Die Kirche in der antiken Welt [[Aus d. Engl. von Gerhard May]. Reprint 2019 ed.] 9783110883985, 9783110022681


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German Pages 385 [388] Year 1972

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VORBEMERKUNG DES ÜBERSETZERS
INHALT
1. KAPITEL: VON JERUSALEM BIS ROM
2. KAPITEL: GLAUBE UND KIRCHENVERFASSUNG
3. KAPITEL: AUSBREITUNG UND WACHSTUM
4. KAPITEL: JUSTIN UND IRENÄUS
5. KAPITEL: DER OSTERSTREIT, DIE MONARCHIANISCHE KONTROVERSE, TERTULLIAN
6. KAPITEL: KLEMENS VON ALEXANDRIEN UND ORIGENES
7. KAPITEL: KIRCHE, STAAT UND GESELLSCHAFT IM DRITTEN JAHRHUNDERT
8. KAPITEL: KONSTANTIN UND DAS KONZIL VON NICAEA
9. KAPITEL: DER ARIANISCHE STREIT NACH DEM KONZIL VON NICAEA
10. KAPITEL: DER KONFLIKT ZWISCHEN HEIDENTUM UND CHRISTENTUM IM VIERTEN JAHRHUNDERT
11. KAPITEL: KIRCHE, STAAT UND GESELLSCHAFT VON JULIAN BIS THEODOSIUS
12. KAPITEL: DIE ASKETISCHE BEWEGUNG
13. KAPITEL: DER STREIT UM ORIGENES UND DIE TRAGÖDIE DES JOHANNES CHRYSOSTOMUS
14. KAPITEL: DAS PROBLEM DER PERSON CHRISTI
15. KAPITEL: DIE ENTWICKLUNG DES LATEINISCHEN CHRISTLICHEN DENKENS
16. KAPITEL: DAS PAPSTTUM
17. KAPITEL: DIE KIRCHE UND DIE BARBAREN
18. KAPITEL: GOTTESDIENST UND KIRCHLICHE KUNST
RÜCKBLICK
ANMERKUNGEN UND NACHWEISE
REGISTER
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Die Kirche in der antiken Welt [[Aus d. Engl. von Gerhard May]. Reprint 2019 ed.]
 9783110883985, 9783110022681

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Die Kirche in der antiken Welt von Prof. Dr. Henry Chadwick Dean von Christ Church, Oxford

w DE

_G_ Sammlung Göschen Band 7002

Walter de Gruyter Berlin • New York • 1972

Aus dem Englischen von Gerhard May Die erste Auflage der Originalausgabe erschien 1967 unter dem Titel „The Early Church" als Band I der „Pelican History of the Church", herausgegeben von Owen Chadwick, im Verlag Penguin Books Ltd., Harmondsworth, Middlesex, England ( - Penguin Books Inc., 7110 Ambassador Road, Baltimore, Maryland 11107, USA - Penguin Books Australia Ltd., Ringwood, Victoria, Australia) Die Übersetzung folgt der zweiten Auflage 1969

Library of Congress Catalog Card Number: 72-77434 © Copyright 1972 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung - J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer - Karl J . Trübner - Veit & Comp., Berlin 30. - Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Fotokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten. - Satz: Casopisno in graficno podjetje Delo, Ljubljana - Printed in Germany

ISBN 3 11 002268 0

V O R B E M E R K U N G DES Ü B E R S E T Z E R S Unter den verschiedenen kürzeren Darstellungen der alten Kirchengeschichte, die wir aus neuerer Zeit besitzen, nimmt Henry Chadwicks Buch „Die Kirche in der antiken Welt" (Originaltitel: „The Early Church"), das erstmals im Jahre 1967 im Rahmen der „Pelican History of the Church", einer sechsbändigen Kirchengeschichte in Taschenbuchform, erschienen ist, eine profilierte eigene Stellung ein. Der bekannte Oxforder Patristiker geht von der Einsicht aus, daß die Geschichte der alten Kirche als die Geschichte der Christianisierung der antiken Welt geschrieben werden muß. Dieser Ansatz bestimmt Fragestellung und Schwerpunkte des Buches. Chadwick schildert das allmähliche Hineinwachsen der Kirche in die spätantike Gesellschaft, ihren Kampf mit der heidnischen Religion und der politischen Ideologie des römischen Imperiums und die Aneignung der griechischen philosophischen Tradition durch die Theologie. In dieser Perspektive erscheint bereits Paulus als der erste Apologet, und mit Klemens von Alexandrien, Origenes und Augustin erreicht die Auseinandersetzung mit dem spätantiken Geist ihre Höhenpunkte. Es wird aber auch die Reaktion des Heidentums behandelt, das noch einmal seine geistigen und moralischen Kräfte zum Widerstand gegen das vordringende Christentum sammelt, und ebenso erhält der Leser ein Bild von den eigenartigen Synthesen, die das Christentum — etwa in der großen römischen Gesellschaft des vierten und fünften Jahrhunderts mit den Überlieferungen der heidnischen Vergangenheit eingehen konnte. In fast allen Bereichen des antiken Lebens hatte der Sieg des Christentums Veränderungen und Umbrüche zur Folge, aber in den Wirren der Völkerwanderungszeit wird schließlich die Kirche zur letzten Bewahrerin des antiken Kulturerbes. Natürlich wird auch die innere Entwicklung der Kirche ausführlich behandelt, das Werden der kirchlichen Ämter und Verfas-

IV

Vorbemerkung des Übersetzers

sungsstrukturen, Dogmenbildung und theologische Streitigkeiten, die Entstehung des Mönchtums, die Frühgeschichte von Gottesdienst, Kirchenmusik und sakraler Kunst, und überall wird auf die vielfältigen Kontinuitäten hingewiesen, die das antike Christentum mit den Kirchen der Gegenwart verbinden. Ein besonderer Reiz des unkonventionell geschriebenen Buches liegt in seiner Nähe zu den Quellen, aus denen Chadwick eine Fülle von farbigen und gelegentlich skurrilen Details ausbreitet, die sich zu einem fesselnden Gesamtbild zusammenfügen. Das lebendige und überraschend unmittelbare Verhältnis, in dem der Verfasser zu den geistigen Auseinandersetzungen und Entscheidungen der alten Kirche steht, kann dem deutschsprachigen Leser vor Augen führen, wie stark die anglikanische Theologie Englands bis heute von den geistigen und geistlichen Traditionen des altchristlichen Denkens bestimmt ist: Patristik ist hier gerade als historische Disziplin ein wesentlicher Teil der theologischen Selbstreflexion der Kirche. Chadwick hat sein Buch für einen breiten Leserkreis geschrieben und deshalb auf jeden wissenschaftlichen Apparat und auf die Auseinandersetzung mit den Positionen anderer Forscher verzichtet. Doch hat er für die deutsche Ausgabe einen Anhang hinzugefügt, der die wichtigsten gelehrten Nachweise enthält. Im T e x t wird auf diesen Anmerkungsteil nicht verwiesen, um die Lesbarkeit des Buches nicht zu beeinträchtigen. Der fachlich interessierte Leser wird das Nachschlagen wohl in Kauf nehmen. G. M .

INHALT VORBEMERKUNG DES ÜBERSETZERS

III

1. KAPITEL: VON JERUSALEM BIS R O M Die jüdischen Grundlagen i - Das Urchristentum $ - Das Heidenchristentum 13 - Die Begegnung mit dem römischen Imperium 18

i

2. KAPITEL: GLAUBE UND KIRCHENVERFASSUNG . . . Die Bande der Einheit 30 - Die Gnosis 32 - Das Amt und die Bibel 4 1 - Formen des kirchlichen Amtes 46

30

3. KAPITEL: AUSBREITUNG UND WACHSTUM Ursachen des missionarischen Erfolges 56 - Die geographische Ausbreitung der Kirche 64 - Die Verteidigung des Glaubens 7 1

56

4. KAPITEL: JUSTIN UND IRENAUS Justin der Märtyrer 80 - Irenäus 87

80

5. KAPITEL: DER OSTERSTREIT, DIE MONARCHIANISCHE KONTROVERSE, TERTULLIAN Der Osterstreit 92 - Der monarchianische Streit 94 - Tertullian roo 6. KAPITEL: KLEMENS VON ALEXANDRIEN UND ORIGENES Klemens von Alexandrien 104 - Orígenes (184-254) i n Dionysius von Alexandrien und Paul von Samosata 1 2 7 7. KAPITEL: KIRCHE, S T A A T UND GESELLSCHAFT IM DRITTEN JAHRHUNDERT Das Wiederaufleben des Heidentums und die Verfolgung des Decius 130 - Cyprian 1 3 5 - Die Große Verfolgung und ihre Auswirkungen 136 8. KAPITEL: K O N S T A N T I N UND DAS K O N Z I L VON NICAEA

92

104

130

142

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Inhalt

9. KAPITEL: DER ARIANISCHE STREIT NACH DEM KONZIL VON NICAEA Von Nicaea (32.5) bis zum Tode Konstantins (337) I J 2 - Die Kirche unter den Söhnen Konstantins 155 - Von Julian bis Theodosius I. (361-381) 10. KAPITEL: DER KONFLIKT ZWISCHEN HEIDENTUM UND CHRISTENTUM IM VIERTEN JAHRHUNDERT . .

174

ix. KAPITEL: KIRCHE, STAAT UND GESELLSCHAFT VON JULIAN BIS THEODOSIUS

184

12. KAPITEL: DIE ASKETISCHE BEWEGUNG

202

13. KAPITEL: DER STREIT UM ORIGENES UND DIE TRAGÖDIE DES JOHANNES CHRYSOSTOMUS

214

14. KAPITEL: DAS PROBLEM DER PERSON CHRISTI . . . Diodor, Theodor und Apollinaris 224 - Kyrill und Nestorius 226 - Das „monophysitische" Konzil von Ephesus und die Reaktion von Chalcedon 234 - Die Suche nach dem Ausgleich 240 - Die Lehre vom einen Willen 246

224

15. KAPITEL: DIE ENTWICKLUNG DES LATEINISCHEN CHRISTLICHEN DENKENS 249 Hieronymus und die Anfänge der Reife 249 - Augustins Bekehrung 253 - Das donatistische Schisma und das Problem der Anwendung staatlichen Zwanges 257 — Die „Gottesstadt" und der pelagianische Streit 264 - Die Lehre von der Dreieinigkeit 276 16. KAPITEL: DAS PAPSTTUM

278

17. KAPITEL: DIE KIRCHE UND DIE BARBAREN

290

18. KAPITEL: GOTTESDIENST UND KIRCHLICHE KUNST . Die Liturgie 302 - Das Stundengebet S. 31S - Anfänge der Kirchenmusik 320 - Christliche Kunst 324

302

RÜCKBLICK

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ANMERKUNGEN UND NACHWEISE

338

REGISTER

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i . Kapitel VON JERUSALEM BIS R O M Die jüdischen

Grundlagen

Die ersten Christen waren Juden, die sich von ihren Volksgenossen dadurch unterschieden, daß sie glaubten, in Jesus von Näzareth sei jetzt der von Israel erwartete Messias gekommen. Es war ihre selbstverständliche Überzeugung, daß sein Kommen, das ja die Erfüllung alter Verheißungen war, in einer Kontinuität mit den früheren Offenbarungen Gottes an sein Volk stehen müsse und weder einen Bruch mit dem alten, mit Abraham geschlossenen Bund, der durch die Beschneidung symbolisiert war, noch mit dem Gesetz, das Moses auf dem Berg Sinai gegeben worden war, bedeuten könne. Wenn etwas Neues geschehen war, so war es doch das Handeln ein und desselben Gottes, des Schöpfers der Welt, des Herrn der Geschichte, des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs und der zwölf Patriarchen. Sein neues Wort an sein Volk mußte mit jenem übereinstimmen, das einst die Propheten verkündigt hatten. Dieses Kontinuitätsbewußtsein ist die Ursache dafür geworden, daß eine Reihe von Gedanken und Anschauungen, die für das traditionelle Judentum charakteristisch waren, in das christliche Denken eingegangen sind und von ihm auch zum größten Teil bewahrt wurden. Die Juden glaubten an Gottes Erwählung: Gott hatte sich Israel als heiliges Volk erwählt, das sich von heidnischen Einflüssen rein erhalten mußte. Doch galt für diesen Heilspartikularismus eine doppelte Einschränkung: er beruhte nicht auf dem Verdienst des auserwählten Volkes, sondern folgte allein aus dem souveränen, unerforschlichen Willen Gottes, und Israel war berufen, ein priesterliches Amt an der gesamten Menschheit auszuüben.

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Von Jerusalem bis Rom

In ihrem zähen Festhalten am Gesetz, das ihrer Meinung nach Gott dem Moses auf dem Berg Sinai gegeben hatte, nahmen die Juden eine negative Haltung zur heidnischen Religion ein, die sie als Verehrung böser Geister betrachteten. In der griechisch-römischen Welt führten die Juden ein Sonderdasein. Man begegnete ihnen mit einem gewissen Mißtrauen, das sich gelegentlich zu feindseliger Voreingenommenheit steigern konnte. Die Juden verweigerten die Teilnahme am Kaiserkult, opferten aber täglich im Jerusalemer Tempel für den Kaiser und konnten „Gott zu Ehren des Kaisers" Synagogen weihen. Durch die Beschneidung und die auffällige Enthaltung von Schweinefleisch und anderen unreinen Speisen hoben sie sich deutlich von ihrer Umwelt ab. Die makkabäischen Märtyrer im zweiten vorchristlichen Jahrhundert hatten lieber den Tod gewählt, als daß sie Schweinefleisch aßen. Juden konnten mit Heiden keine Tischgemeinschaft halten und sich auf keine Form der Anerkennung heidnischer Gottheiten im offiziellen Zeremoniell einlassen. Fremdherrschaft und die kärglichen wirtschaftlichen Verhältnisse Palästinas hatten zu einer allgemeinen Auswanderung der Juden in die gesamte Mittelmeerwelt und zur Bildung der sogenannten „Zerstreuung" (Diaspora) geführt, so daß man fast überall von Cadiz bis zur Krim jüdische Kolonien finden konnte. In Rom bestanden im zweiten Jahrhundert nach Chr. elf oder zwölf Synagogen. Besonders hoch war der jüdische Bevölkerungsanteil in Alexandrien. Hier und im übrigen Ägypten lebte eine Million Juden, die stets einen wichtigen Faktor im politischen Leben der Stadt bildeten, wenn auch ihre soziale Abgeschlossenheit sie nicht zu einer Partei werden ließ, die selbst nach der Macht strebte. Die Juden lehnten es überall ab, sich mit ihren heidnischen Mitbürgern verschmelzen zu lassen, und hielten am eigenen Glauben und seinen Bräuchen fest: Jeden Samstag versammelten sie sich zum Gottesdienst, der aus Psalmen, Schriftlesungen mit nachfolgender Auslegung und Gebeten bestand. Der heutige Benützer des römischen Breviers oder des anglikanischen Book of Common Prayer ist in wesentlicher Hinsicht ein Erbe dieser Form des Gottesdienstes. Trotz ihrer weiten Zer-

Die jüdischen Grundlagen

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Streuung hielten die Juden durch häufige Wallfahrten nach der heiligen Stadt und durch die jährliche Übersendung von Beiträgen für die Erhaltung des Tempels die Verbindung zum Land ihrer Väter aufrecht. In Provinzen, wo Juden in großer Zahl lebten, führte dieser Geldexport gelegentlich zu Schwierigkeiten mit den römischen Steuerbehörden; aber in dieser wie in anderen Fragen, bei denen ein Grundsatz ihrer Religion auf dem Spiel stand, war es stets die einfachste Lösung, den Juden ihre Freiheit zu lassen. Es gab keinen Bereich des öffentlichen Lebens, von dem die Juden ausgeschlossen waren, außer wo sie es selbst wollten. Doch waren natürlich nicht alle Juden so streng, wie ihre religiöse Obrigkeit dies gewünscht hätte; und nicht wenige empfanden den auf sie ausgeübten Druck, sich der Lebensweise der sie umgebenden Gesellschaft anzupassen. Gleichwohl ging die Entwicklung nicht nur in eine einzige Richtung. Zwar wirkte die Beschneidung auf Griechen und Römer abstoßend, doch wurden viele Heiden vom .Monotheismus der Juden, von der Reinheit ihrer Moral und der Altertümlichkeit (wenn schon nicht vom Stil) ihrer heiligen Bücher angezogen. Ohne asketisch zu sein - hier machten nur einige abweichende Gruppen eine Ausnahme1 - galt das Judentum als vorbildlich für Keuschheit und geordnetes Familienleben; die jüdischen Gemeinden besaßen eine reich entwickelte Diakonie, man besuchte die Kranken, sorgte für die Bestattung der Verstorbenen, gewährte Fremden Gastfreundschaft und spendete Almosen für die Armen. Um viele Synagogen der Diaspora sammelte sich ein Kreis frommer Heiden, die man gewöhnlich „Gottesfürchtige" nannte. (Diese Bezeichnung galt für jedes gute Synagogenmitglied). Ein Heide konnte sich der Beschneidung und, was häufiger geschah, der von angehenden Proselyten geforderten Taufe unterziehen, doch war beides selten, und die hellenisierten Diasporajuden waren zum Bedauern der strengeren palästinensischen Behörden gewöhnlich bereit, heidi Nach Philo und Josephus wurde bei den Essenern im Gebiet des T o t e n Meers die Ehelosigkeit hochgeschätzt. Die Schriften der Gemeinschaft von Qumran geben über diese Frage keine Auskunft.

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Von Jerusalem bis Rom

nische Anhänger willkommen zu heißen, ohne auf der Beschneidung als grundsätzlich heilsnotwendig zu bestehen. Unter diesen heidnischen Gruppen gewannen die christlichen Missionare die ersten neuen Anhänger außerhalb der Zahl der eigentlichen Juden. Sie bildeten in der Tat ein ideales Missionsfeld, da sie nicht nur ein hohes ethisches Niveau besaßen, sondern auch in den jüdischen heiligen Schriften unterwiesen waren. Das Judentum war in einer Weise Buchreligion, wie keine andere antike Religion dies war. Die Neugestaltung des israelitischen Gemeinwesens nach der Katastrophe der Deportation durch die Babylonier beruhte auf der festen Grundlage des Mosegesetzes. Es gab keine Propheten mehr, die das unmittelbare, aktuelle Wort Gottes verkündigt hätten. Gottes Offenbarung an sein Volk lag schriftlich vor und bedurfte der Interpretation durch Schriftgelehrte und „Rechtskundige", so daß die ursprünglichen Dokumente durch die exegetische Überlieferung der rabbinischen Schulen ergänzt wurden. (Im ersten Jahrhundert wurde die Geltung dieser Tradition zum Gegenstand heftiger Kontroverse zwischen Kirche und Synagoge). Da die Juden außerhalb Palästinas die Bibel in griechischer Sprache benötigten, entstand eine Anzahl von Übersetzungen. Eine davon, die „Septuaginta" oder „Übersetzung der Siebzig", gewann in den heidenchristlichen Gemeinden der Frühzeit kanonische Geltung. Diese Übersetzung war im dritten Jahrhundert vor Chr. in Alexandrien entstanden, nach der Überlieferung (an deren Richtigkeit kaum gezweifelt werden kann) auf Wunsch des Königs Ptolemäus Philadelphus von Ägypten. Für die alexandrinischen Juden wurde die Septuaginta bald von einem besonderen Glanz umgeben. Sie feierten alljährlich ein liturgisches Fest zum Gedächtnis ihrer Entstehung; und von ihrem Ursprung erzählte man wunderbare Geschichten, vor allem, daß Ptolemäus 72 Übersetzer bestimmt habe und daß diese die Übersetzung in 72 Tagen angefertigt hätten. Philo glaubte, daß die Übersetzung unter göttlichem Beistand zustande gekommen sei. Die Legende von den 72 Übersetzern fand weithin Glauben, und selbst wo dies nicht der Fall war, galt die Septuaginta doch als inspiriert und genoß ein Ansehen, wie es keine

Das Urchristentum

5

andere Übersetzung besaß. Erst als die Christen sich auf den Text der Septuaginta beriefen und die Juden dadurch in Schwierigkeiten brachten, wurden von der griechischen Synagoge andere, wörtlichere Übersetzungen bevorzugt. Und einzelne Rabbinen, die einem liberalen oder hellenisierten Judentum fast ebenso feindlich gegenüberständen wie dem Christentum, bedauerten, daß die Bibel überhaupt jemals ins Griechische übertragen worden war, und rügten die Schaffung der Septuaginta als eine Sünde ähnlich der Verehrung des Goldenen Kalbes.

Das Urchristentum Von allem Anfang an war sich die Kirche zutiefst ihrer Solidarität mit Israel und der Kontinuität zwischen Gottes Taten in der Vergangenheit und seinem gegenwärtigen Handeln in Jesus von Nazareth und denen, die ihm nachfolgen, bewußt. Im Matthäusevangelium erscheint Jesus als der neue Moses, dessen dramatische Geburtsgeschichte durch die Geschichte von der Geburt des Moses in Ägypten vorgebildet ist, und der in seiner Lehre ethische Grundsätze aufstellt, die den erhabensten Überlieferungen des besten Judentums entsprechen. Der Herr war nicht gekommen, um zu zerstören, sondern um zu erfüllen; und die Mission der Christen hatte die Aufgabe, die jüdischen Brüder dahin zu bringen, den Jesus, an dem die jüdischen Behörden unter dem römischen Statthalter Pilatus aus Unwissenheit einen schmachvollen Justizmord begangen hatten, als den Gesalbten Gottes, den „Messias", anzuerkennen. Gott hatte ihn von den Toten auferweckt und ihn so als den „Herrn und Christus", als den erwarteten Messias bestätigt. Dem Einwand, daß die Propheten die Ankunft des Messias in Herrlichkeit und Macht erwartet hätten, nicht in der Schwachheit des Kreuzes, begegnete man mit der Antwort, daß das Leiden Jesu wie das des leidenden Gottesknechtes, von dem Jesajas prophezeit hatte, erlösende Kraft besessen habe. Sein Tod stiftete einen „neuen

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Von Jerusalem bis Rom

Bund" zwischen Gott und seinem Volk, wie ihn Jeremias erhofft hatte (Jerem. 3 1 , 3 1 - 3 4 ) . Anfänglich kann das Christentum gewiß nur als eine weitere Sekte oder Gruppierung innerhalb eines Judentums erschienen sein, das bereits an eine beträchtliche Vielfalt in seinem religiösen Leben gewöhnt war. Das Judentum bildete durchaus keinen monolithischen Block. Es bestanden Gegensätze zwischen den Pharisäern und den Sadduzäern, die scharf hervortreten konnten. Die Pharisäer waren diejenige Partei, die am stärksten bestrebt war, in Abwehr hellenistischer Einflüsse und im Gegensatz zur römischen Herrschaft den eindeutig religiösen und theokratischen Charakter der jüdischen Volksgemeinschaft zu bewahren. Sie hielten nicht nur streng das mosaische Gesetz, sondern auch die schriftgelehrte Tradition der Gesetzesauslegung galt ihnen als religiöse Norm. Die Sadduzäer, die zumeist aus den führenden aristokratischen Familien stammten, anerkannten allein das mosaische Gesetz und fühlten sich nicht an die schriftgelehrte Überlieferung gebunden; außerdem verwarfen sie den Glauben an die Auferstehung der Toten als eine Lehre, die sich nur in Schriften wie dem Buch Daniel fand, das lange nach der Zeit des Moses verfaßt war und nach ihrer Meinung keine Autorität besaß. Die Meinungsverschiedenheit zwischen Pharisäern und Sadduzäern über das Leben nach dem Tode ermöglichte es dem Paulus einmal, sich aus einer bedrohlichen Situation zu retten (Apostelgesch. Z3, 6 - 1 0 ) . Trotz der allem Anschein nach heftigen Auseinandersetzung zwischen Urgemeinde und Pharisäern, die sich in Texten wie Matth. 23 spiegelt, schloß sich eine Anzahl von Pharisäern, von denen Paulus der berühmteste werden sollte, den Christen an. Neben den Pharisäern und Sadduzäern gab es eine Gruppe, oder vielleicht eine Mehrzahl verwandter Gruppen, die man als „Essener" bezeichnete. Der ältere Plinius, Philo und Josephus geben eine Schilderung ihrer Lebensweise; der Letztgenannte besaß auch unmittelbare Kontakte zu ihnen. Sie bildeten eine streng separatistische Gemeinschaft, deren Hauptniederlassung nahe der Westküste des

Das Urchristentum

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Toten Meeres gelegen war, doch waren ihre Anhänger auch sonst in Judäa zu finden. Es ist wahrscheinlich, aber nicht sicher, daß die Essener die Gemeinde waren oder wenigstens mit einschlössen, für die die Schriftrollen vom Toten Meer geschrieben worden sind und die ihr Haus in Qumran, nahe dem Westufer des Toten Meeres, hatte. Diese Gemeinschaft verwarf die Opfer und das Priestertum des offiziellen Kultus im Tempel von Jerusalem und berief sich auf ihren Gründer, den „Lehrer der Gerechtigkeit", der von einem „bösen Priester", der über Israel herrschte, verfolgt worden war. In verschiedener Hinsicht ähnelten die Essener der frühen Kirche. Sie bildeten eine enge Gemeinschaft, die Gütergemeinschaft übte und an jedes Mitglied entsprechend seinen Bedürfnissen Geld verteilte. Ihre Lebensweise war einfach, und wenn ein Mitglied zwei Gewänder hatte, so gab es eines an einen bedürftigen Bruder weiter und trug das andere, bis es fadenscheinig war. Die Essener scheinen untereinander in der Frage des passiven Widerstandes gespalten gewesen zu sein. Die Mehrzahl lehnte das Tragen von Waffen ab, doch gab es unter ihnen auch einige Zeloten, die sich an der nationalistischen Widerstandsbewegung gegen die römische Besatzungsmacht beteiligten. Im jüdischen Krieg der Jahre 66-70 wurde Qumran zum Schauplatz blutiger Kämpfe. Die Essener verwarfen grundsätzlich die Sklaverei als unvereinbar mit der Gleichheit aller Menschen vor ihrem Schöpfer. Und obwohl sie die Ehe nicht einfach als falsch verurteilten, erwarteten sie von den Vollmitgliedern die Ehelosigkeit. Aufnahme in die Gemeinschaft wurde erst nach Prüfungen und feierlichen Gelübden gewährt, denen ein Noviziat voranging, und jedes Vergehen führte zum Ausschluß. Die Essener unterzogen sich zahlreichen rituellen Waschungen und hielten ein heiliges Gemeinschaftsmahl, zu dem Uneingeweihte nicht zugelassen waren. Auch den Eid verwarfen sie. Auf der anderen Seite bestanden zwischen den Essenern und der frühen Kirche erhebliche Unterschiede. Die Essener hielten den Sabbath mit besonderer Strenge und waren mit äußerster Sorgfalt darauf bedacht, jede rituelle Verunreinigung zu vermeiden. Nach dem Zeugnis unserer griechischen Quellen erhoben sie sich vor

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Von Jerusalem bis Rom

Tagesanbruch, um der aufgehenden Sonne Gebete darzubringen, und vertraten esoterische Lehren über die Eigenschaften von Wurzeln und Steinen und die Geheimnamen der Engel. Sie widmeten der Auslegung des inneren, verborgenen Sinnes der heiligen Schrift große Aufmerksamkeit und versuchten die Ereignisse der Zukunft vorherzusagen. Die Texte von Qumran und die griechischen Quellen stimmen in ihren Berichten nicht völlig überein; aber vielleicht versuchen die griechischen Zeugnisse in dem Bild, das sie von den Essenern zeichnen, diese möglichst den pythagoreischen Asketen der hellenistischen Welt anzugleichen. Das Material aus den Schriftrollen vom Toten Meer gibt verhältnismäßig wenig Aufschluß über den unmittelbaren Hintergrund des Urchristentums, außer in dem allgemeinen Sinn, daß es die Existenz einer Gemeinschaft enthüllt, die mit glühender Hingabe die alttestamentliche Prophetie und besonders die messianischen Weissagungen studiert und ein großes göttliches Eingreifen in die Weltgeschichte erwartet. Es besteht eine Verwandtschaft in der Atmosphäre: etwa in der sogenannten „Kriegsrolle", die eine letzte Entscheidungsschlacht zwischen den Söhnen des Lichtes und den Söhnen der Finsternis beschreibt, die an die Schlacht von Harmaggedon in der Apokalypse und vielleicht auch an Epheser 6 erinnert. Aber man muß billigerweise sagen, daß in Einzelheiten die Zahl der Analogien und Parallelen zwischen den Qumrantexten und dem Neuen Testament weder sehr groß noch besonders eindrucksvoll ist; und der „Lehrer der Gerechtigkeit" spielt im Denken der Gemeinschaft von Qumran keine Rolle, die sich mit derjenigen Jesu im Glauben der Urchristenheit annähernd vergleichen ließe. Kurz, die neutestamentlichen Schriften und die Schriftrollen von Qumran werfen wohl gegenseitig Licht aufeinander, aber von keiner der beiden Gruppen von Dokumenten kann man sagen, daß sie die andere „erkläre". D a ß einzelne Essener Christen wurden, wird man annehmen dürfen, aber es ist höchst unwahrscheinlich, daß es irgendeine Verbindung in institutioneller Hinsicht gab. Überraschenderweise scheinen die ersten Christen eine viel positivere Haltung zum Tempelkult in Jerusalem eingenommen zu haben als die Gemeinschaft von Qumran (vgl. Apo-

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stelgesch. 6,7). Gleichzeitig liegt die Vermutung nahe, daß die Christen für eine Gemeinschaft, die von dem Verlangen nach kultischer Reinheit so besessen war, daß ihr Tageslauf in häufigen Abständen von rituellen Reinigungsakten unterbrochen wurde, sehr wenig Geduld aufgebracht hätten. Die anfängliche Wirkung des Christentums auf das jüdische Volk scheint beträchtlich gewesen zu sein. Die Kirche gewann ihre Mitglieder wahrscheinlich aus den meisten der verschiedenartigen Gruppen, die das heterogene Judentum des ersten Jahrhunderts umfaßte, mit Ausnahme der Sadduzäer. Die christliche Botschaft sprach sowohl die Pharisäer mit ihrer Auffassung an, daß der geoffenbarte Wille Gottes verlange, daß man entschieden Ernst mit ihm mache, als auch den gewöhnlichen Juden, der die Empfindung hatte, daß das pharisäische Skrupulantentum gegenüber dem Gesetz allzu oft zu übertriebenen zeremoniellen Spitzfindigkeiten geführt hatte, die die eigentliche Mitte des Glaubens verfehlten. Binnen kurzem gab es starke Gruppen christlicher Juden nicht nur in Jerusalem, sondern auch in den umgebenden Gebieten von Judäa. Daß es bedeutende Gruppen auch im Norden, in Galiläa, gab, ist sehr wahrscheinlich, doch können wir über ihr Verhältnis zu den judäischen Gemeinden und über ihre spätere Geschichte nur Vermutungen anstellen. Es waren ländliche Gemeinschaften in einem rückständigen Gebiet, die bald aus der Geschichte verschwanden. Wir wissen jedoch, daß die christliche Botschaft sehr schnell nicht nur Damaskus, sondern auch Antiochien, die Hauptstadt Syriens und dritte Stadt des römischen Reiches, erreichte, wo bei den Heiden bald der Spitzname „Christen" aufkam, der sich rasch als allgemeine Bezeichnung verbreitete. (Die jüdische Bezeichnung blieb „Nazarener" 2 ). Selbst unter den Pharisäern, die am mosaischen Gesetz und seiner traditionellen Interpretation am strengsten festhielten, fand die neue Bewegung einige Anhänger. Gleichwohl kam es weder dazu, daß die Behörden, noch daß das Volk als ganzes sich „dem Weg" anschlössen. Einerseits bot das Christentum den 2 Siehe unten S. 16.

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Von Jerusalem bis Rom

nationalistischen Zeloten, die auf die Stunde der Erhebung gegen Rom warteten, keinen Anreiz; andererseits war es viel zu revolutionär für die jüdische Führungsschicht, die eine Kompromißpolitik der Kollaboration auf politischem Gebiet und einer konservativen Haltung in religiösen Fragen verfolgte. Vor allem aber bestand das heikle Problem der Stellung der Christen zu den Heiden. Dies war eine prinzipielle Frage, die innerhalb der Urchristenheit selbst einen tiefen Gegensatz der Meinungen hervorrief. Die Anfänge dieser Auseinandersetzung lassen sich noch in dem Bericht des Lukas über die „Hellenisten" und Stephanus erkennen, den er im sechsten und siebenten Kapitel der Apostelgeschichte gibt. Die Ausbreitung des Christentums nach Norden bis nach Syrien und Cilicien verursachte in den Synagogen eine derart akute Besorgnis, daß es zu einer gegen die Christen gerichteten Aktion kam, die von Jerusalem aus gefördert wurde und unter der Führung eines Juden aus Cilicien stand, der ein Schüler des berühmten Rabbi Gamaliel in Jerusalem gewesen war - das war Saulus oder Paulus von Tarsus, ein Pharisäer, der von der Endgültigkeit und Vollkommenheit des Mosegesetzes überzeugt und dementsprechend ein leidenschaftlicher Verfolger der jungen Christenheit war. Als er von Jerusalem nach Damaskus reiste, trat ihm plötzlich der auferstandene Christus entgegen, und von da an war Paulus ein ebenso überzeugter Christ - und wiederum ein Mann voll Leidenschaft: er lebte in dem glühenden Bewußtsein der Aufgabe, daß er das Evangelium den Heiden zu bringen habe. Paulus war wahrscheinlich nicht der erste, der den Gedanken einer christlichen Mission in der nichtjüdischen Welt faßte. Aber von Anfang an war er unzweifelhaft die beherrschende Gestalt in dieser Tätigkeit und glaubte von sich selbst, daß er in einer besonderen und einzigartigen Weise zum Apostel der Heiden berufen sei. Als solcher besaß er besondere Autorität gegenüber den heidenchristlichen Gemeinden, die er durch Besuche und vor allem durch Briefe ausübte (er fand selbst, daß er durch seine Briefe mehr Eindruck machte als durch sein Reden), und vertrat ihre Interessen in seinen Verhandlungen mit der Muttergemeinde in Jerusalem.

Das Urchristentum

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Während uns die Paulusbriefe und die Apostelgeschichte einiges über die Entwicklung der heidenchristlichen Gemeinden berichten, wissen wir verhältnismäßig wenig über die Muttergemeinde in Judäa. Die meisten aus dem Kreise der zwölf Jünger verschwinden aus der Geschichte. Nur Petrus, Johannes und der Herrenbruder Jakobus bedeuten für uns mehr als bloße Namen. Spätestens im dritten Jahrhundert kamen romantische Legenden auf, die die Missionsreisen der Zwölf beschrieben, die etwa Thomas nach Persien und Indien, oder Andreas zu den Skythen Südrußlands geführt hätten. Aber diese Geschichten haben keinen höheren historischen Wert als die mittelalterlichen Legenden, die den Apostel Jakobus mit Compostella oder Josef von Arimathia mit Glastonbury in Verbindung bringen. Sie gehen auf die apokryphen Apostelromane zurück, die seit der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts als volkstümliche Lektüre weite Verbreitung fanden 3 . Überlieferungen des zweiten Jahrhunderts, die mehr Vertrauen verdienen, berichten, daß der Zebedaide Johannes als alter Mann in Ephesus lebte und daß der Evangelist Philippus mit seinen vier weissagenden Töchtern (Apostelgesch. 21,9) in Phrygien gestorben sei. Diese Auswanderung der Jerusalemer Gemeinde nach Kleinasien könnte durch den jüdischen Krieg der Jahre 66—70 veranlaßt worden sein. Das vierte Evangelium stammt von einer Gruppe von Johannesjüngern, für die es die Lehre des Lieblingsjüngers bewahrte. Um zoo sehen wir, daß die Gemeinden Kleinasiens auf Johannes als ihren Gründer zurückblicken und in Ephesus sein Grab verehren4. Die Epheser scheinen angenommen zu haben, daß Maria im Hause des Johannes in ihrer Stadt gelebt hatte (vgl. Joh. 19,2.7), und weihten ihr im fünften Jahrhundert zum ersten Mal eine Kirche. Aber nach einer anderen Auffassung, die zum ersten Mal 3 In deutscher Ubersetzung bei E. Hennecke - W. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen 3 II (1964). 4 Lateinische Autoren berichten im Anschluß an Tertullian und Hieronymus, daß Johannes in R o m in siedendes ö l geworfen worden sei, aber unverletzt entkam; im siebenten Jahrhundert wurde dieses Ereignis an der Porta Latina lokalisiert und am 6. M a i sein Gedächtnis gefeiert. Griechischen Autoren ist die Legende unbekannt.

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von Epiphanius im Jahre 375 ausgesprochen wurde, der davon als einem höchst esoterischen Geheimnis redet, dessen er keineswegs sicher ist, kam Maria nicht nach Ephesus, ja sie schmeckte in Wirklichkeit den Tod überhaupt nicht. Jakobus der Gerechte, „der Herrenbruder", hatte den Vorsitz der Jerusalemer Gemeinde bis zu seinem Märtyrertod im Jahre 6z inne (ein Ereignis, das bei vielen nichtchristlichen Juden ein sehr schlechtes Gewissen hinterließ), worauf ein Vetter des Herrn an seine Stelle trat. Das genaue Verhältnis zwischen Jakobus und Petrus, dem führenden Apostel, dem der Herr besonders die Mission der Kirche anvertraut hatte, bleibt dunkel. In den Paulusbriefen und in der Apostelgeschichte erscheinen die Verwandten des Herrn und die Apostel als hervorragende Autoritäten, die nebeneinander stehen. Wenn jemals Spannungen zwischen ihnen bestanden haben (was in Markus 3 , 3 1 - 3 5 anklingen könnte), so wurden sie rasch beseitigt. Nach einem Strang der Überlieferung (Matth. 1 6 , 18) erklärte der Herr Petrus zum Felsen, auf dem die Kirche erbaut werden solle; vielleicht gab es Christen, die glaubten, Petrus und nicht Johannes sei die höchste Autorität in der nachösterlichen Gemeinde. Der irenische Bericht, den die Apostelgeschichte über die Urgemeinde gibt, ist frühestens eine Generation später geschrieben und gestattet uns nicht mehr als Fragen zu stellen, die wir nicht beantworten können. Das Verhältnis zwischen Petrus und Paulus ist ebenfalls unklar. Ihr schwerer Zusammenstoß in Antiochien war offensichtlich ein außergewöhnlicher Vorfall, sonst wäre er uns in anderer Weise überliefert (Gal. z , n ff.); und zumindest im Tode waren beide vereint - beide starben als Märtyrer in Rom während der Verfolgung unter Nero 5 . Zweifellos deutet die Anwesenheit des Petrus 5 Anspielungen auf den Märtyrertod des Petrus finden sich im Johannesevangelium (13, 36; 2 1 , 18). Daß er sich in Rom ereignete, ergibt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Brief des Klemens an die Korinther, aus dem Römerbrief des Ignatius und weiter aus der einhelligen Überlieferung bei den Autoren des zweiten Jahrhunderts, abgesehen von dem Gedächtnismal auf dem Friedhof auf dem vatikanischen Hügel, das um 160/70 errichtet und in neuester Zeit ausgegraben wurde (siehe unten S. 187).

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in Rom in den sechziger Jahren auf ein Interesse am Heidenchristentum hin, aber wir besitzen weder Nachrichten über die Art seiner Tätigkeit noch über die Dauer seines Aufenthaltes. Daß Petrus fünfundzwanzig Jahre lang in R o m gelebt habe, ist eine Legende aus dem dritten Jahrhundert.

Das Heidenchristentum In der antiken Welt wußte jedermann zumindest dreierlei über die Juden: sie lehnten jede direkte oder indirekte Berührung mit heidnischen Kulten ab (was asozial erschien); sie lehnten es nicht nur ab, Fleisch zu essen, das als Götteropfer dargebracht worden war, sondern mieden Schweinefleisch grundsätzlich (was lächerlich erschien); und sie beschnitten ihre männlichen Kinder (was abstoßend wirkte). Wenn die Kirche unter den Heiden Mission treiben wollte, so war eine Regelung dieser Fragen erforderlich: Sollten dieselben Vorschriften für die zum Christentum bekehrten Heiden gelten? Eine konservative Gruppe vertrat die Meinung, daß die neubekehrten Heiden sich nicht nur durch Götzenopfer verunreinigter Nahrungsmittel zu enthalten hätten, sondern daß sie auch die Beschneidung als das Bundeszeichen der Aufnahme in das Gottesvolk annehmen müßten. Andere Judenchristen, die glaubten, daß das Evangelium aller Welt gepredigt werden müsse, verwarfen diese konservative Anschauung entschieden. Die Beschneidung samt dem ganzen übrigen Zeremonialgesetz des Pentateuchs sei auf das jüdische Volk beschränkt, während Gott in Christus die Menschheit versöhnt und nicht nur die Schranken zwischen dem sündigen Menschen und seinem Schöpfer, sondern auch zwischen Mensch und Mitmensch niedergerissen habe. Die Spaltung zwischen Konservativen und Universalisten führte zu einer scharfen und zeitweilig leidenschaftlichen Kontroverse, die zu einer allgemeinen Versammlung in Jerusalem Anlaß gab (Apostelgesch. 15). Das Ergebnis war in mehrfacher Hinsicht ein

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Kompromiß, der jedoch in allen entscheidenden Punkten zugunsten der Universalisten ausfiel. Die Heidenchristen wurden von der Muttergemeinde in Jerusalem als vollwertige Glieder des Gottesbundes anerkannt, auch wenn sie unbeschnitten waren; doch sollten sie keine Speisen essen, die irgendeine Beziehung zum Götzendienst hatten (es war griechischer Brauch, Tischgesellschaften in Tempeln zu halten, wobei der Gott selbst als der Gastgeber galt), und keine außerehelichen geschlechtlichen Beziehungen unterhalten - in diesem Punkt war die jüdische Ethik wesentlich strenger als die heidnische. Die Korintherbriefe des Paulus werfen ein deutliches Licht auf den sozialen Hintergrund dieser Bestimmungen. Die Auseinandersetzung drehte sich um die fortdauernde Gültigkeit des Mosegesetzes. Paulus sah, daß es dabei im Grunde um die Frage ging, ob der Mensch das Heil durch sein Verdienst erreichen könne, das er durch den Gehorsam gegenüber Gottes Geboten erworben hat. Diesem Gesetzesgedanken setzt Paulus den Gedanken des göttlichen Erbarmens und der Vergebung entgegen, die dem Menschen in Christus umsonst angeboten werden: in der Taufe wird der Glaubende mit Christus vereint und wird „gerechtfertigt"; er wird in ein rechtes Verhältnis zu Gott gebracht, aus dem heraus er „gute Werke" tut und an Heiligkeit zunimmt. Der Christ ist deshalb frei vom Gesetz des Moses. Die Funktion des Gesetzes ist nicht dauernd, sondern nur vorläufig: es war „ein Zuchtmeister auf Christus". Es war die Leistung des Paulus, daß er die Freiheit und Gleichberechtigung der Heidenchristen mit Erfolg verteidigte und bei den Leitern der Jerusalemer Gemeinde die Anerkennung der von ihm Bekehrten als voller Glieder der Kirche durchsetzte. Darin sah er auch die Anerkennung seiner eigenen Stellung als Apostel der Heiden. Dieser Anspruch führte ihn in unerfreuliche Auseinandersetzungen, in denen sein stärkstes Argument das konkrete Faktum des Vorhandenseins zahlreicher bekehrter Heiden war. Der Hauptgrund für den missionarischen Erfolg des Paulus war wohl seine außergewöhnliche geistige Beweglichkeit und die Fähigkeit, sich dem Verständnis seiner Hörerschaft anzupassen: er vermochte das

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palästinensische Evangelium in eine der hellenistischen Welt verständliche Sprache zu übersetzen und wurde so zum ersten christlichen Apologeten. Die erste Christengeneration in Palästina erwartete in der nächsten Zukunft die Wiederkunft des Herrn in Herrlichkeit. Paulus erkannte, daß die Lehre vom unmittelbar bevorstehenden Weltende eher ein Hindernis als ein Vorteil bei der Missionierung der hellenistischen Welt war, da sich hier das spekulative Hauptinteresse auf den Anfang der Dinge richtete. Er verschob deshalb in seiner Verkündigung das Schwergewicht von Christus als dem Ende auf die Botschaft von Christus als der von Ewigkeit präexistenten Schöpfungsweisheit Gottes, die als immanente Kraft den Kosmos in seiner Vielfalt vor der Auflösung bewahrt. Insbesondere, so lehrte Paulus, wohnt der Herr in seiner Kirche, wie die Seele im Leibe wohnt. Die Kirche ist deshalb bis zu ihrer eschatologischen Vollendung fortdauernd im Wachsen und wird schließlich die gesamte Menschheit umfassen. In diesen Begriffen drückt der Epheserbrief die Vorstellung von der universalen einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche aus. Denn nach dieser voll entwickelten paulinischen Lehre sind alle Christen in Glaube und Taufe eins mit dem Herrn und dadurch auch untereinander verbunden. Der Herr macht die Kirche zu einer heiligen Gemeinschaft, die, zur Erfüllung eines priesterlichen Amtes aus der Welt ausgesondert, der Menschheit das Evangelium vermittelt, wobei sie in ihrer weltweiten Wirksamkeit auf ihre apostolischen Gründer zurückblickt. Die Muttergemeinde dieses universalen Verbandes ist Jerusalem. Aber schon blickt Paulus im Geist voraus nach Westen. In Rom sieht er das zukünftige Zentrum des Heidenchristentums und den Stützpunkt für eine Missionsreise nach Spanien (wohin er vielleicht wirklich gelangt ist). Paulus verstand die Kirche als eine Gemeinschaft, in der die Trennungswand zwischen Juden und Heiden niedergerissen war, die aber doch gleichsam eine Doppelgestalt behielt. Aber dem Judenchristentum gelang es nicht, das jüdische Volk zu bekehren. Jerusalem erlitt furchtbare Schäden, als es nach fehlgeschlagenen Aufständen in den Jahren 70 und 1 3 5 von den Römern erobert

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wurde. Nach der zweiten Eroberung wurde durch ein Edikt Hadrians allen Juden untersagt, künftig judäischen Boden zu betreten, und Jerusalem wurde zu einer hellenistischen Stadt mit heidnischen Tempeln und Theatern, die den neuen Namen Aelia Capitolina erhielt. Dies bedeutete die Loslösung des Heidenchristentums von seinen judenchristlichen Wurzeln; sein zahlenmäßiges Übergewicht und seine geographische Ausdehnung über die ganze Mittelmeerwelt sicherte ihm sein Selbstvertrauen .und das Bewußtsein der Katholizität, wobei es seine Kontinuität mit den Aposteln nicht nur in den Kirchen des Ostens sondern auch in Rom, dem Schauplatz des Märtyrertodes des Petrus und Paulus, aufweisen konnte. Aus dem paulinischen Gedanken von der nur halb unabhängigen Stellung eines Heidenchristentums, das sich an Jerusalem orientierte und Seite an Seite mit dem Judenchristentum innerhalb der einen Kirche lebte, hatte sich allmählich die Vorstellung von der Unabhängigkeit des Westens vom Osten entwickelt, die auch eine mögliche Rivalität nicht ausschloß. Trotz Verfolgung durch die Juden (i. Thess. 2,14) blieben die Christen in Palästina noch für längere Zeit eine Gruppe innerhalb des Judentums. Aber der Bruch wurde unvermeidbar. Ein Satz in Suetons Leben des Claudius• könnte vielleicht in dem Sinn verstanden werden, daß es bereits im Jahre 50 in Rom zu Tumulten zwischen Juden und Christen kam. In Judäa hielten die Judenchristen so lange wie möglich die Türen offen, aber sie wurden schwer drangsaliert, und um 75 nahm man, um ihres Ausschlusses ganz sicher zu sein, eine formelle Verfluchung in die synagogale Liturgie auf: „Mögen die Nazarener und die Häretiker schnell zugrunde gehen und aus dem Buch des Lebens getilgt werden". Das Vorhandensein der Heidenmission bildete für die Mission der Judenchristen unter den eigenen Volksgenossen eine Quelle der Verlegenheit (Rom. 11,28 macht dies deutlich). Ihre Position erfuhr auch keine Stärkung durch die Haltung einiger ihrer heidenchristlichen Brüder, die kein Bedürfnis zeigten, zu betonen, was sie 6 „Da die Juden auf Betreiben des Chrestus ständig Unruhen stifteten, vertrieb Claudius sie aus R o m " (vgl. Apostelgesch. 18,2).

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dem Judentum schuldeten, sondern die im Gegenteil zu der unversöhnlichen Ansicht neigten, daß die Zerstörung Jerusalems durch die verhaßten Römer im Jahre 70 nichts anderes gewesen sei als das verdiente Gottesgericht wegen des Mordes an Jesus. Diese Tat selbst war nur die Krönung der ständigen hartnäckigen Ablehnung des von den Propheten verkündigten Gotteswortes gewesen. Man entdeckte, daß die alttestamentliche Prophetie ebensosehr von der Verwerfung des Messias durch das jüdische Volk handelte wie von der weltweiten Mission der Kirche als des wahren Messiasvolkes. So entstand eine Tradition alttestamentlicher Auslegung, die sich auf die prophetische Kritik an der Veräußerlichung des Glaubens und am Halten von Festen und Zeremonien konzentrierte. Man sah im Alten Testament die Geschichte eines Volkes, das einen unausrottbaren Hang zum Abfall besaß, obwohl es dauernd durch die Propheten gewarnt wurde. Das Mosegesetz war nicht Gottes dauernder Wille, sondern eine befristete, provisorische Ordnung, die Gott dem hartherzigen Volke gegeben hatte, um noch schlimmere Fehltritte zu verhüten; und vielleicht war es auch geradezu eine Strafe für die Anbetung des goldenen Kalbes. So fand man im Alten Testament selbst ein negatives Urteil über das Judentum. Die Judenchristen, die aus der Gemeinschaft ihrer Volksgenossen ausgeschlossen waren, hielten an der Beschneidung fest und feierten weiter den Sabbath und die anderen jüdischen Feste. Dies wieder verstimmte viele Heidenchristen, und so wurden die judenchristlichen Gemeinden zu einsamen Konventikeln ohne Unterstützung von außen. Noch im vierten Jahrhundert und später bestanden kleine judenchristliche Gemeinden in Syrien. Hieronymus fertigte eine lateinische Übersetzung ihres Hebräerevangeliums an, das von den kanonischen griechischen Evangelien leicht abweichende Überlieferungen bewahrte und die Stellung des Herrenbruders Jakobus besonders herausstrich. Aber weder konnten ihnen die orthodoxen Juden ihr Christsein vergeben, noch konnte die heidnische Mehrheit innerhalb der Kirche verstehen, warum die Judenchristen fortfuhren, die traditionellen Bräuche und Riten des Judentums zu halten. Langsam verloren ihre Gemeinden an Bedeutung. Aus dem

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um 160 entstandenen Dialog mit Tryphon Justins des Märtyrers7 geht hervor, daß um diese Zeit das Judenchristentum noch eine Macht bedeutete. Justin glaubte, daß ein Judenchrist durchaus die Freiheit besitze, das Mosegesetz zu halten, ohne damit in irgendeiner Weise seinen christlichen Glauben zu kompromittieren, und daß selbst ein Heidenchrist die jüdischen Bräuche halten könne, wenn ein Judenchrist ihn in dieser Richtung beeinflußt hatte. Nur mußte dabei gelten, daß solche Bräuche für den Glauben belanglos und Sache der persönlichen Gewissensentscheidung seien. Justin mußte allerdings zugeben, daß andere Heidenchristen keinen so liberalen Standpunkt vertraten und der Meinung waren, daß diejenigen, die das Mosegesetz hielten, nicht zum Heil kommen könnten. Seit Irenäus wird das Judenchristentum nur noch als eine abweichlerische Sekte behandelt; man wußte nicht mehr, daß es diejenige Form des Christentums war, die am ehesten den Anspruch erheben konnte, die Tradition der Jerusalemer Urgemeinde fortzuführen. Die Selbstbezeichnung der Judenchristen war der aus dem Hebräischen abgeleitete Ausdruck „Ebioniten", „die Armen"; es handelt sich vermutlich um eine bewußte Anknüpfung an einen sehr alten Ausdruck, der durch die Paulusbriefe als eine fast technische Bezeichnung für die Christen von Jerusalem und Judäa bezeugt ist. Da einige von ihnen nie die Überlieferung von der jungfräulichen Geburt Jesu angenommen hatten, stellte Irenäus die Ebioniten mit anderen Häresien zusammen, die ebenfalls die Jungfrauengeburt bestritten. Bald darauf vertrat Tertullian die Annahme, daß sie sich von einem Manne namens Ebion herleiteten, und spätere antihäretische Autoren waren sogar in der Lage, aus Ebions angeblichen Schriften zu zitieren.

Die Begegnung mit dem römischen Imperium Ein römischer Prokurator hatte den Herrn wie einen gewöhnlichen Verbrecher zum Kreuzestod verurteilt. Aber er hatte dies nur 7 Siehe unten S. 8 1 .

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getan, um die Juden zu beschwichtigen, nicht weil er wirklich glaubte, daß Jesus ein Verbrechen gegen den römischen Staat begangen habe. So bestand noch Hoffnung auf eine Verständigung. Der Herr selbst hatte ja gesagt, daß es möglich sei, dem Kaiser loyal zu dienen und dabei doch Gott treu zu bleiben. Die Urgemeinde lehnte es ab, sich mit der jüdisch-nationalistischen Bewegung der „Zeloten" zu identifizieren. Die Jerusalemer Gemeinde hatte im Jahre 66, als die Widerstandsbewegung den Krieg eröffnete, die Stadt verlassen, und ihre Glieder wurden während des Bar-KochbaAufstandes unter Hadrian von 1 3 3 bis 1 3 5 wieder als potentielle Verräter verfolgt. Da sie sich zur Anerkennung der Heidenmission verpflichtet hatten, waren sie nicht zur Auflehnung gegen die heidnischen Behörden bereit, für deren Bekehrung sie beteten. Paulus, der die Doppelbürgerschaft von Tarsus und Rom besaß, betrachtete die römischen Beamten als die Diener der göttlichen Gerechtigkeit, die dem Verbrechen wehren. Und nach der ausdrücklichen Weisung des Herrn selbst zahlten die Christen gewissenhaft ihre Steuern. Die Heidenmission besaß höchstes Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und hatte nicht die geringste Neigung, sich in eine ablehnende Haltung zum Staat zu begeben. Schon in der Apostelgeschichte klingt der Gedanke an, daß das Imperium nach der Vorsehung Gottes ein Werkzeug zur Ausbreitung des Evangeliums werden könne. Spätestens um die Mitte des zweiten Jahrhunderts sah man in christlichen Kreisen in der Tatsache, daß Augustus die „Pax Romana" genau zu dem Zeitpunkt aufgerichtet hatte, als das Evangelium Christi vom erdumspannenden Frieden und guten Willen der Menschheit geschenkt wurde, Gottes Hand am Werk. Was an dem römischen Staat nicht in Ordnung war, war sein altes Heidentum. Aber man brauchte nur seine Religion zu ändern, dann würde alles gut sein. Das Reich war jedoch nicht bereit, die alten Götter aufzugeben, durch deren Gunst die Legionen die Welt erobert hatten. Philosophische Kritik mochte den Glauben vieler zerstört haben; Epikureer wie Lukrez konnten die Religion verurteilen, da sie auf der Furcht vor erdichteten Schreckgespenstern im Jenseits beruhe. Jedoch

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kein Mensch dachte daran, die praktischen Konsequenzen aus seinem Skeptizismus zu ziehen und eine gesellschaftliche Revolution einzuleiten. Die Verweigerung der Teilnahme am heidnischen Kaiserkult war nicht nur ein religiöser sondern auch ein politischer Akt, der leicht als gefährliche politische Unzuverlässigkeit ausgelegt werden konnte. Seite an Seite mit den offiziellen Kulten des Gott-Kaisers und der alten Lokalgottheiten, in denen gewöhnliche Bürger als Priester wirkten, gediehen die östlichen Mysterienreligionen, die zumeist ein Berufspriestertum besaßen. Die wichtigsten unter ihnen waren die Kulte der Isis (der ägyptischen Muttergottheit), des Mithras (des persischen Lichtgottes) und der düstere aus Anatolien stammende Kult des Attis und der Kybele. Diese Kulte besaßen eine überraschend große Anziehungskraft. Welche tiefen seelischen Erschütterungen durch die Einweihung in die exotischen Mysterien der Isis, der Mutter, die ihr heiliges Kind wie Maria nährte, ausgelöst wurden, kann man im letzten Buch des Goldenen Esel des Apuleius nachlesen. Der Mithrasdienst, eine asketische Religion nur für Männer, erfreute sich bei den Offizieren der Armee (aber nicht nur bei ihnen) besonderer Beliebtheit; man hielt in diesem Kult heilige Mahlzeiten, die der christlichen Eucharistie nicht unähnlich waren, und der Seele wurde nach dem Tod ein sicherer Weg durch den Herrschaftsbereich der sieben Planetengeister verheißen, die ihr den Aufstieg zur Milchstraße versperren. Aber der Mithraskult war keine Volksreligion. Der Kybelekult war durch seine sich selbst geißelnden Bettelpriester und durch seine öffentlichen Feiern vom 15. bis 27. März bekannt: nach einem Fasten und dem „Bluttag" (22. März), an dem Attis betrauert wurde, verwandelte sich in dem am 25. März stattfindenden Fest der „Hilaria", das die Auferstehung des Attis feierte, der Schmerz in Freude. (Es handelt sich um eine überraschende Parallele zur christlichen Karwoche und zum Osterfest8.) 8 Im vierten Jahrhundert bezichtigten heidnische Kritiker in diesem Punkt die Kirche des Plagiats. Bei beiden Festen wurde eine die ganze Nacht dauernde Vigilie mit Lichtern gefeiert.

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2.1

Kein heidnischer Kult schloß einen andern aus. Das einzige Hindernis, sich in viele Külte einweihen zu lassen, waren die hohen Kosten. Durch die Annahme, daß die verschiedenen Gottheiten entweder derselbe Gott unter verschiedenen Namen, oder daß sie örtliche Vertreter der einen höchsten Gottheit seien, vermochte man alle Kulte in eine lose Einheit zu bringen. Die römische Regierung tolerierte in der Praxis jeden Kult, vorausgesetzt daß er weder politischen Aufruhr förderte, noch die Moral untergrub. Man glaubte geradezu, daß eine der Ursachen für die militärischen Erfolge Roms die Tatsache sei, daß die Römer im Gegensatz zu anderen Völkern, die bloß ihre eigenen lokalen Gottheiten verehrten, alle Götter ohne Einschränkungen verehrten und deshalb für ihre Frömmigkeit belohnt worden seien. Den Gott der Juden zu assimilieren, der keine Bilder hatte, und dem Opfer nur im Tempel zu Jerusalem dargebracht wurden, fiel den Römern schwerer. Obwohl die Juden Monotheisten waren und in der Theorie alle anderen Religionen für verkehrt und für nichtig erklärten, wurden sie bis zum Aufstand der Jahre 66 bis 70 von den römischen Behörden mit merklicher Toleranz behandelt. Unter Augustus wurden ihnen Privilegien gewährt, die nach einer bedrohlichen Krise unter Caligula, der im Tempel von Jerusalem seine Statue aufstellen lassen wollte 9 , von Claudius erneuert wurden. Es schien keinen zwingenden Grund zu geben, warum die Christen nicht ebenfalls Toleranz genießen sollten. Zum ersten Konflikt mit dem Staat kam es durch einen unglücklichen Zufall, nicht auf Grund irgendeiner Prinzipienfrage von grundlegender Bedeutung. Im Jahre 64 richtete ein großer Brand in Rom erhebliche Verheerungen an. Nero, der sich so unpopulär gemacht hatte, daß er selbst der Brandstiftung verdächtigt wurde, fand in den Christen einen willkommenen Sündenbock. Der Historiker Tacitus, der etwa fünfzig Jahre später schrieb, glaubte nicht daran, daß die Christen zu recht der Brandstiftung angeklagt worden waren, sah aber freilich 9 Im Neuen Testament sind die Stellen Mark. 1 3 , 14; II. Thess. 2, 3 f. als Widerhall dieser Krise zu verstehen.

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auch keinen Schaden in der Hinrichtung einer verachtungswürdigen, asozialen Menschengruppe, die „durch ihre Schandtaten verhaßt w a r " - denn zu seiner Zeit, wenn nicht schon zu der Neros, herrschte im Volk die Meinung, daß die Christen bei ihren nächtlichen Zusammenkünftigen Inzest und Kannibalismus begingen. (Diese Anschuldigungen wurden wahrscheinlich aus christlichen Aussagen über die allgemeine Liebe und das Herrenmahl herausgesponnen). Die neronische Verfolgung war auf Rom beschränkt und war nicht durch einen tiefgreifenden ideologischen Konflikt zwischen Kirche und Staat ausgelöst worden; der Kaiser brauchte einfach jemanden, dem er die Schuld an dem Brand zuschieben konnte. Gleichwohl stellte'es einen Präzedenzfall dar, daß Richter Christen zum Tode verurteilt hatten, nur weil sie Christen waren, ohne daß eine andere Anklage vorgelegen hätte. Mit Unterbrechungen hielt der Druck auf die Kirche wahrscheinlich an, und ohne Zweifel gerieten viele Christen ins Wanken. Juden und Heiden, die unbehelligt Anhänger der Synagoge gewesen waren und dann zur Kirche übergetreten waren, müssen jetzt die Versuchung gespürt haben, zurückzukehren. Eine derartige Situation hat der anonyme Brief an die Hebräer vor Augen. Der Verfasser, augenscheinlich ein Glied des paulinischen Kreises, ermahnt die schwankende römische Gemeinde, in ihrer Uberzeugung von der Unterlegenheit des Judentums und der bleibenden Gültigkeit des christlichen Glaubens festzubleiben, da Christus der alleinige Sohn Gottes sei; er fordert die Gemeinde weiter auf, des Vorbildes ihrer einstigen Leiter zu gedenken und zu denen zu stehen, die jetzt diese Stellung innehaben; und er ruft die Adressaten auf, weiterhin für die eingekerkerten Brüder zu sorgen und aus dem Ausbleiben von Hinrichtungen Mut zu schöpfen. Unter Domitian (81-96) scheint die Lage wieder ernst geworden zu sein. Mit Ausnahme von Caligula und Nero hatten die Kaiser es bisher stets abgelehnt, sich von besonders enthusiastischen Untertanen als Götter verehren zu lassen. Doch Domitian war anderer Anschauung, er verlieh sich selbst den Titel „Herr und Gott" und neigte dazu jeden, der seine kultische Verehrung mit Mißtrauen

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2-3

betrachtete, des Hochverrates verdächtigen. Der gebräuchliche Eid „beim Genius des Kaisers" wurde offiziell verpflichtend gemacht. Es ist hinreichend belegt, daß dies zu einer Krise für die Juden führte. Und es ist wahrscheinlich (wenn auch nicht ganz sicher), daß die Kirche in nicht geringere Schwierigkeiten geriet. Nach dem Bericht des Historikers Cassius Dio, der im dritten Jahrhundert schrieb, wurden mehrere hervorragende Römer, die mit dem Judentum sympathisierten, des „Atheismus" beschuldigt; auf diesen Vorwurf hin wurde gegen Titus Flavius Clemens, der im Jahre 95 Konsul gewesen war, und seine Frau Domitilla die Anklage erhoben. Die christliche Überlieferung des vierten Jahrhunderts betrachtet Domitilla als Christin, und vielleicht ist Dios Wendung „Atheismus und jüdische Sympathien" nichts anderes als eine höfliche Umschreibung für Christentum 10 . Die Offenbarung des Johannes, die das götzendienerische, christenverfolgende Rom als das Weib in Purpur und Scharlach, trunken vom Blute der Heiligen, schildert, könnte die Spannung, die in dieser Zeit in den Gemeinden Kleinasiens herrschte, widerspiegeln. Kaiser Trajan ( 9 8 - 1 1 7 ) wünschte nicht, daß aus seinem Kult ein verpflichtender Loyalitätstest gemacht wurde, und so ging die Krise vorüber. Trotzdem bat um 112. Plinius der Jüngere, der Statthalter der kleinasiatischen Provinz Bithynien, Trajan um Richtlinien für das gegenüber Christen einzuschlagende Verfahren. Sein Brief ist sehr aufschlußreich. Es geht aus ihm hervor, daß das Christentum in Bithynien weit verbreitet war, und zwar nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Lande; die heidnischen Tempel standen leer, und das Fleisch der Opfertiere war praktisch unverkäuflich geworden. Damit waren lokale Interessen getroffen worden, und man wurde bei Plinius vorstellig, der daraufhin einige Christen, die nicht 10 Eine andere Persönlichkeit von hohem Rang, Acilius Glabrio, Konsul im Jahr 91, wurde auf Grund derselben Anklage hingerichtet - aber auch auf Grund der andern, daß er als Gladiator gekämpft habe. Das grausame Morden der Gladiatorenkämpfe war der Kirche ein Greuel; aber es läßt sich vorstellen, daß Glabrio soviel Interesse am Christentum bekundet hatte, daß er Domitian damit eine Angriffsfläche bot.

2.4

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römische Bürger waren, hinrichten ließ, während er andere, die das Bürgerrecht besaßen, in Gewahrsam nahm, um sie zum Prozeß nach Rom zu schicken. Plinius wußte, daß es Präzedenzfälle für die Hinrichtung von Christen gab, und hatte ohne Zögern gehandelt; aber er war sich nicht darüber klar, worin ihr Vergehen eigentlich bestand. Er fragte bei Trajan an, ob schon das bloße Bekenntnis zum Christentum an sich strafbar sei, oder ob die Christen nur für die Schandtaten, die mit dem Christennamen in Verbindung standen, zu bestrafen seien; ob bei sehr jungen oder kranken Menschen eine Milderung der Strafe angebracht sei; und ob jemand, dessen Christentum nachgewiesen sei, sein Vergehen durch einen Widerruf gutmachen könne. Plinius machte sich kein Gewissen aus den Hinrichtungen, da die Beschuldigten hartnäckig abgelehnt hatten, zu widerrufen, was noch viel schlimmer war als Christ zu sein. Aber die Folge war ein lästiges Anwachsen der Anzeigen gewesen, nicht nur durch einen Denunzianten, sondern auch durch eine anonyme Schrift. Bei einem Verhör hatten die jetzt Angeklagten entweder ganz geleugnet, daß sie Christen seien, oder sie gaben wohl zu, daß sie in der Vergangenheit Christen gewesen seien (in einigen Fällen lag dies zwanzig Jahre zurück), verneinten aber, daß sie es noch seien und bewiesen dies, indem sie vor den Bildern des Kaisers und der Götter Weihrauch und Wein opferten und Christus verfluchten. Diese Befragungen abgefallener Christen führten jedoch zu dem unbefriedigenden Ergebnis, daß keine Greuel verübt wurden. Die Angeklagten erklärten, daß es ihr gewöhnlicher Brauch gewesen sei, an einem bestimmten Tage (zweifellos ist der Sonntag gemeint) vor Tagesanbruch an einer Zusammenkunft teilzunehmen, bei der sie Christus als einem Gott ein Lied sangen und einen Schwur ablegten (vielleicht ein Taufversprechen?), kein Verbrechen zu begehen, sondern sich seiner zu enthalten. Danach gingen sie auseinander, trafen sich aber später wieder zum Essen, wobei sie nicht ein geschlachtetes Kind sondern gewöhnliche Speise verzehrten. Dieses Gemeinschaftsmahl hatten sie auf eigenen Antrieb eingestellt, als Plinius ein kaiserliches Edikt veröffentlichte, das Geheimgesellschaften unter Verbot stellte. Beunruhigt durch die Entdeckung, daß das

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Christentum so harmlos in Erscheinung treten konnte, hatte Plinius zwei Diakonissen auf der Folter peinlich befragt; er fand aber nur „verkehrten, schwärmerischen Aberglauben", nichts Verwerfliches. Doch zuletzt, so meinte er, hatte sein hartes Vorgehen sich als richtig erwiesen: Die Bevölkerung war in die Tempel zurückgekehrt. Die Antwort Trajans an Plinius zeigt das Bestreben, die Angelegenheit nicht zu ernst zu nehmen. Plinius sei, so meinte Trajan, vernünftig vorgegangen, doch solle er anonymen Anzeigen keine Beachtung schenken und auch von sich aus keine allgemeine Untersuchung durchführen. Wenn durch eine verantwortliche Einzelperson eine ordnungsgemäße Anklage eingebracht würde (die nach römischen Recht auf den Kläger selbst zurückfiel, wenn seine Beschuldigungen sich als verleumderisch herausstellten, weshalb man mit Anklagen wegen Kapitalverbrechen sehr vorsichtig war), so könne der wegen Christentum Angeklagte vor Gericht gestellt und, wenn schuldig befunden, bestraft werden. Wenn er jedoch, so fügte Trajan hinzu, zeige, daß er kein Christ sei, indem er den Göttern Gebete darbringe, so könne er freigelassen werden, was immer er in der Vergangenheit getan haben möge. Die Hauptfrage des Plinius ließ Trajan unbeantwortet. Aber es war zumindest klar, daß der Kaiser die Christen nicht für gefährlich hielt. Trajans Bescheid wurde um 1Z3 von Hadrian in einem Brief an den Prokonsul Minucius Fundanus in Ephesus im wesentlichen bestätigt. Die Behörden hatten jetzt festgestellt, daß die Christen rechtschaffene Leute waren, aber von einer unerklärlichen Feindseligkeit gegenüber der alten religiösen Uberlieferung und so hartnäckig in ihren Uberzeugungen, daß sie sich jede Sympathie verscherzten und Toleranz ausgeschlossen war. Christsein blieb ein Kapitalvergehen, und mehrere Christen erlitten im zweiten Jahrhundert den Märtyrertod: die Bischöfe Ignatius von Antiochien, Telesphorus von Rom, Polykarp von Smyrna und der „christliche Philosoph" Justin, der zwischen 162, und 168 in Rom hingerichtet wurde. Im Jahre 1 7 7 brach eine grausige Verfolgung gegen die Christen von Lyon und Vienne im Rhonetal los, bei der es zu brutalen Gewalttaten kam. Der Kaiser Mark Aurel hatte angeord-

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net, daß die festgenommenen Christen zu Tode gefoltert werden sollten, und die raffiniertesten Grausamkeiten kamen zur Anwendung. Die Masse war jederzeit bereit zu glauben, daß Katastrophen wie Überschwemmungen, Mißernten oder Barbareneinfälle das Mißfallen der Götter darüber zum Ausdruck brächten, daß sie unter dem Einfluß des christlichen „Atheismus" vernachlässigt würden. Tertullian bemerkt sarkastisch: „Wenn der Tiber über die Ufer tritt oder die Nilüberschwemmung ausbleibt, so ertönt der Ruf: ,Die Christen vor den Löwen.' Alle vor einen einzigen Löwen?" Die vulgären Anschuldigungen des Inzestes oder Kannibalismus verstummten nur langsam. Noch in der Mitte des dritten Jahrhunderts, zu einer Zeit, als die Hauptlehren des Christentums allgemein bekannt und Gegenstand der öffentlichen Diskussion waren, konnte man sittlich hochstehende Heiden treffen, die noch immer an die Geschichten von heimlichen Ausschweifungen glaubten. Aber die Verfolgung dauerte weder ununterbrochen an, noch wurde sie systematisch durchgeführt. Sowohl Trajan als auch Hadrian hatten die Provinzstatthalter davon abgehalten, irgendeine persönliche Initiative zu ergreifen. Es hing viel von privaten Denunzianten ab, und es blieb den einzelnen Statthaltern überlassen, nach eigenem Ermessen gegen die Christen vorzugehen, wobei viele sich wie Gallio verhielten, der „über diese Dinge nicht Richter sein wollte" (Apostelgesch. 18,15). Einige Provinzstatthalter gewährten der Kirche geradezu Schutz, und dankbare Christen glaubten, daß sie trotz ihres Heidentums im Jenseits belohnt werden könnten. Seit dem Ende des zweiten Jahrhunderts drang das Christentum immer stärker in die höheren Gesellschaftsklassen ein, und mehr als ein Mann in hoher Stellung konnte es erleben, daß er nachts aufwachte und zu seiner peinlichen Betroffenheit feststellen mußte, daß seine Frau verschwand, um an nächtlichen Gottesdiensten und Gebeten teilzunehmen. Marcia, die Konkubine des Kaisers Commodus (180-192), war Christin und konnte für die römische Gemeinde ein beträchtliches Maß an Erleichterungen erwirken 11 . Da die ersten 1 1 Siehe unten S. 96.

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Verfolgungen begrenzt waren, hemmten sie die Ausbreitung des Christentums nicht ernstlich, sondern hatten im Gegenteil die Wirkung, daß sie der Kirche ein Maximum an Publizität verschafften. Tertullian stellte fest, daß „das Blut der Märtyrer der Same der Kirche" sei. Viele der frühen Märtyrerberichte besitzen einen Zug von Heroismus. Sie zeigen aber auch die besonderen, subtilen Versuchungen, denen die Märtyrer ausgesetzt waren. Nicht alle waren im Stande, sich zu der an Christus gemahnenden Haltung des Stephanus zu erheben, der dem Vorbild seines Herrn darin folgte, daß er für seine Mörder um Vergebung betete. Justizmord ist niemals leicht zu ertragen, und die Märtyrer suchten zeitweilig Genugtuung in der Vorstellung, daß sie in der zukünftigen Welt gerächt werden würden oder daß es' sogar zur himmlischen Seligkeit gehören werde, dem Schauspiel zuzusehen, wie jene Männer, die hier auf Erden Akte schreiender Ungerechtigkeit gegen die Christen verübt hatten, ihre wohlverdiente Strafe empfingen. Überdies führte die Uberzeugung, daß der Märtyrertod den unmittelbaren Zugang zum Paradies garantiere und die Siegerkrone verleihe, verbunden mit einer düsteren Beurteilung des römischen Reiches als politischer Institution, bei überenthusiastischen Gläubigen zu einer Tendenz, die Behörden zu provozieren. In erster Linie galt dies von den Montanisten, 12 die besonders dazu neigten, Zurückhaltung mit Feigheit und moralischem Kompromißlertum gleichzusetzen. Hitzköpfe, die die Behörden herausforderten, wurden von der Kirche bald als bloße Selbstmörder angesehen, die nicht verdienten, als Märtyrer anerkannt zu werden. Als die privaten Gedächtnisfeiern für die Märtyrer von der Mitte des dritten Jahrhunderts an Eingang in die offizielle, öffentliche Liturgie der Kirche zu finden begannen, mußte eine Kontrolle ausgeübt werden, und die Ansprüche jedes einzelnen Märtyrers wurden einer genauen Prüfung unterworfen. Trotzdem ergaben sich immer noch Schwierigkeiten, vor allem weil es verschiedene Auslegungen des Begriffs Provokation gab. Ignatius von Antiochien, der vor 1 1 7 in Rom als Märtyrer starb, war ein Mann 12. Siehe unten S. 54 f.

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Von Jerusalem bis Rom

von leidenschaftlicher Frömmigkeit. Wenn er darum bat, die einflußreichen römischen Christen sollten keinen Versuch unternehmen, seine Freilassung zu erwirken, um ihn nicht darum zu bringen, in der Gemeinschaft seines Herrn zu leiden, so konnte dies leicht in eine Haltung übergehen, die einem Richter als provozierend erscheinen mußte. Ein Freund des Ignatius, Bischof Polykarp von Smyrna, der im Alter von 86 Jahren nicht lange nach der Jahrhundertmitte das Martyrium erlitt (die Zeugnisse für das Datum widersprechen sich) 13 , wurde aus dem besonderen Grund als Vorbild hingestellt, daß er nichts unternahm, um die Behörden herauszufordern, sondern ruhig auf das Kommen der Häscher und auf seine Verhaftung wartete. Kaiser Mark Aurel, der als Stoiker den Selbstmord für ethisch einwandfrei hielt, fand, daß man ihn mit Geschmack vollziehen müsse, „nicht in theatralischem Geist wie die Christen". Doch gab es auch Versuchungen in der entgegengesetzten Richtung. Einige Christen, die von den radikal spiritualistischen Tendenzen des gnostischen Dualismus 14 beeinflußt waren, machten geltend, daß die heidnischen Götter nicht einmal Dämonen seien, sondern daß sie überhaupt nicht existierten; es sei also gänzlich belanglos, ob man Götzenopferfleisch esse (vgl. I. Kor. 8) oder ob man zu Ehren des Kaisers Weihrauch opfere. Es handle sich um bloße Formalitäten, und rein äußerliche Handlungen berührten die innerliche Frömmigkeit des Herzens nicht. Durch einen bloßen Akt des Respekts und der Loyalität könne man sein Gewissen nicht beflecken. Die meisten Christen, die im zweiten Jahrhundert so dachten, waren Angehörige gnostischer Sekten. Aber in Spanien gab es im Jahre 300 Christen, die im Kaiserkult fröhlich das vor1 3 Eusebius von Caesarea setzt das Martyrium Polykarps 167/68 an. Eine späte Notiz, die dem Bericht über das Martyrium angehängt ist, datiert es „im Prokonsulat des Statius Quadratus", d. h. wahrscheinlich 155/56. Dieses frühere Datum läßt sich trotz der schlechteren Bezeugung besser mit dem erhaltenen Briefwechsel Polykarps mit Ignatius von Antiochien und mit der Aussage des Irenaus vereinen, daß Polykarp Johannes in Ephesus gekannt habe. 14 Siehe unten S. 37.

Die Begegnung mit dem römischen Imperium

2.9

nehme A m t des flamen bekleideten. Sie bereiteten mehr puritanisch gesinnten Brüdern großen Kummer. Zeitweilig gerieten selbst die ernstesten orthodoxen Gläubigen in die Versuchung zu überlegen, ob sie nicht verschrobene Käuze seien, die f ü r Nichtigkeiten starben, und sich zu fragen, wann denn wirklich der Punkt erreicht sei, an dem sie keine Kompromisse mehr schließen könnten. Z w i schen den beiden Extremen von Provokation und Kompromiß standen viele, etwa die zwölf einfachen Christen von Scillium in N o r d afrika, die am 1 7 . Juli 1 8 0 in Karthago verurteilt wurden. Der Bericht von ihrem Prozeß hinterläßt einen tiefen Eindruck von ehrlichem Protest und moralischer Integrität. Dasselbe gilt von den prokonsularischen Akten Cyprians oder dem Protokoll von Justins Prozeß in R o m . Der sporadische Charakter der Verfolgungen, die oft von lokalen Verhältnissen abhingen, und die Tatsache, daß die Regierung vor dem dritten Jahrhundert das Christentum nicht ernst nahm, gewährten der Kirche eine Atempause, in der sie sich ausbreiten und mit kritischen inneren Problemen fertigwerden konnte.

2. Kapitel GLAUBE UND KIRCHENVERFASSUNG Die Bande der Einheit Die Einheit der zerstreuten christlichen Gemeinden beruhte auf einer doppelten Grundlage - auf dem gemeinsamen Glauben und auf den gemeinsamen Grundsätzen, nach denen sie Leben und Gottesdienst ordneten. Die Christen nannten sich untereinander „Bruder" und „Schwester". Trotz aller Unterschiede von Rasse, sozialer Stellung oder Bildung fühlten sie sich im entscheidenden Punkt verbunden: in der Treue zu Jesu Person und Lehre. Die Form des Gottesdienstes erhielt ihren ganzen Sinn aus der Beziehung zum Herrn. Der Taufritus, durch den man in die Kirche aufgenommen wurde, war sowohl eine Gedächtnisfeier für den Augenblick, als Jesus am Jordan vom Geist erfüllt wurde, der ihn seinen Auftrag erkennen ließ, als auch eine ein für allemal gültige Absage an das Böse, die Paulus in einem großartigen Bild als „Begrabenwerden mit Christus" beschrieb. Jeden Sonntag versammelte sich die Gemeinde zur „Danksagung", wobei die Getauften in einem heiligen Mahl Brot aßen und Wein tranken; man nannte dies „den Leib Christi essen" und „das Blut Christi trinken". Die Teilnahme am heiligen Mahl wurde in so hohem Maße als der wesentliche Ausdruck der Mitgliedschaft in der Gemeinschaft empfunden, daß allen, die durch Krankheit oder Kerkerhaft abwesend waren, Stücke des gebrochenen Brotes gebracht wurden. Ein ernsthaftes moralisches Vergehen hatte den Ausschluß vom Mahl zur Folge, entweder für immer oder wenigstens für eine bestimmte Zeit. Doch nahmen die solcherart Ausgeschlossenen zusammen mit den noch nicht Getauften, die „in der Unterweisung standen" (katechumenoi), weiter am ersten Teil des Gottesdienstes teil, der aus Psalmen, Lesungen und

Die Bande der Einheit

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Gebeten bestand. Die Büßer beteten darum, daß ihnen durch die Fürbitte der Gläubigen Erbarmen für ihre Vergehen gewährt werden möge. Die Entscheidung darüber, welche moralischen Vergehen den Ausschluß nach sich zogen und welche nicht, und wenn ja, auf welche Dauer, war ein seelsorgerliches Problem, das bis tief ins dritte Jahrhundert hinein die führenden Männer der Kirche lebhaft beschäftigte. Nicht weniger schwierig war die dornige Frage, ob und an welchem Punkt gegen Abweichungen der Lehre eingeschritten werden solle. Die Übersetzung des Evangeliums in die religiöse Sprache der hellenistischen Welt war eine höchst komplizierte Aufgabe, die größtes Feingefühl und Verantwortungsbewußtsein verlangte, wenn seine Struktur nicht verändert werden sollte. Die Missionare in der heidnischen Welt redeten nicht in ein Vakuum, sondern zu Menschen mit ganz bestimmten Vorurteilen und Erwartungen. In dem Augenblick, in dem die Missionare aus dem Umkreis der Synagogen der jüdischen Diaspora und ihrer mit ihnen lose verbundenen heidnischen Anhänger hinaustraten, befanden sie sich in einer zwielichtigen Welt, in der heidnischer Synkretismus, Magie und Astrologie herrschten. Selbst die offensichtlich exklusive jüdische Religion war in das lockere Gemisch des Polytheismus aufgenommen worden, indem man den Gott der Juden mit Dionysos oder (da sie den Samstag ehrten) mit Saturn gleichsetzte. Die heidnische Welt war vertraut mit den Mythen großer Heroen wie Herakles oder Asklepius, die als Lohn für ihre Verdienste zu göttlichem Rang erhoben worden waren. Die Christen aber setzten die Welt mit der unerhörten Behauptung in Erstaunen, ihr göttlicher Erlöser sei erst kürzlich von einer Frau in Judäa geboren worden, er sei unter Pontius Pilatus gekreuzigt worden und sei wieder auferstanden, und er werde am Ende (das sie in der nahen Zukunft erwarteten) die Welt richten. Dies alles wäre für antikes Denken weniger überraschend gewesen, hätte man die Geschichte nur von ihrer historischen Verankerung loslösen und als den kosmischen oder psychologischen Mythos eines esoterischen Mysterienkults deuten können. 3

Chadwick, Die Kirche

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Glaube und Kirchenverfassung

Die Gnosis Bei den von ihm bekehrten Heiden stieß Paulus bald auf theologische Tendenzen, die er nicht guthieß und die eine taktvolle, aber doch bestimmte Korrektur erforderten. In Korinth war eine Aristokratie von Pneumatikern geneigt, sich damit zu brüsten, daß sie über höhere Weisheit und tiefere mystische Erfahrungen verfügte, als ihre Brüder oder sogar der Apostel selbst sie besaßen. In dem Glauben, daß sie selbst schon vollkommen seien, betrachteten sie ihre Mitchristen als Menschen niedrigeren Ranges, die sich nicht zu den Höhen ihrer eigenen übernatürlichen Erfahrungen aufgeschwungen hatten. Sie waren auch Dualisten und glaubten, daß der Geist alles, der Leib nichts (wenn nicht eigentlich böse) sei. Dieser Glaube hatte unmittelbare moralische Konsequenzen. Einige Korinther zogen die Folgerung, daß physische Akte moralisch indifferent seien; ermutigt durch die Lehre des Paulus von der Freiheit vom Gesetz und überzeugt, in den Sakramenten eine magisch wirksame Garantie der Seligkeit zu besitzen, die ihnen automatisch zufallen müsse, verfielen sie dem Libertinismus. Eine rivalisierende Gruppe vertrat extrem asketische Auffassungen, so daß Männer und Frauen sich gegenseitig die ehelichen Rechte vorenthielten und Verlobte auf den Vollzug der Ehe verzichteten. Aus diesem Dualismus ergab sich, daß die Vertreter dieser Richtung die grob materialistisch wirkende hebräische Lehre von der Auferstehung des Leibes verwarfen und die platonische Auffassung von der Unsterblichkeit der Seele bevorzugten. Auf keinen Fall konnte die Auferstehung denen, die schon vollkommen waren, eine höhere Vollendung bringen. Das Essen von Götzenopferfleisch hielten sie für harmlos, da sie von der Nichtexistenz der Heidengötter überzeugt waren. In Kolossae in Kleinasien begegnete Paulus einer gefährlicheren Häresie, einer synkretistischen Verschmelzung des Christentums mit theosophischen Elementen, die teils den Mysterienkulten, teils

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einem heterodoxen Judentum entlehnt waren. Die Irrlehrer verbuchten die Christen von Kolossae dazu zu bringen, zwischen Gott und Welt stehende Engelmächte zu verehren, die sie mit den Himmelskörpern identifizierten, und die angeblich die auch vom Evangelium nicht gebrochene Macht besaßen, das menschliche Schicksal zu bestimmen. Sie legten ihren Anhängern besondere Zeremonien und strenge asketische Praktiken auf und begingen auch Feste des jüdischen Kalenders. Beide Formen der Häresie, die von Korinth und die von Kolossae, gehören zu der größeren Strömung, die gewöhnlich als „Gnosis" bezeichnet wird, eine geistige Bewegung, die zu einem ungeheuern Problem und einer höchst gefährlichen Bedrohung für die Kirche wurde, als die erste christliche Führergeneration mit ihrer hohen persönlichen Autorität dahingegangen war. Gnosis ist ein Gattungsbegriff, der in erster Linie zur Bezeichnung theosophischer Ausgestaltungen des Christentums gebraucht wird, die von einem Dutzend oder mehr rivalisierenden Sekten propagiert wurden, die sich zwischen 80 und 1 5 0 von der frühen Kirche lösten. Das Wort wird oft auch in einem viel weiteren und vageren Sinne verwendet und bezeichnet dann eine verschwommene, synkretistische Religiosität, die in der levantinischen Welt weit verbreitet war und die unabhängig vom Christentum und schon vor ihm existierte. Hinter diesem doppelten Wortgebrauch verbirgt sich eine komplizierte und umstrittene wissenschaftliche Frage: Hat es eine vorchristliche Gnosis gegeben? Die Frage kann anders auch in folgender Weise gestellt werden: Waren die Häresien des zweiten Jahrhunderts das Ergebnis von Versuchen, fremde theosophische Elemente auf eine christliche Unterlage aufzupfropfen? Oder kamen diese Systeme so zustande, daß christliche Vorstellungen in ein vorgegebenes religiöses Ganze eingefügt wurden, das verschiedene Formen annehmen konnte und ebenso leicht Mithras, Attis oder jüdische Lehren assimilieren konnte, wie es Jesus aufnahm? Es ist unbestritten, daß ein großer Teil des Rohmaterials der Gnosis, das dem Piatonismus, einem hellenisierten Zoroastrismus oder dem Judentum entstammt, vor dem Christentum vorhanden war; aber es ist unwahrscheinlich, daß dieses Ma-

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Glaube und Kirdienverfassung

terial schon in vorchristlicher Zeit zu einem geschlossenen „Lehrsystem", das von einer oder mehreren Gruppen von Menschen in Raum und Zeit tatsächlich vertreten wurde, zusammengefaßt worden ist oder daß ein der christlichen Lehre stark ähnelnder Erlösungsmythos bereits weit verbreitet war. Der Terminus Gnosis ist das gängige griechische Wort für „Erkenntnis". Die Sekten des zweiten Jahrhunderts erhoben den Anspruch, eine besondere „Erkenntnis" zu besitzen, die über den einfachen Kirchenglauben hinausging. Aber in Wirklichkeit war ihre Erkenntnis nicht philosophischer oder intellektueller Art, sondern vielmehr ein Wissen um Wesen und Bestimmung des Menschen, insbesondere des gnostischen Menschen, das auf einer grandiosen Offenbarung über den Ursprung der Welt beruhte, die erklärte, wie das Böse entstanden sei und wie man die Befreiung von ihm erlangen könne. Das von den Gnostikern behauptete „Wissen" bestand aus einem Mythos über die Weltschöpfung, die als das Ergebnis einer präkosmischen Katastrophe gedeutet wurde; dieser Mythos gab die Erklärung für das gegenwärtige Elend des Menschenschicksals und zeigte den Weg, auf dem die kleine Zahl der Erwählten erlöst werden könne. Nach gnostischer Lehre tragen die Erwählten einen göttlichen Funken in sich, der in die Materie eingekerkert worden ist und die Erinnerung an seine wahre himmlische Heimat verloren hat. Der Inhalt des gnostischen Evangeliums ist der Versuch, die Seele aus ihrem schlafwandelnden Zustand zu wecken und ihr die erhabene Bestimmung, zu der sie berufen ist, bewußt zu machen. Die gegenwärtige materielle Welt betrachteten die Gnostiker als dem höchsten Gott und dem Guten gänzlich fremd und erklärten sie deshalb für die Schöpfung untergeordneter Mächte, die entweder unfähig oder geradezu böse waren. Die natürliche Ordnung der Dinge spiegelte schlechterdings nichts von der göttlichen Herrlichkeit und der unvergleichlichen himmlischen Schönheit wider, und der eingeweihte Gnostiker wurde gelehrt, keinerlei Verantwortung gegenüber der irdischen Welt anzuerkennen. Der Gnostiker vertrat eine Ethik der vollkommenen Freiheit von jedem Zwang und jeder Verpflichtung gegenüber Gesellschaft und Staat, von

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denen er denkbar pessimistische Anschauungen besaß. Die Welt stand unter der ehernen Kontrolle böser Mächte, deren Wohnsitz die sieben Planeten waren, und nach dem Tode hatte die auserwählte Seele eine gefahrvolle Reise durch die Planetensphären zurück in ihre himmlische Heimat vor sich. Deshalb wurde viel Zeit auf das Einprägen der korrekten magischen Losungsworte und Belehrungen über die wirksamsten Amulette verwendet, die die erlöste Seele instandsetzen sollten, die unheimlichen Mächte, die den Aufstieg versperrten, zu zwingen, ihr die Tore zu öffnen und sie weiter zum Lichtreich emporsteigen zu lassen. Die rivalisierenden Sekten, die sich untereinander ebensosehr haßten, wie sie die Großkirche ablehnten, boten verschiedene Namen und Losungsworte an, die man sich einzuprägen hatte, wobei jede Gruppe beanspruchte, die authentischen Formeln zu besitzen, die allein den erfolgreichen Aufstieg der Seele verbürgten. Die Mythen der verschiedenen Sekten wichen in den Einzelheiten weit voneinander ab, doch läßt sich ein gleichbleibendes Grundschema erkennen. Die gnostische Ethik jedoch konnte eine von zwei möglichen Gestalten annehmen, die beide auf der völligen Abwertung der natürlichen Welt beruhten, die ja mit Gott nichts zu tun hatte. Die Mehrheit der Sekten forderte ein asketisches Leben und Abtötung des Fleisches; vor allem verboten sie die Ehe (oder wenigstens die Fortpflanzung), damit die göttliche Seele von den Fesseln der Sinne und körperlichen Triebe frei werden und sich leichter zu Höherem hinwenden könne. Aber einige Gruppen zogen aus der grundlegenden Voraussetzung der Weltfeindschaft die entgegengesetzte Folgerung und feierten ausschweifende Orgien, die berüchtigt waren. (Im Neuen Testament warnt der Judasbrief vor einer gnostischen Gruppe, die dieAgape, das Liebesfest, mit zügellosen Ausschweifungen beging). Die Gnostiker der libertinistischen Richtung beriefen sich gerne auf die Lehre des Paulus, daß der Christ frei vom Gesetz sei und als Sohn des Gottesreiches unter der Gnade lebe, und als Leute von Geschmack und feiner Bildung beriefen sie sich für ihre religiöse Erotik auf Piatons Gastmahl, nach dessen Lehre die Liebe mystische Gemeinschaft mit Gott sei. 3*

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Glaube und Kirchenverfassung

Die Kosmogonie des platonischen Timaeus und die ersten Kapitel der Genesis lieferten fast zu gleichen Teilen das Material für den gnostischen Mythos. Eine tiefe Faszination übte auf die Phantasie der Gnostiker die Geschichte vom Fall Adams und Evas aus. Den Fall Evas deutete man symbolisch auf eine präkosmische Katastrophe, in der eine weibliche Kraft, die „Mutter", von dem ihr von Gott vorgezeichneten Pfade abirrte. Die Geschichte konnte auch zu aufregenden Spekulationen über die Rolle der Schlange Anlaß geben: die Ophiten (d. h. Schlangenverehrer) behaupteten, daß die Schlange eine gute Kraft sei, da Adam und Eva durch sie zur Erkenntnis von Gut und Böse gelangt seien. Die Schlange war der Leviathan, der als Symbol der Ewigkeit mit dem Schwanz im Maul den Kosmos umschlingt und der den untergeordneten Schöpfergott und seinen Sohn Jesus (den die Ophiten in ihrem Gottesdienst feierlich verfluchten) überlistet hat. Abgesehen von der Genesis war das wichtigste Gedankengut, das die Gnosis vom Judentum übernahm, eine umgestaltete Apokalyptik. Die jüdische Apokalyptik malte die gegenwärtige Welt in düsteren Farben als den Zankapfel, um den gute und böse Engelheere miteinander stritten, und als den Schauplatz eines in der Zukunft erwarteten dramatischen göttlichen Eingreifens, das die Erwählten Gottes erlösen würde. Die meisten Gnostiker schieden aus diesem Weltbild die historischen und buchstäblich zu verstehenden Elemente aus und deuteten die apokalyptische Schau der Welt unter dem Bild von Harmaggedon entweder in einen Mythos über die Weltentstehung oder über innere psychologische Erfahrungen um. Der wichtigste Inhalt, den die Gnosis vom Christentum übernahm, war der zentrale Erlösungsgedanke. Aber nicht alle Sekten des zweiten Jahrhunderts sahen in Jesus den Erlöser. Bei den Samaritanern erhob eine volkstümliche Form der Gnosis Simon Magus zum Erlöser. In einem andern System erscheint der griechische Heros Herakles als der hauptsächliche Heilsbringer, und Jesus spielt nur eine ganz untergeordnete Rolle. Auch in denjenigen Sekten, die dem rechtgläubigen Christentum am nächsten standen, etwa in den Gruppen, die der Ägypter Basilides oder der Platoniker

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Valentin von Rom gegründet hatten, erforderte die gnostische Vorstellung von der Materie als einem dem höchsten Gott fremden Stoff die Ablehnung jeder echten Inkarnation. Der göttliche Christus mochte den blinden Weltkindern so erschienen sein, als wäre er greifbares Fleisch und Blut, aber die Besitzer höherer Einsicht erkannten, daß er reiner Geist gewesen war und daß seine leibliche Erscheinung nur eine optische Täuschung und bloßer Schein gewesen war (dokesis; danach wird diese Lehre als Doketismus bezeichnet). Es war für die Gnostiker undenkbar, daß der göttliche Christus in irgendeinem Sinn wahrhaftig „im Fleisch" erschienen sein könne. Jesus erschien den Menschen in verschiedener Gestalt, die sich nach dem geistlichen Fassungsvermögen jedes einzelnen richtete. Die leidenschaftliche Überzeugung, daß nur ein Erlöser aus der göttlichen Welt das Heil habe bringen können, führte die Gnostiker dazu, die natürliche Welt ihrem moralischen Wert nach so unendlich weit vom höchsten Gott abzurücken. Fatalistische, aus populärer Astrologie und Magie übernommene Gedanken durchdrangen sich mit Vorstellungen, die dem paulinischen Prädestinationsdenken entnommen waren, und ergaben zusammen ein streng deterministisches Schema. Die Erlösung folgte aus Vorherbestimmung und richtete sich nicht nach den Leistungen verantwortlichen Handelns; sie wurde nur dem prädestinierten Erwählten geschenkt, der allein den göttlichen Funken in sich trug. Valentin modifizierte die Einteilung der Menschheit in Licht und Finsternis, indem er zwischen den beiden Extremen etwas grauem Zwielicht Raum gab. Er ließ sich von dem Satz des Paulus (I. Thess. 5,2.3) leiten, daß der Mensch aus Geist, Seele und Leib bestehe, und übertrug diese Dreiteilung sowohl auf die Menschheit als auch auf den ganzen Kosmos. Die eingeweihten Gnostiker sind die Geistesmenschen, die Erwählten, deren Heil gewiß und unverlierbar ist. Die gewöhnlichen Kirchenchristen, die Glauben, aber keine „Erkenntnis" besitzen, bilden die Klasse der Psychiker, während die Heiden bloße Erdklöße ohne den blassesten Lichtstrahl oder auch nur die schwächste Hoffnung auf Erlösung sind. Valentin gestattete seinen Anhängern, die Hoffnung



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zu hegen, daß den Psychikern im Jenseits ein bescheidenes Maß an beschränkter Seligkeit geschenkt werden würde. Doch sind die Menschenklassen von Ewigkeit vorherbestimmt. Der natürliche Mensch ist seiner Veranlagung nach unfähig, die höheren Wirklichkeiten des Geistes zu erkennen. Eine weitere Folge der gnostischen Abwertung der Schöpfung war die Geringschätzung des Alten Testaments. In diesem Zusammenhang wurde die paulinische Entgegensetzung von Gesetz und Evangelium gründlich ausgenützt. Die Gnostiker stellten gerne den Gott des Alten Testamentes als den Gott der Gerechtigkeit, dessen Grundsatz Auge um Auge und Zahn um Zahn lautet, dem von Jesus verkündigten liebenden Vater gegenüber. Dieser Gegensatz wurde besonders von Marcion herausgearbeitet, einem Theologen, der darin ganz abseits vom Hauptstrome der Gnosis stand, daß sein Denksystem keine Spekulationen über die Weltentstehung oder die Namen der Engel enthielt, der aber durch seine konsequente Ablehnung des Alten Testaments der radikalste und für die Kirche gefährlichste Häretiker war. Marcion kam aus Kleinasien nach Rom, wo ihn die dortige Gemeinde im Jahre 144 exkommunizierte. Er schrieb ein Buch, das den Titel Antithesen trug (vielleicht spielt I. Tim. 6,20 darauf an), in dem er die Widersprüche zwischen Altem und Neuem Testament zusammenstellte, um zu beweisen, daß der Gott der Juden, der Schöpfer dieser erbärmlichen Welt, ein ganz anderer Gott sei als der Vater Jesu. Von der Existenz dieses Gottes hatte die Welt keine Ahnung gehabt, bis plötzlich im fünfzehnten Jahre des Tiberius Jesus erschien und das Evangelium predigte. Es war undenkbar, daß der göttliche Erlöser von einer Frau geboren sein könne, und Marcion verwarf deshalb die Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu als eine Fälschung, die den ursprünglichen Bericht verdrängt habe. Marcions Angriff auf das Alte Testament beruhte auf zwei Axiomen: auf der Ablehnung der allegorischen Bibelerklärung und auf der Behauptung, daß die erste judenchristliche Generation die Verkündigung Jesu mißverstanden und falsch gedeutet habe. War die Allegorese ausgeschlossen, so enthielt das Alte Testament vieles,

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was anstößig wirken müßte. Der Judengott, so behauptete Marcion, war wankelmütig: nachdem er das Bilderverbot erlassen hatte, befahl er Moses, eine eherne Schlange aufzurichten. Er war unwissend: er mußte Adam fragen, wo er sei, und fuhr hinab nach Sodom und Gomorrah, um festzustellen, was dort vorging. Ferner war er als Schöpfer Adams für das Kommen des Bösen in die Welt verantwortlich. An einer Stelle des Alten Testaments bekennt Gott selbst: „Ich schaffe das Übel." Dazu paßte nur, meinte Marcion, daß er den blutdürstigen, ausschweifenden Banditen David so bevorzugte. Überdies war es dieser Schöpfer, der die erniedrigende Methode der menschlichen Fortpflanzung, die Unannehmlichkeiten der Schwangerschaft und die Qualen der Geburt erfunden hatte, worüber bloß nachzudenken Marcion schon mit Ekel erfüllte. Die marcionitische Gemeinschaft verwarf mit dementsprechender Strenge die Ehe, da diese den niedrigen Schöpfergott in seinem abstoßenden Geschäft unterstützte. Marcions Ablehnung der Allegorese machte jedes Argumentieren mit der Erfüllung der Prophetie unmöglich, denn die alttestamentlichen Propheten waren nicht von dem gütigen Vater Jesu inspiriert. Sie erwarteten einen nationalen jüdischen Messias, und ihr Gott war so beschränkt in seinem Sehvermögen, daß er ausgerechnet für das jüdische Volk eine besondere Vorliebe gefaßt hatte. In Marcions Beurteilung des Alten Testamentes klingt dauernd ein antisemitischer Nebenton mit. Die Behauptung, daß die ersten Christen ihren Meister mißdeutet hätten, war für Marcion deshalb notwendig, weil die neutestamentlichen Schriften offensichtlich den Zusammenhang zwischen Altem und Neuem Bund voraussetzten. Marcion folgerte, daß diese Dokumente erhebliche Verfälschungen durch die Judaisten erlitten hätten, über deren heimtückische Methoden Paulus im Galaterbrief klagt. Er machte sich deshalb an die Aufgabe, den ursprünglichen Text wiederherzustellen. Marcions Held war Paulus, aber auch in den paulinischen Briefen fand er Interpolationen und Änderungen von judaistischer Hand, die dem Interesse entsprungen waren, den Apostel sagen zu lassen, daß das Alte Testament götdiche Offenbarung enthält. Auch hier mußte getilgt und wiederhergestellt werden.

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Im Falle der Evangelien konnte Marcion es sich leichter machen. Et nahm als selbstverständlich an, daß nur ein Evangelium maßgebend sein könne, und kam zu der Überzeugung, daß dies das Lukasevangelium sein müsse. Aber so wie der Text des Lukas vorlag, zeigte er, daß er in jeder Hinsicht den Wert der alttestamentlichen Offenbarung anerkannte und die Kontinuität des Evangeliums mit dem einst zu Moses und den Propheten gesprochenen Gotteswort voraussetzte. Auch dieser Text war also von den Judaisten verfälscht worden. Außerdem, so glaubte Marcion, war der ursprüngliche Text das Werk des Paulus selbst, und er unternahm es deshalb, den authentischen Wortlaut des Evangeliums des Paulus herzustellen, wie er gelautet hatte, ehe verständnislose Freunde und Jünger ihn geändert hatten. Marcion wurde damit der erste christliche Theologe, der einen Kanon biblischer Bücher aufstellte, der das gesamte Alte Testament und große Teile des Neuen ausschloß, wobei Marcion von der grundlegenden Annahme ausging, daß die zwölf Apostel nicht genügend Einsicht besessen hätten, um Jesu wahre Absicht zu erfassen. Valentin verfuhr mit der Bibel ganz anders. Er verwarf die Allegorese nicht, die seiner platonischen Denkweise zutiefst angemessen war. Einige Valentinianer unterschieden im Alten Testament zwischen denjenigen Teilen, die unmittelbar von Gott inspiriert waren, Abschnitten, die Moses als Konzession an die Herzenshärtigkeit der Menschen eingefügt hatte, und einer dritten Gruppe von Stücken geringeren Wertes, die von den jüdischen Ältesten eingefügt worden waren und keine Autorität besaßen. Aber die Valentinianer besaßen weder ein besonderes Interesse daran, den Wert des Alten Testamentes herabzusetzen, noch äußerten sie die geringste Kritik an den ursprünglichen Aposteln Jesu. Die valentinianische Mythologie, so wurde behauptet, sei von Jesus im geheimen den Jüngern kundgetan worden, und diese hätten sie in esoterischer mündlicher Überlieferung parallel zur öffentlichen Unterweisung der Kirche weitertradiert.

Das Amt und die Bibel

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Das Amt und die Bibel Die grundlegende Schwierigkeit, die durch das Auftreten dieser Lehrer entstand, bestand darin, autoritative Normen zu finden, auf Grund deren man ihre Lehren widerlegen konnte. Mit einem Wort, das Zentralproblem war die Frage der Autorität. Welches war die richtige Auslegung des Alten und Neuen Testaments? Wer hatte jetzt die Lehrvollmacht der Apostel inne und konnte verwirrten Gläubigen klare Weisung erteilen? Wo konnte man verläßliche Auskunft: darüber erhalten, was die Apostel wirklich gelehrt hatten? Ignatius von Antiochien suchte zentrifugalen Tendenzen in der Gemeinde dadurch zu begegnen, daß er mit allem Nachdruck betonte, der Ortsbischof sei der Brennpunkt der Einheit; ohne ihn können die lebensspendenden Sakramente nicht gespendet werden. Ignatius gab dem eine sozusagen vertikale Begründung, indem er erklärte, daß der Bischof Gottes Vertreter auf Erden sei, ein irdisches Gegenbild des himmlischen Monarchen, so daß „wir den Bischof wie den Herrn selbst ansehen müssen". Eine Begründung des kirchlichen Amtes, der längere Dauer beschieden sein sollte, kam aus Rom. Gegen Ende des ersten Jahrhunderts kam es in der Gemeinde von Korinth zu einem Aufstand; der alte Klerus wurde abgesetzt und neue Männer traten an dessen Stelle. In tiefer brüderlicher Sorge sandte die römische Gemeinde einen formellen Protestbrief nach Korinth, der Erfolg hatte. Der Verfasser war Clemens, vermutlich der leitende Presbyter oder Bischof der Gemeinde. Der Brief, der mit höchster Sorgfalt und Feierlichkeit abgefaßt war und den Anspruch, inspiriert zu sein, erhob, beschwor die Korinther, Ordnung und Einheit zu bewahren und den Skandal in Ordnung zu bringen, der durch die Absetzung von Gliedern des geweihten Standes hervorgerufen worden war, die in der rechtmäßigen Nachfolge der Apostel stünden, selbst wenn sie nicht wirklich von Aposteln eingesetzt worden seien, und die im heiligen Ritus der Eucharistie „untadelig die Gaben dargebracht hätten".

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Glaube und Kirchenverfassung

Clemens hatte in Korinth keine lehrmäßige Abweichung vorgefunden, doch stellte sein Gedanke einer Amtsnachfolge der Apostel eine Waffe dar, die in den späteren Auseinandersetzungen mit der Gnosis fortentwickelt werden konnte. Gegen alle häretischen Ansprüche, die geheimen Überlieferungen über die Offenbarungen zu besitzen, die Jesus den Aposteln in den vierzig Tagen nach der Auferstehung kundgetan hatte, ließ sich das klare Argument ins Feld führen, daß die Apostel Petrus und Paulus es nicht unterlassen haben würden, solche Lehren den Männern mitzuteilen, die sie über die Gemeinden gesetzt hatten, und daß in den Gemeinden apostolischer Gründung von der Reihe der beglaubigten Lehrer keine derartigen häretischen Gedanken überliefert worden seien. Der Sukzessionsbeweis schloß die Anschauung ein, daß die Lehre des jeweiligen Bischofs etwa von Rom oder Antiochien in jeder Hinsicht mit der der Apostel identisch sei. Dies war aus einem zweifachen Grund bedeutsam. Erstens erhielten die Gläubigen dadurch eine gewisse Garantie, daß die Offenbarung nicht nur auf historischem Weg durch vereinzelte Schriften der Apostel oder mündlich umlaufende Anekdoten faßbar sei, sondern daß der Bischof als ihr Zeitgenosse die Vollmacht und Fähigkeit besaß, in der Gegenwart Gottes Wort zu verkündigen. Zweitens sollte der Sukzessionsgedanke die Verteidiger der Rechtgläubigkeit, vor allem Irenäus von Lyon, in den Stand setzen, den wuchernden gnostischen Sekten, von denen keine mit der anderen übereinstimmte und die alle fortwährend ihre Anschauungen änderten, die Konzeption der einen, einheitlichen Kirche entgegenzustellen, die sich weltweit erstreckt, die auf eine ununterbrochene Kontinuität in der Zeit zurückblicken kann und die sich einmütig zu der unwandelbaren Offenbarung bekennt. 1 Die zweite Waffe zur Verteidigung der Orthodoxie wurde der allmählich sich bildende neutestamentliche Kanon. Im ersten Jahrhundert war einfach das Alte Testament die christliche Bibel gewesen (und zwar benutzte man die Septuaginta-Ubersetzung). Diese i Siehe unten S. 90.

Das Amt und die Bibel

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Schrift und die Worte des Herrn, die lange Zeit in mündlicher Überlieferung umliefen, wie aus dem Brief des Clemens an die Korinther hervorgeht, galten den Christen als autoritativ. Das hohe Ansehen der mündlichen Tradition blieb auch noch erhalten, nachdem die Worte und Taten des Herrn im „Evangelium" nach Markus, Lukas, Matthäus oder Johannes niedergeschrieben worden waren. Sogar noch zur Zeit des Irenäus (etwa 185-190) wurden die mündlich überlieferten Herrenworte als eine Autorität betrachtet, die noch nicht zur Gänze in den schriftlichen Evangelien aufgegangen war. Doch die Kontroverse mit Marcion und den Gnostikern gab den entschiedenen Anstoß zur Sicherung der authentischen Uberlieferung, was nur bei einem schriftlichen Dokument möglich war, nicht aber bei mündlich tradiertem Gut. Justin der Märtyrer, der wahrscheinlich alle vier kanonischen Evangelien kannte, scheint Matthäus, Markus und Lukas in einer Evangelienharmonie benützt zu haben, aus der sein Schüler Tatian durch Hinzufügung des Johannesevangeliums sein Diatessaron schuf.2 Die synoptischen Evangelien scheinen früher als das Johannesevangelium allgemeine Anerkennung gefunden zu haben, da die Geltung des letzteren von einigen Leuten angezweifelt wurde. Das Vorhandensein von vier Fassungen des Evangeliums bedeutete an sich schon ein schweres Problem. Marcion3 erkannte nur ein Evangelium an. Die Valentinianer anerkannten nicht nur die bekannten vier Evangelien, sondern sie besaßen noch viele weitere Dokumente, die angeblich die Uberlieferung der geheimen Worte Jesu enthielten, wie etwa das Thomasevangelium, das erst vor kurzem im Sand Ägyptens wiederentdeckt worden ist. Irenäus verteidigte das vierfache Evangelium mit kunstvollen Zahlenspekulationen. Vier, so machte er geltend, sei eine geheiligte Zahl und entspreche den vier Winden oder den bei Ezechiel und in der Johannesapokalypse erwähnten vier Gesichtern der Cherubim, die den Gesichtern eines Löwen, eines Kalbes, eines Menschen und eines Adlers glichen. Aber abgesehen z Siehe unten S. 65 f. 3 Siehe oben S. 40.

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von der Anerkennung durch den gottesdienstlichen Gebrauch war das Hauptkriterium für die Auswahl der Evangelien die Apostolizität. Die Evangelien des Markus und Lukas wurden neben Matthäus und Johannes gestellt, da es hieß, sie seien von Petrus beziehungsweise Paulus gebilligt worden. . Das Johannesevangelium rief wegen seiner Abweichungen von den anderen drei Evangelien einigen Streit hervor, doch wurde es von Irenäus geschickt als Werk des Zebedaiden Johannes verteidigt, dem er auch die Offenbarung zuschrieb. Die strenge Anwendung des Kriteriums der Apostolizität in Rom führte zum Ausschluß des Hebräerbriefes aus dem westlichen Neuen Testament, da römische Überlieferung von ihm wußte, daß er nichtpaulinisch sei. Erst mehr als 200 Jahre später wurde er unter dem Einfluß der östlichen Kirche im Westen wieder aufgenommen. Auf diese Weise kam es schließlich auch zum Ausschluß von Schriften wie dem Hirten des Hermas und dem Brief des Clemens an die Korinther, die beide nicht den Anspruch auf apostolische Geltung erhoben. Ein fragmentarisch erhaltenes Verzeichnis des neutestamentlichen Kanons, das wahrscheinlich um 200 in Rom entstanden ist (der „Kanon Muratori" 4 ), erklärt, daß der „Hirte" eine gute Privatlektüre sei, da jedoch sein Verfasser weder Apostel noch Prophet gewesen sei, sondern in jüngster Zeit gelebt habe, komme er für den kirchlichen Gebrauch nicht in Frage. Es war nur natürlich, daß Rechtgläubigkeit und apostolische Herkunft gleichgesetzt wurden. Dies machte es schwierig, den nichtapostolischen Ursprung orthodoxer Schriften wie des zweiten Petrusbriefes festzustellen (der nichtsdestoweniger lange Zeit umstritten blieb). Andere umstrittene Dokumente, die sich schließlich durchsetzten, waren die Offenbarung des Johannes, der Jakobusund Judasbrief und der zweite und dritte Johannesbrief. Dagegen wurden die im orthodoxen Lager gleichfalls umstrittenen Akten des Paulus und der Thekla und die Petrusapokalypse nicht aner4 So genannt nach dem ersten Herausgeber L. A. Muratori, der das Fragment 1740 nach einer in Mailand befindlichen Handschrift des achten Jahrhunderts veröffentlichte.

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kannt. Gelegentlich wundern sich moderne Autoren über diese Meinungsverschiedenheiten. Aber viel erstaunlicher ist es, daß so schnell ein so hohes Maß an Übereinstimmung erreicht worden ist. Die dritte und letzte Waffe gegen die Häresie war die „Glaubensregel"; Irenäus und Tertullian gebrauchten diesen Terminus zur Bezeichnung einer kurzen Zusammenfassung der Hauptereignisse des Heilsgeschehens. Irenäus erklärt, die ganze Kirche glaube „an den einen Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde und der Meere und von allem, was in ihnen ist, und an den einen Christus Jesus, den Sohn Gottes, der, um uns zu erlösen, Fleisch angenommen hat, und an den heiligen Geist, der durch die Propheten die Heilsordnung Gottes verkündet hat, die zweifache Ankunft des Herrn, seine Geburt aus der Jungfrau, sein Leiden, seine Auferstehung von den Toten und die leibliche Himmelfahrt unseres lieben Herrn Christus Jesus und seine Wiederkunft vom Himmel in der Herrlichkeit des Vaters . . . um alles Fleisch wiederzuerwecken". Den springenden Punkt in diesem für polemische Zwecke bestimmten Summarium bildet die Hervorhebung der Einheit des götdichen Heilsplans im Alten und Neuen Testament. Irenäus hat dieses Thema in seiner Lehre von der „Rekapitulation", der Entsprechung zwischen Adam und Christus, entwickelt. Die Häretiker glaubten nicht daran, daß der höchste Gott der Schöpfer Himmels und der Erde sei, und waren wegen ihrer Geringschätzung des Alten Testaments an der Erfüllung der Prophetie nicht interessiert. Irenäus behauptete, die Glaubensregel stimme mit der Unterweisung überein, die die Bischöfe in seiner Gegenwart erteilten, und stamme deshalb von den Aposteln. Sie ist dem Inhalt nach mit den Formeln verwandt, die in den Fragen, die man den Taufbewerbern stellte, gebraucht wurden, und der Form nach ist sie einfach ein auf dem Neuen Testament beruhendes Glaubensbekenntnis. Tertullian trennte die Glaubensregel scharf von der Schrift, da sie in der Auseinandersetzung mit den Häretikern eine bessere Verteidigungswaffe als die Bibel war, über deren Auslegung man lange mit dem einzigen Erfolg disputieren kann, daß einfache Leute, die

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eine kurze und direkte Antwort wünschen, verwirrt werden. Tertullian erklärte, daß es oft schwierig sei, die-Bibel richtig auszulegen. Dunkle Abschnitte müßten durch klare erklärt werden. Ferner sei die Bibel ein altes Buch. Sich auf die Glaubensregel zu berufen bedeute hingegen, sich auf das zu berufen, was gegenwärtig in den Gemeinden apostolischer Gründung gelehrt werde. So scheint Tertullian hier, indem er sich an Irenäus anschließt, aber beträchtlich weiter geht als dieser, zwischen Schrift und Tradition fast in einer Weise zu unterscheiden, als wären sie zwei voneinander unterschiedene Offenbarungsquellen. Gleichwohl war sich Tertullian sehr genau der Tatsache bewußt, daß die Glaubensregel aus der Schrift abgeleitet ist: der Satz, daß die Glaubensregel der Schlüssel zur Bibelauslegung sei, besagt f ü r ihn nichts anderes als der Satz, dunkle Abschnitte müßten durch solche, deren Verständnis klar ist, ausgelegt werden. Natürlich handelt es sich bei dem Argument um einen Zirkelschluß: die tradierte Kirchenlehre muß durch die biblische Offenbarung als rechtgläubig erwiesen werden; jedoch werden zweifelhafte Bücher in den neutestamentlichen Kanon aufgenommen, weil sie nach den Maßstäben der kirchlichen Tradition rechtgläubig sind, und nur die Tradition kann die korrekte Schriftenauslegung garantieren.

