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German Pages 240 [242] Year 2011
Christopher Howgego Geld in der Antiken Welt
Christopher Howgego
Geld in der Antiken Welt Eine Einführung 2.Auflage
Englische Originalausgabe: »Ancient History from Coins« © Routledge, London 1995 Aus dem Englischen übertragen von Johannes und Margret K. Nollé
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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2., bibliographisch aktualisierte und mit einem neuen Vorwort der Übersetzer versehene Auflage © 2011 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Published by arrangement with Routledge, London Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: schreiberVIS Umschlaggestaltung: Finken&Bumiller, Stuttgart Umschlagmotiv: Schatzfund aus Köngen (Württembergisches Landesmuseum Stuttgart) Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-23940-5
Die Buchhandels-Ausgabe erscheint beim Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt/Mainz. Umschlaggestaltung: Ines von Ketelhodt, k und m design Umschlagmotiv: Münzen aus Privat-Sammlung. © Ines von Ketelhodt, Flörsheim am Main. www.zabern.de ISBN 978-3-8053-4322-0
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-71371-4 (für Mitglieder der WBG) eBook (epub): 978-3-534-71372-1 (für Mitglieder der WBG) eBook (PDF): 978-3-8053-4341-1 (Buchhandel) eBook (epub): 978-3-8053-4340-4 (Buchhandel)
Inhalt Vorwort der Übersetzer zur zweiten Auflage . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort des Autors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Geschichte des Münzgeldes . . . . . . Wie veränderte Münzgeld die Gesellschaft? Der Gebrauch von Münzgeld: Athen . . . Der Gebrauch von Münzgeld: Rom . . . .
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2. Das Prägen von Münzen . . . . . . . Woher kam das Metall? . . . . . . . . Was ist eine Münzstätte? . . . . . . . Wie umfangreich waren Emissionen? Weshalb wurden Münzen geprägt? . . Münzprägung und Staatsausgaben . .
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3. Großreiche . . . . . . . . . . . . Münzprägung und Imperialismus Athen . . . . . . . . . . . . . . . Persien . . . . . . . . . . . . . . Philipp II. und Alexander . . . . Seleukiden . . . . . . . . . . . . Ptolemäer . . . . . . . . . . . . . Attaliden . . . . . . . . . . . . . Rom . . . . . . . . . . . . . . . . Schlußfolgerungen . . . . . . . .
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45 45 51 53 55 59 60 62 65 68
4. Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Münztypen und Politik . . . . . . . . . . . . . . . Formen politischer Repräsentation: Griechenland Formen politischer Repräsentation: Rom . . . . . Typenwahl und Intentionen . . . . . . . . . . . . . Publikum und Rezeption . . . . . . . . . . . . . . Bildrepertoire und Sprache . . . . . . . . . . . . .
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VI
Inhalt
Themen der Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Göttlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Legitimation und Nachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . Das kaiserliche Bildrepertoire . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ideologie vom Wohltätigkeitscharakter der Herrschaft Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Geldumlauf . . . . . . . . . . . . . . . . Die Überlieferung und ihre Grenzen . . . . Gründe für die Wanderungen von Münzgeld Die archaische Zeit . . . . . . . . . . . . . . Die spätklassische und hellenistische Zeit . . Die römische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . Städtische und regionale Prägungen . . . . Ausfuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronologische Strukturen . . . . . . . . . Analyse nach einzelnen Typen . . . . . . . Dezentralisierte Münzproduktion . . . . . Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . .
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101 101 104 110 113 116 117 118 121 123 126 127
6. Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krisen in Athen und Rom . . . . . . . . . . . . . . . . . Währungen unter Druck (mit Ausnahme Roms) . . . . Gründe für Geldmanipulationen in der römischen Welt Gründe für Inflation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geldmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Münzverschlechterung . . . . . . . . . . . . . . . . . Geldreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Krise des 3. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Literaturnachträge
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Tafelverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Tafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Register
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Vorwort der Übersetzer zur zweiten Auflage Seit nunmehr zehn Jahren war Christopher Howgegos Buch ›Ancient History from Coins‹ in der von uns vorgelegten deutschen Übersetzung bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Darmstadt greifbar und hat von verschiedenen Seiten viel Zuspruch gefunden. In diesen zehn Jahren haben sich die kulturelle Landschaft Deutschlands im Allgemeinen und das Feld der Geisteswissenschaften im Speziellen stark verändert. Eine allgemeine geistige Orientierungslosigkeit, ein immer stärker spürbar werdender Mangel an präsentem Wissen und allgemeiner kultureller Kompetenz, ein zunehmend leichterer Zugriff auf eine Unmenge von Informationen, deren Qualität nicht leicht einzuschätzen ist, und schließlich die Tendenz, nicht mehr die Zeit und die Geduld für das Verstehen komplizierterer Zusammenhänge und umfänglicher Gedankengebäude aufwenden zu wollen, haben eine recht schwierige Lage geschaffen, die man durchaus als Symptome einer Krise der Geisteswissenschaften einschätzen kann. Übersetzer und Verlag sind der Meinung, dass die Skizze von Howgego gerade in dieser Situation akzeptable wie nützliche Antworten anbietet: Aus kaum einem anderen Buch, das der antiken Geldgeschichte gewidmet ist, lassen sich so schnell und zuverlässig grundlegende Fakten über Art, Funktion, Entwicklung, Bedeutung und Macht des antiken Geldes, das heißt über seine Geschichte gestaltende Funktion gewinnen; kaum einem anderen Buch dieser Art und dieses knappen Umfangs gelingt es, mit solch hoher methodischer Präzision komplexe Zusammenhänge auszuleuchten und verständlich darzulegen. Dennoch ist Christopher Howgego kein Freund simpler und monokausaler Interpretationen, sondern fordert das nachvollziehende Mitdenken seiner Leser heraus. Zudem hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die Münz- und Geldgeschichte eine der dynamischsten Disziplinen der Alten Geschichte ist. Laufend wird ihr Quellenbestand um bisher unbekannte Münztypen erweitert, aus denen neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Der Charakter der Numismatik als wichtige Grundwissenschaft der Alten Geschichte ist mittlerweile allgemein anerkannt. Somit ist dieses Buch eine geradezu unvermeidliche Anschaffung für den Studenten der Alten Geschichte, aber auch für den Sammler antiker Münzen, der den historischen Hintergrund seiner Stücke in Erfahrung bringen möchte. Der an antiker Geschichte allgemein interessierte Leser wird in diesem
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Vorwort der Übersetzer zur zweiten Auflage
Buch auf die spannende Darlegung vielfältiger Zusammenhänge stoßen, die ihm ganz neue Einsichten in die monetären Hintergründe der Ereignisgeschichte vermitteln. Insofern sind wir dem Verlag sehr dankbar, dass er sich zu einer Neuauflage dieses wichtigen Buches entschlossen hat. München im Januar 2011
Johannes und Margret Nollé
Vorwort des Autors Dieses Buch ist für Studenten und Lehrer der Alten Geschichte gedacht, die wissen möchten, auf welche Weise die Beschäftigung mit antiker Numismatik für sie von Interesse sein kann. Ein Ziel des Buches ist es zu zeigen, wie der Charakter, die Konzeptionen und das Verhalten von Münzprägung Einfluß auf zentrale Themen der Alten Geschichte haben. Darüber hinaus soll es darum gehen, die wichtigsten Ansätze numismatischer Forschung unter Rückgriff auf einige besonders überzeugende Beispiele vorzustellen. Außerdem hoffe ich, daß einzelne Kapitel als Deutungsversuche für diejenigen von einigem Nutzen sein können, die bereits Kenntnisse auf dem Gebiet der Numismatik besitzen. Das Buch umfaßt den Zeitraum von Beginn der Münzprägung, kurz vor oder nach 600 v.Chr., bis zur Herrschaft des Diokletian. Wo es angezeigt ist, reicht es noch weiter zurück, um die Geschichte des Geldes vor dem Entstehen der Münzprägung in die Untersuchung einzubeziehen, andererseits greift es auch noch weiter aus, nämlich bis in das 4. Jh. n. Chr., um den Kontrast zu früheren Vorgängen deutlich werden zu lassen. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Geld, einem bedeutungsträchtigen Phänomen der Geschichte, für das die Münzprägung natürlich eine Hauptquelle darstellt, obwohl schriftliche Zeugnisse, wenn sie existieren, wichtig sind, besonders dann, wenn es darum geht, den Gebrauch von Geld darzustellen. Das zweite Kapitel erörtert einige Aspekte der Münzherstellung, die grundlegend für unser Verständnis von Münzen als historischen Quellen sind. Die zentralen Kapitel gehen den Beziehungen zwischen Großreichen und lokalen Prägungen unter dem Aspekt des Imperialismus nach wie auch den Zusammenhängen von politischer Ikonographie und der Ideologie eines Staates. Die beiden letzten Kapitel behandeln in der Hauptsache ökonomische Aspekte. Eigentlich hatte ich die Absicht, eher über Handel als über Münzumlauf zu schreiben, aber es stellte sich immer mehr heraus, daß durch diesen Ansatz wichtige Fragen präjudiziert worden wären; der Radius von manchen Emissionen hätte eine radikale Einengung erfahren, während er unter dem Aspekt des Münzumlaufs erhellt werden kann. Das Schlußkapitel beschäftigt sich damit, was wir von Währungssystemen, die unter Druck gerieten, sowie über finanzielle und ökonomische Krisen erfahren können. Aus diesen Gründen ist der Aufbau thematisch, wobei das Hauptaugen-
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Vorwort des Autors
merk historischen Themen gilt. Ein kurzer Abriß der Geschichte des Münzgeldes findet sich in Kapitel 1, die numismatische Methodik tritt mit dem Fortgang des Buches zunehmend in Erscheinung, aber beides ist nicht der Hauptgegenstand der Abhandlung. Gute Einführungen zu diesen beiden Themen sind bereits vorhanden (für die Geschichte: Carradice und Price 1988; Kraay 1976; Mørkholm 1991; Crawford 1985; Burnett 1987; für die Methode: Crawford 1983a; Burnett 1991). Es wurde kein Versuch unternommen, historische Ereignisse oder andere Phänomene, die auf den Münzen – und manchmal nur auf den Münzen – wiedergegeben sind, katalogmäßig zu erfassen. Es mag wichtig sein, Münzen in einer rein dokumentarischen Weise zu benutzen, aber dies liegt zu sehr auf der Hand, als daß man dazu ein Buch bräuchte, das dies behandelt. Ich habe mich für den Titel „Ancient History from Coins“ (hier: „Geld in der Antiken Welt“) entschieden, weil das Buch eher historische Fragen behandelt, die sich aus der Existenz und dem Wesen der Münzprägung ergeben, als daß es zeigt, was Münzen im Gegensatz zu anderen Quellen vermitteln können. Münzen sind eine Quelle unter vielen, die zu unserem Wissen von der Vergangenheit beitragen, und keine Quelle kann – oder sollte überhaupt – isoliert betrachtet werden. Wenn einer meiner Leser das Gefühl gewinnt, der Titel sei deshalb unangemessen, weil sich das Buch eher mit der Verflechtung von Münzprägung und Geschichte als mit der eingleisigen Beeinflussung der Geschichte durch die Münzprägung beschäftigt, würde ich mich über diese Kritik außerordentlich freuen. Ebenso möchte ich mich bei jedem entschuldigen, der meinen Gebrauch des Begriffes „Ancient“ für ungerechtfertigt hält. Vieles von der Alten Welt wird hier nicht behandelt, andererseits geht die Verwendung des Wortes über die griechisch-römische Kultur und den Mittelmeerraum hinaus; jedenfalls konnte ich keinen passenderen Begriff finden. Es gibt eine in der Natur der Sache liegende Tendenz der Numismatik, zu einer Spezialdisziplin zu werden, weil sie eine spezifische und beachtliche Menge an Material und Methoden besitzt und weil diejenigen, die sich mit ihr beschäftigen, in der Mehrzahl eher in Museen als an Universitäten arbeiten. Wenn dieses Buch in irgendeiner Weise dazu beiträgt, diese nicht wünschenswerte akademische Aufsplitterung zu verhindern, wird es sich durchaus gelohnt haben, es zu schreiben.
1. Geld Zur Geschichte des Münzgeldes Eine Münze ist ein aus Metall gefertigtes Geldstück, das sich nach einem Standard richtet und eine bildliche Gestaltung aufweist. Dieses Buch behandelt die griechische Tradition der Münzprägung, die sich im Altertum bis nach Indien und Britannien ausbreitete. Die frühesten indischen Prägungen aus der Mitte des 4. Jhs. v. Chr. verdanken möglicherweise einiges griechischen Anregungen, die über Persien vermittelt wurden; in jedem Fall aber war die indische Münzprägung des 3. Jhs. v. Chr., und daran kann kein Zweifel sein, von der griechischen Tradition beeinflußt (Cribb 1983). Die chinesische Münzprägung, die nur etwa ein Jahrhundert nach der griechischen eingeführt wurde, war eine völlig eigenständige Entwicklung und wird daher hier nicht berücksichtigt. Mit welcher Berechtigung kann man aber die Tradition der Münzprägung ‚griechisch‘ nennen, wenn es gute Gründe für die Annahme gibt, daß Münzen zuerst im Königreich Lydien geprägt wurden? Daß die Anfänge der Münzprägung in Lydien liegen, sollte man nicht für erwiesen halten. Auf die Tatsache, daß unser frühestes schriftliches Zeugnis – ein Autor des 6. Jhs. v. Chr. (Xenophanes), der in einem Sammelwerk des 2. Jhs. n. Chr. zitiert wird – behauptet, das Prägen von Münzen sei eine lydische Erfindung gewesen (Pollux IX 83), kann kein großes Gewicht gelegt werden. Selbst wenn das Zitat echt ist, muß die Behauptung nicht wahr sein (vgl. Kraay 1976: 313). Die Vermutung, die Münzprägung habe in Lydien ihren Anfang genommen, stützt sich auf das Übergewicht lydischer Münzen im frühesten datierbaren archäologischen Kontext für Münzgeld überhaupt, ferner auf die Überlegung, daß Lydien natürliche Vorkommen von Elektron besaß, einer natürlichen Legierung von Gold und Silber, aus der die ersten Münzen gefertigt wurden (Herodot I 93; V 101). Andererseits ist es vielleicht einer nachdrücklichen Betonung wert, daß sich der früheste archäologische Kontext für Elektrongeld in der griechischen Stadt Ephesos gefunden hat. Münzprägung ist jedoch unbestreitbar eine griechische Erscheinung, wo auch immer die ersten Münzen geschlagen wurden. Das wichtigste Argument dafür ist, daß sie sich äußerst schnell über die gesamte griechische Welt ausbreitete, aber anderswo nur langsam Wurzeln schlug. Innerhalb
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Geld
des persischen Reiches wurden im 6. Jh. v. Chr. nur in den hellenisierten Gebieten (westliches Kleinasien, Zypern, Kyrene) Münzen produziert. Die Phönizier prägten bis zur Mitte des 5. Jhs. keine Münzen. Die Karthager produzierten ihre ersten Münzen auf Sizilien in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. Die etruskische Münzprägung nimmt nur im 3. Jh. einen größeren Umfang an, obwohl es auch im 5. und 4. Jh. ein paar Emissionen gegeben hat. Das andere Argument für den griechischen Charakter der Münzprägung ist, daß Lydien trotz seiner politischen Macht unter deutlich griechischem Einfluß stand (Boardman 1980: 97). Die lydische Kunst war ganz und gar von ostgriechischen Stilrichtungen durchdrungen, und die lydische Hauptstadt Sardes besaß sogar eine agora (Herodot V 101; was den Archäologen wundert: Hanfmann 1983: 34, 69, 72–3). Es wäre allerdings gefährlich, dem zuviel Bedeutung beizumessen. Letzten Endes erfolgte die Umgestaltung von Sardes in eine griechische polis, sowohl unter dem Aspekt ihrer äußeren Gestaltung als auch unter dem Gesichtspunkt staatlicher Institutionen, nicht vor dem 3. Jh. v. Chr. (Sherwin-White und Kuhrt 1993: 181; Hanfmann 1983: 109–38). Die Behauptung, daß die Münzprägung eine rein ‚griechische‘ Erfindung gewesen sei, läßt den möglicherweise wichtigen Gesichtspunkt außer acht, daß sie sich dort entwickelte, wo lydische und griechische Kultur sich gegenseitig beeinflußten. Dennoch wurde die Münzprägung bald ein griechisches Phänomen. Der griechische oder wenigstens hellenisierte Kontext der frühesten Prägungen ist wichtig, um die historische Bedeutung der Einführung und Verbreitung von Münzprägung zu verstehen (siehe S. 15–7). Erneute Ausgrabungen am Tempel der Artemis von Ephesos haben die älteren Schlußfolgerungen über die Chronologie der frühesten Münzen unsicher gemacht, die auf der Abfolge der Bebauung an diesem Ort beruhten (Bammer 1990; 1991). Heute können wir nur festhalten, daß der früheste zeitliche Kontext für die Elektronprägung unterhalb des Tempels von ca. 560 v.Chr. liegt, an dessen Bau der lydische König Kroisos beteiligt war. Kunsthistorische Argumente und die Datierung des Gefäßes, in dem einige der Münzen gefunden wurden (ca. 650–625 v. Chr.), dienten dazu, das Datum für den Beginn der Münzprägung weit in das 7. Jh. zurückzuverlegen, aber entscheidend können sie nicht sein (Weidauer 1975; Williams 1991–3). Der Stil der Münzen mag konservativ erscheinen, der Vergleich zwischen großen Gefäßen und winzigen Münzen ist problematisch, und eine unbeholfene handwerkliche Ausführung kann leicht als Archaismus mißdeutet werden. Ein altes Gefäß mag jüngere Münzen bergen. Angesichts des Mangels an beweiskräftigen neuen Zeugnissen ist es besser, den gesicherten Terminus ante quem ca. 560 v.Chr. hervorzuheben und zu-
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zugeben, daß wir nicht genau wissen, um wieviel früher die Münzprägung begann. Die Münzen, die unter dem Artemision von 560 v. Chr. lagen, waren Elektronklumpen, die einem Gewichtsstandard unterlagen, einige ungekennzeichnet, einige mit richtigen Punzmarken, andere mit Riffelungen auf einer Seite und Punzmarken auf der anderen [3], und wieder andere mit richtigen Bildern und Punzmarken. Der Versuchung, daraus eine sich entwickelnde Abfolge zu konstruieren, sollte man nicht nachgeben (Price 1983). Alle stehen in demselben archäologischen Kontext, und ein Elektronklümpchen ohne jedes weitere Kennzeichen wurde mit derselben Punze gestempelt wie eine Münze, die auf der Gegenseite die Darstellung eines Löwenkopfes trägt (Karwiese 1991: 10). Wir wissen nichts über die Funktion der frühesten Münzprägung. Theorien, daß die Münzen zuerst dazu benutzt wurden, um Söldner zu bezahlen, oder daß sie in einem weiteren Umfang für normierte Zahlungen durch und an den Staat dienten, sind mit dem Charakter und dem Erscheinungsbild der Münzprägung in Einklang zu bringen (Cook 1958; Kraay 1976: 317–28). Die literarische Überlieferung wie auch die anderen schriftlichen Zeugnisse sind jedoch völlig unzureichend, um uns eine Entscheidung zwischen den konkurrierenden Hypothesen zu erlauben. Wir wissen auch bemerkenswert wenig über die Autoritäten, die hinter den Emissionen der frühesten Elektronprägungen standen. Der geläufigste Münztyp aus dem Artemision stellt einen Löwenkopf dar – die kleinsten Nominale zeigen eine Löwenpranke – und trägt manchmal eine Legende [4–5]. Eine zweite Legende ist von einer verwandten Emission bekannt, die nicht im Artemision gefunden wurde [6]. Alle diese Münzen wurden aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten, ihrer weiten Verbreitung – 45 wurden in der phrygischen Hauptstadt Gordion gefunden – und der nichtgriechischen Legenden für lydisch gehalten. Es wurde allgemein angenommen, daß die Legenden, die als VAVEL und RKALIL transkribiert werden, die Namen von Individuen wiedergeben, aber sie könnten sich ebenso auf die Münzstätte beziehen (Carruba 1991). Eine verwandte Emission zeigt antithetische Eberköpfe und eine Legende (Bammer 1991: 67). Einige andere Typen wurden mit griechischen Städten in Verbindung gebracht; das überzeugendste Beispiel ist die Zuweisung von Münzen mit einer Robbe nach Phokaia, wo die Robbe (griechisch phoke) zu einem festen Bestandteil des Typenschatzes wurde [2]. Einige Gelehrte waren davon überzeugt, daß die frühesten Münzen eher von Privatpersonen als von Staaten – seien es nun Königreiche oder Städte – hergestellt wurden, zum Teil wegen der großen Verschiedenheit der Typen (z. B. Furtwängler 1986; Price 1983). Dieselbe Schlußfolgerung
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wurde früher aus dem gleichen Grund für die früheste (Silber-)Münzprägung von Athen gezogen [z. B. 19]. Diese Ansicht kann nicht widerlegt werden, aber es gibt in der gesamten Antike keinen einzigen sicheren Beleg dafür, daß Münzen von Privatpersonen produziert wurden. Es gab Zeiten, in denen Staaten Münzen für einzelne Personen prägten (siehe S. 38–40), aber das ist etwas völlig anderes. Darüber hinaus ist es leicht, Beispiele späterer staatlicher Münzprägung mit einer Vielzahl von Typen zu finden (Furtwängler 1982). Bei dem frühen Elektrongeld vermittelt die große Anzahl von Typen den falschen Eindruck, daß es auch eine große Anzahl von Münzstätten gegeben habe. In einer Vielzahl von Fällen weisen verschiedene Typen dieselben Rückseiten-Punzierungen auf, woraus geschlossen werden kann, daß sie aller Wahrscheinlichkeit nach an demselben Ort hergestellt wurden (Weidauer 1975). Der berühmte Typ, der anscheinend die Legende „Ich bin das Wappen des Phanes“ trägt, verleiht der These, daß einige Prägungen privater Natur waren, eine gewisse Plausibilität [1]. Jedoch wurde die Interpretation der Legende in Frage gestellt (Kastner 1986), und selbst wenn Phanes ein Personenname ist, wissen wir nicht, wer dieser Phanes war. War er vielleicht ein Tyrann, eine andere Art von Herrscher oder eine Person, die für staatliche Münzprägung verantwortlich war? (Furtwängler 1982: 23–4). Man kann argumentieren, daß es unzulässig ist, aus dem Fehlen späterer Beispiele für private Prägungen zu schließen, daß die frühesten Prägungen nicht privater Natur waren. Die frühesten Münzen könnten prinzipiell verschiedener Art gewesen sein. Dennoch scheint die Ausbreitung der Münzprägung im Zusammenhang mit der Entwicklung der polis als Staatsgebilde sinnvoll zu sein (siehe S. 15–7), und so liegt die Beweislast bei denen, die behaupten, die ersten Münzprägungen seien von Privatpersonen initiiert worden. Elektronmünzen wurden in Lydien von Gold- und Silbermünzen abgelöst, wahrscheinlich unter Kroisos (ca. 561–547 v. Chr.), möglicherweise aber erst unter den Persern (seit 547 v. Chr.) (Carradice 1987 a) [27–28]. Die Perser setzten die Produktion von Gold- und Silbermünzen bis in die Zeit Alexanders fort [29–30], aber die meisten griechischen Städte wandten sich ausschließlich der Silberprägung zu. Es wurde manchmal behauptet, daß die Elektronprägung eingestellt wurde, weil die natürliche Legierung unterschiedliche Anteile von Gold und Silber enthielt und deshalb der Wert einer jeden Münze unsicher war. Diese Erklärung dürfte nicht richtig sein, da Analysen jetzt gezeigt haben, daß die Legierung einiger lydischer Elektronmünzen einer Kontrolle unterlag (Cowell und andere, 1998). Daher mag es von Bedeutung sein, daß es in Sardes in der Zeit zwischen 620 und 550 v. Chr. archäologische Zeugnisse für die Scheidung
Zur Geschichte des Münzgeldes
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von Gold und Silber gibt (Hanfmann 1983: 34–41; Waldbaum 1983: 6–7). Größere Elektronemissionen mit kontrollierter Zusammensetzung wurden in Kyzikos [32], Mytilene und Phokaia bis in das 4. Jh. v. Chr. produziert. Außerhalb des westlichen Kleinasiens ist die Chronologie der Ausbreitung von Münzprägung sehr unsicher. Für das 6. Jh. gibt es nur einen datierbaren archäologischen Fundzusammenhang, nämlich die Gründungsdeposite unter der Apadana von Persepolis.1 Hinzu kommen noch die beiden logischen Annahmen, daß der größte Teil der ansehnlichen Prägung von Sybaris in Süditalien vor der Zerstörung der Stadt im Jahr 510 v. Chr. [12] produziert wurde und daß die Münzen einiger später Kolonien erst nach Gründung dieser Städte (z. B. Abdera 544 v. Chr. und Velia 535 v. Chr.) geprägt wurden [25; 11]. Vielleicht gibt es keine weiteren sicheren Eckdaten für die zeitliche Einordnung der Münzprägung im 6. Jh. Archäologische Fixpunkte – häufiger spricht man von termini ante quos – nehmen vom frühen 5. Jh. an zu. Sorgfältige Analysen von Schatzfunden, die Münzen verschiedener Prägestätten enthalten, erlauben es, chronologische Feststellungen zu der Münzprägung einer einzelnen Stadt auf Münzen auszudehnen, die anderswo geprägt wurden. So haben wir begründete Vorstellungen von dem Niveau, das viele Münzprägungen im Verlauf des frühen 5. Jhs. erreichten. Man hat versucht, die Zeiträume, die zur Erreichung dieses Niveaus nötig waren, abzuschätzen, und diese Schätzungen dann dazu benutzt, um den Beginn der verschiedenen Münzprägungen zu bestimmen. Dabei handelt es sich um bloße Mutmaßungen, und eine ungesicherte Genauigkeit stellt für den Gegenstand eine große Gefahr dar. Ein derartiger Agnostizismus sollte uns aber nicht von einer wichtigen Perspektive abhalten. Argumente ex silentio, d. h. aufgrund des Fehlens von Zeugnissen, sind immer gefährlich; dennoch ist die Spärlichkeit früher archäologischer Fundzusammenhänge, in denen Münzen vorkommen, auffällig. Neue Zeugnisse könnten Überraschungen bringen, aber im Moment gibt es wenig Veranlassung, sieht man von späteren literarischen Erwähnungen ab, den Beginn der Silberprägungen weit vor die Mitte des 6. Jhs. v. Chr. zu rücken. Das aber bedeutet, daß die Ausbreitung der Münzprägung in der ganzen griechischen Welt äußerst rasch vor sich ging. Um 500 1 Sogar hier wurden numismatische Argumente dazu verwendet, um die Deposite von ca. 515 v. Chr. in das frühe 5. Jh. herabzudatieren (Stronach 1985). Aber die Chronologie der zypriotischen Münzprägung, die die Grundlage für das sich stellende numismatische Problem bildet, bedarf selbst einer Revision, und so kann die frühe Datierung beibehalten werden (Kagan 1994). Auf der anderen Seite sind die epigraphischen Zeugnisse für das Gebäude ohne Beweiskraft (Briant 1989: 324–5).
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v.Chr. gab es im griechischen Mutterland, in Italien, auf Sizilien und in den hellenisierten Gebieten des Perserreiches, die Kyrenaika eingeschlossen (Abb.1), festetablierte Münzprägung. In einigen wenigen Fällen gestattet es die Auswanderung von Ostgriechen unter persischem Druck, den Ausbreitungsprozeß der Münzprägung zu verfolgen. Abdera, ca. 544 v.Chr. von Teos gegründet, übernahm denselben Münztyp wie seine Mutterstadt, aber unterschied seine Prägungen dadurch, daß es den Greifen in die entgegengesetzte Richtung blickend darstellte [25, vgl. 9]. Velia wurde ca. 535 v. Chr. von Flüchtlingen aus Phokaia gegründet; es übernahm einen Prägestil, der im Mutterland üblich war und sich beträchtlich von den incusen Münzen der anderen griechischen Städte Süditaliens unterschied [11]. Samier, die nach dem Ionischen Aufstand nach Zankle auf Sizilien flohen, prägten Münzen mit dem Löwenskalp von der Herastatue auf Samos und mit einer samischen Triere auf der Gegenseite [13]. Die ostgriechische Auswanderung, ferner Verbindungen zwischen Mutterstadt und Kolonie und schließlich der Handel lieferten alle zusammen Mechanismen für die Ausbreitung der Münzprägung, aber die Geschwindigkeit dieser Ausbreitung läßt sich besser mit den ökonomischen, politischen und sozialen Veränderungen der griechischen polis erklären, die die griechische Welt reif für das Münzgeld machte (siehe S.15–7). Bei Überlegungen zur Funktion der frühen griechischen Münzprägung muß bedacht werden, in welchem Umfang Teilstücke vorhanden waren. Man hat behauptet, daß wegen der äußerst geringen Versorgung mit kleinen Nominalen in beinahe fast jedem Staat die Münzprägung kaum dafür geeignet war, Geschäfte des Alltags abzuwickeln (Kraay 1964). Diese Beobachtung läßt jedoch die Tatsache außer acht, daß einerseits der Warenaustausch selbst einen Entwicklungsprozeß durchmachte, als die Münzprägung eingeführt wurde (siehe S. 18–9), und daß andererseits die materielle Grundlage dieser Behauptung sich verschoben hat: Metalldetektoren und größere Aufmerksamkeit der Wissenschaftler haben unsere Schätzungen über den Umfang von Teilstücken nach oben hin korrigiert. Kraay hat richtig beobachtet, daß der hohe Wert des Elektrons bedeutet, daß selbst die kleinste Elektronmünze noch so viel wert war wie ein Tageslohn. Er wollte dabei aber keine Aussage über die Existenz von Lohnarbeit während des 6. Jhs. v. Chr. im westlichen Kleinasien treffen. Schließlich gibt es noch einen anderen Aspekt. Das kleinste Elektronnominal, 1/96 eines Staters, wiegt ca. 0,15 g [7]. Das kleinste bisher bekanntgewordene attische Silberteilstück macht 1/16 eines Obols aus und wiegt um die 0,044 g (Pászthory 1979). Münzen wurden demnach in
karisch lykisch
Lydien/Persien
zypriotisch
Abb. 1: Vermutliche Ausbreitung der Münzprägung bis 500 v. Chr.; einige Zuschreibungen sind unsicher, und die Chronologie ist oft zweifelhaft (Karte mit freundlicher Genehmigung von Henry Kim).
thrakisch-makedonisch
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einigen Zusammenhängen so klein wie möglich gemacht – obwohl es kaum vorstellbar ist, wie man so winzige Münzen tatsächlich handhaben konnte. Daß der Ausstoß von Teilstücken in der archaischen Periode beträchtlich gewesen sein könnte, mag an einem Beispiel dargestellt werden. Ein Schatzfund des 6. Jhs. aus dem westlichen Kleinasien enthielt 906 Silbermünzen desselben Typs in drei Nominalstufen (CH I, 3; Kim 1994) [8]. Die zwei kleinsten Nominale wogen im Durchschnitt 0,43 g und ca. 0,21g und wurden unter Verwendung von beinahe 400 bekannt gewordenen Vorderseitenstempeln geprägt. Das läßt eine ursprüngliche Produktion von wenigstens mehreren Millionen Münzen vermuten, und noch viel höhere Zahlen sind möglich. Das ist – ganz gleich, welchen Maßstab man anlegt – eine große Emission. Ionien war ein Gebiet, das sich einer relativ guten Versorgung mit Silberteilstücken erfreute und in dieser Hinsicht die Traditionen der Elektronprägungen fortsetzte. Ein einziges Beispiel ist allerdings kein Ersatz für eine dringend benötigte Untersuchung über das Vorkommen von Teilstücken in der gesamten griechischen Welt (vgl. Kim 1994). Immerhin reicht dieses Beispiel aus, um deutlich zu machen, daß eine beachtliche Versorgung mit Teilstücken nicht erst aufgrund der Art jener weitverbreiteten Staatszahlungen, wie sie in der athenischen Demokratie faßbar sind, vermutet werden muß (vgl. S.21–2). Demnach scheint es jetzt so zu sein, daß die Menge von Teilstücken im späten 6. und 5. Jh. größer war, als man noch einige Jahrzehnte vorher gedacht hatte. Es wäre aber falsch, den Eindruck zu erwecken, daß eine gute Versorgung mit Teilstücken überall in der griechischen Welt gewährleistet war. Die Entwicklung von Kreditgeld aus unedlem Metall für die kleineren Nominale ist und bleibt eine wichtige Wasserscheide. Der geringe Wert unedlen Metalls – gewöhnlich handelt es sich um Bronze – bewirkte, daß selbst kleine Nominale groß genug waren, um sie ohne übermäßige Schwierigkeiten handhaben zu können. Im nördlichen Etrurien gab es eine Tradition, unedles Metall nach Gewicht als eine Art Geld zu verwenden; nach den archäologischen Zeugnissen reicht sie mindestens bis in das 6. Jh. v. Chr. zurück. Diese Tradition wurde von den Römern in einer modifizierten Form bis zum Zweiten Punischen Krieg fortgesetzt (siehe S. 128–9). Anderswo diente Bronze von Beginn an als Material für Kreditgeld (Price 1968; Picard 1989). Dies mag eine Erklärung für den Widerstand gegen seine Einführung abgeben, worüber wir eine Nachricht für das Athen des 5. Jhs. v. Chr. haben (Athenaios XV 669 D). Auf Widerstand lassen auch die Strafen in einem Gesetz aus Gortyn aus der Mitte oder der zweiten Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. über die Einführung von Bronzemünzen (Syll.3 525; Austin 1981: 185–6, Nr.105) schließen.
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Athen nahm eine reguläre Bronzeprägung erst im dritten Viertel des 4. Jhs. v. Chr. auf (Kroll 1979) [24]. Was das übrige griechische Festland angeht, so zeigt die Münzprägung Archelaos’ I. von Makedonien, daß Bronzegeld am Ende des 5. Jhs. v. eingeführt worden war. Aus den Ausgrabungen von Olynth – es wurde 348 v. Chr. zerstört – ergibt sich, daß Bronzegeld um die Mitte des 4. Jhs. v.Chr. bereits ein weit verbreitetes Phänomen war. Einige Städte Süditaliens und Siziliens begannen früher mit der Produktion von Bronzemünzen. Zumindest die Prägungen von Thurion und Akragas setzten noch vor 425 v. Chr. ein (Price 1968; 1979 b). Eine eigenständige Entwicklung von Geld aus unedlen Metallen in Form von Pfeilspitzen über Radgeld und Delphinen hin zu runden Münzen fand in der nördlichen und westlichen Schwarzmeerregion zwischen der Mitte des 6. und der Mitte des 4. Jhs. v.Chr. statt (Stancomb 1993). Wenn wir auf das andere Ende der Nominalskala zu sprechen kommen, so wurden die persischen Golddareiken [30], das Gold von Lampsakos und das kyzikenische Elektron [32] als ‚internationale‘ Währungen bis in die Zeit Alexanders des Großen gebraucht. Tatsächlich scheint Elektron das Standardgeld im Schwarzmeerraum geworden zu sein. Eine internationale Rolle wurde von den im Namen Philipps II. von Makedonien produzierten Goldmünzen übernommen [43]. Die Rolle des makedonischen Goldes wurde unter Alexander dem Großen erheblich erweitert, der Gold überall in seinem Reich, im Osten bis nach Susa, prägen ließ [44]. Unter seinem Namen wurden umfängliche Goldprägungen kontinuierlich bis ca. 280 v.Chr. emittiert; später waren sie auf den Schwarzmeerbereich und das westliche Kleinasien beschränkt und hörten schließlich um 200 v.Chr. ganz auf (Price 1991 a). Einige Diadochenkönige gaben Goldmünzen in ihrem eigenen Namen aus, allerdings gewinnt man den Eindruck, daß nur die Serien der Ptolemäer die einzige substantielle königliche Goldprägung waren, und sogar sie hatte ab ca. 180 v. Chr. einen geringeren Umfang [78– 79]. Im Westen prägte Karthago Goldmünzen vom frühen 4. Jh. bis zur Zerstörung der Stadt im Jahr 146 v. Chr. [81]. Im Laufe der Zeit wurde diese Prägung deutlich mit Silber verschlechtert (siehe S.130–1). Welcher Art die Rolle der größeren Gold- und Elektronemissionen war, ist unklar. Sie zirkulierten großräumig, und einige wurden für zwischenstaatliche Zahlungen benutzt. Es wäre interessant, zu wissen, in welchem Umfang solche Prägungen auch im internen Geldverkehr jener Städte verwendet wurden, die selbst keine oder nur sehr wenige Goldoder Elektronmünzen prägten. Es lohnt sich auch, danach zu fragen, warum städtische Gold- oder Elektronprägungen so selten sind. Es gab zwar einige größere Emissionen, die sich über einen mäßigen Zeitraum erstreckten. Die Elektronmünzen
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von Kyzikos, Mytilene und Phokaia wurden schon erwähnt, und man kann dazu noch das Gold von Lampsakos und Syrakus im 4. Jh. und die Goldprägungen von Ephesos und Rhodos in der späthellenistischen Periode anführen. Die meisten anderen Emissionen waren aber Ausnahmen und können häufig mit Notsituationen in Verbindung gebracht werden (siehe S. 130–1). Wir wissen, daß sowohl Athen als auch Rom Gold für Katastrophenfälle horteten, auf der Akropolis bzw. im aerarium sanctius. Es bleibt ungeklärt, warum es nicht mehr reguläre Goldprägungen gab. Kluge Voraussicht (d. h. Gold für Notfälle aufzusparen), anderweitige Verwendung (Kultobjekte etc.) und der hohe Wert des Goldes – es entstanden unbequem hochwertige Münzen – mögen eine Rolle gespielt haben. Der Zugang zu Minen bildete sicherlich den Hintergrund für die meisten der größeren Serien, aber Gold war unzweifelhaft in weiterem Umfang verfügbar, als es die Münzproduktion nahelegt. Existierte vielleicht ein Tabu, das die generelle Verwendung von Gold zur Münzprägung unterband und nur in absoluten Ausnahmefällen zuließ? Die Eroberungen Alexanders des Großen waren wichtig für die Verbreitung neuer Typen von Münzgeld wie auch von Goldmünzen. Vor Alexander hatte der westliche Teil des persischen Reiches den Zufluß von griechischem Silber erlebt (siehe S. 110–2). In den hellenisierten Gebieten wurden seit dem 6. Jh. Münzen geprägt, und im 4. Jh. v. Chr. produzierte man von Ägypten bis Babylon Imitationen der athenischen Eulen (Nicolet-Pierre 1986; Price 1993) [38–39]. In Ägypten gab es vor Alexander sogar eine unbedeutende Bronzeprägung (Price 1981). Importiertes Silber mag wie Barrenmetall behandelt worden sein, aber die lokale Produktion, besonders die von Bronze, läßt auf eine Art von Münzgebrauch schließen. Die Gepflogenheit, gewogenes Silber als Mittel für den Warentausch zu verwenden, war vermutlich weit verbreitet, was sich beispielsweise aus den Schatzhaustäfelchen von 467/6 aus Persepolis ersehen läßt (Hallock 1960). Der Gebrauch von Münzen in Gebieten abseits des Mittelmeerraumes dürfte jedoch in der Zeit vor Alexander minimal gewesen sein. Die bedeutenden wie auch komplexen babylonischen Handelsdokumente der Nachkommen des Egibi (690–480 v. Chr.) in Babylonien und die des Murashu aus dem 5. Jh. v.Chr. bezeichnen Silber als das wichtigste Tauschmittel, lassen aber nicht die geringste Spur von Münzgeld sichtbar werden (Bogaert 1966: 125). Auf der anderen Seite beginnen aramäische Urkunden von Elephantine im südlichen Ägypten im letzten Jahrzehnt des 5. Jhs. v. Chr. damit, griechische Münzen zu erwähnen, und unterscheiden sie von abgewogenem Silber (Naster 1970). Unter Alexander wurden Gold und Silber in allen Nominalen bis herab zu einem Obol in Babylon und Susa geprägt [44]. Obwohl der genaue Zu-
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sammenhang unklar bleibt, kommt man doch nicht umhin, ein astronomisches Tagebuch aus Babylon zu erwähnen, das unter dem Jahr 274/3 v.Chr. verzeichnet, wie in Babylon und den (anderen) Städten Einkäufe mit Hilfe ionischer Kupfermünzen getätigt wurden (Sachs und Hunger 1988: 345, Nr.–273, 33’). Bronzegeld wurde in Susa und Ekbatana vor dem Ende des 3. Jhs. v. Chr. geprägt, und die Seleukiden produzierten um ca. 285 v. Chr. Münzen in Baktra. Nachdem die seleukidische Oberhoheit schrittweise abgebaut worden war, setzte bald nach der Mitte des 3. Jhs. v. Chr. eine unabhängige königliche Münzprägung in Baktrien ein [75]. Um das Jahr 200 v. Chr. initiierte ein baktrisch-griechischer König im westlichen Indien eine griechische Münzprägung, die bis in das frühe 1. Jh. n. Chr. fortdauerte. Die griechische Tradition der Münzprägung wurde auch von den Herrschern Kushans im nördlichen Zentralindien und Afghanistan, weiter westlich von den Parthern und später von den Sassaniden aufgegriffen. Im Norden der hellenischen Welt führte der Zufluß griechischen Geldes über die Bezahlung von Söldnern und andere Maßnahmen seit dem Beginn des 3. Jhs. v. Chr. zu einer imitierenden Münzprägung. Diese sogenannten Keltischen Prägungen verbreiteten sich von der Donau bis nach Britannien (Nash 1987). Die Prägung der Makedonen lieferte die bei weitem einflußreichsten Prototypen, wobei besonders die Silbermünzen Philipps II. und Alexanders in der Donauregion kopiert wurden [49], während die Goldmünzen das anregendste Modell für Zentral- und Westeuropa darstellten. Gallo-belgische Münzen erreichten Britannien vermutlich schon im 3. Jh. v. Chr., in größeren Mengen aber nicht vor ca. 150–100 v. Chr. Die Produktion von Potin-Münzen – aus gegossener Bronze – begann in Britannien ca. 120–80 v. Chr., und Gold wurde zumindest während der sechziger Jahre des 1. Jhs. v. Chr. geprägt. Vom letzten Drittel dieses Jahrhunderts bis zur römischen Invasion im Jahre 43 n. Chr. gab es in Britannien zunehmend romanisiertere Prägungen aus verschlechtertem Gold, Silber und Bronze (Haselgrove 1993) [150–152]. Rom selbst hatte unter griechischem Einfluß das Prägen von Münzen am Ende des 4. Jhs. v. Chr. übernommen. Ursprünglich war Rom sowohl dem alten etruskischen Brauch gefolgt, gegossene Bronze nach Gewicht zu verwenden, als auch der griechischen Tradition, Silber und bronzene Scheidemünzen in Umlauf zu setzen. Schnell verschmolzen die beiden Traditionen miteinander, allerdings wurde die gegossene Bronze (inzwischen in Form runder Münzen) im Laufe des Zweiten Punischen Krieges abgeschafft [84]. In demselben Krieg ergänzten einige Goldemissionen die Silber- und Bronzeprägungen [88–89], aber danach wurde bis in die Zeit von Sulla
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überhaupt kein Gold mehr geprägt, und bis zum Jahr 46 v. Chr. gab es keine nennenswerten Emissionen von Goldmünzen [104]. Die Gründe dafür bleiben ein Rätsel, insbesondere weil wir wissen, daß Gold als Kriegsbeute reichlich nach Rom floß. Vor einer ähnlichen Frage stehen wir auch in vielen Bereichen der griechischen Numismatik (siehe S.9–10). Die Schaffung einer regulären Goldprägung seit dem Jahr 46 v. Chr. stellte eine Entwicklung von größerer Bedeutung dar (Howgego 1992: 10–12). Die Ausmünzung von Gold erhöhte den Gesamtwert des umlaufenden Geldes beträchtlich. Nach den Funden aus Pompeji zu urteilen, könnte die Goldprägung im Zeitalter der flavischen Kaiser sogar zum wertvollsten Bestandteil des umlaufenden Geldes geworden sein (Duncan-Jones 1994: 70–2). Das Übergewicht des Goldes dürfte in der Spätantike noch stärker hervorgetreten sein, da die Silberemissionen abnahmen; allerdings sollte der Kontrast zur Prinzipatszeit nicht zu dramatisch herausgehoben werden. Römische Silbermünzen hatten die Silberprägungen der griechischen Städte in Italien während des 3. Jhs. v. Chr. ersetzt. Die Geschichte, wie eine standardisierte römische Münzprägung in einem Gebiet, das einmal das Römische Reich werden sollte, in Gebrauch kam und dabei andere Münztypen ausschloß, ist komplex. Die Darstellung dieser Entwicklung ist eine der Hauptleistungen der römischen Numismatik in den letzten Jahrzehnten. Einige Entwicklungslinien sollen in Kapitel 3 skizziert werden. Manchmal hörten mit der Annexion lokale Prägungen auf, andere wiederum wurden von den Römern übernommen. Lokale Nominalsysteme wurden dem römischen angeglichen oder von ihm ersetzt. Die Lokalprägungen überdauerten länger im Osten als im Westen, und lokales Bronzegeld war länger im Umlauf als Silbergeld. Zur Zeit des Diokletian war das Münzgeld im gesamten Reich standardisiert und wurde in einem Netzwerk regionaler Münzstätten produziert. Ihre Verteilung spiegelt ziemlich genau die finanzielle Organisation des Reiches wider. Die letztendliche Einrichtung einer standardisierten Münzprägung ist nicht von der dezentralisierten Prägung kaiserlichen Geldes zu trennen. Entscheidende Schritte in diese Richtung wurden seit etwa 250 n. Chr. unternommen. Davor hatte Rom – und für einen Teil des 1. Jhs. n. Chr. Lugdunum – die Goldprägung für das gesamte Reich, eine Silberprägung, die im Westen zur Vorherrschaft gelangte und auch im Osten in steigendem Maße in Gebrauch kam, und eine Bronzeprägung für den Westen geliefert. Möglich wurde dies durch den Umfang, in dem die römische Wirtschaft für bestimmte Zwecke vernetzt wurde (siehe S. 116). Es ist bemerkenswert, daß vor den fünfziger Jahren des 3. Jhs. n. Chr. eine dezentralisierte Produktion von Reichsmünzen in vielen Fällen mit Störungen
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der Einheit in Verbindung gebracht wurde, die durch militärische Auseinandersetzungen gegen äußere Feinde wie im Zweiten Punischen Krieg oder in den Bürgerkriegen der ausgehenden Republik und des Kaiserreiches hervorgerufen wurden. Das Nominalsystem basierte auf dem Denar, der im Zweiten Punischen Krieg eingeführt wurde und erstaunlich lange in Gebrauch blieb [90]. Im Laufe der Jahrhunderte fanden einige wichtige Veränderungen statt, besonders die Aufwertung des Denars von zehn auf sechzehn Asse um 146 v. Chr., die Schaffung einer regulären Goldprägung ungefähr ab dem Jahr 46 v. Chr., die Neuordnung der Nominale aus unedlen Metallen ca. 23 v. Chr. und die Einführung des sogenannten ‚Antoninians‘ im Jahr 215 n. Chr. [140], der zwischen 240 und den frühen siebziger Jahren des 3. Jhs. nach und nach den Denar im Umlauf ersetzte. Trotzdem blieb das System im Kern dasselbe, bis es in der zweiten Hälfte des 3. Jhs. bis zur Unkenntlichkeit verändert wurde. Die Entwicklungen im 3. Jh. sind vielschichtig, und wir verstehen sie weitgehend noch nicht richtig (siehe Kapitel 6). Fest steht, daß die finanzielle Krise eine dramatische Verschlechterung des Silbergeldes bis auf 2% Feingehalt in den sechziger Jahren und einen wachsenden Mangel an Goldmünzen verursachte. Der Feingehalt der Goldmünzen wurde auch verschlechtert, wenn auch in geringerem Ausmaß als beim Silbergeld; außerdem begann das Gewicht der Goldmünzen zu schwanken. Die Prägung kleinerer Nominale aus unedlem Metall kam zeitweise zum Erliegen. Reformen unter Aurelian und Diokletian konnten das Münzwesen nicht für längere Zeit stabilisieren. Das minderwertige Silber- und Bronzegeld blieb auch im 4. Jh. Gegenstand wiederholter Reformen. Das Silber spielte schließlich eine weniger wichtige Rolle als in der Republik und im Prinzipat, obwohl die Emissionen in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. nicht gering waren. Die volle Reinheit der Goldmünzen wurde unter Aurelian wiederhergestellt, und unter Diokletian prägte man sie wieder in einem standardisierten Gewicht. Der ‚Solidus‘ wurde seit der Zeit Konstantins nach einem Standard von 72 Münzen pro Pfund Gold geprägt, wobei auffallend große Mengen zwischen 320 und 360 emittiert wurden [176]. Der Gebrauch von Gold dominierte schließlich in den wichtigen Bereichen der römischen Wirtschaft, besonders aber bei der staatlichen Steuererhebung in Geld. Der Solidus überlebte im Westen das Römische Reich und wurde im Osten im Byzantinischen Reich weiterhin verwendet.
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Wie veränderte Münzgeld die Gesellschaft? Für einen Historiker macht es wenig Sinn, die Hauptzüge der Geschichte der Münzprägung zu verfolgen, ohne danach zu fragen, welche Bedeutung die Existenz von Münzprägung hatte. Münzen sind eine besonders gut verwendbare Form von Geld, aber wenn man ihre historische Bedeutung einschätzen will, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, daß sie nicht seine einzige Form sind. Geld kann in Hinblick auf seine verschiedenen Funktionen als eine Hortung von Reichtum, als Wertmaß und als Zahlungs- oder Tauschmittel definiert werden (Polanyi 1968). Bestimmte Güter, insbesondere Metalle oder Getreide, übernahmen schon lange vor Einführung der Münzprägung einige dieser Funktionen oder alle von ihnen. Die Verwendung von Gütern und Besitz zum Horten von Reichtum ist so banal, daß man aus ihr keinen Hinweis auf den Gebrauch von Geld gewinnen kann; beeindruckt ist man aber in jedem Fall von der Tatsache, wie weit verbreitet Wertmaße in frühen Gesellschaften mit Schriftkultur waren. Kaum etwa fünfhundert Jahre nach Einführung der Schrift am Ende des 4. Jts. v. Chr. stoßen wir schon auf Aufzeichnungen solcher Maße in Babylonien und Ägypten (Foster 1977; Powell 1990; Chassinat 1921). Wertmaße muß es aber nicht unbedingt überall in Gesellschaften mit Schriftkultur gegeben haben; es finden sich z.B. keine Spuren von ihnen in den mykenischen Linear-B-Texten (Finley 1981: 206). Es ist allerdings möglich, daß wir durch die äußerst eigentümliche Beschaffenheit der Archive, die wir besitzen, zu falschen Schlüssen gelangen (den Linear-B-Täfelchen fehlt ebenso fast jeder Hinweis auf Handel, doch möchte daraus niemand auf das Fehlen von Handel schließen) (Uchitel 1988). Wertmaße können bei ihrer eigentlichen Funktion stehenbleiben. Aus einem relativ gut dokumentierten ägyptischen Kontext aus der Mitte des 2. Jts. v.Chr. geht nicht hervor, daß Güter, die als Wertmaß verwendet wurden – wie Kupfer, Silber oder Getreide – auch als Tauschmittel dienten (Janssen 1975). Sie wurden nur dazu benutzt, um zu rechnerischen Entsprechungen beim Tauschhandel zu gelangen, aber sie spielten bei den Transaktionen physisch keine Rolle, es sei denn, sie selbst wurden von einer Seite als Tauschobjekt eingebracht. Die mesopotamische Kultur bildet dazu einen auffallenden Gegensatz. Schon von ca. 2300 v. Chr. an wurden dort Silber und Getreide nicht nur als Wertmaß benutzt, sondern auch als Tauschmittel. In den am besten dokumentierten Kontexten für Handelsgeschäfte treten beachtliche Finessen zutage. So deckt z. B. eine detaillierte Studie über Ur in der Zeit zwischen 2000 bis 1700 v. Chr. den Gebrauch von Silber für Verkäufe, Löhne/Zuteilungen, Pachten, Steuern,
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Darlehen (mit Zinszahlungen in Silber) und Schenkungen auf. Silber war das wichtigste Mittel, um Handelsexpeditionen zu finanzieren, und sowohl die Tempel als auch der Palast griffen auf Kaufleute zurück, um Einkünfte in Naturalien in Silber umzuwechseln, das dann im Schatzhaus gehortet wurde (van der Mieroop 1992). Die Form, in der Silber in einigen Zusammenhängen als Geld benutzt wurde, fällt beinahe unter die Definition von Münzgeld. Gelegentlich wurde das Silber nämlich nach einem identifizierbaren Standard unterteilt. Es gab kleine Brocken, Spiralen, Ringe, unregelmäßige Barren und ähnliches, aber nicht in allen Fällen (Powell 1978; Bivar 1971). Um 730 v. Chr. wurden in Südostanatolien große gegossene Barren mit den Namen eines lokalen Herrschers in Aramäisch versehen (Barrekub) (Balmuth 1971; Furtwängler 1986: 157), und eine assyrische Urkunde aus dem Jahr 694 v. Chr., die das Bauprogramm des Sennacherib in Ninive beschreibt, erwähnt in einem Gleichnis das Gießen von HalbschekelStücken (Luckenbill 1924: 109, Sp. VII, 18). Unser Bild vom Geld vor dem Einsetzen von Münzprägung in der griechischen Welt ist viel weniger klar. Wie schon bemerkt, fehlt ein Hinweis auf Geld in den mykenischen Dokumenten. Die homerischen Zeugnisse sind problematisch, weil sie sich auf die verschiedenen Epochen ihrer tatsächlichen Entstehung beziehen (von der Vorpalastzeit Mykenes bis zum späten 8. Jh. v. Chr.) und mündlich tradiert wurden. Sie reflektieren eher die heroische Selbstdarstellung einer Elite als allgemeinverbindliche Verhaltensmuster (Sherratt 1990). Auf jeden Fall enthüllt Homer eine Welt, die verstehbar wird, wenn man sie als Gesellschaft ansieht, in der wechselseitiger Austausch (Gabentausch) und hierarchische Verteilung vorherrschten. Bestimmte Arten von Gütern zirkulierten in eng definierten Zusammenhängen. Geschenke, die unter den Mitgliedern der höchsten Klasse ausgetauscht wurden, umfaßten kunstvoll gearbeitete Metallobjekte, Vieh und Frauen (Morris 1986: 9). Fleisch und ähnliche Produkte (Häute und Textilien) wurden anscheinend von oben kontrolliert und die gesellschaftliche Stufenleiter herab verteilt (Redfield 1986: 35). In dieser Welt findet sich keine Spur von Geld als Tauschmittel, und es scheint auch nicht viel Raum dafür gegeben zu haben, obwohl in einigen Zusammenhängen Vieh als Wertmaß diente (Finley 1981: 236; Macrakis 1984). Wir können also den Prozeß, wie das Geld in der griechischen Welt aufkam, nicht verfolgen. Ethnographische Zeugnisse favorisieren die Vorstellung, daß das Geld aus herrschenden Wertesystemen entstand und dazu benutzt wurde, um z. B. Prestige oder soziale Muster zu vermitteln. Dabei wurde anscheinend kein einziger Fall bekannt, wo Geld sich aus dem Tauschhandel entwickelt hätte (Crump 1981: 54, 88–90, 114–5; Humphrey
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1985). Es ist jedoch möglich, daß uns die Anthropologie in dieser Hinsicht in die falsche Richtung führt, weil sie das Aufkommen des Geldes nur für relativ ‚rückständige‘ Gesellschaften bezeugen konnte, die in Kontakt mit einer Umwelt existieren, in der Geld schon das dominierende Tauschmittel ist. Die Anthropologie ist nützlich, um uns unsere eigenen kulturellen Voraussetzungen offenzulegen und auf alternative Modelle hinzuweisen. Sie deckt Möglichkeiten auf, aber sie kann keine entscheidende Antwort auf die Frage geben, wie sich Geld in Griechenland tatsächlich entwickelt hat. Dagegen ist die ökonomische Theorie imstande zu zeigen, wie sich im Prinzip Geld aus dem Tauschhandel heraus entwickelt haben könnte, und es wäre unklug, diese Möglichkeit zu verwerfen, besonders angesichts der Allgegenwart von Tauschgeschäften (Anderlini und Sabourian 1992; Humphrey und Hugh-Jones 1992). Mit Hilfe anthropologischer Modelle wurde die These aufgestellt, daß sich in der griechischen Welt die Geldwirtschaft in den Sphären von Heirat (Mitgift), Rache (Buße) und Gabentausch entwickelt hätte. Davon, so wird argumentiert, seien staatliche Zahlungen, Liturgien und soziale Leistungen abgeleitet worden (von Reden, in Vorbereitung; Seaford 1994: 191–234). Dieser Ansatz ist sicher hilfreich, wenn man den Anfang der Geldwirtschaft in einem rein griechischen Zusammenhang anders als mit Tauschhandel erklären will; trotzdem ist es ebensogut möglich, daß die Verwendung von Geld im Nahen Osten eine Anregung gab. Für die Zeit der Einführung von Münzprägung scheinen Mitgift, Bußgelder und Geschenke nur eine unzureichende Erklärung abzugeben, wenn es um die Fragen geht, warum gemünztes Geld normalerweise, oder sogar ausschließlich, von Staaten geprägt wurde (siehe S. 3–5) und warum Münzen bereits von Anfang an zwischen Staaten zirkulierten (siehe S.110–2). Eine differenzierte Analyse von Bereichen, in denen Geld verwendet wurde, könnte dazu führen, ein hervorstechendes Merkmal zu verschleiern, daß nämlich ein und dieselbe Art von konkretem Gegenstand – geprägte Münzen – allmählich dazu genutzt wurde, als Bindeglied in einem weiten Feld von Bereichen zu fungieren. Der Gebrauch von Münzgeld führte vermutlich zu einem Transfer von Werten und Ideen zwischen Bereichen wie Mitgift, Buße, Geschenk, Zahlungen von und an den Staat wie auch kommerziellem Austausch. In der Tat ist es wichtig zu fragen, warum ein einziges Tauschmittel allmählich in all diesen Bereichen in Gebrauch kam. Die Verwendung von Münzen durch den Staat bei seinen Zahlungen beantwortet die Frage vermutlich zu einem Teil, denn um wirksam zu sein, mußten die Zahlungen auch von dem Empfänger genutzt werden können. Einige dieser Empfänger werden in der Lage gewesen sein, die Münzen an den Staat zurückzugeben, um Verpflichtungen wie Zwangsbeiträgen, Steu-
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ern oder Bußgeldern nachzukommen; es ist aber verführerisch, die Verwendungsfähigkeit der Münzen für den wirtschaftlichen Austausch als Stütze des ganzen Systems anzusehen. Was auch immer diese Entwicklungen einschlossen, es scheint, daß die griechische Welt schon entscheidende Schritte in Richtung auf den Gebrauch von Geld unternommen hatte, bevor die Münzprägung eingeführt wurde. Etymologien, spätere schriftliche Berichte von zweifelhaftem Wert und einige archäologische Funde legen – allerdings, ohne Beweiskraft zu besitzen – die Vermutung nahe, daß vor der Einführung der Münzprägung Eisenspitzen als eine Form von Zahlungsmittel in Umlauf waren. Andere Gebrauchsgegenstände, wie Dreifüße oder Kessel, mögen in einigen Gebieten demselben Zweck gedient haben (Kraay 1976: 213–5). Funde von Gold-, Silber- und Elektronstäben in griechischen Fundzusammenhängen aus der Zeit um 700 v. Chr. oder früher, die nach einem Standardgewicht justiert waren, könnten möglicherweise ein Indiz für die Verwendung kostbarer Metalle als Geld in irgendeiner Form sein (Furtwängler 1986: 156). Die Gesetzgebung des Solon enthüllt, daß vor Einsetzen der Münzprägung administrative Unterabteilungen der attischen Phylen (Naukrarien) zu einigen Zwecken mit Silber handelten (Aristoteles, Ath. Pol. 8, 3). Die Einführung der Münzprägung ist an sich ein Indiz dafür, daß Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr dem homerischen Muster entsprachen. Münzprägung war aber, wie wir gesehen haben, schon in zeitlich früheren Zusammenhängen des Mittleren Ostens beinahe ‚erfunden‘ worden (siehe S. 14–5). Es ist aber nicht so sehr die ‚Erfindung‘ der Münzprägung, sondern ihre schnelle Ausbreitung, die ein überzeugendes Indiz für die Umgestaltung der griechischen Welt darstellt und die eine Erklärung erfordert. Ähnlichkeiten im Charakter und im Verhalten der Münzprägung in der gesamten griechischen Welt legen es nachdrücklich nahe, daß wir mit Recht den Versuch unternehmen, Münzprägung als einheitliches Phänomen zu interpretieren. Der unmittelbare Zusammenhang, in den Münzprägung eingebettet wurde, und die Art und Weise der Verwendung von Münzen werden sich von Ort zu Ort unterschieden haben. So ist das Vorkommen von Kleingeld von Gebiet zu Gebiet nicht einheitlich (siehe S. 5–8), und Süditalien machte sich eine besondere Methode bei der Herstellung seiner ‚incusen‘ Münzen zu eigen [12]. Dennoch herrscht der Eindruck von Gleichartigkeit vor. Mit einigen Ausnahmen war reines Silber das bevorzugte Metall; die nach Standard geprägten großen Münzen variierten in dem engen Spielraum zwischen 12 g und 17,2 g. Die Münzen wurden von Staaten emittiert, und die ausgebenden Autoritäten waren anhand von Typen zu erkennen, die zumindest in der Tendenz unverändert
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blieben (Kraay 1976: 317). Daher erscheint eine Erklärung, die von einer weitgehenden Übereinstimmung ausgeht, angemessen. In gewisser Hinsicht wurde die Geschwindigkeit, mit der sich die Münzprägung ausbreitete, durch die Auswanderung der Ostgriechen angesichts der persischen Expansion, durch die Bewahrung von Verbindungen zwischen Mutterstadt und Kolonie wie auch durch Formen des wechselseitigen Austausches innerhalb der mediterranen Welt, der bis in das 8. Jh. v. Chr. und weiter zurückreichte, möglich gemacht (Purcell 1991; Sherrat und Sherrat 1993). Derartige Verbindungen mögen eine Vorbedingung für die rasche Verbreitung der Münzprägung gewesen sein, aber sie erklären sie nicht. Der Austausch von Waren, das gilt auch für Handel, erforderte keine Münzprägung (siehe Kapitel 5). Der kulturelle Hintergrund für die Ausbreitung der Münzprägung bestand in einer griechischen Welt, in der die Wechselbeziehungen gleichberechtigter Staatswesen2 sowohl unbeabsichtigt als auch durch vorsätzliche Konkurrenz dazu führten, die weitreichende Aneignung einer ganzen Palette von Phänomenen zu sichern, die von militärischen Techniken und politischen Strukturen bis hin zu speziellen Fertigkeiten und Vorlieben reichte (Snodgrass 1986). In diesem Prozeß war die polis eine Schlüsselinstitution. Obwohl sie nicht in allen Regionen vorherrschte, etablierte ihr Einfluß als kulturelles Gebilde gewisse Normen. Man kann sich leicht ein gewisses Maß an Wettbewerb bei der Entscheidung, die städtische Identität durch die Produktion von Münzen geltend zu machen, vorstellen. Es ist richtig, daß eine beträchtliche Anzahl von Gemeinden entweder nur selten oder überhaupt nicht Münzen prägte und vermutlich auf solche Geldstücke angewiesen war, die an anderen Orten geprägt wurden. Zum Beispiel prägten nur 60 von jenen 250 Staaten, die zwischen 480 und 400 v. Chr. Tribute an Athen zahlten, ihre eigenen Münzen (Nixon und Price 1990: 156). Dennoch gab es eine deutliche Tendenz, daß reiche Staaten eigene Münzen prägten, wobei mit dem ‚politischen‘ Charakter der Münzprägung gerechnet werden muß (siehe Kapitel 3). Wenn auch die Wechselbeziehungen gleichberechtigter Staatswesen einen entscheidenden Hintergrund für die rasche Ausbreitung der Münzprägung bildeten, so scheint 2 „Der Begriff der gleichrangigen politischen Interaktion bezeichnet die gesamte Palette eines wechselseitigen Austauschs – darin eingeschlossen sind Nachahmung und Anlehnung, Wettbewerb, Kriegsführung und der Austausch von materiellen Gütern und Informationen –, der zwischen autonomen, d. h. selbstverwalteten und in diesem Sinne politisch unabhängigen, sozio-politischen Einheiten stattfindet, die nebeneinander oder nahe beieinander innerhalb einer geschlossenen geographischen Region oder in einigen Fällen weiter entfernt voneinander siedeln“ (Renfrew 1986: 1).
Wie veränderte Münzgeld die Gesellschaft?
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auch dies wiederum nicht für die Beantwortung der Frage auszureichen, warum besonders die Münzprägung zu einer der Erscheinungen wurde, die für die griechische Welt charakteristisch waren. Die Erklärung findet man eher in dem aufnahmebereiten Boden, der durch die radikale Umgestaltung der polis im 6. Jh. v. Chr. bereitet wurde. Die Wechselbeziehungen zwischen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungen waren vielschichtig. Die Ausbreitung der Münzprägung könnte einerseits durch solche Umschwünge verursacht worden sein und andererseits als Motor in diesem Prozeß gewirkt haben. Auf der ökonomischen Ebene war der bedeutsamste Aspekt der Umwandlung der polis das Wachstum des Marktaustausches („Commoditization“) (vgl. Appadurai 1986). Die zentrale Periode für diese Entwicklung wird von den Historikern unterschiedlich in die Zeit zwischen 700 bis nach 500 v.Chr. datiert, je nachdem, ob sie das Schwergewicht ihrer Argumentation auf die archäologischen Zeugnisse für interregionalen Handel oder auf die Fortdauer schriftlicher Äußerungen über den Abscheu vor Handel und Märkten legen (Morris 1986; Redfield 1986). Durch die Annahme, daß es einen tiefgreifenden Wandel gegeben habe, wird die Existenz von Elementen des Marktaustausches in früher Zeit nicht geleugnet. Solche Elemente waren nachweislich in den klassischen ‚redistributiven Wirtschaften‘ der alten Kulturen des Nahen Orients vorhanden (Yoffe 1981). Ein auf Gegenseitigkeit beruhendes Beziehungsgeflecht („Reziprozität“), Redistribution und Marktaustausch dienten dabei äußerst hilfreich als ‚Idealtypen‘, um die vorherrschenden ökonomischen Aktivitäten zu charakterisieren. Die verschiedenen Kategorien konnten auch nebeneinander existieren und haben es auch getan. So sind in der athenischen Gesellschaft des 5. und 4. Jhs. v. Chr. wichtige Elemente von Gegenseitigkeit/Gabentausch anzutreffen; die zinslosen Eranos-Anleihen sind hierfür ein überzeugendes Beispiel (Millett 1991: 109–59). Der Markt aber gewann eine neue zentrale Bedeutung, die – wie sich argumentieren läßt – durch die Entwicklung der agora in dem Zeitraum zwischen 700 und 600 v. Chr. symbolisiert wird (Morris 1991: 40; Snodgrass 1991: 10–1). Die Überzeugungskraft dieser Symbolik hängt von unserer Einschätzung ab, ob der agora von Anfang an eine kommerzielle Rolle zukam und ob ihre wirtschaftliche Rolle, wann immer sie sich entwickelte, eine tatsächliche Zunahme von Marktaustausch oder einfach eine Verlagerung des Handels darstellte (von Reden, in Vorbereitung: 105–6). Daß die entwickelte agora auch politische, juristische, soziale und religiöse Rollen neben ihrer Funktion als Marktplatz hatte, spricht nicht gegen den Symbolwert, sondern erinnert uns an die unentwirrbaren Verknüpfungen zwischen allen diesen Aspekten.
