägten (Juden-) christen verändern. Die Aggressionssymbolik von Apk 12,7–12 ist nicht zufällig zwischen zwei Symbole des Rückzugs (12,4b–6 und 12,13–17) platziert. Auf diese Weise kann die Apk Rückzugsmentalität (vgl. 12,6: 5vucem eQr tµm 5qglom) aktivieren, um eine Machtrevolutionsmentalität zu korrigieren. Die Apk transformiert sie in einen alternativen „Krieg“ (12,11; vgl. 12,17). Die Brüder (12,10: !dekv_m) sind die Nachkommenschaft der fliehenden Frau (12,17: t_m koip_m toO sp´qlator aqt/r; vgl. 12,6.14). Die Rückzugsmentalität wird daher in der Apk nicht abgelehnt, sondern für die Bearbeitung von Aggression fruchtbar gemacht. Ansprechpartner für diese Aggressionsbearbeitung sind einerseits jüdische Rebellen, andererseits resignierte urchristliche Zeugen. Ihnen wird gesagt: Ein Rückzug ist möglich. Er kann statt einer Machtrevolution Gottes Wille sein oder seiner Vorsehung entsprechen (12,6: Btoilasl´mom !p¹ toO heoO; 12,14: eQr t¹m tºpom aqt/r fpou tq´vetai). Aber dieser Rückzug löst nicht die Probleme; mit ihm wird die teuflische Repression nicht beendet. Der Gegensatz zu „Flucht“ in die Wüste ist das aktive Zeugnis im Stadtleben. Dafür tritt die Apk ein – als Alternative zum Rückzug. In Apk 12,17 findet man daher keine Flucht wie in den Erzählungen der Rückzugssymbolik (12,6.14), sondern Menschen, die am Zeugnis für Jesus (vgl. 12,17: laqtuq¸am) auch unter den schwierigsten Umständen festhalten. Das Zeugnis für Jesus (12,17: YgsoO) begründet ihre Identität. Dieses Zeugnis soll sie nicht nur an ihre Pflicht zur Verkündigung erinnern, sondern auch an den historischen Jesus. Dieser zog seinen Auftrag nicht zurück. Stattdessen war er der treue und aktive Blutzeuge (1,5: YgsoO WqistoO b l²qtur b pistºr). Er blieb nicht in der Wüste wie die Frau (vgl. 12,6.14), sondern wurde in der Stadt gekreuzigt (11,8:
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1stauq¾hg). Seine zwei Märtyrer (11,3) kämpften (11,7: pºkelom) in einer großen Stadt (11,8: t/r pºkeyr t/r lec²kgr). So fordert auch Apk 12,17 auf, nicht in die „Wüste“ (d. h. den Ort des Rückzugs) zu fliehen, sondern die Gebote Gottes (t±r 1mtok±r toO heoO) in der Gesellschaft (am Ort der Integration) zu bezeugen und wie die Nachkommen der Frau das Zeugnis des historischen Jesus nachzuahmen. Durch Verbindung mit einer aggressiven Kriegsmentalität kann sich ihre evasive Rückzugsmentalität verändern. Denn sie können durch Flucht den Drachen gewiss nicht besiegen. Sie sind vielmehr dazu bestimmt, Kämpfer gegen den Drachen zu sein (12,17: poi/sai pºkelom let± t_m koip_m toO sp´qlator aqt/r). Der Kampf beginnt Apk 12,18 und dauert bis Apk 20. So wird die kriegerische Mentalität in der Apk nicht unbedingt negiert, sondern sie kann einen neuen Anstoß zur sozial-integrativen Veränderung der Gesellschaft statt zum Rückzug aus ihr geben. Die Apk negiert daher auch die beiden jüdischen Mythen (d. h. den „Frauen-“ und den „Michaelmythos“) nicht, sondern bejaht und überarbeitet sie. Der Verfasser will, dass man den in ihnen enthaltenen Bildern der Desintegration (12,4b–6) und des Aggressionsausbruchs (12,7–9) teilweise zustimmt. Er behandelt seine Anliegen vorsichtig und beschränkt sie auf die übernatürlichen Handlungen mythischer Figuren, auf die Frau (12,6), Michael und seine Engel (12,7). Gleichzeitig schlägt er durch christliche Überarbeitung dieser Mythen seine Alternative (die Integrierung und die Verwandlung von Aggression) in mythischer Form vor. Die alternativen Überlebensstrategien sind aber letztlich nicht für die von ihm dargestellten mythischen Figuren bestimmt, sondern für die Menschen (d. h. für die Brüder in 12,10–11 und für die Nachkommen der Frau in 12,17): Sie sind mit dem mythischen Feind, dem Drachen, konfrontiert (12,11.17). Beachtenswert ist, dass das Leben der Bewohner auf Erden nicht von der Mythenwelt getrennt wird, sondern dass das antike Alltagsleben von einer sozialmythischen Dimension umgeben ist. Sie leben in Erwartung einer übernatürlichen Intervention und engagieren sich im Alltag. In Apk 12 setzt der Verfasser sie einer Spannung zwischen der „Frau“ und ihren „Nachkommen“ (zwischen Desintegration und Integration) sowie zwischen „Michael“ und den „Brüdern“ (zwischen Aggressionsausbruch und Aggressionsbearbeitung) aus. Auf diese Art und Weise provoziert die Apk zwar Bilder von Isolierung und Gewalt, aber bewusst werden sie nicht in allen sozialen Dimensionen zugelassen, sondern sind auf die sozialmythische Ebene beschränkt, in der die ersten Christen in ihrer Phantasie einen übernatürlichen und gesellschaftlich akzeptablen Weg fanden, ihre Aggressivität zum Ausdruck zu bringen und zu überwinden.
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Das Tier aus dem Meer und das !qm¸om Das „Tier“ (das hgq¸om) ist das Gegenbild des !qm¸om. Beide treten direkt oder indirekt durch zwei Paare von ¨d´-Aussagen (13,10 // 13,18 und 14,12 // 17,9) und ihre unmittelbaren Kontexte in Interaktion. Diese ¨d´-Aussagen weisen, wie wir schon gezeigt haben, auf eine Auseinandersetzung der !qm¸om-Metapher mit dem fehlgeschlagenen jüdischen Aufstand bzw. mit Rückzugstendenzen im Urchristentum. Somit leistet die !qm¸om-Metaphorik eine Pionierarbeit für die dritte Reaktionsform, die darin besteht, das hgq¸om (d. h. das Imperium Romanum) durch eine Wertrevolution zu verändern, um das irdische Königreich (basike¸a) zu entdämonisieren und zu christianisieren. Zuerst untersuchen wir das erste Tier. Das Tier aus dem Meer und das !qm¸om der Christen stehen in Beziehung zueinander, sei es in Form eines Zusammenspiels wie in Apk 13,1–10 und 17, sei es in Apk 19,9–10 und 19,11–21 in Form eines Kontrasts. Das Tier aus dem Meer ist in der Apk das Symbol der Romanisierung. Es entspricht als zweite Gestalt des teuflischen Triumvirats der Zentralverwaltung des Imperium Romanum (d. h. der Kaiserinstitution). Die ersten Christen neigen wie andere Bewohner in Apk 13,1–10 dazu, darauf mit Aggression bzw. in Apk 17 mit einer Rückzugstendenz zu reagieren. Tatsächlich bilden Apk 13,1–10 und Apk 17 als Kontexte der ¨d´-Aussagen eine Inklusion. In beiden Texten begegnet das „Lebensbuch des !qm¸om“ (13,8 und 17,8). In Apk 13,1–10 ist „das Buch des Lebens des geschlachteten Lammes“ (13,8) zusammen mit dem ersten ¨d´-Satz (13,10) ein Schlüssel für die geforderte Aggressionskontrolle. Die in Apk 13,10 angesprochenen „Heiligen“ können als Märtyrer-Krieger betrachtet werden, die Aggression vermeiden wollen. Angesprochen sind Judenchristen, die die fehlgeschlagene Revolte ihres Volks gegen die römische Herrschaft verarbeiten müssen. Die Apk bejaht teilweise ihre „Revolte“, weil auch sie gegen den militärischen Imperialismus Roms kämpft. Ihre Kampfmoral lebt auch im Urchristentum weiter. Jedoch wird der militärische „Aufstand“ als fehlgeschlagenes Mittel der Revolution abgelehnt. Eine Synthese von aggressiver Kampfmoral und Aggressionsvermeidung wird in Apk 13,1–10 aufgebaut. In Apk 13,2.4 führt der Apokalyptiker den „Drachen“ als eine mit dem Tier verbundene Figur ein. Auf diese geheimnisvolle Gestalt wird die Aggression verlagert. Bei Daniel steht neben diesem „Tier“ (hgq¸om) keine zweite Gestalt, um seine Macht zu legitimieren: weder ein „Drache“ (dq²jym), noch die „alte Schlange“ (b evir b !qwa?or), noch der „Teufel“ (di²bokor) oder der Satan (satam÷r). Durch Einführung des Drachens wird das „Tier“ in der Apk noch mächtiger und bedrohlicher dargestellt. Selbst wenn die Revolte gegen das Tier Erfolg haben sollte, wäre der Zusammenbruch des durch das Tier symbolisierten Kaisertums nicht definitiv, weil der Drache bleiben würde
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(vgl. 19,20 mit 20,8–9). Die Apk versucht, die Aggression vom „Tier“ (seinem eigentlichen Referenten) auf den Drachen zu verlagern. Das erleichtert auf sozialpolitischer Ebene eine Koexistenz mit der noch bestehenden Kaiserinstitution. Apk 13,8–10 stellt dagegen eine Rücklenkung der Aggression dar: Anstelle einer Aggression gegen das Römische Reich begegnet hier dessen Aggression gegen Christen in Form von Gefängnis und Tod. Apk 13,8 lenkt in diesem Kontext die Aufmerksamkeit der Leser auf „das Lebensbuch des geschlachteten Lammes“ (Apk 13,8). Dieses Lebensbuch ist ein intertextueller Bezug auf das „Buch“ in Dan 12,1 (vgl. Dan 7,10; 9,2; 12,4). Ein Paradoxon von Leben und Tod (vgl. „fy/r“ und „1svacl´mou“) charakterisiert die durch dieses „Buch“ symbolisierte Überlebensalternative. Mit ihrer Hilfe versucht der Apokalyptiker die im Krieg stehenden Heiligen (13,7: poi/sai pºkelom let± t_m "c¸ym) zur Ausdauer zu bewegen (13,10): B rpolomµ ja· B p¸stir t_m "c¸ym).8 Das paradoxe Symbol des Lebensbuches eines geschlachteten Lammes verbindet die sich widersprechenden Tendenzen: Das Leben ist gerade dadurch zu finden, dass man sich wie das Lamm der tötenden Energie des Imperium Romanum aussetzt, also Aggression nicht ausagiert, sondern bereit ist, sie zu erleiden. Mit Hilfe von Aggressionsverlagerung (13,2.4) und Aggressionsrücklenkung (13,8–10) werden potenzielle jüdische bzw. urchristliche Aufstandskandidaten motiviert, mit dem !qm¸om zu entmilitarisierten „Kriegern“ zu werden. Das Tier vom Land und das !qm¸om Die Beziehung zwischen dem Tier vom Land und dem !qm¸om findet sich in zwei Formen: in Form des Zusammenspiels in Apk 13,11–18 bzw. 14,9–13 bzw. 15,1–8, in Form des Kontrasts in Apk 15 und 16, sowie in 19,9–10 und 19,11–21. Die beiden ersten Texte, Apk 13,11–18 und 14,1–20, grenzen unmittelbar aneinander und beeinflussen sich wechselseitig. Das Tier vom Land steht für die Regionalverwaltung des Imperium Romanum. Diese dritte charismatische Gestalt des teuflischen Triumvirats verantwortet in erster Linie die Verschleierung der Romanisierung und die Konsolidierung der Macht Roms in den eroberten Gebieten. Auf der Ebene der Regionalverwaltung reagierten einige Bewohner des Imperium (einschließlich der ersten Christen) mit Rückzugstendenzen in Apk 13,11–18, andere Christen mit einer Verinnerlichung von Aggression in Apk 14,9–13, wenn sie sich dem Zorn Gottes für den Fall ausgesetzt sehen, dass sie das Tier verehren. In Apk 13,11–18 fordert der zweite ¨d´-Satz (13,18) eine mit Weisheit 8 Auch Lampe deutet diese Aggressionsrücklenkung an: Der Christ nimmt „in diesem ungleichen Kampf nicht das Schwert in die Hand (vgl. 13,10), auch wenn die Gemeinden hart verfolgt werden“ (vgl. Lampe, „Johannesapokalyptiker“, 95).
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vollzogene Integration in die Gesellschaft, damit die Verführung durch das Tier vom Land, das „wie ein Lamm“ (13,11: floia !qm¸\) ist, vereitelt wird. Der Ausdruck „wie ein Lamm“ impliziert zwei Intentionen dieser Weisheit. Die eine zielt auf die Aufhebung des „Wie“, damit die Wirklichkeit des hgq¸om (des Tieres aus dem Meer und des Tieres vom Land) entlarvt wird. Die andere zielt auf Aufmerksamkeit für das „(wahre) Lamm“. Beide widerstehen der Anpassungstendenz der Christen. In Apk 13,18b geschieht die Aufhebung des „Wie“ durch die rätselhafte Zahl 666, während Apk 14,1–5 die Aufmerksamkeit auf das „wahre !qm¸om“ lenkt. Beides kann man als Ausdruck von „Weisheit“ betrachten. HYde B sov¸a 1st¸m (Apk 13,18a) könnte sich nicht nur auf Apk 13,18b beziehen, sondern auch auf 14,1–5. Es könnte sich nicht nur um die Weisheit der „Berechnung“ (13,18b: xgvis²ty), sondern auch um die Weisheit des „Nachfolgens“ handeln (14,4: !jokouhoOmter). Wer beides vereint, wird durch „Verstand“ (13,18b: moOr) bzw. als „untadelig“ (14,5: %lylo¸) charakterisiert. Zu dieser Weisheit werden die angepassten und verführten Christen gemahnt, damit sie die Herrschaftsweisheit des Tieres vom Land durch Irreführung (pkamø in 13,14) und Unterdrückung (vgl. !pojtamh_sim in 13,15 und l¶ tir d¼mgtai !coq²sai C pyk/sai in 13,17) durchschauen. Es stehen einander gegenüber das Herrschaftsangebot des hgq¸om vom Land: „Zeichen“ (13,14: sgle?a), „Bild“ (13,15: eQj¾m) und „Malzeichen“ (13,17: w²qacla) – und das Gegenangebot des !qm¸om in Apk 14,1–5, das darauf zielt, die Anpassungstendenz an die Herrschaft des Tieres zu überwinden. In sozialökonomischer Hinsicht (13,16–17) kontrolliert das „Malzeichen“ alle Handelstätigkeit im Imperium Romanum. Aber es gibt einen „Handel“, den auch das „Malzeichen“ nicht unterbinden kann. Das !qm¸om kauft (14,3: Acoqasl´moi; 14,4: Acoq²shgsam; vgl. 13,17: !coq²sai) aus den Menschen (14,4) zumindest die „144.000“ (14,3). Diesen „Kauf“ (5,9: Acºqasar) tätigt es durch sein Blut (5,9). Der Handel zielt auf die Gründung einer neuen Weltordnung (5,10). Daher hatten die ersten Christen auch ein wertrevolutionäres Motiv in der sozialökonomischen Dimension der Gesellschaft. Die äußeren Handelsbarrieren blieben dennoch. Auf eine sozialökologische Dimension (13,15) weist das „Bild“ hin. Hier geht es um die imperiale Präsenz durch Denkmäler, welche die römische Geschichte dem kulturellen und kollektiven Gedächtnis der Menschen einprägen sollte. Obwohl die ersten Christen keinen konkurrierenden öffentlichen Raum hatten, um sich dem Gedächtnis der Menschen einzuprägen, beanspruchten sie den Himmel und Erde umfassenden Raum des Lobgesangs für sich (14,2–3). Durch das „neue Lied“ (5,9 und 14,3: ádµm jaim¶m) sollte wahrscheinlich das geschlachtete !qm¸om in Erinnerung gebracht werden. So konnten die ersten Christen in der Sozialökologie des Imperium Romanum innerlich distanziert und zugleich äußerlich integriert leben. Die sozialkulturelle Dimension (13,13–14) öffnet sich durch die Werbung des hgq¸om mit verführerischen (13,14: pkamø) „Zeichen“. Seinem Betrug widersetzen sich die „144.000“, in deren Mund „keine Unwahrheit gefunden
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wurde“ (14,5). Sie sind als Propheten der Wahrheit ein Gegenbild zum Pseudopropheten (16,13) und als Nachfolger des !qm¸om zusammen mit dem Engel, der das „ewige Evangelium“ verkündigt, Träger seiner Wertrevolution. Deshalb sollen die ersten Christen sich nicht ohne öffentlich vernehmbare Stimme in das Sozialleben integrieren, sondern das Evangelium (14,6) wie der Engel propagieren. In Apk 14,9–13 können wir den eschatologischen Zorn Gottes „vor dem Lamm“ (14,10: 1m¾piom toO !qm¸ou) zusammen mit dem dritten ¨d´-Satz als Ausdruck von Aggressionsbearbeitung deuten. Die in Apk 14,12 genannten „Heiligen“ (bzw. Judenchristen) werden in kriegerische Märtyrer transformiert. Ihre Aggression verschwindet nicht ganz. Angesprochen sind (Juden)christen mit aggressiven Emotionen gegen die Herrschaftspolitik mit „Zeichen“, „Bild“ und „Malzeichen“. Der „Geduld“-Satz (Apk 14,12) verweist auf ein Potenzial zum Aggressionsausbruch. Die Rede vom „Zorn Gottes“ (Apk 14,10) belegt die Zustimmung des Apokalyptikers. Trotzdem bringt der Text keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen dem Zorn Gottes mit einem „Kampf“ um den Tempel (vgl. 11,2; 13,6). Apk 14,10 sagt vielmehr, dass Gott seinen Zorn nicht mittels der im Krieg befindlichen Heiligen vollstreckt (13,7), sondern dass er vor dem !qm¸om (14,10) handelt. Damit wird eine Aggressionsrücklenkung und -verinnerlichung angedeutet. Die Christen werden ermutigt, ihre Aggression aus einem militärischen Kampf in ein gewaltloses Zeugnis zu verwandeln, indem sie die Gebote und den Glauben an Jesus halten und bewahren (14,12: tgqoOmter t±r 1mtok±r toO heoO ja· tµm p¸stim Ygsou). Wieder vertieft die Symbolik des „!qm¸om-Jesus“ (14,10.13) die Überlebensalternative des Apokalyptikers. Einerseits bestimmt der historische „Jesus“ die nicht-militärische Existenz seiner Nachfolger (vgl. 14,4.12). Andererseits bestätigt das !qm¸om durch Gottes Zorn, dass das hgq¸om nicht endlos lang ertragen werden kann. Mit Hilfe des „!qm¸om-Jesus“ wird die Aggression der ersten Christen auf sie selbst zurückgelenkt und verinnerlicht, damit eine wertrevolutionäre Evangeliumsverkündigung (vgl. 14,12–13 mit 14,6) möglich wird. Gefordert wird also das Evangelium der Wertrevolution (14,6), bei dem sowohl die Herrschaftsweisheit des hgq¸om kritisiert als auch die Nachfolge des !qm¸om gefordert wird und sowohl eine Aggressionsrücklenkung als auch Aggressionsverinnerlichung in Erwartung des Zornes Gottes vor dem Lamm propagiert wird. Babylon und das !qm¸om Babylon ist ein sozialgeografisches Symbol der Romanisierung, wobei Babylon das „vorbildliche“, dekorativ maskierte, in Wirklichkeit aber grausame Stadtleben symbolisiert, dessen Zentralverwaltung das Tier symbolisiert. Apk 19,1–8 ist zugleich ein Zusammenspiel wie (zusammen mit Apk 18) ein Kontrast von Babylon mit dem !qm¸om als Märtyrer-Krieger. Der Text ist ein
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Loblied mit vierfachem „Halleluja“ (19,1.3.4.6). In den ersten zwei Teilen (19,1–2 bzw. 19,3) ist im Himmel die sehr irdische Aggression gegen die romanisierende Verstädterung durch eine große Volksmenge deutlich zu hören. Wie wird nun diese Aggressivität gegen das romanisierende Stadtleben bearbeitet? Zuerst dient das Loblied in der Tat einer Überwindung von Aggression. Die ersten Christen können sich mit der großen Volksmenge im Himmel identifizieren, so dass diese stellvertretend für die ersten Christen die aggressive Emotion in einen Lobgesang auflösen können. Zweitens enthalten die ersten zwei Teile eine Aufschiebung der Aggression auf die Zeit des Gerichts; denn sie sprechen von Rache, die Gott vollzieht (19,2). Drittens wird ein Aggressionsausgleich durch den Vergleich zwischen der „Hure“ (19,2: tµm pºqmgm tµm lec²kgm) und der „Braut“ von !qm¸om (19,7: B cumµ) anschaulich gemacht: Die von der Hure ausgelöste Aggressivität wird durch die Attraktivität der Braut ausgeglichen. Die ersten Christen brauchen keine Machtrevolution zu vollbringen. Die Verluste im irdischen Stadtleben werden durch den Gewinn des himmlischen Jerusalems (vgl. 21,9–10) mehr als ausgeglichen. Es gibt auch eine Aggressionsbearbeitung ohne !qm¸om-Symbolik innerhalb der sozialgeografischen Dimension in zwei weiteren Texten der Apk. Der eine Text ist Apk 14,8, wobei wir die Aggressionsverinnerlichung in der Gerichtsverkündigung des Engels finden. Der andere Text ist Apk 17,15–18. Eine gewisse Aggressionsvermeidung könnte sich darin zeigen, dass Rom selbst nicht die Mutter der Huren (vgl. 17,5), sondern im Grunde nur eine der Huren ist (17,15.16). Man könnte darin eine Ablenkung der Aggression gegen Rom sehen. In Apk 17 findet man den letzten ¨d´-Satz (17,9). Das !qm¸om steht nicht direkt in kriegerischer Auseinadersetzung mit Babylon, sondern mit dessen Bündnispartnern, dem hgq¸om und dessen Königen. Rückzugstendenzen aus dem Stadtleben bei zahlreichen Bewohnern des Römischen Reiches werden in Apk 17 angedeutet, wenn die Abscheulichkeit Babylons betont wird (vv. 2.12.13.15.18; vgl. v.8). Auch einige Christen tendieren zum Rückzug, andere sind Opfer Babylons (Apk 17,6). So finden wir eine doppelte Tendenz, zum einen sozial-integrative Veränderung mit Weisheit (Apk 17,8–11), zum anderen Aggression (Apk 17,12–14). Apk 17,8–11 zielt auf eine sozial-integrative Veränderung der ersten Christen mit Hilfe der urchristlichen historischen Metaerzählung.9 Zu diesem Zweck wird an ihre Weisheit appelliert: Sie sollen den Sinn der Metaerzählung deuten. Ihr alltägliches Erleben des Stadtlebens wird in Apk 17,8–11 mit dieser 9 Metaerzählungen sind „stories that are so culturally significant and so well known that they become standards of significance, by which all similar stories are measured and interpreted. It is this interpretive process that elevates certain key characters of such stories to the status of archetypes.“ (Le Donne, „Theological Memory Distortion in the Jesus Tradition: A Study in Social Memory Theory.“ In: Barton u. a. (Hg.), Memory in the Bible and Antiquity, 172.)
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Metaerzählung verschmolzen. Apk 17,8 dient der Periodisierung der Geschichte des hgq¸om, Apk 17,10 einer Historisierung des Mythos vom „Tier mit den sieben Häuptern und zehn Hörnern“. Auf diese Weise wird die Anpassung der Stadtbewohner auf Erden zu einer Episode in einer die ganze Geschichte bestimmenden !qm¸om-hgq¸om-Opposition. Das Martyrium ist kein absurdes Schicksal mehr, sondern wird zu einer sinnvollen Erfahrung. Jeder Christ wird zu einer aktiven Gestalt im urchristlichen Mythos. Jeder kann seine fragmentarische Lebensgeschichte als Teil der urchristlichen Metaerzählung verstehen und sie zwischen die Vergangenheit des !qm¸om und hgq¸om und die mit Sehnsucht erwartete Zukunft des Lammes einbetten. Der „Weisheits“-Satz (17,9) appelliert an die Christen, dass sie sich in das Stadtleben integrieren, indem sie sich in eine periodisierte und historisierte Metaerzählung einordnen. Eigentlich ist in Apk 17 von einem Stadtleben in äußerer Ruhe und äußerem Frieden die Rede. Dennoch symbolisiert Apk 17,12–14 Aggression. Der Apokalyptiker deutet das alltägliche Leben der Christen in der Stadt mit Bildern einer Kriegsführung des hgq¸om und seiner militärischen Alliierten gegen das !qm¸om mit seinen „Berufenen und Auserwählten und Treuen“ (17,14). Die Christen werden zu Mitspielern im mythischen Krieg der Metaerzählung, allerdings nicht auf einem realen Schlachtfeld; sie erringen „nur“ einen mythischen Sieg. Somit werden sie zu „martyrologischen“ Kriegern (vgl. 17,6 mit 17,14) im Widerstand gegen den Imperialismus des hgq¸om und ersetzen in dieser Weise eine Machtrevolution durch eine Wertrevolution. Der ganze Symbolkomplex und das !qm¸om Nach der Untersuchung der einzelnen Komponenten des Symbolkomplexes skizzieren wir nun ein generelles Muster von Integrationsforderung und Aggressionsbearbeitung. Im Allgemeinen werden die Christen aufgefordert, sich in die Gesellschaft wertrevolutionär zu integrieren. Zu diesem Zweck wird ihre Aggressivität kontrolliert. Desintegration und Aggressionsausbruch werden nur in der sozialmythischen Dimension zugelassen. In Apk 15–16 und 18,1–22,5 begegnen wir einem anderen allgemeinen Muster. Zwei Handlungen finden sich hier alternativ und dicht hintereinander: erstens die gegenwärtige Aggressionsbearbeitung (wie Sublimierung, Poetisierung, Ausgleich); und zweitens ein eschatologischer Aggressionsaufschub bzw. ein Aggressionsausbruch im Jenseits. In Apk 15,1–8 wird die Aggression der Christen in Bildern von den „letzten sieben Plagen“ als Vollendung des Zornes Gottes (15,1) sublimiert. Mit dem Hymnus des Lammes (15,3–4) wird ihre Aggressivität poetisiert. Beide vermeiden den Ausbruch von Aggression im Diesseits. In der Darstellung der sieben Schalen des Zorns in Apk 16,1–21 ist die Symbolsprache sehr gewaltsam. Beachtenswert ist, dass die Aggression hier
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übernatürliche Ursachen hat. Sie engagiert auch nicht die Christen auf Erden. Sie sind nicht Vollstrecker des Zorns. Solch ein Ausbruch des Zorns findet vielmehr in eschatologischer Zeit statt, auf die die Aggression verschoben wird. Eine Aggressionsverschiebung vollzieht sich auch in Apk 18; 19,11–21 und 20. Zugleich finden wir einen entsprechenden Aggressionsausgleich beim !qm¸om in Apk 19,1–8.9–10 und 21–22. 4.2.1.2 Aggressionsbearbeitung im Gemeindeleben (Apk 1,9–11,14a) Die folgende Analyse befasst sich mit der Fragestellung von „sozial-integrativer Veränderung und Aggression“ im Stadtleben der ersten Christen. Sie lässt sich besonders für Apk 1,9–11,14a durchführen. Hier geben vor der Thronsaalvision (4,1–5,14) sieben Gemeindebriefe (1,10–3,21) Informationen über das Leben der Christen in kleinasiatischen Städten; und nach der Thronsaalvision wird das (östliche) Stadtleben (vgl. 11,2.8.13) des Imperium Romanum in fantasievollen Szenen dargestellt (6,1–11,14a).10 Allerdings fehlt die Symbolsprache von Apk 12,1–22,5 im ersten Teil (1,9–11,14a). Deshalb können wir hier nur eine allgemeine Verpflichtung zur Aggressionsbearbeitung erkennen, dagegen aber relativ konkrete Integrationsforderungen. Zunächst muss „sozial-integrative Veränderung“11 von anderen Begriffen unterschieden werden. „Integration“ ist ein Prozess der Wiederherstellung oder Neuschaffung einer Einheit zwischen verschiedenen Gruppen, Kulturen, Schichten und Völkern innerhalb einer bestehenden Gesellschaft. „Anpassung“ ist dagegen eine Assimilation oder Angleichung an soziale Gegebenheiten, deren Mittel zwar im Wesentlichen „harmonisch“ sind, deren Ergebnis aber „kompromittierend“ sein kann. Dagegen betont „Integration“ oder eine sozial-integrative Gestaltung und Veränderung der Gesellschaft die Einheit als Zweck und Ziel, kann aber auch konfliktreiche Mittel für dieses Ziel einsetzen. Sie unterscheidet sich grundsätzlich von einer „Machtrevolution“, deren Mittel immer gewaltsam sind. Obwohl „Separatismus“ auch das harmonische Ziel einer Einheit haben kann, findet hier die Herausbildung sozialer Ordnung außerhalb der bereits existierenden Gesellschaft statt bzw. aufgrund einer Spaltung der Gesellschaft. Dagegen fordert „Integration“ und eine sozial-integrative Veränderung der Gesellschaft grundsätzlich eine Partizipation an sozialer Interaktion. „Integration“ kann, muss aber nicht eine Übereinstimmung mit gesellschaftlich herrschenden Normen einschließen. „Integration“ 10 Im Blick auf unser Thema gliedern wir den Textabschnitt in vier Teile: (i) 1,9; (ii) 1,10–3,22; (iii) 4,1–5,14; und (iv) 6,1–11,14a. 11 „Integration“ in WP, 322: „(von lat. integratio = (Wieder-)Herstellung eines Ganzen durch Einbeziehung außenstehender Elemente) … in den Sozialwissenschaften Fachausdruck für Vorgang oder Ergebnis des Zusammenwachsens oder –fügens von zuvor selbständigen Größen zu einer Einheit …“.
