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German Pages 244 [246] Year 2015
Studien und Texte zu Antike und Christentum Studies and Texts in Antiquity and Christianity Herausgeber/Editors Christoph Markschies (Berlin) · Martin Wallraff (Basel) Christian Wildberg (Princeton) Beirat/Advisory Board Peter Brown (Princeton) · Susanna Elm (Berkeley) Johannes Hahn (Münster) · Emanuela Prinzivalli (Rom) Jörg Rüpke (Erfurt)
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Vera Hirschmann
Die Kirche der Reinen Kirchen- und sozialhistorische Studie zu den Novatianern im 3. bis 5. Jahrhundert
Mohr Siebeck
Vera Hirschmann, geboren 1967; Studium der Alten Geschichte, Mittelalterlichen Geschichte und Latein; 1996 Magister; 2001 Promotion; seit 2003 Wiss. Mitarbeiterin am WissenschaftlichTheologischen-Seminar der Universität Heidelberg im Projekt »Pepouza and Tymion Archaeological Surface Survey«.
e-ISBN PDF 978-3-16-153959-6 ISBN 978-3-16-153958-9 ISSN 1436-3003 (Studien und Texte zu Antike und Christentum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2015 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Laupp & Göbel in Nehren auf alterungbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Meinen Eltern
Vorwort und Danksagungen Dieses Buch über den ersten »Gegenpapst« und seine Anhänger, fast 50 Jahre nach der letzten (und bisher einzigen) Monographie zur novatianischen Kirche, geht auf eine Anregung meines Doktorvaters Anthony Birley zurück, an dessen Lehrstuhl in Düsseldorf ich zu diesem Zeitpunkt arbeitete. Gemeinsam wurden begeistert Ideen gesammelt, wie ein neues Buch über die Novatianer aussehen könnte und welche Inhalte interessant sein könnten. Dabei war das zweibändige Standardwerk (Anatolia I und II) von Stephen Mitchell (Exeter) ein Fundus für Ideen und Anregungen, in welche Richtungen man Forschungen zur frühen Kirche noch ausdehnen könnte. So entstand ein Konzept, aus dem sich ein DFG-Projekt entwickelte, das in der Zeit von 2000 bis Ende 2001 gefördert werden konnte. Anthony Birleys Emeritierung und mein eigener Umzug nach Heidelberg und die damit verbundenen neuen Aufgaben legten den Fortschritt des Buches zunächst auf Eis. Nun an der Theologischen Fakultät in Heidelberg tätig, gewann ich durch den Umgang mit der theologischen Forschung immer mehr Einblicke in Themen, die für eine Althistorikerin nicht mehr selbstverständlich zum wissenschaftlichen Betätigungsfeld gehören, für die Beschäftigung mit Novatian und seiner Lehre jedoch unerlässlich sind. Dazu gehören Aspekte der Christologie (und nicht nur der Novatians), Thesen zur Buße und Taufe sowie die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Facetten neutestamentlicher Exegese, die für das Verständnis der Schriften Novatians sowie seiner Gegner sehr erhellend waren. Begleitet von den engagierten Diskussionen und steten Inspirationen durch Anthony Birley (Durham) und vor allem Peter Lampe (Heidelberg) konnte das Werk über Novatian in den letzten Jahren wachsen. Ich möchte an dieser Stelle beiden geistigen Förderern des Buches meinen großen Dank für ihr Interesse und ihre Ideen, die wertvollen Hinweise und Korrekturen und last, but not least für ihre Geduld aussprechen. Peter Lampe ermöglichte mir darüber hinaus im Rahmen meiner Tätigkeit an der Universität Heidelberg immer wieder den nötigen zeitlichen Freiraum für neue Kapitel. Ihm gilt auch dafür mein Dank. Für die Literaturrecherche und Durchsicht wurde von Frau Simone Jawor-Jussen (Düsseldorf) eine Datenbank erstellt, die sie mit großem fachlichen Engagement und immer wieder guten neuen Ideen pflegte und wachsen ließ. An dieser Stelle möchte ich mich auch dafür sehr bedanken!
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Vorwort und Danksagungen
Die mühevolle Aufgabe, alle griechischen Zitate aus einem veralteten Schriftsatz in einen gängigen zu übertragen, übernahm Michael Weißenberger (Rostock). Dafür an dieser Stelle meine Anerkennung! Wissenschaftlich und freundschaftlich begleiteten die Novatianer und mich meine lieben Heidelberger Freunde Frau Dr. Heidrun und Rudolf Mader, Dr. Danielle Slootjes (Nijmegen) und Hans-Michael Schellenberg (Düsseldorf), M.A., die durch wertvolle Hinweise und mühevolles Korrekturlesen immer wieder meinen Blick schärften und veränderten. Ihre wertvolle Freundschaft leitete mich durch manches Tal der Frustration, das jeder kennt, der sich lange mit einem Thema auseinandersetzt. Gewidmet sei dieses Buch meinen Eltern für all ihre unermüdliche Unterstützung in den letzten Jahren. Danke euch für eure ermutigenden Worte und humorvolle Tatkraft, für Hundesitting und Kochorgien! Wiesenbach, im Juni 2015
Vera Hirschmann
Inhaltsverzeichnis Vorwort und Danksagungen ......................................................................VII Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... XIII
Kapitel 1: Einleitung ............................................................................... 1 Kapitel 2: Einordnung der Studie in die Forschungssituation ...... 8 Kapitel 3: Die Quellen .......................................................................... 24 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5.
3.6. 3.7.
3.8. 3.9. 3.10. 3.11. 3.12. 3.13.
Die Inschriften................................................................................... 25 Die Schriften Novatians .................................................................... 28 De Trinitate ....................................................................................... 29 Die Briefe des Cyprian ...................................................................... 43 Der Briefwechsel zwischen Novatian und Cyprian ............................. 48 3.5.1. Brief 30 ....................................................................................... 49 3.5.2. Brief 31 ....................................................................................... 51 3.5.3. Brief 36 ....................................................................................... 53 St. Autonomos von Bithynien ........................................................... 55 Eusebius von Caesarea ...................................................................... 57 3.7.1. Brief des Cornelius von Rom an Fabius von Antiochia (Eusebius, HE 6,43,5–22) ........................................................ 57 3.7.2. Dionysius von Alexandria an Fabius von Antiochia (Eusebius, HE 6,44,2–6 und 6,45) ........................................... 58 Pacian von Barcelona ........................................................................ 60 Ambrosius von Mailand .................................................................... 62 Philostorgius...................................................................................... 63 Sokrates ............................................................................................. 63 Sozomenos......................................................................................... 68 Eulogius von Alexandria ................................................................... 72
X
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 4: Der novatianische Konflikt in der römischen Gemeinde ................................................................. 75 4.1. 4.2. 4.3. 4.4.
Die Situation der römischen Gemeinde zwischen 250 und 251............. 75 Die historische Parallele Hippolytos und Novatian ............................... 79 Der Sieg des Cornelius und das Schisma von 251................................. 81 Das Schicksal der Novatianer in Rom nach der Trennung von der römischen Gemeinde ................................. 82
Kapitel 5: Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien ........................................................................................... 84 5.1. Die Novatianer in Konstantinopel....................................................... 86 5.2. Das Zeitalter Konstantins d. Gr. ......................................................... 87 5.3. Die Jahre bis zum Beginn der Herrschaft Theodosius’ I. (337–379) ..... 98 5.3.1. Konstantius II. (337–361)........................................................... 98 5.3.2. Julian Apostata (361–363)........................................................ 101 5.3.3. Jovian (363–364)...................................................................... 104 5.3.4. Valens (364–378)..................................................................... 105 5.3.5. Gratian 367–383/Theodosius I.................................................. 109 5.4. Von Theodosius I. bis Theodosius II. ................................................. 114 5.4.1. Theodosius I. (379–395).............................................................. 114 5.4.2. Arcadius (395–408) ..................................................................... 117 5.4.3. Theodosius II. (408–450) ............................................................ 126 5.5. Conclusio........................................................................................... 137
Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland ..................................... 138 6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5. 6.6.