Formen des kirchlichen Amtes Die Apostel erhielten ihren Namen und ihre Aufgabe daher, daß sie vom Herrn als Missionare ausgesandt wurden. Sie waren nicht die einzigen, die Gaben des Geistes empfingen. Es gab auch „Propheten" wie Agabus (Apostelgesch. n , z8; 2.1, 10) und offiziell anerkannte Lehrer, die Unterweisung im Glauben erteilten. In Korinth schätzte die Gemeinde die Gabe ekstatischer, irrationaler Rede („Zungenreden") besonders hoch. Paulus konnte nicht einfach leugnen, daß die Gabe der Ekstase eine echte Manifestation des Geistes sei, doch war er über die von ihr hervorgerufenen Spaltungen bestürzt (vgl. I. Kor. 1 3 ) und erklärte den Korinthern, daß die

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enthusiastische Rede, die ihnen so viel galt, in der Stufenleiter der übernatürlichen Gaben an letzter Stelle stünde; ihr gehen „erstens die Apostel, zweitens die Propheten, drittens die Lehrer, danach die Wundertäter, danach die Gaben der Heilung, Helfer und Leiter" (I. Kor. 12, 28) voran. Die drei erstgenannten Funktionen in dieser siebenfachen Hierarchie waren die wichtigsten „Weihen" der ersten Missionsgeneration. Sechzig oder siebzig Jahre später setzt Ignatius in Antiochien und in den Gemeinden Kleinasiens monarchische Bischöfe und außerdem Presbyter und Diakone voraus. Zu seiner Zeit gab es keine Apostel oder Propheten mehr. Die Geschichte dieses innerhalb zweier Generationen vollzogenen Überganges von Aposteln, Propheten und Lehrern zu Bischof, Presbytern und Diakonen ist in ihren Einzelheiten in Dunkel gehüllt, obwohl unsere Quellen gelegentlich einen flüchtigen Blick auf diesen Vorgang gestatten. Das Schreiben des Klemens von Rom an die Korinther setzt das Bestehen von zwei unterschiedenen Formen des kirchlichen Amtes voraus; Klemens nennt Bischöfe oder Presbyter (beide Bezeichnungen werden von denselben Personen gebraucht) und Diakone. Dieses zweifache Amt erscheint auch im Neuen Testament: Paulus richtet seinen Philipperbrief an die „Bischöfe und Diakone". Spätere Schriften des Neuen Testamentes (Apostelgesch. 2 0 , 1 7 ; Titus 1, 5-7) bezeugen ebenfalls die Verwendung der Titel „Presbyter" und „Bischof" von derselben Person. Offenbar besaßen die von reisenden Missionaren gegründeten Gemeinden bald einen ortsansässigen Klerus, der jedoch der allgemeinen Aufsicht der umherziehenden Apostel unterstand. Während einer Generation oder länger wirkten die Apostel und Propheten neben Bischöfen und Diakonen als den lokalen Amtsträgern. Diese Situation spiegelt sich noch in der Didache oder „Apostellehre",5 einem Dokument, das von vielen frühen Vätern zur heiligen Schrift gerechnet wurde, das aber verschollen war, bis Erzbischof Bryennios es im Jahre 1883 nach einer 1056 datierten, heute in Jerusalem befindlichen Handschrift herausgab. Der Text 5 Der Titel läßt sich auch mit „Unterweisung für Missionare" übersetzen.

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könnte in den Jahrhunderten vor 1056 eine Überarbeitung erfahren haben. Die Didache war von Haus aus ein aus den verschiedensten Bestandteilen zusammengesetztes Werk. Über Abfassungszeit und Zweck der Schrift ist viel gestritten worden, und auf Grund der irrigen Ansicht, sie sei vom Barnabasbrief (einem um 130/40 wahrscheinlich in Alexandrien entstandenen Werk) abhängig, hat man sie oft für eine späte Fiktion gehalten. Aber die von der Didache vorausgesetzten kirchlichen Verfassungsverhältnisse machen es schwierig, sie in einer anderen Periode der frühen Kirchengeschichte unterzubringen als in den Jahren zwischen ungefähr 70 und 1 1 0 . Sie nimmt sich auch dort vielleicht seltsam aus, aber in jeder anderen Zeit würde sie noch weit seltsamer wirken. Die Didache beginnt mit moralischen Ermahnungen für Neubekehrte, die einem erhaltenen jüdischen Traktat, den „Zwei Wegen", entnommen sind. Daran schließen sich Anweisungen für die Taufe und für das Fasten am Mittwoch und Freitag, die korrekte Form des Vaterunsers (das dreimal täglich gebetet werden soll) wird mitgeteilt, und darauf folgen Abendmahlsgebete, in denen das Fehlen jedes Bezuges auf den Erlösungstod Christi, wie Paulus ihn deutete, auffällt, was freilich nicht sehr überraschend ist. Der letzte Abschnitt (vielleicht ein späterer Zusatz?) beschäftigt sich besonders mit der Gefahr von Scharlatanen. Dieses Stück enthält Richtlinien, wie an Aposteln, Propheten und anderen Besuchern, die ein Recht haben, die Freigebigkeit der Gemeinde in Anspruch zu nehmen, Gastfreundschaft zu üben sei, und gibt Weisungen, wie falsche Propheten zu entlarven seien,* über die angemessene Bezahlung eines Propheten, der sich dauernd in einer bestimmten Gemeinde niederlassen will, und über die gleichzeitige Einrichtung eines ortsgebundenen, nicht umherziehenden Klerus: Wählt euch Bischöfe und Diakone, die des Herrn würdig sind, Männer voll Milde und frei von Geldgier, voll Wahrheitsliebe und die erprobt sind; denn sie versehen für euch den Dienst der Propheten und Lehrer. Achtet sie deshalb nicht gering; denn sie sind eure Geehrten mit den Propheten und Lehrern. 6 Siehe unten S. 60.

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Der Verfasser befürchtete offenbar, daß die ortsansässigen Geistlichen nicht dieselbe Achtung wie die umherwandernden Charismatiker erfahren könnten. Mit der Festigung der Gemeinden trat die Bedeutung der wandernden Missionare und Propheten in den Hintergrund. Hingegen erwartete man geistesmächtige Predigten von den regulären örtlichen Amtsträgern. Für Ignatius von Antiochien zeigte sich das Wunder der göttlichen Gnade im sakramentalen Leben der Gemeinde, die sich um ihren im Geiste redenden Bischof scharte. Es ist beachtenswert, daß in der Didache ebenso wie im Korintherbrief des Klemens und in den späteren Schriften des Neuen Testamentes (vgl. I. Tim. 3) das lokale kirchliche Amt zweifach gegliedert ist - es gibt Bischöfe bzw. Presbyter und Diakone. Zwischen diesen beiden Ämtern besteht nach dem Zeugnis aller Quellen ein Unterschied in den liturgischen Funktionen: die allgemeine Eucharistiefeier wird vom Presbyter-Bischof gehalten, während der Diakon ihm assistiert. Ferner unterstützten die Diakone die Bischöfe in der Verwaltung des kirchlichen Vermögens und in der Liebestätigkeit. Im dritten Jahrhundert waren die Gemeinden zu solcher Größe angewachsen, daß die Diakone im Gottesdienst für Ordnung sorgen mußten; in Nordafrika reichte zur Zeit Cyprians der Diakon den Kelch. In Rom pflegten im Jahre 150 die Diakone nach dem Zeugnis Justins des Märtyrers die konsekrierten Elemente den abwesenden Brüdern, die gefangen oder krank waren, zu bringen. Später war es in einigen, jedoch nicht in allen Gemeinden Brauch, daß der Diakon im Gottesdienst das Evangelium las. Es war die natürliche Strategie der kirchlichen Mission, zuerst in den Städten Fuß zu fassen, und es wurde üblich, die Landgemeinden in dem unter der bürgerlichen Verwaltung der Stadt stehenden Gebiet (das sehr groß sein konnte) durch Diakone betreuen zu lassen. Im zweiten und dritten Jahrhundert muß es viele Gelegenheiten gegeben haben, bei denen die Diakone selbstständig die Eucharistie feierten. Diese Praxis war aber ungern gesehen und wurde auf den Synoden von Arles (314) und Nicaea (32.5) ausdrücklich verboten. Zu dieser Zeit war es die Regel geworden,



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daß Landgemeinden von einem ortsansässigen Presbyter betreut wurden. Der lukanische Bericht über die „Sieben" in Apostelgeschichte 6 soll wahrscheinlich vom Ursprung des Diakonenamtes erzählen, obwohl die Gleichsetzung der Sieben mit Diakonen erstmals von Irenäus klar ausgesprochen worden ist. Es ist zu beachten, daß die römische Gemeinde stets sieben Diakone hatte; dieselbe Zahl war im dritten und vierten Jahrhundert in den Gemeinden Kleinasiens allgemein üblich. Der Diakonat war ursprünglich keine Vorstufe zum Presbyteramt,7 sondern eine Lebensstellung, sofern nicht ein Diakon Bischof wurde. In großen Städten wie Rom bedeutete dieses Amt eine Machtstellung. Die früheste Bezeugung eines „Archidiakons" findet sich Anfang des vierten Jahrhunderts in Nordafrika. Ein antiker Archidiakon war kein Presbyter wie heute in der anglikanischen Kirche, sondern der dienstälteste Diakon, dem weitgehende finanzielle und organisatorische Verantwortungen übertragen waren. Viele Diakone und Archidiakone rückten zu Bischöfen auf. An den karitativen Aufgaben des Diakonates, nicht aber an seinen liturgischen Pflichten, waren auch Diakonissen beteiligt, die sich besonders der Betreuung der Frauen widmeten. Die Hilfsfunktion der Diakone ergibt sich aus der frühesten bekannten Form der Ordination, die wir durch die Apostolische Tradition Hippolyts (etwa 200-220) 8 kennen: während alle Presbyter gemeinsam mit dem Bischof den Kandidaten für die Presbyterwürde die Hände auflegen, legt dem Diakon der Bischof 7 Der erste Bischof, von dem w i r wissen, daß er alle Ämter durchlaufen hat, w a r Cornelius von R o m ( 2 5 1 - 5 3 ) . Spätestens im vierten Jahrhundert ist die Vorstellung Allgemeingut, daß ein Kleriker darauf hoffen kann, die aufeinanderfolgenden Ämter w i e eine Stufenleiter zu durchlaufen. 8 Dieses Dokument ist in einer fragmentarischen lateinischen Übersetzung erhalten, die ungefähr aus dem J a h r 400 stammt. Teile finden sich in anderen, griechisch, äthiopisch, koptisch, syrisch und arabisch erhaltenen Kirchenordnungen. Leider läßt sich die Textüberlieferung nicht über die zweite Hälfte des vierten Jahrhunderts zurückverfolgen; das Werk ist deshalb nur mit Vorsicht als Quelle zu benützen (vgl. unten S. 307).

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allein die Hand auf, weil „er nicht zum Priestertum, sondern zum Dienst des Bischofs ordiniert wird". Das zweigestaltige kirchliche Amt steht in engster Verbindung mit der Eucharistiefeier. Aber unter den Presbyter-Bischöfen stieg einer zu einer führenden Position auf und erhielt den Titel „Bischof", während seine Kollegen „Presbyter" genannt wurden. Vier Faktoren waren für diese Entwicklung bestimmend. Das erste besondere Recht, das natürlicherweise dem dienstältesten Mitglied des Presbyterkollegiums zukam, war die Ordinationsgewalt. Diese wurde zum Vorrecht des Bischofs. Zweitens wurde der Briefwechsel mit anderen Gemeinden gewöhnlich von dem Vorsitzenden Presbyter-Bischof geführt. Drittens pflegten bei dem feierlichen Anlaß einer Ordination die Vorsteher anderer Gemeinden als deren Vertreter zu erscheinen und an der Handauflegung und den Gebeten teilzunehmen, die die Vollmacht des Geistes und den Amtsauftrag der Gemeinde als des Leibes Christi übertrugen. Häufiger Kontakt durch Briefwechsel und gegenseitige Besuche förderte die konkrete Verwirklichung der Einheit und Universalität der Kirche. Schließlich zeigte die gnostische Krise die offenkundige Notwendigkeit, in einem einzigen Manne den Brennpunkt der Einheit zu besitzen. In der Gemeinde von Jerusalem stand von Anfang an nur ein Mann an der Spitze des Ältestenkollegiums. Die Briefe des Ignatius verraten mit keiner Andeutung, daß in Antiochien jemals ein anderes System bestanden hätte, obwohl die Didache, die wahrscheinlich syrischer Herkunft ist, auf eine andere Verfassungsform hinweisen würde. Die Uberordnung des Bischofs über die Presbyter, mit denen er aber immer noch auf derselben Stufe stand, vollzog sich in der Zeit, als die apostolische Vollmacht im Abnehmen begriffen oder schon ganz verschwunden war. Dieser Vorgang könnte durch das Vorbild der Gemeinden von Jerusalem und Antiochien unterstützt worden sein. Der Bischof blieb der erste unter den Presbytern und redete diese noch jahrhundertelang weiter als „Mitpresbyter" an. Auch die Presbyter besaßen die Vollmacht, die Eucharistie zu feiern, und ebenso war ihnen die disziplinarische „Schlüsselgewalt" (Matth. 16,19; 18,18; Joh. 20,23) übertragen, durch die

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die Reinheit der Gemeinde aufrecht erhalten und sündige Brüder ausgeschlossen wurden. Zur gleichen Zeit übernahmen die Presbyter die niedrigere Funktion des „Lehrers", während der Bischof diejenige des Apostels und Propheten erhielt: es ist in erster Linie der Bischof, der die Presbyter ordiniert, obwohl sich die Presbyter an der Handauflegung beteiligen. Unterschiede der Sitte werden in der Frage sichtbar, ob, wenn der Bischof selbst geweiht wird, die Presbyter seiner Gemeinde ihm ebenfalls die Hände auflegen. Aus Alexandrien erfahren wir, daß dies dort bis zum dritten Jahrhundert Brauch war, während eine Beteiligung auswärtiger Bischöfe nicht erwähnt wird. Aber in Rom legten schon zur Zeit Hippolyts die Bischöfe, die von auswärtigen Kirchen kamen, allein dem zu Weihenden die Hände auf, wobei derjenige, der den Weiheakt vornahm, von den Bischöfen selbst bestimmt wurde. Der Gottesdienst, in dem die Weihe vollzogen wurde, fand an einem Sonntag statt. Die eigentliche Wahl des Kandidaten lag bei der ganzen Gemeinde, Klerus und Volk, ein Idealsystem, das Einmütigkeit voraussetzte, aber in der Praxis zu Parteibildung und Zwietracht führte. Wahl durch das Volk spielte ebenso bei der Ernennung von Presbytern und Diakonen eine große Rolle 9 . Als seit dem vierten Jahrhundert christliche Kaiser das Imperium regierten, wurde es, besonders wenn die Bischofswahl leidenschaftliche Auseinandersetzungen hervorrief, Brauch, daß die Bischöfe wichtiger Städte vom Kaiser ernannt wurden; bald aber entdeckte man, daß kein einziges Wahloder Ernennungsverfahren frei von Mißbräuchen ist und daß selbst Kaiser nicht immer unparteiisch waren. Der Übergang von der Freizügigkeit der urchristlichen Missionare zum ortsgebundenen kirchlichen Amt vollzog sich zu derselben Zeit, in der auch das Hervortreten des Bischofs gegenüber seinen Mitpres9 Die Wahl eines neuen Bischofs konnte zu scharfen Gegensätzen führen. Einmütigkeit der Wahl war so ungewöhnlich, daß sie als besondere Gnade galt. In einigen Fällen wurde die Wahl des Volkes durch besondere Umstände entschieden. So verdankte in der Mitte des dritten Jahrhunderts Fabian von Rom seine Wahl der Tatsache, daß sich eine Taube auf seinem Kopfe niederließ, was als Zeichen für die Entscheidung des Heiligen Geistes verstanden wurde.

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bytern sichtbar zu werden begann. Zum Teil aus der Neigung, das apostolische Zeitalter zu idealisieren, wird oft angenommen, daß parallel zu dieser doppelten Veränderung auch ein Übergang von der bewegten Lebendigkeit zum Formalismus, von der Freiheit zur Erstarrung oder sogar von einer Laiendemokratie zur autoritären Priesterherrschaft stattgefunden habe. Die Wahrheit ist nicht so einfach. In Wirklichkeit hat es wahrscheinlich wenige Epochen der Kirchengeschichte gegeben, in denen Amt und Autorität vergleichbare Schwierigkeiten hatten, sich durchzusetzen, und in denen die Freiheit so nahe an die Anarchie grenzte wie im nachapostolischen Zeitalter. Seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts kam es jedoch zu einer starken Gegenbewegung in Richtung auf eine Vereinheitlichung sowohl in den Fragen des Glaubens als auch der Kirchenverfassung; man fing an, Abweichungen in den dogmatischen Formeln, in Fragen der liturgischen Sitte (wie etwa der Osterpraxis) oder im Bibeltext auszugleichen. Die grundlegende Voraussetzung, von der im Prinzip das ganze frühe Christentum ausging, war, daß die Kirche eine sei und daß deshalb ihr Glaube und ihr T u n einheitlich zu sein habe. Die Vielfalt der Gemeindeverfassungen ging bis auf die Anfangszeit der Mission zurück: in einigen Gemeinden wurde vermutlich ein einziger Mann mit der vollen Leitungsbefugnis betraut, in anderen war vielleicht niemand zu finden, der diese Aufgabe übernehmen konnte, und es schien am besten, die Leitung einem Kollegium von Ältesten zu übertragen. Viele Missionsunternehmungen wurden von Einzelpersonen getragen, die ohne den besonderen Auftrag einer Gemeinde oder eines Apostels handelten, und die führenden Gemeinden der nachapostolischen Zeit hatten dann die Aufgabe, diese neu gegründeten Gemeinden in den kirchlichen Gesamtverband einzugliedern und mit diesem in Übereinstimmung zu bringen. Das dreistufige Verfassungssystem mit einem Bischof in jeder Stadt, mit Presbytern und Diakonen setzte sich im zweiten Jahrhundert durch, ohne auf Widerstand zu stoßen. Die weitere Entwicklung führte von selbst zum Provinzialsystem, durch das im Laufe des dritten Jahrhunderts die Bischöfe der Hauptstädte der Reichsprovinzen eine besondere Würdestel-

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lung erlangten; ein darüber noch hinausgehendes Ansehen gewannen die Bischöfe der drei größten Städte des Imperiums, Rom, Alexandrien und Antiochien, von denen es im sechsten Kanon des Konzils von Nicaea heißt, daß sie eine Gerichtsbarkeit besitzen, die sich über die Grenzen der politischen Provinz hinauserstreckt 10 . Diese ganze Entwicklung vollzog sich als der Übergang von einer ungeordneten Kirchenorganisation zu einem fester gefügten System. Der Gegensatz zwischen unmittelbarer Geisterfülltheit und vermittelter kirchlicher Vollmacht tritt in der montanistischen Krise in den siebziger Jahren des zweiten Jahrhunderts scharf hervor. Ein Phryger namens Montanus wurde vom Geist ergriffen und verkündete zusammen mit zwei Frauen Prisca und Maximilla im Zustand der Ekstase, in dem das normale Bewußtsein ausgeschaltet war, Worte des Parakleten. Gegen die eigentümliche Form dieser Kundgebungen erhoben andere Christen Protest: diese ekstatische prophetische Verkündigung erfolgte nämlich nicht in der dritten Person wie die der biblischen Propheten, sondern war direkte Rede des Geistes selbst, dem der Mund des Propheten als Instrument diente. Die ,-,Neue Prophetie" wandte sich gegen die gnostische Ausscheidung der eschatologischen Zukunftserwartung, sie betonte den buchstäblichen Glauben an die Fleischesauferstehung und verkündigte die Nähe des Weitendes. Wie es in der Johannesoffenbarung prophezeit war, würde in Kürze der Herr kommen und mit seinen Heiligen tausend Jahre lang auf Erden herrschen. Aus lokalpatriotischen Gründen behaupteten die drei Propheten, das himmlische Jerusalem würde in Phrygien herabkommen. Die Montanisten erwarteten nicht, daß das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde, sie forderten aber von ihren Mitchristen, daß diese die übernatürliche Herkunft der Aussprüche der drei Erwählten des Parakleten „anerkannten": Sie zu verwerfen war Sünde wider den Heiligen Geist. Diese Forderung spaltete die Gemeinden Kleinasiens, von denen einige die „Neue Prophetie" für göttlich, andere für teuflisch hielten. Die Gegner des Montanismus trugen schließlich den Sieg xo Siehe unten S. 149.

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davon, mußten aber teuer dafür bezahlen. In Thyatira blieb die ganze Gemeinde fast ein Jahrhundert lang bis zum letzten Mann montanistisch; Inschriften zeigen, wie die Sekte weiterlebte". Obwohl dem Montanismus von der Kirche im Ganzen die Anerkennung versagt wurde (in Rom, wo beide Seiten sich um die Wette um die Unterstützung durch den Bischof bemühten, geschah dies erst nach einigem Zögern), gewann die Bewegung durch ihren Puritanismus und ihre rigorose Ethik in dem glänzenden afrikanischen Rhetor Tertullian einen hervorragenden Anhänger, der bis zu seinem T o d gegen seine ehemaligen katholischen Brüder wetterte, weil diese sich einbildeten, die Kirche sei durch Bischöfe und nicht durch Pneumatiker konstituiert. Die Erwiderung der Großkirche, wie sie von Hippolyt von Rom formuliert wurde, richtete sich unfehlbar gegen den schwächsten Punkt des Montanismus, nämlich gegen seinen Exklusivitätsanspruch, der die Kirche spaltete: Das Streben nach wunderbaren Gaben sei recht, meinte Hippolyt, doch das höchste Wunder sei die Bekehrung, und deshalb besitze jeder Gläubige die Gaben des Geistes in gleichem Maß; das Übernatürliche werde durch das normale Amt des Wortes und des Sakraments erkannt, nicht durch irrationale ekstatische Erfahrungen, die nur überheblich machen. Die Auseinandersetzung mit dem Montanismus hatte eine wichtige Wirkung: sie führte in der katholischen Kirche zu einer wesentlichen Verstärkung der Überzeugung, daß die Offenbarung mit dem Ende des apostolischen Zeitalters ihren Abschluß gefunden habe, und förderte so die Schaffung eines geschlossenen Kanons des Neuen Testaments. Irenäus ist der letzte christliche Schriftsteller, der sich selbst noch als dem eschatologischen Zeitalter der Wunder und der Offenbarung zugehörig verstehen kann. 11 Die Inschriften zeigen, daß die Montanisten in der Frage des öffentlichen Bekenntnisses ihres Glaubens vor der Welt viel kompromißloser als ihre katholischen Brüder waren. Eindeutig christliche Grabinschriften des dritten Jahrhunderts besitzen wir praktisch nur aus dem Inneren Phrygiens, einer Hochburg des Montanismus. Oft enthalten diese Inschriften die herausfordernde Formel „Christen den Christen". In anderen Gegenden werden in dieser Zeit auf christlichen Grabmälern neutrale Formeln verwendet.

3. Kapitel AUSBREITUNG UND WACHSTUM Ursachen des missionarischen Erfolges Selbst einem so frühen Autor wie dem Verfasser der Apostelgeschichte (wahrscheinlich um 80) erschien die Ausbreitung der Kirche als eine Kette wunderbarer und unwahrscheinlicher Ereignisse. Kein Erfolg hätte sich nach menschlichen Maßstäben weniger voraussehen lassen als dieser. Die Ausbreitung des Christentums erschien als eine lange Geschichte merkwürdiger Zufälle, in der menschliche Absichten nur eine untergeordnete Rolle spielten, in der das Auge des Glaubens aber das stille Wirken einer höheren Vorsehung erkennen durfte. Der heidnische Autor Celsus (wahrscheinlich um 180) betrachtete dasselbe Geschehen mit dem kühlen Blick eines feindseligen Beobachters von außen. Er wies auf die festgefügte Organisation und den engen Zusammenhalt der Christen als sozialer Gruppe hin und erblickte darin die Hauptquelle ihrer Stärke. Doch w a r dieses Gemeinschaftsbewußtsein und feste Zusammenstehen seiner Ansicht nach nicht die Folge eines inneren Prinzips, sondern bloß das Ergebnis der Verfolgung: „Um so verwunderlicher ist ihre Vereinigung, je weniger sie, wie man nachweisen kann, auf einer angemessenen Grundlage beruht. Aber als angemessene Grundlage dient ihnen der Aufruhr und der dadurch erreichbare Gewinn, sowie die Furcht vor äußeren Feinden: dies sind die Stützen ihres Glaubens". Die Gegnerschaft, die die Christen hervorriefen, kann gewiß als ein wichtiger Faktor gelten, der sie fest zusammenhalten ließ, doch ist es sicherlich zu einfach, die soziale Stoßkraft des Christentums als innere Kompensation der Ablehnung, die es durch die Gesellschaft erfuhr, zu erklären. Celsus wußte auch, daß die Christen aus

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Furcht vor der Verhaftung ihren Gottesdienst heimlich hielten. Es war gefährlich, öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen, und manchmal konnte einen schon der Geruch von einem Schluck Abendmahlswein, der nicht genügend verdünnt war, verraten. Die ersten Kirchengebäude waren einfache Privathäuser, die mit dem Anwachsen der Gemeinden innen allmählich um- und ausgebaut wurden. Erst im vierten Jahrhundert kam es zur Ausbildung eigener architektonischer Formen für den Kirchenbau, so daß die Kirchen als solche erkennbar wurden. Trotzdem wäre es eine Täuschung, wollte man annehmen, die Verfolgung habe die Kirche in die Katakomben hinabgetrieben und die Sakramente wären in einer Art von Höhlendasein gefeiert worden. Nicht nur, daß die Verfolgung die Kirche nicht in den Untergrund drängte, sie hatte sogar die gegenteilige Wirkung. Als im zweiten Jahrhundert in Kleinasien ein Statthalter anfing, die Christen zu verfolgen, marschierte die ganze christliche Bevölkerung der Gegend als Kundgebung ihres Glaubens und als Protest gegen das ihnen widerfahrende Unrecht vor seinem Hause auf. Von Anfang an waren die Christen eine Gemeinschaft, die durch die öffentliche Meinung außerordentlich gefährdet war. Die Feinde, die das Christentum besiegen mußte, waren Voreingenommenheit und falsche Information. Die Motive, die zur Annahme des Christentums führten, waren in der Antike ohne Zweifel ebenso vielfältig wie heute. Neugieriges Interesse an einer Geheimsekte, die im Verdacht der Unmoral stand, Miterleben eines Martyriums, freundschaftliche Beziehungen zu Christen: das alles waren Anlässe zu weiteren Erkundigungen. Tiefer drang das christliche Evangelium; es sprach von der göttlichen Gnade in Christus, von der Sündenvergebung und der Überwindung böser Mächte - tröstliche Kunde für die kranke Seele, die des Lebens müde war und den T o d fürchtete und die nach einer Garantie ihrer Unsterblichkeit, nach Sicherheit und Freiheit in einer Welt verlangte, in der der einzelne selten mehr vermochte, als sich seinem Schicksal zu fügen. Die Bedingungen der Aufnahme in die Kirche waren die des Taufgelübdes: Absage an die Sünde und alles, was mit dämonischen Mächten, Götzenbildern, Astrologie und



Ausbreitung und Wachstum

Magie zusammenhing, und das Bekenntnis des Glaubens an Gott den Vater, an die Heilsereignisse des Lebens, Todes und der Auferstehung Christi und an den in der Kirche wirksamen Heiligen Geist. Obwohl es unwahrscheinlich ist, daß alle Menschen, die sich dem Christentum anschlössen, sich als kranke Seelen fühlten (vielleicht fanden nur verhältnismäßig wenige durch Schuld und Tränen ihren Weg zum christlichen Glauben, und wir besitzen auch keine Zeugnisse dafür, daß in diesem Zeitalter mehr Menschen von heftiger Angst gepeinigt wurden als in anderen Epochen), so bedeuteten Taufe und Zulassung zum heiligen Mahl doch einen Bruch mit der Vergangenheit und ein Gnadengeschenk, mit dessen Hilfe der einzelne nach Maßstäben und moralischen Imperativen leben konnte, die sein Gewissen anerkannte. Kurz, die christliche Verkündigung gab eine direkte Antwort auf das menschliche Fragen nach wahrem Glück - worunter mehr zu verstehen ist, als sich bloß glücklich fühlen. Der antike Stoizismus, wie ihn die Schriften des Aristokraten Seneca, der Sklave Epiktet und (in einer auffallend individuellen, nach innen gekehrten, grüblerischen Stimmung) der Kaiser Mark Aurel vertraten, lehrte, daß Glückseligkeit durch die Unterdrückung der Begierde nach allem, was man weder erlangen noch festhalten kann, erreicht wird: „Vor der äußeren Unordnung der Welt und leiblicher Krankheit ziehe dich in dich selbst zurück und finde dort Gott." Der Stoiker stand stolz aufgerichtet inmitten eines Meeres von Unbilden, unberührt von Gefühlsregungen. Die Christen fanden in der stoischen Ethik viel Geistesverwandtes („Seneca spricht oft wie ein Christ" bemerkte Tertullian) und waren durchaus bereit zuzugeben, was sie ihr verdankten. Der Unterschied lag darin, daß die Christen die Gnade Gottes, die christliches Leben erst möglich macht, die Liebe zu Gott (und nicht die menschlichen Selbstachtung), auf die alles menschliche Ringen hinzielen sollte, und die tätige Liebe für die Mitmenschen betonten. Die praktische Liebestätigkeit war wohl die stärkste Einzelursache für den missionarischen Erfolg des Christentums. Die heidnische Äußerung: „Seht, wie sich diese Christen untereinander lieben" (mitgeteilt von Tertullian) war keine Ironie. Die christliche

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Nächstenliebe äußerte sich in der Fürsorge für die Armen, für Witwen und Waisen, in Besuchen bei den Brüdern im Gefängnis oder bei denen, die zur Zwangsarbeit in den Bergwerken verurteilt waren, was soviel wie den Tod bei lebendigem Leibe bedeutete, und in sozialen Hilfsaktionen in Katastrophenzeiten, bei Hungersnot, Erdbeben, Seuchen oder Krieg. Ein besonderer Dienst, den die Gemeinde armen Brüdern leistete (und worin sie dem Vorbild der Synagoge folgte), bestand darin, daß sie für ihr Begräbnis sorgte. In der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts begannen die Gemeinden in Rom und Karthago Begräbnisplätze für ihre Glieder zu erwerben. Einer der ältesten lag südlich von Rom an der Via Appia an einem Platz, der Catacumbas hieß 1 ; nach ihm haben diese in der Form unterirdischer Gänge angelegten Friedhöfe den Namen „Katakomben" erhalten. Ein besonders wichtiger Akt der Nächstenliebe war die gastliche Aufnahme von Reisenden: ein Christ brauchte sich nur als Bruder auszuweisen, dann konnte er mit Sicherheit auf Unterkunft bis zur Zeit von drei Nächten rechnen, ohne daß ihm weitere Fragen gestellt wurden. Die Hauptverantwortung für solche Gastfreundschaft und besonders die Aufgabe, für reisende Missionare zu sorgen, oblag dem Bischof. Dieser verwaltete folglich auch die kirchlichen Einkünfte. Zuerst wurde der Klerus nach einem Anteilsystem bezahlt (in der Zeit Cyprians von Karthago monatlich); erst viel später ermöglichte das Anwachsen der Stiftungen, wenigstens in vielen Gemeinden, feste Einkommen. Die Anteile, die an die verschiedenen Personen, die auf die Mittel der Gemeinde ein Anrecht hatten, verteilt wurden, schwankten an den verschiedenen Orten. In Rom ging im fünften Jahrhundert ein Viertel der Einkünfte an den Bischof, während die verbleibenden drei Viertel zu gleichen Teilen zur Bezahlung des übrigen Klerus, für die in der offiziellen Liste geführten Kranken und Armen und für die Erhaltung der kirchlichen Gebäude verwendet wurden. Die finanzielle Selbständigkeit jeder Gemeinde i Sieben unten S. 97.

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hatte zur Folge, daß der Klerus auf dem Land schlecht bezahlt war, während die Geistlichkeit in großen Städten oder an beliebten Heiligtümern gut situiert war. Es galt stets der Grundsatz, daß es die wichtigste Aufgabe der kirchlichen Vermögensverwaltung sei, für die Bedürfnisse der Armen zu sorgen, und Bischöfe, die lieber Geld für Prunk und prachtvolle Kirchen ausgaben, stießen allgemein auf Kritik; aber vor der Zeit Konstantins konnte von solchem Luxus ohnedies keine Rede sein. Es liegt auf der Hand, daß das Almosengeben mißbraucht werden konnte. Schon im ersten Jahrhundert warnte der Verfasser der Didache davor, sich durch falsche Brüder ausnützen zu lassen. Ein ebenso lebendiges wie unbarmherziges Bild malt der heidnische Satiriker Lukian von Samosata (um 170), der beschreibt, wie ein Scharlatan namens Peregrinus Proteus (über den andere heidnische Autoren des zweiten Jahrhunderts sich freundlicher äußerten) aus sehr irdischen Gründen Christ wurde, zum Bischofsamt aufstieg und vom Statthalter von Syrien ins Gefängnis gesteckt wurde; aber Peregrinus wußte die Verehrung seiner Gemeinde für ihren edlen Bekenner so geschickt auszunutzen, daß er einen sehr namhaften Profit erzielte, bevor er seine Freilassung erlangte und auf neue Abenteuer auszog. Lukian besaß keine hohe Meinung von der menschlichen Natur und betrachtete das Christentum lediglich als zusätzlichen Beweis für die Torheit der Menschen. Aber er wußte, daß die Christen mit ihrem Geld unglaublich großzügig umgingen und daß sie lieber zu freigebig waren, als daß sie die Empfänger allzu genau begutachteten. Bis zum Jahre 2 5 1 waren die Mittel der römischen Gemeinde so stark angewachsen, daß sie aus ihrer gemeinsamen Kasse nicht nur den Bischof, 46 Presbyter, 7 Diakone, 7 Subdiakone, 42 Akoluthen, 52 Exorzisten, Lektoren und Türwächter unterhielt, sondern auch über 1500 Witwen und Bedürftige, welche alle „die Gnade und Güte des Herrn ernährte". Die Gemeinde war auch wegen ihrer Freigebigkeit gegenüber weniger wohlhabenden Christen in Gegenden bekannt, die während der Krisenzeit des dritten Jahrhunderts durch Barbareneinfälle verwüstet wurden. Die Verfolgung des

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Jahres 250 unter Decius führte eine Anzahl geflüchteter Bischöfe nach Rom, wo sie sich in der großen Stadt verstecken und auf die Sicherung ihres Lebensunterhaltes durch den Reichtum der Kirche rechnen konnten. Aber nicht nur Christen, sondern auch bedürftige Heiden konnten Almosen erhalten. Die von der Kirche geleistete Hilfe machte Eindruck in einer Welt, in der der Staat, abgesehen von einer Periode im zweiten Jahrhundert und dem kurzen Versuch des Julian Apostata, die Ideale der Kirche in das Heidentum zu übernehmen 2 , nicht an die Durchführung eines allgemeinen sozialen Wohlfahrtsprogrammes dachte. Solange das Christentum ungesetzlich war, konnte die Kirche als solche keinen Besitz haben. Seit dem Anfang des vierten Jahrhunderts, vielleicht schon seit dem Toleranzedikt des Gallienus im Jahre 26o", begann der Kirche testamentarisch Geld und Land vermacht zu werden. Ein Gesetz Konstantins aus dem Jahr 3 2 1 , das solche Vermächtnisse rechtlich anerkennt, setzt voraus, daß sie bereits gang und gäbe waren und daß in einigen Fällen ihre Rechtsgültigkeit angefochten worden war. Als Folge dieses Gesetzes erlebte das vierte Jahrhundert ein großes Anwachsen der kirchlichen Einkünfte aus Stiftungen. In Kleinasien und Syrien war es gegen Ende des vierten Jahrhunderts allgemein üblich geworden, daß man einen bestimmten Teil seines Besitzes (oft ein Drittel) der Kirche vermachte. Im Westen entsprach der für die Kirche bestimmte Anteil dem Erbteil, das ein weiteres Kind erhalten hätte; die westliche Sitte berücksichtigte also stärker die Bedürfnisse der Familie. Eine ungewöhnliche Anschauung vertrat Salvian, ein Presbyter der Gemeinde von Marseilles (400-480), der angesichts der ungeheuern Verarmung durch die Barbareneinfälle am ererbten Reichtum öffentlich Kritik übte und lehrte, wer der eigenen Familie etwas vermache, schade seinen Interessen in der Ewigkeit. Das Christentum scheint besonders bei den Frauen Erfolg gehabt zu haben. Oft kam es durch die Frauen zu seinem ersten Eindrin2 Siehe unten S. 180. 3 Siehe unten S. 136.

Ausbreitung und Wachstum

gen in die oberen Gesellschaftsklassen. Die Christen glaubten an die Gleichheit von Mann lind Frau vor Gott und lasen im Neuen Testament die Weisung, daß ein Ehemarin seine Frau mit der gleichen Rücksicht und Liebe behandeln solle, wie Christus sie seiner Kirche erwiesen habe. Die christliche Lehre von der Heiligkeit der Ehe bot verheirateten Frauen einen wirksamen Schutz4. Die christliche Sexualethik unterschied sich darin von den herkömmlichen Normen der heidnischen Gesellschaft, daß sie eheliche Untreue beim Manne als einen nicht geringeren Vertrauensbruch betrachtete als bei der Frau. Die Lehre des Apostels, daß in Christus nicht Mann noch Frau ist (Gal. 3,2.8), wurde freilich nicht als ein Programm der politischen Emanzipation der Frau verstanden, die in der Antike undenkbar gewesen wäre. Die soziale Rolle der Frau blieb die der Hausfrau und Gattin. Andererseits durchbrach das Christentum radikaler als jede andere Religion die gängigen sozialen Vorstellungen und Ordnungen und förderte den Gedanken der persönlichen moralischen Entscheidung und Verantwortung in einer Weise, die ganz außergewöhnlich war. Das Christentum brachte weder den Frauen noch den Sklaven die politische Emanzipation; aber durch die Lehre, daß alle Menschen nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen und ebenso alle in Christus erlöst seien, weshalb sie mit äußerster Achtung zu behandeln seien, tat es viel zur Hebung ihrer häuslichen Stellung. Was die Kirche zur Sklaverei als Institution eine konservative Haltung 4 Schwierige seelsorgerliche Probleme ergaben sich, wenn eine Ehe in die Brüche ging. Es gab Meinungsverschiedenheiten über die Frage, ob Untreue eines Ehegatten die Scheidung notwendig oder nur zulässig mache (wobei überwiegend die zweite Auffassung vertreten wurde). Auf der Grundlage von Matth. 5,32 und 19,9 stand es fest, daß Ehebruch ein Scheidungsgrund sei. Größere Meinungsverschiedenheiten bestanden über die Wiederverheiratung Geschiedener; beim unschuldigen Teil hielt Augustin sie für eine läßliche Sünde, und im dritten Jahrhundert lehrten einige Bischöfe, daß unter bestimmten seelsorgerlichen Umständen auch der Segen der Kirche erteilt werden könne. Die Gesetzgebung der christlichen Kaiser tendierte aus Rücksicht auf die Bedürfnisse der Kinder zu einer Erschwerung der Ehescheidung, beruhte jedoch nicht auf einer umfassenden Lehre von der Ehe, die es vor den Schriften Augustins kaum gegeben hat.

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einnehmen ließ, war nicht politische Gleichgültigkeit, sondern der Respekt vor Staat und Gesetz, wie er im dreizehnten Kapitel des Römerbriefes gefordert war. Daß ein Mensch an einem andern Eigentumsrechte besaß, wurde als ein Übel erkannt und deshalb für eine Folge des Falles der Menschheit in Adam gehalten. Nach Paulus gilt für die Sklaverei dasselbe wie für die Mischehe mit einem heidnischen Partner, in der der christliche Partner nicht die Initiative zur Erreichung der Trennung ergreifen soll (I. Kor. 7,17-2,4). Als Paulus Scherz und Ernst verbindend den liebenswürdigen Brief schrieb, mit dem er den (möglicherweise entlaufenen) Sklaven Onesimus zu seinen Freunden Philemon, Appia und Archippus zurückschickte, verlangte er nicht, daß ein Christ aus prinzipiellen Gründen einen Sklaven freilassen müsse - obwohl Paulus in diesem besonderen Falle zweifellos hoffte, daß der Besitzer dies tun würde, da er darum bat, daß Onesimus ihm „um des Evangeliums willen" zurückgesandt werde. Einen Sklaven freizulassen galt als „gutes Werk"; man pflegte aus der Kirchenkasse den Loskauf von Sklaven, die in schlechten Haushalten lebten, wie auch von Leuten, die als Kriegsgefangene in die Sklaverei geraten waren, zu bestreiten. .Ein christlicher Herr pflegte die Absicht, einen Sklaven freizulassen, in der Gegenwart des Bischofs feierlich zu erklären, eine Praxis, die Konstantin dadurch bestätigte, daß er dieser Zeremonie die gleiche Rechtsgültigkeit wie der formellen Freilassung vor dem Richter verlieh. In der Kirche waren Herren und Sklaven Brüder. Mehrere freigelassene Sklaven stiegen zum Bischofsamt auf; hier ist besonders Kallist von Rom zu nennen5. Gegen Ende des vierten Jahrhunderts begann die staatliche Gesetzgebung die Besitzrechte zu schützen, indem sie die Weihe von Sklaven zu kirchlichen Ämtern ohne Genehmigung oder finanzielle Entschädigung des Eigentümers untersagte. Während nach römischem Recht Sklaven keine legale Ehe schließen konnten, betrachtete die Kirche Ehen zwischen Sklaven und Freien als unauflöslich. Proteste gegen die Institution der Sklaverei als solche begannen im vierten Jahrhundert laut zu wer5 Siehe unten S. 96. 5

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Ausbreitung und Wachstum

den, als die Christen allmählich in der Lage waren, auf die Sozialpolitik Einfluß zu nehmen. Aber zu dieser Zeit war die Kirche durch Vermächtnisse bereits zu einer bedeutenden Grundbesitzerin geworden und war von Stiftungen für die Gehälter der Geistlichen abhängig, so daß sie sich in einer schwachen Position befand, um wirtschaftliche Veränderungen einzuleiten. Die christlichen Proteste waren zu schwach und kamen zu spät, als daß sie das Wirtschaftssystem der alten Welt hätten revolutionieren können, doch hatten sie die historische Bedeutung, daß sie ein Programm für die Zukunft entwarfen.

Die geographische

Ausbreitung

der Kirche

Das Christentum breitete sich mit bemerkenswerter Schnelligkeit in Syrien und nordwestlich nach Kleinasien und Griechenland aus. Doch im Nordosten traf es auf die Reichsgrenze und auf eine Sprachschranke: das Königreich Osrhoene mit der Hauptstadt Edessa lag bis 216 außerhalb des Imperiums und sprach syrisch, obwohl die Gebildeten in Edessa auch das Griechische beherrschten. Im Lauf des zweiten Jahrhunderts wurde in Edessa eine christliche Gemeinde gegründet. Ihr hervorragendstes Glied Bardesanes war ein Vertrauter König Abgars IX. des Großen, der sich ebenfalls zum Christentum bekehrte. Bardesanes war ein gebildeter Mann, der Dichtungen von solchem Range schuf, daß sie in der syrischen Literatur beinahe klassische Geltung erlangten. Vor seiner Bekehrung war er ein Fachmann für Astrologie gewesen. Ein Schüler faßte seine Lehre in einem oft plagiierten Buch zusammen, das auf ausgedehnten vergleichenden Forschungen beruhte und beweisen sollte, daß die abweichenden religiösen Gebräuche der verschiedenen Völker den astrologischen Schicksalsglauben entwerten und nicht - Heiden wie Celsus argumentierten so - gegenüber dem biblischen Monotheismus den Polytheismus als wahr erweisen. Bardesanes gab jedoch zu, daß sich nicht alle Unterschiede in der Gottesverehrung und nicht alles Böse einfach dem freien Willen

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zuschreiben lassen. Diejenigen Wirklichkeiten in der Welt, die sich weder auf die Natur noch auf die menschliche Freiheit zurückführen lassen, erklärte er deshalb aus dem Kampf zwischen Engeln und Dämonen und durch das Fatum, dem er eine gewisse relative Macht zugestand, die er jedoch für geringer erklärte, als die Astrologen meinten. An diesem Punkt begannen in die dichterische Weltschau des Bardesanes eine Reihe gnostischer Themen und Bilder einzudringen, und obwohl er in Edessa den Marcioniten kräftig Widerstand leistete, traute man in Antochien seiner Orthodoxie nicht. Spätere syrische Christen wie Ephraem (306-373) betrachteten Bardesanes als ein gefährliches Genie. Um seinen Einfluß zu bekämpfen, wurde um das Jahr 200 ein edessenischer Christ namens Palut von Bischof Serapion von Antiochien zum Bischof von Edessa geweiht. Zuerst hatte Palut nur eine kleine Minderheit hinter sich; aber als Edessa dem römischen Imperium einverleibt worden war, konnten die Palutianer nachweisen, daß sie sich im Unterschied zu den Anhängern des Bardesanes der kirchlichen Gemeinschaft mit Antiochien und Rom erfreuten. Die Kirche von Edessa nahm seit dem dritten Jahrhundert als ihren Gründer einen der 72 Jünger Jesu namens Addai in Anspruch, der angeblich auf einen von König Abgar dem Schwarzen (etwa 9-46 nach Chr.) an Jesus geschriebenen Brief hin von diesem nach Edessa entsandt worden war. Man konnte die Antwort Jesu vorweisen, die verhieß, daß Edessa nie erobert werden würde. Man schrieb dem Briefwechsel zwischen Abgar und Jesus magische Wirkung zu und brachte ihn als Inschrift an Häusern an, um Böses abzuwehren. (Das älteste bekannte Beispiel stammt aus dem fünften Jahrhundert und wurde in Kleinasien gefunden; noch im Europa des zwanzigsten Jahrhunderts wird der Text zum gleichen Zweck verwendet). Die Eingliederung in das römische Reich im Jahr 216 und die dadurch geförderte engere Verbindung mit Antiochien brachte den mesopotamischen Christen mit der Zeit eine wichtige Veränderung: obwohl sie eine frühe syrische Ubersetzung der einzelnen Evangelien besaßen, benutzten sie für gewöhnlich das Diatessaron, die Evangelienharmonie Tatians. Ein griechisches 5

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Ausbreitung und Wachstum

Bruchstück dieses Werkes ist in der römischen Festung Dura am Euphrat gefunden worden, wo der Spaten auch die älteste bekannte Hauskirche ans Tageslicht gefördert hat." Im vierten oder fünften Jahrhundert wurde das Diatessaron durch die Peschitta, die syrische Normalübersetzung, verdrängt. Der Text des Diatessarons muß heute aus späteren Bearbeitungen, die sich in arabischer, persischer, lateinischer, holländischer, italienischer und mittelenglischer Sprache erhalten haben, rekonstruiert werden. Legenden des dritten Jahrhunderts in den Thomasakten (die wegen eines in ihnen enthaltenen großartigen Gedichtes, des „Liedes von der Perle", berühmt sind7) liefern einen wahrscheinlichen Beweis dafür, daß es schon damals nicht nur in Persien, sondern sogar auch in Indien - vermutlich an der Malabar-Küste - Christen gab. Der Hauptstrom der Missionstätigkeit ergoß sich nach Westen, und die Tatsache, daß das Auge des Paulus sich auf Italien und Spanien gerichtet hatte, gewann schicksalhafte Bedeutung für die künftige Gleichsetzung von Christentum und europäischer Kultur. Als der Römerbrief geschrieben wurde, bestand in Rom bereits eine starke Gemeinde, und bald erreichte das Christentum andere Städte Italiens. In Pompeji, das durch den Vesuvausbruch im Jahre 79 zerstört wurde, wurde eine Inschrift in Form eines Quadrates gefunden: ROTAS OPERA TENET AREPO S ATOR Die Buchstaben können so umgestellt werden, daß sie PATERNOSTER und A und O ergeben, so daß es sich um ein christliches 6 Siehe unten S. 32.7. 7 E. Hennecke-W. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen 3 II (1964) 349-353-

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Kryptogramm handeln könnte; 8 wenn diese Deutung zutrifft, so gab es in Pompeji vor dem Jahr 79 Christen. Im Jahre 250 bestanden in Italien an die 100 Bischofssitze. In Gallien, Britannien und Spanien machte die Mission langsamere Fortschritte. In Gallien scheint das Christentum mit dem Paulusschüler Crescens (II. Tim. 4, 10) seinen Anfang genommen zu haben. Im Rhonetal lebte im zweiten Jahrhundert eine ständig wachsende Gemeinde griechischer Christen, die enge Verbindungen mit Kleinasien besaßen. Ihre Zentren waren Lyon, w o ein Bischof saß, und eine Missionsgemeinde, die unter der Leitung eines Diakons stand, im benachbarten Vienne. Im Jahre 1 7 7 litten diese Christen schwer unter der Verfolgung Mark Aurels, und nicht lange danach waren sie einer Unterwanderung durch gnostische Lehrer ausgesetzt, die das große Werk des Bischofs Irenaus von Lyon „Widerlegung der fälschlich so genannten Gnosis" veranlaßte. Irenaus predigte sowohl keltisch als auch griechisch, die Missionierung der einheimischen Bevölkerung hatte also begonnen. Bis zum Anfang des vierten Jahrhunderts wurden mehrere Bistümer gegründet, darunter Arles, Vaison, Autun, Rouen, Paris, Bordeaux, Trier und Reims. Wann das Christentum die britischen Inseln erreicht hat, ist ungewiß. Tertullian und Origenes sprechen rhetorisch davon, daß sich das Evangelium sogar bis zu der fernen barbarischen Insel Britannien ausgebreitet habe, aber wahrscheinlich konnte die Kirche dort bis zur Mitte des dritten Jahrhunderts kaum festen Fuß fassen. Am Konzil von Arles (314) nahmen drei britische Bischöfe aus London, York und entweder Colchester oder Lincoln teil. Auch das unglückselige Konzil von Ariminium (Rimini) im Jahre 359' besuchten britische Bischöfe; wir hören, daß drei von ihnen so arm waren, daß sie die Reisekosten nicht aufzubringen vermochten, doch die übrigen waren dazu offenbar im Stande. Die Geschichte 8 Ein anderes, wahrscheinlich aus dem Jahre 107 n. Chr. stammendes Beispiel ist vor kurzem im Palast des römischen Statthalters in Aquincum (Budapest), der einstigen Hauptstadt der Provinz Pannonien, zum Vorschein gekommen. 9 Siehe unten S. 162.

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vom Märtyrertod des heiligen Alban in Verulamium ist von Legende dick überkrustet, dürfte aber zumindest eine historische Grundlage besitzen, da die Grabstätte des Heiligen schon in der Mitte des fünften Jahrhunderts ein Wallfahrtsort war. 1 0 Unter dem Schutze des Konstantius, des Vaters Konstantins, hat Britannien in der großen Verfolgung nicht mehr gelitten als Gallien. Die Archäologie hat in Silchester und Caerwent kleine Basiliken freigelegt, bei denen es sich vielleicht um Kirchen handelt; eine sicher christliche Kapelle ist in der aus dem vierten Jahrhundert stammenden Villa eines reichen Mannes in Lullingstone in Kent zum Vorschein gekommen. Um das Jahr 400, am Vorabend der angelsächsischen Invasionen, war das römische Britannien eine stark christliche Provinz innerhalb des jetzt orthodoxen Imperiums geworden, und der christliche Glaube hatte auch die einheimische Bevölkerung erfaßt. Der älteste britische Autor, dessen Werke erhalten sind, der christliche Mönch Pelagius, gehört in diese Epoche, und er besaß gleichgesinnte Freunde unter den Briten. Als Patrick mit der Mission in Irland begann (vielleicht um 432.), hatte das allmähliche Eindringen der Angelsachsen bereits seinen Anfang genommen. Die heidnischen Angelsachsen stießen auf heftige Ablehnung bei den einheimischen Briten, die wenig oder gar nichts zu ihrer Missionierung unternahmen und sich nach Cornwall, Wales und Irland zurückzogen. Der heilige Patrick klagte darüber, daß seinen missionarischen Bemühungen in Irland von feindseligen britischen Klerikern entgegengearbeitet werde, und mußte einen formellen Protestbrief an den christlichen Fürsten Coroticus (wahrscheinlich Ceretic, Sohn des Cunedda, den Gründer von Cardigan in Wales) richten, da dessen Soldaten die von Patrick gewonnenen Christen, die eben erst die Taufe empfangen hatten, davongeschleppt hatten, um sie als Sklaven zu verkaufen. Erst im Jahr 597 ergriff Papst Gregor der Große die Gelegenheit zu neuer Mission, die sich im Königreich Kent bot, 10 Mit Ausnahme von Alban steht kein einziger der von dem lateinischen Kalender des sechsten Jahrhunderts, dem sogenannten Martyrologium Hieronymianum, für Britannien angegebenen Märtyrer mit diesem Lande ursprünglich in Verbindung.

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und brachte damit die Missionierung der Angelsachsen in Gang. 1 1 Über die Frühentwicklung des Christentums in Ägypten haben sich wenige Nachrichten erhalten. Papyrusfragmente zeigen, daß im zweiten Jahrhundert die Mission weit hinauf in das Niltal vorgedrungen war. Das frühe ägyptische Christentum scheint, nach späteren Maßstäben beurteilt, keinen allzu orthodoxen Charakter besessen zu haben: erhaltene Fragmente des „Ägypterevangeliums" neigen wie viele andere apokryphe Evangelien zu der „enkratitischen" Anschauung, daß die Ehe mit der christlichen Vollkommenheit unvereinbar sei, sind aber sonst nicht häretisch. Die von Klemens von Alexandrien am Ende des zweiten Jahrhunderts bezeugte Überlieferung, daß die alexandrinische Gemeinde von Markus, dem Schüler des Petrus (vgl. I. Petr. 5, 13), gegründet worden sei, ist vielleicht ein Widerhall der Tatsache, daß die Rechtgläubigkeit durch Mission aus Rom um die Mitte des zweiten Jahrhunderts gebracht wurde, zu einer Zeit, als die römische Gemeinde in einem Kampf auf Leben und Tod mit den Marcioniten und den Valentinianern stand. Ein Papyrusfund beweist, daß das Werk des Irenäus gegen die Gnosis schon wenige Jahre nach seiner Veröffentlichung in Oxyrhynchos gelesen wurde, woraus geschlossen werden kann, daß man in Ägypten sehr besorgt um die Aufrechterhaltung der Orthodoxie war. Vor Klemens von Alexandrien und Origenes ist das Wesen des alexandrinischen Christentums nicht klar zu erfassen. Im römischen Afrika, das heißt in dem kulturell und wirtschaftlich nach Norden, nach Europa, orientierten Küstenstreifen, dessen natürliche Hauptstadt die alte phönizische Handelsstadt Karthago bildete, wird das Christentum erstmals durch die lateinischen Akten der Märtyrer von Scillium in Numidien bezeugt, die im Jahr 180 hingerichtet wurden. Die Anfänge der Mission müssen viel weiter zurückliegen. Um 200 gibt Tertullian nicht nur von der Lebenskraft der Kirche in Karthago und in Africa Proconsularis (dem nördlichen Tunesien) Zeugnis, sondern auch von der Existenz von 1 1 Siehe unten S. 301.



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Gemeinden in weiter Ferne, in den Provinzen Byzacena (Südtunesien), Numidien und Mauretanien (Algerien). Und die christliche Bevölkerung war in Tertullians Zeit sehr zahlreich. Hesterni sumus et vestra omnia irnplevimus: „Gestern sind wir erschienen, und schon haben wir alles, was euer ist, überflutet, Stände und Inseln, Garnisonen, Gemeinden, Versammlungshallen, ja Heerlager, Stadtbezirke und Stadträte, Palast Senat und Forum. Gelassen haben wir euch einzig und allein die Tempel". 1 2 Die Herkunft der ersten Missionare ist unbekannt. Tertullian blickte nach Rom als einem benachbarten Bischofssitz apostolischer Gründung, zu dem die afrikanische Christenheit enge Verbindungen besaß. Aber Karthago trieb viel Handel mit der Levante, und es ist gut möglich, daß die ersten Missionare von dort kamen. Um 2.00 gab es viele afrikanische Christen, deren erste Sprache Griechisch war, und es bestanden Unterschiede der Sitte zwischen den griechischen und den lateinischen Brüdern. Vielleicht waren es afrikanische Missionare, die die ersten lateinischen Bibelübersetzungen schufen, wobei sie Ausdrücke der Volks- und Umgangssprache verwendeten und ihre Übersetzungen wahrscheinlich nicht alle am gleichen O r t und zur selben Zeit anfertigten, sondern Stück um Stück, wie es die Umstände erforderten. Die vielen einzelnen Übersetzungsversuche wurden zu der ersten lateinischen Bibel zusammengefaßt, die um 400 so fest als offizielle Übersetzung eingebürgert war, daß die revidierte Ausgabe des Hieronymus (die sogenannte Vulgata) auf heftige Ablehnung stieß. Abgesehen von der geplanten Reise des Paulus nach Spanien bilden Anspielungen bei Irenäus und Tertullian die ersten Zeugnisse für das Vorhandensein von christlichen Gemeinden in Spanien. Cyprian erwähnt Gemeinden in den Hauptstädten Leon, Astorga, Merida und Saragossa. A m Anfang des vierten Jahrhunderts vermitteln die Kanones der Synode von Elvira ein lebendiges Bild von der großen Ausdehnung, die die Kirche damals bereits erreicht hatte, und von den Problemen moralischer Laxheit, mit denen sie 12 Tertullian, Apol. 37.

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sich auseinandersetzen mußte. Eine führende Gestalt dieses Konzils, Ossius oder Hosius von Cordoba, wurde Kaiser Konstantins Ratgeber in kirchlichen Fragen. Die Christen selbst staunten darüber, mit welcher Geschwindigkeit und in welchem Ausmaß sich die Kirche schon vor Konstantin ausbreitete. So ist es kaum überraschend, daß die Kirche in dem Gefühl lebte, auf dem Kamm einer Erfolgswelle zu schwimmen, und daß sie der Welt mit jenem Selbstvertrauen entgegentrat, das ein charakteristisches Merkmal der frühen Apologeten ist.

Die Verteidigung des Glaubens Es ergab sich mit innerer Notwendigkeit aus dem Wesen der Kirche, daß sie von Anfang an in der Auseinandersetzung mit Kritikern stand und daß die Formulierung ihrer Lehren in einem geistigen Dialog, der sowohl innerhalb der Kirche als auch mit den Außenstehenden geführt wurde, erarbeitet wurde. Die ersten Kritiker der Kirche waren orthodoxe Juden, und die Diskussion zwischen Kirche und Synagoge nahm während eines überraschend langen Zeitraumes die Aufmerksamkeit christlicher Denker in Anspruch. Es ist kein Zufall, daß das umfangreichste erhaltene Werk eines Christen aus dem zweiten Jahrhundert der Dialog mit dem Juden Tryphon ist, der um 160 von Justin dem Märtyrer geschrieben wurde. Dieser Dialog ist das umfangreichste Beispiel einer verbreiteten Literaturgattung, die sich hauptsächlich mit dem Anspruch des Christentums beschäftigte, es sei die universale Religion, die .die Propheten ersehnt hätten, und deren Hauptinhalt ausführliche Beweisführungen auf Grund einzelner prophetischer Texte bildeten. Es war nur natürlich, daß die orthodoxen Juden die Behauptung der Kirche, in einer Kontinuität mit der bisherigen Geschichte des erwählten Gottesvolkes zu stehen, zurückwiesen und die allegorische Ausdeutung der mosaischen Gesetze, die Beschneidung, Sabbat und Opfer vorschrieben, und der Speisegebote (wie sie sich im Barnabasbrief findet) als Sophisterei verwarfen.

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Für die orthodoxen Juden waren die Christen gefährliche Opportunisten, die die dem Moses offenbarte unveränderliche Religion umgestalteten, um sie heidnischen Vorurteilen schmackhafter zu machen. In christlichen Augen war der ausgeprägte Heilspartikularismus des Judentums unvereinbar mit dessen eigenen monotheistischen Prinzipien: War nicht der Gott der Juden auch der Gott der Heiden? (vgl. Rom. 3,29 f.) Die Christen betrachteten die Zeremonialbestimmungen des Mosegesetzes als eine besondere Zuchtordnung, die aus guten Gründen für eine bestimmte Zeit erlassen worden war, die aber nicht als das erste und letzte Wort Gottes gelten konnte. Sie blickten gerne auf die Patriarchen vor Moses zurück, die sich an kein anderes Gesetz als an den moralischen Imperativ ihres eigenen Gewissens zu halten hatten, und sie behaupteten, Moses sei gezwungen gewesen, den Juden die besonderen Zeremonien des Buches Leviticus aufzuerlegen, weil sie die Neigung zeigten, sich mit den heidnischen Kanaanäern zu vermischen, und deshalb eine strenge Ordnung brauchten, um sie von diesen zu unterscheiden und fernzuhalten. Diese geschichtliche Notwendigkeit gehörte jetzt der Vergangenheit an. Justin der Märtyrer erblickte in der Bergpredigt eine universal gültige Ethik, die die höchsten Bestrebungen des Judentums fortführte, aber von den Fesseln des Zeremonialgesetzes befreit war, das nur einem einzigen unter Hunderten von Völkern, die Gott geschaffen hatte, als religiöse Norm diente. Die Einstellung der Christen war noch unerträglicher durch den Umstand, daß sie mit allem Nachdruck betonten, daß in dem von dem Messias Jesus gestifteten neuen Bund die blutmäßige Abkunft von Abraham bedeutungslos sei. Die orthodoxe Synagoge neigte zu der Anschauung, daß alle Juden einfach kraft ihrer Zugehörigkeit zum erwählten Volke zumindest keimhaft den Glauben besäßen, auch wenn man offen zugab, daß es viele Juden gab, die ihren Glauben nicht in der Praxis betätigten. Die Christen schieden auf der anderen Seite schärfer und grundsätzlicher zwischen Glauben und Unglauben, und die Annahme des christlichen Glaubens erforderte die Entscheidung für eine tiefere Bindung. Obwohl die

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Aufnahme in die Kirche durch die Taufe in bezug auf die christliche Gemeinde ein in höchstem Maße sozialer und gemeinschaftsbezogener Akt war, so wurde der Akt des Glaubens doch individualistischer als im Judentum verstanden. Das Evangelium von Christus entzweite Familien und brachte überkommene soziale Verhaltensmuster durcheinander. Es ist nicht überraschend, daß das Christentum in einigen Fällen wie etwa bei den von der Johannesapokalypse bekämpften Nikolaiten seelische Erregungszustände hervorrief und zum Antinomismus führte; mißverstandene Aussagen des Paulus über die Freiheit vom Gesetz und über das Erbe der Kinder des Reiches konnten die Dinge leicht noch schlimmer machen. Als Antwort auf die Gefahr einer solchen Anarchie wird in den christlichen Schriften des zweiten Jahrhunderts eine stark moralistische Denkweise sichtbar, die als Abstieg gegenüber der ursprünglichen geistigen und geistlichen Lebendigkeit des apostolischen Zeitalters abzuwerten allzu billig ist. In den Jahren um 100 muß der Eindruck geherrscht haben, daß neubekehrte Christen, die aus dem Heidentum kamen, keine Art der Unterweisung so dringend brauchten wie klare moralische Anweisungen und Ermahnungen zu guten Werken. Obwohl die Christen am Judentum wegen seines religiös-völkischen Partikularismus und wegen seiner Exklusivität gegenüber der Umwelt Kritik übten, dürften sie selbst heidnischen Beobachtern kaum weniger exklusiv erschienen sein. Sie teilten die jüdische Zurückhaltung gegenüber den heidnischen Göttern und dem Kaiserkult. Die meisten Christen hielten es für unvereinbar mit ihrem Gewissen, das auf dem Markt verkaufte Götzenopferfleisch zu essen. Sie lebten zurückgezogen, hielten abgesonderte, oft heimliche Zusammenkünfte und besuchten nicht die öffentlichen Darbietungen und Gladiatorenkämpfe, die zur Unterhaltung der Masse veranstaltet wurden. Gleichwohl rekrutierten sich die Christen aus allen Gruppen und Klassen der Gesellschaft. In heidnischen Augen konnte im römischen Reich religiös begründetes exzentrisches Verhalten geduldet werden, sofern es weder einen moralisch verderblichen Einfluß ausübte, noch politisch gefährlich war und sofern es sich um die Religion einer bestimmten Volksgruppe handelte;

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war dies der Fall, so konnte der betreffende Kult wirkungsvoll als die ehrenwerte Pflege ererbter Überlieferung verteidigt werden. Die Christen aber standen im zweiten Jahrhundert weithin in dem Verdacht, heimliche Greueltaten zu begehen, sie nahmen gegenüber dem Kriegsdienst in der römischen Armee gewöhnlich eine reservierte Haltung ein, und sie fielen durch ihre mangelnde Achtung für solche religiösen Formen auf, die sich lediglich als überkommene Übung rechtfertigen ließen. Der antichristliche Pamphletist Celsus in der Zeit M a r k Aurels hat den Gegensatz prägnant ausgesprochen. Er verabscheute und verachtete die Juden von Herzen, erklärte jedoch prinzipiell seine Toleranz für ihre seltsamen religiösen Bräuche: „Die Religion der Juden mag höchst eigentümlich sein, aber es handelt sich wenigstens um den Brauch ihrer Väter." Die Christen auf der anderen Seite folgten keiner ererbten Überlieferung, nicht einmal der jüdischen, von der sie ausgegangen waren, und brachten im ganzen römischen Reich mit unheimlichem Erfolg Menschen dazu, den alten Polytheismus preiszugeben, der durch jahrhundertelange Pflege in dem Gefüge der Gesellschaft tief eingewurzelt war. Obwohl Celsus die Tradition des Polytheismus aufrecht hielt, fühlte er sich dabei nicht ganz wohl; er war zweifellos von den skeptischen Einwänden der Philosophen berührt. Aber der philosophische Skeptizismus neigte dazu, den sozialen und religiösen Konservatismus zu verstärken. Ein Skeptiker wie Cicero vertrat ausdrücklich die Meinung, daß man, da es unmöglich sei, irgendetwas sicher zu erkennen, mit aller Strenge die jahrhundertealten Überlieferungen und religiösen Gebräuche des Altertums fortführen müsse. Sie aufzugeben würde bedeuten, daß man Zutrauen zu den eigenen Gründen für eine solche Entscheidung hätte und an die Überlegenheit einer Alternativlösung glaube. Celsus vertrat in der Frage der Tradition eine ähnlich konservative Haltung und lehnte die Christen ab, weil ihre Grundeinstellung falsch war. Die Juden vermochten zum Teil deshalb größere Toleranz zu erlangen, weil sie stärker vor jeder öffentlichen Verunglimpfung der heidnischen Kulte zurückscheuten. Sowohl Philo wie Josephus vertraten die Meinung, daß zwar der Gott der Bibel der einzig wahre

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Gott sei, daß es aber trotzdem falsch sei, die religiösen Gefühle anderer zu beleidigen, und riefen auch ihre jüdischen Volksgenossen zur Zurückhaltung auf. Sie begnügten sich damit, von der kaiserlichen Regierung die gleiche Toleranz zu verlangen, wie sie auch anderen Nationalreligionen gewährt wurde, und legten mehr Wert auf die Verteidigung ihres Glaubens und die Erhaltung der Kultfreiheit als auf aktive Mission unter den Heiden, um diese als Proselyten zu gewinnen. Im Gegensatz dazu war für die Christen die raison d'etre der Kirche deren versöhnende Funktion für die ganze Menschheit, für Juden und Heiden, Fromme und sogar Unfromme in gleicher Weise. Wie Philo mißbilligte auch Paulus die Schändung heidnischer Tempel, aber er vertrat eine denkbar niedrige Anschauung von der polytheistischen Religion. Es war das Paradox des Christentums, daß es eine revolutionäre religiöse Bewegung darstellte, jedoch ohne eine bewußte politische Ideologie; es zielte darauf, die Gesellschaft in allen ihren Schichten zu erobern, aber gleichzeitig war seine Gleichgültigkeit gegenüber den Machtverhältnissen in dieser Welt einer seiner charakteristischen Züge. Celsus war unseres Wissens der erste, der erkannt hat, daß diese unpolitische, quietistische und pazifistische Gemeinschaft die Macht in Händen hatte, die soziale und politische Ordnung des römischen Imperiums zu verändern. Er unternahm den bewußten Versuch, den traditionellen Polytheismus durch ein geschlossenes System philosophischer und theologischer Prinzipien zu begründen, damit die alte Religion mit Hilfe dieses geistigen Rüstzeugs dem christlichen Ansturm Widerstand leisten könne. Es ist kennzeichnend, daß Celsus dies nur zustandebrachte, indem er seinen christlichen Widersachen weitgehende Konzessionen machte und indem er sich zahlreiche Argumente der christlichen Apologeten aneignete und sie für seine eigenen Zwecke umdrehte. Jedoch die Zukunft gehörte dem Programm, das zuerst Justin der Märtyrer verkündet hatte: danach würde die Kirche mit platonischer Metaphysik und stoischer Ethik gemeinsame Sache machen, aber den heidnischen Mythus und Kultus als eine dämonische, abergläubische Lügenreligion verwerfen, die von bösen Mächten verbreitet wurde und

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nur durch Voreingenommenheit und falsche Information über das Wesen der Kirche am Leben blieb. Wenn von der Kirche des zweiten Jahrhunderts Beweise für den übernatürlichen Ursprung ihres Glaubens gefordert wurden, so antwortete sie in erster Linie mit dem Hinweis auf die Erfüllung der alttestamentlichen Prophetie durch Jesus und auf den sichtbaren Beweis, der durch die weltweite Verbreitung des Christentums erbracht wurde. Gelegentlich, doch weniger häufig, beriefen sich die Christen auch auf die Wunderberichte der Evangelien als Zeugnisse für die göttliche Macht Jesu. Dieses Argument spielte jedoch selbst in der populären Apologetik nur eine ganz untergeordnete Rolle. Justin dem Märtyrer galt die Erfüllung der alten Prophetie als der zwingendste Beweis, den er kannte. In der alttestamentlichen Prophetie fand Justin eine Fülle von Angriffen auf alle bloß äußerliche Gesetzlichkeit: Gott wollte Barmherzigkeit, nicht Opfer und hatte kein Gefallen an den Zeremonien des Judentums. Bei den Propheten fand Justin auch zahlreiche Verheißungen einer großen Erneuerung durch einen neuen Bund und das Kommen des Messias. Aus dem Alten Testament konnte man deshalb sowohl Beweise für die Verwerfung des Judentums als einer für immer eingesetzten Ordnung als auch Voraussagen der weltweiten Ausbreitung der Kirche gewinnen, die sich nach Justin in der Zwischenzeit zwischen der Himmelfahrt Christi und der endzeitlichen Vollendung, auf die die Welt unter der Führung der Vorsehung zuging, vollziehen würde. Die früheste christliche Theologie bestand zu einem großen Teil aus der Auslegung der alttestamentlichen Prophetie, die man als Ankündigung des Evangeliums deutete. Justin und seine Zeitgenossen fanden „Typen" oder Präfigurationen der Erlösertat Christi in dem Auszug aus Ägypten, in Josua, der den Jordan überschritt, um das verheißene Land zu betreten, in Noah, der Gestalt, die die erneuerte Menschheit symbolisierte, in den ausgebreiteten Armen des Moses, die den Sieg über die Amalekiter ermöglichten, und in vielen anderen biblischen Gestalten und Ereignissen. Die Bedeutung dieser Tradition alttestamentlicher Auslegung läßt sich aus der Tatsache ermessen, daß noch durch Jahr-

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hunderte die Unterweisung der Katechumenen über die Person Christi ihrem Hauptinhalt nach von der Auslegung der Prophetentexte bestimmt war. Die Kirche des zweiten Jahrhunderts wußte, daß ihr gekreuzigter Herr die Mächte des Bösen besiegt hatte; aber wenn die Christen aufgefordert wurden, dies zu erklären und zu begründen, so zitierten sie die prophetischen Leidensweissagungen, vor allem das 53. Kapitel des Jesajas über den leidenden Gottesknecht und den 2.2. Psalm vom Leiden des Gerechten. Der Hinweis auf die universale Ausbreitung, die der christliche Glaube innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeitspanne erlebt hatte, war nicht nur, wie man meinen könnte, das einfache Argument des Erfolges. Dieser Beweis enthielt vielmehr die Behauptung, daß sich die Wahrheit des Evangeliums in der sittlichen Bewährung erweise, wie sie in der Glaubensüberzeugung der Apostel und in der aufrechten Haltung der Märtyrer zum Ausdruck kam. Wäre die Auferstehung eine Täuschung gewesen - so lief die Beweisführung - dann hätten die Apostel nicht ihr Leben dafür eingesetzt. Der Glaube einer Handvoll ungebildeter Fischer hatte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit von Indien bis Mauretanien und vom Kaspischen Meer bis zu den noch gänzlich barbarischen Stämmen Britanniens verbreitet. Die Träger dieser Ausbreitung waren keine großen Redner oder subtilen Denker gewesen, und sie hatten sich gegen den Widerstand voreingenommener, aufgebrachter Massen und einer feindseligen Regierung durchsetzen müssen. Trotzdem hatten sich die Gemeinden mit einer außergewöhnlichen und unheimlichen Geschwindigkeit vermehrt und ausgebreitet. Als sich Konstantin am Anfang des vierten Jahrhunderts dem Christentum zuwandte, erschien dies wie die Erfüllung eines Traumes. Für den zeitgenössischen Historiker Eusebius von Caesarea (etwa 262-339) stellte die Bekehrung des Kaisers einen wesentlichen Schritt in der Ausbreitung des Evangeliums durch das ganze römische Reich dar, von wo es mit der Zeit die Barbaren jenseits der Grenzen erreichen würde. In der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts gab es einige Christen, die glaubten, daß die Ausbreitung der Kirche bis zu dem Punkt, wo sie sich mit der Menschheit decken würde, der innerliche,



Ausbreitung und Wachstum

symbolische Sinn der primitiven, „mythologischen" Hoffnung auf die Wiederkunft Christi sei. Nach Ansicht von Bischof Melito von Sardes (etwa 160-70) war das politische Friedenswerk des Augustus von der Vorsehung gelenkt und Teil der göttlichen Vorbereitung des Evangeliums. Die Bestimmung von Kirche und Imperium war in den geheimnisvollen Absichten Gottes irgendwie miteinander verknüpft. Justin der Märtyrer hielt die römischen Armeen, die im Jahre 70 Jerusalem zerstörten, für die Werkzeuge des Gerichts an einem Volk, das den Messias verworfen und nicht den neuen Abschnitt der Heilsgeschichte erkannt hatte, der jetzt begonnen hatte und in dem die Tempelopfer abgeschafft waren. In gleicher Weise verstand Eusebius von Caesarea die Bekehrung Konstantins als eine Tat Gottes, die dem Christentum im Zentrum der Regierungsentscheidungen seinen Platz verschaffte, um ihm so die Möglichkeit zu weiterer Ausbreitung zu geben. Gleichwohl richtete sich die christliche Mission nicht nur auf die Machtzentren. Sie wandte sich bewußt an das einfache Volk, und die Ideale der Einfalt und Demut wurden den Trägern der christlichen Verkündigung niemals fremd und gleichgültig. Die Missionare waren der selbstverständlichen Überzeugung, daß das Evangelium den Bedürfnissen des irdischen Menschen genau entspreche und daß sie mit dem einfachen Menschen in seiner alltäglichen Umgangssprache verkehren müßten. Sie schrieben Hymnen und Lieder zum Singen für die des Lesens Unkundigen, und in einer äußerst rangund klassenbewußten Welt, deren einzelne Schichten sich nicht nur durch Benehmen und Sprache, sondern auch durch Anredeformen und Kleidung unterschieden, unternahmen es die Christen bewußt, die Armen mit Würde und ohne Herablassung zu behandeln. Es gibt keine Gründe für die Annahme, daß die christliche Bewegung in ihrer Frühzeit jemals eine politische revolution manquee gewesen wäre, oder daß es sich in der Geschichte der Kirche eigentlich um eine Erhebung der Proletarier gehandelt habe, in der Angehörige der Bourgeoisie der Führung übernommen und sie in eine unschädliche, jenseitsorientierte Mystik abgeleitet hätten. Solche Theorien lassen sich nur bei einer gewaltsamen und willkürlichen

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Verwertung der Quellen vertreten. Aber es trifft sicher zu, daß diese wesenhaft religiöse Bewegung bedeutende soziale und politische Entwicklungsmöglichkeiten enthielt, von denen viele in der römischen Kaiserzeit nicht zu voller Verwirklichung kamen. Die alten polytheistischen Götter waren wesentlich Lokalgottheiten, die nur von den Bewohnern einer bestimmten Gegend verehrt wurden. Selbst nachdem der Isiskult und die orientalischen Mysterienreligionen sich über ihre ursprüngliche Heimat hinaus verbreitet hatten, zeigte sich in ihrer Kultpraxis ein überraschend geringes Universalitätsbewußtsein. Im Lauf des zweiten Jahrhunderts deuteten heidnische Denker diese lokalen Götter nach der Analogie von Provinzstatthaltern, die die Welt im Auftrag der höchsten Macht verwalten, die selbst zu erhaben ist, um mit Einzelheiten der Verwaltung behelligt zu werden; so wurde eine Art Monotheismus zur allgemeinen Anschauung der Gebildeten. Im dritten Jahrhundert verband sich dieses Streben nach dem Monotheismus mit dem Sonnenkult. Es läßt sich deshalb mutmaßen, daß das Christentum seinen Erfolg im römischen Reich zum Teil dem Umstand verdankte, daß es dem Bedürfnis des Imperiums nach einer universalen Religion, mit dem es sich identifizieren konnte, am besten entsprach. Im vierten Jahrhundert gibt es christliche Autoren, die ohne weitere Erörterung annehmen, daß „römisch" und „christlich" fast Synonyma seien. Aber in Wirklichkeit brach die Synthese zwischen römischen Imperialismus und Christentum auseinander: teils weil die Christen sich bewußt waren, daß das Evangelium auch den feindlichen Barbaren gebracht werden müsse, teils weil die alte Tradition einer gewissen Distanz, ja sogar Gleichgültigkeit gegenüber dieser vergänglichen Welt erneut zur Geltung kam.

4- Kapitel JUSTIN UND IRENAUS Justin der

Märtyrer

Die gnostischen Häretiker hatten sich auf die Grundsätze des Piatonismus berufen, um ihrer Lehre, daß die auserwählte Seele von dem der materiellen Welt einwohnenden Bösen befreit werden müsse, damit sie so zu ihrer wahren Heimat entkommen und die Schau der Seligen genießen könne, eine philosophische Grundlegung zu geben. Ihr tiefer Pessimismus gegenüber der geschaffenen Welt war nicht ganz legitim aus dem Wortlaut Piatons abgeleitet, aber die Beweisführung war doch glaubwürdig genug, um Eindruck zu machen. Die Tatsache, daß sich die Gnostiker auf die heidnische Philosophie beriefen, wirkte auf jene, die die Gnosis als Zerstörerin der Wahrheit fürchteten, nicht gerade als Anreiz zu philosophischen Studien. Die Philosophie gewann den Anschein, die Mutter der Häresie zu sein. Für Irenäus war die Gnosis ein Lumpensack voll heidnischer Spekulationen, vermischt mit von verschiedenen Philosophen übernommenen Brocken, die eine widervernünftige Schwindelmythologie aufputzen sollten. Sein Nachfolger in der Ketzerpolemik, Hippolyt, dessen Denken eine seltsame Mischung von Gelehrsamkeit und Stumpfsinn bildete, schrieb eine langatmige Widerlegung der verschiedenen Sekten, die auf der Voraussetzung beruhte, daß jede von ihnen das ursprüngliche Evangelium durch Lehren, die sie von einem heidnischen Philosophen übernommen hätte, verfälscht habe; Hippolyt hat in seinem Werk durch Zufall zahlreiche Fragmente klassischer Philosophen, etwa von Heraklit, aufbewahrt, die uns sonst.verloren wären. Tertullian machte sich voll Verachtung über die Leute lustig, die „ein stoisches, platonisches oder aristotelisches Christentum Vertreten". Es war eine

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gnostische These, daß der Glaube der philosophischen Vertiefung bedürfe. „Was hat Athen mit Jerusalem gemein?". Doch in der Mitte des zweiten Jahrhunderts herrschte eine ganz andere Atmosphäre. Justin der Märtyrer war Anfang des zweiten Jahrhunderts als Sohn griechischer Eltern in Samarien geboren. Als junger Mann ging er nach Ephesus, um dort Philosophie zu studieren. In seinem Dialog mit Tryphon schildert er seine Suche nach der Wahrheit in literarisch ausgeschmückter Form, die aber durchaus einen wahren Kern haben kann. Er begann bei einem stoischen Lehrer - die Stoa war in dieser Epoche noch immer die beliebteste philosophische Richtung - ging aber dann zu einem aristotelischen Lehrer über, der ihm durch ein ganz unphilosophisches Interesse für das Unterrichtsgeld seine Illusionen nahm; darauf ging Justin zu einem Pythagoreer und zuletzt zu einem Platoniker, mit dem er sehr zufrieden war, hauptsächlich wegen der religiösen und mystischen Seite des platonischen Denkens. Plato hatte in ekstatischen Ausdrücken von der Gottesschau der Seele geschrieben. Doch als sich Justin einmal am Meeresstrand einsamem Nachdenken hingab, begegnete er einem alten Mann, der die platonische Lehre von der Seele widerlegte und ihm anschließend von den Propheten des Alten Testamentes erzählte, die das Kommen Christi vorhergesagt hatten. Justin bekehrte sich zum Christentum, verstand dies aber nicht in dem Sinne, daß er seine philosophischen Forschungen aufgeben oder gar alles preisgeben müsse, was er vom Piatonismus gelernt hatte. Er betrachtete das Christentum als die „wahre Philosophie" und begann deshalb die offizielle Tracht eines Lehrers der Philosophie zu tragen (die in seiner Zeit eine ähnliche Autorität ausstrahlen, aber auch ebenso abstoßend wirken konnte, wie in der modernen westlichen Welt der Priesterkragen)1. Justin zog von Ephesus nach Rom, wo er bald nach dem Jahr 1 5 1 eine Apologie des Christentums an den Kaiser Antoninus Pius richtete. Einige Jahre darauf, als die römische Gemeinde in einem kritischen Augenblick ihrer Geschichte von dem Stadtpräfekten Lollius Urbicus hart bedrängt 1 Der christliche Klerus trug in dieser Zeit keine besondere Kleidung.

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worden war, gab Justin sein Werk mit einem Anhang neu heraus, der gewöhnlich Zweite Apologie genannt wird. Der Dialog mit dem Juden Tryphon entstand nach der ersten Apologie, wahrscheinlich um 160, ist aber als Bericht über eine Diskussion gestaltet, die Justin um 135 mit Tryphon geführt hatte. Justin verwarf mit Entschiedenheit den heidnischen Mythus und Kultus als einen groben Aberglauben, der vom Bösen durchdrungen sei, brachte aber dafür der klassischen philosophischen Tradition die denkbar höchste Wertschätzung entgegen. Der transzendente Gott Piatons, der sich menschlichem Begreifen entzieht, ist der Gott der Bibel. Sokrates erkannte richtig, wie verdorben die alte Religion war, und wurde deshalb von den Athenern zu Tode gehetzt - ein Vorbild an moralischer Integrität für christliche Märtyrer. Noch viele andere Inhalte der platonischen Tradition werden von Justin mit Wärme aufgenommen: Piaton lehrte richtig, daß die Seele eine besondere Verwandtschaft mit Gott besitze, daß der Mensch für seine Taten verantwortlich sei und daß es in der zukünftigen Welt Gericht und Gerechtigkeit geben würde. Justin ist allerdings auch der Meinung, daß Piaton einige Fehler gemacht habe, z. B. mit der Annahme, daß die Seele von sich aus eine natürliche, ihr wesenhaft zukommende Unsterblichkeit besitze und nicht nur in Abhängigkeit vom Willen des Schöpfers, oder wenn er den deterministischen Mythos von der Seelenwanderung bejahte. Aber in Justins Augen ist es das Bemerkenswerte, in wie vielen Fällen Piaton das Richtige traf: er wußte zumindest, daß es sehr schwer ist, die Wahrheit ohne besondere Unterstützung zu finden, und mußte sich wahrscheinlich wegen der Voreingenommenheit der polytheistischen Gesellschaft, in der er lebte, Zurückhaltung auferlegen, so daß er nicht alles aussprechen konnte, was er erkannt hatte. Wie Piaton zu diesen tiefen Einsichten gelangt sei, erklärt Justin durch zwei Hypothesen. Die erste Hypothese war bereits ein traditionelles apologetisches Thema der griechischen Synagoge, nämlich die Behauptung, Piaton und die griechischen Weisen hätten die geheimnisvollen Allegorien des Pentateuch benutzt, die ihnen dunkle Hinweise auf die Wahrheit vermittelt hätten. Die zweite Hypothese

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war die Weiterentwicklung des paulinischen Gedankens vom Wert und der Gültigkeit des allgemeinen moralischen Gewissens, ganz unabhängig von jeder speziellen Offenbarung (vgl. Rom. 1 - 2 ) . Wo Paulus gefolgert hatte, daß alle Menschen vor Gott verantwortlich und letztlich unentschuldbar seien, dort folgert Justin, daß das Licht, das alle Menschen besitzen, von der göttlichen Vernunft, dem Logos Gottes, eingepflanzt sei, der in Jesus Fleisch wurde und der überall in der höchsten Tugend und Weisheit tätig und gegenwärtig ist, wo immer sie sich finden mögen. Justin gibt in diesem Sinne eine überraschende Deutung des Gleichnisses vom Säemann. Der göttliche Säemann säte seine gute Saat in seiner ganzen Schöpfung. Justin erhob nicht den strengen und ausschließlichen Anspruch, daß allein die Hebräer die göttliche Offenbarung empfangen hätten, womit er anderen Quellen der Weisheit ihren Wert genommen hätte. Abraham und Sokrates sind in gleicher Weise „Christen vor Christus". Aber ebenso wie die Hoffnungen der alttestamentlichen Propheten ihre Erfüllung in Christus fanden, so fanden auch die richtigen Erkenntnisse der griechischen Philosophen ihre Vollendung erst im Evangelium von Christus, der das höchste ethische Ideal verkörpert. Für Justin ist Christus das Prinzip der Einheit und der Maßstab, mit dem wir die Wahrheit beurteilen können, die gleichsam in Samenkörner zerteilt unter die verschiedenen Philosophenschulen ausgestreut ist, soweit diese sich mit Religion und Ethik befaßt haben. Justins Abhängigkeit von der platonischen Philosophie besitzt an einem entscheidenen Punkt weitreichende Bedeutung für seine Theologie. Er benützt die Vorstellung vom göttlichen Logos einerseits, um zu erklären, wie der transzendente Vater des Alls mit der endlichen Welt in Verbindung tritt, andererseits, um seinen Glauben an die durch die Propheten und in Christus geschehene Offenbarung Gottes zu rechtfertigen. Der göttliche Logos, so sagt Justin, inspirierte die Propheten und war in Jesus Christus ganz gegenwärtig. Dieses Wirken der Inspiration und sein Höhepunkt, die tatsächliche Menschwerdung, sind Sonderfälle göttlicher Immanenz in der Welt. Justins These impliziert die Anschauung, daß

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der Unterscheidung zwischen „Vater" und „Sohn" auch eine Unterscheidung zwischen transzendentem und immanentem Gott entspricht. Der Logos-Sohn ist notwendig als Vermittler zwischen dem erhabenen Vater und der materiellen Welt. Justin-betont deshalb, daß der Logos „ein anderer" als der Vater ist, aus dem er durch einen Prozeß hervorgegangen ist, der das Sein des Vaters in keiner Weise vermindert oder teilt, sondern in der Weise, wie eine Fackel an der anderen entzündet wird. Er ist Licht vom Lichte. Justin wußte sehr wohl von der Existenz gnostischer Häresien und schrieb eine (verlorene) Abhandlung zu ihrer Widerlegung. Er glaubte an den freien Willen des Menschen und stand deshalb der gnostischen Lehre kritisch gegenüber, daß das Heil von einer Prädestination abhänge, die sich nicht nach der sittlichen Höhe des Menschen richte. Und sein Vertrauen auf die Kraft des Beweises aus der erfüllten Prophetie ließ ihn in radikalen Gegensatz zu der Herabsetzung des Alten Testaments durch Marcion treten. In seiner Kritik an der gnostischen Abwertung der natürlichen und materiellen Welt betonte Justin, daß die Schöpfung das Werk des höchsten Gottes sei, der durch den Logos als Mittler handelt; in der Inkarnation habe der Logos volle Menschennatur angenommen, Leib, Seele und Geist, und Christus habe in seiner Passion „wahrhaft gelitten"; und vor allem sei die künftige Bestimmung des Menschen nicht die Befreiung der unsterblichen Seele von den Banden des irdischen Körpers, sondern „Auferstehung", die Justin ganz buchstäblich verstand. Justin anerkannte die Apokalypse des Johannes als autoritative, inspirierte Schrift und verstand in ihrem Sinne die christliche Hoffnung als die Erwartung, daß Christus in ein neu erbautes Jerusalem zurückkehren und dort mit seinen Heiligen tausend Jahre lang herrschen würde. 2 2 Der Glaube an das tausendjährige Reich (Chiliasmus) entsprang aus der Verbindung von Gedanken verschiedener Herkunft. Aus der babylonischen Astrologie stammte die Vorstellung von tausendjährigen Perioden unter der Herrschaft der sieben Planeten. Psalm 90,4 („tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist") lieferte den Schlüssel zur Deutung der sieben Schöpfungstage von Genesis 1 ; und der Hebräerbrief (4,4-9) deutete den Sabbath als Symbol himmlischer Ruhe. Verband man diese Elemente, so

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Der gewichtige Satz des Paulus, daß Christus kam, „als die Zeit erfüllt war", ist zur Grundlage einer theologischen Deutung der Geschichte geworden. Justin war der erste christliche Schriftsteller, der die Annalen der Menschheit in einem zwiefachen Sinn, als Heils- und als Profangeschichte deutete, und beide verknüpften sich ihm in Jesus Christus. Der für Justin fundamentale Grundsatz, daß der Schöpfer an vielen Orten Samen der Wahrheit ausgesät habe, wurde von späteren christlichen Autoren weiter ausgeführt. Justin selbst erwähnte Prophezeiungen des Weltendes, die sich in den sibyllinischen Orakeln und in einer Apokalypse finden, die von hellenisierten zoroastrischen Weisen verfaßt und unter den Namen des Königs Hystaspes aus dem Avesta gestellt worden war. Laktanz am Anfang des vierten Jahrhunderts hatte dieselbe Hystaspes-Apokalypse vor sich und fand ebenfalls wertvolle Zeugnisse für die christliche Wahrheit in den sibyllinischen Orakeln; jüdische Verseschmiede hatten umfangreiche Sammlungen solcher Orakel verfaßt, die dann für den christlichen Gebrauch bearbeitet worden waren. Der Verfasser des Dies irae im zwölften Jahrhundert, für den König David und die Sibylle in gleicher Weise Propheten der kosmischen Endkatastrophe sind, nahm ein uraltes Thema der christlichen Geschichtsbetrachtung auf. In der lateinischen Welt folgten Dante und die mittelalterliche Kirche dem Vorbild keines Geringeren als Konstantins des Großen, wenn sie das sibyllinische Orakel, das in Vergils vierter Ekloge enthalten ist, als Weissagung auf Christus deuteten. Die Theoretiker der Inspiration mochten untereinander streiten, ob diese „profanen" Propheten gegen ihren Willen inspiriert waren wie Bileam, oder ob sie gar nicht wußten, was sie verkündeten, wie Kaiphas. Aber für die Zwecke des Beweises genügte es, in diesen Orakeln ein wertvolles Zeugnis für die göttliche Wahrkam man leicht zu der Vorstellung, die sich bei Irenaus und Hippolyt findet, daß die Weltgeschichte 6000 Jahre dauern und ein siebentes Jahrtausend einleiten würde, das unter der Herrschaft Christi steht. Nach Klemens von Alexandrien und Origenes, denen es als ein fundamentaler Irrtum galt, die Apokalypse als Basis irgendwelcher chronologischer Berechnungen zu benützen, vertraten nur noch wenige griechische Väter die chiliastische Erwartung; im Westen hielt sie sich länger.

buchstäbliche

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heit zu finden. Bald entdeckte man ähnliche Zeugnisse für die Majestät Christi in Schriften, die sich als Offenbarungen des „Dreimalgroßen Hermes" ausgaben, oder in Orakeln von Apollo selbst. Die Verfertigung solcher Orakelzeugnisse ging weiter, sowohl unter Gegnern wie Verteidigern des Christentums. Im dritten Jahrhundert setzten heidnische Gegner des Christentums ein Orakel in Umlauf, in dem Hekate die Heiligkeit Christi bezeugte, jedoch die Torheit seiner Verehrer beklagte. Eusebius von Caesarea fand zu seiner Freude bei Plutarch die Geschichte, daß einige Reisende, die in der Zeit des Kaisers Tiberius (also gleichzeitig mit der Geburt Christi) eine Seefahrt unternahmen, eine laute Stimme rufen gehört hätten: „Der große Pan ist tot". Christus befreite durch seine Ankunft die Welt von bösen Geistern. Aber es dauerte lange Zeit, ehe einfache Christen davon abkamen, sich nach Orakeln als einer Quelle der Vorhersage der geheimnisvollen Zukunft umzusehen. Selbst Augustin leugnete nicht, daß die Dämonen eine gewisse Fähigkeit, die Zukunft vorauszusehen, besäßen, nur sei dieses prophetische Vermögen (so meinte Augustin) nicht übernatürlicher als die Prognose eines Arztes oder eine Wettervorhersage. Justin der Märtyrer nimmt in der Geschichte des christlichen Denkens im zweiten Jahrhundert eine zentrale Stellung ein. Seine großzügige und optimistische Stellungnahme zur griechischen philosophischen Tradition wurde von anderen christlichen Autoren aufgenommen. Sein Schüler Tatian aus Mesopotamien gab freilich den Thesen Justins eine scharf antihellenische, polemische Spitze, die Justin nicht gebilligt hätte. Aber Justins liberaler und irenischer Geist kam in der Bittschrift für die Christen, die ein gewisser Athenagoras von Athen um 177 an Mark Aurel und Commodus richtete, und besonders bei Klemens von Alexandrien wieder zum Vorschein. Justinus theologische Leistung im engeren Sinne übte ihren Einfluß auf Bischof Theophilus von Antiochien aus, der um 180 eine weitschweifige Apologie des Christentums schrieb, die an einen gewissen Autolycus gerichtet ist. Und Justin prägte schließlich auch das Denken des Bischofs Irenäus von Lyon.

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Irenäus Durch Irenäus erhielt die christliche Theologie eine feste und zusammenhängende Gestalt. Abgesehen von Fragmenten haben sich zwei vollständige Werke aus seiner Feder erhalten, freilich keines von beiden im originalen griechischen Wortlaut: eine kurze Darstellung der apostolischen Verkündigung, geschrieben als Leitfaden der wesentlichen christlichen Lehrstücke für einen Freund, und die Entlarvung und Widerlegung der fälschlich so genannten Erkenntnis in fünf Büchern; selbst nach den zahlreichen neuen Funden gnostischer Texte bleibt dieses Werk eine wesentliche und überraschend objektive Quelle für die Geschichte der christlichen Sekten des zweiten Jahrhunderts. Irenäus richtete seine Polemik hauptsächlich gegen Marcion und Valentin. Seine antimarcionitische Beweisführung bewegt sich auf der Linie, die Justin und andere ungenannte Autoren, die in der Mitte des zweiten Jahrhunderts in Kleinasien schrieben, vorgezeichnet hatten, aus deren Werken Irenäus wichtige Zitate gibt. Irenäus baute sein Beweisverfahren auf der offenkundigen Einheit von Altem und Neuem Testament auf, die in der Erfüllung der alten Prophetie zu Tage tritt, und betonte besonders den Parallelismus zwischen Adam und Christus, den er bei Paulus fand. Der göttliche Plan für den neuen Bund bestand in einer „Rekapitulation" der ursprünglichen Schöpfung. In Christus nahm das göttliche Wort eine menschliche Natur an, wie Adam sie vor dem Fall besessen hatte. Adam war nach dem Bild und der Ähnlichkeit Gottes geschaffen worden. Durch die Sünde hatte er die „Ähnlichkeit" verloren, doch das „Bild" war unzerstört geblieben. Durch den Glauben an Christus vermag der Mensch die verlorene „Ähnlichkeit" zurückzugewinnen. Da Irenäus die Erlösung als die Wiederherstellung des Zustandes verstand, der vor dem Fall im Paradies geherrscht hatte, fiel es ihm leicht, sich Justins irdische Hoffnungen auf ein tausendjähriges Gottesreich zu eigen zu machen. Weil er der Meinung war, daß durch den Sündenfall nur die moralische Ähnlichkeit des Menschen mit Gott ver-

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loren gegangen sei, nicht die grundlegende Ebenbildlichkeit, vermochte er den Fall ganz anders anzusehen als die Gnostiker in ihrem tiefen Pessimismus. Zum Irrtum kam es, so meinte er, weil die Menschheit ihrer vollen Reife erst entgegenwächst, und so war es im Stadium der Kindheit nur natürlich, daß schwache und unreife Kinder wie Adam und Eva Fehler begingen. Gott aber ließ den Fall des Menschen zu, um seinen Stolz zu brechen und um ihn durch Zucht und Erfahrung zu belehren. Die Heilsgeschichte ist also ein fortschreitender Erziehungsvorgang, in dem Gott allmählich Schritt um Schritt den Menschen in einem langen Prozeß vorwärtsgebracht hat, der seinen Höhepunkt in der Menschwerdung des göttlichen Logos und in der weltweiten Verkündigung des universalen Evangeliums durch die Kirche findet. Das System des Irenäus setzt nicht mit der Frage der Gnostiker ein: Wie konnte eine Welt, die das vollkommene Werk eines vollkommenen Schöpfers sein soll, eine solche Fehlentwicklung nehmen, wie es bei unserer Welt offenbar der Fall gewesen ist? Irenäus gibt von Anfang an zu, daß es in der Welt Unvollkommenheit gibt, aber sie ist nicht anders zu beurteilen als die Unartigkeiten eines Kindes, und der Zweck unserer Existenz ist es, durch die Meisterung von Schwierigkeiten und Versuchungen reif zu werden. Durch seine Darstellung der Offenbarung als eines schrittweisen Prozesses konnte Irenäus den marcionitischen Angriffen auf die moralischen Anstößigkeiten des Alten Testaments die Spitze nehmen. Doch die Schüler Valentins stellten ihn vor andere Schwierigkeiten. Die Behandlung der Theologie der Valentinianer durch Irenäus ist der originellste und selbständigste Teil seines Werkes. Er hatte sich die Mühe gemacht, die originalen Lehren dieser Sekte selbst kennenzulernen, und er sah deutlich, daß die Grundfrage das Problem der Autorität war. Die Valentinianer erhoben den Anspruch, sie könnten die Schriften der Apostel durch ungeschriebene Geheimüberlieferungen und durch verschiedene weitere Evangelien über die bekannten vier des Matthäus, Markus, Lukas und Johannes hinaus ergänzen. Irenäus erkannte, daß Marcion an einem Punkte recht hatte - nämlich darin, daß es notwendig

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war, eine feststehende Liste der maßgebenden Schriften des Neuen Testaments, einen Kanon, zu haben. Bis jetzt war zwischen Büchern, die zur gottesdienstlichen Lesung benutzt wurden, und solchen, deren Rechtgläubigkeit als anerkannt galt, nicht eindeutig geschieden worden. Irenäus vollzog diese Scheidung, und er ist der erste christliche Schriftsteller, dessen Neues Testament im wesentlichen dem Kanon entspricht, der sich in der Kirche durchgesetzt hat.* Die originelle Leistung des Irenäus war nicht die, daß er vier Evangelien oder die Apostelgeschichte, die Briefe und die Apokalypse anerkannte, sondern sie bestand darin, daß er begründete Erklärungen dafür gab, warum er diese und keine anderen Bücher anerkannte. Das Pochen der Valentinianer auf die ungeschriebene Tradition beantwortete Irenäus damit, daß er sich auf die Gemeinden berief, die von Aposteln gegründet worden waren. Hätten die Apostel wirklich die seltsamen Phantastereien der valentinianischen Mythen gelehrt, hätten sie diese dann nicht auch den bevollmächtigten Lehrern mitgeteilt, denen sie die von ihnen gegründeten Gemeinden anvertrauten? Und hätten diese Lehrer nicht ihrerseits die empfangenen Lehren ihren Nachfolgern auf den Bischofsstühlen dieser Orte weitergegeben? Irenäus erklärt, daß er die Wahrheit der kirchlichen Lehre durch die Berufung auf die Sukzession der Lehrer in jeder beliebigen von Aposteln gegründeten Gemeinde beweisen könnte. Als nächsten Schritt führt er als besonders gutes Beispiel die römische Liste an, die auf die glorreichen Märtyrer Petrus und Paulus zurückblickt. Da die authentische Glaubensüberlieferung in der ganzen Welt die gleiche ist, weicht keine Gemeinde von der anderen ab und sind Lehrunterschiede unvorstellbar; gleichwohl ist die römische Lehrerreihe wegen ihrer großen Namen ein besonders schlagendes Beispiel, und man kann gewiß sein, daß die Gläubigen in der ganzen Welt mit dem übereinstimmen, was in Rom gelehrt wird. Irenäus hielt sich deshalb für berechtigt, die Liste nur einer einzigen Gemeinde apostolischer Gründung wiederzugeben und Ephesus, Korinth und die übrigen von Aposteln gegründeten Ge3 Irenaus zitiert nie den 3. Johannes-, den Jakobus- und den 2. Petrusbrief.



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meinden zu übergehen, obwohl sie genauso gut als Beweis hätten dienen können. Irenäus erkannte, daß die innere Geschlossenheit der christlichen Lehre von der Zuverlässigkeit der Lehrüberlieferung abhing und daß man den gnostischen Häresien nur dann erfolgreichen Widerstand leisten konnte, wenn die zerstreuten Aussagen der Schrift in ein System gebracht wurden. Dabei betonte er jedoch nachdrücklich, daß Originalität das Letzte sei, was man von einem Theologen erwarten dürfe. Entscheidend war, sich auf dem in der Schrift und in der klaren Überlieferung der apostolischen Gemeinden autoritativ festgelegten Weg zu halten; das würde die sicherste Garantie für die Abwehr von Neuerung und gefährlicher: Spekulation sein. Die Häresie entstand aus dem vorwitzigen Verlangen nach etwas Neuem. Sie kam von der „Neugierde", aus dem Bestreben, Dinge zu erforschen, die der menschliche Geist weder zu fassen vermag, noch über die ej- das Recht hat nachzudenken. Irenäus liebte es, die unwandelbare, monolithische Kirche der Rechtgläubigkeit, von der galt: Semper eadem, und die auf dem Felsen der apostolischen Gründung stand, den sich durch dauernde Teilung vermehrenden Sekten gegenüberzustellen, die fortwährend ihre theologischen Systeme änderten und sich in den Haaren lagen, und deren Geschichte und Entwicklung sich genau bis zu dem allerersten Häretiker Simon Magus zurückverfolgen ließ; gegen diesen war Petrus sowohl in Samaria (Apostelgesch. 8, 9-24) als auch, wie bestimmte Überlieferungen sagten, in Rom aufgetreten. Das Werk des Irenäus unternahm es, eine Geschichte der verschiedenen Formen gnostischer Häresie zu geben und diese mit der einen wahren Kirche zu vergleichen, die in Raum und Zeit unveränderlich ist und die als Garantie für die Zuverlässigkeit ihrer Lehre und Praxis die Sukzession ihrer autoritativen Lehrer, die sich bis auf die Apostel zurückverfolgen läßt, und die einhellige Zustimmung der Gläubigen in der ganzen Welt besitzt. Irenäus übte auf die unmittelbar auf ihn folgende Generation großen Einfluß aus. Sowohl der gelehrt^ römische Presbyter Hippolyt als auch Tertullian von Karthago machten reichlich Gebrauch

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von seinen Schriften; und das Interesse, das Irenäus erweckte, läßt sich sowohl aus den erhaltenen Papyrusfragmenten als aus der Tatsache erschließen, daß sein Werk im dritten oder vierten Jahrhundert ins Lateinische und dann im sechsten Jahrhundert ins Armenische übersetzt wurde. Doch wegen seiner allzu buchstäblichen Erwartung eines tausendjährigen Christusreiches auf Erden fand Irenäus im griechischen Osten keinen Anklang (außer bei Epiphanius von Salamis., .der Stücke aus Irenäus in seine 374-75 verfaßte breite Widerlegung der Häresien aufnahm), und so hat sich sein Werk vollständig nur in der lateinischen Übersetzung erhalten. Und selbst hier fehlen in einem Strang der handschriftlichen Überlieferung die Schlußkapitel des fünften Buches, in denen Irenäus Leute angreift, die die chiliastische Hoffnung sinnbildlich auf den Himmel und nicht als irdische Realität deuten wollten.

5- Kapitel DER OSTERSTREIT, DIE MONARCHIANISCHE KONTROVERSE, TERTULLIAN Der Osterstreit

Irenäus hatte in idealistischen und beinahe romantischen Ausdrücken von der universalen Kirche geschrieben, so als wäre sie eine Gemeinschaft, deren charakteristisches Merkmal völlige Einmütigkeit sei, und die in allen Fragen dieselbe Meinung besitze. Es hätte seiner Zielsetzung nicht entsprochen, die Unterschiede in Sitte, Haltung und theologischer Ausdrucksweise zu analysieren und zu beschreiben, die zu beobachten waren. Es bereitete Irenäus großen Kummer, als die Gemeinden von Kleinasien, woher er selbst stammte, in einen leidenschaftlichen Zwist über die Geltung der montanistischen Prophetie gerieten. Ferner hatten die kleinasiatischen Gemeinden die älteste aller Methoden zur Bestimmung des Osterdatums bewahrt: sie feierten Ostern einfach zur Zeit des jüdischen Passah, am vierzehnten Tag des jüdischen Monats Nisan, gleichgültig, auf welchen Wochentag dieser fiel. Als in Rom das Osterfest eingeführt wurde (um 160), feierte man es wie in Alexandrien an dem Sonntag, der auf das jüdische Passah folgte und den man für praktische Zwecke als den auf den ersten Vollmond nach dem Frühjahrsäquinoktium folgenden Sonntag berechnen konnte. Irenäus war entrüstet, als um das Jahr 190 Bischof Viktor von Rom die Forderung nach einer Vereinheitlichung der Osterpraxis nach römischen Muster erhob, die die Gemeinden Kleinasiens als autokratisch und beleidigend empfanden. Viktor glaubte anscheinend, daß die römische Sitte von der Unterweisung des Petrus und Paulus her überkommen sein müßte, und erklärte, daß alle jene, die das Fest an irgendeinem anderen Tage begingen, nicht als katholische

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Christen gelten könnten. Irenäus erinnerte sich daran, wie vor rund fünfunddreißig Jahren Polykarp von Smyrna nach Rom gereist war, um mit Bischof Anicet einige Abweichungen in der kirchlichen Sitte zu besprechen: damals feierte man in Rom noch kein jährliches Osterfest, trotzdem betrachtete keiner der beiden Bischöfe diese Abweichung als einen Grund, dem anderen die Gemeinschaft aufzusagen, und sie trennten sich in freundschaftlicher Uneinigkeit. Trotz des Anstoßes, den es bei Irenäus erregte, war das drastische Vorgehen Viktors kein Donnerschlag aus heiterem Himmel. In Kleinasien hatte es schon um 1 7 0 einen heftigen Streit über die verwandte Frage gegeben, ob das Abendmahl das Passahmahl sei. Bischof Melito von Sardes verteidigte entschieden die alte konservative Sitte, Ostern mit den Juden am „vierzehnten T a g " zu feiern. Aus einer Osterpredigt Melitos, deren vollständiger Text erst vor kurzem aus drei frühen Papyrus-Codices wiedergewonnen worden ist, 1 geht mit schmerzlicher Deutlichkeit hervor, daß diejenigen Christen, die Ostern am Tage des jüdischen Passah feierten, nicht von einer dem Judentum besonders freundlichen Gesinnung geleitet waren. (Vielleicht war es aber der heftige Vorwurf des „Judaisierens", der Melito veranlaßte, dies durch seine rhetorische und gelegentlich grausige Schilderung des traurigen geistlichen Zustandes der Juden wettzumachen). Das Eingreifen Viktors von Rom erwies sich insofern als erfolgreich, als seine Auffassung sich schließlich durchsetzen sollte. Aber es dauerte lange, bis die sogenannten Quartodezimaner, die Ostern am vierzehnten Tage begingen, ausstarben. Die Gruppe bestand noch im neunten Jahrhundert, trotz energischer Mißbilligung durch kirchliche Konzilien. Es war unmöglich, in einer so gewichtigen praktischen Frage Abweichungen zuzulassen, aber es läßt sich kaum daran zweifeln, daß die Quartodezimaner mit ihrer Meinung recht hatten, daß sie die älteste apostolische Sitte bewahrt hätten. Sie waren zu Häretikern geworden, einfach indem sie hinter ihrer Zeit zurückgeblieben waren. 1 Die Predigt gewann solche Beliebtheit, daß sie später ins Syrische und Georgische übersetzt wurde.

Lateinische,

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Der Osterstreit, die monarchianische Kontroverse, Tertullian

Der monarchianische

Streit

In Rom brach während des Episkopats des Viktor noch ein anderer Streit aus, an dem sich Irenäus jedoch nicht beteiligte; möglicherweise starb er, ehe der Widerhall der neuen Kontroverse bis zu den Gemeinden des Rhonetals gedrungen war. Es handelt sich um den sogenannten „monarchianischen Streit", der seinen Ursprung in einem Aufstand gegen die Logostheologie Justins und der Apologeten hatte. Justin hatte von dem göttlichen Logos kühn als von einem „andern Gott" neben dem Vater gesprochen, was er durch die Erläuterung einschränkte: „Ich meine: ein anderer der Zahl nach, nicht im Willen". In der Auseinandersetzung mit hellenistischen Juden, die die Meinung vertraten, daß der göttliche Logos sich von Gott nur in dem subtilen Sinne unterscheide, in dem man gedanklich zwischen Sonne und Sonnenlicht trennen könne, hatte Justin hervorgehoben, daß der Vergleich mit einer Fackel, die an einer andern entzündet werde, ein weit angemesseneres Bild sei, weil es der Unabhängigkeit (die spätere Theologie seit Origenes würde den Fachausdruck Hypostase verwendet haben) des Logos gerecht werde. Diese Redeweise erweckte Unruhe. Einer der zentralen Streitpunkte im Kampf mit der Gnosis war die Frage gewesen, ob es mehr als ein höchstes Prinzip gebe. Die rechtgläubige Seite hatte die Anschauung vertreten, daß das einzige oberste Prinzip Gott der Schöpfer sei, neben dem es keinen gleichrangigen bösen Gott und keine gleichewige Materie gäbe; es bestehe eine einzige monarchia. Justins Redeweise schien diese Lehre zu beeinträchtigen und nur unzureichend gegen den Vorwurf des Ditheismus geschützt zu sein. Theophilus von Antiochien, dessen Terminologie Irenäus dankbar benützt hatte, sprach vorsichtiger von Gottes Vernunft und Weisheit, die er gleichsam wie zwei Hände zum Werk der Schöpfung ausgestreckt habe. Theophilus hat zum ersten Mal den Begriff Dreiheit (Trias) auf Gott angewendet, doch ergibt sich aus seinem Vergleich mit den Händen, daß diese Vielheit in Gott nur sekundär neben einer ursprünglicheren Einheit steht. Bei Irenäus haben der

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Sohn und der Geist aufeinanderfolgende Funktionen im göttlichen Heilsplan zu erfüllen, und in der Verwirklichung dieses Planes offenbart sich die göttliche Dreiheit. Die monarchianischen Kritiker der Logostheologie konnten in einer zweifachen Weise vorgehen. Entweder konnten sie sagen, daß Gott, der die Welt geschaffen hat, sich so in Jesus inkarniert habe, daß zwischen „Sohn" und „Vater" kein Unterschied festzustellen sei (außer „Sohn" wäre der Name für den materiellen Leib oder die Menschheit Christi und „Vater" die Bezeichnung für den darin einwohnenden göttlichen Geist); oder sie konnten sagen, daß Jesus ein Mensch wie andere auch gewesen sei, der sich aber dadurch von allen anderen Menschen unterschieden habe, daß der Geist Gottes in einer absoluten und einzigartigen Weise in ihm Wohnung genommen hatte. Die zweite Auffassung konnte sich auf die breite Unterstützung der synoptischen Evangelien berufen, mußte sich aber mit schwerwiegenden Einwänden auseinandersetzen, die schon Justin der Märtyrer erhoben hatte. Justin vertrat mit Nachdruck die Meinung, daß Christus kein bloßer Mensch, sondern daß er auch Gott gewesen sei. Bei seiner Geburt war er von den Weisen angebetet worden, und so kam die Lösung nicht in Frage, daß erst sein frommes Leben mit der Erhöhung zu göttlichem Rang belohnt worden sei. Die Geschichte im Evangelium, in der es heißt, daß der Herr „an Weisheit zunahm", verstand Justin in dem Sinn, daß das Wissen Jesu jeweils der Altersstufe entsprochen habe, die er erreicht hatte. Jesus wurde nicht getauft, weil er es nötig hatte, sondern um unseretwillen. Er wurde wirklich von der Jungfrau Maria geboren, und seine jungfräuliche Geburt unterschied sich von allen heidnischen Analogien durch das Fehlen einer göttlichen Vaterschaft. Das Gewicht dieser Argumente, die Justin vorgebracht hatte, mußte durchschlagend wirken, als in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts in der ganzen Kirche die Autorität des Johannesevangeliums anerkannt war. Aber es gab immer noch Raum für die erste Alternative, nach der Vater und Sohn ein und derselbe sind und ihr Unterschied nur in der Benennung liegt, durch die verschiedene Aspekte desselben personhaften Wesens bezeichnet wer7

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den sollen. Diese Anschauung wurde zu Beginn des dritten Jahrhunderts in Rom von einem gewissen Sabellius propagiert, von dessen Leben und Denken wir so wenig Sicheres wissen, daß es paradox ist, daß wir gerade den Namen dieser für uns dunkeln Gestalt als ständiges Etikett für diese Art von Theologie finden wenigstens im griechischen Osten. Im Westen war das polemische Etikett für diese Lehre gewöhnlich der Ausdruck „Patripassianismus", d. h. die Lehre, daß der Vater gelitten habe. In modernen Darstellungen wird diese Lehre oft als Modalismus bezeichnet, weil nach ihr Vater, Sohn und Geist Erscheinungsformen (modi) desselben Wesens oder unter Umständen auch befristete und zeitlich aufeinanderfolgende Rollen sind, die zur Durchführung des göttlichen Heilsplans übernommen werden, die aber in keiner Weise einer Unterschiedenheit in der wahren Natur der Gottheit entsprechen, da alle drei Bezeichnungen rein äußerlich sind. In Rom nahm der Streit unter Viktors Nachfolger Zephyrin (198-217) hitzige Formen an. Sabellius vertrat die eine Extremposition in der römischen Gemeinde. Das entgegengesetzte Extrem war der Standpunkt Hippolyts, für den die Aussage wesentlich war, daß der Vater und der Sohn zwei unterschiedene „Personen" oder prosopa seien. (Hippolyt verwendete die Bezeichnung „Sohn" nur für den inkarnierten, nicht für den präexistenten Herrn). Dazwischen stand als Mann der Mitte ein Diakon namens Kallist, der, wenn man Hippolyt Glauben schenken darf, in seiner Jugend Sklave eines reichen Christen aus der kaiserlichen Hofhaltung gewesen war, für den er eine Bank führte, die große Einlagen von Gliedern der Christengemeinde anlockte. Doch der junge Kallist geriet in finanzielle Schwierigkeiten und wurde von seinem Herrn wegen Unterschlagung zur Verantwortung gezogen. Durch die Fürsprache von Gemeindegliedern wurde er von seinem Herrn von einer demütigenden Bestrafung befreit und tat sich nun durch einen dummen Streich in der jüdischen Synagoge hervor, wofür er vor dem Stadtpräfekten vernommen und in die Bergwerke von Sardinien verschickt wurde. Zusammen mit anderen christlichen Bekennern wurde er zu der Zeit freigelassen, als sich Marcia, die Konku-

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bine des Kaisers Commodus, mit Erfolg für die Christen verwendete, und unter Bischof Zephyrin betraute man ihn mit der Leitung eines neuen Friedhofs an der Via Appia in der Nähe von Catacumbas. 2 Die Rolle Kallists in dem Lehrstreit erscheint in dem Bericht Hippolyts nicht besonders ehrenvoll, aber wahrscheinlich muß viel von dem Ungünstigen, das Hippolyt berichtet, dem Mißtrauen und der Abneigung zugeschrieben werden, die dieser für Kallist empfand. Nach Hippolyt grenzte Kallist seinen Standpunkt gegen die unannehmbaren Anschauungen des Sabellius dadurch ab, daß er eine reale Unterscheidung zwischen dem Vater und dem Sohn anerkannte; doch der Unterschied bestand darin, daß „Vater" der Name für den göttlichen Geist war, der im „Sohn", dem menschlichen Leibe Jesu, Wohnung genommen hatte. Kallist verurteilte die Lehre Hippolyts öffentlich als reinen Ditheismus. Im Jahre 2.17 wurde Kallist zum Entsetzen Hippolyts Nachfolger Zephyrins als Bischof von Rom. Hyppolyt fühlte sich nicht im Stande, mit einem solchen Menschen Gemeinschaft zu halten, und fand seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt, als Kallist zu der Erklärung schritt, daß es, da die Arche Noah, in der reine und unreine Tiere waren, die Präfiguration der Kirche gewesen sei, der Kirche zukomme, Gliedern, die nach der Taufe in irgendeine Sünde gefallen seien, die Vergebung zu gewähren. Kallist anerkannte auch Verbindungen zwischen Frauen der Oberklasse und Männern von niedrigerem sozialem Stand, deren Heirat nach römischem Recht nur unter schweren Strafen möglich war. Die Anerkennung solcher monogamer Konkubinate ist ein wichtiges Zeugnis für die soziale Stellung römischer Christen zu dieser Zeit, doch kann man aus der Nachricht nicht mit Sicherheit schließen, daß es mehr als einen solchen Fall gegeben hätte. Hippolyt hatte sich im Jahre 2.17 von der Gemeinschaft mit Kallist getrennt, und vielleicht war eine von ihm verfaßte Kirchenordnung, die Apostolische Tradition, welche wertvolle Nachrichten über die frühe Entwicklung der Liturgie enthält,3 für die Sondergemeinde bestimmt, der er nun vorstand. 2, Siehe oben S. 59. 3 Siehe unten S. 307.