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führt zu einer Bereitschaft, sich zu engagieren. Hier hat „Integration“ bzw. eine sozial-integrative Gestaltung der Gesellschaft einen Berührungspunkt mit einer „Wertrevolution“, sofern die Wertrevolutionäre nicht nur in ihren eigenen Gruppen, sondern auch bei anderen Gruppen der Gesellschaft ihre Wertvorstellungen bewusst verbreiten. Im Lichte dieser Definition von „Integration“ kann man sagen: Die Thronsaalszene in Apk 4–5 entwirft ein Solidaritätsideal der Weltordnung. Das durch das !qm¸om begründete Solidaritätsideal besteht darin, dass sich alle Geschöpfe im Himmel und auf Erden, unter der Erde und im Meer in einem harmonischen Lobpreis vereinen und das Lamm anerkennen (5,9–14). Diese Solidarität ist weder auf eine einzelne Randgruppe noch eine bestimmte Volksgruppe beschränkt, sondern umfasst „alle Stämme und Sprachen und Völker und Nationen“ (5,9). Das Wunschbild des Mehrvölkerstaats (5,9–10)12 veranschaulicht die Erwartung einer neuen sozialen Ordnung, die auf Erden (vgl. 1p· t/r c/r in 5,10) gebaut wird, anders als die römische Gesellschaft ist und doch deren Bereich umschließt, denn sie umfasst alle Geschöpfe auf Erden. Aufgrund der parallelen Darstellungen von Apk 5,9–10 und 1,5–6 ist die in Apk 4–5 implizierte „Welt der Geschöpfe“ für die ersten Christen eine paradoxe Wirklichkeit, die aus zwei entgegengesetzten Königreichen besteht (1,9). So öffnet Apk 4–5 eine Tür (4,1) für die ersten Christen, die zu dieser „Welt“ gehören. Sie sollen noch in der „Welt der Geschöpfe“ (vgl. 10,6) mit anderen sozialen Gruppen (d. h. „Völkern und Nationen und Sprachen und vielen Königen“) wertrevolutionär interagieren (vgl. 10,11). Im Lichte von Apk 10,11 ist das in Apk 4–5 entworfene Ideal weder eine Aufforderung zur Marginalisierung in einer kleinen Sonderwelt noch zur Assimilation an die bestehende Welt, sondern zur sozial-integrativen Gestaltung dieser Welt bzw. zu einer Wertrevolution in ihr. Die sieben Gemeindebriefe (1,10–3,21) sind zwischen der „toleranten“ Koexistenz von zwei entgegengesetzten Königreichen (1,9) und einer visionär geschauten Universalharmonie (4,1–5,14) platziert. Vor den Inhalten des Sendschreibens, die ein konfliktreiches Sozialleben in Kleinasien widerspiegeln, erscheint ihr Sender in einer Epiphanie als einer, der ähnlich einem Menschensohn ist (1,10–20). Die Beschreibung dieses „Menschensohns“13 (1,13–16) ist voll von militärischen Elementen. Sie stammen aus verschiedenen alttestamentlichen Texten14 und beeindrucken als Ganzes den Leser durch 12 Vgl. Reddish, 112: „The new community is a universal community. Christ has redeemed people ,from every tribe and language and people and nation‘ (5:10). The people of God are drawn from every station and walk of life.“ 13 Der Menschensohn kommt in der apokalyptischen Literatur in Dan 7,2; äthHen 37–71; 4 Esra; syrBar; Sib 5 vor (vgl. Russel, The Method & Message of Jewish Apocalyptic: 200BC – AD100, London: SCM, 1964, 324–34). 14 Roloff, 38, stellt fest: Die „formalen wie inhaltlichen Parallelen zu ihr finden sich in apokalyptischen Offenbarungsszenen wie Dan. 10 und Apk. Abr. 10. Vor allem sind die Beziehungen zu Dan. 10 so eng, dass ein direkter literarischer Einfluss angenommen werden muss: Daniel
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ein kombinatorisch zusammengesetztes kriegerisches Image. Durch den neuen Kontext werden die überlieferten militärischen Elemente jedoch verändert: Die damalige Situation Kleinasiens war nicht militärisch und die kleinasiatischen Christen zeigten eher Rückzugs- als Aggressionstendenzen (wie wir im letzteren Kapitel gezeigt haben). Daher muss das Bild eines aggressiven Menschensohns auf diesem Hintergrund interpretiert werden. Der messianische Krieger wurde in einen kleinasiatischen Weisheitskontext versetzt. Es ist aufschlussreich, wie dieser aggressive Messias einerseits die sich anpassenden kleinasiatischen Christen tadelt und andererseits die Aggressionstendenz in den Gemeinden bejaht. Aggression ist der Gegensatz von Rückzug. Der Messias zielt mit seiner Aggressivität freilich nicht auf eine Machtrevolution in der kleinasiatischen Gesellschaft, da er die Gemeindemitglieder in einer Situation anredet, in der sie ein erfolgreiches Sozialleben führen. Aber er bereitet alle Gemeindemitglieder darauf vor, dass sie als aktive Zeugen (bzw. Märtyrer) in den kleinasiatischen Städten auftreten sollen. Er fordert von den Gemeinden anstatt einer evasiven Selbstmarginalisierung eine invasive sozial-integrative Veränderung der Gesellschaft. In diesen Sendschreiben kommt daher mehr vom !qm¸om als aggressivem Messias in den Blick als im Einführungsteil. Dabei ist bis Apk 5,6 nirgendwo vom !qm¸om die Rede. Dennoch steht der kriegerische Messias im Hintergrund jeder siegreichen Ermutigung in den Sendschreiben. Das ist unverkennbar in Apk 2,26–29, wo der Messias mit eisernem Stab die Völker regiert, und in Apk 3,21–22, wo er seine Herrschaft betont. Die Gemeindebriefe präjudizieren durch solche Aussagen die Wahrnehmung des später erst eingeführten Bilds von !qm¸om; dieses wiederum dialogisiert mit jedem Gemeindebrief. In Bezug auf „sozialintegrative Veränderung und Aggression“ sollte die innere Logik (vor allem diese Dialogisierung) zwischen den sieben Gemeindebriefen (Apk 2–3) und dem !qm¸om nicht vernachlässigt werden. Das Sendschreiben an die Gemeinde in Ephesus Der Ephesusgemeindebrief (Apk 2,1–7) fordert eine Integration mit innovativer Erinnerung an die „erste Liebe“ bzw. den Ursprung des Zusammengehörigkeitsgefühls in der Gemeinde. Er zielt auf eine „Restauration“ urchristlicher Weltanschauung (oder der urchristlichen Metastory, Story oder Ideologie). Sie soll das Fundament des kollektiven Gedächtnisses,15 der geschaut in dieser Szene einen Engel, dessen Beschreibung in V. 14b. 15 fast wörtlich in die Schilderung des Menschensohn-Ähnlichen einfließt“. Dan 10,1 weist auf einen Militärkontext. 15 Mendels, „Societies of Memory in the Graeco-Roman World,“ in: Barton u. a. (Hgs.) Memory in the Bible and Antiquity, The Fifth Durham-Tübingen Research Symposium (Durham, September 2004), WUNT 212, Tübingen: Mohr Siebeck, 2007, 152–3. Antike Analogien für alternative kollektive Gedächtnisse sind z. B. die Persae von Aeschylus als Alternative zu Herodot; der
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meinsamen Lebensweise und der in die Zukunft weisenden Utopie im kleinasiatischen Ephesus sein. Die „erste Liebe“ ist nicht bloß eine individuelle Sache, sondern auch ein soziales Thema, da die Wiederfindung sozialkultureller Identität eine zwischenmenschlich spannungsvolle Emanzipation von der vorhergehenden (kleinasiatischen) Enkulturation voraussetzt. Im Blick auf den Baum des Lebens (Apk 2,7: toO n¼kou t/r fy/r; 22,2: n¼kom fy/r) reagiert das siegreiche (Apk 2,7: mij_mti; 5,5–6: 1m¸jgsem) !qm¸om auf solch eine Spannung und legitimiert das Bemühen eines jeden nichtjüdischen Stadtbewohners, seine sozialkulturelle Identität im Rahmen der ursprünglich jüdischen, aber nun für alle Nichtjuden offenen Metaerzählung des Urchristentums wieder zu finden. Die verborgene Dynamik zwischen dem Ephesusgemeindebrief und dem abwesenden !qm¸om wird hier erläutert. Wie kann man die soziale Dimension des Ephesussendschreibens erfassen? Die Ephesusgemeinde hat soziale Interaktion mit den ihr benachbarten Gruppen (Apk 2,2b.6). Sie ist keine geheime oder sozial geschlossene Gruppe. Sie blieb in sozialem Kontakt mit anderen Mitbürgern wie den Pseudoaposteln (2,2b)16 und den Nikolaiten (2,6)17. Die Pseudoapostel haben wahrscheinlich die Ephesusgemeinde persönlich besucht, da diese die Chancen hatte, sie zu prüfen (vgl. 1pe¸qasar in Apk 2,2b). Ob die Nikolaiten die Ephesusgemeinde besucht haben, ist nicht ganz klar. Aber geschichtlich bietet Ephesus ihren Bewohnern und Besuchern auf jeden Fall Redefreiheit und eine Plattform für den Dialog wie z. B. eine Schule (Apg 19,9: swok¶), wo die Nikolaiten direkt oder indirekt, formell oder informell Einfluss auf die Christen nehmen konnten. Durch intensiven Kulturaustausch mit Griechen, Römern, Juden und anderen Gruppen wurde das Identitätsbewusstsein der Epheser herausgefordert. Wo kann ein Hinweis auf die „Identitätskrise“ in diesem Brief gefunden werden? Sie findet sich in der dreifachen Aufforderung zur Erinnerung, zur Umkehr und zum Tun. Die Gemeinde wird als erstes dazu aufgefordert, sich an ihre „erste Liebe“ zu „erinnern“18 (Apk 2,5: lmglºmeue im Imperativ). Worin die erste Liebe bestand, erfahren wir nur durch Aussagen von Apk 2,2–3. Wenn das hier entworfene Bild spiegelbildlich zu lesen ist, können wir das gegenwärtige Problem der Gemeinde so bestimmen: Es umfasst ein Akzeptieren von Bösem (jajo¼r) und von Unwahrheit (xeude?r), Erschöpfungserscheinungen (jejop¸ajer), ein reduziertes Engagement um des Namens Christi willen (di± t¹ Tragiker Ezechiel als alternatives kollektives Gedächtnis zu Exodus. Richard, 57: „Manche vergleichen die Apokalypse mit den griechischen Tragödien: Sie sei ein Schauspiel, das auf eine Katharsis, eine innerliche Läuterung und Wandlung bei einem passiv zuschauenden Publikum abziele.“ 16 Vgl. Aune I, 143. 17 Vgl. Aune I, 147. 18 In der Antike ist das Gedächtnis oder die Erinnerung an jemanden eng mit seiner Identität verbunden. Vgl. Barton, Stuckenbruck u. Wold (Hg.), Memory, 1.
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emola) sowie einen Rückzug von einer unterdrückenden Umgebung (vgl. rpolom¶m). Das Kernproblem ist eine inaktive Zeugenschaft. Die Gemeinde in Ephesus verlor die „erste Liebe“ bzw. das Zusammengehörigkeitsgefühl mit Christus und damit ihre ursprüngliche Identität. Vielleicht strebte sie eine „Liebe“ zu anderen Gruppen in der Gesellschaft an. Durch die Erinnerung des Messias an ihre erste Liebe erinnern sich die ersten Christen an ihr eigenes Verhältnis zu Gott (Apk 2,2–3) bis hin zum mythischen Anfang der Welt in Gottes Paradies (Apk 2,7: 1m t` paqade¸s\ toO heoO). Die Epheser, die in der kleinasiatischen Kultur sozialisiert waren, werden durch dieses Sendschreiben in eine jüdische Metaerzählung verwickelt. Die Frage nach deren Legitimität als des Ursprungs der Ephesergemeinde wird vom Apokalyptiker später insbesondere mit Hilfe der christianisierten und transkulturellen !qm¸om-Metapher (vgl. Apk 5,9) beantwortet. Zusätzlich zur Erinnerung wird von den Ephesern „Umkehr“ gefordert (Apk 2,5: letamºgsom im Imperativ). Sie werden mit der Zuneigung (Apk 2,2–3) und Abneigung des Messias (Apk 2,6: lis_) konfrontiert und sollen entsprechend, in Apk 2,4 durch „Liebe“, in 2,6 durch „Hass“ reagieren. Schließlich werden die Christen in Ephesus zur Rückkehr zum Tun der Liebe aufgefordert (Apk 2,5: po¸gsom im Imperativ; vgl. 2,5: t± pq_ta 5qca mit 2,4: tµm !c²pgm sou tµm pq¾tgm). Die „erste Liebe“ besteht also eher in sichtbaren Werken (2,2.5.6)19 als geheimen religiösen Erfahrungen. Wie ihr Verhältnis zu Nachbarn (2,2b) und Nikolaiten (2,6) zeigt, sollen sich die Christen nicht vom sozialen Leben zurückziehen und zwischenmenschliche Spannungen in ihrer Stadt nicht vermeiden. Sie sollen Geduld (2,2.3) aufbringen, um die Priorität ihrer Beziehung zu Gott festzuhalten. Der dreiteilige Befehl („Erinnerung“, „Umkehr“ und „Tun“) wird erteilt, um die Christen in ihre ursprünglich jüdische Metaerzählung wieder zu verwickeln. Die Revitalisierung dieser Metaerzählung dient der Realisierung eines urchristlichen sozialkulturellen Auftrags in ihrer Gesellschaft. Dieser Auftrag wird im Bild des „Leuchters“ (2,5: kuwm¸am) dargestellt. Der aus der jüdischen Überlieferung übernommene und modifizierte „Leuchter“ hebt vielleicht die soziale Funktion oder Pflicht der urchristlichen Gemeinde in Ephesus hervor: Sie soll ihren Mitbürgern den Weg zum jüdisch-christlichen Gott erhellen. Falls sie nicht umkehren, würde ihr Leuchter von der Stelle bzw. aus Ephesus entfernt (Apk 2,5). Der „Leuchter“ weist auf den Existenzsinn der Gemeinde in der Gesellschaft. Auf diese Weise ist der Leuchter ein Selbstbild der urchristlichen Gemeinde bzw. ein Bild ihres Identitätsbewusstseins geworden. Beachtenswert ist, dass nicht nur die Ephesusgemeinde eine solche soziale Pflicht hat, sondern auch die anderen Gemeinden, denen jeweils ein Leuchter (Apk 1,20; 2,1) zugeordnet ist. Als Leuchter haben sie alle einen Auftrag: Sie 19 Die „ersten Werke“ weisen auf „das Christsein der Gemeinden“ mit „passivem Widerstand“ (vgl. Lampe, „Johannesapokalyptiker“, 95).
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sollen die jüdisch-christliche Weltsicht als Lebensweg in Kleinasien vertreten und verbreiten. Mit Hilfe der ursprünglich jüdischen Metaerzählung können wir also nicht nur die „Identitätskrise“ der Epheser veranschaulichen, sondern auch ihren Auftrag, eine Wertrevolution herbeizuführen. Aufgrund dieser Kurzdarstellung der oben diskutierten Themen können wir nun die verborgene Dynamik zwischen dem Ephesusgemeindebrief und dem in ihnen abwesenden !qm¸om klarer machen. Die verborgene Vernetzung hängt nicht von einer Rekonstruktion des textexternen Kontextes ab, sondern von intratextuellen Beziehungen zwischen dem Ephesusgemeindebrief und der !qm¸om-Metaphorik. Was trägt die !qm¸om-Metaphorik zur Integrationsforderung des Ephesusgemeindebriefs bei? Dazu seien hier zwei Ideen geäußert: (i) Das !qm¸om stützt die Sehnsucht nach Solidarität. (ii) Das !qm¸om dient der Affektkontrolle bei der sozial-integrativen Veränderung. Auf den ersten Blick erwartet die Ephesusgemeinde nur vom ursprünglich jüdischen Menschensohn (Apk 2,1) einen Sieg (Apk 2,7). Dieser „Sieg“ wäre die Erfüllung des Auftrags, entspräche einem Funktionieren als Leuchter und der Verwirklichung der „ersten Liebe“. Wer diesen Sieg mit Sehnsucht erwartet, wird sich das in Apk 5 eingeführte siegreiche !qm¸om (5,5–6) zum Vorbild nehmen. Psychologisch ist es plausibel, dass jemand, der den Sieg ersehnt, mehr über das !qm¸om lernen will, das den Sieg verheißt. In Apk 2,7 wird der „Sieg“ als Weg vom Ziel, dem „Baum des Lebens“, unterschieden. Wenn man weiter liest, erkennt man: Das !qm¸om bahnt nicht nur den Weg zum Sieg, sondern offenbart auch das angestrebte Ziel. In Apk 22,1–3 erscheint nämlich das !qm¸om zusammen mit dem Baum des Lebens (vgl. 2,7: toO n¼kou t/r fy/r mit 22,2: n¼kom fy/r). In 22,2 erfahren wir mehr über ihn: Er hat sich zu vielen Bäumen des Lebens vermehrt, trägt zwölf mal Früchte im Jahr, seine Blätter dienen zur Heilung der Völker. Damit ist er nicht nur ein Bild der Versöhnung mit dem Schöpfer (vgl. 4,11), sondern für das Heil aller Völker (t± v¼kka toO n¼kou eQr heqape¸am t_m 1hm_m, 22,2). Im Blick auf Apk 22,2 transformiert der Apokalyptiker das Bild vom „Baum des Lebens“ aus Genesis 2–3, das im Rahmen einer auf Israel zentrierten Metaerzählung überliefert worden war, zu einer „ethnoegalitären“ Story mit Hilfe neuer Elemente. Das !qm¸om will selbst die Vereinigung „aller Stämme und Sprachen und Völker und Nationen“ (5,9) herbeiführen (vgl. 22,1–3). Die nichtjüdischen Kleinasiaten werden dadurch in eine „ethnoegalitäre“ Story hinein genommen.20 Vorbild, Inhalt, Weg und Ziel zu dieser Vereinigung aller Völker ist das !qm¸om. Wenn man diese intratextuellen Bezüge innerhalb der Apk im Blick hat, er-
20 Auch die „sieben Sterne“(2,1) sind Hinweis auf eine allgemeine hellenistische Tradition. Vgl. Prigent, 140: „As for the imperial coins on which appear seven stars, which are seen as the symbolic expression of and pretension to universal domination, it must be pointed out that they are rare coins and, in any case, are dated well after the period of time in question!“
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kennt man im Gemeindebrief an die Epheser (Apk 2,1–7) eine verborgene Verbindung zum !qm¸om, die durch das Bild vom Lebensbaum hergestellt wird. Warum aber ist das !qm¸om in Apk 2,1–7 nur indirekt und verborgen anwesend? Mit dem !qm¸om im Hintergrund rückt ein Gespräch zwischen zwei oppositionellen Perspektiven in den Vordergrund: einer Perspektive der kleinasiatischen Gesellschaft und einer anderen des Judentums. Einerseits wird die Inaktivität der Gemeinde durch die Menschensohnerwartung (vgl. Apk 2,1 mit 1,12.13.16.20) kritisiert (Apk 2,4–5), andererseits stimmt sie in der Ablehnung der sich anpassenden Nikolaiten mit ihr überein (Apk 2,6). Eine jüdisch-eschatologische Perspektive wird gegen die der kleinasiatischen Gesellschaft ausgespielt. Durch die Aggressivität des Messias will der Apokalyptiker inaktive Christen als Zeugen aktivieren. Wichtig ist: Die Enthüllung von verborgenen Verbindungen zu späteren Texten festigt das !qm¸om als Symbol der Affektkontrolle. Durch den impliziten Zusammenhang (2,7) mit dem !qm¸om als Märtyrer-Krieger ist der kriegerische Messias im Sendschreiben an die Ephesusgemeinde von den allgemeinen jüdisch-militärischen Messiassen unterschieden. Der Sieg des !qm¸om (Apk 5,5–6) klärt über den Siegesruf (Apk 2,7) des aggressiven Messias auf. Die Christen sollen diesen Sieg nicht auf einem Schlachtfeld, sondern im Stadtleben von Ephesus erringen. Das Symbol des !qm¸om wird als Affektkontrolle eines aggressiven Messiasbildes eingesetzt. Fassen wir zusammen: Das Ziel ist soziale Einheit, der Weg dazu ist die Erneuerung eines urchristlichen Ethnoegalitarismus als ursprünglicher Identitätskonstruktion. Mit Hilfe der verborgenen Verbindung mit dem !qm¸om wird einerseits die urchristliche Sehnsucht nach Solidarität (bzw. nach einem Ethnoegalitarismus) zum Ausdruck gebracht, andererseits wird durch eine Metamorphose der im Ephesussendschreiben spürbaren Aggressivität jene Aggression vermieden, die im blutigen Widerstand gegen das Imperium Romanum sichtbar wurde. Das Sendschreiben an die Gemeinde in Smyrna Der Brief an die Smyrnagemeinde (2,8–11) ruft zur Überwindung von Furcht und zur Treue bei der Realisierung einer christlichen Lebensform auf. Wertrevolutionär ist die veränderte Wahrnehmung der Armut und der Ohnmacht als „Treue“ (2,10). Sie setzt eine Abwertung der Armen, der sozial Schwachen und der Ohnmacht in der Umwelt voraus. Auch in diesem Brief finden wir aufgrund intratextueller Beziehungen zwischen verschiedenen Texten der Apk, dem Smyrnagemeindebrief, Apk 5, 7 und 12 und Apk 17, eine verborgene Anwesenheit des !qm¸om. Die intratextuellen Beziehungen entstehen durch wiederkehrende Wendungen und Wörter. Zum einen ist der Smyrnagemeindebrief mit Apk 12,11 durch „bis zum Tod“ verbunden (2,10 und 12,11: %wqi ham²tou), ferner durch „Teufel“ (2,10; 12,9.12: di²bokor), „Satan“ (2,9: satam÷;
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12,9: Satam÷r), „Sieg“ (2,11: mij_m; 12,11: 1m¸jgsam; 5,5–6: 1m¸jgsem) und „Bedrängnis“ (2,9.10: hk?xim; 7,14: t/r hk¸xeyr t/r lec²kgr). Zum anderen steht der Smyrnagemeindebrief mit Apk 17 durch „Treue“ (2,10: pistºr; 17,14: pisto¸) und „Sieg“ (2,11: mij_m; 17,14: mij¶sei) in Verbindung. Wie nahm der Apokalyptiker das Verhältnis zwischen Smyrnagemeinde und der sie umgebenden Gesellschaft wahr? Der Brief zeigt (2,9–10), dass die Smyrnagemeinde an den wirtschaftlichen (2,9a), gesellschaftlichen (2,9b) und politischen (2,10a) Rand des Stadtlebens gedrängt wurde, wobei das Motiv der „Treue“ (2,10b) nicht nur auf politische Verfolgung weist, da „c¸mou pist¹r %wqi ham²tou …“ (2,10b) grammatisch unabhängig von Apk 2,10a ist. Die „Treue“ wird vielmehr hervorgehoben, weil sie für die Christen in einer nichtchristlichen Umwelt generell eine Herausforderung ist. „Treue“ war ein gemeinsamer Wert von Heiden, Juden und Urgemeinden. Hier konnte eine Konkurrenz, aber auch ein Dialog entstehen, vielleicht nicht im direkten Gespräch mit Heiden und Juden, sondern im inneren Dialog der Christen untereinander – beim sozialpsychologischen Ringen um ein Selbstwertgefühl der ersten Christen. Bemerkenswert ist, dass der Brief das Objekt der „Treue“ nie definiert. Die treuen Christen (Apk 2,10.11) können den treuen Messias (vgl. Apk 1,5; 3,14; 19,11) oder den treuen Antipas (vgl. Apk 2,13) nachahmen; sie können sich selbst als treue und siegreiche Mitkämpfer des !qm¸om (in Apk 17,14) definieren, aber immer ist „Treue“ ohne grammatisches Objekt. Dennoch soll der Leser denken: Das verborgen anwesende !qm¸om ist Objekt und Vorbild dieser „Treue“. Sozialökonomisch könnte eine innere Logik den Gegensatz von „arm und wohlhabend in 2,9a“21 mit der „Treue“ verbinden. Auf den ersten Blick sind die Mitglieder der Gemeinde in Smyrna arm. Sie leiden Mangel an Geld und Lebensmittel, da sich ptywe¸a in 2,9a (vgl. 3,16 f) und pko¼sior in 2,9a (vgl. 3,16 f; 6,15) wie sonst in der Apk auf materiellen Besitz beziehen können. Jedoch sind sie zugleich „wohlhabend“ (2,9a). Die Anwendung der bipolaren Begriffe „arm – wohlhabend“ auf die gleiche Gruppe setzt zwei Beurteilungskriterien voraus, die kleinasiatische und die urchristliche Bewertung von Geld und materiellem Besitz. „Armut“ (2,9a) bedeutet dabei mehr als die Zugehörigkeit zu einer sozialen Klasse mit niedrigem Einkommen. Die „Armut“ entspricht im Gemeindebrief nicht der urchristlichen Bewertung der Armut. Im Gegenteil, hier spiegelt sich das Urteil der Umwelt wider: „arm“ ist schlecht, „wohlhabend“ ist gut. Der Gedanke ist: Einerseits sind hk?xim und ptywe¸am (2,9a) eng verbunden, andererseits entspricht das positiv bewertete pko¼sior (2,9a) dem pistºr (2,10b) und dem st´vamor (als Symbol der Ehre in 21 Giesen, 106–7, stellt fest: „Es ist auffällig, daß die Christen in einer so prosperierenden Stadt arm sind.“ Trotzdem ist „die Herkunft vieler Christen aus ärmeren Familien nicht auszuschließen.“ Vgl. Prigent, 166–7: „An apparent poverty, undoubtedly material, which according to a binomial that is classic in primitive Christianity, is put into opposition to true wealth, which is spiritual in nature… “
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2,10b). Das entspricht dem Werturteil der Umwelt: Wer „wohlhabend“ war, konnte aufgrund seines materiellen Besitzes die Allgemeinheit unterstützen und sich so als „treu“ erweisen; dafür wurde er „geehrt“.22 Beachtenswert ist, dass die „Armut“ im Gemeindebrief nie „Untreue“ impliziert. Es gab also eine wahrnehmbare und erlebbare Korrelation zwischen „Wohlstand und Armut“, „Treue“, „Ehre und Scham“ im Stadtleben des Imperium Romanum; und der Brief konnte Dialogimpulse für die ersten Christen anstoßen, die unter materieller Armut litten und vermutlich durch die Bewertungen ihrer Umwelt irritiert wurden. Dem setzt das Sendschreiben seine Bewertung entgegen: Materielle Armut oder materieller Wohlstand haben keine Beziehung zur „Treue“ der Christen. Entscheidend ist, ob sie spirituell „wohlhabend“23 und bis zum Tod treu sind. Vorsichtig wird die mit materieller Armut verbundene Bedrängnis (2,9a; vgl. hk?xim in v.10a) als Herausforderung bzw. Gefahr für die urchristliche Treue thematisiert. In diesem Sinne ist „Armut“ der Kontext für die Erprobung der „Treue“, aber über materielle „Armut“ etwa als Konsequenz der urchristlichen „Treue“ sagt der Text nichts. Der Text bietet eine einfachere Logik: Wenn im Denken einer Gesellschaft Geld und Besitz (pko¼sior) wertvoller als das Lebensrecht der Armen (ptywe¸a) ist, werden die Armen (einschließlich der ersten Christen) schutzlos. Sicher ist Befreiung von Armut ein Teil der !qm¸om-Vision einer neuen Schöpfung. Aber für die Gegenwart gilt: Wertrevolutionär ist nicht, die Armen von der strukturellen Armut zu befreien, sondern sich von der Bewertung der Armut in ihrer Umgebung unabhängig zu machen. Die Änderung alltäglicher Muster des Denkens und Wertens ist die dringendste Aufgabe der urchristlichen Wertrevolution.24
22 Vgl. Lampe/Luz, „Nachpaulinisches Christentum“, 194–5: „In Veii zum Beispiel versorgt eine Dame alle Frauen ihrer Heimatstadt mit einer Mahlzeit; in Ancyra spendet ein Bürger einen ganzen Tag lang jedem, der zu ihm kommt, Öl; in Urvinum Metaurense bezahlt ein Senator seinen Mitbürgern jährlich ein Essen (CIL XI 3811; IGRR III 173; CIL XI 6054; usw.). Die Initiative nicht des Staates, sondern der privaten einzelnen ist gefragt. Sie gereicht ihnen zur Ehre, so dass sie auf Inschriften verewigt wird.“ 23 Vgl. Prigent, 166–7; J. M. Ford, 392. 24 Die soziale Ungleichheit von Armut und Reichtum bleibt ein Problem in den nachpaulinischen Gemeinden. Wir finden verschiedene Vorschläge im Urchristentum, dieses Problem zu bewältigen: (i) Der Jakobusbrief fordert den Verzicht auf Status; (ii) die Apg entwickelt in der hellenistischen Welt vorgeformte Topoi: „Alles ist gemeinsam“ (ûpamta joim²: Apg 2,42–47; 4,32–35), „Geben ist seliger als Nehmen“ (vgl. Apg 20,35 l÷kkom didºmai C kalb²meim mit Thukydides 2,97,4 kalb²meim l÷kkom C didºmai) zur lukanischen Almosenfrömmigkeit; (iii) im paulinischen Bereich erkennen wir den Beginn eines Ausgleichs zwischen reichen und armen Mitgliedern mit Hilfe einer institutionalisierten sozialen Fürsorge, einerseits durch Betonung der Eigenverantwortung christlicher Privathäuser für das Erwerbsleben (2Thess 3,6–12) und für Familienangehörige (1Tim 5,4.8.16), andererseits eine Gemeindekasse für die wirklich Armen (1Tim 5,4–16); (iv) Hinzu kommt die Mahnung zu freiwilliger Wohltätigkeit (Eph 4,28; 1Tim 3,2; 5,10; 6,17–19). Das früheste nicht-christliche Zeugnis christlicher Sozialunterstützung ist Lukian Peregrinus 11–13. Vgl. Lampe/Luz, „Nachpaulinisches Christentum“, 189–196. Wie Lampe
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Zwischen dem Thema „Armut“ in Apk 2,9a und „Synagoge“ in 2,9b steht ein ja¸, damit ist aber noch nicht gesagt, wie sich beide Themen in 2.9 zueinander verhalten. Sozialkulturell könnte man überlegen, ob die „Treue“ (2,10b) ein jüdischurchristliches Gegeneinander (2,9b) voraussetzt. Apk 2,9b setzt (formell oder informell) auf jeden Fall einen sozialen Kontakt zwischen der Judensynagoge25 und der Smyrnagemeinde voraus. Weil die Smyrnagemeinde keinen entsprechenden Tadel erhält, sollte man die Judensynagoge nicht als eine attraktive Versuchung für die ersten Christen ansehen. Der Apokalyptiker schrieb bewusst Apk 2,9b in der gleichen syntaktischen Struktur wie 2,9a. Wahrscheinlich ist, dass der soziale Kontakt der Smyrnagemeinde zur Judensynagoge als Frustration erlebt wurde, welche die „Treue“ der ersten Christen bedroht. Die vergleichbare syntaktische Struktur der beiden Satzteile sei im Folgenden veranschaulicht: Abbildung 6. Syntaktische Struktur von Apk 2,9 Drohung der Marginalisierung
Ursache der Marginalisierung
Geänderte Bewertung
oWd² sou (2,9a) tµm hk?xim
ja· tµm ptywe¸am
!kka` pko¼sior eW,
jai` oqj eQs·m
sumacycµ toO !kk± satam÷
jai` (2,9b) tµm bkasvgl¸am 1j t_m kecºmtym Youda¸our eWmai 2auto»r
Ganz gleich ob es als „Lästerung“ oder als „Verleumdung“ übersetzt wird, definiert bkasvgl¸am (v.9b) den Kontakt mit der Synagoge als einen Konflikt, der wahrscheinlich durch den Glauben an Jesus bedingt war.26 Die Deutung als „Lästerung“ ist vorzuziehen, weil in der Apk alle anderen Fälle von bkasvgl¸a (13,1.5.6; 17,3) und bkasvgl´y (13,6; 16,9.11.21) als „Lästerung“ bzw. „läsbemerkt, verliert die Apk den „Dienst“ (2,19: diajom¸am) nicht aus den Augen (Lampe, „Johannesapokalyptiker“, 96). 25 IJudO II, 44; 174–95; Schuol, Augustus und die Juden. Rechtsstellung und Interessenpolitik der kleinasiatischen Diaspora, Studien zur Alten Geschichte 6, Frankfurt am Main: Verlag Antike e.K., 2007, 43: „Auch Smyrna zählt zu denjenigen Orten, die sicherlich bereits im 1. Jh. n. Chr. eine recht bedeutende jüdische Gemeinde hatten, wie der in den Quellen behauptete Anteil der Juden an den dortigen Christenverfolgungen nahelegt.“ 26 Vgl. Kiddle, 26–7.