Die literarischen und die epigraphischen Quellen ............................... 138 Die Ausbreitung der novatianischen Kirche in Kleinasien ................... 138 Einigkeit und Spaltung........................................................................... 142 »The Hotbed of Heresies«...................................................................... 143 Die Herkunft Novatians ......................................................................... 148 Das epigraphische Material aus Kleinasien ........................................... 151 6.6.1. Grabschrift des Presbyters Abras .............................................. 151 6.6.2. Grabschrift des Diakons Tieos .................................................. 153 6.6.3. Grabschrift des Presbyters Marcus.......................................... 153 6.6.4. Inschrift des novatianischen Abtes Zosimos............................. 155 6.6.5. Grabschrift der Asketin Melanippe ........................................... 156 6.6.6. Grabschrift des Presbyters Eugenios ......................................... 157 6.6.7. Dedikation für den Bischof Severus und seinen Nachfolger Eugenios ............................................... 162
Inhaltsverzeichnis
XI
6.6.8. Grabschrift der Doudousa.......................................................... 165 6.6.9. Grabschrift des Diomedes ......................................................... 165 6.6.10. Grabschrift des Alexander ......................................................... 166 6.6.11. Grabschrift der Novatianerin Ammia........................................ 167 6.6.12. Die Inschrift der Attia................................................................ 169 6.6.13. Versinschrift des Domnus ......................................................... 169 6.7. Conclusio................................................................................................ 170 6.7.1. Die Identitätsbildung ................................................................. 170 6.7.2. Die Klerikerdichte...................................................................... 171 6.7.3. Die Asketen................................................................................ 173 6.7.4. Die Theologie ............................................................................ 173 6.8. Die kleinasiatischen Engel und die Christologie Novatians.................. 174 6.8.1. Erstes Beispiel für Theos Hypsistos (Stratonikea).................... 175 6.8.2. Zweites Beispiel (Amastris) ...................................................... 176 6.8.3. Drittes Beispiel .......................................................................... 177 6.8.4. Viertes Beispiel (Temrek/Lydien)............................................. 177 6.9. »Ἔθνη σωφρονέστερα.« Die Bußdiziplin der Novatianer und die kleinasiatischen Beichtinschriften ............................................ 183
Anhang: Zeittafel ................................................................................. 187
Bibliographie ............................................................................................ 190 Quellenverzeichnis ................................................................................... 201 Autorenverzeichnis................................................................................... 215 Sachverzeichnis ........................................................................................ 218
Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen von Reihen und Zeitschriften sowie der biblischen Bücher und außerkanonischen Schriften folgen den »Abkürzungen Theologie und Religionswissenschaft nach RGG4«, herausgegeben von der Redaktion der RGG4, Tübingen 2007. Die Abkürzungen von sonstigen Quellenschriften sind nach dem Quellenverzeichnis aufzulösen. ActaSS
AHP AJP AKG ANRW II AnSt AuC BCH BHTh Bib. BJRL BKV Byz. CChr.SG CChr.SL CFHB ChH CIG CivCatt Cod. Theod. CPG CQ CRAI CSEL DK DOP DThC EHS EL
Acta Sanctorum. Quotquot toto orbe coluntur vel a catholicis scriptoribus celebrantur, quae ex Latinis et Graecis aliarumque gentium antiquis monumentis collegit, ed. J. Bolland/G. Henschen, Paris 31 (1863)–60 (1870) Archivum historiae pontificae American Journal of Philology Arbeiten zur Kirchengeschichte Aufstieg und Niedergang der römischen Welt, hg. von H. Temporini und W. Haase, II. Principat, Berlin und New York 1 (1974) ff. Anatolian Studies Antike und Christentum Bulletin de correspondance hellénique Beiträge zur historischen Theologie Biblica Bulletin of the John Rylands Library Bibliothek der Kirchenväter Byzantion Corpus Christianorum. Series Graeca Corpus Christianorum. Series Latina Corpus fontium historiae Byzantinae Church History Corpus inscriptionum Graecarum La Civiltà Cattolica Codex Theodosianus Clavis patrum Graecorum Classical Quarterly Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles Lettres Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und deutsch. Von Hermann Diels, hg. von Walther Kranz, 3 Bde., Berlin 51934–1935 Dumbarton Oaks Papers Dictionnaire de théologie chrétienne Europäische Hochschulschriften Ephemerides liturgicae
XIV EOr EpigrAnat FChr FKDG GCS Hist. Hist.E HThR HThS Hyp. IK JbAC JEH JRS JThS KlT LACL LThK MAMA NTOA PatMS PG PL PRE PTS RAC RE REByz RGG RGVV SC SCI SEG SHA STAC StUNT TAM Theoph. TRE TThZ TU VigChr WUNT
Abkürzungsverzeichnis Échos d’Orient Epipgraphica Anatolica Fontes Christiani Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten (drei) Jahrhunderte Historia Historia. Einzelschriften Harvard Theological Review Harvard Theological Studies Hypomnemata Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien Jahrbuch für Antike und Christentum Journal of Ecclesiastical History Journal of Roman Studies Journal of Theological Studies Kleine Texte für Vorlesungen und Übungen Lexikon der antiken christlichen Literatur, hg. von S. Döpp u.a., Freiburg 1998; 3., völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage 2002 Lexikon für Theologie und Kirche Monumenta Asiae Minoris Antiqua Novum Testamentum et Orbis Antiquus North American Patristic Society Patristic Monograph Series Patrologiae cursus completus. Series Graeca, accurante J.-P. Migne, Paris 1 (1857)–167 (1866) Patrologiae cursus completus. Series Latina, accurante J.-P. Migne, Paris 1 (1841)–217 (1855) Paulys Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft. Neuauflage begonnen von G. Wissowa Patristische Texte und Studien Reallexikon for Antike und Christentum Realencyclopädie für protestantische Theologie und Kirche Revue des études byzantines Religion in Geschichte und Gegenwart Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten Sources chrétiennes Scripta Classica Israelica Supplementum epigraphicum Graecum Scriptores Historiae Augusti Studien und Texte zu Antike und Christentum/Studies and Texts in Antiquity and Christianity Studien zur Umwelt des Neuen Testaments Tituli Asiae Minoris Theophaneia Theologische Realenzyklopädie Trierer theologische Zeitschrift Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur Vigiliae christianae Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament
Abkürzungsverzeichnis ZAC ZKG ZNW ZPE
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Zeitschrift für antikes Christentum/Journal of Ancient Christianity Zeitschrift für Kirchengeschichte Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik
Kapitel 1
Einleitung Einleitung Die novatianische Glaubensrichtung war, wie Stephen Mitchell es formuliert, »the most widespread heretical group of fourth-century Asia Minor«.1 Ihre zahlenmäßige Präsenz in der römischen Welt auch lange über den Tod Novatians hinaus zeigt die Beharrlichkeit seiner Anhänger und die Validität seiner Lehre trotz der fortwährenden Auseinandersetzungen mit Arianern und Orthodoxen. Vor allem im ländlichen Kleinasien gab es viele novatianische Gemeinden, die neben den zahlreichen anderen christlichen Gruppierungen eine bedeutende Rolle spielten.2 Die Novatianer waren jedoch nicht nur ein Phänomen ländlicher Gebiete, sondern setzten sich, wie die Kirchengeschichte des Sokrates zeigt, ebenso in Konstantinopel, im ägyptischen Alexandria, in Syrien, Afrika und Rom durch.3 Im Westen des Reiches waren sie kaum wahrnehmbar.4 Wer waren diese Gläubigen, die die christliche Entwicklung großer Teile des westlichen Kleinasiens beeinflusst zu haben scheinen? Ihre Lehren waren unbequem, streng und rigoristisch, ihre Auffassung von Gott in den Augen anderer Christen oft unbarmherzig.5 Und doch besaßen sie eine Attraktivität, die ihnen ein Überleben trotz Anfeindungen und Verfolgungen ermöglicht hatte. Den Gründer ihrer schismatischen Kirche, Novatian, umgibt bis heute etwas geheimnisvoll Ungeklärtes, das schon die Menschen damals neugierig gemacht haben könnte. Er war von hoher Bildung, doch liegen seine 1