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Vielleicht waren es ebenfalls seine Anhänger, die eine Statue Hippolyts in Auftrag gaben, auf deren Basis seine wichtigsten Werke verzeichnet waren. Die untere Hälfte der Statue wurde 1 5 5 1 wiederentdeckt und befindet sich heute in der vatikanischen Bibliothek. Der monarchianische Streit w a r durch die unbefriedigenden Formeln, die Kallist vorschlug, nicht beigelegt worden und verursachte in der einen oder andern Form noch während des ganzen dritten Jahrhunderts Unruhe in der Kirche. Die Notwendigkeit, den M o narchianismus zu bekämpfen, veranlaßte Tertullian in Afrika sein Buch gegen Praxeas zu schreiben, einen Monarchianer aus Kleinasien, der Tertullian auch durch seine heftige Gegnerschaft gegen den Montanismus beleidigte; sein Einfluß hatte die römische Gemeinde daran gehindert, die „Neue Prophetie" in irgendeiner Form anzuerkennen. In Tertullians Augen vollführte Praxeas zwei Werke des Teufels: er „vertrieb den Parakleten und kreuzigte den Vater". Tertullian folgte der von Irenäus eingeschlagenen Richtung, indem er die Dreiheit von Vater, Sohn und Geist als eine Mehrzahl ansah, die sich im Zuge der Verwirklichung des göttlichen Planes in der Geschichte offenbart. 4 „Alle drei", sagt er, „sind einer (unus)". Aber Tertullian merkte, daß es auch möglich sein müsse, die Frage zu beantworten, was diese Dreiheit oder sogar Einheit eigentlich sei. (Die Frage: „Drei w a s " oder sogar „Ein was"?). Er schlug deshalb vor, man solle sagen, Gott sei „eine Substanz, bestehend in drei Personen". Es ist nicht leicht, die genaue Bedeutung der lateinischen Wörter substantia und persona in der theologischen Sprache Tertullians zu bestimmen. Tertullian war ein gut ausgebildeter Redner, kein präzise formulierender Philosoph, und deshalb ist es wahrscheinlich ein Fehler, wenn man versucht, seine Terminologie in einem streng aristotelischen Rahmen zu interpretieren. Tertullian stand unter dem Einfluß der Stoa und ihrer Lehre, daß das Immaterielle einfach das Nichtseiende sei, und w a r deshalb bereit, zu erklären, daß Gott in allen drei Personen „Geist" sei, den er als 4 Das griechische Wort für diesen göttlichen Heilsplan war oikonomia, Verwaltung; deshalb redet man gelegentlich abkürzend von „ökonomischer Trinitätslehre".

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eine unsichtbare und unfaßbare, aber nicht gänzlich immaterielle vitale Kraft gedeutet zu haben scheint. Tertullian gab deshalb dem philosophischen Gebrauch des Begriffs substantia einen materialistischen Unterton. Dabei steht im Hintergrund seines Denkens immer der griechische Begriff usia, „Sein". Ebenso war ihm der Begriff persona wahrscheinlich durch das griechische prosopon nahegelegt worden, das Hippolyt für den Vater und den Sohn gebraucht hatte. Hippolyt und Tertullian waren Zeitgenossen, und so läßt sich nicht feststellen, ob einer den andern beeinflußte und welchem von beiden die Priorität zukommt. Bei Tertullian kann substantia im Sinne von Charakter oder Natur gebraucht werden. Mit Bezug auf Christus konnte er sagen, er sei „eine Person", die „zwei Substanzen", göttliche und menschliche, vereinige, die ihr selbständiges Sein und sogar ihre getrennte Wirksamkeit behalten, obwohl sie eine einzige persona bilden. In seiner Schrift gegen Praxeas hat Tertullian für die Zukunft die Terminologie der lateinischen Theologie geprägt. Er war der erste lateinisch schreibende Christ (obwohl er das Griechische ebenso gut beherrschte und für die vielen griechisch sprechenden Christen in Nordafrika auch einige griechische Schriften verfaßte). Hippolyt war der letzte abendländische Theologe, der griechisch schrieb. Bis zum Anfang des dritten Jahrhunderts hatte sich die römische Gemeinde hauptsächlich aus griechisch sprechenden Bewohnern der Stadt zusammengesetzt. Als im dritten Jahrhundert die Mission der Kirche in die oberen Klassen eindrang, begann der Anteil der lateinisch sprechenden Christen in Rom gegenüber den Griechen zu überwiegen. In der Mitte des dritten Jahrhunderts schrieb der römische Presbyter Novatian in sicherem, wohlstilisiertem Latein eine Abhandlung Über die Trinität, in der er die Lehre Tertullians zusammenfaßte, sie aber dabei von stoischem Materialismus und montanistischem Enthusiasmus reinigte. Die kühle Ruhe, mit der Novatian schrieb, beweist, daß die hitzigen Debatten, von denen Hippolyt ein lebendiges Bild gegeben hatte, jetzt bereits der Vergangenheit angehörten.

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Der Osterstreit, die monarchianische Kontroverse, Tertullian

Tertulliati Nordafrika war eine Provinz, die als eine der wichtigsten Kornkammern große Bedeutung für das Imperium besaß, und Karthago stand unter den Städten des Westens an Rang nur hinter Rom zurück. Die alte punische und berberische Bevölkerung war auf dem Lande immer noch zahlenmäßig stark, aber die Bewohner der Städte, die Grundbesitzer und die Beamtenschaft waren Römer. Ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung sprach griechisch. (Noch im letzten Viertel des vierten Jahrhunderts gab es in der bedeutenden Stadt Hippo einen Bischof, der nur mit Mühe und stockend lateinisch sprach5.) Es waren die Nachkommen von Einwanderern aus dem Osten oder aus Süditalien und Sizilien. Wie das Christentum in dieses Gebiet kam, ist nicht genau bekannt, doch ist wahrscheinlich, daß es um die Mitte des zweiten Jahrhunderts eine kräftige Missionsbewegung gegeben hatte. Im Jahre 180 erlitten in Karthago zwölf Christen aus Scillium das Martyrium. Neue Unruhe gab es im Jahre 2.02, als unter dem Kaiser Septimius Severus in Karthago eine heftige Verfolgung ausbrach. Damals starben im Amphitheater von Karthago Perpetua und Felicitas. Der erhaltene Bericht über ihr Martyrium enthält ein Dokument von unschätzbarem Wert, das Tagebuch der Perpetua über ihre Gefangenschaft. Doch die zahlreichen Schriften Tertullians enthüllen wenig von der äußeren Geschichte der nordafrikanischen Kirche. Dafür berichten sie umso mehr über ihre inneren Auseinandersetzungen und lassen uns vor allem Tertullian selbst kennenlernen: Geistreich, aufreizend, sarkastisch und intolerant, aber zugleich äußerst energisch und scharfsinnig in der Diskussion, voll Freude an logischen Kniffen und mit der Vorliebe des Advokaten für gewandte Sopistereien, wenn sie nur den Gegner verwirren, ist er doch ein Autor von Format, der eine glänzende, mitreißende Prosa schreibt. In seiner Apologie von etwa 197 wehrt Tertullian nicht nur volkstümliche und 5 Siehe unten S.

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philosophische Vorwürfe ab, sondern geht selbst zum Angriff über und attackiert voll Schärfe und Streitlust die Verdorbenheit, Irrationalität und politische Ungerechtigkeit der heidnischen Gesellschaft. Jede Seite ist voll Lust daran geschrieben, den Gegnern ihren Irrtum und ihre Unvernunft recht peinlich bewußt zu machen, aber das alles in einer solchen Form, daß sie auch Tertullians eigene Freunde und Anhänger in Verlegenheit bringen mußte. Einige der interessantesten Schriften Tertullians beschäftigen sich mit dem rechten Verhalten des Christen in einer durch und durch von heidnischen Sitten geprägten Gesellschaft. Tertullian stellte die Forderung, daß die Christen sich völlig unbefleckt von der götzendienerischen Verderbtheit der Welt erhalten müßten. Sie sollten sich von den grausamen öffentlichen Schauspielen fernhalten; aber das verstand sich von selbst. Tertullians einschneidendste Reinheitsforderungen untersagen seinen Mitchristen, in der Armee zu dienen, in den Staatsdienst einzutreten oder auch nur in Schulen Unterricht zu erteilen. Ein Christ darf seinen Unterhalt nicht in einem Beruf verdienen, der irgendetwas erzeugt, was indirekt dem Götzendienst dienen könnte. Tertullian faßt das christliche Leben zuerst und vor allem als einen Kampf mit dem Teufel auf. Dies führte ihn dazu, auch den geringsten Kompromiß mit dem „Götzendienst" abzulehnen, selbst in den scheinbar harmlosesten Formen bloß herkömmlicher Gewohnheit, und ließ ihn auch die geistige Aufgabe des christlichen Denkers als einen Kampf mit diabolischen Mächten verstehen. Weil er seine eigene geistige Rolle in dieser Weise verstand, hatte Tertullian auch keine Hemmung, sich bewußt irreführender Argumente zu bedienen, sofern sie ihm nur den Sieg über seinen unmittelbaren Gegner verschafften. Wenn er den Teufel durch dialektische Raffinesse ausmanövrieren konnte, war es nur desto besser. Außerdem kümmerte er sich nicht um öffentliche Zustimmung. Nie fühlte Tertullian sich wohler, als wenn er die Sache einer winzigen rigoristischen Minderheit vertrat, und seine Freunde hätten wahrscheinlich voraussagen können, daß er für die montanistische Prophetie mit ihrer leidenschaftlich puritanischen Ethik eintreten würde. Längere Zeit hindurch wirkte Tertullian innerhalb

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der katholischen Kirche als Anwalt des Montanismus, doch als es deutlich wurde, daß die Kirche der Neuen Prophetie keine Anerkennung gewähren würde, löste sich Tertullian von der Kirche und verdammte sie als ungeistlich, als erstarrt in ihren Institutionen und als kompromittiert durch ihre Weltlichkeit. Tertullian war empört, als ein angesehener Bischof der katholischen Kirche, dessen Namen er nicht nennt, den er aber als „Bischof der Bischöfe" und als einen wahren „pontifex maximus" beschreibt, ein Edikt veröffentlichte, das erklärte, die Kirche habe Macht, selbst für die schwersten nach der Taufe begangenen Sünden wie Ehebruch und Abfall Vergebung zu gewähren. Es mag sein, daß Tertullian auf Kallist von Rom anspielt; aber vielleicht handelte es sich auch um den Bischof von Karthago. Trotz der Tatsache, daß Tertullian seine Tage außerhalb der Kirche beschloß, gingen von seinem Werk starke Wirkungen auf die spätere westliche Theologie aus. Hieronymus erzählt die Anekdote, daß Cyprian ihn einfach „den Lehrer" nannte und seine Schriften täglich zu studieren pflegte. Viele Formulierungen und Termini aus der Abhandlung gegen Praxeas wurden in das stehende Vokabular der westlichen Theologie zur Erörterung der Lehre von der Trinität und der Person Christi aufgenommen und sollten in Dokumenten wie dem Tomus Papst Leos des Großen aus dem fünften Jahrhundert, der hohe Autorität erlangte, ein Echo finden. In dem feurigen Eifer der moralischen Abhandlungen Tertullians sind ein kraftvoller ethischer Ernst und eine Leidenschaft lebendig, die den Leser, der mit seinen verschlungenen Beweisführungen und mit seiner Methode, die Gegner erbarmungslos aufzuspießen, Geduld hat, reichlich belohnen. An einigen Stellen, gewöhnlich in antignostischem Zusammenhang, schreibt Tertullian voll Verachtung von der angeblichen Fähigkeit der Philosophen, die Wahrheit zu lehren, und im Ton trotziger Herausforderung ruft er aus: „Ich glaube, weil es absurd ist." Aber in Wirklichkeit war Tertullian ein Mann von guter Bildung, der bemerkenswerte Amateurkenntnisse der philosophischen Diskussion besaß, und seine Einschätzung des „natürlichen Menschen" ohne die Gnade war keineswegs pessimistisch.

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Er glaubte, daß das Ebenbild Gottes, obwohl die Menschheit eine mangelhafte Natur ererbt hatte, nur verdunkelt, nicht ausgelöscht sei und daß noch viele Spuren der ursprünglichen Gerechtigkeit und Güte erkennbar seien. In den gedankenlosen Ausrufen einfacher Leute („Guter Gott!") fand er ein intuitives Empfinden für die Wahrheit, das vielleicht eine unbewußte Anerkennung der Wahrheit verriet. Das Evangelium verstand er als ein Wegreißen der Vorurteile der heidnischen Sitte, das die Seele dazu befreite, ihre natürliche Erfüllung, wie sie der Absicht des Schöpfers entsprach, zu erreichen. Nicht immer schrieb Tertullian mit kierkegaardischer Freude am Paradox. Die versöhnlicheren Seiten von Tertullians Denken erscheinen auch bei einem anderen afrikanischen Schriftsteller, bei Minucius Felix. Zwischen zoo und Z45 verfaßte dieser einen feinsinnigen und reizvollen Dialog, in dem ein Christ namens Octavius Monotheismus und Auferstehungsglauben gegen die Kritik eines Heiden Caecilius verteidigt, während sie am Strande von Ostia spazieren gehen. Minucius war kein unabhängiger Denker, aber ein hervorragender Stilist und kluger Kompilator. Er benützte reichlich Plato, Vergil, Seneca, Cicero, Fronto (Lehrer des Kaisers Mark Aurel) und besonders Tertullian. Der moderne Streit, ob Minucius Tertullian benutzte oder ob das Abhängigkeitsverhältnis umgekehrt sei, muß zugunsten der Priorität Tertullians entschieden werden. Minucius bot die Argumente Tertullians in einer weniger kämpferischen Weise dar und paßte sie mehr dem Geschmack eines verwöhnten literarischen Publikums an. Er verzichtete auf die schneidenden, kompromißlosen Paradoxien und die umgestüme Heftigkeit seines Meisters. Er wollte seine kultivierten Freunde einen angenehmzwanglosen Weg ins Himmelreich führen, statt sie über dem Abgrund baumeln zu lassen. Er trieb seinen Takt und seine Zurückhaltung sogar so weit, daß er kaum ein Wort über Christus und gar nichts über die Bibel und die Sakramente sagte. Minucius ist anziehender und feinfühliger als Tertullian; aber er ist auch zweifellos weniger spannend zu lesen.

6. Kapitel KLEMENS VON ALEXANDRIEN UND ORIGENES Klemens von

Alexandrien

Die Kirchengeschichte Alexandriens ist in Dunkel gehüllt, bis plötzlich im letzten Jahrzehnt des zweiten Jahrhunderts Klemens von Alexandrien auftaucht. Sein Lebensgang ist bis auf das, was sich aus seinen Schriften entnehmen läßt, fast unbekannt. Seine Werke bestehen (abgesehen von bruchstückhaften Zitaten bei späteren Autoren) aus einer Auslegung der biblischen Geschichte vom reichen Jüngling, aus einigen gelegentlichen Notizen über die valentinianische Gnosis und Fragen der Bibelauslegung und aus der großen Trilogie iAufforderung zur Bekehrung (Protreptikos), Der Erzieher (Paidagogos) und Teppiche (Stromateis, soviel wie „Miscellanea"), die Klemens nie vollendet hat. Der Protreptikos steht in der Tradition des apologetischen Schrifttums; in polemischem Tön übt er Kritik an dem Aberglauben, der Roheit und der Erotik der heidnischen Kulte und Mythen und stellt fest, daß die großen Philosophen, obwohl sie die Verderbtheit des Heidentums erkannten, nicht mit diesem gebrochen hätten. Der Paidagogos ist ein Handbuch der Ethik und des guten Benehmens für den Christen, der sich in kultivierter Gesellschaft bewegt. Klemens beabsichtigte dem dritten Band seiner Trilogie den Titel „Der Lehrer" zu geben, und zwar sollte er eine systematische Darstellung der christlichen Lehre enthalten. Aber Klemens schrieb das geplante Werk nie. Er kam zu der Einsicht, daß die erhabenen Themen der Theologie mit Ehrfurcht behandelt werden müßten, ging es doch dabei um göttliche Mysterien, und er hielt es für gefährlich, schriftlich eine umfassende Darstellung niederzulegen, die jedermann lesen könnte. Deshalb entschloß sich Klemens, stattdessen ein Werk von ganz anderer Art zu

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schreiben. Verschiedene heidnische Autoren seiner Zeit veröffentlichten vermischte Sammlungen von Materialien antiquarischen und philosophischen Inhalts, deren Form bewußt unsystematisch gehalten war, so daß jeweils nach wenigen Seiten ein völlig neues Thema zur Sprache kam. Ein lateinisches Beispiel dieser Gattung, das sich aus dem zweiten Jahrhundert erhalten hat, sind die Attischen Nächte des Aulus Gellius, und ähnliche Werke wurden von Plutarch, Aelian und Athenäus verfaßt. Klemens wählte diese Form zum Teil zweifellos deshalb, weil sie in seiner Zeit literarische Mode war, in der Hauptsache aber, weil sie seiner Absicht besonders entsprach: er wollte mehr anregen als vorschreiben und dem Leser vorläufige Hinweise geben, die dieser in Ruhe weiter verfolgen und überdenken konnte; und er wollte auch nicht sein ganzes Herz öffnen, um nicht seine Perlen wahllos wie vor die Schweine vor unwürdige Leser zu werfen. Man darf überzeugt sein, daß Klemens bei den dogmatischen Aussagen, die die Stromateis enthalten, seiner Sache sicher war, aber alles ist in einen bewußt nebelhaften und andeutenden Stil eingehüllt, der die Dinge lieber in der Form poetischer Reminiszenz als in einfacher, direkter Prosa ausdrückt. Dieser Stil war jedoch mehr als eine bloße literarische Form, die Klemens aus taktischen Gründen gewählt hätte; es entsprach bis zu einem gewissen Grad dem Verständnis des Klemens vom eigentlichen Wesen der Theologie, daß er versuchte, sie in Begriffen auszudrücken, die eine die Sprache transzendierende Wirklichkeit andeuten. Er merkte, daß die religiöse Sprache der Dichtung verwandt ist. Eine gewisse scheue Zurückhaltung gehört zu ihrer Eigenart. Klemens war nicht in Alexandrien geboren. Er war in diese Stadt nach längeren Reisen gekommen, in deren Verlauf er der Schüler verschiedener christlicher Lehrer gewesen war. Der Hauptanziehungspunkt in Alexandrien war für Klemens ein gewisser Pantaenus, der von der Stoa zum Christentum übergetreten war und von dem (glaubhaft) überliefert ist, daß er Indien besucht hatte. Klemens sagt, es sei das hervorragende Verdienst des Pantaenus gewesen, daß er hohe geistige Begabung mit der Treue zur aposto-

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Klemens von Alexandrien und Orígenes

lischen Uberlieferung verbunden habe - keine gewöhnliche Erscheinung im Alexandrien des zweiten Jahrhunderts, wo bestimmt der Einfluß der valentinianischen Gnosis sehr stark war. Als das Christentum in die gebildete Gesellschaft von Alexandrien einzudringen begann, scheint der Neubekehrte oft zwischen geistvoller, beredt verteidigter Häresie auf der einen und blasser, obskurantistischer Rechtgläubigkeit auf der anderen Seite zu wählen gehabt zu haben. Es war eine der hauptsächlichen Leistungen des Klemens, daß er dieses Dilemma überwand und unerheblich machte, wobei Pantaenus ihm geholfen zu haben scheint, den richtigen Weg zu finden. Klemens fand in Alexandrien eine Gemeinde vor, die eine furchtsame Abwehrhaltung gegen griechische Philosophie und heidnische Literatur einnahm. Die Gnosis hatte die Philosophie verdächtig gemacht; und die heidnische Religion durchdrang die klassische Literatur in solchem Maß, daß es nicht leicht war, ein literarisches Studium von der Anerkennung heidnischer Werte und des polytheistischen Mythos freizuhalten. Die Methode der Stromatets, die mit einer sehr positiven Auffassung von der in der griechischen Philosophie enthaltenen Wahrheit und dem Wert der klassischen Dichtung geschrieben sind, ermöglichte es Klemens, seine Position dem ängstlichen christlichen Leser in einer Weise darzubieten, daß sich dessen Befürchtungen verringerten. Klemens sah, daß die Philosophie nicht nur der Gnosis keine Unterstützung bot, sondern sogar eine rationale Methode zu deren Vernichtung lieferte; die Gnostiker redeten zwar viel von höherer Vernunft, aber in Wirklichkeit betätigten sie diese nicht. So bewegen sich die Stromateis von Aussagen, die die Notwendigkeit des Studiums der Philosophie betonen, zu solchen, die die gnostischen Ketzer angreifen, und liefern zugleich eine scharfsinnige und formvollendete Deutung biblischer Themen in einer Sprache und in Kategorien, die der gebildeten griechischen Welt vertraut waren. Apologetische Ausführungen, die sich an den heidnischen Leser wenden, mischen sich mit der Verteidigung des wahren Glaubens gegen seine gnostischen Entstellungen. Im einen Augenblick kann Klemens erklären, daß Piaton Moses und die Propheten ausgeschrieben habe, ohne

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seine Quellen anzugeben, im nächsten, daß die griechische Philosophie, so wie nach Paulus das Mosegesetz, als ein Lehrmeister, um die Griechen zu Christus zu bringen, und als ein Riegel für die Sünde gegeben worden sei; und im nächsten Augenblick kann er wieder ausführen, daß die gnostischen Lehren von Liebe und Freiheit die Tatsache verkennen, daß keine Ethik ohne die Aufstellung von Regeln auskommen kann, oder daß die Gnosis eine viel zu breite Kluft zwischen Gott und Welt und einen viel zu geringen Abstand zwischen Gott und der Seele ansetzt. Außerdem war sich Klemens der Schwierigkeit bewußt, die gebildete Griechen empfanden, wenn sie mit der einfachen und volkstümlichen Sprache der heiligen Schriften konfrontiert wurden. In einem Abschnitt vollbringt er die Glanzleistung, eine Zusammenfassung der Lehre der Bergpredigt in der Sprache neupythagoräischer Spruchweisheit zu geben. Gleichwohl hielt Klemens es wieder für nötig, jedem besorgten christlichen Leser zu versichern, daß sich, obwohl die Ausdrucksweise nicht biblisch ist und keine Bibeltexte angeführt werden, bei einer Nachprüfung trotzdem herausstellen würde, daß der Lehrgehalt seiner Darstellung mit dem Neuen Testament übereinstimme. Es fiel Klemens schwer, daß Wort „orthodox" ohne eine halb ironische Apologie zu gebrauchen. Er war nicht unbedingt glücklich, zu denen gezählt zu werden, die gewöhnlich so hießen. Trotzdem wußte er sich als unbedingter Verteidiger der apostolischen Überlieferung, die nach seiner Meinung eine „wahre Erkenntnis" enthielt, die in völligem Gegensatz zu der von den Sekten angebotenen falschen „Erkenntnis" stünde. Der „wahre Gnostiker" fürchtet sich nicht vor der Philosophie; er kann sie für seine Zwecke benützen, nämlich das, was er als Glauben der Kirche empfangen hat, sich denkend anzueignen und jede Verfälschung zu widerlegen. Das höhere Leben des Geistes ist für Klemens ein moralischer und geistlicher Aufstieg. Es war charakteristisch für die gnostischen Häretiker, daß sie wenig Interesse an der Tugend oder an der Bildung des Charakters zeigten. Der wahre Gnostiker des Klemens weiß, daß geistliche Erkenntnis denen gegeben wird, die reinen Herzens

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sind, denen, die so demütig sind, daß sie mit Gott gehen wie ein Kind mit seinem Vater, denen, die nicht aus Angst vor Bestrafung oder aus Hoffnung auf Belohnung, sondern aus dem viel höheren Motiv der Liebe zum Guten um seiner selbst willen ethisch handeln. Es gibt einen Aufstieg vom Glauben durch die Erkenntnis zur seligmachenden Schau nach diesem Leben und jenseits seiner; dann werden die Erlösten mit Gott in einer „Gottwerdung" eins werden, die durch das Allerheiligste in der Stiftshütte des Moses oder durch das Eintreten des Moses in die Finsternis auf dem Sinai symbolisiert ist. Der Grund für die Möglichkeit dieser mystischen Vereinigung ist das Ebenbild Gottes, das dem Menschen durch die Schöpfung eingepflanzt ist. Der Zentralgedanke der Theologie des Klemens ist die Lehre von der Schöpfung. Die Schöpfung ist der Grund der Erlösung. Weil ferner Gott allen seinen vernunftbegabten Geschöpfen die guten Samen der Wahrheit eingepflanzt hat, war Klemens der zuversichtlichen Uberzeugung, daß man von platonischer Metaphysik, stoischer Ethik und aristotelischer Logik viel lernen könne. Alle Wahrheit und alles Gute, wo immer sie sich finden mögen, kommen vom Schöpfer. Auf derselben Grundlage wandte sich Klemens gegen die Gnostiker, die die geschaffene Welt herabsetzten, indem sie jeden Zusammenhang der Materie mit dem höchsten Gott leugneten, woraus sich ethische Konsequenzen ergaben, die entweder zu rabiater Askese oder zu hemmungsloser sexueller Ausschweifung führten. In einer langen Ausführung über die christliche Sexualethik bekämpfte Klemens entschieden die gnostische These, daß die Sexualität für das höhere geistliche Leben entweder bedeutungslos oder mit ihm unvereinbar sei. Er drückt wohl allen seinen Respekt für die Berufung einzelner zum Zölibat aus, weist aber jeden Gedanken daran von sich, daß die Ehe als solche einen geringeren geistlichen Wert besitze als der Stand der Ehelosigkeit. Aus denselben Gründen lehnt er die Forderung ab, daß alle Christen Abstinenzler oder Vegetarier sein müßten; für ihn war das eine Sache der persönlichen Gewissensentscheidung und nicht eines allgemeinen Verbotes. Aber Klemens war weit entfernt von einem naturalistischen

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Hedonismus, wenn er von der Freude an der Güte der geschaffenen Welt schrieb. Die Güter der materiellen Welt, so gebot Klemens, sollten in Dankbarkeit, aber auch mit innerer Freiheit nach den Bestimmungen des Schöpfers und mit Maß genossen werden. Klemens schrieb eine eigene Predigt um Christen zu helfen, die sich Kopfzerbrechen über den rechten Gebrauch ihres Geldes machten und die besonders von dem absoluten Gebot des Herrn an den reichen Jügling beunruhigt waren: „Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, was du h a s t . . . " . Bei schnellem Lesen könnte es den Anschein haben, als wäre Klemens nur ein Kompromißler, der sich an der klaren Forderung eines Gebotes vorbeidrücken möchte. Aber eine eindringendere Lektüre und Würdigung seines Traktates zeigt, daß er die Ethik des Evangeliums nicht als eine erdrückende gesetzliche Verpflichtung verstand, sondern als eine Formulierung von Gottes höchster Absicht mit denen, die ihm bis zum Letzten nachfolgen. Worauf es wirklich ankommt, ist nicht, ob man etwas besitzt, sondern welchen Gebrauch man davon macht. In diesem Sinne verfaßte Klemens einen Leitfaden für die reichen Neubekehrten der alexandrinischen Gemeinde, der äußerst strenge Anforderungen an Genügsamkeit und Selbstdisziplin stellte. Klemens wandte sich leidenschaftlich gegen jeden Luxus und jede Protzerei, und vieles, was er für zulässig erklärte, hielt er doch für höchst unzweckmäßig. Die Auslegung des Jesuswortes an den reichen Jüngling und mehrere Abschnitte im Paidagogos und in den Stromateis zeigen uns Klemens als Seelsorger. Es lag im Wesen seiner Auffassung vom christlichen Leben als einem Fortschritt hin zur Ebenbildlichkeit mit Gott in Christus, daß Klemens das Leben des Christen sowohl als ein dynamisches Fortschreiten im Verständnis des Wesens der christlichen Lehre als auch als einen Erziehungsprozeß verstand, in dem der Kandidat Fehler macht, die nach Buße verlangen. Klemens beschrieb die Kirche als eine „Schule" mit vielen Stufen und unterschiedlich begabten Schülern, in der zwar alle Erwählten gleich, aber einige „erwählter" als die anderen sind. Demgemäß konnte er eine Auffassung von der Kirche vertreten, die für die Besserung der

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Gefallenen Raum ließ und trotzdem gleichzeitig allen Christen die höchsten Forderungen vor Augen hielt. Das siebente Buch der Stromateis (das letzte, das er zu Lebzeiten vollenden konnte, da das sogenannte achte Buch aus zerstreuten Notizen über Fragen der Logik besteht, die wahrscheinlich nach dem Tode des Klemens unter seinen Papieren gefunden wurden) zeichnet das geisdiche Ideal des wahren Gnostikers in einer Sprache, die das hohe Trachten des Paulus (Philipper 3) mit platonischen Gedanken über die Angleichung der Seele an Gott und dem stoischen Ideal der Freiheit von den Leidenschaften verbindet. Klemens scheint eher von Paulus als von den Piatonikern gelernt zu haben, die Gotteserkenntnis als ein dynamisches Fortschreiten und nicht als einen statischen Besitz zu verstehen. Finmal erklärt er, daß der wahre Gnostiker, wenn er zwischen dem ewigen Heil und der Erkenntnis Gottes zu wählen hätte, ohne zu zögern die letztere wählen würde. Weil Klemens das geistliche Leben als einen nie endenden Fortschritt verstand, war er auch nicht der Meinung, daß der göttliche Erziehungsprozeß mit dem Tod sein Ende erreiche. Das Gefühl dankbarer Verpflichtung, das Klemens gegenüber Justin und Irenaus empfand, reichte nicht so weit, daß er auch deren allzu buchstäblichen Glauben an eine leibliche Auferstehung und die anschließende Teilnahme an der tausendjährigen Christusherrschaft auf Erden gebilligt hätte. Für den Sünder gibt es ein brennendes Feuer, das zwar nicht das Bild Gottes im Menschen, wohl aber Holz, Heu und Stoppeln der Sünde zerstört. Niemand kann in diesem Leben solche Heiligkeit erlangen, daß er nicht von dem weisen Feuer gereinigt werden müßte, um der Gegenwart Gottes würdig zu werden. Seine persönliche Zurückhaltung und Verschwiegenheit ließ Klemens nur wenig von sich selbst preisgeben, aber seine persönlichen Ideale sind deutlich zu erkennen. Nach seinem Verhältnis zu Kultur und Bildung und nach seinem Temperament hätte er dem kämpferischen Eifer Tertullians kaum ferner stehen können. Doch zwischen den Zeilen der weltgewandten Tischunterhaltung, die sich in seinen Werken spiegelt, wird eine moralische Leidenschaft spürbar, die durchaus nicht schwächer ist als die Tertullians. Ebenso schweigsam

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III

ist Klemens über das äußere Leben der Gemeinde, der er angehört. Er erwähnt niemals den gleichzeitigen Bischof Demetrios von Alexandrien, und seinen Werken sind verhältnismäßig wenige Angaben zu entnehmen, die zur Erhellung der institutionellen Entwicklung der alexandrinischen Gemeinde beitragen. Wie Justin der Märtyrer tat Klemens seine Hauptarbeit als Laie, als unabhängiger Lehrer der „christlichen Philosophie", der Schüler ebenso in Grammatik, Rhetorik und guten Umgangsformen wie auch in spezifisch religiösen Fragen unterwies. Eine vereinzelte, unsichere Nachricht läßt vermuten, daß Klemens vor seinem Tode, bald nach 2 1 5 , zum Presbyter ordiniert worden sein könnte. Wenn er tatsächlich ordiniert wurde, so darf die Tatsache seiner Ordination als Ausdruck für das Streben des Bischofs von Alexandrien gewertet werden, Lehrer aus dem Laienstand wie Klemens unter strengere Aufsicht zu stellen.

Orígenes

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Orígenes ragt wie ein Riese über die frühchristlichen Denker empor. Obwohl er Klemens in seinen Schriften niemals erwähnt, hatte er ihn sicher mit Aufmerksamkeit gelesen und führte in vielfacher Hinsicht sein Werk fort. Eines seiner frühen Werke führte den Titel Stromateis; die wenigen erhaltenen Fragmente lassen vermuten, daß sie den Teppichen des Klemens ähnelten, indem sie christliche Vorstellungen in der Sprache der platonischen Tradition zu deuten versuchten und philosophische Erörterungen mit der Auslegung schwieriger Bibelstellen abwechseln ließen. (So wurde etwa der Streit zwischen Petrus und Paulus in Antiochien behandelt, den Orígenes als erbauliche Schauspielerei deutete). Aber die geistige Stimmung des Orígenes war sehr verschieden von der des Klemens. Durch das ganze Werk des Klemens geht ein Ton der Heiterkeit und der Freude an den Gaben des Schöpfers, die mit offenen Augen genossen werden. Bei Orígenes herrscht ernste Strenge, eine stählerne Entschlossenheit des Willens, nicht nur allem

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Bösen, sondern auch allen natürlichen Gütern abzusagen, wenn sie ein Hindernis zur Erreichung höherer Ziele darstellen sollten. Orígenes war ein guter Kenner der Klassiker der griechischen Dichtung, aber er hatte wenig Neigung, dies zur Schau zu stellen. Vielleicht fürchtete er sich ein wenig vor der Schönheit der Form und des Ausdrucks und sah in ihr einen Fallstrick, der ihn fangen und verwirren könnte. Vielleicht hatte er auch bloß keine Zeit für solche Lappalien. Nach einen strengen Arbeitsprogramm studierte er die großen Philosophen, vor allem aber die heiligen Schriften, die er nach Belieben fast vollständig aus dem Gedächtnis zitieren konnte. Origenes empfand einen gewissen natürlichen Stolz auf sein glänzendes Gedächtnis und als Folge davon sparte er sich gelegentlich die Mühe, seine Zitate nachzuprüfen und machte triviale Fehler. Die heidnische Literatur galt Origenes als ein unabtrennbarer Bestandteil der Tradition der heidnischen Welt, zu der er sich als Glied der verfolgten Kirche in einem unversöhnlichen Gegensatz wußte. Für dieses Empfinden mag zum Teil die Familienüberliferung verantwortlich gewesen sein. Als Origenes achtzehn Jahre alt war, starb im Jahre 20z während der Verfolgung unter Septimius Severus sein Vater Leonides den Märtyrertod. Origenes schreibt immer als Glied einer Märtyrerkirche; sein Verhältnis zur heidnischen Philosophie und Kultur ist weniger positiv als das des Klemens und kann gelegentlich in eisige Verachtung übergehen. Für Klemens besaß Piaton hohe Autorität, für Origenes nicht die geringste. Origenes anerkannte natürlich, daß Plato viele weise Aussprüche getan habe und daß seine Dialoge viel Wahres enthalten. Aber man bekommt bei Origenes beinahe das Gefühl, daß er es trotz Plato für wahr hielt, nicht weil dieser es gesagt hatte. Origenes unterscheidet sich von Klemens darin, daß er nicht das geringste Verlangen hat, für irgendeinen den Christen wichtigen Grundsatz die Unterstützung eines großen philosophischen Namens in Anspruch zu nehmen. Trotzdem steht Origenes ganz unbewußt dem Piatonismus innerlich weniger kritisch gegenüber als Klemens, und er entwirft ein System, das einen höheren Anteil an platonischen Voraussetzungen enthält als die Schriften des Klemens. Origenes

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war in den Auseinandersetzungen der griechischen philosophischen Schulen vollkommen zu Hause und bewegte sich mit der Vertrautheit eines Meisters zwischen den verschiedenen Positionen der stoischen, epikureischen, platonischen und aristotelischen Philosophie. Er bediente sich der Gedankengänge, die er jeweils brauchte, um seine These zu begründen, identifizierte sich aber selbst niemals mit einer der Schulen. Wie vor ihm Justin und Klemens nimmt er in ethischen Fragen und für das Problem der Vorsehung gerne die Hilfe stoischer Argumente in Anspruch und ist der platonischen Lehre von der Gott „verwandten" Seele, die aber in einer materiellen Welt, die nicht ihr wahres Heim ist, leben muß, sehr geneigt. Nur konnte keine Rede davon sein, daß Plato wirklich zur Entdeckung göttlicher Wahrheit inspiriert gewesen wäre. Für Orígenes war die einzige Offenbarungsquelle die Bibel, und er verbrachte jeden Tag viele Stunden mit Gebet und Studium, zwang sich zu fast unaufhörlicher Arbeit und kam mit sehr wenig Schlaf und Nahrung aus. Von ganzem Herzen wollte er ein Mann der Kirche sein, der ihre Lehren gegen alle Widersacher, Juden, Häretiker und Heiden, verteidigte. Schon zu Beginn seiner Wirksamkeit stellte Origenes in Diskussionen mit Juden fest, daß es für die Christen wesentlich war, mit Vertretern der Synagoge auf der Grundlage eines von beiden Seiten anerkannten Bibeltextes zu disputieren. Die Kirche verwendete die Septuaginta-Übersetzung. Die griechischen Synagogen hatten jetzt die wörtlicheren Übersetzungen von Symmachus, Theodotion und besonders die des Aquila im Gebrauch, eines Heiden, der, nachdem er einige Zeit Christ gewesen war, jüdischer Proselyt geworden war und um 140 eine Übersetzung herstellte, die einer fanatischen Buchstabentreue huldigte. Überdies gab es im christlichen Schriftgebrauch eine Tendenz, die sich besonders in Sammlungen messianischer Weissagungen bemerkbar machte: Einzelne Texte wurden leicht umgestaltet, um sie noch beweiskräftiger zu machen. Justin der Märtyrer glaubte, daß die Worte „der Herr herrschte vom Holze" zum echten, ursprünglichen Text von Psalm 96 gehöhten, und erklärte ihr Fehlen in jüdischen Exemplaren der

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Septuaginta mit der Hypothese, daß jüdische Polemiker sie ausgelassen hätten. In dieser Situation erkannte Origenes die gebieterische Notwendigkeit, den genauen Text des Alten Testaments festzustellen, wollten die Christen nicht Gefahr laufen, daß ihnen rabbinische Gegner nachwiesen, daß sie von einer falschen Textgrundlage ausgingen. Er stellte deshalb eine gewaltige Synopse der Übersetzungen des Alten Testaments zusammen, die den Namen Hexapla trug. In parallelen Kolumnen stellte Origenes den hebräischen Text, eine Umschrift des hebräischen Textes in griechischen Buchstaben (diese Umschrift sollte vielleicht die Vokalisierung des Konsonantentextes erleichtern, vielleicht war sie auch von Gemeinden übernommen, die möglicherweise dem alten Synagogenbrauch folgten, den hebräischen Text zu lesen, bevor er griechisch ausgelegt wurde) und die vier hauptsächlichen griechischen Übersetzungen nebeneinander. Für die Psalmen wurden zwei v/eitere Übersetzungen hinzugefügt; eine davon war in einem Krug im Jordantal gefunden worden - vielleicht handelte es sich um einen Fund ähnlich dem der Handschriften vom Toten Meer. Der Hauptzweck der Hexapla war, die Genauigkeit der Septuaginta sicherzustellen, die die anerkannte Übersetzung war und in allen griechischen Gemeinden gebraucht wurde. Origenes fügt zum Septuagintatext Ergänzungen, hauptsächlich aus der Übersetzung des Theodotion, hinzu und kennzeichnete in der Septuaginta Abschnitte, die vom hebräischen Text abwichen, durch einen Obelos (um Zweifel an ihrer Autorität auszudrücken). Diese Abweichungen konnten beträchtlich sein. So enthielt zum Beispiel das griechische Danielbuch die Geschichte von Susanna, für die der hebräische Text nichts Entsprechendes bot. Origenes zweifelte nicht daran, daß die Susannageschichte ein ursprünglicher Teil des Buches Daniel sei, da sie sich sowohl in der Septuaginta als auch bei Theodotion fand. Außerdem zeigte die Geschichte die jüdischen Ältesten in einem ungünstigen Licht, so daß die Synagoge ein naheliegendes Motiv hatte, sie zu unterdrücken. Die Auffassung des Origenes in dieser Frage wurde jedoch in einem dramatischen Briefwechsel von einem älteren christlichen

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Gelehrten, Julius Africanus, mit Recht in Zweifel gezogen. Africanus war für seine Zeit eine Gestalt von erheblichem Interesse. Er stammte aus Jerusalem (Aelia) und hatte weite Reisen unternommen. Er besuchte einmal den Hof König Abgars IX. des Großen in Edessa, wo er Bardesanes1 begegnete und mit diesem und dem Kronprinzen auf die Jagd ging. Er besuchte Ararat auf der Suche nach der Arche Noah, und er hatte das Tote Meer und die Terebinthe Jakobs in Palästina gesehen. Um 220 ließ er sich in Emmaus (das in Nicopolis umbenannt worden war) in Palästina nieder, von wo er 222 für seine Stadt eine Gesandtschaftsreise nach Rom unternahm. In Rom machte er dem Kaiser Alexander Severus (222-235) durch seine Gelehrsamkeit solchen Eindruck, daß dieser ihn mit der Errichtung seiner Bibliothek im Pantheon betraute. Seine Gelehrsamkeit war die eines typischen Antiquars. Er stellte eine Weltchronik zusammen, in der er die Menschwerdung in das 5500. Jahr nach der Schöpfung setzte. Er schrieb auch ein vielbändiges Sammelwerk, das in seinem Inhalt der Naturgeschichte des älteren Plinius ähnlich war; die erhaltenen Fragmente übermitteln seltsame Kunde über Tiermedizin, Kriegstaktik, Rhetorik, Textkritik Homers und Magie. Africanus war der erste Christ, dessen Schriften sich nicht ausschließlich mit seinem Glauben befaßten. Das Verhältnis »des Africanus zur Bibel war in seiner Art ebenso antiquarisch. Er harmonisierte die Stammbäume Jesu in den Evangelien und stellte fest, daß die Geschichte von Susanna ein miserables griechisches Wortspiel enthielt. Er besuchte einmal eine theologische Disputation, in deren Verlauf Origenes sich auf die Susannageschichte berief. Darauf erteilte er Origenes brieflich einen väterlichen Verweis dafür, daß er nicht bemerkt habe, daß das nur im Griechischen mögliche Wortspiel die Susannageschichte als einen späteren Zusatz zu dem ursprünglichen Buch Daniel erweise. Origenes antwortete gereizt, daß das Wortspiel auch von den Ubersetzern stammen könne und nicht beweise, daß das Original nicht hebräisch sei. Man könne nicht annehmen, daß der Herr, 1 Siehe oben S. 64 f.

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der für die Erlösung seiner Kirche alles gegeben habe, zulasse, daß diese in einer so gewichtigen Frage irre. Hier mindestens war die Einstellung des Orígenes zur Septuaginta streng konservativ. Er fühlte sich durch die Tatsache gebunden, daß ihr Kanon von den Gemeinden angenommen war. Aber Orígenes gab zu, daß es unmöglich sei, diejenigen Bücher oder Teile von Büchern, die nur in der Septuaginta und nicht im hebräischen Original zu finden waren und deren Autorität und Kanonizität deshalb von der Synagoge und mit ihr von einer Anzahl von Gemeinden nicht1 anerkannt wurden, in einer Debatte über Fragen der Lehre zu benützen. Die Verteidigung der Rechtgläubigkeit gegen die Ketzerei nahm in der theologischen Arbeit des Orígenes einen breiten Raum ein. Er sah, daß eine Erwiderung gegen die Gnosis nicht stückweise erfolgen könne, indem man isoliert einzelne Punkte aufgriff, sondern daß sie in der Form einer zusammenhängenden und alles umfassenden Deutung des Wesens der christlichen Lehre geliefert werden müsse, in der die zentralen Fragen der Gnostiker (das Problem des Bösen, die Frage nach dem Ort der Materie im göttlichen Heilsplan, nach der Willensfreiheit, nach der göttlichen Gerechtigkeit) im Rahmen einer breiteren und tieferen Schau eine Antwort finden konnten. Zu dem Zweck, eine solche umfassende Darlegung der christlichen Theologie zu geben, schrieb Orígenes sein umstrittenes Werk „Von den Prinzipien" (de principiis). Es wurde Ende des vierten Jahrhunderts von Rufin von Aquileia ins Lateinische übersetzt, der freimütig erklärte, er habe einige Abschnitte geändert, um sie in Übereinstimmung mit den orthodoxeren Auffassungen zu bringen, die in den anderen Schriften des Orígenes ausgesprochen seien. Hieronymus veröffentlichte dagegen eine genaue Ubersetzung der wichtigsten Abschnitte, die Rufin in solcher Weise gemildert und abgeschwächt hatte, so daß es noch möglich ist, die ursprünglichen Aussagen des Werkes zu ermitteln. Nach dem spekulativen System des Orígenes schuf Gott zunächst nicht diese materielle Welt, sondern ein Reich von Geistwesen, die mit Vernunft und freiem Willen ausgestattet und vom Schöpfer abhängig waren. Zur Erklärung des Falles übernahm Orígenes eine

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Vorstellung Philos von Alexandrien; er meinte, die Geistwesen seien von der Anbetung Gottes „gesättigt" worden und seien durch Nachlässigkeit gefallen, indem sie allmählich in ihrer Liebe erkalteten und sich von Gott weg niedrigeren Bereichen zuwandten. Die materielle Welt trat als Folge dieses Falles ins Sein, nicht durch Zufall, wie die Häretiker sagten, sondern als Ausdruck der unmittelbaren Absicht des Schöpfers selbst, dessen Güte sich in der Schönheit und Ordnung des Kosmos offenbart. So ist die materielle "Welt kein unheilvoller Irrtum, in den der Mensch sich durch einen grausamen Zufall verstrickt findet, sondern ein Bereich, der nach dem Willen des höchsten Gottes geschaffen wurde und der ein Ausdruck seiner Güte, seiner Gerechtigkeit und seiner Heilsabsicht ist; das -Ziel des göttlichen Heilsplans ist nicht, es dem Menschen bequem zu machen, sondern ihn zu erziehen, zu schulen und zu erneuern, so daß er sich zu seinem Schöpfer zurückwendet, ohne den er sein eigentliches Sein nicht verwirklichen kann. Origenes erkannte, daß das „Problem" des Bösen in dessen scheinbarerZwecklosigkeit liegt. Die Lösung suchte er einerseits in dem Gedanken des Irenäus, daß die Welt den Zweck habe, harte Anforderungen an den Menschen zu stellen, der seinerseits aufgerufen ist, die Schwierigkeiten, die sich ihm entgegenstellen, zu überwinden, andererseits in der platonischen Tradition, nach der das Böse das Nichtsein des Guten ist und die Verantwortung für die Störung der Weltordung beim Mißbrauch des freien Willens liegt. Die materielle Welt ist für Origenes zeitlich und vorläufig, und das irdische Leben ist ein kurzer Abschnitt in einem viel längeren Leben der Seele, die vor ihrer Vereinigung mit dem Leibe existiert hat und auch danach weiterbestehen wird. Der Prozeß der Erlösung verläuft deshalb schrittweise; das Werk der Versöhnung geschieht dauernd, und weil es Gottes Art ist, keine Gewalt anzuwenden sondern die Freiheit zu achten, vollzieht sich die Wiederherstellung der Übereinstimmung mit dem göttlichen Plan als ein langsamer und mühevoller Aufstieg. Eine Seele hatte sich von Gott nicht abgewendet, als die übrigen fielen. Diese Seele wurde dazu erwählt, mit dem göttlichen Logos so eng geeint zu werden, wie Leib und Seele im Menschen oder wie

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weißglühendes Eisen mit dem Feuer vereint ist; selbst der aus Maria geborene Leib wurde in diese Einung einbezogen, aus der der eine menschgewordene Herr hervorging. Es ist jedoch eine Gnade, die Gegenwart Gottes in dem Menschensohn erkennen zu können. Christus hat für verschiedene Menschen je nach ihrem geistlichen Fortschritt eine verschiedene Bedeutung. Wir mögen ihn zu Anfang als den Menschensohn sehen, aber im Fortschreiten lernen wir ihn tiefer verstehen. Christus ist „allen alles geworden", er entspricht dem Bedürfnis und Streben des einzelnen, das sich wiederum wandelt, wenn der Glaube zum Wissen reift und das moralische Verständnis feiner wird. Für Origenes ist es ein Axiom, daß sich alle Offenbarung nach dem Fassungsvermögen des Empfängers richtet. Die Menschwerdung ist notwendigerweise ein göttliches Inkognito: der sündige Mensch hätte die unmittelbare Herrlichkeit nicht ertragen können. Die Kirche verkündet ein Evangelium, das zwar innerhalb der Möglichkeiten dieses Lebens absolut, aber im Vergleich mit der Wahrheit, die einst offenbart werden soll, nur relativ ist. Wir sehen durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort. Im zukünftigen Leben wird unser Verstehen unser gegenwärtiges Wissen zumindest im gleichen M a ß übertreffen, wie das Neue Testament das Alte übertrifft. Und der Aufstieg der Seele im Erkennen wird sich nach dem Tode dieses irdischen Leibes fortsetzen. Da kein Mensch im T o d e sündlos und der Gegenwart der göttlichen Heiligkeit und Liebe würdig ist, wird es ein läuterndes „Feuer" geben, das die Seele von aller Schlacke reinigt. Alles Reden über Himmel und Hölle drückt sich in bildhaften Symbolen aus: Origenes glaubt nicht, daß man die Temperatur der Hölle messen könne. Der Wahrheitsgehalt der symbolischen Sprache liegt darin, daß es eine göttliche Strafe gibt. Aber das große Problem ist der Zweck dieser Strafe. Origenes hätte niemals zugestanden, daß es einen „Zorn Gottes" (der, wie er nie zu erklären müde wird, keine emotionale Reaktion Gottes ist) ohne heilende Absicht geben könne. Origenes war der Uberzeugung, daß die Symbole der frühchristlichen Eschatologie - Himmel, Hölle, Auferstehung, die

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Wiederkunft Christi - nicht verworfen werden dürften, bloß weil buchstabengläubige Christen sie in einer groben und prosaischen Weise verstanden. Es war seiner Meinung nach die Gnosis, die in den umgekehrten Irrtum verfiel, alle diese Symbole ausschließlich auf hier und jetzt zu machende innere psychologische Erfahrungen zu beziehen. Orígenes besaß eine starke innere Sympathie für diese Anschauung und konnte zum Beispiel den Sinn der Hölle als völligen Zerfall der Bestandteile der Seele in gänzliche Beziehungslosigkeit deuten. Aber Orígenes wollte den Weg zu einer Sinndeutung der Symbole finden, die „der Größe Gottes würdig" war, die aber zugleich auch den wesentlichen Gehalt der kirchlichen Tradition beibehielt. Seine Suche nach einem Mittelweg mag oft zu einer ziemlich unklaren Redeweise geführt haben, und für die Orthodoxen klangen seine Umdeutungen beängstigend ketzerisch. Aber Orígenes hielt sich durch die Erörterungen des Paulus in I. Korinther 15 für gerechtfertigt, in denen der Apostel die Vorstellung, daß „Auferstehung" ein rein innerliches psychologisches oder mystisches Erlebnis sei, unbedingt verwirft, aber Kritik an der Vorstellung übt, daß Auferstehung des Leibes buchstäblich die Wiederbelebung dieses gegenwärtigen physischen Leibes bedeute. Die Überlegungen des Orígenes über die letzten Dinge regten im sechsten Jahrhundert phantasievolle Spekulationen an. Einige enthusiastische Mönche in Palästina nahmen damals seine Autorität für die Anschauung in Anspruch, daß der Auferstehungsleib kugelförmig sein werde (Piaton hatte erklärt, daß die Kugel die vollkommene Gestalt sei). Es gibt kein klares Zeugnis, daß Orígenes dies jemals selbst behauptet hätte. Orígenes glaubte, daß der Teufel ein gefallener Engel sei und daß die dämonischen Mächte nicht von Gott böse geschaffen seien. Sie fielen durch ihre Mißachtung Gottes und durch ihren Stolz, der sofortige Reue verhinderte. Doch hatten die bösen Mächte Freiheit und Vernunft behalten. Kein seiendes Wesen ist vollkommen entartet, sonst würde es in jeder Hinsicht verantwortlich und vernünftig zu sein aufhören, und man könnte nur noch Mitleid mit seiner unglücklichen Lage empfinden. Darum besitzt auch der Satan selbst

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noch eine Spur der Fähigkeit, die Wahrheit anzuerkennen; selbst er kann zu allerletzt noch bereuen. Das Werk der Versöhnung ist unvollständig, bis alle geistigen Wesen zur Erlösung gebracht werden und Gott alles in allem ist. Aber diese universalistische Hoffnung ist kein bequemer Glaube an einen Naturprozeß, der sich vollziehen wird, was immer auch geschehen mag. Freiheit ist ein unveräußerlicher Besitz vernünftige^: Wesen, und die göttliche Liebe behandelt jedes einzelne mit höchster Achtung. J a , weil die Freiheit unverlierbar ist, muß Origenes sogar einräumen, daß die Erlösten wieder einmal davon ablassen können, Gott zu lieben, so daß die spekulative Möglichkeit eines unendlichen Kreislaufes von Fall und Erlösung, der sich immer neu wiederholt, besteht. Origenes endet mit einer Frage. Er kann zu keiner Lösung kommen, weil er weder glauben kann, daß die Freiheit verloren werden, noch daß die Liebe nachlassen kann. Die Auseinandersetzung mit der Gnosis zwang Origenes auch zu einer eingehenden Untersuchung der richtigen Grundsätze der Bibelauslegung. Gegen buchstäbliche Ausleger wie Marcion verteidigte er den Anspruch der Allegorese auf einen Platz in der christlichen Exegese. Teile der Bibel mögen lediglich als Zeremonialgesetze und Stammesüberlieferungen erscheinen, aber Origenes vermochte unter dem Schleier von Gesetzen, Geschichte und selbst Geographie die zeitlose Wahrheit zu erkennen. Philo hatte ihm hier den Weg gewiesen, und Origenes übernahm viele seiner grundlegenden Auslegungsprinzipien. Doch ist für Origenes der Schlüssel zur Einheit der Bibel, die Altes und Neues Testament verbindet, die Person Christi. Anstößigkeiten, auf die die Marcioniten gerne hinwiesen, wurden von Origenes als Signale der Vorsehung verstanden, die die Notwendigkeit einer geistlichen Auslegung anzeigen. Daß die Evangelisten nicht beabsichtigten, einfach einen trokkenen, faktenmäßigen Bericht über die Ereignisse zu geben, bewiesen ihre untereinander abweichenden Erzählungen von der Tempelreinigung; die Unterschiede lassen sich nicht auf der literarischen und historischen Ebene ausgleichen, sie sind aber restlos erklärbar, wenn man die geistlichen Zielsetzungen der Evangelisten berück-

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sichtigt. Dementsprechend zieht Orígenes die Folgerung, daß es in erster Linie die Absicht der Schrift sei, geistliche Wahrheit zu vermitteln, und daß die Erzählung geschichtlicher Ereignisse nur von sekundärer Bedeutung sei. Die meisten Schriftabschnitte haben zwei, drei oder in sehr seltenen Fällen sogar vier Sinnebenen. Neben dem wörtlichen Sinn kann ein Text auch Belehrung über die Kirche als Gemeinschaft oder über die Beziehung der Einzelseele zu Gott enthalten. In dieser Hinsicht gewann die Lehre des Orígenes vom mehrfachen Schriftsinn weitgehenden Einfluß im Osten und im Westen. Seine Homilien über den Pentateuch und Josua wurden in der Übersetzung Rufins lange gelesen und übten einen tiefen Einfluß auf Gregor den Großen aus. Orígenes wirkte auch stark durch die Vermittlung des Hieronymus, der sich viel von der Bibelauslegung des Orígenes aneignete. Die Haltung des Orígenes zum Litteralsinn der Schrift wurde schon von seinen Zeitgenossen und später von ihm wenig freundlich gesinnten Lesern im vierten Jahrhundert kritisiert. Er glaubte nur von sehr wenigen Abschnitten der Bibel, daß sie keinen wörtlichen Sinn, sondern ausschließlich eine geistliche Bedeutung besäßen. Aber es wurde nicht deutlich, daß er dem Litteralsinn an sich ernstlich eine Bedeutung beigemessen hätte. Es war fast zufällig und lag theologisch am Rande, daß die Bibel viel echte Historie enthält. Die Seele im Leib der Schrift war das Wesentliche. Für das Verständnis des Orígenes stimmte es mit dem ganzen Prinzip der Offenbarung und Erlösung zusammen, daß der Mensch erzogen werden muß, sich vom Buchstaben zum Geist, von der Sinnenwelt zum Bereich des Immateriellen und vom Menschensohn zum Gottessohn zu erheben. Doch der Theologe, dem die Einheit göttlicher und menschlicher Elemente in der Schrift der Einheit von göttlichem und menschlichem Wesen in Christus entspricht, kann kein Denker gewesen sein, für den der buchstäbliche und geschichtliche Sinn gänzlich belanglos gewesen wäre. Tatsächlich ist die Lehre des Orígenes vom Gebet und seine persönliche „Mystik" stets in der Bindung an die Schrift verwurzelt. Er bemerkt einmal: „Selbst auf dem allerhöchsten Gipfel der Kontemplation vergessen wir nicht

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einen Augenblick die Menschwerdung". So findet auch im Gebet der geistliche Aufstieg der Seele festen Halt an der Leiter biblischer Meditation. „Täglich lesen wir die Schriften und erfahren die Trockenheit der Seele, bis Gott Speise gewährt, die den Hunger der Seele stillt". So wird die Seele durch die Gnade über alle irdischen Sorgen erhoben und erfreut sich allein in Gott, indem sie in den inwendigen Spiegel blickt, in dem die Herrlichkeit des Herrn sichtbar wird, und wird verwandelt, wenn das Licht der Herrlichkeit Gottes seinen Abdruck hinterläßt. Origenes fügt hinzu, daß es in einem solchen Gebet nicht notwendig sei, Bitten auszusprechen; denn die Seele erreicht das Bewußtsein der Vereinigung mit Christus, der immanenten „Weltseele", und wird befähigt, alle Bürden und Schwierigkeiten, die sie zu tragen hat, in Dankbarkeit anzunehmen. Origenes betrachtete die Schriftauslegung als seine Hauptaufgabe. Die Mehrzahl seiner vielbändigen Werke besteht aus Bibelkommentaren und Predigten über einzelne biblische Bücher. Die Kommentare waren so umfangreich angelegt, daß kein einziger vollständig überliefert worden ist. Als Rufin von Aquileia daranging, den Römerbriefkommentar des Origenes zu übersetzen, fand er es notwendig, das ganze Werk umzugestalten und nur eine drastisch verkürzende Paraphrase zu geben; schon zur Zeit Rufins waren einzelne Bücher dieses Kommentars verloren und er war genötigt, mehrere Lücken nach eigenem Ermessen zu füllen. „Wer", so fragte Hieronymus (in seiner proorigenistischen Periode), „könnte je alles lesen, was Origenes geschrieben hat?" Wegen seines unaufhörlichen Arbeitens erhielt er den Spitznamen „der Stählerne" (Adamantius). Seine hohen Anforderungen, die er auch als Asket stellte, gewannen ihm nicht immer die Zuneigung anderer Christen, und er bekannte, daß er oft auf Neid, Böswilligkeit und selbst Haß gestoßen sei. Die Geschichte, daß er sich im Enthusiasmus der Jugend selbst entmannt habe, um seiner Keuschheit sicher zu sein, die Eusebius vom Hörensagen erzählt, könnte wahr sein, da mit Sicherheit einige Fälle solcher Akte einer extremen Askese in der frühen Kirche vorkamen. Aber als Origenes selbst Matthäus 19, 1 2

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auslegte („Es sind etliche, die sich selbst verschnitten haben um des Himmelreichs willen"), mißbilligte er entschieden jede buchstäbliche Auslegung dieser Worte. Vielleicht berichtet Eusebius kritiklos bösartiges Gerede, das von den Feinden des Origenes, deren es viele gab, verbreitet wurde. Origenes hatte Schwierigkeiten in seinem Verhältnis zu Bischof Demetrius von Alexandrien. Er hielt Demetrius für einen weltlichen, machthungrigen Kirchenfürsten, der von Stolz und Überheblichkeit erfüllt war und die Ehre genoß, einer reichen Gemeinde in einer großen Stadt vorzustehen. Demetrius war bestrebt, Ordnung und bischöfliche Kontrolle in die Kirche Ägyptens zu bringen, die sich im zweiten Jahrhundert eines selten Maßes von Anarchie erfreut zu haben scheint. Das Geltendmachen bischöflicher Autorität konnte leicht autokratisch erscheinen. Die Freunde des Origenes empfanden, daß im Verhalten des Demetrius zu Origenes ein Element des Neides enthalten war. Origenes wurde häufig eingeladen, andere Gemeinden zu besuchen, um an einer öffentlichen Disputation teilzunehmen oder ein schwieriges theologisches Problem lösen zu helfen. Ein Papyrusfund der jüngsten Zeit hat eine von zwei Stenographen hergestellte Nachschrift einer Diskussion zu Tage gefördert, die wahrscheinlich in Jordanien stattfand, wohin Origenes von einer Bischofssynode eingeladen worden war, um die monarchianischen Anschauungen eines gewissen Bischofs Heraklides zu widerlegen. Sein Ruhm wurde so groß, daß ihm einmal die Ehre zuteil wurde, nach Antiochien eingeladen zu werden, um sich mit Mamaea, 2 der Mutter des Kaiser Alexander Severus, zu unterhalten, der selbst viele Christen in seinem Hofstaat hatte und der (leider nach einer unzuverlässigen historischen Quelle3) in seiner Privatkapelle Statuen von Apollonius von Tyana, Abraham, Orpheus und Christus aufgestellt haben soll. Um 229 wurde Origenes nach Athen eingeladen, um der dortigen 2. Hippolyt richtete an Mamaea eine Abhandlung über die Auferstehung, die bis auf neun bei späteren Autoren erhaltene Zitate verloren ist. 3 Die Historia Augusta, eine Sammlung historischer Romane, die etwa 400 entstanden sind.

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Gemeinde zu helfen, einem lästigen valentinianischen Ketzer namens Candidus Antwort zu stehen. Auf dem Wege nach Griechenland kam er durch Palästina, wo er viele Bewunderer hatte, und nahm in Caesarea die Weihe zum Presbyter an. In Athen behauptete Candidus, daß die Orthodoxen der valentinianischen Lehre von einer doppelten Prädestination entweder zur Erwählung oder zur Verwerfung nicht widersprechen könnten, wenn sie selbst der Auffassung seien, daß sich der Teufel jenseits jeder Hoffnung auf Erlösung befinde. Origenes erwiderte, daß selbst der Teufel gerettet werden könne. Als Berichte von der Weihe in Caesarea und von der Disputation in Athen nach Alexandrien gelangten, gab es eine Zornesexplosion gegen Origenes. Demetrius beklagte sich beim Bischof von Rom und verurteilte Origenes zusammen mit einer Synode ägyptischer Bischöfe. Origenes verteidigte sich; er bedauerte die Enthüllung tiefer Wahrheiten vor Leuten, die sie nicht verstanden, und fügte noch hinzu, er wolle ebensowenig schlecht vom Teufel reden wie von den Bischöfen, die ihn verurteilt hatten. Er mußte sich darauf in Caesarea in Palästina niederlassen und blieb dort, bis er um 254 in Tyrus starb. (Dort konnten noch die Kreuzfahrer im zwölften Jahrhundert sein Grab sehen). Im Jahre 235 folgte auf Alexander Severus Kaiser Maximin, der die Begünstigung der Christen am kaiserlichen Hof mißbilligte. Es kam für kurze Zeit zu einer unangenehmen Verfolgung, die, anders als die meisten früheren Verfolgungen, in denen die Haltung der lokalen Statthalter der entscheidende Faktor gewesen war, durch die persönliche Entscheidung des Kaisers ausgelöst worden zu sein scheint. Origenes verließ Caesarea für einige Zeit zusammen mit einem Freund und vermögenden Gönner namens Ambrosius, der die Stenographen bezahlte, die die Predigten des Origenes aufzeichneten. An diesen Ambrosius richtete Origenes seine Ermahnung zum Martyrium - einen Appell, daß Christen wie Ambrosius, die eine Stellung in der Gesellschaft besaßen, jeder Versuchung zum Kompromiß widerstehen sollten. Dem Ambrosius widmete er auch seine Abhandlung Über das Gebet, die eine Antwort auf die deterministische Philosophie von Leuten suchte, die glaubten, daß das

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Gebet nutzlos sei. Im Jahr 248 überredete Ambrosius Orígenes dazu, seine große Apologie des Christentums gegen die heidnische Kritik, das Werk Gegen Celsus (Contra Celsum) zu schreiben. Die Erwiderung an Celsus ist ein locker komponiertes Werk, in dem die Widerlegung im Anschluß an fortlaufende Zitate aus dem polemischen Werk des Celsus geboten wird. Wir können also beide Seiten in der Debatte hören, wodurch Contra Celsum für den modernen Leser zu einem der faszinierendsten Werke der früchristlichen Literatur wird. Die Auseinandersetzung zwischen Orígenes und Celsus gewann an Heftigkeit durch den Umstand, daß Orígenes selbst wie Celsus Platoniker war, so daß beide Seiten die gleichen philosophischen Voraussetzungen teilten. Orígenes sah deutlich, daß es im Kern der Auseinandersetzung um ein viel tiefgründigeres Problem ging als in der populären Apologetik, der Wunder, erfüllte Prophezeiungen und das wunderbare Wachstum der Kirche als Beweise dienten, denen Orígenes selbst teilweise mit Reserve gegenüberstand. In seinen Augen war die entscheidende Frage die, ob es innerhalb einer platonischen Metaphysik möglich sei, von Freiheit in Gott zu reden, oder ob „Gott" nur eine andere Bezeichnung für einen unpersönlichen kosmischen Prozeß sei, der ins Unendliche abläuft. Celsus war der letzteren Ansicht und war deshalb in religiösen Dingen ein Konservativer, der von den potentiellen revolutionären Kräften, die das Christentum freigesetzt hatte, erschreckt und beunruhigt war. Orígenes betrachtete den Freiheitsgedanken als einen besonders charakteristischen Schwerpunkt der christlichen Philosophie: er bedeutete die Möglichkeit der Änderung, der moralischen Wandlung, der Spontaneität und schöpferischen Kraft und schließlich der kritischen Distanzierung von allgemein anerkannten Konventionen und Traditionen. Wie weit Orígenes bei der heidnischen Intelligenz objektives Gehör fand, ist sehr ungewiß. Porphyrius, der Schüler und Biograph des Philosophen Plotin, hatte bestimmt einige Schriften des Orígenes gelesen und konnte ihm seinen mangelnden Respekt für Piaton und die Klassiker der griechischen Literatur, die ihm selbst als inspirierte Autoritäten galten, nicht verzeihen. Wahrscheinlich

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verscherzte sich Origenes durch seine kühlen und kritischen Äußerungen über die Philosophen einen Teil des Einflusses, den er sonst hätte ausüben können. Aber es gab andere Leute, denen seine Worte Goldes wert waren. Origenes zog viele Schüler an, von denen der hervorragendste, ein junger Adeliger namens Gregor, eine noch erhaltene Lobrede veröffentlichte, die Origenes nach der Sitte der Zeit als einen Meister des religiösen und philosophischen Unterrichtes pries. Gregor hatte an der juristischen Hochschule von Berytus (Beirut) studiert und bekehrte sich unter dem Eindruck der Vorlesungen des Origenes zum Christentum. Er verließ den Hörsaal seines Meisters, um in Pontus in Kleinasien missionarische Pionierarbeit zu leisten, wo ein Jahrhundert später die Landbevölkerung wunderbare Geschichten von seinen Dämonenaustreibungen erzählte - Gregor wurde als der „Wundertäter", Thaumaturgos, bekannt und erlangte große Beliebtheit als Heiliger. Auch in den Gemeinden Palästinas und Kleinasiens war der Einfluß des Origenes in dem Jahrhundert nach seinem Tode groß. Der Kirchenhistoriker Eusebius von Caesarea blickte auf Origenes als den ehrwürdigsten Heiligen und den hervorragendsten Gelehrten zurück, der der Kirche geschenkt worden war; und kein griechischer Bibelausleger konnte sich dem Einfluß des Origenes entziehen. Selbst Epiphanius von Salamis in Cypern 4 , der Origenes als einen Ketzer betrachtete, der das Christentum durch das Gift der griechischen Bildung zugrunde gerichtet habe, gab zu, daß in seinen Bibelkommentaren hervorragende Dinge stünden. Als sich im vierten Jahrhundert die monastische Bewegung entwickelte, gab es viele Asketen, die in den Gedanken des Origenes über das geistliche Leben die Grundlage für ihre eigenen Bestrebungen fanden. Gleichwohl hatte Origenes viele Kritiker. Um 300 griff der Iykische Bischof Methodius seine spiritualisierende Auferstehungslehre an. Die schärfsten Gegner des Origenes (Epiphanius, Hieronymus in seiner späteren Zeit und der Kaiser Justinian) erklärten die Mischung von Orthodoxie und Häresie in seinen Schriften durch die 4 Siehe unten S. 1 1 4 f.

Dionysius von Alexandrien und Paul von S a m o s a t a

12,7

Hypothese, daß seine eigentlichen Intentionen häretisch gewesen seien, daß er jedoch orthodoxe Gedanken aufgenommen habe, um die einfachen Gläubigen zu verwirren. Die Anhänger und Freunde des Origenes wußten, daß er nichts so sehr begehrte, wie ein treues Glied der Kirche zu sein.

Dionysius von Alexandrien

und Paul von Samosata

Origenes starb um 254, doch sein Geist lebte in den theologischen Diskussionen weiter. Bald nach seinem Tode kam es zu einer scharfen Reaktion gegen seine Deutung der Trinitätslehre, sowohl unter den Gemeinden von Libyen als auch im syrischen Antiochien. Origenes hatte zutiefst den Monarchianismus abgelehnt, sowohl in seiner „modalistischen" Form, daß Vater, Sohn und Geist bloße Namen seien, die keinen realen Unterschieden innerhalb der Gottheit selbst entsprechen, als auch in seiner „dynamistischen" Form, nach der Christus ein heiliger Mensch und weiser Lehrer gewesen sei, der in einem einzigartigen Maße vom Geist Gottes erfüllt war. Für Origenes ist Christus der präexistente Logos, der Mittler, durch den zum Vater zu beten die Christen gelehrt werden. Daß dies keine Häresie sei, bewies Origenes durch den Hinweis auf die Tradition der Kirche, nach der das große Eucharistiegebet, die „Anaphora", an den Vater durch den Sohn gerichtet wird. Deshalb muß ein bestimmter Unterschied bejaht werden. Origenes erklärte, daß Vater und Sohn zwar in der Kraft und im Willen eins seien, daß sie aber zwei unterschiedene Wesenheiten seien - sie unterscheiden sich, so sagte er, in der Hypostase. Sie sind unterschieden wie Urbild und fehlerloses Abbild. Dieser Gedanke wird mit dem Monotheismus durch die Auffassung versöhnt, daß der Sohn in einem gewissen Sinn unter dem Vater steht, und zwar wird er als eine niedrigere Stufe des „Seins" innerhalb der Gottheit gedacht. Origenes meinte nicht, daß der göttliche Logos zur Welt des Geschaffenen gehöre. Der Sohn ist gezeugt, nicht geschaffen, und seine Zeugung ist ewig, überzeitlich. Doch ist er der Mittler zwischen dem erhabenen Vater 9

Chadwick, Die Kirche

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Klemens von Alexandrien und Orígenes

und dieser geschaffenen Welt, als Hoherpriester zwischen Gott und Mensch, der einen vor dem andern vertritt. Von 247 bis etwa 264 hatte den Bischofsstuhl von Alexandrien ein Schüler des Origenes namens Dionysius inne. Er hatte den Geist des Lehrers tief in sich eingesogen und war entsetzt, als er Leute traf, die an ein irdisches tausendjähriges Reich glaubten - diese Begegnung veranlaßte Dionysius, eine eindringende Kritik der Grammatik und des Stils der Apokalypse zu verfassen, die beweisen sollte, daß das Buch nicht vom Verfasser des Johannesevangeliums geschrieben sein könne. Im Jahre 259 wurde in einem Streit zwischen Anhängern der Logostheologie und einigen modalistischen Monarchianern, der in den Gemeinden Libyens ausgebrochen war, Dionysius um Hilfe angerufen. Dionysius achtete nicht sehr sorgfältig auf seine Worte. Er griff heftig den modalistischen Standpunkt an. Er behauptete sogar, daß Sohn und Vater so verschieden seien wie Schiff und Steuermann und bestritt, daß sie „von einer Substanz" (homousios) seien. Die Libyer wandten sich an Dionysius von Rom, der in seiner Zurechtweisung des alexandrinischen Namensvetters die Einheit Gottes betonte und diejenigen verurteilte, „die die göttliche Monarchie in drei getrennte Hypostasen und drei Gottheiten teilen". Diese Korrespondenz ist das erste Anzeichen für das Vorhandensein einer Kluft zwischen Ost und West, die bald zu einem gähnenden Abgrund werden sollte. Die origenistische Theologie erschien dem Westen als Tritheismus. Dafür kam die westliche Lehre in den Augen des Ostens dem „Sabellianismus" gefährlich nahe5. Die Vorherrschaft des Origenismus im ganzen Osten in der Zeit von 260-300 wird durch die Krise um Paul von Samosata, der 2.60 Bischof im syrischen Antiochien wurde, beleuchtet. Paul schätzte Origenes nicht: er redete abschätzig von der Logostheologie und hatte Vorbehalte gegenüber der Lehre von drei unterschiedenen Hypostasen; er verstand die Gedankengänge über die Präexistenz des Wortes nicht. Für Paul sind Gott und sein Wort oder seine 5 Siehe unten S. 157.

Dionysius von Alexandrien und Paul von Samosata

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Weisheit ohne Unterschiedenheit eins (homousios), und die Präexistenz des Sohnes zu bejahen hieße zwei Söhne, zwei Christusse bekennen; Jesus ist ein in einzigartiger Weise inspirierter Mensch. Die Lehre Pauls von Samosata ist mit der primitiven judenchristlichen Auffassung von der Person Christi verwandt. Die geistige Atmosphäre, aus der er stammt, ist mehr syrisch als griechisch. Aber der Kirche seiner Zeit erschien seine Lehre als glatte Häresie. Nach den Bischöfen, die 268 auf einer Synode in Antiochien Paul verurteilten, ist es orthodoxe Lehre, daß Christus sich von den Propheten nicht nur durch den Grad der Inspiration sondern seinem Wesen nach unterscheidet, da die Propheten nur „von außen" inspiriert waren, während in dem von Maria geborenen Leib der göttliche Logos „substantiell" gegenwärtig war und tatsächlich den Platz der menschlichen Seele einnahm. Die Bischöfe fanden es leichter, Paul zu verurteilen als ihn zu vertreiben, und er blieb mit seinen enthusiastischen Anhängern („die ihm mit Taschentüchern zuwinken und applaudieren" wie die zornigen Bischöfe klagen) im vollen Besitz seiner Kirche. Im Jahre 260 war Kaiser Valerian in einer Schlacht gegen den persischen Kaiser Schapur I. in Gefangenschaft: geraten, und der Zusammenbruch der römischen Macht im Osten wurde von den Fürsten von Palmyra am Rande der syrischen Wüste ausgenützt: es gelang ihnen, alle östlichen Provinzen des Imperiums unter ihre Kontrolle zu bringen, bis das palmyrenische Reich 272 von Aurelian vernichtet wurde. Paul erfreute sich des Vertrauens der palmyrenischen Regierung und hatte neben seiner Stellung als Bischof sogar ein hohes Staatsamt inne. Doch der Sieg Aurelians besiegelte das Schicksal Pauls. Die machtlosen Bischöfe wandten sich an den heidnischen Kaiser, der entschied, daß das gesetzliche Anrecht auf das Kirchengebäude denen zugesprochen werden solle, „mit welchen die Bischöfe Italiens und Roms in schriftlichem Verkehr stünden". Es w a r das erste Mal, daß ein kirchlicher Streit durch die weltliche Macht beigelegt werden mußte. Das dornenvolle Problem des Verhältnisses von Kirche und Staat beginnt als erschwerender Faktor in den inneren Lehrstreitigkeiten der Kirche in Erscheinung zu treten.

7- Kapitel KIRCHE, S T A A T UND GESELLSCHAFT IM DRITTEN JAHRHUNDERT

Das Wiederaufleben des Heidentums und die Verfolgung des Decius Bis zum dritten Jahrhundert hatte das Christentum unter der Bevölkerung des gesamten römischen Imperiums weite Verbreitung gefunden. Während die Kirche wuchs, kam es zu einer beschränkten intellektuellen Wiederbelebung des Heidentums, die ihre Schwungkraft wahrscheinlich zu einem beträchtlichen Teil der bewußten oder unbewußten Reaktion auf die Herausforderung verdankte, die der christliche Angriff darstellte. Die Kritik, die der Platoniker Celsus (wahrscheinlich um 1 7 7 - 8 0 ) am Christentum übte, geht weit über die negative Feststellung hinaus, daß das Christentum primitiv sei und daß seine Lehre von einem Eingreifen Gottes in die Geschichte sich mit den Axiomen des Piatonismus nicht vereinen lasse. Celsus hielt es auch f ü r notwendig, eine theologische Rechtfertigung der polytheistischen Religion zu geben; er w a r in die Verteidigung gedrängt und w a r sogar bereit, den christlichen Kritikern zuzugeben, daß sie in bestimmten Punkten möglicherweise nicht ganz im Unrecht seien. Der Stoizismus hörte im dritten Jahrhundert auf, als unabhängige philosophische Schule zu existieren; es ist eines der Rätsel, die die Geschichte des Stoizismus aufgibt, daß M a r k Aurel sein letzter Vertreter war. Die wahrscheinlichste Erklärung dafür ist die, daß die entscheidenden stoischen Thesen auf dem Gebiet der Ethik von der Kirche übernommen wurden, während Plotin (205-70) den Anspruch erhob, eine philosophische Synthese zu bieten, in der stoische Ethik und aristotelische Logik im Gefüge einer umfassenden platonischen Metaphysik untergebracht waren. Plotin muß vom Christentum gewußt haben. Er w a r in Alexan-

Wiederaufleben des Heidentums und Verfolgung des Decius

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drien der Schüler des geheimnisvollen Lehrers Ammonios Sakkas gewesen, in dessen Hörsaal einige Jahre vor Plotin auch Origenes Philosophie studiert hatte. Es ist jedenfalls sicher, daß Plotin viel über die Gnosis wußte, gegen die er eine eigene Schrift verfaßte (Enneaden II um eine gnostische Infiltration im eigenen Schülerkreis zu bekämpfen. Plotins Biograph Porphyrius (232 bis 305) wurde zu einem unversöhnlichen und gefährlichen Gegner des Christentums, mit dem er in seiner Jugend wahrscheinlich unmittelbar in Berührung gekommen war. Seine zahlreichen Schriften verraten eine seltsame Mischung von skeptischem Rationalismus und abergläubischer Leichtgläubigkeit gegenüber der polytheistischen Überlieferung der Vergangenheit und erwecken den starken Eindruck einer tiefen inneren Unsicherheit. Plotin mußte Porphyrius einmal durch seinen persönlichen Einfluß vom Selbstmord abbringen. Porphyrius war ein Mann von großer Gelehrsamkeit, obwohl er in seiner Haltung zur Wissenschaft ein gewaltiger Pedant war. Gegen die Kirche verwendete er sein gelehrtes Rüstzeug nicht nur in einem speziellen, fünfzehn Bücher umfassenden Werk, sondern auch in einer Weltchronik, deren Absicht es war, Julius Africanus 1 und andere christliche Chronographen zu widerlegen, die berechnet hatten, daß der biblische Monotheismus die älteste Religion der Menschheit sei. Sobald die Verteidiger des Heidentums in die Defensive gedrängt wurden, war es natürlich, daß in ihrer Haltung eine gewisse Schärfe sichtbar wurde. Aber es ist bezeichnend für die veränderte Lage, in der sich die Kirche im dritten Jahrhundert innerhalb der Gesellschaft befand, daß, während frühere Verfolgungen gewöhnlich von örtlichen Faktoren bedingt gewesen waren, jetzt in zunehmendem Maße die persönliche Haltung des Kaisers selbst für die Geschicke der Kirche ausschlaggebend wurde. Das Wohlwollen, das Alexander Severus 2 der Kirche bewies, war 1 Siehe oben S. 1 1 5 . z Siehe oben S. 123.

132.

Kirche, Staat und Gesellschaft im dritten Jahrhundert

so ausgeprägt, daß es bei seinem Nachfolger Maximin, der 2.35 die Regierung antrat, heftige Gegnerschaft auslöste. Der Kaiser Philippus Arabs (244-49) sympathisierte wieder mit dem Christentum, und man munkelte sogar, er sei gläubig. Aber wenn dies der Fall war, so wirkte sich sein Glaube weder auf sein Privatleben noch auf seine Politik aus, außer daß er der Kirche Toleranz sicherte; und am 21. April 247 nahmen der Kaiser und seine Gemahlin in führender Rolle an den kultischen Feiern anläßlich des tausendjährigen Bestandes von Rom teil. Die Münzen des Philippus Arabs, die die stolzen Worte ROMA AETERNA trugen, verkündeten die Größe von Roms tausendjähriger Geschichte unter dem Lächeln der alten Götter. Das gewaltsame Eindringen der Goten, das 248 einsetzte und mit nicht abreißenden Aufständen und Meutereien im Innern zusammenfiel, ließ viele Bewohner des Reiches fragen, ob der Himmel auch jetzt noch wirklich so günstig gesinnt sei, wie er sich in der Vergangenheit gezeigt hatte. Origenes stellte im Jahre 248 fest, daß die Feindschaft gegen das Christentum im Volk scharf anstieg. Die Christen hatten sich von der Teilnahme an den Jahrtausendfeiern ferngehalten, und der Mob von Alexandrien inszenierte 249 einen antichristlichen Pogrom. 250 ordnete der Kaiser Decius (249-251) eine systematische Verfolgung an, indem er verlangte, daß jedermann eine Bescheinigung (libellus) besitzen müsse, daß er vor besonderen Kommissaren den Göttern geopfert habe. Der Sand von Ägypten hat mehrere dieser Bescheinigungen erhalten. Es handelte sich um eine Aktion, die bewußt gegen die Christen gerichtet war, und es war der schwerste Angriff, dem die Kirche bis dahin standzuhalten hatte. Besonders unter den Besitzenden war die Zahl derer, die abfielen, ungeheuer groß, und wenn nicht im Osten, so behandelte doch in Afrika die Kirche nicht nur diejenigen, die wirklich geopfert hatten, als „Gefallene", sondern auch solche, denen es gelungen war; von wohlgesinnten Kommissaren Opferbescheinigungen zu kaufen;

Cyprian

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Cyprian Cyprian von Karthago und Dionysius von Alexandrien hielten sich versteckt und leiteten ihre Gemeinden durch heimlich gesandte Briefe. Die Bischöfe von R o m , Antiochien und Jerusalem erlitten das Martyrium, und der Bischofsstuhl von Rom mußte vom Januar 2.50 an unbesetzt bleiben, bis im März 2 5 1 zwei konkurrierende Parteien die rivalisierenden Kandidaten Cornelius und Novatian wählten. In Karthago stand Cyprian vor dem unmittelbaren Problem, seine Autorität über die Gemeinde zu behaupten. Durch seine Flucht hatte er an Ansehen eingebüßt, aber noch bedenklicher w a r die Art und Weise, in der seine Stellung durch die „Bekenner", d. h. die Christen im Gefängnis, mißachtet wurde, von denen man glaubte, daß sie in einzigartiger Weise den Geist besäßen (Markus 1 3 , 1 1 ) und deshalb die Schlüsselgewalt der Vergebung hätten. Cyprian veröffentlichte eine Schrift Über die Gefallenen, in der er erklärte, daß überhaupt kein Mensch die Vollmacht habe, den Abfall zu vergeben, und die Auffassung vertrat, daß die Schuldigen dem Gericht Gottes überlassen werden müßten. Als sich jedoch mit der Wiederkehr des Friedens im Jahre 2 5 1 die Stellung Cyprians verbesserte, schritt er zu der Auffassung weiter, daß die Vergebungsgewalt selbst in solch schwerwiegenden Fällen dem Bischof zustehe, der nach dem Rat der Bekenner handeln könne. Um zu verhindern, daß die Büßer vom einen Bischof streng, vom andern milde behandelt würden, kamen die afrikanischen Bischöfe auf einem Konzil zusammen und einigten sich auf eine gemeinsame Politik, die sie auch nach Rom bekanntgaben, „ f ü r den Fall, daß unsere Zahl nicht als ausreichend erscheinen sollte". Die karthagische Opposition gegen Cyprian ging so weit, daß sie einen Gegenbischof erhob, und Cyprian erwiderte mit einem leidenschaftlichen Traktat Über die Einheit der Kirche: Die Kirche kann ihrem Wesen nach nicht geteilt werden; denn Christus tat kund, daß die Einheit zu ihrem grundlegenden Wesen gehöre, als er die Schlüsselgewalt, mit der er später alle Apostel betraute, zuerst

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Kirche, Staat und Gesellschaft im dritten Jahrhundert

dem Petrus allein anvertraute. Die übrigen Apostel besaßen gleichen Rang und gleiche Ehre mit Petrus, doch Christus übergab die Schlüsselgewalt zuerst dem Petrus, um zu zeigen, daß die Kirche nur eine sein könne. Der Mittelpunkt der Einheit ist der Bischof. Ihn verlassen heißt die Kirche verlassen, und „niemand kann Gott zum Vater haben, der die Kirche nicht zur Mutter hat". Die Probleme der Gefallenen und innergemeindlicher Spaltung verursachten auch in Rom Schwierigkeiten. Der gelehrte Presbyter Novatian vertrat hier die traditionelle Auffassung, daß die Kirche keine Macht habe, des Mordes, des Ehebruchs und des Abfalls Schuldigen die Vergebung zu gewähren, sondern daß sie nur Gott um Erbarmen im Gericht bitten könne. Der weniger strenge Presbyter Cornelius vertrat die Auffassung, daß der Bischof auch Todsünden vergeben könne. Diese Spaltung von 2 5 1 wirft ein Schlaglicht auf den Zusammenstoß zwischen der ursprünglichen Auffassung von der Kirche als einer Gemeinschaft von Heiligen und der jetzt aufkommenden Anschauung (die Kallist vertreten hatte), daß sie eine Erziehungsanstalt für die Sünder sein solle. Die ungeheure Zahl der Christen ließ es unvermeidlich werden, daß die Politik des Cornelius den Sieg davontrug, und er wurde von der Majorität zum Bischof von Rom gewählt, während eine Minderheit Novatian wählte. Nach peinlichem Zögern entschloß sich Cyprian für die Gemeinschaft mit Cornelius und nicht mit Novatian. Im Jahre 254 stahlen sich die Parteigänger des Novatian in Rom und Afrika davon, als es deutlich wurde, daß es Novatian nirgends 3 gelungen war, Anerkennung zu finden, und viele suchten um Wiederzulassung zur kirchlichen Gemeinschaft an. Cyprian vertrat den Standpunkt, daß die außerhalb des Bereiches der geisterfüllten Gemeinschaft gespendete Taufe überhaupt keine Taufe sei und daß die Schismatiker nicht anerkannt werden könnten: „Denn wie kann der, der den Geist nicht besitzt, die Gaben des Geistes spenden?" 3 Größere novatianische Gemeinden erscheinen im vierten und fünften Jahrhundert in Kleinasien und besonders in Konstantinopel, doch schwand die Sekte allmählich dahin; in Rom selbst wurden die Reste des Novatianismus um 400 unterdrückt.

Cyprian

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In Rom dagegen war der neue Bischof Stefan (254-56) der Auffassung, daß nach der Überlieferung die mit Wasser im Namen der Dreieinigkeit gespendete Taufe gültig sei, wo immer sie empfangen wurde, und daß Leute, die außerhalb der Kirche getauft worden waren, nicht wiedergetauft werden, sondern wie die Büßer innerhalb der Kirche durch Handauflegung die Rekonziliation empfangen sollten. Nach Stefan kommt das Sakrament nicht von der Kirche, sondern von Christus und hängt nicht vom richtigen Glauben des Spenders, sondern von der richtigen Form der Spendung ab. Der Streit zwischen Rom und Karthago über diesen fundamentalen Gegensatz in der Lehre von den Sakramenten steigerte sich zur Weißglut, und Stefan ging so weit, Cyprian als den Antichrist zu bezeichnen. Sein Angriff ist auch insofern bemerkenswert, als es, soviel wir wissen, das erste Mal war, daß der Bischof von Rom sich auf den Text „Du bist Petrus . . . " berief, um seine Vorrangstellung als Nachfolger des Petrus zu behaupten. Cyprian teilte auch an diesem Punkt Stefans Auffassung nicht: für ihn sind alle Bischöfe theoretisch gleich, wie die Apostel gleich waren. Jeder Bischof ist allein Gott verantwortlich. Der Streit fand durch den Tod Stefans im Jahre 256 und das Martyrium Cyprians m der valerianischen Verfolgung am 14. September 258 ein Ende. Dionysius von Alexandrien schaltete sich mit einem Friedensbrief ein, und Rom und Karthago erklärten sich widerwillig bereit, den gegenseitigen Unterschied anzuerkennen. Fünfundfünfzig Jahre später gab schließlich die donatistische Krise Rom die Möglichkeit, die Bischöfe von Karthago dazu zu bringen, die cyprianische Sakramentstheologie aufzugeben. Die Verfolgungen der fünfziger Jahre des dritten Jahrhunderts waren ernst, besonders wohl die des Valerian, in der gottesdienstliche Zusammenkünfte untersagt wurden und in der sich die Behörden auf di0 Hinrichtung der Bischöfe und des höheren Klerus konzentrierten (ein Verfahren, das Diokletian übernehmen sollte). Aber das in Verwirrung befindliche Imperium kämpfte gegen die eindringenden Barbaren um sein Leben, und in Folge davon waren die Verfolgungen weder anhaltend noch systematisch genug, um

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Kirche, Staat und Gesellsdiaft im dritten Jahrhundert

dauernden Schaden zu tun. Die schlimmste Hinterlassenschaft der Verfolgungen waren innerkirchliche Spaltungen, die sie hervorgerufen hatten. 260/61 erließ Kaiser Gallienus ein Toleranzedikt und gab auf Petitionen von Bischöfen hin beschlagnahmte Kirchen und Friedhöfe zurück. Angriffe konnten jetzt nur noch mit der Feder, nicht mehr mit dem Schwert geführt werden. Außer einer vorübergehenden Episode im Jahre 2,74/75, als Aurelian den Kult des Sonnengottes begünstigte, der als Einheitsmonotheismus alle übrigen Kulte des Reiches aufnehmen sollte, erfreute sich die Kirche bis 303 eines ungestörten Friedens. Selbst Provinzstatthaltern, die Christen waren, wurde stillschweigend die Teilnahme an Opfern erlassen. In Spanien ging die Kollaboration so weit, daß im Jahre 300 einige Christen fröhlich die Mitgliedschaft in der Kirche mit der Bekleidung städtischer Priesterämter verbanden.

Die Große Verfolgung und ihre Auswirkungen Diokletian, der von 284 bis zu seiner Abdankung im Jahre 305 regierte, führte nach der furchtbaren Krise des dritten Jahrhunderts eine größere Umstaltung des Reiches durch; Verteidigung, Währung, Steuerwesen und Preise wurden sämtlich neu geordnet. Das Reich wurde zwischen zwei Augusti aufgeteilt, die jeder einep Caesar neben sich hatten. Diokletian und sein Caesar Galerius herrschten über das Gebiet östlich der Adria, während der Westen Maximian und seinem Caesar Konstantius (dem Vater Konstantins) unterstand. Seit etwa 300 begann die Frage der Loyalität in der Armee zum Problem zu werden, und Galerius drängte auf Zwangsmaßnahmen gegen die Christen. Galerius residierte in Nikomedien, w o er stark von dem Statthalter Hierokles von Bithynien beeinflußt wurde, einem Neuplatoniker, der dem Christentum mit bitterer Feindschaft gegenüberstand. Bei einem feierlichen Opfer, dem auch Diokletian und Galerius beiwohnten, stellten die Auguren fest, daß sie nicht die gewöhnlichen Zeichen an den Lebern der Opfertiere wahrnehmen könnten - einige anwesende Christen hat-

Die große Verfolgung und ihre Auswirkungen

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ten sich bekreuzigt. Diokletian befragte das Apolloorakel von Milet; der Gott antwortete, daß durch die Christen falsche Orakel hervorgerufen würden. Am 23. Februar 303 wurde die christliche Kathedrale gegenüber dem Kaiserpalast in Nikomedien niedergerissen, und am folgenden Tag wurde ein Edikt angeschlagen, das bekanntmachte, daß alle Kirchen zerstört, alle Bibeln und liturgischen Bücher ausgeliefert, die geheiligten Gefäße beschlagnahmt und alle gottesdienstlichen Zusammenkünfte verboten werden sollten. Wenige Monate später verfügte ein zweites Edikt (das anscheinend auf den Osten beschränkt war) die Verhaftung des Klerus, doch hatten die Gefängnisse nicht genügend Raum, und so wurde im Herbst unter der Bedingung des Opfers eine Amnestie gewährt. Erst 304 wurden alle Bürger des Reiches unter Androhung der Todesstrafe zum Opfer verpflichtet, aber auch dies war praktisch auf den Osten beschränkt. Die Verfolgung wütete nicht überall mit gleicher Grausamkeit. In Gallien, Britannien und Spanien begnügte sich Konstantius damit, einige Kirche zu zerstören; niemand wurde hingerichtet. Als Konstantius am 25. Juli 306 in York starb, riefen die Soldaten seinen Sohn Konstantin zum Kaiser aus. Konstantin verehrte wie sein Vater den unbesiegten Sonnengott; aber an seinem Hof muß es christlichen Einfluß gegeben haben, da er eine Halbschwester namens Anastasia hatte (anastasis = Auferstehung). Als sich im Krieg des Jahres 3 1 z um die Alleinherrschaft im Westen seine Laufbahn in einer Krise befand, rief Konstantin die mächtige Hilfe des Christengottes an und wurde nicht enttäuscht. Seine Machtübernahme im Jahre 306 stellte sicher, daß die Verfolgung die von ihm beherrschten Provinzen nicht treffen würde. Im Osten, wo die Zahl der Christen weit größer war, verliefen die Dinge ganz anders. Diokletian wollte Blutvergießen vermeiden; aber er zog sich im Jahr 304 vom öffentlichen Leben zurück und trat 305 nur noch hervor, um seine Abdankung zu erklären und seinen Entschluß bekanntzugeben, sich dauernd nach Split in Dalmatien zurückzuziehen. Jetzt richtete der nun ungezügelte Fanatismus des Galerius, der von seinem Caesar Maximinus Daia angestachelt

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Kirche, Staat und Gesellschaft im dritten Jahrhundert

wurde, ein kleineres Blutbad an. Die Leidenschaft des Galerius wird in dem Edikt sichtbar, das er am 30. April 311 veröffentlichte, als er unter Qualen im Sterben lag. Er erklärt, daß er versucht habe, die Christen zur Rückkehr zur Religion ihrer Vorfahren zu bringen, aber „sehr viele verharrten bei ihrer Torheit". Er gewährt ihnen jetzt Toleranz und Versammlungsfreiheit, wofür sie gebeten werden, für die Gesundheit des Kaisers und die Verteidigung des Staates zu beten. Aber der T o d des Galerius machte den Schwierigkeiten kein Ende. Im Jahre 3 1 z wurde Maximinus Daia mit bestellten Petitionen von Heiden überschüttet, die ihn baten, die „Neuerung" der illoyalen Christen zu unterdrücken. Aber Maximin geriet bald in einen Bürgerkrieg gegen Licinius, und aus dem Wirrwarr von Krieg und Intrigen von 311/12 gingen zwei Männer als Sieger hervor: Konstantin im Westen und Licinius im Osten. Im Februar 313 einigten sie sich in Mailand auf eine Politik der Religionsfreiheit für alle, Christen und Heiden, und auf die Rückerstattung allen Besitzes, ob er nun einzelnen Christen oder den Kirchen als Körperschaften gehörte. Die schlimmste Hinterlassenschaft der Verfolgung war wieder ein Schisma. Wie in der Neuzeit waren die Christen untereinander verschiedener Meinung, an welchem Punkt dem Staat absoluter Widerstand geleistet werden müsse. Im Osten galt Opfern als Abfall, nicht jedoch die Auslieferung von heiligen Büchern und kirchlichen Gefäßen. Aber im Westen waren die Meinungen gespalten, die Gemüter erhitzten sich, und obwohl die Verfolgung hier kürzer dauerte und die meisten westlichen Provinzen unberührt ließ, waren doch die Narben, die sie hinterließ, tiefer als im Osten. Bischof Mensurius von Karthago arbeitete insoweit mit den Behörden zusammen, als er keinen öffentlichen Gottesdienst hielt; er gab aber keine heiligen Bücher heraus, sondern es gelang ihm, die wohlwollende Polizei mit häretischen Schriften abzufinden. Seine Politik war, sich ruhig zu verhalten, bis der Sturm vorüber war. Aber besonders in Numidien betrachtete man die Auslieferung der heiligen Schriften, ja überhaupt aller Bücher, die die Polizei anzunehmen gewillt war (ein Bischof lieferte medizinische Abhandlungen ab),

Die große Verfolgung und ihre Auswirkungen

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bereits als Abfall. Anders zu denken hätte geheißen, dem Ruhm derer Abbruch tun, die lieber gestorben waren, als Bücher auszuliefern; es hätte bedeutet, daß jene Märtyrer ihre Standhaftigkeit übertrieben hätten. Mensurius sah sich scharfer Kritik ausgesetzt. Er betrachtete diejenigen Christen, die jede Zusammenarbeit mit der Polizei ablehnten, als bloße Provokateure; sein Archidiakon Caecilian stellte sogar vor dem örtlichen Gefängnis Posten auf, um zu verhindern, daß den „Bekennern", die ihren Bischof und alles, was er tat, verurteilten, Essen gebracht werde. Als Mensurius starb, wurde in aller Eile Caecilian von drei Landbischöfen zu seinem Nachfolger geweiht. Von einem der Konsekratoren hieß es allgemein, er habe die heiligen Schriften an die Polizei ausgeliefert. Jetzt führten die in der Gemeinde herrschenden tiefen Gegensätze zu dem fanatischen donatistischen Schisma (benannt nach Donatus, einem der Hauptgegner Caecilians). Die Weihe Caecilians warf von neuem die Frage auf, die Cyprian gestellt hatte, ob jemand, der (durch Abfall oder Schisma) den Geist verloren habe, die Gaben des Geistes spenden könne. Die numidischen Bischöfe schritten dazu, für Karthago einen anderen Bischof zu weihen, und zwar fiel ihre Wahl auf einen gewissen Majorinus, der dem Haushalt einer schwierigen Dame namens Lucilla angehörte, die mit Caecilian in einer alten Fehde lag. Vor der Verfolgung hatte sie es sich zur Gewohnheit gemacht, während des Gedenkens für die Verstorbenen bei der Eucharistie einen Knochen eines von der Kirche nicht offiziell anerkannten Märtyrers hervorzuziehen; sie bedeckte diese Reliquie so auffällig mit Küssen, daß der Archidiakon Caecilian sie zurechtwies. Die daraus folgende Feindschaft zwischen Lucilla und Caecilian zeigt, wie die echten Grundsatzfragen, von denen das Schisma seinen Ausgang nahm, von persönlichen Animositäten belastet waren. Als Bischof von Karthago konnte sich Caecilian nur halten, weil Konstantin ihm massive Unterstützung gewährte und weil er sich der kirchlichen Gemeinschaft mit Rom und den Kirchen nördlich des Mittelmeeres erfreute, die ihm 3 1 3 unter der Bedingung gewährt wurde, daß er die cyprianische Sakramentstheologie aufgab.

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Donatus (der Nachfolger desMajorinus in Karthago geworden war) erhob Einspruch. Diese Beschwerde wurde von Konstantin einem Konzil in Arles (1. August 314) überwiesen, das er als Berufungsinstanz zur Uberprüfung der römischen Entscheidung einsetzte. Die Bischöfe in Arles hielten natürlich die früheren Urteilssprüche aufrecht. Von da an wurden die Donatisten immer unnachgiebiger; sie waren entschlossen, die Reinheit der Kirche von jeder Gemeinschaft mit den kompromittierten und weiterhin Kompromisse schließenden Katholiken unbefleckt zu erhalten. Das Schisma beherrschte das afrikanische Kirchenleben im folgenden Jahrhundert völlig und erhielt sich solange weiter, bis sowohl Donatisten als Katholiken vom Islam weggefegt wurden 4 . In Ägypten kam es ebenfalls zu einem Schisma: der Streit ging hier nicht um die Auslieferung von Büchern, sondern darum, ob man sich dem Edikt, das gottesdienstliche Zusammenkünfte verbot, unterwerfen dürfe. Bischof Petrus von Alexandrien floh aufs Land; als Melitius von Lykopolis, der Metropolit der Thebais, nach Alexandrien kam, war er über das Fehlen von Gottesdienst und Seelsorge empört und ordinierte deshalb zwei Männer (von denen einer vielleicht der spätere Häresiarch Arius war) zur Betreuung der Gemeinde von Alexandrien. Die eilige Rückkehr des Petrus und die Verhaftung des Melitius wandten eine Krise ab, und das Schisma, das zwar lange dauerte, nahm niemals große Ausmaße an; es war aber doch so ernst, daß es die Aufmerksamkeit des Konzils von Nicaea erforderte und Athanasius in akute Schwierigkeiten brachte, als er 328 Bischof von Alexandrien wurde 6 . Arius selbst löste sich jedenfalls sehr bald von den Melitianern und söhnte sich mit den Nachfolgern des Petrus aus. Er wurde ein geschätzter und beliebter Presbyter in Alexandrien, der eine ungeheure Anhängerschaft sowohl unter den jungen Frauen als auch unter den Dockarbeitern besaß, für die er theologische Seemannslieder schrieb. Erst um 318/20 gab es Anzeichen, daß die Orthodoxie des Arius in hohem 4 Siehe unten S. 263 f. 5 Siehe unten S. 153.

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Maße fragwürdig sei. Er konnte nicht glauben, daß der menschgewordene Sohn eins mit der transzendenten ersten Ursache der Schöpfung sei.

8. Kapitel K O N S T A N T I N UND DAS K O N Z I L V O N NICAEA Die Bekehrung Konstantins bezeichnet einen Wendepunkt der Geschichte der Kirche und der Geschichte Europas. Sie bedeutete viel mehr als das Ende der Verfolgung. Es war unvermeidlich, daß der unumschränkte Autokrat unmittelbar auf die Entwicklung der Kirche Einfluß nahm, und umgekehrt wurde die Kirche mehr und mehr in die Entscheidungen der hohen Politik einbezogen. Es ist charakteristisch, daß die westliche Haltung zur Bekehrung Konstantins und ihren Folgen im allgemeinen zwiespältiger gewesen ist als die des Osten. Im Westen ist man sich deutlicher bewußt gewesen, daß die Wohltaten, die der Kaiser der Kirche erwies, zwei Seiten hatten. Aber wenn man schon Konstantins Bekehrung nicht als eine innerliche Gnadenerfahrung deuten kann, so war sie auch kein zynischer Akt macchiavellistischer List. Es war eine militärische Angelegenheit. Konstantin besaß nie ein sehr klares Verständnis der christlichen Lehre,'aber er war überzeugt, d f ß der Christengott den Sieg in der Schlacht gewähren könne. 3 1 z rückte er mit unterlegenen Kräften und gegen alle Klugheit rasch in Italien ein und griff seinen Rivalen Maxentius in Rom an. Statt in Sicherheit hinter den aurelianischen Mauern zu bleiben, wählte Maxentius die offene Feldschlacht, in der er mit dem Tiber im Rücken kämpfte. Es war eine so unerklärliche Torheit, daß Konstantins Sieg an der Milvischen Brücke (312) als ein außerordentlicher himmlischer Gunstbeweis erschien. Der römische Senat errichtete Konstantin zu Ehren den heute neben dem Kolosseum stehenden Bogen, der den Untergang der Truppen des Maxentius im Tiber darstellt und in seiner Inschrift verkündet, daß Konstantin „durch die Eingebung der Gottheit" siegte. Die Gottheit, auf die der Senat sich bezog, war der unbesiegte Sonnengott.

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Die Christen glaubten, der eine Gott, den sie verehrten, habe Konstantin den Sieg gegeben. Der lateinische Apologet Laktanz, der in Nikomedien in Kleinasien Rhetorik lehrte, erzählt von einem Konstantin zuteil gewordenen Traum, der ihm gebot, das „ChiRho"-Monogramm als Talisman des Sieges auf den Schilden und Standarten seiner Truppen anbringen zu lassen. Das Zeichen, das seit 3 1 5 auf den Münzen Konstantins erscheint, war ebenfalls ein Christusmonogramm. Schriftsteller des späten vierten Jahrhunderts nennen es das „Labarum". Name und Gestalt könnten einen Bezug zur Doppelaxt (labrys) nahelegen, die ein altes Kultsymbol des Zeus war. Aber die Tatsache, daß es unter Julian abgeschafft wurde, zeigt, daß es allgemein als christliches Sinnbild verstanden wurde. Vielleicht beschloß Konstantin sogar schon vor 3 1 z , das christliche Monogramm zu seiner Feldstandarte zu machen. Vor einer Schlacht gegen eindringende Barbaren (so erzählte er viele Jahre später Euseb von Caesarea) hatte er über der Mittagssonne das Kreuz gesehen, das die Inschrift trug: „Durch dieses siege". Dieses Ereignis mag während Konstantins Feldzug gegen die Franken im Jahre 3 1 1 in der Nähe von Autun stattgefunden haben; ein zeitgenössischer heidnischer Rhetor erwähnt eine Vision des Sonnengottes am Vorabend dieses Sieges. Mit anderen Worten, Konstantin war sich nicht bewußt, -daß sich das Christentum und sein Glaube an die unbesiegte Sonne gegenseitig irgendwie ausschlössen. Der Übergang vom solaren Monotheismus (der damals verbreitetsten Form des Heidentums) zum Christentum war nicht schwierig. In der alttestamentlichen Prophetie wurde Christus die „Sonne der Gerechtigkeit" genannt. Klemens von Alexandrien (um 200) spricht von Christus, der seinen Wagen wie der Sonnengott über den Himmel lenkt. Ein unlängst in Rom gefundenes Grabmosaik, das wahrscheinlich Anfang des vierten Jahrhunderts entstanden ist, stellt Christus als den Sonnengott dar, der mit seinem Wagen die Himmel ersteigt. Tertullian sagt, viele Heiden stellten sich vor, daß die Christen die Sonne verehrten, weil sie am Sonntag zusammenkamen und nach Osten gewandt beteten. Überdies beginnt am Anfang des vierten Jahrhun-

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derts im Westen (wo und durch wen zuerst, ist unbekannt) der 2.5. Dezember, der Geburtstag des Sonnengottes an der Wintersonnenwende, als der Tag der Geburt Christi gefeiert zu werden. Wie leicht Christentum und Sonnenkult auf der Ebene des Volksglaubens miteinander vermischt werden konnten, wird eindrucksvoll durch eine Predigt Papst Leos des Großen aus der Mitte des fünften Jahrhunderts veranschaulicht: Leo tadelt seine übervorsichtigen Gemeindeglieder dafür, daß sie auf den Stufen der Peterskirche erst der Sonne ihre Reverenz erwiesen, bevor sie ihr den Rücken kehrten, um in der nach Westen blickenden Basilika ihre Andacht zu verrichten 1 . Wenn auf Konstantins Münzen noch lange die symbolische Darstellung der Sonne geprägt wurde, so lassen doch von 3 1 3 an seine Briefe keinen Zweifel daran, daß er sich als Christen betrachtete, dessen kaiserliche Pflicht es sei, die Einheit der Kirche zu bewahren. Er wurde erst 337 getauft, als er im Sterben lag, aber an seinem Christenglauben darf deshalb nicht gezweifelt werden. Es war in dieser Zeit üblich (und blieb es bis ungefähr 400), die Taufe bis zum Lebensende aufzuschieben, besonders wenn zu jemandes Pflicht als Beamter die Folterung und Hinrichtung von Verbrechern gehörte. Die Gründe für den Aufschub lagen zum Teil in dem Ernst, mit dem man die Verpflichtungen der Taufe auffaßte. Konstantin begünstigte unter den vielen Religionen seiner Untertanen das Christentum, doch machte er es nicht zur offiziellen oder Staatsreligion des Reiches. Als Konstantin in gehorsamer Befolgung eines ihm von Gott gesandten Traumes beschloß, auf dem Gebiet des strategisch hervorragend günstig gelegenen Byzantium am Bosporus eine neue Hauptstadt für die östliche Reichshälfte zu gründen, da plante er diese als ein „neues R o m " und stattete sie mit zwei prächtigen Kirchen aus,

1 Umgekehrt fanden es manche Christen unter Julian leicht, zum monotheistischen Sonnenkult zurückzukehren. Der Bischof von Troja fiel ab, ohne für die Untadeligkeit seines Charakters zu fürchten, da er auch als Bischof heimlich weiter zur Sonne gebetet hatte.

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die den Aposteln und dem Frieden (Irene) gewidmet waren 2 . Aber er errichtete auch auf dem Forum eine Statue des Sonnengottes, die seine eigenen Züge trug, und fand sogar Platz für eine Statue der Muttergottheit Kybele 3 . Den „Genius" der Stadt rief er in einer solennen Feier an, die am 1 1 . Mai 330 von christlichen Klerikern gehalten wurde. Konstantin bedachte die Kirche in reichem Maße mit Stiftungen. Für die Verwüstungen der Verfolgung leistete er durch die Finanzierung neuer Abschriften der Bibel und durch die Errichtung von Kirchen Wiedergutmachung; seine wichtigsten Kirchenbauten waren die Basiliken, die er in Rom an den traditionellen Grabstätten des Petrus und Paulus und im Heiligen Land in Bethlehem und am Heiligen Grab errichten ließ. Den Palast seiner zweiten Frau Fausta, der früher Besitz der Familie der Laterani gewesen war, schenkte er den Bischöfen von Rom als Residenz (was er bis 1308 geblieben ist). Konstantin bestimmte sogar einen festgelegten Anteil der Provinzeinkünfte für die kirchliche Wohltätigkeit. Diese Staatsbeihilfe war so reichlich bemessen, daß sie bei ihrer Wiedereinführung nach der Abschaffung unter Julian immer noch als großzügig galt, obwohl sie auf ein Drittel gekürzt worden war. Konstantin unternahm es auch, in einigen seiner Gesetze, die Kindern, Sklaven, Bauern und Gefangenen Schutz gewährten, christliche Ideale zum Ausdruck zu bringen. Ein Edikt von 3 1 6 verfügt, daß Verbrecher nicht im Gesicht gebrandmarkt werden dürfen, „weil der Mensch nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen ist". Ein Gesetz Konstantins von 3 2 1 ordnete an, daß außer für den 2. Beide Kirchen wurden unter Justinian im sechsten Jahrhundert neu errichtet. Die Apostelkirche w u r d e im fünfzehnten Jahrhundert von den T ü r k e n zerstört, aber Justinians Irenenkirche, die mit herrlichen (ikonoklastischen) Malereien ausgeschmückt ist, ist erhalten. Die alte Kirche der heiligen Sophia {Christus als die göttliche Weisheit) w u r d e nicht von Konstantin, sondern von seinem Sohn Konstantius erbaut (unten S. 1 6 3 ) ; diese Kirche ging im N i k a Aufstand am 1 5 . J ä n n e r 5 3 2 durch Feuer zugrunde. A n ihrer Stelle entstand das Meisterwerk Justinians. 3 Sie w u r d e jedoch in Gebetshaltung dargestellt, w a s den Z o r n der Heiden erregte. 10

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frommen Zweck der Freilassung von Sklaven die Gerichtshöfe am „verehrungswürdigen T a g der Sonne" geschlossen bleiben sollten, und mißbilligte allgemein die Sonntagsarbeit, die nur in der Landwirtschaft geduldet wurde. Eine in der Nähe von Zagreb gefundene Inschrift meldet, daß Konstantin die alte Sitte, sieben Tage zu arbeiten und am achten T a g einen Markttag zu halten, änderte und den Bauern gebot, ihren Markttag am Sonntag zu halten. Dies ist die früheste Bezeugung des Prozesses, durch den der Sonntag nicht nur der Tag, an dem die Christen sich zum Gottesdienst versammelten, sondern auch ein Ruhetag wurde, und es ist beachtenswert, daß das ausdrücklich genannte Motiv des Kaisers für die Einführung der neuen Sitte die Verehrung der Sonne war. Der christliche Brauch, am ersten Wochentag die Auferstehang des Herrn zu feiern, bestand schon, ehe Paulus den ersten Korintherbrief schrieb. Die Kirche hatte die Sitte, alle sieben T a g e Gottesdienst zu halten, vom Judentum übernommen, nicht von der Sonnenverehrung des Mithraskultes, und zwar wählte man den Sonntag als den T a g der Auferstehung des Herrn. Aber durch die volkstümliche Astrologie verbreitete sich seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert die Vorstellung, daß jeder der sieben Planeten (zu denen man in der Antike Sonne und M o n d zählte) einen T a g regiere. Den römischen Dichtern Tibull und Ovid galt der T a g des Saturn als ungünstig für Arbeit und Reise. Heidenchristen des zweiten Jahrhunderts (Ignatius, Justin, Klemens von Alexandrien und Tertullian) fanden im Zusammenfallen des Herrentages mit dem T a g des Lichtes und der Sonne eine reiche Symbolik. Auf diese Weise wurde die Zeiteinheit der Woche, die dem klassischen Zeitalter unbekannt gewesen war, allmählich durch die volkstümliche Astrologie verbreitet und erhielt noch einen geringen zusätzlichen Antrieb durch die Ausbreitung des Christentums. Die Kirche versuchte, die heidnischen Namen der Tage durch numerische Bezeichnungen zu ersetzen, womit sie im Osten Erfolg hatte, doch im weniger christianisierten Westen ließen sich die Planetennamen nicht verdrängen und leben bis heute in allen westeuropäischen Sprachen mit Ausnahme des Portugiesischen weiter.