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tern“ übersetzt werden müssen. Was der exakte Inhalt der Lästerung umfasst, sagt uns der Apokalyptiker nicht. Trotzdem thematisiert er sie durch die Mahnung zur „Treue bis zum Tod“ im unmittelbaren Kontext als Herausforderung für die „Treue“ der Christen (2,10b). Die Lästerung (bkasvgl¸am) ist ein Widerspruch zu dem, was in urchristlicher Wahrnehmung „Treue“ ist.27 Wir wissen aus anderen antiken Quellen, dass nach dem Werturteil der nichtchristlichen Juden die „Treue“ der Christen selbst eine Lästerung (bkasvgl¸a) war. Diese Denkform teilten die ersten Christen, aber füllten sie mit einem entgegengesetzten Inhalt: Treue ist vorzuziehen, Lästerung ist zu verwerfen. Beide Seiten kämpften um die Definitionsmacht darüber, wer eine Lästerung (bzw. bkasvgl¸a) begeht. Juden waren damals signifikante Andere für die ersten Christen. Die Christen zählten sich im Grunde noch zum Judentum. Die Verleugnung der Judenidentität der Diasporasynagoge von Smyrna („die sagen, sie seien Juden, und sind’s nicht“) könnte dann ein sozialpsychologischer Abwehrmechanismus sein, mit dem die Christen in Smyrna und der Apokalyptiker die Ethnizität jener Juden leugneten, die sie ablehnten. Die Synagoge wurde von nichtchristlichen Juden monopolisiert. In diesem Sinne waren die Judenchristen „sozial Schwache“. Ihr Abgelehntwerden wirkte wie ein Schock auf sie. Die dreifache verbale Aggression in Apk 2,9b, der Lästerungsvorwurf, die Identitätsleugnung und die Satanisierung, spiegelt diesen Schock der ersten Christen, zumal der Judenchristen unter ihnen, wider. Über sie wurden Lästerungen ausgesprochen (bkasvgl¸a v.9b).28 Ihre „Treue“ wurde als Abfall bewertet. Wer das echte Objekt der „Treue“ sein soll, wird im Brief aber noch nicht gesagt. Das wird erst im Kontext von Apk 17,14 durch die !qm¸om-Metaphorik enthüllt. Wertrevolutionär ist: Der Eigenwert der ersten Christen soll nicht davon abhängen, was signifikante Andere (d. h. hier das Diasporajudentum) an ihnen wahrnehmen, weil der für sie entscheidende signifikante Andere der Messias ist.29 Die ersten Christen sollen auch nicht vergessen, was der Messias an anderen signifikanten Anderen wahrnimmt (2,9: oWd² sou . . . !kk± sumacycµ toO satam÷). Dann können sie „Treue“ schwören. Die dreifache Reaktion (der Blasphemievorwurf, die Identitätsleugnung und die Satanisierung) bedeutet in Apk
27 Vgl. Prigent, 167. 28 Just. Dial. 16,4: „… cursing in your synagogues those that believe on Christ. For you have not the power to lay hands upon us, on account of those who now have the mastery.“ (Zitiert von ANFa I, 202). Just. Dial. 47,5: „Further, I hold that those of the seed of Abraham who live according to the law, and do not believe in this Christ before death, shall likewise not be saved, and especially those who have anathematized and do anathematize this very Christ in the synagogues. . .“ (Zitiert von ANFa I, 218). 29 Lampe, „Menschliche Würde in frühchristlicher Perspektive,“ in: Herms (Hg.). Menschenbild und Menschenwürde, VWGTh 17, Gütersloh: Kaiser, Gütersloher Verl.-Haus, 2001, 289, stellt für die Antike fest: „Würde kommt mir als antikem mediterranen Menschen auf weiten Strecken durch den sozialen Verband zu, in dem ich lebe und mit dem ich mich identifiziere.“
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2,9b die Negation des Werturteils der Diasporasynagoge über die Christen durch den Messias. Zwei verschiedene Bezeichnungen für den Gegenspieler des Messias („Satan“ bzw. „Teufel“) in Apk 2,9b und 2,10 deuten einen Wandel des „Sitzes im Leben“ an. Die Aussage über den Teufel weist in die Dimension der Politik. Apk 2,10 sagt Zwangsausübungen gegen die Christen durch politische Instanzen vorher. Zu fragen ist, ob die Politik des „Teufels“ darauf zielt, die urchristliche „Treue“ absichtlich zu untergraben. Der Teufel hat das Recht, eine Gefängnisstrafe zu verhängen (eQr vukaj¶m), und die Macht zur Verfolgung (hk?xim Bleq_m d´ja) und Tötung (%wqi ham²tou). In der Apk hat die Tötungsmacht des Teufels zwei Seiten. Zum einen handelt es sich um vorsätzliche Tötung, z. B. durch Todesurteil (vgl. !pojtamh_sim in 13,15), zum anderen durch Auswirkungen von Kriegen oder einer Feldschlacht (vgl. 6,8) auf einfache Menschen und die darauf folgenden Katastrophen durch Verhungern, Entvölkerung (auch durch Pestilenz) sowie die Zerstörung von Lebensbedingungen (vgl. 6,8). In Apk 2,19 wird die Art der Tötung nicht näher bestimmt. Der Akzent liegt allein darauf, dass der Teufel die Macht dazu hat. Er ist ein Symbol dafür, dass den Ohnmächtigen das Lebensrecht abgesprochen wird (vgl. v.8: mejqºr; v.10b: ham²tou; vgl. v.11: toO ham²tou toO deut´qou). Die Syntax von Apk 2,10 legt nahe, dass „Gefängnisstrafe“ (eQr vukaj¶m), „Verfolgung“ (hk?xim Bleq_m d´ja) und „Tötung“ (%wqi ham²tou) drei aufeinander folgende Ereignisse sind, sagt aber direkt nichts über deren kausale Verflechtung. Eine systematische Verfolgung aller Christen ist nicht im Blick. Denn nur einige von ihnen (1n rl_m) werden inhaftiert. Unklar ist, warum der Teufel sie verfolgen will. Möglicherweise ging es nur darum, soziale Unruhen zu vermeiden. Das war ein Teil der Stabilisierungs- und Sicherungsstrategien der römischen Herrschaft. Der Apokalyptiker schrieb sehr zurückhaltend darüber, vielleicht weil die ersten Christen im Alltagsleben gar nicht erfuhren, dass die römische Politik ihren Glauben, d. h. ihre „Treue“ absichtlich zu untergraben suchte.30 Die Erwartung eines Kriegs gegen die treuen Christen wird erst im Kontext von Apk 17,12–14 in Zusammenhang mit der !qm¸omMetaphorik artikuliert. Und sie erfuhren in Smyrna nach wie vor auch die 30 Vgl. Lampe, „Nachpaulinisches Christentum“, 196–199, stellt fest, dass es keine systematischen Verfolgungen durch den Staat gab: Zur Regierungszeit Neros (64 n. Chr.) findet die erste lokale Verfolgung der Christen in Rom statt (Tacitus, Annalen 15,44). „Sie hat nichts direkt mit dem Christentum zu tun“ (S.197). Aber das Ereignis „setzt voraus, dass die Christen bereits in einer beträchtlichen Anzahl existieren, in der Öffentlichkeit bekannt sind und dort einen im ganzen negativen Eindruck gemacht haben: Nur so wird verständlich, warum sie zu Sündenböcken in der stadtrömischen Öffentlichkeit eignen“ (S.197). Zur Regierungszeit Domitians wird die Christenverfolgung dokumentiert (christlich: Apk; 1Klem 1,1; Euseb, KG 3,18,4; 4,26,9; heidnisch: Sueton, Domitian 11; 13; Dio Cassius 67,14). Aber „von einer durch Domitian organisierten Christenverfolgung sollte man nicht sprechen; die Christen sind gleichsam ungewollte Opfer des politischen Programms“ (S.198).
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positiven Seiten der römischen Regierung. Apk 2,10 zeigt, dass die ersten Christen aufmerksam ihre Marginalisierung in ihrer Umwelt registrierten. Nach ihrer Selbstwahrnehmung wurden sie auf ihre Treue hin geprüft (peiqash/te). Diese Selbstwahrnehmung ist authentisch, aber perspektivisch begrenzt. In ihr begegnen wir der Perspektive von Marginalisierten in einer Stadt, die an sich wohlhabend war, in der die Christen aber ohnmächtig sind. In einer Vision, in der das !qm¸om wieder im Zentrum steht, werden die Ohnmächtigen einst ohne Furcht leben und (im tausendjährigen Reich) mit dem !qm¸om herrschen. Bis dahin gelten die beiden Imperative im Brief: „Fürchte dich nicht!“ (2,10a) und „Sei treu bis zum Tod!“ (2,10b). Ziel einer Wertrevolution ist nicht, dass die Ohnmächtigen die politische Macht teilen können, sondern dass sie eine Treue leben können, welche die Furcht vor der Gesellschaft und die Todesfurcht überwindet. Ob sie an den Hebeln der Macht sitzen werden, spielt im Blick auf die Frage nach ihrer „Treue“ keine Rolle. Durch Voraussage der Pressionen und Verfolgungen in Apk 2,10 widerspricht der Messias der politischen Leugnung des Lebensrechts der Ohnmächtigen durch den „Teufel“. Die Smyrnagemeinde wird als ökonomisch arm, kulturell schwach und politisch ohnmächtig marginalisiert. Diese Marginalisierung wird sozialmythisch an äußere Faktoren attribuiert. Sie vollzieht sich als Dämonisierung oder Satanisierung. Wo können Hinweise auf das „Selbstwertgefühl“ der Christen in dem Sendschreiben gefunden werden? Beachtenswert ist: Ohne Tadel würde keine Krise sichtbar werden. Die beiden Stellungnahmen zur Gemeinde, nämlich !kk± pko¼sior eW in Apk 2,9a und d¾sy soi t¹m st´vamom t/r fy/r in Apk 2,10b, könnte das Selbstwertgefühl von Mitgliedern der Smyrnagemeinde verunsichern. „Aber wohlhabend bist du!“ (2,9a) bezieht sich nicht auf die Zukunft, sondern auf die Gegenwart, nicht auf das Jenseits, sondern das Diesseits. Der Messias verändert hier die Selbstwahrnehmung der Smyrnagemeindemitglieder, weil sie sich aufgrund ihrer Armut und Bedrängnis anders einschätzt. „So will ich dir die Krone (oder den Siegeskranz) des Lebens geben“ (2,10b) hebt etwas Positives hervor. Im Hinblick auf diese Funktion ist es egal, ob man st´vamor als „Krone“ oder „Siegeskranz“ übersetzt. Es ist in jedem Fall ein Symbol der Ehre. Als symbolischer Akt der Zustimmung gilt „d¾sy soi“. „Leben“ bedeutet in der Apk mehr als bloß „Lebenszeit“ (wie Ewigkeit), mehr als ein „(auferstandenes) Lebewesen“ oder eine „(auferstandene) Seele“, sondern es ist ein Zeichen nachhaltiger „Vitalität“ schon hier und jetzt. Im Fall von Smyrna ist „das Leben“ die Antwort des Messias auf die Frage nach der Selbstbehauptung des urchristlichen Lebensstils in der kleinasiatischen Gesellschaft und im Verhältnis zur diasporajüdischen Synagoge. Der Messias garantiert die Aufwertung der Gemeindemitglieder, weil deren Selbstmotivation noch nicht stark genug ist, um sich gegen ihre soziale Umwelt durchzusetzen.
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Das Selbstwertgefühl der Smyrnagemeinde ist ausschlaggebend für den Erfolg der urchristlichen Mission trotz sozialökonomischer Armut und Bedrängnis, in sozialkultureller Marginalisierung und in sozialpolitischer Dämonisierung. Die soziale Aufgabe der Smyrnagemeinde wird wie die der Ephesusgemeinde (Apk 1,20; 2,1; vgl. 2,5.7) durch das Symbol des „Leuchters“ dargestellt, was für den Leser verständlich ist, wenn er das Sendschreiben nach Ephesus in der normalen Lesefolge vorher gelesen hat. Der Leuchter weist auf den Auftrag der Integration hin, auf die Ausstrahlung eines urchristlichen Eigenwerts, der unabhängig von der gesellschaftlichen Umgebung ist und der die Todesfurcht überwindet. Nach diesen Überlegungen können wir die verborgene Dynamik zwischen dem Smyrnagemeindebrief und dem in ihm abwesenden !qm¸om aufdecken. Was trägt die !qm¸om-Metaphorik zur Integrationsforderung des Smyrnagemeindebriefs bei? Hier sind zwei Impulse erkennbar: (1) Das !qm¸om (zumal sein Blut) ergänzt den Appell zur urchristlichen „Treue“; und sorgt (2) für Affektkontrolle. (1) Das !qm¸om und die Treue der Christen Auf den ersten Blick verlangt der wieder zum Leben gelangte Menschensohn (2,8), dass die Smyrnagemeinde einen Sieg (2,11) erringt. Das wird in Apk 5 aufgenommen: Jeder Christ soll sich mit dem in Apk 5 erstmals dargestellten siegreichen !qm¸om (5,5–6) als Vorbild identifizieren. Das geschlachtete, aber wieder auf eigenen Beinen stehende, lebendige Lamm (5,6) ist mit dem toten, aber nun wieder lebendigen Menschensohn vergleichbar. Im Smyrnagemeindebrief sieht der Menschensohn die armen und bedrängten Christen als „wohlhabend“ (2,9a: pko¼sior) an, in Apk 5 ist das geschlachtete Lamm ein Vorbild dafür, dass „Wohlstand“ (5,12: pkoOtom) in Ehren empfangen werden kann. Während im Sendschreiben die Ethnizität der Diasporajuden verneint wird (2,9b), wird in Apk 5 die Beziehung des !qm¸om zu seiner jüdischen Herkunft betont (5,5: 1m¸jgsem b k´ym b 1j t/r vuk/r Yo¼da, B N¸fa Dau¸d) und damit an die sozialkulturelle Wurzel der Christen erinnert (vgl. 5,9–10). Auf diese Weise wird das !qm¸om zu einem Gegenbild zur Diasporasynagoge von Smyrna. In Smyrna werden einige Christen an Leib und Leben bedroht (2,10), hier überwindet das !qm¸om die Todesdrohung (5,5–6.9.12). In Apk 5 ist das !qm¸om nicht bloß ein Bild für die Überlebenskraft eines Opfers, sondern im universalen Lobpreis ein Bild für die Würde31 eines auf Erden Entwürdigten 31 Siehe: Lampe, „Menschliche Würde“, 288–304. Lampe stellt dar, was antike Menschen des Mittelmeerraums unter „Würde“ denken und empfinden“ (ders., 289). Er untersucht insbesondere die Beziehung zwischen Christusebenbildlichkeit und menschlicher Würde in Bezug auf das „antik-paulinische Konzept der Identifikation mit dem Gekreuzigten“ (ders., 303). Vgl. auch die alttestamentliche und die neutestamentliche Menschenwürde in: KrNger, „»Wie der
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und Verworfenen (vgl. 11,8). Deshalb ist die innere Verbindung zwischen dem Brief an die Smyrnagemeinde und der !qm¸om-Metaphorik von Apk 5 so wichtig. Das !qm¸om in Apk 5 ist aber mehr als ein Vorbild. Es hat durch sein Blut (5,9: 1m t` aVlat¸ sou) eine persönliche Beziehung zu allen Christen (die Smyrnagemeinde eingeschlossen). Anders als im Sendschreiben nach Ephesus fällt der Gegensatz von Leben und Tod im Brief an die Smyrnagemeinde sofort auf (vgl. v.8 mejqºr und 5fgsem; v.10 ham²tou und fy/r; v.11 ham²tou in Apk 2). In Apk 5 verschmilzt das Thema von Leben und Tod in einem zusammengesetzten Zeichen, nämlich im „Blut“ des !qm¸om. Das „Blut“ ist ein Zeichen des Tods (vgl. v.9 1sv²cgr; vv.6.12 1svacl´mom in Apk 5). Aber der Tod wird negiert, da das !qm¸om, nachdem sein Blut vergossen wurde, wieder lebendig geworden ist: Es steht und lebt (5,6: 2stgjºr). Zugleich ist es ein Zeichen einer neuen Gemeinschaft für „alle Stämme und Sprachen und Völker und Nationen“, weil sie ein neues Königreich werden, einen neuen Status (als Priester) erhalten und die Erde beherrschen werden (5,9–10). Auf diese Weise vermittelt das „Blut“ des !qm¸om eine doppelte Botschaft. Einerseits klagt es ohne Stimme, aber dennoch hörbar und laut über die Stigmatisierung von Christen im Imperium Romanum, andererseits eröffnet es allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen (alle stigmatisierten Außenseiter eingeschlossen) neue Chancen des Zusammenlebens im Gottesreich. Einerseits wird der, dessen Blut (wie das des !qm¸om) vergossen wird und dessen Lebensrecht im Imperium Romanum geleugnet wird, in seinem Leiden anerkannt, andererseits wird jedem durch das Blut des Lammes erworbenem Menschen eine Sehnsucht nach Mitherrschaft auf Erden vermittelt. Einerseits symbolisiert das Blut ein hoffnungsloses Ende des Lebens, andererseits den hoffnungsvollen Beginn eines neuen Lebens. Die ersten Christen brauchten angesichts von Gefahr für Leib und Leben ein lebendiges und einprägsames Bild ihrer Menschenwürde; das „Blut“ des !qm¸om bot als ein zusammengesetztes Zeichen aus Leben und Tod solch ein Bild an. Daneben ist noch ein zweiter Aspekt des „Bluts“ des !qm¸om zu betrachten. Weil alle Christen „durch (1m) das Blut“ des !qm¸om gekauft wurden, dient das Symbol des Blutes auch als „Grundstein“ des „Gottesreichs“ (5,10). Denn alle sind aufgrund dieses Blutes „Blutsverwandte“:
Wind verfliegt meine Würde . . . « (Hiob 30,15) Elend und Würde des Menschen in alttestamentlicher Sicht,“ in: Herms (Hg.). Menschenbild und Menschenwürde, 271–287; Seybold, „Feindbild und Menschenwürde: Das Zeugnis der Psalmen,“ in: Herms (Hg.), Menschenbild und Menschenwürde, 307–319; Oorschot, „Menschenbild, Gottesbild und Menschenwürde – ein Beitrag des Hiobbuches,“ in: Herms (Hg.), Menschenbild und Menschenwürde, 320–343; Bçttrich, „»Suchen und Finden«: Aspekte des johanneischen Menschenbildes nach Joh 1,35–51,“ in: Herms (Hg.), Menschenbild und Menschenwürde, 379–396. Meine Überlegungen wollen auch für die Apk einen Sinn für „Würde“ ermitteln.
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Soziorhetorische Analyse: Die Intention der !qm¸om-Metapher
Acºqasar
t` hey
1m t` aVlat¸ sou
(5,10) 1po¸gsar aqto»r t` he` Bl_m basike¸am
In geistlicher Hinsicht ist das vom !qm¸om neu gegründete Königreich eine neue „Blutsverwandtschaft“ (5,9–10). In ihr sind die traditionellen Blutsverwandten, alle Eliten, Machthaber, Wohlhabende und ethnische Gruppen nicht mehr die privilegierten Gruppen. Im multiethnischen, multikulturellen, -lingualen und -nationalen christlichen Gemeinwesen (5,9) sind alle gleichberechtigt, die Welt zu beherrschen (5,10: basike¼sousim 1p· t/r c/r), weil das Blut des !qm¸om ihnen eine gemeinsame Würde gegeben hat. Die neue „Blutsverwandtschaft“ schafft eine neue Chancengleichheit durch Wertrevolution. In Apk 7,14 wird das Thema des „Blutes“ weiter entwickelt. Hier erfüllt das „Blut“ des !qm¸om die Christen mit Lebenskraft, die in Bedrängnis (vgl. 1j t/r hk¸xeyr t/r lec²kgr), in Hunger und Armut, Durst und Hitze (7,16) und mit vielen Tränen (7,17) ausharren müssen. Drei der fünf Belege in der Apk für das Wort „Bedrängnis“ (hk?xir) begegnen in 2,9.10 und in Apk 7,14. Das weist auf eine innere Verbindung zwischen dem Sendschreiben nach Smyrna und Apk 5 und 7 hin. In Apk 12,11 begegnet das „Blut“ des !qm¸om ein drittes und letztes Mal. Der Vers führt aus Apk 5,9 den Gedanken der urchristlichen Würde und aus Apk 7,14 den Gedanken der Lebenskraft weiter. Die marginalisierten Christen besiegen (1m¸jgsam) den Satan (12,9: Satam÷r) bzw. den Teufel (12,9: Di²bokor) bis zum Tod (%wqi ham²tou). Die Smyrnagemeinde könnte sich diese Christen zum Vorbild nehmen und die von ihnen satanisierte Synagoge (sumacycµ toO satam÷) und das von ihnen dämonisierte (di²bokor) Stadtleben ebenfalls überwinden (mij_m). Die nur hier zu findende Wendung „bis zum Tod“ (%wqi ham²tou) verbindet den Smyrnagemeindebrief (2,10b) und Apk 12,11. Daher sind beide Texte aufeinander zu beziehen. Der zweite Text präzisiert, wie die „Treue“ der Christen gegenüber dem Teufel oder dem Satan verwirklicht werden kann. Es ist festzuhalten, dass in dem Smyrnagemeindebrief (2,8–11) eine verborgene Verbindung mit dem !qm¸om (zumal mit seinem Blut) enthalten ist, durch die entfaltet wird, was „Treue“ der Christen bedeutet.
(2) )qm¸om und Affektkontrolle Wie schon gesagt wurde, attribuiert der Apokalyptiker die Marginalisierung der Christen an mythische Mächte: Er dämonisiert und satanisiert ihre Umwelt. Ohne Affektkontrolle kann das starke Aggressionen bis hin zu einem Aufstandsimpuls auslösen. Wir müssen versuchen nachzuempfinden, was in der Smyrnagemeinde vor sich ging, die in solch einer Umwelt zum Rückzug
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neigte. In Erwiderung auf diese Rückzugstendenzen in Smyrna stellt sich der aggressive Messias auf die Seite der bedrängten Christen und motiviert sie dazu, den „Teufel“ durch Treue bis zum Tod zu besiegen. Auch in dieser Hinsicht, ist das !qm¸om verborgen im Sendschreiben nach Smyrna gegenwärtig. Es wird durch Verbindung mit Apk 12,11 zum Symbol der Affektkontrolle. Der Weg zum Sieg (vgl. mij_m in 2,11 mit 1m¸jgsam in 12,11) ist das Wort des christlichen Zeugnisses (t¹m kºcom t/r laqtuq¸ar) und das „Blut“ des !qm¸om. Dieses Blut verwandelt, was an Aggressionen ausgelöst wird, in aktive Zeugenschaft. Dazu hilft das Bild des !qm¸om, denn sein Sieg geschieht durch das „Wort“ und durch eine Verschränkung von kriegerischen (=aggressiven) und martyrologischen (= leidenden) Zügen. Darin besteht sein Beitrag zur Affektkontrolle. Außerdem verknüpft der Apokalyptiker im Smyrnagemeindebrief den jüdisch-urchristlichen (2,9b) bzw. den römisch-urchristlichen Konflikt (2,10) mit dem „Satan“ bzw. dem „Teufel“. Dadurch wird sozialpsychologisch der „Satan“ bzw. der „Teufel“ zum eigentlichen Feind. Das ermöglicht es, dass nicht jeder (Diaspora)-Jude oder römische Beamte als Feind verdammt wird. Eine weiterentwickelte Affektkontrolle finden wir in der !qm¸om-Symbolik von Apk 17,14. Wie oben gezeigt, gibt es keinen anderen apokalyptischen Textabschnitt, in dem die !qm¸om-Metaphorik und die „Treue“ miteinander so klar verbunden sind. Weil die „Treue“ das prominenteste Thema im Smyrnagemeindebrief ist, können die Leser des Briefs den Bezug von Apk 17,14 auf dieses Gemeindeschreiben erkennen. In Apk 17,14 ist !qm¸om das Objekt der „Treue“, weil !qm¸om „Herr der Herren, König der Könige“ ist. Auf diese Weise kommen auch die römischen Regionalverwalter zusammen mit dem !qm¸om auf die Seite der „Treue“ zu stehen. Sie werden nicht mehr unbedingt als Feinde betrachtet, sondern als Adressat der urchristlichen Verkündigung. In Apk 17,14 sind das !qm¸om und die „Auserwählten“ Mitkämpfer auf dem Weg der Treue. Nach dem Ausdruck „Auserwählte“ (1jkejto¸) zu urteilen, waren ursprünglich Juden gemeint, und in Apk 17,14 wird der Ausdruck auch nicht von Heidenchristen monopolisiert. Auf diese Weise kommen die (Diaspora) juden auf die Seite der Mitkämpfer des !qm¸om zu stehen. Auch sie werden als Adressaten der urchristlichen Verkündigung wahrgenommen. Die Aggressivität der ersten Christen konnte durch die „offene“ Seite des !qm¸om in Apk 17,14 transformiert oder mindestens kontrolliert werden. Kurz gesagt zielt der Smyrnagemeindebrief auf das Lebensrecht der Marginalisierten. Erstaunlicherweise wird weder der Weg einer Machtrevolution noch eines Rückzugs eingeschlagen, sondern das Ziel ist eine Integration in die Gesellschaft durch eine von dieser Gesellschaft unabhängige „Treue“. Die verborgene Vernetzung mit dem erst später in der Apk erscheinenden !qm¸om lässt einerseits die urchristliche Sehnsucht nach Selbstwert und Würde und nach gleichberechtigten Chancen des Zusammenlebens (nämlich nach einer neuen „Blutsverwandtschaft“) hervortreten, andererseits finden wir eine Metamorphose der Aggression auslösenden
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Soziorhetorische Analyse: Die Intention der !qm¸om-Metapher
Dämonisierung im Smyrnagemeindebrief, um einen Impuls zur Machtrevolution zu neutralisieren.
Das Sendschreiben an die Gemeinde von Pergamon Was kann man über den sozialen Kontext des Pergamonbriefs erfahren? Der Brief behandelt nicht nur innergemeindliche Probleme, sondern auch die Interaktion der Gemeinde mit ihrer Umgebung. Ihre Umwelt ist durch „den Thron des Satans“ (2,13) geprägt. Damit ist die römische Macht gemeint. Der Thron des Satans ist Symbol der Zugehörigkeit zu diesem Reich, auch wenn nur ein kleiner Teil der Stadtbevölkerung die römische Bürgerschaft hatte. Der Brief (2,12–17) verlangt von den Christen deren Integration in diese von Rom beherrschte Gesellschaft bei bleibender Zugehörigkeit zur messianischen Bewegung. Sie sollen mitten in einer ungerechten Umgebung am „Namen“ Jesu festhalten. Sie haben schon Unterdrückung erfahren (2,13). Eine Anpassungstendenz in der Gemeinde in Gestalt der Lehre des Bileam ist wahrscheinlich auch dadurch bedingt. Im Hinblick auf den „Namen“ (2,13.17) eröffnet das !qm¸om die Möglichkeit einer neuen Zugehörigkeit (14,1: t¹ emola aqtoO ja· t¹ emola toO patq¹r aqtoO cecqall´mom 1p· t_m let¾pym aqt_m). Die Christen von Pergamon halten nicht am Namen des Kaisers fest, sondern orientieren sich an einem anderen „Namen“ (2,13: emola). Dieser neue Name bringt die Hoffnung auf eine andere Zugehörigkeit zum Ausdruck. Deswegen ist ihnen kein Aufstand in Reaktion auf ihre Unterdrückung erlaubt. Vielmehr hat einzig und allein der Messias ein aggressives Aussehen mit seinem „scharfen, zweischneidigen Schwert“ (2,12: tµm Nolva¸am tµm d¸stolom tµm ane?am). Das „Schwert meines Mundes“ (Apk 2,16) ist aber keine Angriffswaffe. Es sind die Worte des Messias. Was trägt die !qm¸om-Metaphorik zur Integrationsforderung des Pergamongemeindebriefs bei? Einmal gibt das !qm¸om der Sehnsucht nach einem „neuen Namen“ ein Ziel; ferner ist das !qm¸om Symbol der Affektkontrolle. In Apk 14,1 finden wir eine Gemeinschaft von 144.000 Menschen aufgrund eines anderen Namens und im Gegensatz zum Namen des Tieres (13,17). In diesem Sinne gibt das !qm¸om seinen Nachfolgern eine neue Zugehörigkeit. Sie koexistiert mit der durch den Namen des Tieres begründeten Gemeinschaft anderer Bewohner auf Erden. Im Lichte des „Namens“ in Apk 15,3–4 wissen wir, dass der Name die Zugehörigkeit zu einem anderen Staat oder Volk symbolisiert. Darüber hinaus kontrolliert das !qm¸om das Verständnis der Aggressivität des Messias in diesem Brief. Der Messias fordert keine Machtrevolution in ihm. Das !qm¸om bestätigt ohne Aufstand eine zweite Zugehörigkeit im Diesseits.