ST. MITCHELL, Anatolia II, Oxford 1993 (Nachdruck 1999), 93. Vgl. auch M. WALLDer Kirchenhistoriker Sokrates. Untersuchungen zur Geschichtsdarstellung, Methode und Person, FKDG 68, Göttingen 1997, 236. 2 MITCHELL, Anatolia II, 107. Basilius von Caesarea schrieb im vierten Jahrhundert an Amphilochios, den Bischof von Ikonium, er möge einen vertrauenswürdigen Mann nach Lykien senden, um herauszufinden, wer dort überhaupt noch orthodoxen Glaubens sei (Basilius, Ep. 218). 3 Vgl. Eusebius, HE 6,43,3, und siehe den Überblick über die Entwicklungen der novatianischen Kirche im fünften Jahrhundert bei H. J. VOGT, Coetus Sanctorum. Der Kirchenbegriff des Novatian und die Geschichte seiner Sonderkirche, Theoph. 20, Bonn 1968, 276–291. 4 VOGT, Coetus Sanctorum, 278. 5 Dionysius von Alexandria bei Eusebius, HE 7,8. RAFF,
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Kapitel 1: Einleitung
soziale und geographische Herkunft für uns heute im Dunkeln. Obwohl erst als erwachsener Mann zum Christentum gekommen, gewann er innerhalb der römischen Gemeinde schnell an Einfluss.6 Mit Cyprian von Karthago setzte er sich in Briefen über das Problem der lapsi, der abgefallenen Christen, auseinander. Cyprian vertrat hier eine deutlich mildere Ansicht als Novatian, der auch in seiner römischen Gemeinde wegen seiner starren Haltung in der Bußfrage an Glanz einbüßte. Schließlich kam es zum Bruch mit Cyprian und vielen in Rom, die ihn anfangs unterstützt hatten. Doch was schnell das Ende der Karriere Novatians hätte bedeuten können, geriet zu einem innerkirchlichen Krimi, der die Binnensituation der Kirche mindestens für die nächsten zwei Jahrhunderte definierte. Alles begann im Jahr 251 n. Chr., als die sogenannte Decische Verfolgung ihr Ende fand und der römische Bischofsstuhl durch den Märtyrertod Fabians (236–250) vakant war. Die Kirche musste sich als ein Ergebnis der Verfolgungen mit Christen auseinandersetzen, die während der Bedrängnis durch das Opferedikt abgefallen waren (lapsi) und den paganen Göttern geopfert hatten. Als die Gefahr vorüber war, strebten viele die Wiederaufnahme in die Kirche an, was bei den führenden Klerikern dieser Zeit heftige Kontroversen auslöste. Dabei sind Protagonisten und Antagonisten des Diskurses nicht immer klar voneinander abzugrenzen, da beide Parteien gewichtige Argumente vorbrachten. Der Streit ging, aktuell durch die Verfolgung ausgelöst, um nichts weniger als den zukünftigen Charakter der Kirche: Sollte sie als corpus permixtum eine Gemeinschaft der Barmherzigkeit sein, in der auch reuige Sünder Platz finden durften? Oder wollte man eine exklusive moralische Elite sündenfreier Menschen, ohne die Möglichkeit einer Vergebung anbieten zu können? Auf der Seite der sogenannten Laxisten, derjenigen also, die eine Wiederaufnahme der lapsi befürworteten, standen Cyprian, der Bischof von Karthago, und Cornelius, der Nachfolger Fabians als römischer Bischof. Auf der anderen Seite versuchte Novatian, seine theologischen Ideen, in klassisch geschliffene Rhetorik gekleidet, durchzusetzen.7 Während Cyprian anfangs noch die rigoristischen Ansichten Novatians unterstützte, war der spätere römische Bischof Cornelius von Anfang an gegen einen endgültigen Ausschluss der abgefallenen Christen aus der Kirche. Novatian dagegen wurde nicht müde, all die zu verdammen, die während der Verfolgung entweder den paganen Göttern in irgendeiner 6
Vgl. Cornelius bei Eusebius, HE 6,43,14. Eusebius nennt den Initiator des Schismas von 251 n. Chr. Νοουάτος (HE 6,43). Wahrscheinlich ist diese Form des Namens, die von den griechischen Quellen übernommen wurde, nicht korrekt. Cyprian, eine der Hauptquellen zum novatianischen Streit, überliefert Νοουατιανός (Eusebius, HE 7,8). 7
Einleitung
3
Form geopfert (sacrificati, lapsi) oder sich durch Bestechung die schriftlichen Opfernachweise verschafft hatten (libellatici). Beseelt von der Vorstellung einer »reinen Kirche«, 8 versuchte Novatian, während der Sedisvakanz nach dem Märtyrertod Fabians eine Interimsübereinkunft zwischen Rom und dem Bischof von Karthago hinsichtlich der lapsi zu finden. Wer während der Verfolgung von der Kirche abgefallen war, sollte keine Aufnahme mehr in die Gemeinschaft Christi finden. Novatian muss erhebliche Überzeugungskraft besessen haben, denn die römische Priesterschaft und die Konfessoren der Gemeinde9 schlossen sich zunächst seiner Forderung an. Später sollten jedoch viele von ihnen zur Partei des Cornelius wechseln. Novatian nahm in seinen Schreiben an Cyprian Bezug auf einen früheren Briefwechsel mit karthagischen Geistlichen (Cyprian, Ep. 8,3,1 und 20,3,2). Möglicherweise erhoffte er sich durch eine Intervention dieser Männer, die Nachfolge Fabians im römischen Bischofsamt antreten zu können. Doch wurde statt seiner mit der mehrheitlichen Unterstützung der römischen Gemeinde und einer bedeutenden Zahl auswärtiger Bischöfe der Presbyter Cornelius gewählt. Gegen Novatian führten dessen Gegner seine als minderwertig geltende »klinische« Taufe auf dem Krankenbett ins Feld.10 Für Cornelius galt Novatian deshalb als »kaum getauft«.11 Bereits als Bischof Fabian von Rom Novatian zum Priester hatte weihen wollen, erhoben sich Gegenstimmen, die Novatian die Taufe und somit die Voraussetzung für die Weihe abzuerkennen versuchten.12 Auch verbreitete Cornelius, der Satan habe Novatians Glauben einst geweckt, nicht die reine eigene Überzeugung.13 Offensichtlich wollten Novatians Gegner darauf hinaus, dass es sich bei seiner Bekehrung um eine Entscheidung im Fieber und in höchster persönlicher Angst ums Überleben gehandelt habe.14 8
Eusebius, HE 6,43,2. Diejenigen, die während der Verfolgungen körperlichen oder seelischen Verletzungen im Namen Christi ausgesetzt waren. 10 Gemeint ist die Taufe auf dem Krankenbett, die nicht durch das im Taufritus geforderte Eintauchen in Wasser erfolgte, sondern durch eine Übergießung auf dem Krankenlager. Die Praxis der Übergießung wurde nur dann gepflegt, wenn das vollständige Eintauchen in reines Wasser nicht möglich war; sie galt als minderwertig. Vgl. Did 7,1–3. 11 Eusebius, HE 6,43,14. Siehe dagegen Cyprian, Ep. 69,12–14, der sich gegen den Begriff »Klinikertaufe« und deren abwertende Betrachtung wehrt. 12 Eusebius, HE 6,43,17. 13 Ibid., 6,43 ff. 14 Vgl. dazu Gregor von Nazianz, Or. 40,11 (PG 36, 372–373) und Basilius von Caesarea, Hom. 13,5, die beide nicht eine Taufe in letzter Minute befürworteten, sondern dann, wenn der Mensch noch bei Sinnen ist. Vgl. hier die Kultsatzungen von Eleusis, die es verbieten, eine Weihe zu vollziehen, wenn der Myste nicht im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte ist: Origenes, Cels. 3,59. Dazu P. FOUCART, Les mystères d’Éleusis, Paris 1914, 311–312, und F. J. DÖLGER, Die Taufe des Novatian. Die Beurteilung der 9
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Kapitel 1: Einleitung
Schwerer für die meisten einfachen Christen mag wohl die inkonsequent erscheinende Haltung Novatians während der Verfolgung gewogen haben. Eusebius gibt Stellen aus einem Brief des Cornelius an Fabius von Antiochia (der den Ideen Novatians nicht abgeneigt war) wieder, in denen Novatian offen der Feigheit bezichtigt wird. Hintergrund dieser Anklage war das Verhalten Novatians während der Verfolgung. Zurückgezogen in ein Klausnerhäuschen 15 wies er Diakone der römischen Gemeinde ab, die ihn besuchten. Er verweigerte Unterstützung für die bedrängten Brüder und Schwestern mit der Begründung, er hänge nun einer anderen Philosophie an und wolle kein Priester mehr sein.16 Franz Josef Dölger deutet diese Aussage Novatians weniger als Feigheit in Zeiten der Bedrängnis denn als Hinwendung zum Asketentum.17 In der Abgeschiedenheit seiner Klause konnte Novatian seine mönchische Philosophie leben, ganz wie die antiken Philosophen.18 Leider erklärt Dölgers Interpretation nicht, warum sich Novatian nach der Verfolgung problemlos von seinen asketischen Idealen verabschieden und in Rom nach der Macht greifen konnte. So mag man verstehen, dass Cornelius seinem Rivalen Opportunismus vorwarf. Die persönliche Rivalität zwischen Cornelius und Novatian vermischte sich in der Folgezeit mit dem innerkirchlichen Disput um die lapsi.19 Cornelius sparte nicht mit bildreicher Polemik, und Novatian im Gegenzug war nicht gewillt, klein beizugeben. Er versicherte sich der Unterstützung zahlreicher Geistlicher und Bischöfe und konnte sogar die römischen Konfessoren, denen man aufgrund ihres Leidens eine besondere Autorität und Gottesnähe zubilligte, zu seinen Anhängern zählen.20 Novatian erkannte aber, dass er noch mehr Macht brauchte, um seine Überzeugung durchzusetzen. Als Presbyter hatte er nicht dieselbe Weisungsgewalt wie ein Bischof. Er lud also drei Bischöfe zu sich und erzwang von ihnen unter Alkoholeinfluss die Handauflegung für die Bischofsweihe. Nach dieser Karriere im Schnellverfahren konnte er als Gegenbischof zu Cornelius seine Auffassungen mit vermehrtem Druck verbreiten.21
klinischen Taufe im Fieber nach Kirchenrecht und Pastoral des christlichen Altertums, AuC 2,4, Münster 21974, 258–267. 15 Eusebius, HE 6,43,16. 16 Ibid.: … ἑτέρας γὰρ εἶναι φιλοσοφίας ἐραστής. 17 F. J. DÖLGER, Zum Oikiskos des Novatianus. Klausnerhäuschen oder Versteck?, AuC 6,1, Münster 21976, 61–64, hier 62. 18 Ibid., 63. 19 Eusebius, HE 6,43,5–22. 20 Einige der Konfessoren fielen jedoch wieder von ihm ab und wechselten ins gegnerische Lager: Eusebius, HE 6,43,5 ff. 21 Eusebius, HE 6,43,8.