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Bis zum Jahre 3 2 1 war das Christentum Konstantins zu einem politischen Faktor geworden. Sein Kollege Licinius im Osten (mit dem er sich 3 1 3 über die religiöse Toleranz verständig hatte) war Heide, und als das Mißtrauen der beiden Herrscher gegenüber den gegenseitigen politischen Absichten anwuchs, versuchte Konstantin, die Unterstützung der Christen im Osten zu gewinnen. Es gelang ihm, Licinius einzukreisen, indem er sich mit den Armeniern verbündete, die sich vor kurzem zum Christentum bekehrt hatten. Als Licinius in der Nähe der armenischen Grenze Christen drangsalierte und Synoden untersagte, hatte Konstantin einen Vorwand für einen Kreuzzug, dessen Höhepunkt ein Sieg am Bosporus im September 324 bildete, der ihn zum Alleinherrscher machte. Der Schritt nach dem Osten führte Konstantin in das Gravitationszentrum des Reiches. Er wollte auch das Heilige Land besuchen und sprach den Wunsch aus, im Jordan getauft zu werden. Aber seine Erwartung vom christlichen Osten wurde schmerzlich enttäuscht. Geradeso wie ihn im Westen der donatistische Streit in Afrika betrübt hatte, stellte er nun fest, daß die griechischen Kirchen soeben in einen heftigen Zwist geraten waren, der seinen Ursprung in einer abstrusen Meinungsverschiedenheit zwischen Bischof Alexander von Alexandrien und seinem Presbyter Arius hatte. Das Ganze hatte als ein lokaler Streit begonnen. Aber Arius hatte mächtige Unterstützung von außerhalb Ägyptens herbeigerufen, und jetzt traten Alexander von Alexandrien wichtige Bischöfe wie der gelehrte Historiker Eusebius aus dem palästinensischen Caesarea und sein mächtiger Namensvetter Bischof Eusebius von Nikomedien, der kaiserlichen Residenz in Bithynien, entgegen. Der griechische Episkopat war in zwei Parteien gespalten, und die Gemüter erhitzten sich. Konstantin gab sofort seine geplante Pilgerfahrt auf; er entsandte seinen kirchlichen Berater Bischof Hosius von Cordoba zur Schlichtung und Untersuchung des Streites, und er beschloß, nach Ostern 325 eine große Bischofssynode nach Ankyra (Ankara) zu berufen. Gleich nach seiner Ankunft in Alexandrien ergriff Hosius für Alexander gegen Arius Partei und reiste darauf nach Antiochien in

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Syrien, um festzustellen, welche Unterstützung Arius von Eusebius von Caesarea und anderen erhalten hatte. Auf einem Konzil in Antiochien, bei dem Hosius den Vorsitz führte, wurde Eusebius exkommuniziert - vorbehaltlich der Bestätigung durch das große Konzil, das bereits nach Ankyra einberufen war. Es handelte sich um den klaren Versuch, die Angelegenheit im voraus zu entscheiden, und Konstantin reagierte sofort, indem er das Konzil von Ankyra nach Nicaea (Iznik) in der Nähe von Nikomedien verlegte, so daß er die Verhandlungen persönlich überwachen konnte. Das Konzil von Nicaea, das wegen der Breite, in der die Kirche auf ihm vertreten war, bald als das erste „ökumenische" oder Weltkonzil gelten sollte, wurde von ungefähr 220 Bischöfen besucht, die fast alle Griechen waren. Außer Hosius von Cordoba und zwei von Papst Silvester gesandten römischen Presbytern kamen nur vier oder fünf Teilnehmer aus dem lateinischen Westen. Gleichwohl war das Konzil für die Kirche ein denkwürdiges Ereignis und wurde schon damals als solches empfunden. Bei der feierlichen Eröffnung am 20. Mai 325 forderte Konstantin die Bischöfe auf, Einheit und Frieden herzustellen. Er machte schnell deutlich, daß er die Verurteilung des Eusebius von Caesarea beklagte, und betonte seine volle Unterstützung von dessen Lehren. Aber die Rehabilitierung des Eusebius von Caesarea bedeutete nicht, daß sein Freund Arius gestützt werden sollte. Das dem Konzil zur Annahme vorgelegte Bekenntnis war scharf antiarianisch in seiner Aussage, daß der Sohn „wesenseins mit dem Vater" sei. Das Schlußanathem des Bekenntnisses verurteilte die Sätze, daß der Sohn metaphysisch oder moralisch unter dem Vater stehe und zum Bereich des Geschaffenen gehöre. Nach den heftigen Parteigegensätzen, die sich vor dem Konzil gezeigt hatten, war es erstaunlich, daß 218 von 220 Bischöfen das Bekenntnis unterzeichneten; ihre Einmütigkeit hat den besorgten Kaiser gewiß mit Genugtuung erfüllt. Es ist jedoch deutlich, daß die entscheidenden Begriffe des Bekenntnisses nicht von allen Unterzeichnern in genau demselben Sinn verstanden wurden. Das Wort „wesenseins" (homousios) sagte die Identität aus. Der Terminus erklärte, daß Vater und Sohn „derselbe" seien. Aber dies war dop-

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peldeutig. Für einige Bischöfe bedeutete es die persönliche oder spezifische Identität, für viele andere bedeutete es eine viel weitere, nur generische Einheit. Der glückliche Zufall dieser Doppeldeutigkeit ermöglichte es Konstantin, die Zustimmung von jedermann außer von zwei libyschen Bischöfen zu gewinnen, deren Einwände sich aber weniger gegen das Bekenntnis als gegen den sechsten Kanon der Synode gerichtet zu haben scheinen, der sie der Aufsicht Alexandriens unterwarf. Aber nicht nur die dogmatische Frage wurde in Nicaea behandelt. Das Konzil brachte Syrien zur Angleichung an Ägypten und Rom in der Berechnung des Osterdatums, es traf Vorkehrungen für die Wiederaufnahme der dissidenten Melitianer in Ägypten 4 , und es erließ zwanzig Kanones, die hauptsächlich Ordnungsfragen regelten. Der nicaenische Codex des Kirchenrechtes untersagte, daß ehrgeizige Bischöfe von einem Bistum zum andern überwechselten, er verfügte, daß ein Bischof möglichst von allen Bischöfen seiner Provinz geweiht werden solle, in keinem Fall aber von weniger als dreien, und es verlieh dem Bischof der Provinzhauptstadt ein Vetorecht. Diese letzte Bestimmung beschleunigte den Prozeß, der in wachsendem Maße die Macht in den Händen der Metropoliten konzentrierte. Drei Bischöfe (die von Rom, Alexandrien und Antiochien) hatten traditionell ein gewisses Maß von Jurisdiktion über die Grenzen ihrer Provinz hinaus ausgeübt: Alexandrien hatte die Oberaufsicht über Oberägypten und Libyen, Rom über die Gemeinden Süditaliens. Dieses Rechte wurden als Einschränkung des Metropolitansystems anerkannt, ohne daß ihr Wesen und ihre Grenzen definiert wurden. Ein bedeutsamer Kanon erklärte, daß dem Stuhl von Jerusalem besondere Ehre zukomme, jedoch unbeschadet der Metropolitanrechte von Caesarea. Diese gewichtigen Worte bezeichneten einen wichtigen Schritt in Richtung auf die Schaffung des Patriarchats von Jerusalem im fünften Jahrhundert, die schrittweise gegen den heftigen Widerstand Caesareas erreicht wurde. 4 Siehe oben S. 140.

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Die nicaenischen Kanones werfen demgemäß viel Licht auf die sich ausbildende Organisation und „Machtstruktur" der Kirche. Bis spätestens 325 hatten sich die griechischen Gemeinden an eine Organisation gewöhnt, die auf dem staatlichen Provinzialsystem beruhte, wobei die Metropolitansprengel gewöhnlich den Provinzen entsprachen. Aber welche Berufungsinstanz konnte über der Provinzialsynode stehen? Anders als der Westen besaß der Osten keinen Bischofssitz, dessen Vorrang unbestritten war, sondern nur große Städte wie Alexandrien, Antiochien und (seit 330) Konstantinopel. Die eine griechische Stadt, die heilige Stätten von höchster Bedeutung besaß, war Jerusalem," dessen Bischöfe ein ausgeprägtes Bewußtsein der Tatsache zeigten, daß sie den Vorsitz in der Muttergemeinde der Christenheit innehatten; aber Jerusalem wurde niemals zu einem größeren kirchlichen Machtzentrum. Erst im fünften Jahrhundert konnte sich der Bischof von Konstantinopel gegen den leidenschaftlichen Widerstand von Alexandrien im Osten eine Position schaffen, die sich mit der Roms im Westen vergleichen ließ. Für die lateinischen Bischöfe hingegen wurde das Problem durch das Ansehen Roms im Westen vereinfacht. 341/43 trafen die lateinischen Bischöfe in Serdika die vernünftige Entscheidung, daß die Berufungsinstanz, an die man sich nach der Entscheidung der Provinzsynode wenden konnte, vom Papst bestimmte Richter sein sollten. Trotzdem mußten die in Serdika versammelten Bischöfe einen besonderen Beschluß verabschieden, in dem sie mißbilligten, daß einzelne Bischöfe durch dauernde Vorsprachen bei Hof die Kirche in Verruf brachten (besonders wenn sie nicht für wohltätige Zwecke, sondern um für ihre Freunde oder für sich selbst weltliche Beförderung zu erreichen, Petitionen an den Kaiser richteten). In der Tat ging im weiteren Verlauf des vierten Jahrhunderts die Entwicklung immer stärker dahin, daß die letzten Entscheidungen über die Kirchenpolitik vom Kaiser getroffen wurden, und die Gruppe innerhalb der Kirche, die jeweils den Gang der Ereignisse bestimmte, war sehr oft diejenige, der es gelang, beim Kaiser Gehör zu finden.

9- Kapitel DER ARIANISCHE STREIT N A C H D E M K O N Z I L V O N NICAEA Es w a r das Mißgeschick der Kirche des vierten Jahrhunderts, daß sie zu derselben Zeit, in der sie damit beschäftigt war, ihre institutionelle Organisation auszubilden, in einen theologischen Streit hineingezogen wurde. Die dogmatischen Meinungsverschiedenheiten wurden rasch unauflöslich mit Fragen der Ordnung, des Kirchenrechts und der Autorität verquickt. Vor allem aber verbanden sie sich mit der allmählich wachsenden Spannung zwischen griechischem Osten und lateinischem Westen. Während der ersten Jahrhunderthälfte gelang es den arianischen Führern im Osten, diese Spannung zur Errichtung einer starken gemeinsamen Front der griechischen Kirchen auszunützen, wobei sie von den toleranten Kaisern Konstantin II. (337-61) und später Valens (364-78) unterstützt wurden. Außerdem erfolgte die schließliche Überwindung des Arianismus im Osten in einer Weise, daß auch nach dem Ende des Streites die Spannung zwischen Ost und West weiter bestehen blieb. Wie es dazu kam, wird aus dem Gang der Ereignisse deutlich werden. Der arianische Streit nach dem Konzil von Nicaea läßt sich in drei Abschnitte zerlegen: der erste reicht bis zum T o d Konstantins (zz. M a i 337), der zweite von der Thronbesteigung der Söhne Konstantins bis zum T o d Konstantius des Zweiten (361), der dritte vom Regierungsantritt Julians bis zur Unterdrückung des Arianismus unter Theodosius I. (381).

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Von Nicaea (325) bis zum Tode Konstantins (337) Solange Konstantin am Leben war, blieb das nicaenische Bekenntnis als Kriterium des wahren Glaubens unbestritten. Gleichwohl waren die Freunde des Arius im Stande, viel von dem Boden zurückzugewinnen, den sie im Sommer 325 verloren hatten. Diese Verbesserung der Lage war hauptsächlich das Werk ihres glänzenden Führers Eusebius von Nikomedien, der dank seiner günstigen Position in der Nähe des Kaiserhofes vieles zu erreichen vermochte. An ihn besonders hatte sich Arius in den harten Verhandlungen vor dem Konzil von Nicaea um Hilfe gegen Bischof Alexander von Alexandrien gewandt. 325 hatte Eusebius in Nicaea das Bekenntnis ohne jede Bemerkung oder Erklärung unterzeichnet, aber es war für jedermann offenkundig, daß er es nicht in demselben Sinn verstanden hatte wie etwa Hosius von Cordoba oder Alexander von Alexandrien. Ungefähr einen Monat nach der Synode von Nicaea machte Eusebius für einen Augenblick einen Fehler: er gewährte dem Arius in Nikomedien Gemeinschaft, als dessen Fall erneut überprüft wurde, und wurde von dem erzürnten Konstantin sofort in die Verbannung geschickt. Aber bald war er wieder zurück und suchte mit seinem fähigen Verstand Mittel und Wege, wie er die Position der Hauptgegner der arianischen Theologie untergraben könnte. Die drei wichtigsten Bischöfe, gegen die Eusebius von Nikomedien seinen Angriff richtete, waren alle Männer, die kein Hehl daraus machten, daß sie ihn fortwünschten, und die es für eine unerträgliche Schwäche der Duldungspolitik Konstantins und vielleicht sogar der Formulierung des nicaenischen Bekenntnisses hielten, daß es Eusebius und seiner Partei erlaubt sein sollte, im Amt zu bleiben. Das erste Opfer war Bischof Eustathius von Antiochien, ein scharfer Kritiker der Theologie des Origenes, der es den Eusebianem leicht machte, ihn auszuschalten: er sprach in respektloser Weise von Konstantins Mutter Helena, als diese 326 als Pilgerin

Von Nicaea (315) bis zum Tode Konstantins (337)

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das heilige Land besuchte. Eine Synode in Antiochien setzte ihn ab, und Konstantin schickte ihn in ein Exil, aus dem er nie mehr zurückkehrte. Den zweiten Gegner zu Fall zu bringen kostete Eusebius größere Mühe. Nach dem Tode Alexanders im April 3Z8 war Athanasius Bischof von Alexandrien geworden. Er war mit Energie auf die Verteidigung seiner Kirche und die restlose Beseitigung von Häresie und Schisma bedacht. Bald nach seiner Wahl erhielt er einen Brief von Konstantin, der ihm mitteilte, daß auch Arius selbst jetzt das nicaenische Bekenntnis unterzeichnet habe (mit einigen privaten Erläuterungen) und daß er in Alexandrien wieder in die Gemeinschaft aufgenommen werden solle. Athanasius lehnte dies ab, und als er zum Kaiser vorgeladen wurde, beeindruckte er Konstantin durch sein persönliches Auftreten so sehr, daß man keinen weiteren Druck auf ihn ausübte. Leider hatte Athanasius geringfügige lokale Schwierigkeiten in Ägypten, die zu seinem Sturz führten. Die schismatischen Melitianer waren durch die Entscheidungen von Nicaea wieder aufgenommen worden, was sie jedoch nicht hinderte, weiter sehr lästig zu sein. Athanasius verfuhr so hart mit ihnen, daß sie sich über seine gewalttätigen Methoden beschwerten. Die von diesen dissidenten Kopten erhobenen Anklagen (kürzlich gefundene Papyrusbriefe zeigen, daß ihre Anschuldigungen begründet waren) wurden sofort von Eusebius von Nikomedien ausgenützt. Der Prozeß gipfelte in einer Synode in Tyrus im August 335, bei der es der Partei der Eusebianer gelang, die formelle Exkommunikation des Athanasius und seine Absetzung wegen Handlungen, die eines christlichen Bischofs unwürdig seien, zu erreichen. Athanasius wandte sich an Konstantin. Doch Eusebius entschied die Angelegenheit, indem er Beweise vorlegte, daß Athanasius in einem unüberlegten Augenblick gedroht hatte, er werde in Alexandrien einen Dockarbeiterstreik ausrufen, der die lebenswichtige Getreidezufuhr nach Konstantinopel sperren würde, falls der Kaiser ihn nicht unterstützen sollte. Konstantin verbannte ihn voll Zorn nach Trier, dem Sitz der gallischen Präfektur. Z u keinem Zeitpunkt wurde die Theologie des Athanasius angegriffen.

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Als drittes Opfer stürzte der Bischof Marcellus von Ankyra. Er hatte schon lange einen Flugblattkrieg gegen die origenistische theologische Tradition und ihre starke Betonung der Selbständigkeit von Vater, Sohn und Geist als „dreier Hypostasen" geführt. Für Marcellus ging die Einheit Gottes aller Vielheit voraus: Gott ist in sich selbst einer, und „drei" ist er nur in einem relativen Sinn wegen seiner Wirksamkeit in Schöpfung und Erlösung. Marcellus verlangte eine streng biblische Theologie, die auf Bibeltexten, nicht auf Piaton oder Orígenes basierte; und er fand eine hervorragende Beweisstelle für seine Lehre in den Worten des Paulus, daß „der Sohn am Ende das Reich dem Vater überantworten wird, und Gott alles in allem sein wird". Dieser Text zeigte, daß jede Unterscheidung zwischen Vater und Sohn relativ sei und sich nur auf den Bereich der Schöpfung beziehe. Politischen Einfluß besaß Marceil nicht und deshalb lenkte er auch bis 335/36 nicht das Feuer der Eusebianer auf sich. Doch 335, unmittelbar nach dem stürmischen Konzil von Tyrus, das Athanasius verurteilte, wies Konstantin alle Bischöfe des Ostens an, zur Einweihung seiner neuen Kirche an der Stelle des Heiligen Grabes in Jerusalem zu erscheinen, und er plannte, daß die Zeremonien bei der Feier des dreißigsten Jahrestages seiner Erhebung zum Kaiserthron auch die glanzvolle Wiederaufnahme aller jener Arianer einschließen sollten, die sich seit dem Konzil von Nicaea unterworfen hatten. Marcell lehnte es ab, durch seine Teilnahme sein Gewissen zu beflecken und wurde sofort der Mißachtung des Kaisers und der Häresie beschuldigt. Auf einem Konzil in Konstantinopel, das Anfang 336 stattfand, wurde er abgesetzt. Die nun schon gewöhnliche Verbannung folgte. Um diese Zeit starb Arius. Es ist bezeichnend für den Gang der Ereignisse, daß die genauen Umstände und das Datum seines Todes in Nebel gehüllt sind. Man hatte ihn kaltgestellt und fast vergessen. Zuletzt hatte er, alt und krank, Konstantin gebeten, ihm ehe er starb die Wohltat der Sakramente zu gewähren; traurig klagte er, daß seine mächtigen Freunde wie Eusebius von Nikomedien nicht länger zu bewegen seien, irgendetwas für ihn zu unternehmen. Es wurde gnädig verfügt, daß er in Konstantinopel in aller Form

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wieder aufgenommen werden sollte. Rund zwanzig Jahre später setzte Athanasius eine dramatische Geschichte in Umlauf, daß in Erhörung der Gebete des Ortsbischofs, er möge von der Befleckung verschont bleiben, Arius am Vorabend seiner Wiederaufnahme plötzlich den Tod des Judas Ischariot gestorben sei. Vielleicht starb der Häretiker wirklich vor dem beabsichtigten Friedensakt. Vielleicht ist die Geschichte des Athanasius unwahr, und er starb mit Beichte und Absolution versehen. Für die Geschichte hat es keine Bedeutung, weil Arius aufgehört hatte, Bedeutung zu haben. Beide Seiten hatten sich längst von ihm abgewandt, und er war, wie er selbst schmerzlich innewurde, unwichtig geworden. Kurz vor seinem Tod, zu Pfingsten 337, wurde Konstantin von Eusebius von Nikomedien getauft. Er lag im weißen Gewand des Neophyten aufgebahrt und wurde in seiner eigenen Hauptstadt Konstantinopel in der Apostelkirche beigesetzt. Mit seinem Abgang von der Bühne nahm der arianische Streit sofort eine schärfere Wendung. Die Kirche unter den Söhnen

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Die zweite Periode des arianischen Streits fällt mit der Regierung des Konstantius zusammen (337-61) und ist durch politische und kirchliche Verwirrung gekennzeichnet. Konstantin hatte vorgesehen, daß das Reich, dessen Alleinherrscher er seit 324 gewesen war, wieder von einer Tetrarchie regiert werden sollte, wie Diokletian sie eingerichtet hatte. Er beabsichtigte, das imperium unter seine drei Söhne und seinen Neffen aufzuteilen. Aber die Armee wollte von niemand anderem als den Söhnen Konstantins geführt werden. Alle anderen männlichen Verwandten wurden getötet, außer zwei kleinen Knaben Gallus und Julian, den Söhnen von Konstantins Halbbruder. Nach diesem Blutbad teilten die drei Söhne Konstantins das Reich unter sich auf: Konstantin II. übernahm die westlichen Provinzen, Konstantius II. die östlichen, während Konstans, der jüngste, Italien und Nordafrika erhielt. Die Beziehungen zwischen den Brüdern waren nicht gut. 340 endete ein Krieg zwi-

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sehen Konstantin II. und Konstans mit dem Tode Konstantins II., und Konstans blieb Alleinherrscher sämtlicher westlicher Provinzen, bis er selbst 350 von dem Rebellen Magnentius ermordet wurde. Diese politischen Störungen hatten unmittelbare Auswirkungen auf den Gang der Kirchenpolitik. Im Laufe des Sommers 337 versuchten die verbannten Bischöfe Athanasius, Marcell und andere auf ihre Sitze zurückzukehren. Doch Konstantius im Osten war Eusebius von Nikomedien freundlich gesinnt, der ungefähr um diese Zeit beschloß, auf den Bischofsstuhl von Konstantinopel überzuwechseln, das Nikomedien als tatsächliche Hauptstadt ersetzt hatte. Dementsprechend wurde den zurückkehrenden Verbannten ein feindseliger Empfang zuteil, und sie mußten sich in den Westen zurückziehen. 340 wurden Athanasius und Marcell als verfolgte Flüchtlinge in Rom von Bischof Julius (337-52.) gerne in die Gemeinschaft seiner Kirche aufgenommen. Diese Aufnahme gab den Flammen neue Nahrung. Es war eine schwerwiegende Angelegenheit, daß Rom Kleriker aufnahm, die von griechischen Synoden formell exkommuniziert worden waren. Athanasius und Marcell waren der Auffassung, daß diese Synodalurteile ungültig seien, da ihre Ankläger Ketzer gewesen seien, aber diese Behauptung erschien damals im Osten nicht als selbstverständlich. Man konnte auch das andere Argument ins Feld führen, daß Rom das kanonische Recht besitze, als Appellationsinstanz aufzutreten. Ein solcher Anspruch war im griechischen Osten noch viel weniger selbstverständlich. Am 6. Januar 341 versammelten sich siebenundneunzig griechische Bischöfe mit dem Kaiser Konstantius in Antiochien zur Einweihung einer neuen Kathedrale, deren Bau noch von Konstantin begonnen worden war. Auf dieser Synode beklagten sie die wachsende Verschärfung der Lage. Sie wiesen die Anschuldigung zurück, daß sie Arianer seien („denn wie sollten Bischöfe Anhänger eines Presbyters sein?"), oder daß sie das nicaenische Bekenntnis aufgeben wollten, an dem sie einzig dies kritisierten, daß es nicht ausreiche, offenkundige Ketzer wie Marcell auszuschließen. Was den Anspruch Roms, als Berufungsinstanz zu handeln, anging, erwiderten sie, daß es etwas Neues sei, daß eine westliche Synode

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über östliche Entscheidungen urteile; sie hielten die römische Gemeinde wegen ihrer apostolischen Lehrtradition in hohen Ehren, doch die Apostel seien vom griechischen Osten nach Rom gegangen — oder maßte sich Julius auf Grund des weltlichen Ranges der Stadt eine überlegene Stellung an? Der theologische Scharfsinn Roms hätte den Griechen mehr Eindruck gemacht, hätte Julius Marcell nicht in naiver Weise auf der Grundlage keines strengeren dogmatischen Maßstabs als des einfachen römischen Taufbekenntnisses zur Gemeinschaft zugelassen. In den Augen der griechischen Theologen leugnete Marcell die Unterschiedenheit von Vater und Sohn und benützte die nicaenische Aussage von der Einheit beider, um seine sabellianische Ketzerei zu verbergen. Das Konzil von Antiochien schloß mit der Aufstellung eines Bekenntnisses, das Nicaea ergänzen sollte; sämtliche entscheidenden Sätze waren gegen Marcell gerichtet. Es handelt sich um das früheste Glaubensbekenntnis, das die Aussage enthält, daß Christi „Reich kein Ende haben wird", einen Satz, von dem man meinte, daß Marcell ihn leugnete. Das antiochenische Manifest von 341 veranschaulicht den ganzen Ernst und die Schwierigkeit der Kontroverse. Es handelte sich nicht mehr um den abstrakten, abseitigen Disput über die Thesen eines leicht neurotischen beliebten Predigers aus Alexandrien. Der arianische Streit hatte sich zu einer drohenden Spaltung zwischen Ost und West entwickelt. Der Osten war über den römischen Anspruch einer übergeordneten Jurisdiktion verärgert, für den man keine Begründung sah. Die Griechen blickten auch auf die intellektuellen Fähigkeiten der Lateiner herab und verdächtigten ihre Theologie eines naiven Sabellianismus. Auf der anderen Seite mißtraute der Westen den Griechen, weil sie so klug waren und weil sie sich einer theologischen Sprache bedienten, die ins Lateinische übersetzt äußerst tritheistisch klang, da „drei hypostaseis" im Lateinischen mit „drei substantiae" wiedergegeben wurde. 1 Die Tatsache, daß die östliche Kirchenpolitik von Eusebius von Nikomedien beherrscht 1 Siehe oben S. 128.

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wurde (der jetzt in Konstantinopel saß), ließ in Rom die Annahme natürlich erscheinen, daß die griechischen Bischöfe den Arianismus unterstützten; und solange Eusebius seinen Einfluß behielt, wirkten alle Griechen, die sich vom Arianismus distanzierten, unglaubhaft. Die östlichen Führer würden sich lange gegen die westlichen Forderungen gehalten haben, hätten sich nicht die Verhältnisse gewandelt. Aber im Winter 341/42. starb Eusebius von Konstantinopel; seine Nachfolge wurde zum Gegenstand erbitterten Parteizwistes und endete mit der Wahl zweier rivalisierender Bischöfe (Paulus und Macedonius), die sich während der folgenden Jahre abwechselnd gegenseitig verdrängten. Damit war die Partei der Eusebianer führerlos geworden, und der Bischofssitz der Hauptstadt bildete ein Machtvakuum. Auch die kaiserliche Politik schwächte die östliche Position. Seit 340 war Konstans Alleinherrscher über die westlichen Provinzen und begann auf Konstantius Druck auszuüben, um dessen griechische Bischöfe gefügiger zu machen. Nach den gegenseitigen Erklärungen von 340/41 drohte ein Schisma größten Ausmaßes. Die Kaiser beriefen dringend ein Konzil sowohl des Ostens als auch des Westens ein, das sich 342/43 in Serdika (Sofia) versammeln sollte. Die Synode spaltete sich in zwei Lager, die sich gegenseitig rundweg verfluchten, und das drohende Schisma war Wirklichkeit. Die beiden getrennten Konzilien verschwendeten nicht ihre ganze Zeit damit, Bannflüche zu schleudern. Die Griechen verfaßten auch ein Glaubensbekenntnis mit einem antiarianischen Anathem und eine gut angelegte Ostertafel. Die Lateiner stellten eine Reihe von Kanones auf, die hauptsächlich den Zweck hatten, individualistische und allzu ehrgeizige Bischöfe zu disziplinieren. Die westlichen Kanones enthielten den Grundsatz, daß der Bischof von Rom Richter ernennen könne, um die Einsprüche von Bischöfen, die in ihrer eigenen Provinz verurteilt worden waren, anzuhören und beklagten die Herabsetzung der sozialen Stellung und der Autorität der Bischöfe, die sich aus dem Bestreben unwichtiger Städte ergab, Bischofssitz zu werden. Unglücklicherweise veröffentlichte das westliche Konzil auch ein

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naives theologisches Manifest, um die Zulassung des Marceil von Ankyra zur Kirchengemeinschaft zu rechtfertigen. Man erklärte, daß es sich um eine ergänzende Erläuterung zum nicaenischen Bekenntnis handle, die das autoritative Dokument in keiner Weise ersetzen solle. Das Konzil verurteilte auch zwei Bischöfe aus dem Donauraum, Valens von Mursa (Esseg) und Ursacius von Singidunum (Belgrad), die sich den griechischen Bischöfen angeschlossen hatten. Aber dieses Manifest gewährte dem Sabellianismus weitgehenden und großzügigen Schutz. Athanasius bedauerte seine Veröffentlichung, und es trug damals nicht dazu bei, die Achtung des Ostens vor der westlichen Theologie zu steigern. Nach dem toten Punkt von Serdika wurde die Versöhnung unter stärkstem kaiserlichen Druck nur durch schmerzliche Opfer von beiden Seiten, die keine Anerkennung fanden, erreicht. Der Osten erklärte sich einverstanden, Athanasius nach Alexandrien zurückkehren zu lassen, während der Westen stillschweigend Marceil von Ankyra fallen ließ. Athanasius fand bei seiner Rückkehr nach Alexandrien im Jahre 346 ein enthusiastisches Willkommen und erfreute sich während der nächsten zehn Jahre der längsten Periode, in der er seinen Bischofsstuhl ohne Unterbrechungen allein innehatte. Die stillschweigende Verständigung, die man erreicht hatte, war jedoch nur ein Waffenstillstand. 350 fiel Konstans durch den Usurpator Magnentius in Gallien. Konstantius lehnte es ab, Magnentius anzuerkennen, und es kam zu einem blutigen Bürgerkrieg, in dem Konstantius bei Mursa den entscheidenden Sieg errang. In einer Kapelle nahe dem Schlachtfeld betete niemand glühender für den Sieg des Konstantius als der arianische Bischof Valens von Mursa, der von diesem Zeitpunkt an zu einem mächtigen Ratgeber des Kaisers in kirchlichen Angelegenheiten wurde. Valens war ein heftiger Gegner des Athanasius, und Konstantius war jetzt Alleinherrscher. Seine Exilaufenthalte hatten es Athanasius ermöglicht, sich im Westen eine feste Unterstützung zu sichern. Es war Konstantius klar, daß der Westen die Zitadelle war, die dazu gebracht werden mußte, Athanasius zu verurteilen; der Prozeß würde nicht sehr ir

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schwierig sein, da viele westliche Bischöfe nur eine ganz verschwommene Vorstellung davon hatten, worum es in dem Streit wirklich ging. 2 Auf aufeinanderfolgenden Synoden in Arles (353) und Mailand (355) entlockte Konstantius fügsamen Bischöfen eine Verurteilung des Athanasius. Uber die wenigen, die sich weigerten Lucifer von Calaris (Cagliari auf Sardinien), Eusebius von Vercellae, Dionysius von Mailand (der durch den zuverlässigen Arianer Auxentius ersetzt wurde), Hilarius von Poitiers, und vor allem Bischof Liberius von Rom, der 352 Nachfolger des Julius geworden war, - wurde die Verbannung verhängt. Erst als die Unterwerfung des Westens gesichert war, brach der Sturm endgültig über Athanasius in Ägypten herein, dem freilich schon lange klar war, was ihm bevorstand. Er hatte gute Vorbereitungen getroffen. Im Februar 356 war der Einsatz einer militärischen Streitmacht notwendig, um ihn zu vertreiben und seinen arianischen Nachfolger namens Georg einzusetzen, dem es in auffälliger Weise mißlang, sich die Zuneigung der Alexandriner zu Erwerben.3 Athanasius flüchtete in die Wüste - zu den Mönchen, zu denen er stets in einem Verhältnis engster Freundschaft stand, - und entzog sich mit Erfolg allen Versuchen, ihn zu finden. Aus seinem Versteck richtete er beißende Pamphlete gegen Konstantius und seine arianischen Berater, die ein düsteres Bild von den Leiden zeichneten, die von den Orthodoxen unter dem gegenwärtigen Regime erduldet wurden. Die fast einhellige Unterstützung, deren Athanasius sich jetzt in Ägypten erfreute, läßt sich daran ermessen, daß er niemals den wachsamen Behörden verraten wurde. Georg von Alexandrien war ein radikaler Arianer. Im Laufe des Jahres 357 fiel der bedeutende Stuhl von Antiochien ebenfalls in die Hände eines arianischen Ultras, des Eudoxius. Die Besetzung dieser entscheidend wichtigen Sitze durch extreme Arianer rief im griechischen Osten große Bestürzung hervor. Die theologische 1 Wie verschwommen diese Vorstellungen waren, zeigt die Erklärung des Hilarius von Poitiers, er sei viele Jahre Bischof gewesen, ehe er überhaupt vom nicaenischen Bekenntnis gehört habe. 3 Siehe unten S. 178.

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Sprache dieser Männer zeigte keine Spuren eines Entgegenkommens gegenüber der Frömmigkeit oder der dogmatischen Tradition. Ihr Verhältnis zur Religion war von einem klugen antiochenischen Laien Aetius, einem Fachmann für Logik, beeinflußt. Er pflegte erbarmungslos zu argumentieren, daß die Prinzipien sowohl des Monotheismus als auch der Leidensunfähigkeit Gottes sich logischerweise nur aufrecht erhalten lassen, wenn man rückhaltlos zugibt, daß der Sohn sich nicht nur vom Vater unterscheidet, sondern daß er tatsächlich zur Welt der geschaffenen Wesen gehört; alles abgeleitete Sein ist wesenhaft verschieden von der unabgeleiteten ersten Ursache; kurz, das Wesen des Sohnes ist dem des Vaters unähnlich (anomoios). Diese Position, die man abgekürzt als „anomöisch" etikettiert, stand im Gegensatz nicht nur zu der nicaenischen Formel, daß das Wesen von Vater und Sohn identisch sei (homousios), sondern auch zu der bei der großen Mehrheit der griechischen Bischöfe vorherrschenden Formel, daß das Wesen des Sohnes dem des Vaters „gleich" (homoiusios) sei, so wie ein vollkommenes Abbild seinem Urbild gleicht. Diese homoiusios-Formel schien den Vorzug zu besitzen, daß sie den höchsten Grad der Ähnlichkeit aussagte, jedoch nicht jene „Wesensidentität", die unter dem Schirm des Nicaenums auch „Sabellianer" wie Marcell von Ankyra vertreten konnten. Das enthusiastische Eintreten des Eudoxius von Antiochien für die anomöische Theologie rief Betroffenheit bei jener großen Zahl von Bischöfen hervor, die zur konservativen „Mitte" gehörten, die die homoiusios-Formel vertrat, daß das Wesen des Sohnes dem des Vaters gleich sei. Ihr Führer in den Jahren 357/58 war Bischof Basilius von Ankyra (der Nachfolger Marcells), ein Asket, dem Eudoxius und Georg von Alexandrien als unfromme Menschen erschienen, die den Schiffbruch der Kirche herbeiführen wollten. Basilius kannte sich am Kaiserhof aus und eilte unverzüglich zu Konstantius nach Sirmium (Mitrovica in Jugoslawien). Es glückte ihm, Konstantius davon zu überzeugen, daß das Homoiusios die einzige Formel sei, die sowohl die Einheit der Kirche als auch den wahren Glauben erhalten könne. Es gelang Basilius von Ankyra eine Zeit-

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lang, sich das Vertrauen des Kaisers zu erhalten und den arianisierenden Valens von Mursa zu verdrängen, der während der vorhergehenden sechs Jahre die Meinung des Konstantius über kirchliche Fragen bestimmt hatte. Erst vor wenigen Monaten hatte er seinen größten Triumph gefeiert, als er die Unterwerfung keines Geringeren als des greisen Hosius von Cordoba, des Veteranen von Nicaea, unter ein Glaubensbekenntnis erreichte, das sowohl die nicaenische „Wesenseinheit" als auch die „Wesensgleichheit" des Basilius von Ankyra als unbiblische Formeln mißbilligte, die die Gläubigen verstörten und Behauptungen aufstellten, die über menschliches Wissen hinausgingen. Es war Valens aber nicht gelungen, auch die Zustimmung des verbannten Liberius von Rom zu diesem Bekenntnis zu gewinnen. Liberius erhob jedoch keine vergleichbaren Einwände gegen die Lehre des Basilius von Ankyra; und auf seine Zustimmung zu der Formel des Basilius hin (was dessen Ansehen steigerte), erlaubte ihm Konstantius 358 nach Rom zurückzukehren. Ein Jahr lang wetteiferten Valens von Mursa und Basilius von Ankyra um die Gunst des Kaisers. Valens wollte nicht mehr sagen, als daß der Sohn dem Vater „gleich" sei, ohne das lästige Wort „Wesen" (usia) zu gebrauchen. Basilius sah, daß eine so vague Formel einer arianischen Überschwemmung die Schleusen öffnete, und beharrte darauf, daß man die wesenhafte Gleichheit des Sohnes mit dem Vater aussagen müsse. 359 beschloß Konstantius, ein großes Universalkonzil des Ostens und Westens zu halten, das aus praktischen Gründen geteilt tagen sollte; der Westen sollte sich in Italien in Rimini versammeln, der Osten in Seleukia (Silifke) nahe der Südküste Kleinasiens. Die Teilung war verhängnisvoll für die Sache des Basilius. Es gelang Valens, die westlichen Vertreter zu einer jämmerlichen Kapitulation vor dem Willen des Konstantius zu bringen, und nachdem einmal der Westen nicht für seine Tradition eingestanden war, hatten Eudoxius von Antiochien und Georg von Alexandrien leichte Arbeit, die Hoffnung des Basilius, die Unterstützung des Kaisers zu behalten, gänzlich zu vernichten. 360 wurde Eudoxius von Antiochien nach Konstantinopel versetzt;

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und auf einem dort abgehaltenen Konzil, das die Weihe der neuen Kirche der Heiligen Weisheit, Sancta Sophia, feierte, wurde in aller Form ein Bekenntnis promulgiert, in dem ohne nähere Bestimmung erklärt wurde, daß der Sohn dem Vater „gleich" sei. Wie Hieronymus über das Konzil von Rimini schrieb, „stöhnte die Welt, als sie sich arianisch fand". Allem äußeren Anschein nach hatte das Intrigengewirr der Jahre 357-60 zu einem fast vollständigen Sieg des Arianismus geführt. Der extreme Arianer Aerius, der es nicht guten Gewissens über sich bringen konnte, zu sagen, daß der Sohn auch nur dem Vater „gleich" sei, wurde zwar verbannt, aber er hatte keine wirkliche Bedeutung. Die Katastrophe von 360 war die vernichtende Niederlage des Basilius von Ankyra und seiner Freunde, von denen viele von ihren Stühlen abgesetzt und verbannt wurden. Doch das gleichmäßig verfolgte, beherrschende Ziel der Kirchenpolitik des Konstantes war, eine Formel zu finden, die eine möglichst weitgehende Verständigung ermöglichte. Es war Konstantius durch Valens von Mursa beigebracht worden, daß das richtige Rezept für eine geeinte Kirche im ganzen Reich eine unpräzise, weite Definition sein würde. Durch eine Fülle von Beweisen war der Kaiser überzeugt, daß die alte nicaenische Formel von 325, mit der sein Vater außergewöhnlichen Erfolg gehabt hatte, Ursache heftiger Streitigkeiten sei und durchaus nicht zum Frieden führe. Es erschien deshalb vernünftig, damit jedermann zustimmen konnte, ein einfacheres Glaubensbekenntnis vorzulegen, das unbiblische Begriffe vermied, keine Aussagen über Dinge machte, die Gott nicht hatte offenbaren wollen, und das genügend weit gefaßt war, um die Zustimmung von jedermann, außer den unnachgiebigen Extremisten auf beiden Seiten, zu finden. Es gab bei dieser Politik jedoch Schwierigkeiten, die sich aus ihrem Wesen ergaben. Konstantius wünschte die unbestimmte Formel der „Gleichheit", weil sie dem Wohlergehen des Imperiums politisch förderlich zu sein schien. Die Streitigkeiten der Christen waren keine Angelegenheit, der man mit amüsierter Gleichgültigkeit oder trauriger Resignation zusehen konnte. Sie waren ein poli-

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tisches und soziales Problem, an dessen Beseitigung die Regierung das stärkste Interesse hatte. Das Staatsinteresse verlangte einen Kompromiß, der so viele positive Aussagen machte, daß er nicht bloß negativ war, aber wieder nicht so viele, daß er eine eindeutige Stellung bezogen hätte. Unglücklicherweise setzte die Kompromißpolitik voraus, daß die arianische Theologie des Eudoxius und seiner Freunde eine tragbare Form des Christentums sei; das aber war eine Auffassung, der Basilius von Ankyra, von Athanasius gar nicht zu reden, nicht zustimmen konnte. So wurde Konstantius dazu gezwungen, diejenigen Bischöfe, die den Arianismus nicht dulden wollten, zu verfolgen. Sie glaubten, daß der Arianismus grundsätzlich falsch sei, und ihr Gewissen ließ sie eher die Verbannung oder sogar das Martyrium wählen, als sich einem Kurs der politischen Zweckmäßigkeit zu fügen. Diese Überlegungen helfen zu einer Erklärung, warum man erst in diesem Stadium des arianischen Streites begann, die wirklich ernste und schwere Gedankenarbeit zu leisten. Wer die arianische Theologie verwarf, mußte den begründeten Nachweis führen, daß die „orthodoxe" Alternative die Wahrheit sei. Paradoxerweise war dies ein Problem, dem man vor den fünfziger Jahren des vierten Jahrhunderts verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Gewiß hatte der Streit nicht einfach darin bestanden, daß man gegenseitig Bannflüche und Schlagworte verkündigte. 344 hatten die führenden Männer des Ostens eine lange, nüchterne Darstellung ihrer Theologie verfaßt, die den Westen über die zugrundeliegenden Probleme unterrichten sollte. Auf der nicaenischen Seite verfaßte Athanasius eine Anzahl von Schriften, besonders seit ungefähr 350, die voll theologischer Erklärungen des antiarianischen Standpunktes waren. Trotzdem fing man erst Ende der fünfziger Jahre energisch zu denken an, teilweise auf Anstoß von Basilius von Ankyra. In Rom führte die Bekehrung des Neuplatonikers Marius Victorinus einen scharfsinnigen philosophischen Geist in den Streit. 360 erkannte Athanasius, daß Basilius von Ankyra und er selbst grundsätzlich für dieselbe Sache kämpften, und bot ein Bündnis an, selbst wenn Basilius und seine Freunde ihre Skrupel wegen des

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„wesenseins" (homousios), des Schlüsselwortes der nicaenischen Formel, behielten: „Diejenigen, die das nicaenische Bekenntnis annehmen, aber Zweifel wegen des Begriffes homousios haben, sind nicht als Feinde zu behandeln; wir sprechen mit ihnen über die Frage wie Brüder mit Brüdern; sie meinen dasselbe wie wir und streiten nur über den Begriff". Diese irenischen Worte eröffnen die längste und beste Ausführung des Athanasius über den Sinn der nicaenischen Formel. Die sich ergebende Annäherung zwischen Athanasius und der Partei des Basilius von Ankyra sollte wesentlich zu der schließlichen Niederlage des Arianismus beitragen. Aber die Stunde des Triumphes ließ noch zwanzig Jahre auf sich warten, bis es im Osten einen Kaiser gab, der bereit war, sie herbeizuführen.

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Die dritte und letzte Etappe des arianischen Streites, die von Julian (361) bis zur Unterdrückung des Arianismus im Osten durch Theodosius dauerte (380/81), ist durch das Auftreten neuer Männer und veränderter Probleme gekennzeichnet, die die alten Streitfragen zurückdrängten. Als Athanasius starb, war er vielleicht der letzte überlebende Teilnehmer des Konzils von Nicaea 325. In den letzten fünfzehn Jahren seines Lebens war er berufen, eine neue Rolle zu spielen - nicht mehr die des unnachgiebigen Eiferers, sondern diejenige des großen alten Staatsmannes, dessen Ansehen durch den Ruf seiner unbeugsamen Festigkeit ungeheuer gewachsen war. Die aufsteigenden Männer der neuen Generation fragten ihn um Rat, und obwohl sein Vokabular einem älteren Sprachgebrauch angehörte, wurden seine Antworten auf ihre Fragen von ihnen als maßgebende Enzykliken geschätzt. Während der ganzen Periode war wieder die Haltung des Kaisers von höchster Wichtigkeit. Unter der Regierung Julians4, der die heidnische Religion wiederherzustellen versuchte, wurden alle Par4 Siehe unten S. 177 ff.

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teien geduldet, da Julian hoffte, daß die verschiedenen Gruppen sich gegenseitig vernichten würden, sobald einmal die Einschränkung des staatlichen Zwangs beseitigt war. Doch die Regierung Julians währte nur kurz. Ihm folgte 363 Jovian, der Athanasius und die nicaenische Partei begünstigte, aber zu kurz herrschte, als daß seine Kirchenpolitik feste Gestalt hätte annehmen können. Er starb nach wenigen Monaten und wurde von dem toleranten Valentinian I. gefolgt, der die Teilung des Reiches wiederherstellte, wobei er selbst die westlichen Provinzen übernahm und den Osten seinem Bruder Valens anvertraute. Von 364 bis 378 wurde die griechische Reichshälfte von Valens regiert, den seine Frau bald zugunsten des Arianers Eudoxius, der bis 370 Bischof von Konstantinopel war, und dann zugunsten von dessen gemäßigterem, aber immer noch arianischem Nachfolger Demophilus (abgedankt 380) beeinflußte. Gegen jene Antiarianer, die die Gemeinschaft mit Eudoxius und Demophilus verweigerten, kam es zu vereinzelten Verfolgungen5. Aber die Regierungspolitik der Schaffung einer Einheitskirche, die den Arianismus einschloß, verlor mehr und mehr den Kontakt mit der Hauptströmung des religiösen Lebens und Denkens. Das Blatt wandte sich zum Vorteil der nicaenischen Sache. In den sechziger und siebziger Jahren wurden im Osten drei neue Probleme in die Debatte gebracht. Zwei betrafen die Trinitätslehre, das dritte die Lehre von der Person Christi. Erstens gab es Theologen, die zwar mit dem Nicaenum die Wesenseinheit des Sohnes mit dem Vater behaupteten, aber der Meinung waren, der Heilige Geist gehöre nicht in die höchste Gottheit hinein, sondern stehe an der Spitze der geschaffenen Engelwelt. 357/58 erklärte Athanasius in seinen Briefen an Serapion, daß diese halbe Lösung unhaltbar sei. Doch Macedonius von Konstantinopel führte eine Gruppe von Theologen an, die die Gottheit des Heiligen Geistes bestritten, wofür sie sich einerseits auf zwei oder drei Bibelstellen und andererseits auf das Fehlen jeder Erklärung über diese 5 Die Unterdrückungsmaßnahmen des Valens kamen durch eine Greueltat in Verruf: Im Jahre 370 wurde eine Deputation von Klerikern, die gegen die Ernennung des Demophilus protestierte, lebendig verbrannt.

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Frage im nicaenischen Bekenntnis von 32.5 beriefen, das lediglich sagte: „Und wir glauben an den Heiligen Geist", ohne eine nähere Erläuterung zu geben. Die Orthodoxen nannten diese Partei „Kämpfer gegen den Geist" (Pneumatomachen) oder Macedonianer. Zweitens bestand eine terminologische Unklarheit. Das einzige geeignete griechische Wort zur Bezeichnung der Verschiedenheit des Sohnes vom Vater (im Gegensatz zum „Sabellianismus" Marcells von Ankyra) war hypostasis; es bezeichnet das selbständig Existierende. Die auf Origenes zurückgehende antisabellianische Tradition hatte von drei Hypostasen gesprochen, womit man sich gegen die Vorstellung, daß Vater, Sohn und Geist nur Namen für verschiedene Attribute des einen Gottes seien, absichern wollte. Doch Marceil von Ankyra und Eustathius von Antiochien hatten gegen das Reden von einer Mehrzahl von „drei Hypostasen" eine Abneigung gehabt, und Athanasius vermied den Ausdruck vor den sechziger Jahren konsequent. Jedoch im Kreise des Basilius von Ankyra hatten einige Theologen darauf gedrängt, die Formel „drei Hypostasen" mit der Aussage von einer Wesenheit (usia) zu verbinden, wobei der Begriff hypostasis das Besondere, usia das Allgemeine oder Gemeinsame bezeichnen sollte. Diese terminologische Frage war kein fernliegendes oder akademisches Problem. In Antiochien am Orontes in Syrien wurde sie zum Gegenstand eines unerfreulichen Streites. Bis zum Sommer 362 hatte es Antiochien zu nicht weniger als drei Bischöfen gebracht. Erstens gab es eine kleine Gruppe nicaenischer Gläubiger, die von einem Presbyter Paulinus geführt wurde. Sie blieben dem Gedächtnis ihres verbannten Bischofs Eustathius treu und hielten die Schriften von dessen Freund Marcell von Ankyra hoch in Ehren. Anfang 3 6z erhielt Paulinus von dem fanatischen Antiarianer Lucifer von Calaris', der von Konstantius 355 nach Ägypten verbannt, aber von Julian freigelassen worden war, die Bischofsweihe. Zweitens gab es Bischof Meletius, ein unbeschriebenes Blatt; er war 360, 6 Siehe oben S. 160.

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anläßlich der Translation des Eudoxius auf den größeren Stuhl von Konstantinopel zum Bischof von Antiochien gemacht worden, doch dann stellten Eudoxius und seine Freunde fest, daß er ein Gegner des Arianismus und Freund des Basilius von Ankyra sei. Sie ersetzten ihn rasch durch einen zuverlässigen arianischen Bischof namens Euzoius. 362/63 war deshalb die brennende Frage in Antiochien, ob sich die beiden antiarianischen Gemeinden vereinigen könnten. Beide anerkannten das nicaenische Bekenntnis. Aber die Tatsache, daß sowohl Meletius als auch Paulinus Bischöfe waren, machte eine Vereinigung schwierig, da es ein unumstößlicher Grundsatz war, daß es nicht zwei rechtmäßige Bischöfe einer Stadt geben könne. Beide Männer hatten eine Vergangenheit, die zu gegenseitigem Mißtrauen Anlaß gab. Das Mißtrauen wurde dadurch verschärft, daß Paulinus darauf beharrte, daß Vater, Sohn und Geist eine einzige Hypostase seien, während Meletius drei Hypostasen lehrte. Im Sommer 362 berief Athanasius ein kleines staatsmännisches Konzil nach Alexandrien, das den Versuch unternahm, die Verwirrung in Ordnung zu bringen. Athanasius erkannte, daß Orthodoxie eine Frage der theologischen Intention und nicht der Formeln sei. Er sah, daß die Gruppe der Meletianer keine Ketzerei im Sinne hatte, wenn sie von drei Hypostasen redete, und daß sie in entschiedenem Gegensatz zum Arianismus des Eudoxius stand. Trotzdem hielt Athanasius mit Paulinus als dem wahren Bischof von Antiochien Gemeinschaft, und Rom folgte seinem Beispiel. Da Paulinus weithin (und mit einem gewissen Recht) verdächtigt wurde, sabellianische Ansichten zu vertreten, die denen Marcells von Ankyra verwandt waren, gehörte die Zukunft Meletius. Die Vergangenheit machte es natürlich und verständlich, daß Athanasius (und Rom) Paulinus anerkannten; aber das Ergebnis war unheilvoll, und Meletius wurde nur posthum in die Gemeinschaft mit dem römischen Stuhl aufgenommen. Das dritte neue Problem, das in den sechziger Jahren auftauchte, war schwieriger. Es wurde von einem der ältesten Freunde und Parteigänger des Athanasius, Apollinaris von Laodicea in Syrien, aufgeworfen. In einer extremen Reaktion gegen den Arianismus hatte

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er behauptet, daß sich die menschliche Natur Christi von der anderer Menschen in einer äußerst wichtigen Hinsicht unterscheide: das göttliche Wort, der Logos, sei an die Stelle des natürlichen Geistes getreten. Denn nur so könne man darum herumkommen, von Christus als einer doppelten Person reden zu müssen. Apollinaris war ein äußerst scharfsinniger theologischer Denker und führte eine spitze Feder. Aber er konnte die Tatsache nicht verbergen, daß er die Vollständigkeit und Echtheit der Menschheit Christi verneinte. Er lehrte, daß sich nur durch die Preisgabe des höchsten Teils der menschlichen Natur Gott und Mensch in einer Person, in einer einzigen Natur (physis) vereinen könnten, deren aktives Subjekt der göttliche Logos sei. Die Ansichten des Apollinaris riefen einen Sturm hervor, der nach dem Tode des Athanasius (373) mit aller Macht losbrach. Der Mantel des Athanasius ging an die „Großen Kappadokier" über - Basilius von Caesarea, seinen Freund Gregor, dessen Vater (nicht er selbst) Bischof von Nazianz war, und Gregor, den jüngeren Bruder des Basilius, der Bischof von Nyssa wurde. Ihre soziale Herkunft und ihre Bildung machte sie zu natürlichen Führern, und in der Förderung und Organisation des damals wachsenden Mönchtums standen sie in vorderster Front. Als Basilius im Jahre 370 zum Bischof von Caesarea (Kayseri), der Hauptstadt Kappadokiens, gewählt wurde, ging er daran, unter den Bischöfen von Kleinasien eine starke nicaenische Partei aufzubauen. Immer wenn ein benachbarter Bischofssitz frei wurde, versuchte er die Wahl eines orthodoxen Kandidaten durchzusetzen 7 . Seine Briefe zeichnen ein leb7

372 teilte die Regierung Kappadokien in zwei Provinzen, wodurch Basilius zum Metropoliten eines wesentlich kleineren Gebietes wurde. Er versuchte vergeblich, die Jurisdiktion über die verlorenen Gebiete zurückzugewinnen, und im Zuge dieser Bemühungen weihte er unklugerweise seinen Freund Gregor von Nazianz zum Bischof der kleinen Stadt Sasima, die an einer Straßenkreuzung in dem abgetrennten Teil der Provinz lag. Gregor unterzog sich widerwillig der Weihe, ging aber niemals nach Sasima. Audi die Weihe seines Bruders Gregor zum Bischof von Nyssa durch Basilius war Teil des Planes, die kappadokischen Bischofsstühle mit verläßlichen Männern zu besetzen.

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haftes Bild von seinen Schwierigkeiten, dort neues Vertrauen zu schaffen, w o - das war das Erbe des verflossenen Streits - jeder Bischof seine sämtlichen Kollegen der Häresie zu verdächtigen schien. Basilius fand es unmöglich, irgendeine Lehraussage schriftlich niederzulegen, aus Furcht vor der Art und Weise, in der schriftliche Dokumente von Gegnern ausgenützt werden konnten, was besonders unter der Regierung des Valens galt. Auf der anderen Seite führte die Zurückhaltung, mit der Basilius f ü r die nicaenische Theologie eintrat, dazu, daß ihm diejenigen Nicaener mißtrauten, die glaubten, er hätte die Wahrheit laut und deutlich und ohne Rücksicht auf die Kosten verkündigen sollen. Z u Epiphanias 372 besuchte Valens mit seinem Hof in Caesarea die Kirche. Basilius enttäuschte die Eiferer, die vergeblich auf eine dramatische Szene hofften, in der ihr Bischof dem arianisierenden Kaiser die Kommunion verweigern würde. 375 war die Position des Basilius genügend gefestigt, um ihm freimütigere Stellungnahmen zu erlauben. Sein Buch Vom Heiligen Geist setzte dort ein, w o die Briefe an Serapion des Athanasius stehen geblieben waren, und bezeichnete in der Debatte um die Trinitätslehre einen entscheidenden Schritt voran. Der wesentliche Inhalt der Argumentation des Basilius w a r die- Berufung auf die liturgische und sakramentale Tradition in T a u f e und Doxologie, wodurch er der Weigerung seiner Gegner, über den Buchstaben der Heiligen Schrift und das nicaenische Bekenntnis von 32.5 hinauszugehen, die Spitze abbrechen konnte. Basilius und die beiden Gregore stimmten in ihrer trinitarischen Terminologie überein. Sie lehrten „drei Hypostasen in einer Wesenheit". In dem Schisma von Antiochien traten sie deshalb selbstverständlich für die Ansprüche des Meletius ein. Basilius setzte sich wiederholt in Alexandrien und R o m dafür ein, daß Meletius und nicht Paulinus anerkannt werden solle; aber als er starb (1. Januar 379) hatte er nichts als Enttäuschung geerntet, und die Antworten auf seine Briefe aus R o m klangen verständnislos und anmaßend. Im August 378 verlor Kaiser Valens in der Schlacht von Adrianopel gegen die Goten sein Leben, und die Lage der griechischen Kirchen wurde bald durch die Ankunft des Theodosius aus dem

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Westen verändert. Theodosius w a r sorgfältig unterrichtet worden. Er sandte der griechischen Welt die Vorausankündigung, daß die Bedingungen der kirchlichen Anerkennung die Annahme des Nicaenums und die Gemeinschaft mit Papst Damasus und Bischof Petrus von Alexandrien (dem Nachfolger des Athanasius) sein sollten. Dies bedeutete unter anderem die automatische Anerkennung von Paulinus von Antiochien. Doch nach der Ankunft in Konstantinopel (November 380) änderte sich die Haltung des Theodosius bald durch bessere Information. Er sah, daß der einzige Mann, der im Stande war, die griechischen Bischöfe in einer einheitlichen Front zu sammeln, Meletius von Antiochien war, und daß man Paulinus stillschweigend fallen lassen müsse. Im M a i 381 berief Theodosius ein großes „ökumenisches" Konzil nach Konstantinopel; es ist ein Zeichen für die Wandlung in seinem Verständnis der Probleme, daß er Meletius zum Konzilsvorsitzenden machte. Keine Vertreter kamen aus Rom. Der neue Bischof Timotheus von Alexandrien erschien widerwillig und verspätet. Das Konzil mußte über die Nachfolge in Konstantinopel entscheiden, w o der Arianer Demophilus angesichts des Wetterwechsels unter Theodosius zurückgetreten war. Zuerst bestimmte das Konzil Gregor von Nazianz zum Bischof von Konstantinopel, was eine passende Ernennung zu sein schien: Gregor war ein wortgewaltiger Prediger und ein kluger Verteidiger der nicaenischen Sache. Aber während des Konzils starb Meletius, und als Gregor die Anerkennung des Paulinus als seines Nachfolgers in Antiochien mit der Begründung befürwortete, daß dies den Westen versöhnen würde, erhob sich ein Sturm, dem Gregor nicht gewachsen war. Technische Einwände gegen die Gültigkeit von Gregors eigener Translation von Sasima nach Konstantinopel wurden erhoben; hatten nicht die Kanones von Nicaea Translationen untersagt? Gregor zog sich bekümmert nach Kappadokien zurück, w o er eine von Selbstmitleid erfüllte Autobiographie in jambischen Versen schrieb. Das Konzil hatte darauf über die Nachfolge sowohl in Antiochien als auch in Konstantinopel zu entscheiden. Für Antiochien wählte man Flavian, einen Kleriker des Meletius, für Konstantinopel Nektarius,

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einen hervorragenden Regierungsbeamten, dessen Vergangenheit so frei von Beziehungen zu irgendeiner der streitenden Parteien war, daß er noch nicht einmal getauft war. Er empfing unmittelbar nach der Taufe die Bischofsweihe. Es war nicht ohne Beispiel, daß ein Laie aus der Oberklasse Bischof wurde, ohne zuvor Diakon und Presbyter gewesen zu sein; aber derartige rasche Beförderungen wurden vom Klerus nicht geschätzt und waren von Synoden mißbilligt worden. Das Konzil bestätigte den nicaenischen Glauben in dem Sinn, daß es sich erneut zu dem nicaenischen Schlüsselwort „wesenseins" (homousios) bekannte. Doch das eigentliche vom Konzil verkündigte Bekenntnis wich im Wortlaut vom Nicaenum ab und enthielt einen vorsichtig formulierten Artikel über den Heiligen Geist. Dieser Artikel spiegelte die Beweisführung des Basilius von Caesarea wieder, daß in der Liturgie der Heilige Geist zusammen mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, und daß der Unterschied zwischen dem Sohn und dem Geist darin zu sehen sei, daß, während der Sohn „aus dem Vater gezeugt" sei, der Heilige Geist „aus dem Vater hervorgeht". Obwohl das Konzil den Apollinarismus und den Macedonianismus verurteilte, nahm es in sein Bekenntnis keine Sätze auf, die Apollinaristen und Macedonianer nicht hätten annehmen können. Schließlich beschloß das Konzil einen schicksalhaften Kanon: „Der Bischof von Konstantinopel soll den Rang nach dem Bischof von Rom einnehmen, weil es das neue Rom ist". Dieser Kanon rief sowohl in Alexandrien, das lange als die zweite Stadt des Reiches gegolten hatte, als auch in Rom Unmut hervor, weil er zwar einräumte, daß Rom der erste Bischofssitz der Christenheit sei, aber durchblicken ließ, daß der römische Primat von der weltlichen Stellung der Stadt abhing. Der Westen führte einen langen Kampf gegen diesen Kanon, gegen die Ernennung des Nektarius und gegen die Weigerung des Konzils, Paulinus von Antiochien anzuerkennen. Doch die Lehrentscheidungen des Konzils bezeichneten das Ende des arianischen Versuches, die Kirche des Reiches in Besitz zu nehmen. Der Aria-

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nismus lebte bei den Goten weiter, die von arianischen Missionaren bekehrt worden waren. Der bedeutendste dieser Missionare war Ulfila (etwa 3 1 1 - 3 8 3 ) , der Übersetzer der gotischen Bibel, der selbst ein Westgote8 war, der 341 von Eusebius von Nikomedien* zum Missionsbischof geweiht worden war. Doch innerhalb des Reiches verstarb der Arianismus ungeliebt und unbeweint. Die erhaltenen Bruchstücke des arianischen Historikers Philostorgius, der um 425 eine Apologie des Arianismus schrieb, zeigen, wie die Bewegung, die als ein kühnes Unternehmen, die christliche Lehre in einer Weise neu zu formulieren, die sie der gebildeten Öffentlichkeit des Jahres 320 besser genießbar machen sollte, begonnen hatte, jämmerlich in der abergläubischen Wiederholung antiquierter Schlagworte endete.

8 Volksmäßig war Ulfila zum Teil griechischer Herkunft; seine Großeltern mütterlicherseits waren in den gotischen Einfällen nach Kappadokien im dritten Jahrhundert gefangen genommen worden. Die Vermittlung durch Gefangene war einer der Wege, auf denen das Christentum zu den barbarischen Stämmen des Nordens gelangte. 9 Siehe unten S. 19z.

io. Kapitel DER KONFLIKT ZWISCHEN HEIDENTUM UND CHRISTENTUM IM VIERTEN JAHRHUNDERT Das Heidentum 1 war durchaus nicht dem Tode geweiht, als Konstantin sich zum Christentum bekehrte, und es blieb wahrscheinlich bis weit in die zweite Hälfte des vierten Jahrhunderts hinein die Religion der Mehrheit im Reich. Den Christen war es nie schwer gefallen zu zeigen, daß die alten Göttermythen unerbaulich seien und daß der heidnische Kult von Aberglauben und Zauberei durchtränkt sei. Viele gebildete und aufgeklärte Heiden dachten ebenso. Aber es war für die Kirche schwierig, das Beharrungsvermögen sozialer Gewohnheit zu überwinden. Der alte Polytheismus war irgendwie in die Gesellschaftsstruktur eingebaut, und ihn herauszufordern konnte gefährlich nach Revolution und Auflösung der Bande von Sitte und Moral klingen. Diese konservative Haltung war nicht nur unter den Halbgebildeten zu finden. Leute von hoher Bildung und hohem Rang hielten die alte Religion aufrecht, wobei ihnen oft symbolische Umdeutungen der Mythen in kosmologischen i Der Terminus „paganus", Heide, zur Bezeichnung des Nichtchristen erscheint erstmals in zwei lateinischen Inschriften des beginnenden vierten Jahrhunderts. Er blieb ein Ausdruck der Umgangssprache und drang nicht in die Bibel oder die Liturgie ein. Im weltlichen Sprachgebrauch hatte das Wort zwei Bedeutungen: i . „ländlich"; z. „zivil" im Gegensatz zu „militärisch". Orosius (unten S. z64) wollte in seinem 417 geschriebenen Geschichtswerk die Erklärung des christlichen Wortgebrauchs in der Tatsache finden, daß das Land noch heidnisch war, nachdem die Städte christlich geworden waren. Aber das war noch nicht die Situation des Jahres 300. Die richtige Erklärung ist deshalb wahrscheinlich die, daß die „pagani" diejenigen waren, die nicht durch die Taufe Soldaten Christi geworden waren und deshalb im Kampf mit den bösen Mächten Nichtkombattanten waren. Im Osten war die christliche Benennung für den Nichtchristen „Hellene".

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oder psychologischen Begriffen zur Hilfe kamen; an den traditionellen Kultakten nahmen sie nach dem Grundsatz teil, daß diese Riten überkommene Wege seien, sich die Gunst der unsichtbaren Mächte zu erhalten, und auf jeden Fall könne man nicht vorsichtig genug sein. Die offizielle römische Religion war nicht so geartet, daß sie vom Patriotismus unterschiedene religiöse Gefühle erweckt hätte, und wenn sie Erregung suchten, so wandten sich die Frommen eher zu den orientalischen Mysterienkulten von Isis, Mithras, Attis, Kybele und der syrischen Göttin, die alle durch das ganze Reich verbreitet waren, vom Euphrat bis zum Hadrianswall in Britannien. (Nördlich davon gab es angeblich nur giftige Dinge.) Zwischen den verschiedenen heidnischen Kulten gab es keine scharfen Grenzen, und ein Isisverehrer war durch die Treue zu seiner Göttin nicht daran gehindert, sich in die Mysterien des Attis oder Mithras einweihen zu lassen. Alle Anhänger der Mysterienreligionen nahmen am Kaiserkult als an einem patriotischen Akt teil. Seit der Zeit Justins des Märtyrers und des Klemens von Alexandrien war es das christliche Programm gewesen, den positiven Wert der besten griechischen Philosophie und der den Frieden wahrenden römischen Regierung anzuerkennen und hochzuhalten, aber den heidnischen Kult und die heidnischen Mythen heftig zu bekämpfen. Selbst wenn es Konstantin anfänglich schwer fiel, den solaren Monotheismus vom Christentum zu unterscheiden, so müssen ihm seine bischöflichen Ratgeber bald mitgeteilt haben, daß die Christen die Sonne nicht als den Wohnsitz der Gottheit ansahen. In den letzten Regierungsjahren Konstantins erfolgten einige Maßnahmen gegen den heidnischen Kult: im griechischen Osten (wo das Christentum ziemlich stark war) wurden einige wenige Tempel zerstört, doch wurde nichts unternommen, um die alten offiziellen Zeremonien in Rom zu stören. Konstantin behielt den Titel pontifex maximus bei und leistete der Weiterführung der Sitte, zu Ehren des Kaisers Tempel zu weihen, keinen Widerstand, „sofern abergläubische Riten vermieden wurden". Unter den Söhnen Konstantins kam es zu entschiedeneren Schritten gegen das Heidentum. Opfer wurden untersagt und eine Anzahl unwichtiger

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Tempel zerstört. Im allgemeinen waren es hauptsächlich die orientalischen Mysterienreligionen, die direkt litten. Um 345 schrieb der zum Christentum bekehrte Senator Firmicus Maternus, der im Jahre 335, vor seiner Bekehrung, eine beachtliche lateinische Enzyklopädie der Astrologie verfaßt hatte, eine energische Abhandlung, die besonders die orientalischen Mysterienkulte angriff, aber er dehnte seine Verachtung auch auf den Vestakult in Rom und die Verehrung der Hausgötter aus. Er schloß mit der dringenden Aufforderung an die Kaiser, das Heidentum mit Stumpf und Stiel auszurotten. Vielleicht sollte das Werk der Rechtfertigung der geplanten Religionspolitik der Kaiser dienen. Als Konstantes 357 Rom besuchte, verfügte er, zumindest während er anwesend war, die Entfernung des Victoriaaltars aus dem Senatsgebäude. Seit der Usurpator Magnentius im Jahre 3 5 1 2 versucht hatte, gegen Konstantius Unterstützung zu gewinnen, indem er nicht nur an dissidente nicaenische Bischöfe wie Athanasius, sondern auch an die heidnische Aristokratie Roms appellierte, könnte Konstantius den Altar als befleckt von Opfern, die nicht nur abergläubisch sondern auch hochverräterisch waren, angesehen haben. Es ist sicher, daß es vor dem Tod des Konstantius (361) im römischen Senat und in hohen Ämtern Christen gab. 359 wurde der Präfekt von Rom Junius Bassus auf dem Sterbebett getauft und in einem Sarkophag bestattet, der mit erlesen gemeißelten Darstellungen aus den Evangelien verziert war. In Rom wurde im Jahre 354 mit Hilfe eines berufsmäßigen Schönschreibers Dionysius Philocalus ein Almanach veröffentlicht, der Listen der Kaiser, Konsuln, Stadtpräfekten und der Bischöfe von Rom, eine Ostertafel für die Jahre 3 1 z bis 4 1 0 , astrologische Belehrungen und zwei wichtige Kalender enthielt, nämlich den kirchlichen Kalender der römischen Gemeinde und den offiziellen Stadtkalender, in dem die alten römischen Feiertage ohne die Hinzufügung irgendwelcher christlicher Feste verzeichnet sind. Der Inhalt dieses Almanachs mit seiner stillschweigenden Nebeneinanderstellung des Alten und des Neuen ohne Vermischung verz Siehe oben S. 159.

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sinnbildlicht den allmählichen Übergang vom Heidnischen zum Christlichen, der sich im Lauf der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts in der höheren römischen Gesellschaft vollzog. Der Vorgang allmählicher Durchdringung wurde durch die Krise, die Julians Versuch einer Restauration des Heidentums (361-63) auslöste, zu einem plötzlichen Stillstand gebracht. Julian war von christlichen Lehrern mit liberalen Neigungen erzogen worden, die ihm eine hervorragende Kenntnis Homers und der griechischen Klassiker vermittelten. Im Jünglingsalter, das er auf einem Landsitz in Kappadokien verlebte, wandte er sich theologischen Studien zu, ließ sich taufen und wurde sogar Lektor in der Kirche. Doch im Alter von achtzehn Jahren begann er nach mehr Freiheit zu verlangen, als Konstantius einem Prinzen zu gewähren für ungefährlich hielt. Er wollte auch mehr vom Heidentum wissen, nicht nur aus alten Büchern, sondern durch direkten Kontakt mit seinen zeitgenössischen Verteidigern. In Ephesus geriet Julian 350/51 unter den faszinierenden Einfluß eines neuplatonischen Philosophen namens Maximus, dessen magische Künste so groß waren, daß er durch das Verbrennen von Weihrauch und das Hersagen der richtigen Zaubersprüche bewirken konnte, daß eine Hekatestatue lächelte und die Fackel in ihrer Hand sich entzündete. 3 5 1 hatte der bezauberte Julian heimlich das Christentum aufgegeben, und seine innerliche Entfremdung von Konstantius wurde zu einem schwelenden Groll, nachdem Konstantius 354 seinen älteren Bruder Gallus hatte hinrichten lassen, weil dieser sich an einer hochverräterischen Verschwörung beteiligt hatte. 355 zum „Caesar" ernannt, wurde Julian an die Rheingrenze gesandt, um Germaneneinfälle abzuwehren. Als ihn die Armee im Februar 360 zum „Augustus" ausrief, zog Julian, dessen Verhältnis zu Konstantius sich weiter verschlechtert hatte, nach dem Osten, und der Bürgerkrieg wurde nur durch den Tod des Konstantius, der am Fieber starb (3. November 361), verhindert. Julians Regierungsantritt als Kaiser hatte unmittelbare Folgen für die Kirche. Noch zu Epiphanias 360 hatte er in Gallien an christlichen Gottesdiensten teilgenommen, vielleicht im Hinblick darauf,

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daß er in dem bevorstehenden Kampf mit Konstantius christliche Unterstützung brauchen würde, vielleicht um seiner christlichen Frau Helena einen Gefallen zu tun, die kinderlos im Jahre 360 starb. 361 ließ Julian jede Geheimhaltung hinsichtlich seiner Unterstützung der alten Religion und seiner Absage an das Christentum fallen. Im ganzen Reich erwachten die heidnischen Hoffnungen zu neuem Leben. Als die Nachricht vom Tod des Konstantius nach Alexandrien gelangte, wurde der arianische Bischof Georg 3 , dessen Anhängerschaft unter den Christen nur aus einer Minorität bestand, und der durch die Äußerung seines Bedauerns über das Vorhandensein des dem Stadtgenius geweihten Tempels die heidnische Masse in Wut versetzt hatte, am 24. Dezember 361 in Stücke gerissen. Julians Reaktion auf den Lynchmord war mild. Er erteilte den Alexandrinern einen sanften Tadel, daß sie die Angelegenheit in die eigene Hand genommen hätten, und zeigte vor allem ein lebhaftes Interesse für die Erwerbung seltener Schätze aus der hervorragenden Bibliothek Georgs. Zuerst war es die formelle Politik Julians, die Tempel wieder zu öffnen und instandzusetzen, Toleranz für alle zu verkündigen und gegen das Christentum weniger mit Gewalt oder gar mit Argumenten aufzutreten, als es lächerlich zu machen. Er war entschlossen, die „Galiläer" auf keinen Fall zu Märtyrern zu machen. Selbst Julian mußte jedoch gegen eifernde Christen in Syrien und Kleinasien vorgehen, deren robuste Methoden gegen seine neu errichteten Tempel und Götterbilder bis zu Schändung und Zerstörung reichten. In einer Reihe von Städten im griechischen Osten kam es zu derartigen Zwischenfällen, die sich aus der Reaktion der christlichen Masse gegen die Wiederherstellung des Heidentums ergaben. Als ein heidnischer Beter aus Unachtsamkeit vor der Apollostatue des großen Tempels in Daphne bei Antiochien in Syrien nachts Kerzen hatte brennen lassen, was zur völligen Einäscherung des Gebäudes führte, machte Julian die Christen für das Unglück verantwortlich und ließ als Vergeltungs3 Siehe oben S. 160. Ein arianischer Bericht über sein Martyrium wurde mit dem Leben des Soldatenheiligen Georg von Lydda durcheinandergebracht, der zum Schutzpatron Englands wurde.

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maßnahme die Kathedrale von Antiochien schließen. Die Zusammenstöße zwischen Julian und den Christen im Osten fügten dem kirchlichen Märtyrerkalender einige neue Namen hinzu. 363 beschloß Julian das Wohlwollen der Juden zu gewinnen. Er plante damals bereits einen Feldzug gegen die Perser, den er nach dem Vorbild der orientalischen Eroberungszüge Alexanders des Großen unternehmen wollte, von dessen Seele er glaubte, daß sie sich in ihm wiederverkörpert habe. Die jüdische Bevölkerung entlang seiner Marschroute würde zahlreich sein. Außerdem war sich Julian, der für die Juden wenig mehr als Verachtung übrig hatte, genau bewußt, daß der Vorschlag, in einem neu errichteten Tempel in Jerusalem die Opfer wiederherzustellen, die Christen an einer empfindlichen Stelle treffen würde. Der Plan zur Wiedererrichtung des Tempels war anscheinend mit einem politischen, sozusagen „zionistischen" Vorschlag zur Schaffung eines eigenen Territoriums verbunden, das von dem jüdischen Patriarchen regiert werden sollte. Das Neubauprojekt wurde jedoch nach einem Erdbeben aufgegeben. Da die Pläne Julians die Beseitigung der finanziellen Unterstützung des Patriarchats durch die Diasporajuden einschlössen, war der Enthusiasmus der palästinischen Juden selbst vielleicht nur lau. Das Bündnis zwischen dem abgefallenen Kaiser und dem Judentum hatte jedoch für dieses selbst unheilvolle Folgen; es blieb im Gedächtnis, daß die Juden mit der antichristlichen Regierung in einer Weise zusammengearbeitet hatten, die nur zu sehr an frühere Verfolgungen erinnerte. Zur Unterstützung des Heidentums benachteiligte Julian die Christen bei der Besetzung hoher Stellen in der Zivilverwaltung und in der Armee. Der Abfall vom Christentum wurde zu einer besonderen Empfehlung für Beförderungen, und eine Anzahl von Namenschristen nützte diese Gelegenheit. Da Julian es für unerträglich hielt, daß Christen die heidnischen Klassiker lehren sollten, ohne an die Göttermythen zu glauben, erließ er ein formelles Edikt, das die Christen vom Lehrberuf ausschloß. Diese Entscheidung wurde von Heiden wie dem Historiker Ammianus als Torheit betrachtet und wurde von kultivierten Christen wie Gregor von Nazianz übel-

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genommen, der für die klassische literarische Tradition nicht weniger Verständnis und Liebe besaß als Julian. Vielleicht als ironischen jeu d'esprit veröffentlichte Apollinaris von Laodicea damals eine Fassung des Pentateuchs in Hexametern und goß die Evangelien und Briefe in die Form platonischer Dialoge. Julian durchreiste den griechischen Osten und predigte christlichen Stadträten mit leidenschaftlicher Inbrunst und ohne das geringste Gefühl für Zurückhaltung und Würde das Evangelium des Polytheismus; sein Benehmen rief Spott hervor, auf den er nicht zu antworten wußte. Von Kappadokien klagte er, daß die Provinz so überwiegend christlich sei, daß die wenigen, die heidnische Opfer darbringen wollten, nicht mehr wüßten, wie man das mache. In einer mesopotamischen Stadt, die Julian besuchte, war der heidnische Rat so übereifrig, ihn zufriedenzustellen, daß die Luft von den Weihrauchwolken vernebelt wurde, und der Kaiser empfand, daß das Ritual amateurhaft und übertrieben war. Julian nahm seine Stellung als pontifex maximus ernst und machte sich an die Reorganisation des Heidentums. Er sah, daß es dem christlichen Angriff nur begegnen konnte, wenn es sich selbst nach dem Vorbild seiner verhaßten Widersacher gestaltete. Julians Freund Sallustius verfaßte einen kurzen (erhaltenen) Katechismus der heidnischen Glaubenslehre. Oberpriester, die von Julian ernannt wurden, sollten die Funktion der christlichen Metropoliten erfüllen. Es sollte ein Gehaltssystem für die Priester geben, die predigen und die Liebestätigkeit für die Armen organisieren sollten: „Keinen Juden sieht man jemals betteln, und die gottlosen Galiläer unterstützen nicht nur ihre eigenen Armen, sondern auch die unsrigen". Das Ansehen und der moralische Ruf der heidnischen Priester mußten ebenfalls wesentlich gehoben werden. Wie von den christlichen Klerikern wurde von ihnen gefordert, daß sie sich von obszönen Darbietungen, Kneipen und allen verrufenen Tätigkeiten fernhalten sollten. Von den Priestern wurde erwartet, daß sie innerhalb der Tempel ihre Autorität ausübten. Nach dem Vorbild der christlichen Sitte sollten sie hohen Beamten nicht erlauben, daß ihnen in die Tempel Soldaten voranschritten, und sollten sie Wür-

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denträger daran erinnern, daß sie in dem Augenblick, in dem sie einen Tempel betraten, nur noch private Bürger waren. Es war die persönliche Gewohnheit Julians, täglich zu opfern. Vor wichtigen Entscheidungen befragte er Auguren und Wahrsager, von denen ihn ein beträchtliches Korps auf seine persische Expedition begleitete. Die Begeisterung, mit der sich Julian der Neugestaltung des Heidentums widmete, wurde auch von vielen Nichtchristen mit einer Distanziertheit und Verständnislosigkeit betrachtet, die das Herz des Kaisers betrübte. Die Schlachtung von Tieren für seine Opfer erfolgte in solch großen Ausmaßen, daß sie in einigen Gebieten die Verhältnisse auf dem Fleischmarkt beeinflußte. Der überempfindliche Kaiser konnte die Schuld daran, daß er auf so wenig Sympathie stieß, nur der „verderblichen Torheit" der Christen zuschreiben. Doch sogar auch Heiden, die es lächerlich fanden, wenn Julian die Wahrsagerei so ernst nahm, unterstützten aufrichtig den Versuch, die bedrohte Vergangenheit zu bewahren. Julians Freund Libanius war ein Mann von mehr ästhetischem als religiösem Empfinden und Feingefühl; aber er war entsetzt über den Vandalismus, der herrliche Tempel und Götterbilder zerstörte. Julian identifizierte sich völlig mit seinem religösen Anliegen. Für Christen wie Heiden verkörperte er die polytheistische Tradition, deren Wiederbelebung mit seinen Unternehmungen stand oder fiel. Der persische Feldzug, der von den Wahrsagern und Zeichendeutern des Kaisers geleitet wurde, sollte die Rechtfertigung der alten Götter als der wahren Spender militärischen Erfolges werden. Der Feldzug wurde töricht geführt, man kümmerte sich zu wenig um die Nachschublinien und achtete nicht auf die Gefahr einer Umzingelung. Am z6. Juni 363 wurde Julian in einem verzweifelten Handgemenge von einer Lanze tödlich an der Seite verwundet. Niemand wußte genau, wie es geschehen war, und von Anfang an waren verschiedene Berichte im Umlauf. Doch die am weitesten verbreitete Meinung war, daß die Lanze einem unfähigen oder auch unzuverlässigen Soldaten der Armee Julians oder einem Angehöri-

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gen der sarazenischen Hilfstruppen gehörte. Als der Leichnam Julians nach Nisibis gebracht wurde, kursierte in den Basaren bereits die Geschichte, daß ihm die Lanze auf seinen eigenen Wunsch in die Seite gestoßen worden sei, als er erkannt hatte, daß die Lage des Heeres hoffnungslos sei. Fünf Jahre später schob Libanius die Verantwortung den Christen zu. Zweifellos verhehlten die Christen nicht im geringsten ihren Jubel über den Untergang des Apostaten, und dieses sehr augenfällige Fehlen von Bedauern legte es nahe, ihnen einen vorsätzlichen Mord zuzuschreiben, den einige Fanatiker auch gewiß ohne Zögern als einen Akt gerechtfertigten Widerstandes gegen die Tyrannei des Antichristen verteidigt haben würden. Doch ist es unter den zahlreichen zeitgenössischen Berichterstattern allein Libanius, der vermutet, „wahrscheinlich" habe ein Christ Julian getötet; und selbst er äußert dies nur als eine wahrscheinliche Hypothese. Der heidnische Historiker Ammianus Marcellinus betrachtete den Tod Julians einfach als einen tragischen Unglücksfall, der durch Unachtsamkeit verursacht wurde. Laut einem Angehörigen der heidnischen Leibgarde Julians wurde das Unglück durch einen neidischen bösen Geist bewirkt. Auch die letzten Worte des sterbenden Kaisers wurden verschieden wiedergegeben, und bald bildete sich eine Fülle von Legenden. Eine Quelle des frühen fünften Jahrhunderts bietet die ganz glaubhafte Geschichte, Julian habe Blut aus seiner Wunde gegen den Sonnengott emporgeschleudert und dabei die bitteren Worte gesprochen: „Sei zufrieden". Theodoret von Kyrrhos bezeugt 450 als erster die berühmte, aber unwahrscheinliche Version, Julian habe, als er sein Blut in die Luft spritzte, gerufen: „Galiläer, du hast gesiegt". Obwohl der Zusammenbruch von Julians Versuch, das Heidentum zu erneuern, für die Anhänger des alten Polytheismus ein bitterer Schlag war, hörte seine Stimme auch nach seinem Tode nicht zu reden auf. Seine Briefe und religiösen Reden wurden weiterhin viel gelesen. Mehr als fünfzig Jahre nach Julians Tod hielt es Kyrill von Alexandrien für nötig, eine lange Erwiderung auf dessen Schrift „Gegen die Galiläer" zu schreiben. In der Erinnerung der Heiden

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blieb Julian der ideale Heilige. Der Redner Libanius behauptete in seiner Gedächtnisrede (etwa Ende 365), Julian sei im Himmel zu göttlichem Rang erhöht worden, und die Gebete, die fromme Seelen an ihn richteten, fänden bereits Erhörung.

I i . Kapitel K I R C H E , S T A A T UND G E S E L L S C H A F T V O N J U L I A N BIS THEODOSIUS Obwohl sich niemand, weder Heiden noch Christen, eine Gesellschaft vorstellen konnte, die ohne gewisse religiöse Formen auskam, war es in der Antike die allgemeine Überzeugung, daß man religiöse Überzeugungen nicht erzwingen könne. Die unter Konstant e s und Julian geweckten heftigen Leidenschaften hatten ihre Spur hinterlassen. Valentinian I., westlicher Kaiser von 364 bis 375 und selbst Christ, verfolgte die Politik einer strikt eingehaltenen Toleranz. Arianische Bischöfe im Westen wie Auxentius von Mailand (355-74), die jetzt eine kleine Minderheit bildeten, wurden gegen Einmischung geschützt. Valentinian fürchtete sich vor Zauberei und ging gegen den Manichäismus vor, 1 behinderte aber nicht die offiziellen heidnischen Zeremonien in Rom, Eleusis oder anderswo. Ein Edikt, das den afrikanischen Donatisten untersagte, übergetretene Katholiken wiederzutaufen, kann nur wirkungslos geblieben sein. Wahrscheinlich sollte es die Toleranzpolitik unterstreichen. In einer einzigen lokalen kirchlichen Streitigkeit wurde im Interesse der öffentlichen Ordnung das Eingreifen des Staates erforderlich. In Rom hatten sich während der erzwungenen Abwesenheit des Papstes Liberius in der Verbannung (355-58) zwei Parteien gebildet, zwischen denen sofort nach dem Tode des Liberius (366) heftiger Streit ausbrach. Jede der beiden rivalisierenden Parteien wählte einen Bischof, die eine Ursinus, die andere Damasus, und der Gegensatz führte zu einem üblen Tumult in einer Kirche, bei dem 1 3 7 Menschen ums Leben kamen. Mit der Unterstützung des Stadtpräfekten gelang es Damasus, den Papstthron in Besitz zu 1

Siehe unten S. 195 f.

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nehmen, doch mußte er dafür in Kauf nehmen, daß seine Gemeinde schwer an öffentlichem Ansehen einbüßte. Die moralisch schwache Stellung des Damasus wurde nicht gestärkt, als er bei einem neuen, ihm nicht wohlgesinnten Stadtpräfekten formell der Anstiftung zum Mord angeklagt wurde und aus dieser demütigenden Situation erst gerettet werden konnte, als reiche Freunde die persönliche Intervention des Kaisers zu seinen Gunsten erreichten. Damasus glich seine Schwäche an zeitlicher Macht und moralischer Autorität dadurch aus, daß er die erhabene geistliche Würde seines Amtes als Nachfolger des Petrus betonte. Vor allem vollbrachte er beachtliche Leistungen für die ästhetische und liturgische Bereicherung der Stadtkirchen: er beschäftigte den Schönschreiber Dionysius Philocalus,2 um die Gräber der Märtyrer und Päpste mit Epigrammen zu schmücken, und ermunterte Hieronymus, einen gewaltigen Gelehrten aus Nordostitalien, eine revidierte Übersetzung der lateinischen Bibel zu schaffen, die (nur ganz allmählich) die alte Übersetzung verdrängte und zur allgemein anerkannten Textfassung (Vulgata) wurde. Aber die unfreundliche und verständnislose Haltung des Damasus gegenüber den ökumenischen Bemühungen des Basilius von Caesarea3 kann zum Teil der Schwäche seiner Position in Rom zugeschrieben werden, die ihn ständig in eine Verteidigungshaltung drängte und ihn Basilius blind und anmaßend erscheinen ließ. Es gab sowohl in der heidnischen wie in der christlichen römischen Gesellschaft Leute, die Damasus nachsagten, daß er sich in höchst weltlicher Weise um die feine Gesellschaft bemühe. Von der Üppigkeit päpstlicher Einladungen hieß es, daß sie kaiserliche Gastfreundschaft übertreffe. Der reiche Aristokrat Praetextatus, der in den Kulten zahlreicher Gottheiten Priester war, pflegte im Scherz zu Damasus zu sagen: „Mach mich zum Bischof von Rom, und ich will Christ werden". Seine christlichen Kritiker nannten Damasus gehässig den „Ohrkitzler der Damen". 1 Siehe oben S. 176. 3 Siehe oben S. 170.

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Man kann Damasus auch mit mehr Nachsicht beurteilen. Er tat ebenso viel wie jeder andere Papst des vierten Jahrhunderts, um es den großen Familien der römischen Oberschicht leicht zu machen, sich dem Christentum zuzuwenden, ohne daß sie dabei das Empfinden hatten, sie täten etwas ihrem Ruf Abträgliches und Unrömisches. Die Damen bekehrten sich zuerst, während die Männer noch lange dazu neigten, heidnisch zu bleiben. Wie bei den Intellektuellen des griechischen Ostens, deren bester zeitgenössischer Vertreter der Redner Libanius war, war ihre Bindung an die Vergangenheit ästhetisch und antiquarisch. Für ihre elegante, illusionslose Skepsis wäre die Leidenschaft Julians beinahe so peinlich gewesen wie die des aufdringlichsten christlichen Missionspredigers. Die Bande von Klasse und Reichtum waren für sie stärker als der durch religiöse Unterschiede verursachte Gegensatz. So wissen wir von einem heidnischen Aristokraten, der mit Entzücken seiner kleinen Enkelin zu lauschen pflegte, wenn sie christliche Kirchenlieder sang. Die Religion dieser Männer war ein melancholischer Konservatismus ä la recherche du temps perdu\ in ihr verband sich die Idealisierung der Herrlichkeit Roms mit einer privaten Mystik, die besonders von der spekulativen neuplatonischen Auslegung von Ciceros Traum des Scipio und des sechsten Buches von Vergils Aeneis (der Abstieg in die Unterwelt) lebte. Die Christen lernten dieselben Texte in einer Weise zu deuten, die sie in das christliche System einfügte; und sie fanden auch in Vergils vierter Ekloge eine messianische Prophezeiung. 4 Um 360 schrieb eine große römische Dame namens Proba, deren Mann 3 5 1 Präfekt von Rom gewesen war, sogar biblische Geschichte in der Form eines Cento aus Vergilversen, wobei sie - das muß leider gesagt werden - eine erschreckend unterchristliche Theologie produzierte. Es war die Leistung des Damasus, daß er den altrömischen bürgerlichen und imperialen Stolz mit dem Christentum verschmolz. Konstantin hatte in einem gewissen Sinne mit dieser Verschmelzung begonnen, als er die herrlichen Basiliken des Petrus und Paulus 4 Siehe oben S. 85.

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über den Grabstätten errichtete, die seit spätestens 1 6 0 - 7 0 mit den Aposteln in Verbindung gebracht wurden. Moderne Ausgrabungen unter dem Petersdom haben eine heidnische Nekropole aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert freigelegt, in deren Mitte ein Gedenkmai zu Ehren des Petrus stand, das in diesem Jahrzehnt errichtet wurde. Ob dieses Gedenkmai das tatsächliche Grab bezeichnete, ist ganz ungewiß; aber die Erbauer des Denkmals glaubten wahrscheinlich, daß dies der Fall sei, und es besteht wirklich die Möglichkeit (leider nicht mehr), daß sie recht hatten. Ein römischer Schriftsteller des Jahres 2.00 namens Gaius erwähnt sowohl dieses Denkmal auf dem vatikanischen Hügel als auch eines für Paulus an der Straße nach Ostia, d. h. an der Stelle, wo jetzt die Kirche San Paolo fuori le mura steht. Die römische Gemeinde besaß auch noch eine dritte Grabstätte am dritten Meilenstein der Via Appia, wo für Petrus und Paulus am 29. Juni eine gemeinsame Gedächtnisfeier abgehalten wurde (Das Datum trifft zufällig mit dem eines Festes des Romulus im stadtrömischen Kalender zusammen, der seit der Zeit des Augustus in Geltung stand.) Der Ursprung dieses gemeinsamen Grabes an der Via Appia und sein Verhältnis zu den zwei getrennten Gräbern auf dem Vatikan und an der Straße nach Ostia ist höchst problematisch. Die zwei beliebtesten Erklärungen sind entweder, daß die gemeinsame Grabstätte an der Via Appia einst ein Konkurrenzheiligtum zu den beiden getrennten Gräbern gewesen sei, oder daß die Reliquien vorübergehend von den getrennten Grabstätten an die Via Appia gebracht worden seien, vielleicht während der Verfolgung des Valerian im Jahre 258 (da der Kalender von 354° den 29. Juni 258 mit dem gemeinsamen Heiligtum zusammenbringt); aber die antiken Zeugnisse enthalten keinen Bericht von einer derartigen Übertragung. In der Zeit des Papstes Damasus wurde das Fest am 29. Juni mit einer Prozession von der Petrus- zur Paulusbasilika und weiter zu einer Schlußfeier an der gemeinsamen Grabstätte an der Via Appia begangen. Wahrscheinlich, weil die langwierigen Zere5 Siehe oben S. 176.

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monien ermüdend waren, gab man vor 400 den Besuch an der Via Appia auf; bald wurde die Feier in San Paolo auf den 30. Juni verlegt, und spätestens im Jahre 600 war sie weit besser von touristischen Gästen als von den einheimischen Römern besucht. Der reiche Schmuck, mit dem Damasus die Märtyrergräber überhäufte, und seine Betonung der Bedeutung der Gründungsapostel brachten den Anspruch zum Ausdruck, daß die wahre Herrlichkeit Roms nicht heidnisch, sondern christlich sei. In einem Epigramm, das die West-Ostspannung während des arianischen Streites widerspiegelt, bemerkte Damasus, daß „obwohl der Osten die Apostel sandte, doch Rom wegen des Verdienstes ihres Martyriums ein höheres Recht erworben habe, sie als Bürger zu beanspruchen". Unter dem mächtigen Patronat der Apostel, die Vertraute Christi waren, konnte die Stadt ihrer Sicherheit und einer dauerhafteren Größe gewiß sein, als die alten Götter sie gewährt hatten. Es ist bezeichnend, daß Damasus der erste Papst ist, von dem wir wissen, daß er von Rom als dem „apostolischen Stuhl" sprach. Damasus war nicht der Urheber einer ganz neuen sozialen Entwicklung. Schon Origenes hatte sich im dritten Jahrhundert mit Strenge darüber geäußert, daß in großen Städten Bischöfe von „Damen von Reichtum und Vornehmheit" umhegt würden. Nach Konstantin hob sich die soziale Stellung des hohen Klerus rasch. Es wurde weniger gewöhnlich, daß ein freigelassener Sklave wie Kallist von Rom Bischof wurde, und weniger ungewöhnlich, daß ein Mann von (wahrscheinlich) senatorischem Rang wie Cyprian den Weg in den geistlichen Stand fand. Konstantin stattete die Bischöfe mit den juristischen Vollmachten aus, Testamente zu bestätigen und Streitigkeiten zu schlichten. Vielleicht schon 3 1 3 hat er dem hohen Klerus den hohen Rang von „viri illustres" verliehen. Das Konzil von Arles im Jahre 3 1 4 redete den Bischof von Rom mit dem Titel „glorreichster" 6 an, der im weltlichen Gebrauch nur 6 „Gloriosissime papa". Das lateinische papa bzw. das griechische pappas war ein ehrerbietiger und zugleich liebevoller Name, den ein Kind gegenüber seinem Vater gebrauchte. Die Christen gebrauchten ihn für jeden Bischof, zu dem sie in einem Kindesverhältnis standen. Im fünften Jahrhundert re-

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sehr vornehmen Personen zukam, die an Rang lediglich hinter der kaiserlichen Familie zurückstanden. Mit dem sozialen Rang erwarben die Bischöfe auch die entsprechenden Insignien. Diese Insignien sollten sich in der Kirche noch lange erhalten, nachdem sie im säkularen Bereich außer Gebrauch gekommen waren. Auf diese Weise kamen die Bischöfe zu Stab und Mitra und wahrscheinlich auch zum Pallium. Die Sitte, einem Bischof die Hand zu küssen, ist erstmals im vierten Jahrhundert bezeugt. Der Bischofsring war nicht vor dem siebenten Jahrhundert allgemein verbreitet, und das Brustkreuz war vor dem dreizehnten Jahrhundert kein spezifisch bischöfliches Abzeichen. Von der Zeit Cyprians an übernahm man die Ausdrucksweise der feinen Gesellschaft und begann den Bischof mit abstrakten Wendungen („Eure Heiligkeit" usw.) anzureden. Das kaiserliche Hofzeremoniell beeinflußte sogar einige der äußeren Formen der Eucharistiefeier, etwa der Gebrauch von Kerzen wurde nach diesem Vorbild eingeführt: es war die richtige Weise, den König der Könige zu ehren. Aber im Westen trugen die Geistlichen keine unterschiedene Kleidung, auch nicht wenn sie im Gottesdienst amtierten. In einem beachtenswerten Brief von 428 tadelte Papst Coelestin I. Kleriker in Südgallien wegen störender Neuerungen in dieser Hinsicht. Die westlichen Kirchengewänder entstanden einfach aus der gewöhnlichen weltlichen Kleidung der Antike, die in den Kirchen aus Konservatismus beibehalten wurde, auch nachdem sie sonst überall aufgegeben worden war. Es gab natürlich zahlreiche Stimmen, die Zweifel an der wohltätigen Wirkung weltlicher Gunst auf die Kirche äußerten. Am Ende des vierten Jahrhunderts beklagte Johannes Chrysostomus die Tatsache, daß das höfische Protokoll ihm als Patriarchen von Konstantinopel den Vortritt vor den höchsten Staatsbeamten gewährte. Der heidnische Historiker Ammianus stellt, nachdem er mit irodeten afrikanische Bischöfe ihren eigenen Primas von Karthago mit „papa", den Papst nur mit „Bischof" an. Der ausschließliche Anspruch Roms auf papa beginnt im sechsten Jahrhundert erhoben zu werden. Ein Papst des neunten Jahrhunderts war beleidigt ,als er mit „Bruder" angeredet wurde.

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nischer Distanziertheit die Geschichte der Wahl des Damasus ir Rom erzählt hat, dem vornehmen Lebensstil der Bischöfe in der großen Städten das bescheidene Leben der Landbischöfe gegenüber Es war für die Bischöfe der großen Städte natürlich unmöglich, sich in einer Weise zu verhalten, die über Kritik erhaben war. Eine wichtige Ursache der Unbeliebtheit des Johannes Chrysostomus in Konstantinopel war, daß so viele Leute über seine asketische Weigerung, verschwenderische Gastfreundschaft zu üben, beleidigt waren. 7 In der Zeit Papst Gregors des Großen rechtfertigte ein dalmatinischer Metropolit die Üppigkeit seiner privaten Einladungen mit dem Hinweis auf die Zahl von Menschen, die er dadurch mit der Kirche versöhnt habe, und auf das Vorbild von Abrahams Gastfreundschaft gegenüber den Engeln - eine Verteidigung, die ihm eine ätzende Rüge von dem asketischen Gregor eintrug: Er glaube wohl, je tiefer er sinke, desto mehr Fische würde er fangen? Die Kirche brauchte nicht lange, um zu entdecken, daß sie sich unter den christlichen Kaisern in verschiedener Hinsicht geringerer Freiheit und Selbstbestimmung erfreuen konnte, als unter heidnischen Regierungen. Kaiserliche Einflußnahme auf die Besetzung bestimmter wichtiger Bischofsstühle begann sogar schon unter Konstantin sichtbar zu werden. Ursprünglich wurde ein Bischof von seiner Gemeinde frei gewählt, und die Stimme der Laien bedeutete wesentlich mehr als eine bloße Zustimmung oder Bezeugung der Eignung. Aber die Freiheit der Ortsgemeinde war nicht unumschränkt, da die Bischofswahl auch die Zustimmung der benachbarten Gemeinden erhalten mußte. Die Bischöfe, die von anderen Gemeinden kamen, um durch Gebet und Handauflegung die Weihe des Kandidaten zu vollziehen, wurden allmählich wichtiger als die Ortsgemeinde. War eine Gemeinde gespalten, so entschied die Anerkennung von außen den Streit. In den Kanones von Nicaea (325) wurde in die Hand des Metropoliten ein Vetorecht gelegt. 381 werden deutliche Anfänge einer Machtkonzentration auf einer noch höheren Ebene als der der Metropoliten sichtbar, näm7 Siehe unter S. 218.

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lieh bei den „Patriarchen" des Ostens in Alexandrien, Antiochien und Konstantinopel; Jerusalem gelang es im Laufe des fünften Jahrhunderts, in diese vornehme Gesellschaft aufzusteigen. Die Unbeliebtheit, unter der Patriarchen von Konstantinopel im fünften Jahrhundert litten (Johannes Chrysostomus und Nestorius), war zum Teil durch das Bestreben der Metropoliten Kleinasiens verursacht, sich ihre alte Unabhängigkeit zu erhalten. Abgesehen vom Stuhl von Konstantinopel, für den die Kaiser natürlich gerne ihnen genehme Kandidaten vorschlugen, erfolgte bei der Ernennung von Bischöfen in den griechischen Gemeinden gewöhnlich keine staatliche Intervention. Man pflegt das westliche dualistische Verständnis des Verhältnisses von Staat und Kirche der östlichen Auffassung gegenüberzustellen, die angeblich größere Bereitschaft zeigt, die Autorität des Kaisers in geistlichen Fragen anzuerkennen. Dies ist eine unzulässige Vereinfachung. Es war von wesentlicher Bedeutung für die östliche Theorie, daß der Kaiser orthodox sein müsse. War er es nicht (wie im arianischen und später im Bilderstreit), so leistete man leidenschaftlichen Widerstand. Der Begriff „Cäsaropapismus" ist kein nützliches oder erhellendes Wort für breite Verallgemeinerungen über die politische Theorie des griechischen Ostens. Ein so westlicher Autor wie Papst Leo der Große kann dem orthodoxen griechischen Kaiser sagen, daß er nicht nur mit dem imperium, sondern auch mit einem priesterlichen Amt (sacerdotium) bekleidet sei und daß er durch den Heiligen Geist von allen dogmatischen Irrtümern bewahrt werde. Sowohl Papst Gelasius als auch Papst Gregor der Große anerkannten die Autorität des Kaisers in zeitlichen Angelegenheiten. Der Unterschied zwischen Ost und West liegt mehr darin, daß sich die byzantinische Welt nicht als zwei „Gesellschaften", eine heilige und eine profane, verstand, sondern als eine einzige, die sich in Übereinstimmung mit dem Kaiser als dem irdischen Abbild Gottes befindet. Das Gleichgewicht dieser Theorie konnte durch eine staatliche Bevormundung der Kirche ernstlich gestört werden; die mehr dualistische westliche Theorie konnte zu einer kirchlichen Herrschaft über die weltliche Gesellschaft führen. 13

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Aber im Westen, besonders im merowingischen Gallien des sechsten Jahrhunderts, und nicht im griechischen Osten, finden wir, daß sich ein regelrechtes System der Ernennung der Bischöfe durch den König ausbildet. Wiederum ist es kennzeichnend, daß Krönungsgottesdienste unter Karl dem Großen aus Byzanz nach dem Westen kamen. Für die heidnischen Kaiser hatte das Bekenntnis ihrer Untertanen zum Polytheismus auch bedeutet, daß sie gute Bürger seien. Es dauerte nicht lange, bis man unter den christlichen Kaisern Häretiker und Ungläubige verdächtigte, dem Reich nicht wirklich loyal gegenüberzustehen. Wie schnell man den Schluß zog, der Kaiser würde seine christlichen Untertanen besonders begünstigen, ist aus einer Inschrift zu ersehen, die eine 325 von einer phrygischen Stadt an Konstantin gerichtete Petition wiedergibt, die um besondere Steuerprivilegien aus dem einfachen Grund bittet, daß die Einwohner bis zum letzten Mann Christen seien. Ebenso unterzogen sich in Palästina die Bewohner von Maiuma, dem Hafen von Gaza, einer Massenbekehrung zum Christentum und wurden dafür' mit dem Stadtrecht belohnt, das sie vom heidnischen Gaza unabhängig machte und das sie bis zur Zeit Julians behielten. Allmählich nahm die Verhängung von Benachteiligungen über kirchliche Nonkonformisten einen breiten Raum in der kaiserlichen Gesetzgebung ein. Von der Synode von Arles (314) an setzte man voraus, daß von kirchlichen Konzilien abgesetzte Bischöfe von der staatlichen Gewalt verbannt würden, um sie daran zu hindern, Unordnung zu stiften. Der Hauptschöpfer der Idee eines orthodoxen Imperiums, aus dem der religiöse Irrtum verbannt wird (oder in dem Häretiker und Ungläubige zumindest zu der Stellung von Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert werden) war im Westen Ambrosius von Mailand. Ambrosius war in vielfacher Hinsicht eine für die politischen und sozialen Verhältnisse im letzten Viertel des vierten Jahrhunderts typische Gestalt. Als Sohn des praefectus praetorio in Trier hatte er die juristische und Verwaltungslaufbahn eingeschlagen und stieg rasch zu der Stellung des Provinzstatthalters in Mailand auf. 374

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wurde er nach dem Tode des Arianers Auxentius durch die überwältigende Akklamation des Volkes zum Bischof gewählt, obwohl er noch nicht einmal getauft war. Man traf Vorkehrungen, daß er in aller Eile die niederen Weihen bis zur Bischofsweihe durchlief. Bald übte Ambrosius einen ständig wachsenden Einfluß auf die Religionspolitik der westlichen Kaiser Gratian, Valentinian II. und Theodosius aus. 382 ließ Gratian den Altar der Victoria aus dem Senatssaal entfernen (ließ aber die Statue der Victoria, die christliche Senatoren glücklicherweise als Engel betrachten konnten, unangetastet).8 Die vermögende heidnische Aristokratie unter der Führung des Symmachus mußte diese Kränkung bis zum Tode Gratians ertragen (er wurde 383 ermordet). Doch 384 richtete Symmachus ein Gesuch von eindrucksvoller Rhetorik an den jugendlichen neuen Kaiser Valentinian II., in dem er um die Wiederherstellung des Altars als eines Sinnbildes alles dessen, was Rom groß gemacht habe, und eine positive Toleranzpolitik bat, da „es nicht möglich ist, nur auf einer Straße ein so großes Geheimnis zu erreichen". Ambrosius schrieb eine Erwiderung, die Valentinian mit Erfolg davon abhielt, der Bitte des Symmachus zu willfahren. 385 mobilisierte Ambrosius in Mailand die Massen, um gegen die Forderung der Witwe Valentinians I., Justina, eine der mailändischen Kirchen für den Gebrauch der arianischen Goten in der Armee zur Verfügung zu stellen, Widerstand zu leisten. Ein solcher Akt hätte in den Augen des Ambrosius die Profanierung eines geweihten Gebäudes bedeutet. 388 wurde in Kallinikum am Euphrat von christlichen Fanatikern eine Synagoge verbrannt, und Theodosius befahl dem Ortsbischof, aus kirchlichen Geldern vollen Ersatz zu leisten. Durch die dramatische Weigerung, mit der eucharistischen Liturgie fortzufahren, setzte Ambrosius den Kaiser unter Druck und zwang ihn, den Wiedergutmachungsbefehl gegen sein besseres Urteil rückgängig zu machen. Rühmlicher für Ambrosius war die kühne Ex8 Der aus dem vierten Jahrhundert stammende Mosaikfußboden der Kirche von Aquileia zeigt ein herrliches Beispiel einer geflügelten Victoria neben einem Korb mit eucharistischen Broten.

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kommunikation des Theodosius im Jahre 390 wegen einer in der Zorneshitze getroffenen Entscheidung, Tausende von Bürgern im Zirkus von Thessalonike niedermetzeln zu lassen, nachdem sie einen Armeekommandanten barbarischer Herkunft getötet hatten. Ambrosius verlangte, daß der Kaiser sich einem öffentlichen Bußakt unterzog, ehe er ihn wieder zur Kommunion zuließ. Er betonte damit, daß die Kirche Handlungen, die dem Naturrecht zuwiderlaufen oder der Menschlichkeit widerstreiten, nicht dulden könne und daß sie nicht bloß über ihren privaten Interessen wache. Es liegt nahe, zwischen dem 390 in entscheidender Weise gefestigten Einfluß des Ambrosius auf Theodosius und der Folge von Edikten gegen das Heidentum, die seit 3 9 1 aus der kaiserlichen Kanzlei zu fließen begannen, eine gewisse Verbindung anzunehmen. Im Osten hatte es unter dem antiheidnischen Präfekten Cynegius 384-88 eine Welle von Tempelstürmen gegeben. Cynegius hatte gelegentlich durch den Einsatz von Militäreinheiten, die die aufgebrachten Bauern in Schach hielten, dafür gesorgt, daß die fanatischen Mönche bei ihrem Zerstörungswerk unbelästigt blieben. Der große Serapistempel in Alexandrien wurde 391 unter der Führung des Bischofs Theophilus von Alexandrien zerstört. Der Tempel des Stadtgenius, dessen Vorhandensein Bischof Georg bedauert hatte,' wurde zu einer Kneipe. Theodosius ordnete diese Zwischenfälle nicht an, aber es muß stillschweigend als ausgemacht gegolten haben, daß voraussichtlich keine schweren Strafen verhängt werden würden. Besondere Weisungen wurden gegeben, daß die schönsten Tempel, die künstlerische Meisterwerke enthielten, nicht beschädigt werden sollten. Doch gegenüber heftiger moralischer Entrüstung waren ästhetische Forderungen schwach. Verschiedene Tempel wurden im Lauf des fünften Jahrhunderts in Kirchen umgewandelt, so das mit reichen Stiftungen ausgestattete Heiligtum der Göttin M a in Komana in Kappadokien. Wo die allgemeine Anhänglichkeit an einen heiligen Ort zu fest verwurzelt und zu stark war, um gebrochen zu werden, war es der Kirche manchmal möglich, den alten 9 Siehe oben S. 178.

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Platz zu desinfizieren und ihn mit einer christlichen Bedeutung zu bekleiden. Kyrill, der Nachfolger des Theophilus in Alexandrien, 10 ersetzte den Kult der Isis in Menuthis, ind'em er dort Reliquien der beliebten ägyptischen Heiligen Cyrus und Johannes unterbrachte. In Athen wurde der Parthenon erhalten, indem er schließlich eine Marienkirche wurde. In ländlichen Gebieten hing die bäuerliche Bevölkerung fest an den alten heidnischen Sitten, besonders soweit sie mit Geburt, Heirat und Tod verbunden waren. In den westlichen Provinzen war es durch Jahrhunderte das größte seelsorgerliche Problem, unter der Landbevölkerung den heidnischen Aberglauben auszumerzen. Aber in den Städten, selbst in solchen christlichen Zitadellen wie Syrien und Kleinasien, wurden mindestens noch bis ins siebente Jahrhundert Geheimriten geübt, die auch gelegentliche Opfer einschlössen. In der theodosianischen Gesetzgebung gegen häretische Sekten wurden am strengsten die Manichäer behandelt. Sie waren die Anhänger des syrisch sprechenden Babyloniers Mani (216-76), der auf iranisch-zoroastischer Grundlage eine dualistische Religion von gnostischem Typus begründet hatte. In dem ausdrücklichen Versuch, eine für den Osten wie für den Westen gültige Universalreligion zu schaffen, verschmolz Mani Elemente, die dem Zoroastrismus, dem Buddhismus und gnostischen Formen des Christentums entnommen waren. Der manichäische Mythos von einem urzeitlichen Kampf zwischen Licht und Finsternis erklärte, warum die gegenwärtig erfahrene Welt eine Mischung von Gut und Böse sei, und lieferte das Grundprinzip für eine asketische Ethik, durch deren Befolgung die Erwählten für die in ihren Leibern eingekerkerten göttlichen Lichtpartikeln die Befreiung erlangen konnten. Von der niedrigeren Klasse der Hörer wurde nur erwartet, daß sie einfache moralische Regeln befolgten; man machte ihnen Hoffnung auf eine Wiedergeburt als Erwählte mit der Aussicht auf Erlösung von der Tretmühle der Seelenwanderung. Ihre heimlichen Zere10 Siehe unten S. 217.

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monien brachten die Manichäer in den Verdacht moralischer Greuel und der Zauberei. Schon 297 erließ Diokletian ein scharfes Edikt gegen sie. Valentinian I. verfügte die Einziehung ihres Besitzes, und Theodosius verhängte weitere Strafen, die die Wirkung hatten, die Gemeinschaft mancherorts in den Untergrund zu drängen. Obwohl Augustin in Afrika ungestört als manichäischer Hörer leben konnte, fand er, als er 383 nach Rom übersiedelte, daß sich die Gemeinschaft versteckt hielt. In der Mitte des fünften Jahrhunderts brachte eine Untersuchung eine geheime manichäische Bewegung ans Licht, die unter Gliedern der römischen Gemeinde tief eingesickert war. 11 Die in den achtziger Jahren des vierten Jahrhunderts herrschende Feindseligkeit gegen die Manichäer führte in einem Fall zu einer Tragödie. Um 380 wurde in Spanien ein einflußreicher Laie namens Priscillian, dessen asketische Lebensführung von theosophischen dualistischen Spekulationen beeinflußt worden war, als Manichäer angezeigt. Trotzdem gelang es seinen Freunden, ihn 381 als Bischof von Avila einzusetzen. Nach vier Jahren harter Arbeit erreichten seine Feinde seine Verurteilung durch eine Synode in Bordeaux. Als Priscillian sich an den westlichen Kaiser Maximus (der 383 nach der Ermordung Gratians an die Regierung gelangt war) wandte, wurde die Anklage auf Zauberei gegen ihn erhoben, auf die hin ihn der Präfekt trotz der Proteste von Bischof Martin von Tours hinrichten ließ. Die Auslieferung eines Ketzers an die weltliche Gewalt zum Vollzug der Todesstrafe löste große Erregung aus, und die Ankläger Priscillians wurden von Ambrosius von Mailand und Papst Siricius (dem Nachfolger des Damasus) exkommuniziert. Die Lage der Juden scheint durch die theodosianischen Gesetze etwas gebessert worden zu sein. Die Beziehungen zwischen Kirche und Synagoge im vierten Jahrhundert waren eine traurige Geschichte, besonders nach dem Bündnis der Juden mit Julian Apostata, das von christlichen Predigern als Verehrung des goldenen Kalbes getadelt wurde. Doch die Politik der christlichen Kaiser war weit davon entfernt, durchgehend feindselig und repressiv zu sein. 1 1 Siehe unten S. 1 8 5 f.

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In normalen Zeiten konnten die Juden ungehindert ihre Religion ausüben. Die jüdischen Patriarchen besaßen bis 429 (dem Jahr der Abschaffung dieses Amtes) den hohen gesellschaftlichen Rang von viri illustres („Erlaucht"), und ihre disziplinaren Entscheidungen über Mitglieder des eigenen Volkes wurden vom Imperium unterstützt und durchgesetzt. Dem Gesetz nach waren die Synagogen und der jüdische Gottesdienst geschützt. Als 388 in Rom eine Synagoge verbrannt wurde, wurde die Ersatzleistung erzwungen, und dasselbe wäre in Kallinikum12 geschehen, hätte nicht Ambrosius unvernünftig und zu seiner dauernden Unehre darauf beharrt, daß es für einen christlichen Kaiser sündhaft sei, wenn er den Juden helfe, über die Kirche zu triumphieren. Wahrscheinlich kamen Synagogenverbrennungen nur vereinzelt vor und waren dann durch örtliche Verhältnisse ausgelöst. Es war niemals klug, wenn Juden ihre christlichen Sklaven beschnitten oder christliche Frauen heirateten und sie dann zum jüdischen Glauben bekehrten. Die mächtige Anziehungskraft eines missionierenden Judentums wurde lange als Drohung empfunden. Die übererregten und von Widerwillen erfüllten antijüdischen Predigten des Johannes Chrysostomus sollten die Christen in Antiochien von ihrer Neigung, jüdische Sitten und Zeremonien zu befolgen, abbringen. Zu unerfreulichen Krawallen kam es 414 in Alexandrien und 418 in Minorca. An beiden Orten waren Ereignisse vorgefallen, die den Pöbel in unkontrollierbare Erregung versetzte, und es wäre ungerechtfertigt zu folgern, daß fanatische Pogrome ein regelmäßiges Ereignis gewesen wären. In Zeiten der Spannung und wirtschaftlicher Krise neigt eine Gesellschaft dazu, in nicht assimilierten Gruppen einen Sündenbock zu suchen; aber normalerweise konnten die Juden ohne Furcht leben und Handel treiben. Gegen Ende des sechsten Jahrhunderts wurden gelegentlich Juden zwangsgetauft, eine Maßnahme, die Gregor der Große beklagte, obwohl er nichts gegen den großzügigen Gebrauch von anreizenden Mitteln einzuwenden hatte. Die schlimmste Verfolgung, die die Juden zu erleiden hatten, ereignete sich im sieben11 Siehe oben S. 193.