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Das Sendschreiben an die Gemeinde von Thyatira Auch der Brief an die Gemeinde von Thyatira (2,18–29) will das „Festhalten“ (Apk 2,25: jqat¶sate) an der urchristlichen Lebensform stärken – auch gegenüber einem Verlangen nach Macht, die in der Erwartung einer Mitherrschaft mit dem Messias und einer Herrschaft über alle Nationen durchbricht. Der Kern des Briefes warnt vor der ideologischen und moralischen „Unzucht“ (Apk 2,21: poqme¸ar) mit der bestehenden Herrschaft. Die Idee der Mitherrschaft mit der zukünftigen Herrschaft ist wertrevolutionär: Das Konzept der Herrschaft wird verändert, wenn wir ausgehend von diesem Brief die späteren Aussagen über das friedliche „Hüten“ des Lammes (7,17: poilame?) und das „Mitherrschen“ mit ihm (5,10: basike¼sousim) einbeziehen. Die innere Logik dieser Beziehungen zwischen dem Thyatirabrief und dem in ihm noch abwesenden !qm¸om ist im Folgenden näher darzulegen. Was kann man zur sozialen Dimension des Gemeindelebens diesem Brief entnehmen? In der Gemeinde gibt es eine Anpassungspropaganda: die Lehre der Isebel. Belege dafür sind Apk 2,20 (tµm cuma?ja Yef²bek, B k´cousa 2autµm pqov/tim ja· did²sjei ja· pkamø to»r 1lo»r do¼kour) und 2,24 (t± bah´a toO satam÷). Sowohl „Isebel“ als auch „die Tiefen des Satans“ sind Symbole der Herrschaftsideologie, mit der die Gemeinde konfrontiert wurde. Wo finden sich Hinweise auf die „Unzucht mit der Herrschaft“ im Brief ? Die Gemeinde toleriert die Ideologie Isebels (2,20: !ve?r). Viele Gemeindeglieder passen sich ihrer Propaganda an (2,22: to»r loiwe¼omtar let( aqt/r). Was trägt die !qm¸om-Metaphorik zur Integrationsforderung des Briefes bei? Zwei Aspekte seien hervorgehoben: Das seine Herde hütende !qm¸om dient einerseits der Aggressionskontrolle in der gewalttätigen Vision vom Zerschmettern aller Nationen; es konkretisiert andererseits als Herrscher die Idee der Mitherrschaft. Das friedlich hütende !qm¸om ist im Gemeindebrief noch verborgen. Wenn es dort vom Messias heißt, dass er die Heiden mit eisernem Stab „weidet“, so ist damit der aggressive Messias gemeint (2,22b.23.26.27), der mit eisernem Stab, d. h. mit dem Schwert die Völker beherrscht. Dieser Messias setzt sich mit Gewalt durch und korrigiert die Rückzugstendenz (bzw. die Anpassung) der Gemeinde. Erst später erscheint ab Apk 5 das !qm¸om, um die aggressive Symbolik dieses gewalttätigen Messias zu korrigieren. Aus dem gewalttätigen „Weiden“ des Messias in Apk 2,27 wird das friedliche „Weiden“ des Lammes in 7,17 (s. u.). Das Versprechen für die Sieger (2,26–28) im Brief nach Thyatira (2,18–29) ist: „Und wer überwindet und meine Werke bis ans Ende bewahrt, dem werde ich Macht über die Nationen geben; und er soll sie weiden mit eisernem Stab, und wie Töpfergefäße soll er sie zerschmettern, wie auch ich (dazu Macht) von meinem Vater empfangen habe; und ich werde ihm den Morgenstern
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geben.“ Das ist eine messianische Verheißung.32 Zwei Elemente weisen auf den Messias. Eins ist die Anspielung auf PsLXX 2,8–9: „Bitte mich, und ich will dir die Nationen zum Erbteil geben, und zu deinem Besitz die Enden der Erde. Mit eisernem Stab wirst du sie hüten, wie Töpfergeschirr sie zerschmeißen“33 Ein zweites messianisches Element ist eine Anspielung auf das Stern-Symbol im Frühjudentum, z. B. Num 24,17 „Ein Stern geht in Jakob auf“.34 Obwohl der Inhalt deutlich messianisch ist, bereitet das Verstehen Schwierigkeiten. Das Satzglied „wie ich von meinem Vater empfangen habe“ ist syntaktisch zweideutig, da es sich sowohl auf „Macht“ als auch auf den „Morgenstern“ beziehen kann.35 Mit Rücksicht auf den Kontext in der Apk ist ein Bezug zu „Macht“ wahrscheinlicher. Denn es wird sonst nirgendwo gesagt, dass der Vater dem Menschensohn den „Morgenstern“ gibt. Außerdem ruft der Ausdruck sowohl PsLXX 2,7 als auch die Bezeichnung „Sohn Gottes“ (2,18) in Erinnerung.36 Das heißt aber, dass Apk 2,26b–28a ein anderes Ereignis (die Machtübergabe an den Messias) meint als Apk 2,28b (die Übergabe des Morgensterns an den Überwinder). Eine weitere Schwierigkeit ist, wie der Verfasser auf das alttestamentliche Messias-Konzept anspielt. Bemerkenswert sind die Veränderungen in den zwei Anspielungen, in denen auch das !qm¸om eingebracht wird. Das friedlich hütende !qm¸om verändert die jüdische überlieferte Ideologie vom Zerschmettern aller Nationen.37 PsLXX 2,8–9 ist eine Gottesrede. In ihr stehen „ich“ und „du“, „Vater“ und „Sohn“ gegenüber, in Apk 2,26b–28a finden wir dagegen eine Rede in der dritten Person. Der Messias spricht von sich, Gott und dem „Sieger“. Diese Veränderung erklärt den Ausdruck „wie auch ich von meinem Vater empfangen habe“ (2,28a). Denn was dieser Ausdruck meint, vollzieht sich nicht in 32 z. B. Aune I, 210–3; Giesen, 122–4. 33 Wie P. Busch sagt, wurde Ps 2,9 seit der nachexilischen Zeit sicher messianisch verstanden. Trotz relativ weniger Indizien im antiken Judentum macht die Erklärung von Ps 2,9 in MTeh Ps 120,7 die „messianische Verwendung in der Apk plausibel“ (siehe: Busch, Drache, 87–88). Zur Diskussion siehe Aune I, 209–13. 34 Vgl. Giesen, 123–4; Aune I, 212–3. 35 Siehe Aune I, 212. 36 Giesen, 123. 37 PsSal 17,24 (1m N²bd\ sidgqø sumtq?xai p÷sam rpºstasim aqt_m akehqeOsai 5hmg paq²mola 1m kºc\ stºlator aqtoO) ist der frühste Beleg der Interpretation von Ps 2,9 als „Zerschmettern aller Nationen“ (Busch, Drache, 96–101). Busch stellt mit Recht fest: „Die Funktion dieses Messias ist hier klar die Vernichtung äußerer politischer Feinde, konkret Rom (Busch, 99)“, und: „der Psalm gewinnt dadurch eine antirömische bzw. romkritische Stoßrichtung“ (Busch, 101). In traditionsgeschichtlicher Hinsicht sind die Apk und PsSal 17 zwei „parallele, unabhängige“ Rezeptionen von Ps 2,9 (Busch, 98). Die PsSal entstanden in der Mitte des 1. Jh.s; sie sind sehr nationalistisch (Vgl. Rowley, The Relevance of Apocalyptic. A Study of Jewish and Christian Apocalypses from Daniel to the Revelation, London: Lutterworth, 21947, 71–3). Die Änderung des in PsLXX 2,9 übersetzten Verb (bzw. poilame?r) in PsSal 17,24 durch „zu vernichten“ (akehqeOsai) zeigt eine aggressive Ideologie. Wie diese Arbeit zeigen wird, wird durch die !qm¸omMetapher (7,17) das „Hüten“ zu einem friedlichen Akt.
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der Apk, sondern in Ps 2. Anders gesagt, der Verfasser überarbeitet das Versprechen in Ps 2. Dabei kommt es de facto zu einer Transformierung des alttestamentlichen Messias-Konzepts. In Apk 2,26 klingt im Wort 1nous¸a die traditionsgeschichtliche Deutung „des eisernen Stabs“ als „Machtsymbol“ an.38 Beim 21maligen39 Vorkommen des Wortes „Macht“ (1nous¸a) der Apk begegnet das Wort „Macht“ in Apk 13 allein fünf Mal. Apk 13,2 sagt, dass der Drache dem Tier aus dem Meer große Macht (1nous¸am lec²kgm) gab. Diese Aussage wiederholt sich in den Versen 4, 5 und 7. In Apk 13,7 betont der Verfasser, dass der Drache dem Tier Macht über die Nationen gegeben hat.40 Danach übt das Tier vom Land die ganze Macht des ersten Tieres (d. h. des Tieres aus dem Meer) (tµm 1nous¸am toO pq¾tou hgq¸ou p÷sam) aus (vgl. 13,12). Der Vergleich zwischen Kapitel 13 und dem Überwinderspruch des Gemeindebriefes nach Thyatira zeigt eine Parallele zwischen dem Verhältnis von „Vater, Sohn und Sieger“ im Gemeindebrief und dem Verhältnis von „Drache, Tier aus dem Meer und dem Tier vom Land“. Der Vergleich betont eine Antithese. Der Verfasser betont die parallele Machtübertragung: „wie auch ich von meinem Vater empfangen habe“ (2,28a). Er will zeigen: Hier treten zwei Gruppen bzw. zwei Ideologien (d. h. eine jüdische und eine römische) gegeneinander an. Gleichzeitig transformiert der Verfasser das Konzept der Herrschaft. Die Verheißung zielt auf eine Mitherrschaft mit Christus.41 Wie Aune bemerkt, ist der Kontext des Zitats von Ps 2,8–9 im hebräischen Text negativ. Das alternative Wort ~[eorT, das im MT für „hüten“ in der LXX steht (poilame?r), bedeutet „zerschmettern“. „Hüten“ (poilame?r) ist eine stark abgeschwächte Herrschaft. Im Vergleich mit dem Wort „Macht“ erscheint das Wort „hüten“ (poilame?) selten, nämlich nur viermal in der Apk.42 Apk 12,5 und 19,15 sagen, dass der Sohn bzw. der Reiter mit eisernem Stab die Nationen hütet.43 poilame? in Apk 2,27; 12,5 und 19,15 haben die Bedeutung eines Beherrschens mit Gewalt und dadurch negative Konnotationen. Aber poilame? in Apk 7,17 muss eine positive Bedeutung haben: „Denn das Lamm, das in der Mitte des Thrones ist, wird sie hüten (poilame?) und sie leiten zu Wasserquellen des Lebens, und Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen“. Die Szene ruft Ps 23 in Erin38 Siehe Busch, Drache, 89–91. 39 D.h. 2,26; 6,8; 9,3(2-mal).10.19; 11,6(2-mal); 12,10; 13,2.4.5.7.12; 14,18; 16,9; 17,12.13; 18,1; 20,6; 22,14. 40 13,7: „Es wurde ihm (dem Tier) Macht (1nous¸a) gegeben über jeden Stamm und jedes Volk und jede Sprache und jede Nation (5hmor).“ 41 Giesen, 123. 42 D.h. 2,27; 7,17; 12,5; 19,15. 43 Vgl. Apk 12,5: „Und sie gebar einen Sohn, ein männliches Kind, der alle Nationen hüten soll mit eisernem Stab (dr l´kkei poila¸meim p²mta t± 5hmg 1m N²bd\ sidgqø); und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und zu seinem Thron.“ Apk 19,15: „Und aus seinem Mund geht ein scharfes Schwert hervor, damit er mit ihm die Nationen (5hmg) schlage; und er wird sie hüten mit eisernem Stab (ja· aqt¹r poilame? aqto»r 1m N²bd\ sidgqø), und er tritt die Kelter des Weines des Grimmes des Zornes Gottes, des Allmächtigen.“
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nerung. Die, die das Lamm in Apk 7,17 hütet, sind „eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen“ (7,9). Mit anderen Worten, das Lamm hütet die Nationen in 7,17. Das !qm¸om demonstriert, wie ein Sieger die Nationen hüten soll. Die jüdisch-urchristliche Vorstellung vom „Hüten“ ersetzt die jüdische Tradition des „Zerschmetterns“.44 So trägt das Symbol des !qm¸om zur Aggressionskontrolle auf dem Felde der Herrschaft bei. Die Veränderung in der Stern-Anspielung ist die Betonung des Morgensterns statt des Sterns. Das Frühjudentum bezieht das Stern-Bild (z. B. Num 24,17: „Ein Stern geht in Jakob auf“) auf den Messias (vgl. TestLev 18,3; TestJud 24,1; 1QM 11,6; 1QSb [1Q 28b] 5,27; 4QTest 9–11).45 Die Schwierigkeit ist jedoch, dass man den Stern nach Num 24,17 nirgendwo als Morgenstern versteht. Warum wird hier der „Morgenstern“ betont? Seit der babylonischen Zeit gilt der Morgenstern bzw. die Venus als Herrschaftssymbol.46 Venus gilt in der römischen Zeit als Göttin, die Sieg und Herrschaft bringt.47 Deswegen vergleicht Statius, ein Hofdichter Domitians, in einem Gedicht den Kaiser Domitian zu Beginn seines 17. Konsulats am 1. Januar 95 mit dem Morgenstern.48 Jesus stünde so als der Morgenstern (22,16) in direktem Gegensatz zum Kaiser. In Apk 22,16 wird Jesus selbst als „die Wurzel und das Geschlecht Davids“ (B N¸fa ja· t¹ c´mor Dau¸d)49 und als „der glänzende Morgenstern“ (b !stµq b kalpq¹r b pqyzmºr) angesprochen. Diese Aussagen zeigen, dass Jesus der legitimierte Herrscher bzw. der echte Herrscher ist. Im Gegensatz zu ihm ist der Drache, dessen Schwanz den dritten Teil der Sterne des Himmels fortfegt (vgl. 12,4), ein illegitimer Herrscher. Aber nirgendwo beschreibt der Verfasser den Drachen als Stern oder Morgenstern. Auf diese Art und Weise wird Jesus als der echte Herrscher dargestellt. Dass er dem Sieger den Morgenstern gibt, ist als Symbol der Mitherrschaft zu verstehen. Dabei ist zu beachten: Das !qm¸om konkretisiert diese Idee der Mitherrschaft in Apk 5,10 (basike¼sousim 1p· t/r c/r) in einer ganz eigentümlichen Weise. Im Kontrast zur Zentralisierung der Macht in der Hand des einen hgq¸om in Apk 13,2 hebt
44 Busch weist nach, dass der eiserne Stab „als Zuchtinstrument“ in der frühen christlichen Rezeptionsgeschichte verstanden wurde, so z. B. bei Klem. v. Alex. Paed. 1,7,61,3; Orig. Cel. Ps. 2,9; Hippolyt, Ref 5,7; Eusebius, Kommentar zu Ps 119,3; Johannes Chrysostomos, Auslegung von Ps 110 (siehe: Busch, Drache, 91–3). Diese Arbeit versteht diese frühchristliche Verwendung der „eisernen Stab“-Metapher „als Zuchtinstrument“ als Weiterführung der jüdischen Tradition, nach der der Stab ein „Machtsymbol“ war. 45 Vgl. Giesen, 123. 46 Vgl. Giesen, 123; Boll, Aus der Offenbarung, 47 f.; Lohmeyer, 30; Holtz, Christologie, 158; Hemer, The Letters to the Seven Churches of Asia and their Local Setting, JSNT.S 11, Sheffield: the University of Sheffield, 1986, 126; gg. Allo, 35. 47 Vgl. Giesen, 124; Lohmeyer, 30; MNller, 371; Beasley-Murray, 93 f. 48 Vgl. Hemer, Letters, 253 mit Anm. 75. 49 Vgl. 5,5; auch vgl. Jes 11,1. 10; 53,2.
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das !qm¸om die Dezentralisierung der Macht durch den Gedanken der Mitherrschaft hervor.50 Apk 22,16 verbindet die Symbolik des Gemeindebriefs nach Thyatira einerseits und die Bildersprache von Apk 5 andererseits, indem Jesus als „die Wurzel Davids“ (B N¸fa Dau¸d) und als heller Morgenstern bezeichnet wird.
Das Sendschreiben an die Gemeinde von Sardes Der Brief an die Gemeinde in Sardes (3,1–6) zielt auf sozial-integrative Aktivierung der Gemeinde in die Stadt durch eine spirituelle „Erweckung“51, die mit Sehnsucht nach sozialer Anerkennung verbunden ist. Kern des Problems ist die Vernachlässigung (urchristlicher) Spiritualität bei den Christen, die ihrer Gemeinde den Ruf der ganzen Stadt eingebracht hat, „lebendig“ zu sein.52 Im Hinblick auf das „Lebensbuch“ (3,5: t/r b¸bkou t/r fy/r) drängt das !qm¸om die Christen dazu, sich durch eine neue Erweckung von Spiritualität auf Gottes Seite zu stellen. Die Verbindung zwischen dem Gemeindebrief und dem in ihm abwesenden !qm¸om ist hier noch weit klarer als bei den anderen Briefen. Trotzdem müssen wir die Dynamik dieser Verbindung eingehend darlegen. Was kann man über die soziale Dimension der Gemeinde in Sardes dem Sendschreiben entnehmen? Er bezeugt ein gutes Ansehen von Gemeinde und Stadt: „Du hast den Namen, dass du lebst“ (3,1: emola 5weir fti f0r). Die Christen von Sardes stimmten dem gesellschaftlichen Urteil über die „Lebendigkeit“ ihrer Stadt zu. Trotzdem kritisiert der Gemeindebrief die mangelnde Berücksichtigung von Spiritualität in der Gemeinde. In der Gemeinde ist allerdings eine Mehrheit (3,1b–3) und eine Minderheit (3,4) zu unterscheiden. Entscheidend ist, welches Bild die Gemeinde „vor Gott“ abgibt (3,2.5). In seinen Augen sind die Werke der Mehrheit als „tot“ (3,1: mejqºr), „vom Ausstreben bedroht“ (3,2: 5lekkom !pohame?m), als „unvollkommen“ (3,2: oq … pepkgqyl´ma), vielleicht auch als „besudelt“ (vgl. 3,4: 1lºkumam) zu kritisieren. Der Messias erteilt deshalb den Befehl: „Werde wach!“ (3,2: c¸mou cqgcoq_m im Imperativ; vgl. 3,3: cqgcoq¶s,r). Er betont zweimal mit einem vergleichbaren Ausdruck durch die Wendung „vor 50 Roose, Eschatologische Mitherrschaft: Entwicklungslinien einer urchristlichen Erwartung, NTOA 54, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004, 93–5, kommt zu dem Ergebnis: Im Lichte von Mt 19,28 greift „eschatologische Mitherrschaft als (messianische) Beauftragung“ auf den historischen Jesu zurück. „Mit der paulinischen und deuteropaulinischen Theologie tritt eine neue Verwendungsart der Metapher von der eschatologischen Machtausübung auf den Plan“: die „eschatologische Mitherrschaft als Geschenk“ (Roose, 308–9). Sie bezweifelt, dass die eschatologische Mitherrschaft Lohn für Märtyrer oder Sieger ist und beruft sich dafür auf Mk 10,35–45; 2Tim 2,11b–13a; die Apk (Roose, 258–9). 51 Nach Apk 3,2.3: c¸mou cqgcoq_m und cqgcoq¶s,r. 52 Nach Apk 3,1: emola 5weir fti f0r.
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meinem Gott“ (3,2: 1m¾piom toO heoO lou) und „vor meinem Vater“ (3,5: 1m¾piom toO patqºr lou) seine Beziehung zur Transzendenz. Die Mehrheit der Christen in Sardes führt ihr Alltagsleben ohne die Perspektive Gottes im Blick zu haben. Was trägt die !qm¸om-Metaphorik zur Integrationsforderung des Gemeindebriefs bei? Einerseits ist das !qm¸om mit seinem Lebensbuch Motivierung für die Berücksichtigung von Transzendenz im Alltagsleben. Andererseits dient das Symbol des hgq¸om (als Gegenspieler des !qm¸om) auch der innergemeindlichen Affektkontrolle, indem ihm und nicht dem Fehlverhalten der Christen ihre fehlende Lebendigkeit zugeschrieben wird. Die Verbindung zwischen dem !qm¸om und der Verheißung des Messias ist eindeutig. Sie wird durch das Symbol des Lebensbuches geschaffen. Es kommt in der Apk 6mal vor (3,5; 13,8; 17,8; 20,12.15; 21,27). Der Messias verheißt in 3,5 dem, der überwindet, „ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln“. Apk 13,8; 17,8 und 20,12.15 zeigen die negativen Konsequenzen, wenn jemandes Name aus dem Lebensbuch gelöscht wird (3,5a). Apk 21,27 zeigt die positiven Konsequenzen, wenn jemandes Name vor dem Vater Messias und vor den Engeln bekannt wird (3,5b). Das !qm¸om ist Eigentümer des Lebensbuches (13,8: t` bibk¸\ t/r fy/r toO !qm¸ou toO 1svacl´mou; 21,27: t` bibk¸\ t/r fy/r toO !qm¸ou). Durch das Lebensbuch (3,5 und 13,8 bzw. 17,8) kommt die Konkurrenz zwischen !qm¸om und hgq¸om in den Blick. Die Bewohner auf Erden53 stehen teils auf Seite des !qm¸om, teils auf der Seite des hgq¸om. Die Trennungslinie ist das Buch des Lebens. In Apk 13,8 beten die Bewohner die teuflische Macht (bzw. den Drachen und das hgq¸om) an, wobei die Todeswunde des hgq¸om geheilt wurde (vgl. 13,3). In Apk 17,8 wundern sich die Bewohner über das wiedergekommene hgq¸om. Auf welcher Seite steht nun die Sardesgemeinde? Sicherlich ergreift die Minderheit (3,4) die Partei des !qm¸om, da sie in weißen Kleidern (3,4: t± Rl²tia aqt_m … 1m keujo?r) mit dem Messias einhergehen, wie es die Nachfolger des !qm¸om tun (7,13–14: t±r stok±r t±r keuj²r; vgl. 19,8). Aber die Mehrheit der Sardesgemeinde (3,1b–3 vgl. 3,4) steht am Scheideweg: Falls sie nicht erweckt werden, wird ihr Name aus dem Lebensbuch gelöscht (3,5). Ihre Werke (3,1.2) sind böse. Das ist so gravierend, als stünden sie auf Seiten des hgq¸om. Im Hinblick auf das „Lebensbuch“ (3,5) drängt das !qm¸om die Mehrheit der Christen in Sardes dazu, sich durch eine neu erweckte Spiritualität auf die andere Seite zu schlagen. Der Erweckungsimpuls ist deutlich: Die Mehrheit war tot, kann aber „lebendig“ werden (3,1) wie das Tier, das von einer Todeswunde geheilt wurde und in Apk 13,1–10 wieder sehr aktiv ist. Aber nicht das hgq¸om besitzt das Buch des „Lebens“ (13,8), sondern das „geschlachtete“ !qm¸om. So muss die Mehrheit über ihre 53 Nach Apk 13,8: p²mter oR jatoijoOmter 1p· t/r c/r … !p¹ jatabok/r jºslou; 17,8: oR jatoijoOmter 1p· t/r c/r … !p¹ jatabok/r jºslou.
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„Lebendigkeit“ im Alltag (3,1) nachdenken. Sie passen sich unkritisch an den vermeintlich „lebendigen“ Lebensstil an. Entscheidend ist ihr individuelles Verhalten. Denn in Apk 20,12 werden die „Toten“ (vgl. 3,1) jeweils nach ihren eigenen Werken (jat± t± 5qca aqt_m; vgl. 20,13 und 3,1.2: 5qca) gerichtet. Ihre Werke werden ihren Ausschluss aus dem Lebensbuch herbeiführen (20,15: oqw erq´hg 1m t0 b¸bk\ t/r fy/r). Daher ist es ihr Schicksal, in den Feuersee geworfen zu werden (20,15), wo das hgq¸om schon ist (19,20). Das Lebensbuch von Apk 20,12.15 fungiert als ein Symbol, um die Erweckungsbewegung in Kleinasien (zumal in Sardes) zu motivieren – im Sinne einer Druckmotivation durch Angst vor Vernichtung. Entscheidend aber ist die Anerkennung Gottes und des Lammes, weil sie das Zugangsrecht zur Stadt Gottes verbürgt (vgl. 21,23.27). Hier dient das Lebensbuch von Apk 21,27 als positive Motivation. Von ihm geht eine Zugmotivation aus durch Aussicht auf das Leben in der Stadt Gottes. Darüber hinaus kann das Lebensbuch des !qm¸om verhindern, die Spaltung zwischen Mehrheit (3,1b–3) und Minderheit (3,4) in der Gemeinde zu groß werden zu lassen. Die Apk schreibt in diesem Brief die Ursache der Defizite in der Gemeinde letztlich einer externen Ursache zu, nämlich dem hgq¸om. Die Mehrheit hat die Chance umzukehren (3,3). Die Minderheit der Gemeinde kann mit dieser Haltung der Mehrheit aufgrund dieser Kausalattribution leichter umgehen. Das hgq¸om ist schuld an ihrer Verblendung. Ziel wäre es, die Gemeinde in einer einheitlichen Ablehnung des hgq¸om zu vereinigen. Das Sendschreiben an die Gemeinde von Philadelphia Der Philadelphiagemeindebrief (3,7–13) zielt auf sozial-integrative Aktivierung durch Hoffnung auf ein neues Stadtleben im himmlischen Jerusalem. Nach Aussage des Überwinderspruchs in Apk 3,12 (5ny oq lµ 1n´kh,) gab es möglicherweise eingewanderte Judenchristen, die wegen der Zerstörung Jerusalems aus Palästina nach Kleinasien gekommen waren. Die zentrale Frage ist, ob sie in Kleinasien ihr kollektives Trauma durch eine neue Hoffnung überwinden. Sie finden Trost durch ein Gewebe von Metaphern, zu dem das „neue“ Jerusalem, der „neue“ Name (7,12) und das !qm¸om (7,14.15; 14,1; 21–22) gehören. Was ergibt sich für die soziale Dimension des Gemeindelebens aus dem Philadelphiasendschreiben? Die Gemeinde steht in Kontakt mit der Synagoge in ihrer Stadt, hat aber frustrierende Erlebnisse mit den Diasporajuden. Was trägt die !qm¸om-Metaphorik zur Integrationsforderung des Philadelphiagemeindebriefs bei? Wir gehen in zwei Richtungen: Einerseits ist mit der !qm¸om-Metaphorik die Hoffnung auf eine Revitalisierung der Gemeinde verbunden, andererseits dienst das !qm¸om der Aggressionskontrolle in Phantasien von einem Krieg als Reaktion auf die Zerstörung Jerusalems. In Apk 7,14–17 wird das Motiv des Auszugs (5ny oq lµ 1n´khg 3,12) durch
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Vernetzung mit dem Bild vom „Tempel“ (3,12: 1m t` ma` toO heoO; 7,15: 1m t` ma` aqtoO) weiter entwickelt. Dort, im neuen Tempel, wird das !qm¸om ihr Trost sein. Apk 3,12 (b emola t/r pºkeyr toO heoO lou, t/r jaim/r Yeqousakµl B jataba¸mousa 1j toO oqqamoO !p¹ toO heoO lou, ja· t¹ emol² lou t¹ jaimºm) und 14,1 (t¹ emola aqtoO ja· t¹ emola toO patq¹r aqtoO) sind durch das Stichwort des „Namens“ untereinander und mit dem !qm¸om verbunden. In Apk 14,1 steht das !qm¸om auf dem Berg Zion und tröstet die 144.000. Die ganze Apk 21–22 ist eine Vision vom neuen Jerusalem.54 Weil sie auf das !qm¸om hoffen, brauchen die Heiligen nicht mehr Krieg zu führen, um Jerusalem wieder zurück zu gewinnen.55
Das Sendschreiben an die Gemeinde von Laodizea Der Brief an die Gemeinde in Laodizea (3,14–22) motiviert die Gemeinde zum Zeugendienst (Apk 3,14: b l²qtur) und zum „Eifer“ (Apk 3,19: f¶keue) in der Hoffnung, dass sie dann einmal mit Gott und seinem Messias den Thron56 als Ausdruck der höchsten und gemeinsamen Ehre besteigen werde. Die Gemeinde orientiert sich am antiken Wertekodex von Ehre und Schande. Der Kern ihres Problems ist ihre Anpassung an die kleinasiatische Gesellschaft durch Überbewertung des antiken Ehrenkodex von „Ehre und Schande“. Der wird im Urchristentum von einem Wertwandel ergriffen. Das Versprechen des „Zusammensitzens“ (2,20) ist an die Bedingung gebunden, dass die Gemeinde „wie auch ich [d. h. der Menschensohn] überwunden“ hat (2,20). So bahnt das !qm¸om als Sieger (5,5–6: 1m¸jgsem) und Märtyrer den Weg zum Ziel. Das Ziel wird durch den gemeinsamen Thron Gottes und des Lammes symbolisiert (b hqºmor steht auch in 22,1.3 im Singular). Dieses Ziel zu erreichen, erfordert „Eifer“ (vgl. 3,19: f¶keue). Wieder versuchen wir die verborgene Dynamik 54 Hengel, Die Zeloten. Untersuchungen zur jüdischen Freiheitsbewegung in der Zeit von Herodes I. bis 70 n. Chr., AGJU 1, Leiden: Brill, 1976, 226–229, zeigt, dass die Zeloten einen Mythos von der Unzerstörbarkeit des Tempels hatten. Vgl. Lichtenberger, „Unzerstörbarkeit des Tempels“, 100–104, bes. 101. 55 Heute vertreten viele Gelehrte die Meinung, dass der Diasporaaufstand (115–117 n. Chr.) und der Bar-Kokhba-Aufstand (132–135 n. Chr.) mit der Hoffnungslosigkeit des Wiederaufbaus Jerusalems und des Tempels korrelieren, z. B. „With the demise of the Flavians, Jews might reasonably hope to be permitted to rebuild their Temple after it had lain in ruins for twenty-six years. . . the great revolt in Cyrus, Cyrene, Egypt and Mesopotamia under Trajan was prompted by a general despair at the refusal of the Roman state to permit the rebuilding of the Jerusalem Temple.“ (Goodman, „Bar Kokhba War“, 26–7); „The fear of losing forever both Jerusalem and the hopes of building the Temple ignited Jewish resistance and became a crucial factor in the outbreak of the Bar Kokhba revolt“ (Tsafrir, „Numismatics and the Foundation of Aelia Capitolina: A Critical Review,“ in: Schäfer (Hg.), The Bar Kokhba War Reconsidered, 36). ‚ 56 Nach Apk 3,21: gO mij_m d¾sy aqt` jah¸sai let 1loO 1m t` hqºm\ lou, ¢r j!c½ 1m¸jgsa ja· 1j²hisa let± toO patqºr lou 1m t` hqºm\ aqtoO.