Einleitung
5
Cornelius, Cyprian und ihre Anhänger befürworteten die Wiederaufnahme der libellatici, die sich eine Opferbescheinigung besorgte hatten, der turificati, die den römischen Göttern Weihrauchopfer dargebracht hatten, und später auch der sacrificati, die den paganen Göttern unter der Verfolgung geopfert hatten. Novatian lehnte dies grundlegend ab und stellte sich an die Spitze einer Gefolgschaft, die sich οἱ καθαροί nannte.22 Sowohl Cornelius als auch Novatian warben nun um Mitstreiter in der Kirche. Im Frühsommer 253 wurde die Rekonziliation bußfertiger libellatici und sacrificati ausgesprochen, und auch im Osten, wo Novatian zunächst bei Fabius von Antiochia Zustimmung gefunden hatte, weichte die strenge Haltung auf. Die christlichen Führungen in Antiochia und Alexandria schlossen sich in einem barmherzigeren Geiste zusammen, und Novatian verlor seinen offiziellen Rückhalt vor Ort. Unbeirrt kämpfte er dennoch weiter. Diese Beharrlichkeit zeigt, dass Novatian entgegen aller Spekulation über die Machtgier oder den Geltungsdrang die innere moralische Verfassung der Kirche ein echtes Anliegen gewesen sein musste. Die diffusen Nachrichten von seinem Ende passen in das allgemein unklare historische Bild seiner Vita. Die Katharoi feierten ihre Führerfigur als Märtyrer, während die Gegenpartei ihm diesen Ehrentitel aberkannte.23 Über seine Grablege gibt es nur Spekulationen. In den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts belebte eine Inschrift in einer kleinen römischen Katakombe an der Via Tiburtina erneut die Diskussion über Novatians Märtyrertum. Der Stein ist einem Novatiano beatissimo martyri gewidmet.24 Einige Forscher sahen hier eine Angabe der Kirchengeschichte des Sokrates (HE 4,28) bestätigt, der zufolge Novatian gegen 258 während der Verfolgung unter Kaiser Valerian das Martyrium erlitten habe.25 Doch sind Inschrift und Grab erst auf 270 zu datieren, und ein kirchlicher Titel fehlt ganz.26 Der Tod Novatians scheint die Katharoi jedoch nicht demoralisiert zu haben, im Gegenteil. Ihre Zahl war unter Konstantius II. (337–361) im kleinasiatischen Paphlagonien so groß, dass der (arianische) Bischof von Konstantinopel, Macedonius, den Kaiser bat, gegen diese Häretiker Truppen (sic!) einzusetzen – ohne Erfolg, wie wir von Sokrates erfahren, der diese Aktion beschreibt. Die wehrhaften paphlagonischen Bauern bewaff22
Cyprian, Ep. 55,13,2; 30,3,1. Pacian, Ep. 2,VII (PL 13, 1062–1063); Sokrates, HE 4,28; Eulogius, Frgm. Novat., Buch 6 (Photius, Bibl., cod. 280; PG 104, 353–354). 24 Dazu siehe L. K. MOHLBERG, Alcune osservazione storico-critiche sulla iscrizione tombale di Novaziano, EL 51, 1937, 242–249. 25 VOGT, Coetus Sanctorum, 24–26. 26 MOHLBERG, Iscrizione tombale, 248. Mohlberg muss seine These mit vielen spekulativen Überlegungen stützen, die keinerlei Anhaltspunkte in den Quellen finden. 23
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Kapitel 1: Einleitung
neten sich mit Äxten und allem, was sie sonst zur Verteidigung nutzen konnten, und schlugen die kaiserlichen Einsatzkräfte in die Flucht.27 Die Gründe für die feste Etablierung der Novatianer am Anfang des vierten Jahrhunderts in Kleinasien und Konstantinopel sind durch einen Quellenmangel nicht nachvollziehbar. Im dritten Jahrhundert noch hatte Bischof Cornelius über die »Zerschlagung« der novatianischen Gemeinde gejubelt (Eusebius, HE 6,43,19–22). Für die Jahrzehnte zwischen dieser letzten Nachricht aus dem dritten Jahrhundert und der Regierungszeit Konstantins d. Gr. schweigen die Quellen. Erst durch die Teilnahme eines novatianischen Bischofs am Konzil von Nizäa wird klar, dass es eine fortdauernde Ausbreitung und Konsolidierung der Katharoi auch nach dem Tod ihres Gründers gegeben haben muss. Über den Weg, den der Novatianismus von Italien aus nach Kleinasien genommen hatte, kann nur gemutmaßt werden. Vielleicht verbreiteten sich seine Ansichten durch wandernde Prediger, wie es in der Vita St. Autonomi beschrieben wird.28 Oft verarbeiten Heiligenviten historische Prozesse in der Konzentration auf eine Identifikationsfigur.29 Besagter Autonomos reiste als Missionar nach Isaurien, Lycaonien, Klaudiupolis und Mantineion und auf seiner letzten Reise in die Provinz Asia. Die Rückkehr in seine Heimatgemeinde Soreoi in Bithynien fand zur Zeit der Diokletianischen Verfolgung statt. Tatsächlich sind novatianische Gemeinden in all den genannten Städten und Provinzen nachgewiesen. Deshalb lag die Vermutung nahe, in Autonomos einen überzeugten Novatianer zu sehen, der die bereits vorhandenen christlichen Gemeinden 30 zum Novatianismus bekehrte. Abgesehen von einzelnen novatianischen Missionaren könnte eine Verbreitung auch durch novatianische Funktionäre aus Konstantinopel befördert worden sein. Im vierten Jahrhundert reiste der hochgebildete novatianische Rhetoriker Sisinnius31 von Konstantinopel nach Ankyra, um dort mit dem (orthodoxen) Bischof Leontinus zu debattieren. Andere redegewandte Novatianer aus der Hauptstadt könnten ihm zuvorgekommen sein und in Kleinasien für ihre Glaubensrichtung geworben haben.
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Sokrates, HE 2,38. PG 115, 692–697 = ActaSS, Sep., Bd. IV, 14–19. C. FOSS, St. Autonomus and His Church in Bithynia, DOP 41, 1987, 187–198. Mitchell schreckt vor einer derart weitgehenden Interpretation der Vita zurück (vgl. MITCHELL, Anatolia II, 99), weist aber grundsätzlich in dieselbe Richtung. 29 Vgl. z.B. die Vita des hl. Aberkios, PG 115, 1211–1248. 30 MITCHELL, Anatolia II, 99. Siehe auch M. WALLRAFF, Geschichte des Novatianismus seit dem vierten Jahrhundert im Osten, ZAC 1, 1997, 251–279, hier 253–254. 31 Sozomenos, HE 8,1,9 ff. 28
Einleitung
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Solche gesellschaftlich hochstehende Prediger könnten ihresgleichen (wie den novatianischen Presbyter Eugenios)32 für die novatianische Lehre begeistert haben. Dadurch wären den Novatianern gesellschaftlicher Einfluss und finanzielle Beweglichkeit zugute gekommen. Mögliche Orte der Zusammenkunft könnten die großen Landgüter vornehmer Familien im Hinterland gewesen sein, auf denen sowohl Herren als auch die Arbeiter sich der neuen Strömung öffneten. Die vorliegende Studie will an einigen Stellen bewusst einen Perspektivenwechsel anbieten, der sich mit den Novatianern als Kirche33 und nicht als Häresie34 beschäftigt. Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Konstantinopel, die wir durch Sokrates und Sozomenos kennen, zeigt eine ernstzunehmende Quantität und gesellschaftliche Qualität von Christen, die das soziale und theologische Bild des Christentums in dieser Metropole entscheidend prägten und zeitweise dominierten. Als schwierig erwies sich im Laufe der Arbeit die Frage, welches Beschreibungs- und Interpretationsvokabular für kirchenhistorische Abläufe zu verwenden sei. Besonders problematisch ist der Kirchenbegriff in dieser Zeit generell. Wer war Kirche? Das römische Dominat gab es zu dieser Zeit noch nicht, dafür aber viele bedeutende religiöse Zentren im gesamten Römischen Reich. Die Definition von Kirche in der Forschung unterliegt sehr häufig den Maßgaben des heutigen Blickwinkels, wird der historischen Situation des dritten und vierten Jahrhunderts aber nicht gerecht. So ist die Verwendung der Bezeichnung »katholische Kirche« für die Anhänger des Nizäums nach deren Selbstverständnis zwar historisch korrekt, aus heutiger Sicht jedoch irreführend. Ebenso fragwürdig ist ihre Benennung als »orthodoxe Kirche«. Denn wer war in dieser entwicklungsreichen Zeit, die voller individueller Erkenntnisse über Gott und die Lehren des Neuen Testamentes war, orthodox, also rechtgläubig, oder sah sich als ganze »katholische« Kirche? Eine argumentative Analyse des Kirchenbegriffs ist nicht das Ziel dieser Studie und würde vom eigentlichen Thema ablenken. Daher werden die Begriffe nicht konsequent angewendet, um einerseits bewusst die »undefinierte« historische Situation zu spiegeln, andererseits stilistische Ermüdungen abzuwenden. Eine gewisse Ungenauigkeit ist so zugunsten der variatio und Lesbarkeit in Kauf genommen und möge verziehen sein.