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ten Jahrhundert im westgotischen Spanien, wo es schon lange eine zahlreiche jüdische Bevölkerung gegeben hatte. Isidor von Sevilla bemerkte, daß die westgotischen Könige im Enthusiasmus der Bekehrung von einem Eifer erfüllt waren, der nicht ihrem Wissen entsprach. Unter der Gesetzgebung Justinians waren den Juden bestimmte hohe Stellungen verschlossen. Aber eine überraschend hohe Zahl von Gesetzen gewährte den Juden Schutz. Kurz, die Lage der Juden im christlichen Imperium nahm nicht den Weg einer fortlaufenden Verschlechterung, sondern folgte eher einem Zickzackkurs. Es gibt Zeugnisse von Beziehungen zwischen einzelnen Juden und Christen, die freundschaftlich bis zum Punkt der intimen Vertrautheit waren; und obwohl nichts den strengen Partikularismus des Judentums verringerte, so gab es doch keinerlei Ghettos in den Städten. Trotz der theodosianischen Gesetze, die die heidnischen Opfer einstellten und die Tempel schlössen, verging lange Zeit, bis die Heiden einem ernsthaften Druck ausgesetzt wurden. Theodosius I. vertraute dem heidnischen Rhetor Themistius sogar die Erziehung seines Sohnes Arcadius an und machte ihn zum Stadtpräfekten von Konstantinopel. In Alexandrien war die Atmosphäre nach der Zerstörung des Serapeums im Jahre 391 weniger liberal. Die Artthologia Palatina13 hat einige bitter ironische Epigramme von Palladas, einem alexandrinischen Lehrer, erhalten, der Bischof Theophilus schwer zu ertragen fand und nicht verstand, wie dessen wohlorganisierte Mönchsbanden den Titel „Einsame" beanspruchen konnten. Wenige Jahre später veranschaulicht der Lebensweg der Hypatia in Alexandrien, welcher Freiheit heidnische Lehrer sich erfreuten, er zeigt aber auch, welche Gefahren ihnen von gewalttätigen Angriffen drohten.14 Hypatias Ermordung im Jahre 415 empörte die christliche öffentliche Meinung in Konstantinopel. Der 13 Die von etwa 980 stammende Griechische Anthologie, die in einer Handschrift der ehemaligen pfalzgräflichen Bibliothek in Heidelberg überliefert ist, enthält sowohl heidnische als auch christliche Epigramme und ist eine wichtige Quelle für diese Periode. 14 Siehe unten S. 12.7.

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Wohlstand Ägyptens hing von der alljährlichen Nilüberschwemmung ab. Im Sommer nach der Zerstörung des Serapeums war die Überschwemmung so groß, daß die Bevölkerung Ägyptens sich in Massen dem Christentum zuwandte und die gebildete Aristokratie mit ihrem Heidentum allein ließ, zu dem sie sich weiter bekannte. Panopolis (Akhmim) in Oberägypten blieb eine heidnische Hochburg, und in Alexandrien blieb der Kreis um die Universität neuplatonisch, bis die Leitung 5 1 7 an den Aristoteleskommentator und monophysitischen Theologen Johannes Philoponus fiel.16 In Athen bestand die neuplatonische Schule bis zum Jahr 529, in dem sie von Justinian (vorübergehend) geschlossen wurde, weil sie unter der Leitung von Schülern des Christengegners Proklus hartnäckig am Heidentum festhielt. (Die Werke des Proklus sollten viel zu der mystischen Theologie des „Dionysius Areopagita" 1 9 beitragen.) Aber bis zur Zeit Justinians nahmen Heiden ohne Belästigung weiter hohe Regierungsstellungen ein. An einen Arzt, der im Jahre 46z den byzantinischen Kaiser behandelte, erinnerte man sich nicht so sehr wegen seines Heidentums als wegen seiner kühnen Art, mit dem Kranken umzugehen. Im fünften Jahrhundert traten viele Angehörige der Intelligenz im griechischen Osten zum Christentum über, manchmal auf ungewöhnlichen Wegen. Im Jahre 4 4 1 war Stadtpräfekt von Konstantinopel ein heidnischer Dichter namens Cyrus aus Panopolis in Ägypten, der wahrscheinlich dem freundlichen Interesse der Kaiserin Eudokia 1 7 viel verdankte. Cyrus war in der Stadt ungeheuer populär und zog sich den Neid des Hofeunuchen Chrysaphius 1 8 zu, der seinen Sturz bewerkstelligte. Cyrus rettete sich, indem er Christ wurde, worauf ihn Chrysaphius als Bischof in eine straffällig gewordene phrygische Stadt entsenden ließ, deren übererregbarer und gewalttätiger Pöbel vier Inhaber des Bischofsamtes hintereinander gelyncht hatte. Die Predigten des Cyrus waren so kurz (seine erste christliche Predigt bestand aus 15 16 17 18

Siehe Siehe Siehe Siehe

unten unten unten unten

S. 242 f. S. 242. S. 229. S. 234.

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einem einzigen Satz), daß er die Herzen seiner ungestümen Herde gewann. Merkwürdigerweise erzeugte diese Erfahrung echten Glauben. 451, nach dem Sturz des Chrysaphius, verließ Cyrus den geistlichen Stand und übernahm wieder ein weltliches Amt in Konstantinopel, wo er wegen seiner Freigebigkeit gegenüber den Armen und wegen seiner vertrauten Freundschaft mit dem unweit der Stadt lebenden Säulenheiligen Daniel,1* der sein persönlicher Seelsorger wurde, berühmt wurde. Andere außergewöhnliche Persönlichkeiten, die vom Heidentum zum Christentum übergingen, waren Heliodor, der Verfasser des Liebesromans von Theagenes und Charikleia (\Aethiopica), der Bischof von Tricca in Thessalien wurde, und Nonnus, der Verfasser der Dionysiaca, der sein Können in den Dienst einer griechischen Versifizierung des Johannesevangeliums stellte. Aber es ist beachtenswert, daß diese Männer wegen ihrer literarischen Leistung als Schriftsteller in der heidnischen und klassischen Tradition und nicht wegen ihrer Beiträge zur christlichen Literatur im Gedächtnis der Nachwelt blieben. Im allgemeinen gab es kein Verbot, heidnisches Gedankengut zu vertreten, und die Verbreitung heidnischer Literatur unterlag keiner Beschränkung, selbst wenn diese Literatur wie die Anfang des fünften Jahrhunderts verfaßten Saturnalia des Macrobius sich direkt für die alte polytheistische Tradition einsetzte. Im ganzen fünften Jahrhundert blieben Dichtung und profane Geschichtsschreibung zumeist in heidnischen Händen. In der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts schrieb Zosimus, wahrscheinlich ein Einwohner der heidnischen Hochburg Gaza,20 eine erhaltene Geschichte des römischen Reiches von Konstantin bis zum Fall Roms im Jahre 410, die beweisen sollte, daß auf die Preisgabe der alten Religion Katastrophen gefolgt seien. Doch im Jahre 500 war der hervorragendste Literat in Gaza ein Christ namens Prokopius (zu unterscheiden von dem Historiker Prokopius von Caesarea, der sein Schüler gewesen sein könnte). Er schrieb sowohl Gedichte in der herkömmlichen heidnischen Form als auch theologische Kommen19 Siehe unten S. i i o . zo Siehe oben S. 191.

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tare, die aus Zitaten maßgeblicher Exegeten zusammengestellt waren - eine Kommentarform, die als Katene oder Kettenkommentar bekannt wurde und große Beliebtheit erlangte. Es ist charakteristisch, daß die klassische Tradition in Dichtung und Geschichtsschreibung eine überwältigende Macht behielt. Selbst in der Zeit Justinians schrieben Prokopius und Agathias, die beiden wichtigsten Historiker des Zeitalters, noch immer so vom Christentum, als wäre es ein Phänomen, das zu erwähnen ihnen beinahe peinlich sei und von dem sie nur in Umschreibungen reden könnten.

12.. Kapitel DIE ASKETISCHE BEWEGUNG Bis zum Ende des vierten Jahrhunderts hatte das Christentum die Gesellschaft praktisch erobert. Nach weltlichen Begriffen von Rang und gesellschaftlichem Einfluß war das Bischofsamt einer Stadt von auch nur mittelmäßiger Bedeutung zu einer anerkannten Stellung geworden, die ein Mann auch aus nicht ausschließlich religiösen Motiven anstreben konnte. Viele Ortsgemeinden waren zu bedeutenden Grundbesitzern geworden und unterstützten zahlreiche Arme. Von einem Bischof wurde erwartet, daß er sich ebensowohl der weltlichen Interessen seiner Leute annähme, als auch daß er ihr Seelsorger sei. In der antiken Gesellschaft hing Erfolg wesentlich davon ab, daß man einen Schirmherrn besaß, dessen Fürsprache beim richtigen Beamten einem eine gut bezahlte Stellung verschaffen oder einem die Freiheit erwirken konnte, wenn es Schwierigkeiten mit der Polizei oder den Steuerbehörden gab, oder der sogar die Gerichte beeinflussen konnte, wenn man einen Prozeß führte. Die, soweit wir sehen, seit dem dritten Jahrhundert aufkommende Verehrung der Heiligen als „Schirmherren", deren „Fürsprache" im Himmel Einfluß haben würde, war die naheliegende Übertragung der sozialen Verhältnisse auf Erden in den himmlischen Bereich. Die Fürsprache für Angeklagte, die man von einem Bischof erwartete, wurde manchmal zu einer Einmischung in die Justiz, wenn der Beamte schwach und der Bischof stark war. Ein beträchtlicher Teil der erhaltenen Korrespondenz des Basilius von Caesarea, Gregors von Nazianz und ihres heidnischen Zeitgenossen Libanius besteht aus Empfehlungs- und Bittschreiben an mächtige Amtsträger zugunsten von Leuten, die sich in einer Notlage befanden. Als 410 in Libyen der neuplatonische Dichter und Redner Synesios von Kyrene zum Metropoliten von Ptolemais gewählt wurde, war seine Wahl

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zum Teil die Folge seines elf Jahre zurückliegenden Erfolges, als er in einer Zeit wirtschaftlicher Depression für seine Provinz Steuerermäßigungen erreicht hatte. Synesios zögerte sechs Monate lang, bevor er ein Amt annahm, das wegen der unaufhörlichen Belastung durch Schlichtungsverfahren und das Schreiben von Empfehlungsbriefen (worüber Augustin beständig klagte) den Verzicht auf gelehrtes Nachdenken und herrschaftlichen Zeitvertreib bedeutete. Zugegebenermaßen wurde das Widerstreben des Synesios durch zwei weitere Gründe verstärkt: er wollte sich nicht von seiner Frau trennen, ein Schritt, den die kirchliche Sitte um 400 von Bischöfen bereits erwartete (im griechischen Osten jedoch nicht vom niederen Klerus), und er hatte Bedenken wegen der Lehre von der Auferstehung, die ihm ein wertvolles Symbol, aber im buchstäblichen Sinne unannehmbar war. Seit dem dritten Jahrhundert wurde mit ständig wachsender Dringlichkeit die Frage gestellt, ob die Kirche eine einflußreiche Position in der höchsten Gesellschaft einnehmen könne, ohne dabei einen Teil ihrer moralischen Kraft und ihrer Unabhängigkeit einzubüßen. Mehrere Umstände trugen zu der wachsenden Bedeutung dieser Frage bei. Die Urkirche hatte hohe Forderungen gestellt und strenge Disziplin auferlegt - so streng, daß sie im zweiten Jahrhundert einen schmerzhaften Streit über die bloße Möglichkeit der Buße für nach der Taufe begangene Sünden zu bestehen hatte. Die Debatten über die Heiligkeit der Kirche als empirischer Gemeinschaft endeten mit der Niederlage des Rigorismus, als 2 5 1 in Rom Novatian abgelehnt wurde. 1 Aber das alte Ideal ging nie verloren und konnte erneuert werden, ohne ein Schisma auszulösen. Abkehr vom Jahrmarkt der Eitelkeit fiel Leuten, die in der unmittelbaren Zukunft das Weltende erwarteten, leichter als solchen, die mit dem Fortgang der Geschichte rechneten und die einen bescheidenen Besitz hatten, den sie ihren Kindern vererben wollten. Paulus hatte sich in Korinth jeder Verwerfung der Ehe, die durch 1 Siehe oben S. 134.

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den gnostischen Dualismus von Geist und Materie motiviert war, widersetzt, hatte aber bereitwillig erlaubt, da die Zeit kurz war, daß die, die Frauen hatten, lebten, als hätten sie keine. Als es offenkundig wurde, daß die Zeit nicht so kurz sein würde, wie der Apostel angenommen hatte, da hielt die Unsicherheit des Lebens in den Verfolgungen nachdrücklich das Bewußtsein des Märtyrers wach, daß die wahren Werte nicht in den Gütern dieser Welt bestünden. Im zweiten Jahrhundert gab es in manchen Gemeinden einzelne Christen, die der Ehe und bis auf ein Minimum allem Besitz entsagten. Sie verwirklichten für sich selbst und vor der Ortsgemeinde das Ideal der Entsagung und der Hingabe an Gebet und Werke der Barmherzigkeit. Diese Asketen waren nicht in Gemeinschaften organisiert, die eine Regel, besondere Kleidung und eine gemeinsame Kasse hatten - obwohl es für die Gütergemeinschaft gute Vorbilder in den Gemeinschaften am Rande des Judentums wie den Essenern, der Gruppe von Qumran, von der die Schriftrollen vom Toten Meer stammen, oder den ägyptischen Therapeuten, die Philo von Alexandrien beschreibt, gegeben hätte. Die Schnelligkeit, mit der sich die Kirche im dritten Jahrhundert ausbreitete, beschleunigte erheblich die Anerkennung eines doppelten ethischen Maßstabs: gewöhnliche Christen, die in der Welt lebten, brauchten nicht die „evangelischen Räte" zu befolgen, doch sollten sie zumindest die Gebote Christi halten und konnten hoffen, dereinst höheren Lohn zu empfangen, wenn sie mehr taten als das tatsächlich gebotene Minimum. Durch diese Lehre von zwei Formen christlichen Lebens und christlicher Ethik wurden brennende theologische Probleme aufgeworfen. Es blieb lange unklar, 2 ob diese Unterscheidung nur ein Ausdruck für die Vorstellung sei, daß es in einem jedermann erreichbaren Fortschritt moralischen und geistlichen Verstehens und Tuns wenigstens zwei Stufen gebe, oder ob die Unterscheidung bedeute, daß Verheiratete, die ein aktives Leben in dieser Welt z Gegen Ende des vierten Jahrhunderts kam es zu einem Streit über diese Frage, als Jovinian die Überlegenheit des ehelosen Lebens heftig bestritt.

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leben, einen an sich niedrigeren Typus des Christen darstellen, der als solcher von den höchsten geistlichen Erfahrungen des Gebetes und dem Streben nach der Gottesschau ausgeschlossen sei. Bei Orígenes zum Beispiel sind Stellen, die die erste Deutung nahelegen, sehr häufig, aber es gibt bei ihm auch andere Texte, die in bedenklicher Weise auf die zweite Auffassung hinauszulaufen scheinen. In einer Predigt sagt er, das Heer Christi besitze eine kleine Elite von Kampftruppen und einen zahlreichen Troß, der die Soldaten beim Kampf gegen das Böse unterstütze, aber nicht selbst zu den Waffen greife. Sobald einmal der Troß zu einer Flut angeschwollen war, gewannen die Frontsoldaten allmählich den Eindruck, daß sie ihr Werk nicht mehr wirksam tun könnten. Es war eine Frage der Zeit, bis sich die Asketen zurückzogen, um getrennt von den gewöhnlichen Gemeinden zu leben, wobei sie aber fortfuhren, Werke der Barmherzigkeit zu tun und sich der Gefangenen, Kranken, Waisen und Witwen anzunehmen. Die Asketen hatten dringend Ordnung und Disziplin nötig, um sich ohne den Einfluß weltlicher Ablenkungen auf ihr Ziel konzentrieren zu können. Aber ihre Absonderung schwächte fraglos die gewöhnlichen Gemeinden, und viele Bischöfe sahen ihr mit Besorgnis zu, die vielfach durch die Übertreibungen einzelner Asketen als gerechtfertigt erwiesen wurde. Während des ganzen vierten Jahrhunderts kämpfte die monastische Bewegung darum, das tiefe Mißtrauen vieler Bischöfe zu überwinden. Ihr Geist erschien zu individualistisch und separatistisch. Viele von den Asketen mögen recht einfache Leute gewesen sein, aber binnen kurzem erhielt die Bewegung eine zusammenhängende theologische Grundlegung. Schon in den Schriften des Klemens von Alexandrien und besonders bei Orígenes sind alle wesentlichen Elemente einer asketischen Theologie zu finden. Es war eine Theologie, die vom Ideal des Märtyrers bestimmt war, der nichts in dieser Welt erhoffte, sondern die Vereinigung mit dem Herrn in seinem Leiden suchte. So wie das Kreuz den Triumph Gottes über die Mächte des Bösen darstellte, nahm auch der Märtyrer in seinem eigenen Tod an diesem Triumph teil. Die Asketen lebten in diesem

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Geist weiter, nachdem die Verfolgungen der Vergangenheit angehörten. Sie bemühten sich, dieselbe sich aufopfernde Abkehr von der Welt zu erreichen. Die evangelische Forderung des Opfers verband sich jedoch mit Neigungen zur Einsamkeit und Genügsamkeit, die aus der klassischen Vergangenheit überkommen waren. Die monastische Bewegung hatte Raum nicht nur für einfache Leute, sondern auch für Männer, die in der Tradition von Piaton und seinem Idealmärtyrer Sokrates gebildet waren, die dem kynischen Prinzip der Selbstgenügsamkeit nacheiferten und die die stoische Lehre bejahten, daß das Glück in der Unterdrückung der Begierde nach allem besteht, was man weder erreichen noch festhalten kann, weshalb für ein Leben nach der wahren Vernunft die Überwindung der Leidenschaften notwendig sei. Die klassischen griechischen Einflüsse verstärkten die Tendenz der asketischen Bewegung zum Individualismus. Im Hoheliedkommentar des Origenes ist die Braut in erster Linie die Kirche wie bei Paulus; aber es findet sich eine noch persönlichere Deutung, nach der die Braut die individuelle Seele ist, die sich in einer heiligen Hochzeit mit dem göttlichen Wort vereinigt. Diese Bildersprache, die Piatons Gastmahl manches verdankte, half die Auffassung fördern, daß die Existenz oder zumindest die Gegenwart anderer Personen eine störende Ablenkung und ein Hindernis für die Erhebung der Seele zur Seligkeit der Vereinigung mit Gott sei. Neuplatonische Ideale der „Flucht des einen zum einen" wurden ein Ansporn nicht nur zur Entsagung gegenüber unnötigen leiblichen Genüssen, sondern sogar gegenüber der menschlichen Gesellschaft. Vom Volk wurde dem Eremiten in seiner Einsamkeit die höchste Verehrung entgegengebracht. Die Wüstenväter in Ägypten in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts wurden ständig von Leuten besucht, die nach einer festen Formel zu bitten pflegten: „Sprich ein Wort zu mir, Vater, damit ich gerettet werde". Die erteilten Antworten wurden in schriftlicher Gestalt als das Paradies oder die Sprüche der Väter (Apophthegmata patrum) gesammelt. Es galt als selbstverständlich, daß die Worte eines Mannes, der in solcher Gottnähe lebte, inspiriert sein müßten.

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Im frühen vierten Jahrhundert wurden von den beiden ägyptischen Asketen Antonius und Pachomius die Modelle für die künftige Entwicklung geschaffen. Antonius, der durch die Biographie des Athanasius berühmt wurde, verzichtete auf den Besitz, den er von seinen Eltern geerbt hatte, und entfernte sich allmählich immer weiter von der menschlichen Gesellschaft, bis er sich zuletzt zu unzugänglichen Grabstätten zurückzog, um draußen in der Wüste die bösen Geister zu bekämpfen. Ungefähr gleichzeitig mit ihm. aber weit im Süden, in der Thebais, gründete Pachomius in Tabennisi am Nil eine Gemeinschaft von Asketen, in der eine große Zahl von Mönchen unter strenger Zucht zu schwerer Handarbeit angehalten wurde; in der Organisation des Pachomius wurde ein vollkommener, militärisch gehandhabter Gehorsam gefordert. Es bestand eine innere Spannung zwischen dem Eremitenideal und der Überzeugung, daß das monastische Leben eine Gemeinschaft, die durch eine Regel geordnet wird, und als wesentlichen Grundsatz den Gehorsam gegenüber einem Oberen verlange. In der Praxis gab es noch lange zahlreiche Asketen, die weder Einsiedler, noch in einer Gemeinschaft (coenobium) zusammengeschlossen waren, sondern die von Ort zu Ort wanderten und als ein verantwortungsloses, störendes Element betrachtet wurden. Das Hauptproblem, das sich für das frühe Mönchtum stellte, ergab sich aus dem individualistischen und separatistischen Charakter der Bewegung. Strebte der Mönch nur nach seinem eigenen Heil? Oder hatte die Bewegung einen sozialen Zweck? Das Gewichtlegen auf den Vorrang des sozialen Zwecks war der Hauptwesenszug der Mönchsregeln des Bischofs Basilius von Caesarea in Kleinasien, dessen Leistung dadurch epochemachend wurde. Ob Basilius von Pachomius gehört hatte, ist sehr zweifelhaft. Er verwarf das Eremitenideal als ein privates und persönliches Streben, das von der Forderung des Evangeliums nach Liebe und Dienst am Nächsten losgelöst war. Basilius gab als erster dem Noviziat und der feierlichen Ablegung der Gelübde eine feste Form und betonte ebenso erstmals den Gehorsam als ein Mittel, um der Übertreibung, dem Wetteifer und dem Sich-zur-Schau-Stellen einzelner schauspielern-

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der Mönche Einhalt zu gebieten, die die monastische Bewegung in Verruf brachten. Vor Basilius hatten sich die Mönche auf Armut und Keuschheit besser verstanden als auf Gehorsam. Strenge Strafen wurden von Basilius für solche Mönche verordnet, die sich selbst ohne Erlaubnis strenge Fasten auferlegten. In seiner durchgehenden Betonung von Maß und Zurückhaltung nahm Basilius den Geist der Benediktinerregel vorweg. Ein schwieriges praktisches Problem war, die Asketen daran zu hindern, sich gänzlich von der Ortsgemeinde und ihrem Bischof zu lösen. Ein wesentliches Motiv, das dem Leben des Antonius des Athanasius zugrunde lag, war, zu zeigen, wie eifrig orthodox der Heilige gewesen war. Eine Synode, die um 340/41 in Gangra in Kleinasien stattfand, mißbilligte aufs schärfste das Verhalten von Mönchen, die den Kirchenbesuch völlig aufgaben. In einigen Formen der asketischen Bewegung wurden die Sakramente als zweitrangig oder sogar unwichtig betrachtet. Die pietistische Bettelsekte der Messaliander oder Euchiten, die sich in der Mitte des vierten Jahrhunderts von Mesopotamien nach Kleinasien ausbreitete, behauptete, daß es in jedem Menschen einen ihm einwohnenden bösen Geist gebe, der nicht durch irgendeine sakramentale Gnade, sondern ausschließlich durch intensives Beten und asketische Kontemplation, die zu spürbaren innerlichen Wahrnehmungen führen müsse, vertrieben werden könne. Selbst dem rechtgläubigsten Mönch konnte es leicht widerfahren, daß er nicht nur gegenüber den Anforderungen der säkularen Gesellschaft und Zivilisation, sondern auch gegenüber dem gewöhnlichen gottesdienstlichen Leben der Kirche gleichgültig wurde. Basilius von Caesarea suchte dem Einhalt zu gebieten, indem er den klösterlichen Gemeinschaften, die er einrichtete, eine Regel gab, in der die Autorität des Ortsbischofs gewahrt war. Sein Prinzip bischöflicher Aufsicht bewährte sich hervorragend, solange der Bischof gut war. Aber dreißig Jahre nach dem Tode des Basilius benützte der Bischof von Caesarea seine Mönche, um die städtische Miliz zu terrorisieren, als diese den verbannten Johannes Chrysostomus schützte. In Ägypten brauchten die Nachfolger des Athanasius nicht lange, um herauszu-

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finden, daß eine Streitmacht von bäuerlichen Mönchen das ideale Werkzeug für die Zerstörung heidnischer Tempel und für Auseinandersetzungen mit Ketzern war. Der zweiten und dritten Generation der monastischen Bewegung war es klar, daß das asketische Leben seine besonderen Probleme stellte. Es konnte leicht Leuten eine Heimat bieten, die sich Verantwortungen in der bürgerlichen Gesellschaft entziehen wollten oder die durch ein drückendes Steuerwesen ruiniert worden waren, manchmal auch flüchtigen Verbrechern oder Homosexuellen und etwas öfter Leuten, die unter dem Zwang zu einem auffallenden Betragen standen und das Bedürfnis verspürten, sich in ihren Kasteiungen selbst zu bestätigen. Und selbst in ihrer besten Form war die Bewegung stets in Gefahr, von einzelnen eindrucksvollen Männern beherrscht zu werden. Gelegentlich waren Mönche versucht, das Recht zu beanspruchen, nicht zu arbeiten und von Almosen zu leben. Augustin mußte 401 Von der Arbeit der Mönche schreiben, um diesen Irrtum zu widerlegen. Im fünften Jahrhundert wurde die Wüste Juda der bevorzugte Ort für eine neue Organisationsform, die „Lavra". In ihr hatten eine Anzahl einzelner Mönche ihre Zellen in der Nähe eines hervorragenden Führers, trafen sich zu gemeinsamem Gebet und zu gemeinsamen Mahlzeiten, bewahrten sich aber mehr persönliche Einsamkeit, als in einem coenobium üblich war. Im sechsten Jahrhundert unter Justinian entzweiten sich die Lavren Palästinas in einem dogmatischen Streit über die Orthodoxie des Origenes. In Syrien und Mesopotamien nahm die Askese gelegentlich bizarre Formen an. Die Mehrheit der Mönche waren sehr einfache einheimische Syrer, die nicht Griechisch konnten. Die Berichte über ihre Kasteiungen sind eine erschreckende Lektüre. Eine schwere Eisenkette als Gürtel zu tragen war eine häufige asketische Übung. Einige führten das Leben von Tieren und nährten sich von Gras; sie lebten im Freien ohne Schatten gegen die Sonne und mit einem Minimum an Kleidung und rechtfertigten ihre Weise, der Gesellschaft die Stirn zu bieten, mit dem Anspruch, „Narren um Christi willen" zu sein. Bei dem Kloster Telanissos (Deir Sem'an) in Syrien

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vollführte Symeon der Stylit (etwa 390-459) seine besondere asketische Übung, die darin bestand, daß er auf der Spitze einer Säule lebte. Symeons Askese wurde damals als bloße Prahlerei angegriffen, sie war aber sehr real und erwarb ihm die tiefe Verehrung der Landbevölkerung. Er zog viele Jünger in das Kloster und regte spätere Nachahmer wie Daniel (409-93) an, der dreiunddreißig Jahre auf einer Säule in der Nähe von Konstantinopel verbrachte (im heutigen Rumeli-Hisar). Das Ansehen Symeons war so groß, daß von der Regierung die Zustimmung des Styliten, der weder lesen noch schreiben konnte, zu den Konzilien von Ephesus (431) und Chalcedon (451) verlangt wurde. Am entgegengesetzten Ende der bei Symeon beginnenden intellektuellen Stufenleiter standen die von Origenes beeinflußten Asketen, unter denen Basilius von Caesarea hervorragte, obgleich er nicht die spekulativen Lehren übernahm, die die Theologie des Origenes in den Verdacht der Häresie gebracht hatten. In Ägypten gab es auf der anderen Seite Asketen, die weiterhin auch die mehr spekulative Seite des origenistischen Denkens schätzten. Die origenistische Theologie wurde in Alexandrien von Didymus dem Blinden (zu dessen Füßen eine Zeitlang Hieronymus saß) und in Konstantinopel von dem Archidiakon Euagrius, einem engen Freund Gregors von Nazianz, vertreten. Eine Liebesaffäre veranlaßte Euagrius, die Hauptstadt zu verlassen und sich erst nach Jerusalem und schließlich in die ägyptische Wüste zu begeben, wo er zu einem der einflußreichsten Schriftsteller über das geistliche Leben wurde. Euagrius brachte Ordnung und Methode nicht nur in die äußere Organisation, sondern auch in die innersten Vorgänge der Kontemplation. Er unterschied acht Haupt- oder Wurzelsünden, und zwar Gefräßigkeit, Hurerei, Geldgier, Traurigkeit (oder „Mangel an Freude"), Zorn, Überdruß am Mönchsleben (Acedie), Eitelkeit und Überheblichkeit.3 Diese Laster verteilte er auf die verschiedenen Seelenteile, wie Piaton sie unterschieden hatte. Euagrius 3 Gregor der Große fügte zu der Liste den Neid hinzu und verschmolz Traurigkeit und Acedie.

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differenzierte zwischen den verschiedenen Formen der Kontemplation, die er in einer Stufenfolge fortschreitenden Erfassens anordnete, vom Körperlichen zum Unkörperlichen und weiter aufwärts bis zur Dreieinigkeit. Auf der höchsten Stufe, so lehrte er, sei das Gebet ein geistiger Akt ohne Worte, der von allen körperlichen Vorstellungen Gottes frei sein müsse, die die Einbildungskraft, von bösen Mächten getrieben, etwa gestalte. Euagrius liebte zugespitzte, prägnante, dunkle Sentenzen. Seine Gedanken über das Mysterium des Gebets beeinflußten nachhaltig die griechische asketische Theologie und wirkten durch Johannes Cassian auch im Westen. Cassian war ein Mönch skythischer Herkunft, der sich in Palästina und Ägypten einer langen asketischen Schulung unterzogen hatte, ehe er seine Pionierarbeit im Westen aufnahm. Seine Sympathien waren auf der Seite des Euagrius und seiner origenistischen Freunde, so daß er nach 400 nicht im Ägypten des Theophilus von Alexandrien bleiben konnte.4 Er übersiedelte nach Konstantinopel, wo Johannes Chrysostomus ihn zum Diakon machte, dann, nach dem Sturz des Johannes im Jahre 404, nach Rom und schließlich um 4 1 5 nach Marseilles, wo er nach östlichen Vorbildern klösterliche Gemeinschaften von Männern und Frauen organisierte. In seinen Institutionen beschrieb Cassian die äußere Ordnung des Mönchslebens: die korrekte Art der Kleidung, die richtige Gestaltung der Gottesdienste und die acht Hauptsünden nach dem Katalog des Euagrius. In seinen Gesprächen legte er den inneren Gehalt der Wüstenüberlieferung in der Form einer Reihe von Reden dar, die berühmten ägyptischen Asketen in den Mund gelegt waren. Cassians Kritik an der Gnadenlehre Augustins in seinem dreizehnten Gespräch löste einen Gegengriff des Hyperaugustiners Prosper von Aquitanien 5 aus, und diese Polemik rief dauernden Zweifel an der Orthodoxie Cassians hervor. Gleichwohl ist kaum zu überschätzen, wie viel das spätere westliche Mönchtum Cassians Mäßigung und Einsicht verdankte. Er erschien in einem kritischen Augen4 Siehe unten S. 216. 5 Siehe unten S. 274.

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blick auf der westlichen Bühne. Die westlichen Christen wollten unter dem Eindruck lateinischer Übersetzungen des Lebens des Antonius des Athanasius und von Rufins Bericht über die Wüstenväter in Ägypten ihre eigenen Heiligen haben. Sulpicius Severus, ein eifriger Publizist aus Aquitanien, der um 403 schrieb, hatte großen Erfolg mit einer größtenteils fiktiven Biographie des asketischen Bischofs Martin von Tours, die zeigen sollte, daß Gallien einen Heiligen hervorbringen konnte, der selbst den ägyptischen Asketen überlegen war. Martin wurden unerhörte Mirakel und Wundertaten zugeschrieben, und dank des historischen Romans des Sulpicius wurde er einer der beliebtesten Heiligen des barbarischen Westens, hauptsächlich als Soldatenheiliger und Patron militärischer Tugenden. Aber Cassian betrachtete diese übertriebene Wunderkrämerei mit Abscheu und bedauerte wiederholt das allgemeine Verlangen danach. Dies war nicht die echte asketische Tradition, wie er sie verstand: ihr wahres Ziel war schlicht das Gebet aus einem reinen Herzen. Durch seine Mäßigung und Zurückhaltung leistete Cassian für den Westen vieles, was Basilius für den griechischen Osten getan hatte, ohne jedoch jemals die letztliche Überlegenheit des Einsiedlerlebens über die Mitgliedschaft in einem coenobium in Frage zu stellen. Die Bedeutung Cassians zeigt sich in der aus dem sechsten Jahrhundert stammenden Regel des Benedikt und in der nahe verwandten „Regel des Meisters" (Regula Magistri), eines anonymen Abtes, der vielleicht wenige Jahre vor Benedikt® schrieb, und dessen Werk in der Benediktinerregel frei benützt ist. Benedikt bestimmte, daß die Gespräche (collationes) Cassians während der Mahlzeiten vorgelesen werden sollten; von daher stammt das heutige italienische Wort für „Mahlzeit" (colazione) und der englische Ausdruck collation, der (wie das deutsche Kollation) einen leichten Imbiß zu ungewohnter Stunde bezeichnet. 6 Vielleicht ist der Meister Benedikt selbst. Vor der Gründung von Cassino gründete er zwölf Mönchshäuser in der Nähe von Subiaco, und es ist möglich, daß die zwei verwandten Regeln diesen beiden Entwicklungsstadien der Tätigkeit Benedikts entsprechen.

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Durch die Zufälle der Geschichte hat sich der Name „benediktinisch" mit der Vorstellung von Strenge und Gelehrsamkeit verbunden. Benedikt selbst hatte an beidem kein besonderes Interesse. Seine Regel forderte Einfachheit und Selbstzucht, keine strengen Bußübungen und selbstauferlegten Kasteiungen. Es fehlt der leiseste Hinweis, daß er erwartete, seine Mönche würden sich aus Menschen rekrutieren, die in der Welt versagt hatten, oder die ihr Gewissen befleckt hatten und nun kamen, um Genugtuung zu leisten. Er dachte auch nicht daran, Klöster zu gründen, um Kirche oder Gesellschaft einen besonderen Dienst zu leisten. Benedikts Mönche waren keine Kleriker, sondern italienische Bauern und schlichte Goten. Sie mußten für die ihnen zur Pflicht gemachte erbauliche Lektüre (von gelehrten Studien wird nichts gesagt) und für die täglichen Gottesdienste, das „Werk Gottes" (opus Dei), dem Benedikt zentrale Bedeutung für das Leben der Gemeinschaft zumaß, lesen lernen. Sie sollten eine Familie sein mit dem Abt als Vater, der für jeden in gleicher Weise sorgen sollte. Vor allem sollten sie in ihrem Kloster bleiben und nicht von Haus zu Haus ziehen. Obwohl die Regel für mehr als ein Kloster bestimmt war, hatte Benedikt offensichtlich nicht die Absicht, einen Orden zu gründen. Als er vorschrieb, daß täglich eine beträchtliche Zahl von Stunden der Arbeit gewidmet werden sollte, sah er nicht die erstaunlichen Leistungen mittelalterlicher und moderner benediktinischer Gelehrter auf dem Gebiet der Erziehung und Forschung voraus. Er wollte eher seine Mönche vor der Verderbnis des Charakters schützen, die von der Untätigkeit kommt. Benedikt dachte an kein anderes Ziel, als daß seine Mönche im Angesicht Gottes leben und in den Himmel gelangen sollten.

13- Kapitel D E R S T R E I T U M ORIGENES U N D DIE T R A G Ö D I E DES J O H A N N E S C H R Y S O S T O M U S Die Origenesverehrung des Euagrius und seines Kreises ägyptischer Mönche wurde nicht allgemein geteilt. Um 375 ließ Epiphanius (etwa 3 1 5 - 4 0 3 ) , seit 367 Bischof von Salamis (Famagusta) auf Cypern, in seinem „Arzneikasten zur Heilung von allen Häresien" einen scharfen und überraschend wirkungsvollen Angriff auf die Orthodoxie des Origenes vom Stapel. Die Häresie machte Epiphanius unmittelbar zu schaffen. In seiner eigenen Stadt Salamis stand er machtlos einer aktiven Gruppe von Marcioniten gegenüber. Epiphanius wurde zu einer Autorität für alle Arten von christlichen Abweichungen in Vergangenheit und Gegenwart. Selbst ein Asket, verstand er seinen Glauben in dem Sinn, daß dieser strenge Feindschaft gegen jede Form intellektuellen Dünkels, einschließlich der theologischen Spekulation, verlange. Da alle notwendigen dogmatischen Fragen autoritativ entschieden worden waren, gab es keinen Platz für einen Mann wie Origenes, der solche Fragen als Gegenstand freier Spekulation hatte betrachten wollen, und der (nach der Ansicht des Epiphanius) die Reinheit des wahren Glaubens durch das Gift der heidnischen Bildung verfälscht hatte. Epiphanius war ein leidenschaftlicher Puritaner und verabscheute das damals im Volk aufkommende Verlangen nach einer Ausschmückung der Kirchenwände mit Standbildern und Gemälden. 1 Epiphanius verurteilte bei Origenes vor allem die Tendenz, offensichtlich buchstäblich gemeinte Aussagen in geistliche Sinnbilder umzudeuten, besonders seine spiritualisierende Auferstehungslehre. Sein wilder Angriff bedeutete nicht bloß, daß er die Toten ausgrub, 1 Siehe unten S. 329.

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um über sie Gericht zu halten, sondern Epiphanius erwähnt speziell den lebendigen Einfluß, den Origenes in seiner eigenen Zeit auf „gewisse ägyptische Mönche" ausübte. In den siebziger Jahren des vierten Jahrhunderts gab es in der nitrischen Wüste am Rand des Nildeltas 2 eine origenistische Gruppe, die von Ammonius und drei Brüdern geleitet wurde. Wegen ihrer Körpergröße waren die vier als die „langen Brüder" bekannt. Sie hatten im Kampf gegen den Arianismus in Ägypten nach dem Tod des Athanasius (373) gelitten und standen auf bestem Fuß mit Bischof Timotheus von Alexandrien (381-85) und bis 400 auch mit dessen Nachfolger Theophilus (385-412). Als Euagrius nach Ägypten ging, 3 unterstellte er sich der Leitung des Ammonius. Es waren hauptsächlich die Schriften des Euagrius, die der Theologie der Gruppe zur Verbreitung verhalfen. Trotz mancher Dunkelheiten lehrten sie eindeutig, daß die Einbildungskraft keine Vorstellungen von Gott zulassen dürfe, die ihm Menschengestalt verliehen oder ihn in irgendeiner Weise räumlich „oben" lokalisierten. Ja, alle räumlichen Gestalten oder Formen, die man sich beim Gebet vorstellte, hatten ihren Ursprung sogar in dämonischer Täuschung. Es war die gequälte Reaktion einfacher Gläubiger gegen diese Behauptung, daß es nicht zulässig sei, sich Gott in der Anbetung als einen väterlichen Übermenschen im Himmel vorzustellen, die unter den Mönchen einen Streit zwischen den „Origenisten" und den „Anthropomorphiten", die glaubten, Gott habe Menschengestalt, heraufbeschwor. Von Epiphanius gefördert griff der Zwist 393 nach Palästina über, wo er die alten Freunde Rufinus und Hieronymus, die in Asketenherbergen auf dem ölberg beziehungsweise in Bethlehem lebten, bitter entzweite. Hieronymus, der einmal (woran ihn Rufin unklugerweise gerne erinnerte) einige Werke des Origenes übersetzt und ihn als den „größten Lehrer der Kirche seit den Aposteln" gerühmt hatte, wurde nun zu einem wütenden Antiorigenisten. Hieroz Die nitrische Wüste lag südwestlich von Damanhur. Sechzehn Kilometer weiter nach Südwesten lag Cellia, w o viele Eremiten hausten. Sketis (Wadi'n Natrun) lag 65 Kilometer südlich, dort lebten noch viele weitere Eremiten. 3 Siehe oben S. 210 f.

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nymus war eine stachelige, pedantische Persönlichkeit von einem vertrauten Typus: er konnte seine ungeheure Gelehrsamkeit gelegentlich in den Dienst leidenschaftlicher Abneigungen und kleinlicher Eifersüchteleien stellen. Er konnte keine Kritik vertragen, und je näher ihm jemand stand, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, daß das Verhältnis einmal schlecht wurde. Doch gab Hieronymus seine Bosheiten in so brillanter Weise von sich und schrieb Bibelkommentare von so hohem wissenschaftlichem Rang, daß jedermann ihn lesen wollte. So wurde mit der Zeit auch Rom in den Streit der westlichen Asketen an den heiligen Stätten hineingezogen. Der Hauptkampfplatz lag jedoch in Ägypten. Zuerst unterstützte Theophilus von Alexandrien die „langen Brüder" und machte sogar einen von ihnen zum Bischof. 399 enthielt seine Osterenzyklika, die der Sitte gemäß das Osterdatum für das kommende Jahr ankündigte, einen langen Angriff auf die naiven „Anthropomorphiten". Die antiorigenistischen Mönche fielen daraufhin mit Gewalt über Alexandrien her und erzeugten einen solchen Sturm, daß Theophilus eine plötzliche Kehrtwendung vollzog. Er vertrieb die Origenisten aus Ägypten und erlangte die Zustimmung von Papst Anastasius zu einer förmlichen Verurteilung der Orígenes zugeschriebenen Lehren, besonders derjenigen, die in den Schriften des Euagrius verbreitet wurden. Euagrius war im Januar 399, gerade noch vor Ausbruch des Sturmes, gestorben, doch die „langen Brüder" mit Cassian und anderen mußten Ägypten verlassen. Sie begaben sich nach Konstantinopel, um bei Hof Klage zu führen und ihren Fall dem neu eingesetzten Bischof Johannes (Chrystostomus, der Prediger mit dem „goldenen Mund", wie er seit dem sechsten Jahrhundert genannt wurde) vorzulegen. Die Anrufung des Johannes Chrysostomus durch die Origenisten führte zu einer Tragödie. Johannes war ein Mann von hervorragenden Qualitäten, aber er war in verschiedener Hinsicht schlecht zum Bischof einer reichen Stadt geeignet, die von Klatsch und Intrigen erfüllt war. Geboren in Antiochien als Sohn eines Armeegenerals, hatte er in früher Jugend auf gute Aussichten im Staatsdienst verzichtet und war in der syrischen Wüste Mönch geworden.

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2.17

Nachdem er sich aber durch Bußübungen ein Magenleiden zugezogen hatte, kehrte er 386 nach Antiochien zurück und wurde unter Bischof Flavian 4 Presbyter. Seine rhetorische Ausbildung hatte er bei dem führenden heidnischen Rhetor Libanius erhalten; Theologie hatte er bei Bischof Diodor von Tarsus studiert. Er konnte jetzt seine glänzenden rhetorischen Gaben auf der Kanzel verwenden und gewann durch eine im Jahr 387 gehaltene Predigtreihe, als der städtische Mob von Antiochien seine Empörung über unmäßig hohe Steuerforderungen durch die Zerstörung von Kaiserstatuen zum Ausdruck gebracht hatte und nun alles die Rache des Kaisers fürchtete, eine breite Anhängerschaft im Volk. Die meisten der Predigten des Johannes, die wir noch besitzen, wurden in Antiochien gehalten und verdanken ihre Erhaltung hauptsächlich der Initiative privater Stenographen. Freimütig und unmittelbar in ihrer ganzen Art, sind sie die für den heutigen Menschen lesbarsten Predigten eines Kirchenvaters und bilden auch eine lebendige Quelle für die Sozialgeschichte der Zeit. Als im Jahre 397 Bischof Nektarius von Konstantinopel starb, beschloß der Hof, der damals von dem Eunuchen Eutropius beherrscht wurde, nach viermonatigem Zögern, Johannes aus Antiochien zu entführen und ihn zum Bischof der Hauptstadt zu machen. Der Stern Konstantinopels war seit vielen Jahren im Steigen gewesen, und das weltliche und kirchliche Ansehen der Stadt war in raschem Wachsen begriffen. Das Konzil von Konstantinopel (381) hatte erklärt, daß die Stadt als das „Neue R o m " den Rang nach dem alten Rom einnehmen solle, eine Entscheidung, die man sowohl in Rom als auch in Alexandrien übelnahm. Die Alexandriner wünschten in Konstantinopel durchweg schwache und unfähige Bischöfe. Anläßlich der Vakanz von 397 hatte sich Theophilus von Alexandrien große Mühe gegeben, seinen eigenen Kandidaten durchzubringen. Trotzdem arbeitete er anfangs mit Johannes zusammen, zum Beispiel bei der Beilegung des alten Schismas von 4 Siehe oben S. 1 7 1 .

2.18

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Antiochien, das die dortige Gemeinde seit dem Sturz des Eustathius kurz nach dem Konzil von Nicaea gespalten hatte. Die Beschwerde der origenistischen Mönche änderte alles. Sie brachte Johannes in die Lage, die Richtigkeit des Verhaltens des Theophilus beurteilen zu müssen, und da Johannes seit langem freundschaftliche Beziehungen zu Asketen unterhielt, die Origenes verehrten, hatte Theophilus Grund zu der Befürchtung, daß Johannes nicht unparteiisch sein würde. Theophilus beschloß, Johannes zu stürzen, und Johannes arbeitete ihm in Könstantinopel in die Hände, indem er sich unzählige Feinde machte. Als Johannes im Februar 398 in Konstantinopel ankam, leitete er sogleich zahlreiche Reformmaßnahmen ein. Sein Vorgänger Nektarius war milde gewesen, lax in der Disziplin und lässig gegenüber seinen Klerikern. Einige, die er geweiht hatte, waren höchst ungeeignet für das Priesteramt, und Johannes setzte sie brüsk an die Luft. Als Presbyter hatte er in einem eigenen Buch seine erhabenen Ideale vom Priestertum beschrieben, und jetzt hatte er Gelegenheit, diese Ideale in die Wirklichkeit umzusetzen. Nektarius hatte wie Damasus von Rom 5 die Angehörigen seines Klerus ermuntert, ihre Herde ebensosehr mit gutem Essen und Trinken wie mit seelsorgerlicher Unterweisung zu betreuen. Johannes, der seit seinen Selbstkasteiungen in der Wüste ein chronisches Magenleiden hatte, nahm seine Mahlzeiten allein ein und eleidigte jene Leute tief, die gewohnt gewesen waren, im Hause des Bischofs großzügige Gastlichkeit zu genießen. Ungünstige Vergleiche wurden gezogen. In einer Predigt, die er nicht lange nach seiner Ankunft hielt, machte Johannes die Bemerkung: „ M a n rühmt den Vorgänger eines Bischofs und will doch bloß den gegenwärtigen Amtsinhaber herabsetzen". Böse Nachrede behauptete, Johannes behalte seine Tafelfreuden und den reichen Weinkeller für sich und „führe ein Leben wie ein Z y k l o p " . Dem nicht abreißenden Strom von Bischöfen, die sich am Kaiserhof herumtrieben und auf Gunsterweise und finanzielle Unterstützung für ihre Bauprogramme hofften, 5 Siehe oben S. 185.

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bot er sehr bescheidene Gastfreundschaft. Severian von Gabala, ein syrischer Bischof, der zu Besuch in Konstantinopel weilte, fand, daß redegewandte Predigten in der Hauptstadt gut bezahlt wurden, und war beleidigt, als ihm Johannes nach mehreren Monaten zu verstehen gab, daß seine Diözese ihn wohl wieder brauchen würde. In ähnlicher Weise verärgerte Johannes einen Mönch Isaak, der den Lichterglanz der Großstadt aufregender fand als sein Kloster. Die Hingabe, mit der eine reiche "Witwe Olympias und andere Damen den Rat des Johannes suchten, rief boshaftes Gerede hervor. Die Besorgnis über die Reformen des Johannes reichte überdies über Konstantinopel hinaus. Johannes entdeckte, daß in der Provinz Asien eine Anzahl von Bischöfen dem Metropoliten von Ephesus für ihre Weihe Gebühren gezahlt hatten, deren Höhe entsprechend ihren jährlichen Einkünften gestaffelt war. Der Bischof von Ephesus entzog sich dem Zugriff des Johannes durch den T o d , aber alle in den Ämterkauf verwickelten Bischöfe wurden mit äußerster Strenge aus ihrem Amt entfernt. In den Augen der Kritiker des Johannes griffen diese Aktionen über seinen Jurisdiktionsbereich hinaus und waren der Ausdruck anmaßender Selbstüberhebung. Mit der Zeit, so fürchteten sie, würden die Bischöfe von Konstantinopel selbst Gebühren für die Weihen verlangen und würden ihre Jurisdiktion über ganz Kleinasien ausüben. Johannes war asketisch, zurückhaltend, energisch und freimütig bis zur Taktlosigkeit, besonders wenn er auf der Kanzel in Erregung geriet. Keine dieser Eigenschaften machte ihn in einer hochzivilisierten und reichen Stadt zu einem angenehmen Zeitgenossen. Die Reichen verübelten ihm als persönliche Beleidigung seine sozialistischen Predigten, in denen er erklärte, daß es Privateigentum nur als Folge von Adams Fall gebe, oder in denen er jene anprangerte, die sich nicht um die Bettler an ihrer Tür kümmerten und nur zehn stattliche Häuser mit Hunderten von Dienern und Toiletten aus Gold haben wollten. Er erregte bei den Männern Anstoß, indem er wiederholt erklärte, daß eine Frau das gleiche Recht habe, von ihrem Mann Treue zu verlangen, wie ein Mann von seiner Frau. Und seine schonungslosen Sarkasmen über den weiblichen

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Luxus, vorgetragen im ätzenden Stil Juvenals und Senecas, waren nicht nach dem Geschmack der vornehmen Damen. Für Theophilus von Alexandrien waren alle diese Schwierigkeiten ein Geschenk des Himmels. Er eröffnete seinen Feldzug damit, daß er Epiphanius mobilisierte, der zu Schiff von Zypern nach Konstantinopel reiste und dort unter dem V o r w a n d gegen Johannes hetzte, er gewähre den Ketzereien des Orígenes Unterschlupf. Die „langen Brüder" jedoch beteuerten Epiphanius, daß sie persönlich seine Schriften bewunderten, und entlockten ihm das Geständnis, daß er nicht eine einzige Zeile von den ihren gelesen habe. Ernüchtert verließ der gute Bischof die Hauptstadt und starb auf der Heimreise. Im Juni 403 erschien Theophilus am Bosporus. Nominell w a r er gekommen, um seine Behandlung der „langen Brüder" zu rechtfertigen, aber in Wirklichkeit hatte er vor, Johannes v o r Gericht zu bringen. Er versammelte die Unzufriedenen zu einem Konzil in Chalcedon (dem heutigen Kadiköy) am asiatischen Ufer des Bosporus gegenüber von Konstantinopel. Das Konzil tagte im Eichenpalast, der kürzlich von dem gestürzten Praefectus praetorio Rufinus errichtet worden w a r , und lud Johannes dorthin vor, um sich gegen die Anklagen der Bischöfe zu verantworten. Johannes weigerte sich, vor einen so parteiischeÄ Gerichtshof zu erscheinen, und wurde abgesetzt. Die Entscheidung der Eichensynode wäre völlig wirkungslos geblieben, wäre Johannes imStande gewesen, mit dem Kaiser Arkadius und seiner impulsiven germanischen Frau Eudoxia auf gutem Fuß zu bleiben. Anfänglich hatte Eudoxia Johannes bewundert. Sie hatte ihn gebeten, ihren Sohn, den späteren Theodosius II., zu taufen; und als das Kind erkrankte, hatte sie schließlich (nach einigem Schwanken) entschieden, daß eher die Fürbitten des J o h a n nes für die Genesung des Kindes G e w ä h r bieten würden als die seines Widersachers Epiphanius, der seine Dienste angeboten hatte. Aber im Juni 403 w a r Eudoxia gegen Johannes aufgebracht. Sie hatte sich einige Grundstücke angeeignet, ohne angemessene Rücksicht auf die Rechte der Besitzer zu nehmen. Als Johannes in

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einer Predigt über die weibliche Schwäche das düstere Beispiel der Isebel zitierte, wurden seine Worte in weiten Kreisen - vielleicht mit Recht - als Anspielung auf die Kaiserin verstanden. So bestätigte der erzürnte Kaiser die Entscheidungen der Eichensynode und verfügte die Verbannung des Johannes. Johannes hielt in einer zum Bersten vollen Kirche eine wilde Abschiedspredigt, in der er Eudoxia offen mit Isebel und Herodias verglich, und stieg dann herab, um sein Exil anzutreten. Ein Erdbeben am Tag nach seiner Abreise wurde jedoch als Zeichen himmlischen Mißfallens verstanden, und auch der zornige Protest der empörten Bürger von Konstantinopel, für die Johannes ein Held war, tat im Kaiserpalast seine Wirkung. Arkadius und Eudoxia riefen Johannes zurück, der wieder eingesetzt wurde. Aber wenige Monate später wurden bei der Errichtung einer silbernen Statue der Eudoxia neben der Sophienkirche6 Volksbelustigungen abgehalten, die den Gottesdienst störten. Die Mißbilligung der Vorfälle durch Johannes wurde als Beleidigung empfunden, und die Feindschaft der Eudoxia empfing neue Nahrung durch ein wütendes Pamphlet, das Theophilus von Alexandrien veröffentlicht hatte, in dem Johannes als der als Engel des Lichtes verkleidete Satan angegriffen wurde. Johannes verlor auf der Kanzel die Beherrschung: „Wieder rast Herodias", rief er aus, „wieder tanzt sie, wieder verlangt sie das Haupt des Johannes auf einer Schüssel". Der Palast entschied, daß dieser aufrührerische Priester gehen müsse. Die nicht zu widerlegende Beschuldigung wurde erhoben, Johannes habe dem Kanon der Kirchweihsynode von Antiochien 341 zuwider seinen Thron wieder in Besitz genommen, ehe eine Bischofssynode die Entscheidung des Eichenkonzils aufgehoben hatte. Nur seine Beliebtheit in der Stadt schützte Johannes in seinem Haus vor Belästigungen. Aber die Sympathien für die aufgeregten Anhänger des Johannes begannen abzunehmen, als diese Feuer an die Sophienkirche legten. Johannes begab sich in den kalten armenischen Winter in die 6 Die mit einer Inschrift versehene Säulenbasis wurde 1848 aufgefunden und befindet sich in St. Irene in Istanbul.

2.2.2.

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Verbannung, aber nicht ohne zuvor die Bischöfe von Rom (Innozenz I., 402-17), Mailand und Aquileia um Hilfe angerufen zu haben. In der Verbannung wurde er von der Witwe Olympias reichlich unterstützt, und er erhielt eine umfangreiche Korrespondenz mit seinen Anhängern aufrecht. Da entschied die Regierung, er müsse an einen entlegeneren Ort gebracht werden, und auf der anstrengenden Reise starb er am 14. September 407 in Komana (Tokat). Die Geschichte des Johannes war mehr als eine private Tragödie. Sie lieferte eine eindrucksvolle Veranschaulichung der fortdauernden problematischen Doppelstellung des Bischofs von Konstantinopel einerseits als erster Hofprediger und andererseits als führender Patriarch einer Körperschaft, die eine lange Tradition der Unabhängigkeit gegenüber dem Staat besaß. Der Streit starb nicht mit Johannes. Innozenz I. verweigerte den Gegnern des Johannes hartnäckig die Gemeinschaft und verlangte die Rehabilitierung des Patriarchen, so daß es nunmehr um die Anerkennung von Roms Autorität im Osten ging. Die Festigkeit und der schließliche Sieg von Papst Innozenz trugen viel zur Hebung von Roms Prestige bei. Aber die posthume Rechtfertigung des Johannes erfolgte sehr langsam. In Konstantinopel hielt ein großer Teil des Volkes, der von Rom unterstützt wurde, vor den Mauern Gottesdienst und weigerte sich, Atticus (406-525), den Nachfolger des Johannes, anzuerkennen; und einem dieser „Johanniten", Palladius (einem Schüler des Euagrius), verdanken wir nicht nur einen dramatischen Bericht über das Leben des Johannes, dessen Parteilichkeit verzeihlich ist, sondern auch das Hauptdokument für die Geschichte des ägyptischen Mönchtums, die Historia Lausiaca (so benannt, weil Palladius sie dem Oberkammerherrn Lausus widmete). Solange Theophilus von Alexandrien lebte, war eine Versöhnung unmöglich. 4 1 2 folgte auf Theophilus sein Neffe Kyrill, ein Mann mit ähnlichen Ansichten und einer weit größeren Fähigkeit, diese zu verteidigen. Er erklärte, er könne unter den Heiligen, mit denen die Kirche in Gemeinschaft stünde, nicht eines Judas Ischariot gedenken. Nach dem Tode von Innozenz I. (417) willigte Atticus von Konstantinopel endlich in die

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2.2.3

römische Forderung, er solle den Namen des Johannes in die Diptychen aufnehmen (d. h. in die Listen von Namen verstorbener Heiliger, die bei der Eucharistiefeier verlesen wurden), doch Kyrill blieb der Politik seines Onkels treu. Schließlich gewann im Jahre 42.8 Konstantinopels neuer Bischof Nestorius, den man wie Johannes aus Antiochien geholt hatte, Kyrills widerwillige Zustimmung zur Aufnahme des Namens des Johannes in die alexandrinischen Diptychen und richtete selbst in Konstantinopel ein jährliches Fest zu seinen Ehren ein. Seither übte Johannes durch das Vermächtnis seiner Predigten, die als Vorbilder wirkungsvoller Sprache und Unterweisung galten, einen wachsenden literarischen Einfluß aus. 7 Im mittelalterlichen Byzanz wußte man keinen Würdigeren, dem man den Ruhm zuschreiben konnte, der Verfasser der traditionellen Liturgie der kaiserlichen Hauptstadt zu sein, die deshalb als „Chrysostomusliturgie" seinen Namen trägt.

7 Der neunzehnte Kanon des ökumenischen Konzils von Konstantinopel 692 (das entweder als „Quinisextum" bezeichnet wird, weil es das fünfte und sechste ökumenische Konzil von 553 und 680 ergänzte, oder als das Konzil „in Trullo", weil es im Kuppelsaal des Kaiserpalastes stattfand) ordnete an, daß die Prediger ihre Kanzelreden besser denen der „Leuchten der Kirche" nachbilden als eigene verfassen sollten. Anthologien aus Chrysostomus, dazu aus Basilius und Gregor von Nazianz gewannen darauf große Beliebtheit. 15

Chadwick, Die Kirche

14. Kapitel DAS P R O B L E M DER P E R S O N C H R I S T I

Diodor, Theodor und Apollinaris Johannes Chrysostomus war der theologische Schüler Diodors gewesen, eines asketischen Presbyters aus Antiochien, der 378 Bischof von Tarsus wurde. Diodor war eine ungewöhnliche Persönlichkeit; er hatte ein lebhaftes Interesse an kosmologischen Fragen und schrieb Bücher nicht nur über theologische Themen sondern auch über die Frage „Wie heiß die Sonne ist" und über die Auffassung des Aristoteles vom Himmelsäther. Seine Bibelauslegungen legten mehr als üblich Gewicht auf den buchstäblichen und historischen Sinn der Texte. Diodor anerkannte wohl die Gültigkeit der Typologie (die Deutung bestimmter Personen und Ereignisse als spezieller Präfigurationen Christi und der Kirche), lehnte aber den uneingeschränkten Gebrauch der Allegorese ab. Populären Deutungen der Inkarnation im Sinne der Metamorphose eines Gottes oder einer mythologischen Theophanie stand er kritisch gegenüber. Er verabscheute die Vorstellung, daß Jesus der Sohn Gottes gewesen sei, weil er keinen menschlichen Vater hatte. Echte Theologie, so meinte Diodor, beachtet sorgfältig die Besonderheit und Eigenständigkeit des Menschen Christus, des Bahnbrechers und Vorbildes des Glaubens. Hier kam Diodor mit Apollinaris von Laodicea 1 in Konflikt, der mit Grund argwöhnte, Diodor wolle in der Inkarnation nicht mehr als einen Fall höchster Inspiration und Begnadung eines Menschen sehen. In den Augen des Apollinaris bedeutete dies, die Jungfrauengeburt überflüssig zu machen und in einem verfehlten Versuch, 1 Siehe oben S. 168 f.

Diodor, Theodor und Apollinaris

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heidnische Vorurteile zu beseitigen, das Ubernatürliche zu bagatellisieren. Für Apollinaris war die Jungfrauengeburt von höchster dogmatischer Bedeutung, und in dem Beinamen „Gottesmutter" (Theotokos), den die Volksfrömmigkeit schon seit dem dritten Jahrhundert auf Maria anwandte, war für ihn eine tiefe Wahrheit enthalten. Nach Ansicht Diodors war dieser Beiname theologisch nur dann erträglich, wenn man hinzufügte, daß Maria auch die „Mutter des Menschen" sei. Die Verurteilung der These des Apollinaris, daß in Christus das göttliche Wort die menschliche Vernunft ersetzt habe, schien die rivalisierende Theologie Diodors zu bestätigen. Diodor selbst gelang es jedoch nicht, seine Lehre zusammenhängend zu formulieren, und es blieb einem anderen antiochenischen Theologen vorbehalten, die noch unentwickelten Gedanken Diodors zu glanzvoller Reife zu bringen. Theodor (350-428) war ein Freund des Johannes Chrysostomus und ein Schüler des Libanius. Er wurde 392. Bischof von Mopsuestia (dem heutigen Misis, östlich von Adana) in der kilikischen Ebene. Theodor erregte große Aufmerksamkeit durch seine Schriften über die Inkarnation und durch seine Bibelkommentare. Er entwickelte Diodors Ablehnung der Allegorese weiter und brachte die Traditionalisten dadurch aus der Fassung, daß er von vielen sogenannten messianischen Weissagungen und Psalmen bestritt, daß- sie Prophezeiungen auf Christus seien, und daß er das Hohelied als weltliches Liebesgedicht erklärte, das keine Beziehung zu der übernatürliche Vereinigung zwischen Christus und der Kirche habe. Theodors zentrale These war, daß die Erlösung der Menschheit von der Vollkommenheit und dem Gehorsam Christi als Menschen abhängig sei. Die Identität Jesu mit Gott bestand in der „liebenden Ubereinstimmung" zwischen seinem Willen und dem des Vaters. Theodor lag es daran, die Wirklichkeit der Menschheit Christi zu sichern, die, wie er richtig sah, durch den Apollinarismus beeinträchtigt wurde. In der Fachsprache seiner Theologie betonte er wiederholt, daß die Vereinigung von Gott und Mensch zu einer

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Das Problem der Person Christi

einzigen Person (prosopon) in Christus in keiner Weise die dauernde Zweiheit der beiden sich vereinigenden „Naturen" zerstöre oder einschränke. Enthusiastische Frömmigkeit mag sagen: „Gott hat gelitten und ist gestorben"; aber der Theologe weiß, daß Gott leidensunfähig und unsterblich ist, und daß deshalb diese Übertragung menschlicher Schwachheit auf Gott ebenso wie die Zuschreibung der Wunderkraft an die Menschheit Christi nicht im strengen Sinn zutrifft. Apollinaris hatte solche Gedankengänge abgelehnt, weil sie nach seiner Meinung „zwei Söhne" Gottes voraussetzten, einen, der Sohn von Natur, und einen, der Sohn durch Gnade war, und hatte energisch gefordert, die Vereinigung von Gott und Mensch in Christus durch die Formel „eine Natur und eine Hypostase" zu definieren. Zum Teil war die Meinungsverschiedenheit eine Folge der mißverständlichen Terminologie. Apollinaris verstand unter „einer Natur" eine einzelne, individuelle Person; aber Theodor verstand seine Ausdrucksweise naturgemäß in dem Sinn, daß ein Verschlungenwerden der menschlichen Natur in das göttliche Wesen gemeint sei, so daß die in den Evangelien geschilderten menschlichen Versuchungen und Konflikte zu bloßer Schauspielerei wurden. Nach Lukas „nahm" Christus „zu an Weisheit"; nach Markus wußte er nicht die Stunde des eschatologischen Triumphes Gottes und schrie: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?". Theodor konnte in einer Theologie, die das ewige Wort Gottes zum Subjekt dieser Erfahrungen machte, keinen Sinn finden, vorausgesetzt, daß sie nicht geradewegs zum Arianismus führen sollte.

Kyrill und Nestorius Die Inkarnationstheologie Theodors stellte eine tiefgreifende theoretische Herausforderung nicht nur an den Apollinarismus, sondern auch an die gesamte alexandrinische Tradition dar. Von 4 1 2 bis 444 hatte den Stuhl von Alexandrien Kyrill, der Neffe seines Vorgängers Theophilus, inne, ein scharfsinniger Theologe und ent-

Kyrill und Nestorius

2.27

schlossener kirchenpolitischer Fanatiker. Kyrill stand Theodor in tiefer Feindschaft gegenüber und griff in einem meisterhaften Kommentar zum Johannesevangelium ohne Namen zu nennen jene an, die Christus als das erhabenste Beispiel prophetischer Inspiration und Begnadung betrachteten und so von zwei unterschiedenen Naturen „nach der Vereinigung" sprachen. Trotzdem blieb es ein literarischer Streit. Theodor war ein Mann von irenischer Gesinnung. Er widmete Kyrill sogar einen Hiobkommentar. Unglücklicherweise wurde der Streit in die Kirchenpolitik hineingezogen. Kyrill war ein hervorragender, gedankenreicher Theologe, aber wenn Fragen der Kirchenpolitik auf dem Spiel standen, fiel es ihm schwer, saubere Hände zu behalten. Während des Vernichtungsfeldzuges seines Onkels gegen Ketzerei und Heidentum in Ägypten aufgewachsen, war Kyrill zutiefst intolerant und hatte seine Amtszeit mit einer Reihe von gewalttätigen Zwischenfällen begonnen. Seine Unduldsamkeit gegen das Heidentum und abweichende theologische Meinungen führte in Alexandrien zu peinlichen Tumulten zwischen Christen und Juden und im Jahre 415 zu der fanatischen Ermordung der neuplatonischen Philosophin Hypatia, einer hochstehenden, klugen Frau, die die Lehrerin des Synesios von Kyrene gewesen war 2 . Im April 428 wünschte der Hof als Erzbischof von Konstantinopel einen vorzüglichen Prediger und holte sich aus Antiochien einen Mönch namens Nestorius. Nestorius teilte völlig Kyrills Ansichten über die wünschenswerte Unterdrückung von Heidentum und Häresie, er hatte aber von Theodor von Mopsuestia von den großen Gefahren des Apollinarismus gehört, die in dem volkstümlichen Ausdruck „Gottesmutter" enthalten waren. Anfänglich arbeitete Kyrill von Alexandrien mit Nestorius soweit zusammen, daß er, wenn auch widerstrebend, den Namen des Johannes Chrysostomus in die alexandrinischen Diptychen aufnahm 3 . Aber Kyrill nahm bald Anstoß, als ihn Nachrichten über die Kritik, die Nestorius an dem 2 Siehe oben S. 198. 3 Siehe oben S. 223.

2.2.8

Das Problem der Person Christi

Begriff „Gottesmutter" übte, erreichten. Gegen Ende des Jahres 428 kamen vier alexandrinische Bürger zu Kaiser Theodosius II. und führten Klage über die gewalttätige Behandlung, die sie von Kyrill erfahren hatten. Theodosius überwies die Klage an Nestorius zur Untersuchung. Ebenso wie sein Onkel Theophilus wollte Kyrill nicht haben, daß der Bischof des emporgekommenen Stuhles von Konstantinopel über das Verhalten des Bischofs von Alexandrien zu Gericht sitze; und wenn Nestorius, wie Kyrill argwöhnte, nicht orthodox dachte, so konnte sein Recht, über irgendeine Frage ein Urteil zu fällen, angefochten werden. Ende 428 griff Kyrill in dem jährlichen Brief an seine Suffragane, in dem er das Osterdatum f ü r 429 ankündigte, offen die Lehren des Nestorius an. In der Zwischenzeit schürten die Agenten Kyrills in Konstantinopel dort die Opposition, indem sie das Gerücht verbreiteten, daß Nestorius eine Abneigung gegen den Titel „Gottesmutter" habe, weil er nicht an die Gottheit Jesu glaube. Im Frühjahr 429 schlug ein alexandrinischer Rechtsanwalt namens Eusebius (später Bischof von Dorylaeum in Phrygien) in Konstantinopel ein Plakat an, auf dem Exzerpte aus den Predigten des Nestorius und Äußerungen des Ketzers Paul von Samosata aus dem dritten Jahrhundert nebeneinandergestellt waren. Dies bedeutete die direkte Anklage gegen Nestorius, er leugne die Gottheit Christi. Langsam aber sicher schuf Kyrill eine Atmosphäre der Opposition und des Mißtrauens. Aber Nestorius wurde von Theodosius und der Kaiserin Eudokia geschätzt, so daß Kyrill behutsam vorgehen mußte. Im Februar 430 richtete Kyrill an Nestorius einen langen Brief (seinen „zweiten Brief"), der die alexandrinische Lehre über die Person Christi darlegte. Er gab zu, daß der Unterschied der göttlichen und menschlichen Natur in Christus durch ihre Vereinigung nicht aufgehoben sei; sie bilden jedoch in der Vereinigung eine einzige Wesenheit (Hypostase), so daß man die übernatürlichen Wundertaten der Gottheit der Menschheit und die natürlichen Schwächen der Menschheit der Gottheit zuschreiben kann. Wegen dieser Vereinigung zu einer einzigen Hypostase können wir in

Kyrill und Nestorius

2.2.9

streng theologischem Sinn, nicht nur in frommem Überschwang, sagen, daß Gott in Bethlehem geboren wurde oder daß das leidensunfähige und ewige Wort litt und starb. Die Antwort des Nestorius auf all dies, die er fünf Monate später übersandte, war eine Wiederholung der antiochenischen „Zwei-Naturen"-Christologie. Im Lauf des Jahres steigerte sich die Spannung. Das Hauptproblem Kyrills war nun, wie er Nestorius die Unterstützung des Hofes entziehen konnte. Ohne den Namen des Nestorius zu nennen, griff er dessen Lehren in Traktaten an, die er nicht nur an den Kaiser, sondern auch an mächtige Damen am Hofe richtete. Das Leben des Theodosius wurde weitgehend von Frauen beherrscht. In seiner Jugend war er unter der Kontrolle seiner älteren Schwester Pulcheria (399-453) gestanden. Gelehrt, fromm, ehrgeizig und unversöhnlich, wählte sie für ihn 421 seine schöne und gebildete Frau Athenais aus, die anläßlich ihrer Hochzeit zum Christentum übertrat und den Namen Eudokia annahm 4 . Aber nun stellte sich heraus, daß Eudokia ihren eigenen Kopf hatte und es vorzog, Theodosius ohne die Mitwirkung Pulcherias zu regieren. Die Kirchenpolitik des Kaisers hatte die Neigung, sich wie ein Wetterhahn zu drehen, je nachdem, ob er gerade unter dem Einfluß seiner Gemahlin oder seiner Schwester stand. Nestorius wurde von Eudokia geschätzt, jedoch von Pulcheria, die er einmal beleidigt hatte, gehaßt. Ein Grund, warum die antinestorianische Kampagne dem Kaiser unwillkommen war, war einfach der, daß die sich daraus ergebenden Streitereien zwischen seiner Gemahlin und seiner Schwester ihm das Leben vergällten. 5 Viel schnelleren Erfolg hatte Kyrill mit seinen Bemühungen, die 4 Eudokia schrieb (erhaltene) Gedichte über Erzählungen aus den Evangelien in der Form homerischer Centos. 5 439 gelang es Eudokia, die Entfernung Pulcherias vom Hof zu erzwingen, doch mußte sie selbst sich wegen einer Affäre mit dem Magister officiorum nach Jerusalem zurückziehen (442), w o sie bis zu ihrem Tod (460) blieb, um für ihre Sünde Sühne zu leisten. Theodosius jedoch wollte lieber von dem Eunuchen Chrysaphius beherrscht werden als von Pulcheria, die bis 450 keine entscheidende Rolle zu spielen vermochte. Pulcherias größte Stunde war das Konzil von Chalcedon.

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Unterstützung Roms zu gewinnen. Nestorius machte ihm dies dadurch leicht, daß er zur höchsten Empörung Papst Coelestins in Konstantinopel einige von Rom verurteilte pelagianische Ketzer aufnahm. Kyrills Bevollmächtigter in Rom stellte Nestorius eifrig als einen Rationalisten dar, der die Gottheit Christi und die Notwendigkeit der Gnade für den Menschen leugne. Rom beauftragte Johannes Cassian, eine Widerlegung dieser neuen Version des Pelagianismus zu schreiben, und übersandte im August 430 Kyrill einen formellen Brief, der an Nestorius weitergeleitet werden sollte, und der innerhalb von zehn Tagen einen Widerruf forderte. Der langsame Fortgang von Kyrills Kampagne läßt sich daran ermessen, daß selbst dieser Brief Nestorius erst am 30; November zugestellt wurde, und zwar begleitete Kyrill ihn mit einem scharfen dogmatischen Schreiben (seinem „dritten Brief"), das kurz und bündig die Zustimmung des Nestorius zu zwölf Anathematismen verlangte. Kyrills „Zwölf Anathematismen" verdammten die antiochenische Zwei-Naturen-Christologie, vor allem die Verteilung der Worte und Taten Christi auf seine göttliche und seine menschliche Natur (d. h. die Lehre, daß die menschliche und nicht die göttliche Natur weinte und starb, daß aber die göttliche und nicht die menschliche Natur den Sturm stillte). Sie verlangten von Nestorius, daß er zugebe, daß „das Wort Gottes im Fleisch gelitten habe". Diese furchterregenden Dokumente wurden Nestorius übergeben, nachdem elf Tage zuvor Theodosius ein Konzil einberufen hatte, das zu Pfingsten (7. Juni) 4 3 1 in Ephesus abgehalten werden sollte. Kyrills „Zwölf Anathematismen" schienen Nestorius den vollständigen Beweis apollinaristischer Tendenzen zu liefern®, und er erwartete zuversichtlich das bevorstehende Konzil. Er unterschätzte sowohl die Fähigkeit Kyrills, sich durchzusetzen, als auch das Ausmaß der Verstimmung, die seine eigenen herabsetzenden Bemerkungen über den Titel „Gottesmutter" hervorgerufen hatten. Überdies konnten Patriarchen von Konstantinopel damit rechnen, 6 Kyrill wies beständig den Vorwurf des Apollinarismus zurück. Er war jedoch von Texten beeinflußt, die er als Werke des Athanasius ansah, die aber in Wirklichkeit apollinaristische Fälschungen waren.

Kyrill und Nestorius

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unter den Metropoliten Kleinasiens, die eifersüchtig über ihre Freiheiten und Befugnisse wachten, Feinde zu haben. Bischof Memnon von Ephesus wurde ein so eifriger Anhänger Kyrills, daß Nestorius in Ephesus gegen die Mißfallenskundgebungen von Memnons Mönchen militärischen Schutz erhalten mußte. Abgesehen vom Hof konnte sich Nestorius auf die Unterstützung von Bischof Johannes von Antiochien und dessen Suffraganen verlassen, aber schlechtes Wetter verzögerte die Ankunft der syrischen Bischöfe. Außerdem hatte Johannes seine eigenen Probleme. Juvenal von Jerusalem war im Hinblick auf die Würde seines Bischofssitzes als Muttergemeinde der Christenheit bestrebt, die Hoheit eines „Patriarchen" über mehrere Provinzen zu erlangen. Da dieses Streben nur auf Kosten der traditionellen Rechte Antiochiens (die im sechsten Kanon von Nicaea gesichert waren) verwirklicht werden konnte, war es gewiß, daß Juvenal Gegner des Johannes von Antiochien und Anhänger Kyrills sein würde, wenn auch aus Gründen, die Kyrill in einige Verlegenheit brachten. Doch Kyrills stärkster Verbündeter war der leidenschaftliche Instinkt der volkstümlichen Frömmigkeit. Die Theologie des Nestorius wurde völlig entstellt wiedergegeben, wenn man ihm vorwarf, er lehre, Christus sei nur ein inspirierter Mensch gewesen. Aber die Gläubigen empfanden stark, daß es für fromme Ohren kränkend sei, wenn man die volle Berechtigung eines Redens vom Tod des ewigen Wortes oder von Maria als der Gottesmutter in Frage stellte. War nicht die Eucharistie eine Wiederholung des Wunders von Bethlehem, in der die lebenspendenden Elemente des Leibes und Blutes Christi den Gläubigen zum Empfang dargeboten wurden? Die Unterscheidungen des Nestorius zwischen der Menschheit Christi und dem ewigen Wort schienen die göttliche Zusage der Unsterblichkeit, die man im Sakrament empfing, zu beeinträchtigen. Auf der anderen Seite gestattete einem die Ausdrucksweise Kyrills, ohne Furcht zu sagen, daß in Bethlehem der „Alte der Tage" ein oder zwei Stunden alt gewesen sei. Nichts erregte so großen Anstoß wie die Äußerung des Nestorius, „Gott sei nicht ein zwei oder drei Monate altes Kind".

Das Problem der Person Christi

In Ephesus wurde am 22. Juni 4 3 1 in der Marienkirche die Szene damit eröffnet, daß Kyrill und seine Suffragane Nestorius exkommunizierten. Vier Tage danach kamen die Syrer unter der Führung des Johannes von Antiochien an, versammelten sich unverzüglich zu einer eigenen Synode und setzten sowohl Kyrill als auch Memnon von Ephesus ab. Zuletzt trafen die römischen Legaten ein und schlössen sich entsprechend den Weisungen Papst Coelestins Kyrill an. Durch diese westliche Anerkennung seines sehr zweifelhaften Verfahrens gestärkt, versammelte Kyrill eine Synode seiner Partei, die den Pelagianismus verdammte (um Rom gefällig zu sein), Zypern die kirchliche Selbständigkeit und Juvenal von Jerusalem sein Patriarchat gewährte (um Antiochien zu ärgern) und schließlich eine Resolution verabschiedete, die jeden „Zusatz" zum Nicaenischen Bekenntnis untersagte. Zwei rivalisierende Synoden hatten sich gegenseitig verflucht. Damit waren die Ereignisse an einen toten Punkt gelangt, und die Entscheidung fiel, sehr wider seinen Willen, dem Kaiser zu. Beide Seiten sandten Delegationen an den Hof nach Chalcedon, und der Kaiser bestätigte die gegenseitigen Absetzungen von Nestorius, Kyrill und Memnon, als wären sie Akte eines einzigen Konzils gewesen. Alle drei wurden in Gewahrsam gehalten. Unterdessen wandte Kyrill ungeheure Summen als Bestechungsgelder für einflußreiche Persönlichkeiten im Palast auf, und Nestorius begann plötzlich Boden zu verlieren. Nestorius untergrub vollends seine eigene Position, als er den müden Wunsch äußerte, in sein Kloster nach Antiochien zurückzukehren. Er hatte genug. Sein Angebot wurde angenommen, und eine Null, die für Kyrill tragbar war, wurde zu seinem Nachfolger bestimmt. Kyrill selbst entwischte aus dem Gefängnis und belohnte seinen käuflichen Wärter durch die Aufnahme in den alexandrinischen Klerus. Am unerbaulichsten von allen Ereignissen war der völlige Bruch zwischen Johannes von Antiochien und Kyrill, der 433 nur durch umfangreiche Zugeständnisse von beiden Seiten geheilt werden konnte. Johannes von Antiochien und die Syrer mußten nicht nur den Rücktritt, sondern auch die Verurteilung des Nestorius aner-

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kennen7. Es war jedoch Kyrill, der in der dogmatischen Frage kapitulieren mußte. Er mußte jeden weiteren Versuch aufgeben, die Zwölf Anathematismen seines dritten Briefes an Nestorius durchzusetzen, und entging nur mit knapper Not der Forderung, sie ganz zurücknehmen zu müssen. Er setzte seine Unterschrift unter eine Friedensformel, die ursprünglich 431 von Bischof Theodoret von Kyrrhos, dem führenden syrischen Theologen, entworfen worden war. Diese Einigungsformel bestätigte in allen wesentlichen Punkten die antiochenische Theologie. Sie erklärte, Christus sei „vollkommener Gott und vollkommener Mensch, bestehend aus einer vernünftigen Seele und einem Leib, wesenseins mit dem Vater nach der Gottheit, wesenseins mit uns nach der Menschheit, so daß eine Vereinigung von zwei Naturen besteht; deshalb bekennen wir, daß Christus einer ist und daß Maria die Mutter Gottes ist". Ein Schlußsatz wies den Anathematismus Kyrills zurück, der die Unterscheidung von Worten und Taten Christi, die seiner menschlichen Natur> und solchen, die seiner göttlichen Natur angehörten, verurteilte. Kyrills Zustimmung zu dieser Formel rief unter seinen extremer gesinnten Anhängern Bestürzung hervor. Um sie zu beruhigen, erläuterte Kyrill seine Zustimmung zu dem Satz von der „Vereinigung von zwei Naturen" mit der Erklärung, daß zwar analytisches Denken die abstrakte Unterscheidung von zwei in Christus vereinigten Naturen vornehmen könne, doch sei die Trennung in dem menschgewordenen Herrn aufgehoben, so daß nur „eine Natur nach der Vereinigung" besteht, analog der Vereinigung von Leib und Seele zu einer einzigen menschlichen Person. Die Versöhnung von 433 war ein Kompromiß, den die Kirchenpolitiker unter dem Druck der Regierung geschlossen hatten, und die Theologen auf beiden Seiten waren gezwungen, ihre Prinzipien hinunterzuschlucken, was sie nur ungern taten. In Edessa erwies 7 435 wurde Nestorius in die ägyptische Wüste verbannt, w o er viel zu leiden hatte und kurz vor seinem Tod (450) seine tragischen Memoiren, das „Buch des Heraklides" schrieb, von dem sich eine interpolierte Fassung in einer syrischen Handschrift erhalten hat (Die Handschrift ist während des ersten Weltkriegs im Kurdistan zugrunde gegangen).

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Das Problem der Person Christi

sich im Jahre 435 der neugewählte Bischof Ibas als eifriger Jünger Theodors von Mopsuestia, und der dogmatische Streit begann sich jetzt auf die Schriften Theodors zu konzentrieren. Die im römischen Armenien entstandene Unruhe mußte durch den mäßigenden Einfluß des Proklus, des zweiten Nachfolgers des Nestorius in Konstantinopel, beschwichtigt werden, der in einem gewichtigen „Tomus" die Versöhnungsformel von 433 erläuterte. Proklus lehrte, daß es „eine Hypostase des fleischgewordenen Wortes" gebe, und daß „einer aus der Trinität Fleisch geworden sei". Eine Verurteilung Theodors von Mopsuestia im Jahre 438 wurde nur von Johannes von Antiochien abgewendet, der mit Erfolg geltend machte, daß es falsch sei, einen Mann von zu Lebzeiten unbestrittener Orthodoxie posthum zu verurteilen. Der Zwischenfall zeigte, daß der Waffenstillstand von 433 nur mit Anstrengung eingehalten wurde. Er brach in dem Augenblick zusammen, als neue Männer an die Stelle der alten ¿raten.

Das „monophysitische" Konzil von Ephesus und die Reaktion von Chalcedon Im Jahre 446 waren Kyrill von Alexandrien, Johannes von Antiochien und Proklus von Konstantinopel nicht mehr am Leben. In Antiochien wurde Nachfolger des Johannes sein schwacher Neffe Domnus (442), ein Mann, der zu vernünftigen Entscheidungen nur fähig war, wenn ihm Theodoret von Kyrrhos als Berater zur Seite stand. In Alexandrien folgte auf Kyrill Dioskur (444), der Führer der Extremisten, die Kyrills Kompromiß von 433 bedauerten. In Konstantinopel fiel die Nachfolge des ehrgeizigen Proklus an Flavian (446), einen Mann ohne Selbstvertrauen und Beredsamkeit. Die Politik von Theodosius II. lag zu dieser Zeit in den Händen des Hofeunuchen Chrysaphius, dem es gelungen war, Pulcheria zu verdrängen 8 . Schon bei seinem Amtsantritt hatte Flavian Chry8 Siehe oben S. 219.

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saphius beleidigt. Der Eunuch hatte ihm offen zu verstehen gegeben, daß ihm als Zeichen der Dankbarkeit für die Wahl ein Geschenk willkommen sein würde. Flavian sandte ihm darauf geweihtes Brot, das Chrysaphius mit der Mitteilung zurückschickte, Gold wäre ihm lieber. Bei einem Mann vom Schlage des Chrysaphius war es entweder notwendig, mit ihm zusammenzuarbeiten, oder ihn sich zu unterwerfen, und Flavian war für das eine zu ehrenhaft und für das andere zu schwach. Der Taufpate des Chrysaphius war ein angesehener Konstantinopeler Archimandrit namens Eutyches, ein verschlagener alter Mann, der das Bedauern und den Groll Dioskurs von Alexandrien wegen der von Kyrill im Frieden von 433 gemachten Zugeständnisse voll teilte. Chrysaphius, Eutyches und Dioskur entwarfen einen komplizierten Plan, dessen Ziel es war, den Frieden von 433 zu beseitigen, Kyrills „Zwölf Anathematismen" als Norm der Orthodoxie durchzusetzen und damit die „Inspirationschristologie" der Antiochener zu vernichten. Dieser Plan sollte Dioskur die Gelegenheit geben zu zeigen, daß Alexandrien und nicht Konstantinopel der zweite Bischofssitz der Christenheit sei. Theodoret, der Führer der Antiochener, erkannte sofort die Gefahr und veröffentlichte ein ausführliches polemisches Werk (betitelt Eranistes) gegen die ultrakyrillische Theologie, die jetzt in Erscheinung trat. Im Frühjahr 448 wurde ihm durch kaiserliche Order das Verlassen seiner Diözese verboten. Im November 448 griff Eutyches, offensichtlich ganz bewußt, die Orthodoxie derer an, die sagten, in Christus gebe es „zwei Naturen nach der Vereinigung", worauf er von Flavian als Apollinarist verurteilt wurde. Eutyches erhob Beschwerde, daß die Protokolle seines Prozesses nicht korrekt seien, und erhielt bei einer Untersuchung im April 449 recht. Sofort beschuldigte Dioskur von Alexandrien Flavian, er verlange einen anderen Beweis der Orthodoxie als das Nicaenum, von dem das Konzil von Ephesus 4 3 1 er9 Eranistes bezeichnet einen Menschen, der aus abgelegten Lumpen ein Kleidungsstück verfertigt. Theodoret behauptete, die monophysitische Lehre sei ein Flickwerk aus überwundenen Häresien.

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klärt hatte, daß zu ihm nichts hinzugefügt werden dürfe. D e r Kaiser beschloß die Einberufung eines Konzils, das sich im August 449 in Ephesus versammeln sollte. Papst Leo wurde zur Teilnahme am Konzil eingeladen. E r lehnte mit der Begründung ab, daß es f ü r eine solche Teilnahme keinen Präzedenzfall gebe, sandte aber drei Legaten mit einer dogmatischen Erklärung, einem „ T o m u s " , 1 0 der an Flavian gerichtet und zur Annahme durch das Konzil gedacht war. Zuerst w a r L e o gegen Flavian voreingenommen gewesen; während dieser ganzen Epoche neigten die Bischöfe von R o m dazu, von der Annahme auszugehen, die Bischöfe von Konstantinopel seien ehrgeizige Leute, denen die Flügel gestutzt werden müßten. Doch als ihm Flavian eine Abschrift der Akten des Prozesses desEutyches im November 448 übersandte, w a r Leo über das, was er las, entsetzt. Deshalb griff der T o m u s direkt die Formel des Eutyches „eine Natur nach der Vereinigung" (die Eutyches von Kyrill von Alexandrien übernommen hatte) an und verurteilte auch das Widerstreben, das Eutyches gezeigt hatte, als er aufgefordert wurde zuzugeben, daß der lebenspendende Leib Christi wesenseins mit dem unsrigen sei. Leo erklärte mit den schärfsten Ausdrücken die dauernde Unterschiedenheit der beiden Naturen in dem fleischgewordenen Herrn. Nestorius, der in seinem einsamen Exil den T o m u s las, stellte fest, daß sich die Wahrheit zuletzt behauptet hatte und daß er in Frieden sterben konnte. Aber das Konzil von Ephesus im J a h r 449 w u r d e von Dioskur von Alexandrien beherrscht und nicht von den Legaten oder Verbündeten Roms. Die römischen Legaten konnten nur mit wirkungslosen lateinischen Ausrufen protestieren, als sich die Verhandlungen majestätisch auf ihren von vornherein feststehenden Höhepunkt, die Verurteilung Flavians und die Rehabilitierung des Eutyches, zubewegten. M i t Hilfe eines der römischen Legaten, des Diakons Hilarus, schrieb Flavian einen Beschwerdebrief an Leo und wurde

10 Der Tomus war von Leos Sekretär Prosper (unten S. 274) entworfen worden. Teile davon waren aus einer Predigt Augustins und aus einem Brief von Bischof Gaudentius von Brescia (um 400) übernommen.

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darauf ins Gefängnis und in die Verbannung geschafft, in der er schließlich starb. Das Konzil ging dann dazu über, die führenden „Nestorianer" - Theodoret von Kyrrhos, Ibas von Edessa und zuletzt sogar Domnus von Antiochien abzusetzen. Der Tomus Leos wurde vor der Synode nie verlesen. Im November 449 schien der Triumph Dioskurs vollkommen zu sein: er konnte mit seinem Einfluß erreichen, daß sein eigener Presbyter Anatolius in Konstantinopel zum Nachfolger Flavians ernannt wurde. In der Stunde dieses Triumphes schätzte Dioskur die Realitäten der Lage völlig verkehrt ein. Drei Faktoren waren für die ultrakyrillische, monophysitische Sache verhängnisvoll. Erstens gab es im Westen den streitbaren Papst Leo, der gegen die „Räuberhöhle" (latrocinium), wie er die Verhandlungen in Ephesus nannte, wütend protestierte. Zweitens war der Einfluß des Chrysaphius auf den Kaiser bedenklich geworden, und der Eunuch fiel 450 dem Zorn der Pulcheria, die er verachtet hatte, zum Opfer. Ein Bündnis zwischen Pulcheria und Leo genügte, um es gewiß zu machen, daß die 449 in Ephesus gefaßten Beschlüsse nicht aufrecht bleiben würden. Aber der letzte und endgültige Schlag gegen Dioskur wurde von seiner eigenen Kreatur Anatolius, dem Nachfolger Flavians, geführt, der beschloß, wieder die vollen Ansprüche Konstantinopels auf die Stellung als zweiter Bischofssitz der Christenheit geltend zu machen, und der erkannte, daß die Situation eine einmalige Gelegenheit bot, Rom dazu zu bringen, diese Ansprüche anzuerkennen. Als Theodosius II. im Juli 450 nach einem Sturz vom Pferd starb, war die revisionistische Bewegung schon im Gang. Pulcheria übernahm sofort das Ruder, ließ Chrysaphius hinrichten und Eutyches in die Verbannung schicken und nahm den altgedienten Soldaten Marcian, den bevorzugten Protege des mächtigen Generals Aspar (eines arianischen Barbaren), zum Gemahl. Für Oktober 451 wurde ein großes Konzil einberufen, das sich zu Chalcedon in der der Märtyrerin Euphemia geweihten Kirche versammelte. Das große Konzil von Chalcedon, das vierte ökumenische, stand unter der festen Kontrolle von Pulcheria und Anatolius von Konstantinopel. Es stellte systematisch fast alle Entscheidungen von

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Ephesus (449) auf den Kopf. Dioskur wurde abgesetzt (allerdings nicht aus dogmatischen Gründen) und ging in die Verbannung, wo er 454 starb. Juvenal von Jerusalem ging dramatisch zur Gegenpartei über und durfte sein Patriarchat behalten. Von den „nestorianisierenden" Bischöfen wurden Theodoret und Ibas wieder eingesetzt, während Nestorius selbst als Ketzer verurteilt wurde 11 . Aber die Zentralfrage bildete das dogmatische Problem. Der Tomus Leos wurde mit höflicher Zustimmung aufgenommen und für übereinstimmend mit der anerkannten orthodoxen Lehre erklärt. Die Bischöfe zeigten sich jedoch der Annahme jeder neuen griechischen Glaubensformel höchst abgeneigt, und als es deutlich wurde, daß die römischen Legaten dies verlangten, versuchten sie eine Formel zu erreichen, die (wie die Formel von 433) sowohl für „eine Natur" als auch für „zwei Naturen" Raum ließ. Diese Bitte wurde abgelehnt. Die endgültige Gestalt der Definition von Chalcedon verdankte viel der Formel von 433. Sie erklärte, Christus sei a) vollkommener Gott und vollkommener Mensch, wesenseins mit dem Vater nach seiner Gottheit und mit uns nach seiner Menschheit; b) kundgetan in zwei Naturen ohne Vermischung, Wandlung, Scheidung oder Trennung. Der Sinn der Präposition „in" wurde durch weitere Sätze erklärt; c) der Unterschied zwischen den Naturen ist durch die Vereinigung in keinem Sinn aufgehoben; d) die Eigenart jeder Natur bleibt unversehrt erhalten, und beide bilden zusammen eine Person (prosopon) und eine Hypostase. Diese Formel war ein Mosaik aus verschiedenen Quellen. Satz ä) stammte aus dem Unionsbekenntnis von 433; c) war ein Zitat aus Kyrills zweitem Brief an Nestorius, d) war dem Tomus Leos entnommen. Die Wendung „in zwei Naturen" stammte ebenfalls 1 1 Das Zentrum des Nestorianismus wurde bald die syrische Schule von Nisibis, von w o er sich nach Persien und weiter quer durch Zentralasien nach China und südwärts nach Indien verbreitete. In den Bergen des Kurdistan erhielt sich die nestorianische Gemeinschaft ununterbrochen bis in die Zeit des ersten Weltkrieges, in dem sie furchtbare Leiden zu erdulden hatte; seither sind viele der Überlebenden nach San Francisco ausgewandert.

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von Leo (der sie von Augustin übernommen hatte), und sie war es, die einen großen Teil der späteren Auseinandersetzungen verursachte. Die römischen Legaten und ihre nestorianisierenden Freunde konnten weder die Formel Kyrills von Alexandrien „eine Natur nach der Vereinigung" dulden, noch etwa gar die Formel „aus zwei Naturen", die offenkundig eine monophysitische Interpretation zuließ. Das Konzil stellte dem Bekenntnis eine langatmige Präambel voran, die sowohl Nestorius als auch Eutyches verurteilte und „die Briefe Kyrills an Nestorius und die Antiochener" anerkannte. Welche Briefe Kyrills, wurde offen gelassen. Es dauerte nicht lange, so sollte der Schluß gezogen werden, die Synode von Chalcedon habe nicht nur den gemäßigten zweiten Brief an Nestorius anerkannt, sondern auch den extremen dritten, der die Zwölf Anathematismen enthielt. Diese (vielleicht beabsichtigte) Zweideutigkeit machte es leicht, zu behaupten, daß das Bekenntnis von Chalcedon trotz seiner „Zwei-Naturen"-Formel keine letzte Zweiheit in Christus aussage. Bevor man auseinanderging, verabschiedete das Konzil siebenundzwanzig Kanones, die Konstantinopel zur Berufungsinstanz gegen die Entscheidungen von Provinzynoden erklärten, und faßte in einer Sitzung, während der die römischen Legaten abwesend waren, einen Beschluß, der die Privilegien Konstantinopels auf Grund seiner Stellung als Kaiserstadt und wegen seiner Würde, die der des alten Rom entspreche, neu bestätigte. Die römischen Legaten, die von Leo darauf vorbereitet worden waren, daß dies zu erwarten sei, legten Protest ein, da der Beschluß dem sechsten Kanon von Nicaea widerspreche. Der sechste nicaenische Kanon sagte nichts von Konstantinopel, da diese Stadt 325 noch nicht bestand; er bestätigte die traditionelle Gerichtsbarkeit der Bischöfe von Alexandrien über Libyen als den überprovinziellen Befugnissen, die auch Rom und Antiochien ausübten, entsprechend (definierte aber Wesen und Reichweite dieser Befugnisse nicht). Es hatte sich aber allgemein eine Deutung des Kanons eingebürgert, die in ihm die hierarchische Aufeinanderfolge der großen Stühle von Rom, Alexandrien und Antiochien festgelegt fand. Von dieser Voraus-

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Setzung aus hielt man den Wortlaut des Kanons für verbesserungsfähig. Die päpstliche Kanzlei fügte am Anfang hinzu: „Die römische Gemeinde hatte immer den Primat"; und in dieser ergänzten Form zitierten ihn die römischen Legaten bei ihrem Protest in Chalcedon. Der Beschluß über die Stellung Konstantinopels war für Rom so unannehmbar, daß Leo das enorme Risiko einging, seine „Bestätigung" der dogmatischen Definition bis 453 hinauszuzögern. Er sah nicht, daß das Konzil von Chalcedon alle Autorität, die es sich schaffen konnte, brauchte, wenn seine Entscheidungen sich behaupten sollten, und daß seine Aktionen die Kluft zwischen Ost und West verbreiterten. In Ägypten und Palästina rief die „Zwei-Naturen"-Formel wilde Gewalttätigkeit und Feindschaft hervor. In Alexandrien mußte Dioskurs Nachfolger Proterius feststellen, daß er durch die Anerkennung der Formel von Chalcedon seine Herde verloren hatte und seine Stellung nur mit militärischer Unterstützung halten konnte. Die Nachricht vom Tode Kaiser Marcians im Jahre 457 war das Signal für einen gewaltsamen Aufstand in Alexandrien: Proterius wurde von dem rasenden Pöbel in Stücke gerissen, Und der Bischofsstuhl wurde von dem Ultramonophysiten Timotheus Aelurus eingenommen.

Die Suche nach dem Ausgleich Das ganze folgende Jahrhundert hindurch kämpften, debattierten und intrigierten Chalcedonenser und Monophysiten gegeneinander. Die Monophysiten waren 451 verdrängt worden, aber sie hatten die Hoffnung nicht verloren, mit der Unterstützung eines brauchbaren Kaisers wieder die Oberhand zu gewinnen. Beinahe wurden ihre Hoffnungen verwirklicht. Im Jahre 482 entwarf unter Kaiser Zeno dem Isaurier ein kluger Patriarch von Konstantinopel namens Akacius eine irenische Unionsformel, genannt das Henotikon, die die monophysitischen Ägypter und Syrer zurückgewinnen sollte. Das Henotikon verurteilte

Die Suche nach dem Ausgleich

2.41

sowohl Nestorius als auch Eutyches, billigte ausdrücklich Kyrills „Zwölf Anathematismen", erklärte, daß „einer aus der Trinität Mensch geworden sei", vermied jeder Erwähnung von einer oder zwei Naturen und schloß mit der Verurteilung jeder Häresie, die „in Chalcedon oder auf irgendeiner anderen Synode" vertreten worden sei. Diese Formel wurde auf Grund kaiserlicher Machtvollkommenheit, ohne ein Konzil von Bischöfen, verkündet. Sie wurde von den monophysitischen Patriarchen von Alexandrien und Antiochien unterzeichnet, und die Kirchen des griechischen Ostens befanden sich noch einmal in Harmonie und Eintracht. Dem Henotikon gelang es aber nicht, die extremen Monophysiten zufriedenzustellen, weil es Chalcedon nicht direkt verdammte. Auf der anderen Seite erhob Rom entschiedenen Einspruch nicht nur gegen die wenig enthusiastische Bezugnahme auf Chalcedon, sondern auch gegen die Tatsache, daß Akacius die Unverfrorenheit besessen hatte, mit den Monophysiten in Gemeinschaft zu treten, ohne Rom um seine Zustimmung zu bitten. 484 gelang es dem Papst schließlich, nach aufreizendem und glänzendem Widerstand des Akacius diesen und den byzantinischen Kaiser zu exkommunizieren. In Konstantinopel bedauerte man den Bruch, aber für den Kaiser war es wichtiger, sich die Loyalität Ägyptens und Syriens zu erhalten, als mit Rom und dem jetzt zerfallenden barbarischen Westen Schritt zu halten. Der Papst war seinerseits größtenteils deshalb im Stande, seine Verdammung aufrecht zu halten, weil seine eigene Unabhängigkeit durch die Herrschaft des arianischen Goten Theoderich in Italien gesichert war. Das Schisma zwischen Rom und dem griechischen Osten dauerte bis 518, als Justin I. Kaiser wurde und eine Kirchenpolitik verfolgte, die den chalcedonischen Anschauungen seines Neffen (und Nachfolgers auf dem Thron) Justinian entsprach. Sechsunddreißig Jahre lang blieb das Henotikon im Osten Maßstab der Orthodoxie. Während dieser Epoche vollbrachte die monophysitische Theologie ihre besten Leistungen, besonders unter der toleranten Regierung des großen Kaisers Anastasius (491-518). Männer wie Severus von Antiochien (465-538) und Philoxenus von

D a s Problem der Person Christi

Hierapolis in Syrien (440-523) waren Theologen von hohem geistigem Rang. Sie bewiesen mit einer unerschöpflichen Fülle von Argumenten, daß die Formel Kyrills von Alexandrien: „eine Natur nach der Vereinigung" mit den Standpunkten von Chalcedon und Leo unvereinbar seien, und wiesen mit Schärfe die extrem monophysitische Lehre (die von Bischof Julian von Halikarnaß vertreten wurde) zurück, daß der physische Leib Christi vor der Auferstehung unverweslich gewesen sei. 12 Auf der chalcedonischen Seite wurden gleiche Energie und Gelehrsamkeit auf den Nachweis der Übereinstimmung von Kyrill und Chalcedon verwendet. Beide Seiten wandten die strengen Methoden der aristotelischen Logik an. Die wichtigste Form des Autoritätsbeweises wurde das Florilegium oder die Anthologie sorgfältig ausgewählter Auszüge aus orthodoxen Vätern, die nachweisen sollten, daß die unwandelbare orthodoxe Überlieferung sich in Übereinstimmung mit den Überzeugungen des Kompilators befinde. Die Hersteller dieser Exzerptsammlungen kümmerten sich nicht immer gewissenhaft um Vollständigkeit und Echtheit ihrer Texte, aber der größte monophysitische Theologe, Severus von Antiochien, trieb mühsame Forschungen, um sicher zu gehen, daß er echte Texte zitiere. Um 5 0 0 - 5 1 0 setzte ein gemäßigter Monophysit, der vom Neuplatonismus des Heiden Proklus von Athen beeinflußt war, einige Schriften über mystische Theologie unter dem Namen des von Paulus in Athen bekehrten Dionysius Areopagita (Apostelgesch. 17,34) i n Umlauf. Der Fälscher, dessen Identität sich der Feststellung entzieht, hatte bald Erfolg, und schon nach kurzer Zeit mußten chalcedonische Theologen Kommentare über den Areopagiten schreiben, um seinen Text befriedigend zu erklären. Ein anderer hervorragender Monophysit war Johannes Philoponus 13 (490-570), das erste christliche Haupt iz

Als Greis schloß sich Justinian dieser Anschauung an, die als Aphthartodoketismus bezeichnet wird. Er starb, ehe er ihr gewaltsam Geltung verschaffen konnte. 1 3 Philoponus („Freund der Arbeit") w a r ein Spitzname, der damals von den Heiden in Alexandrien gebildeten Leuten gegeben w u r d e , die ihre christlichen Pflichten ernst nahmen.

Die Suche nach dem Ausgleich

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der platonischen Schule in Alexandrien, der ebenso Aristoteleskommentare wie scharfsinnige Darstellungen der monophysitischen Lehre schrieb; er führte auch einen fortlaufenden Streit mit einem nestorianischen Kaufmann und Weltreisenden namens Kosmas (später „Indienfahrer", Indikopleustes, genannt), der annahm, die Bibel biete buchstäblich zu verstehende wissenschaftliche Information über die natürliche Welt. Hohe geistige Fähigkeiten waren kein ausschließlich monophysitisches Monopol. Für die chalcedonische Seite behauptete ein gewisser Leontius von Byzanz, daß Christus wohl zwei dauernd unterschiedene Naturen besitze, daß jedoch seine Menschheit ihre konkrete Existenz nur innerhalb der einen Hypostase des göttlichen Wortes habe, eine Position, die er mit äußerster Spitzfindigkeit verteidigte. Diese von beiden Seiten anhaltend und ernsthaft geführte Auseinandersetzung hatte die Wirkung, daß sie das Henotikon selbst als überholt erscheinen ließ. Die Schwäche des Henotikon lag in seiner grundlegenden Voraussetzung, daß eine Verständigung von den Kirchenpolitikern ohne große Beachtung theologischer Prinzipien herbeigeführt werden könne. In den Jahren 5 1 0 - 5 2 0 standen sich Chalcedonenser und Monophysiten in mühsamen Disputationen gegenüber, wobei jede Seite auf ihre logische Gewandtheit und geistige Konsequenz vertraute. Die tolerante Politik des Kaisers Anastasius gegenüber den Monophysiten wurde von den strengen Chalcedonensern abgelehnt. Der Streit wurde nicht nur auf der Ebene akademischer Disputationen über die Fachausdrücke geführt. Die Meinungsverschiedenheit fand ihren Ausdruck auch in der allgemein verständlichen Form eines liturgischen Unterschiedes. Vor 451 war in den Kirchen von Syrien und Konstantinopel die liturgische Akklamation „Heiliger Gott, heiliger Starker, heiliger Unsterblicher, erbarme dich unser", das sogenannte „Trishagion", in Gebrauch gekommen. Schon 4 3 1 fügten apollinaristische Sympathisanten hinter „Unsterblicher" die Worte „für uns gekreuzigt" ein. In Antiochien ging um 460 unter einem monophysitischen Patriarchen diese verstärkte Fassung des Trishagion in den allge-

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Das Problem der Person Christi

meinen Gebrauch über. Die Chalcedonenser verwarfen den Zusatz, da er nach ihrer Meinung besagte, daß Gott gelitten habe, und gaben dem Trishagion die neue Deutung, daß es sich nicht auf Christus, sondern auf die Trinität beziehe. Als sich Kaiser Anastasius im November 5 1 2 dazu überreden ließ, den Gebrauch der monophysitischen Form des Trishagion in Konstantinopel selbst zu gestatten, brach ein wütender Aufruhr los, der Leben und Thron des Anastasius in Gefahr brachte und ihn vor der leidenschaftlichen Stärke der prochalcedonischen Stimmung in der Hauptstadt warnte. Es wurde allmählich deutlich, daß keine Seite bereit w a r , sich mit dem politischen Kompromiß, den das Henotikon darstellte, zufrieden zu geben. Das Ringen um eine Verständigung mit den Monophysiten durchzieht die ganze lange Regierungszeit Justinians (527-65) und seiner Gemahlin Theodora. Die Herrschaft Justinians w a r gekennzeichnet durch den im wesentlichen erfolgreichen Versuch, das unter barbarischer Herrschaft stehende Westreich und das vandalische Afrika zurückzuerobern; 14 durch den Bau herrlicher Kirchen, von denen einige (wie die Hagia Sophia oder St. Sergius und Bacchus in Konstantinopel) erhalten sind und noch heute die Bewunderung und das Staunen des Beschauers hervorrufen; durch eine systematische Kodifikation der Gesetze und durch andauernde dogmatische Streitigkeiten, in denen der Kaiser selbst die ungewöhnliche Rolle eines theologischen Experten spielte, der die Patriarchen „beriet", wie sie handeln sollten. Die Anerkennung des Chalcedonense w a r für Justinians politische Bestrebungen zur Wiedergewinnung des Westens unerläßlich; davon konnte er nicht abgehen. Aber seine Frau Theodora (von deren abwechslungsreicher Karriere der Historiker Prokopius von Caesarea viele gehässige Skandalgeschichten erzählt) sympathisierte mit den Monophysiten. Im Jahre 5 3 2 war es nach einem ernsten Aufstand in Konstantinopel (dem Nika-Auf14 Nach Justinians Tod ging ein Großteil der Eroberungen wieder verloren: Spanien an die Westgoten, Norditalien an die Langobarden, „Ungarn" an die Awaren, ein großer Teil des Balkan an Slawen und Bulgaren. Diese Einfälle von Barbarenvölkern schufen ein großes missionarisches Problem.

Die Suche nach dem Ausgleich

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stand), in dem die alte Sophienkirche zerstört wurde, allein die stahlharte Entschlossenheit Theodoras, die Justinian den Mut gab, dem Mob standzuhalten, und sie gewann danach sehr großen Einfluß. Zwei Kontroversen beanspruchten besonders die Aufmerksamkeit des Kaisers. In Palästina verursachten die mystischen Spekulationen des Origenes in der Form, wie Euagrius 15 sie entwickelt hatte, Streitigkeiten, die ein kaiserliches Eingreifen erforderlich machten. 542/43 veröffentlichte der Kaiser eine lange Widerlegung des Origenismus, und die Patriarchen stimmten der Verdammung zu. Dem monophysitischen Problem war schwerer beizukommen. Einer der Hauptvorwürfe der Monophysiten gegen die Synode von Chalcedon war, daß sie Theodoret von Kyrrhos und Ibas von Edessa, die beide zum Nestorianismus neigten, freigesprochen hatte. Sollte es nicht möglich sein, die Monophysiten zu beruhigen, wenn man die im Lichte der Theologie Kyrills von Alexandrien gedeutete Definition von Chalcedon mit einer Verurteilung anstößiger Lehrsätze („Kapitel"), die aus Theodor von Mopsuestia, Theodoret und Ibas zitiert wurden, verband? Es war ein heikler Plan, und die eine ernsthafte Schwierigkeit bestand darin, Vigilius von Rom (Papst von 537-55) dazu zu bringen, ihm zuzustimmen, da man im Westen der Auffassung war, daß es sinnlos sei, Chalcedon zu bejahen und gleichzeitig die „Drei Kapitel" zu verurteilen. Vigilius wurde nach Konstantinopel gebracht, wo er 548 eine Verurteilung der Person Theodors, der zum Ketzer erklärt wurde, sowie anstößiger Schriften, die Theodoret und Ibas zugeschrieben wurden, unterzeichnete. (Diese vorsichtige Formulierung war offensichtlich bewußt gewählt worden.) Doch die Unterschrift wurde von einem Mann geleistet, der wußte, daß dieser Akt im Westen, besonders in Nordafrika, verurteilt werden würde, weshalb er sie 551 wieder zurückzog. Justinian konnte ihn jedoch schwer loslassen. Ein im Mai 553 nach Konstantinopel einberufenes Konzil, das fünfte ökumenische, stimmte der Verurteilung sowohl des Origenes als auch der „Drei 15 Siehe oben S.

Das Problem der Person Christi

Kapitel" zu; und dieser Entscheidung gab schließlich auch Vigilius (nachdem er sich noch mehrmals anders besonnen hatte) seine Zustimmung. Er hatte das Glück, zu sterben, noch bevor er Rom erreichte und den Sturm erlebte, der ihn dort erwartete 16 . Die peinliche Angelegenheit der Drei Kapitel führte nicht einmal zur Gewinnung der gemäßigten Monophysiten und hatte tatsächlich einen der beabsichtigten Wirkung entgegengesetzten Erfolg. Seit 553 erkannte Jakob Baradaeus, ein fanatischer monophysitischer Bischof aus Syrien, den vollen Umfang der Gefahr, die der Plan Justinians für die Unabhängigkeit und den Fortbestand seiner Partei darstellte. In Verkleidung durchreiste er den Osten und schuf einen monophysitischen Untergrundepiskopat, der neben den Chalcedonensern existierte. (Bis heute verwerfen die syrischen Jakobiten ebenso wie die Armenier, Kopten und Äthiopier das Bekenntnis von Chalcedon.) Bei den Chalcedonensern war die unmittelbare Wirkung die Entstehung vorübergehender Schismen im Westen; und die aufeinanderfolgenden widersprechenden Äußerungen von Vigilius steigerten die Autorität des römischen Stuhls nicht.

Die Lehre vom einen Willen Im siebenten Jahrhundert erneuerten die aufeinanderfolgenden Angriffe der Perser und Araber die Entschlossenheit der kaiserlichen Regierung, zu versuchen, die monophysitischen Nonkonformisten zu gewinnen. Eine Einigungsformel wurde vorgeschlagen, die besagte, daß Christus zwei Naturen, aber nur eine „Wirkkraft" (eine Lehre, für die man bei Dionysius Areopagita deutliche Unterstützung fand), oder besser nur einen einzigen göttlichen Willen 16 Der Nachfolger des Vigilius, der von Justinian ausgesucht wurde, war sein Diakon Pelagius, der in seiner Jugend die Verurteilung der „Drei Kapitel" heftig abgelehnt hatte, aber, wie der Kaiser richtig angenommen hatte, fähig war, seine Meinung zu änderen. Mit autokratischer Gewalt und einem Minimum an Erklärung gelang es Pelagius, die Anerkennung des fünften Konzils gegen dessen westliche Bestreitet durchzusetzen.

Die Lehre vom einen Willen

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habe. Diese Lehre wurde unklugerweise, wahrscheinlich gedankenlos, von Honorius I. (Papst von 625-38) angenommen, aber strenge Chalcedonenser konnten einem solchen Kompromiß auch nicht für einen Augenblick zustimmen. Die monotheletische Lehre wurde (der kaiserlichen Politik zum Trotz) von Papst Martin I. auf dem Laterankonzil in Rom 649 und dann im Osten auf dem sechsten ökumenischen Konzil in Konstantinopel 680-81 verurteilt. Das Hauptverdienst an der theologischen Vernichtung des Monotheletismus hatte Maximus der Bekenner (Confessor, etwa 580 bis 662), der die chalcedonische Christologie in der Antike am tiefsten durchdachte. Er sah, daß die monophysitische Lehre eine pessimistische Einschätzung der menschlichen Natur einschloß. Dagegen versuchte er mit Argumenten von subtilem Scharfsinn zu zeigen, daß das Chalcedonense die Autonomie des Menschen wahre und Unabhängigkeit und positiven Wert der geschaffenen Welt sichere. Der Christus, der uns in zwei Naturen bekannt ist, vermag das Vorbild für unsere Freiheit und Individualität und für eine mystische Vereinigung zu sein, in der die Besonderheit des Menschen als Geschöpf gewahrt bleibt. Gleichzeitig war Maximus im Stande, über Formeln und populäre Schlagworte hinauszublicken. Er hatte von der kyrillischen Deutung des Chalcedonense, die durch das fünfte allgemeine Konzil von 553 sanktioniert worden war, gelernt und erkannte sowohl die chalcedonische Formel „in zwei Naturen" als auch die monophysitische Formel „aus zwei Naturen", oder sogar „eine Natur des fleischgewordenen Wortes" (vorausgesetzt, daß der Unterschied „nach der Vereinigung" nicht aufgehoben ist) als der Intention und der Sache nach vollkommen orthodox an. Trotz der gedankenlosen Schlagworte der Masse und der überscharfen Haarspaltereien der Intellektuellen ging es im christologischen Streit um Fragen von grundlegender und dauernder Bedeutung für die christliche Theologie: Hat der Herr, zu dem und durch den die Christen beten, selbst gebetet? Dennoch gab es schwere Schäden, furchtbare Augenblicke des Fanatismus und der Intrige und viel zu viel Streit um des Streites willen, der von Männern geführt wurde, deren angeborene Bedenkenlosigkeit noch

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Das Problem der Person Christi

durch das Bewußtsein gesteigert wurde, daß bei der Partei, für die sie kämpften, die Sache Gottes auf dem Spiel stehe. Die Entfremdung Ägyptens und großer Teile Syriens von der chalcedonischen Regierung war ein ernstes politisches Problem und schwächte diese Schlüsselprovinzen in der Zeit vor den islamischen Einbrüchen entscheidend (obwohl die Illoyalität der Monophysiten nie so weit ging, daß sie die Araber tatsächlich als Befreier begrüßt hätten). Die Araber eroberten 637 Jerusalem, dann Antiochien (638), Ägypten und Alexandrien (641), und schon nach wenigen Jahren bedrohten sie Konstantinopel selbst, von wo sie nur durch den Einsatz von „griechischem Feuer" abgewehrt werden konnten. 707 war Nordafrika in ihrer Hand, vier Jahre später Spanien. Durch diese schnellen islamischen Eroberungen gingen dem christlichen Imperium viele wichtige Provinzen verloren. Die Gestalt der Christenheit hatte sich verändert, und der Prozeß war eingeleitet, der allmählich ihren Schwerpunkt nach Westeuropa verlagern sollte. Die Präsenz des Islam setzte dem christologischen Streit kein Ende, aber sie stellte neue Anforderungen an Theologie und Apologetik. Die Ablehnung von Bildern im Islam besaß enge Verwandtschaft mit dem großen ikonoklastischen Ausbruch des achten Jahrhunderts. Es war Johannes von Damaskus (etwa 675 - etwa 749), ein christlicher Mönch, der im islamischen Palästina lebte, der in seinem Werk „Über den orthodoxen Glauben" den Ertrag der griechischen patristischen Theologie zusammenfaßte und die grundlegenden Lehraussagen der Vergangenheit über Trinität und Inkarnation in einer umfangreichen Anthologie autoritativer Zitate ordnete und zusammenstellte. Johannes war einer der ersten christlichen Scholastiker.