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zwischen dem Brief an die Laodizeagemeinde und dem in ihm abwesenden !qm¸om zu klären. Was kann man für die soziale Situation der Gemeinde dem Sendschreiben entnehmen? In Apk 3,17–18 zeigt sich der Widerspruch des römischen und urchristlichen Wertsystems. Die grundsätzlichen Denkkategorien im Brief entsprechen denen der allgemeinen sozialen Werte: Ehre ist etwas Positives, Schande (3,18: aQsw¼mg) etwas Negatives. Daher fallen Wohlstand (pko¼sior), Prosperität (pepko¼tgja) und Zufriedenheit (oqd³m wqe¸am) unter die Kategorie der Ehre in Apk 3,17, während Misere (taka¸pyqor), Elend (1keeimºr), Armut (ptywºr), Blindheit (tuvkºr) und Nacktheit (culmºr) zur Kategorie der Schande gehören. Solche alltäglichen sozialen Kategorien werden in der Apk problematisiert. Der Satz: fti k´ceir fti …, ja· oqj oWdar fti … (3,17) ist ein urchristliches Urteil über den Einfluss des allgemeinen gesellschaftlichen Ehrenkodex auf die Christen in Laodizea. Was trägt die !qm¸om-Metaphorik zur Integrationsforderung des Laodizeagemeindebriefs bei? Zwei Impulse lassen sich erkennen: Das siegreiche !qm¸om motiviert einerseits zu einer Wertrevolution bzw. zum urchristlichen „Eifer“ (3,19). Das siegreiche !qm¸om dient wiederum der Affektkontrolle und der Definition der urchristlichen „Eiferer“ oder „Zeloten“.
(1) Der „Sieg“ als Thema des Sendschreibens (3,19.21) Im Brief an die Laodizeagemeinde (3,14–22) gibt es wie in anderen Briefen eine Verheißung des Messias für die Sieger (3,21): „Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich mit meinem Vater auf seinen Thron gesetzt habe.“57 In dieser Verheißung ist das Wort „Thron“ (hqºm\) ein Blickfang. Auf den ersten Blick ist „Thron“ ein verbreitetes Wort in der Apk.58 Meist bezeichnet es den Thron Gottes und des Lammes59 mit Ausnahme von 2,13; 13,2 und 16,10, wo entweder vom „Thron des Satans“ oder des Drachens oder des Tieres die Rede ist. Falls der „Thron“ ein verbreitetes Wort in der Apk war, was ist an dieser Verheißung des Sendschreibens so besonders? Erstens ist die Art des Überwindens von besonderer Art; es ist ein Überwinden in Analogie zu Christus (d. h. „Wer überwindet, … wie auch ich überwunden habe“). Etwas Besonderes ist zweitens das „Zusammensitzen“ zweier Personen auf einem Thron: Gott und der Messias nehmen ihn ein. Was bedeutet dieses „Zusammensit57 Apk 3,21: gO mij_m d¾sy aqt` jah¸sai let( 1loO 1m t` hqºm\ lou, ¢r j!c½ 1m¸jgsa ja· 1j²hisa let± toO patqºr lou 1m t` hqºm\ aqtoO. 58 In der Apk erscheint das Wort „Thron“ insgesamt 38-mal (d. h. 5-mal als hqºmom; 3-mal als hqºmor; 22-mal als hqºmou; 3-mal als hqºmour; und 5-mal als hqºm\). 59 z. B. 22,1 toO hqºmou toO heoO ja· toO !qm¸ou; 22,3 b hqºmor toO heoO ja· toO !qm¸ou. Thron und Lamm werden häufig verbunden: z. B. 5,13; 6,16; 7,9.10.17; 22,1.
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zen“? Gewiss dient er auch dazu, die Aufmerksamkeit der Leser auf das !qm¸om zu richten. Wer den Sieg (in Analogie zum Sieg Christi) mit Sehnsucht erwartet, dessen Aufmerksamkeit wird in der unmittelbar auf den letzten Gemeindebrief (3,14–22) folgenden Thronsaalvision (Apk 4–5) auf das !qm¸om (5,5–6) gerichtet. Das !qm¸om ist dabei nicht nur „Sieger“ (3,21; 5,5), sondern wird erstmals in der Apk als b l²qtur b pist¹r ja· !kghimºr (3,14) bezeichnet. Das auf Christus bezogene Metapherngewebe von „Löwe“ (5,5: b k´ym b 1j t/r vuk/r Yo¼da) und „Wurzel Davids“ (5,5: B N¸fa Dau¸d) aktiviert den Begriff des l²qtur. Durch diese Metaphern sollen die zur Anpassung bereiten Christen von Laodizea motiviert werden, sich zusammen mit dem !qm¸om auf einen Kampf einzulassen. Ihre „lauwarme“ „Zeugentätigkeit“ (wkiaqºr in 3,16; l²qtur in 3,14), die auch durch die Ruhe in Kleinasien in Kontrast zu den Kriegen weiter im Osten bedingt ist, soll durch „Eifer“ ersetzt werden (vgl. 3,19). Ihr Lohn ist, dass sie als Märtyrer wie in Apk 20,4 mit Christus (vgl. 20,6) zusammen sitzen werden. Sowohl die christlichen Märtyrer als auch das geschlachtete !qm¸om sind ohne Schande und voll Ehre. Der Thronraum (Apk 4–5) ist voll von Ehre (4,8–11; 5,9–14), in ihm vollzieht sich eine ununterbrochene Universalehrung für Gott und seinen Messias (4,7; 5,8.9.11.13.14). Der Wohlstand (vgl. pkoOtom in 5,12 mit pko¼siºr in 3,17) des geschlachteten !qm¸om, die weißen Kleider der vierundzwanzig Ältesten (vgl. 4,4 mit 3,17) sowie die Augen des !qm¸om bzw. der vier lebendigen Wesen (vgl. 5,6 bzw. 4,8 mit 3,18) kontrastieren mit der Ehre der Christen in Laodizea. Ein Vergleich kann vielleicht diesen Kontrast noch deutlicher machen: Der Drache gibt dem Tier (hgq¸om) seinen Thron (t¹m hqºmom aqtoO) in Apk 13,2 (vgl. 16,10), danach ehren die Bewohner auf Erden (13,3) das Tier (13,4). Die Ehre des Tieres ist nur eine irdische Ehre im Unterschied zur himmlischen Ehre des Lammes (Apk 5). Dem Lamm aber hat Gott seinen Thron gegeben und beide zusammen im Himmel geehrt. Ohne das !qm¸om könnte sich niemand das Ausmaß an Ehre durch ein Zusammensitzen wie in Apk 3,21 vorstellen. Mit anderen Worten, die Apk will einen Wandel in den Vorstellungen von Ehre und Schande herbeiführen, einen Wertwandel in Kleinasien, eine Wertrevolution. Sie geht friedlich vor sich, ohne Gewalt und vollzieht sich als Änderung der Einstellungen und Werte. (2) Der „Eifer“ als Thema des Gemeindebriefes Obwohl es keinen Nachweis für einen militärischen Eifer in Laodizea nach diesem Brief gibt, kannte der Apokalyptiker als Jude das Motivationspotenzial des „Eifers“ in der Kriegsführung. Er nutzt dieses Wort (fgke¼y) sehr vorsichtig, ja, nur einmal in der Apk. Er begrenzt die Wortbedeutung auf einen wertrevolutionären Enthusiasmus. Die eifrigen Christen werden nicht zu militärischen „Zeloten“ (wie die jüdischen Zeloten), wenn sie ihren Sieg (3,21)
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im Lichte des Sieges des !qm¸om interpretieren. Auf diese Art und Weise könnte das !qm¸om zur Orientierung an einem gewaltlosen, aber kämpferischen „Eifer“ beitragen. Kurz gesagt, die Vision des Briefes an die Gemeinde von Laodizea zielt auf die höchste Ehre eines „Zusammenthronens mit Gott und dem Messias“. Der Weg dazu setzt einen Wertwandel durch urchristlichen Eifer durch Zeugentätigkeit voraus. Mit Hilfe der verborgenen intratextuellen Beziehungen des !qm¸om zu anderen Bildern und Motiven wird die urchristliche Vorstellung der Ehre als Zusammenthronen mit Gott und dem Lamm konkretisiert, gleichzeitig aber das Wort „Eifer“ mit „kostbar“, „blutig“, „lebensspendend“, „martyrologisch“, „kämpferisch“, aber immer mit „gewaltlos“ und „wertrevolutionär“ assoziiert.60
4.2.2 Der wertrevolutionäre Entwurf: Kirchenpolitik in der !qm_om-Metaphorik Aufgabe dieses Abschnittes ist es, eine Skizze der Apk als wertrevolutionärer Entwurf mit Hilfe des !qm¸om-Motivs zu geben und deutlich zu machen, inwiefern solch ein Entwurf der Kirchenpolitik dient. Zugrunde liegt die heuristische These, dass urchristliche Schriften auch Ausdruck von Kirchenpolitik sind.61 Der wertrevolutionäre Entwurf des Apokalyptikers soll als Ausdruck von Kirchenpolitik analysiert werden, also einer Absicht, Gemeinden zu leiten und zu beeinflussen. Die Frage ist nun, wie die !qm¸om-Metapher innerhalb seines Werks diesem Zweck dient. Dabei kommen fünf Aspekte in den Blick: (1) Ökumenische Konsensbildung durch das !qm¸om auch über den vorhandenen Konsens im Urchristentum hinaus; (2) die Regulierung der Außenbeziehungen I: Die Orientierung in der Umwelt mit Hilfe des Gegensatzes von !qm¸om und hgq¸om; (3) urchristliche Außenbezie60 Unser Ergebnis entspricht Theissen, „Aggression“, 31: „Die Verpflichtung zur Aggressionsüberwindung (im Ethos) und eine poetisch imaginierte Aggressivität (im Mythos) stehen in den Evangelien dicht nebeneinander.“ Ähnlich meinen wir im Blick auf die Apk, dass in ihr Desintegration und Aggression in der sozialmythischen Dimension entlarvt, aber Integration und Aggressionsüberwindung in allen anderen sozialen Dimensionen gefordert werden. 61 Vgl. Theissen, Gospel Writing and Church Politics. A Socio-rhetorical Approach, Chuen King Lecture Series 3, Hong Kong: Theology Division, Chung Chi College, CUHK, 2001, 3, n. 5: „The term „church politics“ is a paradox. It is based on two assumptions. First, from the beginning, there have been power structures within the church, in spite of the fact that according to the church’s own norms church life should rather be a counter-image to politics (cf. Mark 10:42–44). But there have always been church leaders, who influenced people by their charismatic or institutional authority! Second, the leading of the internal life of the church cannot be separated from the dealing with power structures that are present in the „secular“ environment of the congregations. All the more should we underline: within Early Christianity the church leaders had no violence at their disposal in order to shape their congregations. All their power was nonviolent power. And this is a significant difference to politics in the society as a whole.“
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hungen II: Artikulierung von Gruppenidentität mit Hilfe der !qm¸om-Metaphorik; (4) die Regulierung von Innenbeziehungen I: Konfliktmanagement mit Hilfe der !qm¸om-Metaphorik; und (5) Innenbeziehungen II: die Sicherung von Autorität durch das !qm¸om. Der Apokalyptiker teilte wie jeder Führer die Überzeugungen der Gemeinde.62 Er schuf ein Bild Jesu (des !qm¸om), das im Einklang mit den Überzeugungen und Traditionen der Gemeinden stehen musste, wollte er Einfluss in seiner eigenen Gruppe ausüben. Insofern war er Sammler, Träger von Traditionen und deren Bearbeiter, der einerseits nicht weit von den traditionellen Überzeugungen der Gemeinden abweichen konnte, der andererseits durch kreativen Umgang mit ihnen neue Räume erschließen konnte. Um seine Aufgabe zu erfüllen, integrierte er in seine Schrift verschiedene Bilder von Jesus in den kleinasiatischen Gemeinden. Gleichzeitig bot er seinen Gemeinden Orientierung in der sie umgebenden Welt an.63 Er schuf ein Bild von der umgebenden Welt (durch das hgq¸om), um dadurch Impulse dafür zu geben, wie man sich zu dieser Welt verhalten sollte, wie man sie interpretieren und auf sie reagieren sollte. In der Apk steht das !qm¸om in Opposition zum hgq¸om. Zweifellos gibt er damit einen starken Impuls, dass auch die Christen ihre Opposition zu dieser Welt aufrechterhalten. Der Apokalyptiker bestimmte auch – und das ist die dritte Aufgabe der Kirchenpolitik – die Grenzen in der Beziehung zur Ursprungsreligion, d. h. zum Judentum. Das Urchristentum entwickelte sich als innerjüdische Erneuerungsbewegung. In der Apk aber bildet sich die Gemeinde auch unabhängig vom Judentum.64 Sie formuliert ihre eigene Geschichte und verabschiedet sich immer mehr von der Erzählgemeinschaft des Judentums. Im Gegensatz zu anderen neutestamentlichen Büchern (d. h. den Evangelien und Briefen) hat die Apk ein Genre mit alttestamentlichem Vorbild im Buch Daniel.65 Aber sie modifiziert die typischen Merkmale einer Apokalypse durch literarische Merkmale neutestamentlicher Gattungen: Apk 1,1–8 und 22,6–21 (vgl. 1,9–3,22) betten die Apk in einen Briefrahmen ein. Ferner kann man die Erzählung vom geschlachteten und wieder lebendig gewordenen !qm¸om als Ergänzung des Lebens Jesu auffassen, wie es die Evangelien darstellen. Der Apokalyptiker bemüht sich darum, die Konflikte in der Gemeinde zu lösen.66 Diese Aufgabe ist wichtig, um den Gruppenzusammenhalt zu sichern. Einerseits drängt er auf Einhaltung der für die Gemeinden charakteristischen Normen.67 Andererseits fördert er Toleranz für die Koexistenz widersprüchlicher Tendenzen in den Gemeinden.68 62 63 64 65 66 67
Vgl. Theissen, Church Politics, 3. Vgl. Ibid., 4. Vgl. Ibid., 4. Vgl. Ibid., 4–5, n. 9. Vgl. Ibid., 5. Vgl. Ibid., 5. 10: „Resolving conflicts includes the struggle against ,heresy‘. But we should be very reluctant to speak in those early times of ,orthodoxy‘ and ,heresy‘. It is not yet decided, what are
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Der Verfasser formte auch die Autoritätsstruktur in den Gemeinden.69 Es ist wichtig nicht nur, um die Führerrolle des Apokalyptikers zu sichern, sondern auch die seiner Nachfolger. Außerdem kann keine Autorität, die gegen das !qm¸om ist, die Gemeinden von außen beeinflussen, wenn sie eigene Autoritätsstrukturen haben. Die Apk kann in fünffacher Weise als Ausdruck von Kirchenpolitik gesehen werden: Der Apokalyptiker formuliert Konsens auf Grund von schon existierenden Traditionen.70 Aber er führt auch über diesen Konsens hinaus: Er gibt Orientierungen für das Verhalten zur politischen und sozialen Umwelt. Er definiert Gruppenidentität in Beziehung zur Ursprungsreligion der Kirche. Er bemüht sich, die Konflikte in der Gemeinde zu lösen. Auf höchster Ebene formte er deren Autoritätsstruktur.
Evangeliumsverkündigung als Krieg und Zeugnis Auch in nachpaulinischer Zeit verlieren die neutestamentlichen Schriftsteller die missionarische Perspektive nicht aus den Augen.71 Aber gleichzeitig gibt es Rückzugstendenzen in den nachpaulinischen Gemeinden. „Predige das Wort, steh dazu, es sei zur rechten Zeit (eqja¸qyr) oder zur Unzeit (!ja¸qyr)“ (2Tim 4,2). Man kann sich fragen, ob sich die Gemeinden nach ihrer Selbstwahrnehmung damals eher als „zur rechten Zeit“ oder als „zur Unzeit“ erlebten. Sie nehmen Anfeindungen aus der Umwelt wahr.72 Sie hatten Furcht (vgl. 2Tim 1,7) vor Verfolgungen, die sich jederzeit ereignen konnten. Deshalb beten sie für Kaiser und regionale Machthaber, damit sie ein ruhiges und stilles Leben in der Ausbreitung des Evangeliums führen können (1Tim 2,1–5). Ebenso beten sie für eine freimütige Evangeliumsverkündigung (Eph 6,18–20). 1Petr 2,9 erinnert sie als bas¸keiom Req²teula an den Auftrag ihrer Verkündigung. Sie gewinnen einzelne Menschen in ihrer Nachbarschaft als Proselyten,73 visieren aber auch die Mächtigen als Zielgruppe an. Die Apg (bes. 1,1; 26,27–29) wendet sich manchmal direkt an sie,74 aber auch der 1Tim (bes. 2,2; 6,13),
68 69 70 71 72 73 74
the criteria for true and false Christian faith. There is an astonishing plurality in the beginning but some currents which later could have been called ,heresy‘ were in the beginning in some regions the ,normal‘ Christianity. Christianity is derived from Jewish Christianity. But in the course of one century Jewish Christians, the origin of all other currents in Early Christianity, are denigrated as the heresy of ebionitism in Irenaeus, Adv. Haer. 1. 26. 2.“ Vgl. Theissen, Church Politics, 5. Vgl. Ibid., 5. Vgl. Ibid., 6. Siehe Lampe/Luz, „Nachpaulinisches Christentum“, 211–3. Biblische Beweise sind z. B. 1Petr 2,12.15; 3,16; 4,4.14; außerbiblische schließen bes. Plin. (d.J.) Ep. 10,96 u. Tac. Ann. 15,44 ein. Siehe Lampe/Luz, „Nachpaulinisches Christentum“, 212. Theissen, Das Neue Testament, 76; Vgl. Lampe/Luz, „Nachpaulinisches Christentum“, 203–207.
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1Petr (bes. 2,13.14.17) sowie die Apk (bes. 10,11; 21,23–24) erwarten mit Sehnsucht ihre Bekehrung. Darüber hinaus bewahrt Lukas in der Apg die Erinnerung an die „goldene Zeit“ der urchristlichen Mission und eines „bis an das Ende der Erde“ ausgeführten Missionsauftrags. Außer der Apk finden wir in nachapostolischer Zeit kein Programm zur aktiven Weltmission durch Zugewinn neuer Gebiete.75 In Bezug auf die Pastoralbriefe, 2Thess, 1Klem und die Ignatiusbriefe werden innerkirchliche Konsolidierung und Problemlösung mehr betont als der aktive Zugriff auf die Welt.76 Die missionarische Perspektive bleibt dennoch auch in dieser Zeit erhalten. Die ersten Christen sprechen (bes. im letzten Drittel des 1. Jh. n. Chr.) von der Evangeliumsverkündigung wie von einem Krieg. Beispiele dafür sind Eph 6,10–20; 1Tim 1,11.18; 2,7 und 2Tim 2,3.4.8. Nach Eph 6,10–17 sollen die Christen die Waffenrüstung (Eph 6,11.13: pamopk¸am) Gottes anziehen. Damit sind sie kampfbereit (Eph 6,12: p²kg; 6,13: !mtist/mai), jedoch nicht für den „Krieg“ im engeren Sinne, sondern für das Evangelium des Friedens (Eph 6,15: 1m 2toilas¸ô toO eqaccek¸ou t/r eQq¶mgr). Sie sollen für ihre Waffenbrüder beten, um sie mit offener und öffentlicher Rede evangelisieren zu können (Eph 6,19: t¹ lust¶qiom toO eqaccek¸ou). Im 1Tim 1,11 (t¹ eqacc´kiom) und 2,7 (j/qun) bekräftigt Paulus den Missionsauftrag des Timotheus. Er mahnt ihn, als sein Nachfolger einen guten Kampf (stqate¸a) zu kämpfen (stqate¼,). Im 2Tim 2,3 wird ein Christ (sogar eine Christin) als ein guter Krieger (stqati¾tgr) angesehen. Werden sie die Kriegsdienste (2Tim 2,4: t` stqatokoc¶samti) leisten, sollen sie dem Berufenden gefallen bzw. das Evangelium (2Tim 2,8: t¹ eqacc´kiom) verkündigen. Im selben geografischen Raum und in derselben geschichtlichen Zeit sieht sich auch der Verfasser der Apk in einem Krieg, wenn auch nicht in einem militärischen Krieg, sondern in einem „Krieg“ der Evangeliumsverkündigung. Jesus Christus ist für ihn ein !qm¸om, d. h. ein Märtyrer-Krieger im Rahmen des letzten „Weltkriegs“. Damit will er seine Mitkämpfer in Kleinasien aktivieren und „aufrüsten“. Außerdem identifizieren sich die ersten Christen als Zeugengemeinschaft mit Jesus Christus. Einige werden Blutzeugen, z. B. wie Stephanus (Apg 7,59). Der Apokalyptiker aktiviert als Judenchrist die jüdische Martyriumsidee. Für ihn ist der historische Jesus ein l²qtur (1,5). Mit der !qm¸om-Symbolik versucht er, seine kleinasiatischen Mitzeugen zu motivieren, um sie für eine Weiterentwicklung der Wertrevolution der Jesusbewegung zu gewinnen.
75 Siehe Lampe/Luz, „Nachpaulinisches Christentum“, 212.215. 76 Vgl. Lampe/Luz, „Nachpaulinisches Christentum“, 215.
Ergebnis: Die !qm_om-Metapher als Motivation zur Wertrevolution
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4.3 Ergebnis: Die !qm_om-Metapher als Motivation zur Wertrevolution Das Ergebnis der soziorhetorischen Analyse der !qm¸om-Metapher ist: Der Apokalyptiker zielte mit seinem Werk auf eine Wertrevolution. Diese unterscheidet sich von einer Machtrevolution, indem sie auf Gewalt verzichtet. Sie ist in der Situation der Johannesapokalypse eine Alternative zum gescheiterten Aufstand der Juden gegen Rom, der in der Johannesapokalypse nicht zuletzt in ihren kriegerischen Metaphern und ihrer Rhetorik nachwirkt, die in der Imagination des Apokalyptikers reale Aggression ersparen sollen. Diese Wertrevolution ist ebenso eine Alternative zu gesellschaftsfernen apokalyptischen Träumen von einem detaillierten eschatologischen Zeitplan, der das Heil auch ohne Zutun von Menschen herbeiführt. Sie zielt vielmehr auf eine Aktivierung christlicher Gruppen in Kleinasien im Sinne einer offensiven Evangeliumsverkündigung: einer Veränderung von Werten und Einstellungen. So wie er die christlichen Gemeinden anspricht, erweist sich der Apokalyptiker als ein geschickter ökumenischer Kirchenpolitiker. Diese Ergebnisse passen zu den Ergebnissen Theißens über Aggressionskontrolle im Urchristentum, die an anderen Texten als der Johannesapokalypse gewonnen wurden. Sein Ergebnis sei zum Vergleich hier angeführt:77 1) Das Ethos der ersten Christen ist nicht-aggressiv. Es hat einen friedlichen Zug. Chancen für solch ein nicht-aggressives Ethos sind in der Zeit- und Sozialgeschichte des Urchristentums begründet. 2) Der Mythos der ersten Christen, d. h. ihr Glaube an ein Handeln Gottes, der Dämonen oder des Teufels, ist voller Aggressivität. Das gilt von den Bildern vom Jüngste Gericht, vom Sühnetod Christi oder von der Vernichtung satanischer Geistermächte. 3) Der Ritus der ersten Christen verbindet Gewaltzunahme in der Imagination und Gewaltreduktion im Verhalten: In der Imagination beleben sie ein längst überholtes Opfer neu: das Menschenopfer. Die urchristlichen Riten aber lösen die blutigen Opfer ab. Sie ermöglichen eine emotionale Re-Inszenierung der Aggression bei gleichzeitiger ritueller Distanzierung von ihr. Mit Hilfe der soziorhetorischen Analyse der !qm¸om-Metapher ist festzuhalten: Der Apokalyptiker war weder ein anti-sozialer Verkündiger eines detaillierten eschatologischen Zeitplans für eine Randgruppe noch ein jüdischer Nationalist, sondern ein sozialer Wertrevolutionär, der durch seine Prophetie die nachpaulinischen, kleinasiatischen Gemeinden mit seiner zentralen Metapher des Lammes, das zugleich ein aktiver Krieger und ein passiver Märtyrer ist, zu einer Wertrevolution durch aktive Mission motivieren wollte. 77 Theissen, Erleben und Verhalten, 421.
5 Schluss Die sozialwissenschaftliche Hermeneutik der Lammmetapher der Apk braucht neue (u. a. soziolinguistische, sozialgeschichtliche und soziorhetorische) Fragestellungen, um die in der !qm¸om-Metaphorik enthaltene theologische Intention, ihren sozialen Kontext und ihre Funktion im kleinasiatischen Urchristentum zu bestimmen. Die vorliegende Untersuchung sieht in der !qm¸om-Metaphorik den Schlüssel zum Verständnis der Apk und deutet sie aus ihrer sozialgeschichtlichen Situation heraus. Einerseits motiviert die !qm¸om-Metapher durch ihre innere Dialektik, d. h. durch eine Verbindung von Märtyrer- und Kriegermotiven, zu einer offensiven Evangeliumsverkündigung. Der kriegerische Aspekt der !qm¸om-Metapher symbolisiert die Bereitschaft, offensiv in die Gesellschaft hineinzuwirken und ihre Einstellungen und Werte vom Evangelium her zu verändern. Der Märtyrer Aspekt der !qm¸omMetapher symbolisiert dagegen die damit verbundene Bereitschaft, als Zeuge für das Evangelium auf Gewalt zu verzichten und Gewalt zu erleiden. Die Situation, in die die !qm¸om-Metapher hineinwirkt, ist bestimmt durch die Romanisierung der damaligen Welt, die in Kleinasien im ganzen Leben (nicht nur im Kaiserkult) spürbar war. Die Apk plädiert in dieser Situation nicht für einen Widerstand durch eine ganz unrealistische „Machtrevolution“, sondern durch eine „Wertrevolution“ und setzt sich damit in Widerspruch zu Rückzugs- und Aggressionstendenzen im damaligen Imperium Romanum unter hellenistisch-römischen, jüdischen und urchristlichen Gruppen. Abschließend seien die Ergebnisse der drei Fragestellungen einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik (durch Soziolinguistik, Sozialgeschichte und Soziorhetorik) noch einmal skizziert und die drei Teilthesen der Arbeit ins Gedächtnis gerufen.