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W. M. CALDER, The Epigraphy of the Anatolian Heresies, in: W. H. Buckler/W. M. Calder (Hg.), Anatolian Studies. Presented to Sir William Mitchell Ramsay, Manchester 1923, 59–91, hier 76, Nr. 4, siehe unten 6.6.6. 33 Sokrates, HE 1,10,1 oder 1,13,1. 34 Zum Beispiel Eusebius, HE 6,43,1.
Kapitel 2
Einordnung der Studie in die Forschungssituation Einordnung der Studie in die Forschungssituation In vielen Studien zum Novatianismus sind die Schriften des Sokrates, der den größten Teil der Informationen für die spätere Zeit der Novatianer liefert, und seine Haltung zur novatianischen Kirche das zentrale Thema.1 Ebenso großes Interesse weckten in der Vergangenheit der Briefwechsel zwischen Cyprian und Novatian und die dort diskutierten Probleme der lapsi.2 Die inhaltlichen Diskussionen um die lapsi ließen den Novatianismus in logischer Konsequenz weitgehend zu einem theologisch relevanten Thema werden und drängten Beiträge aus historischer Perspektive in den Hintergrund. Die einzige Monographie zur novatianischen Kirche von Hermann Josef Vogt stammte bisher aus dem Jahr 1968.3 Vogt nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als er zwar den Kirchenbegriff Novatians in den Mittelpunkt seiner Forschungen gestellt hat, aber sowohl die Schriften Novatians als auch die Quellen zur novatianischen Kirche mit bearbeitet. Darüber hinaus gibt er gute Einblicke in die historische Entwicklung der novatianischen Kirche und liefert zudem einen weitgefächerten Überblick über die wichtigste Literatur zur novatianischen Kirche. Hier findet man weiterführend auch Beiträge zu Auseinandersetzungen mit den Schriften und Lehren Novatians sowie den Quellen zum Schisma von 251 in Rom. Allein die Durchsicht dieses Literaturverzeichnisses zeigt, wie wenige Studien ihren Schwerpunkt auf historische Einbettungen der novatianischen Kirche gelegt haben. Eine eigene Rubrik bilden die Untersuchungen, die sich mit den novatianischen Inschriften in Kleinasien befassen.4 Hier analysierte 1 G. C. HANSEN (Hg.), Sokrates, Kirchengeschichte, mit Beiträgen von M. ŠIRINJAN, GCS N.F. 1, Berlin 1995. 2 Vgl. H. GÜLZOW, Cyprian und Novatian. Der Briefwechsel zwischen den Gemeinden in Rom und Karthago zur Zeit der Verfolgung des Kaisers Decius, BHTh 48, Tübingen 1975. 3 VOGT , Coetus Sanctorum. Der Kirchenbegriff des Novatian und die Geschichte seiner Sonderkirche, Theoph. 20, Bonn 1968. 4 Zum Beispiel W. M. RAMSAY, The Cities and Bishoprics of Phrygia, 2 Bde., Oxford 1895–1897; DERS., Luke the Physician and Other Studies in the History of Religion, New York 1908; A. V. HARNACK, Novatian, RE3 14, Leipzig 1904, 223–242; É. AMANN, Novatien et Novatianisme, DThC 11,1, Paris 1931, 816–841; T. E. GREGORY, Novatianism. A Rigorist Sect in the Christian Roman Empire, in: Byzantine Studies/Études Byzan-
Einordnung der Studie in die Forschungssituation
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man typische Formulierungen oder den Standort eines Grabsteines, beschrieb das Monument, aber eine Einordnung in die religiöse Landschaft Kleinasiens oder ein Bezug zu den literarischen Quellen zum Novatianismus wurde nur lückenhaft bzw. überhaupt nicht vorgenommen. Die neueste historische Studie stammt von Martin Wallraff aus dem Jahre 1997. In seinem Beitrag zur Geschichte der Novatianer im Osten seit dem vierten Jahrhundert führt Wallraff die relativ geringe Zahl der historischen Beiträge5 trotz des Interesses der Forschung darauf zurück, dass »sich im Novatianismus nach Novatian wenig neue theologische Motive zeigen …«6 und somit der »dogmengeschichtliche Erkenntnisgewinn« nicht vielversprechend scheine. Hierin liege der Hauptgrund für die verhältnismäßig geringe Literatur zur weiteren Entwicklung des Novatianismus nach 251. Jene Ansicht sei jedoch eine wissenschaftliche Engführung, so Wallraff weiter, denn gerade die Jahre nach dem Tod des Novatian seien wichtig für das Verständnis der novatianischen Kirche im vierten und fünften Jahrhundert.7 Wallraff bietet einen kurzen, aber prägnanten Überblick über die Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Beschäftigung mit der novatianischen Sonderkirche. Anhand der Quellen zeichnet er in Auszügen die Geschichte der Novatianer bis ins fünfte Jahrhundert nach. Dazu teilt er die Zeugnisse in vier Kategorien ein: Primärquellen, rechtliche Regelungen zu den Häretikern, Schriften der theologischen Gegner und gesondert die Haltung der Novatianer zum Ostertermin.8 Die novatianischen Inschriften aus Phrygien und angrenzenden Gebieten bespricht er im Überblick und ordnet sie historisch ein. Ein wichtiger Aspekt ist für ihn auch die Existenzberechtigung der Novatianer nach dem Tod ihres Anführers und die Frage, welche theologischen Differenzen außerhalb der Bußfrage zwischen Novatianern und Kirche existierten.9 Anhand der genannten Quelleneinteilung verfolgt er die Informationen zum Novatianismus in späterer Zeit. Während die erhaltenen epigraphischen Zeugnisse aus Kleinasien wenig über das theologische Profil der dortigen Novatianer erkennen ließen, seien die Geschehnisse in Konstantitines 2,1, 1975, 1–18; MITCHELL, Anatolia II; J. S. ALEXANDER, Novatian/Novatianer, TRE 24, 1994, 678–682; WALLRAFF, Geschichte; DERS., Novatian/Novatianer, RGG4 6, Tübingen 2004, 418–419. 5 WALLRAFF, Geschichte, 251. 6 Ibid. 7 Ibid. 8 Zu den erhaltenen Inschriften aus Kleinasien kommt der von Clive Foss als novatianisch angenommene Text der Vita St. Autonomi. Diese steht weiterhin zur Diskussion (WALLRAFF, Geschichte, 254, Anm. 7), C. FOSS, St. Autonomus and His Church in Bithynia, DOP 41, 1987, 187–198. 9 WALLRAFF, Geschichte, 252.