15- Kapitel DIE ENTWICKLUNG DES LATEINISCHEN CHRISTLICHEN DENKENS Hieronymus und die Anfänge der Reife Das abendländische Christentum stand bis zum letzten Viertel des vierten Jahrhunderts weit hinter der reifen Entwicklung der griechischen Kirchen zurück. Der beste Wegweiser in fortgeschrittenen theologischen Fragen blieb Tertullian, der Montanist geworden war. Cyprian erfreute sich immer noch eines ungeheuern Ansehens. In der römischen Eucharistiefeier wurde seiner besonders gedacht. Daß er wirklich gelesen wurde, beweist eine erhaltene Liste seiner Schriften, die 359 in Rom angelegt wurde, und die genaue Angaben über die Länge der einzelnen Werke enthält, um die Käufer vor überhöhten Preisen in den Buchläden zu schützen. Offensichtlich hatte der Umstand, daß sich die Donatisten auf Cyprians Sakramentstheologie beriefen, die in Rom gänzlich unannehmbar war, seinen Ruf nicht getrübt. Aber Cyprians Interesse an theologischen Fragen abgesehen von Kirche und Sakramenten war gering gewesen. Der Westen hatte nichts aufzuweisen, was der Leistung des Origenes sowohl in der Bibelwissenschaft wie in der spekulativen Theologie entsprach. Der früheste lateinische Exeget, Bischof Viktorin von Pettau, der in der diokletianischen Verfolgung den Märtyrertod erlitt, schrieb einfache Kommentare, die von griechischen Vorbildern abhängig waren. In der gleichen Krisenperiode riefen die heidnischen Angriffe zwei apologetische Versuche hervor, einen von Arnobius von Sicca in Numidien und einen zweiten, ein im ganzen genommen besseres Werk unter dem Titel Göttliche Institutionen, von Laktanz, Professor des Lateinischen in Numidien, der auch für einen grausigen Traktat über die Todesarten der Christen-

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Die Entwicklung des lateinischen christlichen Denkens

Verfolger verantwortlich war. Von keiner dieser Schriften könnte man sagen, daß sie theologisches Gewicht oder Bedeutung hätte. Der Druck des arianischen Streites führte im westlichen Denken zu einem vertieften Bemühen um fundamentale Fragen. In den fünfziger Jahren des vierten Jahrhunderts wurde Hilarius von Poitiers von Konstantius nach Kleinasien verbannt und lernte dort, die komplizierte Kontroverse der nicht informierten abendländischen Welt zu erklären. Im gleichen Augenblick wandte sich in Rom der neuplatonische Philosoph Marius Victorinus, dessen Bekehrung im Jahre 355 eine Sensation gewesen war, mit seinem ganzen Scharfsinn den logischen Fragen zu, die von den Arianern aufgeworfen worden waren, und setzte sich in entscheidender Weise für die Formel von Nicaea ein. Allmählich fingen die westlichen Theologen an, mehr Selbstvertrauen zu gewinnen. Zuerst machten sie Anleihen beim griechischen Osten. Ambrosius ist an vielen Stellen eng, pft wörtlich von Philo, Origenes und Plotin abhängig. Rufin von Aquileia (etwa 345-410) fand rasch ein Publikum für seine Übersetzungen griechischer theologischer Klassiker; er übertrug besonders Basilius, Gregor von Nazianz und die Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea, die er durch einen Nachtrag, der bis zum Tod von Theodosius I. (395) reichte, erweiterte. Rufins Freund Hieronymus (Eusebius Hieronymus) veröffentlichte in ähnlicher Weise Übersetzungen der Predigten des Origenes und der Chronik des Eusebius, die er ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht hatte; Hieronymus schrieb auch ebenso scharfsinnige wie polemische Bibelkommentare, die in der Hauptsache denen des Origenes nachgebildet waren. Obwohl Hieronymus unweit von Aquileia geboren war (347) und in seiner Jugend in Rom studierte, verbrachte er einen großen Teil seines Lebens in griechischer Umgebung in Bethlehem, wo er sich von 386 bis zu seinem Tode im Jahr 419 aufhielt. Trotzdem war seine Haltung zur griechischen Tradition kritisch, und auch seine Beziehungen zu den Griechen in Jerusalem waren oft gespannt. Hieronymus zweifelte daran, daß die Jerusalemer Liturgie ein Vorbild sei, das man überall nachahmen solle, wie viele west-

Hieronymus und die Anfänge der Reife

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liehe Pilger meinten. Eine Predigt an seine abendländischen Mönche in Bethlehem besteht aus einer Kritik an der griechischen Sitte, die Geburt Christi am 6. Januar statt am 25. Dezember zu feiern. Die westlichen Gemeinschaften an den heiligen Stätten lebten in Enklaven, die erstaunlich wenig Kontakt mit den einheimischen Christen des Landes hatten. Die geistige Welt des Hieronymus war die lateinische. Die Nonkonformisten, die seine vernichtende Polemik herausforderten, deren übertriebene Heftigkeit seine Freunde oft in Verlegenheit brachte, gehörten dem Westen an: Helvidius, der die Meinung vertrat, die „Brüder" des Herrn seien Söhne von Maria und Joseph gewesen; Vigilantius, der Äußerungen der volkstümlichen Frömmigkeit wie Vigilien und den Heiligenkult als Eindringen heidnischer Bräuche in die Kirche verurteilte; Jovinian, der die geistliche Überlegenheit der Ehelosigkeit gegenüber der Ehe bestritt; Pelagius, der das Gnadenbedürfnis des Menschen in Frage zu stellen schien; vor allem aber Rufin, der es wagte, Origenes zu übersetzen. Hieronymus beherrschte das Griechische (wie auch das Hebräische), war aber nicht aus erster Hand mit den Klassikern der griechischen Literatur vertraut. Auf der anderen Seite kannte und liebte er Cicero, Sallust, Lukrez, Vergil, Terenz, Horaz und Juvenal so sehr, daß er nicht anders konnte, als seine Schriften mit Reminiszenzen aus ihnen zu füllen. Um 374, als er ein Anfänger im asketischen Leben war, erkrankte er während der Fastenzeit und wurde in einem Alptraum vor den himmlischen Richterstuhl geschleppt, wo er die furchtbare Verurteilung hörte: „Ein Ciceronianer bist du und kein Christ". Aber sein asketisches Versprechen, auf die Literatur zu verzichten, war wirkungslos. Vielleicht hätte er nicht so betroffen zu sein brauchen, denn die hohe literarische Qualität seiner Schriftstellerei kann unter die Faktoren gerechnet werden, die dazu beitrugen, den abendländischen Christen ein stärkeres Bewußtsein der Gelassenheit und Sicherheit zu verleihen. Es war für sie eine Selbstbestätigung, daß der gelehrteste und gebildetste Mann der Zeit einer der Ihren und kein Grieche war. Der natürliche Stolz des Westens auf seine eigenen Überlieferun-

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Die Entwicklung des lateinischen christlichen Denkens

gen wurde durch Papst Damasus und die Förderung, die er den liturgischen Gedächtnisfeiern für die Heiligen und Märtyrer zuteil werden ließ, gesteigert. Damasus schmückte die Heiligengräber Roms mit Epigrammen in Hexametern. Sein Zeitgenosse Ambrosius schrieb Hymnen für den liturgischen Gebrauch bei den jährlichen Festen der großen Heiligen. In dieser Zeit gewann die westliche Kirche auch einen lyrischen Dichter von hoher künstlerischer Vollendung und echtem Gefühl - den Spanier Prudentius (etwa 348 bis etwa 405). Das Hauptinteresse des Prudentius galt der wachsenden volkstümlichen Verehrung der Heiligen und Märtyrer Spaniens und Italiens. Das gleiche Interesse leitete Sulpicius Severus, der in seinen Schriften der Welt zeigen wollte, daß das Abendland in dem furchtlos-schlichten Martin von Tours einen Heiligen besaß, dessen Wundertaten denen eines Antonius von Ägypten ebenbürtig waren. Der Freund des Sulpicius, Paulinus, ein reicher aquitanischer Grundbesitzer, verzichtete auf seinen Reichtum und ließ sich 395 in Kampanien am Grab des beliebten Heiligen Felix von Nola nieder, dem zu Ehren er für jedes Jahresfest ein langes Gedicht zu schreiben pflegte. Zwei Heilige jedoch zogen vor allen anderen die Pilger zu ihren Grabstätten nach Rom: Petrus und Paulus. Jedes Jahr unternahm Paulinus von Nola eine Wallfahrt nach Rom, um an der feierlichen Prozession durch die Stadt am 29. Juni teilzunehmen; und sowohl Ambrosius als auch Prudentius schrieben Gedichte zu Ehren dieses Festes der römischen Stadtpatrone. Der Besitz solcher hervorragender Apostel und Märtyrer war der wichtigste Grund für das Selbstvertrauen des Abendlandes, wenn es den älteren Kirchen des griechischen Ostens entgegentrat. Die Zeit war reif für das Auftreten einer selbständigen lateinischen Theologie. Hieronymus war ein gelehrter Exeget, aber er schuf kein theologisches System. Diese Aufgabe fiel einem jungen Afrikaner namens Augustin zu, der durch die Weite und Tiefe seines Geistes nicht nur alle seine unmittelbaren Zeitgenossen, sondern auch die spätere Entwicklung der westlichen Christenheit turmhoch überragen sollte.

Augustins Bekehrung

Augustins

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Bekehrung

Augustin wurde am 1 3 . November 354 als Sohn der kleinbürgerlichen Eltern Patricius und Monica in Thagaste, einer kleinen numidischen Stadt (heute Souk-Arrhas in Algerien), geboren. Monica war eine fromme, gläubige Frau, wahrscheinlich von berberischer Abkunft, die große Hoffnungen für ihren hochbegabten Sohn hatte. Die Ausbildung des jungen Augustin wurde in Karthago abgeschlossen, zum Teil auf Kosten eines vermögenden Gönners. Augustin erwarb sich eine mühelose Beherrschung der lateinischen Literatur und war wie Hieronymus jederzeit im Stande, seinen Stil mit Anspielungen auf Cicero und Vergil zu verfeinern. Sein Sinn für vollendete Prosa war nicht zu unterdrücken. Die Ausbildung in der Kunst der öffentlichen Rede war in der Antike der gewöhnliche Weg zum Erfolg als Anwalt oder im Staatsdienst. Aber der frühe Tod seines Vaters bedeutete, daß Augustin seine Familie erhalten mußte. Er begann in Thagaste zu lehren, übernahm aber bald darauf hintereinander Professuren der Rhetorik in Karthago (374), Rom (383) und Mailand (384), wo er hoffte, daß seine einflußreichen Freunde ihm eine Provinzstatthalterschaft verschaffen könnten. Seine Bekehrung zum Christentum im Sommer 386 veränderte radikal die Richtung seines Lebens. In seinen Bekenntnissen, die ungefähr dreizehn Jahre später entstanden sind, einem der eindrucksvollsten Werke der christlichen Literatur, schilderte Augustin seine persönliche Suche. Bei seiner Geburt hatte Monica ihn mit dem Kreuzeszeichen bezeichnen lassen und ihn als Katechumenen angemeldet. (Die Kindertaufe war in dieser Zeit noch ziemlich ungebräuchlich.) Aber im Jüglingsalter wurde sein Kinderglaube von sinnlichen Abenteuern zurückgedrängt, die er im Rückblick der Bekenntnisse mit Strenge beurteilte. Im Alter von siebzehn Jahren nahm sich Augustin nach der allgemein anerkannten Sitte der Zeit 1 eine Konkubine von niedriger 1 Wie verbreitet und geachtet solche Konkubinate damals waren, beleuchtet der K a n o n einer spanischen Synode des Jahres 400, der festsetzt, daß solange

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sozialer Herkunft und hielt ihr die Treue, bis die (unverwirklicht gebliebenen) Bemühungen Monicas um eine erfolgreiche Heirat für ihren Sohn der Beziehung ein plötzliches Ende setzten. Im Jahre 37z gebar ihm die Gefährtin den Sohn Adeodatus (der von Gott Gegebene). Im gleichen Jahr begann sich Augustin wieder zum Christentum hinzuwenden, und zwar wurde er zuerst von der Sehnsucht nach der Wahrheit getrieben, die die Lektüre eines der philosophischen Dialoge Ciceros in ihm geweckt hatte. (Es war der heute verlorene Hortensius, der damals zum regelmäßigen Lesestoff der Schulen gehörte.) Aber der Stil der Heiligen Schrift schien ihm in erschütternder Weise dem der lateinischen Klassiker unterlegen zu sein. Augustin verachtete das Alte Testament als Altweiberfabeln und die Kirche als eine Körperschaft, der es an kulturellem Niveau mangelte. Er war in einer Stimmung, die ihn zu einem leichten Fang für die Propaganda der Manichäer 2 machte, die das Alte Testament verwarfen und behaupteten, Vernunft zu bieten, wo die Kirche sich kindisch auf Autorität berief. Neun Jahre lang war Augustin Anhänger des Manichäismus und gewann auch mehrere seiner Freunde für diese Sekte. Aber Zweifel und Desillusionierung führten schließlich dazu, daß er sich in einen Zustand der Ungewißheit und Skepsis zurückzog, was zeitlich mit seiner Übersiedlung nach Mailand im Jahr 384 zusammenfiel. In Mailand begegnete Augustin zum ersten Mal in seinem Leben einem christlichen Intellektuellen, der ihm Achtung abnötigte. Die Predigten des Ambrosius in der Kathedrale bezauberten ihn zuerst durch ihre rhetorische Meisterschaft, aber bald beeindruckten sie als ein Mann seiner Konkubine die Treue hält, als wäre sie seine Frau, ihre Beziehung keinen Grund zur Ausschließung von der Kommunion darstelle. Papst Leo I. hielt die Monogamie für gewahrt, wenn ein Mann seine Konkubine verließ, um eine gesetzliche Ehe einzugehen. In Rom hatte zu Anfang des dritten Jahrhunderts Papst Kallist, ein Freigelassener, Verbindungen emanzipierter Damen von hoher Geburt mit Männern von niedrigem sozialem Rang, denen keine gesetzliche Ehe möglich war, anerkannt (siehe oben S. 97). 2 Siehe oben S. 195 f.

Augustins Bekehrung

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ihn auch durch ihren Inhalt, durch die Verbindung christlicher Frömmigkeit mit der Sprache der neuplatonischen Mystik und durch ihre überzeugenden Deutungen problematischer Abschnitte des Alten Testaments, die die spöttischen Einwände der Manichäer beantworteten. Augustin wurde vom Neuplatonismus fasziniert und las mit glühendem Eifer Plotin und Porphyrius. Die Grundsätze des Piatonismus wurden ihm fast so selbstverständlich wie die Luft, die er atmete. Die Philosophie Plotins hatte in ihm ein leidenschaftliches Interesse an dem als Korrelat zu Gott verstandenen menschlichen Geist geweckt; und Augustin besaß im höchsten Grad die Fähigkeit zur analysierenden Selbstreflexion. Seine Bekehrungen zum Neuplatonismus und zum Christentum hingen so eng zusammen, daß es viele Jahre dauerte, bis er dem Piatonismus als religiöser Metaphysik ernstlich kritisch gegenüberzustehen begann. Ihren erlebnismäßigen Höhepunkt erreichte die Krise im Sommer 386 in einem Garten in Mailand. Die folgenden Monate verbrachte Augustin in gleichsam platonischer Zurückgezogenheit (wie Cicero in Tusculum) mit einer Gruppe seiner engsten Freunde in Cassiciacum, einem wenige Meilen von Mailand entfernt gelegenen Landgut. Die damals geführten langen Gespräche machte er zur Grundlage von vier platonisierenden Dialogen (Gegen die Akademiker, Vom glückseligen Leben, Von der Ordnung, Alleingespräche), die zusammen die grundlegenden christlichen Antworten auf die von der herrschenden Philosophie der Zeit gestellten Fragen geben wollen. Das starke platonische Element in seiner Bekehrung wirkte sich auch darin aus, daß Augustin sich für ein eheloses Leben entschied, obwohl er zu diesem Zeitpunkt keine Absicht hatte, einer speziellen mönchischen und noch viel weniger einer priesterlichen Berufung zu folgen. In der Osternacht des Jahres 387 wurden er und sein Sohn von Ambrosius getauft. Im Herbst starb seine Mutter Monica in Ostia, und zwölf Monate später kehrte Augustin nach Afrika zurück, das er nie wieder verlassen sollte. Er gründete eine kleine asketische Gemeinschaft in Thagaste, wobei sein Interesse noch immer teilweise philosophisch war. Aber als er sich 391 zu einem vorübergehenden Besuch in Hippo (Bone) aufhielt, wurde er 17

Chadwick, Die Kirche

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Die Entwicklung des lateinischen christlichen Denkens

von der dortigen Gemeinde trotz seiner Tränen dazu gezwungen, die Ordination zum Presbyter anzunehmen. Jetzt mußte seine asketische Gemeinschaft nach Hippo übersiedeln, wo sie einen stärker kirchlichen Charakter annahm3. 395 ließ der alte griechische Bischof Valerius von Hippo Augustin zum Bischofskoadjutor weihen, um so zu verhindern, daß etwa eine andere Gemeinde ihn entführte. Niemand in Afrika wußte, daß der achte Kanon von Nicaea bestimmte, daß in einer Stadt nicht mehr als ein Bischof sein solle. Die Ordination bezeichnete in Augustins geistigen Bestrebungen eine Wende, die beinahe so tiefgreifend war wie die seiner Bekehrung. Bis dahin hatten sich seine Schriften entweder mit Fragen der christlichen Philosophie oder mit antimanichäischer Polemik beschäftigt, in der es um geistige Probleme wie das Wesen des Bösen und das Verhältnis von Autorität und Vernunft ging. Die Bischofsweihe bezeichnete die Wasserscheide in Augustins Leben. Er begann sich ernstlich mit der Auslegung der Bibel, besonders der Paulusbriefe zu befassen. In der Zeit, als er sich auf die Taufe vorbereitete, hate Ambrosius ihm geraten, Jesaias zu lesen, aber Augustin hatte den Versuch bald als zu schwierig aufgegeben. Jetzt hingegen hatte er andere Aufgaben und Interessen. Die Bibelexegese wurde eine Hauptbeschäftigung Augustins, und sein theologisches Verständnis vertiefte sich als ganzes. Dies hatte eine unmittelbare Auswirkung auf seine Bewertung der menschlichen Natur im allgemeinen und seiner eigenen Fähigkeiten im besonderen. 397 erschienen die Bekenntnisse, das originelle Meisterwerk einer verinnerlichten Selbstbiographie, die in der einzigartig schwierigen Form eines oft nach dem Vorbild der Psalmen gestelteten langen Gebetes zu Gott abgefaßt ist. Die Selbstbiographie ist jedoch charakteristischerweise in einem größeren Rahmen eingefügt, so daß Augustins Lebensgang zu einem beinahe zufälligen Beispiel der ewigen Wahrheit von der Unruhe der Seele, bis sie zu ihrem Schöpfer heimkehrt, wird. Die persönliche Lebensgeschichte Augustins wird genau erzählt, aber 3 Viele von Augustins Mönchen wurden an anderen Orten Bischöfe und verbreiteten so in Afrika Augustins Ideale.

Das donatistische Schisma und die Anwendung staatlichen Zwanges

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hauptsächlich als Illustration einer theologischen These. Es ist deshalb falsch, die Bekenntnisse so zu lesen, als wären sie eine einfache Selbstbiographie, in der die Erzählung von nicht dazugehörigen theologischen Abschweifungen störend unterbrochen wird.

Das donatistische Schisma und das Problem der Anwendung staatlichen Zwanges In Hippo begegnete Augustin auf eine Weise, die neu für ihn war, dem Schmerz christlicher Spaltung; und durch sein ausgeprägtes Verantwortungsbewußtsein wurde die Qual für ihn noch peinigender. Die Stadt war zwischen Donatisten und Katholiken, den beiden rivalisierenden Gemeinschaften Nordafrikas, gespalten, und jede der beiden Gruppen hegte das Andenken an jede einzelne erfahrene Beleidigung. An jedes Unrecht während fast eines ganzen Jahrhunderts erinnerte man sich, als wäre es am vergangenen Tag geschehen. Unter der heißen numidischen Sonne wurde nichts vergeben oder vergessen. Trotzdem bejahten Donatisten und Katholiken die gleichen Glaubensbekenntnisse und lasen die gleiche lateinische Bibel. Donatistische Kirchen konnte man von katholischen nur durch den donatistischen Brauch, die Wände weiß zu tünchen, unterscheiden (wofür die puritanische Ablehnung der aufkommenden Sitte, in Kirchen figürliche Malereien anzubringen, das Motiv gewesen sein mag). Vielleicht konnte man auch die donatistische Feier eines volkstümlichen Festes an ihrem besonderen Schwung erkennen; denn die Donatisten waren besonders auf die Ehrung ihrer Märtyrer bedacht und waren der Meinung, daß die Katholiken die Märtyrerverehrung nicht wirklich ernst nähmen. Die Donatisten scheinen jedoch einen ebenso großen Anhang unter der gebildeten Oberschicht gehabt zu haben wie die Katholiken, und die Spannung zwischen den beiden Gemeinschaften war deshalb nur um so schärfer, weil nicht Klassengegensätze und ökonomische Faktoren die primären Ursache der Spaltung gewesen waren. Es war nur natürlich, daß luch einige nichttheologische Faktoren in

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Die Entwicklung des lateinischen christlichen Denkens

den Spannungen eine Rolle spielten. Für korrekte und ehrliche Donatisten bedeutete es eine peinliche Verlegenheit, als ihre Sache mit brutaler Gewalt von Banden umherziehender Berber, den sogenannten Circumcellionen, 4 unterstützt wurde, denen die Saisonarbeit in der Olivenernte reichliche Freizeit für terroristische Angriffe auf katholische Kirchen ließ. Nicht weniger schwierig war es für die Katholiken, wenigstens zu versuchen, die scharfen Methoden zu vertuschen, die um 347 ein Militärkommandant namens Makarius gegen die Donatisten angewandt hatte, der von Konstans zu einer Unterdrückungskampagne nach Afrika gesandt worden war. Die Donatisten hielten ihre eigenen besonderen Gedächtnisfeiern, damit sie nicht ihre Brüder vergäßen, die unter Makarius ihr Leben verloren hatten. Beide Gemeinschaften erhoben den exklusiven Anspruch, der eine mystische Leib Christi und die eine Arche des Heils zu sein, die Mutter, ohne die man Gott nicht zum Vater haben kann. Die Donatisten folgten darin konsequent ihrem Helden Cyprian, daß sie die Gültigkeit aller nicht von ihrer eigenen Gemeinschaft gespendeten Sakramente verwarfen, so daß Katholiken, die zum Donatismus übergingen, wiedergetauft wurden. (Aus der Sicht der Donatisten wurden sie zum ersten Mal getauft). Die Donatisten vertraten die Auffassung, die Katholiken seien als Gemeinschaft kompromittiert und befleckt durch Caecilian von Karthago, der (so behaupteten sie) die Bischofsweihe von Männern empfangen hatte, die für die Auslieferung der heiligen Schriften und kirchlicher Gefäße während der großen Verfolgung verantwortlich gewesen waren. Die afrikanischen Katholiken gedachten dieses Caecilian bei ihrer Eucharistiefeier als eines verstorbenen Heiligen, mit dem sie in Gemeinschaft standen. In den Augen der Donatisten bedeutete dies, daß sie bekannten, in eine Befleckung der moralischen und rituellen Reinheit der Kirche einbezogen zu sein, während doch Paulus erklärte, daß die Kirche ohne Flecken, Runzeln oder dergleichen sei. 4 Augustin erklärt, daß sie circum schweiften.

cellas,

um die Gräber der Märtyrer,

D a s donatistische Schisma und die A n w e n d u n g staatlichen Z w a n g e s

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Die katholische Antwort an die Donatisten beschränkte sich nicht nur auf die Bestreitung der faktischen Richtigkeit der Anklagen, die gegen die Bischöfe, die Caecilian geweiht hatten, vorgebracht wurden. Die Katholiken lehnten auch prinzipiell die puritanische Vorstellung von der Kirche als einer in ihrer empirischen Wirklichkeit heiligen und exklusiven Gemeinschaft ab und verglichen die Kirche mit der Arche Noah, in der reine und unreine Tiere waren, oder mit dem Feld im Gleichnis, auf dem bis zur Ernte des jüngsten Gerichts nebeneinander Weizen und Unkraut wachsen. Zweitens sagten sie, daß die Donatisten, die mit Jerusalem, Rom und den Kirchen außerhalb Afrikas nicht in Gemeinschaft standen, nicht beanspruchen könnten, die katholische, d. h. die universale Kirche zu sein. Drittens entwickelten die Katholiken ein anderes Sakramentsverständnis. Nach donatistischer (und cyprianischer) Auffassung hängt die Würdigkeit des Sakraments von der richtigen Haltung des Geistlichen ab; ein Sakrament ist gültig, wenn es innerhalb, ungültig, wenn es außerhalb der Kirche empfangen wird. Aber wenn sich die Bischöfe, die Caecilian weihten, im Stand der Todsünde befunden hatten, so hatten sie sich außerhalb der Kirche der Märtyrer gestellt, die lieber gestorben waren, bevor sie Bibeln und heilige Gefäße der Polizei auslieferten. Die afrikanischen Katholiken hatten auf dem Konzil von Arles (314) die Lehre angenommen, die Papst Stefan 256 gegen Cyprian vertreten hatte, nämlich daß in den Sakramenten nicht der kirchliche Amtsträger, sondern letztlich Christus selbst handelt; deshalb hängt die Gültigkeit davon ab, ob der Befehl des Herrn, mit Wasser im Namen der Dreieinigkeit zu taufen, erfüllt worden ist. (Die mittelalterlichen Scholastiker faßten den Unterschied zwischen den zwei Lehren klar zusammen als den zwischen der Anschauung Cyprians, daß das Sakrament ex opere operantis, auf Grund der persönlichen Qualität oder Haltung des Geistlichen, gültig sei, und der Anschauung Stefans, daß es ex opere operato, auf Grund der vollzogenen Handlung, gültig, sei). Augustin folgte der römischen Tradition Papst Stefans und anerkannte deshalb die Gültigkeit der donatistischen Taufe; aber er gab der cyprianischen Auffassung insofern recht,

2.6 o

Die Entwicklung des lateinischen christlichen Denkens

als er lehrte, daß die in -einer schismatischen Gemeinschaft gespendete Taufe solange als Gnadenmittel unwirksam bleibe, bis der Empfänger mit der katholischen Kirche versöhnt sei. In den Sakramenten, so behauptete Augustin, gehören die Handlungen des Priesters Gott, der dem Priester im Augenblick der Ordination ein untilgbares Zeichen (character) aufgedrückt hat; deshalb ist die Ordination unabhängig von der moralischen und geistigen Verfassung des Ordinierten, und die Wirksamkeit der Sakramente hängt nicht von der frommen Geisteshaltung des taufenden oder zelebrierenden Priesters ab. Vom Priester wird lediglich das Bewußtsein verlangt, daß in der sakramentalen Handlung, die er vollzieht, die ganze Kirche handelt. Als Augustin Bischof von Hippo wurde, war das afrikanische Schisma fünfundachtzig Jahre alt, und die beiden feindlichen Gemeinschaften hatten sich damit abgefunden, in gegenseitiger Abneigung, die durch gelegentliche Ausschreitungen wachgehalten wurde, aber im allgemeinen ohne unerträgliches Unbehagen Seite an Seite zu leben. Augustin empfand, daß es unmöglich sei, eine solche festgefahrene Situation passiv hinzunehmen. Er regte die Abhaltung einer Reihe von Konzilien unter dem Vorsitz des Metropoliten von Karthago an, so daß die Bischöfe zu einer gemeinsamen Meinung über kirchliche Disziplinfragen kommen und den Donatisten in einer einheitlichen Front gegenübertreten konnten. In diesem Augenblick war in Regierungskreisen die Stimmung einem erneuten Versuch, kirchliche Nonkonformisten mit Gewalt zu unterdrücken, günstig. Das letzte Jahrzehnt des vierten Jahrhunderts brachte den Höhepunkt der kaiserlichen Gesetzgebung gegen Heidentum und Ketzerei. Der Westen hatte wohl unter Valentinian I. eine Zeitlang Toleranz genossen, aber diese Politik war eine Ausnahme. Das römische Imperium war keine liberale Demokratie, deren Bürger sich in dem Glauben wiegten, sie könnten tun, was ihnen beliebe, sondern es war ein Staat, in dem die persönliche Freiheit wenig galt. Mehrfach wiederholte Gesetze und Edikte suchten jede soziale Beweglichkeit zu verhindern, indem sie die Söhne an Beruf und Stand ihrer Väter fesselten, die Geheimpolizei (agentes in rebus)

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schien allgegenwärtig zu sein, und täglich konnte man die Schreie der vor Gericht Gefolterten hören und die Galgen willkürlich Hingerichteter sehen. Wo solche harten Maßnahmen im politischen Raum alltägliche Ereignisse waren, dort erschien es nicht ganz offensichtlich als falsch, gegenüber jenen Gruppen, die durch ihre abweichenden religiösen Überzeugungen die Einheit der Gesellschaft zu gefährden schienen, kleinere Reizmittel und sogar einige finanzielle und bürgerliche Benachteiligungen anzuwenden. Augustin war anfänglich jeder Gewaltanwendung gegenüber den Donatisten entschieden abgeneigt, nicht weil er der Meinung war, der Kaiser habe nicht grundsätzlich das Recht, im Interesse von Frieden und Ordnung Gewalt anzuwenden, sondern hauptsächlich weil er annahm, daß ein von der Regierung ausgeübter Druck zu einer Fülle von Scheinbekehrungen innerlich widerstrebender Donatisten führen würde, der die Katholiken einfach nicht gewachsen waren. Langsam, Schritt um Schritt, wurde Augustin zu einer anderen Auffassung umgestimmt. Seit 405 übte die Regierung einen steigenden Druck auf die donatistische Gemeinschaft aus, und diese Politik hatte überraschenden Erfolg, so daß Augustin sich schließlich den praktischen Argumenten seiner Mitbischöfe nicht länger widersetzen konnte. Das Problem der Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit überließ er Gott. Augustin wußte, daß die Motive, die Menschen zur Wahrheit bringen, oft komplex sind und Elemente der Furcht oder des Eigennutzes enthalten können, die als ein vorübergehendes Stadium auf dem Weg zu einer vollen, frohen und bereitwilligen Zustimmung betrachtet werden müssen. Außerdem ist die wichtigste Funktion jeder Strafaktion die Besserung: was als abschreckende Strafe von grausamer Strenge erscheint, kann eine gute Wirkung haben, wenn der Missetäter ihre Gerechtigkeit und ihren wohltätigen sozialen Zweck erkennen lernt. Und hatte nicht der Herr im Gleichnis gesagt: „Zwinge sie hereinzukommen"? Durch solche Überlegungen wurde Augustin widerstrebend und mühsam dazu bestimmt, eine Politik der Gewalt zu bejahen, die er jedoch als väterliche Zurechtweisung verstanden wissen wollte. Es war dies eine verhängnisvolle theoretische Rechtfertigung der

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Die Entwicklung des lateinischen christlichen Denkens

kaiserlichen Politik. Die Proteste gegen die Verurteilung Priscillians 5 waren vergessen worden. Aber die Benachteiligungen, die von der Regierung über die Donatisten verhängt wurden, waren wenigstens nicht so strenger Art, daß sie über Augustins einschränkende Lehre hinausgegangen wären, daß es sich nur um „Zurechtweisung", nicht um die Anwendung roher physischer Gewalt handeln dürfe. Es w a r charakteristisch f ü r Augustin, daß er f ü r das, was geschah, eine theoretische Rechtfertigung finden mußte. Der Streit wurde jedoch selten auf einem hohen intellektuellen Niveau geführt. Die Debatte zwischen Donatisten und Katholiken bestand zu einem großen Teil in der endlosen Wiederholung der zwei abweichenden Darstellungen der Ursprünge des Schismas. Die letzte Gelegenheit, ihren Standpunkt öffentlich zu vertreten, erhielten die Donatisten auf einer großen Konferenz, die im M a i und Juni 4 1 1 unter dem Vorsitz eines kaiserlichen Kommissars in Karthago stattfand. Das erhaltene Protokoll gibt ein lebhaftes Bild von dieser Versammlung: der Staub und die Hitze des Sommers wurden durch die Weigerung der Donatisten, sich gemeinsam mit den „Gottlosen" zu setzen, noch anstrengender zu ertragen, und die erbitterten Männer stritten bis zum Überdruß über unvereinbare Versionen dessen, was in der Zeit ihrer Großväter geschehen oder nicht geschehen war. Es ist schwer, das Protokoll der Verhandlungen zu lesen, in denen es auch komische Momente gab, ohne von der Zwecklosigkeit und Tragik des Ganzen bedrückt zu werden. Auf jeden Fall stand die Absicht der Regierung bei Einberufung der Konferenz von vornherein fest: ihre Aufgabe war, die Ablösung des fruchtlosen Gezänks und des Hin und Her der Argumente durch eine Politik starken staatlichen Drucks zu rechtfertigen. Im J a n u a r 4 1 2 verfügte Kaiser Honorius formell die Ächtung des Donatismus durch ein Edikt, das eine entsprechend dem sozialen Status gestaffelte Skala von Geldstrafen festlegte, den donatistischen Klerus verbannte und donatistischen Besitz einzog. Die unnachgiebigen Circumcellionen wurden zu einem letzten Ausbruch wütender Greuel5 Siehe oben S. 196.

Das donatistische Schisma und die Anwendung staatlichen Zwanges

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taten getrieben, aber Augustin machte die Erfahrung, daß das Problem der Scheinbekehrungen nicht so ernst war, wie er einmal befürchtet hatte. Doch schon nach wenigen Jahren wurde das Schisma, das so lange die afrikanischen Gemeinden gespalten hatte, von den verheerenden Auswirkungen der Germaneninvasion in den Hintergrund geschoben. Im Jahre 429 überschritten die arianischen Vandalen, die 407 Gallien und 409 Spanien überschwemmt hatten, die Straße von Gibraltar und schonten weder Katholiken noch Donatisten. Augustins letzte Briefe galten dem Gewissensproblem, ob Geistliche sich den Flüchtlingen anschließen dürften. In Gallien und Spanien waren es in vielen Städten wie etwa in Toulouse hauptsächlich die Bischöfe gewesen, die den Widerstand gegen die Invasoren organisierten; aber einige Bischöfe hatten sich dem Strom der vor den mordenden und plündernden Horden Fliehenden angeschlossen. Was sollten die afrikanischen Kleriker tun? Augustin wollte nicht, daß die besten Priester alle in dem bevorstehenden Massaker zugrunde gingen. Es bestand jedoch die klare Pflicht, zur Stelle zu sein, um jene geistlich zu betreuen, die nach der Taufe oder den Sterbesakramenten schrien, bevor die grausamen Eindringlinge ihnen den Hals abschnitten. Augustin empfahl, daß einige gehen und einige bleiben sollten, und daß die Geistlichen, um schwierige Entscheidungen zu vermeiden, losen sollten. Er selbst blieb während der Belagerung durch die Vandalen in Hippo, starb aber am 28. August 430, noch bevor die Vandalen den Verteidigungsring durchbrachen. Die donatistische Gemeinschaft war durch die Unterdrückungsmaßnahmen der Regierung und den vandalischen Angriff zwar geschwächt worden, überstand aber auch noch die Rückeroberung Nordafrikas durch Justinian im sechsten Jahrhundert. In Numidien war sie stark genug geblieben, um im Jahr 590 Papst Gregor dem Großen Kummer zu bereiten, der es besonders ärgerlich fand, daß die örtlichen Regierungsbehörden zögerten, die antidonatistischen Gesetze durchzuführen. Aber ein Jahrhundert später erlagen Katholiken wie Donatisten der Überschwemmung des

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Die Entwicklung des lateinischen christlichen Denkens

Islams. Noch im zwölften Jahrhundert gab es im Maghreb Christen, aber die Donatisten waren aus der Geschichte verschwunden.

Die „Gottesstadt"

und der pelagianische

Streit

Das faktische Ende des donatistischen Streites auf der Konferenz von Karthago 4 1 1 setzte Augustins Kräfte für andere Interessen frei. Er sehnte sich danach, ein ausgedehntes Werk über die Trinitätslehre zu vollenden, das seit 399 seine wenigen freien Augenblicke in Anspruch genommen hatte. Aber selbst dies mußte wegen anderer dringender Aufgaben noch einmal zurückgestellt werden. Im Jahr 4 1 0 erlitt die westliche Welt, die noch unter den Schlägen der Barbaren in Gallien und Spanien taumelte, den betäubenden Schock der Plünderung Roms durch die Goten unter Alarich. Flüchtlinge strömten nach Afrika und in den sichereren griechischen Osten. In einer Stimmung wilder Erregung wurden dringend die großen Fragen nach dem Wirken der göttlichen Vorsehung in der Geschichte gestellt. Warum hatte der Schutz des Petrus und Paulus sich als unwirksam erwiesen und die Stadt nicht gerettet? Die Heiden glaubten, die unfaßbare und unvorstellbare Katastrophe sei die Folge davon, daß das Reich sich von den nun zürnenden Göttern abgewandt hatte, deren himmlischer Gunst Rom seine Größe verdankt hatte. Auf Anregung Augustins antwortete Orosius, ein Priester aus Spanien, der vielleicht in der Zeit der Vandaleninvasion nach Afrika übersiedelt war, den Heiden mit einer kurzen Weltgeschichte, die beweisen sollte, daß die vorchristliche Geschichte von viel schlimmerem Elend und Unglück erfüllt gewesen sei, als es die Angriffe der Barbaren gebracht hatten, die Gottes gerechtes Gericht über die überlebenden Heiden seien. Unterdessen arbeitete von 4 1 3 bis 427 Augustin selbst an einer riesigen Apologie des Christentums, der Gottesstadt, in der er die Kirche erblickte, die jenseits des Aufstiegs und Falls aller Reiche und Zivilisationen für das Reich Gottes, die wahre „ewige Stadt", steht. Auch nicht das „christliche" Rom

Die „Gottesstadt" und der pelagianische Streit

2.65

konnte verlangen, von dem Chaos und der Zerstörung, die die Barbaren gebracht hatten, verschont zu werden. Augustin nahm niemals an, daß die Interessen des römischen Reiches und die des Reiches Gottes mehr oder weniger identisch seien. Er meinte, daß der Staat gegenüber der Kirche die positive Aufgabe der Erhaltung von Frieden und Freiheit habe. Aber die Barbaren, die das Imperium angriffen, waren nicht notwendig auch Feinde der Gottesstadt. Die Aufgabe der abendländischen Kirche würde sein, ihre neuen barbarischen Herren zu bekehren. Die Gottesstadt schreitet von der Kritik an der heidnischen Religion und Philosophie zur grundsätzlichen Beurteilung von Staat und Gesellschaft fort. Der Titel des Werkes drückt einen Gegensatz zu Piatons politischem Dialog Der Staat aus. Die wahre Bestimmung des Menschen liegt jenseits dieses Lebens. Kein irdischer Staat kann Sicherheit vor äußeren Angriffen oder innerer Zerrüttung gewähren. Die Geschichte ist eine Folge fast unaufhörlicher Kriege. Der Mensch ohne Gott ist das Opfer von Furcht und Eigenliebe und wird vom eitlen Streben nach imperialistischer Herrschaft getrieben. „Ohne Gerechtigkeit sind die Staaten nichts anderes als große Räuberbanden." Gleichwohl ist die Organisation der Gesellschaft ohne Gott nicht gänzlich schlecht. Die römischen Eroberer besaßen Mut und Energie. Ihr Reich gewährte Vorteile, die die Christen als Gaben Gottes empfangen haben. Obwohl der Staat, ebenso wie Privateigentum und Sklaverei, nur eine Folge des menschlichen Falles ist, so gebietet er doch der Unredlichkeit und unsozialem Verhalten Einhalt. Ein Herrscher, ob christlich oder heidnisch, verlangt zu Recht Gehorsam, außer wenn er befiehlt, Unrecht zu tun. Z u Recht zahlen die Christen Steuern und übernehmen ihr Teil an Verantwortung an Regierung, öffentlichen Ämtern und Verteidigung in „gerechten" Kriegen. Überdies ist weder der Staat einfach mit der „irdischen Stadt" der Eigenliebe identisch, noch läßt sich die hier auf Erden kämpfende Kirche mit der Stadt Gottes gleichsetzen. Es gibt auch drinnen Wölfe und draußen Schafe. (An diesem Punkt verdankte Augustin viel einem donatistischen Theologen Tyconius, der in einem Kommentar zur Apokalypse und in einem

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Die Entwicklung des lateinischen christlichen Denkens

Buch Regeln zur Schriftauslegung die Lehre von dem „gemischten" Wesen der Kirche dargelegt hatte.) Die Kirche steht für das Himmelreich, und Gott allein kennt die Erwählten. So liegt der Sinn der Geschichte nicht im Strom äußerer Ereignisse, sondern in dem verborgenen Drama von Sünde und Erlösung. Die Gottesstadt wurde zu einem Werk über Wesen und Bestimmung des Menschen. Dieses Thema wurde zum Gegenstand einer weiteren Kontroverse. Um 4 1 1 , als Augustin, vielleicht in donatistischen Angelegenheiten, von Hippo abwesend war, ging im Hafen ein angesehener Flüchtling aus Rom an Land, der vorsprach, um auf der Reise nach Jerusalem Augustin seine Aufwartung zu machen. Der enttäuschte Besucher war ein britischer Mönch namens Pelagius, der mehrere Jahre in Rom gelebt hatte und sich dort als Sittenlehrer und Seelsorger beträchtliches Ansehen erworben hatte. Pelagius reiste weiter, ohne Augustin begegnet zu sein, ließ aber in Afrika einen Freund und Reisegenossen namens Caelestius zurück, einen Rechtsanwalt, dessen allzu wortgewandtes Eintreten für die Anschauungen des Pelagius in Karthago bald höchste Besorgnis hervorrief. Während seiner Jahre in Rom war Pelagius von dem unbekümmerten moralischen Ton in der römischen Wohlstandsgesellschaft beunruhigt worden, die die Gebote und Ratschläge des Evangeliums leicht nahm. Er war besonders erschreckt worden, als in seiner Gegenwart ein Bischof ein Gebet aus Augustins Bekenntnissen angeführt hatte: „Du befiehlst Enthaltsamkeit; gib, was Du befiehlst; dann magst Du befehlen, was Du willst". Der Gebrauch, der von diesen Worten gemacht wurde, schien Pelagius die moralische Verantwortlichkeit zu untergraben und billige Gnade zu predigen. Pelagius war ebenso wegen des sichtbaren Eindringens des manichäischen Pessimismus in die Kirche besorgt. In der Zeit des Damasus war in Rom ein beachtenswerter Kommentar zu den Paulusbriefen von einem Verfasser erschienen, dessen Name nicht sicher bekannt ist, dessen Denken aber von auffallender Originalität ist.6 6 Der Kommentar wurde unter dem Namen des Ambrosius überliefert. Deshalb wird der Verfasser „Ambrosiaster" genannt.

Die „Gottesstadt" und der pelagianische Streit

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Der unbekannte Ausleger hatte die Worte des Paulus in Römer 5, 1 2 in dem Sinn erklärt, daß „in Adam alle wie in einer Masse sündigten", und hatte dazu bemerkt, daß diese Übertragung der Sünde auf Adams Nachkommenschaft voraussetzen könnte, daß die menschlichen Seelen wie die menschlichen Körper von den Eltern herstammen. Solche Lehren wirkten auf Pelagius zutiefst beunruhigend. Er schrieb einen eigenen Kommentar zu den Paulusbriefen, um klarzumachen, daß es keine erbliche Übertragung der Sünde gebe, die seit dem Fall Adams durch den Fortpflanzungsprozeß erfolgt sei. Nach Pelagius sündigen wir durch eine freiwillige Nachahmung der Übertretung Adams und sind durch die Umwelt und eine Folge von falschen Entscheidungen, die die Entscheidungskraft des Willens schwächen, jedoch niemals durch eine der „Natur", mit der wir geboren sind, einwohnende Schuld, tatsächlich verdorben. Pelagius sah es für ein verhängnisvolles Zugeständnis an die Manichäer an, wenn man zugab, daß die Natur des Menschen soweit verderbt sein kann, daß seinem Willen die Kraft fehlt, Gottes Gebote zu befolgen. Ihm schien für den Begriff der Sittlichkeit die Aussage wesentlich zu sein, daß in aller Sünde persönliche Zustimmung enthalten sei und daß es umgekehrt - ohne Zustimmung keine Sünde gebe. Pelagius wurde deshalb zu der Behauptung getrieben, daß es im neugeborenen Kind keinerlei Element des Bösen gebe. Die Folge von Adams Sünde war, so meinte er, daß sie ein verhängnisvoll schlechtes Beispiel des Ungehorsams aufstellte, aber sie übertrug weder Sünde noch Tod auf seine Nachkommenschaft. Adam wurde nicht sterblich, er ist vielmehr sterblich geschaffen worden. (Diese Lehre scheint Pelagius von einem syrischen Schüler Theodors von Mopsuestia, der um 399/400 nach Rom kam, übernommen zu haben). Diese Bestreitung der Sündhaftigkeit kleiner Kinder bedeutet nicht (so erklärte Pelagius), daß Neugeborene nicht der Taufe und der Erlösung in Christus bedürften. Aus Johannes 3 ist es gewiß, daß die Ungetauften keinen Zugang zum Reich Gottes haben. Aber es sei ungeheuerlich, anzunehmen, daß ungetaufle Säuglinge, die keine Sünde getan hätten, von einem gerechten, um

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nicht zu sagen barmherzigen Gott zu den Qualen der Hölle verdammt würden. Sie müssen an einen dritten Ort oder in eine Vorhölle, wo natürliche Seligkeit herrscht, aufgenommen werden. Pelagius wurde vorgeworfen, er leugne die Notwendigkeit der Gnade für den Menschen. Im Lauf des Streites wurde seine Lehre oft entstellt. In Wirklichkeit behauptete er, daß in der Sündenvergebung ein unverdientes Geschenk der Gnade sei. Aber sonst sprach er von der Gnade als einer göttlichen Hilfe, die durch moralische Ermahnung und das erhabene Beispiel Christi vermittelt werde. Das Fortschreiten im sittlichen und geistlichen Leben hängt von freien Entscheidungen des Willens ab, der vor den Möglichkeiten von Recht oder Unrecht steht. Die umstrittenen Gesichtspunkte dieser Behauptungen wurden von dem schon erwähnten Caelestius in Afrika in derart provozierender Form vertreten, daß er in Karthago förmlich verurteilt wurde und sich nach Ephesus davonmachte. Die Abreise sowohl des Pelagius als auch des Caelestius nach dem Osten setzte jedoch dem Streit im Abendlande kein Ende. In Syrakus wurde fleißig für die pelagianischen Lehren geworben. Ein Landsmann des Pelagius aus Britannien, der in Sizilien lebte, veröffentlichte Schriften, die der zentralen pelagianischen These, wenn Gott Gebote gegeben habe (z. B. „Verkaufe alles, was du h a s t . . . " ) , so habe der Mensch die Pflicht, sie zu befolgen, eine sozialistische Deutung gab. Aus der Behauptung, daß nur auf freier Entscheidung beruhende Handlungen moralisch seien, ergibt sich naturgemäß der Abscheu gegen die Ausbeutung von Menschen. 4 1 2 / 1 3 begann Augustin Abhandlungen zu veröffentlichen, die seine Kritiker einer Kritik unterzogen, behandelte aber immer noch Pelagius mit großer Achtung und sandte ihm sogar noch im Jahr 4 1 3 einen höflichen Brief. Aber allmählich begann die Hitze des Streites zu steigen. In Karthago nahm 4 1 4 Demetrias, die junge Tochter einer der reichsten Familien Roms, der Probi, den Schleier als geweihte Jungfrau. Ihre Mutter und Großmutter wünschten, daß das Lob dieses großen Ereignisses entsprechend gesungen werde, und entlockten mehreren hervorragenden Kirchenmännern, darun-

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ter Hieronymus und Pelagius, ausführliche Abhandlungen mit geistlichen Ratschlägen für Demetrias. Der Brief des Pelagius an Demetrias enthielt Dinge, die Augustin für so gefährlich hielt, daß er an die Mutter der Demetrias schrieb, um sie davor zu warnen. Durch das Verhalten des Hieronymus begann der Streit vergiftet zu werden. Viele der abendländischen Pilger, die ihren Weg zu den heiligen Stätten fanden, wurden in den Briefen des Hieronymus zur Zielscheibe beißender Kritik gemacht. Pelagius wurde nicht ausgenommen, und er war so unklug, an dem sehr origenistischen Kommentar des Hieronymus zum Epheserbrief Kritik zu üben. Hieronymus gab zurück, daß Pelagius ein „fetter Hund" sei, der „schwer sei vom schottischen (d.h. irischen) Haferbrei". Im Jahr 4 1 5 schickte Augustin seinen jungen Freund Orosius aus Spanien zu Hieronymus. Auf den Rat des Hieronymus löste Orosius in Jerusalem einen Sturm aus, indem er erklärte, Pelagius wie Caelestius seien von einer afrikanischen Synode formell als Ketzer verurteilt worden; sie leugneten die Erbsünde und die Notwendigkeit der Gnade für den Menschen. Das Allerletzte, was Pelagius wünschte, war bitterer öffentlicher Streit. Nach einer vorläufigen Entscheidung in Jerusalem zu Gunsten des Pelagius kam die Angelegenheit im Dezember 4 1 5 vor eine Synode palästinensischer Bischöfe in Diospolis (Lydda). Pelagius, dessen Ankläger nicht einmal erschienen waren, überzeugte die Bischöfe mühelos davon, daß die Sätze des Caelestius, die 4 1 2 in Karthago verurteilt worden waren, entweder Meinungen waren, die er zurückwies, oder für die er keine Verantwortung übernahm. Er lehrte gewiß nicht (so sagte er), daß der Mensch ohne Gottes Hilfe die Sünde vermeiden könne. Die Erklärungen des Pelagius in Lydda zeigen einen Mann, der nicht über den einfachen Satz hinausgehen wollte, von dem er ausgegangen war, nämlich daß die Gnade für das gute Werk nötig sei, daß es aber auch einen freien, unabhängigen Willensakt geben müsse, für den der Mensch uneingeschränkt verantwortlich sei. Als aber Augustin die Akten des Konzils durchlas, schien es ihm, daß sich Pelagius nicht der Einfalt sondern tiefer Unehrlichkeit und List schuldig gemacht habe: Pelagius hatte nicht deutlich gemacht,

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was er unter Gnade verstand, nämlich äußere Belehrung und Beispiel und nicht jene Liebe Gottes, die nach der Lehre des Paulus durch den heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen ist. Die Afrikaner hielten in den Provinzen Numidien und Africa proconsularis getrennte Synoden, die den Pelagianismus hysterisch verurteilten, weil er sowohl das Gebet als auch die Kindertaufe leugne, und überwiesen die Frage der dringenden Aufmerksamkeit von Papst Innozenz I. Innozenz erwiderte, daß auf Grund der von den Afrikanern übersandten Unterlagen den Pelagianern die Sakramente verweigert werden müßten, wenn sie solche Anschauungen nicht widerriefen. Augustin frohlockte auf der Kanzel, daß die Angelegenheit nun endgültig beigelegt sei: zwei Konzilien hatten ihr Urteil an den apostolischen Stuhl gesandt, und zustimmende Antworten waren zurückgekommen. Causa finita est. Dies war eine allzu zuversichtliche Äußerung. Drei Monate später starb Innozenz I. und Papst Zosimus ( 4 1 7 - 4 1 9 ) wurde sein Nachfolger. Caelestius beschloß nun, seinen Fall persönlich dem Papst vorzulegen. Er reiste von Ephesus nach Rom, w o er Zosimus versicherte, daß er sich völlig dem Urteil des apostolischen Stuhles unterwerfe und daß er fest an die Notwendigkeit der Kindertaufe glaube. Pelagius blieb in Jerusalem, sandte aber Zosimus ein neues Buch, das seine Anschauungen über den freien Willen darlegte. Der Papst war sowohl von der hohen sittlichen Gesinnung der Pelagianer als auch von ihrer hohen Meinung von der päpstlichen Autorität stark beeindruckt. Er teilte den Afrikanern ziemlich schroff mit, daß sie auf voreingenommene Darstellungen der Lehre des Pelagius gehört hätten, der in allen grundlegenden Fragen als orthodox gelten müsse. Die empörten Afrikaner reagierten darauf so zornig, daß Zosimus sechs Monate lang zögerte und ihnen versicherte, daß man noch zu keiner endgültigen Entscheidung gekommen sei. Plötzlich mußte der Papst feststellen, daß er unter Druck gesetzt wurde, nicht von den afrikanischen Bischöfen, sondern vom Kaiser. Augustin und seine Freunde hatten das Z a u dern des Zosimus ausgenützt und dringende Vorstellungen direkt an den Hof in Ravenna gesandt. A m 30. April 4 1 8 wies ein kaiser-

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liches Edikt die Pelagianer als Bedrohung des Friedens aus Rom aus. Die Bemühungen, die zu diesem Edikt geführt hatten, sind in Dunkel gehüllt. Vielleicht wurde es Augustin dadurch erleichtert, das Eingreifen der Regierung zu erreichen, daß er von dem sozialistischen Traktat des pelagianischen Briten in Sizilien Gebrauch machte, in dem mit den stärksten Ausdrücken die Verantwortungslosigkeit der Reichen gegenüber den Armen und die Aufrechterhaltung der Macht durch Folter und Grausamkeit angeprangert wurden. Hier wenigstens lagen glaubhafte Beweise vor, daß der Pelagianismus soziale Revolution bedeuten konnte. Vielleicht waren Berichte nach Ravenna gelangt, daß in Rom die Gemeinde in zwei Parteien gespalten war, von denen eine die Pelagianer unterstützte. Denn bei der nächsten Papstwahl im J a h r 4 i 9 wurden von zwei verschiedenen Parteien, deren raison d'être nicht völlig klar ist, zwei rivalisierende Bischöfe geweiht. Die Wirkung des Ediktes auf Zosimus war niederschmetternd. Er fügte sich in das Unvermeidliche, versandte ein Schreiben, das Pelagius und Caelestius verurteilte, und sah sich nach anderen Wegen um, wie er seinen Unmut über das Vorgehen der Afrikaner ausdrücken konnte.7 Caelestius und seine Freunde appellierten an Alexandrien und dann an Konstantinopel, wo sich 428 Nestorius kompromittierte, indem er ihnen Gehör schenkte.8 Aber die Pelagianer gewannen ihre kirchliche Stellung nicht mehr zurück. 7 Ein afrikanischer Priester aus Sicca Veneria (El Kef) namens Apiarius wurde von seinem Bischof, einem der besten Schüler Augustins, exkommuniziert und wandte sich an Zosimus. Der Papst verlangte schroff die Wiedereinsetzung des Apiarius und begründete sein Recht, über die Berufung zu entscheiden, mit dem Hinweis auf den Kanon von Serdica (siehe oben S. 158), den er als „nicaenisch" (siehe unten S. Z71) zitierte. Die Afrikaner, die nie von dem Konzil von Serdica gehört hatten, verschafften sich aus dem Osten den authentischen Text der Kanones von Nicaea, um zu beweisen, daß Rom keine derartige Gerichtsbarkeit besitze. Augustin, der sich für gewöhnlich mit Wärme über die Autorität Roms äußerte, war sehr bekümmert, daß sich der Papst so rücksichtslos über die afrikanische Unabhängigkeit hinwegsetzte, besonders, da Apiarius eine sehr lästige Person war. Seine Unterstützung durch Zosimus war ein Schnitzer. 8 Siehe oben S. 230.

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Die theologische Diskussion jedoch war noch keineswegs abgeschlossen, und erst in dieser Phase begann Augustin seine Theologie der Gnade wirklich voll zu entfalten. Nach der Lehre, die Augustin derjenigen der Pelagianer entgegenstellte, ist die gesamte Menschheit in Adam gefallen (so sagte es die lateinische Übersetzung von Römer 5, iz). Die Übertragung der Erbsünde ist an den Fortpflanzungsprozeß gebunden. Die allgemeine Überzeugung, daß die Jungfräulichkeit ein höherer Stand als die Ehe sei, lieferte Augustin den Beweis, daß der Geschlechtstrieb niemals von einem Element der Begierde frei sein könne. Auf jeden Fall setzt die Praxis der Kindertaufe zur Vergebung der Sünden voraus, daß die Kinder von Sünde befleckt zur Welt kommen; da sie keine wirkliche Sünde begangen haben, müssen sie die Vergebung für eine Schuld empfangen, die einem Makel ihrer Natur anhaftet. Deshalb sind Säuglinge, wenn sie ungetaufl sterben, verdammt, auch wenn es eine „sehr milde" Form der Verdammung sein wird. Die Menschheit ist eine Masse der Verderbnis, die ohne die erlösende Gnade unfähig zu irgendeiner Handlung aus reinem gutem Willen ist, und alle Tugenden der guten Heiden sind durch die Sünde zunichte gemacht. (Sie sind „glänzende Laster", wie es ein eifriger Anhänger Augustins bald ausdrücken sollte). Wäre die gesamte Menschheit für die Hölle bestimmt, so würde dies nur strenger Gerechtigkeit entsprechen. Trotzdem ist Gottes Barmherzigkeit so groß, daß er in seinem unerforschlichen Willen durch ein Dekret der Prädestination, das allen Unterschieden des Verdienstes vorangeht, eine beträchtliche Minderheit von Seelen zum Heil erwählt hat. Darüber zu klagen, daß diese Erwählung ungerecht sei, hieße das Gewicht der Schuld verkennen, die der Erbsünde und noch mehr der tatsächlich begangenen Sünde anhaftet. Aus dieser Prädestinationslehre ergibt sich der notwendige Folgesatz, daß die Gnade unwiderstehlich ist. Wenn der Mensch so verderbt ist, daß er nicht mehr die Freiheit des Willens besitzt, das Gute zu tun, so muß die Gnade alles tun; und daß diese Macht unwiderstehlich ist, ist eine einfache Schlußfolgerung aus dem göttlichen Prädestinationsdekret, daß sonst zunichte gemacht wäre. Es ist die

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Absicht Gottes, seine Erwählten unfehlbar zu einem bestimmten Ziel zu bringen. Demgemäß besteht der erfahrbare Beweis der Wirkung der Gnade in der anhaltenden persönlichen Tugend eines Menschen bis an sein Lebensende, der „endgültigen Beharrlichkeit", die ein vorherbestimmtes Geschenk Gottes, unabhängig vom Verdienst, ist. Augustins Lehrsätze riefen in verschiedenen Lagern eine schnelle Reaktion hervor. Ein Frontalangriff kam von Bischof Julian von Eclanum (in der Nähe von Benevent), einem erklärten Pelagianer. Die grundlegende These Julians war, daß die Gnade die Natur zu ihrer von Gott bestimmten Vollkommenheit bringe, ihr aber nicht radikal entgegensetzt sei, da auch die Natur die gute Gabe des Schöpfers sei. Nichts „Natürliches" kann böse sein. Der Sexualtrieb sei nur dann schlecht, wenn er in einer Weise betätigt werde, die die von Gott gesetzten Grenzen überschreite, und es sei ganz falsch, die Erbsünde mit der Begierde zu vermengen. Die Schwierigkeit komme daher, so meinte Julian, daß Augustin seine manichäischen Anschauungen in die Kirche mitgebracht habe, daß er unter dem Einfluß einer von Schuldgefühlen belasteten Einstellung zur Geschlechtlichkeit, die von den in den Bekenntnissen geschilderten jugendlichen Torheiten stamme, die guten Werke des Schöpfers verleumde, und daß er die klare Lehre des Paulus leugne, daß Gott wolle, daß alle Menschen gerettet werden. Julian von Eclanum war ein fähiger Denker und ein ungehemmter Polemiker, aber er stürzte mit den Pelagianern und suchte im Osten bei Theodor von Mopsuestia Zuflucht. Inzwischen riefen die Lehren Augustins, die mit jeder Wiederholung und neuen Formulierung härter wurden, die gequälten Proteste vieler hervor, denen der Pelagianismus verhaßt war. Man zog aus Augustins Schriften häufig die bequeme Folgerung, daß das Heil vorherbestimmt sei und man sich nicht um das Gute zu bemühen brauche. Unter den Mönchsgemeinschaften, die Johannes Cassian in Südgallien gegründet hatte, herrschte Bestürzung, als sie ein Exemplar von Augustins Schrift Über Zurechtweisung und Gnade (427) erhielten. Vinzenz von Lerins erschien eine augustinische Lehre als eine höchst be-

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unruhigende Neuerung, die ganz im Gegensatz zur „Orthodoxie" stand, die Vinzenz als jenen Bestand an Glaubenssätzen definierte, der von der gesamten Kirche ohne Abweichung vertreten werde quod ubique, quod Semper, quod ab omnibus. Johannes Cassian ging in seinen Gesprächen so weit, daß er eine andere positive Lehre lieferte. Augustin, soweit stimmte er ihm zu, hatte recht, wenn er lehrte, daß der Mensch an jedem Punkt der göttlichen Gnade bedürfe. Das menschliche Herz gleicht einem Kiesel, den Gott schlägt; aber wenn Gott den ersten Funken einer Antwort erblickt, gießt er seine Gnade ein. Die Fähigkeit, die erste Wendung des Willens zu Gott hin zu vollziehen, ist das Geschenk der Gnade. Aber die tatsächliche Hinwendung besteht aus einem Zusammenwirken des natürlichen Willens mit Gottes gnädiger Hilfe. Cassian verwarf gänzlich den Gedanken, daß die Gnade eine Kraft sei, der man nicht widerstehen und die man auch nicht verlieren könne. Die Kontroverse konzentrierte sich jetzt auf die Psychologie des Glaubens und besonders auf die geheimnisvolle Frage nach seiner Entstehung. Cassians Lehre vermochte nicht dem Einwand zu begegnen, daß, wenn Gott seine Gnade eingießt, sobald er den Willen des Menschen antworten sieht, die Antwort des Willens in gewissem Sinn der Gabe vorangeht, so daß diese nicht bedingungslos ist. Es handelte sich um einen geistvollen Kompromiß, der von einem ultraaugustinischen Enthusiasten, dem Laien Prosper von Aquitanien, angegriffen wurde.9 Mit der Zeit jedoch modifizierte Prosper selbst die harte Strenge seiner Lehre. Er wurde Sekretär Papst Leos I. und löste sich vielleicht unter dessen mäßigendem Einfluß von dem Vollblutprädestinatianismus der letzten Jahre Augustins. Im Jahre 450 trat Prosper als Verteidiger der Lehre auf, daß Paulus mit den Worten „Gott will, daß alle Menschen gerettet werden" meinte, was er sagte. Die religiöse Kraft der vollen augustinischen Lehre lag in dem in ihr zum Ausdruck kommenden überwältigenden Bewußtsein der Abhängigkeit des Menschen von seinem Schöpfer, vor den er nur 9 Siehe oben S. 2 1 1 .

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in tiefer Ehrfurcht hintreten kann. Dieses Bewußtsein führt zu der Einsicht, daß die Erlösung ausschließlich ein Werk der Gnade ist. „Was hast du, das du nicht empfangen hast?" Augustin gab dieser Lehre eine besondere Eigenart und Tiefe durch sein eigenes brennendes Interesse an der subjektiven und psychologischen Seite des Glaubens. Im eigenen Erleben hatte er erfahren, was moralisches Unvermögen bedeutet. Es erschien ihm ganz unrealistisch, mit den Pelagianern von einem freien Willen und einer unverderbten Natur mit der Fähigkeit, sich am Guten zu freuen, zu sprechen. Erstens konnte Augustin nicht in Form einer einfachen Antithese von Natur und Willen denken; für ihn sind alle Akte des Willens Ausdruck des Wesens des Menschen. Zweitens entdeckte er, daß es gerade die Freude an der Rechtschaffenheit war, die er nicht durch irgendeinen Willerisakt erlangen konnte. Er konnte die Richtigkeit der göttlichen Forderungen anerkennen, die in den Zehn Geboten niedergelegt sind. Aber sein Wille und sein Bemühen konnten sich nur dann auf ein moralisch gutes Leben richten, wenn der Heilige Geist die Liebe Gottes in sein Herz goß. Drittens machte es sein psychologischer Realismus Augustin unmöglich, von der Willensfreiheit so zu denken, als handle es sich um eine einfache Wahl zwischen offenen Alternativen, die unberührt ist von den Zwängen, die von den Motiven und Begierden ausgehen, die wir in jede Situation moralischer Entscheidung mitbringen. „Freiheit" bedeutet ihm das Vermögen, sich für das Gute zu entscheiden und es auch zu tun, und eben dies vermag die gefallene Natur des Menschen nicht zu erreichen. Den Theologen in den Klöstern Südgalliens gefiel an Augustin alles außer dem harten Extremismus seiner Lehre von Prädestination und Gnade. Aber zuletzt stimmten sie ihm darin zu, daß die göttliche Gnade jeder menschlichen Antwort vorausgeht; in diesem Sinn wurde auf einem Konzil entschieden, das 529 in Orange stattfand. Sowohl Prosper von Aquitanien als auch Vinzenz von Lerins schufen kurze Zusammenfassungen der Lehren Augustins über die grundlegenden Hauptpunkte des kirchlichen Bekenntnisses; und Prosper ging so weit, daß er einen Leitfaden der augustinischen

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Die Entwicklung des lateinischen christlichen Denkens

Theologie in Versen veröffentlichte. Es war ein Theologe, der in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts in Südgallien oder vielleicht in Spanien lebte, der den mit den Worten „Jeder, der gerettet werden w i l l . . . " , Qutcumque vult, beginnenden für die Katechese bestimmten Abriß der christlichen Lehre verfaßte, der bald (wenn nicht von Anfang an) unter dem erhabenen Titel des Bekenntnisses des Athanasius im Umlauf war. Der Einfluß der Trinitätslehre Augustins auf dieses Dokument ist auffällig, besonders in einer wichtigen Hinsicht.

Die Lehre von der

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In seinem großen Werk Von der Trinität entwickelte Augustin eine Gotteslehre, die jener der Großen Kappadokier zwar näher stand, als es Augustin selbst bewußt war, die aber bewußt in einer Terminologie formuliert war, die von der griechischen Tradition abwich. Augustin war nicht der Meinung, daß die (von Origenes übernommene) Redeweise der Kappadokier von „drei Hypostasen" wirklich befriedigend sei, da sie eine zu starke Betonung der Getrenntheit und Pluralität der göttlichen „Personen" enthielt. Ferner hatten die griechischen Väter gesagt, die Eigenart des Vaters bestehe darin, daß er die Quelle oder der Ursprung der Gottheit des Sohnes und des heiligen Geistes sei; der Sohn ist „gezeugt", während der Geist vom Vater „ausgeht". Augustin war sorgfältig darauf bedacht, jede Möglichkeit von Arianismus und Subordinatianismus von seiner Trinitätslehre fernzuhalten. Deshalb mußte die Einheit der Trinität durch die Aussage gesichert werden, daß der Geist vom Vater und vom Sohn „ausgeht". Zur näheren Erläuterung verwies Augustin auf die Analogie des menschlichen Denkvorgans. Weil der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist, so argumentierte er, dürfen wir erwarten, einige „Spuren" der Trinität in der Seele des Menschen zu finden. Augustin äußert mit einer gewissen Scheu die Vermutung, daß es in der Persönlichkeit des Menschen eine Dreiheit gebe, die aus „Erinnerung" (worunter Augustin das eigent-

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liehe Zentrum der Persönlichkeit einschließlich des Unbewußten versteht), Denken und Willen besteht. Das Denken ist in einem gewissen Maß eine Spiegelung der göttlichen Vernunft, die der Sohn ist; der strebende, begehrende Wille spiegelt die Liebe wider, die der Heilige Geist ist. Augustins Lehre vom doppelten „Ausgang" des Geistes wurde für seine Nachfolger mehr als eine Veranschaulichung oder Analogie. Sie erscheint als formelle theologische Aussage im „athanasianischen" Glaubensbekenntnis und wurde im sechsten Jahrhundert in Spanien als ein unerläßlicher antiarianischer Lehrsatz vertreten. Allmählich wurde die Wendung „und der Sohn" (filioque) in abendländische Glaubensbekenntnisse einschließlich lateinischer Übersetzungen des Bekenntnisses von Konstantinopel (381) eingefügt, bis im siebenten und achten Jahrhundert der Zusatz zu dem ökumenischen Glaubensbekenntnis zum Gegenstand gegenseitiger Kritik und sogar Beschuldigung zwischen dem griechischen Osten und dem lateinischen Westen zu werden begann. Wie, so fragten die Griechen, konnte der Westen die Interpolation im Text des Bekenntnisses der ökumenischen Synode rechtfertigen? Vielleicht aus einem Gefühl für das Gewicht dieser Frage war die letzte Kirche im Westen, die den Zusatz in das Bekenntnis aufnahm, Rom. Es war ein Schritt, der wieder ein wenig zu der Vergrößerung der Kluft zwischen Ost und West beitrug.

16. Kapitel DAS P A P S T T U M Seit der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts ist das rasche Aufsteigen des römischen Stuhls zu einer überragenden Machtstellung ein hervorstechender Wesenszug der kirchlichen Entwicklung im Abendland. Die Fiihrungsrolle Roms geht auf ein frühes Stadium der Kirchengeschichte zurück. Sie ist in dem brüderlichen Eingreifen Roms in den Streit in Korinth vor Ende des ersten Jahrhunderts deutlich zu erkennen. Vielleicht liegen die ersten Keime der künftigen Entwicklung schon in der bemerkenswert unabhängigen Stellung des Paulus gegenüber der Autorität der Jerusalemer Gemeinde und in seiner Schöpfung eines Heidenchristentums, das seinen Mittelpunkt in der Hauptstadt der heidnischen Welt besaß. Das Ansehen der römischen Gemeinde wurde durch die wichtige Rolle, die sie in den Kämpfen mit der Ketzerei im zweiten Jahrhundert spielte, und durch ihr stolzes Bewußtsein, Wahrerin der apostolischen Uberlieferung zu sein, das bereits um 160 in der Errichtung der Gedächtnismale für Petrus und Paulus zum Ausdruck kam, weiter gestärkt. Gegen Ende des zweiten Jahrhunderts verlangte Papst Viktor in einer Weise, die anderen Gemeinden autokratisch erschien, daß alle Gemeinden, auch die des griechischen Ostens, an dem von Rom festgesetzten Tag Ostern feiern sollten. Aber vor dem dritten Jahrhundert bestand kein Anlaß zu einer dauernden theoretischen Begründung dieses Führungsanspruchs. Alle waren Brüder, doch die römische Gemeinde wurde als erste unter gleichen anerkannt. Es läßt sich nicht erkennen, daß die Petrusverheißung Matth. 1 6 , 1 8 : „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen" vor der Mitte des dritten Jahrhunderts in der Geschichte der römischen Leitungs-und Autoritätsansprüche eine Rolle gespielt hätte; erst damals hat der leidenschaftliche Zwist zwischen

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Cyprian von Karthago und Stefan von Rom über die Taufe diesen offensichtlich veranlaßt, sich zu seiner Verteidigung gegen Cyprian auf diesen Text zu berufen. Aber erst im Jahr 382 unter Damasus begann die Petrusverheißung als theologische und biblische Grundlage der Primatansprüche wirklich wichtig zu werden. Seit Damasus ist in der Formulierung der von den römischen Bischöfen erhobenen Ansprüche ein ausgeprägtes Crescendo wahrzunehmen. Es schien eine deutliche Lehre des arianischen Streits zu sein, daß die Gesamtkirche eine viel festere innere Ordnung und eine stärkere zentrale Leitung brauche. Das herkömmliche Verfahren, alle anstehenden Fragen zu regeln und die kirchliche Ordnung zu wahren, war das regelmäßige Zusammentreten von Provinzsynoden, und das Konzil von Nicaea im Jahr 325 hatte die Macht der Metropoliten gegenüber ihren Mitbischöfen wesentlich gestärkt. Sowohl im Osten als auch im Westen wurde es in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts als ein dringendes Bedürfnis empfunden, die von verschiedenen Synoden zu verschiedenen Zeiten erlassenen Kanones systematisch zu sammeln. Besonders Basilius von Caesarea in Kappadokien war bemüht, Entscheidungen der Vergangenheit zu sammeln und diese in einem einheitlichen System des Kirchenrechts zusammenzufassen, das an Stelle der herrschenden großen Anarchie Ordnung und Disziplin bringen sollte. In der römischen Kanzlei begann man ebenfalls eine Sammlung der Kanones anzulegen; die Kanones der westlichen Synode von Serdica, die den römischen Stuhl als Appellationsinstanz einsetzten, wurden mit jenen von Nicaea vereinigt, jedoch ohne jede Angabe der Herkunft der Kanones von Serdica, was zur Folge hatte, daß mehr als ein Papst im fünften Jahrhundert versuchte, den Kanon von Serdica, der die Möglichkeit der Berufung in Rom festsetzte, als angeblichen Beschluß von Nicaea zu zitieren.1 Die Auseinandersetzungen des arianischen Streits schwächten das Ansehen, in dem die Bischofssynoden standen. Sie erfreuten sich immer noch hoher Wertschätzung und Autorität, aber doch nicht 1 Siehe oben S. 271 Anm. 7.

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mehr in dem gleichen Maß wie vor Ausbruch des Streits, da es zu oft vorgekommen war, daß rivalisierende Synoden unvereinbare Manifeste veröffentlicht hatten. Am Anfang des vierten Jahrhunderts sagte Eusebius von Caesarea, daß Synoden für das Leben der Kirche unerläßlich seien. Gegen Ende desselben Jahrhunderts meinte Gregor von Nazianz, daß von solchen Versammlungen niemals Gutes komme. (Sein trauriger Pessimismus war freilich der Ausdruck der persönlichen Enttäuschung, die er 381 in Konstantinopel erlebt hatte2.) Im Westen war die Skepsis gegenüber der Autorität von Synoden noch größer als im Osten. Im Lauf des vierten Jahrhunderts hielten die Arianer eine Reihe von Synoden ab, und Athanasius stellte in unfreundlicher Weise ihre häufigen Versammlungen, die jedesmal neue Glaubensbekenntnisse aufstellten, der unwandelbaren Lehre der Orthodoxie, die gleich von Anfang an im Bekenntnis von Nicaea formuliert worden war, gegenüber. Allein Nicaea, so behauptete Athanasius, besitze echte Autorität und Inspiration und könne die Zustimmung aller wahren Christen verlangen. Die gleiche Auffassung erscheint bei westlichen Autoren des vierten Jahrhunderts. Papst Damasus behauptete kühn, die einzigartige Autorität der Synode von Nicaea beruhe auf der Tatsache, daß ihre Entscheidungen von seinem Vorgänger, Papst Silvester, gebilligt worden seien. In dem Streit um Johannes Chrysostomus berief sich Theophilus von Alexandrien auf einen Kanon, der von einem arianischen Konzil in Antiochien erlassen worden war; dagegen protestierte Papst Innozenz I. mit der Begründung, daß die einzigen Konzilskanones, die die römische Kirche anerkenne, diejenigen von Nicaea seien. Für die Gemeinden des Abendlandes waren Konzilien als Instanz kirchlicher Entscheidungen deshalb von geringerer Wichtigkeit, weil der Stuhl von Rom als einzige apostolische „Gründung" des Westens eine hervorragende Stellung besaß, wie sie von keinem einzigen Bistum in der griechischen Welt erreicht wurde. Denn obwohl Jerusalem einen größeren Nimbus der Heiligkeit besaß als Rom, z Siehe oben S. 1 7 1 .

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waren die Bischöfe von Jerusalem vor dem fünften Jahrhundert keine wichtige kirchenpolitische Kraft. Außerdem war das Metropolitansystem im Osten viel stärker entwickelt und hatte sich mehr durchgesetzt als im Westen. Ein einzelner Bischof von Gallien oder Spanien konnte ohne weiteres um Rat und Hilfe nach Rom schreiben, statt sich an seinen Metropoliten zu wenden. Damasus und seine Nachfolger begannen Ansuchen um Beratung nach Analogie der Anfragen zu behandeln, die von den Provinzstatthaltern an die Kaiser gerichtet wurden, und sie verfaßten ihre Antworten in einem formellen Kanzleistil, der dem der Kaiserreskripte nachgebildet war. Damasus ging dabei von der Voraussetzung aus, daß er in einer Weise wie kein anderer Bischof der historische Nachfolger des Petrus sei (obwohl er anerkannte, daß Petrus, bevor er nach Rom kam, den Vorsitz in der Gemeinde von Antiochien geführt hatte). Ferner konnte die historische Sukzession so gedeutet werden, daß sie den Bischof von Rom auch zum Erben der juristischen Binde- und Lösegewalt mache, die dem Apostel durch das Wort Matth. 16,18 f. anvertraut worden war. Auf der Grundlage dieser juristischen Theorie begannen die päpstlichen Briefe die Form von Dekretalen anzunehmen. Damasus und seine Nachfolger trafen eine Reihe von Entscheidungen, deren Ziel es war, größere Einheitlichkeit in der kirchlichen Disziplin des Westens zu erreichen. Die wichtigsten Fragen, für die eine Regelung getroffen wurde, waren Mindestalter und Qualifikation von Kandidaten für kirchliche Weihen, die Verwandtschaftsgrade, die ein Hindernis für eine christliche Eheschließung darstellten, und die Forderung der Ehelosigkeit von Bischöfen, Priestern und Diakonen (Leo I. fügte die Subdiakone hinzu). Der Einfluß lokaler römischer Bräuche auf die liturgische Sitte begann in dieser Zeit ebenfalls zuzunehmen. Die Gottesdienstformen, die in wichtigen Gemeinden in Gebrauch standen, boten sich stets als Vorbilder an, denen man in kleineren Gemeinden in den Provinzen folgte. Im vierten Jahrhundert führte das Zunehmen der Pilgerfahrten ins heilige Land, die durch das Beispiel Konstantins und seiner Mutter Helena mit ihren herrlichen Kirchengründungen

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in Jerusalem und Bethlehem angeregt worden waren, dazu, daß man weithin, auch im Westen, die Liturgie der Kirche von Jerusalem nachahmte. Um 384 schrieb eine aristokratische Dame aus Spanien namens Egeria ein Reisetagebuch ihrer Pilgerfahrt, die sie über den Sinai zu den heiligen Stätten führte, und schilderte in einem faszinierenden Vulgärlatein die charakteristischen kirchlichen Zeremonien und besonderen Heiligtümer Palästinas. Natürlich übte Rom auf die liturgischen Entwicklungen im Abendland einen noch unmittelbareren und direkteren Einfluß aus. Im Jahr 4 1 6 erklärte Papst Innozenz I., daß das Evangelium ausschließlich von Rom aus in die anderen westlichen Provinzen gelangt sei3, und daß deshalb alle abendländischen Kirchen der römischen Liturgie folgen sollten. Billigerweise muß hier bemerkt werden, daß Innozenz dies nicht an einen afrikanischen oder gallischen Bischof, sondern an einen benachbarten italienischen Suffragan in Gubbio schrieb. In der Praxis wurde das Ziel, die westlichen Kirchen allgemein zur Annahme der römischen liturgischen Sitte zu bringen, vor der Zeit Karls des Großen nicht wirklich verfolgt. Papst Gregor der Große mißbilligte ausdrücklich die Politik, allen anderen Kirchen die römische Liturgie aufzudrängen. In der Zeit des Damasus wurde diese Politik bis zu einem gewissen Grad von Ambrosius in Mailand begünstigt. Ambrosius war erfreut, die Ubereinstimmung Mailands mit Rom festzustellen, war aber nicht der Meinung, daß die Vereinheitlichung so weit getrieben werden solle, daß man charakteristische Bräuche der mailändischen Überlieferung austilgte. In seinen katechetischen Vorträgen Von den Sakramenten, die uns wahrscheinlich durch die inoffizielle private Nachschrift eines seiner Zuhörer erhalten sind, zitiert Ambrosius einige der wichtigsten Eucharistiegebete der Mailänder Liturgie. Die Formulare sind jenen verwandt, die spätere Quellen für die römische Kirche im achten Jahrhundert bezeugen, aber es gibt beachtenswerte lokale Abweichungen. Als 3 In Wirklichkeit haben griechische Missionare wahrscheinlich bei der M i s sionierung N o r d a f r i k a s , vielleicht auch bei der von Marseilles und der des Rhonetals und sogar bei der von Norditalien eine Rolle gespielt, von R o m selbst gar nicht zu reden.

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Monica von Unterschieden in der liturgischen Sitte verschiedener Gemeinden beunruhigt wurde, gab ihr Ambrosius den Rat, sich jeweils an die lokale Tradition zu halten, wie immer sie aussah: in Mailand sollte sie mailändischem Brauch folgen und in Rom sollte sie es halten, wie es dort Sitte war. Auch Augustin, dessen afrikanische Liturgie zu derselben größeren Familie gehörte wie die italienischen Liturgien, bedauerte die Verwirrung, die entstand, wenn Kleriker nach Afrika zurückkehrten und liturgische Bräuche einführten, die sie auswärts kennengelernt hatten. In Italien war es natürlich, daß die Autorität Roms gegenüber den zahlreichen italienischen Bischöfen besonders stark war. Aber entferntere Provinzen, besonders die griechisch sprechenden Gebiete von Griechenland und Mazedonien, waren schwerer zu kontrollieren. Bis 379 gehörten diese zur westlichen Reichshälfte. Damasus stellte fest, daß er in seinen Verhandlungen mit Konstantinopel und dem Osten in dem damaligen Bischof von Thessalonike einen unschätzbaren Verbündeten besaß. Als die Regierung 379 die Verwaltung von Griechenland und Mazedonien an die östliche Reichshälfte übertrug, wurde die Allianz zwischen Rom und Thessalonike in neuer Weise bedeutsam. 381 setzte das griechische Konzil von Konstantinopel fest, daß die kirchliche Gerichtsbarkeit einfach den politischen Grenzen folgen sollte. Dieser Beschluß hätte den Übergang von Griechenland und Mazedonien in den Einflußbereich von Konstantinopel mit sich gebracht und war für Damasus ein zusätzlicher Grund, den Entscheidungen eines Konzils Widerstand zu leisten, das er ohnedies entschieden ablehnte4. Um Roms fortgesetzten Einfluß in diesem Raum geltend zu machen, führten Damasus und seine Nachfolger die Praxis ein, die Bischöfe von Thessalonike zu ihren apostolischen Vikaren zu ernennen. Von Zeit zu Zeit machten seit dem fünften Jahrhundert Patriarchen von Konstantinopel mit voller Unterstützung des Kaisers den Versuch, die Situation zu ändern; aber das Papsttum vermochte bis zum achten Jahrhundert sein Vikariat zu behaupten. 4 Siehe oben S. 172.

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In den lateinisch sprechenden Provinzen bedurfte die Autorität Roms keiner so aktiven persönlichen Vertretung wie in Thessalonike. Doch 4 1 7 wurde durch eine Fehlentscheidung von Seiten des unberechenbaren Papstes Zosimus 5 ein ehrgeiziger Bischof von Arles mit einem Vikariat, das dem von Thessalonike vergleichbar war, betraut, das ihm die Gerichtsbarkeit über die übrigen gallischen Metropoliten verlieh. Der Grund für diese Beförderung von Arles war eine unlängst eingetretene Veränderung im politischen Status der Stadt. Im Jahr 401 schien die Präfektur in Trier vor einem feindlichen Angriff nicht mehr sicher zu sein, und der Sitz der zivilen und militärischen Verwaltung wurde deshalb von Trier nach Arles verlegt. Die Entscheidung des Zosimus rief unter den gallischen Metropoliten einen derartigen Sturm hervor, daß sie von den nachfolgenden Päpsten stillschweigend fallen gelassen wurde. Aber spätere Bischöfe von Arles machten ihre Würde wieder geltend. 445 fühlte sich Bischof Hilarius von Arles in den chaotischen Verhältnissen, die in jener Zeit im Abendland herrschten, genügend frei, um unabhängig von Rom zu handeln. Hilarius wurde von Papst Leo I. wieder zum Gehorsam gebracht, aber nur mit Hilfe eines donnernden Reskriptes des westlichen Kaisers Valentians III., das unter Androhung weltlicher Strafen bestimmte, daß alle Bischöfe in den westlichen Provinzen sich der päpstlichen Gewalt zu unterwerfen hätten. Arles war in dieser Epoche zu einer so wichtigen Stadt geworden, daß die Bestrebungen seiner Bischöfe nicht lange niedergehalten werden konnten. Es erreichte den Gipfel seines kirchlichen Einflusses zu Anfang des sechsten Jahrhunderts unter dem Bischof Caesarius (502-42), dessen großartige Predigten ein anschauliches Bild von den seelsorgerlichen Problemen der Zeit geben6. Aber unter der fränkischen Herrschaft in Gallien nahm die 5 Siehe oben S. 270 f. 6 Die Predigten wenden sich besonders gegen den in vielen Formen fortlebenden heidnischen Aberglauben (einige Bewohner von Arles arbeiteten aus Respekt vor Jupiter am Donnerstag nicht) und tadeln Kleriker, die der Volksreligion Zugeständnisse machten, indem sie Amulette mit biblischen Inschriften verteilten. Caesarius mußte seine Herde ermahnen, nicht schon nach den Psalmen

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Bedeutung von Arles sehr ab, und zur Zeit Papst Gregors des Großen am Ende des sechsten Jahrhunderts war das päpstliche Vikariat gänzlich bedeutungslos geworden. Der größte Papst des fünften Jahrhunderts war Leo I. (440-61). Er hatte die ganze Romantik des Damasus gegenüber der Vergangenheit und dessen Bewußtsein geerbt, daß die Herrlichkeit des kaiserlichen Rom in der hohen christlichen Würde der Stadt ihre Fortsetzung fand. Petrus und Paulus, so erklärte Leo in einer Predigt am 29. Juni, hatten Romulus und Remus als Schirmherren Roms abgelöst. Bei Leo ist nichts von Augustins distanziertem Pessimismus gegenüber dem Imperium als politischer Institution zu spüren, und die Gottesstadt scheint keinen tieferen Einfluß auf ihn ausgeübt zu haben. Seine Briefe und Dekretalen, die in einer prägnanten Sprache ohne die leiseste Spur von Ironie oder literarischen Anspielungen abgefaßt sind, spiegeln den Geist eines Mannes wider, der den Stil der kaiserlichen Kanzlei bewunderte. Aber Leo war kein Mensch, für den kaiserliche Würde und gesetzliche Form wichtiger waren als seelsorgerliche Schlichtheit und mildtätiger Eifer. In sehr direkten Predigten ermahnte er seine Gemeinde zu eifrigem Almosengeben für die Armen und zum Halten von vier kurzen Fasten im Jahr, die wahrscheinlich unter Damasus eingeführt worden waren, in der vorösterlichen Fastenzeit, nach Pfingsten, im September und im Advent. Diese Zeiten wurden später als „Quatembertage" besonders mit den Ordinationen in Verbindung gebracht. Leo hielt seine Herde davon ab, ihr Christentum mit der Sonnenverehrung auf den Stufen der Peterskirche zu vermischen7. Als Ergebnis eines Skandals brachte Leo in seiner Gemeinde eine erschreckende manichäische Infiltration ans Licht, die er durch sorgfältige Überwachung des Empfanges des Kelches bei der Messe eindämmte. (Die und Lesungen die Kirche zu verlassen, sondern zur Messe zu bleiben, und er versuchte, zum privaten Bibellesen zu Hause anzuregen. Z u r Hebung des Predigtniveaus empfahl er, daß die Geistlichen der griechischen Sitte (vgl. oben S. 2.13) folgen sollten, Predigten anerkannter Meister vorzulesen, statt ihre eigenen armseligen Versuche vorzutragen. 7 Siehe oben S. 144.

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Das Papsttum

Kryptomanichäer wollten die Kommunion nur in einer Gestalt empfangen, da sie den Weingenuß ablehnten.) Leo leistete Rom auch hervorragende Dienste als Gesandter, der die Sache der Stadt 452 mit Erfolg vor dem furchtbaren Attila und seinen Hunnen vertrat. Als 455 die Vandalen aus Afrika kamen, war Rom schutzlos; aber Leo hielt die Eindringlinge wenigstens von sinnlosem Morden und Zerstörung ab, wenn er sie auch nicht daran hindern konnte, Rom seiner Schätze zu berauben und viele seiner Einwohner in die Sklaverei fortzuschleppen. In seinen Dekretalen und Briefen festigte Leo die im wesentlichen juristische Lehre von der petrinischen Vollmacht, die sechzig Jahre früher von Damasus entwickelt worden war. Die menschliche Persönlichkeit Leos bleibt trotz der großen Zahl erhaltener Dokumente aus seiner Feder überraschend undeutlich, eben weil er nur im Namen der großen Institution schreiben konnte, mit der er seine persönliche Identität verschmolzen hatte. Leo glaubte, daß er in mehr als einem bloß historischen Sinn der Nachfolger Petri sei. Wenn er predigte oder einen Brief schrieb, so glaubte er, daß Petrus selbst rede oder schreibe; oder wenigstens, daß seine Hörer und Leser seine Worte als die des Petrus aufnehmen sollten. Da der Papst der rechtmäßige Erbe aller dem Petrus verliehenen Vollmachten ist, gibt es keine Verminderung der Schlüsselgewalt, sondern eine plenitudo potestatis. Es hat symbolische Bedeutung, daß Leo der erste Papst war, der in der Peterskirche beigesetzt wurde. Als Leo dem griechischen Osten den Tomus sandte, der 451 in Chalcedon angenommen werden sollte8, untersagte er den versammelten Bischöfen, ihn in einer Diskussion zu prüfen. Jetzt, da die Frage entschieden war, gab es nichts mehr zu diskutieren, und sie hatten den Tomus demütig als eine Äußerung des seligen Petrus selbst anzunehmen. Obwohl Leo sich in der Praxis und aus taktischen Gründen gelegentlich auf Konzilsentscheidungen berufen konnte, maß seine Vollmachtstheorie ihnen wenig Gewicht bei. Die griechischen Bischöfe können die Angelegenheit kaum in derselben 8 Siehe oben S. 236.

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Weise angesehen haben. In Chalcedon wurde der Tomus als wahrhaft würdige und petrinische Kundgebung anerkannt, aber mit der klaren Begründung, daß seine Prüfung ergeben habe, daß er mit anerkannten Normen der Orthodoxie übereinstimme. Das Konzil bewahrte sich seine Unabhängigkeit des Urteils. Leo jedoch vertrat die Auffassung, daß die Lehrdefinition von Chalcedon gültig und unabänderlich sei, weil sie die päpstliche Bestätigung erhalten habe. In der Praxis war Leo vernünftig genug zu erkennen, daß die Aufrechterhaltung der Geltung der Definition von Chalcedon im Osten viel weniger von Rom als von der Politik des Kaisers in Konstantinopel abhing. Die Monophysiten betrachteten Chalcedon als einen vorübergehenden Rückschlag, den sie bald wettmachen würden. Als 457 Kaiser Marcian starb, unternahm die monophysitische Partei die stärksten Bemühungen, seinen Nachfolger für einen antichalcedonischen Standpunkt zu gewinnen. Papst Leo ergriff energische Gegenmaßnahmen. Er lieferte dem neuen Kaiser ein ganzes Arsenal von Argumenten zugunsten seines Tomus und der Definition von Chalcedon und fügte schmeichelhaft hinzu, daß „der Kaiser durch die Inspiration des heiligen Geistes keiner menschlichen Unterweisung bedürfe und keines dogmatischen Irrtums fähig sei". Nach solchen Äußerungen war es für die Nachfolger Leos in Rom nicht so ganz leicht, überzeugend Klage zu führen, als 482 das Henotikon auf Grund der bloßen Autorität des byzantinischen Kaisers veröffentlicht wurde. Die vierunddreißig langen Jahre des Schismas zwischen Rom und den östlichen Patriarchaten, zu dem das Henotikon führte 9 , veranlaßten die Päpste dieser Epoche dazu, in dem Bestreben, Konstantinopel und Alexandrien die Unabhängigkeit zu nehmen, in einem anhaltenden Fortissimo von ihrer Oberhoheit zu reden. Papst Gelasius I. (492-96) erhob den Anspruch, „der Stuhl des seligen Petrus habe das Recht, zu lösen, was durch die Entscheidungen jedes anderen Bischofs gebunden sei". Die Unterstützung, die die östlichen Patriarchate von Kaiser Anastasius I. erhielten, führte Gelasius 9 Siehe oben S. 240 ff. 19

Chadwick, Die Kirche

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dazu, eine kühne Lehre von dem Verhältnis zwischen kirchlicher Vollmacht und weltlicher Gewalt zu entwickeln: Ebenso wie in irdischen Dingen (so schrieb er) die Geistlichen verpflichtet sind, dem Kaiser zu gehorchen, so sei es die Pflicht des Kaisers, sich in kirchlichen Angelegenheiten vor den Prälaten und vor allem vor dem Papst als oberstem Prälaten zu beugen, der Gott für die Art und Weise, in der der Kaiser seine Verpflichtungen erfülle, Rechenschaft geben müsse. In weniger als fünf Jahren konnte Gelasius I. für den römischen Stuhl viel erreichen. Er setzte dem in den Gemeinden von Kalabrien herrschenden Mißbrauch ein Ende, die Kommunion nur in einer Gestalt zu spenden. In Rom stellte er das alte heidnische Fest der Luperkalien ab; dieses Ereignis fand ein direktes Echo in der traditionellen Kollekte für den dritten Sonntag nach Ostern, deren Verfasser Gelasius war. Mehrere seiner Gebete gingen in die lateinische liturgische Tradition ein, und in der Neuzeit hat ihm eine gelehrte Hypothese, die sich jetzt freilich als falsch erwiesen hat, allgemein die Urheberschaft an dem lateinischen Sakramentar zugeschrieben, das in einer Handschrift des achten Jahrhunderts enthalten ist, die von Königin Christine von Schweden der vatikanischen Bibliothek geschenkt wurde. Aber das Ergebnis, daß das „gelasianische Sakramentar" nicht das Werk des Gelasius ist, beeinträchtigt die Tatsache seiner Leistungen auf dem Gebiet der Liturgie nicht. In der Erinnerung des Dionysius Exiguus, des römischen Kirchenrechtslehrers der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts, auf den die Einführung der christlichen Zeitrechnung als Datierungssystem zurückgeht, erschien Gelasius als der ideale Seelsorger. Die Nachfolger des Gelasius waren im allgemeinen weniger eindrucksvolle Männer. Von 498 bis 506 kämpften die Gegenpäpste Symmachus und Laurentius um das Amt, teils mit physischer Gewalt, teils (auf der Seite des Symmachus) mit geschickt gefälschten Dokumenten, die zugunsten von Symmachus den Anspruch erhoben, daß „der apostolische Stuhl von niemandem gerichtet werden könne". Dieser Satz ging in die Theorie der mittelalterlichen Kanonisten über. Das

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unerfreuliche Gezänk fand nur dadurch ein Ende, daß sich Laurentius ins Privatleben zurückzog. Das Schisma war noch peinlicher durch die Tatsache, daß die Herrschaft über Italien in dieser Zeit in den Händen des arianischen Ostgoten Theoderich in Ravenna lag; dessen tolerante Zurückhaltung trug wenig zur Abkürzung des Ringens bei. Noch größere Demütigungen sollten dem Papsttum nach der Beilegung des Bruches mit Konstantinopel in den Jahren 518/19 auferlegt werden. Die Wiederherstellung der chalcedonischen Orthodoxie an Stelle des Henotikon im Osten war das Vorspiel für die Rückeroberung Italiens durch Justinian, die die unbequeme Folge hatte, daß sie die Päpste des sechsten Jahrhunderts der Freiheit beraubte, deren sie sich während des langen Schismas erfreut hatten. Die jämmerliche Laufbahn des Papst Vigilius 10 ist nur ein einziges Beispiel für die Abhängigkeit von der byzantinischen Reichspolitik. Jedoch im Jahr 568, drei Jahre nach dem Tod Justinians, wurde die byzantinische Herrschaft über Italien, die durch das kaiserliche Exarchat in Ravenna ausgeübt wurde, durch das Eindringen der langobardischen Eroberer beendet. Die langobardische Besetzung Norditaliens schuf eine politische Lage, die es Papst Gregor dem Großen ermöglichte, dem Papsttum ein gewisses Maß von Handlungfreiheit zurückgewinnen und seinen Blick von der byzantinischen Welt, die ihm von Herzen zuwider war, den Missionsproblemen zuzuwenden, die sich in den neuen barbarischen Reichen stellten, die jetzt das Abendland beherrschten.

1 0 Siehe oben S. Z45 f.

17- Kapitel DIE K I R C H E UND DIE B A R B A R E N Seit der Zeit Konstantins stellten die römischen Kaiser fest, daß die besten Soldaten für ihre Armee bei den germanischen Stämmen nördlich der langen Rhein-Donaugrenze zu finden waren, deren Angriffe in den Jahren um die Mitte des dritten Jahrhunderts das Imperium beinahe in die Knie gezwungen hatten. Allmählich wurden die Goten für die Verteidigung des Reiches unentbehrlich. Viele von ihnen erreichten hohe Stellungen, und sie begannen Frauen aus römischen Familien zu nehmen. Eine der vielen Klagen Julians über Konstantin war, daß er Barbaren in wichtige Ämter befördert habe; aber heidnische Beobachter mußten feststellen, daß schon nach kurzer Zeit Julian selbst einem Barbaren die begehrte Konsulwürde verlieh. Solche Ernennungen wurden von jenen Leuten übelgenommen, die der Meinung waren, solche Ehrenstellen sollten weiter ein Monopol der großen römischen Familien bleiben. Aber die Einwanderung erfolgte wenigstens allmählich und kontrolliert. Seit 375 veränderte sich die Situation rasch. Der Druck der Hunnen vom heutigen Südrußland aus ließ die Goten mit Macht ins Imperium drängen, und dieser Vorgang setzte sogleich riesige Massen in Bewegung, die politische und soziale Unruhe hervorriefen. Die östliche Reichshälfte bediente sich fast in demselben Ausmaß wie der Westen barbarischer Generäle, aber sie besaß eine Nordgrenze, die, verglichen mit der langen, nicht zu verteidigenden Grenze des Westens entlang Rhein und Donau, verhältnismäßig leicht zu überwachen war. Am 3 1 . Dezember 406 fror der Rhein zu, und die Vandalen, Alanen und Sueven ergossen sich ohne Rücksicht auf Verluste (die Vandalen allein sollen beim Flußübergang zwanzigtausend Mann verloren haben) nach Gallien hinein. Zwei Jahre später waren sie wieder in Bewegung auf der Suche nach Nahrung

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und Weideland und zogen über die Pyrenäen nach Spanien. 429 überschritten die Vandalen die Straße von Gibraltar und fluteten nach Afrika. Sie eroberten 439 Karthago, w o sie ein Piratenkönigreich (etwas größer als das heutige Tunesien) errichteten, das bis in die Zeit Justinians Bestand hatte. Der Germanensturm richtete im Abendland ein Chaos an. Der Zusammenbruch der römischen politischen Herrschaft und Verwaltung ging rasch vor sich, und oft fiel die Aufgabe, den örtlichen Widerstand zu organisieren, in der Hauptsache den Bischöfen zu. Ein persischer Angriff auf eine Stadt in Thrakien wurde nur durch die Energie des örtlichen Bischofs abgewehrt, der eine gewaltige Wurfmaschine dem Schutz des heiligen Thomas befahl und sie dann persönlich mit der Wirkung abschoß, daß er einen Volltreffer auf den Anführer der Barbaren erzielte. In Toulouse erzählte man Wunderdinge von den Heldentaten des Bischofs, der während der Belagerung das Kommando führte. Zuerst betrachtete man die Barbaren als eine nur vorübergehende Geißel, die bald verschwinden würde, wenn man wahrhaft bußfertig wäre. Für Salvian, den sozialistischen Presbyter von Marseilles, waren sie als Strafgericht über die Laster des Imperiums gesandt worden, in dem die Reichen die Armen sündhaft unterdrückt hatten. Aber wahrscheinlich nahm nicht einmal Salvian an, daß das Gericht von langer Dauer sein würde und daß die Eindringlinge gekommen waren, um zu bleiben. Nur langsam nahm die Kirche die Aufgabe in Angriff, unter den Angehörigen der fremden Stämme Missionsarbeit zu treiben; aber mit dem Anwachsen der politischen Bedrohung verlieh die Hoffnung, sie in Menschen des Friedens zu verwandeln, diesem Vorhaben hohe Dringlichkeit. Bei jenen, die im Laufe des vierten Jahrhunderts ins Reich kamen, wurde ein gewisser Fortschritt erzielt. 381 bestimmte das Konzil von Konstantinopel, daß „die Kirchen Gottes unter den barbarischen Völkern nach dem Herkommen verwaltet werden müßten". Der schweigsame Kanon gibt uns zumindest Nachricht von der Existenz von Gruppen orthodoxer germanischer Christen innerhalb des Imperiums. Johannes Chrysostomus predigte in Konstantinopel in der Kirche der Goten, w o sie

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Bibel und Liturgie in ihrer eigenen Sprache hatten, und sandte auch Missionare zu den Goten auf der Krim und nördlich des Schwarzen Meeres. Bald drangen Missionare bis zum Kaukasus vor und gründeten Gemeinden unter den hunnischen Stämmen. Im siebenten Jahrhundert hören wir von missionarischer Tätigkeit unter den Bulgaren und sogar in Zentralasien unter den Turkmenen, wo die Nestorianer wirkten. Viele Goten jedoch wurden im vierten Jahrhundert von Ulfila (etwa 3 1 1 - 8 3 ) nicht zur Orthodoxie, sondern zum Arianismus bekehrt. Die Eltern seiner Mutter waren kappadokische Christen gewesen, die bei einem Goteneinfall im dritten Jahrhundert fortgeschleppt worden waren. 341 erschien er als Mitglied einer gotischen Gesandtschaft an Konstantius im Imperium, wurde von Eusebius von Konstantinopel zum Bischof geweiht und kehrte zurück, um unter den Westgoten Mission zu treiben, für die er das gotische Alphabet erfand und die Bibel übersetzte. Die Goten wurden die wichtigsten Missionare unter den anderen germanischen Stämmen, die alle wenige Jahre, nachdem sie sich im Imperium niedergelassen hatten, dazu neigten, das Christentum anzunehmen. Dies war der Gang der Ereignisse bei den Westgoten, Vandalen, Sueven, Burgundern, Herulern und Ostgoten. Man empfand, daß die Einwanderung in die zivilisierte römische Welt die Annahme des Christentums nach sich zog. Eine Inschrift aus Südgallien, die zweier Barbaren gedenkt, bringt zum Ausdruck, daß ihre volksmäßige Herkunft zu dem Makel gehörte, der in der Taufe abgewaschen wurde. Aber die Tatsache, daß die Barbaren hauptsächlich Arianer waren, war problematisch. Dies bedeutete, daß die Barbarenangriffe auf das Imperium die Identifikation der Katholiken mit dem römischen imperialen Ideal wesentlich verstärkte. Dies bedeutete auch, daß die volksmäßige Andersartigkeit der barbarischen Einwanderer innerhalb des Imperiums durch ihr religiöses Abweichen erhalten wurde. Anfänglich waren es unter den eindringenden germanischen Stämmen allein die Franken, die sich wahrscheinlich um 506 unter ihrem König Chlodwig, „dem neuen Konstantin", zur katholischen Orthodoxie bekehrten; erst später im sechsten Jahrhundert gingen

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der Reihe nach Burgunder, Süeven und Westgoten vom Arianismus zum Katholizismus über. Nach der Mitte des fünften Jahrhunderts halten die katholischen Gemeinden in Gallien, Spanien und besonders in Nordafrika eine Zeitlang vereinzelte Verfolgungen von ihren westgotischen, suevischen und vandalischen Herrschern zu erdulden. Aber der größte Teil der Barbaren hatte Achtung vor römischem Recht und römischen Institutionen und machte es römischen Patrioten meistens leicht, mit ihnen zusammenzuarbeiten, oder forderte sie wenigstens nicht zum Widerstand heraus. Außerdem besaßen die germanischen Stämme in ihren Bemühungen, den furchtbaren Hunnen unter Attila (gest. 453) Widerstand zu leisten, ein starkes gemeinsames Interesse mit dem Imperium. Der Briefwechsel des Sidonius Apollinaris, eines gebildeten gallischen Edelmanns, der um 469 Bischof von Clermont wurde, veranschaulicht, wie die alten gallisch-römischen Aristokraten mit der Situation fertig wurden. Sie konnten sich entweder auf ihre Güter und in ihre Bibliotheken zurückziehen oder Bischof werden und ihr Amt als Ausgangspunkt für eine soziale und politische Zusammenarbeit mit der barbarischen Regierung und zugleich als Garantie ihrer eigenen Unabhängigkeit benützen. Caesarius von Arles und Avitus von Vienne, die großen Bischöfe Südgalliens im sechsten Jahrhundert, fanden es möglich, mit ihren westgotischen und burgundischen Herren zusammenzuarbeiten, ohne mit dem Arianismus religiöse Kompromisse zu schließen. Ebenso lagen die Dinge in Italien. Die Politik der Kollaboration mit den Barbaren beließ wenigstens bis 476 (oder 480) eine geisterhafte Reihe von Kaisern im Amt, die freilich reine Repräsentationsfiguren waren, während die tatsächliche Macht sich jetzt in der Hand barbarischer Armeekommandanten befand. Diese Reihe endete 476, weil der barbarische General Odoaker beschloß, die kaiserliche Null Romulus Augustulus in Ravenna in Pension zu schicken und sich selbst zum „König" von Italien zu machen. Seit der Renaissance ist das Jahr 476, das den endgültigen Zusammenbruch des Westreichs brachte, mit einer tiefen symbolischen Bedeutung bekleidet worden. Damals wurde es nicht in diesem Licht

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gesehen. Wenig hatte sich geändert. Ein etwa vierzig Jahre später schreibender byzantinischer Chronist blickte zugegebenermaßen auf dieses Jahr als den Punkt zurück, der einen bedeutsamen Bruch in der Kontinuität einer Institution bezeichnete, die mit Augustus begonnen hatte. Aber die psychologische Wirkung auf die Zeitgenossen scheint gering gewesen zu sein, wenn man sie mit der gefühlsmäßigen Wirkung der Plünderung Roms durch Alarich im Jahr 4 1 0 vergleicht. In Konstantinopel herrschte noch immer ein mächtiger römischer Kaiser, der die Oberhoheit über den Westen beanspruchte, und auf sein Betreiben wurde Odoaker von dem Ostgoten Theoderich angegriffen und getötet. Theoderich ließ sich seinerseits in Ravenna nieder und nahm den Titel „König" an, aber er anerkannte wenigstens nominell die letzte Oberhoheit des Kaisers in Konstantinopel, solange seine eigene Handlungsfreiheit nicht beschränkt wurde. Unter der Herrschaft Theoderichs (493-526) setzten die römischen Grundbesitzer von altem senatorischem Adel, die sich jetzt zum Christentum bekannten, im wesentlichen das Leben fort, das sie in der Vergangenheit geführt hatten. Sie schätzten ihre Kirche, aber hielten nicht weniger die Herrlichkeit Roms und die Dichtung Vergils in Ehren. Der ostgotische Hof legte gebildeten Studien keine Hindernisse in den Weg. Das hohe kulturelle Niveau, das der arianische Hof in Ravenna erreichte, läßt sich heute noch an dem Stil der Palastkirche Theoderichs (jetzt S. Apollinare Nuovo) mit ihren reichen Mosaiken und ihrem edlen Dekor erkennen. Die Universitätsbibliothek von Uppsala besitzt einen erlesenen Evangeliencodex im Gotisch des Ulfila, der mit silberner Tinte auf Purpurpergament geschrieben ist und der wahrscheinlich für Theoderich in Ravenna geschaffen wurde. Seine Isoliertheit als Arianer half Theoderich, seine Unabhängigkeit zu bewahren, als er dem orthodoxen griechischen Reich die Stirn bot. Die Erhaltung der Unabhängigkeit war ein Interesse, das viele de!r einflußreichsten Christen im Westen ebenfalls teilten, und die Zusammenarbeit zwischen ihnen und dem gotischen König gestaltete sich nicht schwierig.

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Aber die Beilegung des kirchlichen Schismas zwischen Rom und Konstantinopel in den Jahren 5 1 8 / 1 9 1 erweckte bei Theoderich den nicht unbegründeten Verdacht, der byzantinische Kaiser wolle die kirchliche Wiedervereinigung für politische Zwecke ausnützen. Das Hauptopfer dieser Verdächtigungen wurde Boethius (etwa 480 etwa 52.4), ein aristokratischer Gelehrter und reicher Senator. Boethius schrieb nicht nur über die Lehren von Trinität und Inkarnation, sondern verfaßte aüch Werke über platonische und aristotelische Philosophie, darunter eine Ubersetzung der „Einführung" (lsagoge) des Porphyrius und einen Kommentar dazu, die in der mittelalterlichen Philosophie großen Einfluß ausübten. 523 geriet er in den Verdacht, hochverrätische Beziehungen nach Konstantinopel zu unterhalten, und während seiner Haft vor der Hinrichtung schrieb er sein Werk Trost der Philosophie, dessen streng klassischer und heidnischer, von christlichen Motiven fast unberührter Charakter auffällig ist. Vielleicht ging sein Christentum nicht sehr tief. Boethius bedauerte wahrscheinlich das Vorhandensein der Goten und beschäftigte sich mit ihnen in seinem Denken so wenig, wie er nur konnte. Anders war es bei seinem Zeitgenossen Cassiodor (etwa 485-582). Cassiodor bekleidete nicht nur mit Erfolg hohe Ämter unter Theoderich und seinen Nachfolgern, er stellte auch eine lange Geschichte der Goten zusammen (von der ein von dem Goten Jordanes hergestellter Auszug erhalten ist). Er erkannte das durch die neue Situation der barbarischen Ansiedlungen geschaffene dringende Bedürfnis nach Erziehungseinrichtungen und plante sogar ein Institut für höhere Studien in Rom, das dem Vorbild der Schulen von Alexandrien und Nisibis folgen sollte. Aber die Entscheidung Justinians, die Goten aus Italien zu vertreiben, setzte allen Hoffnungen Cassiodors auf Romanisierung und Zivilisierung der Barbaren in einer gemeinsamen christlichen und klassischen Kultur ein Ende. Er zog sich auf sein malerisches Gut in Squillace in Kalabrien zurück und gründete dort eine klösterliche Gemeinschaft unter dem Namen „Vivarium" (Fischteich), die als ein Zentrum religöser Stu1 Siehe oben S. 2 4 1 .

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dien gedacht war. Die Gründung unterschied sich von anderen durch die Tatsache, daß Cassiodor seiner Gemeinschaft ein spezifisch gelehrtes Gepräge zu geben versuchte. Wenige Jahre zuvor, um 529, hatte Benedikt von Nursia sein Kloster in Monte Cassino in Mittelitalien gegründet 2 . Den benediktinischen Mönchen wurde geboten, die Zeit, die nicht dem Gottesdienst, frommer Lektüre oder Meditation gewidmet war, mit Handarbeit zu verbringen. Ohne Zweifel bestand ein Teil dieser Handarbeit in der Herstellung von Abschriften der Bibel und der Werke Cassians oder des Basilius, deren Lektüre in der Benediktregel empfohlen war. In der Zeit Cassians am Anfang des fünften Jahrhunderts wurde die Handarbeit, die durchaus in der Form der Herstellung einer Bibelhandschrift geschehen konnte, als Heilmittel gegen Untätigkeit verordnet, die den Mönch besonders anfällig für Angriffe des Teufels machte. In Cassiodors Kloster in Vivarium jedoch sollte diese Handarbeit des Kopierens von Handschriften intellektuellen Zielen dienen, die nicht im engeren Sinne religiös waren. Vivarium war ein lieblicher Ort, der hervorragende Möglichkeiten zum Angeln bot und in seiner Stille zu angenehmem Meditieren anregte; und Cassiodors Bücher waren köstlich gebunden. Er wollte nicht nur, daß seine Mönche die Bibel auswendig lernten, wie diejenigen Benedikts, sondern auch daß sie sie verstehen und auslegen lernten. Deshalb setzte er einen Kurs weltlicher Studien fest, der dem Programm folgte, das Augustin in seiner Schrift „Von christlicher Lehre" skizziert hatte. Der Gedanke, daß ein Kloster ein Zentrum des Geistes und der Bildung sein sollte, war nicht ganz neu. Im griechischen Osten war es schon lange üblich gewesen, Knaben zur Erziehung in Klöster zu schicken. Kurz vor Cassiodor war ein glühender Bewunderer Augustins namens Eugippius, der zusammen mit Severin bei den heidnischen Eindringlingen im heutigen Österreich das Christentum eingeführt hatte, Abt eines Klosters in Lucullanum unweit von Neapel gewesen, wo die Mönche nachdrücklich 2 Siehe oben S. 212 f.