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Das Vordringen des Markthandels befreite den Wohlstand aus den abgeschlossenen aristokratischen Sphären des Gabentausches. Dieser Vorgang barg eine soziale Komponente in sich, besonders weil Reichtum jetzt zum entscheidenden Kriterium in der gesellschaftlichen Hierarchie wurde (in Athen seit der Zeit des Solon). Wohlstand konnte nun eine Bedrohung für die überkommenen familiären bzw. kultischen Machtfundamente aufbauen (vgl. Redfield 1986; Davies 1984: 105–14). Der Schlag gegen die aristokratische Patronage war auf der politischen Ebene mit einer Stärkung der zentralisierten Macht der polis als Staat verbunden. Die Bürgerschaft wurde unter dem Dach der polis von Grund auf reorganisiert – man denke nur an die Reformen des Kleisthenes in Athen (Murray 1990). Die Beziehungen der Gewalten untereinander wurden nun in Form einer Verfassung genau festgelegt. Auf diese Weise wurde ein Weg zur Demokratie beschritten, den einige Städte einschlugen, andere aber nicht. Das Wachsen staatlicher Autorität könnte an sich für das Münzgeld vorteilhaft gewesen sein, da es vom Staat ausgegeben und bis zu einem gewissen Grad durch ihn reguliert und garantiert wurde (von Reden, in Vorbereitung a). Die Entwicklung des Münzgeldes war ein Aspekt einer umfassenden Tendenz des archaischen Zeitalters, nämlich Wertmaßstäbe zu definieren und zu kodifizieren, um so Normen einzuführen, die erzwungen werden konnten (Austin und Vidal-Naquet 1977: 56–8). Aufgrund dieses Zusammenhangs kann man den semantischen Zusammenhang zwischen nomisma (Münze) und nomos (Gesetz) verstehen (Will 1955: 9–10). Man mag versucht sein, die Frage „Wie veränderte Münzgeld die Gesellschaft?“ mit einem Hinweis darauf zu beantworten, um wieviel komplexer die Wirtschaft wurde. Dabei könnte man auf das Bankdepositum (bei dem die Bank mit dem Geld arbeitet, das ein Klient hinterlegt hat) als ein konkretes Beispiel für eine Finanzform hinweisen, die sich nur infolge der Einführung des Münzgeldes herausbilden konnte, insbesondere, wenn man davon ausgeht, daß dieses aus dem Geldwechsel hervorging (Bogaert 1966: 135–44; 1968: 305). Wie dem auch sei, dies könnte schon eine Überschätzung der Entwicklung sein (Millett 1991: 203–6), und in jedem Fall trifft eine solche Antwort sicherlich nicht den wichtigsten Gesichtspunkt. Ein beachtlich ausgeklügeltes System bei der Verwendung von Geld wurde von den großen redistributiven Ökonomien des Nahen Ostens schon lange vor Einführung der Münzprägung erreicht (siehe S. 14–5). Es ist vielleicht ebensowenig treffend, die Frage zu stellen, ob aus der begrenzten Nominalstruktur der frühen Münzprägung geschlossen werden kann, daß sie nicht darauf ausgerichtet war, den Kleinhandel zu erleichtern (siehe S. 5–8). Vielmehr stand die Ausbreitung der Münzprägung in
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einem komplexen Verhältnis zu der wachsenden Bedeutung des Marktaustausches. Kleinhandel entwickelte sich von selbst. Die Ausbreitung der Münzprägung förderte – so läßt sich argumentieren – den Prozeß der Güteranhäufung sowie den sozialen und politischen Umbruch, durch den sie wiederum weiteren Antrieb erhielt. Wenn man die Ursachen und die Bedeutung der Ausbreitung von Münzprägung in der radikalen Veränderung der griechischen polis sieht, kann man zufriedenstellend erklären, warum sie lange ein im wesentlichen griechisches Phänomen blieb (siehe S. 1–2). Dieser weite Blickwinkel provoziert bedeutsame Fragen: Kann die Entwicklung der Münzprägung eine Erklärung dafür bieten, warum die griechische Gesellschaft weniger ‚feudal‘ war als etwa die persische? In welchem Ausmaß hing das Funktionieren der athenischen Demokratie von der Münzprägung ab?
Der Gebrauch von Münzgeld: Athen Unsere Einsichten über das Aufkommen des Münzgebrauchs hängen stark von dem Überleben schriftlicher Zeugnisse ab. Aus dem Fehlen von dokumentarischen Zeugnissen erklärt sich, weshalb es möglich ist, weit auseinanderliegende Ansichten über Themen wie die Funktion der frühen Elektronprägungen oder die Verwendung von Münzen in ‚keltischen‘ Gesellschaften aufrechtzuerhalten. Detaillierte Darstellungen sind zur Zeit nur für Athen im 5. und 4. Jh. v. Chr. ebenso wie für die Römische Kaiserzeit möglich. Wenn die papyrologischen Zeugnisse einmal aufgearbeitet sind, könnte die Liste leicht um das ptolemäische Ägypten erweitert werden. Wahrscheinlich weitete das Aufkommen von Staatsbesoldungen in Athen den Gebrauch von Münzgeld in der Wirtschaft wesentlich aus, wobei es kaum eine Rolle spielt, wie die Situation vorher ausgesehen hat (Rutter 1981). Soldzahlungen für den Dienst in der Flotte und als Soldat waren im wesentlichen eine Folge der ausgedehnten Unternehmungen in der Zeit des Delisch-Attischen Seebundes. Die generelle Besoldung des Militärdienstes war aus früheren Unterstützungszahlungen vor dem Peloponnesischen Krieg hervorgegangen. Enorme Summen dürften für militärische Unternehmungen ausgegeben worden sein: 1200 Talente für die Unterdrückung der Samischen Revolte von 440/39 v. Chr.; über 2000 Talente für die Belagerung von Potideia von 432–430/29 v.Chr. Von den fünfziger Jahren des 5. Jhs. an besoldete man die Geschworenen (theoretisch gab es an die 6000 von ihnen) und die Anwesenheit im Rat, ab 404/3 auch den Besuch der Volksversammlung. In den dreißiger Jahren des 4. Jhs.
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dürften die gesamten Kosten für derartige politische Besoldungen tendenziell unter 100 Talenten pro Jahr gelegen haben (Hansen 1991: 315–6). Darüber hinaus führte Perikles einen Zuschuß von zwei Obolen ein, um jedem Bürger den Besuch des Theaters zu ermöglichen, und dann gab es auch noch die mysteriöse diobelia (vielleicht war sie auch mit einer der schon erwähnten Ausgaben identisch). Aristoteles (Ath. Pol. 24) behauptet, daß mehr als 20 000 Personen aus den Einnahmen der Tributzahlungen, Steuern und Kontributionen der Bündner des Seebundes ihren Lebensunterhalt bezogen. Zu ihnen könnten noch diejenigen kommen, die bei den periodischen Bauprogrammen beschäftigt waren: Einige Gesamtsummen kennen wir aus den Bauurkunden des Parthenon von 447/6–433/2 v. Chr. (z. B. 16 392 Drachmen für Bildhauerarbeiten am Giebel in einem Jahr); individuelle Löhne sind vom Erechtheion für die Jahre 409/8–407/6 überliefert (z. B. eine Drachme pro Tag für Zimmerleute) (Fornara 1983: xxiv,137). Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen den staatlichen Besoldungen und der Produktion von Nominalen, die klein genug waren, um die Auszahlung und Verwendung eines Tageslohnes zu ermöglichen (siehe S. 5–8). Die Lohnzahlungen setzten einen auf Bargeld basierenden Markt voraus und förderten ihn zugleich. Diese Zusammenhänge, aber auch die Vorstellungen von diesem Markt, werden in einer Szene in den Wespen des Aristophanes (785–93, 422 v. Chr.) recht anschaulich gemacht: Dem Schatzmeister des Staates war das Kleingeld ausgegangen, weshalb er zwei Geschworenen eine Drachme gab, die diese auf dem Fischmarkt wechselten. Damit könnte man die herrschenden Vorstellungen vergleichen, die in der Nachricht des Thukydides zutage treten, wonach bei Abfahrt der Flotte zur Sizilischen Expedition jedermann Geld für private Ausgaben und darüber hinaus den Sold mitnahm, wobei Soldaten und Kaufleute noch zusätzlich Geld zu Handelszwecken mit sich führten (Thukydides VI 31; siehe S. 104–6). Die Regulierung der Märkte in Athen und Piräus erforderte insgesamt zehn agoranomoi, zehn metronomoi und zehn (später 35) sitophylakes, um den Markt im allgemeinen, Gewichte und Maße sowie den Verkauf von Getreide, Mehl bzw. Brot zu überwachen (Salmon in Vorbereitung). Einige Hinweise auf das Ausmaß des Kleinhandels in Athen lassen sich aus den Verwendungen von Sklaven, die im Zusammenhang mit deren Freilassung festgehalten wurden, gewinnen (Davies 1984: 48). Es ist nicht überraschend, daß die Haussklaven hier an erster Stelle stehen, aber die zweitgrößte Gruppe war im Kleinhandel beschäftigt. Allerdings ist das Bild ein wenig verzerrt. Es ist unwahrscheinlich, daß die große Zahl von Sklaven, die schwere körperliche Arbeit, beispielsweise in den Minen verrichtete,
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freigelassen wurde. Es gibt einen beachtlichen Bestand an Nachrichten über Preise, besonders bei Aristophanes und in jenen Inschriften, die über den Verkauf des beschlagnahmten Vermögens von Personen berichten, die im Jahr 415/14 v. Chr. die Mysterien entweiht und Hermen beschädigt hatten (Ehrenberg 1951: 219–52; Pritchett 1956; 1961; Amyx 1958). Der übliche Tageslohn variierte in der Regel von einer halben bis zu anderthalb Drachmen [vgl. 22]. Die Vergabe von Krediten war wichtig, damit das umlaufende Münzgeld effizienter arbeiten konnte. Der Geldverleih konnte unpersönlich sein, oder er war in soziale Zusammenhänge eingebettet. Das Fehlen von Zinsen oder eine niedrige Zinszahlung ist charakteristisch für das letztere. Die Bezugsquellen für unpersönliche Darlehen waren Wucherer (obolostatai), Pfandleiher, Ladenbesitzer (für Einkäufe auf Kredit), Körperschaften (Demen, Tempel im Demenbereich, Kultvereine), Banken (typisch für Nichtbürger, insbesondere für Handeltreibende, und für Bürger, die auf nichts anderes zurückgreifen konnten) und professionelle Geldverleiher (besonders zur Finanzierung des Überseehandels mittels Seedarlehen) (Millett 1991). Es ist schwierig, das Ausmaß der Kreditvergabe zu bestimmen. Darlehen, die in einem sozialen Zusammenhang standen (einschließlich der Eranos-Anleihen), scheinen allgegenwärtig gewesen zu sein. Unter den unpersönlichen Geldverleihern waren die Banken so bedeutend, daß vor 411 v. Chr. ein Teil der agora für sie reserviert blieb (Bogaert 1968: 61). Die größten Banken vergaben Darlehen auf einem beträchtlichen Niveau: Als Pasion seine Bank an Phormion verpachtete, hatte er 50 Talente als Darlehen ausgeliehen. Bankdarlehen waren wahrscheinlich viel weniger wichtig als Seedarlehen, die Kaufleute und Schiffseigner in Anspruch nahmen und deren Sicherheit in der Fracht oder dem Schiff bestanden (Millett 1983). Die Häufigkeit, mit der solche Anleihen in Gerichtsreden behandelt wurden, erweckt den Eindruck, daß ein beträchtlicher Teil des athenischen Überseehandels auf diese Weise finanziert wurde (Millett 1991: 188). Andererseits ist festzuhalten, daß Athen niemals ein systematisches Mittel entwickelte, um Geld von einem Ort zum anderen zu transferieren, ohne dabei Münzen physisch zu bewegen. Tatsächlich gibt es nur drei bekannte Fälle, bei denen man eine Umgehung dieser Prozedur arrangierte, wobei keine von diesen direkt mit Hilfe einer Bank abgewickelt wurde (Millett 1991: 8). Insofern also der Handel auf der Bewegung von Münzen beruhte (siehe S. 104–6), wurde er durch die Kosten, die Unbequemlichkeit und die Unsicherheit behindert, die eine solche Transaktion mit sich brachte. Trotzdem führen uns die Zeugnisse, die die Existenz von Krediten in
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Geld belegen, eindrucksvoll das Ausmaß des Geldgebrauchs vor Augen. Die Bedeutung von Verpachtungen für das Finanzwesen weist in dieselbe Richtung (Osborne 1988). Pachtzinsen wurden normalerweise in Geld berechnet und bezahlt (Davies 1984: 55; Osborne 1988: 323). Die Verpachtung von Minen und von Tempelland durch die Stadt oder von Land durch andere Körperschaften (Phylen, Demen, Phratrien, religiöse Organisationen) gab es in großem Umfang. Zeugnisse für Verpachtungen an Einzelpersonen gehen bis an das Ende des 6. Jhs. v. Chr. zurück, und Erträge von Häusern oder Ackerland waren ein üblicher Bestandteil des Einkommens eines wohlhabenden Mannes, soweit unsere Quellen zurückreichen (Davies 1984: 49). Die Vermietung von privaten Gebäuden war hauptsächlich auf Athen selbst, den Piräus und Eleusis beschränkt und wurde größtenteils von Besuchern, ansässigen Fremden oder freigelassenen Sklaven genutzt, von denen keiner Landbesitz erwerben konnte. So nennt der ‚Alte Oligarch‘ unter den Vorteilen, die daraus erwuchsen, daß Athen Gerichtsstandort war, auch jene Möglichkeiten, die diese Regelung für die Vermietung von Unterkünften, Wagen und Sklaven mit sich brachte (Ps. Xenophon, Ath. Pol. I 17). Die Verpachtung von Ackerland war teilweise eine Folge von zerstreut liegendem Landbesitz, aber die Wohlhabenden waren auch darauf angewiesen, Gelderträge aus ihren Besitzungen zu ziehen. Die Geldforderungen an die Reichen für private Aufwendungen, Liturgien, die eisphora und Wohltätigkeit, hatten wichtige Konsequenzen. Sie führten dazu, daß Landgüter Bargeld einbringen mußten, entweder durch Pachtzinsen oder durch den Verkauf der Produkte. Dies wiederum bedingte einen weitgehend auf Geld gestützten Markt für Agrarprodukte (Osborne 1991). Das Land war daher nicht von der Geldwirtschaft ausgenommen, obwohl der Marktaustausch auf Geldbasis in ländlichen Gegenden nicht vorherrschend gewesen sein dürfte. Weder literarische noch archäologische Zeugnisse belegen die Existenz irgendeines Marktes auf dem Territorium von Athen außerhalb der Stadt selber, im Piräus und in Sounion. Bis zu fünf verschiedene agorai dürften für das Gebiet von Sounion nachzuweisen sein, aber das ist eine außergewöhnliche Region. Die Silberminen veränderten das normale Leben in den Dörfern von Grund auf (Osborne 1987: 78, 108). Anderswo ging der Landmann, wie etwa der ‚Rusticus‘ Theophrasts (12–4), in die Stadt, um Einkäufe zu machen. Darlehen von Demen und Heiligtümern dürften auf einen gewissen Bedarf an Geld auf Demenebene in ländlichen Gegenden schließen lassen. Diese Form von Krediten könnte ein beträchtliches Volumen erreicht haben: So hatte beispielsweise das Heiligtum der Nemesis von Rhamnous zu einem Zeitpunkt um 450–440 v. Chr. 51 400 Drachmen an Krediten zu
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festen Summen von 200 oder 300 Drachmen ausgeliehen (Fornara 1983: 90–1). Trotzdem ist es unwahrscheinlich, daß das Land stark monetarisiert war. Vermutlich spielten Tauschhandel und gesellschaftlich verankerter Austausch dort eine größere Rolle. Es fällt schwer, von dem hohen Niveau, das die Monetarisierung in der Stadt erreicht hatte, nicht beeindruckt zu sein. Für Aristoteles war Tauschhandel charakteristisch für vergangene Zeiten und für unzivilisierte Stämme, aber nicht, wie sich daran erkennen läßt, für seine eigene Gesellschaft (Aristoteles, Pol. 1257a). Die urkundliche Tradition erlaubt keine umfassende Behandlung der Ausbreitung des Geldgebrauchs in der gesamten griechischen Welt und darüber hinaus. Wir können nicht davon ausgehen, daß es eine kontinuierliche Entwicklung in Richtung auf stärkere Monetarisierung in einer jeden Region gab; ebenso können wir nicht von einem Gebiet auf das andere schließen. Die Ausbreitung des Umlaufs und der Produktion von Münzen ist ganz allgemein naheliegend, aber weder das Vorhandensein noch selbst die Produktion von Münzen in einem bestimmten Gebiet sind sichere Indikatoren für das Ausmaß und das Wesen des dortigen Geldgebrauchs. Es kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß die Eroberungen von Alexander und Rom bedeutende Etappen für die Ausbreitung und Verwendung des Münzgeldes und für die Entwicklung der Monetarisierung in Ost und West markierten.
Der Gebrauch von Münzgeld: Rom Erst für die Zeit des Römischen Kaiserreiches wird es wiederum möglich, solche Themen recht detailliert und über einen viel größeren geographischen Raum zu untersuchen. Die papyrologischen Zeugnisse aus Ägypten sind den Zeugnissen aus jeder anderen Region weit überlegen, woraus allerdings auch die Gefahr verallgemeinernder Folgerungen entstehen könnte. Es ist klar, daß das Niveau der Monetarisierung innerhalb des Reiches und innerhalb der Zeit seiner Existenz variierte. Dennoch sind, wo es Zeugnisse gibt, die Unterschiede nicht so groß, wie man hätte annehmen können, und es entsteht so etwas wie ein allgemeines Bild. Wie in Athen (siehe S. 24) wurde das Fehlen von Münzgeld als die charakteristische Eigenschaft einer für ideal gehaltenen ursprünglichen Gemeinschaft oder als erwähnenswertes Merkmal entlegener und rückständiger Gebiete angesehen. Die umfassenden urkundlichen Zeugnisse wurden schon an anderer Stelle publiziert, so daß hier angesichts des knapp bemessenen Raumes nur die Schlußfolgerungen wiedergegeben werden sollten:
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„Die normale Verwendung der Münze als Mittel des Austauschs war in der römischen Welt allgegenwärtig. Das heißt, die Münze wurde sowohl in Städten als auch in Regionen, wo es eine seßhafte Ackerbaukultur gab, verwendet, und das in den ‚weniger entwickelten‘ genauso gut wie in den ‚kultivierteren‘ Provinzen … Als Gesamtbild ergibt sich, daß Geld das dominierende Tauschmittel für Waren war, wenigstens in den Städten, wobei die Agrarproduktion, besonders Getreide, neben dem Geld eine wichtige Rolle bei der Besteuerung, bei Pachten, Löhnen und Krediten spielte. Die Verwendung von Geld auf all diesen Gebieten zeigt deutlich, wie dieses in der Struktur der Wirtschaft verankert war, während die Verwendung von Naturalien nicht mit einer Knappheit an Münzen erklärt werden muß. Trotzdem senkte der Gebrauch von Naturalien in wichtigen Sektoren der Wirtschaft das Niveau der Monetarisierung, und der Gebrauch des Geldes blieb relativ unausgeklügelt.“ (Howgego 1992: 30)
Mit anderen Worten, Rom entwickelte, genau wie Athen, niemals irgendein systematisches Mittel, um Geld anders als durch die Bewegung von Münzen zu transferieren. Die einzigen sichtbaren Ausnahmen waren in einigen Fällen die Übertragungen von Steuereinnahmen durch den Staat und die Nutzung von privaten Verbindungen in der Oberschicht (siehe S. 103). Es gab kein handelbares Papier, keinen Wechsel oder etwas ähnliches. Die Verwendung von Geld war ein wesentliches Strukturelement des Römischen Kaiserreiches, wenn man dieses (wie alle Reiche es sein können) als ein System ansieht, das den Produktionsüberschuß abschöpfte. Wenn wir also wiederum die Frage stellen: „Wie veränderte Münzgeld die Gesellschaft?“, können wir uns eine provozierend breite Perspektive der Dinge zu eigen machen. Wie hätte das Römische Reich, viel mehr als die athenische Demokratie, ohne Münzgeld funktioniert?
2. Das Prägen von Münzen Woher kam das Metall? Wie sich Münzprägung gestaltete, hing von der Verfügbarkeit von Metallen ab und kann ohne Beachtung dieses Aspekts auch nicht verstanden werden. Damit gelangen wir an die eigentlichen Quellen historischer Dynamik. Die Verbindungen zwischen Metallen, Münzprägung und Macht liegen manchmal auf der Hand. Der Glanz von Athen und sein Reich basierten zum einen auf den Minen von Laurion, zum anderen auf den Tributzahlungen der Bündner in Silber. Die Goldbergwerke im Gebiet von Krenides schürten die makedonischen Ambitionen unter Philipp. Alexanders Eroberung und Ausmünzung der persischen Schätze im Jahre 333 v. Chr. muß, welche Rechnung man auch immer aufmacht, zu den großen Wendepunkten der Geschichte gezählt werden, sowohl aus monetärer Sicht als auch sonst. Rom lebte von dem angesammelten Reichtum der hellenistischen Welt und der systematischen Ausbeutung von Mineralvorkommen in seinem Reichsgebiet. Das schwindende Angebot an Edelmetallen in der römischen Welt war einer der Aspekte der Krise des 3. Jhs. n.Chr. (siehe S.157–8). Literarische Zeugnisse zur Herkunft von Münzmetallen nennen nicht nur Minen und Beute, sondern auch Entschädigungszahlungen, Geschenke, Kauf wie auch das Einschmelzen von Reichtümern, die in verschiedenen Formen zusammengebracht worden waren (so etwa Kultstatuen, Weihungen, Kränze, Gefäße, Möbel, Bauausstattung und Barren) (Howgego 1990: 4–7). Alte und auswärtige Münzen konnten neu ausgeprägt werden. Auf welche Weise Städte, die keinen Zugang zu Minen hatten, das Metall für ihre Münzprägung aus so verschiedenen Aktivitäten wie Kriegsführung, Handel und Steuer gewannen, ist ein wichtigeres historisches Problem. Die naturwissenschaftliche Analyse kann in bestimmter Weise dazu beitragen, Anhaltspunkte zu gewinnen. Beträchtliche Vorsicht ist angebracht, wenn Schlüsse aus den Spurenelementen im Metall einer Prägung gewonnen werden sollen. Selbst in einer einzigen Mine können solche Elemente in großer Bandbreite variieren. Spurenelemente können sehr effizient für die Unterscheidung von Münzen aus verschiedenen Münzstätten herangezogen werden, sind aber als ein Mittel zur Identifizierung der ursprüng-
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lichen Herkunft von Metallen weniger nützlich. Von der Blei-IsotopenAnalyse können wir uns nach den vorliegenden Erfahrungen mehr versprechen. Die Hauptquelle für griechisches Silber in der archaischen Zeit war silberhaltiges Bleierz. Die Isotopen-Zusammensetzung des Erzes wurde zum Zeitpunkt der Mineralisation fest fixiert und änderte sich beim Läutern oder wiederholten Einschmelzen nicht. Die Blei-Isotopen-Werte sind somit etwas wie ein Fingerabdruck, der dazu verwendet werden kann, um Münzen mit Erzproben der vermuteten Metallquelle zu vergleichen. Leider müssen wir, wenn dieses Verfahren seine Berechtigung haben soll, rigoros unterstellen, daß es nicht zur Vermischung von Metallen verschiedener Herkunft gekommen ist. Für viele Prägungen wurde zwar wahrscheinlich bereits gebrauchtes und vermischtes Metall verwendet, doch wurde das Verfahren mit einigem Erfolg bei Silbermünzen der archaischen Zeit angewandt. Dabei ging man von der Annahme aus, daß die frühen Prägungen weniger wahrscheinlich aus bereits gebrauchtem Material hergestellt wurden (Gale, Gentner und Wagner 1980; Price 1980). Zu den interessanten Ergebnissen gehört die Beobachtung, daß die Ägineten Silber aus den Minen von Siphnos ausmünzten. Über die Art der Beziehungen zwischen Ägina und Siphnos sind wir nicht genau informiert, aber die Ägineten waren berühmte Kaufleute. Die Folgen sind klarer: Ägina produzierte die wahrscheinlich massivste – einige meinen, die einzige massive – Silberprägung des 6. Jhs. v.Chr. [16]. Der Reichtum beider Inseln ist wohlbekannt; man denke an den Tempel der Aphaia auf Ägina und an das siphnische Schatzhaus in Delphi (vgl. Herodot III 57–9). In Athen scheint es in der Zeit vor 500 v. Chr. nur gelegentlich zum Rückgriff auf das Laurionsilber zum Zwecke der Münzprägung gekommen zu sein. Es ist sicherlich kein Zufall, daß die Münzprägung Athens im Gegensatz zu seiner Keramikproduktion erst vom 5. Jh. v. Chr. an begann, auswärts eine marktbeherrschende Position zu gewinnen (siehe S. 111–2). Die überreiche Erzader der 480er Jahre hat ihre Spuren in der Münzprägung hinterlassen, die damals realisiert wurde: „Wahrscheinlich stellt sie eine der intensivsten Prägeperioden in der Geschichte der griechischen Münze dar“ (Price und Waggoner 1975: 63) [20]. Korinth ist ein gutes Beispiel für eine Stadt, die über keine Minen auf ihrem Territorium verfügte [17–8]. Sie dürfte über ihre Kolonien in Nordwestgriechenland Zugang zu Silber gehabt haben. Interessanterweise zeigen aber Blei-Isotopen-Analysen, daß Korinth genauso früh wie Athen Laurionsilber verwendete. Damit sind wir jetzt wenigstens in der Lage zu fragen, ob ein gewisser Grad der Abhängigkeit von attischem Silber erklären kann, warum Korinth zumindest in der ersten Zeit des Peloponne-
Was ist eine Münzstätte?
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sischen Krieges – ganz überraschend – nur wenig Münzgeld produzierte (Mattingly 1989). Blei-Isotopen-Analysen für spätere Zeiten liegen nicht vor, doch ist es verlockend, eine unerwartete Entwicklung besonders hervorzuheben, die durch die Spurenelement-Analyse entdeckt wurde. Der dramatische Anstieg des Platingehaltes in der römischen Goldprägung während der Jahre 346–388 n. Chr. und auch noch danach deutet darauf hin, daß damals eine bedeutendere neue Quelle für Gold ausgebeutet wurde (Morrisson und andere 1985: 92–5). Dies könnte durchaus viel wichtiger für die Etablierung der Vorherrschaft des Goldes in der spätrömischen Wirtschaft gewesen sein als Konstantins Ausmünzung heidnischer Tempelschätze. Die Lokalisierung der neuen Goldquelle ist aber noch nicht gelungen.
Was ist eine Münzstätte? Metalle wurden in einer Münzstätte in Münzen verwandelt, doch was ist eine Münzstätte? Wie bei vielen einfachen Fragen gibt es darauf eine recht komplizierte Antwort. Darstellungen von Prägeszenen, erhaltene Stempel und wissenschaftliche Untersuchungen der Münzen vermitteln eine gewisse Vorstellung von der Technologie, die bei der Herstellung von Münzen zur Anwendung kam (Vermeule 1954; Malkmus 1989–1993). Gegossen wurden Münzen nur dann, wenn sie zu groß waren, um geprägt zu werden [z. B. 84]. Auch einige Fälscher bedienten sich des Gußverfahrens, weil es der einfachste Weg war, um offizielle Münzen nachzuahmen. Die große Mehrheit der antiken Münzen wurde jedoch hergestellt, indem man einem Schrötling, der zwischen zwei gravierten Stempeln lag, einen Schlag versetzte. Dabei war der obere Stempel (Rückseitenstempel) in einen Prägestempel eingesetzt, der untere (Vorderseitenstempel) in einen Amboß. Prägen ist für die Massenproduktion viel effizienter als Gießen. Die Bezeichnungen für verschiedene Münzstättenarbeiter und -funktionäre kennen wir aus trajanischen Inschriften, die in der Nähe der Römischen Münze gefunden wurden. Ihre Ämter und Aufgaben spielen auf vieles an: etwa auf die Aufträge für Arbeitsprozesse, die Vorbereitung von Metallen, das Gravieren von Stempeln, das Prägen von Münzen in einzelnen Fertigungsabteilungen, das Auftreten von Qualitätskontrolleuren (aequatores), von einem Kassierer (dispensator rationis) und von Bankiers (?, nummularii) (Alföldi 1958–59). Die Organisation der Münzproduktion in einer Anzahl von Fertigungsabteilungen (officinae) ist seit der Herrschaft des Kaisers Philippus (244–249 n.Chr.) auf Münzen vermerkt, reicht
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aber mit Sicherheit in frühere Zeiten zurück (Carson 1956) [142]. Es ist wichtig, sich von solchen Informationen nicht zu der Annahme verleiten zu lassen, alle Münzstätten seien große und kontinuierlich arbeitende Unternehmen gewesen. Sicherlich können wir im Falle größerer Münzstätten, die einen regelmäßigen Ausstoß von Münzen leisteten, mit einem Gebäudekomplex rechnen, der speziell diesem Zweck gewidmet war. Solche Einrichtungen dürften ungenutzt geblieben sein, wenn keine Prägetätigkeit stattfand. Ein Papyrus aus dem Jahr 258 v.Chr. gewährt uns einen Einblick in eine solche Situation: Die Arbeit an der ptolemäischen Münze in Alexandria war wegen eines bürokratischen Durcheinanders zum Stillstand gekommen (Austin 1981: 410–1). Die Archäologie hilft uns, das Bild noch weiter auszumalen. Die athenische Münzstätte der Zeit vom Ende des 5. Jhs. bis zum späten 1. Jh. v. Chr. wurde am Ostende der Südseite der agora ausgemacht (Camp 1979). Das Gebäude enthielt Bronzebarren und Scheiben, die von ähnlichen Barren abgeschnitten worden waren. Hinzu kommen noch Zeugnisse für Metallveredelung. Inschriften, die sich auf die Prägestätte beziehen, wurden in der Nähe gefunden. Die Münze war ein ausgedehntes Gebäude, 27 ⫻ 38 m, mit massiven Fundamenten von 1 m Dicke. Sie bestand aus zahlreichen Räumen verschiedener Größe, die um einen offenen Hof lagen. Durch Zufall wissen wir, daß die Arbeiter in der Münze Staatssklaven waren (Lewis 1990: 257). In Rom lag die Münze während der Republik auf dem Kapitol. Die Münze wurde wahrscheinlich nach dem Brand im Jahre 80 n. Chr. auf eine Parzelle des Grundstücks verlegt, das Neros domus aurea einnahm. Dieses war unter den Flaviern wieder in Staatsbesitz zurückgekehrt. Ein Fragment der forma urbis, eines Stadtplans Roms auf Marmor, gibt uns eine Vorstellung von dem Grundriß der römischen Münzstätte (Rodriguez-Almeida 1980: 63–5, Abb. 16 und 17). Reste des Gebäudes selbst wurden überzeugend unter der Kirche von S. Clemente lokalisiert, etwa 400 m östlich des Kolosseums (Coarelli 1985: 192–5). Es handelte sich um ein langes, rechteckiges Gebäude mit einer Breite von ca. 30 m und unbekannter Länge. Es hatte zwei Hauptetagen; die untere von ihnen war in der ersten Bauphase in zwei Geschosse unterteilt. Das Äußere des Baus wurde von einer massiven Mauer gebildet, wahrscheinlich mit nur einem Zugang und ohne weitere Öffnungen. Das untere Geschoß setzte sich aus einer großen Zahl von Räumen zusammen, die um einen Peristylhof gruppiert waren. Der Komplex dürfte kontinuierlich bis zum späten 4. Jh. n. Chr. als Münze gedient haben. Nur wenige andere offizielle Münzstätten der griechisch-römischen
Was ist eine Münzstätte?
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Welt wurden bisher lokalisiert. Das ist überraschend, wenn wir von der großen Zahl von Städten, die Münzen prägten, ausgehen und außerdem die aufgrund der Zeugnisse von Athen und Rom naheliegende Schlußfolgerung ziehen, daß Münzstätten im Zentrum von Städten zu finden sind, wo am intensivsten Ausgrabungen durchgeführt wurden. Doch gibt es dafür mehrere Erklärungen. Die meisten städtischen Prägungen waren äußerst sporadisch; oft lagen Jahrzehnte zwischen den Emissionen. Unter diesen Umständen kann es durchaus so gewesen sein, daß eine Münzstätte als solche gar nicht existierte. Die Technologie der Münzherstellung war nicht so kompliziert, und von festen Lokalitäten wurde nur insoweit Gebrauch gemacht, als dazu eine Notwendigkeit bestand, wenn ohnehin schon metallverarbeitende Betriebe vor Ort waren. Die Gebäude von kleineren Münzstätten, insoweit sie überhaupt eine Dauereinrichtung waren, dürften kaum eine spezifische Typologie gehabt haben und blieben so unerkannt. Wenn Münzstätten in einer ordnungsgemäßen Art und Weise geschlossen wurden, dürften für den Archäologen nur wenige Spuren zu finden sein, die ihn zur richtigen Diagnose führen. Allenfalls blieben Spuren von Metallverarbeitung erhalten. Kostbare Metalle dürften weggeschafft, die Stempel zerstört oder in Tempel geweiht worden sein. Das geschah, wie wir wissen, im Jahre 406 v. Chr. in Athen und im Jahre 166 v.Chr. auf Delos (Robert 1962: 18–24). Die überstürzte Aufgabe einer Münzstätte dürfte der Grund dafür sein, daß wir die Werkstätten von Fälschern viel besser lokalisieren können (dazu demnächst King). Funde von Schrötlingen bildeten die wichtigste Kategorie von Zeugnissen und wurden dazu verwendet, die Lokalisierung offizieller Münzstätten zu untermauern. Silberne Schrötlinge blieben in Eretria und Chalkis auf Euböa erhalten, jedoch sind ihre Fundumstände unbekannt (Consolaki und Hackens 1980: 286– 289). Funde von bronzenen Schrötlingen sind weitaus zahlreicher. Sie stammen aus der Zeit vom späten 5. bis zum 2. Jh. v. Chr. aus einem Raum von Italien bis Aï Khanoum in Baktrien (Cantilena 1989 mit Belegen; Oeconomides 1993; Bernard 1985). Häufig ist es unklar, ob der Fundort als Münzstätte zu identifizieren ist oder nicht. Schrötlinge aus einem Tempel in Argos sind überzeugender als Deposit zu deuten, das nach Schließung der Münzstätte dorthin kam, denn als Zeugnis dafür, daß in dem Tempel selbst gemünzt wurde (Consolaki und Hackens 1980). Die Identifizierung einer Werkstatt in Paphos auf Zypern, die Schrötlinge für ptolemäische Bronzemünzen produzierte, scheint sicher zu sein. Es wurden sowohl Gußformen als auch Schrötlinge gefunden, dazu noch Zeugnisse für Metallverarbeitung (Nicolaou 1990). Die Münzstätte in Halieis auf der Peloponnes wurde ebenfalls ziemlich überzeugend lokalisiert. In
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einem Gebäude mit den Maßen von 10 ⫻ 11 m fand man bronzene Schrötlinge; seine Rückwand wurde von der Stadtmauer gebildet. Es stand auf starken Fundamenten und besaß eine zentrale Säule. Es wurde vermutet, daß das Gebäude anderen Zwecken diente, aber auch, daß es die Münzstätte war (Boyd und Rudolf 1978: 339). Es ist möglich, daß in bestimmten Zusammenhängen offizielle Münzen eher in vielen kleinen Einrichtungen hergestellt wurden als in einer zentralen Münzstätte. Das scheint den Forderungen nach Sicherheit entgegenzustehen. Man denkt in diesem Zusammenhang an die massive Mauer um die Münze in Rom und an die Kohorte, die bei der Reichsmünzstätte in Lugdunum lag. Dennoch deuteten einige Gelehrte die weit zerstreuten Funde von Stempeln aus der frühen Prinzipatszeit in Gallien als Zeugnisse für dezentralisierte Münzproduktion (Amandry 1991). Eine Textstelle bei dem Kirchenhistoriker Sozomenos aus dem 5. Jh., die sich auf das spätantike Antiocheia bezieht, wurde in derselben Weise gedeutet (Liebeschuetz 1972: 57–8). Der Begriff ‚Münzstätte‘ wird von den Numismatikern normalerweise dazu verwendet, um eine Einrichtung zu bezeichnen, die die Münzen einer bestimmten Stadt produziert. Dabei unterstellen sie, daß sie in der Stadt lag, die auf den Münzen genannt ist oder auf die auf den Prägungen angespielt wird. In der großen Mehrheit der Fälle scheint diese Annahme richtig zu sein, aber sie läßt sich nicht beweisen oder wurde zumindest noch nicht bewiesen. Der Gebrauch desselben Stempels für die Produktion von Münzen von zwei oder noch mehr verschiedenen Städten eröffnet die Möglichkeit, daß eine Münzstätte für auswärtige Städte geprägt hat. Einerseits kommt die gemeinsame Verwendung desselben Stempels (Stempelkopplung) in bestimmten begrenzten Zusammenhängen vor, woraus hervorgeht, daß das Phänomen nicht allgemein verbreitet war. Andererseits sei angemerkt, daß Stempelkopplungen von Städten nur dann vorkommen können, wenn derselbe Münztypus zumindest für eine Seite einer Münze in beiden Städten verwendet wurde. Es ist einleuchtend, daß die Möglichkeit für eine Stempelkopplung nicht besteht, wenn zwei Städte keinen gemeinsamen Münztypus verwendeten, selbst dann nicht, wenn die Münzen in derselben Einrichtung produziert wurden. Im letzteren Fall kann die Identität der Münzstätte im Prinzip an Ähnlichkeiten der Stempelgravur, der Herstellungstechnik oder der Beschaffenheit des Münzmetalls erkennbar sein. Solche Ähnlichkeiten fallen oft nicht auf und sind in einigen Fällen schwer zu deuten. So bleibt die ‚zentralisierte‘ Prägung in bestimmten Zusammenhängen wahrscheinlich unerkannt. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, daß selbst die gemeinsame Stempelnutzung von Städten nicht notwendigerweise bedeutet, daß deren
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Münzen in derselben Münzstätte produziert wurden. Stempelkopplungen zwischen Prägeorten können auch durch Stempeltransfer von einer Münzstätte zu einer anderen zustande kommen, besonders offensichtlich dann, wenn eine neue Münzstätte installiert wurde. So wurde, als sich die Prägung von Königsmünzen im Zuge von Alexanders Eroberungen ausbreitete, ein Stempel von der bereits etablierten Münze in Sidon zu einer neuen Münzstätte in Akkon transferiert (Price 1991 a: 37). Stempel konnten auch in anderen Zusammenhängen weitergegeben werden, die man sich recht leicht im Falle der dezentralisierten Prägung von Königs- und Bundesmünzen vorstellen kann; Beispiele aus den Reichen der Seleukiden, Ptolemäer und Attaliden sind bekannt, ebenso vom Achäischen Bund (Thompson 1968: 100–102 zum letzteren). Stempelkopplungen zwischen Münzstätten sind in hellenistischen Zusammenhängen so unüblich, daß es überzeugender ist, einen solchen Vorgang eher als den Transfer von Stempeln zu deuten denn als Zeugnis für die Prägung von Münzen im Namen verschiedener Städte in ein und derselben Einrichtung (Mørkholm 1982 b). Systematische Stempelkopplungen zwischen Städten gehen im Gegensatz zu gelegentlichen eher auf eine zentralisierte Prägeorganisation zurück. Es ist klar, daß im späten 5. und frühen 4. Jh. v. Chr. Neapolis Silbermünzen für andere Städte und Stämme in Kampanien prägte (Rutter 1979: 75, 82–3 und 102). Im späten 4. Jh. v. Chr. war die Münzstätte von Neapolis für die früheste bronzene Kreditgeldprägung im Namen der Römer verantwortlich; die Münzen tragen eine verräterische Legende in Griechisch. Das Phänomen der Stempelkopplungen zwischen Städten erreichte seinen Höhepunkt im späten 2. und 3. Jh. n. Chr. In dieser Zeit ist es für die Donauprovinzen, die Peloponnes, Kleinasien und Syrien nachzuweisen (Grunauer-von Hoerschelmann 1982–1983; Kraft 1972; Johnston 1982–83; Butcher 1986–87; 1988 b). Es ist nicht überraschend, daß es ein gewisses Maß von Zusammenarbeit bei der Produktion städtischer Bronzemünzen für hunderte von Städten gab, von denen viele relativ unbedeutend waren und nur gelegentlich Münzen prägten. In den meisten Fällen wissen wir nicht, ob diese Zusammenarbeit in einer zentralisierten Prägung oder bloß im Transfer von Stempeln – vielleicht mittels wandernder Stempelschneider oder Münzwerkstätten – bestand. In einigen Fällen erlaubt jedoch die Verbindung von Stempelkopplung, charakteristischen Herstellungstechniken und Metallzusammensetzungen den sicheren Schluß, daß ein und dieselbe städtische Münzstätte tatsächlich Münzen für andere Städte produzierte, z. B. das syrische Antiocheia für eine Reihe von Städten in Nordsyrien und für Philippopolis in der Provinz Arabia in der Zeit zwischen 218 und 254 n.Chr. (Butcher 1986–87; 1988b) [168].
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Die Produktionsweisen in den größeren Münzstätten, die Edelmetall prägten, dürften gleichfalls komplex gewesen sein. Zu gewissen Zeiten prägte Rom Silbermünzen, aber auch solche aus unedlem Metall, in regionaler Machart, die in Kappadokien, Syrien, Ägypten und anderswo im Osten in Umlauf gebracht werden sollten. Das klarste Beispiel ist eine Emission von Tetradrachmen in syrischem Stil unter Philippus I. im Jahre 244 n. Chr., die griechische Legenden aufweist, aber die lateinische Münzstättenangabe MON. VRB. trägt. Diese Erscheinung ist vielleicht nicht so überraschend, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die römische Münze Prägungen für alle Provinzen des Westens produzierte. Der einzige Unterschied besteht darin, daß die Münzprägung im Westen standardisiert war, während für den Osten Münzen hergestellt wurden, die regionalen Stilen und Gewichtsstandards entsprechen mußten. Neben Rom prägten auch die Münzstätten von Alexandria und Antiochia Silbermünzen für andere Provinzen des Ostens (Burnett 1987: 31; Butcher 1988 a: 36–7). So konnten Münzstätten ständige oder zeitliche Einrichtungen sein, die tatsächlich auch wanderten, in einigen Fällen eine militärische Aktion (vgl. Mørkholm 1982 b: 211) oder den Kaiser begleiteten, so im Falle der spätrömischen ‚comitatensischen‘ Münzstätten (Hendy 1985: 386–94) [182]. Stempel konnten von einer Münzstätte zu einer anderen verbracht werden, und eine Münzstätte in einer Stadt konnte Münzen für eine andere Stadt oder Region produzieren. Gewisse Einsichten in derart komplexe Verhältnisse wurden durch numismatische Studien in den letzten Jahrzehnten gewonnen, aber es ist wichtig, angesichts solcher Entdeckungen Überinterpretationen zu vermeiden. In der Mehrzahl der Fälle gibt es keinen Grund, daran zu zweifeln, daß Münzen dort geprägt wurden, wo man es vermutet. Eine komplexe Zusammenarbeit zwischen Prägeorten ist in manchen Fällen gut nachvollziehbar, obwohl uns einige ohne Zweifel entgangen sind.
Wie umfangreich waren Emissionen? Die Untersuchung der Stempel, die für die Massenproduktion von Münzgeld benutzt wurden, wirft nicht nur Licht auf die Organisation der Münzproduktion, sondern auch auf die Dauer und die Größenordnung der Produktion. Ebenso wie Münzen von denselben Stempeln in der Regel am selben Ort produziert wurden – mit einigen Ausnahmen, die soeben diskutiert wurden –, sind Münzen von denselben Stempeln aller Wahrscheinlichkeit nach auch gleichzeitig geprägt worden. Wie ‚gleichzei-
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tig‘ sie waren, hängt von der Intensität der Produktion ab; Stempel verschleißen oder zerbrechen durch den Gebrauch. In der hellenistischen Zeit sind einige Serien von Silbermünzen mit Monatsangaben datiert; sie erlauben uns Untersuchungen über die Dauer der Verwendung bestimmter Stempel (Mørkholm 1983 b; de Callataÿ 1995) [53]. In Münzstätten mit einer umfangreichen und regelmäßigen Prägung hielten Stempel im Durchschnitt drei bis fünf Monate und manchmal deutlich kürzere Zeit; die Stempel von Mithridates hielten normalerweise nicht länger als einen Monat. In Münzstätten mit einem geringeren Ausstoß konnten Stempel bis zu fünf Jahren in Verwendung bleiben. In der römischen Welt treffen wir auf Extreme. Einige Gelehrte haben veranschlagt, daß die Intensität bei der Produktion von Denaren in der Münzstätte Rom in der späten Republik zur Folge hatte, daß man Stempel notwendigerweise nach weniger als einem Tag aus dem Verkehr gezogen haben dürfte (Carter und Nord 1992). Im Gegensatz dazu gibt es in den unregelmäßig arbeitenden städtischen Münzstätten des Ostens den Fall, wo ein und derselbe Stempel für zwei Emissionen verwendet wurde, die achtzig Jahre auseinanderlagen. Der Stempel war in der Zwischenzeit vermutlich im Magazin aufbewahrt worden (Mørkholm 1983 b: 16). Ein derartiger Ausnahmefall sollte nicht von den normalen Verhältnissen ablenken, er ist aber eine deutliche Warnung an uns, nicht ohne jede Überlegung von der Annahme auszugehen, daß Münzen von denselben Stempeln zeitgleich im engeren Sinne waren. Eine solche Gefahr besteht für die griechische Numismatik, wo unsere Vorstellungen von Chronologie oft in großem Umfang auf Stempeluntersuchungen beruhen, die das Zeugnis der Schatzfunde ergänzen. Für den Historiker ist das weitaus wichtigste Ergebnis von Stempeluntersuchungen die Möglichkeit, den Umfang von Münzemissionen abzuschätzen. Produktionsberichte von Münzstätten aus der Antike sind nicht erhalten, weshalb alle Versuche, etwas über die Quantitäten auszusagen, bei den erhaltenen Münzen anzusetzen haben. Die ursprüngliche Zahl der Stempel, die für eine Emission verwendet wurden, muß ermittelt und mit der Durchschnittszahl der Münzen, die mit jedem Stempel produziert wurden, multipliziert werden. Die ursprüngliche Zahl der Stempel wird durch eine statistische Extrapolation der Zahl jener Stempel, die in modernen Stempeluntersuchungen festgestellt wurden, ermittelt, wobei der verdoppelte Betrag der vorhandenen Belegexemplare zugrunde gelegt wird. Es ist gute Praxis, das Ergebnis nicht in einer auf die Zahl genauen Schätzung auszudrücken, sondern durch die Angabe eines Bereichs, innerhalb dessen man mit einiger Zuversicht die exakte Zahl anzusetzen hat. Wenn die vorhandenen Belegexem-
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plare einer Prägung im Verhältnis zur ursprünglichen Produktion spärlich sind, kann der Spielraum, in dem sich Fehlschätzungen bewegen, sehr weit sein (Esty 1986). In einem gewissen Umfang läßt sich Abhilfe dadurch schaffen, daß die geschätzten Ergebnisse für die Stempelanzahl mit der relativen Häufigkeit von Emissionen in Schatzfunden verglichen werden. Unter idealen Umständen spiegelt ein großer Schatzfund den Münzausstoß leidlich gut wieder, vorausgesetzt, daß das fortschreitende Ausscheiden älterer Münzen aus dem Umlauf berücksichtigt wird (Volk 1987). Tatsächlich ist es in der Anlehnung an Crawfords Pionierarbeit über die Münzen der Römischen Republik ziemlich normal geworden, die Befunde der Horte dafür zu benutzen, um auf der Grundlage der Ergebnisse von Stempeluntersuchungen zu bestimmten Emissionen Extrapolationen vorzunehmen, um so die Größe von Emissionen, für die keine Stempeluntersuchungen durchgeführt wurden, einzuschätzen (RRC 640–94; Duncan-Jones 1994: 113–5; de Callataÿ 1997). Diese Methode ist sowohl nützlich als auch von ihrem theoretischen Ansatz her einwandfrei. Allerdings muß daran erinnert werden, daß sie ihren eigenen, nicht unbeträchtlichen Spielraum für Fehler hat. So kann z. B. die Häufigkeit, mit der bestimmte Emissionen vorkommen, in den Schatzfunden aus verschiedenen Regionen manchmal markant variieren (z. B. Duncan-Jones 1994: 120–2). Man muß also einen Weg finden, die Zeugnisse verschiedener Regionen miteinander zu verbinden, um zu einem ausgewogenen Bild von der ursprünglichen Produktion zu gelangen. Selbst wenn dies mit noch so viel Problembewußtsein geschieht, schließt jedes Vorgehen dieser Art auch das Element der Mutmaßung mit ein. Noch problematischer ist es, von einer relativen Schätzung des Münzausstoßes – die mit der Zahl der Stempel angegeben wird – zu einer absoluten Schätzung überzugehen, die mit der Zahl der Münzen angegeben wird. Eine Vorstellung davon, wie viele Münzen im Durchschnitt mit einem Stempel produziert werden konnten, ist dazu erforderlich. Das einzige sichere Zeugnis aus der Antike stammt von einer inschriftlichen Notiz über Edelmetall, das für Silbermünzen der Amphiktyonen ca. 338–333 v. Chr. in Delphi verwendet wurde. Diese Angabe kann mit der Zahl der Stempel, die für die Produktion dieser Münzen verwendet wurden, in Beziehung gesetzt werden (Kinns 1983). Unsicherheiten in der Lesung der Inschrift und einige unbekannte Faktoren lassen einen gewissen Raum für Ungewißheiten, doch liegt die durchschnittliche Produktion eines jeden Stater-Vorderseitenstempels wahrscheinlich zwischen 23 000 und 47 000 Münzen und zwischen 11 000 und 28 000 für jeden Rückseitenstempel. Dieses Zeugnis verschafft einen gewissen Eindruck für mögliche Größen-
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verhältnisse, doch haben wir keinen Grund, die Zahlen für typisch zu halten.1 Es ist klar, daß der tatsächliche Ausstoß von einzelnen Stempeln erheblich variieren konnte, doch kann es auch bedeutende Unterschiede im Durchschnittsausstoß zwischen Emissionen wie auch innerhalb einzelner Emissionen im Laufe der Zeit gegeben haben. Ganz offensichtlich dürfte der Ausstoß pro Stempel aufgrund der Metalle, die verwendet wurden, variiert haben, ebenso aufgrund der Größe und des Typus der Münzen sowie aufgrund der Qualität des Stempels und der Geschicklichkeit der Münzarbeiter. Schließlich spielte es noch eine Rolle, ob die Stempel in Gebrauch blieben, bis sie brachen. Wir sind nicht in der Lage, diese Ausstoßschwankungen in der antiken Welt auch nur mit einiger Sicherheit einzuschätzen, aber die Nachrichten über Stempel, die in England zwischen 1281 und 1327 verwendet wurden, und Edelmetall, das damals geprägt wurde, liefern eine aussagekräftige Analogie aus einem vorindustriellen Kontext. Die durchschnittliche Produktion mit einzelnen Stempeln variierte in verschiedenen Abschnitten dieses Zeitraums zwischen 5000 und 74 000 Stück (Mate 1969; Howgego 1992: 3). Wenn wir solche Überlegungen ernstnehmen, wird die Gefahr eines zu großen Optimismus über das, was erreichbar ist, deutlich. Berechnungen führen mit einiger Sicherheit in die Irre, wenn nicht die Spielräume für Fehler festgelegt und bei jedem Schritt komplexer Berechnungen multipliziert werden. Studien zum Ausstoß sind von grundlegender Bedeutung, wenn sie korrekt und vorsichtig angewandt werden. So reichen sie z. B. aus, um den geringen Umfang der römischen Münzprägung im Verhältnis zur karthagischen und sogar zu einigen italischen Städten vor dem 2. Punischen Krieg aufzuzeigen (Burnett 1987: 12–4; 1989, 41–8), oder um den 1 Eine andere Prägung, für die Versuche unternommen wurden, den Ausstoß pro Stempel zu errechnen, sind die Goldmünzen, die in Athen im Jahr 406/07 produziert wurden (Thompson 1961: 709–10). Die Situation ist auf den ersten Blick vielversprechend, da wir Aufzeichnungen über einen Teil des ausgemünzten Edelmetalls (14 Talente) und über die Anzahl der Stempel besitzen, die für das größte Nominal verwendet wurden (vier Unter- und zweiundzwanzig Oberstempel). Unglücklicherweise wissen wir weder in welchen Stückzahlen die fünf kleineren Nominale [23] aus eben dieser Edelmetallmenge produziert wurden, noch wieviel Edelmetall zusätzlich verwendet wurde (Thompson 1970), noch ob die Stempel so lange gebraucht wurden, bis sie abgenutzt waren oder zerbrachen. Da die Stempel auf die Akropolis geweiht wurden, kann es gut sein, daß sie noch brauchbar waren. Aus diesen Gründen kann der Berechnung von Thompson, wonach mit jedem Stater-Vorderseitenstempel 5000 Münzen produziert wurden, wenig Gewicht zugebilligt werden.
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niedrigen Gesamtwert jenes römischen provinzialen Bronzegeldes zu unterstreichen, das in der verhältnismäßig bedeutenden Münze von Korinth von 44 v. Chr. bis 69 n. Chr. hergestellt wurde (Howgego 1989). In beiden Fällen erlauben uns die Berechnungen, bestimmte Erklärungen über die Funktion der betreffenden Geldprägungen auszuschließen. Stempeluntersuchungen reichen oft aus, um Perioden hoher und niedriger Produktionstätigkeit zu unterscheiden; sie bleiben so lange von Nutzen, wie die Überlieferung nicht überdehnt wird. So können wir sehen, wie der Ausstoß bestimmter Prägungen in Zeiten des Krieges oder einer Münzreform dramatisch anwuchs. Allerdings ist die Vorstellung, daß Berechnungen so genau sein könnten, daß man in der Lage wäre, detaillierte, jahresbezogene Vergleiche mit den geschätzten Staatsausgaben anzustellen, reine Phantasie. Einige Exzesse quantitativer Numismatik waren bereits an anderer Stelle Gegenstand detaillierterer Kritik (Howgego 1992; Buttrey 1993; 1994); Warnungen wurden in der Tat schon vor längerer Zeit geäußert (Grierson 1968). Man bemüht sich jetzt um einen ausgewogeneren Zugang (de Callataÿ 1997). Weil der Autor dieses Buches der vorgeblichen Genauigkeit, mit der viele quantitative Untersuchungen präsentiert wurden, vorsichtig entgegentritt, widmet das vorliegende Buch diesem Ansatz nicht so viel Raum, wie ihm aufgrund des Optimismus einiger jüngerer Arbeiten scheinbar zukommen sollte.
Weshalb wurden Münzen geprägt? Es ist ganz und gar naheliegend, daß Versuche unternommen wurden, den Münzausstoß mit Staatsausgaben in Verbindung zu bringen. Bis vor kurzem galt es als orthodoxe Meinungsäußerung, die Behauptung aufzustellen, daß Münzen nur zu dem Zweck geprägt wurden, um Staaten in die Lage zu versetzen, Zahlungen zu leisten. Dabei kümmerte man sich wenig oder gar nicht darum, welche Verwendungen sie darüber hinaus haben sollten. Dieses Bild gewann seine Überzeugungskraft von der Vorstellung, daß Staatszahlungen der einzige Weg waren, auf dem Münzen in Umlauf gelangten. In bestimmten Zusammenhängen gab es aber auch noch andere Wege. Privatpersonen konnten ihr eigenes Edelmetall zu einer Münzstätte bringen, um es ausmünzen zu lassen. Eine Inschrift aus dem 3. Jh. v. Chr. tradiert, daß ein Fremder, er hieß Polycharmos, der Stadt Olbia hundert Goldstatere lieh und dafür als Sicherheit einige sakrale Gefäße erhielt. Als die Stadt die geliehene Summe nicht zurückzahlen konnte, brachte Poly-
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charmos die Gefäße zur Münze, um aus ihnen Münzen herstellen zu lassen. Schließlich wurden die Gefäße durch einen Wohltäter vor diesem Schicksal bewahrt (Syll.3 495). Ähnlich erwähnen die pseudoaristotelischen Oikonomika (1350 b), daß der Perser Didales Silber nach Amisos brachte, um es für seine Truppen ausmünzen zu lassen. Unsere Überlieferung ist so zufällig, daß wir nur ungenügende Vorstellungen davon haben, wie verbreitet solche Praktiken waren. In Athen war die Münzstätte an der agora im Prinzip zugänglich. Im Gegensatz dazu hatte das Niveau der Zentralisierung von Münzprägung in der römischen Welt zur Folge, daß es für den Großteil der Bevölkerung schwierig gewesen sein muß, Gold oder Silber zu einer Prägestätte zu bringen. Es ist somit etwas überraschend, daß es spärliche Zeugnisse dafür gibt, daß der Staat im Römischen Reich des 4. Jhs. n. Chr. und vielleicht auch in der späten Republik (Howgego 1990: 19–20) Münzen für Privatleute prägte. In Gebieten, die sich geschlossener Geldsysteme bedienten (siehe S. 60–2), mußte es einen bestimmten Weg geben, auf dem Reisende, die von auswärts kamen, Fremdgeld umtauschen konnten. Ein ptolemäischer Papyrus aus dem Jahr 258 v. Chr. überliefert, daß die Münze – gegen eine Gebühr – ausländisches Geld für „die Fremden, die über See hierherkamen, für Kaufleute, für die Spediteure und andere“ umprägte (Austin 1981: 410–1). Neben Staatszahlungen und der Prägetätigkeit für Privatleute konnten Münzen auch dadurch in Umlauf gebracht werden, daß sie an die Öffentlichkeit ‚verkauft‘ wurden oder an Geldwechsler, die sie wiederum an die Öffentlichkeit ‚veräußerten‘. Dafür gibt es kein direktes Zeugnis aus der Zeit vor Anastasius, doch zeigt ein Bericht des Symmachus (Rel. 29) aus dem Jahr 384–385 n. Chr., daß Geldwechsler gezwungen wurden, Solidi an den Staat zu verkaufen, wofür sie eine festgesetzte Menge aus unedlem Metall erhielten. Praktiken dieser Art mögen genutzt worden sein, um neue Münzen aus unedlem Metall in Umlauf zu bringen – wahrscheinlich war dies das Ziel der Bemühungen – und um Gold für den Staat herauszupressen. In diesem Zusammenhang wüßten wir gerne, welche Funktion genau die ‚Bankiers‘ (nummularii) hatten, die mit der Münze von Rom verbunden waren (Andreau 1987: 202). Obwohl es auch andere Möglichkeiten gab, stellt die Überlieferung mit Nachdruck heraus, daß Staatsausgaben bei weitem das wichtigste Mittel waren, mit dem Münzgeld in der Antike in den meisten Fällen in Umlauf gebracht wurde. Im Mittelalter war die Lage anders: Auch Privatleute und Institutionen, die neben dem Staat existierten, prägten Münzen; Münzgeld wurde in dieser Epoche in erster Linie für Privatleute geprägt. Der Unterschied zwischen der Antike und dem Mittelalter (im Westen) mag über-
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zeichnet worden sein, doch ist der Übergang zur überwiegenden Prägetätigkeit für Privatleute ein Aspekt der Umgestaltung der spätantiken zur mittelalterlichen Welt (Hendy 1988; 1991; 1993). Selbst wenn man zustimmt, daß in der Antike die Mehrzahl der Münzen auf dem Wege von Staatszahlungen in Umlauf gebracht wurde, bedeutet dies noch nicht, daß solche Ausgaben der einzige Aspekt waren, unter dem Münzen geprägt wurden. Auch andere Aspekte dürften in Entscheidungen, ob alte Münzen umgemünzt wurden, bevor sie wieder in den Verkehr kamen, oder welche Nominale geprägt werden sollten – man kann sich nur schwer vorstellen, wie die Notwendigkeiten von Staatsausgaben zu der Produktion von so viel Wechselgeld führten –, eingeflossen sein. Es gibt in beträchtlichem Umfang antike Zeugnisse, die alternative Motive für Münzprägung belegen. Sie sind bereits an anderer Stelle gesammelt worden und können deshalb hier summarisch behandelt werden. Diese Motive „umfaßten nicht nur geldtechnische Faktoren – wie etwa Umprägeaktionen, die mit Münzreformen oder geschlossenen Geldsystemen zusammenhingen, ferner die Notwendigkeit, abgegriffene Münzen zu erneuern oder eine miteinander ungleichartige Geldmenge zu standardisieren, und schließlich vielleicht die Bestimmungen von Währungsverbünden –, sondern auch die grundlegenden Belange von Profit, Stolz und Politik. … Außerdem steht das Leugnen, … daß gemünztes Geld in der Alten Welt seine Existenz einem ökonomischen Konzept verdankt, anscheinend im Widerspruch zu jenen Zeugnissen, die belegen, daß man auf den Druck des Volkes hin Maßnahmen ergriff, um das reibungslose Funktionieren der Geldwährung als Mittel des Austausches sicherzustellen. Außerdem erklärt ein solches Leugnen nicht hinlänglich jene Schritte, die man unternahm, um in Zeiten von Münzmangel den Nachschub an Münzgeld zu verbessern. Die antiken Schriftsteller bezeugen ganz klar, daß Münzen geprägt werden konnten, um den Austausch zwischen Privatpersonen wie auch die Zahlung von Steuern und den auswärtigen Handel zu erleichtern.“ (Howgego 1990: 24–5).
Daraus folgt nun, daß bestimmte Formen von Münzprägung zwar bestimmte Formen von Staatsausgaben widerspiegeln können, es aber nicht unbedingt müssen.
Münzprägung und Staatsausgaben Es sind einige Zweifel sowohl an der Annahme, daß eine automatische Verbindung zwischen Münzprägung und Staatsausgaben besteht, als auch an dem Grad der Genauigkeit, der bei der Einschätzung bestimmter Prägungen zu erreichen ist, vorgebracht worden. Ein weiteres grundsätzliches
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Problem besteht darin, daß Staaten ihre Zahlungen nicht nur in neuer Münze leisten konnten, sondern auch in alter, die durch eine Mischung von Tribut, Steuern, Pachten, Konfiskationen, Beute, Erbschaften und ähnlichem in ihren Schatz zurückfloß. Fremde Münzen, Edelmetall [vgl. 183–184] und sogar Kredite konnten in bestimmten Zusammenhängen auch eine Rolle spielen. Die uns unbekannte Mischung der einzelnen Elemente bei Staatszahlungen macht das Verhältnis zwischen der Gestaltung der Produktion neuer Münzen und der Gestaltung von Ausgaben noch weiter ungewiß (Howgego 1990: 11–5). Beispielsweise hat eine detaillierte Untersuchung zur römischen Münzprägung unter der Herrschaft des Domitian gezeigt, daß frischgeprägtes Geld wahrscheinlich nicht mehr als ein Zehntel der Staatsausgaben in einem bestimmten Jahr ausgemacht hat (Burnett 1987: 95; auf Carradice 1983 aufbauend). Andere versuchsweise unternommenen Schätzungen der Münzproduktion von Nero bis Mark Aurel legen nahe, daß die Menge an frischgeprägtem Geld in der Regel – aber vielleicht nicht immer – deutlich unter dem Niveau der Staatsausgaben lag (Duncan-Jones 1994: 45–6, 111–2, 167). Trotz der Probleme, die mit dieser Fragestellung verbunden sind, bleibt es richtig, daß die Interpretation von Münzproduktion im Licht der Staatsfinanzen einer der ergiebigsten Ansätze der letzten Jahrzehnte war. Ebenso gilt, daß der Versuch unsinnig ist, den Zweck einer Prägung zu interpretieren, ohne zu versuchen, eine Vorstellung von ihrem Umfang zu gewinnen. Daher rührt die große Bedeutung von Crawfords Arbeit über die Römische Republik (RRC 633–707). Die verwandte Fragestellung, was mit dem Münzgeld in Zeiten einer Krise der Staatsfinanzen geschah, war ebenfalls ein fruchtbares Feld für Forschung und Diskussion (siehe Kapitel 6). Selbst wo numismatische Ansätze den vorhandenen Kenntnisstand nur wenig ergänzen, dürften sie dazu beitragen, allgemeinen Einsichten einen Rückhalt in der materiellen Überlieferung zu verschaffen. So kann die Information hilfreich sein, daß der Bau der athenischen Flotte zur Bekämpfung der Perser in der Zeit vor 480 v. Chr. wahrscheinlich mit einer der intensivsten Prägeperioden in der Geschichte der ‚griechischen Münze‘ (siehe S.28) [20] zusammenfiel oder daß es zu einem bedeutenden Anstieg der Münzmenge in vielen Gebieten des Alexanderreiches kam, als seit etwa 324 v. Chr. ein erheblicher Teil des Heeres ausbezahlt und nach Hause geschickt wurde (siehe S. 57–8), oder daß Roms massive Münzprägung im Jahre 90 v. Chr. zu Zeiten des Bundesgenossenkrieges umfangreicher war als in jedem anderen Jahr der Republik (RRC 340; Burnett 1987: 92) [95]. In allen diesen Zusammenhängen dürften wir bereits mit einer statt-
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lichen Produktion von Münzgeld gerechnet haben. Es kann ebenfalls aufschlußreich sein, auf unerwartet große Prägungen einzugehen, da wir so gezwungen werden, die Frage nach ihren Hintergründen zu stellen. So können zahlreiche städtische oder lokale Prägungen, die innerhalb oder im Dunstkreis der Reiche der Perser, Attaliden oder Römer realisiert wurden, überzeugend als Vehikel für finanzielle Belange der imperialen Macht gedeutet werden (siehe Kapitel 3). Diese Einsicht stellt für uns einen Erkenntnisfortschritt dar: So sahen z. B. nicht alle Münzen, die römisch waren, wie römische Münzen aus. Militärausgaben spielen in numismatischen Untersuchungen eine große Rolle. Bis zu einem gewissen Grad steckt dahinter nicht mehr als die Überlegung, daß im Haushalt der namhaftesten antiken Staatswesen der militärische Sektor das Übergewicht hatte. Allerdings sollte man sich vielleicht gelegentlich ins Gedächtnis rufen, daß nicht alle Ausgaben militärischer Natur waren. Neben anderen Dingen haben wir an kostenlose oder subventionierte Lebensmittelverteilungen zu denken, an Spiele, an Geldverteilungen an das Volk und die Soldaten, an öffentliche Bauten, an Staatsbedienstete, an Ansiedlungen (von Kolonien oder Privatleuten) und an externe Zahlungen (Bestechungen, Lösegelder, Subsidien und Entschädigungen). Bestimmte Prägungen können zumindest mit einigen dieser Kategorien in Verbindung gebracht werden (Howgego 1990: 9–11). So kann z. B. die Kategorie „Lebensmittel“ schön mit den Denaren aus der Zeit um 100 v. Chr. illustriert werden. Diese trugen nämlich eine bestimmte Legende, um deutlich zu machen, daß sie zum Kauf von Getreide geprägt worden waren: ad fru(mentum) emu(ndum) (RRC 330; Garnsey 1988: 198–9) [94]. Auswärtige Zahlungen stellen eine besonders tückische Kategorie dar: Warum bestand eine Notwendigkeit, Zahlungen, die für auswärts bestimmt waren, die Form von Münzgeld zu geben, anstatt Edelmetall, altes Geld oder was auch immer bereitstand zu schicken? Die Frage ist nur schwer zu beantworten, doch gibt es tatsächlich Prägungen, die in der einen oder anderen Form für den Export produziert wurden, so z. B. die Stammesprägungen Nordgriechenlands in der späten archaischen oder frühen klassischen Zeit (siehe S. 110) oder die Prägungen nach attischem Münzfuß im Attalidenreich oder seiner Umgebung (siehe S. 62–4). Vielleicht haben solche Prägungen damit zu tun, daß einige der Empfänger Münzgeld in einer erkennbaren und standardmäßigen Form vorzogen. Jedoch führten nicht alle auswärtigen Zahlungen zu Prägungen. Es wurde treffend herausgestellt, daß die größte Kriegsentschädigung, die von den Römern je eingefordert wurde – von Antiochos III. –, den Umfang der seleukidischen Münzproduktion nicht berührt hat (Le Rider 1993 b; Sher-
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win-White und Kuhrt 1993: 215 zu den Problemen, die durch die Kriegsentschädigung entstanden). Wenn wir davon ausgehen, daß Münzprägung auch mit nichtmilitärischen Ausgaben in Verbindung gebracht werden kann und daß sie nicht einmal mit Ausgaben überhaupt zu tun haben muß, benötigen wir eine gewisse Methodik, um militärische Prägungen ausfindig zu machen. Fünf mögliche Indizien wurden bereits anderswo herausgefiltert und jeweils mit Beispielen illustriert (Howgego 1990: 8–9). Bei ihnen handelt es sich um militärische Legenden auf Münzen, eine ausgesprochen militärische Typologie, ein zweifelsfreier militärischer Zusammenhang, ein monetäres Phänomen, das augenscheinlich nicht anders erklärt werden kann, und schließlich ein klares literarisches Zeugnis dafür, daß eine bestimmte Prägung für militärische Zwecke realisiert wurde. Keines dieser Indizien ist in allen Fällen zwingend, doch liefern sie wenigstens eine Grundlage, von der aus man überzeugend argumentieren kann. Es liegt auf der Hand, daß viele Militärprägungen keines dieser Indizien aufweisen, aber es ist unklar, wie wir sie erkennen können. In Fällen, wo die zeitliche Einordnung von Prägungen ungenau ist und Feldzüge häufig waren, sind Gelehrte manchmal nur zu leicht versucht, beides zu verbinden. Die Gefahr von Zirkelschlüssen liegt auf der Hand. Wo wir über eine präzise zeitliche Einordnung verfügen, läßt sich viel erreichen. Die Prägungen Mithridates’ VI. von Pontos wurden mit Jahresund Monatsangaben versehen (de Callataÿ 1987) [57]. Jahre intensiver Geldproduktion – man könnte auch argumentieren, jedes Jahr, in dem geprägt wurde – spiegeln Zeiten der Kriegsführung wider. Die einzige auffällige Ausnahme – der intensive Münzausstoß in den beiden Jahren vor dem Einfall des Mithridates nach Bithynien im Jahre 73 v. Chr. – kann überzeugend als ein Reflex jener Zeit erklärt werden, in der der Feldzug vorbereitet wurde. Dazu paßt es auch, daß in jedem Prägejahr die Produktion zwischen April und Juni ihren Höhepunkt erreichte, d. h. in der Zeit der Vorbereitungen und des Beginns der Feldzüge. Ebenso ermöglichen uns die Jahreszahlen auf einigen römischen Prägungen genaue Interpretationen. Walker konnte schlüssig vorführen, wie Prägungen im Osten unter Nero die Feldzüge Corbulos von Kleinasien bis nach Syrien begleiteten [155] und wie die Münzprägung in Syrien die Zeit des 1. Jüdischen Aufstandes widerspiegelte (Walker 1976–8, III: 112–7). Wie im Falle der Mithridates-Münzen ist nicht nur die Intensität solcher Prägungen von Interesse. Man kann an ihnen im Prinzip auch die Vorbereitungen vor dem Ausbruch der tatsächlichen Kriegsführung, die sich in Art und Weise der Prägung spiegelt, ablesen. So hat sowohl die Beschäftigung mit dem Umfang der Prägungen als
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auch die Interpretation der Münzen im Zusammenhang mit Staatsfinanzen dem Historiker vieles zu bieten. Dabei ist allerdings vorauszusetzen, daß die beiden Forschungsansätze mit Verständnis sowohl für die methodischen Probleme, die in ihnen begründet liegen, als auch für die Grenzen jener Verfahrensweisen, die uns zur Verfügung stehen, zur Anwendung kommen.