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Kapitel 2: Einordnung der Studie in die Forschungssituation
nopel in den Häretikerregelungen erkennbar.10 Die bevorzugte Behandlung der Novatianer unter Konstantin führt Wallraff auf einflussreiche Mitglieder der Novatianer in Konstantinopel zurück.11 Bei den Quellen der novatianischen Gegner mahnt Wallraff naturgemäß zur Vorsicht und zur besonders sorgfältigen Auswertung.12 Er fasst zusammen, dass das Kernland der novatianischen Gemeinschaft im vierten und fünften Jahrhundert in den ländlichen Gebieten des westlichen Kleinasiens gelegen habe. Belegt seien sie darüber hinaus auch in den Hauptstädten Konstantinopel und Rom; in Antiochia und Syrien habe es ebenfalls Spuren von ihnen gegeben.13 Einen gesonderten, großen Abschnitt widmet Wallraff dem kleinasiatischen Streit um den Termin des Osterfestes. Da die Novatianer in den einschlägigen Texten zusammen mit den Quartodezimanern genannt werden, fragt er nach dem Verhältnis beider Gruppen zueinander. Sowohl Sokrates als auch Sozomenos zählen die Novatianer zu denjenigen Christen, die das Osterfest nach dem lunaren Kalender feiern.14 Der Bericht des Sokrates zeigt allerdings, dass sich nur die phrygischen Novatianer entschlossen hätten, das Osterfest nach jüdischer (und damit quartodezimanischer) Tradition zu feiern, während sich ihre Glaubensgenossen in Konstantinopel an der in Nizäa festgelegten Praxis orientierten.15 In seiner Abschlussbetrachtung diskutiert Wallraff die Unterschiede zwischen den Novatianern und der orthodoxen Kirche im vierten und fünften Jahrhundert und stellt fest, dass die Bußfrage dabei eher eine untergeordnete Rolle spielte.16 Größere Unterschiede lägen in der Haltung zur zweiten Ehe oder zur Taufe vor.17 Dennoch habe sich die novatianische Gemeinde von Konstantinopel immer mehr an die orthodoxe Kirche angenähert, sodass die Differenzen nach und nach verwischten. Wallraffs Darstellung zufolge sei der novatianische Streit in späterer Zeit ausschließlich ein Problem zwischen der orthodoxen Kirche und dem kleinasiatischen, speziell dem phrygischen Teil der Häretiker gewesen. 10
Ibid., 256. Ibid., 257, siehe auch Cod. Theod. 15,5,1 und Sozomenos, HE 2,32,5. 12 Ibid., 260. 13 VOGT , Coetus Sanctorum, 52–55. 14 Sokrates, HE 6,11,13; Sozomenos, HE 7,18,11. Unabhängig davon bestätigt eine pseudo-chrysostomische Predigt aus dem Jahr 387 n. Chr. (In sanctum pascha sermo 7, CPG 4612), die aus Kleinasien stammt (WALLRAFF, Geschichte, 273, Anm. 88), den novatianischen Termin des Osterfestes nach dem lunaren Kalender. 15 WALLRAFF, Geschichte, 275. Siehe dazu auch Sokrates, HE 4,28,18, der betont, dass an der besagten Synode bei Pazon zum Thema weder der novatianische Bischof von Konstantinopel noch der von Kotiaeum oder der von Nikomedea anwesend waren. 16 WALLRAFF, Geschichte, 278. 17 Ibid. 11
Einordnung der Studie in die Forschungssituation
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Konsequent dazu sieht er im sechsten und siebten Jahrhundert ein stilles Aufgehen der einstigen Sonderkirche in der orthodoxen Struktur.18 Im Gegensatz zu Wallraff, der sich auf die späte Entwicklung der Novatianer konzentriert, bietet Stephen Mitchell im Zusammenhang mit der Übergangszeit von der griechisch-römischen Religion zum Christentum in Kleinasien einen Überblick über die novatianische Sonderkirche.19 Im Mittelpunkt stehen dabei die Inschriften aus den ländlichen Gebieten Kleinasiens. Sein Anliegen ist es, die Novatianer als christliche Gruppe in Phrygien und den benachbarten Gebieten historisch einzuordnen. Die Zentren des Novatianismus werden zusätzlich auf Verteilungskarten abgebildet.20 Seine Überlegungen zeigen zunächst, dass sich die literarischen und die epigraphischen Quellen zur Verbreitung der Novatianer in Kleinasien decken.21 Da Mitchell ähnlich wie William Calder22 zu Beginn des letzten Jahrhunderts die Gesamtheit der häretischen Inschriften im westlichen Teil Kleinasiens betrachtet, sind seine Erkenntnisse hinsichtlich der Rolle der Novatianer im kleinasiatischen Hinterland des dritten und vierten Jahrhunderts interessant und zeigen den Bedarf an weiterer Vertiefung. Vor allem die Abgrenzung häretischer und (nach eigenem Verständnis) orthodoxer Christen voneinander gibt Einblicke in die Entwicklung der Kirche in dieser Zeit. Für Laodikea kommt er zu dem Schluss, dass die Mehrheit der Christen dort novatianisch war.23 Trotz der selbstbewussten Haltung, die auf christlichen Grabsteinen zum Ausdruck kommt, zeigt die Mischung aus paganen und christlichen Sprachmetaphern einen offenen Umgang der Religionen miteinander an.24 Mitchell fragt in dem Zusammenhang mit der novatianischen Kirche auch nach dem Hintergrund der sogenannten »Christen-für-Christen«Inschriften im Tembris-Tal, deren montanistischer Ursprung in der Vergangenheit immer wieder diskutiert wurde.25 Er weist darauf hin, dass sie bis auf eine Inschrift, die aus dem Jahr 248 n. Chr. stammt, ebenso gut als novatianisch betrachtet werden könnten. Seine provokative Interpretation nutzt er als Warnung davor, die in Kleinasien auftretenden christlichen 18
WALLRAFF, Geschichte, 279. MITCHELL, Anatolia II, 102–108. 20 Ibid., 94. 21 Sokrates, HE 4,28. 22 CALDER, Epigraphy, 59–91. 23 MITCHELL, Anatolia II, 103. 24 Ibid., 104. 25 Siehe dazu E. GIBSON, The »Christians for Christians« Inscriptions of Phrygia. Greek Texts, Translation and Commentary, HThS 32, Missoula 1978, dazu M. WAELKENS, Die antiken Türsteine. Typologische und epigraphische Untersuchungen der kleinasiatischen Grabreliefs mit Scheintür, Mainz 1986, mit einer präziseren Datierung. Ebenfalls dazu W. TABBERNEE, Montanist Inscriptions and Testimonia. Epigraphic Sources Illustrating the History of Montanism, PatMS 16, Macon/Ga. 1997, 181–212. 19
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Kapitel 2: Einordnung der Studie in die Forschungssituation
Sondergruppen zu scharf voneinander zu trennen.26 Anders formuliert, es gab in dieser Zeit den Novatianismus ebenso wenig wie die Kirche, sondern unterschiedlich charakterisierte Gruppen unter der Flagge des Kreuzes. Die Bewohner der ländlichen Gebiete Lycaoniens, Phrygiens und Bithyniens hatten, so Mitchell, einen kulturellen und literarischen Status erreicht, der für das Hinterland ungewöhnlich war. Nicht zuletzt dadurch prägten sie die christliche Gesellschaft Kleinasiens.27 Tatsächlich lässt sich auf einigen Inschriften ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zur gebildeten Oberschicht und dem Hang zu einem asketisch-rigoristischen Christentum zeigen, der in der Beschäftigung mit den Novatianern neue Akzente setzt.28 Die Entwicklung der novatianischen Gemeinde wird dadurch nicht nur unter theologischen Gesichtspunkten interessant, sondern bedarf darüber hinaus einer allgemeinen historischen Einordnung in die Gesellschaft des vierten und fünften Jahrhunderts in Kleinasien. Die Akzeptanz der novatianischen Lehre in Kleinasien ist auch für Timothy Gregory in seinem Überblick über die Geschichte des Novatianismus ein wichtiger Punkt.29 Gregory’s Aufsatz von 1975 gibt einen übersichtlichen Abriss der Geschichte der Novatianer von ihrem Beginn bis zum Verstummen der Quellen im ausgehenden sechsten Jahrhundert und Anfang des siebten Jahrhunderts.30 Gregory ist einer der wenigen Forscher, der die Angaben des Philostorgius, Novatian sei phrygischer Herkunft gewesen, nicht sofort verwirft, sondern als beachtenswert einstuft.31 Besonders interessant ist seine Ansicht zu einer Versammlung novatianischer Bischöfe, die in dem bisher unidentifizierten Ort Pazon stattgefunden haben soll. Gregory folgt hier Ramsay,32 der in Pazon, das laut den Kirchenhistorikern Sozomenos und Sokrates33 an der Grenze zwischen Phrygien und Galatien gelegen haben soll, das montanistische »Neue Jerusalem«, Pepouza, sehen wollte. Das erscheint Gregory plausibel, weil er in dieser Zusammenkunft der Bischöfe eine Annäherung von Montanisten und Novatianern vermutet. Nun hat die neueste archäologische Forschung Pepouza nicht an der phrygisch-galatischen Grenze, sondern mit überzeugenden Argumenten in
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MITCHELL, Anatolia II, 105. Ibid., 107–108. 28 Dazu D. SLOOTJES/V. HIRSCHMANN, Asceticism as a Religious Expression of the Social Elites (in Vorbereitung). 29 GREGORY, Novatianism, 3. 30 Die Abhandlung des Patriarchen von Alexandria, Eulogius (580–607), Contra Novatianos, die als Notiz bei Photius, Bibl., cod. 182, 208 und 280 erwähnt wird. 31 Gegen VOGT, Coetus Sanctorum, 17; GREGORY, Novatianism, 3. 32 Siehe RAMSAY, The Cities and Bishoprics of Phrygia, hier II, 575. 33 Sokrates, HE 4,28; Sozomenos, HE 6,24. 27
Einordnung der Studie in die Forschungssituation
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der Gegend des antiken Temenothyrai lokalisiert.34 Dadurch ist aber keineswegs die Vermutung Gregory’s hinsichtlich der Kontakte zwischen Montanisten und Novatianern zurückgewiesen. Es sei vielmehr auch ohne die Versammlung in Pazon sehr unwahrscheinlich, dass diese beiden großen christlichen Gruppen in Phrygien einander nicht gekannt haben.35 Für Gregory lagen Montanismus und Novatianismus nicht nur geographisch eng beieinander, sondern möglicherweise auch theologisch. Als im fünften Jahrhundert die Zahl der Quellen zum Novatianismus abnimmt, mutmaßt er ein Aufgehen der Schismatiker sowohl in der orthodoxen Kirche als auch im Montanismus. Diesen Überlegungen scheint Gregory jedoch durch eigene Hinweise die Grundlage wieder zu entziehen. So weist er darauf hin, dass die Novatianer nur in sehr eingeschränkter Weise (bzw. gar nicht) als prophetische Bewegung gesehen werden könnten, wohingegen ja gerade das ekstatische Prophetentum die Montanisten auszeichnete.36 Weiter sahen sich die Novatianer – so Gregory – nicht als millenaristisch an und schufen für ihre Gruppe keine neuen Ämter, wie es die Montanisten taten.37 Die möglichen Verbindungen zwischen beiden christlichen Gruppen werden immer wieder von Gregory in die Argumentation eingebracht, da sie auch in den Häretikerkatalogen gelegentlich zusammen erwähnt werden38 und in Phrygien gleichermaßen stark vertreten waren. Die theologische Nähe zwischen diesen Sonderkirchen ist jedoch trotz geographischer Nähe sehr gering. 39 Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass Novatianer und Montanisten im fünften Jahrhundert allmählich verschmolzen und deshalb nicht mehr als eigenständige Gruppen wahrgenommen wurden.40 Viel eher kann eine Annäherung zwischen Novatianern und orthodoxer Kirche angenommen werden.41 34 Siehe P. LAMPE/W. TABBERNEE, Pepouza and Tymion. The Discovery and Archeological Exploration of a Lost Ancient City and an Imperial Estate, New York 2008. 35 Vgl. dazu MITCHELL, Anatolia II, 98. 36 GREGORY, Novatianism, 4, siehe dazu W. M. CALDER, Early Christian Epitaphs from Phrygia, AnSt 5, 1956, 27–31. Tatsächlich gibt es keine echten Anhaltspunkte für eine prophetische Ausrichtung der novatianischen Lehre. 37 GREGORY, Novatianism, 4. Zu den Ämtern der Montanisten siehe V. HIRSCHMANN, Horrenda Secta. Untersuchungen zum frühchristlichen Montanismus und seinen Verbindungen zur paganen Religion Phrygiens, Stuttgart 2005, 123–138. 38 Zum Beispiel Basilius, Ep. 188. 39 Dazu V. HIRSCHMANN, Die phrygische Opposition. Zu Novatianern und Montanisten im westlichen Kleinasien, in: H.-M. Schellenberg/V. Hirschmann/Andreas Krieckhaus (Hg.), A Roman Miscellany. Essays in Honour of Anthony R. Birley, Gdansk 2008, 42– 48. 40 GREGORY, Novatianism, 17. Er wendet allerdings auch ein, dass nicht allein dadurch die schwindende Eigenständigkeit der Novatianer erklärt werden kann. 41 Siehe dazu im Folgenden Kapitel 6.