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ermuntert wurden, theologische Werke abzuschreiben und zu studieren. Aber Cassiodor bemerkte kritisch über Eugippius, daß „er nicht in der profanen Literatur gelehrt w a r " . Es w a r etwas Neues, daß in Vivarium den Mönchen geboten wurde, Cicero, Quintilian und lateinische Ubersetzungen von Aristoteles, Porphyrius und Galen zu lesen. Nach dem benediktinischen Ideal verlangte die ausschließliche Suche nach Gott die Loslösung von allen weltlichen Studien und der profanen Literatur. Der liberale Humanismus Cassiodors sollte schließlich in die benediktinische Tradition aufgenommen werden, und zu dieser Vereinigung sollten auch die irischen Mönche einen Beitrag leisten, aber dies geschah weder leicht noch schnell. Als Papst Gregor der Große (540-604) eine glänzende weltliche Karriere als Präfekt von Rom aufgab, um Mönch zu werden, war der Heilige, den er sich als Vorbild wählte, Benedikt von Nursia, dessen Biographie er in seinen Dialogen von 593 schrieb. Gregor hatte das charakteristische Empfinden, daß die Bekehrung die Abwendung von der Welt in allen ihren Formen, einschließlich der Literatur, zur Folge haben müsse. In der geschliffenen Prosa seiner Briefe und Predigten erlaubte er sich selten eine klassische Anspielung, und zu seinen großen Leistungen als Papst (seit 590) gehörte nicht die Schaffung eines gelehrten römischen Klerus. Gregors Pastoralregel für Kleriker war jenseitsbezogen und mönchisch. Z w a r erst eine späte mittelalterliche Legende schrieb Gregor die Zerstörung der palatinischen Bibliothek in Rom zu; aber wenn er an ihr vorbeiging, blickte er vielleicht nach der andern Seite. Es ist zuerst überraschend, wenn man sich von den Briefen Gregors des Großen, die voll gesundem Menschenverstand und Weisheit eines erfahrenen Verwaltungsbeamten sind, zu seinen Dialogen mit ihren phantastischen Berichten von bizarren Wundern und Visionen italischer Heiliger wendet. Offenbar hatte sich die Überspanntheit (und der Lokalpatriotismus) der Schilderung Martins von Tours durch Sulpicius Severus gegenüber der Zurückhaltung und Nüchternheit Johannes Cassians durchgesetzt. Dennoch kommen in den Dialogen, die dem modernen Leser so zuwider sind, die

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Gründe zum Vorschein, warum Gregor der richtige Mann für seine Zeit war. Als Papst trug er mehr als irgendjemand sonst zur Überbrückung der Kluft zwischen der hochkultivierten Vergangenheit Roms und der jetzt barbarischen Gesellschaft des Westens bei. Kompromißlos in seiner Betonung des Jenseitigen und Übernatürlichen, betrachtete er es auch als selbstverständlich, daß das Christentum in völliger Übereinstimmung mit den einfachen Bestrebungen sehr gewöhnlicher Sterblicher ohne Ansprüche auf höhere Kultur stehe. Gregor sandte gern wundertätige Reliquien wie etwa Feilspäne von den Ketten des Petrus an barbarische Fürsten. Gegen puritanische Bilderstürmer verteidigte er energisch Bilder und Statuen in den Kirchen, die die „Bibel des armen Mannes" waren. Er drängte darauf, daß die Kirche alte heidnische Tempel und Feste übernehmen und ihnen einen christlichen Sinn geben sollte. In Gregors unbewußter Identifizierung der Kirche mit der barbarischen Kultur, innerhalb deren sie jetzt im Abendland ihr Werk zu vollbringen hatte, tritt eine tiefe Folgerichtigkeit an den Tag. Gregors Beziehungen zu der hochzivilisierten Gesellschaft der Byzantiner waren niemals unbeschwert oder entspannt. Sechs Jahre lang (579-85) hatte er als ständiger Vertreter der römischen Kirche in Konstantinopel gelebt. Trotzdem gab er sich in dieser ganzen Zeit keine Mühe, Griechisch zu lernen, und traute nie den griechischen Christen, über die er die herkömmliche lateinische Meinung ererbt hatte, daß sie „zu klug seien, um ehrlich zu sein". Gegenüber dem Patriarchen von Konstantinopel nahm Gregor weiter die traditionelle römische Haltung kühlen Mißtrauens ein; und als er als Papst erfuhr, daß sich der Patriarch selbst den Beinamen „ökumenisch" beilegte, einen Titel, der zugegebenermaßen in Konstantinopel seit fast einem Jahrhundert in regelmäßigem Gebrauch gewesen war, protestierte er heftig dagegen, daß kirchliche Würdenträger Ehrentitel führten; er selbst war nur „Diener der Diener Gottes"; dieser Titel mit seinem impliziten Anspruch auf universale Gerichtsbarkeit war überdies das ausschließliche Privileg Roms. Italien war in der Zeit Gregors des Großen weitgehend von den langobardischen Invasoren besetzt, und das Gebiet, das von dem

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Exarchen des byzantinischen Kaisers in Ravenna kontrolliert wurde, war verhältnismäßig klein. Rom jedoch war eine byzantinische Stadt und blieb dies während des ganzen siebenten Jahrhunderts. Der Papst war ein Untertan des Kaisers in Konstantinopel. Aber Gregor hatte persönliche Vorurteile gegen die Griechen. Er hatte auch von Augustin gelernt, über die Verbindung zwischen Kirche und Imperium mit einer gewissen Distanziertheit zu denken. Vor allem erkannte er, daß die barbarischen Reiche des Westens keine kurzfristigen Regime von Armeen waren, die bald zu anderen Weidegründen weiterziehen würden, sondern daß sie eine soziale und politische Realität waren, mit denen sich die Kirche auf die Dauer verständigen mußte. Die Westgoten in Spanien waren jetzt katholisch. Im nördlichen Gallien hatten sich die Franken am Anfang des sechsten Jahrhunderts unmittelbar zum Katholizismus bekehrt, und in den Augen Bischof Gregors von Tours (etwa 540 bis 594), des Geschichtsschreibers der Franken, war ihr Kommen eine göttliche Befreiungstat, die zur Rettung der dekadenten Gesellschaft des römischen Reiches und zu ihrem Schutz gegen den verderblichen Arianismus Theoderichs und der Ostgoten gesandt war. Für Gregor den Großen schien es natürlich, daß er zu den Franken und Westgoten eine ebenso positive Haltung einnahm. Außerdem erblickte der Papst jenseits dieser Völkerschaften die Notwendigkeit einer Christianisierung der heidnischen Angelsachsen in England. Die Verbindungen zwischen Britannien und dem Kontinent waren durch den großen Einbruch der barbarischen Stämme in das Innere Galliens und Spaniens in den Jahren 407-09 vorübergehend in die Gefahr geraten, abgeschnitten zu werden. Britannien hörte auf, eine Provinz des römischen Reiches zu sein, und mußte sich auf eigene Faust gegen die eindringenden Pikten und Schotten wehren. Z u diesem Zweck wurde die schicksalhafte Entscheidung getroffen, die Hilfe einiger Sachsen anzurufen. Aber es dauerte lange, bis die sächsischen Eindringlinge zu solcher Zahl anschwollen, daß die Briten ganz in die westlichen Teile der Insel zurückgedrängt wurden. Wenigstens in der ersten Hälfte des

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fünften Jahrhunderts blieben die britischen Christengemeinden intakt und riefen hauptsächlich wegen ihrer starken Sympathien für Pelagius bei ihren gallischen Brüdern Besorgnis hervor. Der Wunsch, diese Neigung zum Pelagianismus zu korrigieren, mag eines der Motive gewesen sein, die Papst Coelestin dazu veranlaßten, 4 3 1 Palladius als Bischof zu den Iren zu senden, und es war sicher die Notwendigkeit, den Pelagianismus niederzuwerfen, die 429 und nach ungefähr zwölf Jahren noch einmal Bischof Germanus von Auxerre nach England führte. Bald nach der Zeit des Palladius wirkte Patrick als Missionsbischof in Irland und gründete klösterliche Gemeinschaften. In seinem autobiographischen Bekenntnis, das in einem ungeschickten Vulgärlatein geschrieben ist, klagte Patrick darüber, daß er von bestimmter Seite wegen seiner geringen Bildung kritisiert werde; vielleicht besaß Irland bereits Christen mit höherer lateinischer Bildung. Auf jeden Fall wurden die irischen Klöster spätestens im sechsten Jahrhundert zu beachtlichen Zentren der Wissenschaft, die nicht nur die Theologie, sondern auch die Grammatik umfaßte und ein lebhaftes Interesse an den richtigen Methoden zur Berechnung des Osterdatums zeigte, eine Frage, in der sich zwischen den konservativen und isolierten Kelten und den Kirchen auf dem Festland eine Abweichung herausgebildet hatte. 563 gründete der irische Mönch Columba ein Kloster auf der Insel Iona, das die christliche Mission zu den wilden Stämmen Schottlands trug. Seine Piktenmission war nicht das erste Unternehmen dieser Art, da schon mehr als ein Jahrhundert früher Ninian eine Missionsgemeinde in Whithorn (Candida Casa) in Galloway gegründet zu haben scheint. Aber das neue Kloster auf Iona wurde zu einem aktiven Zentrum der Ausbreitung des Christentums in Schottland und Nordengland. In England und Wales gewannen die sächsischen Eindringlinge allmählich die Oberhand. Die britischen Christen wurden durch Streit entzweit, und um 540 zeichnete ein Diakon namens Gildas ein düsteres Bild von moralischem Verfall und organisatorischem Chaos. Ende des sechsten Jahrhunderts beherrschte das heidnische Königreich von Kent, dessen Hauptstadt Canterbury war, den

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Großteil von England südlich des Humber. König Ethelbert von Kent heiratete jedoch eine christliche Frankenprinzessin. Papst Gregor sah die Gelegenheit zur Mission, und sandte deshalb aus Rom den Mönch Augustin. Auf der Reise durch Gallien scheint Augustin zum Bischof geweiht worden zu sein; mit einer Schar ihn begleitender Mönche ging er in Thanet an Land und taufte alsbald Ethelbert und viele seiner Leute. Es war eine Stammesbekehrung. Es war der Plan Gregors, daß Augustin die englischen Hauptbistümer in den alten Römerstädten London und York errichten sollte; aber in der Praxis wurde und blieb Canterbury, die Hauptstadt von Kent, der Sitz Augustins und sein wichtigstes Missionszentrum. Allmählich wurde die Mission trotz vieler Hindernisse und Rückschläge auf andere Teile des Landes ausgedehnt. Man empfand jedoch eine Spannung zwischen der neuen Mission in Kent und den alten Gemeinschaften britischer Christen im Norden und Westen. Die Kelten waren äußerst konservativ in ihrer Methode der Berechnung des Osterdatums und in der von ihnen angewandten Form der Tonsur und lehnten die andere Art Augustins und seines Klerus ab. Ihr Verhältnis wurde bald noch weiter durch die Mission in Northumbrien erschwert, die von Aidan, einem Mönch aus Iona, geführt wurde, der 635 sein Kloster in Lindisfarne gründete. 657 gründete die Äbtissin Hilda, die Schülerin Aidans, in Whitby ein Doppelkloster für Männer und Frauen. Aber auf einer Synode in Whitby im Jahr 664 wurde die Kirche Nordenglands dazu gebracht, dem kontinentalen Osterdatum zuzustimmen, und wurde mit Canterbury gleichgeschaltet: „Die einem Gott dienen, sollen einer einzigen Lebensordnung folgen und nicht in der Feier der himmlischen Sakramente uneinig sein". Papst Gregor der Große mit seinen großzügigen augustinischen Ansichten über die Überflüssigkeit liturgischer Einheitlichkeit hätte wahrscheinlich einige der Erklärungen von Whitby ziemlich extrem gefunden; aber es war eine offenkundige praktische Notwendigkeit, daß die keltischen und sächsischen Kirchen, die auf derselben Insel lebten, in einer so wichtigen Frage wie Ostern untereinander und mit dem Kontinent im Einklang waren.

18. Kapitel GOTTESDIENST UND KIRCHLICHE KUNST Die Liturgie Die frühen Christen teilten mit den Juden die Uberzeugung, daß „Religion" eine Deutung des Lebens in seiner Ganzheit sei und sich durchaus nicht auf kultische Akte und Zeremonien beschränke. Aber sie hatten auch mit den Juden die Vorstellung gemeinsam, daß Gott bestimmte Bundeszeichen seiner Gnade gegeben habe. Die Christen betrachteten die Beschneidung als eine besondere Bestimmung, die auf das Judentum beschränkt war und nicht für die Heidenchristen galt; aber sie behielten die Taufe bei, die ein wichtiger Bestandteil der Zeremonien bei der Zulassung eines heidnischen Proselyten zur Synagoge war. Brot und Wein des jüdischen Passah und anderer sakraler Mahlzeiten gewannen für die Kirche dadurch höchste Bedeutsamkeit, daß man sie zum letzten Abendmahl und zur Kreuzigung in Beziehung setzte, durch die, wie Paulus es formulierte, „Christus als unser Passah für uns geopfert wurde" (I. Kor. 5,7). Es gab in der frühchristlichen Literatur eine Denkrichtung, die das Judentum als die Religion der Äußerlichkeit dem Christentum als der Anbetung Gottes „im Geist und in der Wahrheit" gegenüberzustellen pflegte. Aber die Christen wußten sehr gut, daß sie, wenn sie eine Körperschaft mit einem einheitlichen Gemeinschaftsleben sein wollten, nicht von rein individualistischer Innerlichkeit leben konnten. Sie brauchten Form und Ordnung, und sie wußten, daß die sichtbaren Zeichen der Taufe und des Abendmahls dona data, Gottes Gaben an seine Kirche, und verba visibilia, eine sichtbare Verwirklichung des Inhalts des Evangeliums, seien. Schon zur Zeit des Paulus war es bei den Christen Sitte, sich in Erinnerung an die Auferstehung des Herrn am Sonntag zum Gottes-

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dienst zu versammeln; und dieses wöchentliche Gedenken an die Auferstehung am „Herrentag" führte mit der Zeit zur Verschiebung der jährlichen Osterfeier vom Datum des jüdischen Passah am vierzehnten Tag des Monats Nisan auf den darauffolgenden Sonntag 1 . Bald wurden andere Feste jüdischer Herkunft wie etwa Pfingsten in der Kirche allgemein gefeiert. Im vierten Jahrhundert wurden Himmelfahrt und das Fest der Geburt Christi, das der griechische Osten am 6. Januar, der Westen am 25. Dezember beging 2 , in den Festkalender aufgenommen. Wie die Juden hielten die frühen Christen bestimmte Fasttage. Nach jüdischer Sitte fastete man am Montag und Donnerstag (vgl. Lukas 1 8 , 1 2 : „Ich faste zweimal in der Woche"). Spätestens Ende des ersten Jahrhunderts waren die christlichen Fasttage Mittwoch und Freitag. Bald nannte man den Fasttag statio, Tag des militärischen Wachdienstes. Im „Hirten des Hermas" wurde den Christen gesagt, daß das an Stationstagen von Gott verlangte Fasten Enthaltung von bösen Taten und Begierden sei. Aus der Stelle Markus 2,20 ging hervor, daß die Christen besonders an dem Tag, „an dem der Bräutigam von ihnen genommen wurde", d. h. zum Gedenken der Passion, fasten sollten. Das dem Osterfest unmittelbar vorangehende Fasten gewann wachsende Bedeutung und schloß eine die ganze Nacht dauernde Vigil ein, bei der bald besondere Osterkerzen verwendet wurden. Das vorösterliche Fasten wurde immer länger ausgedehnt. Z u Beginn des vierten Jahrhunderts dauerte das Fasten vor Ostern im griechischen Osten sieben Tage, im Westen aber vierzig Tage. Die vierzigtägige Fastenzeit wurde erstmals 337 von Athanasius in der griechischen Kirche eingeführt. Er hatte sie in der Verbannung im Westen3 kennengelernt, wo er sich vom Ernst der westlichen Strenge beschämt gefühlt hatte. Da Ostern besonders mit der Taufe in Verbindung gebracht wurde, diente die Fastenperiode als Zeit der Unterweisung, in der der Bischof den Taufbewerbern Vorträge hielt. Seit dem vierten Jahrhundert bildete sich der zere1 Ober die Spannungen, die diese Veränderung hervorrief, siehe oben S. 92 f. 2 Siehe oben S. 1 4 3 f., 2 5 1 . 3 Siehe oben S. 1 5 3 .

3°4

Gottesdienst und kirchliche Kunst

moniale Aufbau der Karwoche heraus, zuerst die besondere Feier des Gründonnerstages, dann (spätestens im sechsten Jahrhundert) der Palmsonntag, obwohl eine Form der Segnung der Palmzweige nicht vor dem neunten Jahrhundert zu finden ist. Die Sitte, am Karfreitag keine Eucharistiefeier zu halten, ist bereits 4 1 6 durch den Brief des Papstes Innozenz I. an den Bischof von Gubbio bezeugt4. Form und Gestalt der Riten, die in vorkonstantinischer Zeit in Gebrauch waren, lassen sich nur sehr unvollkommen aus vereinzelten und bruchstückhaften Zeugnissen erkennen; oft bestehen diese nur aus beiläufigen Anspielungen, oder der Gottesdienst wird lediglich als Beispiel erwähnt, das Gedankengänge ganz anderer Art veranschaulichen soll. Die nordafrikanische Taufpraxis im Jahr 200 wird von Tertullian beschrieben. Nach einem vorbereitenden Fasten begann die Zeremonie mit dem Akt der Absage an den Teufel und seine Werke und dem Bekenntnis des Glaubens. Aus anderen Quellen des dritten Jahrhunderts (Hippolyt, Cyprian) geht hervor, daß der Täufling nicht ein formuliertes Glaubensbekenntnis sprach, sondern daß er auf drei Fragen über den Glauben an Vater, Sohn und heiligen Geist jedesmal mit den Worten „ich glaube" antwortete. Bei jeder Antwort wurde der Täufling ins Wasser getaucht. Nachdem er aus dem Taufbecken heraufgestiegen war, wurde er mit ö l gesalbt, und unter dem Gebet um die Gabe des heiligen Geistes wurden ihm die Hände aufgelegt. Er empfing Milch und Honig als Zeichen seines Eintritts in das verheißene Land. (Es gibt Zeugnisse für das Vorkommen einer ähnlichen Zeremonie, bei der Milch und Honig gereicht wurden, in einigen heidnischen Mysterienkulten, aber für die christliche Deutung ihres Sinnes war die biblische Typologie maßgebend.) Das Sakrament wurde normalerweise vom Bischof oder, mit seiner Erlaubnis, von einem Presbyter, Diakon oder ausnahmsweise einem Laien gespendet. In Rom wie in Afrika wurde damals die Salbung nach der Taufe im Wasser vor4 Im sechsten Jahrhundert hatten die Byzantiner in der Fastenzeit einen besonderen Ritus: an jedem Mittwoch und Freitag verwendeten sie Elemente, die am vorhergehenden Sonntag konsekriert worden waren; man spricht deshalb von der Präsanktifikaten-Liturgie (Liturgie des „vorher Geweihten").

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genommen. Aber diese Reihenfolge war nicht allgemein üblich. Nach einer Didascalia Apostolorum betitelten Kirchenordnung ging im dritten Jahrhundert in Syrien die Salbung dem Taufbad voraus. Es konnte auch zwei Salbungen, vor und nach dem eigentlichen Taufakt, geben, oder sogar drei wie bei Hippolyt. Dieses Schwanken ist zweifellos ein Anzeichen dafür, daß man sich über die Stellung des Salbungsritus nicht im Klaren war. Aber semitischem Denken war die Vorstellung vom ö l als Zeichen der Gabe des Geistes natürlich, und deshalb ist die Zeremonie wahrscheinlich sehr alt. Einige gnostische Sekten werteten die Wassertaufe ab und legten alles Gewicht auf die „Geisttaufe", die durch die heilige Salbung verliehen wurde. Mit der Zeit geriet der biblische Sinn in Vergessenheit: Ambrosius erklärte seinen Katechumenen den Brauch durch den Vergleich mit dem Einölen des Athleten vor dem Wettlauf. Obwohl es z. B. vom Verfasser der Didacbe grundsätzlich für wünschenswert gehalten wurde, daß die Taufe in einem Fluß oder See stattfand, war es in der Praxis schon vor Ende des ersten Jahrhunderts Sitte geworden, zu taufen, indem man einfach dreimal Wasser über den Kopf des Täuflings goß. Die Symbolik des teilweisen Untertauchens in fließendem Wasser wurde jedoch bewahrt, indem man in den Hauskirchen oder nach dem vierten Jahrhundert angrenzend an das eigentliche Kirchengebäude besondere Baptisterien errichtete. Die Täuflinge stiegen einige Stufen hinab und standen im Wasser. Es war eine Zeremonie von höchster Feierlichkeit, und ihr großer Eindruck wurde noch durch Exorzismen gesteigert. Wenn die Taufe Kranken oder Kleinkindern gespendet wurde, mußte man darauf achten, ihre Gesundheit nicht zu gefährden, und deshalb wurde in solchen Fällen nur wenig Wasser vergossen. Die Briefe Cyprians und andere Zeugnisse des dritten Jahrhunderts zeigen, daß einige überängstliche Gläubige nicht ganz sicher waren, ob die Taufe auf dem Krankenbett wirklich gültig sei, aber Cyprian hielt solche Bedenken für falsch und abergläubisch. Die Taufe bedeutete, der Sünde zu sterben und zu einem neuen Leben mit Christus aufzuerstehen; deshalb stand sie in einer besonderen Be-

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ziehung zu Ostern und Pfingsten. Aus demselben Grund waren die Baptisterien oft achteckig, um sinnbildlich die Auferstehung des Herrn am „achten T a g " darzustellen 5 . Die frühesten Texte des zweiten Jahrhunderts (Didache, Ignatius von Antiochien, Justin der Märtyrer) stimmen in der Auffassung überein, daß der regelmäßige Sonntagsgottesdienst zuerst und vor allem „Danksagung", eucharistia, sei, eine Bezeichnung, die allmählich den älteren Ausdruck „Brotbrechen" ersetzte. Das griechische Wort eucharistia wurde so sehr zu einem Fachausdruck für den Gottesdienst, daß es in Umschrift in das christliche Latein überging, obwohl die lateinischen Christen auch von der Danksagung, gratiarum actio, sprachen und agere die Bedeutung zelebrieren, „feiern" bekam. Von daher stammt die westliche Bezeichnung canon actionis oder „Regel des Feierns" für das große Eucharistiegebet. Außer bei den gnostischen Sekten, die in solchen Fragen von notorischer Gleichgültigkeit waren, wurden nur die Getauften zum heiligen Mahl zugelassen. Die römische Eucharistiefeier von 1 5 0 wird von Justin dem Märtyrer in einem Abschnitt beschrieben, der heidnische Leser davon überzeugen soll, daß es sich beim christlichen Gottesdienst nicht um Zauberei handle. Nach Lesungen aus den „Erinnerungen der Apostel" und aus den Propheten des Alten Testaments hielt der Vorsteher (offenbar der Bischof) eine Predigt, nach der sich jedermann zu einem feierlichem Gebet erhob, das mit dem Friedenskuß schloß. Dann wurden dem Vorsteher Brot und „ein Becher mit Wasser und mit Wein, der mit Wasser vermischt war" gebracht, worauf jener „nach bestem Vermögen" dem Vater durch den Sohn und den heiligen Geist ein Dankgebet darbrachte, das damit schloß, daß das Volk durch das Wort Amen seine Bestätigung zum Ausdruck brachte. Nebenbei erklärt Justin für seine uneingeweihten Leser, daß die Christen gewohnt seien, dieses hebräische Wort zu gebrauchen, dessen Bedeutung so sei es ist. Es folgte die Kommunion, bei der jeder von dem Brot und dem Wein empfing, die von Diakonen ausgeteilt wurden, und zwar empfing er 5 Z u dieser Zahlensymbolik vgl. I. Petr. 3,20.

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es nicht als gewöhnliche Speise zur Stillung von Hunger und Durst, sondern als das Fleisch und Blut Christi. Zuletzt wurden Stücke des heiligen Brotes den Kranken und den Gefangenen gebracht. Obwohl die Teilnahme am Gottesdienst bedeutete, daß man Leben oder Freiheit riskierte, ist es klar, daß alle Christen es als ihre unbedingte Pflicht ansahen, jeden Sonntag zu erscheinen, wenn es in ihrer Macht lag. Justin erblickte in der weltweiten christlichen Sitte der wöchentlichen Eucharistiefeier eine direkte Erfüllung der Prophetie von Maleachi 1 , 1 1 , daß dem Herrn an jedem Ort vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang ein reines Opfer dargebracht werden würde. Justins Vorsitzender Bischof war gänzlich frei in der Wahl der Worte für das große Dankgebet. Es gab kein vorgeschriebenes Formular. Trotzdem gab es offensichtlich eine Reihe stehender Themen, die sich allmählich zu festen Formeln kristallisierten. Schon in der Didache wurden solche Formulare geliefert, die zweifellos als Muster für das gottesdienstliche Gebet dienen sollten. Abgesehen von ganz kurzen Fragmenten sind die ältesten erhaltenen Gebetsformulare nach denen der Didache in der Apostolischen Tradition Hippolys überliefert, einer Kirchenordnung, die auf der ihm zu Ehren errichteten Statue besonders erwähnt ist". Der Text dieses Werkes ist nicht in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten und muß mühsam aus späteren Sammelwerken, die es benützten, rekonstruiert werden, besonders aus einer lateinischen Übersetzung von ungefähr 400, die in einem etwa 494 geschriebenen Manuskript in Verona erhalten ist, aus koptischen, arabischen und äthiopischen Bearbeitungen, die eine frühe (verlorene) koptische Übersetzung benützten, und aus späteren Kirchenordnungen, die Material aus ihm entlehnten. (Hier sind vor allem die Apostolischen Konstitutionen aus dem späten vierten Jahrhundert und das Testament des Herrn aus dem fünften Jahrhundert zu nennen.) Hippolyt beginnt seine Apostolische Tradition mit der Erklärung, daß er es wegen bestimmter schwerwiegender Unregelmäßigkeiten 6 Siehe oben S. 98.

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von Seiten einer verantwortungslosen

Autorität

(wahrscheinlich

dachte er dabei an Kallist) für dringend notwendig gehalten habe, Regeln f ü r die kirchliche Praxis niederzulegen. T r o t z d e m erwartet H i p p o l y t nicht, daß sich der Zelebrant bei der Eucharistiefeier streng an seinen W o r t l a u t hält: Es ist durchaus nicht notwendig, daß der Bischof bei der Danksagung dieselben Worte gebraucht, die wir angeben haben, als wären sie auswendig zu lernen. Sondern jeder soll nach seinem Vermögen beten. Wenn er ein langes und feierliches Gebet sprechen kann, so ist es gut. Aber wenn er ein Gebet von nur mäßiger Länge spricht, so soll ihn niemand hindern, sofern sein Gebet nur orthodox ist. Bestimmte feste Formeln waren notwendig, wenn die Gemeinde sich beteiligen sollte, w i e in dem einleitenden D i a l o g zwischen Z e l e branten und V o l k , der dem großen Dankgebet unmittelbar voranging. D a das Gebet Hippolyts ein so frühes Beispiel ist, verdient es hier im vollen W o r t l a u t wiedergegeben zu werden: Bischof: Der Herr sei mit euch! Gemeinde: Und mit deinem Geiste! Bischof: Die Herzen empor! Gemeinde: Wir haben sie beim Herren. Bischof: Laßt uns dem Herren danken! Gemeinde: Würdig ist es und recht. Bischof: Wir danken dir, Gott, durch deinen geliebten Sohn Jesus Christus, den du uns in den letzten Zeiten als Heiland, Erlöser und Engel [d. h. Boten] deines Willens gesandt hast, der dein untrennbares Wort ist, durch den du alles geschaffen hast, und den du nach deinem Wohlgefallen vom Himmel in den Leib einer Jungfrau gesandt hast, der empfangen worden und Fleisch geworden und als dein Sohn erwiesen worden ist, geboren aus dem heiligen Geist und der Jungfrau; der deinen Willen zu erfüllen und dir ein heiliges Volk zu erwerben im Leiden die Arme ausbreitete, auf daß er vom Leiden befreie, die an dich geglaubt haben; der, als er verraten wurde zu freiwilligem Leiden, damit er den Tod vernichte, die Banden des Teufels zerbreche, die Hölle zertrete, die Gerechten zum Licht führe, die Grenze der Hölle festsetze und die Auferstehung kundtue, das Brot nahm, dir dankte und sprach: Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird. Ebenso auch den Becher und sprach: Das ist mein Blut, das für euch vergossen wird. So oft ihr dies tut, tut es zu meinem Gedächtnis. Wir gedenken deshalb seines Todes und seiner Auferstehung und bringen

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dir Brot und Wein dar und danken dir, daß du uns würdig erachtet hast, vor dir zu stehen und dir als Priester zu dienen. Und wir bitten dich, sende deinen heiligen Geist auf das Opfer der heiligen Gemeinde. Schare sie zusammen und gib, daß alle, die von dem Heiligen empfangen, vom heiligen Geist erfüllt werden zur Stärkung ihres Glaubens in der Wahrheit, damit wir dich loben und preisen durch deinen Sohn Jesus Christus, durch den dir sei Preis und Ehre, dem Vater und dem Sohn samt dem heiligen Geist, in deiner heiligen Gemeinde jetzt und immerdar. Amen.

Über die im Schlußabschnitt enthaltene Bitte um den Geist ist viel gestritten worden. Hier ist einer der Punkte, an dem behauptet worden ist, Hippolyt könne so nicht geschrieben haben, und in der Formulierung der Bitte spiegelten sich Entwicklungen des vierten Jahrhunderts. Denn in den griechischen Kirchen des vierten Jahrhunderts erlangte die Bitte um den Geist (die sogenannte Epiklese) große Wichtigkeit, und in ein Gebet, dem eine solche Bitte fehlte, wäre sie in dieser Zeit wahrscheinlich eingefügt worden. Es gibt jedoch schwerwiegende Argumente, die gegen diese skeptischen Zweifel sprechen. Erstens wird der Text einhellig durch die lateinische und die äthiopische Ubersetzung bezeugt. Der umstrittene Satz: „Wir bitten dich, sende deinen heiligen Geist auf das Opfer" fehlt zwar in dem aus dem fünften Jahrhundert stammenden Testament des Herrn, das das Gebet Hippolyts im übrigen vollständig enthält, aber der Verfasser des Testaments kann besondere Gründe für die Auslassung des Satzes gehabt haben. Zweitens stellen die Worte Hippolyts mehr eine Bitte um den Geist für das Handeln der Gemeinde in der Darbringung des Opfers als eine Bitte um seine Herabsendung auf Brot und Wein selbst dar, und sie enthalten nichts, was ein Theologe der ersten beiden Jahrzehnte des dritten Jahrhunderts nicht gesagt haben könnte. Zwanzig Jahre früher hatte Irenaeus von der Bitte um das göttliche Wort geschrieben, durch das Brot und Wein aufhören, gewöhnliche Speise und Trank zu sein. Drittens: Als der Verfasser der Apostolischen Konstitutionen am Ende des vierten Jahrhunderts auf Hippolyt zurückgriff, übernahm er einen großen Teil des Abendmahlsgebets, hielt es aber für notwendig, gerade die Epiklese zu modernisieren, indem er die

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Ergänzung hinzufügte: „Und wir bitten dich, daß du wohlgefällig auf die Gaben sehest, die vor dir liegen, Gott, der du keines Dinges b e d a r f s t . . . und sende deinen heiligen Geist auf dieses Opfer herab, den Zeugen der Leiden des Herrn Jesus, damit er [d. h. der Geist] dieses Brot zum Leib deines Christus und diesen Kelch zum Blut deines Christus mache". Es ist bezeichnend, daß der Verfasser an der kritischen Stelle von der ursprünglichen Formel Hippolyts abgehen mußte; diese Tatsache unterstützt die Auffassung, daß kein Bearbeiter oder Interpolator des vierten Jahrhunderts eine Epiklese verfaßt hätte, deren Theologie in seinem Zeitalter sehr unzulänglich und altmodisch erschienen wäre. Die Wichtigkeit der Bitte um den Geist im großen Eucharistiegebet (der Anaphora) wird von mehreren griechischen Schriftstellern der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts hervorgehoben (z. B. von Kyrill von Jerusalem, Basilius von Caesarea und Theophilus von Alexandrien): sie sei der entscheidende Augenblick in der Feier des Gottesdienstes. Aus dem gewöhnlichen Rahmen fällt eine Anaphora, die in der handschriftlichen Überlieferung (nämlich einem Codex des elften Jahrhunderts auf dem Berg Athos) Bischof Serapion von Thmuis, einem Freund und Briefpartner des Athanasius von Alexandrien, zugeschrieben wird und sicher aus einer ägyptischen Gemeinde des vierten Jahrhunderts stammt, obgleich einige seltsam arianisierenden Ausdrücke den überlieferten Verfassernamen sehr fraglich erscheinen lassen. Hier wird zuerst darum gebetet, daß das göttliche Wort auf die Elemente herabkommen möge, „damit das Brot zum Leib des Wortes werde" und „der Kelch zum Blut der Wahrheit werden möge", und zweitens, daß alle Empfänger das Heilmittel des Lebens zu ihrem Heil und nicht zu ihrer Verdammung empfangen mögen. Neben der Bitte um den Geist sind noch mehrere andere Punkte im Eucharistiegebet Hippolyts wert beachtet zu werden. Die direkte Beziehung zum letzten Abendmahl Jesu wird durch das Aussprechen der Einsetzungsworte hergestellt, die in einem Relativsatz ercheinen, eine formale Eigenart, die sowohl in östlichen wie auch in westlichen Liturgien wiederkehrt und ein Kennzeichen höchster

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Feierlichkeit war. Hippolyt hat kein Sanctus7. Der Lobgesang der Engel aus dem sechsten Kapitel des Buches Jesaja wird im Brief des Klemens von R o m an die Korinther zitiert, um die Harmonie der himmlischen Heerschar zu veranschaulichen, die nachzuahmen die Korinther aufgefordert werden; doch gibt es keinen Beleg dafür, daß nach Klemens oder Hippolyt das Sanctus ein notwendiger Bestandteil der römischen Liturgie gewesen wäre. Noch um 400 w a r der Gebrauch des Sanctus im Westen weit weniger verbreitet als im Osten, und die spätere römische Tradition ließ den Meßkanon nach dem Sanctus beginnen, woraus man vielleicht schließen darf, das es eine Hinzufügung zu einem schon früher geformten Ganzen w a r . Hippolyt erklärt auch wiederholt, daß das geweihte Brot und der geweihte Wein „Antitypen" oder Abbilder des Leibes und Blutes des Herrn seien - eine Ausdrucksweise, die sich auch bei Tertullian findet. Hippolyt verlangt deshalb von den Gläubigen höchste Ehrfurcht vor der Eucharistie. Sie soll am frühen M o r g e n vor jeder anderen Speise empfangen werden, und mit größter Sorgfalt soll darauf geachtet werden, daß nichts zu Boden fällt oder verschüttet wird. In dieser Zeit w a r es allgemein üblich, daß Stücke des eucharistischen Brotes mit nach Hause genommen und nach den täglichen Gebeten während der Woche privat empfangen wurden. Hippolyt mußte die Kommunikanten ermahnen, das geweihte Brot nicht im Haus umherliegen zu lassen, w o ein Ungetaufter oder sogar eine M a u s es zufällig verzehren konnte. M i t dem Anwachsen der Gemeinden im vierten Jahrhundert neigte auch die Liturgie dazu, in die Länge gezogen zu werden. Manchmal konnten diese Erweiterungen eine enorme Ausdehnung erreichen, wie in den eucharistischen Formularen, die im achten Buch der Apostolischen Konstitutionen geboten werden. Oft wurden ältere Gebete durch die Einfügung von Bibelzitaten erweitert so daß nach einem paradoxen Gesetz, das man bei der Erforschung

7 Es ist vermutet worden, daß im Original an der Stelle des jetzigen Epiklese ein Sanctus gestanden hätte, aber die antiken Texte bieten keine feste Grundlage für diese Hypothese.

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der altchristlichen Liturgien herausgefunden hat, umso weniger damit zu rechnen ist, daß ein bestimmtes Gebet sehr alt ist, je größeren Raum das biblische Element in ihm einnimmt. Im griechischen Osten begann das gottesdienstliche Zeremoniell in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts immer reicher entwickelt zu werden. Der griechische Klerus begann reich verzierte Kleider zu tragen, und das Ritual erlangte großartige Dramatik. Zur gleichen Zeit führte der Druck der Masseneintritte in die Kirche und vielleicht auch der Kampf gegen den Arianismus zu einer deutlichen Betonung der heiligen Scheu und des transzendenten Wunders der Eucharistie. Die um 350 entstandenen katechetischen Vorträge Kyrills von Jerusalem zeigen sowohl die Anfänge der reichen Ausschmückung des Zeremoniells als auch die Betonung der großen Ehrfurcht, die der Feier angemessen schien. Kyrill bietet das früheste Zeugnis für die Einführung des symbolischen Händewaschens des Zelebranten (lavabo) und für den Gebrauch des Vaterunsers am Schluß des großen Eucharistiegebets. (Dieser Brauch war in der Zeit Augustins fast allgemein.) Kyrill gibt ausführliche Anweisungen, wie das ehrfurchtlose Fallenlassen von Stücken des geweihten Brotes bei der Kommunion zu vermeiden sei: die Kommunikanten werden angewiesen, das Brot in die hohle Hand zu empfangen, wobei die linke Hand die rechte stützt. Vor allem erwähnt Kyrill wiederholt die feierliche Bitte um den Geist, durch die für den Glauben Brot und Wein zum Leib und Blut Christi werden, und spricht von der „furchtbaren" Gegenwart auf dem heiligen Tisch. Diese Haltung von Furcht und Zittern tritt noch stärker bei Basilius von Caesarea und vor allem bei Johannes Chrysostomus hervor, der vom Tisch des Herrn als einem Ort des „Schreckens und Schauderns" redet. Die Form der Eucharistiefeier, die in den erst vor kurzem entdeckten Katechesen Theodors von Mopsuestia beschrieben wird, ist durch die aufs höchste gesteigerte rituelle Pracht gekennzeichnet. Aus diesen Entwicklungen ergaben sich wichtige Konsequenzen. Noch vor Ende des vierten Jahrhunderts begann man es im Osten für nötig zu halten, den heiligen Tisch durch Vorhänge abzuschirmen. Als Justinian im sechsten Jahrhundert seine

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große Sophienkirche erbaute, wurde nicht nur vor dem mit einem Baldachin überdachten Altar ein prachtvoller goldbestickter Vorhang angebracht, der die Gestalt des Christus Pantokrator zeigte, der sein Volk segnet und in der Linken das Evangelienbuch hält, sondern es wurde auch eine Zwischenwand mit drei Türen errichtet, die Engel- und Aposteldarstellungen und außerdem über der Mitteltüre die Monogramme Justinians und Theodoras trug. Dies war die erste Bilderwand (Ikonostas), die so stark nachgeahmt wurde 8 , daß sie zu einem notwendigen Einrichtungsstück aller griechischen Kirchen wurde. Die Türen dienten den zeremoniellen „Einzügen" beim Lesen der Evangelien und beim Offertorium. Gegen Ende des vierten Jahrhunderts wurde die Ausstattung der Kirchen immer reicher, und die liturgischen Gefäße wurden immer kostbarer. Zur Zeit des Johannes Chrysostomus besaß die Kirche von Antiochien fein gearbeitete Kelche, Leuchter, seidene Vorhänge und weiße liturgische Gewänder, und manchmal war der Altar selbst mit Silberarbeiten geschmückt. In Thessalonike wurde zu Anfang des fünften Jahrhunderts eine dem heiligen Demetrius geweihte Kirche erbaut, die einen silbernen Altarbaldachin erhielt. Im Westen schritt die Ausgestaltung der Liturgie erheblich langsamer voran. Überdies begann die abendländische Liturgie erst in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts ein Eigenleben zu entwickeln; denn bis zur Zeit des Damasus hatte man in der Stadt Rom daran festgehalten, die Eucharistie in griechischer Sprache zu feiern - so stark war die Tradition, die auf die Zeit zurückging, als Rom noch eine ausschließlich griechisch sprechende Gemeinde gewesen war. Das früheste Zeugnis für Ordnung und Formeln der frühen lateinischen Messe findet sich, abgesehen von einigen Hinweisen bei Tertullian und Cyprian, bei Ambrosius von Mailand, dessen Vorträge für Katechumenen „Über die Sakramente" durch die private Nachschrift eines unbekannten Stenographen erhalten wurden 9 . In diesem Werk gibt Ambrosius das Haupteucharistie8 Man vergleiche den Einfluß, den im Westen die gedrehten Säulen, die den Altarbaldachin der konstantinischen Peterskirche trugen, ausübten. 9 Siehe oben S. 282.

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gebet wieder, das zu seiner Z e i t in M a i l a n d in regelmäßigem G e brauch stand. E s ist beachtenswert, daß A m b r o s i u s im Gegensatz zu Kyrill v o n Jerusalem, der die Bitte u m den Geist als den entscheidenden Augenblick der Konsekration hervorhebt, in dem Brot und W e i n verwandelt werden, alles G e w i c h t auf das Sprechen der Einsetzungsworte und dessen W i r k u n g legt. D a die Formeln des Ambrosius jenen v e r w a n d t sind, die später ein fester Bestandteil des lateinischen M e ß k a n o n s 1 0 wurden, verdienen sie hier wörtlich angeführt zu werden. N a c h dem L o b G o t t e s 1 1 und „Fürbitten f ü r das V o l k , f ü r die Könige und die Ü b r i g e n " f ä h r t der Z e l e b r a n t fort: Gib uns, daß dieses Opfer anerkannt, geistlich und wohlgefällig sei, das ein Bild des Leibes und Blutes unseres Herrn Jesus Christus ist; der am Tage, bevor er litt, in seine heiligen Hände das Brot nahm, zum Himmel aufblickte zu dir, heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott; er sagte Dank, segnete und brach es, und reichte das gebrochene Brot seinen Aposteln und Jüngern und sprach: Nehmt und eßt alle davon; denn das ist mein Leib, der für viele gebrochen wird. In gleicher Weise nahm er auch den Kelch nach dem Mahl an dem Tag, bevor er litt, blickte zum Himmel auf zu dir, heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott; er sagte Dank, segnete den Kelch und gab ihn seinen Aposteln und Jüngern und sprach: Nehmt und trinkt alle daraus, denn dies ist mein Blut. Sooft ihr dies tut, werdet ihr meiner gedenken, bis ich wiederkomme. Deshalb gedenken wir seines allerherrlichsten Leidens und seiner Auferstehung von den Toten und seiner Himmelfahrt und bringen dir dieses unbefleckte Opfer, ein geistliches Opfer, ein unblutiges Opfer dar, dieses heilige Brot und den Kelch des ewigen Lebens. Und wir beten und bitten, daß Du dieses Opfer auf deinem erhabenen Altar durch die Hand deiner Engel annehmen mögest, wie du es für wert erachtet hast, die Gaben deines Dieners, des gerechten Abel, das Opfer unseres Patriarchen Abraham und das Opfer, das dir der Hohepriester Melchisedek darbrachte, anzunehmen. D a s Gebet des A m b r o s i u s entspricht in der A n l a g e und teilweise sogar auch im W o r t l a u t dem Kernstück der späteren römischen Messe, w i e sie uns aus dem achten Jahrhundert bekannt ist. Diese 10 Missa = a) Entlassung (von Soldaten); b) seit 400 jeder öffentliche gottesdienstliche Akt; c) seit 800 „Messe", wegen der Entlassungsformel Ite missa est. 1 1 Dazu kann das Sanctus gehört haben, doch wird es von Ambrosius nicht erwähnt.

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enthält in den Gebeten Quam oblationem, Qui pridie, Unde et metnores, Supra quae und Supplices eine erweiterte und veränderte Fassung der gleichen grundlegenden Formeln. Doch das Gebet des Ambrosius, daß das Opfer gutgeheißen werden möge, erhielt eine andere, erweiterte Gestalt in dem Stück Te igitur, mit dem der römische Kanon beginnt und das eine neue Formulierung des Offertoriums darstellt: Der Priester bittet, Gott möge die Gaben annehmen und segnen und der Kirche Frieden und Einheit schenken. Obwohl Ambrosius im folgenden dazu übergeht, das Vaterunser auszulegen, bringt er nicht deutlich zum Ausdruck, ob dieses seinen Platz am Schluß des großen Eucharistiegebetes hatte. Da aber Augustin überliefert, daß diese Praxis in seiner Zeit fast überall üblich war, und da Augustin mit dem mailändischen Brauch sehr gut bekannt war, ist es so gut wie sicher, daß diese Sitte auch Ambrosius vertraut war. Zwei Anspielungen bei Hieronymus und Augustin lassen mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, daß das Vaterunser gewöhnlich mit den Worten „ . . . wir erkühnen uns zu sagen" (audemus dicere) eingeführt wurde. Demnach sind die wesentlichen Elemente und die Struktur der römischen Liturgie in der Periode zwischen Damasus und Leo dem Großen fixiert worden. Aber der erste Teil des Gottesdienstes war noch im Fluß. Zwei wichtige Modifizierungen dieses einleitenden Teils vor der Entlassung der Katechumenen wurden unter östlichem Einfluß vorgenommen. Spätestens im Jahr 500 war das Kyrie eleison, das in der Zeit, als Egeria ihre Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten unternahm (um 384), einen regelmäßigen Bestandteil griechischer Litaneien bildete, in den ersten Teil der lateinischen Messe aufgenommen worden. Seltsamerweise wurde der griechische Text unübersetzt beibehalten. Das Gloria in excelsis war ein griechischer Hymnus - er ist erstmals in den Apostolischen Konstitutionen bezeugt - der (wie das Te Deum im Westen12) im Osten schon 12. Der Gebrauch des Te Deum ist erstmals in Arles unter Bischof Caesarius (gest. 542.) festzustellen; es ist jedoch sicher älter und stellt vielleicht die Bearbeitung einer Hymnus des dritten Jahrhunderts dar, der von Cyprian zitiert wird. Der Verfasser ist unbekannt.

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lange im Gebrauch gewesen war, ohne einen Teil der Abendmahlsliturgie zu bilden; seit spätestens 500 begann es bei besonderen Anlässen Eingang in den Text der Messe zu finden, doch dauerte es weitere sechshundert Jahre, bis es im Abendland allgemein gebräuchlich wurde. Das Glaubensbekenntnis gehörte ursprünglich und eigentlich zur Taufe und tauchte erst spät in der eucharistischen Liturgie auf. Auf jeden Fall war das westliche Taufbekenntnis das sogenannte „apostolische Glaubensbekenntnis", während der griechische Osten bei der Taufe das nicaenische Bekenntnis von 325 benützte. Daneben blieben im griechischen Osten noch lange nach 32.5 lokale Taufbekenntnisse im Gebrauch, doch fügten orthodoxe Bischöfe die wichtigsten nicaenischen Begriffe ein. Auf diese Weise lag 381 in Konstantinopel dem von Theodosius einberufenen Konzil13 eine Formel vor, die nicaenisch genannt wurde, weil sie die Aussage enthielt ,daß der Sohn wesenseins mit dem Vater sei, die aber in Wirklichkeit nach ihrer Grundstruktur auf einem lokalen Taufbekenntnis beruhte, das vielleicht schon längere Zeit in Gebrauch stand. Unter ungewöhnlichen Umständen drang dieses nicaenokonstantinopolitanische Glaubensbekenntnis erstmals in die Abendmahlsliturgie ein. Die Monophysiten des fünften Jahrhunderts fügten es als einen dramatischen öffentlichen Protest gegen die „Neuerungen" des Konzils von Chalcedon ein. Die Chalcedonianer antworteten auf diesen Anspruch der Monophysiten, im ausschließlichen Alleinbesitz der Orthodoxie zu sein, einfach damit, daß sie ebenfalls das Bekenntnis in die Liturgie aufnahmen. Allmählich griff die Sitte, das Nicaeno-Constantinopolitanum in die Eucharistiefeier aufzunehmen, nach dem Westen über, doch begann sie erst unter Karl dem Großen wichtig zu werden, der das westliche Filioqueu besonders hervorheben wollte. Jetzt erhielt das Glaubensbekenntnis seinen Platz nach der Lesung des Evangeliums. Zwei weitere Hinzufügungen zur lateinischen Messe waren das 1 3 Siehe oben S. 17z. 14 Siehe oben S. 2.77.

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Benedictus, das im sechsten Jahrhundert an das Sanctus angehängt wurde, und das Agnus Dei, das seit dem Ende des siebenten Jahrhunderts aufscheint. Die frühe westliche Liturgie war in verschiedener Hinsicht von griechischen Vorbildern abhängig, was nur natürlich war. Beispielsweise das Supra quae und Supplices des römischen Kanons und die nahe verwandte Formel des Ambrosius 15 , die darum bittet, Gott möge das Opfer annehmen, das von seinem heiligen Engel gebracht werde, wie er einst die Gaben Abels und Abrahams angenommen hatte, besitzen eine ganz enge Parallele in der alexandrinischen Markusliturgie (die ebenfalls die Formel unmittelbar vor das Gedenken an die verstorbenen Gläubigen stellt). Aber ebenso natürlich war es, daß es weitgehende regionale Verschiedenheiten gab. Es ist nicht zu bezweifeln, daß solche Unterschiede von Anfang an bestanden haben - die ursprüngliche, überall geltende „apostolische Liturgie" ist ein Luflgebilde. Jedoch im Osten wie im Westen wurde die Verschiedenheit der Sitte in so heiligen Dingen von manchen Leuten als ein Problem empfunden. Seit dem siebenten Jahrhundert war es Brauch geworden, in der Eucharistiefeier der westlichen Kirche ungesäuertes Brot zu verwenden, während man im griechischen Osten (außer bei den Armeniern, deren Entwicklung an diesem Punkt sich im Dunkel verliert) gewöhnliches gesäuertes Brot benutzte. Mit der Zeit sollte diese Verschiedenheit zu einem Gegenstand der Kontroverse werden. Ein anderer Unterschied des Brauches bestand darin, daß es im Osten üblich war, am Sonntag nur eine einzige Eucharistiefeier zu halten, die unter der Leitung des Bischofs stattfand. Im Westen dagegen verbreitete sich von Rom aus allmählich die Übung, daß Eucharistiefeiern von Presbytern in den Kirchen der Vorstädte gehalten wurden, die im Rom des vierten Jahrhunderts „Titelkirchen" hießen, weil sie die Namen der Personen trugen, die ursprünglich den Rechtstitel auf das Grundstück geschenkt hatten und mit ihren Stiftungen den Lebensunterhalt des Klerus gewährleisteten. 15 Siehe oben S. 314.

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Wenigstens in bedeutenden Städten war es seit 400 Sitte, neben dem großen Sonntagsgottesdienst die Eucharistie täglich zu feiern. Seit dem dritten Jahrhundert wurde der Todestag eines Märtyrers, den man seinen „Geburtstag" nannte, mit einer jährlichen Feier an seinem Grab begangen. Anfänglich war die Märtyrerverehrung zumeist eine Angelegenheit privater Frömmigkeit gewesen, bis sie mit wachsender Beliebtheit von der offiziellen Kirche übernommen wurde. Für diese kleineren Feste begann man besondere Gebete zu verfassen, die gesammelt wurden. Eine Handschrift des frühen siebenten Jahrhunderts in der Dombibliothek von Verona enthält die früheste erhaltene lateinische Gebetssammlung, deren Kompilator mindestens zwei ältere Sammlungen vor sich gehabt zu haben scheint, die stadtrömischer Herkunft waren. Die moderne Zuschreibung dieses Sakramentars an Leo den Großen findet in der Veroneser Handschrift keine Unterstützung und ist unhaltbar; aber ein Teil des liturgischen Materials, das die Handschrift enthält, geht sicher auf die Zeit Leos zurück, da eine seiner Quatemberpredigten (Nr. 78) zahlreiche Anspielungen auf Gebetsformeln enthält, die sich in dem späteren Sakramentar finden. Leo könnte der Verfasser einiger dieser Gebete sein. Das Stundengebet Außer der sonntäglichen Eucharistiefeier, an der teilzunehmen ein unerläßliches Zeichen der Kirchenmitgliedschaft war, und den besonderen Feiern an den Tagen der Heiligen und Märtyrer, die gewöhnlich von kleineren Gruppen getragen wurden, gab es auch tägliche private Gebete. Hippolyt gab in der Apostolischen Überlieferung die Anweisung, daß die Christen siebenmal am Tag beten sollten - beim Aufstehen, am Abend beim Entzünden der Lampe, zur Schlafenszeit, um Mitternacht und, wenn sie zu Hause waren, auch zur dritten, sechsten und neunten Tagesstunde, den Stunden, die mit der Passion Christi in Beziehung standen. Gebete zur dritten, sechsten und neunten Stunde werden in ähnlicher Weise von Tertullian, Cyprian, Klemens von Alexandrien und Origenes er-

Das Stundengebet

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wähnt und müssen weit verbreitet gewesen sein. Diese Gebete waren gewöhnlich mit privater Bibellektüre in der Familie verbunden. Z w e i dieser privaten Gebetszeiten wurden allmählich soweit in das gottesdienstliche Leben der gesamten Gemeinde aufgenommen, daß es seit 400 allgemein üblich wurde, daß wenigstens an bestimmten Tagen die Morgen- und Abendgebete von der Geistlichkeit in der Kirche gehalten wurden. Egeria 16 gibt eine lebhafte Schilderung von der Feierlichkeit und dem starken Besuch der täglichen Morgen- und Abendgebete in Jerusalem. In asketischen Gemeinschaften war der Zyklus der Stundengebete reicher. In den Regeln für diese Gemeinschaften wurden die Gebetsstunden in ein festes, verpflichtendes System gebracht. In den Regeln Basilius des Großen sind acht Tagesgebete vorgesehen; Johannes Cassian hatte in Marseilles nur sieben - entsprechend der Übung des Psalmisten: „Siebenmal am T a g will ich dich preisen". In Rom wurden um 500 sechs Stundengebete gehalten. Das Grundmaterial für das klösterliche Stundengebet lieferte der Psalter, und der römische Klerus entwickelte ein System, nach dem in einer Woche der ganze Psalter gebetet wurde, wobei Psalm 1 1 9 ( 1 1 8 ) auf Terz, Sext und Non verteilt wurde. Es gab auch einen geordneten Zyklus von Lesungen. Dieses römische System wurde von der Benediktregel übernommen, aber Benedikt fügte noch das Gebet der Prim bei Tagesanbruch und das abschließende Gebet am Ende des Tages (Komplet, Completorium) hinzu. Es war bereits üblich, das Gebet mit dem Vers: „Eile, Gott, mich zu erretten, Herr, mir zu helfen", dem Gloria patri und dem weiteren Vers „Herr tue meine Lippen auf, daß mein Mund deinen Ruhm verkündige" zu beginnen. Benedikt fügte auch die Hymnen des Ambrosius in das Stundengebet ein und bestimmte das Te Deum für die Vigil des Herrentages und das Benedictus" und Benedicite18 für die Laudes. Die weite 16 Siehe oben S. 282. 1 7 Vgl. Luk 1,68 ff. 18 Der Gesang der drei Männer im Feuerofen (Daniel 3,25 ff; das Stück gehört nicht zum Urtext und steht deshalb in der Lutherbibel unter den Apokryphen). 11

Chadwick, Die Kirche

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Verbreitung des Benedicite im Osten ist durch Johannes Chrysostomus bezeugt. Der Gebrauch des Nunc dimittis19 im Abendgebet der Griechen wird in den aus dem vierten Jahrhundert stammenden Apostolischen Konstitutionen erwähnt, doch war es in der Komplet Benedikts nicht enthalten und fand erst später Aufnahme in das römische Stundengebet. In Arles wurde in der Zeit von Bischof Caesarius am Anfang des sechsten Jahrhunderts das Magnificat20 in der Matutin verwendet, in der es auch im Irland des siebenten Jahrhunderts im Buch von Mulling erscheint, einem Evangelienbuch, das sich heute in der Bibliothek des Trinity College in Dublin befindet. Es ist wahrscheinlich, daß die Mönche Benedikts das Magnificat bei der Vesper benützten, für die seine Regel einen „Lobgesang aus dem Evangelium" vorschreibt.

Anfänge der Kirchenmusik Zweimal finden wir in den Paulusbriefen (Kol. 3,16; Eph. 5,19) Anspielungen auf den Brauch gottesdienstlichen Gesanges. Da das gottesdienstliche Singen schon in der Synagoge Sitte war, kann dies nicht überraschen. Philo von Alexandrien beschreibt das entwikkelte musikalische Leben der asketischen Gemeinschaft der Therapeuten in der Nähe von Alexandrien. Er berichtet, daß sie Hymnen in allen möglichen Versmaßen und Tonarten schrieben- und daß die Notation einen feierlichen Rhythmus angab, der zu geistlicher Musik paßte. Sie hatten Männer und Frauenchöre, die bald gemeinsam, bald im Wechsel sangen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die ersten christlichen Gesänge aus der Synagoge übernommen wurden. Dies hilft erklären, warum zum Beispiel in Lobgesängen das unübersetzte hebräische Wort „Halleluja" weiterverwendet wurde. Eine gelegentliche feindselige Bemerkung des heidnischen Kritikers Celsus im zweiten Jahrhundert zeigt, daß die im christlichen Gottes1 9 Vgl- Luk 2,29 ff. 20 Vgl. Luk 1,4 f f .

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3 2.1

dienst gesungenen Lieder (die er gehört zu haben scheint) nicht nur seinen heidnischen Ohren ungewohnt klangen, sondern auch so schön waren, daß er ihre Gefühlswirkung ablehnte, weil sie den kritischen Verstand schwächte. Einige wenige griechischen Hymnen haben sich aus vorkonstantinischer Zeit erhalten (außerdem ein besonderer Hymnus von Klemens von Alexandrien, der vielleicht nicht für den liturgischen Gebrauch bestimmt war). Im einen Fall handelt es sich um einen ausgelassenen Freundenhymnus aus dem zweiten Jahrhundert, der gut bei der Ostervigil gesungen worden sein kann, da er die Form eines Hochzeitsliedes hat, das darüber jubelt, daß der verlorene Bräutigam gefunden worden ist. Der Text lautet: A. Preist den Vater, ihr Heiligen. Singt der Mutter, ihr Jungfrauen. B. Wir preisen. Wir, die Heiligen, erheben sie. A. Seid erhoben, Bräute und Bräutigame; denn ihr habt euern Bräutigam gefunden: Christus. Trinkt euern Wein, Bräute und Bräutigame.

Zweitens hat man in Ägypten einen verstümmelten Papyrusstreifen aus dem dritten Jahrhundert gefunden, auf dem ein Hymnus in Anapästen erhalten ist, in dem sich die ganze Schöpfung mit der Kirche zum Lob der Dreieinigkeit vereint: „Wenn wir Vater, Sohn und heiligen Geist besingen, soll alle Schöpfung Amen, Amen singen. Preis und Kraft sei dem alleinigen Geber aller Güter. Amen. Amen." Dieser Papyrus ist von ganz außerordentlichem Interesse, weil der Schreiber auch die Melodie des Gesanges aufzeichnete und dynamische Zeichen verwendete, die mit Hilfe von Analogien in späteren byzantinischen Texten entziffert werden können. Ein drittes frühes Beispiel ist der Abendhymnus, der seit Basilius dem Großen in den allgemeinen Gebrauch übergegangen war und noch heute einen Bestandteil griechischer Vespern bildet; er wurde am Abend beim Entzünden der Lampe gesungen. Heiteres Licht der heiligen Ehre Unsterblichen himmlischen Vaters, Des heiligen, seligen, Jesus Christus:

32.2

Gottesdienst und kirchliche Kunst K o m m e n d zum Sinken der Sonne Schauend das Abendlicht Lobsingen w i r den Vater, den Sohn Und heiligen Geist als Gott. Würdig bist du aller Zeiten Für den Lobpreis glücklicher Stimmen, Gottes Sohn, des Lebens Schenker: Dessen dich das Weltall rühmt. (Übersetzung von L . Wolters)

Klemens von Alexandrien ist der erste christliche Schriftsteller, der die Frage erörtert, welche Art von Musik für den Gebrauch der Christen passend sei. Er erklärt, daß sie keine Beziehungen zu erotischer Tanzmusik haben solle; die Melodien sollen chromatische Intervalle vermeiden und einen strengen Charakter tragen. Vielleicht dachte er an gewisse gnostische Sekten, bei denen es wahrscheinlich viel weniger Sinn für Maß und Zurückhaltung gegeben hätte. Die Johannesakten aus dem zweiten Jahrhundert enthalten einen gnostischen Hymnus, der bestimmt war, bei einem rituellen Tanz gesungen zu werden. Aber im orthodoxen Christentum, außer in Äthiopien, setzte sich der Tanz als natürliches und anerkanntes Ausdrucksmittel religiösen Empfindens nicht durch 21 . Mit der Vergrößerung der Chöre wurde es möglich, zwei Gruppen von Sängern abwechselnd singen zu lassen. Diese Praxis des antiphonischen Singens kam während der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts auf. Sie verbreitete sich von Mesopotamien und Syrien ausgehend und besaß vielleicht Vorstufen im Synagogengesang. Basilius der Große muß sich in einem seiner Briefe gegen die Angriffe aufgebrachter Konservativer verteidigen, weil er die Kühn2 1 Rituelle T ä n z e finden wir sowohl in der jüdischen Tradition (wie viele Stellen des Alten Testaments zeigen) als auch beispielsweise in den heidnischen Mysterien des Dionysos. Aber bei den Christen erscheinen sie nur entweder bei ganz am R a n d e stehenden Sekten wie den Melitianern in Ägypten oder bei den aufregenden volkstümlichen Lustbarkeiten an den Märtyrerfesten, denen gegenüber Basilius der Große, Ambrosius und Augustin ihre besorgte Mißbilligung äußerten. D a s Ballett als K u n s t f o r m w a r in der Antike eine vulgäre Darbietung von aggressiver Erotik und wurde von heidnischen Intellektuellen wie Libanius, Julian und M a k r o b i u s nicht weniger scharf abgelehnt als von Moralisten wie Johannes Chrysostomus.

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heit besessen hatte, den Wechselgesang im kappadokischen Caesarea einzuführen. Es ist sehr gut möglich, daß die Hymnen des Ambrosius in Mailand im Wechsel gesungen wurden. Die Verwendung von Musik im Gottesdienst wurde nicht überall gutgeheißen. Im vierten Jahrhundert wollten einige willensstarke Puritaner die Musik ganz abschaffen und fanden eine gewisse Unterstützung bei jenen, die fanden, daß das Singen die Worte unverständlich werden lasse. Athanasius von Alexandrien versuchte diese Schwierigkeit zu beheben, indem er verlangte, daß die Psalmen im Sprechrhythmus gesungen werden sollten. Auf der anderen Seite erhielten die Musiker ihre Chance beim Singen des Halleluja, das in ganz langen und kunstvollen Formen ausgeführt werden konnte. Augustin berichtet in seinen Bekenntnissen, wie ergreifend er die Psalmgesänge fand, die in Mailand in Gebrauch standen; er bemerkt dabei, daß er sich eines schweren Vergehens schuldig fühlte, wenn ihm die Musik wichtiger war als die Worte, und doch fühlte er, daß die Worte mit viel stärkerer Gewalt auf das Gemüt wirkten, wenn sie von einer Musik von bestrickender Schönheit begleitet waren. Augustin sagt, daß es keine Stimmung der Seele gebe, die die Musik nicht ausdrücken könne, und daß es übertriebene Strenge wäre, sie aus der Kirche zu verbannen. Was für Melodien die frühen Christen sangen, läßt sich kaum feststellen. Nur ein einziges Beispiel, der schon erwähnte ägyptische Papyrus aus dem dritten Jahrhundert, hat sich erhalten. Die sonst erhaltenen griechischen und lateinischen Handschriften, die Noten enthalten, stammen erst aus dem Mittelalter. Es ist sehr wahrscheinlich, daß der in den großen Zentren wie Jerusalem, Alexandrien, Antiochien, Konstantinopel und Rom gepflegte Gesang kleineren Städten als Vorbild diente. Spätestens Ende des sechsten Jahrhunderts war das in der Stadt Rom geübte gottesdienstliche Singen zu einem Vorbild für andere westliche Kirchen geworden; und seit dem neunten Jahrhundert wurde die Erfindung des römischen Systems Papst Gregor dem Großen zugeschrieben, so daß die lokalen römischen Gesänge die Bezeichnung „gregorianisch" erhielten. In einem vergleichbaren Prozeß wurden viele in den abend-

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ländischen Kirchen gesungene Hymnen stillschweigend Ambrosius zugeschrieben. Aber auch die Hymnen anderer Dichter fanden weite Anerkennung. Venantius Fortunatus (540-600), Bischof von Poitiers, schrieb Hymnen von echtem Gefühl und Pathos - Vexilla regis, Pangue lingua und Salve festa dies werden noch heute gesungen. Noch etwas früher lebte in Konstantinopel Romanos, der größte Hymnendichter der Ostkirchen, der bald nach 555 starb. Er war ein getaufter Jude, der aus Syrien in die Hauptstadt Konstantinopel gekommen war, wo er für die herrlichen von Justinian gegründeten Kirchen Hymnen schrieb. Romanos schuf das Kontakion22, eine vielstrophige poetische Predigt in akrostichischen Versen; jede Strophe wurde von einem Solisten von der Kanzel gesungen, worauf der Chor mit einem Refrain antwortete. Romanos regte zum Teil den Verfasser des berühmtesten griechischen Fastenhymnus, des sogenannten Akathistos (d. h. der im Stehen zu singen ist) an, der der Verherrlichung der heiligen Jungfrau gewidmet ist. Christliche Kunst23 Das zweite Gebot untersagte irgendein Bild oder Gleichnis zu machen. Sowohl Tertullian als auch Klemens von Alexandrien betrachteten dieses Verbot als absolut und für die Christen bindend. Bilder und kultische Statuen gehörten in die dämonische Welt des Heidentums. In der Tat waren die einzigen Christen des zweiten Jahrhunderts, von denen man weiß, daß sie Christusbilder besaßen, radikale Gnostiker, Anhänger des ausschweifenden Karpokrates. Wenn der Kaiser Alexander Severus wirklich eine Privatkapelle besaß, in der Statuen von Orpheus, Abraham, Apollonius und Christus standen, wie von einer unsicheren Quelle berichtet wird24, 22 Das Kontakion erhielt im neunten Jahrhundert seinen Namen von dem Stab (kontos}, um den der Text gerollt wurde. 23 Reiches Bildmaterial findet sich z. B. bei W. F. Volbach-M. Hirmer, Frühchristliche Kunst (1958); D. Talbot Rice-M. Hirmer, Kunst aus Byzanz

(i959>-

24 Siehe oben S. 123.

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so muß dies seinen christlichen Untertanen eine bittersüße Genugtuung gewesen sein. Jedoch noch vor Ende des zweiten Jahrhunderts begannen die Christen ihrem Glauben künstlerischen Ausdruckt zu geben. Tertullian erwähnt Kelche mit Darstellungen des guten Hirten, der sein Schaf trägt. Klemens von Alexandrien gibt Anweisungen, welche Bilder für den Siegelring eines Christen angemessen seien. (Siegelringe waren in der Antike kein Luxus, sondern für das Briefschreiben unerläßlich.) Klemens empfiehlt, daß Christen Siegel mit Darstellungen benutzen sollen, die, ohne spezifisch christlich zu sein, leicht eine christliche Deutung erlauben; er nennt als Beispiele Taube, Fisch, Schiff, Leier oder Anker. Christen sollen Siegelbilder vermeiden, die an Götzendienst, Trinken oder erotische Leidenschaft denken lassen. Es ist beachtenswert, daß alle Vorschläge, die Klemens für geeignete Siegel macht, von solcher Art sind, daß sie auch für einen Heiden in Frage kamen; genauer gesagt: sie sind vom religiösen oder moralischen Standpunkt aus gesehen neutral, und sowohl Heiden als auch Christen konnten sie ohne weiteres gebrauchen. Ebenso war der gute Hirte, der sein Schaf trägt, ein konventionelles heidnisches Symbol für die humanitäre Fürsorge, die philanthropia. Die Christen übernahmen also einen verbreiteten Bildtypus und gaben ihm eine neue Bedeutung, möglicherweise mit einem Bezug auf Christus, den guten Hirten seiner Schafe (Johannes 10). Ein anderer konventioneller Bildtypus, den die Christen bald zu gebrauchen begannen, war der „Orans", die Figur mit zum Gebet erhobenen Händen. Ebenso ging die Entwicklung beim Kirchenbau vor sich. Die ersten christlichen Kirchen waren gewöhnliche Privathäuser, und blieben dies bis zur Zeit Konstantins. Als nun das Kirchengebäude einen „öffentlichen" Charakter erhielt, bedienten sich die Architekten vorhandener Formen, etwa der rechteckigen Basilika mit Apsis. Die traditionelle Form wurde so sehr mit neuem Inhalt gefüllt, daß die optische Täuschung entstand, die Basilika, der gute Hirte oder die Orantenfigur seien charakteristische christliche Formen. Aber das war anfänglich durchaus nicht der Fall. Christliche Malereien erscheinen zuerst nicht in Kirchen, sondern

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als Grabdekoration in den römischen Katakomben. Sie sind im Stil nicht unähnlich den Malereien, die man auf vielen gewöhnlichen Häusern in Pompeji gefunden hat. In nichts sind die Menschen so konservativ wie in den Begräbnissitten, und in der Ausschmückung der Grabstätten und Sarkophage wurden viele Konventionen der heidnischen Werkstatt einfach weitergeführt. Es wäre höchst verwunderlich, wenn es anders gewesen wäre. Die Katakombenkunst ist voll von alten Motiven, und da Technik und Stil volkstümlich sind, kann sie keine hohen ästhetischen Ansprüche erheben. Der Inhalt ist jedoch von weit höherem Interesse als die Form. Die Motive aus der heidnischen Überlieferung, die die Christen übernahmen, waren Sinnbilder, deren christliche Uminterpretation möglich war. Die vier Jahreszeiten ließen sich auf das Leben aus dem Tod deuten. Der Pfau versinnbildlichte die Unsterblichkeit, die Taube den ewigen Frieden; vor allem war der Fisch ein beliebtes christliches Emblem, besonders für das Abendmahl, da das griechische Wort für Fisch (IX0Y2) als Akrostichon „Jesus Christus, Gottes Sohn, Heiland" gelesen werden konnte. Um 182 verfaßte der phrygische Bischof Abercius (oder Avircius) von Hierapolis seine eigene Grabinschrift, die seine Selbstbiographie enthielt. „Als Schüler des reinen Hirten", so erklärt er, hatte er die römische Gemeinde besucht, „die goldbekleidete und goldbeschuhte Königin", und war er auch durch Syrien nach Nisibis gereist; überall hatte er Glaubensbrüder gefunden - „als Reisegefährten hatte ich Paulus auf meinem Wagen, und der Glaube zog mir überall voran und setzte mir überall Speise vor, den Fisch von der Quelle, überaus groß und rein, den die reine Jungfrau gefangen; diesen bot sie ihren Freunden zum Mahl immerdar mit köstlichem Wein - als Mischwein reichte sie ihn mit Brot". Zu derselben Gruppe der Fischerei- und Schiffssymbole gehören die Darstellungen von Ankern in der Malerei oder auf Sarkophagen. Der Hebräerbrief hatte von der Hoffnung als dem Anker der Seele gesprochen. Oder es lag nahe, die Lebensreise mit einer stürmischen Seefahrt zum himmlischen Hafen zu vergleichen. Aber neben diesen Themen und Sinnbildern, deren Bedeutung ein Christ verstand, die aber ein Heide in einem anderen Sinn deu-

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3 27

ten konnte, gab es natürlich auch Malereien mit biblischen Darstellungen: Adam und Eva, die Arche Noah, Isaaks Opferung, Mose, der Wasser aus dem Felsen schlägt, Jona und der große Fisch, Daniel in der Löwengrube, die drei Männer im Feuerofen und andere. Lieblingsthemen aus dem Neuen Testament waren die Taufe des Herrn, der Gichtbrüchige, der sein Bett trägt oder durch das Dach des Hauses zu Jesus herabgelassen wird, die Samaritanerin am Brunnen, die Auferweckung des Lazarus, und Petrus, der auf dem Meer wandelt. Das früheste bekannte Beispiel einer Kirche mit solchen Wandgemälden ist die aus dem dritten Jahrhundert stammende Hauskirche von Dura am Euphrat, wo ein im ersten Jahrhundert nach Chr. erbautes Privathaus im Jahr 232 zum Gebrauch als christlicher Gottesdienstraum eingerichtet worden war. Diese kleine Hauskirche wurde von einer nahegelegenen großen und reichen Synagoge ziemlich in den Schatten gestellt, deren Wände prachtvoll mit Szenen und Figuren aus dem Alten Testament geschmückt waren. Die Synagoge von Dura beweist überzeugend, daß die Juden, wenn sie wollten, in ihren Synagogen reichen künstlerischen Schmuck haben konnten, und wahrscheinlich waren die frühchristlichen Darstellungen biblischer Szenen stark von jüdischen Vorbildern abhängig. Es ist wohl bezeichnend, daß in vorkonstantinischer Zeit unter den von den christlichen Künstlern bevorzugten biblischen Szenen die alttestamentlichen Themen gegenüber den neutestamentlichen zahlenmäßig überwiegen. Für die Abhängigkeit von jüdischen Darstellungen läßt sich ein spezielles Beispiel anführen. Die phrygische Stadt Apamea wurde von Juden bewohnt, die den Anspruch von Ararat, die Gegend zu sein, in der die Arche Noah gestrandet sei, ignorierten und behaupteten, sie besäßen auf einem Hügel in der Nähe ihrer Stadt die Uberreste der Arche selbst. (Die Stelle gehörte zu den Stätten, die der wißbegierige Reisende und Antiquar Julius Africanus besuchte25.) Ende des zweiten und Anfang des dritten Jahrhunderts brachte die städtische Münze von Apamea eine Serie Münzen heraus, die Noah und seine Arche dar2.5 Siehe oben S. 1 1 5 .

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stellten. Der Bildtypus ähnelt so sehr den Noahdarstellungen der christlichen Katakombenkunst, daß es sehr schwer fällt, keine Beziehung anzunehmen. Wahrscheinlich waren deshalb auch andere alttestamentliche Szenen in der frühchristlichen Kunst nach jüdischen Vorbildern gestaltet. Seit der Bekehrung Konstantins brauchte die Kirche nicht länger mit Bekundungen ihres Glaubens zurückzuhalten. Kirchen wurden öffentliche Gebäude. Die Symbole des Christentums und die Themen des Evangeliums boten der künstlerischen Gestaltung in Architektur, Skulptur und Mosaikdekoration ein reiches Material; einige der größten Leistungen spätantiker Kultur liegen auf dem Gebiet der bildenden Kunst. Aber dieser Prozeß war innerhalb der Kirche sogar schon vor Konstantin in Gang gekommen. Die Synode von Elvira in Spanien hielt für die Nachwelt ihre empörte Mißbilligung der Wandmalereien in einigen Kirchen fest; aber die Tatsache, daß es so etwas gab, ließ sich nicht aus der Welt schaffen, und der Strom wurde im Laufe des vierten Jahrhunderts zur Flut. Trotzdem war der alte Puritanismus noch am Leben. Um 327 erhielt der gelehrte Historiker Eusebius von Caesarea einen Brief von Konstantia, der Schwester des Kaisers Konstantin, in dem diese ihn um ein Bild Christi bat. Offenbar nahm sie an, daß sich in Palästina leichter als anderswo ein authentisches Porträt würde auftreiben lassen. Eusebius sandte ihr eine sehr strenge Antwort. Er wußte sehr gut, daß es Bilder Christi und der Apostel gab. Sie wurden in den Bazaren Palästinas zum Kauf angeboten, und Eusebius hatte sie selbst gesehen. Aber er war der Meinung, daß die Maler und Krämer, die diese Andenken den Pilgern verkauften, überhaupt keine Christen seien. Ebenso hatte Eusebius in Caesarea Philippi eine Bronzegruppe gesehen, die folgende Szene darstellte: Eine Frau, die ein Knie gebeugt hat, streckt bittend die Hand nach einem aufrecht stehenden Mann aus, der ihr seinerseits die Hand entgegenhält. Nach der Beschreibung des Eusebius handelt es sich offenbar um einen Darstellungstypus, der auf den Münzen Hadrians geläufig ist: der Kaiser gibt seinen Provinzen Rechte zurück. Im Jahr 300 jedoch war Hadrian vergessen. Die Bürger von Caesarea Philippi deuteten

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32.9

jetzt die Bronzegruppe als Darstellung Jesu, der das blutflüssige Weib heilt, und konnten Besuchern sogar das Haus zeigen, in dem die Frau gewohnt hatte. (Diese Deutung der hadrianischen Statuen, die einen Brunnen auf einem öffentlichen Platz schmückten, hatte sich so allgemein durchgesetzt, daß sie unter Julian von randalierenden Heiden beschädigt wurden.) Die von Eusebius erzählte Geschichte ist auch insofern von Interesse, als sie den ersten Schritt zur Ausbildung der mittelalterlichen Veronikalegende bezeichnet26. Eusebius selbst zeigt ein wohlwollendes Interesse für die Statuen, betrachtet es aber als selbstverständlich, daß nur heidnische Künstler davon träumen konnten, solche Darstellungen zu schaffen. Eine ähnlich bilderfeindliche Anschauung vertrat Epiphanius von Salamis 27 , der entsetzt war, als er in der Vorhalle einer Kirche in Palästina einen Vorhang mit einem Bild Christi und einiger Heiliger fand. Er riß ihn herunter und legte beim Bischof von Jerusalem heftigen Protest ein. Obwohl Epiphanius alles unternahm, was in seiner Macht stand, um das Anbringen von Bildern in den Kirchen zu verhindern, führte er einen aussichtslosen Kampf. Als er im Jahr 403 starb, waren Bilder Christi und der Heiligen schon weit verbreitet. Es handelte sich um eine Bewegung volkstümlicher Frömmigkeit, die zeitlich ungefähr mit dem Ansteigen der Verehrung der heiligen Jungfrau zusammenfiel. Die Marienverehrung hatte seit 400 wachsende Bedeutung in der privaten Frömmigkeit gewonnen und sollte bald auch in der offiziellen Liturgie einen immer wichti26 Die Veronikalegende entstand aus einer bemerkenswerten Verschmelzung verschiedener Legenden. Im vierten Jahrhundert erhielt die blutflüssige Frau den Namen Berenike. Nach der einen Fassung der Abgarlegende (siehe oben S. 65), die um 400 im Umlauf war, sandte Christus sein Porträt einer edessenischen Prinzessin namens Berenike. Die beiden Damen wurden miteinander identifiziert, und im lateinischen Westen wurde ihr Name zu Veronika. In der späteren Legende erhielt Veronika ihr Christusbild auf einem Tuch, das sie dem Herrn auf der via dolorosa reichte. Das Tuch, das in der Peterskirche aufbewahrt wird, hat in der Neuzeit weniger Beachtung gefunden als das Leichentuch von Turin, das die Arbeit eines Künstlers des vierzehnten Jahrhunderts ist und für dessen Echtheit sich keine historischen Gründe ins Feld führen lassen. 27 Siehe oben S. 214.

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geren Platz einnehmen. Die erste Kirche, von der man weiß, daß sie der heiligen Jungfrau geweiht wurde, war die von Ephesus, wo das Konzil von 4 3 1 stattfand 28 . Im nächsten Jahrzehnt errichtete Papst Sixtus III. (43Z-440) in Rom die große Kirche Santa Maria Maggiore mit ihren prächtigen Mosaiken an den Wänden und am Triumphbogen. Die Mosaiken an den Seitenwänden stellen alttestamentliche Szenen dar, die am Triumphbogen zeigen die Verkündigung, die Darstellung Christi im Tempel, die Weisen aus dem Morgenland, die Geschenke darbringen und Herodes besuchen, Herodes, der den Kindermord anordnet, und eine apokryphe Geschichte von Christus in Ägypten. Ehemals trugen die Wände auch noch Mosaiken, die einen Zug von Märtyrern darstellten, die ihre Kronen der Jungfrau und dem Kind darbringen, wie auf den erhaltenen arianischen Mosaiken von S. Apollinare Nuovo in Ravenna; aber diese sind gänzlich zu Grunde gegangen. Die Mosaiken von Santa Maria Maggiore bezeichnen einen Wendepunkt in der Entwicklung der Mariologie. Sie bleiben noch weitgehend der älteren Tradition verhaftet, in der Maria im Rahmen von Darstellungen der Geburt Christi in Bethlehem erscheint und Christus untergeordnet ist. Aber zugleich sind die Mosaiken das früheste künstlerische Zeugnis für die Tendenz, Maria eine unabhängige Stellung zu geben. Diese Verselbständigung wurde beschleunigt durch die volkstümliche monophysitische Christologie, die die erlösende Funktion, die man der menschlichen Natur Christi zugeschrieben hatte, auf Maria übertrug. In monophysitischer Frömmigkeit hörte Christus auf, als Mensch größere Bedeutung zu haben; seine Auferstehung war die Auferstehung eines Gottes. Dieser Verlust des Bewußtseins der Solidarität Christi mit der übrigen Menschheit ließ die Gläubigen in wachsendem Maß in Maria die vollkommene Repräsentantin der erlösten Menschheit erblicken. Dieses Thema spielte seit dem sechsten Jahrhundert eine wichtige Rolle in der christlichen Kunst, und seine Bedeutung wurde noch durch den wachsenden volkstümlichen Glauben gesteigert, 2.8 Siehe oben S. 2.32.

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daß die Jungfrau entweder gar nicht gestorben oder daß sie bereits auferstanden und in den Himmel aufgenommen worden sei. Eine beträchtliche Zahl von Werken der christlichen Kunst des fünften, sechsten und siebenten Jahrhunderts ist erhalten geblieben und macht die außerordentlich hohe Qualität des künstlerischen Schaffens sichtbar, die dieses Zeitalter auszeichnete. Die Mosaiken der Kirchen von Ravenna und Rom, der Evangelienkodex von Rossano, das 586 von dem mesopotamischen Mönch Rabula geschriebene syrische Evangelienbuch (heute in Florenz), die Türen von Santa Sabina in Rom und viele andere Beispiele bezeugen eine künstlerische Renaissance höchsten Ranges, die sich der Gestaltung christlicher Themen widmete und keine Hemmungen gegenüber der bildlichen Darstellung Christi und der Heiligen kannte. Diese Christusdarstellungen machten jedoch jenen Christen Kummer, die sich an die alte Strenge und Zurückhaltung erinnerten. Die Ikonen waren der Gegenstand einer Unterströmung heimlichen Mißtrauens, das im achten Jahrhundert in dem heftigen Bilderstreit hervorbrach, als Kaiser Leo der Isaurier im Jahr 726 durch einen Erlaß ein Programm zur vollständigen Zerstörung aller derartigen Bilder ins Leben rief. Die Ikonen waren zu einem anerkannten und geliebten Bestandteil der Kirchenausstattung geworden und wurden von frommen Seelen hochgeschätzt. Der Streit weitete sich zu einem großen Konflikt zwischen Kirche und Staat im byzantinischen Reich aus, der sich über ein Jahrhundert hinzog und (da die Kaiser bilderfeindlich waren, das Papsttum aber nicht) zu einer noch stärkeren Entfremdung zwischen Rom und Byzanz beitrug. Die Stärke der Bilderfeinde lag weniger in ihren theologischen Argumenten, die zu kompliziert und theoretisch waren, um auf die Dauer überzeugend zu wirken 28 , als in ihrem Gespür für die Tatsache, daß Bilder eine Beziehung zum Götzendienst hatten, den zu vernichten das Christentum gekommen war, und daß die Darstel2.9 Die Hauptargumente der Ikonoklasten waren: a) das zweite Gebot; b) allein der Mensch ist das irdische Ebenbild Gottes; c)'Christus abzubilden bedeutet eine nestorianische Trennung der Menschheit von der göttlichen Natur; und wenn nicht dies, so bedeutet es eine Umschreibung und Begrenzung der

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lungen Christi, Marias und der Heiligen stark von heidnischen Vorbildern abhingen. Dieser Instinkt erfaßte ein Stück Wahrheit. Die Darstellung Christi als allmächtiger Herr auf dem Richterstuhl zeigte den Einfluß von Zeusbildern. Bildnisse der Gottesmutter waren nicht ganz unabhängig von einer heidnischen Vergangenheit, die Muttergottheiten verehrt hatte. Im volkstümlichen Denken hatten die Heiligen die Rolle übernommen, die einst lokale Heroen und Gottheiten gespielt hatten. Aber es war unvermeidlich, daß die Bekämpfung der Bilder als ein Angriff auf Hilfen verstanden wurde, deren die Frömmigkeit schwacher Sterblicher bedurfte und an die man sich durch verhältnismäßig langen Umgang während mehr als einem Jahrhundert vor Ausbruch des Streites gewöhnt hatte. Johannes von Damaskus sah in der Ablehnung der Bilderverehrung den Ausdruck einer pessimistischen, manichäischen Auffassung von der Materie. Dieser Vorwurf war zweifellos ganz ungerecht. Das wunderbare Kreuz im Apsismosaik der Irenenkirche in Istanbul, deren künstlerische Ausgestaltung aus ikonoklastischer Zeit stammt, genügt allein schon zur Widerlegung der Vorstellung, die Bilderfeinde des achten Jahrhunderts seien ästhetischen Werten völlig gleichgültig oder feindlich gegenübergestanden. Sie waren keine Philister, sondern Konservative, die ihre Religion in der alten Weise erhalten wollten, wie sie zur Zeit ihrer Großväter gewesen war, ehe man die Künstler ermuntert hatte, sich gehen zu lassen. Aber unbewußt und in neuer Form und neuer Sprache wiederholten sie in gewissem Sinn den alten Angriff der spiritualistischen Origenisten auf die „Anthropomorphiten", die sich den Gott, zu dem sie beteten, bildlich vorstellen mußten30. göttlichen Natur, die nicht in dieser Weise begrenzt sein kann. Die Ikonodulen erwiderten: a) wir verehren nicht die Ikonen, sondern die Personen, die sie abbilden; b) Verehrung, die den Dienern Christi, den Heiligen, erwiesen wird, ist nur relative, keine absolute Anbetung; c) Ikonen sind eine notwendige Folge der Anrufung der Heiligen; d) wenn man Reliquien Wert beimißt, warum nicht auch den Ikonen? e) das zweite Gebot hatte nur befristete Gültigkeit; f) Ikonen unterstützen die Frömmigkeit und stehen allgemein im Gebrauch. 30 Siehe oben S. 215.

RÜCKBLICK Für den ersten Kirchenhistoriker, den in den ersten Jahrzehnten des vierten Jahrhunderts schreibenden Eusebius von Caesarea, stellte sich die Geschichte der entstehenden christlichen Gesellschaft als eine Folge von Siegen über Hindernisse und Angriffe dar: das Christentum überwand die staatliche Verfolgung, häretische Abweichungen und das Heidentum. Eusebius war versucht, in den gesellschaftlichen und politischen Triumphen des Christentums, die sich in der Gunst wohlgesinnter Kaiser, in der Errichtung prächtiger Kirchen und in den geistigen Leistungen hervorragender christlicher Intellektueller wie des Origenes ausdrückten, einen Beweis für die Kraft des neuen Glaubens zu erblicken. Gegenüber einem solchen triumphalistischen Denken wird der Christ des zwanzigsten Jahrhunderts kühle Zurückhaltung zeigen. Aber Eusebius hatte zweifellos recht mit der Einsicht, daß die Kirchengeschichte zu einem großen Teil aus Kämpfen besteht. Fast alle zentralen Probleme, mit denen sich die Kirche in den für ihre Entwicklung entscheidenden ersten Jahrhunderten auseinandersetzen mußte, bleiben in der ganzen weiteren Geschichte des Christentums im Grunde dauernd gestellt - sie finden eine Antwort, aber in jedem Zeitalter tauchen sie in veränderter Gestalt wieder auf. Die zentrale Frage des apostolischen Zeitalters war das Verhältnis der Kirche zu Israel: bestand eine Kontinuität mit dem alten Gottesvolk oder nicht? Weder die Judenchristen, die die fortdauernde Gültigkeit des mosaischen Gesetzes behaupteten, noch jene Heidenchristen, die in das entgegengesetzte Extrem verfielen und die radikale Preisgabe des Alten Testaments verlangten, konnten sich durchsetzen. Der Mittelweg des Paulus wurde zur allgemein anerkannten Lösung. Das Alte Testament behielt in der christlichen Bibel seinen dauernden Platz als der große Bericht von der göttlichen Erziehung des Menschengeschlechts, als Vorschule,

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die Menschen zu Christus brachte, und als ein Buch, das im Lichte Christi zu lesen und zu deuten war. Infolgedessen hat sich die Kirche beim Alten Testament vielleicht niemals völlig heimisch gefühlt, sie hat es aber auch niemals entbehren können. Im nachapostolischen Zeitalter (etwa 70-140) erlebte die Heidenmission, für deren Freiheit Paulus einen erfolgreichen, aber auch mühevollen Kampf geführt hatte, einen kräftigen Aufschwung. Durch die römische Belagerung im Jahr 70 und durch die endgültige Zerstörung im Jahr 1 3 5 hörte Jerusalem auf, die Hauptstadt des Judentums zu sein, und damit verloren auch die alten judenchristlichen Gemeinden ihre Bedeutung. Der Schwerpunkt des Christentums verlagerte sich in die heidenchristlichen Gemeinden der großen Städte Antiochien, Alexandrien und vor allem Rom, wo Petrus und Paulus unter Nero den Märtyrertod erlitten hatten. Aber das Hinscheiden der Apostel stellte die christlichen Gemeinden vor ungeheure Fragen der Vollmacht und Autorität, die zu entscheiden waren: Das zweite Jahrhundert war deshalb das Zeitalter, in dem man begann, die wesentlichen Inhalte der christlichen Lehre in noch unentwickelten Glaubensbekenntnissen kurz zusammenzufassen, in der sich die dreifache Gliederung des kirchlichen Amtes in die Stufen Bischof, Presbyter und Diakon allgemein durchsetzte und in der schließlich der neutestamentliche Kanon Gestalt annahm. Ordnung und Einheit waren ein dringendes Bedürfnis, besonders um der zentrifugalen Tendenzen des gnostischen Synkretismus Herr zu werden. Der Sieg über die Gnosis wurde in der vielleicht schwersten und wichtigsten Entscheidungsschlacht der Kirchengeschichte errungen. Die Art und Weise, in der die Kirche des zweiten Jahrhunderts die Autoritätsfrage löste, schuf jedoch ihre eigenen Probleme. Die Betonung des Bischofsamtes als der entscheidenden Grundlage der kirchlichen Einheit (Ignatius) und der Heiligkeit der „Tradition" (Irenäus) war für das Überleben der Kirche eine entscheidende Notwendigkeit, aber ihre Nebenwirkung war eine gewisse Klerikalisierung der Kirche. Der Anteil der Gemeinde an der Feier der Sakramente begann weniger wichtig zu werden als das Handeln des Prie-

Rückblick

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sters im Mysterium; und der Priester rückte der Gemeinde immer ferner, besonders seit die Griechen nach dem Ende des vierten Jahrhunderts begannen, den Altar vor den Blicken der Gemeinde zu verhüllen. Spätestens im achten Jahrhundert, wahrscheinlich aber schon früher 1 , wurde es üblich, den lateinischen Meßkanon mit so leiser Stimme zu sprechen, daß die Gemeinde nichts mehr hören konnte. Die gnostische Krise begann schon ihren Höhepunkt zu überschreiten, als man anfing, die Auseinandersetzung mit gebildeten heidnischen Kritikern ernst zu nehmen. Justin der Märtyrer und seine Nachfolger, die ihren Glauben mit der Feder verteidigten, bahnten den Weg für Klemens von Alexandrien und Origenes, indem sie das Christentum mit den höchsten Bestrebungen der klassischen Religionsphilosophie und Ethik verbanden. Sokrates als „Christen vor Christus" in Anspruch zu nehmen oder mit Tertullian von der natürlichen Intuition des Menschen für den christlichen Glauben zu sprechen bedeutete, daß man im Evangelium die Erfüllung der moralischen Möglichkeiten des Menschen als eines göttlichen Geschöpfes erblickte. In der nächsten Generation begannen Irenäus von Lyon und Tertullian von Karthago die christliche Lehre systematisch und im Zusammenhang zu entfalten, und zwar im bewußten Gegensatz zu häretischen Abweichungen. Tertullian war der erste Christ, der theologische Werke in lateinischer Sprache schrieb, und spielte als Schöpfer eines geeigneten Vokabulars eine epochemachende Rolle. Seit der Mitte des dritten Jahrhunderts (dies ergibt sich sowohl aus Cyprian als auch aus Origenes) lebte die Kirche bereits viel stärker im Blickfeld der Öffentlichkeit und drang weithin in die gebildeten und herrschenden Klassen ein. Mit dem Rückgang des alten Heidentums wurden dessen Anhänger in die Defensive gedrängt und zu der Einsicht gebracht, daß sie angesichts des christlii Die stille Rezitation des großen Eucharistiegebets ist erstmals im fünften Jahrhundert in Syrien bezeugt. Sie wurde 565 durch ein Gesetz Justinians verboten, war aber spätestens in neunten Jahrhundert in Konstantinopel üblich geworden.

336

Rückblick

chen Ansturmes eine positive geistige Alternative schaffen mußten. Die Barbarenangriffe in den Jahren um die Mitte des dritten Jahrhunderts bedrohten eine Zeitlang den Bestand des Imperiums, und für einige Jahre brach eine schwere Verfolgung über die Christen herein. Aber die große Verfolgung unter Diokletian war lang, unangenehm und noch viel gründlicher; als unseliges Erbe hinterließ sie innere Spaltungen, vor allem in Nordafrika, wo die Donatisten mit ihren katholischen Glaubensgenossen bis zum Eindringen des Islam im siebenten Jahrhundert in feindlicher Koexistenz lebten. Die Bekehrung Konstantins machte das Christentum nicht zur offiziellen Religion des Imperiums. Dazu kam es erst durch Theodosius am Ende des Jahrhunderts. Das vierte Jahrhundert war das große Jahrhundert der griechischen Kirchen, und die späteren Christen des Ostens blickten auf Athanasius, Basilius, Gregor von Nazianz und Johannes Chrysostomus als Lehrer zurück, die den Rang und die Autorität von Klassikern besaßen. Sie waren in hervorragendem Maß „die Väter" - die anerkannten Ausleger der autoritativen Überlieferung. Die Wiederbelebung des Heidentums durch Julian war eine zu vereinzelte und kurze Episode, um den Siegeszug des Christentums ernstlich aufzuhalten. Die Christen dieses Zeitalters wurden stärker durch den Sturm des langen arianischen Streites beunruhigt. Aber auch das vierte Jahrhundert brachte nicht nur Tränen. Daß die Bedeutung des arianischen Streite überschätzt werden kann, zeigen die Katechesen Kyrills von Jerusalem (350), dessen seelsorgerliche Unterweisung von den Parteischlagworten der Zeit fast unberührt ist. Das gewöhnliche kirchliche Leben ging friedlich weiter und nahm weithin keine Notiz von den Debatten der Theologen und den Komplotten der Kirchenpolitiker. Die Masseneintritte, die die Kirche im vierten Jahrhundert erlebte, waren einer der Gründe, warum sich die Asketen in besonderen Gemeinschaften zusammenschlössen, deren Verhältnis zum normalen Leben der Kirche sich nicht an einem Tag regeln ließ. Ganz ohne dies zu beabsichtigen wurden die weitabgewandten Mönche des Abendlandes zu wichtigen Vermittlern von Bildung

Rückblick

337

und Erziehung in dem Chaos, das die eindringenden Barbaren anrichteten. Als die westliche Hälfte des Imperiums in einzelne Barbarenreiche zerfallen war, blieb die Kirche, vor allem durch die Wirksamkeit und Stellung der Bischöfe von Rom, das einzige intakte Instrument der europäischen Einheit; und in den Schriften Augustins von Hippo besaß das Abendland ein geschlossenes theologisch-philosophisches Gedankensystem von höchster geistiger Bedeutung. Nachdem einmal das Papsttum in der Person Gregors des Großen erkannt hatte, daß seine Aufgaben mehr bei den Barbaren des Westens als im alten Imperium in Konstantinopel lagen, wurde der Prozeß der Entfremdung zwischen den griechischen und lateinischen Kirchen beschleunigt. Das Bewußtsein einer Spannung zwischen Ost und West reicht in ein frühes Stadium der Kirchengeschichte zurück, und das gegenseitige Verständnis wurde durch die Sprachverschiedenheit und die Unterschiede der Sitte im profanen wie im kirchlichen Bereich nicht gefördert. Aber die Beziehungen wurden besonders dadurch erschwert, daß man in einer Reihe von Fällen nicht im Stande war, die Gegenseite zu verstehen und ihr gerecht zu werden; bezeichnend hierfür war die Haltung des Westens während des ökumenischen Konzils von Konstantinopel (381), die Art, wie Papst Leo mit dem Konzil von Chalcedon (451) umging, oder die von so gut wie allen griechischen Bischöfen stillschweigend vertretene Auffassung, die Stellung des römischen Bischofs entspreche einfach der eines östlichen Patriarchen, etwa jener des Bischofs von Antiochien oder Konstantinopel. Während die Päpste ihren Blick nach Westen wandten, stand den griechischen Kirchen eine doppelte Prüfung bevor: der islamische Ansturm von außen und der Bilderstreit, der sie im Innern zerreißen sollte. Die Folgen dieser Ereignisse bezeichnen eine Epoche der Kirchengeschichte, und die herkömmliche Einteilung, nach der man das Zeitalter der Kirchenväter mit Gregor dem Großen im Westen und mit Johannes von Damaskus im Osten enden läßt, hat gute Gründe. Denn von jetzt an ist es viel schwieriger, die Geschichte der östlichen und westlichen Christenheit gemeinsam darzustellen.

ANMERKUNGEN UND NACHWEISE Die Anmerkungen sind seitenweise zusammengefaßt; die dem Text entnommenen Stichwörter sind durch Kursivdruck hervorgehoben.

I. KAPITEL: V O N JERUSALEM BIS R O M S.

2

Synagogen zur Ehre des Kaisers: Philo, leg. ad Gaium 157; Josephus, c. Apionem 2, 77; Frey, CIJ II 1440-1444. - Diaspora: Josephus, c. Apionem 2, 282; bell. 2, 398; ant. 14, 115 (Strabo). - Synagogen in Rom: H.J.Leon, The Jews of Ancient Rome (Philadelphia i960) 1 3 5 166. - Eine Million Juden in Ägypten: Philo, in Flaccum 43; vgl. Josephus, bell. 2, 497; ant. 12, 11.

S.

3

Geldexport: Cicero, pro Flacco 28, 66-69. ~~ Heiden vom jüdischen Monotheismus angezogen: Josephus, c. Apionem 2, 123.283. - Diakonie: Strack-Billerbeck, Kommentar z. N T IV 559-610. - Gottesfürchtige: L. Robert, Nouvelles inscriptions de Sardes I (1964) 41-45; H. Bellen, Jb. Ant. Chr. 8/9 (1965/66) 1 7 1 ; B. Lifshitz, Journal for the Study of Judaism 1 (1970) 77.

S.

4

Septuaginta-Fest: Philo, vita Mosis 2, 25-44. - 72 Tage: lands Ausgabe des Aristeasbriefes S. 130 ff.

S.

5

Goldenes

S.

6

Essener: Plinius, N H 5, 73; Philo, probus 7 5 - 9 1 ; Hypothetica bei Eus. PE 8, 1 1 ; Josephus, bell. 2, 1 1 9 - 1 6 1 ; ant. 18, 18-22; Hippol. refut. 9, 18, 3; Porphyrius, abst. 4, 1 1 ff.

S.

8

Essener als Pythagoräer:

S.

9

Nazarener:

vgl. Wend-

Kalb: Strack-Billerbeck, Kommentar IV 414.

Josephus, ant. 15, 371-379.

vgl. Tert. Marc. 4, 8; Eus. Caes. Onomasticon 138, 25.

S. 1 1

Missionsreisen der Apostel: vgl. Th. Schermann, Propheten- und Apostellegenden (1907). - Johannes in Ephesus: Iren. haer. 3, 3, 4. - Philippus: Polykrates bei Eus. HE 3, 31. - Grab des Johannes: Dionys. Alex, bei Eus. HE 7, 25, 16. - Johannes in Rom: Tert. praescr. 36; Hieron. c. Iovin. 1, 26; in Matth. 20, 23.

S. 1 2

Epiphanius, panar. 78, 1 1 und 24. - Jakobus:

S. 13

Petrus z$ Jahre in Rom: Rel. 51 (1971) 51.

Josephus, ant. 20, 200.

M. Simon u. G. Rocca-Seria, Rey. Hist. Ph.

Anmerkungen und Nachweise

339

S. 16

Edikt Hadrians: Cassius Dio 69, 12; Eus. HE 4, 6; DE 6, 18, 10; Appianus, Syr. 50; Tert. Jud. 13; Justin, dial. 16 u. a. - Sueton: Claud. 25, 4. - Verfluchung: Schürer, Geschichte d. jüd. Volkes II4 544.

S. 17

Hebräerevangelium: 100.

S. 18

Justin, dial. 46 f. — Ebioniten: Iren. haer. 3, 21, 1 ; 4, 33, 4; 5, 1, 3; Tert. praescr. 10, 8; Origenes, c. Cels. 5, 61. - Zitate aus „Ebion": Doctrina Patrum 41 (302 f. Diekamp).

S. 19

Bar Kochba: Justin, apol. 1 , 31, 6; Orosius 7, 13. - Fax Romana: Melito bei Eus. HE 4, 26, 5 - 1 1 ; Hippol. in Danielem 4, 9; Origenes, c. Cels. 2,30.

S. 20

Heilige Mahlzeit im Mithraskult: Justin, apol. 1 , 66, 4 (Brot und Wasser). — Durch die Planetensphären: Celsus bei Origenes 6, 22; Porphyrius, antr. 6. - Attis: Vgl. H. Hepding, Attis, seine Mythen und sein Kult (1903). - Christliches Plagiat?: Ambrosiaster, quaest. 84, 3; vgl. Aug. tr. Joh. 7, 1 , 6 (et ipse pileatus Christianus est).

S. 21

Derselbe Gott unter verschiedenen Namen: P. Oxy. 1380 s. II; vgl. Aug. civ.- Dei 7, 13. - örtliche Vertreter: Ps. Arist. de mundo; Aelius Aristides 43, 18 (Keil II 343, 26); Celsus bei Origenes 8, 35. - Ursache der Erfolge Roms: Minucius Felix 6; Celsus bei Origenes 8, 66; vgl. Aug. conf. 8, 2. - Tacitus: ann. 15, 44.

S. 23

Eid beim Genius des Kaisers: P. Oxy. 483 (a. 108); Epiktet 4, 1 , 12. Domitian und die Juden: Sueton, Domit. 12; Bacher, Die Agada der Tannaiten I 84 f.; Eus. HE 3, 19-20. - „Atheismus und jüdische Sympathien": Cassius Dio 67, 44. - Domitian als Christenverfolger: Melito bei Eus. HE 4, 26; Tert. apol. 5; Eus. HE 3, 17-20; Bruttius bei Eus. Chronik (vgl. Malalas io, 262). - Plinius und Trajan: Plin. ep. 10, 96-97.

S. 25

Minucius Fundanus: Datum, Année epigraphique 1957, 17. - Telesphorus: Iren, haer. 3, 3, 3. - Justin: Datum, Prosopographia Imperii Romani' IV 3 (1966) Nr. 814 s. v. Iunius Rusticus. - Rhonetal: Eus. HE 5, 1.

S. 26

Tertullian: apol. 40, 2. - Noch in der Mitte des 3. Jh.s: Origenes, c. Cels. 6, 27; vgl. in Matth, ser. 39, 120. - Eindringen des Christentums in die höheren Klassen: Tert. Scap. 6; vgl. 3. - Marcia: Hippol. ref. 9, 12, 10.

S. 27

Blut der Märtyrer: Tert. apol. 50, 13. - Bestrafung der Verfolger als Schauspiel für die Seligen: Tert. spect. 30; vgl. Greg. Magn. mor. 6, 48. - Hitzköpfe: Klemens, ström. 4, 17, 1 ; 76 £f.; 7, 66.

Hennecke-Schneemelcher, Ntl. Apokryphen I 90-

34°

Anmerkungen und Nachweise

S. 28

Mark Aurel: 1 1 , 3. - Gnostiker: Klemens, ström. 4, 17-18. 71 (Herakleon); vgl. Porphyrius, abst. 1, 42.

S. 29

Flamen: Elvira, can. 2-4. - Käuze?: Origenes, hom. in Levit. 16, 6; vgl. Celsus bei Origenes 8, 54; Tert. Scorpiace.

2. KAPITEL: GLAUBE UND KIRCHENVERFASSUNG S . 30

Bruder: Tert. apol. 39, 8; Minucius Felix 9, 2; Lactantius, inst. 5, 12, 2; Klemens, ström. 2, 41. - Leib und Blut: Z. B. Justin, apol. 1, 65, 5.

S. 31

Der Gott der Juden = Dionysos: Plutarch, quaest. conv. 4, 6, 671-672; Saturn: Tacitus, hist. 5, 4.

S. 35

Gnostische Ethik: Klemens, ström. 3; vgl. 2, 1 1 7 - 1 1 8 .

S. 36

Ophiten verfluchten Jesus: Origenes, c. Cels. 6, 25.28; in 1 Cor. 12, 3 (JThS 10 [1908] 30). - Herakles als Erlöser: Hippol. refut. 5, 26, 25 ff.

S. 37

Jesus erschien in verschiedener Gestalt: Acta Johannis 93; Klemens, adumbr. in 1 Joh. 1, 1 (Stählin III 210, 12); Origenes, c. Cels. 2, 64; 6, 77; in Matth, ser. 100.

S. 40

Drei Schichten im A. T.: Ptolemaeus, ep. ad Floram (bei Epiphanius, panar. 33, 3—8).

S. 41

„Den Bischof wie den Herrn": Ignatius, Eph. 6.

S. 42

lrenäus: haer. 1, 10, 2; 4, 35, 4; 5, 20, 1.

S. 43

Das vierfache Evangelium: Iren. haer. 3, n , 18.

S. 45

Glaubensregel: Iren. haer. 1, 10, 1; Tert. praescr. 15 ff.

S. 49

Diakone: Kelch, Cypr. laps. zj; Aug. serm. 304, 1. - Justin, apol. 1 , 6$, 5. - Evangelium: Const. Ap. 2, 57, 5; Hieron. ep. 147, 6; Sozom. HE 7, 19, 6. - Arles, can. 15; Nicaea, can. 18.

S. 50

Sieben Diakone: Konzil von Neocaesarea, can 15. - Archidiakon: Optatus i , 16 (Caecilian); Hieron. in Ezech. 48 (PL 25, 505 D): Quia per singula concionatur in populos et a pontificis latere non recedit, iniuriam putat, si presbyter ordinetur. - Stufenleiter: Greg. Naz. orat. 43, 25-26; Sidonius Apollinaris, ep. 7, 9, 12.

S. 52

Weihen in Alexandrien: Hieron. ep. 146, 1; Ambrosiaster, quaest. 1 0 1 ; Eutychius Alex, annales, PG 1 1 1 , 982. - Wahl: Hippol. trad. apost. 1 , 2-3; Cypr. ep. 67; Origenes, hom. in Levit. 6, 3; Konzil von Serdica, can. 5. - Parteien: z. B. Greg. Naz. orat. 43, 28; Chrysost. de sacerdotio

Anmerkungen und Nachweise

341

3, 15; Sulpicius Severus, vita S. Martini 9; Aug. ep. 2.13, 1 ; Hil. Arelat. vita S. Honorati 28 usw. - Fabian und die Taube: Eus. HE 6, 29, 2-4 (ähnlich Innozenz X., 1644!). - Vom Kaiser ernannt: Athanasius, hist. Arianorum 74 f.; aber vgl. Eus. VC 3, 59-62. S. J5

Thyatira: Epiphanius, panar. 51, 33. - Inschriften: W. M. Calder, The Epigraphy of the Anatolian Heresies, Anatolian Studies presented to Sir William Ramsay (1923) 59-91. - Hippolyt: vgl. Const. Ap. 8, 1.

3. KAPITEL: AUSBREITUNG UND WACHSTUM S. 56

Origenes, c. Cels. 3, 14 (Ubersetzung P. Koetschau).

S. 57

Weingeruch: Cypr. ep. 63, 15. - Hauskirchen: Dict. d'arch. ehret, et de liturgie IV 2292 ff. - Gottesdienst in Katakomben: Eus. HE 7, 1 1 , 1 1 . - Kleinasien: Tert. Scap 5 - Des Lebens müde...: Seneca, consol. ad Marciam 3, 3: ostendes te vivere nolle, mori non posse; Epiktet, frg. 24 (Stobaeus IV 53, 30).

S. 58

„Seneca saepe noster": Tert. anim. 20, 1. - „Wie diese Christen sich untereinander lieben": Tert. apol. 39, 7.

S. 59

Friedhöfe: Hippol. trad. apost. 40 (34); Tert. Scap. 3; anim. 51; Eus. HE 7, 1 1 , 1 1 . - Gastfreundschaft: Didache 1 1 , 5; Hermas, sim. 9, 27; Justin, apol. 1, 67; Cypr. ep. 7; vgl. 1. Clem. 1 1 - 1 2 ; Melitos verlorenes Buch „Über Gastfreundschaft": Eus. HE 4, 26, 2. - Anteilsystem: Tert. apol. 39, 5; Cypr. ep. 39. Der Häretiker Natalis hatte ein festes Einkommen: Eus. HE 5, 28, 10. - Rom im j. Jh.: Simplicius, ep. 1; Gelasius, ep. 14-16; Greg. Magn. reg. 1 1 , 56.

S. 60

Fürsorge für die Armen: Possidius, vita S. Augustini 23-24; vgl. Anastasius Sinaita, qu. 14, PG 89, 463. - Mißbrauch: Lukian, de morte Peregrini; (vgl. Aulus Gellius 8, 3; 12, 11). - Mittel der römischen Gemeinde: Cornelius bei Eus. HE 6, 43, 1 1 . - Roms Freigebigkeit: Eus. HE 4, 23, 10 (Dionysius v. Korinth); Basilius, ep. 70.

S. 61

Flüchtlinge in Rom: Cypr. ep. 30, 8 (Brief Novatians nach Karthago). Gallienus: Eus. HE 7, 13. - Gesetz Konstantins: C. Th. 16, 2, 4. - Stiftungen: z. B. Chrysost. hom. in 1 Cor. 21, 1 1 . - Seelquote: Basilius, or. 7 (PG 31, 299); Greg. Nyss. de pauperum amore, PG 46, 466 B; Chrysost. de eleem. et hosp. hom. 23 (PG 63, 725); in Matth, hom. 88 (PG 57, 779). Hieron. ep. 120, 1; Aug. enarr. in Psalmos 38, 12; sermo 86, 1 1 - 1 4 ; 355 (die Kirche soll nicht als Alleinerbin eingesetzt werden). Salvian: Ad ecclesiam ep. I 20 ff. }8 ff.; IV 1 ff.

342.

Anmerkungen und Nachweise

S. 6z

Vgl. Kl. Thraede, Art. Frau, RAC 8, 197-169; E. v. Dobschütz, Art. Sklaverei und Christentum, Herzog-Hauck, RE 3 18, 413-433. - Wiederverheiratung Geschiedener: Origenes, in Matth. 14, 13; Aug. de fide et op. 19, 35; Epiphanius, panar. 59, 4.

S. 63

Freilassung: Const. Ap. 4, 9; Greg. Nyss. de resurr. hom. 3 (PG 46, 657); Aug. sermo 356; vgl. Ign. ad Polyc. 4, 3 (nicht auf Gemeindekosten). - Rechtsgültigkeit: C. Th. IV 7, 1 ; Sozom. 1 , 9, 6. - Kallist: Hippol. refut. 9, 12. - Eheschließung von Sklaven: Tert. ad uxorem 2, 8; vgl. Digesta XXIII 2, 6z, 1.

S. 64

Kirche als Grundbesitzerin: vgl. die heidnische Klage bei Zosimus 5, 23, 4. - Bardesanes (Bardaisan): vgl. H. J. W. Drijvers, Bardaisan of Edessa (1966); H. H. Schaeder, Studien zur orientalischen Religionsgeschichte (1968); B.Ehlers, Z K G 81 (1970) 334-351. (Oft plagiiert: Ps. Clem. recogn. 9, 17 ff.; Porphyrius, abst. 4, 17; Eus. PE 6, 10; Ps. Caesarius, dial. 2, 109, PG 38, 977 ff.).

S. 6$

Palut: Ephraem Syrus (ed. Romana 1740) II 485 F. - Addai: Eus. HE 1, 13; vgl. Dict. d'arch. chrét. et de liturgie I 1807 ff. (Art. „amulettes").

S. 66

Satorquadrat: H. Grosser, Archiv f. Rel.Wiss. 24 (1926) 164 ff. Aquincum: ThLZ 82 (1957) 391—394.

S. 67

Britische Bischöfe (Ariminum): Sulpicius Severus, chron. 2, 41.

S. 68

Alban: Constantius v. Lyon, Vita S. Germani 16-18. - Für das Archäologische vgl. M. W. Barley/R. P. C. Hanson (Hrsg.), Christianity in Britain 300-700 (1968).

S. 70

Hesterni sumus: Tert. apol. 37, 4. - Rom: praescr. 36. - Ablehnung der Vulgata: Hieron. ep 27, 1; Aug. ep. 56; 104; 116.

S. 74

Celsus bei Origenes 5, 25. - Philo, qu. Ex. 2, 5; Josephus, c. Apionem II 144. 237.

S. 76

Prophetie der zwingendste Beweis: Justin, apol. i, 30 ff.

S. 77

Ausbreitung als Wiederkunft Christi: vgl. Origenes, in Matth, ser. 50. 56. 70; in Matth, comm. 12, 30. 32.

S. 78

Melito: Eus. HE 4, 26, 5 - 1 1 . - Justin: dial. 46; 96, 2.

S. 79

„Römisch" / „christlich": vgl. Optatus 3, 3 (Ziwsa 74, 3): Non enim respublica est in ecclesia sed ecclesia in republica, id est in imperio Romano, quod Libanum appellat Christus in Canticis Canticorum (4, 8 ) . . . ubi et sacerdotia sancta sunt et pudicitia et virginitas, quae in barbaris gentibus non sunt. Auch Hieron. ep. 60, 4; Petrus Chrysologus, hom. 20. Für Kaiser Theodosius II. (431) ist das Christentum „religio Romana" (ACO I 1, 1, S. 1 1 2 , 31).

Anmerkungen und Nachweise

343

4. KAPITEL: J U S T I N U N D IRENAUS S. 80

Tertullian:

S. 81

Justins Bekehrung: dial. 2. - Lollius Urbicus ist bekannt; siehe Prosopographia Imperii Romani s. v.

praescr. 7; apol. 46.

S. 82

Irrtümer Piatons: dial. 4-5. - Benutzung des Pentateuchs: apol. 1 , 60.

S. 83

Logos als Säemann: apol. 2, 8. 10. - Christen vor Christus: apol. 1 , 46. - Logos als Mittler: dial. 60, 2.

S. 84

Licht vom Lichte: dial. 128. - Volle Menschennatur: apol. 2, 10, 1 . „Wahrhaft gelitten": dial. 103, 8. - Auferstehung: apol. i , 8; dial. 69, 1 ; 1 1 3 , 3-4. - Chiliasmus: dial. 80; 139, 4-5; vgl. Jubil. 4, 2 9 - 3 1 ; ep. Barnab. 1 5 - 1 6 ; Papias bei Eus. H E 3, 39; Aug. sermo 259; civ. Dei 20, 7 ff.

S. 85

Sibylle und Hystaspes: Justin, apol. 1 , 20, 1 ; Lactantius, inst. 7, 1 3 - 2 4 u. ö.; Klemens, ström. VI 43, 1. - Vergils IV. Ekloge: Konstantin, oratio ad sanctos 19-20; Aug. civ. Dei 10, 27. - Kaiphas: Aug. trin. 4, 1 7 , 22.

S. 86

Orakel: vgl. G. Wolff, Porphyrii de philosophia ex oraculis haurienda reliquiae (1856); A. v. Premerstein, Griechisch-heidnische Weise als Verkündet christlicher Lehre in Handschriften und Kirchenmalereien, in: Festschrift d. National-Bibliothek in Wien (1926) 647-66; H. Erbse, Fragmente griechischer Theosophien (1941). - „Patt ist tot": Plutarch, def. orac. 16 (419) = Eus. PE 5, 18, 6 (207 A). - Dämonen und die Zukunft: Aug. trin. 4, 1 7 , 22; de divinatione 5, 9.

S. 87

Rekapitulation: Iren. haer. 5, 1 4 - 1 6 ; epid. 33. - Fall: haer. 3, 20; 4, 38, 3. - Chiliasmus: haer. 5, 32 ff.

S. 88

Heil als Erziehung:

S. 89

Die römische Bischofsliste:

S. 90

Keine Originalität:

haer. 4, 1 1 , 14. haer. 3, 3, 2.

haer. i , 10, 3; 2, 25-28; 5, 20, 2. - Semper

eadem:

haer. 1 , 10, 2; 4, 35, 4; 5, 20, 1 . S. 9 1

Papyri:

P. Oxy. 405 (c. 200); P.Jena, s. III—IV, neu hrsg. von F. Übel,

Eirene 3 (1964) 51 ff. 5. KAPITEL: D E R O S T E R S T R E I T , DIE M O N A R C H I A N I S C H E KONTROVERSE, TERTULLIAN S. 92

Streit um den Montanismus: vgl. Iren. haer. 3, 1 1 , 9; Eus. H E 5, 3, 4-4, 1 ; 5, 27, 18. - Osterstreit: Eus. H E 5, 23-25; vgl. B. Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner (1953); W. Huber, Passa und Ostern (1969).

344

Anmerkungen und Nachweise

S. 93

Das Abendmahl Passahmal? Chronicon Paschale, PG 92, 80-88. - Meli to: Eus. HE 5, 24, 5 (Polykrates). - Osterpredigt: hrsg. von O. Perler (1966).

S. 94

„Der Zahl nach, nicht im Willen": Justin, dial. 56, n . - Fackel: dial. 128.

S. 95

Von den Weisen angebetet:

S. 96

Sabellius: Hippol. refut. 9, 12, 15; Novatian, trin. 12; Dionys. Rom. bei Äthan, decr. 26. - „Patripassianismus": vgl. die Ekthesis makrostichos bei Äthan, syn. 26. - Kallist: Hippol. refut. 9, 12.

S. 98

Statue: Dict. d'arch. ehret, et de liturgie VI 2419 ff.; vgl. Harnack Gesch. d. altchr. Lit. I 607; G. Bovini, Sant' Ippolito dottore e martire del III secolo (1943) 97 ff.

S. 100

Valerius von Hippo: Possidius, vita S. Augustini 5, 2.

S. 102

Pontifex maximus: Tert. pudic. 1. - Hieron. vir. ili. 53. - „Credo quia ineptum est": de carne Christi 5. - „Guter Gott!": de testimonio animae.

S. 103

Vgl. C. Becker, Der „Octavius" des Minucius Felix, Sitzungsber. d. Bayer. Akad. d. Wiss., phil.-hist. Kl., 1967/2.

dial. 87. 88. - Geburt: apol. 1, 32. 33.

6. KAPITEL: KLEMENS VON ALEXANDRIEN UND ORIGENES S. 105

Reisen: ström. I 11. - Pantaenus: Eus. HE 5, 10.

S. 106

Plagiat: ström. I 66 ff.; 86 ff.; vgl. K. Thraede, Art. Erfinder II, RAC 5, ri9r ff.

S. 107

Philosophie als Lehrmeister: ström. I 28; VI 67.117. - Keine Ethik ohne Regeln: ström. I 171 ff. - Gott und Welt in der Gnosis: ström. IV 164, 3; III passim. - Gott und die Seele: ström. II 74. 77; V 88, 3. - Bergpredigt: paid. III 34-36. - Biblisch ohne Bibeltexte: ström. VII 1, 3. „Orthodox": ström. I 45, 6. - Gegensatz zu den Sekten: ström. I 95. 96; III 39; VI 123-125; VII 89-108.

S. 108

Wie ein Kind: Paid. I passim. - Nicht aus Angst oder Hoffnung: ström. VII 69, 8. 9; IV 53, 1. — Gottesschau: ström. V 40; 71, 5; 78, 2; VI 102; VII 13, 1.2. - Sexualethik: ström. III; paid. II 83-102. - Abstinenz: paid. II 19-34. - Vegetarismus: ström. VII 32. 33 (nicht obligatorisch); paid. II 16, 1 (der hl. Matthäus war Vegetarier).

Anmerkungen und Nachweise

345

S. 109

Dynamisches Fortscbreiten: bes. ström. IV 136, 5 (von Lessing benützt). - Kirche als Schule: paid. III 98, 1; vgl. Justin, apol. z, 2, 13. - Einige sind „erwählterquis dives salvetur 36; vgl. ström. V 141; VI 96.

S. n o

Fegfeuer: ed. proph. 8, 1; 25, 4; ström. VII 34, 4; 56, 3 ff.; paid. III 44. vgl. protr. 53, 2.

S. i n

Klemens Presbyter? Eus. HE 6, 11, 6.