5.1 Soziolinguistische Analyse: Ergebnisse und Ausblick Die hier vorgelegte soziolinguistische Analyse der !qm¸om-Metapher basiert auf (1) Überlegungen zum soziolinguistischen Hintergrund des Apokalyptikers, (2) auf Wort- und (3) auf Motivuntersuchungen, um die Wortwahl der Apk zu erklären: Abweichend vom sonstigen urchristlichen Sprachgebrauch und der jüdischen Tradition benutzt die Apk für das Bild von Jesus als Lamm das griechische Wort !qm¸om, das im Wortfeld „Schaf“ selten belegt ist. Dazu haben wir folgende These vertreten: Die apokalytische !qm¸om-Metapher deutet den geschichtlichen Jesus nicht als ein Opfer (weder als Passahopfer noch als das in
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Jes 53,7 beschriebene Lamm) und genauso wenig als astrologisches WidderSternbild. Die !qm¸om-Metapher enthält vielmehr eine Innovation, die durch Verbindung zweier widersprüchlicher Züge über diese beiden Traditionen hinausgeht: Das Lamm ist einerseits zum Leiden bereit und ist insofern ein Märtyrer, andererseits streitet es als ein Krieger offensiv für die Wahrheit gegen die hgq¸om-Ideologie. Das Lamm ist beides: Märtyrer und Sieger. Gerade durch diese innere Dialektik wird die !qm¸om-Metapher zum hermeneutischen Schlüssel der Apk als Vorbild und Urbild des Märtyrer-Kriegers für eine Gemeinde, deren Mitglieder Märtyrertum und missionarischen Erfolg kannte. Nach Überlegungen zum Bilingualismus und Multilingualismus im damaligen Judentum sowie zur Verbreitung der LXX, zum Corpus Judaeo-Hellenisticum und zum NT wurde in dieser Arbeit die These entwickelt, dass der Apokalyptiker ein jüdisch-palästinischer, bilingualer (wahrscheinlich sogar multilingualer) Jude war, der zwischen verschiedenen semantischen Möglichkeiten und Sprachtraditionen der hellenistisch-jüdischen Literatur differenzieren konnte. Seine Wortwahl von !qm¸om in der Apk ist alles andere als ein Zufall. Aufgrund der in der Apk sowohl in der Syntax, bei alttestamentlichen Anspielungen, bei einzelnen Wendungen als auch im lexikalischen Wortschatz nachweisbaren Septuagintismen kann man feststellen: Der traditionelle Sprachgebrauch von !qm¸om und verwandter Wörter in der LXX und die damit gegebenen theologischen Implikationen beeinflussten die Wortwahl des Autors, als er genau dieses seltene Wort wählte, um Christus zu bezeichnen. Die Werke des Philo (als Produkt des alexandrinischen Bilingualismus) und des Josephus (als Produkt des palästinischen Bilingualismus) haben keinen direkten lexikalischen Einfluss auf die Wahl der !qm¸om-Metapher in der Apk ausgeübt. Aber Philo bezeugt das LXX-Frequenzmuster des Gebrauchs von !qm¸om, !lmºr und p²swa, und der Befund bei Josephus, der etwa gleichzeitig mit dem Apokalyptiker schreibt, lässt darauf schließen, dass diese Lemmata dem Apokalyptiker potenziell zugänglich waren. Darüber hinaus hat der Apokalyptiker wahrscheinlich gute Kenntnisse der neutestamentlichen Schriften, insbesondere der paulinischen und johanneischen Schriften. Mit Blick auf diesen soziolinguistischen Hintergrund des Apokalyptikers muss man der Wahl eines seltenen griechischen Wortes (nämlich des !qm¸om) besondere Beachtung schenken. Wortuntersuchungen bestätigen, dass die Wahl des Wortes !qm¸om bewusst geschehen ist. Es handelt sich dabei um komparatistische sprachgeschichtliche Wortuntersuchungen sowohl zu quantitativen Wortfrequenzmustern als auch zum qualitativen Sprachgebrauch. Beide Verfahren untersuchen die eigentümliche Diktion von !qm¸om auf dem Hintergrund einer Fülle von möglichen alternativen Wörtern innerhalb der damaligen lexikalischen Ressourcen. Sie lenken die Aufmerksamkeit von der Ähnlichkeit zwischen !qm¸om und semantisch verwandten Wörtern auf die Besonderheit von !qm¸om im Vergleich zu diesen anderen Wörtern. Quantitativ erhöht die Apk die Wortfrequenz des relativ seltenen Wortes !qm¸om. Das zeigt ein Vergleich mit allen Häufigkeitsmustern von Wörtern im
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Schluss
Sinnbereich von „Ovis/Schaf“ (d. h. von !qm¸om, !lmºr, p²swa, !q¶m und pqºbatom), die wir in der hellenistisch-römischen Welt, in der LXX, im Corpus Judaeo-Hellenisticum und im NT feststellen können. Qualitativ betrachtet waren die bei hellenistischen Juden oft benutzten Wörter !lmºr und p²swa sehr eng entweder mit Opfer- und Passahkontexten verbunden oder mit dem leidenden Gottesknecht Deuterojesajas, die mit ihrem Sprachgebrauch nicht nur die Lammchristologie (oder die Lammchristologien), sondern auch die Lammmetonymien im Johannesevangelium und in den paulinischen Briefen geprägt haben (vgl. Apg 8,32, 1Petr 1,19, Joh 1,29.32 und 1Kor 5,7). Die herkömmlichen religionsgeschichtlichen Erklärungen aus der Opfer- und Gottesknechtstradition für das ungewöhnliche !qm¸om in der Apk sind eben deshalb ungenügend und unbefriedigend, weil !lmºr und p²swa als Ausdrücke immer zur Verfügung standen. Die Wahl des Wortes !qm¸om durch den Apokalyptiker verdunkelt ein wenig die christliche Erlösungstheologie, die mit der Vorstellung vom Lamm Gottes und verwandten Begriffen verbunden ist, auch wenn die !qm¸om–Metaphorik diese Erlösungstheologie weder bestreitet noch verletzt. Darüber hinaus besteht kein Zweifel, dass der Apokalyptiker die griechischen „Widder“-Wörter, zumal jqiºr, hätte kennen können. Dafür aber, dass er das Wort !qm¸om anstatt jqiºr (oder bekºstasir) in der Bedeutung von „Widder“ oder sogar von „Sternwidder“ verstanden hat, fehlt jede Analogie im hellenistischen Judentum. Damit ist auch die religionsgeschichtliche Ableitung der !qm¸om-Metapher aus der paganen Astrologie kaum möglich. Was wir dagegen feststellen können, ist eine Ausrichtung der !qm¸om-Metapher (1) am Symbol der Verwundbarkeit des Lammes und (2) an der Metaphorik des Volkes Gottes. Das macht !qm¸om zu einer paradoxen ekklesiologischen Figur in der Apk. Die Unklarheit und die fehlende Traditionalität der „!qm¸om“-Bezeichnung setzen voraus, dass ein innovativer Verfasser das Bild eines „Märtyrer-Kriegers“ neu schuf, dessen allgemeine Elemente in der hellenistisch-jüdischen Literatur zwar schon vorher existierten, aber eben nicht in Form dieser !qm¸om-Metapher. Im Lichte der nachgewiesenen quantitativen Wortfrequenzmuster und des qualitativen Sprachgebrauchs fällt die Beweislast dem zu, der das !qm¸om für ein Synonym von !lmºr und p²swa (oder sogar jqiºr) hält. Was ist nun inhaltlich gesehen das Neue an der !qm¸om-Metapher in der Apk? Motivgeschichtliche Untersuchungen zeigen, dass sie in einer Verbindung zweier dialektischer Motive und einer Opposition zu einer alternativen Metaphorik besteht: Die !qm¸om-Metapher ist erstens eine innovative Verbindung von Märtyrer und Krieger. Sie steht zweitens in Opposition zur hgq¸om–Metaphorik. Das !qm¸om ist ein Anti-hgq¸om (et vice versa). Die Opposition zum hgq¸om verdankt sich auch dem unübersetzbaren griechischen ¸om-Morphem in den Wörtern !qm¸om und hgq¸om. Das Wort !qm¸om wurde wahrscheinlich aus vielen anderen Möglichkeiten gewählt, weil es durch seine Endung auch sprachlich und lautlich ein Gegenbild zum hgq¸om war.
Soziolinguistische Analyse: Ergebnisse und Ausblick
227
Zweitens wurden Lamm und Tier an zwei Stellen unmittelbar nebeneinander in einem Satz verbunden: in Apk 13,11 in einem nicht-militärischen Kontext und in 17,12–14 in einem militärischen Kriegskontext. Im Kontext von Apk 13,11 treffen das !qm¸om und das hgq¸om als ideologische Konkurrenten aufeinander, ohne in Interaktion zueinander zu treten; dagegen befinden sich beide in Apk 17,12–14 im Krieg miteinander. Drittens werden die beiden Tiere, das Tier aus dem Meer (Apk 13,1–10) und das Tier vom Land (Apk 13,11–18), so dargestellt, dass sie zum Gegenbild des Lammes in Apk 5 werden. In Apk 13 stellt das hgq¸om den Furcht erregenden Herrscher dar. Die hgq¸om–Metaphorik in vv.1–10 ist das hgq¸om bei Daniel, aber in selbständiger Weiterentwicklung. In vv.11–18 wird es zum Symbol für das Wortzeugnis verführender und todbringender Propagandisten. Der Begriff „Tier“ (hgq¸om) dürfte dabei mit dem jüdischen Schimpfwort hgq¸om für einen Tyrannen zusammenhängen, das für Herodes I. belegbar ist. Entscheidend ist: Das !qm¸om verbindet zugleich die Rolle des Märtyrers und des Kämpfers. Nach Apk 5 ist es einerseits ein Krieger, der Aggression ausübt und siegreich ist (5,5: mij²y), andererseits ein Märtyrer, der im Bild vom geschlachteten Lamm als Opfer von Aggression erscheint (5,6: 1svacl´mom). Es ist ein Bild für den Messias, des „Löwen aus dem Stamm Juda, der Wurzel Davids“ (Apk 5,5), der zugleich ein geschlachtetes !qm¸om ist (Apk 5,6). Im Lichte von Apk 17,14 erscheint das Lamm als Krieger: Hier ist vom Krieg des Lammes die Rede. Im Lichte von Apk 1,4b–6 erscheint das Lamm (aufgrund der augenfälligen Parallele zu Apk 5,6–14) zugleich als l²qtur. Der Verfasser gebraucht den Begriff l²qtur wie einen technischen Terminus, daher kann man schon in der Apk von l²qtur als „Märtyrer“ sprechen. Das !qm¸om besitzt nicht nur martyrologische Eigenschaften, sondern ist insgesamt ein „Märtyrer“. Weiterhin analysiert die Arbeit die drei Christusepiphanien, um zu zeigen, dass dieser „Märtyrer-Krieger“ eine einheitlich konzipierte und planvoll realisierte Gestalt in der Apk ist: Die erste Manifestation Christi (1,13–16 und 1,17–20) verbindet die Eigenarten eines Kriegers und eines Märtyrers. Die zweite Christusepiphanie (5,5 und 5,6) erreicht ihren Höhepunkt im Symbol der sieben Hörner und sieben Augen (j´qata 2pt± ja· avhaklo»r 2pta). Die letzte Christuserscheinung (19,9–10.11–21) zeigt die Rolle der Nachfolger Christi auf. Die Apk fordert die Christen dazu auf, wie ihr Vorbild, das !qm¸om, „Märtyrer-Krieger“ zu sein. Für das Verständnis der Apk finden wir in der Lamm-Metaphorik den Schlüssel: Die Dialektik von Krieger und Märtyrer, von Aggression und Aggressionsopfer auf der einen Seite, der Konflikt zwischen dem !qm¸om und dem hgq¸om auf der anderen Seite, sind der hermeneutische Schlüssel für die Apk. Der Gegensatz von „Lamm“ und „Tier“ ist nicht ein Kontrast neben anderen in der bunten Bilderwelt der Apk, sondern steht für Gegenideologien, die überall in der Apk gegenwärtig sind.
228
Schluss
5.2 Sozialgeschichtliche Analyse: Ergebnisse und Ausblick Die zweite These bezieht sich auf eine gesellschaftliche Außenperspektive anstatt eine theologische Binnenperspektive. Sie will die Apk verschiedenen Formen einer Reaktion auf das Imperium Romanum zuordnen, die in der damaligen Zeit möglich waren. Dazu entwickelt diese Arbeit folgende These: Die !qm¸om-Ideologie ist im nachpaulinischen kleinasiatischen Urchristentum Antwort auf eine Krise nach dem jüdischen Krieg und der Tempelzerstörung, um in einer sich globalisierenden Umwelt zwischen einem inneren Rückzug bei äußerer Anpassung (wie ihn einige christliche Gruppen praktizierten) und einer aussichtslosen gewalttätigen Machtrevolution (wie sie die aufständischen Juden versucht hatten) einen dritten Weg zu suchen. Der Sitz im Leben der Apk wird weder (im Rahmen einer Kaiserkultdeutung) allein als Widerstand gegen den Kaiserkult noch (im Rahmen einer Verfolgungsdeutung) allein als Bewältigung von Verfolgungen interpretiert, sondern als Auseinandersetzung mit der Herrschaftsideologie des Römischen Reichs in Konkurrenz mit anderen Gegenbewegungen auf dem ideologischen Markt. In dieser Auseinandersetzung vertritt die Apk eine offensive Verkündigung des Evangeliums. Sie hat einen offensiven (aggressiven) Zug, der durch die Kriegerseite des !qm¸om symbolisiert wird, und einen Zug demonstrativer Gewaltlosigkeit, der durch die Märtyreraspekte des !qm¸om zum Ausdruck kommt. Der Konflikt zwischen dem !qm¸om und dem hgq¸om ist in Kleinasien im Rahmen eines größeren Ost-West-Konflikts zu sehen. Das Imperium Romanum etabliert seine Macht über die ganze Welt – auch im Osten. In der Apk spiegeln sich seine Herrschaftsstrategien: einerseits eine administrative Herrschaftsklugheit, andererseits militärische Unterdrückung. Entsprechend lassen sich in der Apk zwei Wirkungen des Imperium Romanum erkennen: eine repressive und eine attraktive Wirkung. Das Zusammenspiel von repressiven und attraktiven Wirkkräften wird mit verschiedenen Rollen verbunden: Das Tier aus dem Meer vertritt die repressive Seite der Macht, das Tier vom Land die propagandistische und attraktiv-persuasive Seite der Macht. Administrative Herrschaftsklugheit und unterdrückende Militärtaktik sind verschiedene Aspekte der Macht des Imperium Romanum. Die !qm¸om-Metaphorik ist in Apk 4,1–22,5 Gegenspieler eines umfassenden Symbolkomplexes, welcher die Romanisierung als Ganze darstellt. Vier Rollen lassen sich dabei erkennen, in denen die römische Herrschaft unter verschiedenen Aspekten dargestellt wird: 1) Der Drache ist als Patron der Tiere eine sozialmythische Symbolisierung römischer Herrschaft. Diese Herrschaft wird dämonisiert, indem sie auf den Drachen zurückgeführt wird. Insbesondere in Apk 13,2.4 dient diese Dämonisierung der (De)-Legimitierung des römischen Imperialismus und der Widerlegung seiner Militär- und Propagandamythen. Dabei ist die Oppo-
Sozialgeschichtliche Analyse: Ergebnisse und Ausblick
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sition von !qm¸om und Drachen Bestandteil eines urchristlichen Kriegsmythos, der die Schattenseiten der Romanisierung ans Licht bringen soll. 2) Das Tier aus dem Meer ist eine Symbolisierung der Kaiserinstitution. Eine Fülle intratextueller Beziehungen zwischen den drei Kapiteln Apk 11–13 und 17 zeigt, dass sich das hgq¸om-Symbol nicht auf einen einzelnen, bestimmten Kaiser bezieht, sondern auf die Kaiserinstitution als Ganzes. Trotzdem werden gleichzeitig Streiflichter auf die Politik bestimmter Kaiser geworfen. Dabei tritt besonders die „vergangene“ Zerstörung Jerusalems hervor. Das „gegenwärtige“ Krisenbewusstsein in einer relativ ruhigen Regierungszeit innerhalb der Kaiserzeit (in der Zeit von Nerva und Trajan) wird durch die Erinnerung an den jüdischen Krieg erhöht. 3) Das Tier vom Lande ist eine Symbolisierung der römischen Regionalverwaltung. Aufgrund von exegetischen Beobachtungen zu Apk 13,11–12 (vgl. auch 16,13.14.16; 19,19.20) wird die These vertreten: „Das Tier vom Lande“ ist kein Deckname für den Kaiserkult, sondern symbolisiert in umfassender Weise die Regionalverwaltung des römischen Reiches. Diese fördert in den römischen Provinzen und Klientelkönigtümern natürlich auch den Kaiserkult, betreibt aber gleichzeitig ein viel umfassenderes Romanisierungsprogramm (das im Verführungsangebot von „Zeichen“, „Bild“ und „Malzeichen“ in der Apk erscheint). Die Bedeutung des Tieres vom Lande, also der Regionalverwaltung im römischen Reich, lässt sich daher nicht auf den Kaiserkult beschränken. 4) Babylon, die Bündnispartnerin des Tiers, ist eine sozialgeographische Symbolisierung der Stadt Rom im Gegensatz zu Jerusalem. Es symbolisiert das „starke“ und „große“ Urbanisierungsideal im Imperium Romanum (zumal 18,10) und ist Gegenbild zur „geliebten“ und „heiligen“ Stadt. Zur Verwirklichung der Romanisierung können alle vier Rollen des Symbolkomplexes sowohl repressive als auch attraktive Wirkung ausüben. Die Gegenbotschaft der !qm¸om-Metaphorik steht unter dem Motto „Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit“ und setzt sich mit den repressiven und attraktiven Seiten der hgq¸om-Ideologie auseinander, d. h. mit ihrer Ungerechtigkeit durch Unterdrückung und mit ihrer Verführung durch Attraktivität. Herrschaftsstrategien wie Militärmacht und Herrschaftsklugheit begegnen vor allem in den parallelen Erzählungsepisoden von Apk 12, Apk 13 und in je zwei Paaren von ¨de-Aussagen (13,10 und 18 // 14,12 und 17,9); ferner in Apk 17. Darüber hinaus gibt es verstreute Motive einer administrativen Herrschaftsklugheit in Apk 15–16 und 18–20 sowie einer repressiven Militärmacht im „letzten Krieg“. Die sieben Sendschreiben in Apk 2,1–3,22 lassen die repressive und attraktive Seite der Romanisierung erkennen. Die römische Herrschaft erscheint hier vor allem in Gestalt administrativer Herrschaftsklugheit. Der Unterschied zwischen Apk 1,9–3,22 und 4,1–22,5 kann als geschickte Leserlenkung erklärt werden. Die Apk spricht zunächst gezielt kleinasiatische Leser in ihrer Lebenswelt an, um
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Schluss
erst danach den Blick auf den Osten und die Situation des Morgenlands auszuweiten, also auf den ganzen Ost-West-Konflikt. Der Horizont der Christen Kleinasiens wird erweitert – nicht nur von der Erde auf den Himmel, von der Provinz auf das Imperium, von der Kirche auf die Welt, von der Alltagsrealität auf die umfassende mythische Welt, sondern konkret von Kleinasien auf den Osten. Die Botschaft des Apokalyptikers betraf nicht nur die Situation Kleinasiens, sondern die Beziehung zwischen Kleinasien und dem Orient sowie die Rolle Kleinasiens zwischen Ost und West. In Reaktion auf die römischen Herrschaftsstrategien stehen die Tendenzen zu „Aggression und Rückzug“ mit der Rolle von „Krieger und Zeuge“ in Wechselbeziehung. Vier Typen möglicher Überlebensstrategien lassen sich in der Apk erkennen: 1) Gegenwirkung: Man kann gegen das Imperium Romanum einen Aufstand machen. Der jüdische Krieg wirkt deutlich in der Apk nach. 2) Nachwirkung: Der gescheiterte Aufstand wirkt als Abschreckung. Widerstand scheint aussichtslos zu sein. Diese Wirkung lässt sich weiter differenzieren in eine Rückwirkung und Auswirkung. 3) Rückwirkung im Äußeren: Die Ohnmacht gegenüber dem Imperium Romanum bewirkt äußerlich eine Inaktivierung der Zeugen bei bleibender innerer Aggressivität. 4) Auswirkung im Inneren: Einen Schritt weiter geht die Anpassung, wenn sich die Zeugen auch innerlich anpassen. In Apk 1,9–3,22 ist die Tendenz zum Rückzug sichtbarer als die Neigung zur Aggression. Aber der Leser soll die Aggressionstendenz nicht aus den Augen verlieren. Sie tritt in den Bildern des Hauptteils (Kap. 4–19) deutlich hervor. Die Arbeit gelangt aufgrund einer Analyse der Sendschreiben im ersten Teil der Apk zu konstruktiven Rückschlüssen auf die sozialpolitische, soziokulturelle, sozioökologische und sozialökonomische Situation der Gemeinden in Kleinasien und arbeitet die Reaktionsformen auf die Herrschaftsstrategien des Imperium Romanum im Rahmen des Ost-West-Konflikts heraus. Danach werden einige Texte im Hauptteil der Apk (in 4,1–22,5) ausgelegt, um analytisch Rückschlüsse aus ihnen auf die Situation der kleinasiatischen Gemeinden der Apk zu ziehen. Ergebnis dieser analytischen Rückschlüsse ist, dass Rückzugs- und Aggressionstendenzen auch in Apk 4,1–22,5 nebeneinander stehen. Dazu kommt, dass geschichtlich benachbarte Gruppen wie die Juden in Palästina sowie die diasporajüdische „Synagoge des Satans“, die Nikolaiten und die Anhänger der Isebel, ähnliche Tendenzen wie die in der Apk angesprochenen Gemeinden zeigen, nämlich eine Mischung aus aggressiver Reaktion und evasivem Rückzug. Die Rückzugs- und Aggressionstendenzen in der sozialen Realität stehen in Interaktion mit der !qm¸om-Metaphorik als einer dialektischen Märtyrer-Krieger-Symbolik. Die Auseinandersetzungen wird in zwei verschiedenen Richtungen geführt: einerseits mit zu wenig aktiven Zeugen im Urchristentum und
Soziorhetorische Analyse: Ergebnisse und Ausblick
231
ihren Rückzugstendenzen, andererseits mit den jüdischen Aufständischen und ihren Aggressionstendenzen. Auch wenn in den Gemeindebriefen die !qm¸om-Metaphorik nirgendwo direkt in das Gespräch mit den Gemeinden eingeführt wird (1,9–3,22), zeigen Beziehungen zu späteren !qm¸om-Stellen (in 4,1–22,5) den verborgenen Einfluss der !qm¸om-Metaphorik schon in den Gemeindebriefen. Denn das !qm¸om ist für die Gemeinden Vorbild (vgl. das mij²y-Versprechen mit dem Siegesmotiv in 5,5–6), es ist die Grundlage der Hoffnung (vgl. die Hoffnung auf das neue Jerusalem in 3,12 und 21,2.9.10) und es ist die wichtigste Bezugsperson der Gemeinde, da sie die Braut des Lammes ist (vgl. 22,16.17). Außer den Heidenchristen gab es vermutlich eine „signifikante“ Zahl judenchristlicher Leser in den kleinasiatischen Gemeinden. Die Judenchristen und der Verfasser identifizierten sich mit der tragischen Geschichte ihres Volkes und teilten eine Aggressionstendenz gegen das Imperium Romanum. Mit Hilfe der Interpretation von ûcioi („Heilige“) als apokalytische Bezeichnung für „Juden“ bzw. „Judenchristen“ wird die Beziehung zwischen dem !qm¸om und den jüdischen Aufständischen hergestellt. Wir finden (1) eine Empathie in ihre Aggressivität (Apk 6,16), (2) eine Verinnerlichung ihrer Aggressivität im Gebet (Apk 5,8; 8,3–4) und (3) eine Identifikation mit dem siegreichen !qm¸om (Apk 5,9–10; 14,10). Die zwei Paare von ¨de-Sätzen (in 13,10 und 18 sowie 14,12 und 17,9) können am besten die !qm¸om-Metapher als eine paradoxe Verbindung von Aggressivität, die aus dem fehlgeschlagenen jüdischen Aufstand noch immer nachwirkt, und einer Rückzugstendenz im Urchristentum belegen. Die Apk setzt dem eine dritte Möglichkeit entgegen: eine „Wertrevolution“ als Überlebensalternative neben Rückzugs- und Aggressionstendenzen und als Verwandlung beider Tendenzen, die in der !qm¸om-Metaphorik chiffriert wird.
5.3 Soziorhetorische Analyse: Ergebnisse und Ausblick Die dritte Teilthese beschäftigt sich mit der Antwort des Apokalyptikers auf die Situation der Gemeinden in Kleinasien. Sein Anliegen ist die Motivierung seiner Gemeinden für eine Wertrevolution, durch die sie in die Gesellschaft hineindrängen (und Rückzugstendenzen überwinden), aber auch durch ein von alternativen Werten bestimmtes Leben in Distanz zu dieser Gesellschaft bleiben. In diesem Sinne wird die Apk durch eine soziorhetorische Analyse auf die in ihr sichtbare Kirchenpolitik (bzgl. Gemeindelenkung und Gemeindeaufbau) als Aufforderung zu einer Wertrevolution gedeutet. Das ist der Gegenstand der dritten Teilthese dieser Arbeit. Herausgearbeitet wurde: Der Apokalyptiker war weder ein gesellschaftsferner Verkündiger, der in einer Nische der Gesellschaft einen detaillierten eschatologischen Zeitplan für eine Randgruppe ausdachte, der sich ohne Aktivität von Menschen realisiert, noch war er ein jüdischer Nationalist, der von einer Machtrevolution gegen Rom durch menschliches
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Schluss
Aufbegehren träumte. Vielmehr kann man ihn als einen [ökumenischen] Kirchenpolitiker charakterisieren, der durch seine Prophetie und die !qm¸om-Metapher die nachpaulinischen, kleinasiatischen Gemeinden zu einer Wertrevolution durch aktive Evangeliumsverkündigung motivieren wollte. Die Apk setzt sich mit Unterdrückung und Leid auseinander. Auch in ihr wird das Theodizeeproblem bearbeitet. Eine Lösung der Theodizeefrage ist in der apokalytischen Dämonisierung enthalten. Durch Dämonisierung wird es möglich, das unerträgliche „Reich“ des hgq¸om in seiner gegenwärtigen Koexistenz mit einem anderen Königreich zu ertragen (vgl. 1,9). Denn nicht der römische Staat, sondern die hinter ihm stehende mythische Macht ist der eigentliche Feind. Diese mythische Macht ist zum Untergang bestimmt; sie ist auch nicht einfach mit dem römischen Staat identisch. Im Rahmen solch einer Koexistenz dient die !qm¸om-Metaphorik einerseits der Aggressionsbearbeitung, andererseits der Forderung einer sozial-integrativen Veränderung der Gesellschaft. In verschiedenen sozialen Dimensionen werden die Christen aufgefordert, sich in die Gesellschaft wertrevolutionär zu integrieren. Die Intention dieses Entwurfs einer Wertrevolution besteht darin, die Aggressivität der urchristlichen Gemeinden unter Kontrolle zu bringen. Desintegration und Aggressionsausbruch werden nur in sozialmythischen Phantasien ausgelebt. In Apk 15–16 und 18,1–22,5 finden wir beide Handlungen alternativ und nacheinander: eine Aggressionsbearbeitung schon im Diesseits (z. B. durch Sublimierung, Poetisierung und Ausgleich durch nicht-aggressive Impulse) und eine eschatologische Aggressionsverschiebung auf die Zukunft in Phantasien von einem explosiven Aggressionsausbruch in den Wehen der Endzeit. Ein Einwand gegen die Deutung der !qm¸om-Metaphorik als hermeneutischem Schlüssel der Apk könnte sein, dass das Lamm in den Sendschreiben an die sieben Gemeinden noch nicht präsent ist. Diese Arbeit zeigt, dass das !qm¸om schon in diesen Briefen verborgen im Hintergrund wirkt. Wenn man weiter liest, entdeckt der Leser nämlich in den späteren Aussagen über das !qm¸om viele Motive, die nachträglich die Briefe erhellen – unter anderem die Überwindersprüche, die dem Ausharrenden den Sieg versprechen. Das !qm¸om verstärkt als Märtyrer-Krieger die Aufforderung zu einer sozial-integrativen Gestaltung der Gesellschaft gegen alle Widerstände. Die Christen werden motiviert, sich in die Gesellschaft hineinzubegeben, sich in ihr zu integrieren und sie durch neue Werte und Einstellungen zu verändern. Jede Forderung, sozial-integrativ in der Gesellschaft etwas zu verändern, die aus der Beziehung zwischen den sieben Gemeindebriefen und dem erst später eingeführten !qm¸om abgeleitet wird, ist zirkulär: Der Gemeindebrief thematisiert Bilder, die mit dem !qm¸om zusammenhängen; das !qm¸om wiederum steht mit jedem Brief in einem heimlichen Dialog. Die folgende Tabelle zeigt in Stichworten diese Beziehung zwischen Gemeindebriefen und der erst später begegnenden !qm¸om-Metaphorik:
Soziorhetorische Analyse: Ergebnisse und Ausblick
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Tabelle 22. Die !qm¸om-Metaphorik und die Gemeindebriefe Gemeindebrief Indirekte HinSymbol für Affektkontrolle als weise auf das erst ein integrativ-soziales Überwindung von später hervortre- Wirken in der Umwelt Aggressivität tende !qm¸om Ephesus
Baum des Lebens Das !qm¸om als Symbol Das !qm¸om als Affektkontrolle bei der (2,7) vgl. 22,2 für die Sehnsucht sozial-integrativen nach Solidarität Gestaltung der Gesellschaft
Smyrna
Blut („Tod“ in 2,10.11) vgl. 5,9; 7,14; 12,11
Das !qm¸om (sein Blut) Das !qm¸om, als als Verstärkung von Adressat und Modell „Treue“ der „Treue“
Pergamon
Name (2,13.17) vgl. 14,1; 15,3.4
Das !qm¸om als Hinweis auf den „neuen Namen“
Das !qm¸om als Affektkontrolle bei der sozial-integrativen Gestaltung der Gesellschaft
Thyatira
Hüten (2,27) vgl. 7,17
Das Hüten des !qm¸om als Gegenbild zum Zerschmettern der Nationen
Die Herrschaft mit dem !qm¸om ohne Aggression und Repression
Sardes
Lebensbuch (3,5) Das Lebensbuch des vgl. 20,15 !qm¸om als Verstärkung des Transzendenzbezugs im alltäglichen Leben
Die externe Kausalattribution an mythische Mächte als innergemeindliche Affektkontrolle
Philadelphia
Neues Jerusalem (3,12) vgl. 21,2
Das !qm¸om als Aggressionskontrolle als Reaktion auf Jerusalems Fall
Laodizea
Zusammensitzen Das !qm¸om als Hoff(3,20) nung auf Mitherrvgl. 20,4 schaft mit Christus
Die Hoffnung auf das !qm¸om als Hoffnung auf ein neues Stadtleben
Das !qm¸om als Symbol der Transformation von „Eifer“ (3,19)
Der kirchenpolitische Entwurf einer Wertrevolution des Apokalyptikers umfasst fünf Ebenen der !qm¸om-Metaphorik:
234
Schluss
1) Er zielt auf einen ökumenischen Konsens: Das !qm¸om weist sogar über diesen Konsens hinaus. 2) Die !qm¸om-Metaphorik gibt durch die Opposition von !qm¸om und hgq¸om Orientierung für das Verhalten zur Umwelt (= urchristliche Außenbeziehungen I). 3) Die !qm¸om-Metaphorik verleiht durch Ausrichtung auf das !qm¸om den Gemeinden eine Gruppenidentität auch in Unterscheidung von der jüdischen Mutterreligion (= urchristliche Außenbeziehungen II). 4) Die !qm¸om-Metaphorik fördert das Konfliktmanagement beim Streit zwischen verschiedenen Gruppen (= urchristliche Binnenbeziehungen I). 5) Schließlich begründet die !qm¸om-Metaphorik auch Autoritätsstrukturen: Nur Gott und das !qm¸om haben eine hoheitliche Stellung. In der Gemeinde herrscht grundsätzlich ein egalitäres Klima (= urchristliche Binnenbeziehungen II). Die Hauptthese der Arbeit deutet die Dialektik der !qm¸om-Metaphorik als ein Leitmotiv für das Anliegen der Apk, die Gemeinden zu einer gewaltfreien Wertrevolution zu motivieren. Dieses Ergebnis wurde durch eine dreifache sozialwissenschaftliche Hermeneutik erzielt: Durch Soziolinguistik wird der Wortgebrauch und seine Traditionen untersucht, durch Sozialgeschichte der soziale Kontext und durch Soziorhetorik die Botschaft des Apokalyptikers. Das Gesamtergebnis ist: Die !qm¸om-Metapher deutet den Jesus als vorbildlichen Märtyrer-Krieger. Der Apokalyptiker schuf damit eine damals ganz neue dialektische Metapher im Dienste einer Wertrevolution, durch die er einerseits die Christen in der nachpaulinischen kleinasiatischen „Ökumenebewegung“ gegen die Ideologie des Römischen Reichs zu aktiven Zeugen motivieren wollte und anderseits die Intention zu jüdischer Revolte ersetzte, um sie in veränderter Form als Wertrevolution zu erneuern. Seine Lammchristologie ist der hermeneutische Schlüssel zur ganzen Johannesapokalypse als eines Aufrufs zu einer gewaltfreien und dennoch „invasiven“ Wertrevolution, durch welche die römische Gesellschaft von innen her verändert werden soll. Das „Lamm“ steht in einem grundsätzlichen Konflikt zum „Tier“, der Metapher für das römische Imperium. Im Herrschaftsbereich des „Tieres“ soll menschliches Leben möglich sein.