3. Großreiche Münzprägung und Imperialismus „Großreiche sind politische Systeme, die auf dem tatsächlichen oder angedrohten Einsatz von Gewalt basieren, um Produktionsüberschüsse von ihren Untertanen abzuziehen. Vorindustrielle Großreiche konnten keine umfänglichen staatlichen Institutionen unterhalten und sicherten deshalb ihre Macht, indem sie eine Interessensgemeinschaft bei den Eliten innerhalb des Reiches und ein Gefühl von Zugehörigkeit zum Reich förderten, das auf der Teilhabe an der Herrscherverehrung und der Anbindung an die kulturellen und symbolischen Systeme des Großreiches basierte. Wirtschaftlich waren Großreiche jedoch zuerst und vor allem Gebilde, die auf Tributzahlungen beruhten. Ein Großteil der beschränkten Energie, die ihnen zu Gebote stand, war dazu bestimmt, die ausreichende Versorgung mit Bargeld, Arbeit und Agrarprodukten aus den von ihnen kontrollierten Gebieten zu sichern.“ (Woolf 1992: 283)
Das Thema Imperialismus umfaßt sowohl territoriale Expansion wie auch Ausübung von Macht. Die Verbreitung des Gebrauchs einer Reichswährung oder von Symbolen, die mit herrscherlicher Kontrolle zu tun haben, wie z. B. Herrscherporträts auf Lokalprägungen, kann die Ausdehnung eines Reiches spiegeln. Die Typen einiger Reichsmünzen verraten kriegerische Ideologien und Herrschaftsansprüche und spielen daher bei Debatten über die Gründe der Expansion von Großreichen eine Rolle. War die Ausdehnung bloß zufällig oder zögerlich, aber unvermeidlich? War sie das normale Ergebnis von Beziehungen zwischen Staaten oder ein recht genau anvisiertes Ziel (Garnsey und Whittaker 1978: 1–6)? Die römische Reichsprägung führt eine imperiale Ideologie in der bei weitem anmaßendsten, aufdringlichsten und systematischsten Weise vor, wenn auch einige Aspekte der Thematik auf Alexander zurückgehen (siehe S.74) [45]. Die Numismatik beleuchtet auch den Umgang mit Macht. Das ist nicht erstaunlich, weil die Erhebung von Tribut in Bargeld (aber nicht immer in Bargeld) zentral für jene Definition von Großreich ist, die wir an den Anfang gestellt haben. Die herrschende Macht konnte ihre eigene Münzprägung sowie ihre eigenen Gewichtstandards und Nominalsysteme zwangsweise einführen oder konnte gegenüber den bestehenden Prägungen eine ‚Laissez-faire‘-Politik betreiben. Die Dominanz von Reichsmünzen oder von Strukturen, die auf eine Reichswährung zielten, muß nicht durch poli-
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Großreiche
tische oder administrative Maßnahmen zuwege gebracht worden sein. Andere mögliche Ursachen schließen Akkulturation oder irgendwelche Formen wirtschaftlicher Unterordnung ein, z. B. die Unfähigkeit, Münzen zu prägen, weil der Zufluß an Edelmetallen von Autoritäten des Reiches unterbrochen worden war; oder das Fehlen eines fiskalischen oder anderen Bedürfnisses bei den Untertanenstaaten, ihre eigenen Münzen zu produzieren. Dennoch ist es falsch, die zwangsweise Einführung einer Reichswährung von den Überlegungen auszuschließen und zu leugnen, daß es zwischen Münzprägung und Autonomie eine Verbindung gibt. In einer wichtigen Untersuchung zu diesem Thema hat Martin gezeigt, daß Philipp II. von Makedonien die Münzprägung in Thessalien nicht unterdrückte (Martin 1985). In einem weiteren Schritt dehnte er seine These aus, indem er bestritt, daß es überhaupt Fälle von Unterdrückung lokaler Prägungen durch Reichsgewalten aus politischen Gründen gegeben habe und daß zwischen Münzprägung und Souveränität irgendein Zusammenhang bestehe. Er wies mit Recht darauf hin, daß es in der Alten Welt keine theoretische Definition von Souveränität gab, die das Prägerecht miteinbezogen hätte. Allerdings war der Grad der Autonomie, deren sich Untertanenstädte oder -völker innerhalb von Großreichen erfreuten, das Ergebnis einer Reihe von ausgehandelten Verträgen und Übereinkünften. Münzgeld läßt sich als eines der Medien ausmachen, mit dem solche Verhandlungen über Autonomie geführt werden konnten. Was die Unterdrückung betrifft, hat Martin zu schnell die überzeugendsten Fälle, die er behandelte (Athen im 5. Jh. v. Chr. und das ptolemäische Ägypten), beiseite gestellt und ist auf ein anderes, zwingendes Beispiel (Rom) überhaupt nicht eingegangen. Zwei Überlegungen können helfen, dieses Problem ein wenig nachvollziehbarer zu machen. Zum einen konnte nämlich in bestimmten Zusammenhängen die Genehmigung, Münzen zu prägen, von Reichsgewalten gewährt werden. Von dem Seleukiden Antiochos VII. wird beispielsweise erzählt, er habe den Juden unter Simon (142–134 v. Chr.) das Recht gewährt, Münzen zu prägen (I Makkabäer 15, 6–7). Eine solche Verleihung ist möglich, da Judäa bis 129 v. Chr. in Abhängigkeit von den Seleukiden blieb (vgl. Sherwin-White und Kuhrt 1993: 228). Der Fall ist aber insofern problematisch, als Simon keine Münzen zugewiesen werden können. Entweder wurde das Privileg revoziert oder niemals gewährt, aber selbst wenn die Geschichte nicht historisch ist, verrät sie dennoch die Nachvollziehbarkeit der hinter ihr stehenden Vorstellung. Klarer sind die vielen Fälle, in denen Prägerecht im Römischen Reich verliehen wurde (RPC I 1–3). Patrai z. B. verdankte sein Recht, zu prägen, der Gunst des Domitian
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(Indulgentiae Aug. Moneta Inpetrata), nachdem vermutlich dieses Privileg unter Vespasian zurückgenommen worden war (Levy 1987). Die zweite Überlegung geht dahin, daß die Beseitigung der Unterdrückung durch ein Großreich eine Explosion von Prägungen zur Folge haben konnte. Unter der ptolemäischen Herrschaft mit ihrem strikt kontrollierten Geldsystem (siehe S. 60–2) emittierten die Städte im südlichen Kleinasien keine Münzen. Als ab 221 v. Chr. die Seleukiden ihren Einfluß über dieses Gebiet wieder geltend machten, wurde anscheinend ein gewisses Maß an Autonomie hingenommen. Eine Anzahl von Städten führte in Würdigung ihres neugewonnenen Status neue Ären, d. h. von einem Fixpunkt ausgehende neue Zeitrechnungen, ein und begann damit, Silbermünzen zu prägen (Price 1991 a: 346–68). Postume ‚Alexandreier‘ wurden in dem ersten Jahr der neuen Ären von Phaselis, Perge und Aspendos [67] und im Jahr 3 der Ära von Sillyon geprägt. Um dieselbe Zeit begann auch Side [68] damit, Silbermünzen mit städtischen Typen (Athena und Nike) auszugeben. Der Zusammenhang zwischen der neuen politischen Situation und einer plötzlich ausbrechenden Prägetätigkeit tritt klar zutage. Als die Kontrolle der Seleukiden über das östliche Kilikien, Syrien, Phönikien und Palästina von 130 bis 80 v. Chr. allmählich zurückging, fingen einige Städte ebenfalls mit dem Prägen von Silbermünzen an und datierten sie oft nach neuen Ären, die auch dort den neuen Status der Städte kennzeichneten (Mørkholm 1983 a; 1984; Spaer 1984). Aigeai, Seleukeia Pieris, Laodikeia, Tripolis [74], Sidon, Tyros und Askalon prägten innerhalb der ersten sechs Jahre ihrer neuen Ären. Die Münzen von Elaiussa Sebaste, Seleukeia Pieris, Laodikeia, Tripolis und Askalon propagierten alle die neue Autonomie. Auch in diesem Fall ist es schwer, den Zusammenhang zwischen Münzprägung und Autonomie zu leugnen. Aus einer ähnlichen Stimmung heraus riefen die beiden jüdischen Revolten in der Römischen Kaiserzeit nationalistische Münzemissionen mit neuen Ärenzählungen, die die Freiheit feierten, hervor (Millar: 1993: 366–74 zum Zusammenhang) [158–159]. Wenn wir davon ausgehen, daß in wenigen Fällen imperiale Gewalten die Erlaubnis zum Prägen erteilen konnten und daß einige Städte oder Völker auf ihre wiederhergestellte Freiheit mit der Produktion eigener Münzen reagierten, scheint es einleuchtend, daraus den Schluß zu ziehen, daß die Existenz eines gewissen Zusammenhangs zwischen Münzprägung und politischer Autonomie bemerkt wurde. Der Stolz, städtische Identität geltend machen zu können, sollte nicht unterschätzt werden (Howgego 1990: 20–1). Er könnte bei der Ausbreitung der Praxis des Münzenprägens in der gesamten griechischen Welt eine Rolle ge-
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spielt haben (siehe S. 18). Für spätere Zeiten gibt es einige klare Zeugnisse; besonders bemerkenswert ist eine Passage in einer Ehreninschrift aus Sestos, die in die Zeit nach dem Ende der attalidischen Herrschaft gehört (OGIS 339; Austin 1981: 348–52). Die Inschrift erklärt deutlich, warum das Volk beschloß, sein eigenes Bronzegeld zu prägen: Der Hauptgrund war, daß der Münztypus dieser Stadt umlaufen sollte. Es ist verlockend, auch eine Inschrift aus Perge heranzuziehen, die eine Reihe von Akklamationen zu Ehren der Stadt aus den Jahren 275–6 n. Chr. wiedergibt (Weiss 1991). Obwohl es nicht klar ist, auf welchen Münztyp Bezug genommen wird, birgt die Akklamation „Blühe Perge, geehrt mit Silbermünzen“ deutlich die Beziehung zwischen Münzprägung und städtischem Stolz in sich. In gewisser Hinsicht kann das Fortdauern der lokalen Prägungen in der östlichen Hälfte des Römischen Reiches bis in das 3. Jh. n. Chr. als kulturelles Phänomen gesehen werden (siehe S. 66–8). Die Produktion von Münzen durch ein Gemeinwesen in seinem eigenen Namen legte nahe, daß es unabhängig war, jedenfalls in dem engen Sinne, daß es nicht Teil des Territoriums einer anderen Gemeinde war. Das bedeutet allerdings nicht, daß eine Gemeinde frei oder autonom in jenem technischen Sinne war, den die Römer bei einer relativ kleinen Zahl von privilegierten Städten verwendeten. Die große Mehrheit von Prägungen wurde im Namen von poleis produziert, obwohl einige Emissionen von unabhängigen Stammesgruppierungen geprägt wurden, in der Regel während des Prozesses ihres Zusammenwachsens um ein Zentrum herum, das einmal zu einer polis werden sollte (Mitchell 1993 I: 87, 95, 113, 176). Münzen konnten auch im Namen der provinzialen Landtage (koina) hergestellt werden, die Gruppen von poleis umfaßten, oder von Klientelkönigreichen. Entscheidend ist, daß Münzen niemals von Dörfern geprägt wurden, die per definitionem den poleis untergeordnete Gemeinden waren. Daran änderte auch die Tatsache nichts, daß man unter rein materiellen Gesichtspunkten größere Dörfer von poleis praktisch nicht unterscheiden konnte (Mitchell 1993 I: 177–87). Nicht alle poleis prägten Münzen, aber es ist offensichtlich, daß Münzproduktion konkret mit der Absicht verbunden wurde, den Polis-Status und die damit verbundene Hellenisierung herauszustellen. Unter der römischen Herrschaft wurde die polis als administrative und kulturelle Norm angesehen, und poleis wurden in Gebieten eingerichtet, wo sie vorher nicht existiert hatten. Allerdings gelangte die polis nicht überall zur Dominanz. Viele dieser neuen Städte emittierten Münzen, wobei in einigen Fällen die Absicht, ihren Polis-Status herauszustellen, klar erkennbar ist. Pompeius unterteilte beispielsweise das Gebiet von Pontos in elf Stadt-
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territorien, von denen einige neue oder junge Gründungen waren. Unter den römischen Gouverneuren zwischen 61 und 46 v. Chr. emittierten sieben Städte der Doppelprovinz Bithynia und Pontus Münzen in deren Namen [63]. Die große Ähnlichkeit zwischen diesen Prägungen läßt entweder auf die Initiative einer zentralen Autorität oder wenigstens auf eine Zusammenarbeit der Städte schließen (Mitchell 1993 I: 32, RPC I 336). Diese Prägungen können als eine Maßnahme im Rahmen einer gezielten Schaffung von Polisstrukturen verstanden werden. Drei Jahrhunderte später gründete der Kaiser Philippus I. (244–9 n. Chr.) an seinem vermutlichen Geburtsort 80 km südöstlich von Damaskus eine Stadt, die den Status einer colonia erhielt. Im Namen der neuen Stadt Philippopolis wurden Münzen ausgegeben, die aber in Wirklichkeit in Antiocheia geprägt worden waren [168]. Diese Münzen können als ein Phänomen bei der Gründung der sorgfältig konzipierten, neuen griechisch-römischen Stadt angesehen werden (siehe S.34; Millar 1993: 156, 531). Unter dem Römischen Reich brachte die Emission von städtischen Münzen nicht mehr länger einen Anspruch auf politische Autonomie zum Ausdruck, wie das in früheren Zeiten der Fall gewesen war. Aber eigene Münzen bedeuteten noch immer, daß der Prägeherr ein unabhängiges Gemeinwesen nach griechisch-römischem Modell war. Dieser Sachverhalt stärkt eher die Argumentation, daß ein gewisser Zusammenhang zwischen Münzprägung und Autonomie in früheren Zeiten bestand, als daß er sie schwächt. Es war gerade das Phänomen ‚Römisches Reich‘, das die Definition von polis veränderte, nämlich weg von politischer Autonomie hin zu einem administrativen und kulturellen Konstrukt. In der östlichen Hälfte des Römischen Reiches wurde die Fähigkeit, Münzen zu emittieren, zu einem markanten Zug dieses Konstrukts, etwa öffentlichen Bauten vergleichbar (vgl. Mitchell 1993 I: 80–1, 198; Millar 1993: 256–7). Dieser Aspekt läßt sich noch durch die Beobachtung unterstreichen, daß die Umwandlung der polis in die spätantike Stadt, wodurch die Städte zunehmend an Bedeutung verloren, der städtischen Münzprägung ein Ende setzte (siehe S. 159–61). Man sollte sich aber nicht ausschließlich auf das Prägerecht konzentrieren. Münzprägung kann auf zwei Ebenen als symbolisch angesehen werden. Der Umlauf einer einzigen Währung überall in einem Großreich – ob nun ausschließlich oder nicht – ist ein Symbol für Zusammenhalt und Zugehörigkeit, das durch den fortgesetzten Gebrauch an Kraft gewinnt. Eine Reichswährung hat so Anteil daran, nachdrücklich festzusetzen, was es bedeutet, Untertan/Bürger dieses Großreiches zu sein. Auf einer zweiten Ebene kann die Typologie der Münzen symbolisch sein. Das wird besonders deutlich im Falle von Porträtdarstellungen, die nahelegen, daß das
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dargestellte Individuum auf irgendeine Weise den Staat repräsentiert. Die Bekräftigung weltlicher Gewalt durch ein Münzporträt ist hübsch eingefangen in den Worten Christi „Wessen Bild und wessen Namenszug ist es?“ und „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ (Matth. 22, 17–22; Markus 12, 13–7; Lukas 20, 21–6). Millar bemerkte zur explosionsartigen Zunahme von Porträts, nachdem Oktavian sich die Alleinherrschaft gesichert hatte: „Wir sollten die ungeheure Veränderung, die über den symbolischen Charakter der römischen wie der nichtrömischen Münzprägung hereinbrach, nicht verkleinern. … Wir besitzen … eine Reihe von sichtbaren und unstrittigen Beispielen dafür, wie Menschen die Welt, in der sie lebten, konstruiert haben; oder, um es mit anderen Worten zu sagen, von jenen Symbolen, die sie für geeignet hielten, um diese Welt in der Öffentlichkeit zur Darstellung zu bringen.“ (Millar 1984: 45)
Die Typologie der Münzen trug neben anderen Ausdrucksweisen von Macht wie dem Herrscherkult, Statuen auf öffentlichen Plätzen und herrscherlichen Inschriften an Gebäuden die Realität des Reiches in das Leben aller seiner Untertanen hinein. Deren Reaktionen werden selten sichtbar. Allerdings kooperierten und identifizierten sich die lokalen Eliten des Römischen Reiches schließlich mit der herrschenden Macht. Das führte dazu, daß die römischen Provinzialprägungen die Ideologie von der Wohltätigkeit der Herrschaft in Bilder umsetzten. Eine solche Ideologie war das natürliche Ergebnis jener Stellung, die die Eliten einnahmen (siehe S. 96–9). Münzprägung reflektiert also auf vielschichtige Weise die Beziehungen zwischen Herrscher und Untertan. Ihre repräsentative Kunst ist sowohl ein Mittel zur aktiven Selbstdarstellung als auch ein Weg, sich Vorherrschaft zu erhalten. Auf einer allgemeineren Ebene laufen wir Gefahr, durch die starke Betonung der politischen/militärischen und ökonomischen Kräfte, die ein Großreich zusammenhalten, die Aufmerksamkeit von der Bedeutung der Macht der Symbole abzulenken (vgl. Woolf 1990: 54–5). Gegenstand dieses Kapitels ist es, die Einwirkungen auf Geldsysteme in den ‚Großreichen‘ der Athener, Perser, Philipps II., Alexanders, der Seleukiden, Ptolemäer, Attaliden und Römer zu behandeln. Diese Beispiele wurden ausgewählt, um eine Vielfalt an Möglichkeiten darzustellen und weil für diese Großreiche entsprechende Quellenzeugnisse sowie gute moderne Untersuchungen zur Verfügung stehen. Es lohnte sich, eine ähnliche Art der Analyse für andere König- und Großreiche, wie etwa der Antigoniden, Karthagos, Parthiens oder des sassanidischen Persiens durchzuführen. Die Verwendung von Münzbildern und Legenden, um Macht und Politik zur Darstellung zu bringen, wird ausführlicher in Kapitel 4 dis-
Athen
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kutiert werden, obwohl einige Aspekte der Typologie von Reichsprägungen auch hier schon erwähnt werden.
Athen Die Datierung des athenischen Dekrets, das den Gebrauch von athenischen Münzen, Gewichten und Maßeinheiten durchsetzte, ist bekanntermaßen problematisch, auch wenn es auf jeden Fall in den Zeitraum zwischen 450–411 v. Chr. gehört. Jetzt werden von den wahrscheinlichen Datierungsmöglichkeiten die zwanziger Jahre oder ein späterer Zeitpunkt favorisiert. Fest steht, daß Kopien der Verordnung auf den Marktplätzen von Städten überall im Athenischen ‚Reich‘ aufgestellt wurden – eine Anzahl von fragmentarischen Abschriften hat überlebt – und daß der Ton des Dekrets kompromißlos imperialistisch gehalten ist (Meiggs 1972: 405). In bezug auf das Prägen von Münzen verfügt das Dekret, daß der Sekretär des athenischen Rates folgendes dem Bouleuten-Eid hinzuzufügen hat: „Wenn irgend jemand in den Städten Silbermünzen prägt und nicht athenische Münzen, Gewichte oder Maße benutzt, sondern [fremde Münzen], Gewichte und Maße, [werde ich ihn strafen und mit einer Geldbuße belegen nach der vorausgehenden] Verordnung, die Klearchos [erließ].“ Die Erwähnung eines vorausgehenden Erlasses bedeutet wahrscheinlich, daß eine derartige Verfügung noch weiter zurückgeht als das vorliegende Dekret (Lewis 1987; Mattingly 1987). Was in der Verfügung über den ausschließlichen Gebrauch der athenischen Münzen gesagt wird, war offensichtlich ernst gemeint [21]. Versuche, den Inhalt des Dekrets dahingehend zu interpretieren, daß Münzen nach attischem Gewichtsstandard, also nicht unbedingt athenische, verwendet werden sollten, oder daß die athenische Prägung nur als Recheneinheit dienen sollte, schließen die in dem Dekret genannten Anordnungen für Privatleute, fremde Münzen in athenische umzutauschen, anscheinend aus. Wie das etwa funktionierte, ist eine ganz andere Sache: Es ist schwer vorstellbar, wie aus dem gesamten Reich Bürger ihre Geldstücke zur Münze von Athen bringen sollten, wie es das Gesetz buchstäblich anzuordnen scheint. Ebenso könnte man fragen, ob es sich je als möglich herausgestellt hat, die Ziele des Dekrets durchzusetzen. Das Zeugnis der Schatzfunde, die als Grundlagen für die Chronologie einer Anzahl wichtiger Münzstätten in Nordgriechenland dienen (Abdera, Ainos, Akanthos, Mende und Maroneia eingeschlossen), macht es schwer, bedeutende Unterbrechungen bei der Produktion städtischer Prägungen in der nördlichen Ägäis zwischen
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450 und 425 v.Chr. zu unterstellen (Price 1987b). Der Charakter der Zeugnisse, die uns für die Datierung dieser Prägungen zur Verfügung stehen (Schatzfunde und Stempeluntersuchungen), erlaubt es uns nicht, kurze Prägeunterbrechungen, etwa bis zu zehn Jahren, nachzuweisen. Das Dekret könnte nach 425 v.Chr. entstanden sein – wobei eine Prägekontinuität zwischen 450 und 425 belanglos würde –, aber selbst dann gibt es ein Problem. Es läßt sich aus den Schatzfunden praktisch keine Evidenz dafür gewinnen, daß die athenischen Münzen zu irgendeiner Zeit während der zweiten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. eine wichtige Rolle in der nördlichen Ägäis gespielt hätten. Man würde das Gegenteil erwartet haben, wenn athenisches Geld für einen beträchtlichen Zeitraum die einzige Währung gewesen wäre. Das Fehlen von Zeugnissen kann nicht mit voller Sicherheit als Beweis für das Fehlen athenischen Einflusses auf den Münzumlauf in Nordgriechenland angeführt werden, aber es ist beunruhigend. Ein anderer Aspekt ist, daß wir keine vertrauenswürdigen Zeugnisse dafür haben, daß diese Maßnahme Empörung hervorgerufen hat. Bei Aristophanes (Vögel, 1040–1) gibt es einen Witz, der sich darauf beziehen könnte, aber in dem Text selbst werden keine Münzen erwähnt, und es ist eine editorische Kühnheit, den Text eines Witzes zu emendieren (vgl. Meiggs 1972: 168, 587). Außerdem ist in der Gründungsakte des Zweiten Attischen Seebundes von 378/7 v. Chr., die gewisse aggressive Maßnahmen, die Athen sich im 5. Jh. angemaßt hatte, untersagt, von Münzen nicht die Rede (Martin 1985: 206–7). Es gibt also Probleme nicht nur mit der Datierung des Dekrets, sondern auch mit der Art und Weise sowie dem Grad seiner Ausführung. Auf der anderen Seite scheint es klar zu sein, daß die Athener dachten, ihrem Ägäischen Reich Gesetze in dieser Form verordnen zu können. Es wurde eingewandt, daß das Ziel dieser Verordnung lediglich darin bestanden habe, durch den allgemein verbindlichen Gebrauch einer standardisierten Währung militärische und administrative Zahlungen sowie den Empfang von Tributen und Abgaben zu vereinfachen. Es ist kaum zu glauben, daß dies die ganze Wahrheit gewesen sein soll. Die Athener hätten in diesem Fall verordnen können, daß die Prägungen der Verbündeten alle auf demselben Gewichtsstandard und demselben Feingehalt beruhen sollten, aber das taten sie nicht (Will 1988). Sie setzten athenisches Münzgeld durch oder versuchten zumindest, es durchzusetzen. Finley beschreibt das richtig als Ausübung von Machtpolitik (Finley 1978: 120). Das symbolische Element liegt auf der Hand: Meiggs verglich den allgemeinen Gebrauch des athenischen Geldes zusammen mit den allgemeinen Verpflichtungen, an den Großen Panathenäen teilzunehmen, als Ausdruck der Wirklichkeit des Athenischen Reiches (Meiggs 1972: 173). Man fragt sich, ob die Athe-
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ner damit versucht haben, ihre Macht den Verbündeten oder sich selbst deutlich zu machen.
Persien Im Persischen Reich war die Situation völlig anders. Die Perser übernahmen eine Gold- und Silberprägung, als sie das lydische Königreich unterwarfen [27–28]. Noch vor 500 v. Chr. hatten sie eine eigene, sich davon unterscheidende Prägung geschaffen, die aus goldenen Dareiken und silbernen Sigloi bestand [29–30]. Die achämenidische königliche Münzprägung sollte offensichtlich nur das eine leisten, nämlich den Großkönig in verschiedenen kriegerischen Posen zeigen (Carradice 1987a). Es ist möglich, daß die Entwicklung der königlichen Münzprägung mit den Reformen zusammenhing, die dazu führten, daß unter Dareios die Tribute in Gold und Silber eingetrieben wurden. Davor gab es nach Herodot (III 89) keine richtigen Tribute, sondern eher ein System von Einkünften aus Geschenken. Die Verbindung von königlicher Münzprägung mit der Auferlegung von Tributzahlungen, die in Silber und Gold erhoben wurden, wird unter der Voraussetzung unterstellt, daß beide Entwicklungen in die Zeit des Dareios gehören, aber das ist problematisch. Erstens könnte eine gewisse Form von Tribut schon in der Zeit davor bezahlt worden sein, und sogar nach der Regierung des Dareios wurden viele Tribute eher in Naturalien als in Edelmetallbarren (geschweige denn Münzen) geleistet (Tuplin 1987: 137–45). Zweitens bedeutet der begrenzte Umlauf der Münzen, daß es in weiten Teilen des Reichs keinen wirklichen Zusammenhang zwischen Münzprägung und Tribut gegeben haben kann. Nach den spärlichen Zeugnissen scheinen die Goldmünzen weit zirkuliert zu sein, aber die früheren Sigloi erfreuten sich eines nennenswerten Umlaufs als Münzen nur in Kleinasien. Sigloi wurden überall im Persischen Reich in Schatzfunden entdeckt, aber Seite an Seite mit griechischen Münzen und Metallstückchen, oft zerbrochen oder mit Prüfhieben in einer Weise versehen, die zeigt, daß man sie als bloßes Edelmetall behandelte. Im 4. Jh. v. Chr. zirkulierten die Sigloi in einem weiteren Bereich und erscheinen in Hortfunden in Babylonien und Persien (Carradice 1987 a: 89–90). Dies markiert vermutlich eine neue Etappe der Ausbreitung des Münzgebrauchs in den persischen Kernländern. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß die Perser jemals versucht haben, den ausschließlichen Gebrauch des königlichen Münzgeldes in irgendeinem Gebiet durchzusetzen. Die Geschichte von Aryandes, die gelegentlich in diesem Zusammenhang angeführt wird, ist nur von geringer Bedeutung (Herodot IV 166). Herodot berichtet, wie Aryandes als Gouverneur
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von Ägypten Dareios dadurch beleidigte, daß er eine reine Silberprägung in Anlehnung an die reine Goldprägung des Königs produzierte. Dareios, sagt man, habe den wahren Grund für seinen Ärger verborgen und Aryandes wegen des Delikts der Rebellion hinrichten lassen. Die Erzählung ist jedoch unglaubwürdig: Keine Münzen von Aryandes blieben erhalten, keine andere Prägung wurde bis zum 4. Jh. v. Chr. in Ägypten realisiert. Was auch immer an der Sache wahr sein mag, sogar in der Erzählung ist das Prägen von Münzen gerade nicht der Anklagepunkt. Später scheinen Prägungen von Satrapen kein Problem gewesen zu sein; einige von ihnen gaben sogar Münzen mit ihren eigenen ‚Porträts‘ aus (vielleicht ist ‚Darstellungen‘ der bessere Begriff, weil er nicht die Frage aufwirft, ob ein Versuch unternommen wurde, individuelle Züge wiederzugeben) (Cahn 1989) [36]. Außerordentlich schwierig ist es, einen Widerhall auf den großen Satrapenaufstand von 362/1 v. Chr. in den Münzen zu finden, weil die Satrapen sowohl vor dem Aufstand wie auch nach ihm prägten (Moysey 1989). Was genau hinter den satrapalen Münzen steckt, ist schwer zu beurteilen. Wurden sie aus eigenen Mitteln des Satrapen geprägt oder aus Edelmetall der lokalen königlichen Schatzhäuser und, wenn dies der Fall war, mit oder ohne königliche Erlaubnis (Briant 1989: 328–31)? Die numismatischen Zeugnisse stellen die Freiheit von Produktion und Zirkulation einer großen Vielfalt von Prägungen innerhalb des Reiches heraus. In den meisten Gebieten waren die königlichen Münzen nicht einmal vorherrschend; sie waren weniger verbreitet als die satrapalen, dynastischen oder städtischen Emissionen, je nachdem um welche Region es sich handelte. Als Beispiele können die satrapalen Prägungen Kilikiens [37], die dynastischen Münzen Lykiens [34–35] und des hekatomnidischen Kariens sowie das städtische Silber Ioniens [33] angeführt werden (Kinns 1989). Es gab sogar eine Art ‚Verdrängung vom Markt‘: Der geringe Ausstoß von Sigloi im 4. Jh. v.Chr. könnte mit der gesteigerten Produktion von ‚Lokalgeld‘ in manchen Gebieten erklärt werden (Carradice 1987 a: 93). Es gab umfangreiche Lokalprägungen in Gold und Elektron wie auch in Silber (besonders erwähnenswert sind das Gold von Lampsakos und das Elektron von Kyzikos [32] und Phokaia). Es ist unmöglich, die Hintergründe der Produktion von großen städtischen Emissionen in Erfahrung zu bringen. Es ist gut möglich, daß die Perser das Prägen von Geld, das als Tribut gezahlt werden mußte, förderten, oder sie benutzten städtische Münzstätten sogar dazu, um aus Barren gemünztes Geld für eigene Zwecke prägen zu lassen. ‚Griechisches‘ Geld könnte für einige auswärtige Transaktionen geeigneter gewesen sein als königliches, und kyzikenisches Elektrongeld ist anscheinend die allgemein anerkannte Währung des Schwarzmeerraumes geworden.
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Die Perser griffen nicht einmal ein, um die Gewichte zu standardisieren. In einigen Regionen wurden zu bestimmten Zeiten lokale Münzen in der Weise geprägt, daß sie gleichwertig oder kompatibel mit den Dareiken oder Sigloi waren – z.B. kilikisches Silber oder zypriotisches Gold im 4. Jh. v. Chr. –, aber diese Standards setzten sich niemals überall durch. Das fehlende Interesse an solchen Maßnahmen kann anhand jener Münzen dargestellt werden, die im Namen von König Artaxerxes in Ägypten geprägt wurden, nachdem die Perser dort eine Revolte niedergeschlagen hatten. Die Silbermünzen weisen athenische Typen auf, sind nach dem attischen Gewichtsstandard geprägt und nennen den König in demotischem Ägyptisch ‚Pharao‘ [38]. Auf diese Weise reflektierte die Münzprägung die kulturelle und administrative Vielfalt, die sich innerhalb des Persischen Reiches behauptete.
Philipp II. und Alexander Die Verfahrensweise der makedonischen Könige lag eher auf einer Linie mit Persien als mit den dramatischen Maßnahmen, die die Athener versucht hatten. Martin hat gezeigt, daß Philipp II. die Münzprägung in Thessalien nicht unterdrückte: Die Silberdrachmen von Larissa gab es, wie Hortfunde beweisen, auch noch unter Alexander (Martin 1985). Philipp hatte auch keinen Grund, zu solchen Maßnahmen zu greifen. Seine politischen Deklarationen drückten Respekt vor den thessalischen Gebräuchen und Gesetzen (nomoi) aus. Auch anderswo kann für einige Prägungen gezeigt werden, daß sie nach der Regierung Philipps fortgesetzt wurden, obwohl die Chronologie nicht immer ausreichend gesichert ist, um zu beweisen, daß die Münzen tatsächlich noch unter seiner Herrschaft produziert wurden. Die Prägungen der Amphiktyonen von Delphi sind aufgrund epigraphischer Zeugnisse sicher in den Zeitraum der Jahre 338–333 v. Chr. zu datieren, und die attischen Tetradrachmen des Euböischen Bundes wurden zwischen 357 und 338 v. Chr. emittiert (Kinns 1983; Picard 1990). Andere Städte, die ihre Prägungen fortsetzten, waren Abdera, Thasos, Ambrakia, Athen, Korinth und – nach der Auflösung des Euböischen Bundes – Chalkis, Karystos und Histiaia (Mattingly 1988; Picard 1990). Man sollte vielleicht an diesem Punkt innehalten, ehe man sich von der Beobachtung, daß einige Prägungen nicht eingestellt wurden, zu der Behauptung vorwagt, daß es gar keine Unterdrückung gegeben habe. Das können die numismatischen Zeugnisse nicht beweisen oder haben sie bis heute jedenfalls noch nicht bewiesen. Sollten wir Philipp nur eine einzige Politik gegenüber allen Städten und Regionen zuschreiben, oder könnte er nicht in unterschiedlichen Situationen auch unterschiedlich gehandelt haben?
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Eine Hauptentwicklung unter Philipp war die Ausbeutung der Goldminen auf dem Territorium von Krenides, um Söldner zu bezahlen und die Griechen zu bestechen (Diodor XVI 8, 6–7), aber die Zeitstellung der Goldprägung ist problematisch (Le Rider 1977; Price 1979 a) [43]. Schatzfunde wurden herangezogen, um den Eindruck zu erwecken, daß Philipps Goldprägung nicht vor ca. 345 v. Chr. oder sogar noch später begann, als ein Großteil der militärischen Expansionen und Bestechungsaktionen bereits vollzogen war. Es ist immer gefährlich, die Münzprägung in einen vorgefaßten historischen Rahmen hineinzuzwängen und dabei den Zeugniswert des Materials zu mißachten. Auf der anderen Seite stützt sich der numismatische Befund massiv auf einen Schatzfund aus Korinth, der aber ungewöhnlich sein könnte. Daher bleibt vielleicht genug Spielraum, um den Beginn der Goldprägung Philipps vor dem Jahr 345 v. Chr. anzusetzen (Martin 1985: 271–92). Der eben erwähnte Schatzfund deutet tendenziell darauf hin, daß Gold im Namen von Philipp in den ersten Regierungsjahren Alexanders weitergeprägt wurde. Wiederum ist es gut möglich, daß der Hort ungewöhnlich ist und daß Philipps Goldprägung mit der Erhebung Alexanders oder bald danach endete. Wenn dies der Fall sein sollte, war die Produktion in den letzten Jahren der Herrschaft Philipps intensiv; das ist jedoch in Zusammenhang mit seinen Plänen, Asien anzugreifen, nachvollziehbar (Martin 1985: 271–92). Aber nicht alles läßt sich zweifelsfrei einordnen. Es gab sicher postume Gold- und Silberemissionen im Namen von Philipp, und nicht alle können wegdiskutiert und zu Prägungen Philipps III. erklärt werden. Die Silberprägungen Philipps II. wurden tatsächlich noch einige Jahrzehnte nach dessen Tode fortgesetzt (Le Rider 1993 a). Sicher ist, daß die Münzen Philipps II. in großen Stückzahlen geprägt wurden. Nahezu zwei Jahrhunderte später beschreibt Livius die Pracht der goldenen philippei bei römischen Triumphzügen. Zu dieser Zeit könnte der Begriff allerdings bereits so ausgeweitet worden sein, daß er auch die Goldprägungen Alexanders umfaßte. Der beträchtliche Umfang von Gold- und Silberprägungen im Namen Philipps ist einschlägig für unser Thema. Selbst wenn, wie es der Fall zu sein scheint, keine Absicht bestand, sie zur ausschließlichen Währung zu machen, hatte ihr Übergewicht jedoch Folgen. Picard machte die interessante Beobachtung, daß eine Reihe von Münzstätten ihre Produktion von großen Nominalen um diese Zeit einstellte (Picard 1990; vgl. Mørkholm 1991: 88). Er sieht in dieser Entwicklung einen Reflex der wachsenden Differenzierung zwischen den großen ‚hellenischen‘ Nominalen für den internationalen Gebrauch und den kleineren Nominalen für lokale Zwecke. Indem er diesen Gegensatz herstellt, gibt Picard die von Platon
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entworfene Unterscheidung (Nom. V, 741 e–742 c) zwischen hellenischem und lokalem Geld wieder, die sich in der weiten, von Xenophon notierten (Poroi II 3 [2]) Akzeptanz der athenischen Münzen widerspiegelt. Diese Differenzierung wurde niemals vollständig vollzogen – so fuhren z. B. Athen und Kreta damit fort, große Nominale zu produzieren –, aber sie zeigt, wie lokale Prägungen durch die makedonischen Emissionen in anderer Weise als durch Unterdrückung oder Verarmung beeinträchtigt worden sein könnten. Die ‚internationale‘ Rolle des makedonischen Geldes wurde unter Alexander in spektakulärer Weise erweitert (Price 1991 a). Auch in diesem Fall ist die Datierung der Einführung von Münzen in seinem Namen problematisch. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß Schatzfunde eine Fortsetzung der Goldprägung im Namen Philipps nach dessen Tode nahelegen könnten. Mit recht guten Gründen wurde auf typologischer Grundlage argumentiert, daß Alexanders Silberprägung nicht vor dem dritten Jahr nach seiner Thronbesteigung eingesetzt habe. In diesem Zusammenhang wird behauptet, daß der Zeus auf der Rückseite eine Nachahmung des Baals auf den Münzen von Tarsos sei und daß von einem solchen Einfluß nur nach der Eroberung Kilikiens durch Alexander auszugehen sei (Troxell 1991) [42, vgl. 37]. Weil die spätesten Silberprägungen des Philipp dieselben Symbole aufweisen wie die frühesten Silberprägungen Alexanders, wurde vorgebracht, daß die Produktion von Philipps Silber sich noch bis in die Regierungszeit Alexanders erstreckte [41–42]. Eine ‚postume‘ Serie ist nicht ausgeschlossen – daß Münzen im Namen von Alexander und Lysimachos noch lange nach deren Tod weitergeführt wurden, ist nicht zu bezweifeln –, aber im Falle von Philipps Prägungen sollte das nicht ohne einige Vorsicht akzeptiert werden. Wenn Alexander in den ersten drei Jahren seiner Regierung tatsächlich auf Silbermünzen seines Vaters zurückgreifen mußte, stellt sich die Frage, warum ‚Philipps‘ Silber dann nicht in entsprechenden Mengen in Kleinasien gefunden wurde. Oder führt das Fehlen von Zeugnissen für diese Frage zu einem falschen Eindruck (de Callataÿ 1982: 24)? Für unsere Zwecke ist diese chronologische Unsicherheit nicht von großer Bedeutung. Ob Alexander in seinem eigenen Namen vor 333 v. Chr. prägte oder nicht: Auf jeden Fall war es die Eroberung der persischen Schätze zwischen 333 und 330 v. Chr., die die massive Produktion seiner Münzen in Gang setzte. Es heißt, daß 180 000 Talente in Silber 330 v. Chr. in Ekbatana zusammenkamen, die die Beute der Eroberung darstellten. Bis zur spanischen Ausbeutung der Neuen Welt im 16. und 17. Jh. wechselte nicht mehr eine solche Summe im Rahmen eines Eroberungskrieges den Besitzer. In keinem Fall wurde die gesamte Beute aus dem
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Perserreich ausgemünzt, und dennoch war die Münzprägung massiv (de Callataÿ 1989). Alexanders Münzprägung war ebenso geographisch ausgedehnt wie umfangreich. Münzstätten wurden in satrapalen Zentren und Verbindungspunkten bis hin nach Makedonien eingerichtet. 26 Prägestätten wurden identifiziert, die zu Lebzeiten Alexanders arbeiteten und von Makedonien bis nach Ägypten und Susa reichten. Die starke Prägetätigkeit in mehreren Regionen während der letzten Jahre seiner Herrschaft hat man überzeugend mit der Auszahlung von Soldaten in Verbindung gebracht, die ab 324 v. Chr. aus dem Osten zurückgeschickt wurden (Thompson 1984; Troxell 1991; Price 1991 a: 453–7). Die Ausmünzung so großer Edelmetallvorräte in eine standardisierte Prägung von Gold-, Silber- und Bronzemünzen über ein so weites Gebiet ist ein einzigartiges monetäres Phänomen. Im Osten übernahmen Alexanders Münzen die Rolle einer internationalen Währung von den athenischen Tetradrachmen, wobei sie über deren geographischen Wirkungskreis hinausgingen. Ohne Zweifel wurde das dadurch erleichtert, daß Alexander den attischen Standard für seine Silberprägung übernahm. In Gebieten wie Kilikien, wo der persische Standard – um genau zu sein, der Doppelsiglos – überlebt hatte, herrschten jetzt Münzen mit attischem Gewicht vor. Die Münzen in Alexanders Namen waren so gut eingeführt, daß ihre Produktion von Königen und Städten noch bis zu 250 Jahre lang fortgesetzt wurde [66–67]. Die Mehrzahl der 4000 Varianten war in der Tat postum. Münzen, die im Namen Alexanders geprägt wurden, besaßen nicht nur den Vorteil, identifizierbar und allgemein akzeptiert zu sein, sondern sie waren auch auf dem gefährlichen Treibsand hellenistischer Herrschaften politisch neutral. Die internationale Rolle der postumen Alexandreier kann durch ein Eingehen auf die Münzprägung auf Rhodos erhellt werden. Der Umlauf von Münzen mit städtischen Typen nach rhodischem Standard war hauptsächlich auf Rhodos und sein Territorium in Kleinasien beschränkt, aber die dort um 200–190 v. Chr. produzierten Alexandreier, die als Münzmarke eine Rose tragen, kursierten sehr viel weiter [66]. Solche Alexandreier sind vielleicht am besten als städtische Prägungen zu verstehen, die für den internationalen Gebrauch geschaffen wurden, etwa für militärische Zwecke oder den Handel. Die Vorherrschaft einer Währung, die auf Alexandermünzen beruhte, kam stufenweise zustande. Ein Münzschatz aus Babylon, der um die Zeit von Alexanders Tod vergraben wurde, enthielt noch als größten Bestandteil Imitationen von athenischen Tetradrachmen; er umfaßte also zusätzlich zu den ‚Reichsmünzen‘ auch lokale Prägungen (Price 1991 b). Es gab keinen Versuch, die Münzen Alexanders als ausschließliche Währung
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durchzusetzen. Städtische Emissionen wurden, wie wir gesehen haben, fortgesetzt (S. 55). Es ist verlockend, in diesem Zusammenhang die Münzen von Hierapolis Bambyke in Syrien hervorzuheben, die Alexander zu Pferde zeigen und seinen Namen ins Aramäische transliteriert haben [48]. Manche Städte setzten nicht nur ihre Prägungen fort, sondern einige lokale Münzen trugen sogar noch die Namen von Alexanders Gouverneuren; Balakros wird auf einer Silberemission von Tarsos genannt, Mazaios auf den Löwenstateren von Babylon und Stamenes auf den ebenfalls in Babylon geprägten Doppeldareiken [47]. Das Nominal der Doppeldareike war eine Neuerung unter Alexander, aber andererseits ergibt sich aus den Münzen, daß er achämenidische Prägetraditionen fortsetzte. Fünf- und Zwei-Schekel-Stücke produzierte man mit Typen, die den Indienfeldzug des Königs verherrlichten [45–46]. Die von den Persern tolerierte kulturelle Vielfalt wurde durch die Verschmelzungspolitik Alexanders in gewissem Sinne fortgesetzt. Weit mehr als die Münzen Philipps II. fungierten die Prägungen Alexanders als ‚hellenische‘ Währung. Insofern sie irgend etwas ersetzten, waren die Verlierer in erster Linie die athenischen Münzen und ihre Imitationen. Es könnte gut sein, daß es einen beträchtlichen Rückgang bei den städtischen Emissionen gegeben hat; wenn das richtig ist, so waren die Gründe dafür das Fehlen von Prägenotwendigkeit, Prägewunsch und Ressourcen.
Seleukiden Die Diadochenkönige fuhren damit fort, Münzen mit den Typen Alexanders zu prägen, manchmal in seinem Namen und manchmal in ihrem eigenen. Unter Seleukos I. wurden Alexandreier in allen Münzstätten mit Ausnahme von Baktra geprägt. Während seiner Herrschaft wurden Münzen mit neuen königlichen Typen ausgegeben, aber es blieb Antiochos I. vorbehalten, sein eigenes Porträt auf die Münzen zu setzen [70]. Die vorherrschende Währung im seleukidischen Reich waren die Alexandreier, und die Prägung mit königlichen Typen war nur eine unter vielen. Im allgemeinen wurden Münzen, die nicht dem attischen Gewichtsstandard entsprachen, ausgeschlossen: Daher liefen z. B. weder ptolemäische noch rhodische Münzen oder attalidische Kistophoren um. Es könnte sehr gut Vorschriften gegeben haben, um den Gebrauch von Münzen im attischen Gewichtsstandard zu erzwingen: Ohne gesetzliche Regelungen hatten unter den Achämeniden verschiedene Gewichtsstandards nebeneinander existiert. Wenn es derartige Verordnungen gegeben hat, standen eher praktische als ideologische Gründen hinter ihnen. In Koile-Syrien und
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Phönikien kamen sie nach der Eroberung dieser Gebiete durch Antiochos III. im Jahr 200 v. Chr. nicht zur Anwendung. Der attische Standard existierte dort zusammen mit dem ptolemäischen, und die Seleukiden prägten für diese Region sogar Münzen nach dem ptolemäischen Standard (Le Rider 1986). Man gewinnt den Eindruck, daß die seleukidische Politik (wenn es eine solche gab) eher zu einem ‚Laissez-faire‘-Verhalten neigte, aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Unter den Persern hatten Satrapen Münzen geprägt, und manche von Alexanders Gouverneuren hatten diese Praxis fortgesetzt. Die Seleukiden behielten das achämenidische System der Satrapien bei, erlaubten es den Satrapen aber nicht, in eigenem Namen zu prägen (Sherwin-White und Kuhrt 1993: 23, 42; vielleicht mit wenigen Ausnahmen, 76–7). Einige Städte prägten ihre eigenen Bronzemünzen, aber die Produktion von Gold und großen Silbernominalen wurde auf die königlichen Münzstätten beschränkt (Mørkholm 1984: 103). Darüber hinaus haben wir bereits gesehen, daß einige Städte auf den allmählichen Rückzug der seleukidischen Kontrolle in den letzten Jahrzehnten des 2. Jhs. v. Chr. mit der Produktion eigener Silbermünzen reagierten, wobei sie häufig mit ihrer neuen Autonomie protzten (siehe S. 47). Daraus könnte man auf ein gewisses Maß an Restriktion in früherer Zeit schließen wie auch darauf, daß die Prägebeschränkungen als ein Gesichtspunkt der Beschneidung politischer Autonomie angesehen wurden. Selbst die Existenz einer städtischen Bronzeprägung kann nicht als eindeutiges Indiz für eine (wenn auch beschränkte) Handlungsfreiheit der Städte gewertet werden. Im Jahr 169/8 emittierten zeitgleich 19 Städte in Kilikien, Syrien, Phönikien und Mesopotamien Bronzemünzen, die das Porträt Antiochos’ IV. trugen (Mørkholm 1984: 101–2) [72]. Wie auch immer die genauen Zusammenhänge gewesen sein mögen, es fällt schwer, sich vorzustellen, daß diese städtischen Prägungen nicht in königlichem Auftrag produziert wurden.
Ptolemäer Im starken Gegensatz zu der seleukidischen ‚Laissez-faire‘-Politik stand die Einführung einer exklusiv königlichen Prägung durch die Ptolemäer (Le Rider 1986; Jenkins 1967). Um 310 v. Chr. hatte Ptolemaios I. die Prägung von Münzen mit Alexandertypen eingestellt und den attischen Gewichtsstandard aufgegeben. Vor dem Ende des Jahrhunderts begann sein Bildnis auf den königlichen Münzen zu erscheinen. Um 290 v. Chr., nach einer Reihe von Reduktionen, wurde das Gewicht der ptolemäischen Tetradrachme auf 14,3 g festgesetzt (der attische Standard lag bei 17,2 g).
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Die neuen Tetradrachmen zeigten das Porträt des Ptolemaios mit Diadem auf der einen und das dynastische Emblem eines Adlers auf einem Blitzbündel auf der anderen Seite [77]. Schatzfunde zeigen, daß die königlichen Münzen schon unter Ptolemaios I. zu der einzigen im Königreich umlaufenden Währung wurden. Ein Papyrus aus dem Jahr 258/7 verrät einiges über die Mechanismen einer Währung, die andere vom Umlauf ausschloß: Einreisende, die aus dem Ausland fremde Goldmünzen mitbrachten, mußten sie im Münzamt in ptolemäisches Gold umtauschen oder sie umprägen lassen. In einer Hinsicht wird die Einführung einer monopolistischen Prägung in Ägypten unproblematisch gewesen sein: Unter den Persern waren einige Imitationen athenischer Silbermünzen in Memphis und möglicherweise auch an anderen Orten produziert worden, und einige Alexandermünzen können Memphis oder Alexandria zugewiesen werden. Es gab in Ägypten aber keine griechischen Städte mit einer eigenen Prägetradition, die unterdrückt hätte werden müssen. Die bereits erwähnte Monopolstellung der königlichen Münzprägung kam auch in den ptolemäischen Besitzungen auf Zypern und in Syrien-Phönikien zur Anwendung, und so wurden königliche Münzen auch auf Zypern, in Phönikien, in Palästina und gelegentlich auch anderswo geprägt. In anderen Regionen gab es gewisse Spielräume: Ephesos prägte unter dem ptolemäischen Protektorat nach einem ptolemäischen Standard, jedoch mit königlichen wie auch mit lokalen Typen (Le Rider 1991: 195). Ebenso produzierte die Kyrenaika sowohl königliche wie auch lokale Münzen. In Gebieten, wo ptolemäische Besitzungen an den Grenzen zu anderen Königreichen lagen, wie etwa in der Cilicia Tracheia (d. h. im gebirgigen westlichen Kilikien), kommen Horte ans Tageslicht, in denen ptolemäische Münzen mit anderen Münztypen gemischt sind. Solche Münzschätze reflektieren vermutlich in gewisser Weise die Notwendigkeit von Transaktionen (einschließlich des Handels) über die politischen Grenzen hinweg. In Regionen, die unter ptolemäischem ‚Einfluß‘ standen – manchmal nur vorübergehend, wie im Falle von kurzzeitigen Besatzungen, militärischen Interventionen oder politischen Unterstützungsleistungen –, werden ebenso ptolemäische Prägungen in allen Metallen mit anderen Münzen zusammen gefunden. Griechenland, Kreta und der Ägäisraum fallen in diese Kategorie. Soweit wir wissen, wurden sonst ptolemäische Münzen in nennenswertem Umfang nicht ausgeführt. Es ist möglich, sogar wahrscheinlich, daß diejenigen, die innerhalb ptolemäischer Besitzungen Geschäftsabschlüsse tätigen wollten, attische Tetradrachmen im Verhältnis 1:1 gegen ptolemäische eintauschen mußten, ungeachtet dessen, daß letztere von geringerem Gewicht waren. Wenn das der Fall war, ist es leicht einzusehen,
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warum es keinen Anreiz dafür gab, die relativ überbewerteten ptolemäischen Münzen in Gebiete zu exportieren, wo diese künstliche Überbewertung nicht anerkannt wurde. Das geschlossene ptolemäische Währungssystem könnte in der Gewinnung staatlicher Einkünfte sein oberstes Ziel gesehen haben. Dabei könnte so etwas wie eine Wechselgebühr eine Rolle gespielt haben oder auch der Gewinn an Edelmetall bei dem Eintausch von schwereren Münzen gegen leichtere. Genausogut möglich ist es, daß man erreichen wollte, die ptolemäische Silberprägung innerhalb des Königreiches zu halten. Ägypten besaß nämlich keine nennenswerten Silbervorkommen, und das ptolemäische Imperium mußte sich notwendigerweise stärker auf Gold- und (schwere) Bronzeprägungen seit der zweiten Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. stützen, als das anderswo der Fall war (Mørkholm 1991: 101–11). Was auch immer die Motivation war, das Währungssystem stellte einen Aspekt königlicher Kontrolle über den Kontakt mit der Außenwelt dar, während im Inneren des Reiches der Gebrauch einer standardisierten königlichen Prägung nicht ohne symbolische Bedeutung war.
Attaliden Die attalidische Dynastie nutzte die Schwäche des seleukidischen Reiches aus, um im 3. und 2. Jh. v. Chr. eine der wichtigsten Mächte in Kleinasien zu werden (Le Rider 1989 über die Münzprägung). Die Dynastie wurde von Philetairos begründet, der der Schatzmeister des Lysimachos in Pergamon gewesen war, sich aber im Jahr 284 v. Chr. unabhängig machte. Philetairos ließ Münzen im attischen Standard mit Alexandertypen prägen, erst im Namen Alexanders, dann im Namen des Seleukos. Später prägte er in seinem eigenen Namen, aber anscheinend mit einem Porträt des Seleukos. Nachfolgende Könige setzten den Kopf des Philetairos selbst auf ihre Münzen [58]. Wie das auch im seleukidischen Reich der Fall war, spielte diese königliche Prägung nur eine untergeordnete Rolle in der insgesamt umlaufenden Geldmenge, selbst innerhalb des pergamenischen Königreiches. Dieses scheint offen für alle Münzen attischen Standards gewesen zu sein, und die ‚Philetairoi‘ wanderten ins Ausland. Mit der Einführung der Kistophorenmünzen etwa in der Zeit zwischen den späten neunziger und siebziger Jahren des 2. Jhs. v. Chr. fand eine wichtige Veränderung statt. Die Kistophoren waren nach ihrem Typ benannt, dem heiligen Korb (cista) [59]. Eine Reihe von Städten produzierte Emissionen, wobei die Herstellung bis zu einem gewissen Grad vielleicht zentralisiert war. Es gibt nämlich eine kleine Anzahl von Stempelkopplun-
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gen zwischen den Prägungen der einzelnen Städte, und Tralleis scheint für den überwiegenden Teil der Kleinmünzen zuständig gewesen zu sein. Wie beim ptolemäischen Währungssystem war die kistophorische Tetradrachme leichter als die attische (um 25%) und scheint eine exklusive Währung innerhalb des attalidischen Territoriums gewesen zu sein. Die Situation im Attalidenreich war in einer Hinsicht komplizierter als bei den Ptolemäern: Es wurden nämlich innerhalb des Königreiches weiterhin einige Prägungen im attischen Standard produziert. Die letzte Emission von ‚Philetairoi‘ wurde mit ziemlicher Sicherheit nach Einführung der Kistophoren geprägt, genauso wie wahrscheinlich zwei andere seltene Typen von Tetradrachmen, einer mit dem Porträt Eumenes’ II., der andere mit einer Darstellung der Athena Nikephoros. Städtische Prägungen im attischen Standard wurden ebenso fortgesetzt: Tralleis wie Ephesos prägten Goldmünzen, und Ephesos realisierte noch eine umfangreiche Serie von Drachmen [65]. Die Deutung der Kistophoren als Grundlage für ein geschlossenes Währungssystem nach dem ptolemäischen Modell beruht auf der Annahme, daß alle diese Münzen im attischen Standard für den Export geprägt wurden. Soweit die Fundorte solcher Münzen bekannt sind, liegen sie erwiesenermaßen tatsächlich außerhalb des Attalidenreiches. So wurden beispielsweise die ephesischen Drachmen in Syrien und Phönikien sowie in Susa gefunden. In Arados wurden sie sogar nachgeahmt. Dieselbe Erklärung könnte für die beträchtlichen Emissionen von Stephanophoren – bei ihnen handelt es sich um Münzen im Standard attischer Tetradrachmen, die als Stephanophoren bezeichnet werden, weil ihre Rückseitenbilder von einem Kranz umgeben sind – zutreffen, die von acht Städten in der Äolis und in Ionien zwischen 155 und 145 v. Chr. geprägt wurden [64]. In ihrem Fall müssen vor allem zwei Eigenschaften erklärt werden. Erstens scheint die relative Größe der Emissionen nicht die Bedeutung der einzelnen Städte widerzuspiegeln; so waren z. B. die Emissionen von Kyme und Myrina sehr beträchtlich, die Emission von Smyrna war hingegen klein. Zweitens wurden große Münzschätze von Stephanophoren in Kilikien und Syrien gefunden. Beide Erscheinungen hätten eine Erklärung gefunden, wenn die Stephanophoren wenigstens zum Teil im Auftrag des attalidischen Königreiches als eine Währung für externe Zwecke, entweder für den Handel oder für militärische Unterstützungszahlungen, produziert worden wären (Kinns 1987: 106 f.). Allerdings wurden wenigstens einige der prägenden Städte (z. B. Kyme, Smyrna und Herakleia) nach dem Frieden von Apameia für frei erklärt (Jones 1971: 52 f.), aber das schließt natürlich die Möglichkeit nicht aus, daß Attalos II. aufgrund einer Übereinkunft dort Münzen schlagen ließ.
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Im Gegensatz zu den bisher behandelten Münzen im attischen Standard liefen die Kistophoren größtenteils innerhalb des pergamenischen Königreiches um. Das ist begreiflich, wenn sie in ähnlicher Weise wie die ptolemäischen Münzen überbewertet waren. Dies zu unterstellen haben wir allen Grund: Bald nach Einführung der Kistophoren wurde nämlich eine Anzahl von attischen Tetradrachmen mit kistophorischen Gegenstempeln – sie zeigten den Köcher von der Rückseite der Kistophoren und Buchstaben, die die Münzstätte angaben – versehen [68]. Die überzeugendste Erklärung ist, daß zu Beginn der neuen Währungsordnung die attischen Tetradrachmen den Kistophoren gleichgestellt wurden, ungeachtet dessen, daß die letzteren um ein Viertel leichter waren. Wenn die Kistophoren überbewertet waren, ist es leicht zu verstehen, warum man es vorzog, sich die prokonsularischen Aufwandsentschädigungen in Denaren auszahlen zu lassen (Cicero, Att. II, 6). Insofern war das attalidische System dem ptolemäischen ähnlich, aber es gab doch Unterschiede. Zum einen wurden weiterhin Münzen im attischen Standard für den Export produziert; allerdings läßt sich nur schwer entscheiden, ob die städtischen Emissionen im attischen Standard lediglich toleriert wurden oder ob sie selbst eine originale attalidische Prägung für Exportzwecke darstellten. Zum anderen ist das Erscheinungsbild der Kistophoren nicht das einer königlichen Prägung, obwohl sich die Typen auf Dionysos und Herakles beziehen, von denen die Attaliden ihre Abstammung herleiteten [59]. Sie trugen weder einen königlichen Namen noch ein königliches Bildnis, sondern die Namen jener Städte, die sie in Zusammenarbeit produzierten. Le Rider (1989) hat die Prägung als königlich im Charakter, aber ihrer Form nach als die eines Städtebundes verstehen wollen. Es ist möglich, daß diese Form der Münzprägung eine gewisse Ambivalenz des Status von Städten wie etwa Ephesos und Tralleis unter den Attaliden reflektiert. Wie Le Rider ausführt, wurden sie durch den Vertrag von Apameia Eumenes II. „übergeben“, aber was bedeutet das konkret? Es ist auch möglich, daß die relative Neutralität der Kistophorentypen zur Rhetorik attalidischer Selbstdarstellung gehörte, derzufolge die Pergamener für die Sache der Griechen in Kleinasien kämpften. Darüber hinaus kann das Fehlen von Porträts als Widerschein eines in seinen Grundlagen bürgerlich modellierten Herrschaftstils, wie er von den Attaliden propagiert wurde, aufgefaßt werden (vgl. Sherwin-White und Kuhn 1993: 114; Hansen 1971: 187–203). Diese Ideen haben unmittelbar mit unserem allgemeinen Thema zu tun: Die Verwendung von Kistophoren definierte neben anderem die Zugehörigkeit zum attalidischen Königreich, und andererseits reflektierte die sichtbare Symbolik der Münzen die Selbstdarstellung des Königreiches.