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Kapitel 2: Einordnung der Studie in die Forschungssituation
Etwas modifiziert betont Janin die Übereinstimmungen zwischen Montanisten und Novatianern. In seinem Überblick über die Geschichte der Novatianer im Osten 42 bezieht sich Janin ebenso wie Gregory auf die Information des Philostorgius, Novatian stamme aus Phrygien.43 Die allgemeine rigoristische Tendenz in Phrygien, die durch die Montanisten in christliche Lehren umgesetzt worden waren, könnte eine Erklärung für die novatianische Glaubensstrenge gewesen sein.44 Janin wird indirekt durch den Kirchenhistoriker Sokrates bestärkt (HE 4,28), der dem nahe gelegenen Paphlagonien ebenfalls eine große Sittenstrenge zuschreibt. Janin bietet eine an den Quellen orientierte Beschreibung der Novatianer im östlichen Teil des Römischen Reiches, wobei er stichpunktartig auf bestimmte Problematiken wie z.B. den Termin des Osterfestes eingeht.45 Seiner Ansicht nach sind die Aussagen des Sokrates über die Novatianer im Osten schwer einzuordnen, weil dieser aufgrund seiner bekannten Sympathie für die Novatianer ihre Attraktivität überschätzte.46 Janin ist in sofern Recht zu geben, als die aufgeschlossene Einstellung des Sokrates die Verbreitung der Novatianer durchaus zu euphorisch eingeschätzt haben könnte. Andererseits ist Sokrates gerade aufgrund seiner Sympathien für die Novatianer wichtig, weil er so aus Interesse an ihnen auf Details Wert legte, die für andere Schriftsteller nicht interessant waren, weil ihnen nichts daran lag, diese Sonderkirche in ein positives Licht zu rücken. 1923 diskutierte W. M. Calder den epigraphischen Befund von Kotiaeum (Oberes Tembris-Tal).47 Auch er sah bereits Indizien für eine Fusion von Montanisten und Novatianern.48 Eine detaillierte Untersuchung der von ihm besprochenen und als novatianisch angesehenen Inschriften aus Laodikea auf theologische Parallelen zum Montanismus fehlt jedoch. Daher steht seine These einer Fusion völlig ungeschützt in der deskriptiv angelegten Übersicht über das damals bekannte epigraphische Material. Ebenso fehlt eine historische Einordnung der Inschriften in den christlichen Kontext Phrygiens. Als Schnellzugriff auf die wichtigsten Funde der Gegend ist die Studie jedoch auch heute noch wertvoll. Ebenfalls im Jahr 1923 verfasste Adhémar d’Alès einen Aufsatz zur Geschichte der Novatianer.49 D’Alès bietet eine Übersetzung der zwei 42
R. J ANIN, Les Novatiens orientaux, EOr 28, 1929, 385–397. Philostorgius, HE 8,15. 44 JANIN, Novatiens orientaux, 386. 45 Ibid., 391. Seines Erachtens beeinflussten die Montanisten die novatianische Diskussion um den Termin des Osterfestes. 46 Ibid., 388. 47 CALDER, Epigraphy, 64. 48 Ibid. 49 A. D’ ALÈS, Novatien moraliste, in: Revue des questions historiques 99, 1923, 5–37. 43
Einordnung der Studie in die Forschungssituation
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Briefe Novatians an Cyprian während der Sedisvakanz im Jahr 251 an. Ausgehend davon bespricht er die Situation, die schließlich zur Abspaltung der Novatianer von der Kirche geführt hat. Dabei werden immer an thematisch ausgewählten Punkten die entsprechenden Quellen in Übersetzung angegeben und kommentiert. Der Leser erhält so einen Überblick über die Geschichte des novatianischen Schismas und parallel dazu Einsicht in die Novatian zugeschriebenen Schriften und seine Überzeugungen. Die zweite Kategorie der Literatur aus theologischer Feder ist wesentlich größer und deshalb hier nur auszugsweise wiedergegeben. Bis Hermann Josef Vogt 1968 seine Monographie zum Novatianismus veröffentlichte, existierten neben den schon genannten Lexikonartikeln ausschließlich Einzeluntersuchungen zu den verschiedensten Aspekten der Kirche Novatians sowie Studien zu Cyprian, Sokrates oder Sozomenos, die sich am Rande auch mit dem Novatianismus beschäftigten. Ein großer Prozentsatz der Forschungsdiskussionen lässt sich gut anhand der Monographie von Vogt nachvollziehen, auf die noch eingegangen wird. Zunächst ein Überblick über die wichtigsten Beiträge bis 1968. Aus dem Jahr 1936 stammt der umfangreiche und gut gegliederte PaulyWissowa-Artikel von Hugo Koch. Seine Darstellung hat stark apologetischen Charakter und versucht, den Leser gegen die orthodoxe Kirche in Rom einzunehmen, wenn er z.B. Bischof Cornelius, den Gegenspieler Novatians, als »einfältig« bezeichnet.50 Der Informationsgehalt des Artikels ist trotz einer spürbaren Parteilichkeit recht hoch, denn Koch lässt sich im Gegensatz zu den meisten anderen Darstellungen des Novatianismus nicht allein von der Perspektive der heutigen Kirche leiten, eine Position, die für die Abfassungszeit des Artikels ungewöhnlich ist. Ein Beispiel dafür ist die Taufe Novatians, die als sogenannte »klinische Taufe« (d.h. Taufe auf dem Krankenbett) von Cornelius diffamiert wurde.51 Koch nennt diesen Vorgang einen Formfehler des Bischofs und entlastet damit die Christwerdung Novatians. Sehr interessant ist an seiner Beurteilung des römischen Schismas von 251, dass Koch Cyprian zunächst Eifersucht auf Novatian und seine Beliebtheit unter den Christen der damaligen Zeit unterstellt, die sich erst im weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen um die lapsi in eine sachliche Gegenargumentation wandelte.52 Koch lenkt auch den Blick auf die gegensätzlichen Kirchenbegriffe der streitenden Parteien. Auf der einen Seite stünde die »urchristliche Heilskirche«, auf der anderen die sich »bildende Sakramente- und Priester50
H. KOCH, Novatianus, PRE 17, 1936, 1138–1156, hier 1141. Vgl. Eusebius, HE 6,43,14. 52 KOCH, Novatianus, 1142; vgl. auch Cyprian, Ep. 54, wo Koch den Beginn einer sachlichen Auseinandersetzung sieht. 51
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Kapitel 2: Einordnung der Studie in die Forschungssituation