6 The Lamb Metaphor in the Apocalypse of John: A Semantic and Socio-historical Analysis (Abstract and Conclusion) 6.1 Abstract This work illustrates that the Lamb metaphor in the Apocalypse of John is a conscious creation of the author, in which two contradictory themes are interwoven: the !qm¸om as a passive sacrificial lamb and as an active combatant ram. This metaphor corresponds to the social reality: Behind the Apocalypse of John is a Christian group replacing a violent revolt against the Roman Empire (as it is symbolized in the aggressive, warrior-like ram), by a nonviolent, ready-for-martyrdom reaction (as it is symbolized in the passive sacrificial lamb). But this reaction occurs proactively in the “conquest” of the Roman Empire through the Christian proclamation (as Wertrevolution).
6.2 Conclusion The social scientific hermeneutics calls for new research (including sociolinguistic, socio-historical and socio-rhetorical) questions concerning the Lamb metaphor of the Apocalypse of John. The present study aim at illustrating the semiosis of !qm¸om in three interrelated aspects: built-in theological intention, its social context and church-political function in Urchristentum of Asia Minor. It understands the semiosis of !qm¸om as a key to interpret the Apocalypse of John on one hand, and to illuminate which socio-historical situation the Book probably engaged in on the other hand. Through its built-in dialectic, i. e. through a synthesis of martyr-motifs and warrior-motifs, the !qm¸om metaphor provokes an offensive proclamation of the gospel. The military aspect of the !qm¸om metaphor symbolizes a readiness which makes impact on society even offensively and changes social attitudes and core values for the sake of the gospel. Its martyrological aspect, however, symbolizes another kind of readiness – prepared to renounce but suffer violence for being witness to the gospel. The situation, in which the !qm¸om metaphor being effected, is defined by the Romanization (Romanisierung) of the contemporary world. Indeed the Romanization in Asia Minor was perceptible in every aspect of life (not merely in the imperial cult). In this situation the Apocalypse of John does not plead for a resistance by means of a totally unrealistic political
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The Lamb Metaphor in the Apocalypse of John
revolution (Machtrevolution) but by a value revolution (Wertrevolution). The Apocalypse is thus in opposition to both withdrawal and aggression tendencies in Imperium Romanum under Hellenistic-Roman, Jewish and early Christian groups. The results of the three research question sets (raised by sociolinguistics, social history and social rhetoric) of a social scientific hermeneutics are outlined yet again and three sub-theses are respectively recapitulated. 6.2.1 Sociolinguistic Analysis: Results and Recapitulation Based on (1) considerations on sociolinguistic background of John the Seer, (2) word studies and (3) theme studies, the sociolinguistic analysis of the !qm¸om metaphor aims at clarifying the diction of the Apocalypse: Different from other early Christian habitual language use and the Jewish tradition, the Apocalypse adopts for the image of Jesus as Lamb a Greek word – !qm¸om – which is rarely documented in the lexical field of “sheep.” We have represented the following thesis: The apocalyptic !qm¸om metaphor refers the historical Jesus not to a sacrificial offering (neither as paschal lamb nor as the lamb described in Isa. 53:7) and most probably also unrelated to astrological Aries (i. e. ram) constellation. The !qm¸om metaphor rather comprises an innovation that goes not merely by combining two conflicting traits, but beyond these two traditions: The Lamb, on one hand, gets ready for suffering and is in this respect a martyr; on the other hand, it fights for the truth as a warrior offensively against hgq¸om-ideology. The Lamb is thus both: martyr and victor. Exactly through this built-in dialectic, the !qm¸om metaphor functions as a hermeneutical key to the Apocalypse of John, through which !qm¸om acts as role model and prototype of martyr-warrior for a community, whose members got to know martyrdom and missionary success. After taking bilingualism and multilingualism in Early Judaism, the spread of the LXX, the Corpus Judaeo-Hellenisticum as well as the NT into consideration, the thesis has been formulated in this research as such: The Apocalyptist was a Palestinian Jew, bilingual (probably even multilingual), who could differentiate amongst different semantic possibilities and language traditions of Hellenistic Jewish literature. His word choice of !qm¸om in the Apocalypse is far more than mere coincidence. On the basis of Septuagintisms in the Apocalypse of John, which are detectable both in the syntax (in terms of the Old Testament allusions as well as expressions) and in the lexis, one can assert: The conventional linguistic usage of !qm¸om and its related words in the LXX, together with their corresponding theological implications, affected the diction of the author, at the time he opted precisely for this rare word to name Christ. The works of Philo (as a product of Alexandrian bilingualism) and Josephus (as a product of Palestinian bilingualism) exerted no direct lexical influence on the word choice in the Apocalypse concerning the !qm¸om
Conclusion
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metaphor. But Philo bears witness to the frequency pattern of the LXX usage of !qm¸om, !lmºr and p²swa, and the finding in Josephus, who writes more or less contemporaneous with John the Seer, suggesting that these lemmas were potentially accessible to the Apocalyptist. In addition, the Apocalyptist probably has a good knowledge of the New Testament, especially the Pauline and the Johannine writings. In view of this sociolinguistic background of John the Seer, one must pay special attention to the word choice of rare Greek word (namely !qm¸om). Word studies affirm that the word choice for !qm¸om comes about consciously. These sociolinguistic studies would not lose sight of historical linguistics but rather undertake a comparative approach, which depict the results quantitatively as word frequency patterns and analyze the language usage qualitatively. Both methods unfold against the backdrop of all possible alternative words within the contemporary lexical resources for examining the peculiar diction of !qm¸om. They draw attention away from the similarity between !qm¸om and other semantically related words to the peculiarity of !qm¸om compared to them. Quantitatively the Apocalypse of John increases the word frequency of the relatively rare word !qm¸om. This is shown by a comparison with all frequency patterns of words within the semantic field of “Ovis / Sheep” (i. e. !qm¸om, !lmºr, p²swa, !q¶m and pqºbatom), which we could ascertain in the Hellenistic-Roman world, in the LXX, in the Corpus Judaeo-Hellenisticum and in the NT. Qualitatively, the words !lmºr and p²swa, often used by Hellenistic Jews, were very closely connected either with contexts of sacrificial rites and Passover or with the Suffering Servant of the so-called Deutero-Isaiah. Those words have shaped with their linguistic usage not only the Lamb Christology (or Lamb Christologies), but also coined the Lamb metonyms in the Gospel of John and the Pauline letters (cf. Acts 8:32, 1 Pet. 1:9, John 1:29,32 and 1 Cor. 5:7). Since !lmºr and p²swa as linguistic and religious terms were always available, the conventional religious historical explanations, which come up with the Sacrifice-and-Servant tradition (Opfer- und Gottesknechtstradition) for illustrating idiosyncrasy of the diction !qm¸om in the Apocalypse of John, are simply inadequate and unsatisfactory. In Urchristentum, the Lamb (!lmºr) of God ties tightly in the notion of redemption. Even if !qm¸om metaphor neither opposes nor offends its contemporary theology of redemption, the Apocalyptist’s choice of the rare word !qm¸om beclouds somewhat that Christian theology. Furthermore, there is no doubt that the Apocalyptist could have known the Greek words for “ram,” especially jqiºr. If one would argue that the Apocalyptist has understood !qm¸om (in lieu of jqiºr or bekºstasir) in the meaning of “ram” or even “Aries,” he or she simply could not draw an analogy in the Hellenistic Judaism. Hence the religious historical approach to rooting the !qm¸om-metaphor in pagan astrology is hardly possible.
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The Lamb Metaphor in the Apocalypse of John
What we can say, nevertheless, is an orientation of the !qm¸om-metaphor (1) towards a symbol of the vulnerability of the lamb, and (2) towards the imagery of the people of God. This makes !qm¸om a paradoxical, ecclesiological figure in the Apocalypse of John. The ambiguity and lack of traditionality of the term “!qm¸om” ready the room for an innovative writer to create the (synthesized) image of a “martyr-warrior.” Indeed these general elements have already existed in the Hellenistic Jewish literature beforehand, but not in the form of this !qm¸om metaphor. In light of the proven quantitative word frequency pattern and the qualitative linguistic usage, the burden of proof falls on the one making the claim that !qm¸om is a synonym for !lmºr and p²swa (or even jqiºr). What now, in terms of content, is new concerning the !qm¸om-metaphor in the Apocalypse of John? Theme studies show that the metaphor concerned consists in a combination of two dialectical motifs and an opposition to an alternative imagery. The !qm¸om-metaphor is first an innovative combination of martyr and warrior. In addition, it stands in opposition to a hgq¸om-imagery. The !qm¸om is an anti-hgq¸om (et vice versa). The opposition to hgq¸om happens due to the untranslatable Greek ¸ommorpheme of the words !qm¸om and hgq¸om. The word !qm¸om was likely to be chosen from many other options because it was an antitype to the hgq¸om linguistically and phonetically via its suffix. Secondly, Lamb and Beast were bound at two locations directly next to each other in one sentence: in Rev. 13:11 in a non-military context and in Rev. 17:12–14 in a military context. In the context of Rev. 13:11 the !qm¸om and the hgq¸om encounter as ideological competitors on top of each other without having reciprocal interaction between them, whereas both are found in Rev. 17:12–14 at war with each other. Thirdly, the two Beasts – the Beast from the sea (Rev. 13:1–10) and the Beast from the land (Rev. 13:11–18) – are depicted, so that they become the antitype of the Lamb in Revelation 5. In Revelation 13 the hgq¸om represents the fearsome ruler. The imagery of hgq¸om in vv.1–10 is the hgq¸om in Daniel, but in further autonomous advancement. In vv.11–18 it is a symbol for propagandists who spread deceitful and lethal impression to the verbal witness. The term “beast” (hgq¸om) might be associated with the Jewish swearword hgq¸om for a tyrant that is attestable to Herod the Great. Decisive is that the !qm¸om allies the role of the martyr with that of the warrior. According to Revelation 5 it on one hand is a warrior who exhibits aggression and is victorious (5:5 mij²y); on the other hand a martyr who reveals in the image of the slaughtered lamb as victims of aggression (5:6 1svacl´mom). It is an imagery of the Messiah of “the Lion of the tribe of Judah, the Root of David” (Rev 5:5), who is simultaneously a slaughtered !qm¸om (Rev 5:6). In light of Rev 17:14 the lamb appears as a warrior – here is the war of the Lamb mentioned. In light of Rev 1:4b–6, the Lamb comes out (owing to the obvious parallel to Rev 5:6–14) inseparably as l²qtur. The author uses the
Conclusion
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concept l²qtur just like a technical term, therefore one can speak that there is already l²qtur as “martyr” in the Apocalypse of John. The !qm¸om does not only possess martyrological features, but is overall a “martyr.” Furthermore, the study analyzes the three epiphanies of Christ, in order to show that this “martyr-warrior” is a coherently conceptualized and tactically realized gestalt in the Apocalypse of John: The first manifestation of Christ (1:13–16 and 1:17–20) connects together the characteristics of a warrior and those of a martyr. The second epiphany of Christ (5:5 and 5:6) reaches its climax in the symbol of the seven horns and seven eyes (j´qata 2pt± ja· avhaklo»r 2pta) The last appearance of Christ (19:9–10, 11–21) points to the role of the followers of Christ. The Apocalypse of John summons the Christians to imitate, like this role model (namely !qm¸om), of being “martyr-warrior.” For the appreciation of the Apocalypse of John we see the key in the imagery of Lamb: The dialectic of warrior and martyr – that of aggression and victims of aggression on one hand, the conflict between the !qm¸om and the hgq¸om on the other hand – is the hermeneutical key for the last book of the Bible. The antithesis of “Lamb” to “Beast” is not just a contrast among others in the colorful world of symbols fantasized by the Apocalypse of John, but stands for counter-ideologies that are present everywhere in this Scripture. 6.2.2 Socio-Historical Analysis: Results and Recapitulation The second thesis deals with a social, outsider perspective rather than a theological, insider viewpoint. The former maps the Apocalypse of John with different possible forms of social reaction to the Imperium Romanum. This research develops the following thesis: The !qm¸om-Ideology was in post-Pauline Urchristentum of Asia Minor a response to the post-Jewish War crisis (which included the aftermath of the destruction of the Temple). This ideology aims at finding in a globalizing world between an inner withdrawal with external assimilation (as some Christian groups practiced it) and a hopeless violent political revolution (as the rebellious Jews had attempted it) a third way. The Sitz im Leben of the Apocalypse of John is neither interpreted (via the paradigm of imperial cult) merely as a resistance against the Caesar cult nor (via the paradigm of persecution) only as coping strategies for Christian persecutions. Instead the context is interpreted as a confrontation with the ruling ideology of the Roman Empire and simultaneously as an alternative in competition with other countermovements within the ideological market. In this dispute, the Apocalypse of John opines an offensive evangelization. The Apocalypse has an offensive (even aggressive) move, which is symbolized by the warrior side of !qm¸om, as well as a move of demonstrative nonviolence, which is expressed by the martyrs aspects of !qm¸om.
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The conflict between the !qm¸om and the hgq¸om is perceived in Asia Minor in a broader context of East-West conflict. The Roman Empire established its power all over the ancient world – also in the East. In the Apocalypse of John the ruling class strategies are mirrored: on one hand an administrative, political acumen (Herrschaftsklugheit); on the other hand, military oppression. Accordingly, in the Apocalypse two impacts of the Imperium Romanum can be identified: a repression effect and an attraction effect. The interplay of repressive and attractive forces is connected with different roles: The Sea Beast represents the repressive side of the power; the Land Beast, however, the propagandistic, attractive and persuasive side. Administrative, political acumen and oppressive, military tactics are different aspects of the ruling power of the Imperium Romanum. In Rev. 4:1–22:5 the !qm¸om is the imagery of an antagonist of all-embracing symbolic complex, of which the Romanization as a whole is visualized. Four roles can be seen relating thereto, in which the Roman regime is depicted in various aspects: 1) The Dragon, perceived as patron of the Beasts, is a socio-mythical symbolization of the Roman imperial ideology. This ideology is being demonized, for it is traced back to the Dragon. Especially in Rev. 13:2,4, this demonization ministers to the (de)legitimization of the Roman imperialism and to the deconstruction of both its military and propaganda myths. Thereby the opposition of !qm¸om and the Dragon becomes an integral part of an earliest Christian war myth, which is to bring the downsides of the Romanization to light. 2) The Beast from the sea (or the Sea Beast) is a symbolization of the sociopolitical institution of Roman emperors. There is an abundance of intratextuel collections between the three chapters – Revelation 11, 13 and 17. It shows that the hgq¸om-symbol does not refer to a particular individual Roman emperor (Kaiser), but to the imperial institution (Kaiserinstitution) as a whole. Nevertheless sidelights are at the same time thrown on the politics of certain Roman emperors. Particularly the “past” Fall of Jerusalem intrudes. Through the reminiscence about the Jewish War, the “present” crisis awareness is raised in a relatively peaceful reign within the Roman Imperial period (at the time of Nerva and Trajan). 3) The Beast from the land (or the Land Beast) is a symbolization of the Roman regional administration. On the basis of exegetical observations on Rev. 13:11–12 (cf. 16:13,14,16; 19:19,20), this study argues for such a thesis: “The Beast from the land” is not a code name for the imperial cult, but symbolizes, in a comprehensive manner, the regional administration of the Imperium Romanum. This administers in the Roman provinces and client kingdoms. The imperial cult is not necessarily excluded. Nonetheless it operates simultaneously an all-embracing program of Romanization (which makes persuasive offers of “signs,” “image” and “mark” in the
Conclusion
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Apocalypse of John). The implication of the Land Beast – the regional administration in the Roman Empire – therefore cannot be limited to the imperial cult. 4) Babylon, the strategic alliance of the Beast, is a socio-geographic symbolization of the city of Rome, in contrast to Jerusalem. It symbolizes the urbanization ideal of “strong” and “big” in the Imperium Romanum (especially Rev. 18:10) and is thus an antitype to the “beloved” and “holy” city. In order to implement the Romanization all four roles of the symbolic complex could exert both repression effect and attraction effect. The !qm¸om-imagery, however, conveys an opposing message under the motto “justice and truth.” It disputes with the repressive and attractive sides of the hgq¸om-ideology. In other words, it confronts the ruling ideology which upholds injustice by means of oppression and deception by means of attractiveness. The ruling class strategies, like military power and political acumen, encounters especially in the parallel narrative episodes of Revelation 12, of Revelation 13 and in each of the two pairs of ¨de-statements (13:10 and 13:18 // 14:12 and 17:9); also in Revelation 17 In addition, there are widespread motifs of administrative, political acumen in Revelation 15–16 and 18–20, and a repressive military power in the “last battle.” The seven letters in Rev. 2:1–3:22 reveal both the repressive and attractive sides of the Romanization. But the Roman regime appears here chiefly in the gestalt of administrative and political acumen. The disparity between Rev. 1:9–3:22 and 4:1–22:5 can be perceived as smart reading guidance. The Apocalypse of John addresses in the first instance its target audiences of Asia Minor in their lifeworld (Lebenswelt), only then can their view be widened to the East and the situation of the Orient, and also to the entire East-West conflict. The horizon of the Christians of Asia Minor is broadened – not only from the earth to the heaven, from the province to the Empire, from the church to the world, from the everyday reality to the encyclopedic mythical world, but concretely from Asia Minor to the East. The message of the Apocalyptist concerned not just the situation in Asia Minor, but the relationship between Asia Minor and the Orient as well as the role of Asia Minor between East and West. In reaction to the Roman ruling class strategies, tendencies towards “aggression and withdrawal” correlates with the role of “warrior and witness.” Four types of possible survival strategies can be seen in the Apocalypse of John: 1) Countereffect (or counterattack): One can revolt against the Imperium Romanum. The Jewish War has exerted considerable impact in the Apocalypse of John. 2) Aftereffect (or aftermath): The abortive revolt effects a deterrence. Resistance appears to be hopeless. This effect can be further differentiated into a retroactive effect and an internal effect.
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3) Retroactive effect in outward action: The powerlessness against the Imperium Romanum causes externally an inactivation (or even social withdrawal) of the witnesses but the inner aggressiveness still remains. 4) Internal effect: Going one step further is the assimilation, if the witnesses also conform internally. In Rev. 1:9–3:22, the tendency to withdrawal is more observable than the inclination to aggression. But the reader should not lose sight of the aggressive tendency in this section, whereas it emerges vividly in the images of the main body (Chapters 4–19). Based on an analysis of the letters, which are built-in within the first part of the Apocalypse of John, the study makes constructive inferences about the socio-political, socio-cultural, socio-ecological and socio-economic situation of the churches in Asia Minor. It also carves out the reaction forms to the ruling class strategies of the Imperium Romanum within the framework of the East-West conflict. Afterwards representative texts in the main body of the Apocalypse of John (in 4:1–22:5) are interpreted, in order to draw analytical inferences concerning the situation of the churches of Asia Minor. These analytical inferences show a common result that withdrawal and aggressive tendencies stand side by side in Rev. 4:1–22:5. In addition, historically neighboring groups, such as the Jews in Palestine as well as the “Synagogue of Satan” of the Jewish Diaspora, the Nicolaitans and the followers of Jezebel, show similar social trends like those communities mentioned in the Apocalypse of John, namely an intermixture of aggressive reaction and evasive retreat. The tendencies of withdrawal and aggression in social reality interact with the !qm¸om-imagery as a dialectical symbolism of warrior-martyr. The debates are conducted in two different directions: on one hand, debates with those insufficiently active witnesses in Urchristentum and their corresponding withdrawal tendencies; on the other hand with those Jewish revolutionaries and their inclination to aggression. Even if !qm¸om is nowhere introduced directly and explicitly in those letters to the churches (Rev. 1:9–3:22), textual connections to later occurrences of !qm¸om (in 4:1–22:5) disclose that the latent influence of the !qm¸om-imagery has already exerted in the letter writing. For those Christian communities, !qm¸om is their role model (cf. the mij²y-promise with the victory motif in 5:5–6), it is the basis for hope (cf. the hope for the New Jerusalem in 3:12 and 21:2,9,10) and it is the most significant other of the Gemeinde for she is the bride of the Lamb (cf. 22:16,17). In addition to the Gentile Christians, there were probably a “significant” number of Jewish Christian readers in the churches of Asia Minor. The Jewish Christians and the Jewish author identified themselves with the tragic history of the Jewish people and shared an aggressive tendency to aggression against the Imperium Romanum. By dint of interpreting ûcioi (“saints”) as a specific term used by John the Seer for “Jews” or “Jewish Christians,” the relationship between !qm¸om and the Jewish
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revolutionaries is established. We find (1) an empathy in their aggressiveness (Rev. 6:16), (2) an internalization of their aggressiveness in prayer (Rev. 5:8; 8:3,4) and (3) an identification with the victorious !qm¸om (Rev. 5:9–10; 14:10). The two pairs of ¨de-sentences (in Rev. 13:10 and 13:18 as well as 14:12 and 17:9) can best substantiate the !qm¸om metaphor as a paradoxical combination of (1) aggressiveness, which continues to have a lasting effect on those surviving after the abortive Jewish revolt, and (2) a withdrawal tendency in Urchristentum. The Apocalypse of John contrasts to those contemporaneous survival strategies with a third option: a “value revolution” (Wertrevolution) as a survival alternative in opposition to social tendencies of withdrawal and aggression and as a transformation of both. The value revolution is codified via the semiosis of !qm¸om. 6.2.3 Socio-Rhetorical Analysis: Results and Recapitulation The third sub-thesis deals with the Apocalyptist’s response to the situation of the churches in Asia Minor. His concern is the motivation of his communities for a value revolution, through which they engage in the society (and thus overcome withdrawal tendencies), but also keep their distance to it by leading a life ruled by alternative values. In this sense, the Apocalypse of John is interpreted through a socio-rhetorical analysis of the detectable church politics (in terms of community guidance and community organization) in the book as a call to value revolution. This is the research object of the third subthesis of the study. What has been carved out in this chapter is like the following: The Seer was neither a preacher, who distanced socially from the society and devised for a fringe group a detailed eschatological timetable that is realized without involving any human activity, nor a Jewish nationalist, who dreamed of a political revolution against Rome via human struggles. Rather, one can characterize him as an [ecumenical] church politician (Kirchenpolitiker), who would motivate the post-Pauline churches of Asia Minor by means of his prophecy and the !qm¸om-metaphor to a value revolution via active evangelism. The Apocalypse of John fights against oppression and suffering. It also deals with the problem of theodicy. A solution to the theodicy question is embodied in the apocalyptic demonization. Through demonization it will be possible to tolerate the intolerable “Empire” of hgq¸om in its present coexistence with another kingdom (cf. 1:9). It is not the Roman state, but rather the mythical power standing behind him is the real enemy. Certainly this mythical power is doomed to destruction, but it is not simply identical to the Roman state. In terms of a coexistence of two kingdoms the !qm¸om-imagery enhances aggression management on one hand, and a social-integrative transformation of the society on the other hand. The Christians are summoned to integrate value-revolutionarily (wertrevolutionär) in various social dimensions of the
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society. This value revolution plan is intended to bring the aggressiveness of the earliest Christian communities under control. Disintegration and outbursts of aggression outbreak are lived out only in socio-mythical fantasies. In Rev. 15:1–16:21 and 18:1–22:5, we find both operations alternatively and consecutively: (1) an aggression management already in the here and now (e. g. through sublimation, poeticization and compensation by non-aggressive impulses) and (2) an eschatological suspension of aggression to the future, that is, to the fantasies of an explosive outbursts of aggression in the birth pangs of the end times. An objection against the interpretation of the !qm¸om-imagery as a hermeneutical key of the Apocalypse of John could be that the Lamb is not yet present in the letters to the seven churches. This study however shows that !qm¸om, who seems lurking in the background, has already exerted impact on those letters. If one read further, that reader would discover in the later statements about !qm¸om numerous motifs that shed light on the letters retrospectively – amongst others the promise-to-the-victor formulae. As martyr-warrior, !qm¸om reinforces the call for a social-integrative organization of the society against all resistances. The Christians are motivated to engage themselves in the society, to integrate in it and to transform it with new values and attitudes. Every precise call for changing something towards a more integrated society is articulated via the connection between the letters to the seven churches and the later introduced !qm¸om. Such a call is structurally circular: The letter to the church thematizes an image, which is associated !qm¸om, !qm¸om in turn establishes a latent dialogue with each letter. The following table shows an overview of the connection between the seven letters and the later encountered !qm¸om-imagery. The Apocalyptist’s value revolution is concretized in his church politics, which involves five levels of semiosis of !qm¸om: 1) It strives in the first place for an ecumenical consensus but !qm¸om goes even beyond. 2) Through the opposition of !qm¸om and hgq¸om, the !qm¸om-imagery provides orientation for the conduct towards the living environment (= earliest Christian external relations I). 3) Through alignment with the !qm¸om, the !qm¸om-imagery gives the communities a group identity in distinction from their Jewish religious root (= earliest Christian external relations II). 4) The !qm¸om-imagery facilitates the conflict management in the dispute amongst different groups (= earliest Christian internal relations I). 5) Finally, the !qm¸om-metaphor establishes also the structures of authority: Only God and !qm¸om have a sovereign position. In the community an egalitarian climate basically prevails (= earliest Christian internal relations II).
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Conclusion Table 22b. The !qm¸om-Imagery and the Letters to the Churches Letter to the church in Asia
Indirect hint for the later prominent !qm¸om
Symbol for an impact of Affect control as social integration overcoming of aggressiin the living environment veness
Ephesus
The Tree of Life (2:7) cf. 22:2
The !qm¸om as a symbol of the aspiration for solidarity
Smyrna
Blood (“death” in 2:10,11) cf. 5:9; 7:14; 12:11
The !qm¸om (his blood) as The !qm¸om as the addressee and the model of a reinforcement of “loyalty” “loyalty”
Pergamum
Name (2:13,17) cf. 14:1; 15:3,4
The !qm¸om as a hint of the “new name”
Thyatira
To shepherd The shepherd !qm¸om (2:27) cf. 7:17 as the counterpart of destroying the nations
The reign with the !qm¸om without aggression and repression
Sardis
The Book of Life (3:5) cf. 20:15
The external causal attribution to mythical powers as an congregational affect control
The Book of Life of the !qm¸om as a reinforcement of transcendence in everyday life
The !qm¸om as an affect control in the socially inclusive organization of society
The !qm¸om as an affect control in the socially inclusive organization of society
Philadelphia The new Je- The hope of the !qm¸om The !qm¸om as an aggresrusalem as a hope for new city life sion control in response (3:12) cf. 21:2 to the fall of Jerusalem Laodicea
To sit (with) The !qm¸om as a hope of (3:20) cf. 20:4 co-regency with Christ
The !qm¸om as a symbol of the transformation of “zeal” (3:19)
The main thesis of the study posits the dialectic of !qm¸om-imagery as a leitmotif for the concerns of the Apocalypse of John, through which the communities are motivated to a nonviolent value revolution. This research result was achieved by a threefold social scientific hermeneutics: (1) through sociolinguistics the word usage and its traditions are examined, (2) through
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social history the social context and (3) through social rhetoric the message of the Apocalyptist. The overall result is: The !qm¸om-metaphor portrays Jesus as an exemplary martyr-warrior. Thus, the Apocalyptist created a then brandnew dialectical metaphor in the service of a value revolution, through which he would on one hand motivate the Christians to be active witnesses in the postPauline “ecumenical movement” of Asia Minor against the ideology of the Roman Empire and on the other hand substitute the intention to Jewish revolt with a renewed, mutated form – a value revolution. His Lamb Christology, the hermeneutical key for the entire Apocalypse of John, functions as an invocation to a nonviolent and yet “invasive” value revolution, by which the Roman society should be changed from within. The “Lamb” is in a fundamental conflict with the “Beast,” the metaphor for the Imperium Romanum. In the domination of the “Beast,” human life should be possible.