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Rom „Keiner von diesen Städten sollte es erlaubt werden, ihre eigene besondere Prägung oder ein eigenes Gewichts- und Maßsystem zu besitzen; es soll von allen verlangt werden, das unserige zu verwenden“ (Dio LII 30, 9). Diese Worte, die Dio dem Maecenas in den Mund legte, können als Indiz dafür aufgefaßt werden, daß es eine Debatte über diesen Gegenstand gab, als Dio im frühen 3. Jh. n. Chr. schrieb. Der Zusammenhang, in den die Rede des Maecenas gestellt ist, ist ein Programm zur Neuordnung der städtischen Angelegenheiten im Reich und zur Beschneidung überflüssiger Ausgaben, aber auch zur Akzentuierung der Vormachtstellung Roms (LII 30, 1). Diese Textstelle verwebt also einige der wichtigsten Fäden, mit denen wir uns bereits beschäftigt haben. Das gilt um so mehr, als der Ton des Textes und die Nebeneinanderstellung von Münzen, Maßen und Gewichten stark an das athenische Dekret erinnern, mit dem wir unsere Betrachtungen begonnen haben (siehe S. 51). Die Entwicklungsgeschichte der Münzprägung zur Zeit der römischen Expansion und der Verfestigung seiner imperialen Herrschaft ist zu komplex, als daß sie hier im Detail wiedergegeben werden könnte (Crawford 1985; Burnett und Crawford 1987; RPC I). Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang, der allerdings nur schwer mit dem Ende bestimmter lokaler Münzprägungen in Verbindung gebracht werden kann, ist der des Absaugens riesiger Mengen von Edelmetallen aus dem Mittelmeerraum nach Rom (Crawford 1985; Howgego 1992: 4 f.) Es wurde schon angemerkt, daß der Tendenz nach die städtischen und regionalen Prägungen im Osten länger Bestand hatten als im Westen und daß Münzen aus unedlem Metall länger als Silbermünzen geprägt wurden (siehe S. 12). Wenn lokale Prägungen fortbestanden, dann lief die Entwicklung auf Nominalsysteme hinaus, die dem römischen angeglichen oder leicht in dieses umzuwechseln waren (Howgego 1985: 52–60; RPC I: 26–37). Dieser Prozeß wird zum Teil das Resultat einer Vielfalt von Entscheidungen gewesen sein, die in bestimmten Umständen getroffen wurden. Zufällig wissen wir, daß in Thessalien das Rechnen in Denaren durch ein Edikt des Augustus angeordnet wurde und daß Germanicus in Syrien im Jahr 18/19 n.Chr. die Berechnung von Steuern nach italischen Assen zwingend vorschrieb (RPC I: 28, 31). Rom übernahm eine große Vielfalt von Prägungen und führte sie fort, einschließlich der seleukidischen, ptolemäischen und attalidischen Währungen, die wir schon besprochen haben. Die Kontinuität der Form hat zur Folge, daß es oft schwer zu entscheiden ist, wann und bis zu welchem Grad solche Prägungen als römisch angesehen werden sollten, denn diese Münzen wurden auf römischen Befehl geprägt, vielleicht mit römischem Edel-
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metall, vielleicht für Zwecke des römischen Staates. So wurde beispielsweise, nachdem im Jahr 133 v. Chr. Asien als Erbe an Rom gefallen war, die Kistophorenprägung fortgesetzt [60–62]. Die Art und Weise, wie sich die Kosten der Feldzüge des Lucullus gegen Mithridates in den Jahren 70–67 v. Chr. in einem erweiterten Umfang und einer größeren Komplexität der ephesischen Kistophorenemissionen dieses Zeitraums widerspiegeln (Kinns 1987: 111), lassen auf eine wie auch immer geartete römische Einflußnahme schließen. Auf Kistophoren setzten seit 58 v. Chr. Legenden mit den Namen von Prokonsuln oder – seit der Zeit des Mark Anton – Münzbilder mit Herrscherporträts ein: Handelte es sich dabei um grundlegende Veränderungen oder bloß um äußerliche? Ähnlich umstritten ist, wie die athenischen Prägungen des ‚Neuen Stils‘ – die vermutlich eingeführt wurden, nachdem Rom dem Königreich von Makedonien 167 v. Chr. ein Ende gemacht hatte, und die bis in die vierziger Jahre des 2. Jhs. v. Chr. in beträchtlichen Mengen produziert wurden – zu einer wichtigen regionalen Währung im südlichen Griechenland und noch darüber hinaus wurden (Crawford 1985: 125; Price 1987 a) [53]. Bis zu welchem Ausmaß und in welcher Weise waren die Römer daran beteiligt? Man kann und sollte solche Fragen zu allen regionalen Silberprägungen stellen, die nach der römischen Annexion fortgeführt wurden. Der allmähliche Prozeß der Romanisierung der Münzprägung läßt sich nur schwer direkt an ihr selbst veranschaulichen, weil er überwiegend darin bestand, daß die Produktion lokaler Münzserien eingestellt wurde. Es scheint jedoch den Vorgang exakt zu illustrieren, daß die letzte Emission, die nach dem Pyrrhus-Krieg im unteritalischen Lokroi geschlagen wurde, sich klar auf die deditio in fidem an Rom bezieht [86]. Danach gab es dort keine Münzprägung mehr. Die Angleichung an das römische Nominalsystem kann anhand der städtischen Bronzen von Chios vorgeführt werden: Eine Prägung von Obolen und Chalkoi wurde im 1. und 2. Jh. n. Chr. allmählich durch eine solche von Mehrfach- und Teilstücken des Assarions, d.h. des römischen As, ersetzt [161]. Die offensichtliche Unvermeidlichkeit des Romanisierungsprozesses trübt den Blick dafür, daß es sich um einen langen Prozeß von ad hoc getroffenen und manchmal gegensätzlichen Entscheidungen handelte. In den frühen Jahren der Expansion war das Ergebnis römischer Kontrolle eindeutig: Am Ende des 2. Punischen Krieges hatten nicht nur alle Städte in Italien und Sizilien ihre Silberprägung eingestellt, sondern war auch das ‚lokale‘ Silber praktisch aus dem Umlauf verschwunden. Im Gegensatz dazu wurde die Prägung von städtischem Bronzegeld noch bis in die Zeit des Tiberius fortgesetzt. Die späte Republik ist ein Zeitraum größerer Unklarheit. Es überrascht
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nicht, daß die Gold- und Silbermünzen Karthagos nach dessen Zerstörung im Jahr 146 v. Chr. aufhörten zu zirkulieren. Andererseits wurden in Spanien, obwohl während des 2. Punischen Krieges und wiederum im letzten Viertel des 2. Jhs. v.Chr. römische Denare dorthingelangt waren, Silbermünzen im Lokalstil und Bronzegeld unter den Römern während des 2. Jhs. v. Chr. neu in Umlauf gebracht [87]. Diese ‚iberischen‘ Prägungen ahmten römische Nominale nach, besaßen aber andere, allerdings fast standardisierte Typen und Legenden in Iberisch und Keltisch. Ob man diese Prägungen auf römische Verordnung oder auf lokale Initiative zurückführen soll, bleibt umstritten. Derartige ‚iberische‘ Prägungen endeten um ca. 50 v. Chr., obwohl städtische Bronzemünzen im Spanien des frühen Prinzipats verstärkt produziert wurden. Anderswo im Westen fanden lokale ‚keltische‘ Stammesprägungen tendenziell bald nach der römischen Annexion ein Ende [149–152]. Im Osten wurden regionale Silberprägungen unter den Römern fortgesetzt. Denare gelangten nur langsam in den Osten und ersetzten die regionalen Systeme endgültig erst im 3. Jh. n.Chr. Im Westen gingen die städtischen Bronzeprägungen allmählich zurück; nach der Herrschaft des Claudius wurden keine Bronzemünzen mehr geprägt. Im Osten zeigten sie hingegen eine große Lebenskraft, bis auch sie im dritten Viertel des 3. Jhs. n. Chr. ein Ende fanden. Der Grund für das Ende der städtischen Bronzeprägungen ist in beiden Fällen unklar. Weder im Westen noch im Osten läßt das allmähliche Ende auf eine einmalige römische Maßnahme schließen, die die lokale Münzprägung verboten hätte. Allerdings ist eine etwas subtilere Art von Behinderung durchaus möglich. Die Tatsache, daß die lokalen Bronzeprägungen mehr als zwei Jahrhunderte länger im Osten als im Westen andauerten, bedarf ebenfalls einer Erklärung. Es ist möglich, daß dieses Phänomen einen kulturellen Unterschied widerspiegelt. Die Bürger der westlichen Provinzen unterlagen einer Entwicklung, an deren Ende sie sich für Roms Kultur entschieden. Dort gab es keine lokalen Mythen, und die städtische Architektur orientierte sich größtenteils an dem römischen Modell. Im Osten wurden, trotz eines gewissen Grades an Assimilation und Identifikation mit Rom, die griechischen Traditionen bewußt bewahrt, erneuert und sogar neugeschaffen. Die Produktion lokalen Geldes durch eine Gemeinde im Osten wurde ein Kriterium, wenn auch kein bestimmendes Merkmal, für ihren Anspruch auf den Status einer polis (siehe S. 49 f.). Diese Aufspaltung in zwei kulturelle Zonen mag hilfreich sein, wenn eine Erklärung gefunden werden soll, warum die westlichen Provinzen schon im frühen Prinzipat dazu übergingen, ausschließlich die standardisierten römischen Münzen zu verwenden, während es im Osten erst im späten 3. Jh. n. Chr. zu dieser Entwicklung kam.
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Großreiche
Erst mit dem Ende des ‚ptolemäischen‘ geschlossenen Währungssystems in Ägypten unter Diokletian [173] gelangte das Reich zu einer einheitlichen, auf standardisierten Prägungen in allen Metallen beruhenden Währung, die in Münzstätten in den Provinzen produziert wurde. Eine solche Einheitlichkeit war von Athen angestrebt und von den Ptolemäern erreicht worden, aber für viel begrenztere Räume. Im Licht der bei Dio (siehe S. 65) reflektierten Debatte kann wenig Zweifel daran bestehen, daß hinter der Einführung der Einheitlichkeit ein gewisses Maß zielgerichteten Handelns stand, aber nicht alle Schritte auf diesem Weg wurden bewußt in Richtung auf dieses Ziel hin unternommen. Das schmälert aber nicht die Grundlage für die Untersuchung von Prägesystemen in Verbindung mit imperialistischer Politik. Es wurde überzeugend dargelegt, daß die wahren Triebkräfte hinter der Entwicklung von römischem Imperialismus im allgemeinen die politischen, militärischen und kulturellen Systeme Roms waren, bei denen bewußte Motivationen nur einen oberflächlichen Aspekt darstellten (North 1981).
Schlußfolgerungen Der stärkste Eindruck, den man von dieser selektiven Betrachtung der Einwirkungen von Großreichen auf Geldsysteme gewinnt, dürfte der von Vielfalt und Komplexität sein. Die Ansätze der Großreiche variieren von einer totalen ‚Laissez-faire‘-Politik bis zur erzwungenen Einführung einer einzigen Währung. Einzelne Großreiche konnten ihren Ansatz im Laufe der Zeit verändern (z. B. die Attaliden oder Rom) oder eine unterschiedliche Politik in unterschiedlichen Regionen übernehmen; so gibt es einen Kontrast zwischen dem Zentrum und der Peripherie innerhalb ptolemäischer Besitzungen wie auch zwischen Ost und West im Römischen Reich. Es kann daher sinnvoll sein, die Aufmerksamkeit auf einige allgemeine Punkte zu lenken, die in diesem Zusammenhang auftreten. Anscheinend spürte man, daß zur einen oder anderen Zeit ein Zusammenhang zwischen dem Akt des Münzprägens und dem Anspruch auf Autonomie, Unabhängigkeit sowie politischer und kultureller Identität existierte. Der politische Status, der durch den Prägeakt symbolisiert wurde, veränderte sich, als sich die Rolle der Städte entwickelte. Reichsprägungen können ihrerseits als Manifestation und Anspruch auf Macht und Zugehörigkeit aufgefaßt werden. Die Wirksamkeit der Propagierung von Ideologie mit Hilfe der Münzprägung wird im nächsten Kapitel angesprochen werden. Zwischen den Polen von ‚Laissez-faire‘ und der zwangsweisen Ein-
Schlußfolgerungen
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führung einer Reichswährung gibt es eine große Bandbreite von Möglichkeiten und Nuancen. Einige Reichsprägungen waren unter dem Aspekt ihrer Stückzahl niemals dominant (z. B. die Sigloi von Persien oder die königlichen Porträtmünzen der Seleukiden und Attaliden). ‚Königliche‘ Prägungen konnten eher eine Darstellung des Dynastiegründers als des gegenwärtigen Königs tragen, wobei gelegentlich sogar beides vermieden wurde, etwa bei den postumen Alexandermünzen und den attalidischen Kistophoren. Auf der anderen Seite konnten städtische Prägungen ein Objekt für Eingriffe der Reichsgewalt sein, z. B. durch die Gewährung des Prägerechts, durch Koordination bei der Einführung königlicher Porträts und durch die Standardisierung von Nominalsystemen. Lokales Bronzegeld konnte länger als Silber- und Goldprägungen toleriert werden. Außerdem können einige scheinbar städtische oder lokale Emissionen nur als maskierte herrscherliche Prägungen aufgefaßt werden (siehe unter Persien, Attaliden, Rom). Die bloße Existenz von Städten mit einem gewissen Grad an Unabhängigkeit innerhalb von Großreichen warf Fragen auf, für die unterschiedliche Lösungen gefunden wurden. Warum verschiedene Organisationsformen angesichts unterschiedlicher Verhältnisse geschaffen wurden, kann man bis zu einem gewissen Grad nur vermuten, aber Geldsysteme scheinen sich dem Charakter der einzelnen Großreiche anzupassen, oder vielleicht sollte man sagen, ihrer Machtrepräsentation. Wenn man es sehr kraß darstellen will, so spiegelt die Münzprägung die Machtpolitik Athens, das ‚Laissez-faire‘ unter den Persern, die Bestrebungen zur Verschmelzung unter Alexander, die zentrale Kontrolle durch die Ptolemäer, die viel lockerere Handhabung königlicher Hoheitsrechte durch die Seleukiden, den bürgerlichen Herrschaftsstil und die Favorisierung der griechischen Städte durch die Attaliden und den ad hoc geschaffenen, aber anscheinend unausweichlichen Imperialismus Roms. Herrschaftsideologie war nicht der einzige Faktor, der wirksam wurde. Die Unterschiede zwischen dem Osten und Westen des Römischen Reiches können am besten mit kulturellen Begriffen erklärt werden. Ebenso gab es harte ökonomische und finanzielle Realitäten. Die führende internationale Rolle der Prägungen von Athen, Philipp und Alexander sowie von Rom basierte auf der Ausmünzung riesiger Mengen von Edelmetall aus Minen, Tributen oder Beutegut. Die Notwendigkeit, Tribute einzutreiben, mag die Geldpolitik von Persien unter Dareios, von Athen, Rom und anderen durchaus beeinflußt haben. Hinter den geschlossenen Währungssystemen der Ptolemäer und Attaliden könnten als Motiv Profitgier oder die Notwendigkeit, den Umlauf der Silbermünzen zu kontrollieren, gestanden haben. Die Bedeutung der Ideologie sollte dabei aber nicht unterschätzt werden. Der außergewöhnliche Versuch Athens, seine eigene städ-
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Großreiche
tische Prägung seinen Verbündeten aufzuzwingen, vermittelt eine klare Vorstellung davon, wie die Athener ihr Reich als eine ausgedehnte polis auffaßten, wobei sie selbst das Monopol der politischen und gesetzgeberischen Gewalt wie auch des Ansehens besaßen. Abschließend sollte uns die auffällige Erscheinung, daß die Geldsysteme genau dem Charakter von Großreichen entsprechen, zu der Frage veranlassen, ob Münzprägung nicht bis zu einem gewissen Ausmaß unsere eigene Typologie von Großreichen bestimmt hat. Sind wir nicht auch wegen des Fehlens eines zusammenhängenden Münzsystems im unklaren über das Wesen des Karthagischen ‚Reiches‘ (vgl. Whittaker 1978)? Hat das Verbot der Spartaner, Münzen zu besitzen, und die Tatsache, daß Sparta bis zum 3. Jh. v. Chr. keine eigenen Münzen produzierte, unsere historische Interpretation spartanischer Aktivitäten im Ausland beeinflußt? Und hat das Fehlen einer Reichsprägung unsere Sichtweise anderer regionaler Hegemonialstrukturen in bestimmter Weise geprägt?
4. Politik Münztypen und Politik Die symbolische Bedeutung der verschiedenen Embleme, die auf den frühen Elektronprägungen vorkommen, ist selten klar. Die meisten Typen waren wohl nicht mehr als dekorative Erkennungsmittel, die aus einem festen Repertoire genommen wurden. Lediglich einige wenige von ihnen scheinen städtische oder königliche Abzeichen gewesen zu sein (Spier 1990). Die meisten nachfolgenden Münztypen sind insofern politisch, als sie die Identität einer polis, eines Königreiches, eines Staates, der sie produzierte, oder derjenigen Einzelperson, die für die Prägung verantwortlich war, geltend machen. Es dürfte eine Frage des Stolzes gewesen sein, daß das Wappen einer Stadt umlief, und der Akt der Münzprägung selbst konnte eine Bestätigung des Status und der Autonomie einer polis oder der Legitimation eines Herrschers sein. Dieses Kapitel beschränkt sich auf die Behandlung von Münztypen, die ihrem Inhalt nach in einem spezifischen Sinne politisch sind und sich auf die Realitäten und die Darstellung von Macht bzw. auf Leistungen und Bestrebungen beziehen. Münzen können mit literarischen Quellen nicht konkurrieren, wenn es darum geht, die Vielfältigkeit von Absichten und den unsicheren Boden gegenseitiger Verpflichtungen, die das politische Leben ausmachen, aufzudecken, aber dennoch bieten sie für den Historiker einige Vorteile. Erstens bringen sie in Zeiten autokratischer Herrschaft im allgemeinen die offizielle Linie zum Ausdruck und stellen daher eine wichtige Ergänzung zu einem oft mageren Bestand an erhaltenen offiziellen Schriftzeugnissen und Monumenten dar. Zweitens decken Münzen, während die schriftlichen Quellen kurze Perioden oder Episoden glänzend erhellen, weitaus zusammenhängendere zeitliche und geographische Räume ab. Drittens können wir darauf vertrauen, daß wir für viele Zeiträume eine vergleichsweise vollständige Kenntnis der Münztypologie besitzen. Im krassen Gegensatz dazu ist die Überlebensrate schriftlicher Quellen gering und ungleichmäßig. Schließlich sind Münzen eine absolut zeitgenössische Quelle, der die Nachteile und Vorteile einer rückschauenden Charakterisierung fehlen, wie sie beispielsweise der Geschichtsschreibung eigen sind.
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Politik
Formen politischer Repräsentation: Griechenland Die Geschichte der ‚politischen‘ Repräsentation auf Münzen ist ausgesprochen aufschlußreich, weil sie sich damit beschäftigt, was für die Darstellung angemessen erschien und was nicht. Die Münztypen der archaischen und klassischen Periode waren in dem engen Sinn, der bereits definiert wurde, sehr selten ‚politisch‘. Sie betonten die städtische Identität oft durch Religion oder Mythologie, aber es findet sich auf ihnen kaum eine Spur von Krieg oder der Dominanz auswärtiger Mächte, von internen Kämpfen zwischen Oligarchen und Demokraten oder mächtigen Individuen. Die einzige bedeutsame Ausnahme bildet das aristokratische Engagement bei den panhellenischen Wettkämpfen, mit dem einige Tyrannen und Könige protzten und das in den Werken Pindars leicht faßbar ist. So feierte beispielsweise Anaxilas seinen olympischen Sieg mit einem Maultiergespann im Jahr 484 oder 480 auf seinen Münzen in Rhegion und Zankle/Messana. Diese Typen wurden von Aristoteles mit einem Kommentar bedacht (Fr. 578 R) [14]. Der klarste Fall von politischem Symbolismus kam zustande, als es darum ging, einen Münztyp zu wählen, der für die koordinierte Emission von sieben Städten Kleinasiens geeignet wäre. Offensichtlich stand er in Zusammenhang mit einer prospartanischen Allianz. Die Prägungen zeigen die jeweiligen städtischen Typen auf der einen Seite, bilden auf der anderen Seite aber gemeinsam das symbolische Bild des schlangenwürgenden Heraklesknaben ab [10]. Mit diesem Münzbild wird anscheinend auf Lysander angespielt, der ein Heraklide war und von Ion von Samos dafür gepriesen wurde, daß er die Macht des schlangengestaltigen Kekrops, d. h. Athens, gebrochen habe (Karwiese 1980). Dieser außergewöhnliche Gebrauch von politischer Symbolik erklärt sich aus dem konkreten politischen Kontext der Allianz, an dem die sieben Städte teilhatten. Eine stärker ins Auge fallende, aber dennoch seltene politische Verwendung von Münztypen stellte das Eindringen fremder Symbole dar, um damit die Kontrolle durch auswärtige Mächte zum Ausdruck zu bringen. So schlugen die Samier, die von ca. 493–488 v. Chr. das sizilische Zankle besetzt hatten, dort Münzen mit samischen Typen (siehe S. 6; Robinson 1946) [13]. Als Theron von Akragas um 483 v. Chr. Himera eroberte, erschien die Krabbe von Akragas auf den Rückseiten der Münzen, die die eroberte Stadt prägte (Kraay 1976: 209). Ebenso war die ‚syrakusanische‘ Quadriga auf Münzen von Gela und Leontinoi in den siebziger Jahren des 5. Jhs. v. Chr. ein Symbol für die Herrschaft der syrakusanischen Tyrannen (früher von Gela) (Kraay 1976: 210f.). Von größerer allgemeiner Bedeutung war die Entwicklung der Darstel-
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lung von Individuen auf Münzen. Der Grad, bis zu dem in einzelnen Fällen erkennbare individuelle Züge dargestellt wurden, die über eine allgemeine Typisierung hinausgingen, ist für die Geschichte der Porträtkunst wichtig. Allerdings besitzt die Tatsache, daß man überhaupt einzelne Personen abbildete, eine viel größere Tragweite. Sie bedeutete, daß das Individuum ein Symbol des Staates war und daher einen Anspruch auf Herrschaft veranschaulichte. Die Geschichte der Porträtdarstellungen auf Münzen hinterläßt den Eindruck, daß das Porträt auf Münzen ein östliches Phänomen war, eine Vorstellung, die sich von anderen Zeugnissen abhebt (Richter 1984; Fittschen 1988). Die private Repräsentation von Einzelpersönlichkeiten auf öffentlichen Plätzen datiert in der griechischen Welt bis in die Mitte des 7. Jhs. v. Chr. zurück. Schriftliche und typologische Zeugnisse wissen von der Errichtung öffentlicher Statuen und Bilder von Individuen im Athen des 5. Jhs. Der springende Punkt ist allerdings, daß Porträts auf Münzen nur in Situationen begegnen konnten, in denen ein Individuum Macht besaß: Daher kommt es zu einem Übergewicht früher Porträts innerhalb des persischen Herrschaftsraumes. Allerdings sollte das Fehlen von Königsdarstellungen auf makedonischen Münzen, wenigstens vor Philipp II., noch erwähnt werden. Es läßt sich jetzt nicht mehr mit der unhaltbaren Vorstellung erklären, die makedonische Monarchie sei eine begrenzte Autokratie gewesen (Sherwin-White und Kuhrt 1993: 118). Wenn es richtig ist, in dem bärtigen Kopf auf den Münzen von Magnesia am Mäander ein zeitgenössisches Bildnis des Themistokles und demnach in diesem das früheste numismatische Porträt zu erkennen, dann können wir – jedenfalls läßt sich so argumentieren – einen Athener im Exil sehen, der die Idee der Porträtdarstellung exportierte und sie für die Münzprägung in einer Weise ausnutzte, die in seiner Heimat unmöglich gewesen wäre (Cahn und Gerin 1988) [31]. Allerdings sind die Identifikation des Kopfes und die Datierung der magnetischen Münzen bei weitem nicht gesichert und sollten vielleicht nicht allzu eng gesehen werden. Auf jeden Fall sind satrapale und dynastische Porträts vom letzten Jahrzehnt des 5. bis in die Mitte des 4. Jhs. v. Chr. ein gut bezeugtes Phänomen in Kleinasien (Fittschen 1988: 20f.; Cahn 1989) [34–36]. Außerhalb der persischen Sphäre treffen wir auf die erste Darstellung eines Individuums im Falle jener reitenden bärtigen Figur auf den frühen Silbermünzen Philipps II., die allgemein für den König selbst gehalten wird [40]. In diese Tradition – aber früher und im persischen Machtbereich entstanden – gehören die Münzen aus dem nordwestlichen Kleinasien, die Tissaphernes zu Pferde abbilden, und später der berittene Alexander auf Münzen von Hierapolis-Bambyke in Syrien [48]. Am eindrucksvollsten ist
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die möglicherweise in Susa um 324 v. Chr. geprägte Emission, die Alexander zeigt, wie er zu Pferde gegen einen Inder, der auf einem Elefanten reitet, kämpft. Bei dem Inder handelt es sich vermutlich um Poros. Auf der anderen Seite dieser Münze ist Alexander, als griechischer Kavallerist gekleidet, mit einem Blitz in der Hand und von einer fliegenden Nike bekrönt, dargestellt (Price 1982) [45]. Hier bekommen wir einen Vorgeschmack von der kriegerischen und triumphalen Ikonographie des Imperialismus, die für die römische Münzprägung charakteristisch werden wird, wie auch von der Andeutung von Göttlichkeit – eine genaue Parallele stellt das Gemälde des Apelles in Ephesos dar, auf dem Alexander als Zeus dargestellt ist –, die von Anfang an ein Charakteristikum des hellenistischen Königsporträts ist. Porträtköpfe sind auf den Münzen Philipps II. und Alexanders nicht zu finden, mit der möglichen, wenn auch nicht wahrscheinlichen Ausnahme eines Kopfes auf kleinen Bronzemünzen aus Memphis in Ägypten, den man für ein Porträt Alexanders hält (Price 1981). Der Ursprung des hellenistischen Porträts liegt bei Ptolemaios in Ägypten um 305/04 [77] und im europäischen Bereich bei Demetrios Poliorketes ungefähr ein Jahrzehnt später [51]. Die Könige wurden mit einem Diadem gezeigt, jener weißen Kopfbinde, die seit der Zeit Alexanders zum königlichen Symbol wurde (Smith 1988a: 34–8). In der frühen Periode – im Fall der Ptolemäer auch noch später – waren die königlichen Porträts mit göttlichen Attributen geschmückt (Smith 1988 a: 38–45). Ptolemaios I. wurde mit der Ägis des Zeus dargestellt [77]. Demetrios Poliorketes setzte sich die Stierhörner des Dionysos auf, den er sich zum Vorbild nahm (Plutarch, Dem. 2) [51]. Die Hörner imitierten auch Alexanders Hörner von Zeus Ammon (Smith 1988 a: 41, 52). Eine solche göttliche Ikonographie scheint in einigen Fällen die offizielle Organisation des staatlichen Herrscherkults vorweggenommen zu haben (vgl. Sherwin-White und Kuhrt 1993: 116–8). Spätere Münzlegenden machten die Verbindungen zur Göttlichkeit deutlich. So titulierte man den seleukidischen König Antiochos IV. als ‚erschienenen Gott‘ [71], während Antiochos VI. spezifischer als ‚erschienener Dionysos‘ bezeichnet wurde [73]. Die Ansprüche konnten vervielfacht werden: Auf postumen Emissionen wurde Ptolemaios III. mit der Ägis des Zeus, dem Dreizack des Poseidon und der Strahlenkrone des Sonnengottes Apollon abgebildet [79]. Die Verwendbarkeit von Porträts bei der Betonung dynastischer Kontinuität ließ man sich nicht entgehen: Münzen unter Ptolemaios II. zeigten nicht nur den König und seine Schwestergemahlin Arsinoe II., sondern ebenso den vergöttlichten Ptolemaios I. und Berenike [78]. Der Legitimationsanspruch konnte also auch durch die Darstellung früherer Herrscher
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betont werden. Dabei behielt die Berufung auf Alexander ihre machtvolle Kraft (Sherwin-White und Kuhrt 1993: 115 f.). Sein Bildnis findet man auf den frühen Münzen Ptolemaios’ I. [76], auf einigen Emissionen Seleukos’ I. und regelmäßig auf den Münzen des Lysimachos [56]. Auf dieselbe Art stellten die Münzen der Ptolemäer und der frühen Attaliden kontinuierlich die Porträts der Gründer ihrer Dynastien, Ptolemaios’ I. bzw. Philetairos’, heraus. Die Entwicklung und Verbreitung von Porträts war der bei weitem wichtigste Aspekt der politischen Ikonographie auf Münzen in der spätklassischen und hellenistischen Zeit. Allgemeinere politische Bestrebungen und Bezüge auf spezifische Leistungen waren selten. Der Anspruch, griechisch zu sein und die Führung der panhellenischen Sache zu übernehmen, kann aus der Münzprägung Philipps II. und Alexanders herausgelesen werden. Philipps Gold- und Silberprägungen bildeten Zeus und Apollon ab, die Götter der beiden großen panhellenischen Zentren in Olympia und Delphi. Die Rückseiten zeigten seine olympischen Siege in der Manier eines echten griechischen Aristokraten (vgl. Plutarch, Alex. 4, 5) [41, 43]. Der Kopf der Athena und der Seesieg auf Alexanders Goldprägung griffen vermutlich auf Salamis zurück und brachten die gemeinsame Sache gegen Persien ins Spiel [44]. Der Herakleskopf auf der Vorderseite seiner Silbermünzen hatte Vorläufer unter den früheren makedonischen Königen und rief Alexanders Anspruch ins Gedächtnis, daß er über Temenos von Argos mit diesem Heros verwandt sei, wodurch er an Glaubwürdigkeit, Grieche zu sein, gewann [42]. Wenn der Zeus auf der Rückseite tatsächlich dem Baal von Tarsos nachgebildet wurde (siehe S. 57), dann zielt diese Gestalt vielleicht auf einen weitreichenden Herrschaftsanspruch [42, vgl. 37]. Solche Interpretationen müssen notwendigerweise spekulativ bleiben, wobei die Absichten und Bedeutungen sogar zu der Zeit, als die Münzen geprägt wurden, vielschichtig gewesen sein mögen. Ansprüche auf göttliche Abstammung konnten auf den Rückseiten ins Spiel gebracht werden. Die Annahme des Apollon als Standardtyp seleukidischer Münzen unter Antiochos I. spiegelt den Nachdruck, der darauf gelegt wurde, daß der Gott als Gründer der Dynastie und Vater des Seleukos galt [70]. Im Gegensatz zu Seleukos setzte Antiochos I. sein eigenes Bild auf die Münzen. Sowohl das königliche Porträt als auch die Figur des Apollon auf der Rückseite könnten als ein Versuch des zweiten seleukidischen Königs angesehen werden, ein Bewußtsein für herrscherliche Erbfolge zu schaffen (Sherwin-White und Kuhrt 1993: 27f.). Griechische Münzen gingen nicht weit über diesen allgemeinen Typus politischer Ikonographie hinaus. Der Indienfeldzug Alexanders wurde, wie wir gesehen haben, auf Münzen von Susa (?) gefeiert [45–46]. Vor der römi-
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schen Periode gibt es keine anderen Darstellungen von ‚historischem‘ Geschehen auf griechischen Münzen, wenn sich auch noch einige versteckte Hinweise auf bedeutende Ereignisse nachweisen lassen (vgl. Hölscher 1973: 200–2, 218). Das auffällige Erscheinen von Elefanten auf Münzen, die in den östlichen Prägestätten des Seleukos nach 305 v. Chr. geschlagen wurden, spiegelt den Gewinn einer gewaltigen Streitmacht von Kriegselefanten von dem indischen Herrscher Chandragupta wider (Sherwin-White und Kuhrt 1993: 12; Mørkholm 1991: 71–3) [69]. Die Nike des Demetrios auf einer Galeere und Poseidon weisen auf seinen großen Seesieg von 306 v. Chr. zurück. Damals hatte er sich stark auf seine Flotte stützen müssen [50]. Der eponyme Knabe Taras, der seinen Vater Poseidon auf einer um 340 v. Chr. ausgebrachten Goldemission von Taras in Unteritalien anfleht, kann mit einiger Sicherheit als Symbol für das Gesuch an Sparta – die Mutterstadt von Taras – gedeutet werden, Hilfe im Kampf gegen die italischen Stämme zu leisten (Kraay 1976: 191 f.). Verschiedene andere, weniger aussagekräftige Münztypen griechischer Städte in Süditalien und Sizilien spiegeln derartige Appelle an die Kriegshelden im griechischen Mutterland wider, vom spartanischen König Archidamos angefangen bis zu Alexander dem Molosser und Pyrrhos (Kraay 1976: 189–203; Carradice und Price 1988: 120). An das Ende dieser Tradition gehört eine Silberprägung von Lokroi, die die Übergabe der Stadt an Rom (deditio in fidem) durch die Personifikation des ‚Vertrauens‘ (pistis), die Roma bekrönt, darstellt [86]. Es ist sehr selten, daß griechische Münztypen derart spezifische Bezüge wie diese aufweisen. Im markanten Gegensatz dazu bringen die römischen Prägungen eine viel größere Fülle und Vielschichtigkeit an politischen Bildern zur Darstellung und regen zu intensiveren Fragen nach den Intentionen und ihrer Rezeption an. Aus diesen Gründen wird der Rest dieses Kapitels der römischen Epoche gewidmet sein.
Formen politischer Repräsentation: Rom Die Ikonographie der frühen römischen Prägungen orientierte sich an den griechischen Münzen und tendierte wie diese dazu, den Typenbestand über lange Zeiträume hinweg unverändert zu lassen, wobei sich kaum spezifische Hinweise auf politische Belange ergaben. Die Typen repräsentierten den Staat als ganzes und befanden sich so auf einer Linie mit anderen Formen der öffentlichen Repräsentationskunst, in der – im Gegensatz zu den Münzen – einzelne Persönlichkeiten abgebildet wurden, aber nur in Zusammenhängen, die für das Staatswesen bedeutsam waren (Hölscher
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1980: 269–71). All das änderte sich von den dreißiger Jahren des 2. Jhs. v. Chr. an. Ein gewisses Maß an Konservativismus blieb erhalten, aber der überwiegende Eindruck ist der einer Vielfalt von Typen, die die individuellen Belange der jährlich wechselnden Münzbeamten, also der triumviri monetales, anderer Magistrate oder der über dem Gesetz stehenden Befehlshaber, die von Zeit zu Zeit Münzen schlugen, wiedergaben. Die römischen Münzbilder entwickelten sich zwar aus dem Repertoire und der Ausdrucksweise hellenistischer Kunst (siehe S. 85–6), und doch ist man über den Unterschied zwischen der griechischen und der römischen Münzprägung äußerst verblüfft. Es ist der spezifische Charakter der nachfolgenden römischen Münztypen, der eher als der typische Konservativismus der griechischen Münzen einer Erklärung bedarf. Die Erklärung liegt darin, daß die Fähigkeit, sich öffentlich darzustellen, in wachsendem Maße zu einer Waffe im zunehmenden Konkurrenzkampf innerhalb der römischen Führungsschicht wurde. Die lex Gabinia von 139 v. Chr., die die Wahlkorruption durch Einführung geheimer Stimmabgabe einzudämmen versuchte, hat klar damit zu tun. Allerdings ist es wohl nicht zwingend, mit diesem Gesetz die Zunahme politischer Inhalte in der Münzprägung in Verbindung zu bringen, etwa als ein alternatives Mittel zur Stimmenwerbung, wie Crawford argumentierte (RRC 728). Ein allgemeinerer Zusammenhang wird durch die Luxusgesetze des 2. Jhs. v. Chr. hergestellt, die am besten als vergebliche Versuche zu verstehen sind, den übertriebenen Wettbewerb innerhalb der Oligarchie einzuschränken (Harris 1979: 89; vgl. Appadurai 1986: 25). In der zweiten Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. kam es dann zu einem Abrücken von der für eine Oligarchie unumgänglichen Konzeption, so daß man zu einer gewissen Mäßigung bei dem Streben nach persönlicher Macht und Ruhm gelangte (Harris 1979: 27). Die Wahl persönlicher Typen durch die Jahresbeamten legte den Zuschnitt einer variablen und manchmal hochspezifischen Typologie fest, die bis in die spätere römische Kaiserzeit fortdauern sollte. Die Münztypen können von Anfang an als politisch eingestuft werden, da die allgegenwärtige Bezugnahme auf die Familie und die Leistungen der Ahnen ein normaler Bestandteil der politischen Auseinandersetzung in Rom war. Dabei war es unvermeidlich, daß die individuelle Wahl von Münztypen bald zur Spiegelung zeitgenössischer Ereignisse und mächtiger Persönlichkeiten führte. Das gallische Tropaion auf Münzen aus der Zeit um 119 v. Chr. erinnerte an die Niederlage der Allobroger und Averner [92], die Victoria und das gallische Tropaion auf den Münzen von 101 v. Chr. an die Vernichtung der Kimbern und Teutonen (RRC 326/2). Noch weitaus bedeutender für die Münzprägung dieses Jahres ist jedoch die Darstellung des Marius als Triumphator [93]. Münzen, die zu Lebzeiten Sullas geschlagen wurden,
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zeigen seine beiden Tropaia nach der Schlacht von Chaironeia, stellen seine zweifache imperatorische Akklamation heraus [96], zeigen ihn als Triumphator, der von einer Victoria bekrönt wird [97], und präsentieren seine Reiterstatue mit der Aufschrift L. SULLA FELIX DIC(TATOR) (RRC 381). Ein stark mit Abkürzungen arbeitendes System bildlicher Symbole wurde verwendet, um die Leistungen des Pompeius zu verherrlichen. Ein einziger Münztyp, der von Faustus Cornelius Sulla, Offizier des Pompeius bei dessen östlichen Kriegszügen und später sein Schwiegersohn, geprägt wurde, zeigt einen großen und drei kleinere Kränze, die Heckverzierung eines Schiffes, eine Getreideähre sowie einen Globus und spielt damit auf die corona aurea, die drei Triumphe, das Kommando gegen die Piraten, die cura annonae und den Anspruch, die Grenzen des Reiches bis an die Enden der Erde ausgedehnt zu haben, an [100]. Dieser letzte Anspruch wurde von Pompeius in einer grandiosen Inschrift und durch ein Tropaion auf die ‚Oikumene‘, das in seinem Triumphzug gezeigt wurde, erhoben (Diod. XL 4; Dio XXXVII 21, 2). Diese abstrakte Machtsymbolik nahm schon jene nachdrückliche Akzentuierung vorweg, die unter Augustus die corona civica, der clipeus virtutis und die Lorbeerzweige erfuhren (Zanker 1988: 89–98) [114]. Die Einführung des Porträts markierte, wie in den hellenistischen Königreichen, einen wichtigen Einschnitt. Die unausweichliche Identifikation der dargestellten Einzelperson mit dem Staatswesen stellte für die Römer offensichtlich ein Problem dar, obwohl dies wahrscheinlich zum Teil durch die Tradition, daß Münztypen privat sein konnten, abgemildert wurde. Das Bildnis des Flamininus auf Goldmünzen, die in Griechenland geprägt wurden, stand völlig außerhalb der numismatischen Traditionen Roms [52]. Nicht vor 54 v. Chr. erschienen Porträts von jüngeren Ahnen auf den römischen Münzen. Als Iulius Caesar als erste lebende Person mit einem Münzporträt geehrt werden sollte, war dies von so großer Bedeutung, daß es durch einen Senatsbeschluß genehmigt werden mußte (Dio XLIV, 4,4) [105]. Einmal akzeptiert wurde das Porträt schnell zu einem festen Bestandteil der Münzprägung. Wenn man davon ausgeht, daß das erste Münzporträt in den Zusammenhang der gewissermaßen königlichen Ehren für Caesar im Jahr 44 v. Chr. gehört, muß es sehr verwundern, daß keine zwei Jahre später der Verschwörer Brutus auf Münzen abgebildet wurde [107]. Wenn darin auch die Scheinheiligkeit der Caesarmörder zum Ausdruck kommen mag, so läßt sich dieser Vorgang im Zusammenhang mit der unwiderstehbaren Strömung verstehen, die auf die Alleinherrschaft zutrieb. Das Prägerecht in der Zeit des Triumvirats war vermutlich so ungeregelt
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wie die anderen konstitutionellen Absprachen. Im Zusammenhang mit der vorgespielten Rückkehr zur republikanischen Legalität im Jahr 23 v. Chr. wurden die triumviri monetales wieder auf den Münzen genannt [115–116]. Eine kurze Zeit geben die Münzen aus Edelmetall die Bekundungen sowohl der Münzmeister als auch des Kaisers wieder. Hinweise auf die Familien der Münzmeister konnten sich nur noch für wenige Jahre halten; schließlich verschwanden die Namen der Münzmeister von den Edelmetallprägungen im Jahr 11 v. Chr. und von den Bronzemünzen um 4 v. Chr. Dieser Vorgang läßt sich leicht vor dem Hintergrund zunehmender Monopolisierung wichtiger Formen von öffentlicher Selbstdarstellung durch den Kaiser und seine Familie verstehen, besonders in Rom (Wallace-Hadrill 1986). Die Namen nichtkaiserlicher Personen erscheinen weiterhin auf römischen Provinzialprägungen; allerdings verschwanden nichtkaiserliche Porträts bereits unter Claudius von den Münzen (RPC I 40–1). Diese knappe Skizze der Entwicklung von Münztypen in Rom reicht aus, um zu zeigen, daß die Münzen ein Thermometer für die politische Temperatur waren. Eine unbeeinflußte Betrachtung der Münzen, die andere Quellenzeugnisse überhaupt nicht berücksichtigte, ließe ein vermehrtes Konkurrenzstreben der Elite seit den dreißiger Jahren des 2. Jhs., den Aufstieg mächtiger Persönlichkeiten seit der Zeit des Marius, das Aufscheinen der Alleinherrschaft mit Iulius Caesar und eine Festigung kaiserlicher Herrschaft in den beiden letzten Jahrzehnten v. Chr. hervortreten. Damit haben wir zwar nicht die konventionellen Daten der Verfassungsgeschichte vor uns, doch besitzt dieses Bild eine gewisse Richtigkeit. Von der Regierung des Augustus an dominierten kaiserliche Themen die Münzprägung. Je weiter der Prinzipat fortschritt, desto mehr trat die Tendenz hervor, stärker die militärischen und weniger die zivilen Aspekte in den Vordergrund zu stellen. Die Tradition, daß es eine Viefalt von Münztypen gab, dauerte bis in das 4. Jh. n. Chr. fort und dürfte sehr wahrscheinlich die auffällige Ausweitung des Typenbestandes in der römischen Provinzialprägung während der ersten drei Jahrhunderte n.Chr. beeinflußt haben (Burnett 1993). Die tetrarchische Periode mit ihrer Betonung der Einheit und der Einheitlichkeit der Kaiser und ihrer Caesares leitete den Niedergang der vielfältigen und manchmal auch spezifischen Typologie ein. Diese Monotonie wurde in bewegten Zeiten unterbrochen. Die Machtkämpfe zwischen 306 n. Chr. und die Erringung der Alleinherrschaft durch Konstantin rief eine Vielfalt verschiedener Münztypen hervor. Auch einige Usurpatoren produzierten noch bemerkenswerte Typen, so etwa das christliche Chi-Rho des Magnentius [179] oder der ‚heidnische‘ Stier des Julian [180] (siehe S. 84; Ehrhardt 1984: 44 f.). Von größerer Wichtigkeit ist es aber, daß der Abbau des numismatischen Repertoires mit einem
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allgemeinen Niedergang in der Relief- und Porträtkunst einherging. Politik wurde jetzt am Hof gemacht, und es bestand daher keine Notwendigkeit mehr, sich an breitere Gruppen zu wenden (Hannestad 1986: 331).
Typenwahl und Intentionen Wenn wir auch in den meisten Fällen nicht wissen, wer die Münztypen auswählte, so ist das eher ein scheinbares als ein wirkliches Problem für die Interpretation. In Zeiten autokratischer Herrschaft wird das Ergebnis in jedem Fall dasselbe gewesen sein, gleichgültig, ob die Münztypen von oben bestimmt wurden, um ein offizielles Bild zu schaffen, oder ob sie von niedrigeren Staatsbeamten ausgewählt wurden, um zu schmeicheln. Die Münzen zeigten das, was dem Regime erwünscht war, und nur darauf kam es an. Immerhin ist es mehr als nur einsichtig, daß die triumviri monetales die Hauptrolle bei der Auswahl der Typen für die römische Münze in der Republik spielten, wenigstens bis zu den dreißiger Jahren des 2. Jhs. v. Chr. Andernfalls wäre jenes markante Element der Typologie, das sich auf die Leistungen und Ursprünge der Familien der Münzmeister bezieht, nicht zu erklären. Für die kaiserliche Münzprägung unter dem Prinzipat sind die Verhältnisse weniger klar. Ganz vereinzelt gibt es literarische Belege dafür, daß Kaiser Münztypen von besonderer Bedeutung selbst festlegten, aber das reicht für den Beweis der These nicht aus, daß die Kaiser regelmäßig alle Münztypen aussuchten oder genau prüften (Crawford 1983 b; S. Price 1979). Man kann die Vermutung wagen, daß die triumviri monetales noch immer eine Rolle spielten. Darstellungen aus ihrem Familienrepertoire und in der Folge ebenso ihre Namen verschwanden unter der Regierung des Augustus von den Münzen, aber das spiegelte einfach die Festigung der Alleinherrschaft wider (siehe S. 78–9). Wir wissen von Cursusinschriften, daß das Amt eines Münzmeisters zumindest bis in die Regierungszeit des Severus Alexander (222–35 n. Chr.) fortbestand (Jones 1970). Wenn wir annehmen, daß die Münze von einem procurator monetae geführt wurde und daß, wenn jemand entschied, wieviel Geld ausgemünzt wurde, dies vermutlich der a rationibus tat (Statius, Silvae III 3, 103–5), bleibt unklar, was eigentlich die Aufgabe der triumviri monetales war, wenn sie nicht die Typen auswählten. Als junge Männer, denen im Rahmen des Vigintivirats der prestigeträchtigste Start zu einer senatorischen Karriere vergönnt war, werden sie sicher gewußt haben, was erwünscht war. Die Frage, wer die Münztypen auswählte, besäße wenig Bedeutung,
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wenn es nicht die Bestrebung gäbe, römische Münztypen als systematische und wohlüberlegte offizielle Propaganda zu interpretieren, was nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges an Überzeugungskraft gewann, und wenn es nicht zu einer Reaktion gegen diese Bestrebung gekommen wäre (z. B. Sutherland 1951; Jones 1974: 61–81). Auf diesem Gebiet unterliegen auch Gelehrte stark ihren eigenen Erfahrungen; beispielsweise schenken nach wie vor Forscher aus Osteuropa der Ansicht, daß Münzprägung eine Form systematischer Propaganda sei, größeren Glauben (z. B. Polanski 1992a; b). Das Thema ist offensichtlich von Interesse, aber die Spärlichkeit antiker Belege über Absichten, die hinter der Wahl der Münztypen lagen, hat die Debatte recht unergiebig werden lassen. Man könnte die Frage umgehen, indem man sich eher auf die nicht in Zweifel gezogenen ‚politischen Themen‘ als auf ‚Propaganda‘ bezieht. Der Begriff ‚Propaganda‘ beinhaltet nämlich mehr den wohlkalkulierten Versuch, jemanden zu ‚überreden‘, als die Ehrung des Kaisers (Levick 1982). Für die meisten Zwecke reicht der Begriff ‚Propaganda‘ aus, solange man sich klarmacht, daß er der Frage eher ausweicht, als sie einer Lösung zuzuführen. Es gibt kaum ein Zeugnis dafür, daß Münztypen ‚zielgerichtet‘ waren, das heißt, daß sie auf eine bestimmte Gruppe innerhalb der Gemeinschaft abzielten, die die Münzen in die Hände bekommen würden. Ein Beispiel dafür wären die unter Hadrian in Rom geprägten Münzen, die die Britannia abbildeten und anscheinend alle nach Britannien geliefert wurden (Walker 1988: 290) [134]. Es ist nicht einfach, weitere Emissionen kaiserlicher Münzen zu finden, die in vollem Umfang für Gebiete oder Gruppen bestimmt waren, für die sich ihre Typen besonders eigneten. Darüber hinaus kann aus dem fast vollständigen Mangel an Hinweisen in den literarischen Quellen – besonders auffällig ist das Schweigen Ciceros – auf Münztypen, die als Mittel der politischen Überredung gedeutet wurden, mit einigem Recht geschlossen werden, daß die Münzprägung nicht als wirksame Waffe in der politischen Rüstkammer angesehen wurde (Crawford 1983 b). Der Gebrauch des Wortes ‚Propaganda‘ mag demnach einen anachronistischen Beiklang haben. Auf der anderen Seite sollte man ein gewisses Maß an Absichten über die reine Ehrenfunktion hinaus und gewisse Rücksichten auf die Wirkung, die die Münzen auf diejenigen hatten, die sie benutzten, nicht für bestreitbare Hypothesen halten. Dio schrieb, daß Brutus einen besonderen Münztyp schlug, um zu zeigen, daß er zusammen mit Cassius das Vaterland befreit hatte (Dio XLVII, 25, 3) [107]. Dio, der es gewußt haben sollte, ging also davon aus, daß Münztypen dazu bestimmt sein konnten, bestimmte Botschaften zu übermitteln.
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Einmal in Umlauf gebracht, behielten die Münztypen ihre Wirkung. Dem Senat war es der Mühe wert, die Münzen des Gaius (Caligula) und des Geta nach deren Tod aus dem Verkehr zu ziehen (Dio LX 22, 3; LXXVII 12, 6), und einige Städte tilgten die Namen oder Porträts von in Ungnade gefallenen Kaisern von ihren Münzen [164]. In diesem Zusammenhang ist es bedeutsam, daß Münzen sozusagen als Echo auf Typen älterer, in Umlauf befindlicher Stücke geprägt werden konnten, in einigen Fällen sogar speziell, um sie wiederherzustellen (restituit). Zumindest ein Beispiel, nämlich unter Trajan, zeigt, daß solche ‚Restaurationsemissionen‘ in Verbindung mit dem Rückruf alter Münzen produziert wurden [129]. Das beweist ein gewisses Bewußtsein für die alten Typen mit ihren historischen Bezügen und den Wunsch, sie zu bewahren. Ein solches Interesse für umlaufende Münzen zeigt, daß man nicht a priori annehmen sollte, die Vermischung von neuem mit bereits zirkulierendem Geld bedeute, Typen des neuen Geldes hätten weder in ihrer Absicht noch in ihrer Wirkung ‚überreden‘ wollen. Zweifellos wurden in gewissen Zeiten Münzen mit politischen Inhalten befrachtet und auch mit beachtlicher Aufmerksamkeit behandelt. So ist z. B. die Münzprägung des Nerva programmatisch und in einigen Fällen sehr spezifisch: Sie bezieht sich vor allem auf Geldgeschenke an das Volk, die Getreideverteilung an die städtische Plebs, die Zurücknahme der Belastungen durch die kaiserliche Post für Italien [128], eine Waisenversorgung in Italien, die sogenannten alimenta, und die Beseitigung von Mißbräuchen in Zusammenhang mit der Judensteuer (Shotter 1983). Die meisten Münztypen sind nicht so spezifisch; aber selbst vermeintlich langweilige Typen können einen interessanten Aspekt besitzen. Beispielsweise ging das erste Auftreten bestimmter Personifikationen auf Münzen mit dem frühesten bezeugten Gebrauch von entsprechenden kaiserlichen Titeln Hand in Hand (Providentia und Providentissimus bei Trajan, Nobilitas und Nobilissimus bei Commodus etc.: Wallace-Hadrill 1981b: 23f.). Verschiedene Themen konnten an verschiedene Zeiten gebunden sein, so z. B. das Bauprogramm des Domitian im Jahr 95/6 [127] oder die Provinzpersonifikationen unter Hadrian [133–134]. Bestimmte Ereignisse konnten im bestmöglichen Licht dargestellt werden. Die Verständigung mit den Parthern im Jahr 20 v. Chr. wurde zu einer völligen Unterwerfung stilisiert [115], und als Philipp 244 n. Chr. gezwungen war, sich von den Persern freizukaufen, wurde das als Sicherung des Friedens ausgegeben (PAX FUNDATA CUM PERSIS; Millar 1993: 154) [141]. In gleicher Weise ist Aufmerksamkeit auch in dem faßbar, was nicht auf den Münzen erschien: So ist deutlich zwischen der Zurückhaltung bei der Darstellung des Kaisers auf den offiziellen Münzen und den Exzessen auf
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den kaiserlichen Kameos in der privaten Sphäre zu unterscheiden (Hannestad 1986: 78; Smith 1988a: 12). Einige Münztypen griffen in politische Auseinandersetzungen ein und traten sogar miteinander in einen Dialog. Beispiele für den ersteren Fall sind jene in der Republik geprägten Typen, die die Unterordnung oder das Zerbrechen von Symbolen königlicher Macht in einem aktuellen Zusammenhang darstellen. Indem man Zepter und Kranz unter eine sella curulis auf Münzen des Jahres 53 v.Chr. plazierte, wurde die legale Wahl von Konsuln und der Ausschluß des Pompeius von der Alleinherrschaft demonstriert [101]. In ähnlicher Weise zeigen die Münzen des Brutus und des Casca Longus, die nach der Ermordung Caesars geprägt wurden, eine Victoria, die ein Diadem zerreißt und auf ein zerbrochenes Zepter tritt (RRC 507/2). Dialoge zwischen Münztypen können am Beispiel miteinander konkurrierender Berufungen auf die libertas illustriert werden. Die Darstellung der Libertas auf Caesars Denaren des Jahres 48 v.Chr. unterstützte die Behauptung, er habe seine Provinz nur deshalb verlassen, um das römische Volk zu befreien (BC I, 22, 5) [102]. Den von Caesar in dieser Passage benutzten technische Begriff (in libertatem vindicare) verwendete man bei der Freilassung von Sklaven, und das von ihm verwendete Bild wurde in der Folge gegen ihn gerichtet. Denare des Brutus, die nach dem Mord an Caesar geprägt wurden, stellen zwei Dolche und einen pileus dar, jene Kappe, die von freigelassenen Sklaven getragen wurde; eine solche wurde von den Verschwörern nach dem Attentat emporgehalten (Weinstock 1971: 136, 147 f.) [107]. Dasselbe Bilderrepertoire, zwei Dolche und eine Kappe, wurde nur noch einmal und mit unverkennbarer Absicht auf den Münzen des Galba benutzt, der gegen Nero mit einem um den Hals gehängten Dolch marschierte (Suetonius, Galba 11) [120]. Die Bedeutung dieses Typs wird folgendermaßen in Worte umgesetzt: „Die Freiheit des römischen Volkes wurde wiederhergestellt“ (LIBERTAS P(OPVLI) R(OMANI) RESTITVTA). Wiederum zielen Münztypus und Motto auf einen bestimmten Aspekt: Nero hatte einen Kult für Juppiter Liberator eingerichtet und war als Zeus Eleutherios bejubelt worden, nachdem er Griechenland für frei erklärt hatte (Weinstock 1971: 144) [156]. Die Prägung des Galba besagte das Gegenteil: Die libertas war unter Nero verlorengegangen, und die Rechtfertigung des Tyrannenmordes war die Konsequenz daraus. Ähnlich konkurrierende Ansprüche wurden auf die pietas erhoben. Iulius Caesar hatte in dieser Hinsicht das vorgeblich altererbte Bildrepertoire mit Aeneas, der seinen Vater Anchises trägt, benutzt [103]. Dieselbe Anspielung, die später ihre volle Ausgestaltung in der Aeneis erfährt, fin-
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det sich auf Münzen Octavians bereits im Jahr 43 v.Chr. Ferner ist die konkurrierende Bildersprache des Sextus Pompeius ‚Pius‘ für uns von Interesse, der die Pietas auf seinen Münzen abbildete, ebenso wie die sizilische Sage von den beiden Brüdern aus Catana, die ihre Eltern auf den Schultern tragen (Weinstock 1971: 253–5) [108]. Diese stand klar in Konkurrenz zu Caesars Bild von Aeneas, der seinen Vater trägt. Man kann darüber streiten, ob man solche Münzgefechte als aktive Wirkkräfte in der politischen Arena oder eher als Reflexe von Dialogen in anderen Medien oder Zusammenhängen ansieht. Es ist ein Teilproblem eines größeren Fragenkomplexes, ob der Begriff ‚Propaganda‘ angemessen für die Münztypen verwendet werden kann. Wenigstens sollte es nicht strittig sein, daß Münztypen das widerzuspiegeln in der Lage sind, was wir durchaus als Propaganda bezeichnen können.
Publikum und Rezeption Was für die Intentionen gilt, die hinter der Auswahl von Münztypen stehen, trifft auch für ihre Rezeption zu: Die vorhandenen literarischen Hinweise (die frühesten stammen aus dem 6./5. Jh. v. Chr. von dem Dichter Simonides, Fr. 114 Diehl = Diog. Laertius IV 45) auf Leute, die Kenntnis von den Prägungen nahmen, lassen keine Verallgemeinerungen zu. Wissenschaftler vertreten weit auseinanderliegende Standpunkte, bis zu welchem Grad Münztypen betrachtet und verstanden wurden (z. B. Crawford 1983b; Ehrhardt 1984). Es ist zumindest möglich, einen Minimalkonsens darüber herzustellen, daß Münztypen gelegentlich eine Wirkung besaßen. Das Volk von Antiocheia „empörte sich gegen den Kaiser (Julian) und rief …, daß seine Münzen einen Stier abbildeten und die Welt auf den Kopf gestellt werde“ (Sokrates, Hist. Eccl. III 17; PG LXVII, 424 f.) [180]. Vielleicht hatten die Antiochener die Intention dieser Prägung mißverstanden: Julian schrieb an die Bürger von Antiocheia und beschimpfte sie, weil sie aus Unwissenheit seine Münzen verhöhnten (Misopogon 355d; Kent 1954; Gilliard 1964; Szidat 1981). Münztypen wurden also zweifellos häufig ‚mißverstanden‘, aber es kann kein Zweifel daran bestehen, daß zumindest diese eine Prägung Wirkung zeigte. Die literarischen Zeugnisse vermitteln überzeugend, daß es das Porträt auf den Münzen war, von dem am ehesten Notiz genommen wurde (Crawford 1983 b: 54–7). Die Allgegenwart der Porträts auf Münzen zusammen mit der raschen und weitverbreiteten Übernahme des Kaiserkults wie auch der Errichtung kaiserlicher Statuen auf öffentlichen Plätzen waren
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vermutlich überall in den Provinzen die anschaulichsten physischen Manifestationen für den Übergang von der Republik zum Kaiserreich (siehe S. 49–50). Es ist kaum anzunehmen, daß die Münzen keine Hauptrolle bei der Verbreitung der Kenntnis des kaiserlichen Bildnisses gespielt haben sollen. Kaiserliche Porträts stellten einen wichtigen Aspekt der Machtsymbolik dar, wobei die weitverbreitete Nachahmung neuer kaiserlicher Frisuren ein Indiz für ihre Wirksamkeit ist (Zanker 1988: 292–5). Während sich die literarischen Quellen als unzulänglich herausstellten, um zu einer Einschätzung der Wirksamkeit von Münztypen zu gelangen, erwies sich die Analyse der Art und Weise, wie kaiserliche Bilddarstellungen von der Zeit des Augustus an in private Sphären Eingang fanden, als ein erfolgreicherer Angang (Hölscher 1984: 20–32; Zanker 1988: 265–95). Victorien und Tropaia, Symbole des Wohlstandes und der Weltherrschaft, Steinböcke und Sphingen und sogar hochspezifische Zeichen wie die corona civica und der clipeus virtutis tauchten verschiedentlich an „Schmucksachen und Geräten, auf Möbeln, Textilien, Wänden und Stuckdecken, Türwangen, tönernen Verkleidungsplatten, Dachziegeln und sogar auf Grabmonumenten und marmornen Aschenkisten“ auf (Zanker 1988: 266). Von daher ist es klar, daß neben dem Porträt auch dem Typus der ins Auge fallenden Bilddarstellung auf den Rückseiten der kaiserlichen Münzen Beachtung geschenkt wurde und daß diese Rückseitendarstellungen den Geschmack beeinflußten. Das gilt für die nichtkaiserlichen öffentlichen Monumente genauso wie für das häusliche Milieu. Solche Bilddarstellungen wurden auch durch die öffentlichen Monumente verbreitet, aber es ist auch in diesem Fall kaum anzunehmen, daß die Münzen keine wichtige Rolle bei deren Ausbreitung gespielt hätten. So dürfen wir wohl behaupten, daß die Münzprägung eines der Medien war, durch die das kaiserliche Bildrepertoire in private Sphären eindringen konnte.
Bildrepertoire und Sprache Wichtige Einsichten wurden durch Ansätze gewonnen, die Ikonographie von Münzen als eine Art Sprache zu verstehen (Hölscher 1980). Viele Aspekte der republikanischen Typologie bleiben im Dunklen, sowohl was die Thematik als auch das verquere Bildrepertoire betrifft. Es ist unwahrscheinlich, daß die Mehrheit der Anspielungen genau verstanden wurde, es sei denn von der Elite. Die Münzen der Römischen Republik stellten wie andere Monumente aus dieser Zeit eine Form von ‚Insider-Kunst‘ dar, die das Selbstverständnis der großen Familien widerspiegelte (Hölscher 1984).
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Die Entwicklungen während der Republik waren dennoch grundlegend für das, was kommen sollte. Die Versuche, eine große Bandbreite von Themen zu vermitteln, führten zur Ausbildung einer komplexen Bildersprache. Dabei übernahm die römische Kunst für diese Sprache etwas von dem Vokabular und der Syntax der hellenistischen Kunst, aber sie paßte sie ihren Bedürfnissen an, erweiterte ihren Umfang und systematisierte sie (Hölscher 1980: 271–81; 1982: 271–3). Von besonderer Bedeutung war die Verwendung von Personifikationen und abstrakten Symbolen, die schließlich so charakteristisch für sie werden sollten. Die Häufung solcher Symbole gestattete es, den Kernpunkt eines politischen Programms auf einer einzigen kleinen Münze zu vermitteln. Auf diese Weise wurde mit einem Typ Caesars, der Rutenbündel, einen Caduceus, eine Weltkugel, eine Opferaxt und zwei verschränkte Hände abbildete, auf die republikanische Amtsführung, die Felicitas, die Weltherrschaft, die Pietas und die Eintracht angespielt [105]. Die Komplexität und die verschleierte Botschaft der Bilder führten zu Münzlegenden, die dazu eingesetzt wurden, um auf eine zuvor nie dagewesene Art und Weise die Bedeutungen zu erläutern und zu erweitern. Personifikationen und erklärende Legenden sind wesentliche Komponenten der Typologie der kaiserzeitlichen Münzprägung. Die Wirkkräfte der Herrschaft des Augustus sorgten dafür, daß der Einfluß der offiziellen Ikonographie ausgenutzt wurde. Nach der Frühzeit des Prinzipats bewahrten die Münztypen ihren politischen Inhalt, tendierten aber dazu, weniger komplex und dafür klarer zu werden. Dadurch verstärkten sie noch den Effekt der Einflußerweiterung. Die Sprache der Münzen, ebenso wie die der Denkmäler, hörte auf, ‚exklusiv‘ zu sein. Münztypen und Legenden wurden standardisiert und dadurch leichter verständlich gemacht; die Hauptthemen blieben bis in die Spätantike bemerkenswert statisch. Die Münztypen der Römischen Kaiserzeit und ihre Legenden bezogen ihre Themen und Ausdrucksformen aus der hochentwickelten visuellen und verbalen Sprache der herrscherlichen Ideologie. Diese Ansicht kann leicht durch den Vergleich der Münzen mit noch erhaltenen offiziellen Monumenten und Texten abgestützt werden. Das augenfälligste Charakteristikum des numismatischen Materials ist hingegen die Notwendigkeit, drastische Verkürzungen von Bild und Legende vorzunehmen. Es ist bemerkenswert, wie wenig ‚offizielle‘ Texte im Vergleich zu den Münzen noch erhalten geblieben sind. Einige kaiserzeitliche Reden sind uns überliefert (siehe oben Levick 1982 über die Reden des Claudius). Hofdichtung und Panegyrik sind in diesem Zusammenhang wertvoll, aber nichts ist mit den Res Gestae des göttlichen Augustus zu vergleichen. Die Themen dieses Dokuments und die der Münzen treffen sich an vielen
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Stellen: die Eroberung Ägyptens [113], die symbolischen Ehrungen des Jahres 28/7 v. Chr. [114], der Sieg über Armenien und die Rückgabe der römischen Feldzeichen durch die Parther [115], die Abhaltung der Säkularspiele, der Titel ‚Vater des Vaterlandes‘ (pater patriae), die Errichtung oder Wiederherstellung von Tempeln und Straßen und viele andere Themen (Simon 1993). Nicht allein die dargestellten Themen, sondern sogar die Sprache der Münzlegenden können ein Echo der politischen Rhetorik von literarischen Texten sein. Dafür lassen sich gute Belege bei einer genauen Untersuchung der Münzprägung des Vierkaiserjahres (68/9 n. Chr.) und der unmittelbaren Folgezeit beibringen (Kraay 1949). So ruft z.B. das Schlagwort ‚Errettung des Menschengeschlechts‘ (SALVS GENERIS HVMANI) auf den Münzen des Galba [121] lebhaft die Ermahnung des Vindex an Galba ins Gedächtnis, ‚sich zum Befreier und Führer des Menschengeschlechts zu machen‘ (ut humano generi assertorem ducemque se accomodaret; Sueton, Galba 9, 2). Das Wort assertor besaß ebenfalls eine aktuelle Bedeutung aus einem ganz speziellen Grund. Sowohl Iulius Caesar als auch Augustus hatten den Anspruch erhoben, das römische Volk oder den Staat zu befreien (in libertatem vindicare: siehe S. 83; Res Gestae 1, 1), und Augustus wurde auf Münzen des Jahres 28 v. Chr. als ‚Kämpfer für die Freiheit des römischen Volkes‘ bezeichnet (Libertatis P(opuli) R(omani) Vindex ) [62]. Auf diese politische Stilisierung wurde im Jahr 68/9 n. Chr. wieder zurückgegriffen, allerdings mußte das Wort vindex wegen der dubiosen Rolle, die C. Iulius Vindex während der Ereignisse gespielt hatte, vermieden werden. Die Verwendung des Wortes adsertor als Alternative zu vindex ergibt sich nicht nur aus der oben zitierten Passage bei Sueton, sondern auch aus den 71 n. Chr. geprägten Münzen des Vespasian mit der Legende SPQR ADSERTORI LIBERTATIS PVBLICAE (Kraay 1949: 138–40) [122]. Die Verknüpfung von Münzprägung und Literatur reicht aus, um zu zeigen, daß beide am politischen Jargon der Zeit teilhatten. Das Bildrepertoire bildet letztlich eine Sprache, die sowohl Allgemeines als auch äußerst Spezifisches zum Ausdruck bringen kann. Es läßt sich wiederum recht leicht zeigen, daß die Themen und die Bildersprache der Münzen auch auf anderen kaiserlichen Denkmälern vorkommen. Der Trajansbogen in Benevent bewahrt zum Beispiel unter anderem Erinnerungen an den Dakischen Triumph, an den Hafenneubau von Ostia und die Waisenversorgung; außerdem gibt es auf den Pfeilerreliefs Szenen, wo Trajan von Victoria gekrönt wird, wo er von Juppiter ein Blitzbündel erhält und wo er eine Provinz erhebt – alles Szenen, die wir nur zu gut von den Münzen kennen (Hannestad 1986: 177–86). Die zwei Friese der Anaglypha Hadriani aus Rom zeigen unter anderem Darstellungen von Hadrian, wie
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er sich an das Volk wendet, die Personifikation der Italia mit zwei Kindern, was sich auf die Waisenversorgung bezieht, und schließlich eine Szene mit der Verbrennung von Dokumenten in Zusammenhang mit dem Schuldenerlaß: Alle diese Szenen gibt es auch als Münztypen (Hannestad 1986: 193–4). Zwanzig Reliefs mit Provinzpersonifikationen aus dem Tempel des vergöttlichten Hadrian in Rom entsprechen sehr genau den Provinzserien, die unter seiner Regierung geprägt wurden (Hannestad 1986: 197–200). Münzen teilen nicht nur die Themen und ihre Bildsprache mit anderen Denkmälern; sie können ihrerseits auch Gebäude, Triumphbögen, Statuen oder – was aber seltener ist – Gemälde wiedergeben. Die Ausbringung solcher Münzen kann an sich schon eine politische Aktion darstellen. So zeigen Münzen die Reiterstatue des Sulla: Bei ihr handelte es sich um die erste dieser Art, die offiziell auf dem Forum in Rom errichtet wurde. Münzen zeigen auch die vergoldete Statue des Octavian zu Fuß, die in der Nähe des Sulla-Monumentes im Jahre 43 v. Chr. errichtet wurde, und schließlich zwei Statuen des Octavian, die in polemischer Weise an seinen Sieg über Sextus Pompeius erinnerten (Zanker 1988: 37–43) [110, 112]. Die visuelle und verbale Sprache der kaiserlichen Ideologie diente – mit Absicht oder nicht – dazu, Bilder von Kaiser und Reich zu schaffen. Man kann sie nur dann verstehen, wenn man sie mit anderen Mechanismen vergleicht, die ebenfalls derartige Konzeptionen in der Gesellschaft verankerten, angefangen bei der Stadtplanung bis hin zum Zeremoniell. Die Prozesse, die dabei eine Rolle spielten, können hier nicht analysiert werden, gehen aber klar aus den subtilen und umfänglichen Studien von Weinstock (1971) und Zanker (1988) hervor. Das Durchsetzungsvermögen kaiserlicher Ikonographie und der Umfang, in dem sie sich sogar in private Sphären einlagern konnte (siehe S. 84), machen es wahrscheinlich, daß einige soziale Gruppen, vor allem in Rom, in der Lage waren, das Bildrepertoire von Münzen richtig zu lesen. Noch eine zweite Konsequenz ergibt sich: Das Überleben von Münzen bedeutet, daß wir über einen mehr oder weniger kontinuierlichen Zugang zu einem Aspekt der Entwicklung kaiserlicher Ideologie verfügen.
Themen der Macht Das Wesen und die potentielle Kraft der Ideologie, die auf Münzen zum Ausdruck kommt, werden noch klarer, wenn man das Vorkommen bestimmter Themen, die sich direkt auf Macht beziehen, verfolgt. Zu diesem Zweck untersucht der letzte Abschnitt dieses Kapitels Ansprüche von
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Herrschern auf Göttlichkeit, Legitimität und rechtmäßige Nachfolge, Ausdrucksformen des römischen Anspruchs auf Herrschaft und die Wohltätigkeitsideologie, die von den provinzialen Eliten ausgebildet wurde.