S. 113

Justin über Ps. 96: dial. 73.

S. 114

Synagogenbrauch:

vgl. Mischna, Megilla 1, 8; 2, 1.

S. 115

Africanus: Eus. HE 1, 7; 6, 31; Fragmente, PG 10, 63-94; P- Oxy. 412.

S. 116

Kritik des Hieronymus:

S. 117

Philo: gig. 12; heres 240; somn. I 138 f. u. ö.

S. 118

Eschatologie: 64, 12).

S. 119

Auferstehungsleib: Kyrill v. Skythopolis, Vita Cyriaci 12; ACO III S. 213; IV 1, S. 249, Nr. 10; vgl. Orig. de orat. 31, 3; exh. mart. 37; princ. 2, 10, 1-3; in Matth, comm. 17, 30. - Teufel: princ. 3, 6, 5; 1, 6, 3; nicht vollkommen entartet, in Joh. 20, 28.

S. 120

Freiheit: c. Cels. 4, 3. - Hermeneutik: Joh. 10, 3 ff.

S. 121

Die Schrift-Christus-Analogie: in Matth, ser. 27; hom. in Exod. 12, 4; hom. in Levit. 1, 1. - „Selbst auf dem allerhöchsten Gipfel..in Joh. 2, 8.

S. 122

Trockenheit der Seele: in Matth, ser. 38. - Spiegel: orat. 9, 2. - Gebet ohne Worte: in Joh. 6, 18; selecta in Psalmos 4, 3; selecta in Genes. 24, 21. - Vereinigung mit Christus: orat. 10, 2. - „Wer könnte alles lesen ..Hieron. ep. 33, 4. - Adamantius: Eus. HE 6, 14, 10; Hieron. e P- 33> 3> 43> x ; vir. ill. 54; Epiphan. panar. 64, 72, 1; Photius, cod. 118; Suda, s. v. Origenes. - Selbstentmannung: Eus. HE 6, 8.

S. 123

Demetrius: bes. in Joh. 6, 2 f. - Mamaea: Eus. HE 6, 21, 3. 4. - SHA Severus Alex. 29, 2.

S. 124

Candidus: Rufinus, de adulteratione librorum Origenis, PG 17, 624-26 (S. 11 f. Simonetti); Hieron, apol. 2, 18. 19; vgl. ep. 84, 9. - Tod des Origenes: Eus. HE 7, 1; Hieron. vir. ill. 54. - Grab: Guillelmus Tyr. historia rerum in partibus transmarinis gestarum XIII 1 (PL 201, 549 C). - Maximin: Eus. HE 6, 28; Firmilian, Cypr. ep. 75, 10. - Ambrosius: Eus. HE 6, 18, 1; Hieron. ep. 43, 1; Suda, s. v. Origenes.

ep. 124 ad Avitum.

c. Cels. 3, 78. 79; 5, 15 ff., in Psalm. 1 (Epiphan. panar.

princ. 4. - Tempelreinigung:

in

346

Anmerkungen und Nachweise

S. 12.5

Porphyrius: Eus. HE 6, 19, 5-8.

S. I i 6

Wunder Gregors: Greg. Nyss. vita S. Greg. Thaumat., PG 46, 893958. - Epiphanius über Origenes: panar. 64, 5, 6 (Ethik und Naturwissenschaft hervorragend, Dogmatik schwach); 64, 72, 9 (Gift der Bildung).

S. 12.7

Ortgenes gegen Monarcbianismus: in Joh. 1 , 24; 2, 2; 10, 37; dial. Herakl. 124 (ed. Scherer). - Anaphora: orat. 15. 16; dial. Herald. 130.

S. 128

Dionysius v. Alexandrien und die johanneischen Schriften: Eus. HE 7, 24. 25 — Modalismus: Athanasius, de sententia Dionysii; Eus. HE 7, 6. - Paul von Samosata: Eus. HE 7, 27-30; Leontius Byz. adv. Nestorianos et Eutychianos III (PG 86, 1389-93).

S. 129

Valerian, Aurelian: Zosimus 1, 36. 50 ff.; SHA Aurelian 22 ff.; Eus. HE 7, 30, 19.

7. KAPITEL: KIRCHE, STAAT UND GESELLSCHAFT IM DRITTEN JAHRHUNDERT S. 1 3 1

Porphyrius und Plotin: Porph. vita Plotini 1 1 . - Chronik des Porphyrius: Fragmente (aus Eusebius) bei C. Müller, Fragm. Hist. Gr. III 688 £f.

S. 132

Philippus Arabs: Eus. HE 6, 34. 39; Chronik S. 226 Helm; Dionysius Alex, bei Eus. HE 6, 41, 9. Über die Säkularspiele siehe Pauly-Wissowa, RE 10, 764 s. v. M. Iulius Philippus (E. Stein). - Origenes, c. Cels. 3, 15. - Pogrom in Alexandrien: Dionysius Alex, bei Eus. HE 6, 41, 1 . - Libelli: A. Bludau, Die ägyptischen Libelli und die Christenverfolgung des Kaisers Decius (1931); J. Schwartz, Revue Biblique 54 (1947) 365. - Gefallene: Cypr. ep. 20, 2; 55; laps. 27.28 (Afrika); ep. 30, 3; 21 (Rom); 67 (Spanien). — Kauf von Libelli: Cypr. ep. 30, 3; laps. 37.

S. 133

Cypr. ep. 5, 1 ; Dionysius Alex, bei Eus. HE 6, 40; 7, 1 1 , 23.

S. 134

Nach peinlichem Zögern: Cypr. ep. 45. - Schismatiker ohne den Geist: ep. 70, 6.

S. 135

Stefan: „Nihil innovetur nisi quod traditium e s t . . . " , Cypr. ep. 74, 1. - Cyprian der Antichrist: ep. 75, 25. - Tu es Petrus: ep. 75, 17. Allein Gott verantwortlich: ep. 57, 5; 59, 14; .69, 17; 72, 3; 73, 26; 74, 8; vgl. J5, 21. - Martyrium Cyprians: R. Reitzenstein, Die Nachrichten über den Tod Cyprians, Sitzungsber. d. Ak. d. Wiss. Heidelberg, phil.hist. Kl., 1913/4. - Friedensbrief des Dionysius: Eus. HE 7, 7, 5.

S. 136

Gallienus: Eus. HE 7, 13; 8, 1, 1 -6. -Aurelian: Eus. HE 7, 30, 20 f.; Lact. mort. pers. 6, 2. - Kult des Sonnengottes: SHA Aurelian 25, 4-6;

Anmerkungen und Nachweise

347

Zosimus i, 61; Aurelius Victor 35, 7; auch die Münzen Aurelians. Christliche Statthalter: Eus. HE 8, 1, 4; Lact. mort. pers. 10. - Spanien: Elvira, can. 2-4. - Diokletian: siehe Pauly-Wissowa, RE s. v. Valerius Diocletianus (W. Enßlin); J. Molthagen, Der römische Staat und die Christen im 2. u. 3. Jh. (1970) 101-120. - Hierokles: Lact. mort. pers. 16.

S. 137

Apollo: Lact. mort. pers. 11 f. - Erstes Edikt: Eus. HE 8, 2, 4; 9, 10, 8; mart. Palaest. praef. 1; 2, 1; Optatus, append. II 198 f. Ziwsa; Lact, mort. pers. 12; Aug. c. Cresc. 3, 27, 30; Konzil von Arles, can. 13. Zweites Edikt: Eus. HE 8, 6, 8 f.; mart. Pal. praef. 2. - Amnestie: Eus. HE 8, 6, 10; mart. Pal. praef. 2. - Opfer: mart. Pal. 3, 1. - Konstantins Chlorus: Optatus 1, 22; Lact. mort. 15, 7 (besser als Eus. HE 8, 13, 12. 13; VC 1, 16). - Konstantin Augustus: Mommsen, Chron. min. I 231. 235; Sokr. 1, 2, 1. - Anastasia: Ammianus Marcellinus 26, 6, 14; Anonymus Valesianus 5, 14. (Dieser Name ist auch jüdisch; vgl. Frey, CIJ Index). - Diokletian: Lact. mort. 11. 17-19.

S. 138

Galerius: Lact. mort. 21-23. 3 I - 34> Eus. HE 9, 1. - Maximinus Daia: Eus. HE 9, 2 ff.; mart. Pal. 4 ff.; Athanasius, vita Antonii 46.47; hist. Arianorum 64; Lact. mort. 36 ff.; Arykanda-Inschrift, CIL III 12132; vgl. Dessau ILS 9480. - Mailand: Eus. HE 10, 5; Lact. mort. 48. Mensurius: Aug. brev. coli. 3, 13, 25. - Bischof Marcellinus von Rom lieferte die heiligen Bücher aus: Aug. c. litt. Petil. II 92, 202; gesta coli. Carth. III 491-514; Aug. brev. coli. 3, 18, 34-36; unic. bapt. 16, 23, 30. Liber pontificalis I 162.163 Duchesne. - Medizinische Abhandlungen: Aug. c. Cresconium 3, 27, 30.

S. 139

Posten vor dem Gefängnis: Passio SS. Dativi Saturnini presb. et aliorum 20 (PL 8, 700; P. Franchi de' Cavalieri, Studi e Testi 65 [1935] 67). - Majorinus: Optatus 1, 19.20. - Lucilla: Optatus 1, 16. - Römische Synode: Optatus 1, 23. 24; gesta coli. Carth. III 220-326; Aug. brev. coli. 3, 12, 24; 3, 17, 31 ff.; ep. 43, 5, 16.

S. 140

Konzil von Arles: Optatus, append. III (Ziwsa); C. H. Turner, Ecclesiae Occidentalis Monumenta Iuris Antiquissimi (= EOMIA) I 372-416. Melitius: Epiphan. panar. 68; Athanasius, apol. c. Arianos 59; M. J. Routh, Reliquiae Sacrae IV 23-45; F- H. Kettler, ZNW 35 (1936) 159; Turner EOMIA I 634-36; Ed. Schwartz, Gesammelte Schriften III 87 ff.

8. KAPITEL: KONSTANTIN UND DAS KONZIL VON NICAEA S. 142

Konstantin: K. Aland, Kirchengeschichtliche Entwürfe (i960). - Maxentius: Lact. mort. 44; Eus. VC 1, 37-39; Zosimus 2, 15-17; Panegyrici Lat. 12 (9), 17 (283 Mynors). - Bogeninschrift: Dessau ILS 694.

348

Anmerkungen und Nachweise

S. 143

Monogramm: Lact. mort. 44; vgl. Eus. VC 1 , 29. - Labarum: Greg. Naz. or. 4, 66; Sozom. 5, 17, 2. - „Durch dieses siege": Eus. VC 1 , 28. - Autun: Panegyrici Lat. 6 (7), 21 (201 Mynors). - Sonne: vgl. F. J. Dölger, Sol Salutis (192.5'). Maleachi 4, 2 (von Christus, Klemens, protr. 114, 3; vgl. protr. 68, 4; 110, 3; paid. III hymn. 36). - Grabmosaik: 0 . Perler, Die Mosaiken der Juliergruft im Vatikan (1953); B. M. Apollonj Ghetti / A. Ferrua / E. Josi / E. Kirschbaum, Esplorazioni sotto la confessione di S. Pietro in Vaticano I (1951) 38, Tav. 2. - Tertullian: apol. 16, 1 1 .

S. 144

Leo, sermo 27. - Julian, ep. 78 (Hertlein); vgl. (Pseudo-) Eusebius von Alexandrien, PG 86, 453 CD (Kyrie eleison ein Bittgebet zur Sonne). - Neues Rom: Sokr. 1 , 16, 1.

S. 14s

Apostelkircbe: Eus. VC 4, 58-60; dazu R. Krautheimer, in: Mullus, Th. Klauser-Festschr. (1964) 224-229. - Irene: Sokr. 1 , 16, 2; 2, 16, 16. - Statue des Sonnengottes: chron. Paschale, ann. 328 (PG 72, 709 A); Philostorgius 2, 17; Theodoret, HE 1, 34, 3; Leo Grammaticus 87 Bekker. - Kybele: Zosimus 2, 31. - Feier: Chron. Paschale, PG 92, 709 C; Scriptores originum Constantinopolitarum 1, 56 Preger; Lydus, de mensibus 4, 2; vgl. Dölger, Sol Salutis' S. 66 ff. - Abschriften der Bibel: Eus. VC 4, 36. 37 (vgl. auch Konstans: Athanasius, apol. ad Constantium 4). - Kirchen: Eus. VC 1 , 42; 2, 46. - Jerusalem: VC 3, 25-40. Bethlehem: VC 3, 41-43. - Rom: Petersdom, Diehl ILCV 1752; dazu Lietzmann, Petrus und Paulus in Rom (1927®) 19c; Liber Pontificalis I 172 ff. Duchesne (Vita Silvestri). San Paolo fuori le mura: vielleicht konstantinisch, sicher vor 385 (coli. Avellana 3, CSEL 35, 46). - Lateran: Optatus 1 , 23; Liber Pontificalis I 172 Duchesne. - Staatsbeihilfe: Sozom. 5, 5, 2. 3; Theodoret, HE 1 , 1 1 , 2; 3, 6, 5; 4, 4. - Verbot der Brandmarkung im Gesicht: C. Th. IX 40, 2; vgl. Tertullian, spect. 18: depugnatio humani oris, id est divinae imaginis. - Gesetz von 321: C. Th. II 8, 1 = C. Just. III 12, 2.

S. 146

Inschrift von Zagreb: CIL III 4121. - Sonntag: vgl. W. Rordorf, Der Sonntag (1962). Es gibt (noch!) keinen Beleg, daß im Mithraskult der Sonntag gottesdienstlich begangen oder sonst in irgendeiner Weise ausgezeichnet worden wäre. Siehe E. Schürer, ZNW 6 (1905) 29 ff., 63 ff.; F. J. Dölger, Antike und Christentum 6 (1941) 202-238. - Tibull: Eleg. 1 , 3, 18; Ovid: Ars amat. 1, 415; remed. amor. 219. - Ignatius, Magn. 9, 1; Justin, apol. 1 , 67; Tert. nat. 1 , 13; apol. 16, 1 1 ; Klemens, ström. VII 43, 6.7. - Heidnische Namen der Wochentage: z. B. Aug. enarr. in psalmos 93, 3; Greg. Turon. historia Francorum 3, 15; Martinus von Bracara, corr. rustic. 8.

S. 147

Licinius heidnischer Monotheist: Lact. mort. 46. - Konstantin und die Armenier: Zosimus 2, 27; vgl. E. Honigmann, Patristic Studies (1953) 16-27. - Verfolgung in Amaseia: Eus. VC 2, 1 - 3 ; HE 10, 8, 15. -

Anmerkungen und Nachweise

349

Synoden verboten: V C 3, 5 1 ; Konzil von Antiochien (325) = Opitz, Urkunden zur Gesch. des arian. Streites, Urk. 18. - Krieg: V C 2, 1 0 ff.; H E 10, 8. 9. - Plan einer Reise ins Heilige Land: V C 2, 72; 4, 62. Arius: siehe Opitz, Urkunden. - Hosius: Sokr. 1 , 7, 1 ; Sozora. 1 , 16, 5; Eus. V C 2, 63. S. 148

Konzil von Nicaea: Eus. V C 3, 6-23; Sokr. 1 , 8, 6; Sozom. 1 , 1 7 - 2 5 ; Theodoret H E 1 , 7 - 1 3 ; Athanasius, de decretis Nicaenae synodi. Bischofsliste und Kanones: Turner, E O M I A I 36-273; nur die Kanones bei Laudiert.

S. 149

Osterfest: Eus. V C 3, 18. 19; Athanasius, syn. 5; ad Afros 2; ep. fest. 18 (346). - Melitianer: V C 3, 23; Athanasius, apol. c. Arianos 7 1 . Jerusalem: vgl. E. Honigmann, Juvenal of Jerusalem (Dumbarton Oaks Papers 5, 1950).

S. 1 5 0

Serdika:

can. 8.9.

9. KAPITEL: D E R A R I A N I S C H E S T R E I T N A C H D E M K O N Z I L VON NICAEA S. 1 5 2

Eusebius von Nikomedien und Arius: Opitz, Urk. 1 und 27. - Eustathius: Äthan, hist. Arianorum 4; Eus. V C 3, 59-62; Sokr. 1 , 24; Sozom. 2, 19; Philostorgius 2, 7; Theodoret, H E 1 , 2 1 . - Helena: V C 3, 42-46; Ambrosius, de obitu Theodosii 41 ff.; Rufinus, H E 1 , 7; Sulpicius Severus, Chron. 2, 33. 34.

S. 153

Athanasius: apol. c. Ar. 6, 59; ep. Fest. 4 (332); Fest. Index 3 3 0 - 3 1 . Melitianer: Apol. c. Ar. 63 ff.; H. I. Bell, Jews and Christians in Egypt (1924); dazu K. Holl, Ges. Aufs. II 283. - Tyrus: Äthan, apol. c. Arianos, passim; Sokr. 1 , 3 1 ; Sozom. 2, 25. - Verbannung: apol. c. Arianos 9. 18. 87; Sokr. 2, 17. - Nach Trier: Fest. Index 335-336.

S. 154

Marcellus von Ankyra: Eusebius, contra Marcellum; de ecdesiastica theologia; (M.Tetz, Z K G 75 [1964] 2 1 7 ; 79 [1968] 3); Sozom. 2, 33; Äthan, apol. c. Arianos 84 (Wiederaufnahme der Arianer). - Tod des Arius: Äthan, de morte Arii; ad episc. Aegypti 19; hist. Arianorum 5 1 , i ; vgl. Opitz, Urk. 34.

S. 155

Taufe Konstantins: Eus. V C 4, 62-64; Hieron. chron. a. Abr. 2353; Theophanes a. M . 5828 (wohl aus Philostorgios; vgl. Bidez S. 21). Beisetzung: Eus. V C 4, 70 f. - Revolution 337: zu den Quellen s. O. Seeck, Untergang IV 391 Anm. 32. 34.

S. 156

Feindseliger Empfang der Verbannten: Hilarius, CSEL 65, 54 f. (die Orientalen in Serdika). - Eusebius von Nikomedien nach Konstanti-

350

Anmerkungen und Nachweise nopel: Äthan, hist. Arian. 7. - Brief des Julius: Äthan, apol. c. Arianos 20-35. - Die Ankläger sind Ketzer: Äthan, apol. c. Arianos 71. Einweihung: am 6. Januar, Philostorgius, ed. Bidez S. 212; vgl. Julius (apol. c. Arianos 25); W. Eltester, ZNW 38 (1937) 255. - 97 Bischöfe: Hilarius, syn. 28.29; Sozom. 3, 5, 2. - „ Wie sollten Bischöfe...": Äthan, syn. 2z ff. - Der Anspruch Roms: Sozom. 3, 8.

S. 157

Marceil: Epiphan, panar. 72, 2. 3. - „Des Reich wird kein Ende haben": vgl. E. Molland, Opuscula Patristica (1970) 235. - Drei Hypostasen tritheistisch? vgl. die Ekthesis makrostichos, Äthan, syn. 26.

S. 158

Paulus und Macedonius: Sokr. 2, 6. 7. 12. 13. 22. 26. 27; Äthan, hist. Arian. 7; historia acephala 2. - Serdika: Datum zwischen 29. Aug. 342 und 28. Aug. 343 (nach Fest. Index). - Griechisches Glaubensbekenntnis: Hilarius, syn. 34. - Ostertafel: Turner, EOMIA I 641-43; Schwartz, Ostertafeln 122 f. - Lateinische Kanones: EOMIA I 442-531.

S. 159

Marceli: Äthan, apol. c. Arianos 45, 1 ; Theodoret, HE 2, 8, 37-52; EOMIA I 645-53; Äthan, tomus ad Antiochenos 5; Hilarius, CSEL 65, 146. - Mursa: Sulpicius Severus, chron. 2, 38.

S. 160

Arles: Sulp. Sev. chron. 2, 39. - Mailand: Hilarius, CSEL 65, 187; Äthan, apol. ad Constantium 27. - Liberius: Äthan, hist. Arian. 35-41; vieles bei Hilarius, CSEL 65. - Georg: Äthan, ad episc. Aeg. 7; hist. Arian. 48 ff. 75; syn. 37; Historia acephala 5 ff.; Fest. Index 357 f. — Hilarius hörte erst in der Verbannung vom nicaenischen Bekenntnis: syn. 91. - Eudoxius: Sokr. 4, 12; Sozom. 2, 37, 10; Philostorgius 4, 4.

S. 161

Aëtius: Philostorgius 2 , 1 5 ff. 27; 5, 2; Sokr. 2, 35; Sozom. 3 , 1 5 ; Historia Acephala 13; Epiphan. panar. 76 (grundlegend). L. R. Wickham, JThS N. S. 19 (1968) 532. - Basilius von Ankyra: Epiphan. panar. 73, 2, 5 ff.

S. 162

Hosius: Hilarius, syn. 1 1 ; Äthan, syn. 28; hist. Arian. 45. - Liberius: CSEL 65, 168-70; Sozom. 4, 15, 3; dazu Caspar, Geschichte des Papsttums I (1930) 186. - Rimini / Seleukia: Äthan, syn. 1 ff.; Hilarius, CSEL 65, 85 ff.; Epiphan. panar. 73; Sokr. 1 , 37. 39-41; Sozom. 4, 17-24; Theodoret, HE 2, 1 - 2 1 . - Kapitulation des Westens: Äthan, ad Afros 3. 4; Theodoret, HE 2, 21.

S. 163

Konzil von Konstantinopel: Sokr. 2, 41; Sozom. 4, 24; Theodoret, HE 2, 28; Chronicon Paschale ann. 360 (PG 92, 736 f.). - „Die Welt stöhnte...": Hieron. dial. adv. Luciferianos 19. - Aëtius verbannt: Theodoret, HE 2, 28; Äthan, syn. 38.

S. 165

Athanasius: syn. 41.

S. 166

Valens von seiner Frau beeinflußt: Theodoret, HE 4, 12; vgl. Greg. Nyss. c. Eun. I 122. - Demophilus: Bas. ep. 48. - Verfolgung: Sokr. 4, 16; Sozom. 6, 14; Greg. Naz. or. 33, 4; 43, 46; Theodoret, HE 4, 24.

Anmerkungen und Nachweise

351

S. 167

Drei Hypostasen, eine Usia: Marius Victorinus, adv. Arium 2, 4, 51; 3, 4, 38; 3, 9, 3. - Paulinus: Hieron. chron. S. 242. Helm (S. 324 Fotheringham); Sokr. 3,-9, 1-3; Sozom. 5, 13, 1-3; Theodoret, HE 3, 5, 1. - Meletius: Sokr. 2, 44, 1. 2; Sozom. 4, 28; Theodoret, HE 2, 31; Historia Acephala 7; Epiphan. panar. 73, 29-33. _ Mißtrauen: vgl. Refutatio hypocrisis Meletii (wohl von Paulinus), PG 28, 85-88.

S. 168

Meletius in die Gemeinschaft mit Rom aufgenommen: Martyrologium Romanum, 12. Februar.

S. 169

Teilung Kappadokiens: Bas. ep. 74-76; 98; 120; Greg. Naz. or. 43, 58. - Sasima: Greg. Naz. ep. 49; carm. hist. II 530-32.

S. 170

Vorsicht des Basilius: Greg. Naz. ep. 58; Bas. ep. 7; 9; 94; 113; 175. Valens und Basilius: Greg. Naz. or. 43, 52 (vgl. ep. 58); Bas. ep. 48; vgl. Äthan, ep. ad Palladium, PG 26, 1168. - Basilius und Rom: ep. 239; 242.

S. 171

Theodosius, Gemeinschaft mit Damasus und Petrus: C. Th. XVI 1, 2 (27. 2. 380). - Anerkennung des Meletius: Theodoret, HE 5, 6, 7. Vgl. A. M. Ritter, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol (1965).

S. 172

„Vorsichtig über den Heiligen Geist": so schon Severus Antiochen. c. imp. gramm. 3, 11.

10. KAPITEL: DER KONFLIKT ZWISCHEN HEIDENTUM UND CHRISTENTUM IM VIERTEN JAHRHUNDERT S. 174

Paganus: Diehl, ILCV 1342. 1549; vgl. Marius Victorin. in ep. ad Gal. 2, 3; 4, 3; Augustin, ep. 184 bis, 3, j ; Filastrius i n (75 Marx); Orosius, adv. paganos 1 prol. 9 (wahrscheinlich Witz).

S. 175

Nur giftige Dinge: Prokop VIII 20, 45. - Konstantin und der heidnische Kult: Hieron. chron. ad ann. 331; Eus. VC 3, 54-58; Anonymus de rebus bellicis 2, 1; Libanius, orat. 30, 6; 37; 62, 8. - „Sofern abergläubische Riten vermieden wurden": Dessau ILS 705. - Unter den Söhnen Konstantins: C. Th. XVI 10, 2 (341).

S. 176

Firmicus Maternus: vgl. K. Ziegler, RAC 7, 946-59. - Victoria-Altar: Symmachus, rel. 3, 4-6; Ambrosius, ep. 18, 32. Sieg über Magnentius: vgl. Amin. Marc. 16, 10, 17; 17, 4; Inschrift, CIL VI 1163 = Bücheler, Carm. epigr. 279. C. Th. XVI 10, 5 (353). - Junius Bassus: Diehl, ILCV 90; vgl. F. Gerke, Der Sarkophag des Junius Bassus (1939). - Almanach des Philocalus: Mommsen, Chronica minora I, 15-148.

S. 177

Julian: J. Bidez, Julian der Abtrünnige (19475). - Maximus: Eunapius, V. Sophist. 475 Boissonade. - Das Christentum aufgegeben: Julian,

23

Chadwick, Die Kirche

35*

Anmerkungen und Nachweise orat. 4, 131 A; vgl. ep. 47 (Hertlein). - Epiphanias 360: Amm. Marc. 21, 2, 4. 5.

S. 178

Helena: Amm. Marc. 21, 1, 5; Libanius, orat. 18, 179. - Georg: Amm. Marc. 22, I i , 3-8; Sozom. 4, 30, 1. 2. - Tod: Hist. aceph. 8; Julian, ep. 36. 4 j (Hertlein). - Bücher: ep. 9. - Der hl. Georg: H. Delehaye, Les légendes grecques des saints militaires (1909); C. Colpe, Z D P V 85 (1969) 162-96. - Apollo: Amm. Marc. 22, 13, 3; Julian, Misopogon 361 C.

S. 179

Julian und Alexander d. Gr.: Sokrates 3, 21, 7. - Juden: ep. 25 (Hertlein). Zusammenarbeit mit der antichristlichen Regierung: Ambrosius, ep. 40, IJ. - Benachteiligung der Christen: Julian ep. 7; Greg. Naz. orat. 4, 82; Theodoret, HE 3, 16, 6; Sozom. j , 17. Märtyrer: Chrysost., PG jo, 571 f. - Christen vom Lehrberuf ausgeschlossen: Julian, ep. 42; Sokr. 3, 12, 7; Theodoret, HE 3, 8, 1; Gr. äff. cur. prol. 1, 1; Greg. Naz. orat. 4, 5. 101; Amm. Marc. 22, 10, 7; 25, 4, 20; Aug. conf. 8, 5, 10.

S. 180

Apollinaris: Sozom. 5, 18, 3-5; Sokr. 3, 16, 5; vgl. A. Ludwich, Apollinaris Laodicensis Metaphrasis Psalmorum (Leipzig, Teubner 1912) aber Echtheit unsicher. - Spott: Julian, Misopogon. - Kappadokien: ep. 4. - Weihrauchwolken: ep. 27 (Batnae). - Reorganisation des Hei-' dentums: Sozom. 5, 16, 6 (= Julian, ep. 49). - Oberpriester: Greg. Naz. orat. 4, i n . - Ruf der Priester: Chrysost., PG 63, 475.

S. 181

Tägliches Opfer: Libanius, orat. 12, 79; 17, 4. - Verständnislosigkeit vieler Nichtchristen: ep. 63. - Opfertiere: Amm. Marc. 25, 4, 17. Libanius und Vandalismus: orat. 30. - Julians Tod: Sokr. 3, 21, 17 (Datum); Libanius, orat. 18, 274 f. (vgl. Sozom. 6, 1. 2).

S. 182

Nisibis: Ephrem Syrus, contra Julianum 3, 16 (62); vgl. Greg. Naz. orat. 5, 13; Amm. Marc. 25, 3, 1-6. - „Unglücksfall": Amm. Marc. 25, 3, 4. - «Böser Geist": Sokr. 3, 21, 14. 15. - Julians letzte Worte: Philostorg. 7, 15; Theodoret, HE 3, 25, 7; Ephrem Syrus, contra Julianum 4, 9 (72). - Julians Stimme nach seinem Tod: Vita Petri Iber. 72 Raabe.

S. 183

Gebetserhörungen:

Libanius, orat. 18, 304; vgl. Amm. Marc. 25, 3, 22.

II. KAPITEL: KIRCHE, S T A A T UND GESELLSCHAFT V O N JULIAN BIS THEODOSIUS S. 184

Religion ohne Zwang: Themistius, orat. 5 (ad Jovianum), 80 B ff. Toleranz: C. Th. IX 16, 9; Amm. Marc. 30, 9, 5; Sokr. 4, 1, 12; Ambrosius epist. 21, 2. - Manichäer: C. Th. XVI 5, 3. - Eleusis: Zosimus 4, 3. - Donatisten: C. Th. XVI 6, 1 (373). - Ursinus und Damasus: Amm. Marc. 27, 3, 12. 13; vgl. Avellana 1, 7 (CSEL 35); Rufinus, HE 11, 10.

Anmerkungen und Nachweise

353

S. 185

Anklagen: Rufinus, H E 1 1 , 10; Bittschrift der römischen Synode 378 „Et hoc gloriae", PL 1 3 , 580 B; Avellana 1 3 ; Hieron. epist. 1 , 15; Liber Pontificalis I 2 1 2 Duchesne. „ D a m a s u s . . . redemit omne palatium", Avellana 1 , 1 1 . - Epigramme: hrsg. von M . Ihm (1895) und A. Ferrua (1942). - Blind und anmaßend: Basilius, ep. 239; 242; vgl. Chrysost. hom. in Rom. 22, 2, PG 60, 610. - Vettius Agorius Praetextatus: CIL 1777. 1779; Macrobius, sat. 1 , 1 7 , 1 ; Hieron. adv. Joh. Hierosol. 8; vgl. Amm. Marc. 27, 3, 1 2 - 1 5 . _ „Matronarum auriscalpius": Avellana 1 , 9 (CSEL 35, 4); PL 1 3 , 83 A.

S. 186

Enkelin sang christliche Lieder: Hieron. epist. 107, 1 . - Proba: ed. C. Schenkl, Poetae Christiani Minores I (CSEL 16), 569. Kritik bei Hieron. ep. 53, 7.

S. 187

Gaius: Eus. H E 2, z6, 7. 8. - Fest des Romulus: CIL I 2 , 2 2 1 ; Ovid, Fasti 6, 795. - Prozession am 29. Juni: Ambrosius, Apostolorum passio, PL 17, 1 2 1 5 ; vgl. Martyrologium Hieronymianum, III kal. Iul.; Prudentius, Peristephanon 1 2 ; Ps. Leo, sermo, PL 54, 5 1 3 ; 56, 1 1 3 7 .

S. 188

Damasus, epigr. 26 Ihm; 20 Ferrua. - Damen von Reichtum: Origenes, c. Cels. 3, 9. - Sklaven: Leo, ep. 4 (keine Sklaven in den geistlichen Stand). - Juristische Vollmachten der Bischöfe: vgl. C. Th. I 27; Const. Sirmond. 1 ; Julian, ep. 52, 437 A. - Arles: C. H. Turner, E O M I A I 381. - „Papa": Turner, E O M I A I 608; Gregor IV. (827-844): Romano pontifici scribentes contrariis eum in praefatione nominibus appellastis, fratrem videlicet et papam: dum congruentius esset solam ei paternam reverentiam exhibere (PL 104, 297).

S. 189

Insignien: vgl. Th. Klauser, Der Ursprung der bischöflichen Insignien und Ehrenrechte (Bonn 1948). - Kuß: Hilarius, c. Constantium 1 0 (PL 10, 587 A); Ambrosius, epist. 24, 3. - Ring: Rufinus, H E 10, 29; Isidor von Sevilla, de offic. eccles. 2, 5, 1 2 (datur et anulus propter Signum pontificalis honoris vel signaculum secretorum). - Brustkreuz: vgl. O. Nussbaum, Das Brustkreuz des Bischofs (1964). - Kerzen: Notitia Dignitatum I S. 1 2 ; II S. 8 Boecking. Beim Evangelium: Hieron. adv. Vigilantium 7 usw. - Coelestin 1.: ep. 4, PL 50, 4 3 1 . Protokoll: Chrysost. hom. in Act. 3, 4 f. - Ammianus: 27, 3, 14. 15.

S. 190

Gregor: reg. 2, 50, vgl. 2, 20-22 (Natalis v. Salona).

S. 1 9 1

Sacerdotium des Kaisers: Leo, ep. 1 1 5 , 1 ; vgl. 1 1 6 , 1 ; 162, 3; Caspar, Geschichte des Papsttums I 561.

S. 192

Petitionen an Konstantin: Dessau ILS 6091 (Orcistus) = Monumenta Asiae Minoris Antiqua VII 305. - Maiuma: Vita Petri Iber. 50 Raabe; Sozom. 5, 3. - Verbannung: vgl. Petition der römischen Synode 378 „Et hoc gloriae", PL 1 3 , 580. - Ambrosius: Paulinus, vita S. Ambrosii; Rufinus, H E n , 1 1 .

354

Anmerkungen und Nachweise

S. 193

Victoria als Engel: vgl. August, civ. Dei 7, 14. - Altar: Symmachus, relatio 3; Ambrosius, ep. 17. 18 (vgl. 57, 2); Quodvultdeus, de promissionibus 3, 38 (41). - Justina: Sozom. 7, 1 3 , 2-6; Rufinus, H E 1 1 , 1 5 . Kallinikum: Ambrosius, ep. 40. 4 1 ; Paulinus, vita Ambros. 22. 23.

S. 194

Thessalottike: Ambrosius, ep. 5 1 ; de obitu Theodosii 34; Aug. civ. Dei 5, 26; Rufinus, H E 1 1 , 18; Theodoret, H E 5, 18. - Cynegius: Zosimus 4, 37; C. Th. X V I 10, 9 (385); Theodoret, HE 5, 2 1 , 7; Libanius, orat. 30, 46; Mommsen, Chronica Minora I 244. — Serapistempel: Rufinus, H E 1 1 , 22-27; Eunapius, Vitae Sophistarum 472 f. Boissonade; Sokr. 5, 16. 1 7 ; Sozom. 7, 15; Theodoret, H E 5, 22; Palladas, Anth. Palat. 10, 82. 89-91. - Komana: Prokop, bell. Pers. 1 , 1 7 , 18. - Menuthis: Kyrill v. Alex., PG 77, 1 1 0 0 - 1 1 0 5 ; vgl. Eunapius, V. Sophist. 472 Boissonade. Doch noch bis 500 wurden heidnische Riten geübt: Zacharias, Vita Severi Antioch., PO II 1 7 ff.; H. Delehaye, An. Boll. 30 ( 1 9 1 1 ) 448.

S. 195

Aberglaube: z. B. Martin v. Bracara, de correctione rusticorum. Manichäer: C. Th. X V I 5, 7 (381); 5, 1 1 (383).

S. 196

Edikt Diokletians gegen die Manichäer: bequem bei A. Adam, Texte zum Manichäismus (1969 2 ) 82; vgl. E. H. Kaden, Festschrift H. Lewald (1953) 55-68. - In Rom versteckt: Aug. conf. 5, 10, 19 plures enim eos Roma occultat; vgl. C. Th. X V I 5, 18 (17. 6. 389), an Albinus, praefectus urbi. - Priscillian: Sulpicius Severus, chron. 2, 4 6 - 5 1 ; Priscillian, ed. G. Schepss (CSEL 18). - Exkommunikation: Ambrosius, ep. 24, 1 2 ; 26, 3; vgl. Maximus Imp. ad Siricium (Avellana 40); Konzil von Turin, can. 6 (Mansi III 859 f.; Labbe II 1386).

S. 197

Juden: C. Th. X V I 8, 9-27; vgl. auch Cassiodor, var. IV 33. 43; V 37. - Patriarch: C. Th. X V I 8, 8. 1 1 . 13. - Synagoge in Rom: Ambrosius, ep. 40, 23. - Christliche Sklaven: Eus. V C 4, 27; Konzil v. Orleans (541), can. 3 1 ; Greg. Magn. reg. 2, 6; 3, 37. - Ehe mit christlichen Frauen: C. Th. III 7, 2 = IX 7, 5 (388). - Beschneidung: Const. Sirmond. 4 (335). - Predigten des Chrysostomus: PG 48, 843-912. - Krawalle in Alexandrien: Sokr. 7,13. - Minorca: Severus von Iammona, PL 20, 731-746. Auch Caesarea Palaestinae 440-50: Theodoras Anagnostes, frg. 336 (S. 96 Hansen). — Gregor d. Gr.: reg. 1 , 34. 45; 2, 38.

S. 198

Spanien: Konzil v. Toledo 589, can. 14; Lex Romana Visigothorum (ed. Haenel) III 7, 2; X V I 4, 1 ; Konzil v. Toledo 681 (Bruns I 3 1 7 ff.). Isidor: Hist. Goth. 60; vgl. chron. 416; etym. 5, 39, 42. - Justinian: C. Just. I 9, 18; Nov. 45, 537. - Freundschaft mit Juden: z. B. Sidon. Apoll, ep. 3, 4, 1 ; 6, 1 1 , 1 . 2. - Themistius: or. 18, 224 A - C . - Palladas: Anth. Pal. X 82. 89-91; X I 384. - Hypatia: Sokr. 7, 1 5 ; Philostorgius 7, 9; Malalas X I V 359; Suda s. v. Hypatia (IV 644, 1 2 Adler) = Damascius, Vita Isidori frg. 1 0 2 Zintzen.

-

Anmerkungen und Nachweise S. 199

355

Nil: Sozom. 7, 20 (vgl. Libanius, or. 30, 35 f.; Julian, ep. 50); Rufinus, H E 1 1 , 30. - Neuplatonische Schule in Athen: Malalas XVIII 4 5 1 ; Agathias, hist. II 30 f. (Damascius, Simplicius und andere athenische Philosophen als Flüchtlinge in Persien); Olympiodorus, in Alcib. I 1 4 1 , 1 - 3 (Stiftungen eingezogen). - Heidnischer Arzt: Marcellinus comes (Chronica Minora II 88). - Cyrus von Panopolis: Malalas XIV 362; Vita Dan. Styl. 31 f.; Anth. Pal. 1 , 99.

12. KAPITEL: DIE A S K E T I S C H E B E W E G U N G S. 202

Bischöfe als Schirmherren: z. B. Sidon. Apoll, ep. 7, 9, 9. - Fürsprache: Aug. ep. 152. 153. - Synesius: de insomniis 14 (175 f. Terzaghi; PG 66, 1309 A); ep. 96; 105.

S. 203

Schlichtungsverfahren: Aug. de opere monachorum 29, 37; Possidius, vita Aug. 19. 20; Aug. ep. 86; 1 5 1 , 2; S. Frangip. 2, 1 - 4 (Morin, Sermones post Maurinos reperti, 189-194); vgl. Apopthegmata Patrum, Ammonas 9 (PG 65, 1 2 1 C).

S. 205

Orígenes: hom. in Num. 26, 10; vgl. Joh. Chrysost. hom. in Phil. 1 , 2; hom. in Ephes. 6. - Mißtrauen: Athanas. ep. ad Dracontium, PG 25, 524; Sulpicius Severus, vita S. Martini 9, 3; dial. 1 , 2 1 ; chron. II 5 1 , 9. 10.

S. 207

Basilius: ep. 94; reg. fus. tr. 7, 1 - 4 ; vgl. Greg. Naz. orat. 43, 63. Noviziat: reg. fus. 10, 15; ep. 23; 199; 217, can. 60. — Wetteifer: Apophthegmata Patrum, PG 65, 440 C.

S. 208

Fasten zum Tode: Greg. Nyss. virg. 22. - Basilius und Benedikt: Regula S. Benedicti 73. - Motive der Vita Antonii: V. Ant. 67-70. 82. 89. 91. So verstanden schon von Joh. Chrysost. hom. in Matth. 8, 7. - Messalianer: H. Dörries, Symeon von Mesopotamien (1941). — Caesarea, Miliz: Chrysost., ep. 9 (14), 2; vgl. 5 (8), 1 .

S. 209

Lavra: Evagrius Schol. H E 1 , 2 1 ; vgl. Chrysost. hom. in Gal. 1 (zu 1 , 18); Revue de 1' Orient Chrétien 1 0 (1905) 48. - Syrien: vgl. S. Schiwietz, Das Mönchtum in Syrien und Mesopotamien und das Aszetentum in Persien (1938). - Eisenkette: Chrysost., PG 5 1 , 279; von Meletius von Antiochien kritisiert, (Theodoret, Philotheos 26, PG 5 1 , 1472 B). - Leben von Tieren: vgl. Evagrius, H E 1, 2 1 ; 4, 34; Johannes Rufus, Plerophoriae 31 (PO VIII 1 , S. 74); Sozom. HE 6, 33, 1 . 2; Historia Monachorum 2, 4; Moschos, pratum spirituale 159; Leontius Neapol. Vita Symeonis Sali (ed. L. Ryden 1963). - Symeon Stylites: vgl. H. Delehaye, Les saints stylites (1923); Theodoret, Philotheos 25; H. Lietzmann, Das Leben des hl. Symeon Stylites (1908). - Kritik: Evagrius, H E 1, 1 3 ; Johannes Diakrinomenos (Theodoras Anagnostes 535, S. 154 Hansen); Vita S. Danielis Styl. 7 (7, 16 Delehaye).

356

Anmerkungen und Nachweise

S. zio

Symeons Zustimmung: Ephesus, ACO I i , 4, S. 5 (coli. Vat. 121); Chalcedon, Evagrius, HE 2, 10; Ephraim Ant. ap. Phot. cod. 2.2.9 (2-66 a, 8); Eulogius Alex. ap. Phot. 230 (283 a, 39). - Euagrius: Sozom. 6, 30, 6 ff.; Palladius, hist. Lausiaca 38; vgl. Greg. Naz. ep. 3; Testamentum, PG 37, 393 B. - Acht Hauptsünden: Euagrius, Praktikos 6 ff. (ed. Guillaumont, 1971); vgl. Greg. Magn. moralia in lob 31, 87. — Verteilung der Laster auf die Seelenteile: Cassian, coli. 14, 15; Maximus Confessor, cent. carit. I 65-67 (PG 90, 973); nicht expressis verbis bei Euagrius.

S. 211

Kontemplation: cent. gnost. 1, 27; 3, 19 ff. (PO 28, 1). - Gebet: oratione 66-73; 114—117 (PG 79, 1181. ii92f.).

de

S. 212 Wunder: Cassian, inst, praefatio; coli. 15, 8; 18, 1. - Gebet aus reinem Herzen: coli. 10, 10 f. — Lesen der Collationes während der Mahlzeiten: Regula S. Benedicti 42 u. 73.

13. KAPITEL: DER STREIT UM ORIGENES UND DIE TRAGÖDIE DES JOHANNES CHRYSOSTOMUS S. 214 Marcioniten in Salamis: Joh. Chrysost. ep. 221, PG 51, 733. - Bilderfeindlichkeit des Epiphanius: K.Holl, Ges. Aufs. II (1928) 351-387. Urteil über Origenes: Panar. 64; W. Schneemelcher, Art. Epiphanius, RAC 5. S. 215 „Gewisse ägyptische Mönche": panar. 64, 4, 1. - Ammonius: Palladius, hist. Laus. 10. 11; Sokr. 6, 7. - Seine Freundschaft mit Euagrius: vgl. Euagrius, antirrh. 6, 16 (S. 524 Frankenberg). - Origenisten und Anthropomorphiten: Sokr. 6, 7; Soz. 8, 12; Cassian, coli. 10, 2 ff.; Apophthegmata Patrum, PG 65, 413 A; vgl. Rufinus, apol. 1, 17 f.; Avellana II 114. - Origenes: Hieronymus, Vorrede zu den Ezechielhomilien des Origenes (VIII 318 Baehrens); zitiert von Rufinus, apol. 2, 13 und Vorrede zu Origenes, de princ. 2: alter post apostolum ecclesiarum magister. Briefwechsel zwischen Theophilus und Hieronymus: Hieron. ep. 86-100. S. 216

Papst Anastasius: vgl. Hieronymus, ep. 71; 78 (Theophilus); 130, 16; ACO I 5, S. 3 (Brief an Johannes von Jerusalem); Patrol. Lat. Suppl. I 79I (an Venerius von Mailand). - Johannes Chrysostomus: Hauptquellen, Palladius, Dialogus de vita Joh. Chrys.; Sokr. 6; Phot. cod. 59.

S. 217 Stenographen: Sokr. 6, 4; vgl. Possidius, V. Aug. 7; Kyrill v. Alex., Adorat. 8, PG 68, 558. - Schisma von Antiochien: Sozom. 8, 3; Sokr. 5. ISS. 218

Johannes nach Konstantinopel: Palladius, dial. 5; Sokr. 6, 3; Sozom. 8, 2; Theodoret, HE 5, 27. - „Man rühmt den Vorgänger...": hom.

Anmerkungen und Nachweise in Act. 3, 4 f. - „Leben Sozom. 8, 9. S. 2.19

wie ein Zyklop":

357

Phot. cod. 59; vgl. Sokr. 6, 4;

Severian: Sokr. 6, 1 1 ; Sozom. 8, 10; Palladius, dial. 1 1 ; Gabala war schön, aber sehr klein (Theodoret, Philotheos 28, PG 82, 1488 A). Isaak: Sozom. 8, 9, 4; Palladius, dial. 6. - Olympias: vgl. A. M . Malingrey, Jean Chrysostome, Lettres ä Olympias (1968). - Boshaftes Gerede: Phot. cod. 59 (17 b, 25). - Der Bischof von Ephesus: Palladius, dial. 1 3 ; über Ämterkauf vgl. Chrys. hom. in Eph. 6. Sokr. 6, 1 1 , 8 - 1 0 ; Sozom. 8, 6; Theodoret, H E 5, 28, 2. - Über seinen Jurisdiktionsbereich hinaus: Sokr. 6, 19, 7. - Verlust der Selbständigkeit: vgl. Barhadbesabba, hist. 21 (PO 9, 531); Evagrius, H E 3, 6; Act. Chalced. 1 2 , 54. 55; 14, 37; Theodoras Anagnostes 283 (S. 86 Hansen). - Die Reichen: hom. in Matth. 61, 3; hom. in Joh. 69, 4; Häuser, hom. in Joh. 47, 5; Sklaven, hom. in Joh. 80, 3; hom. in Eph. 22. Privateigentum, hom. in Joh. 74, 3. - Toiletten: hom. in Rom. 1 1 ; vgl. hom. in Hebr. 28, 9. 10. - Bettler: hom. in 1 Thess. n , 3. 4. - Rechte der Frauen: Matth. 7, 8; in Col. 5, 2.

hom. in

S. 210

Luxus: hom. in Joh. 69, 3; Palladius, dial. 8; Sozom. 8, 9; Sokr. 6, 15. - Epiphanius: Sokr. 6, 10. 12. 14; Sozom. 8, 15 (E. und die langen Brüder). - Theophilus am Bosporus: Palladius, dial. 8; Sokr. 6, 15, 10 ff.; Sozom. 8, 17, 1. - Eichensynode: Photius, cod. 59. - Eudoxia: Sozom. 8, 15.

S. 221

Predigt über weibliche Schwäche: Sokr. 6, 15; Sozom. 8, 16; Palladius, dial. 8 fin.; Zosimus 5, 23, 2 f.; Marcus Diaconus, Vita Porphyrii Gaz. 37; vgl. Chrys. hom. in Eph. 22 (PG 62, 158): zu Hause ist der Arme wie ein König. - Zorn der Bürger: Palladius, dial. 9; Sokr. 6, 16; Sozom. 8, 18. - Statue der Eudoxia: Zosimus 5, 23. 24; Sokr. 6, 18; Sozom. 8, 20; Kaibel, Epigrammata Graeca 921; CIL III 736; CIG IV 8614.

S. 222

Innozenz: Palladius, dial. 3; Sozom. 8, 26. - Johanniten: Palladius, dial. 1 1 ; Sokr. 6, 19; Sozom. 8, 23. - Kyrill: ep. 75. 76. - Atticus: Sokr. 7, 2-5-

S. 223

Nestorius: Loofs, Nestoriana 300 (vgl. Sev. Ant. c. imp. gr. 3, 39); Marcellinus comes, ann. 428. Reliquien des Johannes: Theodoros Anagnostes 333 (S. 95 Hansen). - Chrysostomusliturgie: siehe A. Raes, Orient. Christ. Periodica 24 (1958) 5 - 1 6 .

14. KAPITEL: DAS P R O B L E M D E R P E R S O N S. 224

CHRISTI

Diodor: Liste seiner Werke, Suda s. v. (II 103 Adler); dazu L. Abramowski, Dict. d'hist. et de geogr. eccl. XIV 496-504.

35«

Anmerkungen und Nachweise

S. 225

Theodor: Sokr. 6, 3, 4; Sozom. 8, 2, 7; Theodoret, H E 5, 40, 1 ; Leontius, PG 86, 1365 D; vgl. A C O IV 1 , S. 68. Dogmat. Fragmente bei H. B. Swete, Ausgabe der Pauluskommentare.

S. 227

Ebedjesu bei Assemani, Bibliotheca OrienTheodors Hiobkommentar: talis III 30-35. Vgl. Kyrills Höflichkeiten, zitiert bei Barhadbesabba, hist. 1 9 (PO 9, 510). - Kyrill und Hypatia: Sokr. 7, 1 3 - 1 5 ; Damascius, Vita Isidori frg. 102, S. 79 Zintzen. - Nestorius nach Konstantinopel: Sokr. 7, 29. - Theotokos: Sokr. 7, 32; Nestorius, Herakl. 1 5 1 f.

S. 228

Vier alexandrinische Bürger: Kyrill, ep. 1 0 (PG 77, 68 A). - Eusebius ein Alexandriner: Nestorius, Herakl. 462. Contestatio: A C O I 1 , 1 , S. 1 0 1 . - Zweiter Brief: Kyrill, ep. 4 (PG 77, 44 = A C O I 1 , 1 , S. 25).

S. 229

Nestorius von Pulcheria gehaßt: Herakl. 147 (unsicher); Suda s. v. Pulcheria (IV 183 Adler); Barhadbesabba, hif.. 27 (PO 9, 565); Kosmas von Antiochien in F. Naus Übersetzung des Nestorius S. 363. - Eudokia: ed. Ludwich (Teubner 1897); vgl. Photius, cod. 183. 184; PaulyWissowa s. v. (O. Seeck).

S. 230

30. November: A C O I 5, S. 39, 21. - Dritter Brief: Kyrill, ep. 1 7 (PG 77, 105 = A C O I 1 , 1 , S. 33).

S. 231

Memnon: vgl. Nestorius bei Barhadbesalba 23 (PO 9, 546); A C O I 1 , 2, S. 1 1 , 28 (Soldaten). - Juvenals Bestrebungen: A C O I 1 , 7, S. 73; II 1 , S. 366; Kyrill, ep. 56; Leo, ep. 1 1 9 . - Gott nicht ein Kind: Sokr. 7, 34, 5; A C O I 1 , 2, S. 38, 10; 66, 28; I 1 , 3, S. 7, 10.

S. 232

22. Juni: A C O I 1 , 2, S. 1 ff. - Die Syrer: Nestorius, Herakl. 372; A C O I 1 , 3, S. 7, 19 ff.; I 1 , 5, S. 1 1 9 . - Verdammung des Pelagianismus: A C O I 2, S. 1 2 , 22 ff.; 15, 5 ff.; vgl. Greg. Magn. reg. 6, 14; 7, 3 1 ; 9, 135. - Zypern: A C O I 1 , 7, S. 1 1 8 - 1 2 2 . - Drei Absetzungen: A C O I 1 , 3, S. 3 1 . - Ungeheure Summen: vgl. Akakios v. Beroea, A C O I 4, S. 85, 28; Nestorius, PO 9, 526; vgl. 566; bes. A C O I 4, S. 224 f. Nestorius nach Antiochien: A C O I 1 , 7, S. 7 1 , 5 - 2 7 ; vgl. I 4, S. 53, 21: ut ad pristinam conversationem monasterii volenter redeam. - Kyrill entwischte aus dem Gefängnis: Nestorius, Herakl. 388; A C O II 1 , S. 2 1 2 , 1 - 5 . - Der Nachfolger des Nestorius: Maximianos, Sokr. 7, 37, 19; A C O I 1 , 3, S. 67, 1 - 9 .

S. 233

Friedensformel: Kyrill, ep. 39 (PG 77, 1 7 3 ; A C O I 1 , 4, S. 15); vgl. das Schreiben der Orientalen an den Kaiser, A C O I 1 , 7, S. 70, 1 5 ff. - Bestürzung bei Anhängern Kyrills: bes. Valerian von Ikonium (Kyrill, ep. 50, A C O I 1 , 3, S. 90); Akakios von Melitene (Kyrill, ep. 40, A C O I I, 3, S. 20); Succensus von Diocaesarea (Kyrill, ep. 45) usw. - Kyrills Kommentar zur Friedensformel: Fragmente hrsg. v. M . Richard, T U 92, 275. - Über des Nestorius Buch des Heraklides vgl. L. Abramowski, Untersuchungen zum Liber Heraclidis des Nestorius (1963).

Anmerkungen und Nachweise

359

S. 234

Theodor: siehe Ed. Schwartz, Konzilstudien II (1914). - Proklus: IV 2, S. 187 = PG 65, 856.

ACO

S. 235

Geschenk für Chrysaphius: Theophanes a. m. 5940; Nikeph. Kall. 14, 47; anders Evagr. H E 2, 2. - Eutyches: vgl. Ed. Schwartz, Der Prozeß des Eutyches (Sitzungsber. d. Bayer. Ak. d. Wiss., phil.-hist. Kl., 1929). - Theodoret: ep. 79-82.

S. 236

Leo: ep. 3 1 , 4; 37; vgl. 93, 1 ; sein Tomus ep. 28; von Prosper entworfen (Gennadius, de vir. illustr. 85) unter Benützung von Gaudentius, sermo 19 (PL 20, 981) und Augustin, sermo c. Arianos 8. - Tomus von Nestorius gelesen: Herakl. 514, vgl. 519; Philoxenus v. Mabbug (bei Nau, Nest. S. 370 ff.); vgl. Timotheus Aelurus bei Joh. Rufus, Pleroph. 33. 36. - Flavians Beschwerdebrief: A C O II 2, S. 78.

S. 237

Tod Flavians: Nestorius, Herakl. 494 f.; Avellana 99 (CSEL 35, 443); Prosper, chron. ann. 448; Marcellinus Comes ann. 449. „Latrocinium": Leo, ep. 95, 2; vgl. Theophanes a. m. 5941. - Anatolius: Act. Chalc. 1 , 72; 1 7 , 3 1 ; Theodoras Anagnostes 3 5 1 , S. 99 Hansen. - Pulcheria: Evagr. H E 1 , 22; 2, 1 . - Aspar: Prokop, bell. Vand. I 4, 7; Evagr. 2, 1 ; Theophanes a. m. J943.

S. 238

Dioskur nicht aus dogmatischen Gründen abgesetzt: so expressis verbis Anatolius, Act. Chalc. 5, 14. - Juvenal: A C O II 2, S. 109 ff.; II 1 , S. 362-66. - Widerstand gegen eine neue Glaubensformel: A C O II 1 , 2, S. 265 ff.

S. 239

Vgl. Ed. Schwartz, Der sechste nicaenische Kanon auf der Synode von Chalkedon (Sitzungsber. d. preuß. Ak. d. Wiss. 1930, 611).

S. 240

„Die römische Gemeinde hatte immer den Primat": A C O II 3, S. 548; vgl. Turner, E O M I A I 1 2 1 (die älteste römische Übersetzung der Kanones von Nicaea). - Leos Bestätigung: ep. 1 1 5 (21. 3. 453). - Krawalle: Evagrius, H E z, 5-8; Petrus der Iberer, 63 ff. Raabe; Zacharias Mityl. 4, 2; äthiopisches Synaxarium IV 1239 Budge. Henotikon: Evagrius, H E 3, 14; Schwartz, Codex Vaticanus Gr. 1 4 3 1 (1927) 52; dazu ders., Publizistische Sammlungen zum Acacianischen Schisma (i934)-

S. 241

Aufnahme des Henotikon: Liberatus, breviarium 1 7 , 1 1 9 ff. (ACO II 5, S. 129 f.); Evagr. H E 3, 1 8 - 2 1 ; Zachar. Mityl. 5, 9 ff.; Theodoras Anagnostes 431 ff. (S. 1 1 9 f. Hansen). - Kaiser Anastasius: vgl. C. Moeller, T U 78 (1961) 240-247; C. Capizzi, L'imperatore Anastasio I (1969).

S. 243

Trishagion: Act. Chalc. 1 , 1 0 7 1 ; vgl. Ephraim Antioch., Phot. cod. 228 (254 a, 34 ff.). - „Schon 431": A C O I 1 , 7, S. 72. - Antiochien: Theodoras Anagnostes 483-85; Evagr. H E 3, 44.

Anmerkungen und Nachweise

360 S. 244

Nika-Aufstand:

Prokop, bell. Pers. I 24, 33-38; Theophanes a. m.

6024.

S. 245

Die Monophysiten zu beruhigen: Liberatus 2.4 (ACO II 5, S. 140); Leontius, de sectis, PG 86, 1237 D. - Judicatum des Vigilius vom n . Apr. 548: Fragmente in Avellana 83, 299-302. - In Nordafrika verurteilt: Victor Tunn. ann. 548 (PL 68, 958 C). - Unterschrift zurückgezogen: Avell. 83, 297. - Konzil verworfen: Vigilius, Constitutum vom 14. Mai 553 (Avell. 83, CSEL 35, 230-320).

S. 246

Kapitulation des Vigilius: 8. Dez. 553 (PL 69, 122-128) und 23. Febr. 554 (ACO IV 2, S. 138-168). - Tod: Liber Pontificalis I 299 Duchesne. - Jakob Baradaeus: vgl. E. Honigmann, Eveques et eveches monophysites (1951). - Eine Wirkkraft: Dionys. Areop. ep. 4 (PG 3, 1072 C); vgl. Papst Vigilius, A C O IV 1 , S. 187, 32 (unam operationem).

S. 247

Honorius:

S. 248

Monophysiten

Konzil von Konstantinopel (680-681), Actio X I I u. XIII. und Araber: Johannes von Nikiu, Chronik 120.

15. KAPITEL: D I E E N T W I C K L U N G DES L A T E I N I S C H E N CHRISTLICHEN DENKENS S. 249

Liste der Schriften Cyprians: Th. Mommsen, Hermes zi (1885) 142 = Ges. Sehr. VII (1909) 283. - Victorinus von Pettau: CSEL 49. Optatus 1, 9; Hieron. vir. illustr. 74.

S. 250

Marius Victorinus: (1971)-

S. 251

Predigt des Hieronymus: Anecd. Maredsolana III 2, 396 f. (ed. Morin); vgl. hom. in Ezech. 1 , 3. — „Ein Ciceronianer bist du": ep. 22, 30.

S. 252

Bekehrung

S. 2J3

Augustin: siehe Possidius, Vita Augustini. Aug. sermo 356, 13 pauper, de pauperibus natus. - Konkubine: conf. 4, 2, 2; 6, 15, 25; vgl. conc. Toletan. I, can. 17; Leo, ep. 147; Aug. de bono coniugali 15 (17) f.

S. 254

Hortensius: conf. 3, 4, 7. - Stil der hl. Schrift: conf. 3, 5, 9. sius: conf. 5, 13, 23 ff.; solil. 2, 14, 26.

S. 255

Monicas

S. 256

Ordination: Aug. ep. 21; Possidius, vita 4. - 8. Kanon von Nicaea: vgl. Aug. ep. 31, 4; 213, 4; Possidius, vita 8. - Augustins Mönche: Possidius 1 1 . - Jesaias zu lesen: Aug. conf. 9, 5, 13.

Aug. conf. 8, 2-4; vgl. P. Hadot, Marius Victorinus

des Paulinus: Ambrosius, ep. 58.

Ambro-

Tod: conf. 9, 8-13.

Anmerkungen und Nachweise S. 1 5 7

Donatisten in Hippo in der Mehrheit: Aug. ep. 93, 17. - Brauch, die Wände weiß zu tünchen: Optatus 6, 6 (vgl. 3, 4 und 3, 10). - Reichtum der Donatisten: Aug. tr. in Joh. 6, 25.

S. 258

Circumcellionen: Aug. enarr. in psalmos 1 3 2 , 3; c. Gaudent. 1 , 28, 32; ep. 29, 1 2 ; 44, 9; i n , 1 ; c. Julianum 3, 1 , 5. Possidius 10. 1 2 ; vgl. R. Lorenz, Z K G 82 (1971) 54-59. - Makarius: Aug. ep. 87, 10; c. litt. Petil. 2, 39, 92; 2, 92, 208; bes. Optatus 7, 6. 7. Hauptheiliger der Donatisten war Marculus (Opt. 3, 6; Aug. c. litt. Petil. 2, 14, 32; Gesta coli. Carth. I 187). - Der eine Leib Christi: Aug. bapt. 1 , 1 1 , 1 5 ; c. Crescon. 1 , 28, 33; Optatus 2, 1 . - Cyprian als Held der Donatisten: Aug. bapt. 2, 1 , 2; c. Crescon. 2, 32, 40; ep. 93, 10, 36.

S. 259

Arche Noah: Aug. bapt. 5, 28, 39. - Weizen und Unkraut: c. Crescon. 2, 36, 45. - Nicht die universale Kirche: z. B. Aug. ep. 87, 1 ; Optatus 6, 3. - Sakramente: Opt. 5, 4.

S. 260

Character: Aug. enarr. in psalmos 40, 1 ; ep. 1 7 3 , 1 3 , 29. - Untilgbar: de bono coniug. 24, 32; bapt. sein des Priesters: Aug. de sermone Domini in Konzilien: Aug. ep. 22. - Gesetzgebung gegen X V I 5.

S. 261

Vgl. E. L. Grasmück, Coercitio (1964). Aug. ep. 93; 185; c. Crescon. 3, 47-65. „Coge intrare": sermo 1 1 2 , 8; 208, 7. „Dilige et quod vis fac": in ep. I Joh. 7, 8. Nicht Todesstrafe (ep. 100, 2; vgl. c. Gaudent. 1 , 41) oder Folter (ep. 104, 4, 17), aber Geißelung (ep. 133).

S. 262

Edikt: C. Th. X V I 5, 22 (30. 1 . 412); 6, 6 (21. 3. 413) usw. - Circumcellionen: Aug. ep. 88, 6; 1 1 5 , 3; 1 3 3 , 1 ; Gesta cum Emerito 12. Bekehrungen nach 411: Possidius, Vita 1 3 . 14.

S. 263

Gewissensproblem: Possidius 30; Aug. ep. 228. - Gregor 1 , 72. 75. 82; 2, 47. 48; 4, 32; 6, 61.

S. 264

Noch im zwölften Jahrhundert: vgl. C. Courtois, Rev. hist. 195 (1945) 97. - Petrus und Paulus: Aug. sermo 296; Hieron. ep. 126, 2; 127, 1 2 .

S. 265

Die Barbaren und der Gottesstaat: vgl. c. Faustum 1 3 , 7; ep. 199, 1 2 , civ. Dei 4, 4. - Gerechte Kriege: 46. 47. - „ O h n e Gerechtigkeit...": civ. Dei 19, 7. - Drinnen Wölfe und draußen Schafe: bapt. 5, 28, 38.

S. 266

Pelagius: immer noch grundlegend Loofs, Herzog-Hauck, RE® X V 747. - Enthaltsamkeit: Aug. conf. 10, 29, 40; de dono perseverantiae 20, 53.

S. »67

Zustimmung und Sünde: Aug. de gratia Christi 1 2 , 37; pecc. merit. passim. - Ein Schüler Theodors: Rufinus - siehe Marius Mercator, Commonitorium 3 (PL 48, m ff.; A C O I 5, S. 5); Aug. pecc. orig. 3, 3.

3; c. ep. Parmen. 2, 4, 1 2 , 18. - Bewußtmonte 1 , 10, 27. Heidentum: C. Th.

d. Gr.: reg.

36z

Anmerkungen und Nachweise

S. 2.68

Ein unverdientes Geschenk der Gnade: sola fide, sola gratia: in ep. Gal. 3, 20. 2 1 ; in ep. Rom. 3, 24. - Caelestius: Aug. gest. Pel. 1 1 , 23; 22, 46; ep. 157, 3, 22; pecc. orig. 3. 4; Marius Mercator, A C O I 5, S. 6. - Pelagianer in Sizilien: Aug. ep. 156. 1 5 7 ; gest. Pel. 23; Anon. de divitiis; Caspari, Briefe, Abhandlungen und Predigten (1890) 25-67. - Augustins höflicher Brief: vgl. ep. 146; gest. Pel. 27 f. 52. - Demetrius: Aug. ep. 150 an Proba und Juliana; bes. ep. 188 an Juliana; Hieronymus, ep. 130; Pelagius, PL 30, 15-45.

S. 269

Hieronymus über Pelagius: Prologus in lerem.; in lerem. III (PL 24, 682 A. 785 B). - Diospolis: Aug. de gestis Pelag.

S. 270

Synoden in Numidien und Africa: Aug. ep. 175. 176. - Innozenz: ep. 1 8 1 - 1 8 3 . - »Causa finita est": Aug. sermo 1 3 1 , 10; dazu K. Adam, Festgabe A. Ehrhard (1922) 1 - 2 3 . - Zosimus: ep. 2. 3 (PL 20, 649 ff.); Aug. de gratia Christi 30, 32; pecc. orig. 1 7 , 19. - Vorstellungen in Ravenna: Julian bei Aug. op. imperf. I 42 (Alypius brachte 80 Pferde).

S. 271

Edikt gegen die Pelagianer: PL 48, 379 ff.; 56, 490; Aug. ep. 201, 1 ; c. Jul. 3, 1 , 3. - Papstwahl 419: Avellana 1 4 - 3 6 (CSEL 35, 59-82). Verurteilung der Pelagianer durch Zosimus: PL 20, 693-95. - Apiarius: Turner, E O M I A I 565-624. - Augustin und das Papsttum: c. II epp. Pelag. 1 , 1 - 3 ; ep. 43, 7.

S. 272

Gesamte Menscheit in Adam gefallen: pecc. merit. 1 , 1 5 , 19. - Jungfräulichkeit: c. Jul. 4, 9. - Kindertaufe: ep. 143, 6; 166, 2 1 ; sermo 351, 2; 1 1 5 , 4. - „mitissima damnatiopecc. merit. 1 , 16, 2 1 ; vgl. sermo 294, 4. - „splendida vitia": vgl. Prosper Aquit. contra collatorem 1 3 . - Beträchtliche Minderheit: de correptione et gratia 28.

S. 273

Die Natur ist gut: Julian bei Aug. op. imperf. 5, 22. - Begierde nicht Sünde: op. imp. 3, 167; 4, 38. 39; 5, 19. - Manichäismus bei Augustin: c. Jul. 6, 67; op. imp. 4, 5. - I. Tim. 2, 4: Aug. c. Jul. 4, 42; vgl. Cass. coli. 1 3 , 7, 2. - Julian und Theodor: Marius Mercator, A C O I 5, S. 23, 24; vgl. Phot. cod. 177; A C O I 5, S. 173-76. - Vinzenz von Lerinum: commonitorium 2, 6; vgl. Obiectiones Vincentianae, PL 5 1 , 1 7 7 - 1 8 6 .

S. 274

Cassian: coli. 1 3 .

S. 275

Wille/Natur: op. imp. 5, 53. - Freude an der Rechtschaffenheit: in psalmos 1 1 8 , 8, 4; spir. et litt. 5. - Zwänge: op. imp. 3, 120.

S. 277

Filioque: Aug. trin. 2, 4, 7; 4, 20, 29. - Kritik aus dem Osten: Zum ersten Mal bei Monotheleten gegenüber Papst Martin I. (Maximus Confessor, PG 9 1 , 136); Joh. Dam., PG 94, 832. 849; Synode v. Gentilly (767), PL 1 2 3 , 125 A; Polemik bei Photius, Enzyklika (867), PG 102, 7 2 1 - 7 4 1 ; Libri Carolini, PL 98, 1 1 1 7 f.

enarr.

363

Anmerkungen und Nachweise 16. KAPITEL: DAS P A P S T T U M S. 178

Gedächtnismale

für Petrus und Paulus: Eus. H E 5, 24, 9. 10.

S. 279, Stefan: Firmilian, Cypr. ep. 75, 17. - Damasus 382: Decretura Gelasianum 1 - 3 . - Kanonessammlungen des Basilius: ep. 188; 199; 2 1 7 . Kanones von Serdica: Papst Zosimus (oben S. 271); Innozenz I., ep. 2, 3, 6; Leo, ep. 43; 44; 56; vgl. C. H. Turner, JThS 30 (1929) 338 f. S. 280

Eusebius und Gregor: Eus. V C i , 5 1 ; Greg. Naz. ep. 130. 1 3 1 . 124. Athanasius: De synodis. - Papst Damasus: ep. Confidimus, Theodoret, H E 2, 22, 9. - Innozenz I.: Sozom. 8, 26, 7 - 1 8 ; Palladius, dialogus de vita Joh. Chrys. 9.

S. 281

Leo, Subdiakone:

S. 282

Innozenz 1.: ep. 25, 1 nulla diversitas, nulla v a r i e t a s . . . - Gregor d. Gr.: reg. i i , 56 a.

S. 283

Monica: Aug. ep. 54, 2, 3. - Rom und Thessalonike: Ztschr. 1 (1899).

S. 284

Arles: Zosimus, ep. 1 , PL 20, 642-45; vgl. L. Duchesne, Fastes episcopaux de l'ancienne Gaule I (1894) Kap. 2. - Reskript: Novellae Divi Valentiniani 1 7 (8. Juli 445). - Aberglaube: Caesarius, serm. 19, 4; 52, 2 (Donnerstag); 1 , 1 2 (Amulette); 73 (Ermahnung, zur Messe zu bleiben); 6 ff. (Bibellesen); 1 , 15 (Predigten).

S. 285

Romulus und Remus: Leo, serm. 82 (vgl. 3, 4; 36, 3). - Almosen: serm. 6 - 1 1 . - Quatembertage: serm. 16, 2; 19, 2; 78, 1 ; 79, 1. - Sonnenverehrung: serm. 27. - Manichäer: serm. 9; 16; 24; 42, 5.

S. 286

Leo und Attila: Prosper, chron. ad ann. 452, PL 5 1 , 603 = Mommsen, Chron. Min. I 482; Jordanes, Getica 42, 222. - Leo und Vandalen: Prosper, chron. ad ann. 455, PL 5 1 , 605 = Mommsen, Chron. Min. I 484. - Nachfolger Petri: Leo, serm. 3, 3. 4. - Plenitudo potestatis: ep. 14, 1. - Tomus nicht zu diskutieren: ep. 29, 1 ; 69, 2.

S. 287

Unabhängigkeit des Urteils des Konzils: Act. Chalc. IV 9; vgl. Leo', ep. 120, 1. - Unfehlbarkeit des Kaisers: Leo, ep. 162, 3; 165, 1. - Gelasius: Coli. Avellana 95, 26-28 (CSEL 35, 378 f.) = ep. 26, 5, S. 399 Thiel.

S. 288

Pflicht des Kaisers, sich vor den Prälaten zu beugen: Gelasius, ep. 1 2 , 2, S. 351 Thiel (= Ed. Schwartz, Publizistische Sammlungen zum Acacianischen Schisma [1934] 20). - Kommunion in einer Gestalt: ep. 37, 2, S. 452 Thiel. - Luperkalien: Avellana 100; vgl. Sacramentarium Leonianum 75 Mohlberg (= 9 Feltoe). - Sakramentar: Vafic. Lat. Reg. 316. - Dionysius Exiguus: PL 67, 2 3 1 ; vgl. B. Krusch, Studien z. mittelalterlichen Chronologie, Abh. Ak. Berlin 1938, 8.

ep. 14, 5; 167, qu. 3.

L. Duchesne, Byz.

y64

Anmerkungen und Nachweise 17. KAPITEL: DIE KIRCHE UND DIE BARBAREN

S. 290

Julian: Amm. Marc. 2 1 , io, 8; 2 1 , 12, 25. - Tod von 20 000 Wandalen: Frigeridus ap. Greg. Turon. hist. Franc. 2, 9 (8).

S. 291

Wurfmaschine: Theodoret, HE 5, 39; vgl. Synesius, ep. louse: Hieronymus, ep. 1 2 3 , 16. - Hoffnung, die Barbaren des Friedens zu verwandeln: Paulin. Nol. carm. 1 7 , 245 ff. von Remesiana). - Chrysostomus: PG 63, 472. 499; vgl. 65, 832.

S. 292

Missionare zu den Goten: Theodoret, HE 5, 30. 3 1 ; Sozom. 7, 26. Hunnen: Malalas 431 f. Bekker; Kosmas Indikopl. 3, 6 j , PG 88, 169 B. - Bulgaren: Johannes von Nikiu 120, 47; Nicephorus, opusc. hist. 33 de Boor. - Turkmenen: Theophyl. Simocatta 5, 10, 1 3 . 14. - Ulfila: Philostorgius 2, 5; Sokrat. 2, 4 1 ; Sozom. 4, 24; 6, 37; Jordanes, Getica 5 1 ; Maximinus, contra Ambrosium (ed. Kaufmann). - Inschrift aus Südgallien: Diehl, ILCV 1 5 1 6 . - Chlodwig: Greg. Turon. hist. Franc. 2, 2 1 . 22; Avitus von Vienne, ep. 46; Nicetius von Trier, M G H Epist. III, Merov. et Caroling. I 335.

S. 293

Gallisch-römische Aristokraten: vgl. K. F. Stroheker, Der senatorische Adel im spätantiken Gallien (1948). - Odoaker und Komulus Augustulus: Anonymus Valesianus 36-38; vgl. M. A. Wes, Das Ende des Kaisertums im Westen (1967).

S. 294

Byzantinischer Chronist: Marcellinus Comes ad ann. 476; vgl. Jordanes, Getica 242. 243; Romana 344. 345. - Theoderich: Prokop, bell. Goth. I 1, 10. n ; II 6, 16, 23. 24; Anon. Vales. 49 ff.; Malalas 383 f. Bekker.

S. 295

Boethius: Anon. Vales. 85-87. - Vivarium: P. Courcelle, Melanges d'archeologie et d'histoire 55 (1938) 259-307; H. Leclercq, Dict. d'arch. ehret, et de liturgie XV/2, 3 1 3 3 - 4 0 ; Th. Klauser, Festgabe R. Boehringer (1957) 337-

S. 296

Cassiodors

S. 297

Nicht in der profanen Literatur gelehrt: Cassiod. inst. 1, 23, 1. - Palatinische Bibliothek: Joh. Sarisbur., Polier. 2, 26.

S. 298

Ketten des Petrus: Greg. M. reg. 9, 228 (122). - Bibel des armen Mannes: reg. 9, 195. 208; 1 1 , 10. - Zu klug, um ehrlich zu sein: reg. 5, 15. - ökumenischer Patriarch: reg. 5, 44 usw. - Diener der Diener Gottes: reg. 1, 14 a.

S. 300

Palladius: Prosper, chron. ad ann. 4 3 1 , PL 5 1 , 595 = Mommsen, Chron. min. I 473. - Germanus: Constantius, vita S. Germani. Columba: Beda, HE 3, 4. - Ninian: Beda, HE 3, 3; Miracula Nynie episcopi (ed.

Bücher:

Cassiod. inst. 1, 30, 3. - Eugippius:

122. - Touin Menschen (über Niceta Proklus, PG

Vita Severini.

Anmerkungen und Nachweise

365

K. Strecker, M G H Poetae IV 2, 943); C. Thomas, The Early Christian Archaeology of North Britain (Oxford 1971) 13 ff. S. 301

Ethelbert oder Aedilberct: Beda, HE 1 , 25 ff. - Aidan: Beda, HE 3, 3. - Whitby: Beda, HE 3, 25; vgl. E. Caspar, Geschichte des Papsttums II (1933) 788.

18. KAPITEL: GOTTESDIENST UND KIRCHLICHE KUNST S. 302

Verba visibilia: Aug. c. Faustum 19, 16.

S. 303

Athanasius: ep. Fest. 3 (Cureton).

S. 304

Palmsonntag: vgl. H. J. Graef, Palmenweihe und Palmenprozession in der lat. Liturgie (Kaldenkirchen o. J. [ca. 1961]). - Innozenz /.: ep. 25, 4, 7 (PL 20, 5J5 f.). - Liturgie der „vorher geheiligten" Gaben: Chronicon Paschale a. 615 (PG 92, 989 A); Conc. Quinisextum, can. 52 (Bruns I 53); Theod. Stud., PG 99, 1687. - Taufe: vgl. G. Kretschmar, Die Geschichte des Taufgottesdienstes in der alten Kirche (Leiturgia 1969). - Tertullian: de Corona 3; de baptismo. - Drei Fragen: Hippol. trad. apost. 21; Cypr. ep. 70, 2. - Milch und Honig: Porphyrius, antr. 15; Usener, Kl. Sehr. IV 398.

S. 305

Ambrosius: sacr. 1 , 2, 4. - Taufe auf dem Krankenbett: Cypr. ep. 69, 12. 13; Cornelius bei Eus. HE 6, 43, 14; conc. Neocaesar. can. 12.

S. 306

Baptisterien: vgl. F. J. Dölger, Antike und Christentum 14 (1934) 1 5 3 187. - „agere": Ambrosius, ep. 41, 28. - Gnostische Sekten: Tertullian, praescr. 41. - Justin: apol. 1, 66. 67.

S. 309

lrenäus: haer. 4, 18, 5; 5, 2, 2. 3. - Const. Ap. 8, 12, 39.

S. 3x1

Es ist vermutet worden, daß im Original... ein Sanctus...: E. C. Ratcliff, JEH 1 (1950) 29. - Klemens von Rom: ep. 34. - Sanctus im Westen weniger verbreitet als im Osten: Ps. Ambrosius, PL 17, 1010 C. - Meßkanon nach dem Sanctus: Stowe Missal (Royal Irish Academy, D II 3, saec. VIII-IX). - Antitypen: Hippol. trad. apost 21 (23); figura, Tert. Marc. 3, 19; 4, 40. - Privater Empfang: trad. apost. 37 (32); vgl. Bas. ep. 93; Tert. ux. 2, 5; orat. 14; Cypr. laps. 26; Hieron. ep. 50, 15; auch auf Reisen: Ambrosius, excess. Satyri 1, 43.

S. 312

Vaterunser am Schluß: Aug. ep. 149, 16. - Das Brot in die hohle Hand: Kyrill, catech. myst. 5, 21. 22 (in den Mund erst seit dem 9. Jh.; vgl. F. X. Funk, Kirchengeschichtliche Abhandlungen I 293-308). - Furcht: Joh. Chrys. de sacerd. 3, 4; 6, 4; hom. in Joh. 46, 1 usw. - Vorhänge: Äthan, hist. Arian. 56; Chrys. hom. in Eph. 3; Theodoret, HE 4, 19, 1 1 . (Auch vor dem Gemach des Kaisers: Äthan, apol. ad Const. 3).

3 66

Anmerkungen und Nachweise

S. 313

Sophienkirche: Paulus Silentiarius, descriptio S. Sophiae 686 ff. (PG 86, 2145 f.). - Einzüge: Maximus Conf. Mystagogia, PG 91, 688 C. 693. 700 A usw.; Cone. Quinisextum, can. 90. - Thessalonike: Acta S. Demetrii, PG 116, 126 B. - Bis zur Zeit des Damasus Eucharistiefeier in griechischer Sprache: Marius Victorinus (359), adv. Arium II 8, 34. 35 (vgl. I 30, 6-8) zitiert die Anaphora griechisch; Ambrosiaster, CSEL 50, 268 lateinisch. (Vielleicht benutzt Marius Victorinus aber eine griechische Quelle!). - Tertullian und Cyprian: Stellen in Diet, d'arch. chrét. et de liturgie I 602-04.

S. 314

Ite missa est: erst im Ordo Romanus I bezeugt; vgl. Dölger, Antike u. Christentum 6, 2 (1940) 81-132.

S. 315

Vaterunser: Aug. ep. 149, 16. - Audemus dicere: Hieran, dial. adv. Pelag. 3, 15; Aug. sermo 110, 5 (PL 38, 641). - Kyrie eleison: Egeria 24; 7 1 ; const, apost. 8, 6, 9; conc. Vasense (Vaison) 529, can. 3; Greg. M. reg. 9, 12; vgl. Ps. Eusebius Alex., PG 86, 453 CD (Kyrie eleison und Sonnenkult) - Gloria: const, apost. 7, 47; Joh. Chrys. hom. in Matth. 68, 3. 4 (PG 58, 644-46); Greg. Turón, de gloria martyrum 1, 63; Liber Pontificalis, vita Telesphori, I 56 Duchesne; Sacramentarium Gregorianum 1 (S. 1 Lietzmann): „ . . . Deinde Kyrie Eleison, item dicitur Gloria in excelsis Deo, si episcopus fuerit, tantummodo die dominico sive diebus festis; a presbiteris autem minime dicitur nisi solo in pascha". - Te Deutn: vgl. Cypr. mortal. 26: illic apostolorum gloriosus chorus, illic prophetarum cantantium numerus, illic martyrum innumerabilis populus. Cyprianus Telonensis, ep. ád Maximum Genavensen (MGH Epp. III 436), geschrieben 524/533.

S. 316

Credo: Theodoras Anagnostes 501 (S. 143 Hansen); vgl. Johannes Biclarensis, Chronik, PL 72, 863 B; Conc. Toletan. (589), can. 2 (Bruns II 213).

S. 317

Benedictas: Caesarius Arelat. sermo 73, 3. - Agnus: Liber Pontificalis, vita Sergii I (687-701), I 376 Duchesne. - Markusliturgie: F. E. Brightman, Liturgies Eastern and Western S. 129. - Ungesäuertes Brot: Beda, expos, in Lucam 22 (PL 92, 593; CC 120, 373); Alcuin, ep. 90 (PL 100, 189); Hrabanus Maurus, inst. cler. 1, 31 '(PL 107, 519). Dagegen Ambrosius, sacr. 4, 14: Tu forte dicis, Meus panis est usitatus. - Streit zwischen östlicher und westlicher Kirche: Anselm, de sacrificio azimi et fermentan (Schmitt II 223-232). Nicht bei Photius. - Im Osten nur eine Eucharistiefeier: Leo, ep. 9, 3 (an Dioskur von Alexandrien). Titelkirchen: J. P. Kirsch, Die römischen Titelkirchen im Altertum (1918).

S. 318

Stundengebet: Hippol. trad, apost. 41 (36); Tert. orat. 23-25; jejun. 10; Cypr. orat. dorn. 34; Klemens, ström. VII 40, 3; Orígenes, orat. 12, 2.

S. 319

Morgen- und Abendgebete: Monica (Aug. conf. 5, 9); Egeria 24; Sozom. 7, 28, 6. - Gebetsstunden: Bas. reg. fus. 37, PG 37, 1031 ff.;

Anmerkungen und Nachweise

367

Cassian, inst. 3, 4-6; Callinicus, vita Hypatii, S. 54 (Teubner); Chrysost. hom. in 1 Tim. 14, 3. 4; hom. in Matth. 68. - Rom: vgl. Regula S. Benedicti 13 (sicut psallit ecclesia Romana); Vita graeca S. Melaniae junioris 47 (S. 216 Gorce). - „Eile, Gott, mich zu erretten": Reg. S. Benedicti 18, 1; vgl. Cassian, coli. 10, 10. S. 320

Benedicite: Rufinus, apol. 2, 35; Chrysost. hom. quod nemo laeditur 16 (PG 51, 477). - Nunc dimittis: const, apost. 7, 48. Magnificat: Caesariu», regula 21 (PL 67, 1102 B); H. J. Lawlor, Chapters on the Book of Mulling (1897). - Philo: vita contempl. 29; vgl. 80. 84. - Celsus: Origenes, c. Cels. 3, 16.

S. 321

Freudenhymnus: P. Bodmer XII; vgl. O. Perler, Ein Hymnus zur Ostervigil von Meliton? (i960). - Hymnus in Anapästen: P. Oxy. 1786. Heiteres hiebt: Bas. de spiritu saneto 29, 73; vgl. P. Lit. Lond. 244 (Milne) saec. VI/VII; F. J. Dölger, Antike und Christentum 5 (1936) 11-26.

S. 32z

Klemens, ström. VI 88-90. - Acta Joh. 94. 95. - Basilius: ep. 207; vgl. de spir. saneto 29, 74. - Tänze: vgl. C. Andresen, ZKG 72 (1961) 217.

S. 323

Puritaner: z. B. Silvanus, PO VIII 1, S. 180. - Athanasius: Aug. conf. I 0 > 33) 49- 5°- - Halleluja: Victor Vitensis, historia persecutionis Africanae provinciae 1, 41. - Augustin: cönf. 9, 6, 14; 10, 33, 49 f.; vgl. Cassian, coli. 9, 26. - Römische Gesänge: Beda, HE 4, 2. 18; 5, 20; Egbert von York, PL 89, 441 B; Agobard von Lyon, PL 104, 336.

S. 324

Bilder: Tert. idol. 3; Klemens, protr. 62. - Karpokrates: 25, 6. - Alexander Severus: SHA Severus Alex. 29, 2.

S. 325

Der gute Hirte: Tert. pudic. 7. 10. - Siegelring: Klemens, paid. III 59; dazu H. D. Altendorf, ZNW 58 (1967) 129; Th. Klauser, Jb. Ant. Chr. 1 (1958); J. Eizenhöfer, Jb. Ant. Chr. 3 (i960); 6 (1963).

S. 326

Akrostichon: Oracula Sibyllina 8, 217-250; Aug. civ. Dei 18, 23; Konstantin, orat. ad sanetos 18; Quodvultdeus (?), liber promissionum II 39, 91 (PL 51, 816); (Pseudo-) Maximus von Turin, tract, contra paganos IV (PL 57, 769). - Abercius: Text mit Kommentar, F. J. Dölger, Ichthys II (1922) 454-506. - Seefahrt: z. B. Tert. bapt. 12, 7; Klemens, quis dives 34, 3.

S. 327

Apamea: vgl. RAC I 601 s. v. Arche. — Africanus: 38 Dind. = PG 10, 68.

S. 328

Synode von Elvira: can. 36. - Eusebius: lippi: Eus. HE 7, 18.

S. 329

Unter Julian beschädigt: Sozom. 5, 21, 1-4. - Veronika: vgl. E. v. Dobschütz, Christusbilder (1899) 197-262. - Epiphanius: Hieronymus, ep. 51, 9 (an Johannes von Jerusalem).

Iren. haer. 1,

Syncellus, chronogr. I

PG 20, 1545. - Caesarea

Phi-

368

Anmerkungen und Nachweise

S. 330

Volkstümliche Christologie: vgl. Theodoret, Eranistes 3 (PG 83, 2.60 C); Leontius Byz. c. Nest, et Eutych., PG 86, 1325 CD ff.

S. 33z

Die Heiligen als Heroen:

S. 335

Stille Rezitation des Eucharistiegebets: Justinian, Nov. 1 3 7 , 6; vgl. Eutychius von Konstantinopel, PG 86, 2400 B.

Theodoret, Graec. äff. cur. 8 (PG 83, 1032).

REGISTER Abendmahl s. Eucharistie

Ammonius, M ö n c h 2 1 5

Abercius 326

Ammonius Sakkas 1 3 1

Abgar d. Gr. 64, 1 1 5

Amulette 35, 65, 284

Abgar d. Schwarze 65

Anastasia 1 3 7

Addai 65

Anastasius I., Kaiser 2 4 1 , 243, 287

Adeodatus 154 f.

Anastasius I., Papst 2 1 6

Adoptianismus 95, 1 2 8 f.

Anatolius, Patriarch v.

Adrianopel

Ägypten 69, 198 f., 2 0 7 - 2 1 2 , 240-246

Konstantino-

pel 2 3 7

170

Angelsachsen 68 f., 2 9 9 - 3 0 1

Ägypterevangelium 69

Anicet, Bischof v. R o m 93

Aelian 1 0 $

Ankyra 1 4 7 f.

Äthiopien 246, 3 2 2

Anomöer 160 f.

Aëtius i é i , 163

Antinomismus 73

Agape 24, 35

Antiochien 1 5 3 , 164, 1 6 7 f., 2 1 7 f.

Agathias 201

-,

Agnus Dei 317

Antiphonischer Gesang 320, 3 2 2 f.

Aidan 301

Antonius 207 f., 2 1 2 , 2 5 2

Akacius, Patriarch v. Konstantinopel

Apamea 327

240 f.

Kirchweihsynode

1 5 6 f., 2 2 1 ,

280

Aphthartodoketismus 242

Akacianisches Schisma 241, 243

Apiarius 2 7 1

Akathistos 324

Apollinaris, Apollinaristen 168 f., 1 7 2 ,

Alarich 264, 294 Alban 68 Alexander d. Gr. 179 Alexander, Bischof v. Alexandrien 147, 1 5 1 Alexander Severus 1 1 5 , 123 f., 1 3 1 , 324 Alexandrien 149 f., 168, 1 7 2 , 1 9 1 , 194, 198 f., 216, 226 f., 240 f. Allegorese 38 f., 1 1 0 f., 224 f. Altes Testament s. Bibel Ambrosiaster 266 f. Ambrosius, Bischof v. Mailand 192 bis 1 9 4 . 2 5°> 2-52., 282 f., 305, 3 1 3 - 3 1 5 . 317 Ambrosius, Gönner des Origenes 124 f. Ammianus Marcellinus 179, 182, 189 f.

180, 224 f. Apollo 86, 1 3 7 Apollonius v. T y a n a 1 2 3 , 324 Apophthegmata Patrum 206 Apostel 11 Apostolicum 3 1 6 Apostolische Konstitutionen 309, 3 1 5 , 320 Apostolische Sukzession 41 f. Apuleius 20 Aquila 1 1 3 Araber 248 Arius 140, 147 f., 1 5 2 - 1 5 5 Arkadius 198, 220 Arles 49, 67, 140, 160,* 188, 1 9 2 , 259, 284 f. Armenien 147, 234, 246, 3 1 7 Arnobius 249 Asklepius 3 1

Register

37° Aspar 237 Athanasianum 276 Athanasius, Bischof

v.

Alexandrien

140. 1 5 3 - 1 6 9 , 176, 107 i-, 2I2 -> 303. 323 Athenäus 105 Athenagoras 86 Athenais s. Eudokia Atticus, Patriarch v. Konstantinopel 222 Attila 286, 293 Attis 20 Auferstehung 32, 84, 1 1 8 f. Augustin v. Canterbury 301 Augustin, Bischof v. Hippo 62, 86, 196, 203, 209, 2 1 1 , 253-277, 283, 185, 299, 3 1 5 , 323 Augustus 19, 2 1 , 78 Aulus Gellius 105 Aurelian 129, 1 3 6 Auxentius, Bischof v. Mailand 184, 193 Avesta 85 Avitus, Bischof v. Vienne 293

160,

Bardesanes 64 f., 1 1 5 Bar Kochba 19 Barnabasbrief 48, 7 1 Basilides 36 Basilius, Bischof v. Ankyra 1 6 1 - 1 6 5 , 168 Basilius, Bischof v. Caesarea 169 f., 172, 185, 207 f., 210, 21z, 223, 250, 310, 3 1 2 , 319, 3 2 1 - 3 2 3 Basilika 325 Benedicite 3 1 9 Benedictus 319 Benedikt v. Nursia 208, 2 1 2 f., 296 f., 319 f. Bibel 1 7 , 38-45, 65 f., 70, 88 f., 120, 122, 185, 254 f., 285, 319

Bilderwand 3 1 3 Bischof, Bischofsamt 47-54, 1 8 8 - 1 9 1 , 202 f., 205, 208 f. Boethius 295 Britannien 67-69, 77, 299-301 Bulgaren 292 Buße 30 f., 1 3 3 f., 203 Caecilian, Bischof v. Karthago 139 f., 258 f. Caelestius 266-271 Caesarius, Bischof v. Arles 284, 293, 320 Caesaropapismus 1 9 1 Caligula 21 Candidus 124 Cassian s. Johannes C. . Cassiodor 295-297 Cassius Dio 23 Celsus 56, 64, 74 f., 1 2 5 , 130, 320 Chalcedon, II. ökumen. Konzil 210, 237-240 Eichensynode 220 Chiliasmus 84, 87, 9 1 , 1 1 0 China 238 Chlodwig 292 Christologie 95-97, 1 1 7 f., 128 f., 143, 168 f., 206, 224-248 Chrysaphius 199, 229, 234 f., 237 Chrysostomus s. Johannes Chr. Cicero 74, 186, 2 5 1 , 253 f., 297 Circumcellionen 258, 262 Coelestin I., Papst 189 Columba 300 Commodus 26, 86, 97 Cynegius 194 Cyprian, Bischof v. Karthago 29, 49, 59. 133-135» 139» 188 f-> z49> 2-5» f-. 2-79, 3X3> 3 1 5 Cyrus, Märtyrer 195 Cyrus v. Panopolis 199 f.

Register Damasus, Papst 1 7 1 , 184-188, 252, 279-283, 3 1 3 , 315 Daniel Stylites 200, 210 Dante 85 Decentius, Bischof v. Gubbio 282, 304 Decius 1 3 2 Demetrias 268 f. Demetrius, Bischof v. Alexandrien i n , 123 f. Demetrius, Heiliger 3 1 3 Demophilus, Bischof v. Konstantinopel 166, 1 7 1 Diakone 47-50 Diakonissen 50 Didache 47-49, 5 1 , 60, 305-307 Didascalia Apostolorum 305 Didymus d. Blinde 210 Diodor, Bischof v. Tarsus 2 1 7 , 224 f. Diokletian 1 3 5 - 1 3 7 , 155, 196 Dionysius Areopagita 199, 242, 246 Dionysius, Bischof v. Alexandrien 1 2 7 f., 1 3 3 , 135 Dionysius, Bischof v. Mailand 160 Dionysius, Bischof v. Rom 128 Dionysius Exiguus 288 Dionysos 3 1 , 322 Dioskur, Patriarch v. Alexandrien 234-238 Diospolis, Konzil 269 Doketismus 37 Domitian 22 Domitilla 23 Domnus, Patriarch v. Antiochien 234, 2-37 Donatus, Donatisten 257-264 Drei Kapitel 245 f.

138-140,

147,

371

Egeria 282, 3 1 5 , 319 Ehe 62, 108, 219, 281 Ehelosigkeit 3, 7, 32 f., 69, 108, 203 f., 2 5 1 , 281 Ehescheidung 6z Eichensynode 220 f. Eigentum 61, 2 1 9 Elvira, Konzil 70, 328 Ephesus, II. ökumen. Konzil 210, 230 bis 232 - , Räubersynode 236 f. Ephraem d. Syrer 65 Epiklese 309 f. Epiktet 58 Epiphanius, Bischof v. Salamis 1 2 , 9 1 , 126, 214-220 Essener 3, 7 f., 204 Etheria s. Egeria Ethik 58-64, 1 0 1 , 108 f., 204 f. Euagrius Ponticus 2 1 0 f., 2 1 5 Eucharistie 30, 57, 189, 2 3 1 , 306-317, 32-6, 335 Euchiten 208 Eudokia 199, 229 Eudoxia 220 Eudoxius, Bischof v. Antiochien 160 f., 168 Eugippius 296 f. Eusebius, Bischof v. Caesarea 28, 77, 86, 1 2 2 f., 126, 143, 147 f., 250, 280, 318 f. Eusebius, Bischof v. Dorylaeum 228 Eusebius, Bischof v. Nikomedien 147, 1 5 2 - 1 5 6 , 158, 1 7 3 , 292 Eusebius, Bischof v. Vercellae 160 Eustathius, Bischof v. Antiochien 1 5 2 f., 167

Dura Europos 66, 327

Eutropius 217

Ebioniten 18

Euzoius, Bischof v. Antiochien 168

Edessa 64 f.

Evangelien 40, 43 f., 88 f., 95, 120

Eutyches 235-237, 239

Register

37i

Exsuperius, Bischof v. Toulouse 263, 291 Fabian, Bischof v. Rom 52 Fasten 303 Fausta 145 Felix v. Nola 25 2 Filioque 276 f., 3 1 6 Finanzen, kirchliche 59-61, 145 Firmicus Maternus 176 Fischsymbol 325-327 Flavian, Patriarch v. Antiochien 1 7 1 , «7 Flavian, Patriarch v. Konstantinopel 2-34-^37 Florilegien, dogmatische 242 Franken 292, 299 Frau 61 f. Gaius v. Rom 187 Galerius 1 3 6 - 1 3 8 Gallienus 6 1 , 136 Gallus 1 5 5 , 1 7 7 Gangra, Konzil 208 Gaudentius, Bischof v. Brescia 236 Gaza 192, 200

Gnosis, Gnostiker 32-40, 43, 65, 80, 84, 87-90, 1 0 4 - 1 0 8 , 1 1 6 , 120, 124, 1 3 1 . 195, 3 ° 5 Goten 193, 198, 290, 292, 294 f., 299 Gott, Trinität 84, 98 f., 1 2 7 f., 148 f., 1 6 1 , 166 f., 276 f. Gottesdienst s. Eucharistie, Liturgie Gottesfürchtige 3 Gratian 193, 196 Gregor d. Große, Papst 68, 1 2 1 , 1 9 0 f., 197, 210, 263, 289, 297-299, 301, 32-3 Gregorianischer Gesang 323 Gregor, Bischof v. Nyssa 169 Gregor, Bischof v. Tours 299 Gregor v. Nazianz 169, 1 7 1 , 179, 210, 223, 250, 280 Gregor d. Wundertäter 126 Hadrian 16, 19, 25 f. Halleluja 320 Hebräerbrief 22, 44, 84, 326 Hebräerevangelium 1 7 Heiden, Heidentum 1 9 - 2 1 , 3 1 , 146, 1 7 4 - 1 8 3 , 194 f., 1 9 8 - 2 0 1 , 209 Heilige, Heiligenverehrung 188, 202,

".'Idas 300

164. 332Hekate 86, 1 7 7 Helena, Mutter Konstantins 1 5 2 Helena, Gemahlin Julians 178 Heliodor 200 Helvidius 251 Henotikon 240-244, 287 Herakles 3 1 , 36 Heraklides 1 2 3

Glabrio 23

Hermas, Hermasbuch 44, 303

Glaubensbekenntnis 304, 316; s. auch

Hexapla 1 1 4

Gebet 108, 1 2 1 f., 124 f., 143, 204, 2 1 1 , 215, 308 f., 314 Gelasius I., Papst 1 9 1 , 287 f. Georg, Bischof v. Alexandrien 178,

160,

194

Georg v. Lydda 178 Germanus, Bischof v. Auxerre 300

Apostolicum, Nicaenum, Nicaeno-

Hierokles 136

Constantinopolitanum

Hieronymus 17, 70, 1 1 6 , 1 2 1 f., 126,

Glaubensregel 45 f. Gloria in excelsis 3 1 5 f.

163, 185, 2 1 5 f., 250-252 Hilarus 236

Register Hilarius, Bischof v. Arles 184 Hilarius, Bischof v. Poitiers 160, 250 Himmelfahrtsfest 303 Hippolyt 50, 52, 55, 80, 85, 90, 96-99, 307-311 Historia Augusta 123 Hölle 118 Honorius, Kaiser 262 Honorius I., Papst 247 Hosius, Bischof v. Cordoba 71, 147 bis 152, 162 Hunnen 286, 290, 292 f. Hypatia 198, 227 Hystaspes 85 Ibas, Bischof v. Edessa 234, 245 Ignatius, Bischof v. Antiochien 12, 25, 2-7 f-. 41» 47, 49» 5 1 , 3 ° 6 Ikonen, Ikonodulen, Ikonoklasten 214, 248, 257, 328-332 Indien 66, 105 Inkarnation s. Christologie Innozenz I., Papst 222, 270, 280, 282, 304 Iona 300 f. Irenaus, Bischof v. Lyon 18, 28, 42 bis 46. 55. 67, 69, 80, 85, 87-92, 94, 110, 117, 309 Isaak, Mönch 219 Isidor, Bischof v. Sevilla 198 Isis 20, 79, 195 Islam 248, 263 f. Jakob Baradaeus, Bischof v. Edessa 246 Jerusalem (Aelia) 1 5 - 1 7 , 78, 145, 149 f., 154, 215, 231 f., 238, 280 i. Johannes, Apostel 11 Johannesakten 322 Johannesapokalypse 23, 54, 73, 84, 128 Johannesevangelium 88, 95, 128, 200

373

Johannes, Bischof v. Jerusalem 329 Johannes Cassian 2 1 1 f., 230, 237 f., 297, 319 Johannes Chrysostomus 189 f., 197, 208, 2 1 1 , 216-225, i 9 I , 3 I 2 > 3 i 0 Johannes v. Damaskus 248, 332 Johannes, Märtyrer 195 Johannes, Patriarch v. Antiochien 231-234 Johannes Philoponus 199, 242 f. Jordanes 295 Josephus 6, 75 Jovian 166 Jovinian 204, 251 Juden, Judentum i - r o , 19, 31, 7 1 ff., 179, 196-198, 227, 302 f., 320, 327 f. Judenchristen 1 5 - 1 8 Julian, Bischof v. Eclanum 273 Julian, Bischof v. Halikarnaß 242 Julian, Kaiser 61, 144 f., 155, 165 f., 1 7 7 - 1 8 3 , 186, 192, 290, 329 Julius, Papst 156 f. Julius Africanus 1 1 5 , 1 3 1 , 327 Junius Bassus 176 Justin d. Märtyrer 18, 25, 29, 49, 71, 75 f., 78, 80-87, 94 f-. " I . ii3> 175. 306 Justin I., Kaiser 241 Justina 193 Justinian 126, 145, 198, 242, 244-246, 9, 2-95, 31 i f Juvenal, Patriarch v. Jerusalem 231 f., 238 Kallinikum 193, 197 Kallist, Bischof v. Rom 63, 96-98, 102, 188, 308 Kanon der Bibel 39-45, 88 f. Kanon Muratori 44 Kanones s. Kirchenrecht Karpokrates 35, 324

374

Register

Karwoche 303 f. Katakomben 59, 326 Katechumenen 30, 2.53 Katenen 200 f. Kerzen 189, 303, 3 1 3 Kirche, Lehre von der 15, 109 f., 1 3 3 f., 259 f. Kirchenjahr 302-304 Kirchenrecht 149 f., 158, 1 7 1 f., 279 Klemens v. Alexandrien 1 0 4 - 1 1 1 , 143. Mö, 175. 321 Klemens v. Rom 1 2 , 4 1 - 4 3 , 47, 49, 311 Komplet 319 Konkubinat 97, 253 Konstans 155 f. Konstantia 328 Konstantin d. Gr. 61, 77, 1 3 6 - 1 5 5 , 163, 175. 188, 1 9 1 f. Konstantin II. 155 f. Konstantinopel 144 f., 155, 162 f., 150, 156, 1 9 1 , 239 f. - , II. ökumen. Konzil 154 Quinisextum 223 - , V. ökumen. Konzil 245 - , VI. ökumen. Konzil 247 Konstantius I. 68, 1 3 7 Konstantius II. 1 5 1 , 1 5 5 - 1 6 5 , 176 bis 178, 250 Kontakion 324 Konzilien 279 f., 286 f. Kopten 246 Kornelius, Bischof v. Rom 50, 1 3 3 f. Kosmas Indikopleustes 243 Kriegsdienst 74, 1 0 1 , 265 Krönungsriten 192 Kuß 139, 189, 306 Kybele 20, 145 Kyrie eleison 3 1 5 Kyrill, Bischof v. Jerusalem 310, 3 1 2 , 336

Kyrill, Patriarch v. Alexandrien 182, 195, 226-234 Labarum 143 Laktanz 85, 143, 249 f. Langobarden 289, 298 Lateran 145 Laurentius, Gegenpapst 288 f. Lavabo 3 1 2 Leo d. Gr., Papst 102, 144, 1 9 1 , 236-240, 3x8 Leo III. d. Isaurier, Kaiser 3 3 1 Leonides 1 1 2 Leontius v. Byzanz 243 Libanius 1 8 1 - 1 8 3 , 1 8 6 , 2 1 7 , 225 Liberius, Papst 160, 162, 184 Libyen 128, 149, 239 Licinius 138, 147 Lindisfarne 301 Liturgie 30, 49, 3 0 2 - 3 1 8 Logos 84, 94-99, 128 f. Lucifer, Bischof v. Calaris 160, 167 Lucilla 139 Lukian v. Samosata 60 Lukrez 19 Luperkalien 288 Lyon 25 f., 67 Macedonius, Bischof v. Konstantinopel, Macedonianer 158, 166 f., 170, 172 Macrobius 200 Märtyrer, Märtyrerverehrung 2 1 - 2 9 , 57. 139, ¿04 f., 257-259, 318 Magnentius 156, 159, 1 7 6 Magnificat 320 Mailand, „Edikt" von 138 Maiuma 192 Majorinus, donatist. Bischof v. Karthago 139 f. Makarius 258

375

Register Mamaea 113 Mani, Manichäer 184, 195 f., 254, z66, z 8 j f. Marcellus, Bischof v. Ankyra 154,

Mönche, Mönchtum 198, z o z - z i 3 ,

136 f., 1 5 9 , 1 6 1 , 168 Marcia z6, 96 Marcian Z37, 287 Marcion, Marcioniten 38-40, 69, 84, 87 f., i z o Maria, Marienverehrung i z f . , Z51,

Monica Z53-Z5J, Z83

255> z 77i 231, 32-9-33I Marius Victorinus 164, z j o M a r k Aurel Z5, 28, 58, 67, 86, 130 Markus, Evangelist 69 Markusliturgie 317 Martin, Bischof v. Tours 196, z i z , 2-52 Martin I., Papst 247 Maxentius 14z Maximian 136 Maximin IZ4, 13z Maximinus Daia 137 f. Maximus, Kaiser 196 Maximus, Neuplatoniker 177 Maximus Confessor Z47 Meletius, Bischof v. Antiochien 167 f., 170 f. Melitius, Melitianer 140, 149, 153, 3zz Melito, Bischof v. Sardes 78, 93 Memnon, Bischof v. Ephesus Z31 f. Mensurius, Bischof v. Karthago 138 f. Messalianer zo8 Messe 314; s. auch Eucharistie Meßgewänder 189, 31z f. Methodius i z 6

255, 2.75

Monarchianismus 94-99, IZ3, 1Z7 bis 1Z9

Monophysiten Z34-Z48, 316 Monotheletismus Z46-248 Montanismus Z7, 54 f., 9z, 98 f., 101 f. Mysterienkulte zo, 79, 17s f. Natalis, Bischof v. Salona 190 Nektarius, Patriarch v. Konstantinopel 1 7 1 f., Z 1 7 f. Nero i z , z i Nestorius, Patriarch v. Konstantinopel, Nestorianer 191, ZZ7—233» 236 bis Z39 Neues Testament s. Bibel, Kanon Neupythagoreismus 107 Nicaea, I. ökumen. Konzil 49, 54, 140, 1 4 8 - i j o , 190, Z31, Z39, Z56, Z 7 1 , Z79 f. Nicaeno-Constantinopolitanum 17z, 2-77, 316 Nicaenum

148, 163, 168, 17z, Z32,

316

Nika-Aufstand 145, 244 f. Ninian 300 Nonnus zoo Novatian, Novatianer 99, 134, Z03 Odoaker Z93 Ölympias Z19, z z i Ophiten 36

Milvische Brücke, Schlacht an der 14z

Orcistus 19z

Minucius Felix 103

Orakel 85 f.

Mission 5z f., 64-71, Z44, z8z, Z91 f.

Orange, Konzil Z75

Mithras zo, 146

Orígenes, Origenismus 1 1 1 - 1 2 7 , 154,

Modalismus 95-99, 154, 167

Z05 f., z i o , Z 1 4 - Z 1 6 , Z50 f.

376

Register

Origenistische Streitigkeiten 209, 214 bis 220, 24s f., 251. 332Orosius 174, 264 Ossius s. Hosius Osterfest 53, 92 f., 149, 158-176, 300 f. Ostgoten s. Goten Pachomius 207 Palladas 198 Palladius, Bischof v. Helenopolis 222 Palladius, irischer Missionsbischof 300 Palmsonntag 304 Palut 65 Pan 86 Pantaenus 105 f. Papsttum 188, 278-289, 297 f. Parthenon 195 Passah 92 f., 302 f. Patriarchen 54, 149, 298 Patricius 253 Patrick 68, 300 Patripassianismus 96 Paulinus, Bischof v. Antiochien 167 f., 170-172 Paulinus v. Nola 252 Paulus, Apostel 6, 10, 12-15, 19, 32, 37) 39 f-> 4 6 f-> 62 f., 70, 73, 75, 92, 110, 145 f., 186 f., 203, 252, 326 Paulus, Bischof v. Konstantinopel 158 Paulus v. Samosata 128 f., 228 Pax Romana 24, 78 Pegasius, Bischof v. Troja 144 Pelagius, Pelagianismus 251, 266-271, 230-232, 300 Pelagius I., Papst 246 Peregrinus Proteus 60 Perpetua 100 Petrus, Apostel 11-13, 92, 134 f., 185 bis 188, 252, 278, 281, 286

Petrusapokalypse 44 Petrus I., Bischof v. Alexandrien 140 Petrus II., Bischof v. Alexandrien 171 Pharisäer 6, 9 Philippus Arabs 132 Philo v. Alexandrien 4, 6, 74 i., 117, 120, 204, 250, 320 Philocalus 176, 185 Philoponus s. Johannes Ph. Philostorgius 173, 182 Philoxenus, Bischof v. Hierapolis 241 f. Piaton, Piatonismus 33, 35 f., 80-83, 106, 110-113, 119, 125, 130, 206, 210, 255 Plinius d. Ä. 6, 115 Plinius d. J. 23-25 Plotin 125, 130 f., 250, 258 Plutarch 86, 105 Pneumatomachen 167, 170, 172 Polykarp, Bischof v. Smyrna 25, 28, 93 Pompeji 66, 326 Porphyrius 125, 131, 255, 295, 297 Praetextatus, Vettius Agorius 185 Praxeas 98 f., 102 Prädestination 37, 272-275 Präsanktifikatenliturgie 304 Predigt 217, 223, 254 f., 284 f. Priesterweihe 51 f., 260 Priscillian 196, 262 Proba 186 Proklus, Neuplatoniker 199, 242 Proklus, Patriarch v. Konstantinopel 2-34 Prokopius v. Caesarea 200 f. Prokopius v. Gaza 200, 244 Propheten, Prophetie 46-49, 54 f., 76 f., 225 Prosper v. Aquitanien 211, 236, 272, 2-74

377

Register Proterius, Patriarch v. Alexandrien

Scillium 29, 69, 100

240 Prudentius 252 Ptolemäus Philadelphia 4 Puldieria 229, 237 Pythagoräer 8

Secundus, Bischof v. Ptolemais 149 Seleukia, Konzil 162 Semipelagianer 275 Seneca j 8 , 220 Septimius Severus 100, 1 1 2 Septuaginta 4 f., 42, 1 1 3 - 1 1 6

Quartodezimaner 93 Quatemberfasten 285 Quicumque vult 276 f. Qumran 3, 7 f., 114, 204

Serapion, Bischof v. Antiochien 65 Serapion, Bischof v. T h m u i s 166, 310 Serdica, Konzil 150, 158 f., 271, 279 Severian, Bischof v. G a b a l a 219 Severin 296

Räubersynode v. Ephesus 236 f.

Severus Alexander s. Alexander Severus

Ravenna 293 f., 299, 330 f.

Severus, monophysit. Patriarch v. An-

Reichtum 109

tiochien 241

Rekapitulation 87 Reliquien 187, 252, 298, 329

Sibylle 85

Rimini, Konzil 67, 162

Sidonius Apollinaris 293

R o m 1 2 f., 21 f., 89, 92 f., 99, 128 f., 132, 139 f., 149 f., 156, 172,

184

bis 188, 241, 246 f., 264 f., 278-289, 313. 315, 317. 319. 316. 330 f. Romanos 324 Romulus Augustulus 293 Rufinus v. Aquileia 116, 121 f., 212, 215, 250 Rufinus, Präfekt 220

Silvester, Papst 148, 280 Simon M a g u s 36, 90 Siricius, Papst 196 Sixtus III., Papst 330 Sklaverei 7, 62 f., 145 f., 265 Sokrates 82 f., 206, 3 3 j Sonnenverehrung 8, 136 f., . 1 4 2 — 1 4 6 , 285 Sonntag 30, 146, 302, 306 f., 317 Stefan, Bischof v. R o m 135, 259, 279

Sabbath 7, 17, 31

Stoa, Stoizismus 58, 98, IOJ, 130

Sabellius 96

Stundengebet 318-320

Sabellianismus 96, 154, 167 f. Sadduzäer 6 Salbung 304 f. Sallustius 180 Salvian 61, 291

Subdiakone 60, 281 Sünde, Erbsünde, Todsünden 210, 267, 272 Sueton 16 Sulpicius Severus 212, 252, 297 Symeon Stylites 210

Satorquadrat 66

Symmachus, heidn. Aristokrat 193

Saturn 31, 146

Symmachus, Papst 288

Schlüsselgewalt JI f., 133, 281

Symmachus, Übersetzer des Alten T e -

Schriftauslegung s. Allegorese, Bibel, Typologie

staments 113 Synesios v. Kyrene 202 f., 227

37»

Register

Tacitus zi Tanz 32.2. Tatian 65, 86 Taufe 30, 57 f., 134 f., 174, 258-160, 2.67, 304—306 Taufaufschub 144 Tausendjähriges Reich s. Chiliasmus Te Deum 31J Telesphorus, Bischof v. Rom 25 Tertullian 26, 46, 55, 58, 70, 90, 98 bis 103, 110, 143, 249, 313 Themistius 198 Theoderich d. Gr. 241, 289, 294 f., 299 Theodor, Bischof v. Mopsuestia 225 bis 227, 234, 245, 267, 273, 312 Theodora 244 f., 313 Theodoret, Bischof v. Kyrrhos 182, 2-33-135, 2-45 Theodosius I. d. Gr. 170 f., 193—196, 198 Theodosius II. 228 f., 232, 234-237 Theodotion 113 Theonas v. Marmarike 148 f. Theopaschitischer Streit 243 f. Theophilus, Bischof v. Antiochien 86,

94

Theophilus, Patriarch v. Alexandrien 194 f., 215-220, 222, 226, 228, 280, 310 Theotokos s. Maria Therapeuten 204, 320 Thomasakten 66 Thomasevangelium 43 Timotheus, Patriarch v. Alexandrien 171, 215 Timotheus Aelurus, monophysit. Patriarch v. Alexandrien 240 Toledo, Konzil 254 Tradition 45 f. Trajan 23-25

Trinität s. Gott Trishagion 243 f. Turiner Leichentuch 329 Turkmenen 292 Tyconius 265 Typologie 76, 224 Tyrus, Konzil 153 Ulfila 173, 292 Ursacius, Bischof v. Singidunum 159 Ursinus, Gegenpapst 184 Valens, Bischof v. Mursa 159, 162 f. Valens, Kaiser 151, 166, 170 Valentin, Valentinianer 37 f., 40, 43, 69, 104, 106, 124 Valentinian I. 184 f., 196, 260 Valentinian II. 193 Valentinian III. 284 Valerian 129, 135, 187 Valerius, Bischof v. Hippo 100, 256 Vandalen 263 f., 290 f. Venantius Fortunatus 324 Verfolgung 21-29, 56 f., 60 f., 81 f., 132-141, 178 f., 205 f., 293 Vergil 85, 186 Victoria, Altar der 176, 193 Vigilantius 251 Vigilius, Papst 245 f. Viktor, Bischof v. Rom 92 t , 278 Vinzenz v. Lerins 273 Vivarium 295 f. Vulgata 70, 185 Wallfahrten 147, 152 f., 250 f., 328; s. auch Egeria Weihnachtsfest 143 f., 251, 303 Westgoten s. Goten Whitby, Konzil 301 Woche 146

Register Zeloten 7, 10, 19 Zeno 240, 294 Zephyrin, Bischof v. Rom 96 f. Zeus 143

Zoroastrismus 33, 195 Zosimus, Historiker 200 Zosimus, Papst 270 f., 284 Zungenreden 46 f.

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Wilter de Gruyter Berlin • N e w \ ö r k Sammlung Göschen

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Jesus 4. Auflage mit einem Nachtrag von Werner Georg Kümmel. 140 Seiten. 1966. DM 4,80 ISBN 3 11 006248 8 (Bd. 1130)

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