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Literatur
Manetho (Mane). Aegyptiaca Manetho. Engl. übers. v. W. G. Waddell. LCL 350. London: William Heinemann; Cambridge, MA: Harvard University Press, 1940 1956. 1–188; bes. S. 164–5. (Mane LCL) Müllerus, Carolus. Fragmenta Historicorum Graecorum: Collegit, Disposuit, Notis et Prolegomenis illustravit. Vol. 2: Accedunt Fragmenta diodori Siculi, Polybii et Dionysii Halicarnassenis. Parisiis: Didot, 1848: 526–616; bes. 592–3 (FHG) Manilius (Manil.) Manilius. Astronomica. Engl. übers. v. G. P. Gould. LCL 469. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1992. (Manil LCL) Melito Vom Passa: die älteste christliche Osterpredigt. Übers. v. Josef Blank. Sophia 3. Freiburg i. Br.: Lambertus-Verl., 1963. Oecumenius. Commentarius in Apocalypsin Hoskier, H. C. The Complete Commentary of Oecumenius on the Apocalypse. UMS.H 23. Ann Arbor: University of Michigan, 1928. Origenes Origenes. Origenis Contra Celsum libri VIII. Hg. v. Miroslav Marcovich. SVigChr 54. Leiden; Boston; Köln: Brill, 2001. Philo/ Philo von Alexandrien. Legatio ad Gaium Cohn, L./ Reiter S. Philonis Alexandrini opera qvae svpersvnt. Vol. 6. Berolini: Reimer, 1915 (repr. De Gruyter, 1962): 155–223 [section 362] Heinemann, Isaak/ Cohn, Leopold. Die Werke Philo von Alexandria: in deutscher Übersetzung. Hg. v. Leopold Cohn. SJHL 1. Breslau: Marcus, 1909. Philo. Engl. hg. u. übers. v. F. H. Colson u. G. H. Whitaker. Bd. I: On the Creation; Allegorical Interpretation of Genesis II and III; Bd. II: On the Cherubim; The Sacrifices of Abel and Cain; The Worse Attacks the Better; The Posterity and Exile of Cain; On the Giants; Bd. III: The Unchangeableness of God; On Husbandry; Noah’s Work as a Planter; On Drunkenness; On Sobriety; Bd. IV: The Confusion of Tongues; The Migration of Abraham; Who is the Heir of Divine Things; On the Preliminary Studies; Bd. V: On Flight and Finding; Change of Names; On Dreams; Bd. VI: Abraham; Joseph; Moses; Bd. VII: The Decalogue; On Special Laws Books I–III; Bd. VIII: On Special Laws Book IV; On the Virtues; Rewards and Punishments; Bd. IX: Every Good Man Is Free; The Contemplative Life; The Eternity of the World; Against Flaccus; Apology for the Jews; On Providence; Bd. X: On the Embassy to Gaius; indexes. Marcus, Ralph (Hg. u. übers.). Suppl. I: Questions on Genesis. Suppl. II: Questions on Exodus; index to supplements. LCL 226; 227; 247; 261; 275; 289; 320; 341; 363; 379; 380; 401. London: Heinemann, 1962, 1991. (Philo I–X; Suppl. I–II LCL) Philo von Alexandria: die Werke in deutscher Übersetzung. Hg. v. Leopold Cohn, Isaak Heinemann, Maximilian Adler und Willy Theiler. Bd. 5–6. Berlin: Walter de Gruyter, 2 1962. Staehle, K. Die Zahlenmystik bei Philon von Alexandreia. Leipzig: Teubner, 1931. Philodemus von Gadara (Der Philosoph)/ Philodemos. Peq¸ Poigl²tym Janko, Tichard. Philodemus On Poem. Book 1: Introduction, Translation and Commentary. Oxford: Oxford Univ. Press, 2000. Plinius Secundus (Plin [d Ä]). Naturalis Historiae
Primärquellen
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1.3 Sonstige Primärquellen Apostolische Väter Bihlmeyer, Karl. Die Apostolischen Väter. Neubearb. der Funkschen Ausg., 2. Aufl. mit einem Nachtrag v. W. Schneemelcher. Teil I: Didache, Barnabas, Klemens I und II, Ignatius, Polykarp, Papis, Qudratus, Diognetbrief. SQS. Tübingen 21956, 31970: 71–81. (Bihlmeyer, AV) Die Apostolischen Väter. Clemens von Rom. Ignatius von Antiochien. Polykarp von Smyrna, neu übers. u. eingel. v. Hans Urs von Balthasar (CMe 24), Einsiedeln 1984. Die Apostolischen Väter. Griechisch-deutsche Parallelausgabe auf der Grundlage der Ausgaben von F. X. Funk/ K. Bihlmeyer u. M. Whittaker, mit Übersetzungen von M. Dibelius und D.-A. Koch neu übers. und hg. v. Andreas Lindemann und Henning Paulsen, Tübingen 1992. Diekamp, F./ Funk, F. X. Patres apostolici. Vol. 2. Tübingen: Laupp, 31913: 82–268. Ehrman, Bart D. (Hg. u. Übers.). The Apostolic Fathers. Vol.1: I Clement, II Clement. Ignatius, Polycarp, Didache, Barnabas. LCL 24. Cambridge: Harvard University Press, 2003. (AF I LCL) Fischer, J. A. (Hg.) Die apostolischen Väter. SUC I. Darmstadt 81981 (Fischer, AV) Holmes, Michael W. (Hg.) The Apostolic Fathers: Greek Texts and English Translations. Grand Rapids, MI: Baker, 1999.
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Hilfsmittel
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Kugler, Robert A. The Testaments of the Twelve Patriarchs. Sheffield: Sheffield Academic Press, 2001.
2 Hilfsmittel 2.1 Konkordanzen Aland, Kurt (Hg.). Vollständige Konkordanz Zum Griechischen Neuen Testament: unter Zugrundelegung aller modernen kritischen Textausgaben und des Textus receptus. In Verbindung mit H. Riesenfeld, H.-U. Rosenbaum, Chr. Hannick, B. Bonsack. Neu zsgest. unter d. Leitung v. K. Aland. Bd I/1: A-K; Bd. I/2: L-Y. ANTT, Bd. 4. Berlin; NY: Walter de Gruyter, 1983. (VKGNT I/1; I/2) Aland, Kurt (Hg.). Vollständige Konkordanz Zum Griechischen Neuen Testament. In Verbindung mit H. Bachmann u. W. A. Slaby. Bd II: Spezialübersichten. ANTT, Bd. 4. Berlin; NY: Walter de Gruyter, 1978. (VKGNT II) Borgen, Peder/ Fuglseth, Kvre/ Skarsten, Roald. The Philo Index: A Complete Greek Word Index to the Writings of Philo of Alexandria. Grand Rapids, MI/ Cambridge, U.K.: William B. Eerdmans, 2000. Gawantka, Wilfried/ Dittenberger, Wilhelm. Aktualisierende Konkordanzen zu Dittenbergers Orientis Graeci Inscriptiones Selectae (OGIS) und zur dritten Auflage der von ihm begruendeten Sylloge Inscriptionum Graecarum (Syll.3). SubEpi, Bd. 8. Hildeshelm et. al.: Olms, 1977. Hatch, Edwin/ Redpath, Henry A. A Concordance to the Septuagint and the other Greek Versions of the Old Testament: (Including the Apocryphal Books). 3 Vols. Grand Rapids, MI: Baker Books, 1897, 21998. (CSGOT I–III) Konkordanz zum Novum Testamentum Graece von Nestle-Aland, 26. Auflage, und zum Greek New Testament, 3rd edition. Hg. v. Inst. für Neutestamentl. Textforschung u. vom Rechenzentrum d. Univ. Münster. Unter bes. Mitw. v. H. Bachmann u. W. A. Slaby. Berlin; NY: Walter der Gruyter, 31987. (KNTG)
2.2 Griechische Lexiken und Theologische Wörterbücher Balz, Horst/ Schneider, Gerhard (Hg.) Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament. Bd. I: )aq¾m – gEm¾w; Bd. II: 1n – ax¾miom; Bd. III: pacide¼y – ¡v´kilor. Stuttgart; Berlin; Köln: Kohlhammer, 1978–82, 21992. (EWNT I/II/III). Bauer, Walter. Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur. 6., völlig neu bearb. Aufl. Im Inst. für Neutestamentl. Textforschung, Münster, unter bes. Mitw. v. Viktor Reichmann hrsg. v. Kurt Aland u. Barbara Aland. Berlin; NY: Walter de Gruyter, 61988. (GDWNT) Botterweck, G. Johannes/ Ringgren, Helmer (Hg.). Theologisches Wörterbuch zum Alten Testamentcal Dictionary of the Old Testament. In Verbindung mit George W. Anderson, Henri Cazelles, David N. Freedman, Shemarjahu Talmon u. Gerhard Wallis. Bd. I–III. Stuttgart; Berlin; Köln: Kohlhammer, 1973, 1977, 1982. (ThWAT I–III)
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Literatur
Botterweck, G. Johannes/ Ringgren, Helmer/ Fabry, Heinz-Josef (Hg.). Theologisches Wörterbuch zum Alten Testamentcal Dictionary of the Old Testament. In Verbindung mit George W. Anderson, Henri Cazelles, David N. Freedman, Shemarjahu Talmon u. Gerhard Wallis. Bd. IV–V. Stuttgart; Berlin; Köln: Kohlhammer, 1984, 1986. (ThWAT IV–V) Brown, Colin (ed.). New Testament Theology. Vol. 2. Exeter: Paternoster, 1976. (NTT) Danker, Frederick William (rev. and ed.). A Greek-English Lexicon of the New Testament and Other Early Christian Literature. (BDAG). Based on Walter Bauer’s Griechischdeutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, sixth edition, ed. Kurt Aland and Barbara Aland, with Viktor Reichmann and on previous English editions by W. F. Arndt, F. W. Gingich, and F. W. Danker. Chicago and London: University of Chicago, 1957, 32000. Fabry, Heinz-Josef / Ringgren, Helmer (Hg.). Theologisches Wörterbuch zum Alten Testamentcal Dictionary of the Old Testament. In Verbindung mit George W. Anderson, Henri Cazelles, David N. Freedman, Shemarjahu Talmon u. Gerhard Wallis, begr. v. G. Johannes Botterweck u. Helmer Ringgren. Bd. VI–IX. Bd. X: Register Literaturnachträge. Stuttgart; Berlin; Köln: Kohlhammer, 1989, 1993, 1995, 2000. (ThWAT VI–X) Friedrich, Gerhard (Hg.). Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament. Begr. v. Gerhard Kittel. In Verbindung mit zahlreichen Fachgenossen. Bde. V–IX. Bd. X/1: Register. unter Mitw. v. August Hiller u. Klaus Reinhardt bearb. v. Oskar Rühle; Bd. X/2: Literaturnachträge. Stuttgart; Berlin; Köln; Mainz: Kohlhammer, 1966–1979. (ThWNT V–X). Kittel, Gerhard (Hg.). Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament. In Verbindung mit Otto Bauernfeind et. al. Bd. I–IV. Stuttgart: Kohlhammer, 1933, 21957–1966. (ThWNT I–IV). Lampe, Geofrey. W. H. (Hg.). A Patristic Greek Lexicon. Oxford: Clarendon, 1961, 162001. (PGL) Liddell, Henry George/ Scott, Robert. A Greek-English Lexicon. Rev. and augm. by H. S. Jones and R. McKenzie. Oxford: Clarendon, 1843, 101996. (LSJM). Louw, Johannes P./ Nida, Eugene A. (ed.). Greek-English Lexicon of the New Testament: based on semantic domains. Vol. I: Introduction and domains; Vol. 2: Indexes. NY: United Bible Societies, 1988, 21989. (Louw-Nida I/II). Lust, J./ Eynikel, E./ Hauspie, K. (ed.) A Greek-English Lexicon of the Septuagint. Part I: A-I; Part II: J-Y. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1992. & 1996. (LEH) Muraoka, Takamitsu. A Greek-English Lexicon of the Septuagint: Twelve Prophets. Louvain: Peeters, 1993. (GELS) Toorn, Karel van der/ Becking, Bob/ Horst, Pieter W. van der (ed.). Dictionary of Deities and Demons in the Bible. Leiden: E.J. Brill, 1995, 21999. (DDD)
2.3 Biblische Wörterbücher und Enzyklopädien Achtemeier, Paul J. (ed.) Harper’s Bible Dictionary. Cambridge: Harper & Row, 1985. (HBD) Alexander, T. Desmond (ed.) New Dictionary of Biblical Theology. Leicester: IVP, 2000. (NDBT)
Hilfsmittel
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Bromiley, Geoffrey W. (ed.) The International Standard Bible Encyclopedia. 4 Vols. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1979. (ISBE) Buttrick, George Arthur (ed.) The Interpreter’s Dictionary of the Bible: An Illustrated Encyclopedia. 4 Vols. Nashville: Abingdon, 1962. (IDB) Elwell, Walter A. (ed.) Evangelical Dictionary of Biblical Theology. Grand Rapids, MI: Baker, 1996. (EDBT) Freedman, David Noel (ed.) Eerdmans Dictionary of the Bible. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2000. (EDB) Freedman, David Noel (ed.) The Anchor Bible Dictionary. Vol. 4 & 6. NY: Doubleday, 1992. (ABD) Gehman, Henry Snyder (ed.) The New Westminster Dictionary of the Bible. Philadelphia: Westminster, 1976. (NWDB) Hastings, James (ed.) Dictionary of the Apostolic Church. Vol. 1. Edinburgh: T & T Clark, 1916. (DAC) Hastings, James (ed.) Dictionary of the Bible. Edinburgh: T & T Clark, 21963. (HastingsDB) Leon-Dufour, Xavier (ed.) Dictionary of the New Testament. San Francisco: Harper & Row, 1980. (DNT) McKenzie, John L. (ed.) Dictionary of the Bible. London: Geoffrey Chapman, 1966. (McKenzieDB) Metzger, Bruce M./ Coogan, Michael D. (ed.) The Oxford Companion to the Bible. NY: Oxford University Press, 1993. (OCB) Myers, Allen C. (ed.) The Eerdmans Bible Dictionary. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1987. (EBD) Pirot, Louis (Hg.). Dictionnaire de la Bible. Suppl. 3: Expiation – Hermneutique. Paris: Librairie Letouzey et An, 1938. (DB[V] III) Reicke, Bo/ Rost, Leonhard (Hg.) Biblisch-Historisches Handwörterbuch. Bd. I: A-G. Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht, 1962. (BHH I) Ryken, Leland/ Wilhoit, James C./ Longman, Tremper III (ed.) Dictionary of Biblical Imagery. Downers Grove, Ill.: IVP, 1998. (DBI) Schnabel, Eckhard J. „Mission, Early Non-Pauline.“ In Dictionary of the Later New Testament and Its Developments. Ed. by P. H. Davids and R. P. Martin, 752–75. Downers Grove: IVP, 1997. Wigoder, Geoffrey (ed.) Illustrated Dictionary and Concordance of the Bible. NY: MacMillan, 1986. (IDCB)
2.4 Bibliografien und Forschungsgeschichten zur Johannesapokalypse Böcher, Otto. Die Johannesapokalypse. EdF 41. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 41998. McGinn, Sheila E./ Gale, Aaron M. Bibliographies for Biblical Research New Testament Series (in 21 Volumes). Vol. 21: The Book of Revelation. Lewiston: Mellen Biblical, 1997. Muse, Robert L. The Book of Revelation: An Annotated Bibliography. NY; London: Garland, 1996.
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Literatur
2.5 Sonstige Wörterbücher Av
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3.1 Bis zu 19. Jh. Abauzit, Firmin. Discours historique sur l’Apocalypse. Londres, 1770.
Kommentare zur Johannesapokalypse
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Stellenregister zur Johannesapokalypse (Apk)
1,1 99, 129 1,1–8 155, 178, 220 1,2 27, 98, 110f 1,4 35, 106, 155 1,4–5 43 1,4–8 110 1,4b–6 106f, 227 1,5 98,99, 106–108, 110–112, 128, 162, 178, 183, 198, 222 1,5–6 102, 105, 106, 113, 167–169, 177, 192 1,6 107 1,8 39 1,9 99, 111, 155, 177–179, 181, 191f, 232 1,9–3,22 151–158, 160, 165–167, 220, 229–231 1,9–11,14a 167, 180, 191 1,10–20 192 1,10–3,21 191f 1,10–3,22 191 1,10–11,14a 179 1,12 197 1,13 109, 197 1,13–16 108–110, 192, 227 1,16 109, 197 1,17 110 1,17–18 111 1,17–20 108, 109f, 227 1,17b–18 110 1,19 115, 167 1,20 110, 195, 197, 204 2,1 195–127, 204 2,1–7 151, 193, 197 2,1–3,22 229 2,2 151, 161, 178f, 194–196 2,3 178f, 195 2,2–3 194f 2,2–5 161 2,4 165, 195
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Stellenregister zur Johannesapokalypse (Apk)
2,28 210f 3,1 153, 163, 165, 213, 214f 3,1–6 153, 213–216 3,1b–3 213–215 3,2 153, 213f 3,3 213, 215 3,4 95, 105, 213–215 3,5 98, 102, 213f, 233 3,6 160f 3,7–13 215f 3,9 120, 127–128, 153 3,10 164, 178f 3,11 164–166, 173 3,12 44, 98, 102, 135, 153, 155, 156, 164, 165, 168, 215f, 231, 233 3,13 168 3,14 98, 99, 108, 111, 162, 198, 216, 218 3,14–22 153, 217–219 3,15 164 3,16 218 3,16f 198 3,17 153, 187, 217, 218 3,17–18 164, 217 3,18 107, 217, 218 3,19 165, 216–218, 233 3,20 233 3,21 98, 102, 216–218 3,21–22 193 4–5 38, 192, 218 4,1 172, 192, 208, 40 4,1–5,14 38, 191f 4,1–22,5 119f, 123, 145, 151, 154–158, 166f, 228–231 4,4 218 4,8 39, 218 4,10 127, 131, 231 4,11 105, 196 5 22, 93–97, 102–108, 179, 196, 204–206, 209, 213, 218, 227 5,2 102, 105, 108, 112 5,3 39, 102, 112 5,3–5 182 5,4 102, 105 5,5 24, 26, 96, 98, 102f, 105f, 108, 110, 113, 204, 212, 218, 227
5,5–6 21, 108, 194, 196, 198, 204, 216, 218, 231 5,6 18–20,24, 26, 62, 77, 78, 95f, 102–108, 110f, 113, 178f, 182, 193, 204f, 218, 227 5,6–10 102, 106 5,6–14 106f, 227 5,7 78, 102 5,8 218, 231 5,8–12 113 5,8–14 78 5,9 78, 103, 105, 107f, 113, 182, 187, 192, 195, 196, 204, 205, 206, 218, 233 5,9–10 22, 83, 103, 106, 113, 183, 192, 204–206, 231 5,9–14 178, 192, 218 5,10 106f, 178, 187, 192, 205f, 209, 212 5,11 108, 218 5,12 78, 103, 105, 108, 113, 182, 204, 205, 218 5,13 107f, 217, 218 5,14 107f, 113, 127, 131,218 6,1 102 6,1–2 168 6,1–8,1 38 6,1–11,14a 169, 191 6,2 98, 102f 6,3 102 6,3–4 168 6,4 38, 103f, 124 6,5 102 6,5–6 168 6,6 158 6,7 102 6,7–8 168 6,8 38, 39, 77, 84, 93, 97, 123, 202, 211 6,9 98, 102, 103f 6,9–10 167f 6,10 108 6,11 38, 104 6,12 102 6,12–17 168 6,15 100, 128, 139, 198 6,16 24, 100, 179, 217, 231 6,16f 168 6,17 112 6,18 123
Stellenregister zur Johannesapokalypse (Apk) 7 178 7,3 78 7,9 38, 113, 154, 212, 217 7,10 217 7,11 127,131 7,12 215 7,13–14 214 7,14 183, 198, 206, 233 7,14–17 215 7,15 215, 216 7,16 38, 206 7,17 113, 206, 209–212, 217, 233 8,1 102 8,3–4 35, 231 9,7 154 9,8 154 9,9 143 9,10 211 9,11 75, 126, 128 9,14 108 9,15 108 9,19 108, 211 9,20 127, 130 10,2 165 10,5 165 10,6 192 10,7 167 10,11 128, 192, 222 11 121, 124, 229 11,1–2 174 11,1–14 169, 174 11,2 35, 124f, 127, 135, 155f, 172, 188, 191 11,3 98, 99, 121, 124, 184 11,3–14a 140 11,5–6 167–169 11,6 211 11,7 77, 93, 96–103, 113,123, 124, 126,154, 156, 184 11,8 35, 122, 136, 140, 155f, 183f, 191, 205 11,8–9 140 11,9 140 11,13 136, 191 11,14b 167 11,14b–22,5 155, 167, 169, 180f 11,15 167, 178f, 181 11,16 127, 131
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11,17 39, 165 11,19 35 11,19–15,4 79 12 28, 121, 130, 145, 146, 147, 148, 167, 169, 170f, 172, 180f, 184, 229 12,1 129f, 134 12,1–2 129 12,1–4 170 12,1–4a 145, 170 12,1–6 170, 181 12,1–18 145 12,1–14,20 38 12,1–22,5 179, 191 12,3 110, 120, 129, 130 12,3–4 129 12,4 78, 120, 121, 127, 134, 145, 212 12,4b–6 145, 147, 170, 171, 183f 12,4b–17 170 12,5 211 12,5–6 170 12,6 121, 134, 183f 12,7 98, 103, 120, 146f, 181f, 184 12,7f 121 12,7–9 145f, 170, 181, 184 12,7–12 170, 183 12,8 181 12,9 120, 122, 147, 181, 197f, 206 12,10 78, 122, 183, 211 12,10–11 123, 184 12,10–12 145f, 170f, 181f 12,11 98, 101–103,121f, 146, 170, 181–184, 197f, 206f, 233 12,12 120, 146 12,13 120, 122, 134, 146, 171 12,13–14 170 12,13–16 145f 12,13–17 170f, 183 12,14 120, 128, 134, 146, 171, 183 12,15 120, 122, 134, 146 12,15–17 170 12,16 120, 122, 134, 146 12,17 98, 103, 120, 121, 134, 145, 146f, 170, 171f, 181, 183f 12,18 145, 170, 184 13 93–97, 123–134, 145, 146–148, 149, 185–188, 211, 227, 229
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Stellenregister zur Johannesapokalypse (Apk)
13,1 78, 83, 93, 110, 113, 123, 124, 126, 146, 200 13,1–8 120 13,1–9 172 13,1–10 93–95, 124f, 146f, 172, 185, 214, 227 13,1–22,5 172 13,1ff 113 13,2 39, 78, 93, 101, 113f, 120, 122, 123, 126, 185f, 211f, 217f, 221 13,3 78, 93, 94, 95, 103f, 113, 122, 123, 125, 126, 130, 214, 218 13,3bf 122 13,4 38, 78, 93, 94, 112, 113, 120, 122f, 123, 126, 127, 128, 146, 148, 185f, 211, 218 13,5 38, 81, 93, 124, 200, 211 13,6 81, 124 13,5–7 124, 125 13,6 79, 188, 200 13,7 38, 78, 94–96, 98, 100–102, 112f, 124,126, 144, 147, 148, 186, 188, 211 13,8 49, 70, 77f, 95, 100, 103, 120, 124, 126, 127, 144, 145, 149, 172, 185f, 214 13,8–10 186 13,10 78, 94, 95, 104, 124, 145, 148–150, 167, 172, 178, 179, 185f, 229, 231 13,11 20, 63, 71, 79, 82f, 85, 93, 95, 96, 113, 120, 123, 127, 133, 146, 149, 172, 187, 227 13,11–12 126–128, 229 13,11–16 147 13,11–17 172f 13,11–18 78, 83, 93, 96, 133, 146f, 172, 186, 227 13,11ff 113 13,12 38, 78, 82f, 93, 94f, 95, 113, 123f, 126, 127, 128, 130, 211 13,13 113, 129f 13,13f 126 13,13–17 126 13,14 78, 81, 83, 93, 94, 96, 104, 113, 123, 124, 126, 128, 129, 130, 131, 133, 147f, 173, 187 13,14–15 126
13,15 78, 83, 93, 94, 96, 123, 124, 127, 129, 130–133, 147f, 187, 202 13,16 78, 83, 94, 129, 132, 165 13,16–17 187 13,17 93, 94, 96, 107, 123, 124, 129, 132f, 147, 148, 187, 208 13,18 78, 93, 96, 123, 132, 148f, 150, 164, 172f, 185–187, 231 14 83 14,1 78, 155, 156, 208, 215f, 233 14,1–3 82 14,1–5 83, 178, 187 14,1–20 186 14,1–16,21 172 14,3 38, 83, 107, 187 14,3–4 83 14,4 107, 113f, 134, 178, 180, 187f 14,5 83, 113, 187f 14,6 188 14,7 128 14,8 134f, 137, 155, 173, 189 14,9 93, 123, 128, 130, 131f, 149, 173 14,9–10 85 14,9–11 83, 149 14,9–13 186, 188 14,10 149, 172, 188, 231 14,11 78, 93, 123, 128, 130, 132, 149, 173 14,12 145, 148–150, 167, 172f, 178, 179, 185, 188, 229, 231 14,12–13 149, 188 14,13 38, 188 14,14 109 14,18 38, 211 15 186 15–16 145, 150, 190, 229, 232 15,1 129f, 190 15,1ff 129 15,1–8 186, 190 15,1–16,21 38 15,2 93, 98, 102, 103, 123, 130, 132, 150 15,3 39, 128, 141 233 15,3f 113 15,4 128, 233 15,5 98 15,8 38 16,1–21 190
Stellenregister zur Johannesapokalypse (Apk) 16,2 78, 93, 123, 128, 129, 130, 131, 132, 150 16,3 129 16,4 129 16,6 105, 112 16,7 39, 141 16,8–9 129 16,9 38, 200, 211 16,10 93,114, 123, 218,123, 129, 178, 181 16,11 200 16,12 128, 129,155f 16,12–16 125f, 150, 156 16,13 78, 93, 97, 120, 123, 126, 128, 130, 188, 229 16,13–14 96, 122, 125 16,14 98, 114, 125, 128f, 130, 133, 156, 229 16,16 35, 133, 156, 229 16,19 129, 134, 135, 136, 155 16,21 129, 200 17 126, 145, 150, 185, 189, 190, 197, 198, 229 17–18 78, 135, 136, 139, 167 17,1 78, 134 17,1–8 149 17,1–18 137 17,1–19,8 140 17,1–22,5 172 17,2 128, 135, 137, 138, 150, 189 17,3 93, 110, 113, 123, 134, 200 17,4 134, 137f, 139f, 140, 142 17,5 134, 135, 136, 138, 140, 150, 155, 156, 163, 189 17,6 22, 98, 99, 112, 134, 138, 139, 140, 150, 152, 173, 182, 189, 190 17,6–8 173 17,7 93, 113, 123, 134 17,8 93, 123, 126, 144, 149, 173, 185, 190, 214 17,8–11 189 17,9 128, 134f, 145, 148–150, 167, 172f, 185, 189, 190, 229, 17,9–11 149 17,9–14 172, 173 17,10 125, 190 17,11 93, 123, 136 17,12 80–83, 93, 96, 123, 128, 189, 211
279
17,12–13 114 17,12–14 79–83, 96, 105, 113, 125, 150, 173, 189, 190, 202, 227 17,12–18 149 17,13 80f, 93, 96, 123, 173, 189, 211 17,14 20, 24, 78, 79, 80f, 97, 98, 100–102, 105f, 111, 113f, 124f, 128, 150, 172, 179, 190, 198, 201, 207, 227 17,15 134f, 137, 138, 141, 189 17,15f 141 17,15–18 141, 189 17,16 38, 93, 113, 123, 134, 136f, 141, 189 17,16–17 141 17,17 93, 123 17,18 128, 134, 135, 137, 141, 189 18 188, 191 18–20 139 18,1 211 18,1–8 137f 18,1–24 141 18,1–22,5 190, 232 18,2 93,123, 134, 135, 141, 155, 167 18,3 128, 137, 138, 139, 167 18,4 108, 167–168 18,4f 138 18,5 108 18,6 41, 140 18,7 134, 137, 138, 140 18,8 39, 138 18,9 128, 138 18,9–10 138 18,10 134f, 137f, 142, 155, 229 18,11 107, 138, 139 18,11–17 138 18,11–20 138 18,12 41f, 139 18,12–13 137, 139 18,13 139 18,14 139 18,15 138, 139 18,16 135, 137, 139, 142 18,18 135, 139 18,19 135, 137, 139, 142 18,20 112, 139f 18,21 134f, 138f, 155 18,21–24 139
280
Stellenregister zur Johannesapokalypse (Apk)
18,22 139 18,23 138, 139f, 142 18,24 103f, 112, 139f 19,1 142, 189 19,1–2 189 19,1–8 141, 188, 191 19,1–10 38 19,2 78, 134, 139–143, 189 19,3 142, 189 19,4 128, 131, 142, 189 19,6 39, 142, 189 19,6–8 142 19,7 78, 113, 134, 141f, 189 19,7b–8 112 19,8 38, 112, 142, 214 19,8–9 141 19,9 142f, 194 19,9f 111 19,9–10 109, 112, 141f, 185f, 191, 227 19,10 98, 112, 128, 143 19,11 98, 111f, 141, 143, 162, 198 19,11–21 109, 111f, 125, 141f, 150, 185, 186, 191, 227 19,13 111f, 143 19,14 100, 111f, 125, 143 19,15 111, 143, 211 19,16 78, 81, 100, 128, 143 19,17 142 19,18 128, 139, 142 19,19 93, 98, 100, 111, 113f, 123, 125, 128–130, 133, 143, 229 19,19–20 96, 103, 133, 141, 143f 19,19–21 126, 143 19,20 78, 93, 97, 122f, 123, 126, 128–133, 142f, 150, 186, 215, 229, 240 19,21 109, 142, 143 20 180, 181, 184, 191 20,1–6 141, 143 20,2 120, 141, 143 20,2–3 122 20,3 108, 122, 143f 20,4 78, 93, 97f, 111, 123, 128, 130, 132, 143f, 150, 218, 233 29,5 143 20,6 143, 211, 218
20,7 108, 120 20,7–8 122 20,7–10 150, 181 20,7–15 141, 143 20,8 98, 122, 125, 128, 155f 20,8–9 156, 186 20,9 35, 122, 135, 144, 155f 20,10 78, 97, 120, 122f, 125, 128, 144 20,11 144 20,12 214f 20,13 215 20,15 144, 214, 215, 233 21–22 216 21,1–22,5 141, 143 21,2 44, 78, 135, 155, 231, 233 22,3 216 21,7 98, 102 21,8 130 21,9 78, 113, 134, 135, 231 21,9–10 156, 189 21,10 134, 135, 231 21,20 41 21,21 41 21,22 39 21,23 215 21,23–24 222 21,24 128, 129, 144 21,26 144 21,27 144, 214f 22,1 114, 178, 216, 217 22,1–3 196 22,2 144, 195, 196, 233 22,3 114, 143f, 178, 217 22,4 78 22,5 143, 178 22,6–21 155, 178, 220 22,8 128 22,9 99, 128 22,14 211 22,15 130, 167 22,16 98, 212f, 231 22,17 231 22,18 98 22,19 135 22,20 98