Göttlichkeit Wir haben bereits gesehen, daß göttliche Attribute ein allgemeines Merkmal bei der Darstellung von Herrschern seit der Zeit Alexanders waren. Der römische Respekt vor ‚republikanischen‘ Traditionen verlangte eine größere Behutsamkeit auf diesem Gebiet, aber die Attraktivität von Göttlichkeit als einer geeigneten Ausdrucksform und Rechtfertigung von Machtausübung erwies sich als sehr stark. Ein Behelf bestand in der Behauptung, in einem engen Verhältnis zu einer speziellen Gottheit zu stehen. Sulla, Pompeius und Iulius Caesar hoben auf ihren Münzen und mit anderen Medien ihre Verbindung mit Venus hervor (Weinstock 1971: 15–18, 80–90) [z. B. 96, 103]. Alle drei bauten in Rom Tempel für die Göttin (Zanker 1988: 20 f., 24). Allerdings konnte Caesar die anderen übertrumpfen, indem er Venus als Stammutter seiner Gens verehrte (Genetrix) und durch die Darstellung des Aeneas (Sohn der Venus und Vater des Iulus/Ascanius) auf seinen Münzen diese Abstammung zum Ausdruck brachte [103]. Dies war ein Gebiet, auf dem Konkurrenten miteinander wetteifern konnten. Auf parallel emittierten Goldmünzen aus dem Jahr 42 v. Chr. wurden Octavian mit Aeneas und Antonius mit Anton, dem Sohn des Herkules, zusammengestellt (RRC 494; Zanker 1988: 45). Octavian legte großen Wert auf seine unmittelbareren Ansprüche auf göttliche Abstammung durch seinen Adoptivvater, den nun zum Gott gewordenen Iulius (Divus Iulius) [110]. Sextus Pompeius reklamierte olympische Abkunft für sich und stellte seinen Vater als Neptun mit einem Dreizack und der Legende NEPTVNI dar [106]. Der letzte Schritt war damit vorgezeichnet: Antonius, der in Ephesos als Dionysos akklamiert worden war, trug auf kleinasiatischen Kistophoren den diesem Gott zukommenden Efeukranz [61]. Viel subtiler, aber mit unverkennbarer Absicht wurden um die Zeit von Actium Münzserien für Octavian geprägt, die ihn mit Juppiter, Neptun und Apollon gleichsetzten. Einer Herme des Juppiter verlieh man sogar die Züge Octavians (Burnett 1983; Zanker 1988: 53–7) [111]. Die ideologische Behauptung, daß die Republik wiederhergestellt worden sei, verlangte nach größerer Zurückhaltung. Der Status eines ‚divus‘ wurde regelmäßig den verstorbenen Kaisern gewährt, sofern sie nicht der ‚damnatio memoriae‘ verfallen waren, und wurde nach dem Tod auch auf
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nahe Verwandte der kaiserlichen Familie ausgedehnt. Das führte gelegentlich zu Exzessen, wie etwa der Darstellung des vergöttlichten Sohnes von Domitian am Firmament [124]. Allerdings wurde die Ikonographie der Vergöttlichung allmählich weitgehend standardisiert. Infolge der Divinisierung ihrer Vorgänger konnten seit Augustus und Tiberius viele Kaiser Anspruch auf eine göttliche Abkunft geltend machen und sich divi filius nennen. Es war immer noch möglich, Anspruch auf eine besondere Verbindung mit speziellen Gottheiten zu erheben. Solche Beziehungen konnten ihren Ausdruck in der Weihung der überwiegenden Zahl der Münztypen an die betreffende Gottheit finden, wie an Minerva unter Domitian (vgl. Sueton, Dom. 4, 4; 15, 3; Hannestad 1986: 140 f.). Die Verwendung der Beinamen ‚Retter‘ und ‚Begleiter‘ (Conservator und Comes) für Gottheiten mag in derselben Weise zu verstehen sein. Der Beiname Conservator war vor dem 3. Jh. n. Chr. in der Regel für Juppiter reserviert (wie etwa Juppiter, der über Trajan wachte) [130], aber Elagabal benutzte diese Vorstellung für seinen Sonnengott, und Gallienus gebrauchte ihn für eine ganze Reihe von Gottheiten, möglicherweise im Zusammenhang mit zeremoniellen Sühneopfern in einer Zeit der Krise (Weigel 1990). Die Epiklese Comes erfuhr ihren funktionalen Höhepunkt, als sie unter Constantin dazu diente, die Stellung des Sol Invictus zum Ausdruck zu bringen [177]. Göttliche Attribute gingen trotz ihrer oft vagen Bedeutung einen Schritt weiter. Agrippina wurde unter Claudius mit einem Ährenkranz auf dem Haupt abgebildet, und Nero eignete sich die Ägis (das ZiegenfellEmblem von Juppiter und Minerva) und die Strahlenkrone an [119]. Die letztere, die schon in der Vergangenheit ein Erkennungszeichen vergöttlichter Menschen (divi) gewesen war und es auch weiterhin sein sollte, wurde in der Folge von allen Kaisern als ein Standardmerkmal bestimmter Nominale (besonders der Dupondii und sogenannten ‚Antoniniani‘) verwendet. Das solare Bildrepertoire der Strahlenkrone wurde, wenigstens in gewissen Zusammenhängen, mit voller Absicht gewählt. Einige Edelmetallemissionen unter Septimius Severus stellen den Kaiser mit Strahlenkrone und die Kaiserin mit Halbmond dar und somit als Sonne und Mond [138]. Im 3. Jh. n. Chr. taucht dieselbe Gleichsetzung auf den ‚Antoniniani‘ auf, die Porträts des Kaisers und der Kaiserin regelmäßig mit Strahlenkrone bzw. Halbmond wiedergeben [z.B. 140–143]. Es kann sein, daß diese Ikonographie bis zu einem gewissen Grad ihren Wert verloren hatte. Das ist wahrscheinlicher, als daß alle diese Herrscher den Anspruch auf Göttlichkeit erhoben hätten. Selbst wenn dies so ist, bleibt es bemerkenswert, daß göttliche Ikonographie offensichtlich belanglos geworden war. Sueton wirft Nero vor, er habe sich auf seinen Münzen als Apollon dar-
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stellen lassen (Sueton, Nero 25, 2), aber dieser Vorwurf erscheint, zumindest was die kaiserlichen Prägungen angeht, unbegründet. Es ist richtig, daß Apollon auf Münzen des Nero dargestellt wurde und daß von einigen Zeitgenossen der lyraspielende Kaiser mit Apollon identifiziert worden sein mag [118]. Dennoch gibt es kein ikonographisches Element, keine Gesichtszüge oder eine Legende auf den Münzen, die durchblicken ließen, daß Nero gemeint war. Die Münzen zeigen einfach Apollon. In der Reichsprägung können wir erst seit der Herrschaft des Domitian einen Trend zu einer spezifischeren Gleichsetzung von Kaisern mit Göttern finden. Eine Münze aus einer Serie, die Domitian zur Darstellung bringt, zeigt den Kaiser, wie er einen Blitz hält und von Victoria bekrönt wird, eine ikonographische Verbindung, die den Vergleich mit Alexander nahelegt [126, vgl. 45]. Der Blitz steht völlig im Einklang mit der zeitgenössischen Dichtung, in welcher Juppiter derjenige Gott ist, mit dem Domitian am häufigsten verglichen wird (Carradice 1983: 144). Diese Ikonographie setzte sich dann für Trajan fort. Der ebenfalls unter Trajan auf den Münzen erscheinende Hercules Gaditanus war keine offenkundige Gleichsetzung. Vielmehr sollte in diesem Falle ganz offensichtlich ein Vergleich zwischen dem spanischen Kaiser und dem spanischen Herkules nahegelegt werden. Die Prägung des Antoninus Pius mit der Figur des Romulus und der Widmung ROMVLO AVGVSTO kam einer richtigen Gleichsetzung schon sehr nahe, aber auf die völlige Identifikation mußte man noch bis zum letzten Jahr der Herrschaft des Commodus warten. Auf der Vorderseite war das Porträt des Kaisers mit dem Löwenskalp des Herkules geschmückt, auf einigen Rückseiten wurde Commodus als Herkules bei der Neugründung Roms abgebildet, während andere Münztypen dem HERCVLI ROMANO AVGVSTO gewidmet waren [136]. Die Herausstellung des Commodus als Herkules ist auch durch andere Quellen gut zu belegen. Sie stellt eine ausgesprochene Besonderheit in der Reichsprägung dar (Speidel 1993). Daß normalerweise ein gewisses Maß an Zurückhaltung bei der kaiserlichen Münzprägung geübt wurde, zeigt ein Beispiel, wo die Kontrolle unterblieb. Aus einem für uns nicht mehr feststellbaren Anlaß wurde eine äußerst ungewöhnliche Serie in der Münze von Serdica unter Aurelian geprägt. Hier wurde in der kaiserlichen Titulatur der Herrscher als Invictus bezeichnet – was einen Vergleich mit Sol nahelegt – oder als Gott und fleischgewordener Herr (DEO ET DOMINO NATO). Diese Emissionen sind interessant, weil wir daraus ersehen können, wozu auch die normalen kaiserlichen Münzen hätten benutzt werden können – was aber nicht geschah. Die römischen Provinzialprägungen sind unter demselben Aspekt
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aufschlußreich. Diese Münzen passen gut zu einem farbigen Bild des Kaiserkultes, enthüllen sie doch die größere Flexibilität wie auch die Exzesse, die es in den Provinzen gab.
Legitimation und Nachfolge Die Legitimität, die ein Kaiser aufgrund seiner Abstammung, seines Charakters und seiner Leistungen besaß, war ein häufiges Thema der Reichsprägung zu allen Zeiten. Personifikationen der kaiserlichen ‚Tugenden‘, die unter der iulisch-claudischen Dynastie noch selten waren und nur sporadisch vorkamen, wurden zu einem Hauptkennzeichen des Typenschatzes. Diese Münzen brachten das charismatische Wesen des Kaisers durch seine moralischen Qualitäten und Stärken zur Darstellung wie auch die Vorteile des autokratischen Systems (Wallace-Hadrill 1981 a; Hölscher 1980). Einige Typen betonten das Verhältnis des Kaisers zur Armee, andere seine Sorge für das Volk und seine Freigebigkeit ihm gegenüber. Dieser Abschnitt wird sich anhand einiger Beispiele auf den engeren, aber wichtigen Aspekt des Transfers kaiserlicher Macht konzentrieren. Die Nachfolge war wie die Göttlichkeit ein Thema, das in Zusammenhang mit der staatsrechtlichen Fiktion des frühen Prinzipats einen äußerst vorsichtigen Umgang erforderte. Die Zurückhaltung der frühen kaiserlichen Prägungen – man beachte das Fehlen von Darstellungen des Marcellus, des ersten in Aussicht genommenen Erben des Augustus – wurde genau zu dem Zeitpunkt aufgegeben, als die kaiserliche Monopolisierung der Münztypen eine offenere Präsentation der Alleinherrschaft nahelegte (siehe S. 79). Im Jahr 13/12 v. Chr. wurden Denare mit dem Porträt des Augustus auf der einen und dem des Agrippa auf der anderen Seite geprägt [116]. Der Eindruck, daß dem Porträt des Agrippa die gleiche Bedeutung zukommen sollte wie dem des Augustus, wurde durch einen anderen Typ noch verstärkt, der die beiden Seite an Seite auf der Rostra sitzend abbildete. Die dynastische Botschaft wurde durch einen dritten Typ deutlich ausgesprochen, der ein Porträt der Iulia unter einer corona civica zeigte, flankiert von den Bildnissen der Enkelsöhne des Augustus, Gaius und Lucius (Zanker 1988: 216; Wallace-Hadrill 1986). Die kaiserlichen Münzen blieben auch in diesem Fall zurückhaltender und gemäßigter als die provinzialen Prägungen. So finden sich beispielsweise für Emissionen von Korinth aus der Zeit von etwa 4–5 n. Chr. mit den Porträts von Tiberius, Agrippa Postumus, Germanicus und Drusus Minor (RPC I: Nr. 1139–43) keine Parallelen in der Reichsprägung. Die Wiedergabe von Porträts auf den kaiserlichen Münzen hatte mehr Ge-
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wicht. Ebenso wie vorher Agrippa erschien jetzt Tiberius auf der anderen Seite einer Münze des Augustus, aber barhäuptig auf den Gold- und Silbermünzen von 13/14 n. Chr. und allein ohne Augustus mit einem Lorbeerkranz auf den Prägungen aus unedlem Metall in den Jahren 9–11 n. Chr. [117]. Solche Münzen vermittelten eine leicht verständliche Botschaft über die wahren Verhältnisse von Herrschaft und Nachfolge. Bei ihrer Betrachtung ist es unmöglich, nicht die Skepsis des Tacitus über die Vorgänge im Senat nach dem Tod des Augustus zu teilen. Es war schon einige Jahre vorher klar, daß Tiberius die Stellung des Augustus einnehmen sollte. Der Einsatz von Porträts blieb weiterhin ein wirkkräftiges Phänomen. Die meisten Reichsmünzen des Claudius porträtierten Nero, seinen Adoptivsohn und Nachfolger, nicht aber Britannicus, der zwar jünger als Nero, dafür aber sein leiblicher Sohn war. Die Anstrengungen des neuen Kaisers Vespasian, eine Dynastie zu etablieren, wurden durch die Abbildung seiner Söhne unterstützt (Metcalf 1982: 333). Seine Münzprägung verrät eine neue Taktik bei der Bestimmung der Erbfolge: Der ältere Sohn, Titus, teilte Rückseitentypen mit seinem Vater, der jüngere, Domitian, dagegen nicht (Buttrey 1972: 107). Es wurde üblich, im Namen des designierten Erben, der als Caesar bezeichnet wurde, Münzen zu emittieren. Der Drang, das Bewußtsein für eine neue Dynastie zu stärken, tritt wieder in der Münzprägung des Septimius Severus deutlich zutage. Die Situation rief eine starke Betonung der Familie hervor (Iulia Domna, Caracalla und Geta) [138 f.], ebenso eine höchst ungewöhnliche und geradezu aufdringliche Hervorhebung von Caracalla als künftigem Kaiser (DESTINATO IMPERAT). Als Caracalla Plautilla heiratete, wurde das Paar im Handschlag und mit einer Bildunterschrift dargestellt, die darauf hinwies, daß die Zukunft des Reiches durch sie gesichert sein werde (PROPAGO IMPERI). Eine eher gewöhnliche Ikonographie der Erbfolge entwickelte sich um den Begriff der providentia. Sie diente dazu, die Legitimität nach dem Erbfall zu betonen. Titus empfing von Vespasian eine Weltkugel PROVIDENT. AVGVST. [123]. Nerva erhielt sie vom Genius des Senats PROVIDENTIA SENATVS (RIC 109); Hadrian wurde sie von Trajan (RIC 2) und auch von Juppiter (RIC 109) überreicht, und ein Adler brachte ihm durch die Vorsehung der Götter ein Zepter (PROVIDENTIA DEORVM) (Strack 1931–7 II: 43–5). Angesichts dessen drängt sich die Frage auf, ob die Münzen des Hadrian mit ihren Beteuerungen nicht zuviel des Guten tun. Die offizielle Version über jene verdächtigen Umstände, unter denen sich seine Machtübernahme vollzog, wird in einer Szenerie deutlich, die Trajan und Hadrian im Handschlag mit der eindeutigen Legende ADOPTIO zeigt [132].
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In Bürgerkriegszeiten umfaßte der Anspruch, einen Vorgänger zu rächen, auch den Anspruch auf Legitimität. So prägte Septimius Severus Münzen für den ermordeten Pertinax als Divus, und der Mars-Ultor-Typ (Mars als Rächer), der von Pescennius Niger ausgegeben wurde, war vermutlich mit demselben Anspruch verbunden (Buttrey 1992: xi–xiii). Im Fall einer Usurpation spitzte sich die Frage der Legitimität zu. Daß das Prägen von Münzen allein schon einen Anspruch auf die Kaiserherrschaft darstellte, ist so etwas wie ein Leitmotiv in der Historia Augusta; man kann es aber auch schon bei früheren Autoren finden (Crawford 1983 b: 48, 51; z. B. Herodian I, 9, 7; II, 15, 5). In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, daß kein Usurpator jemals eine separatistische oder ‚nationalistische‘ Stilisierung wählte, mit Ausnahme von ‚Simeon, Fürst von Israel‘ während des Zweiten Jüdischen Aufstandes (vgl. S. 47) [159]. Die Münzen der Usurpatoren präsentieren diese einfach als Kaiser, in der Regel ohne auf ihre Rivalen einzugehen [144]. Seltener erhoben Usurpatoren den Anspruch, daß die anderen Kaiser ihre Kollegen waren. Carausius, der seine Stellung als Flottenkommandant dazu nutzte, sich 287 n.Chr. in Britannien zum Kaiser ausrufen zu lassen, liefert dafür das handfesteste Beispiel [147–148]. Nicht genug damit, daß er Münzen für Diokletian und Maximianus prägen ließ, er emittierte sogar einige Münzen, die die Porträts aller drei Kaiser nebeneinander zeigten und diese als Brüder bezeichneten (CARAVSIVS ET FRATRES SVI). Im Osten nahm um 269/70 n. Chr. Vabalathus die ungewöhnlichen Titel eines Königs und Führers der Römer (Rex und Dux Romanorum) wie auch eines Imperators an. Der letzte Titel ist der angemessenste, der sich für einen Usurpator finden läßt, der sich irgendwie von einem Kaiser unterscheiden will [146]. Anfangs erkannte er Aurelian immerhin an, indem er dessen Porträt und Titel auf die andere Seite seiner Münzen setzte. Die spätesten Emissionen ließen schließlich die merkwürdigen Titel und das Porträt des Aurelian fallen, und Vabalathus präsentierte sich als Kaiser und seine Mutter Zenobia als Kaiserin (Augusta) (Millar 1993: 171–2, 221, 334–5).
Das kaiserliche Bildrepertoire Das Bildrepertoire auf den Münzen bringt nicht nur das Anrecht einzelner Individuen, über die Römer zu herrschen, zum Ausdruck, sondern auch den Anspruch der Römer, die Welt zu beherrschen. Eine Reihe von kriegerischen, triumphalen und anderen Typen bezieht sich auf dieses Thema, und nur einige wenige, die einschlägig sind, können hier Berücksichtigung finden. So werden Völker und Regionen als besiegt dargestellt,
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und Könige liegen vor den Römern auf den Knien oder werden von ihnen anerkannt und gekrönt. Auf diese Weise unterwirft sich Jugurtha dem Sulla, baut sich Vespasian über dem geschlagenen Judäa auf, gebietet Trajan über das kürzlich annektierte Armenien und die Ströme Mesopotamiens (ARMENIA ET MESOPOTAMIA IN POTESTATEM P.R. REDACTAE) und weist der kniefälligen Personifikation der Parthia einen König zu, REX PARTHIS DATVS [131] (vgl. Weinstock 1971: 337– 8). Aus einer anderen Perspektive, die am häufigsten auf den Münzen des Hadrian zum Ausdruck kam, wurden Provinzen nicht als unterworfen, sondern ungebeugt als konstitutive Teile des Römischen Reiches dargestellt [133–134]. Relieffolgen hatten schon zuvor die Provinzen ohne irgendeinen ikonographischen Hinweis auf ihre Niederwerfung abgebildet, allerdings nur in Zusammenhängen, die mit römischen Siegen zu tun hatten (Smith 1988 b; vgl. Hannestad 1986: 197). Die unzweideutige Präsentation einer Reihe von Provinzen als friedliche Partner war eine neue Entwicklung unter Hadrian, soweit wir das nach den erhaltenen Quellen beurteilen können. Paternalismus fand in diesem Zusammenhang ebenfalls einen Platz. Die Kaiser richteten die Res Publica, Roma und unter Hadrian eine große Anzahl einzelner Provinzen und schließlich sogar die ganze Welt auf (RESTITVTOR ORBIS TERRARVM). Insbesondere mit dem Bildrepertoire der Welt, die häufig als Globus wiedergegeben wurde, kam das Recht der Römer auf Universalherrschaft in höchster Deutlichkeit zum Ausdruck. Die Ikonographie veranschaulicht die Vorstellung, die in den erhaltenen literarischen Quellen zuerst von Polybios formuliert wurde, daß die ganze Welt unter römische Oberherrschaft gekommen sei (Brunt 1978). Rom war die Sendung und das Recht zuteil geworden zu herrschen. Im Zusammenhang mit dem Krieg gegen den Rebellen Sertorius in Spanien wurde der Genius des römischen Volkes mit Symbolen der Herrschaft zu Lande und zur See verbunden (Zepter mit Kranz, Weltkugel und Steuerruder) [98]. Er wurde dargestellt, wie er, von einer Nike bekrönt, einen Fuß auf die Weltkugel gesetzt hat (RRC 397). Auf einem Münztyp von ca. 70 v. Chr., mit dem der schließlich erfolgten Bürgerrechtsverleihung an die Italiker nach dem Bundesgenossenkrieg gedacht wurde, reichen sich Roma und Italia die Rechte, aber Roma setzt einen Fuß auf eine Weltkugel [99]. Die Ansprüche sowohl von Pompeius als auch von Caesar, die Grenzen des Reiches so erweitert zu haben, daß sie mit denen des orbis terrarum zusammenfielen, wurden durch Weltkugeln auf ihren Prägungen wiedergegeben (siehe S. 78; RRC 464/3) [100]. Unter Caesar wurde Roma auf einem Waffenhaufen sitzend dargestellt, von Victoria gekrönt, ein Zepter in ihrer Hand haltend und einen Fuß auf den Globus setzend [102]. Damit ist alles darüber gesagt.
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Wie wir schon gesehen haben, wurde in der Kaiserzeit die Übergabe einer Weltkugel zu einem festen Element in der Ikonographie der Machtübernahme. Die Ideologie vom Wohltätigkeitscharakter der Herrschaft Die in Rom propagierte Reichsideologie wurde bis zu einem gewissen Grad auch von den städtischen Prägungen der Provinzen aufgegriffen, aber die lokalen Eliten, die vermutlich für die Münztypen verantwortlich waren, formulierten auch ihre eigene Haltung gegenüber dem Reich (Harl 1987). Sie wurden selbst in steigendem Maße in die römische Führungsschicht integriert, und durch die allgemeine Bürgerrechtsverleihung (Constitutio Antoniniana) des Jahres 212 n. Chr. wurden praktisch alle freien Bewohner des Römischen Reiches römische Bürger. Die städtischen Münzprägungen reflektierten in einem bemerkenswerten Ausmaß die Ideologie vom Wohltätigkeitscharakter der römischen Herrschaft, die die provinzialen Führungsschichten als Antwort auf die römische Macht und ihre eigene Teilhabe an ihr entwickelt hatten. Die städtischen Prägungen standen in einer Tradition, die die Neigung Roms für rasch wechselnde und aktuelle Typen nicht teilte. Nur langsam folgten sie den römischen. So wurden die Folgeerscheinungen der römischen Annexion auf den provinzialen Münztypen kaum beachtet (Burnett 1987: 52, 80). Die Gestalt oder der Kopf der Roma erschienen selten, und wenn sie auftauchten, ist es oft leicht zu erklären: z. B. ist dies auf Münzen von Gortyn der Fall, nachdem die Römer Kreta von Mithridates zurückgewonnen hatten [55], oder auf den standardisierten Prägungen für die Städte Bithyniens und des Pontus als eine Maßnahme der provinzialen Neuorganisation (siehe S. 49) [63]. In den meisten Fällen gibt nur das sehr seltene Eindringen des Namens eines römischen Beamten einen Hinweis auf den Untertanenstatus der Städte während der Republik. Porträts von Römern waren ebenfalls sehr ungewöhnlich. Im Osten wurde Iulius Caesar in nicht mehr als drei Städten auf Münzen abgebildet, und es gab kaum Bildnisse von Antonius, außer in den Gebieten, die von Kleopatra kontrolliert wurden, wo er als ihr Prinzgemahl erschien. Das änderte sich unter Augustus (RPC I: 38–51). Plötzlich prägten mehr als zweihundert Städte Münzen mit kaiserlichem Porträt. Durch die Dramatik dieses Umschwungs wird man dazu verleitet, gewisse Unsicherheiten in der Reaktion auf die neuen Machtverhältnisse zu übersehen. Der Rückgriff auf das Porträt erfolgte nicht überall zur gleichen Zeit: Die Zeitangaben auf in Syrien produzierten Münzen zeigen beispielsweise, daß dieses Phänomen dort nicht vor den beiden letzten Jahrzehnten der Herr-
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schaft des Augustus allgemein üblich wurde. Solches Zögern war nicht das einzige Zeichen von Unsicherheit. Es dauerte einige Zeit, bis ein Muster entstand, und verschiedene Wege, die die Städte versuchsweise einschlugen, um ihre Beziehungen zu der neuen Ordnungsmacht zu formulieren, können rückblickend als ungewöhnlich bezeichnet werden. Die Begeisterung für Porträts ermutigte einige Städte dazu, in einem viel größeren Umfang als in der Reichsprägung Mitglieder der kaiserlichen Familie abzubilden (siehe S. 92–3). Zunächst wurden auch einige Provinzgouverneure mit Porträts geehrt [153]. Dies war kein schwer zu handhabendes Überbleibsel aus der Republik, sondern ein neues, wenn auch vielleicht wenig passendes Phänomen. Es überlebte die Regierung des Claudius nicht. Für kurze Zeit verehrten einige Städte die Kaiser in hellenistischer Tradition als Gründer, Retter oder Wohltäter (ktistes, soter oder euergetes). Andere setzten Kaiserinnen mit bestimmten Göttinnen gleich, z. B. Livia mit Hera oder Iulia die Ältere mit Aphrodite – es muß Verwunderung ausgelöst haben, daß sie wegen Ehebruchs verbannt wurde [154]. Merkwürdigerweise wurden Kaiser nicht in derselben Weise geehrt, bis Nero im Zusammenhang mit seiner Proklamation der Freiheit Griechenlands zu Zeus Eleutherios und Apollon wurde (siehe S. 83) [156]. Im Gegensatz zu den Vorderseiten beherrschten lokale Themen und konkurrierende Ansprüche auf einen bestimmten Status weiterhin die Rückseiten. Allerdings bildet sich im Verlauf der ersten drei Jahrhunderte n. Chr. die klare Tendenz zu einer größeren Vielfalt, zu mehr Aktualität und zu einer stärkeren Bezugnahme auf den Kaiser heraus. Die Rückseitenbilder der Reichsmünzen wurden im Osten nicht häufig kopiert, und die Personifikationen der kaiserlichen ‚Tugenden‘, die in der Reichsprägung so verbreitet waren, wurden niemals zu einem Hauptthema in den Provinzen. Kaiserliche ‚Ereignisse‘ hinterließen kaum eine Spur in der Münzprägung der iulisch-claudischen Epoche: Es gab z.B. nur einige wenige direkte Anspielungen auf Actium. Selbst Neros Besuch in Griechenland – ‚die erste systematisch betriebene Propagierung eines Ereignisses‘ (RPC I: 45) – wurde außerhalb Griechenlands nur in Alexandria zur Kenntnis genommen, wo die Ankunft des Kaisers irrtümlich erwartet wurde [157]. Solche spezifischen Anspielungen auf kaiserliche Ereignisse blieben die Ausnahme. Die Hinweise auf den Kaiser auf den Rückseiten provinzialer Münzen waren gewöhnlich entweder allgemeiner Art oder beruhten auf Beziehungen des Herrschers zu der entsprechenden Stadt oder dem Königreich. Die Anerkennung von Klientelkönigen durch Rom als Bestandteil der römischen Kaiserideologie (siehe S. 95) fand, was nicht erstaunlich ist, auf den Münzen einiger dieser Könige sein Echo: bei Rhoimetalkes III.
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von Thrakien, Agrippa I. von Judäa und Herodes von Chalkis und sogar noch zur Zeit Gordians III. (238–44 n. Chr.) bei einem König von Edessa in Mesopotamien [167]. Patronage bildete das Herzstück der Beziehungen zwischen Kaiser und Stadt. Die Städte strebten nach materiellen Vorteilen und ebenso nach prestigeträchtigen Titeln, die zum Brennpunkt heftiger Rivalitäten zwischen ihnen wurden (Robert 1977). Die Begriffe dorea/donatio standen für beide Arten kaiserlicher Wohltaten: z. B. für die Errichtung einer Brücke [170], für die Verteilung ägyptischen Getreides, um lokalen Notlagen abzuhelfen, oder für das Recht, städtische agone (Spiele) „heilig“ oder „weltweit“ (ökumenisch) nennen zu dürfen (Harl 1987: Index S. 231). Die persönliche Anwesenheit eines Kaisers bot eine gute Gelegenheit für Patronage. Die beste numismatische Illustration liefert eine Serie von Münztypen der Stadt Pergamon, die an einen Besuch des Caracalla im Jahr 214 n. Chr. erinnert, dessen Höhepunkt die Verleihung der dritten Neokorie – dabei handelt es sich um die Errichtung eines Kaiserkulttempels und vermutlich um das Recht, mit ihm verbundene Spiele abzuhalten – an die Stadt war (Harl 1987: Taf. 23–4) [165]. Solche städtischen Ehrungen kamen dem lokalen Ehrgeiz und der kaiserlichen Ideologie gleichermaßen entgegen. Eine zusätzliche Neokorie ermöglichte es einer Stadt, gegenüber einer lokalen Rivalin einen Prestigevorteil zu erringen. Aber ebenso handelte es sich dabei um eine Ausweitung des Kaiserkultes und um ein Zentrum der Loyalität gegenüber dem Kaiser und Rom. Dasselbe gilt auch für die kaiserlichen Titel mancher Spiele, die in der Typologie der städtischen Münzen seit dem späten 2. Jh. n. Chr. eine wichtige Rolle spielten. So bezog sich beispielsweise die Bezeichnung ‚philadelphisch‘ (‚bruderliebend‘), die einer Anzahl von Agonen in der severischen Epoche verliehen wurde, auf die angebliche brüderliche Harmonie zwischen Caracalla und Geta [163]. Diese Art von Patronage zielte nun einmal in zwei Richtungen (Mitchell 1993 I: 221). Mit dem 2. Jh. wurde die auf den provinzialen Prägungen entfaltete Konzeption des Kaisertums in einigen Fällen ausgeklügelter als in der iulisch-claudischen Epoche. In Smyrna scheint die hintersinnige Kopplung von Vorderseiten des Antoninus Pius mit einer Rückseite, die Pelops zeigt [162], sowie des jungen Mark Aurel mit Alexanders Traum, den Kaiser mit dem ursprünglichen mythischen Gründer der Stadt und Mark Aurel mit Alexander, dem Neugründer von Smyrna, gleichzusetzen (Klose 1987: 36). Solche Altertümelei war ein Wesenszug der Zweiten Sophistik und hatte in der Münzprägung der iulisch-claudischen Zeit weitgehend gefehlt (RPC I: 43). Ein weiteres Beispiel mag genügen, um zu zeigen, wie die Rolle des Kaisers zum Ausdruck gebracht werden
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konnte: Unter Caracalla geprägte Münzen von Laodikeia bilden den Herrscher als Sonnengott mit Strahlenkrone ab, emporgehoben von den Personifikationen der Erde und des Meeres, darüber der kaiserliche Adler und ein Kranz [166]. Ein solches Bildrepertoire greift auf panegyrische Inschriften und auch auf die plastische Darstellung des Augustus mit Erde und Meer im Sebasteion von Aphrodisias zurück (Smith 1987: 104–6; 1988 b: 77). Der Kaiser wurde zunehmend in kriegerischem und triumphalem Ornat gezeigt (Harl 1987: 38–51) [164]. Darin könnte sich die Hoffnung widerspiegeln, daß er die Städte des Ostens vor der parthisch-persischen Bedrohung schützen würde. Ebenso kann dies die bedeutende Verlagerung der militärischen Aktivitäten Roms von West nach Ost reflektieren und die zunehmende Tendenz, daß der Herrscher in eigener Person die Feldzüge leitete. Diese Entwicklungen brachten den Kaiser in immer engeren Kontakt mit den Städten des Ostens. Nach einigen Mißgriffen in der iulisch-claudischen Periode entwickelte sich die Ideologie vom Wohltätigkeitscharakter der Herrschaft in spezifischen, genau bestimmten Bahnen, die aber eine große Variationsbreite an Ausdrucksmöglichkeiten boten. Die Rolle des Herrschers wurde durch den Kaiserkult und durch weniger offizielle Gleichsetzungen mit einzelnen Gottheiten oder mythologischen Gestalten zum Ausdruck gebracht. Die Städte erwarteten dynastische Stabilität und einen Kaiser, der siegreich im Kampf gegen äußere Feinde und eine Quelle der Patronage sein würde, aus der gleichermaßen materielle Wohltaten wie auch Ehrentitel sprudelten.
Schlußfolgerungen Der erste Teil dieses Kapitels skizzierte die Entwicklung von Formen politischer Repräsentation und versuchte, die historische Bedeutung wichtiger Prozesse darzulegen, wie etwa die Einführung des Porträts, die Zunahme von persönlichen Typen im Rom der Republik wie auch die folgende kaiserliche Monopolisierung der Münzdarstellungen. Die mittleren Abschnitte diskutierten die grundlegenden Fragen nach den Absichten, die hinter der Themenauswahl standen, und nach der Art und Weise, wie Themen zum Ausdruck gebracht und wie sie rezipiert wurden. Schließlich wurden vier Aspekte der Typologie von Macht detaillierter erörtert, um einen Eindruck davon zu vermitteln, was durch spezifischere Fragestellungen aus dem Material gewonnen werden kann. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Fragestellungen unserer Zeit viel Wertvolles für den Gegenstand erschlossen haben. Das
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reicht von dem nachdrücklichen Interesse an Propaganda und dem Versuch, zu verstehen, wie dieses Konzept auf die Antike angewendet werden kann, bis zu der Semiotik und der Analyse der Bildinhalte als einer Art von Sprache. Daraus kann der Schluß gezogen werden, daß beide Ansätze sich als sehr fruchtbar erwiesen haben, wenn die Münzen in Zusammenhang mit anderem relevanten Material und den literarischen Zeugnissen betrachtet wurden.
5. Der Geldumlauf Die Überlieferung und ihre Grenzen Am Anfang ist es notwendig herauszustellen, was alles wir nicht wissen können und wie außergewöhnlich schwierig es ist, die Zeugnisse zu interpretieren, die uns zur Verfügung stehen. Das könnte – so mag es scheinen – ein ziemlich entmutigender Einstieg sein, aber es sollte an den Beispielen, die später behandelt werden, klar werden, daß grob vereinfachende Annäherungen an das Problem des Geldumlaufes kaum zu wirklich fruchtbaren Ansätzen führen. Geht man hingegen den Problemkreis Geldumlauf mit der nötigen Vorsicht an, so kann dieser dem Historiker viel an wertvollen Erkenntnissen bieten. Ein Teil der Überlieferung ist geradezu spannend: Das gilt für die intensive Wanderung von Silbermünzen rund um das Mittelmeer in der archaischen Epoche bis hin zu der dramatischen Ausfuhr römischer Münzen nach Dakien, Indien und Skandinavien. Aber schauen wir uns erst die Zeugnisse selbst an, bevor wir von einem zum anderen springen. Zunächst gilt es zu beachten, daß die Zahl der Münzen, die an einem antiken Ort zum Vorschein kommt, sehr stark von lokalen Gegebenheiten abhängt, sowohl von denen in der Antike als auch von denen zu unserer Zeit (vgl. Howgego 1992: 3–4 mit bibliographischen Hinweisen). Was nun die Antike betrifft, so ist es von größter Bedeutung, daß es sich bei den Münzschätzen, die in der Erde geblieben sind, um jene handelt, die in der Antike nicht mehr gehoben wurden. Eine Häufung von Münzschätzen spiegelt in der Tendenz demnach nicht so sehr Wohlstand oder massive Monetarisierung wider als vielmehr unsichere Zeiten, insbesondere Kriege, die dazu führten, daß die Besitzer ihren Schatz nicht mehr heben konnten (Crawford 1969; Duncan-Jones 1994: 85). Das ist eine äußerst wichtige Überlegung, da der überwiegende Teil der Edelmetallmünzen, die wir kennen, aus Hortfunden stammt. Da es in der Regel die Edelmetallmünzen waren, die für den Geldverkehr im regionalen Warenverkehr wie auch im Fernhandel Verwendung fanden, schaffen die Art und Weise, wie Münzen gehortet wurden, ein schiefes Bild vom Geldumlauf in der Antike und damit auch von der Art des Handels und anderer Lebensbereiche. Kleingeld macht hingegen den größten Teil jener Münzen aus, die zufällig verlorengingen. Es unterliegt damit weitgehend nicht der eben skizzierten
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Problematik der Münzschätze, ist aber den Wechselfällen der Auffindung in unserer Zeit unterworfen, z. B. dem Ausmaß und der Art archäologischer Grabungstätigkeit wie auch dem Einsatz von Metalldetektoren. Alle Kategorien von Quellen, die den Gelehrten zur Verfügung stehen, unterliegen stark der Art und Weise ihrer wissenschaftlichen Rezeption und Veröffentlichung. Die absoluten Zahlen von Münzhorten müssen daher behutsam behandelt werden. Allerdings erfordern dramatische Unterschiede in bestimmten Gebieten und Zeiten mit Sicherheit Beachtung. Grundsätzlich ist es aufschlußreicher, die Zusammensetzung von Münzhorten mittels prozentualer Analysen zu betrachten. Die strukturelle Zusammensetzung von Münzschätzen und Streufunden sollte mit anderen aus derselben Region verglichen werden, um Besonderheiten aufzudecken. Erst dann sollte sie für sich untersucht oder Strukturen anderer Regionen gegenübergestellt werden. Es fällt nicht schwer, den Nutzen auszumachen, der darin für die Geschichtswissenschaft liegt. Wenn zum Beispiel ein bedeutender Teil von Münzen, die in einer bestimmten Region gefunden wurden, an anderer Stelle geprägt wurde, lohnt es sich selbstverständlich, die Frage zu stellen, wie sie dorthin kamen. Wir haben aber damit zu rechnen, daß manches in unserer Überlieferung systematisch ausgeblendet ist. Wenn Münzen in ein Gebiet verbracht wurden, wo sie nicht verwendet werden konnten – etwa, weil sie den falschen Gewichtsstandard oder den falschen Feingehalt hatten oder weil dort eine Politik betrieben wurde, die nur den Gebrauch eines einzigen Münztyps zuließ –, so hat diese Wanderung der Münzen keine Spur hinterlassen. Die Münzen dürften alle wieder zurücktransferiert oder – was vermutlich öfter der Fall war – eingeschmolzen bzw. in die lokale Münzsorte umgeprägt worden sein. In den Fällen, wo man Münzen überprägte, ohne daß sie vorher eingeschmolzen wurden, kann der ursprüngliche Typus der Münze noch unter dem neuen sichtbar sein, was unser Wissen über die Wanderung von Münzen ergänzt (Le Rider 1975) [z. B. 54]. Viele ungewöhnliche Wanderungen von Münzen bleiben deshalb unentdeckt. Es ist bemerkenswert, um ein Beispiel anzuführen, daß die Überführung großer Mengen hellenistischer Gold- und Silbermünzen nach Rom und deren Zurschaustellung bei den römischen Triumphen, von denen uns Livius berichtet, keine materielle Spur hinterlassen haben, mit Ausnahme vielleicht des Ausstoßes römischer Münzen und des gestiegenen Gebrauchs von Edelmetallen in Rom. Wenn jemand meint, der Tenor dieser Bemerkungen sei unangemessen skeptisch, so lohnt es, einmal darüber nachzudenken, daß Schiffwracks bisher kein Zeugnis für den Trans-
Die Überlieferung und ihre Grenzen
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port von Gold- und Silberbarren aus Spanien freigegeben haben, obwohl Spanien das wichtigste Bergbaugebiet des Römischen Reiches war (Domergue 1990: 371). Mit solchen Lücken in der Überlieferung muß also gerechnet werden. Im Zusammenhang mit der Erwähnung von Barren sollten wir uns in Erinnerung rufen, daß Geld, wenn es wanderte, nicht notwendigerweise in Form von Münzen bewegt wurde. Von den frühesten Münzhorten der archaischen Zeit bis zum Ende der Antike – wobei es allerdings Unterschiede von einer Periode zur anderen gibt – findet sich Barrenmetall neben Münzgeld. Barrenmetall kann in bestimmten Zusammenhängen Einstempelungen aufweisen (z. B. Arnold-Biucchi, Beer-Tobey und Waggoner 1988; Baratte 1976; 1978) [183–184]. Es dürfte sicher dazu verwandt worden sein, um Zahlungen zu leisten (Howgego 1990: 13–15). So erfahren wir zum Beispiel, daß die Athener im Jahre 415 v. Chr. 60 Talente ungemünzten Silbers von Segesta auf Sizilien mitbrachten; dabei handelt es sich um den Monatssold für sechzig Schiffe (Thukydides VI 8). Außerdem ist überliefert, daß im Jahre 300 n. Chr. 50 Pfund ungemünzten Silbers an eine römische Legion in Ägypten geliefert wurden (P. Panop. Beatty 2, 298–304). Wenn es zutrifft, daß in Folge der Reform von 366–369 n. Chr. Steuern, die in Goldmünzen gezahlt wurden, regelmäßig zu Barren eingeschmolzen wurden, ehe sie zur kaiserlichen Comitatus-Münzstätte für die erneute Ausmünzung abgeschickt wurden, dann hätten wir ein Beispiel für eine wichtige Kategorie des Geldflusses, der in einem bestimmten Zeitraum systembedingt keinerlei Spuren in der numismatischen Überlieferung hinterlassen konnte (Hendy 1985: 386–94; einige Vorbehalte macht Howgego 1994: 18–20 geltend). Barrenmetall verhält sich bis zu einem gewissen Grad wie Münzgeld (vgl. Howgego 1992: 9–10); es repräsentiert deshalb eine bestimmte Art der Bewegung von Geld, die aber keinen Widerhall im Münzumlauf finden kann. Eine weitere derartige Kategorie der Geldwanderung besteht aus den verschiedenen Mechanismen, die erfunden wurden, um Geld von einem Ort an einen anderen zu transferieren, ohne dabei die Kosten, die Unbequemlichkeiten und die Sicherheitsprobleme entstehen zu lassen, die mit dem Transport von Geld oder Metallbarren verbunden sind. Für das klassische Athen – wo die Überlieferung besser ist als für jeden anderen griechischen Staat – sind uns nur drei Fälle bekannt geworden, in denen Arrangements getroffen wurden, um die physische Bewegung von Münzgeld zu umgehen (siehe S. 23; Millett 1991: 8). Es ist wahrscheinlich, daß diese Praxis während des Römischen Kaiserreiches zunahm; sie wurde erleichtert durch den relativen Frieden und die universale Geltung des Römischen Rechts (Howgego 1992: 28–9). Die Publicani kannten ein
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System von Belastungen und Krediten, um Steuereinkünfte nach Rom zurückzutransferieren, und gelegentlich dürfte diese publica permutatio von Privatleuten genutzt worden sein. Private Beziehungen dürften, zumindest unter reichen Freunden, die gleichen Dienste geleistet haben, indem Guthaben in einem Gebiet gegen Quittungen in einem anderen bereitgestellt wurden. Außerdem konnten Seedarlehen, die an einem Ort aufgenommen worden waren, an einem anderen Ort zurückgezahlt werden (Dig. XLV 1, 122 [Scaevola] zu einer möglichen Anleihe in Berytos/ Syrien, die in Italien zurückgezahlt werden konnte; Casson 1990 zu einer tatsächlichen Anleihe, die in Indien vereinbart und in Alexandria zurückgezahlt wurde). Hier haben wir es wiederum mit einem möglicherweise bedeutenden Geldfluß zu tun, dieses Mal im Rahmen des Handels, den die numismatische Überlieferung nicht aufdecken kann (siehe auch S. 25). Dennoch waren solche Mechanismen für den Transfer von Geld niemals auch nur annähernd so wichtig, wie es der Wechsel seit dem 14. Jh. n. Chr. wurde (Spufford 1988: 254). Unser Blick auf den Gegenstand ist somit eingeschränkt. Einige Bewegungen des Münzgeldes werden aufgrund der Zufälligkeiten von Verlust und Wiederentdeckung vor unseren Augen verzerrt erscheinen, manche überhaupt nicht sichtbar werden. Einige monetäre Transfers fanden gar keinen Niederschlag in der Bewegung von Münzgeld. Was bleibt sind, und das ist durchaus wichtig, die Geldbewegungen, die wir fassen können, insbesondere, wenn sie durch die quantitativen Verhältnisse verschiedener Münztypen im Geldumlauf feststellbar sind. Modelle können herausgearbeitet und anhand neuer Zeugnisse überprüft werden, aber können wir daraus Schlüsse ziehen?
Gründe für die Wanderungen von Münzgeld Die Interpretation von Geldumlauf erfordert eine gewisse Kenntnis davon, wie und warum Geld wanderte. Der Bericht des Thukydides (VI 31, 3–5) über die Abfahrt der athenischen Expeditionsflotte nach Sizilien im Jahre 415 v. Chr. ist eine nützliche Warnung vor allzu einfachen Annäherungen an die Problematik. Viele Talente wurden damals aus Athen ausgeführt. Über den Sold hinaus nahm jedermann Geld für private Ausgaben mit sich, und Soldaten wie auch Kaufleute führten Geld für Tauschzwecke mit. Ohne diese Anmerkungen des Thukydides wäre es naheliegend, die kleinen Gruppen athenischer ‚Eulen‘ in sizilischen Münzhorten aus dem letzten Jahrzehnt des 5. Jhs. v. Chr. als ein rein militärisches Phänomen zu deuten (Mattingly 1969: 221). Diese Deutung hat eine gewisse
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Berechtigung, aber das Bild des Thukydides ist nuancierter: Händler spielten eine Rolle, aber auch private Ausgaben. Im Rahmen theoretischer Begrifflichkeit kann man die Kategorien von Geldwanderungen einzeln für sich betrachten, sogar dann, wenn sie, wie wir gerade gesehen haben, in Wirklichkeit ineinander übergehen. Eines der großen Diskussionsfelder über Münzumlauf und über die antike Wirtschaft in einem allgemeineren Sinne ist die Bilanz von staatlichen (‚redistributiven‘) und privaten (‚Markt-‘)Aktivitäten. Die meisten Diskussionen, die bereits geführt wurden, betrafen das Römische Kaiserreich, in dem, wie einige Gelehrte glauben, die Rolle des Staates bei der Geldwanderung zwischen verschiedenen Regionen ihren Höhepunkt erreichte. Darüber soll später noch mehr gesagt werden (siehe S. 125–7), doch dürfte es von Wichtigkeit sein, sich hier schon klarzumachen, daß die Überlieferung für frühere Epochen an dieser Ansicht einige Zweifel aufkommen läßt. Bereits in der archaischen Zeit wanderte Silbergeld in größerem Umfang von einem Teil des Mittelmeerraumes in andere Regionen. In der politisch beschränkten Welt des archaischen Stadtstaates ist es schwer vorstellbar, daß Staatszahlungen nach auswärts der Grund dafür sein können. Im Reich der Perser dürfte das System von Tributzahlungen in Silber eine Rolle gespielt haben. Andere Staaten werden Nahrungsmittel und Rohstoffe von auswärts gekauft haben, und überall ist mit militärischen Aktivitäten zu rechnen, aber es ist unmöglich, den privaten Handel nicht ernst zu nehmen. Ist es tatsächlich einleuchtend, daß der Handel unter der Pax Romana weniger bedeutend war? Auf diesem Gebiet kann die griechische Numismatik der römischen Geschichte vielleicht eine Nachhilfestunde erteilen. Wenn, wie oben dargelegt wurde (siehe S. 39–44), Staatsausgaben die vorherrschende Art und Weise waren, um Münzgeld in Umlauf zu bringen, folgt daraus, daß dem Staat die wichtigste Rolle bei der anfänglichen Verbreitung von Münzgeld zufiel. Im Falle eines Großreiches oder eines Königreiches dürfte eine solche Verbreitung einen geographisch sehr ausgedehnten Raum betroffen haben; im Falle von Stadtstaaten dürfte das nicht zutreffen, es sei denn, es handelte sich um militärische und auswärtige Zahlungen, erzwungener oder freiwilliger Art. ‚Auswärtige‘ militärische Zahlungen können sowohl an Söldner als auch an Bürgertruppen bei ihren Einsätzen gegangen sein; solche Beträge kamen also noch zusätzlich zu jenen, die für Ausrüstung und Versorgung ausgegeben wurden. Andere auswärtige Zahlungen reichten vom Ankauf von Nahrungsmitteln und Materialien – unter anderem für Bauprojekte – bis hin zu Beute und Entschädigungen, Unterstützungszahlungen und Lösegeldern wie auch Geschenken und Bestechungen. In einigen Fällen gab es auch Anleihen zwi-
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schen Staaten. ‚Alte‘ Münze floß zu ihrem Staat zurück, hauptsächlich auf dem Wege von Tributen und Steuern, Pachtzahlungen für Staatsland, Strafzahlungen, Konfiskationen, Geschenken und Vermächtnissen. Der Staat konnte dann seine ‚alte‘ Münze durch Ausgaben wieder in Umlauf bringen, es sei denn, er zog es vor, sie wieder neu auszuprägen. Alles, was mit diesen Aktivitäten verbunden war, darf man recht passend als ‚Redistribution‘ (‚Wiederverteilung‘) verstehen. War Münzgeld einmal im Umlauf, unterlag es Einflüssen von privater Seite. Wenn Privatleute Reisen unternahmen – etwa als Händler, Soldaten, Touristen –, so führten sie Münzgeld mit sich, um die Reisekosten zu decken oder ihren angehäuften Reichtum dorthin zu bringen, wo sie ihn benötigten. Mieten und Anleihen auf privater Ebene konnten ebenfalls zur Wanderung von Münzgeld führen. Edelmetallmünzen waren am besten für größere zwischenregionale Transfers geeignet; die Art und Weise, wie sie umliefen, wurde wahrscheinlich von staatlichen Einflüssen und den herrschenden Handelsrhythmen bestimmt. Der Umlauf von Klein- und Wechselgeld wurde stärker davon beeinflußt, wie Leute, die Klein- und Wechselgeld mit sich führten, umherreisten. Die Verbindungen zwischen dem Umlauf von Klein- und Wechselgeld und der Mobilität von Privatleuten wurden in einer Reihe von Zusammenhängen vermutet oder auch aufgeklärt, darunter etwa für das Reich Alexanders (Price 1991a: 65–6), für Kontakte über die Adria hinweg in der hellenistischen Zeit (Crawford 1978), zwischen dem Osten und Italien während der Römischen Republik (Crawford 1985: 178–9, 319–20), innerhalb Kleinasiens während des Römischen Kaiserreiches (siehe S. 117–8) und – im Zusammenhang mit dem Transfer von Personal – für Nordgallien um die Mitte des 4. Jhs. n.Chr. (Wigg 1991: 210–212). Handel auf einem nennenswerten Niveau wird sich in der Regel eher der Edelmetallmünzen als des Klein- und Wechselgeldes bedient haben, insofern er sich überhaupt auf Geld stützte. Die Beziehungen zwischen Geldumlauf und Handel bilden einen wichtigen Aspekt, sind aber recht komplex (vgl. Howgego 1994: 7–8). Klar auszumachende Ströme von Geld werden nicht immer ganz genau der Bewegung von Handelswaren entsprochen haben. Tauschhandel vermied den Gebrauch von Münzgeld völlig. Selbst wenn Frachten für Geld verkauft wurden, dürfte man es in den meisten Fällen vorgezogen haben, eine Fracht für die Rückreise einzukaufen, mit der ebenfalls Gewinn gemacht werden konnte. Auf diese Weise fand ein geldgestützter Handel statt, ohne daß Münzgeld wanderte. Nach Xenophon, der in den fünfziger Jahren des 4. Jhs. schrieb, bildeten die athenischen Münzen eine Ausnahme, insofern es gewinnbringend sein konnte, sie zu exportieren:
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„Überdies sind die Fernhändler in den meisten Städten gezwungen, irgendeine Rückfracht zu nehmen; denn sie verwenden Münzen, die außerhalb ihres eigenen Staates nicht von Nutzen sind. In Athen aber kann man zwar sehr viele Güter im Austausch ausführen, die die Menschen brauchen; wenn sie aber keine Rückfracht nehmen wollen, so führen auch diejenigen, die das (attische) Silbergeld ausführen, eine gute Ware aus. Denn wo sie es auch immer verkaufen, überall nehmen sie dafür mehr ein als den Einsatz“ (Xenophon, Poroi III 2 in der Übersetzung von G. Audring, Berlin 1992, 145).
Dabei scheint eher die weite Akzeptanz athenischer Münzen strittig zu sein als ein vermeintlich niedriger Preis von Silber in einer Bergbauregion, obwohl, und daran kann kein Zweifel sein, die unterschiedliche Verfügbarkeit von Edelmetallen – und damit vermutlich ihr ‚Preis‘ – für den Handel mit ihnen den Anstoß gab, manchmal in Form von Münzgeld. Münzen werden auch dann im Rahmen von Handel gewandert sein, wenn keine Möglichkeit bestand, Waren zu erhalten, die gewinnbringend gehandelt werden konnten. Deshalb werden manchmal Münzen auf denselben Routen gehandelt worden sein wie andere Güter, allerdings in umgekehrter Richtung. Es dürfte uns nicht überraschen, wenn Kaufleute öfters eine Mischung von Geld und Waren mit sich führten. Wenn auch bei Handelsaktionen nicht immer Münzgeld wanderte, so gibt es doch einige gesicherte Beispiele, wo dies der Fall war. Eine ganze Reihe unterschiedlicher literarischer Zeugnisse macht dies klar und läßt erkennen, daß es sich nicht um Einzelfälle handelt. Ein Gesetz aus dem Jahr 375/4 v. Chr. bestellt einen Beamten, der zum Nutzen von (Schiff-) Eignern und Kaufleuten Münzgeld im Hafen von Piräus prüfen soll (Austin und Vidal-Naquet 1977: Nr. 102). Ein Dekret aus der Mitte des 4. Jhs. v. Chr. aus Olbia am Schwarzen Meer bestimmt, daß der Im- und Export eines jeden Betrags in gemünztem Gold und Silber frei von Zöllen sein sollte (Austin und Vidal-Naquet 1977: Nr. 103). Ein ptolemäischer Papyrus aus dem Jahr 258 v. Chr. informiert uns darüber, daß die Münze von Alexandria im Regelfall ausländische Goldmünzen in ptolemäische Münzen umprägte, und zwar für „die Fremden, die hierher über See kamen, für die Kaufleute, die Spediteure und andere“ (Austin 1981: Nr. 238). Diese Beispiele mögen genügen, zumal sich auch Zeugnisse aus römischer Zeit finden lassen (Howgego 1994: 8 Anm. 23). Zusätzlich zu dem Geld für den Einkauf oder aus dem Verkauf von Waren dürften Handelsleute auch Geld für die Reisekosten, für Hafengebühren, in einigen Fällen auch für Straßenzölle und im besonderen für die Zollgebühren mit sich geführt haben. Zollgebühren waren ein besonders wichtiges Phänomen. Im Jahre 401/400 v. Chr. wurde das Recht, den zweiprozentigen Zoll auf Im- und Exporte in Athen zu erheben, für nicht
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weniger als 36 Talente verkauft. Die möglichen Einnahmen waren vermutlich höher, da der Pächter auf Gewinn aus war. Die anzunehmende Höhe des Betrages ist um so beeindruckender, weil sie nicht den Zoll auf Getreide umfaßte, der getrennt verpachtet wurde (Isager und Hansen 1975: 51– 2). In der hellenistischen Zeit wurde Rhodos durch seinen Handel reich, wobei die meisten seiner Staatseinnahmen von Kaufleuten kamen, die nach Ägypten fuhren (Diodor XX 81, 4). Die jährlichen Hafeneinkünfte von Rhodos fielen aber von einer Million auf 150 000 Drachmen, nachdem Rom im Jahre 167 v. Chr. Delos zu einem Freihafen erhoben hatte. Rom selber besaß eine ausgeklügelte Organisation für Zölle (de Laet 1949). Gebühren waren in der Antike generell niedrig; allerdings erhoben die Ptolemäer einen Satz von 50% auf einige Sorten von Handelsgütern, und Rom erhob 25% an seinen Ostgrenzen (Jones 1974: 171–2). Aus der Existenz von Zollgebühren folgt notwendig, daß im Zusammenhang mit dem Handelsverkehr Münzgeld wanderte. Ein weiterer Zwang zur Wanderung von Münzgeld dürfte auch immer dann entstanden sein, wenn der Wert von Gütern, abgesehen von Münzen, die zwischen zwei Regionen gehandelt wurden, nicht im Gleichgewicht war. Für eine kurze Zeit dürfte man auf solche Ungleichgewichte hauptsächlich mit jenen Mechanismen reagiert haben, die für den Geldtransfer ohne die Wanderung von Münzen zur Verfügung standen – eine Aufgabe, die im späten Mittelalter der Wechsel übernahm (Spufford 1988: 254). Es bleiben jedoch beträchtliche Zweifel, ob solche Mechanismen in der Antike eine bedeutende Rolle spielten (siehe S. 104). Mittelalter-Historiker behaupten gewöhnlich, daß auf lange Sicht solche Ungleichgewichte durch die physische Wanderung von Münzgeld oder Edelmetall ausgeglichen werden mußten. Das trifft vermutlich auch für viele Zeitabschnitte der Antike zu, einschließlich jener Perioden, die von unabhängigen Stadtstaaten geprägt wurden. Im Kontext von Großreichen wird der Fluß von Werten ganz anderer Art eine Unausgewogenheit beim Handel ins Gleichgewicht bringen: Defizite, die unterm Strich beim Handel entstanden, dürften grundsätzlich durch Einnahmen in Form von Steuern und Pachten oder durch Eigentumsübertragungen von Land ausgeglichen worden sein. Daraus ergibt sich, daß der Handel manchmal die Wanderung von Münzgeld in Gang gesetzt hat, aber nicht immer. Zwei Eigenheiten unserer Überlieferung erschweren es uns zusätzlich, die Verbindung zwischen Münzumlauf und Handel zu klären. Zum einen kann man, wenn Münzen bei Handelsgeschäften wanderten, von den Münzen selbst keinen Aufschluß darüber gewinnen, wer sie mit sich führte. Der Händler hatte nicht notwendigerweise etwas mit dem Staat zu tun, der die Münzen prägte. Zum anderen muß der Münztyp nicht zwingend die Herkunft des Sil-
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bers spiegeln. Man kann ohne Risiko darauf wetten, daß die Mehrzahl der athenischen Eulen aus Laurion-Silber produziert wurde, aber die meisten griechischen Staaten besaßen keine eigenen Silberminen. Bei den Forschungen zum Geldumlauf kommt ein besonderes Interesse der Frage zu, was sie über den Fluß von Edelmetallen zwischen den Staaten offenlegen. Deshalb ist es ein nicht zu unterschätzendes Hindernis, nicht den tatsächlichen Ursprung der Metalle zu kennen; naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden haben in sehr eng begrenzten Zusammenhängen gerade erst damit begonnen, dieses Hindernis zu überwinden (siehe S.27–9). Somit ist es keine große Überraschung, daß die Vorstellungen, die wir von Münzumlauf gewonnen haben, häufig nicht gut zu den sonstigen Zeugnissen zum Handel passen. Die Wanderung athenischen Silbers in klassischer Zeit bringt nur teilweise die gleiche geographische Karte zustande, die literarische, epigraphische und andere materielle Überlieferung schaffen: Athenisches Geld findet sich eben nicht in bedeutenden Mengen an den Küsten des Schwarzen Meeres und der Adria, auch nicht in Makedonien und Thrakien, ebenso nicht in Thrakien und dem nördlichen und westlichen Kleinasien, um damit die uns wohlbekannten Importe von Getreide, Holz und Sklaven zu bestreiten (Isager und Hansen 1975: 42–9, 214–24). Der Umlauf einer bestimmten Münzsorte unterscheidet sich oft in beträchtlichem Maß von der Verbreitung einer bestimmten Keramiksorte, unserer Hauptquelle unter den materiellen Zeugnissen für Handelsverbindungen. Die archaischen Münzen von Chios finden sich im Gegensatz zu seinen Amphoren nicht im Schwarzmeerraum und Nordafrika (Hardwick 1991: 110). Rhodische Prägungen sind – vielleicht wegen ihres besonderen Gewichtsstandards – in ihrem Umlauf weit mehr eingeschränkt als rhodische Amphoren. Frühes römisches Silbergeld kann in augenfälliger Weise nicht an die Mobilität römischer Feinkeramik herankommen (Burnett 1989: 51–2). Diese Beispiele sollen nicht entmutigen. Vielmehr geht es darum, vor allzu einfachen Angängen an die Problematik zu warnen. Wir haben damit die hauptsächlichen Kategorien von Geldbewegungen behandelt und dabei festgestellt, daß sie in der Realität ineinander übergegangen sein dürften. Es wurde der Versuch unternommen, aus Analysegründen eine Art von Unterscheidung zwischen staatlichen und privaten Aktivitäten zu treffen. Es wurde darauf hingewiesen, daß es sinnvoll ist, Edelmetallmünzen und Wechselgeld getrennt zu behandeln und daß die große Mobilität von Privatleuten wahrscheinlich eine wichtige Rolle beim Umlauf der letzteren Geldsorte gespielt haben dürfte. Auch wurde das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen Geldumlauf und Handel untersucht. Jetzt gilt es, anhand ausgewählter Zusammenhänge darzustellen,
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was der Historiker aus den verschiedenen Formen des Geldumlaufs schließen kann.
Die archaische Zeit Der Umfang der Wanderungen von Silbergeld in der archaischen Zeit ist beeindruckend. Bei seiner Interpretation geht es um viele Aspekte, die bereits angesprochen wurden. Wir erheben nicht den Anspruch, sie systematisch abzuhandeln. Für unsere Zwecke dürfte es ausreichen, den Münzumlauf Thrako-Makedoniens, Athens, Aeginas und Korinths zu behandeln, wie er sich durch ausgewählte Hortfunde aus der Levante, Ägypten und Sizilien darstellt. Wir beginnen mit einigen wenigen Schatzfunden aus dem Gebiet des Persischen Reichs, die den Import von Silber aus dem nördlichen Ägäisraum illustrieren. Ein Fund von 39 Münzen von Ras Shamra, südlich von Al Mina an der syrischen Küste, der um 510–500 v. Chr. vergraben wurde, enthielt 32 Münzen (das sind 82%) aus thrako-makedonischen Prägestätten. Zwei Funde aus dem Nildelta bei Demanhur und Sakha, die um 500– 490 v. Chr. vergraben wurden, enthielten 38% bzw. 27% Münzen aus demselben Raum. Der große Schatzfund von Asyut, ca. 200 Meilen südlich von Kairo, der ursprünglich aus ca. 900 Münzen bestand und in die Zeit um 475 v.Chr. zu datieren ist, enthielt 24% (Price und Waggoner 1975). Die Numismatik kann kaum aufklären, wie die Münzen vom nördlichen Ägäisraum nach Syrien und Ägypten kamen. Die Münzen im Ras-Shamra-Fund zeigen viele interne Stempelverbindungen, was darauf schließen läßt, daß sie als geschlossenes ‚Paket‘ aus ihrem Ursprungsgebiet zusammengeblieben waren und nicht wiederholt mit anderen Münzen gemischt wurden. Wir können uns eine verhältnismäßig direkte Wanderung nach Syrien vorstellen; die Münzen haben nicht durch vielfältige kleinere Transaktionen ihren Weg dorthin gefunden (Rutter 1981: 3). Einige jener Münzen, die aus der thrako-makedonischen Region in das Persische Reich exportiert wurden, sind große Nominale, bis hin zu Zwölfdrachmenstücken [26]. Einige Gelehrte haben sie daher für Barren gehalten. Mit Sicherheit wurden sie, wie andere Münztypen, im Persischen Reich als Barrengeld behandelt und häufig mit Prüfhieben untersucht oder gar aufgebrochen. Die historische Wirklichkeit, die hinter dieser Wanderung von Münzgeld steckt, ist das Vorhandensein wichtiger Silberminen im thrako-makedonischen Raum. Allerdings ist es schwer zu erklären, warum das Silber ausgemünzt wurde, bevor es auf die Reise ging, wenn es sich bloß um den einfachen Export von Silber aus einer Bergwerksregion handelte. Garantien für die Qualität oder die Herkunft, die leichte Handhabbarkeit von
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kleinen und überlegt ausgewählten Gewichten und selbst eine kulturell oder ökonomisch bedingte Nachfrage nach münzähnlichen Objekten in den ex- oder importierenden Regionen könnten dabei eine Rolle gespielt haben. Ägypten hatte kein eigenes bedeutendes Vorkommen von Silber. Daher hilft die Kenntnis der Verteilung von Silbervorkommen bei der Klärung der Frage, warum Münzen wanderten, ohne sie jedoch vollständig zu beantworten. Zum einen muß man fragen, um welchen Typus von Zahlungen es sich handelte. Drei Möglichkeiten sind näher in Betracht zu ziehen: Tribut, Beute aus den Jahren 490 und 480 v. Chr. und Handel (Price und Waggoner 1975: 124–5). Der persische Vormarsch nach Thrakien und Makedonien um das Jahr 513 v. Chr. und die Erhebung von Tribut in Silber im Persischen Reich unter Darius (521–486 v. Chr.) (siehe S. 63) fällt mit den ersten nachweislichen Wanderungen von Geld zusammen; deshalb muß der Tribut–Mechanismus als Erklärung ernst genommen werden. Wenn aber der Tribut der hauptsächliche Mechanismus war, stellt sich die Frage, warum die Münzen in der Levante und in Ägypten gefunden wurden und nicht in den persischen Kernlanden. Außerdem wissen wir jetzt, daß die Produktion von Münzen in großen Nominalen wie auch ihr Export in Nordgriechenland nach dem persischen Rückzug im Jahre 480/79 v. Chr. fortgesetzt wurde (Kagan 1987; Price 1987 b). Deshalb muß auch der Handel eine Rolle gespielt haben. Vielleicht ist es unangemessen, nach einer einzigen Erklärung zu suchen. Das Stichwort ‚Handel‘ aber wirft neue Fragen auf. Im Persischen Reich hatte der Gebrauch von Silbergeld eine lange Geschichte (siehe S.10), und der Bedarf muß noch größer geworden sein, als nach den Reformen des Darius der Tribut in Silber erhoben wurde. Was wurde im Wechsel dafür exportiert? Ägyptisches Getreide, Papyrus, Leinen? Und: Wer brachte das Silber nach Ägypten? Etwa die ostgriechischen oder äginetischen Handelsleute, die als einzige in der griechischen Handelsniederlassung in Ägypten vertreten waren (Herodot II 178)? Es ist wichtig, daß man gezwungen wird, solche Fragen zu stellen. Die athenischen Eulen sind ein weiteres Beispiel für eine bedeutende Exportprägung, die auf lokalen Rohstoffvorkommen basierte [20–21]. Athenische Münzen sind vor der Ausbeutung des Laurion seit etwa 500 v. Chr. (siehe S. 28) im Ausland nicht in nennenswerten Zahlen anzutreffen. Von da an bis in die Zeit von Alexander wurden sie die führende Währung des östlichen Mittelmeerraumes und in großem Stil in einigen Regionen des Persischen Reiches (Phönikien, Ägypten, Babylonien) imitiert [38–39]. Bereits in dem in Ägypten gefundenen Asyut-Hort aus der Zeit um 475 v. Chr. war Athen mit 19% der Gesamtmenge die am stärk-
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sten beteiligte Münzstätte. Daraus folgt natürlich nicht, daß Athen schon in so früher Zeit Getreide in größerer Menge aus Ägypten importierte; neuere Forschungen sind diesbezüglich zurückhaltend (Garnsey 1988, 107–113). Ebenso ist es umstritten, ob die Wanderung athenischen Münzgeldes nach Sizilien, besonders zwischen etwa 500 und 480 v. Chr., mit dem Export sizilischen Getreides verbunden war. In jedem Fall muß das Vorkommen von 187 Eulen (das sind 22%) in einem Hortfund von Gela, der um 480 v. Chr. vergraben wurde, erklärt werden (Rutter 1981: 4; Price und Waggoner 1975: 20). Gewöhnlich wird die Behauptung aufgestellt, daß nur die Münzen aus Bergbaugebieten in größerer Menge ins Ausland gelangten (Kraay 1964). Wir können jetzt sehen, daß dies nicht der Fall ist. Ein Schatzfund aus der Zeit von etwa 510–500 v.Chr. aus Selinus im Südwesten Siziliens stützt und erweitert das, was wir bereits vom Asyut-Hort in Ägypten erfahren haben (Arnold-Biucchi, Beer-Tobey und Waggoner 1988). Prägungen von Ägina machten nicht weniger als 49% des Selinus-Hortes aus; im Asyut-Hort waren es 15% [vgl. 16]. Die Prägungen von Korinth beliefen sich auf 24% des Selinus- und auf 5% des Asyut-Hortes [vgl. 17]. Bei beiden handelte es sich nicht um Bergbaustädte, aber sowohl Ägineten als auch Korinther waren als Kaufleute berühmt. Ganz offensichtlich haben wir nicht den geringsten Beweis dafür, daß das äginetische und korinthische Geld von Kaufleuten dieser Städte dorthin gebracht wurde, aber die numismatische Überlieferung stellt einen wirklichen, wenn auch mit einigen Unklarheiten behafteten Fortschritt unserer Kenntnisse dar. Keramik bildet den größten Komplex unserer materiellen Zeugnisse für Handelsaktivitäten, doch produzierten die Ägineten keine spezifische Keramik, und korinthische Gefäße wurden im Westen um die Mitte des 6. Jhs. von athenischen verdrängt. Selbstverständlich gibt es keinen Grund für die Annahme, Keramik sei – etwa mehr als Münzen – von Kaufleuten transportiert worden, die eng mit dem jeweiligen Staat verbunden waren, der sie herstellte. Und ebenso können wir unterstellen, daß korinthisches Parfum, um ein Beispiel zu nennen, auch weiterhin exportiert wurde, allerdings in athenischen Flakons. Dennoch ist es, wenn wir von Handelsmarken auf einigen Gefäßen (Johnston 1979) einmal absehen, schwierig, materielle Zeugnisse für die Aktivitäten dieser großen Handelsnationen der späten archaischen Zeit zu finden. Jetzt wissen wir wenigstens, daß man Silber in größerer Menge von Ägina und Korinth exportierte. Wir können die Frage stellen, wie es dazu kam, daß Ägina und Korinth in bedeutender Menge Geld für den Export herstellten, ohne lokale Vorkommen von Silber zu besitzen.
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Die spätklassische und hellenistische Zeit Je weiter wir zeitlich fortschreiten, desto leichter wird es, Wanderungen von Münzen, die militärischer oder politisch-militärischer Art waren, zu identifizieren. Ein gutes Beispiel dafür ist das Auftauchen von beträchtlichen Mengen korinthischer Pegasi und ähnlicher Münzen, die in einer Reihe von Münzstätten im nordwestlichen Griechenland produziert wurden, in Sizilien kurz nach der Mitte des 4. Jhs. v. Chr. (Salmon 1993). Über einen Zeitraum von 50 Jahren machten Pegasi etwa 70% der Münzen in sizilischen Hortfunden aus; die Mehrheit dieser Pegasi stammte aus Korinth selber [vgl. 18]. Es scheint klar zu sein, daß der anfängliche Anstoß für die Produktion und die Wanderung der Pegasi die Finanzierung der korinthischen Expedition nach Sizilien unter Timoleon im Jahre 344 v.Chr. darstellte. Die Notwendigkeit, die Einsatztruppe und ihre Verstärkungen zu finanzieren und zu unterstützen, reicht jedoch als Antwort allein nicht aus. Pegasi flossen bis etwa zum Ende des Jahrhunderts weiterhin nach Sizilien. Einige dieser Münzen dürften von den Kolonisten, denen Timoleon später Landstücke in Sizilien angeboten hatte, mitgebracht worden sein, aber es ist unwahrscheinlich, daß diese Wanderung sich bis zum Ende des Jahrhunderts fortsetzte. Handel hat schon immer als die plausibelste Erklärung für diesen Fall fortgesetzten Zuflusses gegolten. Die Situation erinnert an die komplexe Motivation für die Wanderung von Münzgeld, wie sie Thukydides im Zusammenhang mit der athenischen Expedition nach Sizilien etwa 70 Jahre früher beschreibt. Söldneraktivitäten wurden ebenfalls hinter der veränderten Art und Weise von Münzimport nach Kreta vermutet. Sowohl fremde als auch lokale Münzen wurden routinemäßig überprägt, aber diese Arbeiten wurden oft ohne Sorgfalt ausgeführt, so daß die überprägten Typen den Ursprungsort des Geldes verraten. Im 4. Jh. bis etwa 320 v. Chr. waren die meisten der überprägten Münzen kretischen Ursprungs, nur einige wenige kamen von Ägina. Danach stammte die Mehrzahl aus der Fremde, die meisten kamen aus der Kyrenaika [54], einige wenige von Böotien und Sikyon. Der Wechsel wurde überzeugend erklärt: Er unterstreiche die Einbeziehung Kretas in die weitere hellenistische Welt, und Söldner hätten ihre Ersparnisse in die Heimat gebracht (Kraay 1976: 51, sich auf Le Rider 1966 stützend). Diese Erklärung kann auch dabei helfen, das dramatische Anwachsen der Produktion von Silbergeld auf Kreta zwischen etwa 330 und 280/270 v.Chr. (Mørkholm 1991: 89) zu begründen. Auf dem Feld des Geldumlaufs war der bei weitem wichtigste Aspekt beim Übergang zum hellenistischen Zeitalter, daß die athenischen Münzen und ihre Imitationen durch die Alexanderprägungen als führende
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Währung des östlichen Mittelmeerraumes ersetzt wurden. Gold und Silber, das den Namen Alexanders trug, besaß von Beginn an ein weites Umlaufgebiet, das sogar bis nach Italien und Sizilien reichte. Das Gold wurde insbesondere in großen Mengen in die keltischen Stammesgebiete des nördlichen Balkans exportiert (Price 1991 a: 65–6, 142; de Callataÿ 1994: 32–5). Truppenbewegungen wie auch der Einsatz und die folgende Auflösung von Söldnerheeren werden eine wichtige Rolle beim Geldumlauf gespielt haben. Es scheint klar zu sein, daß die Art und Weise der Münzproduktion stark von der Notwendigkeit beeinflußt wurde, Alexanders Truppen auszubezahlen, die aus dem Osten heimkehrten (siehe S. 58). Eine sorgfältige Analyse des Umlaufs nach Münzstätten und Nominalen dürfte in der Zukunft noch viele neue Erkenntnisse bieten (de Callataÿ 1994). Seit langem schon ist das spektakuläre Ausmaß der Wanderung dieses standardisierten Münzgeldes bekannt. Von den nahezu 6000 Münzen, die von dem Münzschatz von Demanhur aus der Zeit von etwa 320–317 v. Chr. detailliert aufgenommen wurden, stammt mehr als ein Drittel aus Münzstätten in Makedonien, ein Viertel aus Kleinasien (einschließlich jener auf Zypern und um den Golf von Issos) und je ein Siebtel aus Phönikien und Babylonien (Zervos 1980: 187). Einige militärische und diplomatische Aktionen des hellenistischen Zeitalters haben ebenfalls deutliche Spuren in der numismatischen Überlieferung hinterlassen. Ptolemäisches Münzgeld war in der Regel auf die Kernlande des Königreiches beschränkt, aber es kann auch auf die zeitweilige Anwesenheit von Garnisonen hinweisen, etwa solche in Korinth um 308–306 v. Chr. oder in Attika während des Chremonideischen Krieges (268–261 v. Chr.) (siehe S. 61). Wie wir bereits gesehen haben, dürften pergamenische Unterstützungszahlungen an den seleukidischen Usurpator Alexander Balas hinter der Wanderung einer großen Zahl von Stephanephoren aus der Äolis und Ionien nach Kilikien und Syrien in der Zeit zwischen etwa 155 und 145 v. Chr. stecken, wobei wir Handel als eine Erklärung nicht völlig ausschließen sollten (siehe S. 63–4) [64]. Die Beute, die nach Rom geschafft wurde, und die Kriegsentschädigungen, die von den Römern den besiegten Feinden auferlegt wurden, hatten massive Wanderungen von Münzgeld zur Folge. Sie haben jedoch kaum direkte Spuren hinterlassen, vermutlich deswegen, weil die Münzen eingeschmolzen wurden (siehe S. 102). Offensichtlich wurden einige Kriegsentschädigungen zumindest teilweise in Münzgeld gezahlt, während es in manchen Fällen lediglich um Münzen als Rechnungseinheit ging. Im Friedensvertrag von Apameia setzten die Römer im Jahre 188 v. Chr. die Kriegsentschädigung, die Antiochos III. auferlegt wurde, in Münzen von höchstem Feingehalt nach attischem Gewichtsstandard fest (Polybios XXI
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42, 19). Die Vereinbarung über die Kriegsentschädigung, die die Ätoler im Jahre 189 v. Chr. zu leisten hatten, bestimmte die Zahlung in Silbermünzen, deren Qualität nicht unter der von attischen Prägungen liegen durfte, nannte aber auch Bedingungen, unter denen ein Drittel der Summe in Goldmünzen bezahlt werden konnte (Polybios XXI 32, 8). In diesen Fällen widerspräche es einem normalen Verständnis der Texte, wenn wir annähmen, daß ungemünzte Metalle bei den Zahlungen in einem bedeutenden Umfang eine Rolle gespielt hätten (vgl. Le Rider 1993b: 50–2). Selbst wenn wir nicht erwarteten, daß solche Wanderungen in den Münzschätzen Italiens gespiegelt sind, so können in anderen Gebieten indirekte Auswirkungen durch Veränderungen in Umlauf und Prägung ausgemacht werden. Hatte das Verschwinden einer großnominaligen Silbermünze – der Attischen Tetradrachme – in Griechenland um 200 v. Chr. mit den verzweifelten Anstrengungen Makedoniens zu tun, Silber aufzutreiben, um die Kriegsentschädigung an Rom nach dem Zweiten Makedonischen Krieg zu zahlen (Crawford 1985: 124)? Wenn Silber tatsächlich nach Makedonien gesogen wurde, so ist zu fragen, mit welchen Mitteln das erreicht wurde. Etwa mit Handel? Stand hinter der Etablierung eines geschlossenen Währungssystems im Attalidischen Königreich durch Eumenes die Absicht, das pergamenische Silber davor zu schützen, vom Königreich der Seleukiden aufgesogen zu werden, um damit die Kriegsentschädigung zu zahlen, die Antiochos III. auferlegt worden war (Kinns 1987: 106)? Auch stellt sich hier die Frage, ob die Wanderung von lykischem und pamphylischem Silbergeld in das Reich der Seleukiden zwischen etwa 200 und 160 v. Chr. eine Lücke füllen sollte, die die Zahlung dieser Kriegsentschädigung verursacht hatte (Crawford 198: 155; vgl. Mørkholm 1991: 143). Wenn dem so ist, welche Mittel wurden dazu angewandt? Und noch einmal: Ist es lediglich ein Zufall, daß Rom erst seit dem Jahr 46 v. Chr. eine umfängliche Prägung in Gold zu realisieren begann, als die anderen wichtigen Goldprägungen der hellenistischen Welt schon nicht mehr kursierten? Oder hatte die Einstellung dieser Münzprägungen noch viel direkter mit den Prägungen in Rom zu tun (Howgego 1992: 3)? Die ungenauen Datierungen vieler hellenistischer Prägeserien erschweren eine Antwort auf solche Fragen. Es ist jedoch als deutlicher Fortschritt in der hellenistischen Numismatik anzusehen, daß solche Fragen jetzt überhaupt gestellt werden.
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Die römische Zeit Das Ausmaß der Zentralisierung der Münzproduktion im Römischen Reich, für das es keine Parallelen gibt, erfordert andere Vorgehensweisen bei der Erforschung und Deutung von Münzumlauf. Wenn überall die gleichen Münzen umliefen, ist es für uns unmöglich, die Wanderungen des Geldes zwischen einzelnen Regionen auszumachen. Die Zentralisierung sollte jedoch nicht überbewertet werden: Städtische und regionale Prägungen wurden fortgeführt, bis seit der Mitte des 3. Jhs. n. Chr. die Reichsprägung selber in Verfall geriet (siehe S. 13). Sicher ist aber, daß bis zu dieser Zeit Rom und für einen Teil des 1. Jhs. n. Chr. die reichsrömische Münze von Lugdunum praktisch alle Goldmünzen für das Reich lieferten, ebenso das Silbergeld – das zunächst den Westen beherrschte, dann auch den Osten – und schließlich noch, schon seit der Zeit des frühen Prinzipats, das Geld aus unedlem Metall für die westliche Hälfte des Reiches. Daß ein solches Ausmaß an Zentralisierung aufrechterhalten werden konnte, ist ein vielsagendes Zeugnis für den Umfang des Transfers an Edelmetallen und Münzgeld, der im Rahmen der römischen Wirtschaft möglich war (Millar 1991). Angesichts der Art unserer Zeugnisse haben sich fünf Angänge an das Phänomen des römischen Münzumlaufs als die gewinnbringendsten erwiesen. Erstens kann man das Problem umgehen, indem man den Umlauf von solchen städtischen und regionalen Prägungen untersucht, die damals noch produziert wurden. Zweitens sind Funde von römischen Münzen der Kaiserzeit außerhalb des Reiches ein klares Zeugnis für die Ausfuhr von Münzgeld. Drittens kann das chronologische Profil von Fundmünzen eines bestimmten Ortes oder einer Region etwas darüber aussagen, wie der Zufluß von Münzgeld sich vergleichsweise für dieses Gebiet gestaltete. Viertens sollte eine Analyse des zentral ausgemünzten Reichsgeldes nach individuellen Typen durchgeführt werden. So kann man sehen, ob bestimmte Emissionen in bestimmte Regionen versandt wurden, und sich schließlich der Frage zuwenden, bis zu welchem Umfang das umlaufende Geld tatsächlich im gesamten Reich homogen war. Fünftens bietet das Reichsgeld schließlich die Grundlage für Untersuchungen zum Münzumlauf, weil es zunehmend auf dezentralisierter Grundlage in identifizierbaren Münzstätten produziert wurde.
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Städtische und regionale Prägungen Städtische Bronzeprägungen überlebten – abgesehen von einer unwichtigen Ausnahme – im Westen nicht die Regierungszeit des Caligula (37–41 n. Chr.). Im Osten aber setzte ihre Blüte sich bis zur Mitte oder zweiten Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. fort. Der Umlauf von Wechselgeld dieser Art sagt nicht viel über die wichtigeren wirtschaftlichen Größen wie Handel und Staatshaushalt aus. Es wurde aber bereits darauf hingewiesen, daß er einigen Aufschluß über die gesamte Mobilität von Menschen geben kann (siehe S. 106). Dabei handelt es sich um ein Thema von großem Interesse, und man kann sich kaum andere Zeugnisse vorstellen, die besser geeignet wären, Licht auf diese Fragestellung zu werfen. Die regionalen Umlaufstrukturen städtischer Bronzemünzen in Kleinasien während der Kaiserzeit wurden bereits unter diesem Aspekt behandelt (Howgego 1985: 32–51). Andere erhaltene Zeugnisse für die Fragestellung nach der Mobilität der Menschen bestätigen in der Regel jene Vorstellungen, die aus dem Umlauf von Kleingeld gewonnen wurden. Dies unterstreicht mit Nachdruck, daß wir berechtigt sind, die numismatischen Zeugnisse in dieser Weise zu nutzen. So bestätigen zum Beispiel die Reden von Dio Chrysostomos die engen Beziehungen zwischen Nikomedeia und Nikaia, die im Geldumlauf so deutlich hervortreten. Die Straße, die durch das Mäandertal von Ephesos nach Osten führte und die einen starken Einfluß auf die Wanderung von Münzen ausübte, wird von Strabon als der übliche Reiseweg für alle diejenigen beschrieben, die von Ephesos in den Osten reisten (XIV 2, 29). Im Gegensatz zu einer solchen Wanderung innerhalb naturräumlicher Gebiete war die Bewegung von Kleingeld über weite Entfernungen zwischen Regionen eine Ausnahmeerscheinung. Wenigstens im Falle der östlichen Hälfte des Römischen Reiches dürften die wenigen umfangreicheren Wanderungen von Bronzemünzen außerhalb ihres naturräumlichen Umlaufgebietes alle mit bestimmten militärischen Anlässen zu verbinden sein. Das aber legt nahe, daß die Armee quantitativ der bedeutendste mobile Teil der Reichsbevölkerung war. Der Umlauf von städtischem und regionalem Silbergeld erwies sich als weniger aussagekräftig, als man zunächst erwarten könnte. Sehr häufig begrenzte nämlich die unterschiedliche Festlegung seiner Nominale und seiner Feinheit dieses Geld auf jene Gebiete, wo es traditionell im Gebrauch war. In der Regel wissen wir nicht, ob der begrenzte Umlauf auf Traditionen oder Festsetzungen beruhte. Im Falle Ägyptens ist es allerdings klar, daß die Römer das geschlossene Währungsgebiet der Ptolemäer wahrten. In einigen wenigen Fällen sahen die Münzen den Denaren jedoch hinrei-
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chend ähnlich, um neben ihnen zu zirkulieren. So wurden z. B. die Silbermünzen Numidiens, die unter Juba I. (60–46 v. Chr.) geprägt wurden, und die Drachmen Lykiens, die unter Trajan in den Jahren 98–99 [160] gemünzt wurden, weit verbreitet. Beide Münzsorten wurden z. B. in Britannien gefunden. Solche Informationen sind wichtig, zeigen sie doch, daß diese Münzen und demzufolge die Denare nach ihrer ersten Ausgabe weit wandern konnten, wobei die Gründe dafür allerdings nichts mit ihrer Ausgabe zu tun hatten. Diese Beobachtung ist nicht überraschend; allerdings ist es für die meisten Epochen schwierig, dies anhand der Denare selber zu zeigen (Howgego 1994).
Ausfuhr Die früheste jener erstaunlichen grenzüberschreitenden Wanderungen römischen Münzgeldes betraf das Becken der unteren Donau. Crawford hat mit Recht die Aufmerksamkeit auf die massive Einfuhr von Denaren in diese Region während der späten Republik gelenkt. Sie steht in deutlichem Gegensatz zu den Verhältnissen in den umliegenden Gebieten (Crawford 1985: 226–36). Die Gründe für die Ausfuhr römischen Münzgeldes nach Dakien dürften komplex gewesen sein, aber dies schließt nicht aus, daß eine Erklärung von besonderer Bedeutung ist: Crawford meint, daß die wichtigste Ursache im Sklavenhandel liege, der gezwungen war, sich anders zu orientieren, nachdem Pompeius das östliche Mittelmeer von den Piraten befreit hatte. Es spricht zwar einiges für diese kühne Theorie, sie blieb aber nicht unwidersprochen (z. B. Fulford 1985). Die Belege für den Sklavenhandel sind zu allen Zeiten bescheiden, so daß die nur spärlichen Hinweise auf einen Transport von Sklaven aus Dakien in dieser Zeit nicht unbedingt ein Problem sein müssen; die Theorie Crawfords könnte aber die Bedeutung von alten und neuen Lieferungen von Sklaven aus anderen Regionen (z. B. aus Gallien seit den fünfziger Jahren des 1. Jhs. v. Chr.) zu niedrig veranschlagen. Es ist immer problematisch, die Ausfuhr von Münzgeld zu datieren. Altes Geld lief weiter um und kann daher im Prinzip lange nach seiner Prägung ausgeführt worden sein. Die republikanischen Münzen von der unteren Donau sind in die Zeit vom 2. Jh. v. Chr. an aufwärts zu datieren. Schatzfunde aus der Region, die nach der jüngsten Münze in ihnen datiert werden, legen es nahe, daß der massive Zufluß nicht vor den sechziger Jahren des 1. Jhs. v. Chr. stattfand und sich bis zum Ende der Republik und noch darüber hinaus hinzog. Die Chronologie dieser Wanderung trägt
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– wie sie sich darstellt – auf diese Weise dazu bei, Crawfords Sichtweise zu untermauern, aber dennoch ist diese Deutung nicht unproblematisch. Es ist gut möglich, daß die Vergrabung nicht so sehr die Chronologie des Münzimportes reflektiert als vielmehr die Unsicherheit, die mit den Feldzügen von Burebista – der seit 60 v.Chr. die dakischen Stämme einen wollte – und ihren Folgen verbunden war (vgl. S. 101). Die Aktivitäten von Burebista sind nicht nur für die Chronologie wichtig, sondern können auch alternative Modelle für die Ausfuhr von Münzgeld, die an die erste Stelle zu setzen waren, nahelegen (Beute, Lösegeld, ‚Schutzgelder‘?). Wie es auch immer gewesen sein mag, die römischen Denare in dem Gebiet müssen in einem breiteren Kontext gesehen werden. Große Mengen von Drachmen der Städte Apollonia und Dyrrhachium wurden ebenfalls im Süden und Südosten des Karpatenbeckens und in ganz Dakien gefunden (Crawford 1985: 224–5). Die Einfuhr der meisten dieser Münzen ist in die verhältnismäßig kurze Zeit zwischen etwa 75 und 60 v. Chr. datiert worden. Das führt dazu, eine Deutung zu bevorzugen, die eine Verbindung eher mit militärischen Aktivitäten als mit Handel herstellt – obwohl sie rein formal mit der Sklaventheorie in Einklang zu bringen ist (Torbagyi 1993). Funde von thasischen Tetradrachmen in dieser Region müssen ebenfalls in die Überlegungen einbezogen werden. Einige, vielleicht die Mehrzahl, der thasischen Tetradrachmen an der unteren Donau sind lokale Imitationen. Das gilt ebenso bis zu einem bestimmten Maß für die ‚römischen‘ Denare. Einige Denare wurden mit Sicherheit dort produziert; es wurden auch Stempel in der Region gefunden. Die Frage nach dem Umfang der lokalen Prägungen wird zur Zeit noch heftig diskutiert, aber lokale Imitationen dürften uns dazu verleitet haben, den Umfang echter römischer Importe zu überschätzen. Schließlich haben sowohl Crawford als auch Fulford die Frage erörtert, welchen Bedarf an Münzen die Daker und andere Völker der Region hatten. Münzgeld ist seit der Zeit von Philipp II. und Alexander in dieses Gebiet geflossen, vor allem – und daran kann kein Zweifel sein – in Form von Zahlungen an Söldner, und wurde lokal nachgeahmt [49]. Es ist wahrscheinlicher, daß Münzgeld als eine Art prestigeträchtigen Besitzes zur Bestimmung von Rangstellungen benötigt wurde, als daß es den Erfordernissen einer monetarisierten Marktwirtschaft entgegenkam. Es ist nämlich unwahrscheinlich, daß sich vor der Annexion durch Rom eine solche dort ausgeprägt entwickelt haben soll. In vielerlei Hinsicht weniger problematisch ist die beeindruckende Wanderung von römischem Gold und Silbergeld nach Indien. Für sie ist der Handel die einzige vernünftige Erklärung (Turner 1989). Plinius berichtet uns, daß Luxusgüter von Indien, China und Arabien das Reich in
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jedem Jahr 100 Millionen Sesterzen kosteten und daß Indien allein die Hälfte dieser Summe aufnahm (HN XII 41 [84]; VI 26). Der Periplus, ein Handelshandbuch des 1. Jhs. n. Chr., stellt die Mengen an römischen Münzen heraus, die zu indischen Märkten gebracht wurden (Casson 1989: 29–31). Gold und Silber wurden in Barren importiert. Man hat angenommen, daß diese neben anderen Zwecken auch für die Produktion zweier neuer Prägungen benötigt wurden, nämlich für das Silbergeld von Nahapana, dem sakischen Satrapen des westlichen Indien, und für das Goldgeld des Kushankönigs Vima Kadphises (MacDowall 1990a: 59). Wenn wir Schlußfolgerungen über den römischen Handel mit Indien ziehen wollen, so sollten besonders zwei Aspekte in Erinnerung gebracht werden. Zum einen ist die Bewegung von Gold- und Silbergeld eher ein Hinweis auf die Wanderung von Edelmetall als auf Handel im allgemeinen. Spezielle Bedürfnisse und vielleicht der relative Wert von Edelmetall im Römischen Reich und in Indien setzten die Wanderung von Münzen zu bestimmten Zeiten in Gang. Handel dürfte man zu anderen Zeiten ohne Münzgeld betrieben haben. Zum zweiten könnten Münzen, wie wir schon angemerkt haben, einige Zeit nach ihrer Prägung ausgeführt worden sein. Das Zeugnis der Schatzfunde und der Münzabnutzung zeigt recht nachdrücklich, daß bedeutende Wanderungen von römischem Gold und Silber nach Indien erst in der Flavischen Zeit einsetzten und während der ersten Hälfte des 2. Jhs. andauerten. Die späte Zeit dieser Wanderungen ist von großem Interesse, da sie Licht auf die Gründe für die Ausfuhr von Münzgeld wirft. Die große Mehrheit der Silbermünzen, die man in Indien fand, wurde vor der Münzreform des Nero im Jahre 64 v. Chr. geprägt. Es hat deshalb den Anschein, daß die Münzen aus der Zeit vor der Reform in einer späteren Zeit bewußt für den Export ausgewählt wurden. In der Tat wurden anscheinend viele der republikanischen Denare nach Trajans Münzverschlechterung im Jahre 107 n.Chr. exportiert, zu einer Zeit, als sie aus dem Umlauf im Reich gerade verschwanden oder praktisch schon verschwunden waren. Es ist plausibel, daß alte Münzen von höherem Edelmetallgehalt für den Export in eine Region, wo man sie nach ihrem Feingehalt bewertete, ausgewählt wurden. Diese Verfahrensweise kann uns helfen, den Hinweis auf ‚alte Aurei‘ (chrysa palaia denaria) in einer Inschrift aus Palmyra aus dem Jahre 193 n.Chr. zu verstehen (anders Buttrey 1963). Daraus folgt, daß der Münzexport nach Indien zum Teil von den römischen Münzreformen in Gang gesetzt wurde (MacDowall 1990a; 1990b; 1991). Die letzte Beobachtung ist auch von Bedeutung für die Interpretation des letzten Falles von Münzexport, der hier diskutiert werden soll. Dabei geht es um die römischen Münzen, die in beträchtlichen Stückzahlen in
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großen Teilen Europas gefunden wurden, die nördlich und östlich des Römischen Reiches (Lind 1981) lagen. Die große Mehrheit des Silbergeldes, das im ‚Barbaricum‘ zutage kam, wurde in dem Zeitraum zwischen der Herrschaft des Vespasian und der Münzverschlechterung unter Septimius Severus im Jahre 194/5 n. Chr. geprägt. Auch in diesem Fall ist es gut möglich, daß ein Großteil des Geldes das Reich später verließ, jedoch die Münzen aus der Zeit vor der Reform, die von besserer Qualität waren, ausgewählt wurden. Allerdings glauben einige Gelehrte, daß der Export ganz plötzlich mit diesem Datum abbrach. Auf welchen direkten oder indirekten Wegen die Münzen in das ‚Barbaricum‘ gelangten, mit welcher zeitlichen Verzögerung und ob sie auf Handel, politische Geschenke und Hilfsgelder, Beute, Lösegeld, Soldzahlungen für den Dienst in den römischen Heeren oder andere Faktoren zurückgehen, ist heiß umstritten (z. B. Wielowiejski 1980; Kolendo 1980; Bursche 1989; Duncan-Jones 1994: 92–4). Auffällig ist die Häufigkeit von Schatzfunden im Baltikum und besonders auf der Insel Gotland, wo dieser Vorgang sich im 5. und 6. Jh. wiederholte, als Goldsolidi und später germanische, anglo-sächsische und islamische Münzen importiert wurden. Es gibt somit gute Gründe für die Annahme, daß in dieser Region ein kulturell geprägtes Bedürfnis nach dem Besitz von Edelmetallen und nach daraus gefertigten prestigeträchtigen Grabbeigaben bestand. Insgesamt scheinen die Funde im ‚Barbaricum‘ in zwei Kategorien zu fallen. Für eine ‚Pufferzone‘, die sich etwa über 200 km hinter der römischen Grenze hinzog, sind Funde aus Bronzemünzen charakteristisch. Sie dürften Handel und andere Kontakte mit dem Römischen Reich reflektieren und vielleicht auch die Ausbreitung eines gewissen Maßes an Monetarisierung. Für die anschließende Zone sind Funde von Silbermünzen und anderen prestigeträchtigen Gütern charakteristisch, wobei wir annehmen, daß ihr symbolischer Wert im Vordergrund gestanden hat (Fulford 1985).
Chronologische Strukturen Wanderungen von Münzen außerhalb des Reiches mögen schwierig zu interpretieren sein, aber man kann wenigstens sehen, um was es sich bei ihnen handelt. Was die kaiserlichen Prägungen innerhalb des Reiches angeht, so wissen wir nur, daß die Münzen von einer Münzstätte auf irgendeine Weise dorthin wanderten, wo sie gefunden wurden, sei es nun auf direktem oder indirektem Weg. Die Analyse chronologischer Strukturen – d. h. von Prozentsätzen in einem bestimmten Zeitabschnitt – hat sich als
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ein fruchtbarer Ansatz erwiesen und ist vielleicht in Arbeiten über Britannien am weitesten vorangetrieben worden (Reece 1987). Die Gefahren eines solchen Angangs wurden oft aufgelistet. Es ist notwendig, auf die Streufunde eines bestimmten Platzes zurückzugreifen, da Münzschätze tendenziell eher Zeiten politischer Unsicherheit als Münzzufluß reflektieren (siehe S. 101). Deshalb ist diese Art numismatischer Arbeit weitgehend auf die Strukturen des Kleingeldumlaufs beschränkt, da Funde von Gold- und Silbergeld außerhalb von Hortfunden verhältnismäßig selten sind. Streufunde eines Ortes bringen eher eine ausufernde Auswahl von Kleinmünzen ans Tageslicht, die leichter zu verlieren und schwerer zu finden sind, ebenso von Münzen niedrigen Wertes, die nicht von Belang sind, ferner von Prägungen, die über eine lange Periode umliefen und über einen entsprechend längeren Zeitraum verlorengehen konnten, wie schließlich auch von Fälschungen, auswärtigen und außer Kurs gesetzten Münzen, die absichtlich weggeworfen wurden. Die Außerkurssetzung ist ein besonderes Problem, da sie eine große Anzahl von Münzen eines bestimmten Typus hervorbringen kann, die ausrangiert werden. Sie können den falschen Eindruck eines massiven Zuflusses erwecken. Außerdem muß man im Auge behalten, daß der Zeitpunkt, zu dem eine Münze verloren wurde – im Gegensatz zum Prägezeitpunkt –, in der Regel unbestimmbar ist. Allerdings können die gewöhnlichen Höchstumlaufzeiten bestimmter Münztypen aus dem Zeugnis der Hortfunde gewonnen werden. Für jede Region gibt es so etwas wie eine Standardstruktur. Einzelne Fundorte können dann mit dieser Norm verglichen und ihr gegenübergestellt werden, um auf diese Weise die Geschichte der einzelnen Fundorte zu erhellen. So gibt z.B. das Kastell von Richborough in Kent im Vergleich das Standardschema für Britannien wieder, mit Ausnahme allerdings eines besonders hohen Münzanteils aus der letzten Periode (388–402 n. Chr.) (Reece 1987: 80–8). Daher sind es eher die relativen als die absoluten Strukturen, die für den Altertumsforscher die interessantesten Fragen aufwerfen. Die Normen für verschiedene Teilregionen sollten dem gegenübergestellt werden. So wurde ein Unterschied zwischen dem Osten und Westen Britanniens herausgestellt: Der Osten weist einen größeren Anteil von Münzen der Zeit zwischen 260 und 296 n. Chr. auf, im Westen sind die Münzen der Zeit zwischen 330 und 402 stärker repräsentiert. Dies könnte eine größere Spannkraft der Geldwirtschaft im Westen gegen Ende des Reiches zum Ausdruck bringen, doch sind auch andere Erklärungen dafür möglich (Reece 1996). Ein weiterer Angang besteht darin, städtische und
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ländliche Orte miteinander zu vergleichen, um zu sehen, ob die Geldwirtschaft länger brauchte, um in die ländlichen Gebiete vorzudringen (Reece 1987: 71–97). Die Unterschiede zwischen verschiedenen Regionen können ausgesprochen markant sein (Reece 1987: 98–113). So hat Italien z. B. die ganze Kaiserzeit hindurch eine nahezu gleichbleibende Verlustrate, während Britannien einen dramatischen Anstieg der Fundmünzen in der Zeit nach 260 n. Chr. gegenüber früheren Epochen aufweist. Die britannischen Strukturen dürften stark von dem Phänomen der Außerkurssetzung beeinflußt worden sein, insbesondere von Münzen des ‚Gallischen‘ und ‚Britannischen‘ Sonderreiches in der zweiten Hälfte des 3. Jhs. n.Chr. Diese dürften zu einer großen Anzahl von Geldstücken geführt haben, die ausrangiert wurden, wodurch ein Anwachsen der ‚Verlust‘rate in dieser Zeit erfolgte. Zweifellos ist aber der vermutlich im Vergleich zu Italien niedrigere Monetarisierungsgrad Britanniens in den früheren Zeiten ein wichtiger Faktor, um den niedrigeren prozentualen Anteil an Münzen aus der Zeit vor 260 n. Chr. in Britannien zu erklären. Relative Strukturen lassen mehr als eine Erklärung zu. Sollen wir versuchen, das außergewöhnlich geringe Vorkommen von Münzen in Britannien vor 260 n. Chr. zu erklären oder das massive Vorkommen nach 260 oder beides? Oder ist die gesamte britannische Struktur ‚normal‘ und Italiens gleichbleibende Verlustrate ‚normwidrig‘? Das Zeugnis der materiellen Befunde ist durch wiederholte Untersuchungen wenigstens abzusichern und wirft interessante Fragen auf. Analyse nach einzelnen Typen Die Unterschiede in den chronologischen Strukturen einzelner Regionen resultieren aus zeitweiligen Veränderungen des Anteils an dem Gesamtausstoß von Münzen, der jede Region – in welchem Maß auch immer – erreichte und dort verblieb. Die Analyse bestimmter Emissionen, sei es nach einzelnen Typen, sei es nach dem Emissionsjahr, kann in ähnlicher Weise Ungleichmäßigkeiten bei der Verteilung von Münzen durch eine Münzstätte offenlegen, wenn sie nicht durch den folgenden Umlauf unaufspürbar gemacht wurden. Die Bearbeitung der 12 500 römischen Münzen der ‚Heiligen Quelle‘ in Bath führte zu wichtigen Schlußfolgerungen über die Münzen aus unedlem Metall (Walker 1988). Einige Emissionen, darunter die BritanniaTypen Hadrians und des Antoninus Pius [134–135], waren praktisch auf Britannien beschränkt. Nachdem die Münzen einmal dort angekommen waren, verließen sie nicht mehr in großem Umfang die Provinz. Außerdem
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hat die Analyse der Münzen aus unedlem Metall von Domitian (81–96 n. Chr.) gezeigt, daß nur die Emissionen der Jahre 86–87 n. Chr. in größerer Menge Britannien erreichten. Das steht in deutlichem Gegensatz zu weitaus gleichmäßigeren Lieferungen in die Regionen auf dem Festland. Das wiederum zeigt, daß Kleingeld nicht auf dem gewöhnlichen Wege des Umlaufs nach Britannien floß. Daraus ergibt sich recht deutlich, daß offizielle Lieferungen weitgehend bestimmten, welche Münzen aus unedlem Metall in die Provinz gelangten. Walkers Arbeit förderte noch eine weitere interessante Beobachtung zutage. Die Emissionen der Jahre 153–155 n. Chr., die fast ganz auf Britannien beschränkt sind, unterscheiden sich von der Reihe der normalen Reichsmünzen durch ihre Technik und Herstellung. So besteht die Möglichkeit, daß sie tatsächlich in Britannien hergestellt wurden. Diese Entdeckung wird kaum unsere Vorstellung, daß die Münzproduktion überwiegend zentralisiert war, untergraben können, aber es dürfte keine Überraschung mehr sein, wenn in Zukunft noch einige andere Fälle von lokaler Münzprägung ausgemacht werden könnten. Ebenso hat die Bearbeitung von Münzen, die in Vindonissa (Schweiz) gefunden wurden, interessante Folgerungen nach sich gezogen (Peter 1996). Die Serie von Aes-Münzen endet dort mit der Aufgabe des Legionslagers im Jahre 100 n. Chr. Das ist nicht überraschend, aber das geringe Vorkommen an Kleingeld in den Jahren nach 100 n. Chr. betraf ebenso das Umland. Daraus folgt, daß der offizielle Nachschub an Aes für das Legionslager weitgehend bestimmte, was in der Gegend zur Verfügung stand. Wenn man sich mit Münzumlauf beschäftigt, ist es maßgeblich, zwischen Kleingeld und Münzen aus kostbaren Metallen zu unterscheiden. Wir haben gesehen, daß einige Typen kaiserzeitlicher Münzen aus unedlen Metallen, die aus der Münzstätte Rom stammten, größtenteils auf eine Provinz begrenzt waren. Das ist für einzelne Typen kaiserzeitlicher Goldoder Silbermünzen der Münzstätte Rom nicht der Fall – oder wenigstens hat sich bisher ein solcher Fall nicht nachweisen lassen. Münzgeld aus Edelmetallen wurde viel gleichmäßiger versandt oder zirkulierte in einem größeren Raum; höchstwahrscheinlich war beides der Fall. Hopkins (1980) stellte diesen Aspekt genau in das Zentrum der Diskussion über die Natur der römischen Wirtschaft. Er argumentierte, daß Provinzen, die mehr Geld für Steuern und Pachten zahlten, als sie durch Staatsausgaben, vornehmlich Militärausgaben, und den Zustrom von Pachten einnahmen, dieses Geld durch Handel zurückverdienen mußten. Nur so waren sie in der Lage, die Zahlung ihrer Steuern und Pachten auf einer erträglichen Grundlage fortzusetzen. Steuern und Pachten regten den Handel an.
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Hopkins führt zur Stützung seiner Sichtweise an, daß sie die Homogenität der umlaufenden Silbermünzen im Römischen Reich zwischen 50 und 200 n. Chr. erkläre. In dieser Zeit sind die Anteile von Münzen der einzelnen Kaiser am Geldumlauf in allen Provinzen weitgehend ähnlich. Aber warum ist das der Fall, wenn zu manchen Zeiten die Ausgaben in einigen Gebieten höher waren als in anderen? Hopkins’ Antwort ist, daß der Prozeß der Rücküberweisung von Münzen an das Zentrum in Form von Steuern und Pachten bzw. des Zurückverdienens der Münzen durch Handel die umlaufenden Münzen stark vermischte. In einer wichtigen Kritik las Duncan-Jones die Zeugnisse anders und zog andere Schlüsse (Duncan-Jones 1990: 30–47). Die Münzen konnten bereits vor ihrem Versand von Rom gemischt worden sein, alte Münzen wurden ebenso wie neue für Ausgaben versandt, und Homogenität muß nicht durch die Vermischung infolge von Steuern, Pachten und Handel erklärt werden. Weiterhin beobachtete er, daß Goldmünzen von großer Bedeutung im Geldfluß zwischen Regionen gewesen sein müssen, daß unsere Informationen aber nicht ausreichen, um sagen zu können, ob die Mischung der Goldmünzen überall von derselben Art war. Was das Silber angeht, so zeigte Duncan-Jones aufgrund der Analyse von Schatzfunden, daß die Anteile einiger Typen von Silbermünzen, die von Trajan bis Commodus geprägt wurden, von Provinz zu Provinz variierten. Das Geld, das umlief, war folglich nicht homogen; Geld wurde in bestimmte Gebiete versandt und verblieb auch in den regionalen Wirtschaftsregionen, und die römische Wirtschaft war nicht vollständig vernetzt. Anderswo wurde bereits vorgebracht, daß keines dieser gegensätzlichen Modelle von der römischen Geldwirtschaft völlig befriedigend ist (Howgego 1994). Keines von beiden berücksichtigt im notwendigen Umfang die monetären und politischen Faktoren, es sei denn den Mangel an wirtschaftlicher Integration, der den physischen Umlauf von Münzen begrenzt haben dürfte. Keines dieser Modelle berücksichtigt den Faktor Zeit, der bei der Vermischung der Münzen eine Rolle spielte. Darüber hinaus vernachlässigen beide Modelle einen wichtigen Faktor, nämlich die Rolle der Heeresbewegungen bei dem Transfer von Münzen zwischen Regionen – während der Versand von Soldzahlungen bei beiden Ansätzen eine zentrale Rolle spielt. Beide Modelle haben außerdem ihre eigenen speziellen Schwächen. Das Modell von Hopkins bedarf der Modifikation, da es unwahrscheinlich ist, daß das umlaufende Geld in allen Regionen jemals völlig gleich war. Das Problem von Duncan-Jones’ Auffassung besteht darin, daß der Mangel an vollständiger Homogenität nicht bedeutet, daß ein Wirtschaftsgebiet nicht in wirksamer Weise vernetzt war. Seine Maßstäbe sind zu
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radikal: Münzen können in beträchtlichem Maße in einem Gebiet gewandert sein, ohne dabei die lokalen Unterschiede völlig ausgelöscht zu haben. Beide Ansätze haben gezeigt, daß im Prinzip numismatische Zeugnisse von großem Nutzen sein können, um wichtige Theorien über die Struktur eines Wirtschaftsraumes zu überprüfen. Die Diskussion kann noch weiter erhellt werden, wenn wir uns nun der letzten Kategorie der numismatischen Zeugnisse zuwenden.
Dezentralisierte Münzproduktion Es ist viel einfacher, die Strukturen des Münzumlaufs im Reich für jene Zeiten zu diskutieren, als mehr als eine Münzstätte an der Produktion der Reichsprägung beteiligt war. Man kann dann nachvollziehen, in welchem Maße Münzen aus den verschiedenen Münzstätten im Umlauf vermischt wurden, und auch die Dauer dieses Prozesses abschätzen. Die entscheidenden Schritte zu einer dezentralisierten Münzproduktion wurden in den fünfziger Jahren des 3. Jhs. unternommen, doch wurden schon zuvor während einiger Perioden militärischer Unternehmungen im Osten Reichsmünzen in Syrien wie auch in Rom geprägt. Es ist ein Merkmal der östlichen Emissionen aus der ersten Hälfte des 3. Jhs., daß diese Münzen einige Jahrzehnte nach ihrer Prägung in britannischen Schatzfunden neben zeitgenössischen Emissionen zunehmend einen größeren Anteil gewinnen. In Britannien kommen aus dem Osten stammende Denare des Septimius Severus, die zwischen 193 und 196 n. Chr. geprägt wurden [z. B. 137], in Horten, die um etwa 210 n. Chr. vergraben wurden, nicht zusammen mit anderen Denaren aus der Zeit zwischen 193 und 196/7 n. Chr. vor. In Schüben steigt jedoch ihr Anteil bis zu 50% um die Zeit der frühen sechziger Jahre des 3. Jhs. an. Eine steigende Tendenz zu östlichem Material in britannischen Schatzfunden, zugegeben weniger klar, ist ebenso für die Münzen Gordians III. (238–244 n. Chr.) auszumachen. Der Grund für diese Entwicklungen muß darin liegen, daß die östlichen Münzen nicht kurz nach ihrer Prägung alle zugleich nach Westen wanderten, sondern über einen gewissen Zeitraum verteilt dorthin gelangten. Das Ergebnis von immer neuen Wanderungen war eine steigende Präsenz östlicher Münzen im Westen. Der Zeitunterschied zwischen der Prägung dieser Münzen in Syrien und ihrem Transport in den Westen macht es praktisch sicher, daß die Wanderungen sekundärer Art waren und zur Zeit der Prägung noch nicht absehbar gewesen waren. Es ist in jedem Fall schwer
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zu glauben, daß im Osten, hauptsächlich in Antiocheia, Geld geprägt wurde, um Zahlungen im Westen zu tätigen oder um Geld nach Westen zu liefern. Der Nachweis einer solchen sekundären Wanderung ist wichtig. Zumindest für das frühe 3. Jh. n.Chr. machen unsere Vorstellungen von der römischen Wirtschaft die Annahme unhaltbar, neue Silbermünzen seien von einer Münzstätte in verschiedene Gebiete versandt worden und das Geld sei danach in der Region verblieben, in die es geschickt worden war. Eine sekundäre Wanderung zwischen unterschiedlichen Gebieten kann somit für Silber nachgewiesen werden und ist in noch größerem Maße für Goldmünzen wahrscheinlich, da diese für den interregionalen Austausch noch geeigneter als Silber sind. Die genaue Zusammensetzung der Ursachen für solche sekundären Bewegungen – etwa mehrfache Transfers von Militärpersonal, Steuern, Pachten oder Handel – können wir wohl nicht mehr erschließen. Die Tatsache aber, daß gezeigt werden kann, daß sie überhaupt stattgefunden haben, markiert einen Fortschritt unseres Verständnisses der römischen Geldwirtschaft.
Schlußfolgerungen Die Vielzahl von Problemen und gegensätzlichen Erklärungen, die sich durch die Arbeiten über Münzumlauf ziehen, ist dazu angetan zu entmutigen. Das Verständnis für die Komplexität des Gegenstandes verhilft uns zu einer Erklärung für die Tatsache, warum nicht die einfachen Antworten auf ökonomische Fragen, die manche wohl erwartet hatten, zustande kommen konnten. Aber Vorsicht sollte nicht mit Pessimismus verwechselt werden. Auf der theoretischen Ebene kann man durch Fragen viele Einsichten gewinnen, etwa durch die Frage, warum Münzen wanderten und welcher Art die Beziehungen zwischen Umlauf und Handel waren. Auf der empirischen Ebene liefert die Wanderung von Münzen gesicherte Nachweise über wirtschaftliche Aktivitäten, die wir in dieser Art in den literarischen Quellen so oft vermissen. In diesem Kapitel wurde versucht, darauf hinzuweisen, wie Studien zum Münzumlauf dazu genutzt werden können, ein weites Feld von Aspekten zu behandeln, darunter sind der Handel, die Mobilität von Menschen, die wirtschaftlichen Auswirkungen von militärischen Unternehmungen und großen Staatsgebilden, die historische Entwicklung bestimmter Gebiete, das regionale Niveau auf dem Gebiet der Monetarisierung, die Verteilung von Geld durch den Staat und schließlich die Modelle über die römische Wirtschaft. So stehen am Ende vielleicht Erfolge und Erwartungen nebeneinander.
6. Krise Krisen in Athen und Rom Wenn man davon ausgeht, daß die Notwendigkeit, staatliche Zahlungen zu leisten, ein wichtiger Grund für die Produktion von Münzen in der Antike war, ist es nicht überraschend, daß die Auswirkungen von Krisen auf dem Gebiet der Staatsfinanzen in der Münzprägung zu beobachten sind. Ein verarmter Staat konnte zu dem einfachen Mittel greifen, weniger auszugeben, aber zu bestimmten Zeiten war es unumgänglich, Geld aufzubringen – besonders, aber nicht nur, in Kriegszeiten –, und es mußten andere Notbehelfe gefunden werden. Einige dieser Möglichkeiten können anhand eines Vergleichs zwischen der Prägung Athens gegen Ende des Peloponnesischen Krieges und der Roms während des Krieges gegen Hannibal untersucht werden. Durch die spartanische Besetzung Dekeleias war Athen seit dem Jahr 413 v. Chr. von seinen Silberminen abgeschnitten, und als sich das Kriegsglück wendete, kam der Tribut lange nicht mehr so ein wie vorher. Daher wurden zwei neue monetäre Strategien ausprobiert. Zuerst gab es eine außergewöhnliche Emission von Goldmünzen [23]. Acht Nikestatuen auf der Akropolis waren mit jeweils zwei Talenten Gold behängt, die im Notfall abgenommen werden konnten. Im Jahr 407/6 v.Chr. wurde dieses Gold ausgemünzt. Eine Statue blieb übrig, und die Stempel, die man zur Produktion der Münzen benutzt hatte, wurden anschließend in den Schatz der Athena geweiht. Offenbar im folgenden Jahr verlegte Athen sich auf eine weitere Strategie, indem es eine Kupferprägung emittierte, nicht als Wechselgeld – Athen produzierte bis zur zweiten Hälfte des 4. Jhs. v. Chr. kein Wechselgeld aus unedlem Metall –, sondern als Ersatz für die Silberprägung. Aufgrund erhaltener Exemplare vermutet man heute, daß dieses Notgeld aus Kupfer bestand, das mit Silber überzogen war. Auf jeden Fall wurde 392 v. Chr. das ‚Kupfer‘-Geld außer Kurs gesetzt (Robinson 1960; Thompson 1970). Sowohl die Gold- wie auch die Kupferprägung waren reine Notmaßnahmen. Die finanziellen Schwierigkeiten Roms im Verlauf des Zweiten Punischen Krieges und besonders während der Invasion Hannibals in Italien sind gut bekannt (Crawford 1985: 52–74; Nicolet 1963). Die finanziellen Notbehelfe umfaßten ein Darlehen bei Hieron von Syrakus, eine Verdop-
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pelung des Tributs und Anleihen bei den eigenen Bürgern. Es war das einzige Mal, daß Rom sich zur Finanzierung seiner Staatsausgaben mit einer Kreditaufnahme behalf. Auch die Münzprägung blieb nicht verschont. Zum ersten Mal wurde eine Goldprägung realisiert [88], der Feingehalt der Silbermünzen wurde von 97% auf ca. 89% reduziert, und die Bronzemünzen verloren dramatisch an Gewicht. Zu Beginn des Krieges hatte das bronzene As zehn römische Unzen oder etwas weniger gewogen; vor der Reduzierung hatte es einem ganzen römischen Pfund zu zwölf Unzen entsprochen. In den sechs Jahren, die auf die Invasion Italiens im Jahr 218 v. Chr. folgten, verlor das As stufenweise insgesamt 80% seines Gewichtes [85, vgl. 84]. Als um 212 v. Chr. ein neues, auf dem Denar basierendes Geldsystem eingeführt wurde, wog das As nur noch zwei Unzen. Damit war die italische Tradition des vollgewichtigen Bronzegeldes zu einem Ende gekommen. Die Schaffung der neuen Denarprägung kennzeichnete die Rückkehr zur Stabilität. Sie ist aus der Rückschau noch viel beeindruckender, da der Denar für 450 Jahre die maßgebliche Silbermünze bleiben sollte [90]. Es ist zwar richtig, daß sich Roms Geschicke etwa mit der Zeit seiner Einführung zum Besseren wendeten, aber es gab immer noch Zeichen für eine angespannte Situation. Die Prägung von Goldmünzen neben dem Denar kann als ein Indiz für noch länger andauernde Schwierigkeiten gesehen werden [89]. Obwohl die neue Goldprägung einige Jahre früher einsetzte, basierte sie vermutlich teilweise auf den Zwangsbeiträgen, die römische Bürger aller Schichten im Jahr 210 v.Chr. geleistet hatten, wie auch auf dem Rückgriff auf das Gold im aerarium sanctius im Jahre 209 v. Chr., das für den Gebrauch in Notfällen aufgespart worden war. Ferner wurde neben dem relativ reinen Silberdenar mit einem Feingehalt von ca. 96% ein anderes Silbernominal geprägt, der Victoriatus, mit einem Feingehalt von durchschnittlich nur 84% (Walker 1980) [91]. Die minderwertigen Victoriati wurden weiterhin in beträchtlicher Zahl produziert, bis die Serie um 170 v. Chr. eingestellt wurde. Die genaue Funktion des Victoriatus ist unklar. Es scheint, daß er ursprünglich im Süden Italiens umlief. Was auch immer die Erklärung dafür ist, die fortgesetzte Produktion einer beträchtlich minderwertigen Münze bleibt bemerkenswert. Es ist nicht schwierig, einige gemeinsame Elemente der Situationen in Athen und Rom ausfindig zu machen. Beide Mächte standen unter dem starken Druck feindlicher Invasionen. Beide griffen zu dem Hilfsmittel, Gold auszumünzen, das man für Notfälle aufgespart hatte. Beide streckten ihre Silbervorräte, indem sie unedles Metall an seine Stelle setzten – Athen, was ungewöhnlich ist, mittels der Produktion von Notgeld, Rom mittels dessen, was später zum weitaus gebräuchlicheren Instrument der
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Krise
Münzverschlechterung werden sollte. Außerdem reduzierte Rom die Gewichtsstandards.
Währungen unter Druck (mit Ausnahme Roms) Für die beiden Beispiele, die bis jetzt diskutiert wurden, verfügen wir über eine vergleichsweise gute Quellenlage, so daß der Zusammenhang zwischen einer Krise und der Reaktion darauf deutlich wird. Derartige numismatische Phänomene sind häufig, jedoch ist der Hintergrund nicht immer so deutlich faßbar. Abgesehen von den Zeiten, in denen Goldmünzen zum normalen Bestandteil eines Geldsystems wurden, kann die Ausmünzung von Gold manchmal als Reaktion auf bestimmte Krisen verstanden werden (siehe S. 9–10). Allerdings besteht die Gefahr, daß bei einer unsicheren Zeitstellung solche Goldprägungen nach bekannten Krisen datiert werden, so daß ein Zirkelschluß entsteht. Trotzdem lassen sich überzeugende Beispiele finden, so etwa jene Goldprägungen, die auf Sizilien in Syrakus, Gela, Akragas [15] und Kamarina am Ende des 5. Jhs. v. Chr. realisiert wurden und vermutlich ihre Ursache in den karthagischen Angriffen von 406/405 v.Chr. hatten (vgl. Kraay 1984). Der athenische Rückgriff auf eine Notgeldwährung war kein gewöhnlicher Behelf. Es ist möglich, daß etwa eine solche Maßnahme den Hintergrund für die mit Elektron überzogenen Bleimünzen von Samos bildete, die Herodot mit dem spartanischen Angriff um 525/524 v. Chr. in Verbindung bringt (Herodot III 56, 3; Barron 1966: 17). Eine engere Parallele liefert die Erzählung, daß der athenische Stratege Timotheos sich einen bronzenen Geldersatz erdachte, um seine Truppen auf der Expedition gegen Olynth in den Jahren 363–359 v. Chr. zu bezahlen (Ps.-Aristoteles, Oeconomica II 2, 23, 1; Robinson und Price 1967). Das vermutlich weit verbreitete Ersetzen kleinerer Silbernominale durch Bronzemünzen, als sie die Rolle von Wechselgeld übernahmen, ist ein etwas anderes Phänomen (vgl. Picard 1989). Eine direkte Münzverschlechterung war in der griechischen Münzprägung der archaischen und klassischen Zeit nicht üblich (Kraay 1976: 11), während sie sich angesichts der römischen Expansion stärker ausbreitete. Im 1. Jh. v. Chr. wurden sowohl das seleukidische wie auch das ptolemäische Silbergeld in bedeutendem Umfang verschlechtert, das letztere anscheinend im Zusammenhang mit römischen Geldforderungen nach der Wiedereinsetzung des Ptolemaios Auletes im Jahr 55 v. Chr. (Walker 1976–8 I: 151).
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Im Gegensatz dazu wurden die karthagischen Münzen anscheinend systematisch verschlechtert, indem der Goldanteil des ‚Elektron‘ von 98% im frühen 4. Jh. v. Chr. [81] bis auf 30% im Zweiten Punischen Krieg fiel (Jenkins und Lewis 1963). Der Konflikt mit Rom liefert auch hier wieder eine Ursache für die Verschlechterung. Der Feingehalt karthagischer Silbermünzen sank auf ca. 33% im Ersten Punischen Krieg und dann – vielleicht während der Zeit des Libyschen Aufstandes (241–238 v.Chr.) – noch einmal auf 15–23% ab. Die Silbermünzen, die entweder von den Libyern selber oder im Namen der Libyer geprägt wurden, hatten einen Feingehalt von nur 25–43%, obwohl man ihnen durch die Verwendung von arsenhaltigem Kupfer ein stärker silbriges Aussehen verlieh; vielleicht ist das ein Hinweis auf karthagischen Erfindungsreichtum (Carradice und La Niece 1988) [82]. Die karthagische Silberprägung des Zweiten Punischen Krieges fiel bis auf 18% Feingehalt ab (Jenkins 1984: 135) [83]. Eine andere Münzsorte, an der eine merkliche Verschlechterung vorgeführt werden kann, sind die ‚keltischen‘. Neben anderen wurden die einheimischen Prägungen von Gallien und Britannien in der Zeit unmittelbar vor der Annexion durch Rom stark verschlechtert (Cowell 1992; Northover 1992) [149–52]. Eine bedeutende Verschlechterung von gallo-belgischen Goldmünzen wurde der Zeit der Gallischen Kriege Caesars zugeschrieben, so daß wahrscheinlich wieder direkter Druck von Rom eine Rolle spielte [149]. Der allgemeine Zusammenhang war vermutlich der, daß es eine Anzahl von Stammesgemeinschaften gab, in denen (entweder ‚kulturell‘ oder ‚ökonomisch‘) ein Bedarf an Edelmetallmünzen entstanden war, ohne daß es zu einer entsprechenden Versorgung mit diesen Metallen kam. Die Defizite waren vielleicht das Ergebnis des Ausbleibens der Soldeinkünfte keltischer Söldner – die Römer benötigten keine Söldner –, eines Abflusses von Gold und Silber nach Rom und eines Fehlens von Minen oder einer Bergbautechnologie, die geeignet gewesen wäre, die Defizite wieder auszugleichen. Innerhalb der griechischen Welt war die Verminderung der Gewichtsstandards ein gebräuchlicherer Behelf als die Münzverschlechterung. Es gab vielleicht eine natürliche Tendenz, daß ein Standard allmählich an Gewicht verlor, weil abgegriffene und daher leichtere Münzen wieder an den Staat zurückgingen und dann neu ausgemünzt wurden. Nennenswertere Gewichtsreduktionen können manchmal mit besonderen Zwangssituationen in Zusammenhang gebracht werden. Beispielsweise reduzierten Taras, Kroton, Herakleia, Thurioi und Metapont im Zusammenhang mit dem Pyrrhis-Krieg ihr Silbernominal, das standardmäßig 7,9 g wog, auf ca. 6,6 g, und die anschließende Emission von Taras wurde um 5% in ihrem Feingehalt verschlechtert (Burnett 1977; Burnett und Hook 1989). Zur Zeit des
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Krise
letzten Makedonischen Krieges gegen Rom (172–168 v. Chr.) wurde das Gewicht der Perseusmünzen um 7–8% auf 15,5 g reduziert (Price 1989 a; 1984). Praktisch zur selben Zeit, im Jahr 172 v. Chr., wurde das Gewicht der seleukidischen Tetradrachme in Antiocheia um 2% auf 16,8 g verringert. Einige haben hinter diesem Synchronismus eine allgemeine Knappheit an Silber im östlichen Mittelmeerraum als Folge römischer Raubzüge sehen wollen (Carradice und Price 1988: 128–9). Es sollte aufgrund der bisher zusammengetragenen Auswahl von Münzverschlechterungen und Gewichtsreduktionen klar geworden sein, daß finanzieller Druck auf Staaten, besonders zu Zeiten aktueller oder beginnender Kriegshandlungen, ein wichtiger Grund für solche Geldmanipulationen war. Eine Hauptrolle scheinen einerseits Militärausgaben gespielt zu haben, die gegen die römische Expansion gerichtet waren, und andererseits Defizite, die dadurch zustande kamen, daß Rom durch Plünderungen, Entschädigungszahlungen und Annexionen die Edelmetalle an sich brachte. Monetäre Veränderungen können auch von Überlegungen ganz anderer Art angeregt worden sein. Beispielsweise waren die von den Ptolemäern und Attaliden zwangsweise etablierten geschlossenen Währungssysteme beide durch eine merkliche Gewichtsreduktion des Silbergeldes für den internen Gebrauch gekennzeichnet (siehe S. 60–64). In diesen Fällen ist eine Vielzahl von alternativen Motiven denkbar – Profitstreben, Kontrolle des Umtausches auswärtigen Geldes, das Zurückhalten von Silbermünzen innerhalb des Königreiches –, so daß wir nicht sicher davon ausgehen können, daß immer finanzielle Zwänge dahintersteckten. Der römischen Welt selbst waren Geldmanipulationen nicht fremd. Die vergleichsweise reichere historische Überlieferung und die ausgedehnten modernen Debatten über römische Geldangelegenheiten machen das Römische Reich zu einem guten Kontext, in dem sich Kausalzusammenhänge zeigen lassen.
Gründe für Geldmanipulationen in der römischen Welt Die römische Reichsprägung erlitt zwischen dem Zweiten Punischen Krieg und der Mitte des 3. Jhs. n. Chr. keinen größeren Zusammenbruch, obwohl es regelmäßig wiederkehrende und manchmal einschneidende Rückgänge bei den Standards gab sowie gelegentliche Neuerungen (siehe S.12). Seit der Herrschaft des Nero (und bis zu einem gewissen Maß schon früher) verlor der Silberdenar durch Reduktionen von Gewicht oder Feingehalt (Abb. 2), das Gold hingegen zunächst nur durch Gewichtsreduktionen. Der ‚Messing‘-Sesterz nahm ebenfalls an Gewicht und Zinngehalt in
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einem Umfang ab, der weitgehend mit dem Niedergang des Denars vergleichbar ist (Duncan-Jones 1994: 189, 235–7). Ein neues Silbernominal, der ‚Antoninianus‘ oder ‚Radiatus‘, wurde im Jahr 215 n. Chr. eingeführt. Er sollte zum führenden ‚Silber‘-Nominal des Reiches werden [140]. Er enthielt soviel Silber wie 1,6 Denare und wurde vermutlich mit zwei Denaren bewertet. Der Zusammenbruch des Systems der Reichsprägung im 3. Jh. n. Chr. war mit den Händen greifbar (Abb. 2–3, S. 134–5). Die Goldmünzen wurden mit niedrigeren und schwankenderen Gewichten sowie in kleinen Mengen geprägt und nach 253 n. Chr. verschlechtert (Bland 1996; Morrisson u.a. 1985: 80). Der Feingehalt des Silbers fiel unter 2%. Die Prägungen aus unedlen Metallen wurden für eine kurze Zeit praktisch eingestellt. Das dritte Viertel des Jahrhunderts sah das Ende der provinzialen und städtischen Prägungen, die bis dahin Münzen aus unedlem Metall und einen bedeutenden Teil der Silbermünzen für die östlichen Provinzen geliefert hatten. Über die numismatischen Aspekte der ‚Krise‘ im 3. Jh. wird später noch mehr zu sagen sein (siehe S.156–62). Unter Aurelian und Diokletian wurden Versuche unternommen, die Währung zu reformieren und zu stabilisieren. Diese erwiesen sich bei den relativ reinen Edelmetallprägungen erfolgreicher, so daß die folgenden Veränderungen bei ihnen weniger dramatisch waren als beim Billon. Das Gold gewann unter Constantin auf Dauer Stabilität. Damals wurde der Solidus zu 1/72 Pfund anstelle von 1/60 Pfund wie unter Diokletian eingeführt [178]. Die Standard-Silbermünze war seit den frühen neunziger Jahren des 3. Jhs. n.Chr. bis ca. 355–60 stabil auf 1/96 Pfund fixiert [175]. Sie fiel dann auf 1/144 Pfund [181] und in der Folgezeit unter Honorius (395–423 n. Chr.) auf 1/216 (King 1993 a: 13–14). Die Billon-Prägung blieb während des 4. Jhs. n. Chr. kontinuierlich einem massiveren Verfall, Reformen und Neubewertungen ausgesetzt. Unser Verständnis aller dieser Münzreformen wird größtenteils dadurch behindert, daß Zeugnisse für die Bewertung bestimmter Münztypen zu den verschiedenen Zeiten fehlen. Unsere einzigen gesicherten Anhaltspunkte gewinnen wir aus der leider nur fragmentarisch erhaltenen Inschrift mit dem Text des Währungsediktes von 301 n. Chr. (Erim u. a. 1971), den nur sehr sporadisch auftretenden Wertmarken auf den Münzen selbst und den Bezeichnungen einiger Nominale in Gesetzestexten, die nur versuchsweise mit bestimmten Münzen verbunden werden können (Bagnall 1985: 9–18; King 1993 a). Dennoch ist klar, daß die Tendenz zu einer allmählichen Abnahme des Silbergehalts der Billon-Prägung bestand und dies trotz wiederholter Versuche, wieder Münzgeld von besserer Qualität einzuführen und die Münzen mit einer immer höheren Zahl von Denaren zu bewerten.
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Krise
Silber in g
n. Chr.
Abb. 2: Silbergehalt des Denars aus der Münzstätte Rom, basierend auf der Annahme, daß ein ‚Antoninian‘ den Wert von zwei Denaren hatte (nach Walker 1976–8 III: 141).
So entsteht das Bild einer römischen Münzprägung, die zu allen Zeiten Niedergang und Reformen unterlag. Eine der Hauptfragen lautet nun, ob dieses Bild gänzlich durch fiskalische Zwänge zustande gebracht wurde, die nach Möglichkeit eine Stabilisierung oder gar Verbesserung zum Ziel hatten, oder ob andere Überlegungen eine Rolle spielten. Es kann nicht bezweifelt werden, daß Unzulänglichkeiten in den staatlichen Finanzen einen Hauptgrund für die Verminderung der Standards darstellten. Der römischen Auffassung von Münzverschlechterung und Gewichtsreduktion kommen wir am nächsten in den Kommentaren Plinius’ des Älteren, nämlich an den Stellen, wo er seine Vermutungen über die monetären Veränderungen des Ersten und Zweiten Punischen Krieges äußert. In ihnen wird der Zusammenhang mit finanziellen Nöten klar gesehen (Plinius, HN XXXIII 13 [44–46]). Der irrige Charakter vieler Einzelheiten im Bericht des Plinius spielt hier keine Rolle. Hier kommt es nur darauf an, welche Ursachen er für nachvollziehbar hielt. Es ist vielleicht auch von Bedeutung, daß bei Neubewertung des Denars von zehn auf sechzehn Asse in den vierziger Jahren des 2. Jhs. v. Chr. der Wechsel mittels eines Gesetzes
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Gold oder Silber in g
Aurei ,Antoniniani‘/ Radiati Denarii
n. Chr.
Abb. 3: Gold- bzw. Silbergewicht von Aurei, ‚Antoniniani‘ und Denaren (nach Bland 1996).
über Ausgabenreduzierung vollzogen wurde (lex minus solvendi) (RRC S. 613–14). Allerdings sind wir in den meisten Fällen darauf angewiesen, die Motive aus dem Charakter und dem Zusammenhang der Münzreformen selber zu erschließen. Eine Verschlechterung des Silbergeldes war in der späten Republik selten. Die beiden bekannten Verschlechterungen römischen Geldes – die am Ende des Bundesgenossenkrieges und die von Mark Anton bei den Vorbereitungen für Actium [109] – standen ganz offensichtlich in Zusammenhang mit hohen Militärausgaben (Walker 1980). Walkers gründliche Studie über das silberne Reichsgeld bis 253 n. Chr. vor dem Hintergrund der Staatsfinanzen verleiht dem bisher gewonnenen Eindruck einen entscheidenden Rückhalt, ungeachtet der Tatsache, daß die Exaktheit seiner Analysen des Silbergehalts in zunehmendem Maße in Frage gestellt wird (Walker 1976–8). Es scheint, daß seine Technik bei der Probenentnahme nicht in erforderlichem Maße die Oberflächenanreicherung bei Silbermünzen berücksichtigt hat, die sowohl durch vorsätzliche Manipulation in der Antike als auch durch die spätere unterschiedliche
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Krise
Erosion des unedlen Metalls zustandegekommen sein kann. Eine Konsequenz daraus ist, daß einige seiner Ergebnisse – wie es jetzt scheint – einen höheren Silbergehalt als in Wirklichkeit vorhanden unterstellt haben. Zudem wurden die Zusammensetzungen einzelner Emissionen anscheinend mit einem höheren Maß an Genauigkeit kontrolliert, als es Walkers Analysen nahelegen (Butcher und Ponting 1995). Glücklicherweise wird dadurch für unsere Zwecke der generelle Verlauf der Entwicklung nicht in Frage gestellt. Walker hat nachdrücklich betont, daß jede Verschlechterung in dem Zeitraum, den er behandelte, in Zusammenhang mit besonders hohen Staatsausgaben stand, sei es für Krieg, für Geldverteilungen anläßlich kaiserlicher Erhebungen oder Jubiläen oder für verschiedene Arten von ‚Extravaganzen‘ (Walker 1976–8 III: 138). Auf diese Weise wurde die Geldverschlechterung dazu eingesetzt, ein Gleichgewicht zwischen Einkünften und Ausgaben zu wahren. Walkers Interpretation erfährt eine beträchtliche Unterstützung durch die Tatsache, daß während des 1. Jhs. n.Chr., für das die finanzielle Situation am besten dokumentiert ist, die Verschlechterungen in Rom genau zu dem Zeitpunkt auftraten, den diese Theorie erwarten läßt, nämlich unter Nero nach dem großen Brand von 64 n. Chr. und im Jahre 70 n.Chr., als Vespasian nach den Bürgerkriegen mit einer finanziellen Krise konfrontiert wurde. Was die Folgezeit betrifft, die Walkers Studie nicht mehr erfaßt, so fällt es nicht schwer zu vermuten, daß die Verschlechterungen in den beiden Jahrzehnten nach 253 n. Chr. ebenfalls im Zusammenhang mit finanziellen Schwierigkeiten erfolgten. Auch im 4. Jh. n. Chr. traten zumindest einige der Verschlechterungen in Zeiten hoher Ausgaben auf, z. B. als Konstantin sein Heer gegen Maxentius aufbaute oder Constantius II. seine Kampagnen gegen Magnentius finanzieren mußte (Hendy 1985: 232–3). Der Zusammenhang zwischen Münzverschlechterung und hohen Staatsausgaben unter dem Prinzipat wird durch die Beobachtung verstärkt, daß jede Verschlechterung tendenziell von einer verstärkten Prägeaktivität begleitet wurde und daß es manchmal zu einem vorübergehenden Absinken des Feingehalts zu Beginn der Regentschaften kam, wenn der Zwang zur Produktion von mehr Münzen bestand, sei es für Geldverteilungen oder für ‚Propaganda‘-Zwecke (Duncan-Jones 1994: 104–5, 238–9). Es ist schwierig, sichere Gegenbeispiele zu finden, weil unser Wissen über die Staatsfinanzen kaum ausreicht, um die Möglichkeit auszuschließen, daß eine Reduktion der Standards durch finanzielle Knappheit oder durch exzessive Ausgaben motiviert war. Für die Kaiserzeit ist das beste Beispiel wohl Trajans Münzverschlechterung von 107 n. Chr., die zu einem Zeitpunkt auftrat, zu dem man nach der Eroberung Dakiens mit
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dem Zufluß großer Mengen von Beute gerechnet hatte. Selbst diese Annahme ist abzulehnen, da das Zeugnis für die Summen, die eine Rolle spielen, spät ist und übertreibt (Walker 1976–8 III: 121–2). Ein bedeutender Zufluß von Gold zu dieser Zeit schien glaubhaft, weil ein Papyrus aus der Zeit von ca. 108 n. Chr. (?) anscheinend ein Absinken des Goldpreises erkennen läßt. Dieses Zeugnis hat durch die Entdeckung, daß in einem anderen Papyrus aus dem Jahre 113 n. Chr. der Goldpreis als normal bezeichnet wird, etwas an Wert verloren (Foraboschi 1984). Auch diese Münzverschlechterung könnte daher eher mit den Kosten des Krieges als mit den sich aus ihm ergebenden Einkünften in Verbindung stehen. Trotzdem sollte man nicht blind dafür sein, daß möglicherweise auch andere Einflüsse als fiskalische Engpässe zu monetären Veränderungen geführt haben. So verlangen Versuche, das Münzgeld zu verbessern, eine Erklärung. In dieser Hinsicht ist Walkers meisterhafte Betonung der moralischen Dimension römischer ‚Wirtschaftspolitik‘ völlig überzeugend (Walker 1976–8 III: 106–48). Die Verbesserungen von Domitian, Pertinax, Macrinus und Gordian I. und II. (fortgesetzt von Balbinus und Pupienus) standen alle in dem größeren Zusammenhang ‚konservativer‘ Versuche, alte Standards wiederherzustellen, oder – im Zusammenhang mit einem Dynastiewechsel – als Ausdruck der Abkehr von den (Misse-)Taten der Vorgänger. In keinem dieser Fälle war die finanzielle Situation günstig, und die Verbesserungen waren alle nur von kurzer Dauer. Zur effizienten Wiederherstellung einer reinen Silberprägung kam es erst unter Diokletian; der Preis dafür war das offizielle Eingeständnis, daß seine minderwertigen Silber-(Billon-)Emissionen eine Kategorie von Münzen darstellten, die vom Silbergeld völlig unterschieden wurde [174–175]. Der reine Argenteus des Diokletian entsprach von seinem Silbergehalt her einem neronischen Denar, wurde aber mit 100 Denaren bewertet (wenigstens nach 301 n.Chr., wo sein Wert durch das Münzedikt bekannt ist). Die Annahme, daß traditionelle moralische Wertvorstellungen im ökonomischen Denken der Römer eine Rolle spielten, sollte nicht bestritten werden. Wesentlich unsicherer ist jedoch, ob auch elementare ökonomische Vorstellungen die Geldpolitik beeinflußten (Lo Cascio 1981). Wurde es, wenn die Preise für Gold und Silber schwankten, was anscheinend der Fall war, notwendig, die Prägungen von Zeit zu Zeit zu modifizieren, um den offiziellen Kurs von einem Aureus zu fünfundzwanzig Silberdenaren aufrechtzuerhalten? Konnten, wenn der Metallpreis für Gold oder Silber stieg, die Standards verringert werden, um zu verhindern, daß die Münzen im Schmelztiegel verschwanden oder als Barren exportiert wurden? Solche Fragen sind nicht absurd. In einigen prämodernen Zusammenhängen, wo die Motivation hinter der Geldpolitik besser dokumentiert ist, haben
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sich solche Fragenkomplexe als richtig erwiesen (z. B. Cipolla 1989; Challis 1992). Es ist ein klassisches Problem, wie man mit Vergleichsmaterial umgehen soll. Für Rom jedenfalls ist die Quellenlage ganz und gar ungeeignet, will man die Behauptung beweisen oder widerlegen, daß solche Sachverhalte erwogen wurden. Es wäre hilfreich, wenn wir eine bessere Vorstellung von den Größenordnungen hätten, um wieviel höher eine Münze gegenüber dem ungeprägten Edelmetall bewertet wurde (siehe S. 144–46). Je größer die Differenz der Höherbewertung war, desto mehr Spielraum bestand für Schwankungen des Metallwertes, ohne daß es zu Veränderungen beim Münzgeld kommen mußte. Ein Grund, die Möglichkeit ins Auge zu fassen, daß andere Erwägungen als rein fiskalische bei Münzreformen eine Rolle spielten, ist die Tatsache, daß die Goldprägung nicht immer zeitgleich mit der Silberprägung verändert wurde und auch nicht immer im selben Umfang. In den ersten zwei Jahrhunderten n.Chr. fiel der Goldgehalt des Aureus nur um 8%, während der Silbergehalt des Denars praktisch halbiert wurde. In der ersten Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. verfielen die Gold- und Silberprägungen in viel engerer Übereinstimmung (vgl. Abb. 3 auf S. 15; Walker 1976–8 III: 154; Bland 1996). Vielleicht sollte man nicht allzuviel in dieses hineinlesen. Wenn die Standards reduziert wurden, um das Ausgabepotential des Staates zu erhöhen, folgt daraus nicht, daß alle Bestandteile einer Währung in gleichem Maß und zur gleichen Zeit reduziert wurden. Es ist bemerkenswert, daß die im späten 2. und im 3. Jh. n.Chr. in Syrien geprägten kaiserlichen Münzen einen etwas anderen Silbergehalt als die silbernen Reichsmünzen der Münzstätte Rom haben konnten (Howgego 1994: 12 Nr. 46). Ebenso hatten Veränderungen beim Silber der Münzstätte von Rom nicht immer – oder nicht zur selben Zeit und nicht in demselben Umfang – Veränderungen provinzialer römischer Silberprägungen zur Folge (z. B. RPC I: 52–3 bei Nero). Auf lange Sicht tendierten alle kaiserlichen wie auch provinzialen Silber- und Goldprägungen zum Verfall (Walker 1976–8). Komplexe Erklärungen dafür sind möglich, aber die Tatsachen können auch einfach damit erklärt werden, daß die Veränderungen unter fiskalischem Druck zustande kamen. Man gewinnt den Eindruck, daß die wichtigsten Ursachen für Münzreformen in Rom vor allem der Mangel an staatlichen Mitteln im Verhältnis zu den Ausgaben waren und ein konservatives moralisches Bestreben, zu den älteren und besseren Standards zurückzukehren. Im gegenwärtigen Stadium der Erkenntnis sollte aber noch Raum für andere Möglichkeiten offengelassen werden; so ist es auch denkbar, daß einer der Gründe für das Bedürfnis, die Standards zu reduzieren, der Wunsch nach Kompensa-
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tion von Preissteigerungen war. Aber die Ursachen von ‚Inflation‘ in der römischen Welt erfordern detailliertere Untersuchungen in einem eigenen Kapitel.
Gründe für Inflation Die Analyse von Preissteigerungen in der Antike ist aufgrund der dürftigen Qualität unserer Zeugnisse über Preisniveaus ein äußerst ungenaues wissenschaftliches Unterfangen. Unsere Informationen darüber erlauben es uns nicht, einen Index der Lebenshaltungskosten anhand eines Warenkorbes aufzustellen. Ein Preisvergleich für denselben Artikel oder dieselbe Dienstleistung wäre zu ungenau. Preise variierten naturgemäß nach Quantität, Qualität, Jahreszeit und Standort. Ein Beispiel mag genügen, um dies deutlich zu machen: Eine Reihe von Standardpreisen, die vermutlich aus Deklarationen von Berufsverbänden zusammengestellt wurden, blieb in dem oxyrhynchitischen Gau in Ägypten aus der Zeit um ca. 340 n. Chr. erhalten (P. Oxy. LIV, 3773). Die Deklarationen bezogen sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Standardqualitäten und -quantitäten an demselben Ort, und dennoch variierten einzelne Waren bis zu 77% innerhalb eines Jahres. Ein weiteres Problem besteht darin, daß ein Teil unserer Zeugnisse sich nur auf die offiziellen Preise bei staatlichen Transaktionen bezieht, die eher auf einem künstlichen Niveau als auf dem des freien Marktes gelegen haben dürften. Unsere Zeugnisse lassen es somit nicht zu, die feinen Änderungen im Preisniveau darzustellen. Ein weiteres grundsätzliches Problem besteht darin, daß Ägypten das einzige Gebiet ist, von dem in beträchtlichem Umfang Preise über eine lange Zeit hinweg erhalten blieben (Drexhage 1991). Von Ptolemaios I. bis zu Diokletian besaß Ägypten ein geschlossenes Geldsystem und könnte so im Prinzip seinen eigenen Weg gegangen sein. Unter dem römischen Prinzipat wurde es jedoch durch Handel und andere Formen des Austausches sowie durch die fingierte Gleichwertigkeit zwischen ägyptischer Tetradrachme und Denar an den Rest des Reiches angebunden. Daher liegt eine gewisse Unsicherheit schon darin, ob wir versuchen sollten, ägyptische Preise mit dem Silbergehalt der ägyptischen Tetradrachme oder mit dem des Denars in Beziehung zu setzen. Das Hauptproblem besteht jedoch darin, daß wir weitgehend keine Möglichkeit haben, regionale Unterschiede im Preisniveau und den Zeitpunkt von Veränderungen festzustellen. Die Annahme, daß Ägypten allgemein ‚untypischer‘ als irgendein anderes Gebiet war (Rathbone 1989), ist unklug und nicht hilfreich, auch wenn im Preisedikt des Diokletian die Existenz von regionalen Unterschieden in Preisniveau und Inflation deutlich zum Ausdruck kommt.
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Krise
Es gibt Nachrichten über Preise außerhalb Ägyptens (z. B. DuncanJones 1982), und das Ausmaß des Problems ‚Inflation‘ ist aus Diokletians Preisedikt und seiner schwülstigen Präambel klar ersichtlich. Allerdings gibt es eine Debatte darüber, ob das Preisedikt im Westen zur Anwendung kam, weil alle erhaltenen inschriftlichen Kopien des Edikts aus der östlichen Reichshälfte stammen. Darüber hinaus liefern die Münzen selbst den Beweis für die allgemeine Verbreitung des Phänomens ‚Inflation‘, da kleinere Nominale immer wieder aus dem System herausfielen, vermutlich als Reaktion auf steigende Preise. Beim Reichsgeld ersetzte um 91/90 v. Chr. der Quadrans den Sextans als kleinstes Nominal; der Quadrans selbst wurde zuletzt unter Antoninus Pius gemünzt [vgl. 125], und nach Hadrian (oder vielleicht Antoninus Pius) tauchte der Semis lediglich für kurze Zeit unter Traianus Decius (249–251 n. Chr.) auf, der ihn wiedererweckt hatte. Es ist klar, daß derselbe Prozeß auch die städtische und provinziale Münzprägung beeinträchtigte, die bis zur zweiten Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. das Kleingeld für den Osten lieferte. Allerdings sind die Nominale, die im Gebrauch waren, nur schwer zu bestimmen. Auf dem Vergleichsweg zeigen nachvollziehbare Rekonstruktionen, daß in Aphrodisias das kleinste hellenistische Nominal unter Augustus verschwand und das halbe Assarion zum letzten Mal in den vierziger Jahren des 3. Jhs. n. Chr. geprägt wurde (Johnston 1995). In Smyrna überlebte das Viertelassarion nicht die Zeit des Trajan (Johnston, in Vorbereitung). Nach 253 n. Chr. wurde in vielen Gegenden der Nennwert städtischer Münzen durch das Aufbringen von Gegenstempeln verdoppelt (Howgego 1985: 52–73; Johnston, in Vorbereitung) [171]. In Ägypten nahm nach der Regierungszeit Mark Aurels die Produktion von Wechselgeld aus unedlem Metall unterhalb der BillonTetradrachme rapide ab. Von den fünf regulären Nominalen aus unedlem Metall, die es am Ende des 1. Jhs. n. Chr. gab, wurde nur das größte, die Drachme, noch nach dem Tod des Elagabal geprägt, und auch dieses nur sehr selten (Milne 1971: xvii) [172]. Die fortschreitende Abschaffung kleiner Nominale in der gesamten römischen Welt legt, wie sie sich uns darstellt, eine allgemeine, aber nicht notwendigerweise kontinuierlich wirksame Tendenz zur Erhöhung der Nominalpreise nahe, die im 2. Jh. v. Chr. einsetzte und die ganze Kaiserzeit hindurch anhielt. Versuche, die Preisinflation zu erklären, fallen in drei Hauptkategorien: Geldmenge, Münzverschlechterung und die Währungsreform.
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Geldmenge Die ‚Fisher-Gleichung‘ ist eine klassische Formulierung der Quantitätstheorie des Geldes: Die Geldmenge (M) multipliziert mit dem Faktor ihrer Wirksamkeit (Umlaufgeschwindigkeit; V) ist gleich der Anzahl geldgestützter Transaktionen (T) multipliziert mit den Preisen (P), zu denen sie realisiert werden (MV = PT). Es ist falsch, daran zu zweifeln, daß diese Gleichung auch auf die antike Wirtschaft angewandt werden kann. Sie ist einfach eine Tautologie (anders Hendy 1985: 3–5). Dennoch ist es vollkommen richtig, vereinfachende Annahmen über ihre Aussagefähigkeit (so, unterhaltsam, Veyne 1979: 220–3) zu widerlegen. Wenn man annimmt, daß die Umlaufgeschwindigkeit und die Gesamtheit von geldgestützten Transaktionen konstant sind, dann wird ein Anwachsen des Geldbestandes zu einer Erhöhung der Preise führen. Trotzdem gibt es gute Gründe, die Gültigkeit dieses Postulats in Frage zu stellen (vgl. Corbier 1976–7). Ein größeres Angebot an Münzen konnte eine verstärkte Neigung zum Horten bewirken und so den Faktor V vermindern. Ebenso konnte dies zu einer verstärkten Produktion für den geldgestützten Markt führen und auf diese Weise den Faktor T erhöhen. Diese zweite Möglichkeit ist beispielsweise im Zusammenhang mit einer vermehrten Warennachfrage, die durch Soldzahlungen in Grenzgebieten verursacht wurde, leicht vorstellbar. Außerdem konnte der Umlauf einer größeren Geldmenge dazu führen, daß ein größerer Anteil des Austausches über Geld durchgeführt wurde, was den Faktor T anwachsen ließ, der gemäß der Fisher-Gleichung sich nur auf geldgestützte Transaktionen beziehen darf. Veränderungen können ebenfalls durch andere Faktoren der Gleichung herbeigeführt worden sein. Die Sparbereitschaft sowie Art und Umfang des Kreditwesens hatten Einfluß darauf, wie intensiv das Geld in seinem Umlauf arbeiten konnte (V) (Howgego 1992: 12–6). Die Nachfrage nach Waren, die einen direkten Einfluß auf die PT-Seite der Gleichung hat, wird von vielen Variablen beeinflußt. Die Bevölkerungszahl ist von Bedeutung, besonders in Zeiten schnellen Wandels. Von großer Wichtigkeit ist auch, daß die Nachfrage in einem gewissen Umfang ein kulturell geprägtes Phänomen ist (vgl. Appadurai 1986: 29 ff.). Kulturelle Veränderungen dürften eine merkliche Auswirkung auf die Warennachfrage gehabt haben. Das gilt genauso für den dramatischen Aufschwung der Urbanisierung während der Kaiserzeit, den Rückgang des städtischen Euergetismus im 3. Jh. n. Chr. und die Veränderungen in Art, Umfang, Gliederung und Besoldung des Heeres. Diese Überlegungen genügen, um Vorsicht gegenüber Theorien walten zu lassen, die eine einfache Beziehung zwischen dem Bestand an Münzgeld und Preisen herstellen. Sie sind nicht mehr als Einzelaspekte jener sy-
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stematischeren Kritik an den Wirkkräften der Quantitätstheorie des Geldes durch Keynes und andere Ökonomen (de Cecco 1985). Erschwerend kommt für die Antike noch hinzu, daß das Münzgeld nicht nur eine Währung war, deren einzige Funktion darin bestand, den Warenaustausch zu vermitteln. Münzen waren aus Metallen gefertigt, die auch in anderer Weise verwendet werden konnten. Der Bedarf an Gold und Silber für Prestigeobjekte oder für dekorative Zwecke mag dazu beigetragen haben, den Wert von Edelmetallwährungen abzustützen und mögliche Veränderungen in Grenzen zu halten. In gewissem Umfang dürften Veränderungen beim Angebot an Edelmetallen zu Änderungen der Preise, die in Gold- oder Silbermünzen fixiert waren, geführt haben. Die Beobachtung von langfristigen Veränderungen bei Preisen, die in Silber fixiert waren, innerhalb prämonetärer Gesellschaften, in denen monetäre Reformen keine Rolle gespielt haben können, verleiht der Existenz eines solchen Mechanismus eine gewisse Glaubwürdigkeit (z. B. Renger 1984: 95–9 über Babylonien im frühen 2. Jt. v. Chr.). Den Römern war aufgrund von Erfahrungen einigermaßen bewußt, daß in bestimmten Zusammenhängen die Geldmenge die Preise beeinflussen konnte (Nicolet 1971). Offensichtlich gibt es jedoch nur für kurzzeitig auftretende Effekte Belege. Nachdem Augustus den königlichen Schatz aus Ägypten nach Rom überführt hatte, setzte er eine solche Überfülle an Geld in Umlauf, daß die Preise für Land stiegen (Sueton, Div. Aug. 41). Eine kurzzeitige Veränderung wird auch in der Verfügung eines um 371–373 n. Chr. erlassenen Gesetzes sichtbar, das zur Folge hatte, daß wegen der Wertminderung des (goldenen) Solidus die Preise für alle Güter reduziert werden mußten (C. J. XI 11, 2; Hendy 1985: 473). Dieses Zeugnis ist zweischneidig: Während es einerseits offenlegt, daß die in Gold fixierten Preise gestiegen waren, stellt es andererseits die Erwartung, daß Gold und andere Güter wieder in ein Wertgleichgewicht kämen, heraus und folglich auch die Gültigkeit der traditionellen Preisfestsetzung. Kurzzeitige Schwankungen bei den in Gold fixierten Preisen lassen sich normalerweise nicht ausmachen, da die Qualität unserer Zeugnisse bescheiden ist. Auf lange Sicht erwiesen sich solche Preisfestsetzungen als stabil (Whittaker 1980: 4; Bagnall 1985: 49; 1993: 215–16; Depeyrot 1991: 127).1 Das macht es höchst unwahrscheinlich, daß 1 P. Oxy. LIV 3773 (ca. 340 n.Chr.) könnte – etwas überraschend – auf einen Anstieg der Kaufkraft des Goldes seit dem Preisedikt von 301 n. Chr. hinweisen. Im Jahr 340 würde man demnach mit einem Solidus ungefähr doppelt soviel Gerste oder Weizen haben kaufen können wie im Jahr 301 (P. Oxy. LIV, S. 239 Anm. 3). Auf der anderen Seite könnte der Wert des Goldes, der im Preisedikt angegeben ist, künstlich niedriggehalten worden sein (Bagnall 1989: 69–70).
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Veränderungen beim Angebot an Edelmetallen einen Hauptgrund für die in der römischen Welt festgestellten dramatischen Steigerungen der in Recheneinheiten fixierten Preise bildeten. Einer stärker monetaristischen Ansicht zufolge beeinflußte nicht das Angebot an Edelmetallen als solches, sondern die tatsächlich ausgemünzte Edelmetallmenge die Preise. Daß wir nicht in der Lage sind, genaue Schätzungen der Geldmenge anzustellen, ist ein unangenehmer Nachteil bei der Beurteilung dieses Ansatzes (siehe S. 34–8). Im Licht der anscheinend langfristigen Stabilität der in Gold fixierten Preise ist es jedoch schwierig, nachzuvollziehen, wie ein mutmaßlicher Anstieg der Menge an Goldmünzen die Hauptursache für eine nominelle Inflation im 4. Jh. n. Chr. gewesen sein kann (anders Depeyrot 1991). Es wäre voreilig, in Abrede zu stellen, daß die Menge an Edelmetallen, oder genauer gesagt: an Edelmetallmünzen ein Grund für Preisänderungen war. Im späteren Mittelalter, für das die Quellenlage wesentlich besser ist, hat es sich als möglich erwiesen, Zunahmen des Münzbestandes mit steigenden Preisen und Abnahmen desselben mit fallenden Preisen zu verbinden (Mayhew 1974; 1987; Cipolla 1989: 115). Problematisch für die römische Welt ist die Tatsache, daß unsere Zeugnisse nicht ausreichen, um geringfügigere Veränderungen im Preisniveau aufzudecken, obwohl es gut möglich ist, daß sie gerade durch solche Schwankungen ausgelöst wurden. Auch reichen unsere Zeugnisse über die Geldmenge nicht aus, um Zusammenhänge mit geringfügigen Preisänderungen herzustellen. Wir beobachten eine dramatische Entwicklung, für die wir aber in dem Phänomen Münzverschlechterung und Münzreform überzeugendere Erklärungen finden. Insoweit es darum geht, daß eine Münzverschlechterung die Produktion von mehr Münzen erlaubte – um die Möglichkeiten einer Regierung, aus Vorräten, die ständig abnahmen, die Produktion aufrechtzuerhalten, war es schlechter bestellt – und daß Münzreformen den nominellen Wert des Geldbestandes erhöhten, indem sie den Nennwert der Münzen heraufsetzten (was manchmal der Fall war), ist die Verbindung zwischen diesen Phänomenen und Inflation in der Formulierung der Fisher-Gleichung leicht erklärbar. Münzverschlechterung und Münzreform sind jedoch spezielle Fälle und verdienen eine eigene Behandlung.
Münzverschlechterung Wir haben den Rückgriff auf Münzverschlechterungen bereits im Falle von Rom kennengelernt. Es handelte sich dabei um eine Technik, die es dem Staat gestattete, mehr auszugeben, als er andernfalls gekonnt hätte
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(siehe S. 135-9). Jetzt gilt es zu diskutieren, ob Münzverschlechterungen Preise zum Steigen brachten. Dabei wird einfach vorausgesetzt, daß die Menschen gewußt hätten, wieviel Edelmetall ihre Prägungen enthielten, und sich darum auch gekümmert hätten: Wenn das Geld verschlechtert wurde, hätten sie mehr Münzen für jede Transaktion gefordert, um die Verschlechterung zu kompensieren. Abgesehen davon, daß in dieser Frage keine Einigkeit erzielt wurde, kamen Studien, die auf der Basis von ägyptischen Preisen angestellt wurden, für die Perioden vor und nach der Münzreform des Aurelian im Jahr 274 n. Chr. zu völlig anderen Schlüssen. Es wurde behauptet, daß die Münzverschlechterung vor 274/5 n. Chr. keine Auswirkungen auf die Preise gehabt habe, und das, obwohl das Reichssilber von nahezu völliger Reinheit auf unter 2% Silbergehalt abfiel und die ägyptische Tetradrachme, die nominell gleichwertig mit dem Denar war, ebenso einer deutlichen Verschlechterung von ca. 32% auf unter 3% Feingehalt unterlag (Duncan-Jones 1994: 232–5; Rathbone, 1996). Beide Münztypen verloren auch an Gewicht. Im Gegensatz dazu sollen wir glauben, daß im 4. Jh. n. Chr. die Preise fast umgehend reagierten, um die Verschlechterungen völlig auszugleichen, und daß der Silbergehalt noch immer beachtet wurde, sogar als die Münzen auf nur 0,2% Feingehalt abgefallen waren (Bagnall 1985; 1989; 1993). Es fällt ziemlich schwer, zwei so radikal verschiedene Hypothesen zu akzeptieren. Beide könnten richtig sein, aber nur dann, wenn man eine Änderung der prinzipiellen Mechanismen von Inflation für die Zeit um 274/5 n. Chr. unterstellt (nach dieser Zeit scheinen nämlich die Preise auf Änderungen in der Münzprägung reagiert zu haben). Die einzig ernstzunehmende Erklärung für eine solche Veränderung, geht man davon aus, daß es sie gegeben hat, ist die, daß sich das Verhältnis der Goldprägung zum Rest des Geldsystems durch die Reform des Aurelian wandelte. Zuvor waren andere Münztypen durch offizielle Kurse an den Aureus gebunden (25 Denare oder 25 ägyptische Tetradrachmen erhielt man für einen Aureus usw.). Danach schwankte die Goldprägung im Wert wie jede andere Ware, und der Rest des Prägesystems fiel infolge der Münzverschlechterung im Wert, da es nicht mehr durch sein Verhältnis zum Gold gestützt wurde. Weil die Rechnungseinheit nominell auf Silber basierte (der Denar oder in Ägypten die Drachme), stiegen die Preise in dem Maß, wie die Münzen an Wert verloren. Eine solche Erklärung ist möglich, ungeachtet ihres anachronistischen Echos der ‚Lösung vom Goldstandard‘, aber ist sie richtig? Unglücklicherweise erlaubt unsere Quellenlage keine eindeutige Antwort. Es ist klar, daß der amtliche Wert der Goldmünze irgendwann nicht mehr in Denaren fixiert wurde. Die offizielle Änderung scheint nach ca.
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215–225 n. Chr. eingetreten zu sein, weil für Dio der Aureus noch eine Münze im Wert von 25 Denaren war (Dio LV 12, 5; Buttrey 1961). Der Wert des Goldsolidus schwankte um 301 n. Chr., andernfalls hätte es keinen Grund gegeben, im Preisedikt für ihn einen Maximalpreis anzugeben. Dieser Wandel wird durch die Preisdeklaration von Oxyrhynchos aus der Zeit um 340 n.Chr. bestätigt. Aus ihr geht hervor, daß der Wert des Solidus von Monat zu Monat schwankte (P. Oxy. LIV 3773). Die Hypothese von einem einzigen und dramatischen Wandel unter Aurelian wird jedoch durch eine Anzahl von dokumentarischen Quellen in Frage gestellt, die anscheinend schon vor 274 n. Chr. gewisse Schwankungen im Wert von Goldmünzen nahelegen.2 Die Hypothese könnte allenfalls noch dadurch gerettet werden, daß man annimmt, solche Belege bezeugten lediglich eine Bandbreite bei der Bewertung von Goldmünzen im Rahmen von privaten Transaktionen, die bis 274 offiziell nicht anerkannt wurde. Aber wären amtliche Kurse stark genug gewesen, um Preise zu begrenzen, wenn der Markt tatsächlich schon seine eigenen Kurse für Goldmünzen verwendet hätte? Es lohnt sich, auch eine rein numismatische Perspektive ins Auge zu fassen. Vor der Regierung des Severus Alexander (222–235 n. Chr.) produzierte man Goldmünzen nach sehr beständigen Gewichten. Von da an schwankten die Gewichte zunehmend, so daß nach 253 n. Chr. überhaupt 2 Ein ägyptischer Papyrus zeigt klar, daß der Wert von Goldmünzen schon um das Jahr 108 n. Chr. (?) schwankte (P. Sarap. 90 = P. Bad. 37, wo die Bedeutung der Wertangaben aber unklar ist). Aus zwei Berichten über priesterliche Aufwendungen aus Nubien unter Philippus I. ergibt sich ein Verhältnis von der ägyptischen Tetradrachme zum Aureus von über vierzig zu eins anstelle der vermuteten fünfundzwanzig (CIG 5008; Crawford 1975: 569), allerdings ist die Lesung der Zahlzeichen unsicher. Es ist möglich, daß der Aureus in Ägypten schon immer geschwankt hatte. Wir wissen nämlich nicht, ob er dort Teil der normalen Währung war (Howgego 1992: 11), aber es gibt vergleichbare Zeugnisse aus anderen Gebieten. Aus Palmyra besitzen wir aus dem Jahr 193 n. Chr. einen Hinweis auf eine Summe in alten Aureii (chrysa palaia denaria), der nahelegt, daß alte Aureii anders bewertet wurden als neue (Buttrey 1963; obwohl seine Erklärung nicht unbedingt korrekt ist: siehe S. 120). Eine Inschrift aus Thorigny in Frankreich prahlt um 220 n. Chr. mit der Verleihung des Rechts an einen Offizier, seinen Sold in Gold ausbezahlt zu bekommen (Pflaum 1948: 26). Daraus kann man folgern, daß es von Vorteil war, in Gold besoldet zu werden, vielleicht weil es mehr wert war, als es offizielle Kurse vermuten lassen. Ebenso wurde bei einer Geldverteilung in einem unbekannten Municipium, vielleicht im frühen 3. Jh. n. Chr., den in der Hierarchie Höherstehenden eine Goldmünze gegeben, den niedriger Eingestuften nur 25 Denare (CIL VI, 29700; Mrozek 1978: 85, oder legt die Verwendung des Wortes solidus ein späteres Datum nahe?).
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kein fester Standard mehr zu erkennen ist. Dies könnte auf eine offizielle Anerkennung der Praxis hindeuten, daß Goldmünzen tatsächlich nach Gewicht behandelt wurden (Bland 1996). Wenn die Goldmünze schon früher im 3. Jh. nach Gewicht bewertet worden wäre, hätte Aurelian keinen fest fixierten Umtauschkurs aufgeben müssen. Es ist schwer auszumachen, was in der bisherigen Diskussion wirklich als entscheidendes Argument zu gelten hat. Aus den laufenden Debatten ist aber anscheinend ein wachsendes Bewußtsein dafür entstanden, daß die Reform des Aurelian die Weichen gestellt haben dürfte. Das hat Auswirkungen auf unsere Einschätzung, wie groß der Wandel unter Diokletian gewesen ist. Unter Aurelian, nicht unter Diokletian, kehrte die Goldprägung zu vollem Feingehalt zurück. Es war auch Aurelian, der zuerst eine verbesserte Billonmünze mit einer Angabe über den Feingehalt (XXI = zwanzig Teile unedles Metall zu einem Teil Silber) prägte [145]. Die XXI-Marke nahm die Marke auf Diokletians Nummi vorweg [174]. Die Bedeutung dieser Marke kann praktisch als sicher gelten, da es seltene Emissionen gibt, die mit XI versehen wurden und einen doppelt so hohen Feingehalt aufweisen (Callu u.a. 1979). Die zunehmende Konzentration auf Aurelian ist ein Fortschritt, doch beantwortet sie nicht das Hauptthema unserer Diskussion, nämlich die Frage, in welchem Umfang Münzverschlechterung Inflation verursachte. Die Zeugnisse für Preise in Ägypten sprechen dafür, daß Preise nicht pari passu mit der Münzverschlechterung fortschritten, zumindest bis nach Aurelians Reform. Ein gewisser Zusammenhang ist dennoch möglich, da die strukturelle Verdoppelung der Preise um 160–191 n. Chr. es nahelegt, sie mit der Halbierung des Silbergehalts der ägyptischen Tetradrachme im Jahre 176/7 n. Chr. in Verbindung zu bringen. Ein Versuch, für diese Preissteigerung die Seuche des Jahres 166/7 verantwortlich zu machen, ist nicht sehr überzeugend, weil das neue Preisniveau ungefähr ein Jahrhundert lang hielt. Dennoch zeigt die offensichtliche Preisstabilität zwischen ca. 160–191 und 274 n.Chr., daß Preise nicht unmittelbar auf Münzverschlechterung reagieren mußten. Der Silbergehalt der alexandrinischen Tetradrachme ist nicht gründlich untersucht worden, insbesondere nicht für das 3. Jh. n. Chr.; aber es ist ersichtlich, daß er in den fünfziger und sechziger Jahren des 3. Jhs. beträchtlichen Verschlechterungen unterlag, die aber anscheinend nicht durch umgehende Preiserhöhungen kompensiert wurden. Unsere gegenwärtigen Einsichten in die Veränderungen des Grundtarifs von Soldzahlungen lassen uns mit einigem Recht daran zweifeln, daß die Art und Weise, wie sich die Preise in Ägypten änderten, verallgemeinert werden können. Zusätzlich zu ihrem Sold konnten Soldaten Geldgeschenke und Zuwendungen in Naturalien erhalten. Wenn wir annehmen, daß
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diese im Laufe der Zeit eher zugenommen haben, dürften Erhöhungen des Grundsoldes den minimalen Schätzwert für das Anwachsen der Soldzahlungen darstellen. Grob geschätzt scheinen die ägyptischen Preise wenigstens von ca. 45 bis ca. 160–191 n. Chr., als sie sich verdoppelten, stabil geblieben zu sein. Danach hielten sie ihr Niveau bis zu einer mehr als zehnfachen Steigerung um 274/5 n. Chr., der eine Stabilitätsphase bis zur Münzreform des Diokletian folgte (Rathborne 1996). Andererseits stieg der Grundsold eines Fußsoldaten in einer Legion um ein Drittel im Jahr 84, verdoppelte sich im Jahr 197, stieg um die Hälfte im Jahre 212 und verdoppelte sich wiederum im Jahr 235. Im späteren 3. Jh. n. Chr. wurde der Sold nicht mehr erhöht, aber Geldgeschenke und annona stiegen in solchem Umfang, daß sie um 300 n. Chr. den Grundsold weit überstiegen (Speidel 1992). Die achtfache Solderhöhung zwischen Domitian und Maximinus steht in einem gewissen Gegensatz zu der bloßen Verdoppelung der Preise, die für Ägypten während derselben Zeit festgestellt wurde. Die Soldzahlungen übertrafen auch die Münzverschlechterung, in deren Rahmen das Silber im Denar im selben Zeitraum von 3,65 g auf 1,4 g fiel (eine Verminderung um 62%). Deshalb gibt es auch hier allen Grund für Bedenklichkeiten, aber wiederum keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Preise den Metallgehalt der Münzen genau widerspiegeln. Waren also die Verhältnisse im 4. Jh. n. Chr. anders? Folgten auf eine Münzverschlechterung automatisch Preissteigerungen? Auch hier sind unsere Zeugnisse für Preise kaum ausreichend (siehe S. 139). Wie schon gezeigt, sind diese Zeugnisse mit der Ansicht in Einklang zu bringen, daß sich die Preise in markanten Stufen zusammen mit der Verschlechterung oder Neubewertung der Münzen – was tatsächlich auf dasselbe hinauslaufen könnte – erhöhten (Bagnall 1985). Leider sind unsere Quellen nicht eindeutig genug, so daß sie selbst über den Zeitpunkt der drastischsten Preissteigerung (vierzig- oder fünfzigfach), zu der es irgendwann um die Mitte des Jahrhunderts kam, verschiedene Ansichten erlauben (Bagnall 1985: 44; Callu 1978: 114) und bei anderen Gelehrten den Eindruck hinterlassen, daß die Preise eher stetig als in Stufen anstiegen (Depeyrot 1991: 124, 138). In einer Hinsicht ist die Situation einfacher als zuvor. Das geschlossene Währungssystem Ägyptens hatte unter Diokletian ein Ende gefunden [173], so daß die Ungewißheit, ob wir Preise in Ägypten zu der ägyptischen Tetradrachme oder der Reichsprägung in Beziehung setzen sollen, nicht länger fortbesteht. Die Reichsmünzen waren nun überall in Gebrauch. Bedauerlicherweise haben wir kaum Anhaltspunkte dafür, wie die Billonprägung im 4. Jh. n. Chr. bewertet wurde (siehe S. 133). Eine deut-
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liche Preissteigerung mit Hilfe einer sonst nicht überlieferten oder undatierten Neubewertung zu erklären mag grundsätzlich richtig sein; in diesem Fall führte dies jedoch zu einem klassischen Zirkelschluß, da wir ja dabei sind, den Beweis zu führen, daß die Preisveränderungen sich parallel zu den Veränderungen der Münzprägung gestalteten. Ein solcher Zirkelschluß findet sich etwa bei Bagnall (1985: 33–4), der die Reform des Licinius und die Einführung des Centenionalis nach den Preisen datiert, auf S. 45 aber von den Preisen auf die Existenz einer Unzahl von Münzen schließt. Daher bleibt die Ansicht, daß Preise einfach und rasch auf Veränderungen in der Münzprägung des 4. Jhs. reagierten, eine Hypothese, die weder bewiesen noch widerlegt wurde. Angesichts der unklaren Quellenlage ist es vielleicht lohnend zu fragen, ob man davon ausgehen kann, daß die Preise ganz unmittelbar vom Edelmetallgehalt der Münzen bestimmt wurden. Wenn eine Münze nur ein Geldzeichen (Token) ist, besteht keine Notwendigkeit, daß eine Verminderung ihres Metallgehalts zu einer Preissteigerung führt. Ihr Nennwert war einfach der, den der Staat festsetzte. Wenn aber andererseits eine Münze als Edelmetallbarren mit Zertifikat angesehen wird, der seinen Metallgehalt wert ist, dann konnte eine Verminderung ihres Metallwertes direkt zu einer Preiserhöhung führen. Das römische Münzgeld ist vermutlich zwischen diesen beiden Extremen einzuordnen. Es gibt kein Zeugnis dafür, daß irgendein Element des römischen Geldsystems Marktschwankungen unterworfen war. Eine Ausnahme bildeten die Goldmünzen (zum Beginn der Marktschwankungen für diese vgl. S. 144–5). Für die übrigen Münzen setzte der Staat den Nennwert fest und forderte ihre Akzeptanz als vollwertige Münzen (Lo Cascio 1996 Anm. 23). Im frühen 4. Jh. zeigt Diokletians Verdoppelung des Wertes einiger Münztypen im Jahr 301 n. Chr. einen etwas willkürlichen Umgang mit den Nennwerten; das gleiche gilt für die Halbierung des Wertes des Nummus durch Licinius um 320–324 n. Chr. Solche Aktionen, die anscheinend sowohl die schon im Umlauf befindlichen Münzen wie auch die neu ausgegebenen betrafen (vgl. P. Ryl. 607), zeigen recht deutlich, daß die Nennwerte bis zu einem gewissen Grad eher fiktiv waren, als daß sie vom Metallgehalt bestimmt wurden. Die Römer betrachteten ihre Münzprägung als ein feststehendes Wertmaß (pretium), nicht als eine Ware (merx) (Nicolet 1984). Andererseits war zumindest der Wert der Gold- und Silberprägungen in einem bedeutenden Ausmaß von ihrem Metallgehalt abhängig. Der Export römischer Gold- und Silbermünzen über die Reichsgrenzen hinweg legt die Vermutung nahe, daß der Nennwert der Münzen ihrem Metallwert nahe genug kam, um sie als Edelmetall behandeln zu können.
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Es ist bemerkenswert, daß ältere Münzen mit einem höheren Edelmetallgehalt manchmal gezielt für den Export ausgewählt wurden (siehe S. 118– 21). Die Tatsache, daß römische Gold- und Silbermünzen in Indien aus der Zeit vor der Gewichtsreduktion und Verschlechterung unter Nero im Jahr 64 n. Chr. stammen und daß die Silbermünzen, die jenseits der nördlichen Reichsgrenzen gefunden wurden, in die Zeit vor der Münzverschlechterung unter Septimius Severus von 194 n. Ch. zu datieren sind, legt den Verdacht nahe, daß diese Reformen bedeutsame Schritte weg von der Idee einer Vollsilberwährung markiert haben könnten. Schwankungen im Marktpreis von Gold und Silber müssen bedeutet haben, daß der Grad der Überbewertung bzw. der Unterbewertung des Münzgeldes sich ändern konnte, sogar wenn sich keine Münzverschlechterung feststellen läßt. Eine Berechnung der Überbewertung wird durch die Seltenheit von Belegen für Edelmetallpreise und unsere Unkenntnis darüber erschwert, ob die Preise, die uns vorliegen, ‚typisch‘ sind oder lokale und zeitliche Umstände wiedergeben (vgl. Howgego 1990: 18–19). Für das 4. Jh. kennen wir nach 301 n. Chr. den Nennwert für die Silberprägungen nicht mehr, so daß eine Berechnung der Überbewertung von Silber unmöglich ist. Die besten Informationen für einen bestimmten Zeitraum sind aus einem Vergleich der Höchstpreise für Edelmetalle, die im Preisedikt des Diokletian von 301 genannt sind, mit den Münzen selbst gewonnen worden. Deren Nennwert ist durch einen kaiserlichen Brief, der die Neubewertung des Münzgeldes betraf und der dem Edikt beigegeben war, bekannt (Hendy 1985: 450–8). Gold war nicht überbewertet, wie wir es von einer Münze, die frei auf dem Markt gehandelt wurde, erwarten können. Dagegen wurden der silberne Argenteus [175] und der Billon-Nummus [174] offenbar mit dem 1,6- und 2,85fachen ihres Edelmetallgehalts bewertet (d. h., sie wurden um 60% bzw. 185% überbewertet). Das grundlegende Problem dieser Quelle ist die Möglichkeit, daß die Höchstpreise für Edelmetalle in dem Edikt künstlich niedrig angesetzt wurden, vielleicht zur Unterstützung von staatlichen Ankäufen von Edelmetall, die unter Zwang erfolgten (Bagnall 1989: 70). Wenn dies der Fall ist, könnten wir den Grad der Überbewertung im Vergleich zu den Marktpreisen zu hoch angesetzt haben. Auf der anderen Seite scheinen die Münzen von Anfang an mit einem geringeren als dem theoretischen Gewichts- und Feingehaltstandard geprägt worden zu sein. Das hat zur Folge, daß in dieser Hinsicht die Berechnungen die tatsächliche Überbewertung unterschätzen (King 1993 a). Dennoch reicht dieses Zeugnis aus, um uns zu der Annahme zu führen, daß im Jahr 301 n. Chr. die Silbermünze überbewertet war, die Billonprägung aber noch weit mehr.
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Es gibt keine Sicherheit dafür, daß diese Beobachtungen allgemein anwendbar wären, aber wir haben Anlaß zu der Vermutung, daß das Reichssilber lange Zeit überbewertet wurde. Wenn der Denar immer sein Silbergewicht wert gewesen wäre, wie könnte man dann die gelegentlichen Versuche, seinen Feingehalt zu verbessern (siehe S. 137), erklären? Sollte man annehmen, daß bessere Münzen im Umlauf gebracht wurden, deren Herstellungskosten den Nennwert überstiegen? Außerdem kann man aufgrund von Hortfunden feststellen, daß Münzen, die nach schlechter werdenden Standards geprägt worden waren, ältere und bessere Münzen nicht notwendigerweise aus dem Umlauf verdrängten. Münzen desselben Nominals, aber mit verschiedenen Metallgehalten, konnten für lange Zeit nebeneinander kursieren, es sei denn, der Staat zog die älteren Münzen ein (Duncan-Jones 1994: 106; 194–200). Beispielsweise liefen alte Denare, die ca. 2,85g Silber enthielten, noch in den zwanziger Jahren des 3. Jhs. n. Chr. neben neuen Denaren mit nur ca. 1,50 g Silbergehalt um (Walker 1976–8 III: 139–40). Wenn man von der einleuchtenden Annahme ausgeht, daß man mit diesen Denaren wenigstens 2,85g Silber kaufen konnte – andernfalls wären alte Münzen zu Edelmetall eingeschmolzen worden –, liegt die Überbewertung der jüngeren Denare auf der Hand. Wenn römische Silber- und Billonmünzen überbewertet waren, man aber immer noch das Gefühl hatte, daß sie einen ‚angemessenen Anteil‘ an Edelmetall enthielten, dann läßt sich für das Verhältnis von Münzverschlechterung und Inflation ein Kompromiß finden: Münzverschlechterung konnte ohne Preissteigerung toleriert werden, allerdings nur bis zu einer bestimmten Grenze. Vielleicht waren die Preise daher auf lange Sicht am Metallgehalt orientiert, aber weder unmittelbar noch exakt und auch mit einer Bandbreite von lokalen Unterschieden. Die Menschen waren sich dessen bewußt, daß sogar sehr verschlechterte Billonmünzen Silber enthielten, und sie waren darauf vorbereitet, die Dinge unter gewissen Umständen selbst in die Hand zu nehmen. So viel geht jedenfalls aus einem Gesetz von 349 n. Chr. hervor, das sich gegen die Läuterung der Maiorina-Münze und die Extraktion ihres Silbergehaltes wendet (C. Th. IX 21, 6; Hendy 1985: 363–8). Allerdings sieht die Vorstellung, daß Preise unmittelbar und exakt auf Veränderungen in der Münzprägung reagiert hätten, ein wenig zu sehr nach erfolgsorientiertem ökonomischen Rationalismus aus, und man tut gut daran, sich einige jener irrationalen Verhaltensweisen gegenüber dem umlaufenden Geld im 4. und 5. Jh. n. Chr. ins Gedächtnis zu rufen (Hendy 1985: 363–8): Es wurden Gesetze gegen die Bewertung des Solidus nach der Größe des Porträts und gegen die Zurückweisung oder niedrigere Bewertung von Münzen mit Bildnissen früherer Kaiser oder von Verwandten
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des Kaisers verabschiedet. Spuren einer völlig rationalen Orientierung am Metallgehalt lassen sich kaum finden!
Geldreform Wir hatten schon Gelegenheit festzustellen, daß eine Geldreform, die den Nennwert einer vorhandenen Prägung verändert oder eine neue Art von Münzgeld schafft, im Ergebnis eine Münzverschlechterung sein kann. Wenn der Wert einer Münze verdoppelt wird, ohne ihren Metallgehalt zu verändern, kommt das einer Verschlechterung um 50% gleich. Eine neue Art von Münzgeld kann, selbst wenn es feiner oder schwerer als das alte ist, ebenso eine reale Münzverschlechterung darstellen, wenn nämlich sein Nennwert gegenüber dem alten Geld höher angesetzt wird als die Verbesserung seines Edelmetallgehalts. Solche Reformen gab es tatsächlich. Ein gutes Beispiel für die erste Kategorie finden wir im Jahr 301 n. Chr., als der Wert einiger Münzarten verdoppelt wurde (geminata potentia). Überzeugende Beispiele für den zweiten Typus sind schwerer zu finden, weil wir oft den Nennwert weder vor noch nach einer Reform genau kennen. Bessere oder schwerere Münzen, durch die man tatsächlich Münzverschlechterungen verschleiert haben könnte, sind etwa Caracallas Antoniniane von 215 n. Chr. [140], Aurelians Reform-Antoniniane von 274 [145], Diokletians neue Silber- und Billonprägungen um 293–6 [174–175] und die FEL. TEMP. REPARATIO-Billonprägungen von 348 [178]. Die allgemeine Ausrichtung des Prozesses wird aus Zeugnissen, wie wir sie für die Nominale haben, deutlich. Die Silbermünze Diokletians hatte den Standard des neronischen Denars, wurde aber, wenigstens bis 301 n. Chr., mit 100 Denaren bewertet. Seine Billonmünze hatte vermutlich zuerst einen Nennwert von 12 1/2 Denaren; folglich war der Wert des Follis, d. h. eines versiegelten Standardsäckchens mit Münzen zu 12 500 Denaren, ursprünglich gleichwertig mit 1000 dieser Nummi. Der Wert der Billonmünze wurde im Jahr 301 n.Chr. auf 25 Denare verdoppelt. In einem bestimmten Zeitraum vor 354 n. Chr. wurden Billonmünzen (vermutlich) mit einem Wert von 100 Denaren geprägt (centenionales communes: C. Th. IX 23, 1). Es ist denkbar, wenn auch nicht gesichert, daß Billonmünzen kurz nach der Mitte des Jahrhunderts mit einer Myriade (10 000 Denaren) oder einem Follis (12 500 Denaren) bewertet wurden (Bagnall 1985: 12, 17–8; Callu 1980: 103). So ist trotz riesiger Unsicherheiten in fast jedem Stadium klar, daß Nennwerte tendenziell zunahmen, zeitweise sogar drastisch. Geldreformen der einen oder anderen Art scheinen mit den drama-
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tischsten Preissteigerungen, von denen wir wissen, verbunden gewesen zu sein. Aus Gründen, die wir nicht richtig verstehen – vielleicht, weil die Verminderung der Standards über das hinausging, was die Öffentlichkeit hinnehmen konnte? –, scheinen einige Reformen die Inflation in Gang gebracht zu haben. In anderen Fällen erlaubt eine weitgehend unsichere Chronologie es nicht, davon auszugehen, daß die Reformen eher eine Reaktion auf Preissteigerungen waren als der Grund für sie. In einigen Fällen könnte beides zutreffen. Das ptolemäische Ägypten liefert einen nachvollziehbaren Präzedenzfall (Reekmans 1948; 1951). Die Produktion von Silbermünzen in Ägypten nahm ab ca. 240 v. Chr. ab (Mørkholm 1991: 109). Von ca. 210 v. Chr. an wurden Konten in der Regel in Kupferdrachmen und nicht mehr in der früheren Silbermünze geführt. Die Preise scheinen sich bei einer Reihe unterschiedlicher Gelegenheiten verdoppelt zu haben (ca. 221–216, 183– 182, 173 und 130–128 v. Chr.?). Eine zunehmende Silberknappheit kann eine gewisse Rolle bei diesem Prozeß gespielt haben (siehe S. 128–9), aber die rapiden und dramatischen Preissteigerungen deuten viel eher auf eine Münzreform hin. Die genauen Details bleiben unklar, weil wir den Nennwert der ptolemäischen Kupferprägungen für die meisten Zeitabschnitte nicht kennen, doch wird die allgemeine Hypothese durch die Existenz von Bronzemünzen der Kleopatra gestützt, die mit Wertmarken von 80 und 40 versehen sind (RPC I: 480) [80]. Wenn diese Wertmarken Kupferdrachmen bezeichnen, ist es leicht vorstellbar, daß die Kupferwährung seit der Einführung einer schweren Kupferwährung um 260 v. Chr. mehreren Neubewertungen ihrer Nominale unterworfen wurde (Mørkholm 1991: 105). Die Entwicklung im römischen Ägypten scheint aber große Ähnlichkeiten damit aufzuweisen. Nach der Verdoppelung der Preise zwischen 160–191 n. Chr. (siehe S. 146) scheint das Preisniveau bis ca. 274/5 verhältnismäßig stabil geblieben zu sein. Dann gab es eine mehr als zehnfache Steigerung, der eine weitere Periode der Stabilität folgte. Das könnte dazu verleiten, eine gewisse Verbindung zwischen dem Höhepunkt der Preissteigerung und Aurelians Münzreform von 274 n. Chr. herzustellen. Auf den ersten Blick ist es überraschend, daß eine Reform der Reichsprägung, die in Ägypten nicht umlief, einen solchen Einfluß auf die Preise in Ägypten ausgeübt haben soll. Es ist möglich, daß die imaginäre Gleichwertigkeit der ägyptischen Tetradrachme mit dem Denar der Reichswährung eine ausreichende Erklärung bietet. Wenn also der Denar sein festgesetztes Verhältnis zur Goldmünze damals tatsächlich aufgab (siehe S. 144–5), dann hörte auch die Tetradrachme auf, sich am Gold zu orientieren, ganz gleich, ob eine Goldprägung in Ägypten tatsächlich zirkulierte oder nicht (Howgego 1992: 11).
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Auf jeden Fall hatte eine Reform der Münzprägung zu dieser Zeit in irgendeiner Weise negative Auswirkungen auf Ägypten, weil das Gewicht der Tetradrachme im Jahr 274/5 reduziert wurde und Schatzfunde zeigen, daß ältere Tetradrachmen ca. 273/74 aus dem Verkehr gezogen wurden, vermutlich um neu ausgemünzt zu werden (Metcalf 1987). Die Preissteigerungen, die das Höchstpreisedikt von 301 n. Chr. hervorriefen, wurden in der schwülstigen Vorrede nicht einfach als vier- oder achtfach charakterisiert. Vielmehr seien sie derart, daß man sie nicht mehr mit dem Begriff „Preis“ bezeichnen könne (Lauffer 1971). Wiederum ist die Nähe zu Münzreformen bezeichnend, da die Annahme nicht unwahrscheinlich ist, daß es sich bei den zur Debatte stehenden Preissteigerungen um ein Phänomen jüngster Zeit handelte. Manche Gelehrte haben dafür die Wertverdoppelung einiger Währungselemente im Münzedikt, das im September desselben Jahres in Kraft trat, verantwortlich gemacht (Lo Cascio 1996). Es ist allerdings recht schwer einzusehen, warum eine Wertverdoppelung jenes Ausmaß von Preissteigerungen nach sich gezogen haben soll, gegen die das Edikt gerichtet ist. Das Münzedikt und das Preisedikt wurden naturgemäß vielleicht eher als kombinierte Maßnahmen angesichts ein und desselben Problems verstanden. Die Verknüpfung von einer Verdoppelung des Münzwertes mit der Festsetzung von Höchstpreisen sieht nach einer konzertierten Aktion aus, um die Kaufkraft des Geldes und nicht zuletzt des Soldes der Soldaten wiederherzustellen; in der Einleitung zum Preisedikt wird beklagt, daß ein einziger Einkauf einen Soldaten um sein Donativ und seinen Sold bringen konnte (Hendy 1993: 332). In diesem Fall ist zu vermuten, daß Diokletians frühere Münzreform um ca. 294/5 n. Chr. der ausschlaggebende Faktor für die Preisinflation gewesen war. Über das 4. Jh. wurde schon einiges gesagt (siehe S. 147). Es kann erwogen werden, daß Preise durch eine Kombination von Münzverschlechterung und Münzreform diktiert wurden. Bedauerlicherweise sind wir mit einem fast vollständigen Fehlen klarer Zeugnisse über die Nennwerte der Billon- und Silberprägungen nach den einzelnen Reformen konfrontiert (siehe S. 133). Die einzige Ausnahme ist die Werthalbierung des Nummus von 25 auf 12 1/2 Denare unter Licinius um 320–324 n. Chr. (Bagnall 1985: 32–3; King 1993 a: 25). Diese offensichtliche Verbesserung im Standard verschleierte eine in Wirklichkeit sehr bedeutsame Verschlechterung. Unsere Unkenntnis über das genaue Wesen anderer Reformen läßt eine Wechselbeziehung mit Preisen lediglich hypothetisch erscheinen. Dennoch fällt es schwer, die massivste Preissteigerung um das Vierzig- oder Fünfzigfache um die Mitte des Jahrhunderts nicht mit der neuen FEL. TEMP. REPARATIO-Serie von 348 n. Chr. oder möglicherweise mit einer
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der Stufen ihres rapiden Verfalls in Verbindung zu bringen (Bagnall 1985: 41–6; King 1993 a: 26–30) [178]. Das Zusammenfallen von Geldreformen und markanten Preissteigerungen ist augenfällig. Das kausale Bindeglied könnte in beide Richtungen reichen. Diokletians Neubewertung von 301 war – so scheint es – eine Reaktion auf steigende Preise. Andererseits legt der Zeitpunkt der Preissteigerungen nahe, daß Aurelians Reform in irgendeiner Weise für die Inflation von ca. 274/75 verantwortlich war. Wo eine Geldreform Inflation verursachte, bleibt die Frage nach der Motivation für diese Reform. Als Erklärungsmöglichkeiten sind denkbar eine Knappheit der staatlichen Mittel, weshalb eine Reform notwendig wurde, um die effektive Reduzierung der Standards zu verbergen, ferner ein Gespür dafür, daß die physischen Eigenschaften der bestehenden Prägung außerhalb der Toleranzgrenze lagen, und schließlich ein falsch kalkulierter Versuch, sich dem Preisanstieg entgegenzustemmen.
Schlußfolgerungen Ungeachtet vieler moderner wissenschaftlicher Untersuchungen bieten die Ursachen der Inflation in der römischen Welt noch immer eine Menge Diskussionsstoff. Aber einige grundsätzliche Sachverhalte konnten herausgearbeitet werden. Gelehrte, die in besonderer Weise im Umgang mit papyrologischen Zeugnissen aller Epochen geübt sind, gelangen zu dem Ergebnis, daß Preissteigerungen sich nicht kontinuierlich, sondern in plötzlichen und oftmals sehr deutlich ausgeprägten Schüben vollzogen. Es mag sein, daß die bescheidene Qualität unserer Zeugnisse uns nicht erlaubt, allmähliche oder gemäßigtere Veränderungen zu erkennen, aber wir können uns mit genauso viel Berechtigung auf die Erklärung dessen konzentrieren, was wir tatsächlich feststellen können. Massive Preiserhöhungen wurden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von Zunahmen der Geldmenge verursacht, solange eine Neubewertung der Nominale oder ein (möglicherweise) verstärkter Ausstoß im Rahmen einer Münzverschlechterung unterblieb. Münzverschlechterung scheint vornehmlich die Folge von Unzulänglichkeiten bei den Staatsfinanzen gewesen zu sein. Die komplexe Beziehung zwischen Münzverschlechterung, Geldreform und Preissteigerungen können wir immer noch nicht richtig durchschauen. Im Mittelpunkt der Interpretationen stehen eine mögliche Veränderung im Wesen der Goldprägung, nämlich die von einem feststehenden Nennwert zu einem schwankenden, und die verschiedenen Grade der Überbewertung von
Schlußfolgerungen
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Münzen. Wir dürfen dabei das nicht übersehen, was offen zutage liegt: Die Zeiten größter Inflation in der römischen Welt, grob gerechnet die Zeit von den siebziger Jahren des 3. Jhs. bis zu den achtziger Jahren des 4. Jhs. n. Chr., sind von wiederholten Münzverschlechterungen und Geldreformen gekennzeichnet. Einige Gelehrte haben eine Verbindung zwischen Inflation und Versuchen, eine stark verschlechterte Silberwährung (Billon) zu bewahren, hergestellt. Daran mag einiges wahr sein, da die ‚Billonprägung‘ bis ca. 364 n. Chr. auf ein Niveau absank, wo sie keinen nennenswerten Silbergehalt mehr besaß. Danach wurde aus der römischen Münzprägung wieder ein System von Gold-, Silber- und Bronzemünzen (King 1993 a: 30). Seitdem mag es einfacher gewesen sein, ein stabiles Verhältnis zwischen den verschiedenen Elementen in diesem Geldsystem zu bewahren (Carrié 1993: 151). Die offensichtliche Preisstabilität, die seit den achtziger Jahren des 4. Jhs. n. Chr. herrschte, mag jedoch eine Folge der zunehmenden Tendenz gewesen sein, die Preise in Gold festzusetzen, was schon immer eine Stabilisierung der Preise bewirkt hatte (siehe S. 142; Callu 1993: 101; Depeyrot 1991: 129). Bei der letzten Frage, die wir stellen sollten, handelt es sich darum, ob Inflation in der römischen Welt eine rein technische Angelegenheit darstellte oder ob sie kennzeichnend oder verantwortlich für einen ökonomischen Umschwung oder sogar eine Krise war. Dies ist kein Gegenstand, der hier eine angemessene Behandlung finden kann, weil er eine Analyse des Wesens und der Ursachen für die Veränderung der römischen Welt vom Prinzipat bis in die Spätantike einschließen würde. Es ist sicher möglich, äußerst minimalistische Ansichten über die Bedeutung von Inflation zu vertreten (Whittaker 1980; Bagnall 1985: 54–5). Landbesitz, als die grundlegende Form von Wohlstand und als die grundlegende Produktionsquelle, blieb von solchen Veränderungen unbeeinträchtigt. Für die römische Wirtschaft waren potentiell verwundbare – physisch nicht greifbare – Schuldverschreibungen in Geld nicht charakteristisch. Es ließen sich selbst in Zeiten der höchsten Inflation Wege finden, um Schulden zu sichern (Bowman 1980: 33). Preise, die in Gold fixiert waren, blieben verhältnismäßig stabil. Eine nominelle Inflation bedeutete schlicht eine Korrektur von Preisen, Vergütungen, was im Falle des Heeres Schenkungen und Zuwendungen in Naturalien miteinschloß, und dergleichen mehr. Wir sind in der Gefahr, unsere Argumentation zu weit zu treiben. Stabilität, die durch die Verwendung von Gold hergestellt wurde, war für diejenigen, die keinen Zugriff auf Gold besaßen, von geringem Nutzen (Bowman 1980: 32). Der Zugang zu Information wird ebenfalls von Wichtigkeit gewesen sein. Aus einem aufschlußreichen Papyrus, der vermutlich auf die
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Reform des Licinius Bezug nimmt, erfahren wir von einem Regierungsbeamten, der allem Anschein nach an seinen Verwalter schreibt. Der Regierungsbeamte drängt ihn, in aller Eile sein gesamtes ‚Italisches Silber‘ für Waren jeder Art zu jedem Preis auszugeben, da der Wert dieser Münze halbiert worden sei (P. Ryl. 607). Doch ging es bei Inflation gewiß um mehr, als daß jemand Wertunterschiede abschöpfte. Wenn Münzverschlechterung als Reflex eines chronischen Mangels bei den Staatsfinanzen angesehen wird, dann wäre es erstaunlich, wenn es nicht ein umfassenderes Geflecht von Auswirkungen gegeben hätte. Eine dieser Auswirkungen könnte gewesen sein, daß sowohl der Staat als auch die weitere Wirtschaft in zunehmendem Maß auf Geschäfte in Naturalien setzten. Diese Annahme ist nicht unumstritten, da – obwohl eine solche Veränderung Teil des klassischen Bildes ist, das wir vom späten 3. und 4. Jh. n. Chr. haben – es sich als schwierig erwiesen hat, dies in der detailreichen Überlieferung aus Ägypten, der einzigen Provinz, in der entsprechendes Quellenmaterial erhalten blieb, zu verifizieren (Carrié 1993: 131–9; Bowman 1980: 27, 29). Zunehmende Skepsis, daß es die unterstellte Veränderung tatsächlich gegeben hat, wird jetzt auch in bezug auf andere Gebiete geäußert (z. B. Mitchell 1993 I: 254–3 für Kleinasien). Nicht umstritten ist hingegen, daß der Staat im 4. Jh. immer mehr dazu überging, Geldschulden in Gold einzutreiben. Weniger wohlhabende Privatleute konnten weiterhin ihre Steuern in Billonmünzen an die Steuereinnehmer zahlen, die dann Solidi kauften (Bowman 1980; Bagnall 1993: 214; Carrié 1993: 139–50). Dennoch ist es nicht unwahrscheinlich, daß Zugang zu Gold einer der Faktoren war, durch den sich die deutlicher ausgeprägten sozialen Hierarchien der Spätantike definierten (Depeyrot 1991: 174–5; Banaji 1994). Auf diese Weise kann man erkennen, wie Inflation im Prinzip mit ökonomischem und sozialem Wandel verbunden sein konnte.
Die Krise des 3. Jahrhunderts Zum Schluß wollen wir die Frage nach den Ursachen beiseite lassen und eine andere Perspektive beleuchten. Auf alle Fälle machte das Römische Reich im 3. Jh. n. Chr. eine militärische Krise, innere Instabilität wie auch einen politischen und sozialen Wandlungsprozeß durch. Man hat oft geglaubt, daß es auch eine wirtschaftliche Krise gab, obwohl ihre genauen Merkmale schwer festzumachen sind. Daher bietet dieser Zeitabschnitt eine gute Gelegenheit, einige der Methoden, durch die die Anspannung und der Wandel anhand der Entwicklungen der Münzprägung aufgedeckt werden können, anzuwenden, um so einige Aspekte der Krise in ihren
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konkreten Auswirkungen zu fassen. Das Interesse an diesem Thema reicht über die Demonstration, daß Münzprägung Krise und Wandel reflektiert, hinaus. Die Numismatik hat dazu beigetragen, den historischen Angang an das 3. Jh. entscheidend zu gestalten, teils, weil das von den Münzen gewonnene Bild eine dramatische Entwicklung zeigt, teils wegen des Mangels an zeitgenössischen historischen Darstellungen. Die Verschlechterung des Reichssilbers hat einen bedeutenden Einfluß auf unsere Vorstellungen von der Art der Krise des 3. Jhs. Erste Anzeichen für die kommenden Entwicklungen in der Severerzeit, beschleunigter Niedergang besonders nach 253 n. Chr., der Tiefstand zwischen 260 und 274, Restauration unter Aurelian und Reform unter Diokletian, das ist ein Verlaufsschema, das nicht nur an der Münzprägung abzulesen ist. Eine Prägung, die zwischen 260 und 268 auf gerade einmal 2% ihres Silbergehalts absinkt und noch weiter abfällt, hinterläßt einen bleibenden Eindruck, und der Zusammenhang mit Mängeln der staatlichen Finanzen scheint unabweisbar. Das Verhältnis zwischen Staatsfinanzen, der Wirtschaft und dem sozialen und politischen Wandel ist vielschichtig. Veränderungen auf diesen Gebieten dürften eher ein sehr langsamer Prozeß sein als eine Reaktion auf bestimmte Ereignisse. Das Beispiel der Silberprägung mag daher hilfreich sein, um einen Eindruck von der Langwierigkeit des Prozesses (longue durée) zu erzeugen. In der Tat begann die fortschreitende Verschlechterung schon unter Nero. Die Saat des 3. und 4. Jhs. wurde schon früh ausgebracht. Anstatt bei der Verschlechterung des Silbers, die in vielen historischen Untersuchungen über das 3. Jh. schon ihre Rolle gespielt hat, zu bleiben, ist es der Mühe wert, sich einigen anderen numismatischen Besonderheiten des Zeitabschnitts zuzuwenden. Es wurde schon erwähnt, daß auch in die Goldprägung eingegriffen wurde. Das Gewicht des Aureus wurde zwischen 215 und 253 n. Chr. mehr als halbiert. Nach 253 wurde das Gold ebenfalls verschlechtert, in einigen Fällen bis auf einen Feingehalt von 66%. Seine Reinheit wurde unter Aurelian wiederhergestellt, aber möglicherweise zu dem Preis des öffentlichen Eingeständnisses, daß die Goldprägung nicht länger einen fixen Nennwert hatte, sondern wie eine Handelsware schwankte (siehe S. 145). Die Produktion und der Umlauf von Goldmünzen scheinen im 3. Jh. auf einem niedrigen Niveau gelegen zu haben (Burnett 1987: 112–3; Callu und Loriot 1990: 86, 106; King 1993b). Die Schwankungen in den Gold- und Silberprägungen des 3. Jhs. reflektierten in erster Linie die Schwäche der Staatsfinanzen. Dahinter könnte eine allgemeinere Abnahme der Edelmetallvorräte, die in der römischen Welt insgesamt verfügbar waren, stehen (Howgego 1992: 4–12). Eine rela-
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tive Knappheit könnte erklären, warum der Staat letzten Endes nicht in der Lage war, die finanziellen Defizite durch eine Erhöhung der Steuereinnahmen auszugleichen, und Zuflucht zu einer drastischen Münzverschlechterung nehmen mußte. Auch mit der Herstellung von Kleingeld gab es zunehmend Probleme. Die Prägung eines Doppelsesterz, die Produktion des Semis zum ersten Mal wieder seit dem 2. Jh. n. Chr. unter Traianus Decius (249–251 n. Chr.) und eine beträchtliche Neuprägung von alten Bronzemünzen als Sesterze und Doppelsesterze unter Postumus (260–269 n. Chr.) im ‚Gallischen Reich‘ [144] erscheinen wie kurzlebige Versuche, die Flut aufzuhalten. Um ca. 270 zählte sogar der Sesterz nicht länger zum gebräuchlichen Geld (Howgego 1985: 67). In einer sehr augenfälligen Weise wurde die politische Instabilität durch die Zahl jener Personen reflektiert, die auf ihren Münzen den Anspruch erhoben, Kaiser zu sein. In den fünfzig Jahren nach 235 n. Chr. waren es vierzig! Münzserien im Stil der Reichswährung wurden für Postumus und seine Nachfolger im ‚Gallischen Reich‘ geprägt (260–274 n. Chr.) [144], von Carausius und Allectus im ‚Britannischen Reich’ (286–296 n. Chr.) [147–148] und von Vabalathus im Osten (270–272 n. Chr.) [146]. Solche ‚Sonderreich‘-Kaiser stellten sich nicht als Führer separatistischer Bewegungen dar, sondern als rechtmäßige Kaiser oder Mit-Kaiser (siehe S. 94). Der Kern des Problems war das wachsende Unvermögen, die Kontrolle über das Reich vom Zentrum aus aufrechtzuerhalten, was unter der Tetrarchie schließlich zur Teilung der Reichsmacht führte. Die entscheidenden Schritte in Richtung auf eine Dezentralisierung der Reichsprägung, die in den fünfziger Jahren des 3. Jhs. unternommen wurden, und die Systematisierung dieser Ansätze unter Diokletian mit ungefähr einer Prägestätte in jeder Diözese markieren auch Abschnitte in der allgemeineren Entwicklung kaiserlicher Herrschaft (vgl. Hendy 1985: 378–80). Der Eindruck des Auseinanderdriftens wird durch das Zeugnis des Münzumlaufs verstärkt, obwohl es schwer zu entscheiden ist, ob wir von einem Verfall des kaiserlichen Verteilungssystems oder allgemeiner der wirtschaftlichen Integration sprechen sollten. Beide Auffassungen lassen sich vertreten. Die Lieferung von Münzen für das Reich, ob von Rom oder einer Reihe dezentralisierter Prägestätten aus, kann sicher als ein Verteilungssystem aufgefaßt werden. Probleme bei der Lieferung traten nicht erst im 3. Jh. auf. So führte beispielsweise die Unterversorgung der nordwestlichen Provinzen mit Kleingeld zu einer weitverbreiteten Produktion von lokalen Imitationen, bevor die Münze von Lugdunum unter Nero wiedereröffnet wurde (Boon 1988; Giard 1970). Allerdings ist es sehr auffallend, daß während des 3. Jhs. Britannien und Gallien massiv auf abge-
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griffene Sesterze aus dem 2. Jh. zurückgreifen mußten, bis diese unter Postumus neu geprägt wurden. Im Gegensatz dazu waren Sesterze aus der 1. Hälfte des 3. Jhs. in Italien und Afrika reichlich vorhanden (Callu 1969: 111–30; Howgego 1985: 67). Es gab auch Probleme mit der Lieferung von dem, was man mit Silbergeld bezeichnete. In dem Zeitraum um 275–295 n. Chr. waren in einigen Gebieten einschließlich Italiens Reform-Antoniniane häufig, gelangten aber nur in geringen Mengen in andere Regionen, insbesondere, aber nicht ausschließlich, in die nordwestlichen Provinzen (King 1981; Burnett 1987: 124–6). Insofern sind wir berechtigt, einen Zusammenbruch des Verteilungssystems in gewissem Umfang zu unterstellen und damit beispielsweise das Ende des staatlichen Systems der Bausteinversorgung im 3. Jh. zu vergleichen (Greene 1986: 152). Um Zeugnisse für einen allgemeinen Verfall des wirtschaftlichen Zusammenhalts in größerem Ausmaß zu finden, müssen wir uns wiederum Zeiten zuwenden, wo Silbergeld im Reichsstil gleichzeitig in Rom und in Syrien geprägt wurde. Wir haben bereits festgestellt, daß Münzen zwischen Ost und West in beiden Richtungen wandern konnten. Die Gründe dafür hatten nichts mit der Erstausgabe durch den Staat zu tun (siehe S. 126– 7). Die Tendenz, daß Münzen des Septimius Severus in Britannien am Anfang ausschließlich von Rom kamen, wurde in der Folgezeit durch den Geldumlauf abgebaut, so daß am Ende der frühen sechziger Jahre des 3. Jhs. n. Chr. ungefähr die Hälfte des britannischen Münzgeldes aus dem Osten stammte. Der Austausch von Geld zwischen Ost und West nahm im 3. Jh. immer mehr ab. Die Münzen, die in Syrien während der Alleinherrschaft des Gallienus (260–268 n. Chr.) produziert wurden, erreichten nie in nennenswertem Umfang Britannien. Ebenso gelangten keine Münzen aus anderen Gebieten nach Syrien. Die markante regionale Zersplitterung des Münzumlaufs setzte sich durch das 3. Jh. hindurch fort. Die Annahme ist nicht abwegig, daß das Auseinanderbrechen der Wirtschaft eine wichtige Ursache für die zunehmende Heterogenität der jeweiligen regionalen Münzbestände war (Howgego 1994; 1996). Ein weiteres numismatisches Phänomen, das es verdient, in einem größeren Rahmen betrachtet zu werden, ist der Verfall und das Aussetzen der städtischen Prägungen, die durch die Prinzipatszeit hindurch das Geld aus unedlem Metall geliefert hatten. Die Gewichtsstandards erlitten stufenweise Verluste, die allerdings in Zeit und Umfang in den einzelnen Regionen unterschiedlich ausfielen. Die ersten Zeugnisse für Gewichtsreduktionen stammen aus den sechziger Jahren des 2. Jhs. n. Chr., aber der erste weitverbreitete Wandel scheint die Halbierung der Standards irgendwann nach 253, in einigen Städten sicher erst nach 260, gewesen zu sein. Manchmal wurde das dadurch erreicht, daß man den Nennwert der bereits
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umlaufenden Münzen durch das Aufbringen von Gegenstempeln verdoppelte (Howgego 1985: 60–73; A. Johnston, in Vorbereitung) [171]. Regionale Unterschiede gab es auch beim Enddatum der städtischen Prägungen. Die Zahl der prägenden Städte war während der Herrschaft des Septimius Severus am höchsten. Danach prägten immer weniger Städte immer umfangreichere Emissionen. Die wichtigste Ausnahme bildeten einige Städte in Pamphylien und Pisidien, wo die Gewichtsstandards stabiler waren und die Münzprägung erst unter der Herrschaft des Tacitus (275–276 n. Chr.) endgültig eingestellt wurde. Es wäre falsch, die städtischen Prägungen der Prinzipatszeit als die Todeszuckungen einer großartigen Münztradition der Städte anzusehen, die sich nach dem Verlust der politischen Unabhängigkeit in unausweichlichem Niedergang befand. Wie wir früher gesehen haben, sollte die polis im römischen Kaiserreich als eine kulturelle und administrative Körperschaft verstanden werden und weniger als politische Dimension. Münzprägung war beinahe schon zu einem Bestandteil der geltenden Definition dessen geworden, was eine Stadt in der östlichen Hälfte des Römischen Reiches ausmachte (siehe S. 48–9). In den ersten zweieinhalb Jahrhunderten des Prinzipats zeigten die Städte wie auch ihre Prägetätigkeit eine große Vitalität. Es ist beachtenswert, daß das Ende der städtischen Prägungen weitgehend mit der Unterbrechung der kaiserlichen Bronzeprägungen im Westen zusammenfällt. Es kann nicht förderlich gewesen sein, daß die Verschlechterung der Silberprägung dazu führte, daß der kaiserliche Antoninian stärker überbewertet wurde als das umlaufende Bronzegeld – und schon fast den Charakter eines Geldzeichens (Token) gewann (Howgego 1985: 69). Allgemeine Auflösungserscheinungen und nicht zuletzt die Invasionen aus Gebieten außerhalb des Reiches mögen dazu geführt haben, daß dem Wechselgeld in Ost und West eine geringere Bedeutung zukam. Es gibt allerdings einen noch wichtigeren Gesichtspunkt: Die städtische Prägung kam auch nach der Krise nicht wieder in Gang. Die Erklärung dafür liegt in der Umgestaltung der polis und im Niedergang ihrer Führungsschicht (Garnsey 1974). Das Übergewicht von privatem gegenüber öffentlichem Wohlstand bedeutete, daß viel von dem, was wir in Städten als öffentliche Dienstleistungen und Ausgaben ansehen würden, in Wirklichkeit von reichen Einzelpersonen durch die Bekleidung städtischer Ämter, die Übernahme anderer Aufgaben (munera, Leiturgien) und Wohltaten geleistet wurde. Die Elite brachte ihren sozialen Rang durch Euergetismus zur Darstellung und verlieh ihm dadurch seine Rechtfertigung. Dieses System zerbrach nun; die Reichen entzogen sich immer mehr
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den städtischen Leistungsverpflichtungen und Ausgaben, indem sie in den kaiserlichen Dienst eintraten. Entscheidende Schritte in Richtung auf eine lebenslängliche Befreiung von städtischen Verpflichtungen für Beamte im Reichsdienst wurden in der Tetrarchenzeit unternommen (Millar 1983): Die weniger Reichen wurden gezwungen, eine größere Bürde zu schultern. Die Gepflogenheit des städtischen Euergetismus fand ein Ende oder wurde schließlich auf die Kirche und die christliche Armenfürsorge übertragen (Mitchell 1993 II: 82). Die Zeit von ca. 225 n.Chr. bis zur Herrschaft Konstantins war geprägt von einer ausgesprochenen Seltenheit neuer öffentlicher Bauten in den Städten; eine Ausnahme bildeten lediglich Mauerbauten, die der Verteidigung dienten (Mitchell 1993 I: 198, 214; Duncan-Jones 1982: 350–7 über Afrika). Die Produktion städtischer Münzen war ebenfalls ein Aufgabenbereich für wohlhabende Einzelpersonen gewesen, deren Aufgabe darin bestand, sie durchzuführen und zu subventionieren. Dafür gab es in der neuen Welt keinen Raum mehr (Howgego 1985: 71–2, 98–9). Die Tendenz, daß immer weniger Städte immer größere Emissionen prägten – sie fällt seit dem frühen 3. Jh. n. Chr. auf –, war Teil einer allgemeineren Konzentration von Wohlstand (Howgego 1985: 98). Letzten Endes führte dies zum Niedergang und zum Absterben der kleineren Städte. Der Glanz der erfolgreichen Städte war in zunehmendem Maß der Initiative kaiserlicher Amtsträger zuzuschreiben (Mitchell 1993 II: 89, 120–1). Auf einen Anhaltspunkt für diese Entwicklung sind wir bereits im Zusammenhang mit dem größeren Beharrungsvermögen der städtischen Münzprägungen von Pamphylien und Pisidien gestoßen. Sie wird teilweise der Tatsache zu verdanken sein, daß dieses Gebiet vor Invasionen geschützt war, aber auch dem daraus folgenden kaiserlichen Interesse an der Region. Es ist kein Zufall, daß Side und Perge seit den frühen sechziger Jahren des 3. Jhs. n. Chr. bedeutende Hauptquartiere für die kaiserlichen Truppen waren, daß Perge das Hauptquartier des Kaisers Tacitus war und daß der Süden den einzigen Teil Kleinasiens bildete, wo im 3. Jh. nach ca. 225 (Mitchell 1993 I: 216, 238) noch eine bedeutende Zahl neuer städtischer Bauten – von Verteidigungsmauern einmal abgesehen – errichtet wurde. Es war ein Aspekt von komplexen Entwicklungen, daß die Initiative in öffentlichen Angelegenheiten erfolgreicher Städte sich von den lokalen Eliten weg und hin zu den kaiserlichen Amtsträgern verlagerte. Parallel zum Niedergang lokaler Eliten vollzog sich eine größere Dezentralisierung kaiserlicher Kontrollorgane. Das Zeitalter Diokletians und Konstantins erlebte eine Vervielfachung der Staatsbediensteten, da die Städte ihre früheren administrativen Verantwortlichkeiten verloren. Der Trend wurde
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schon unter den Severern mit dem zunehmenden Einsatz von Soldaten oder anderen Amtsträgern, die militärische Versorgungsgüter und Abgaben in Geld eintreiben sollten, augenfällig (Mitchell 1993 I: 232–3). Was die Münzprägung betrifft, war die Folge davon das Absterben der städtischen Prägungen und die Dezentralisierung sowie endgültige regionale Organisation der Reichsprägung. Der Prozeß brachte eine Standardisierung mit sich. Unter der Herrschaft des Diokletian kam es im Jahre 296/7 n. Chr. mit der Ausbreitung der Reichsmünzen auch nach Ägypten zur Einstellung der letzten provinzialen Münzprägung und dem Ende eines geschlossenen Geldsystems, das seit Ptolemaios I. bestanden hatte (Metcalf 1987) [173]. Etwas Tröstliches liegt beim Schreiben eines Buches über Alte Geschichte und Münzen darin, daß die numismatischen Zeugnisse Zeiten, die von Krise und Wandel geprägt sind, derart facettenreich widerspiegeln und erhellen. Die Gründe für das endgültige Absterben der städtischen Münzprägung wie auch für die anfängliche Ausbreitung von Münzprägung, mit der dieses Buch begann, dürften beide in radikalen, wenn auch 800 Jahre auseinanderliegenden Umgestaltungen der polis zu suchen sein.
Abkürzungsverzeichnis AIIN AJN Annales ESC ANRW AS BCH BICS
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Literaturnachträge Da in der Originalausgabe des Buches die Literatur nur bis 1996 berücksichtigt ist, fügen die Übersetzer in einem Nachtrag dem Literaturverzeichnis einige danach erschienene oder in der ersten Auflage nicht berücksichtigte Titel hinzu, von denen sie glauben, dass sie bei einer weiteren Beschäftigung mit den von Christopher Howgego aufgeworfenen Fragen von Nutzen sein können.
Zu Kapitel 1: Geld Entwicklung des Geldes M. S. Balmuth (Hrsg.), Hacksilber to Coinage. New Insights into the Monetary History of the Near East and Greece, New York 2001. J. H. Kroll, Weights, bullion currency, coinage, in: N. C. Stampolidis – V. B. Karageorghis (Hrsg.), «Ploes … Sea Routes …». Interconnections in the Mediterranean, 16th – 6th Centuries BC. Proceedings of the International Symposium Held at Rethymnon, Crete, September 29th – October 2nd 2002, Athen 2003, 313 – 323. A. Sacconi, La «monnaie» dans l’économie mycénienne. Le témoignage des textes, in: R. Laffineur – E. Greco (Hrsg.), Emporia: Aegeans in the Central and Eastern Mediterranean. Proceedings of the 10th International Aegean Conference, Athens, Italian School of Archaeology, 14. – 18. April 2004 (Aegaeum 25), Lüttich 2005, 69–76. A. Michailidou, Weight and Value in Pre-Coinage Societies. 1. An Introduction / 2. Sidelights on Measurement from the Aegean and the Orient, Athen 2005/2008. Bedeutung des Geldes für die antike Gesellschaft und Kultur R. Merkelbach, Die Bedeutung des Geldes für die Geschichte der griechisch-römischen Welt. Anhang: Welche Folgen hatte der Gebrauch der Schrift?, Stuttgart/Leipzig 1992. Wirtschaftliche Bedeutung des antiken Geldes S. von Reden, Money in the Ancient Economy: A Survey of Recent Research, Klio 84, 2002, 141–174. J. Maucourant, Pour une économie historique de la monnaie – Recueil de travaux (Moneta 80), Wetteren 2008.
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Literaturnachträge
Geschichte des Geldes in der griechischen Welt H. Nicolet-Pierre, Numismatique grecque, Paris 2002. M. H. Hansen – Th. H. Nielsen, An Inventory of Archaic and Classical Poleis, Oxford 2004 (geht immer wieder auf die Prägungen der einzelnen Städte ein). Bedeutung des Geldes im archaischen Griechenland L. Kurke, Coins, Bodies, Games and Gold. The Politics of Meaning in Archaic Greece, Princeton 1999. B. Wagner-Hasel, Der Stoff der Gaben: Kultur und Politik des Schenkens und Tauschens im archaischen Griechenland, Frankfurt am Main 2000. R. Seaford, Money and the Early Greek Mind: Homer, Philosophy, Tragedy, Cambridge 2004. D. M. Schaps, The Invention of Coinage and the Monetization of Ancient Greece, Ann Arbor 2004. K. A. Sheedy, The Archaic and Early Classical Coinages of the Cyclades, London 2006.
Zu Kapitel 2: Das Prägen von Münzen Prägeumfang F. de Callataÿ, Recueil quantitatif des émissions monétaires archaïques et classiques, Wetteren 2003. Verwendung O. Picard, Entre public et privé: le cas de la monnaie, Ktèma 23, 1998, 263–274. A. Meadows – K. Shipton (Hrsg.), Money and its Uses in the Ancient World, Oxford 2001. System W. V. Harris, The Monetary Systems of the Greeks and Romans, Oxford 2008. Münzstätten I luoghi della moneta. Le sedi delle zecche dall’antichità all’età moderna. Atti del convegno internazionale, 22–23 Ottobre 1999, Milano, Milano 2001. Geldproduktion und Militärausgaben R. Alston, Roman military pay, JRS 84, 1994, 113–123. U. Wartenberg, After Marathon. War, Society and Money in Fifth-Century Greece, London 1995. F. Burrer – H. Müller (Hrsg.), Kriegskosten und Kriegsfinanzierung in der Antike, Darmstadt 2008. D. Hollard (Hrsg.), L’armée et la monnaie 1/2. Actes journée d’études 10 décembre 2005, Paris 2006/Actes de la journée d’études du 25 avril 2009 à la Monnaie de Paris, Paris 2010.
Literaturnachträge
187
Zu Kapitel 3: Großreiche Athen bzw. die griechischen Poleis V. Gabrielsen, Financing the Athenian Fleet: Public Taxation and Social Relations, London 1994. S. von Reden, Money, Law and Exchange: Coinage in the Greek Polis, JRS 117, 1997, 154–176, bes. 157f. T. Figueira, The Power of Money. Coinage and Politics in the Athenian Empire, Pennsylvania 1998. Ch. Flament, Le monnayage en argent d’Athènes. De l’époque archaïque à l’époque hellénistique (c. 550–c. 40 av. J.-C.), Louvain-la-Neuve 2007. Ch. Flament, Une économie monétarisée: Athènes à l’époque classique (440 – 338): contribution à l’étude du phénomène monétaire en Grèce ancienne, Löwen 2007. W. Fischer-Bossert, The Athenian Decadrachm (Numismatic Notes & Monographs 168), New York 2008. Persien O. Casabonne (Hrsg.), Mécanismes et innovations monétaires dans l’Anatolie achéménide. Numismatique et histoire. Actes de la Table Ronde Internationale d’Istanbul, 22–23 mai 1997, Istanbul 2000. Philipp II. und Alexander G. Le Rider, Alexandre le Grand. Monnaie, finances et politique, Paris 2003. C. Arnold-Biucchi, Alexander’s Coins and Alexander’s Image, Cambridge (Ma.) 2006. Seleukiden Z. Archibald – J. K. Davies – V. Gabrielsen – G. Oliver (Hrsg.), Hellenistic Economies, London 2001. A. Houghton – C. Lorber, Seleucid Coins. A Comprehensive Catalogue I: Seleucus I through Antiochus III, Lancaster/London 2002. G. G. Aperghis, The Seleukid Royal Economy: The Finances and financial Administration of the Seleukid Empire, Cambridge 2004. F. Duyrat, La circulation monétaire dans l’Orient séleucide (Syrie, Phénicie, Mesopotamie, Iran), in: V. Chankowski – F. Duyrat (Hrsg.), Orient – Occident (Topoi Suppl. 6), Paris 2004, 381–424. K. Bringmann, Königliche Ökonomie im Spiegel des Euergetismus der Seleukiden, Klio 81,1, 2005, 102–115. Z. Archibald – J. K. Davies – V. Gabrielsen (Hrsg.), Making, Moving, and Managing: The New World of Ancient Economies, 323–31 BC, Oxford 2005. G. Le Rider – F. de Callataÿ, Les Séleucides et les Ptolémées. L’héritage monétaire et financier d’Alexandre le Grand, Monaco 2006.
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Literaturnachträge
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Zu Kapitel 4: Politik Politische Repräsentation A. Winzer, Antike Portraitmünzen der Perser und Griechen aus vorhellenistischer Zeit (Zeitraum ca. 510–322 v. Chr.), March-Hugstetten 2004. L. De Blois – P. Erdkamp – O. Hekster (Hrsg.), The Representation and Perception of Roman Imperial Power. Proceedings of the Third International Network Impact of Empire, Netherlands Institute in Rome, March 20–23, 2002, Amsterdam 2003. H. Papageorgiadou-Bani, The numismatic iconography of the Roman colonies in Greece. Local spirit and the expression of imperial policy (Meletemata 39), Athen 2004.
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Zu Kapitel 5: Der Geldumlauf K. Lockyear, Hoards and ancient coin production, NC 159, 1999, 215–245. M. Pfisterer, Ein Silberschatz vom Schwarzen Meer. Beobachtungen zum Geldumlauf im Achaimenidenreich, Leuven 2000. P. Haupt, Römische Münzhorte des 3.Jhs. in Gallien und den germanischen Provinzen, Grunbach 2001. G. Gorini (Hrsg.), Ritrovamenti monetali nel mondo antico. Problemi e metodi. Atti del Congresso Internazionale, Padova 31 marzo–2 aprile 2000, Padua 2002. E. Christiansen, Coinage in Roman Egypt: The Hoard Evidence, Aarhus 2004. J. D. Evans, The Coins and the Hellenistic, Roman, and Byzantine Economy of Palestine (The Joint Expedition to Caesarea Maritima. Excavation Reports VI), Boston 2006. M. Alram – F. Schmidt-Dick (Hrsg.), Numismata Carnuntina. Forschungen und Material, Wien 2007. J. Iluk, Aspects économiques et politiques de la circulation de l’or au Bas-Empire, Wetteren 2007. G. Depeyrot, Les principaux trésors monétaires romains (3e siècle avant J.-C. – 5e siècle après J.-C.), Wetteren 2008. G. Depeyrot, Les trésors et les invasions (Les enfouissements d’or et d’orfèvrerie de 379 à 491), 3 Bde, Wetteren 2009.
Zu Kapitel 6: Krise Athen W. T. Loomis, Wages, Welfare Costs and Inflation in Classical Athens, Ann Arbor 1998. Preise und Löhne J. Andreau – P. Briant – R. Descat (Hrsg.), Économie antique. Prix et formation des prix dans les économies antiques (Entretiens d’archéologie et d’histoire 3), Saint Bertrand de Comminges 1997. W. Szaivert – R. Wolters, Löhne, Preise, Werte. Quellen zur römischen Geldwirtschaft, Darmstadt 2005.
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Literaturnachträge
Provinzialprägungen A. Johnston, Greek imperial denominations, ca. 200 – 275. A study of the Roman provincial coinages of Asia Minor, London 2007. Krise im republikanischen Rom D. Backendorf, Römische Münzschätze des zweiten und ersten Jahrhunderts v. Chr. vom italienischen Festland, Berlin 1998. L. Pedroni, Crisi finanziaria e monetazione durante la Guerra Sociale (Collection Latomus 297), Brüssel 2006. Krise des 3. Jahrhunderts n. Chr. K.-P. Johne – U. Hartmann – T. Gerhardt (Hrsg.), Die Zeit der Soldatenkaiser. Krise und Transformation des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. (235–284), Berlin 2008, darin 843–860: K. Ehling, Das Münzwesen.
Tafelverzeichnis Zahlen in eckigen Klammern, die sich im Text finden, beziehen sich auf die entsprechenden Münzen im Tafelteil. Archaische und Klassische Zeit 1–10 Westkleinasien 11–15 Italien und Sizilien 16–26 Griechisches Mutterland 27–39 Das Persische Reich 40–48 Philipp II. und Alexander Hellenistische Zeit 49–55 Balkan 56–62 Kleinasien: Prägungen der Könige und des Reiches 63–68 Kleinasien: Städtische Prägungen 69–75 Osten 76–83 Ägypten und Nordafrika Römische Republik 84–85 Bronze 86–87 Der Westen 88–109 Gold und Silber 110–148 Römische Reichsprägung bis 300 n.Chr. 149–152 Die Westkelten 153–173 Römische Provinzialprägungen 174–182 Römische Reichsprägung: 4. Jh. 183–184 Barren Im folgenden Tafelverzeichnis geben die in eckige Klammern gesetzten Zahlen die Seiten im Text an, die sich auf die entsprechenden Münzen beziehen. Wenn nicht anders angegeben, handelt es sich um Silbermünzen. Die abgebildeten Münzen befinden sich im Heberden-Münzsaal des Ashmolean Museums in Oxford mit Ausnahme der folgenden, die in der Abteilung für Münzen und Medaillen des Britischen Museums aufbewahrt werden: 1, 2, 38, 45–6, 48, 52, 54–5, 67, 78–9, 88, 105, 122, 130, 138, 153–4, 156, 163–4, 166–8, 171. Der Barren Nr. 183 befindet sich in einer Privatsammlung, und der Barren Nr. 184 liegt im Römermuseum von Kaiseraugst.
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Tafelverzeichnis
Archaische und Klassische Zeit Westliches Kleinasien 1 Elektronstater, vor ca. 560 v. Chr.: Hirsch, ‚Ich bin das Wappen des Phanes‘/gepunzt [4]. 2 Phokaia, Elektronstater, vor ca. 560 v.Chr.: Siegel/gepunzt [3]. 3 Elektron, Sechstelstater, vor ca. 560 v.Chr.: Riffelungen/gepunzt [3]. 4 Lydien, Elektron, Drittelstater, vor ca. 560 v.Chr.: Löwenkopf/gepunzt [3]. 5 Lydien, Elektron, Sechstelstater, vor ca. 560 v. Chr.: Löwenkopf VALVEL/ gepunzt [3]. 6 Lydien, Elektron, Sechstelstater, vor ca. 560 v. Chr.: Löwenkopf RKALIL/ gepunzt [3]. 7 Elektron, Sechsundneunzigstelstater, vor ca. 560 v. Chr.: Hirschkopf/gepunzt [6]. 8 0,43 g, vor ca. 500 v.Chr.: Kopf/gepunzt [8]. 9 Teos, Stater, ca. 500–480 v.Chr.: Greif/gepunzt [6]. 10 Rhodos, Tridrachme, ca. 405–404 v. Chr.: Herakles als Schlangenwürger/Rose [72].
Italien und Sizilien 11 Velia, Drachme, ca. 535–500 v. Chr.: Löwenprotome, Beute zerreißend/gepunzt [5, 6]. 12 Sybaris, Stater, vor 510 v.Chr.: Stier/inkuses Stierbild [5, 17]. 13 Zankle/Messana, Tetradrachme, ca. 490 v. Chr.: Löwenskalp/Schiffsschnabel [6,72]. 14 Messana (Anaxilas), Tetradrachme, ca. 480 v.Chr.: Maultierbiga/Hase [72]. 15 Akragas, Golddiobol (?), ca. 406 v.Chr.: Adler und Schlange/Krabbe [130].
Griechisches Mutterland Ägina, Didrachme, vor ca. 510 v.Chr.: Schildkröte/Punze [28, 112]. Korinth, Tridrachme, vor ca. 500 v.Chr.: Pegasus/Punze [28, 112]. Korinth, Tridrachme, ca. 345 v.Chr.: Pegasus/Kopf der Athena [28, 113]. Athen, Didrachme, vor ca. 505 v.Chr.: Gorgoneion/gepunzt [4]. Athen, Tetradrachme, ca. 490–480 v.Chr.: Kopf der Athena/Eule [28, 41, 111]. Athen, Tetradrachme, ca. 450 v.Chr.: Kopf der Athena/Eule [51, 111]. Athen, Hemidrachme, ca. 450–400 v.Chr.: Kopf der Athena/Eule [23]. Athen, Golddiobol, ca. 406 v.Chr.: Kopf der Athena/Zwei Eulen [128]. Unedles Metall, ca. 350–320 v. Chr.: Kopf der Athena/Zwei Eulen, Köpfe aneinandergeschmiegt [9]. 25 Abdera, Tetradrachme, ca. 530–500 v.Chr.: Greif/gepunzt [5, 6]. 26 Derronen, Dodekadrachme, ca. 480–460 v.Chr.: Ochsenkarren/Triskeles [110]. 16 17 18 19 20 21 22 23 24
Persisches Reich 27 Lydien/Persien, schwerer Goldstater, vor ca. 520 v. Chr.: Protomen von Löwe und Stier/Punzen [4, 53].
Tafelverzeichnis
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28 Persien, silberner Halbstater (Siglos), ca. 520–500 v. Chr.: Protomen von Löwe und Stier/Punzen [4, 53]. 29 Persien, Siglos, ca. 510–490 v.Chr.: Brustbild des Großkönigs/gepunzt [4, 53]. 30 Persien, Golddareike, ca. 400–330 v.Chr.: Großkönig/gepunzt [4, 9, 53]. 31 Magnesia, Obol (?), ca. 465–450 v. Chr. (?): Kopf des Themistokles (?)/Monogramm [73]. 32 Kyzikos, Elektronstater, 5. Jh. v.Chr.: Krieger mit Bogen/gepunzt [4, 9, 54]. 33 Ephesos, Tetradrachme, ca. 400–330 v.Chr.: Biene/Hirschprotome [54]. 34 Lykien, Mithrapata, Stater, ca. 375 v. Chr.: Löwenprotome/Kopf des Mithrapata [57, 73]. 35 Lykien, Perikle, Stater, ca. 375 v.Chr.: Kopf des Perikles/Krieger [54, 73]. 36 Mallos, Stater (Doppelsiglos), ca. 385–333 v. Chr.: Kopf der Aphrodite/Kopf des Satrapen [54, 73]. 37 Tarsos, Pharnabazos, Stater (Doppelsiglos), 379–374 v. Chr.: Baal von Tarsos/ Kopf des Ares (?) [54, 57, 75]. 38 Ägypten, Artaxerxes, Tetradrachme, ca. 343 v. Chr.: Kopf der Athena/Eule ‚Artaxerxes Pharao‘ [10, 61, 111]. 39 Ägypten, Sabakes, Tetradrachme, ca. 333 v. Chr.: Kopf der Athena/Eule [10, 51, 111].
Philipp II. und Alexander 40 Makedonien, Philipp II., Tetradrachme, ca. 356–336 v. Chr.: Kopf des Zeus/ Philipp zu Pferd [73]. 41 Makedonien, Philipp II., Tetradrachme, ca. 336 v. Chr. (?): Kopf des Zeus/ Jockey auf Pferd [57, 75]. 42 Makedonien, Alexander III., Tetradrachme, ca. 336 v. Chr. (?): Kopf des Herakles/Zeus [57, 75]. 43 Makedonien, Philipp II., Goldstater, ca. 345–336 v. Chr.: Kopf des Apollon/ Streitwagen [9, 56, 75]. 44 ‚Babylon‘, Alexander, Goldstater, ca. 331–325 v. Chr.: Kopf der Athena/Nike [9, 10, 75, 134]. 45 Mesopotamien (?), Alexander, 5 Schekel, ca. 325 v. Chr.: Alexander zu Pferd einen indischen Potentaten auf Elefant angreifend/Alexander mit Blitzbündel von Nike bekrönt [45, 59, 74, 75, 91]. 46 Mesopotamien (?), Alexander, 2 Schekel, ca. 325 v. Chr.: Inder mit Bogen/ Elefant [59, 75, 134]. 47 Mesopotamien, goldene Doppeldareike, ca. 325 v.Chr.: Großkönig/Punze [59]. 48 Hierapolis-Bambyke, Stater, ca. 333–325 v. Chr.: Löwe/Alexander zu Pferd [59, 73].
Hellenismus Balkanländer 49 Östliche Kelten (Donaubecken), Tetradrachme, frühes 3. Jh. v. Chr.: Kopf des Zeus/Jockey auf Pferd [11, 119].
194
Tafelverzeichnis
50 Demetrios Poliorketes, Münze von Salamis, Tetradrachme, 330–295 v. Chr.: Nike auf Schiffsschnabel/Poseidon [76]. 51 Demetrios Poliorketes, Tetradrachme, ca. 290 v. Chr.: Kopf des Demetrios/ Poseidon [74]. 52 Griechenland, Goldstater, ca. 196 v.Chr.: Kopf des Flamininus/Nike [78]. 53 Athen, Tetradrachme, ca. 124/3 v. Chr.: Kopf der Athena/Eule (das A auf der Amphora bezieht sich auf den ersten Monat des athenischen bürgerlichen Jahrs) [35, 66]. 54 Gortyn, Didrachme, ca. 322–300 v. Chr.: Göttin im Baum/Stier. Überprägung einer Münze aus der Kyrenaika (Kopf des Zeus Ammon ist noch auf der Rückseite sichtbar) [102, 113]. 55 Gortyn, Tetradrachme, 67 v. Chr.: Kopf der Roma/Artemis Ephesia (RPC I Nr.902/1) [96].
Kleinasien: Königliche und kaiserliche Prägungen 56 Lysimachos, Münze von Lampsakos, Tetradrachme, 297/6–282/1 v. Chr.: Kopf des Alexander/Athena [75]. 57 Mithridates, Tetradrachme, 89/88 v. Chr.: Kopf des Mithridates/Pegasos im Efeukranz [43]. 58 Pergamon, unter Eumenes I., Tetradrachme, 262–241 v. Chr.: Kopf des Philetairos/Athena [62, 75]. 59 Ephesos, Attalos III., kistophorische Tetradrachme, 138/137 v. Chr.: Cista mystica im Efeukranz/Köcher zwischen Schlangen [62, 64]. 60 Pergamon, kistophorische Tetradrachme, 55–53 v. Chr. (Prokonsul C. Pulcher): Cista mystica im Kranz/Köcher zwischen Schlangen [66]. 61 Ephesos (?), kistophorische Tetradrachme, ca. 39 v. Chr.: Kopf des Antonius mit Efeukranz, im Kranz eingeschlossen/Büste der Octavia über Cista mystica, flankiert von zwei Schlangen (RPC 2201) [66, 89]. 62 Ephesos, kistophorische Tetradrachme, 28 v. Chr.: Kopf des Octavian/Pax im Kranz (RPC 2203) [66, 87].
Kleinasien: Städtische Prägungen 63 Nikaia, Bronze, 61–59 v.Chr.: Kopf des Dionysos/Roma [49, 96]. 64 Myrina, Tetradrachme, ca. 155–145 v. Chr.: Kopf des Apollon/Apollon stehend [63, 114]. 65 Ephesos, Drachme, 2. Jahrhundert v.Chr.: Biene/Hirsch und Palme [63]. 66 Rhodos, Tetradrachme, ca. 201–190 v. Chr.: Kopf Alexanders des Großen/Zeus [58]. 67 Aspendos, Tetradrachme, ca. 212/211 v. Chr. (Jahr 1): Kopf Alexanders des Großen/Zeus [47, 58]. 68 Side, Tetradrachme, ca. 210–170 v. Chr.: Kopf der Athena, gegengestempelt in Tralleis mit einem Bogenkasten/Nike [47, 64].
Tafelverzeichnis
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Der Osten 69 Seleukos I., Münze von Baktra, Tetradrachme, ca. 305–285 v. Chr.: Kopf des Zeus/Athena in Elefantenquadriga [76]. 70 Antiochos I., Münze von Seleukeia am Tigris, Tetradrachme, ca. 274–270 v.Chr.: Kopf des Antiochos/Apollon [59, 75]. 71 Antiochos IV., Münze von Antiocheia, Tetradrachme, ca. 169–167 v. Chr.: Kopf Antiochos’ IV./Zeus [74]. 72 Antiochos IV., Antiochia bei Callirhoe, Bronze, 169/8–164 v.Chr.: Kopf des Antiochos/Zeus [60]. 73 Antiochos VI., Münze von Antiochia, Tetradrachme, 143/142 v. Chr.: Kopf des Antiochos/Dioskuren reitend [74]. 74 Tripolis, Tetradrachme, ca. 102–93 v.Chr.: Köpfe der Dioskuren/Tyche [47]. 75 Baktrien, Demetrios I., Tetradrachme, ca. 200–190 v. Chr.: Büste des Demetrios/Herakles [11].
Ägypten und Nordafrika 76 Ptolemaios I., Tetradrachme, ca. 310–305 v. Chr.: Kopf Alexanders des Großen/ Athena [75]. 77 Ptolemaios I., Tetradrachme, ca. 300–282 v. Chr.: Kopf des Ptolemaios/Adler auf Blitzbündel [61, 74]. 78 Ptolemaios II., goldene Oktodrachme (Mnaeion), ca. 261/260–240 v. Chr.: Büsten von Ptolemaios II. und Arsinoe II./Büsten von Ptolemaios I. und Berenike I. [9, 74]. 79 Ptolemaios IV., Oktodrachme, 222–205 v. Chr.: Kopf des Ptolemaios III./Füllhorn [9, 74]. 80 Kleopatra VII., Bronze 80 Drachmen (?), ca. 40–30 v. Chr.: Büste der Kleopatra/Adler auf Blitzbündel [152]. 81 Karthago, Goldstater, ca. 350–320 v.Chr.: Kopf der Tanit/Pferd [9, 131]. 82 ‚Libya‘, Billonschekel, 241–238 v.Chr.: Kopf des Herakles/Löwe [131]. 83 Karthago, Billon, ca. 209–208 v.Chr.: Kopf der Tanit/Pferd [131].
Römische Republik Bronze 84 Bronzeas, ca. 225–217 v. Chr.: Kopf des Janus/Schiffsvorderteil (RRC 36/1) [11, 29, 129]. 85 Bronzeas, nach 211 v.Chr.: Kopf des Janus/Schiffsvorderteil (RRC 56/2) [129].
Der Westen 86 Lokroi, Didrachme, ca. 275 v. Chr.: Kopf des Zeus/Pistis Roma krönend [66, 76]. 87 Cese-Tarraco, Denar, 2. Jahrhundert v. Chr.: Männlicher Kopf/Reiter mit Beipferd [67].
196
Tafelverzeichnis
Gold und Silber 88 Goldstater, 225–212 v.Chr.: Kopf des Janus/Schwurszene (RRC 28/1) [11, 129]. 89 60-As-Goldstück, von 211 v. Chr.: Kopf des Mars/Adler auf Blitzbündel (RRC 44/2) [11, 129]. 90 Denar, von 211 v.Chr.: Kopf der Roma/Dioskuren (RRC 44/5) [13, 129]. 91 Victoriatus, von 211 v. Chr.: Kopf des Juppiter/Victoria Tropaion bekrönend (RRC 44/1) [129]. 92 Denar, ca. 119 v. Chr.: Kopf des Janus/Victoria Tropaion bekrönend (RRC 281/1) [77]. 93 Denar, ca. 101 v. Chr.: Kopf der Roma/Marius (?) als Triumphator in Quadriga (RRC 326/1) [77]. 94 Denar, ca. 100 v. Chr.: Kopf des Saturn/Zwei Quästoren auf Bank sitzend (RRC 330/1) [42]. 95 Denar, ca. 90 v.Chr.: Kopf des Apollon/Reiter (RRC 340/1) [41]. 96 Denar, 84–83 v. Chr.: Kopf der Venus/zwei Tropaia, Kanne und Lituus (RRC 359/2) [78, 89]. 97 Denar, 82 v. Chr.: Kopf der Roma/Sulla als Triumphator in Quadriga (RRC 367/3) [78]. 98 Denar, 76–75 v. Chr.: Büste des Genius populi Romani/Zepter mit Kranz, Weltkugel und Steuerruder (RRC 393/1b) [95]. 99 Denar, 70 v. Chr.: Köpfe von Honos und Virtus/Italia und Roma (RRC 403/1) [95]. 100 Denar, 56 v. Chr.: Kopf des Herkules/Weltkugel, drei kleine Kränze, ein großer Kranz, Aphlaston und Getreideähre (RRC 449/4b) [78, 95]. 101 Denar, 53 v. Chr.: Büste der Roma/Sella curulis; darunter, Zepter mit Kranz (RRC 435/1) [83]. 102 Denar, 48 v.Chr.: Kopf der Libertas/Roma (RRC 449/4) [83,95]. 103 Denar, 47–46 v. Chr.: Kopf der Venus/Äneas und Anchises (RRC 458/1) [83, 89]. 104 Aureus, 46 v.Chr.: Weiblicher Kopf/Lituus, Kanne und Axt (RRC 466/1) [12]. 105 Denar, 44 v. Chr.: Kopf des Julius Caesar/Fasces und Caduceus, Axt, Weltkugel und Hände im Handschlag (RRC 480/6) [78, 86]. 106 Denar, 44–43 v. Chr.: Kopf des Cn. Pompeius Magnus mit Dreizack/Schiff (RRC 483/2) [89]. 107 Denar, 43–42 v. Chr.: Kopf des Brutus/Pileus und zwei Dolche (RRC 508/3) [78, 81, 83]. 108 Denar, 42–40 v. Chr.: Kopf des Cn. Pompeius Magnus mit Dreizack/Neptun zwischen den Cataneischen Brüdern (pii fratres von Catania), die ihre Eltern tragen (RRC 511/3a) [84]. 109 Denar, 32–31 v.Chr.: Schiff/Legionsadler und Standarten (RRC 544/24) [135].
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Römische Kaiserzeit bis 300 n.Chr. 110 Octavian, Denar, ca. 32–29 v.Chr.: Büste der Nike/Statue (RIC I2 256) [88, 89]. 111 Octavian, Denar, ca. 29–27 v. Chr.: Herme mit Zügen des Octavian, dahinter Blitzbündel/Octavian auf Sella curulis, Victoria haltend (RIC I2 270) [89]. 112 Octavian, Denar, ca. 29–27 v. Chr.: Kopf des ‚Apollon‘/Statue auf mit Schiffsschnäbeln geschmückter Säule (RIC I2 271) [88]. 113 Octavian, Denar, 28 v.Chr.: Kopf des Octavian/Krokodil (RIC I2 275a) [87]. 114 Aureus, Spanische Münzstätte, ca. 20–19 v. Chr.: Augustus/Clipeus virtutis zwischen Lorbeerzweigen (RIC I2 52a) [78, 87]. 115 Augustus, Denar, Münzstätte Rom, ca. 19 v. Chr.: Büste der Feronia, Münzmeister Turpilianus/Parther kniend, Feldzeichen zurückgebend (RIC I2 288) [79, 82, 87]. 116 Augustus, Denar, Münzstätte Rom, 13 v. Chr.: Kopf des Augustus/Kopf des Agrippa, Münzmeister Cossus Lentulus (RIC I2 414) [79, 92]. 117 Augustus, Münzstätte Lugdunum, Kupferas, 12–14 n. Chr.: Kopf des Tiberius/ Altar (RIC I2 245) [93]. 118 Kupferas, ca. 62 n.Chr.: Nero/Apollon (RIC I2 119) [90]. 119 Messingdupondius, ca. 63 n.Chr.: Nero/Victoria (RIC I2 119) [90]. 120 Denar, 68–9 n.Chr.: Kopf der Libertas/Pileus und Dolche (RIC I2 25) [83]. 121 Denar, 68–9 n.Chr.: Victoria/SPQR im Kranz (RIC I2 72) [87]. 122 Messingsesterz, 71 n.Chr.: Vespasian/Inschrift im Kranz (RIC 456) [87]. 123 Messingsesterz, 80–81 n. Chr.: Titus/Vespasian übergibt Weltkugel an Titus (RIC 98) [93]. 124 Domitian, Denar, 82–83 n. Chr. und später: Büste des Domitian/männlicher Säugling auf Weltkugel, umgeben von Sternen (RIC 213) [90]. 125 Domitian, Kupferquadrans, 81–96 n.Chr.: S.C./Nashorn (RIC 435) [140]. 126 Messingsesterz, 92–4 n. Chr.: Domitian/Victoria Domitian bekrönend, der Blitzbündel hält (RIC 403) [91]. 127 Messingsesterz, 95–6 n.Chr.: Domitian/Triumphbogen (RIC 416) [82]. 128 Messingsesterz, 97 n.Chr.: Nerva/zwei grasende Maultiere (RIC 93) [82]. 129 Trajan, Aureus, ca. 107 n. Chr.: Kopf des Tiberius/sitzende Frau; die Legende besagt, daß Trajan den Typ restituieren ließ (RIC 821) [82]. 130 Aureus, 114–17 n.Chr.: Trajan/Juppiter und Trajan (RIC 250) [90]. 131 Messingsesterz, 114–17 n. Chr.: Trajan/Trajan präsentiert Parthien einen König (RIC 667) [95]. 132 Denar, 117 n. Chr.: Hadrian/Trajan und Hadrian im Handschlag, ADOPTIO (RIC 3a) [93]. 133 Aureus, 134–8 n.Chr.: Hadrian/Ägypten (RIC 296) [82, 95]. 134 Kupferas, 119 n.Chr.: Hadrian/Britannia (RIC 577b) [81, 82, 95, 123]. 135 Kupferas, 154–5 n.Chr.: Antoninus Pius/Britannia (RIC 934) [123]. 136 Messingsesterz, 192 n. Chr.: Commodus als Herkules/Keule und Inschrift im Kranz (RIC 638) [91]. 137 Denar, Syrische Münzstätte, 194–5 n. Chr.: Septimius Severus/Victoria schreibt auf Schild an Säule (RIC 430) [126].
198
Tafelverzeichnis
138 Aureus, 201 n. Chr.: Caracalla/Septimius Severus und Julia Domna als Sonne und Mond (RIC 52) [90, 93]. 139 Aureus, 202 n. Chr.: Septimius Severus/Julia Domna zwischen Caracalla und Geta (RIC 181c) [93]. 140 ‚Antoninian‘, 215 n.Chr.: Caracalla/Sarapis (RIC 263d) [13, 90, 133, 151]. 141 ‚Antoninian‘, Münze von Antiochia, 244–5 n. Chr.: Philippus I./Pax (RIC 69) [82, 90]. 142 ‚Antoninian‘, 248 n. Chr.: Otacilia/Nilpferd, IIII = 4. Offizin (RIC 116b) [30, 90]. 143 ‚Antoninian‘, Münzstätte Antiochia, ca. 264–5 n. Chr.: Salonina/Ceres (RIC 90) [90]. 144 Bronzesesterz, Münzstätte ‚Köln‘, 260 n. Chr.: Postumus/Tropaion und Gefangene (RIC 120) [94, 158]. 145 Reformierter ‚Antoninian‘, Münzstätte Siscia, 274–5 n. Chr.: Aurelian/Sol (RIC 255) [146, 151]. 146 ‚Antoninian‘, Münzstätte Antiochia, ca. 270 n. Chr.: Aurelian/Vabalathus (RIC 381) [94, 158]. 147 Denar, 287–93 n.Chr.: Carausius/Wölfin und Zwillinge (RIC 571 D) [94, 158]. 148 ‚Antoninian‘, 287–93 n. Chr.: Carausius mit Diokletian und Maximian/Pax (RIC 1) [94, 158].
Westliche Kelten 149 Belgisches Gallien, Goldmünze mit reduziertem Feingehalt, ca. 60–50 v. Chr.: Blank/Pferd [67, 131]. 150 Britannien, Tincommius (südliches Königreich), Goldmünze mit reduziertem Feingehalt, spätes 1. Jh. v.Chr.: Inschrift/Reiter [11, 67, 131]. 151 Britannien, Cunobelin, Münzstätte Camulodunum, Goldmünze mit reduziertem Feingehalt, frühes 1. Jh. v.Chr.: Kornähre/Pferd [11, 67, 131]. 152 Britannien, Caratacus (südliches Königreich), Goldmünze mit reduziertem Feingehalt, ca. 40 n.Chr.: Büste/Adler [11, 67, 131].
Römische Provinzialprägungen 153 Magnesia am Sipylos, Bronze, frühe zwanziger Jahre v. Chr. (?): Kopf des Marcus Tullius Cicero/zur Faust geballte Hand, die einen Kranz, Kornähren und Weinrebe hält (RPC 2448) [97]. 154 Pergamon, Bronze, ca. 10–2 v. Chr.: Büste der Livia ‚Hera‘/Büste der Julia ‚Aphrodite‘ (RPC 2359) [97]. 155 Antiochia in Syrien, Tetradrachme, 62/3 n.Chr.: Nero/Adler (RPC 4184) [43]. 156 Sikyon, Bronze, 66–8 n. Chr.: Nero ‚Zeus Eleutherios‘/Reiter (RPC 1238) [83, 97]. 157 Alexandria, Billontetradrachme, 67/8 n. Chr.: Nero/Aktischer Apollon (RPC 5317) [97].
Tafelverzeichnis
199
158 Erste Jüdische Revolte, Shekel, 68 n. Chr.: Tempelgefäß/Stamm mit drei Granatäpfeln [47]. 159 Zweite Jüdische Revolte, Tetradrachme, 134–5 n. Chr.: Tempel ‚Simeon‘/Bund von Lulav und Ethrog ‚Für die Freiheit Jerusalems‘ [47, 95]. 160 Lykien, Drachme, 98–99: Trajan/Lyren [118]. 161 Chios, Bronzeassarion, 1./2. Jh. n.Chr.: Sphinx/Amphora [66]. 162 Smyrna, Bronze, ca. 147 n. Chr.: Antoninus Pius/Pelops und Hippodameia in Biga [98]. 163 Nikaia, Bronze, 198–212 n. Chr.: Julia Domna/Caracalla und Geta, die an die Severisch-philadelphischen Spiele erinnert [98]. 164 Mytilene, Bronze, 209–12 n. Chr.: Caracalla und Geta (Name und Büste von Geta eradiert)/Kaiser zu Pferd Feind attackierend [82, 99]. 165 Pergamon, Bronze, 214–17 n.Chr.: Caracalla/drei Neokorie-Tempel [98]. 166 Laodikeia, Bronze, 214–17 n. Chr.: Caracalla/Land und Meer tragen gemeinsam Statue des Kaisers mit Strahlenkrone, darunter Adler mit Kranz [99]. 167 Edessa, Bronze, 238–44 n. Chr.: Gordian III./Kaiser sitzend und König Abgar [98]. 168 Philippopolis (geprägt in Antiochia), Bronze, 244–9 n.Chr.: Otacilia/Roma [33, 49]. 169 Syrien (geprägt in Rom), Tetradrachme, 244–6 n. Chr.: Philippus I./Adler (MON. VRB.) [34]. 170 Mopsuhestia, Bronze, 255/6 n.Chr.: Valerian/Brücke [98]. 171 Smyrna, Bronze, 260–8 n. Chr.: Gallienus (Gegenstempel H = 8)/Inschrift im Kranz [140, 160]. 172 Alexandria, ‚Kupfer‘drachme, 269/70 n.Chr.: Claudius II./Nil [140]. 173 Alexandria, Billontetradrachme, 295/6 n. Chr.: Diokletian/Sarapis und Isis [68, 147, 162].
Römische Kaiserzeit: 4. Jahrhundert n.Chr. 174 Münzstätte Alexandria, Billonnummus, ca. 300 n. Chr.: Diokletian/Genius Populi Romani (RIC 30a) [137, 146, 149, 151]. 175 Münzstätte Ticinum, Argenteus, ca. 300 n. Chr.: Maximian/XCVI (= 96) im Kranz (RIC 20 b) [133, 137, 149, 151]. 176 Münzstätte Ticinum, Solidus, 316 n. Chr.: Konstantin I./Vier Jahreszeiten (RIC 41) [13, 133]. 177 Münzstätte Ticinum, Billonnummus, 316 n. Chr.: Konstantin I./Sol (RIC 45) [90]. 178 Münzstätte Nikomedeia, Billon, 348–51 n. Chr.: Konstans/Kaiser auf Galeere (RIC 64) [151, 154]. 179 Münzstätte Amiens, Billon, 353 n.Chr.: Magnentius/Chi-Rho (RIC 34) [79]. 180 Münzstätte Lugdunum, Billon, 360–3 n.Chr.: Julian/Stier (RIC 236) [79, 84]. 181 Münzstätte Rom, ‚Siliqua‘, 364–7 n. Chr.: Valens/Inschrift im Kranz (RIC 10 c) [133].
200
Tafelverzeichnis
182 Comitatensische Münzstätte in Mailand, Solidus, 394–5 n. Chr.: Honorius/ Kaiser tritt auf Gefangenen [34].
Gestempelte Edelmetallbarren 183 Silberbarren, 597,43 g, aus dem Schatz von Selinus, vor ca. 500 v. Chr., gestempelt mit bärtigem männlichen Kopf [41, 103]. 184 Silberbarren, 952,9 g, ursprünglich drei römische Pfund, aus dem Schatz von Kaiseraugst, 350–3 n. Chr., gestempelt mit Büste des Magnentius in Vorderansicht und beschriftet (80% der Originalgröße) [41, 103]
Tafeln [1–15]
201
1
2
4
3
9
5
10
6
7
11
12
13 14
15
8
202
Tafeln [16–26]
16
20
17
18
21
22
25
26
19
23
24
Tafeln [27–39]
27
28
203
30
29
33
32
34
35
38
31
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39
204
Tafeln [40–48]
40
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42
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43
46
45
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48
Tafeln [49–55]
49
50
205
51
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206
Tafeln [56–62]
56
57
59
60
62
58
61
Tafeln [63–68]
207
63
64
67
66 65
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208
Tafeln [69–75]
69
70 71
72
75 73
74
Tafeln [76–83]
76
209
77
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81
80
79
82
83
210
Tafeln [84–85]
84
85
Tafeln [86–97]
211
86
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88
89
90
91
92
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94
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96
97
212
Tafeln [98–109]
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
Tafeln [110–119]
213
110
111
112
113
114
115
116
117
118
119
214
Tafeln [120–126]
120
121
122
123
124
125
126
Tafeln [127–133]
215
127
128
129
130
131
132
133
216
Tafeln [134–140]
134
135
136
137
138
139
140
Tafeln [141–148]
217
142
141
143
144
145
146
147
148
218
Tafeln [149–157]
149
150
151
152
153
155
154
156
157
Tafeln [158–163]
219
158
159
160
161
162
163
220
Tafeln [164–166]
164
165
166
Tafeln [167–173]
167
221
168
169
171
170
172
173
222
Tafeln [174–182]
174
175
176
177
179
178
181
180
182
Tafeln [183–184]
183
184
223
Register A rationibus 80 Aerarium sanctius 10, 129 Ägina 28, 212 Agone 75, 97–8 Agora 2, 19, 23–4, 30, 39 Ägypten: dynastisch 14–15; persisch 10, 54, 110–2; römisch 25, 68, 117, 139– 40, 142–6, 152, 156, 162; siehe auch Ptolemäer Alexander 9–10, 25, 27, 33, 41, 55–59, 69, 73–5, 91, 98, 106, 114, postume Prägungen 9, 11, 47, 58–9, 62, 69, 74– 5, 114 Alexandria 30, 34, 97 siehe auch Ägypten; Ptolemäer Anleihen siehe Kredit Anthropologie 16 Antiochia (Syrien) 32, 34, 49, 84, 127 ‚Antoninian’ 13, 90, 133–5, 151, 158; im Osten 127, 138, 157; siehe auch Münzverschlechterung; ‚Radiate‘ Antoninus Pius 91, 98, 123 Antonius siehe Marc Anton Apadana siehe Persepolis Argenteus 137–8, 148–50 Artaxerxes 55 Artemision siehe Ephesos Aryandes 53–4 Athen 4, 8–10, 23–5, 27–8, 37 Anm. 1, 39, 46, 51–3, 55–6, 69, 73, 103–8, 111–2, 128–30; siehe auch Imitationen Athenisches Münzdekret 51–2, 69–70 Attaliden 33, 41–2, 62–4, 69–70, 75, 114– 5, 132 Attribute, göttliche siehe Gottheiten Augustus (Octavian) 50, 76–80, 84, 85– 89, 92–3, 96, 142
Aurelian 13, 94, 133, 144–6, 151–4, 157 Aureus 120, 138, 144, 145 Anm. 2, 157; siehe auch Goldprägung Autonomie 46–50, 60, 68–9, 71; siehe auch Freiheit; Polis Autorität 3, 17, 19–20, 78–9 Babylonien 10, 14–5, 142 Baktrien 11, 31 Baltisch 101, 121; siehe auch Barbaricum Banken siehe Kredit Bankiers in der Münzstätte 29, 39 Barbaricum 121 Bath 123 Bildersprache 85–8, 99 Britannia 81, 123 Britannien 11, 121–3, 126–7, 131, 158; siehe auch Britannia; Britannisches Sonderreich; Carausius Britannisches Sonderreich 123, 158; siehe auch Carausius Bronze siehe Kredit Brutus 78, 83 Budget siehe Staatsausgaben Bundesgenossenkrieg 41, 135 Caesar 78, 83, 87, 89, 96 Caligula siehe Gaius Cameos 83 Caracalla 93, 98–9, 151 Carausius 94, 158 Chronologie 121–3 Claudius 86, 90, 93 Comes 90 Comitatensische Münzstätte 34, 104 Commodus 82, 91 Conservator 90
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Register
Constantin 13, 29, 78, 90, 133, 136, 161–2 Corbulo 43 Dacia 101, 118–9, 136 Damnatio 81 Dareike siehe Persien Dareios 53–5, 69, 111; siehe auch Persien Demanhur Schatzfund 114 Demetrios Poliorketes 76 Denar 13, 35, 64, 67, 118–21, 129, 132–9, 145 Anm. 2, 150, 152; im Osten 126, 138; siehe auch Münzverschlechterung Diocletian 13, 68, 94, 133, 137, 146–9, 151, 157–8, 162; Münzreform 137, 146–8, 154; Preisedikt 140, 145 Anm. 2, 151–2, 153–4; siehe auch Tetrarchie Divus 89–90 Domitian 41, 82, 90–1, 93, 124, 137 Dynastische Kontinuität siehe Nachfolge Elagabal 90 Elektron: früh 1–10, 17, 72; später 4, 9, 54, 130 Entschädigungen 27, 41–2, 106, 114–5, 132 Ephesos 63, 66, 102, 74; Artemision 1–3 Etrusker 2, 8, 11 Euergetismus 141, 161–2 Export von Geld 42, 63, 101, 106–7, 110–11, 117–20 Fälschungen: Athen 128; Samos 130 Feingehalt siehe Münzverschlechterung; Metallurgie FEL. TEMP. REPARATIO 151, 153 Fisher-Gleichung 141–2 Flamininus 78 Follis 151 Freiheit 63; siehe auch Autonomie Freiheitsären 47 Gabentausch 14–5, 18 Gaius (Caligula) 82
Galba 83, 87 Gallienus 90, 159 Gallische Kriege 131 Gallisches Reich 123; siehe auch Postumus Gegenstempel 64, 140, 160 Geld vor Einsetzen der Münzprägung 10, 14–7, 19, 142 Geld: Definition 14; Gebrauch 14–26 Geldreform 13, 120–1, 129–39 (speziell 151–54) Geldtransfer 23, 26, 104, 108 Geschlossenes Währungssystem 39–40, 46, 60–2, 69, 114, 132, 139, 147, 162 Geta 82, 93, 98 Gewichtsreduktion bei Münzen: griechisch 130–2; römisch siehe Geldreform Globus 78, 95 Goldprägung 4, 9–13, 27–9, 38–9, 53–65, 103–4, 114–5, 120, 125, 128–30, 132–3, 138, 143–51, 155–6 Goldpreis 120, 137–8, 143, 145, 148, 155 Göttliche Abkunft 64, 75, 83; siehe auch Göttlichkeit; Herrscherkult Göttliche Attribute siehe Göttlichkeit Göttlichkeit von Königen und Kaisern 73–5, 83, 89–92, 99; siehe auch Göttliche Abkunft; Herrscherkult Gouverneure siehe Statthalter; Satrapen ‚Griechischer‘ Charakter der Münzprägung 1–2, 17–9 Großreiche 25–6, 44–70, siehe auch Imperialismus Gußfälschungen 29 Hadrian 82, 87–8, 93, 123 Handel, Münzprägung und 19, 23, 40, 59–60, 61, 68 (speziell 102–110); siehe auch Marktaustausch Händler 15, 24, 106; siehe auch Naturalhandel ‚Hellenisches‘ (gemeingriechisches) Geld 56, 58–9
Register Herrscherkult 45, 74, 85, 92, 98–9; siehe auch Göttliche Abstammung; Göttlichkeit Homer 15–6 Homogenität des Geldes 125–6, 157–8 ‚Iberische‘ Prägungen 67 Ikonographie 71–100; militärische Themen 43, 74, 77–8, 92, 95, 99 Imitationen: athenische 10, 54–5, 59, 111–2, 114; römische 158 Imperialismus 45–51, 74, 94–99; siehe auch Großreiche Indien 1, 11, 101, 120, 149 Individuen: Prägungen von oder für 3– 4, 38–9, 53–4; Mobilität von 106, 109, 114–5 Inflation 139–56 Inkuse Münzen 6, 17 Inschriften: Sestos 48 Irrationalität 151–2 Italien, vorrömisches 4, 6, 8–9, 17, 76, 114, 131 Juden 46 Jüdische Aufstände 47; Erster 43; Zweiter 94 Julian 79, 84 Kaiserinnen 90, 93, 97 Kaiserkult siehe Herrscherkult Karthago 2, 9, 37, 67, 70, 131 Kelten 11, 21, 67, 114, 119–20, 131 Keramik 112 Kistophoren 62–4 Kleopatra 96, 152 Klientelkönige 97 Kolonien 6, 18 Korinth 28, 38, 55, 92, 112 Kredit 15, 19–20, 23–4, 41, 104, 106, 129, 142, 156 Kreta 113–4 Krieg 13, 21–2, 38, 42–3, 56, 58–9, 61, 63, 66, 102, 104–5, 114–5, 117, 121, 126– 32, 134, 156–7, 161; siehe auch Mi-
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litärausgaben; Gallische Kriege, Jüdische Aufstände; Libyscher Aufstand; Ikonographie; Söldner; Peloponnesischer Krieg; Bundesgenossenkrieg; Staatsausgaben Krise 128–56; 3. Jh. n. Chr. 132–3, 156– 61; siehe auch Inflation Kroisos 2, 4 Land 24, 123 Legenden 86–7 Legitimität 71, 75, 92–4 Libertas 83, 87; siehe auch Personifikationen Libyscher Aufstand 131 Licinius 148, 153, 156 Lydien 1–4 Lysander 72 Lysimachos 56–7, 75 Maiorina 150 Makedonien 73, 114; siehe auch Alexander; Nordgriechenland; Philipp II.; Perseus Marc Anton 66, 89, 96, 135 Marius 77 Marktaustausch 6, 14–21, 105, 120–1; siehe auch Handel Mesopotamien 14 Metall, Quellen 1, 10, 27–9, 54, 58, 62, 65, 69, 102, 107, 111–2, 129, 131, 143, 157 Metallurgie 27–9, 33–4, 135, 138, 145–6; siehe auch Münzverschlechterung Militär siehe Ikonographie, Militärausgaben; Söldner; Krieg Militärausgaben 21, 57, 103–4, 121, 125– 6, 131, 141, 146–7, 153; siehe auch Krieg; Söldner; Staatsausgaben Minen 10, 27–8, 69, 102, 107, 111–2 Moralische Wertvorstellungen im ökonomischen Denken 137 Münzbilder 71–100 Münzmeister siehe triumviri monetales Münzstätte 29–34 Münztypen, politische 71–100
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Register
Münzverschlechterung 9, 13, 120–1, 129–39, 144–56, 160 Mykene 14–5 Nachfolge (Machtübergabe) 75–6, 92–4, 99 Naturalhandel 155 Neokorie 98–9 Nero 43, 83, 90, 93, 97, 120, 132, 136, 149 Nerva 82, 93 Nordgriechenland 42, 51–2, 109 Nummularii 29, 39 Nummus 146, 148–9, 153
Preise 22–3, 139–43, 147, 152, 154; siehe auch Goldpreis; Inflation; Silberpreis Preisedikt siehe Diocletian Privatleute (die Münzen prägen) siehe Individuen Procurator monetae 80 Propaganda 81–4, 100 Providentia 82, 93 Provinzen 88, 97; siehe auch Britannia Ptolemäer 9, 30, 33, 39, 47, 60–2, 68, 75, 107, 115, 130, 132, 152; siehe auch Kleopatra Punische Kriege: Erster 131, 134; Zweiter 8, 13, 128–9, 134 Pyrrhus-Krieg 66, 76, 132
Octavian siehe Augustus Pamphylien 160–1 Papyrus siehe Ägypten Peloponnesischer Krieg 28–9, 128 Pergamon 98; siehe auch Attaliden Perge, Akklamation 48 Persepolis 5 Perseus 132 Persien 1–2, 5–6, 10, 39, 42, 53–5, 57–8, 69, 73, 105, 110–11 Personifikationen 83, 86, 91, 97; siehe auch Libertas; Pietas; Providentia Phanes 4 Philetairos-Prägungen 62 Philipp II. 9, 27, 46, 55–9, 73–4 Philippopolis 33, 49 Phönizier 2 Pietas 83; siehe auch Personifikationen Pisidien 160–1 Polis 2, 4, 6. 18–20, 48–50, 67, 71, 160–1 Pompeius 48, 78, 83, 89, 95 Pontus 48, 96 Poros 74 Porträt 45, 50, 54, 59–60, 64, 69, 73–5, 85, 94, 99 Postume Prägungen 55–9, 62, 69; siehe auch Alexander Postumus 158 Prägestärke 34–5, 37 Anm. 1, 140, 154
Quadrans 140 Quantitätstheorie 141–3 ‚Radiate‘ (Strahlenkrone) siehe ‚Antoninian‘; Reform-Radiate 159; siehe auch Aurelian Redistribution 19, 105 Reichsmünzen: Umlauf 116–27; frühe 12–3, 34, 111; Geschichte 11–2, 129, 132–161; politische Ikonographie 71–100; Verbreitung 12, 66–7 Res Gestae 86 Restitutionsmünzen 82 Rhodos 58, 108 Rivalität, städtische siehe Stadt Roma 95–6 Romanisierung 65–8 Römische Provinzialmünzen 12, 34–8, 47–51, 65–6, 79, 92–3, 96–7, 117–8, 133, 138, 140, 159–61 Samier in Zankle 6, 72 Sardis siehe Lydien Satrapen 54, 60, 73 Schulden siehe Kredit Schwarzes Meer 9, 54 Selbständigkeit siehe Autonomie Seleukiden 11, 33, 42, 47, 59–60, 69, 75, 114–5, 130
Register Selinus Schatzfund 112 Semis 140, 158 Septimius Severus 90, 93, 121, 126, 159– 60 Sesterz 132, 158–9 Sextus Pompeius 84, 88 Siglos siehe Persien Silberbarren als Geld 10, 15, 17, 53, 103, 110, 120 Silberprägung, Beginn der 4–6, 17 Silberpreis 107, 120, 137, 143, 151 Sizilien 2, 6, 9, 76, 103, 112, 130; Athenische Expedition nach 104 Skandinavien siehe Baltisch Söldner 3, 11, 56, 58, 105, 113–4, 131 Solidus 13, 27–9, 39, 104, 121, 133, 142 Anm. 1, 143, 145 Anm. 1, 148–9, 155– 6; siehe auch Goldprägung Spanien 67 Sparta 70 Spiele siehe Agone Staatsausgaben 3, 9, 16, 21–3, 38–40, 105–6, 124, 128, 134–9, 154–6; siehe auch Armeeausgaben; Söldner, Krieg Stadt siehe Polis; Rivalität, städtische 89 Statthalter: Alexanders 59; römische 66, 96; siehe auch Satrapen Stempel 8, 27–34, 37 Anm. 1, 111 Stempelkopplungen zwischen Städten 32–4, 62–3 Stephanophoren 63, 114 Steuer 14, 16–7, 26, 41, 103, 106, 125, 156, 161; siehe auch Zollerhebung; Tribut Stolz, städtischer siehe Polis Streufunde 101, 122; siehe auch Umlauf Sulla 78, 88, 95 Sybaris 4
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Tacitus (Kaiser) 160–1 Tetrarchie 79, 158; siehe auch Diocletian Themistokles 73 Thrakisch-Makedonische Region siehe Nordgriechenland Tiberius 90, 93 Timoleon 130 Timotheos 130 Tissaphernes 73 Titus 93 Trajan 82, 87, 90, 120, 136 Tribut 45, 69, 106; Athen 22, 52, 128; Persien 46–7, 91, 96–7 Triumviri monetales 77 Tugenden siehe Personifikationen Überbewertung 61–2, 64, 138, 147–9, 154–5 Überprägung 102, 113 Umlauf 16–7, 101–27, 158–9 Umlaufgeschwindigkeit 141–2 Usurpatoren 94, 158 Vabalathus 94, 158 Verbreitung von Münzgeld 5–13, 16–19 Verrufung von Münzen 82, 150, 153 Vespasian 87, 93, 95, 136 Victoriatus 129 Währungsedikt siehe Diocletian Wohltätigkeitsideologie der Herrschaft 50, 96–99 Zankle 6, 72 Zollerhebung 107–8 Zuweisung von Münzen 81, 123–4; siehe auch Verbreitung von Münzgeld Zweite Sophistik 98