kirche«.53 Zukunftsorientiert sei dabei diejenige Kirche, die der breiten Masse Halt biete. Dazu gehöre zwingend ein toleranter Umgang mit menschlichen Schwächen. Dennoch bleibt Koch kritisch in seiner Haltung zu Cyprian und Cornelius und sieht in der Durchsetzung des Laxismus gegen den Rigorismus der Novatianer den Sieg des »geistigen Mittelmaßes über das Talent«. 54 Die Verbreitung der Novatianer vor allem in Phrygien beruhe, so Koch, auf der Wegbereitung durch die Montanisten. Er zitiert Pacian, der, als er den Brief seines novatianischen Gegners erhielt, glaubte, einen Montanisten vor sich zu haben.55 Als Parallele zur Martyriumsfreudigkeit der Montanisten hält Koch dann auch die damals gerade erst entdeckte Märtyrerinschrift für Novatian an der Via Tiburtina für echt.56 Den Menschen Novatian charakterisiert Koch als einen »christlichen Stoiker oder stoischen Christen«, der christliche Prinzipien mit römischer gravitas und stoischer Gelassenheit verband.57 Das durchweg positive Bild Novatians kann Koch nur deshalb aufrechterhalten, weil er jede Auseinandersetzung mit den offensichtlichen Diskrepanzen zwischen der Lehre Novatians und seinem Verhalten vermeidet. Gemeint ist damit z.B. seine Flucht in ein Einsiedlerleben während der Decischen Verfolgung. Die Kritik der Gegner an Novatians Abkehr aus dem Gemeindeleben in Rom wird nicht näher beleuchtet und jeder Missklang vermieden. Die Einordnung der novatianischen Theologie und Christologie gelingt Koch nicht so recht. Für ihn steht der Novatianismus zwischen Monarchianismus und Modalismus, zwei theologischen Ansätzen, die sich entscheidend im Gottesbild widersprechen. Die Monarchianer sehen Gott als unveränderliche Einheit, die den Menschen Christus durch Adoption vergöttlicht hat. Im Gegensatz dazu verstehen die Modalisten Christus als Emanation des göttlichen Wesens, das durch diese Auffassung nicht mehr als unveränderliches Einzelwesen angesehen werden kann.58 Christus als Sohn Gottes ist bei Novatian dem Vater untergeordnet und kündet als »Engel des Großen Rates« (Trin. 18,103) den Willen des Vaters. Während Novatian die Subordination des Sohnes mit der Gesamtheit der vornizäischen Theologen teilt,59 ist die Funktion Christi als Engel ein 53
KOCH, Novatianus, 1142. Ibid., 1144. 55 Pacian, Ep. 2,IV. 56 KOCH, Novatianus, 1145. Dazu A. FERRUA, Antichità cristiane. »Novatiano Beatissimo martyri«, CivCatt 95/4, 1944, 232–239. 57 KOCH, Novatianus, 1152. 58 Ibid., 1154. Koch sieht die Haltung Novatians ähnlich der des Tertullian. 59 Ibid., 1156. Gegen W. KEILBACH, Divinitas Filii eiusque Patri subordinatio in Novatiani libro de Trinitate, Zagreb 1933, der in der subordinatio Christi eine »philosophische Eitelkeit« Novatians sieht. 54
Einordnung der Studie in die Forschungssituation
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Sonderfall. Diese Schwierigkeit umgeht Koch, indem er eine modalistische Haltung Novatians annimmt. Die schon erwähnte Monographie von Hermann Josef Vogt ist in sechs große Themenblöcke eingeteilt, die sich unter anderem mit der Vita Novatians, seinem Kirchenbegriff und seiner Lehre sowie dem Fortleben seiner Kirche (auch über das Konzil von Nizäa hinaus) befassen.60 Der Untertitel der Monographie (»Der Kirchenbegriff des Novatian …«) ist irreführend, denn er suggeriert eine hauptsächliche Konzentration auf diesen Aspekt. Damit wird man diesem Werk angesichts seiner Themenvielfalt nicht gerecht. Wichtig sind die Kapitel über die Datierung des novatianischen Schriftgutes und die zentralen Themen der novatianischen Lehre wie Taufe und Buße oder die Gestalt des Erlösers. Vogt beginnt mit einem kurzen Überblick über die Vorgeschichte Novatians bis zum Schisma von 251. Es folgen die Schriften des Novatian und ihre Abfassungszeiten sowie eine knappe historische Einordnung des Schismas in die Ereignisse des Jahres 251. Das erste große Kapitel zum Kirchenbegriff Novatians behandelt die Erlösung, Aussagen über die Kirche und die Sakramente in seinen Schriften. Es folgen die novatianischen Sonderlehren über die Buße, die Wiedertaufe und die Firmung. Mit diesem Themenblock endet die theologisch ausgerichtete Darstellung, um sich der historischen Entwicklung der novatianischen Kirche zuzuwenden. Der letzte Teil ist den literarischen Zeugnissen zu Novatian und seinen Lehren gewidmet, unterteilt in griechische und lateinische Quellen. Es sollen im Folgenden nicht in der Art einer Inhaltsangabe die einzelnen Kapitel wiedergegeben, sondern kurz Teilergebnisse präsentiert werden. Die ausführlichere Darstellung dieser Monographie ist in der systematischen Vielfalt der Themen begründet, die in den weiteren Diskussionen dieser Arbeit immer wieder aufgegriffen werden müssen. Vogt geht in seinem ersten Kapitel zur Vorgeschichte Novatians auch auf die Bemerkung des Philostorgius ein, Novatian stamme aus Phrygien. Seine Ablehnung dieser Hypothese begründet er mit dem Römerstolz Novatians61 und fehlenden orientalischen Einflüssen in dessen Sprache.62 Die Romverbundenheit wird nochmals thematisiert, wenn es um den (angeblichen?) Märtyrertod des Novatian unter Valerian geht.63 Diese Information, die aus der Kirchengeschichte des Sokrates stammt, führte in der Forschung zu einer regen Kontroverse.
60
VOGT , Coetus Sanctorum, 17. Ibid., siehe Cyprian, Ep. 30,2. 62 Dazu CHR. MOHRMANN, Les origines de la latinité chrétienne à Rome, VigChr 3, 1949, 65–106 und 163–183. 63 Vgl. Sokrates, HE 4,28. 61
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Kapitel 2: Einordnung der Studie in die Forschungssituation
Ein Teil der Forscher fühlte sich bestätigt, als 1932 an der Via Tiburtina eine Grabschrift für »Novatiano beatissimo martyri« gefunden wurde.64 Das Grab ist allerdings erst um 270 zu datieren (der mutmaßliche Tod ›unseres‹ Novatian ist um 258 anzusetzen). Die Zeitspanne zwischen dem Tod des Novatian zur Regierungszeit des Valerian und dem Grab erklärt Leo Kunibert Mohlberg mit der Verbannung des Schismatikers und der anschließenden Rückführung seiner Gebeine (von seinen Anhängern) nach Rom.65 Trotz mancher Zustimmung bleiben Fragen offen. In einer Studie von 1944 befasste sich Antonio Ferrua eingehend mit dem Märtyrergrab an der Via Tiburtina.66 Er diskutiert die vorhandenen Möglichkeiten und Gegenargumente, in diesem Grab tatsächlich Novatians letzte Ruhestätte gefunden zu haben, und verwirft die Möglichkeit einer späteren katholischen Konversion Novatians ebenso wie das friedliche Nebeneinander novatianischer und katholischer Christen in den römischen Katakomben.67 Die Erwähnung eines Novatianus im sogenannten Hieronymischen Martyrologium,68 das häufig als Argument der Befürworter des römischen Grabes von Novatian genutzt wurde, geht nach Ferrua entweder auf eine Korruption des Textes oder einen Namensvetter des Schismatikers zurück.69 Vogt selbst zweifelt die These des Märtyrergrabes für Novatian stark an und versteht die Formulierung des Sokrates als eine posthume Glorifizierung des Schismatikers, ähnlich der Märtyrerverehrung des Bischofs Cornelius, der eines natürlichen Todes gestorben war.70 Vogt beendet sein erstes großes Kapitel mit der Feststellung, Novatian habe das Schisma von 251 nicht aus Eifersucht oder Ärger über seine Niederlage gegen Cornelius provoziert.71 Vielmehr habe er ein echtes Interesse an der Reinhaltung der Kirche und an ihren Grundsätzen gehabt. Dass die Anhänger Novatians angeblich beim Empfang der Eucharistie antworten mussten, sie würden nie mehr zu Cornelius zurückkehren,72 sieht Vogt als Reaktion Novatians auf die »laxe« Führung des Cornelius in 64 Dazu P. STYGER, Die römischen Katakomben. Archäologische Forschungen über den Ursprung und die Bedeutung der altchristlichen Grabstätten, Berlin 1933, 194–195; DERS., Römische Märtyrergrüfte, Berlin 1935, 195–198. 65 MOHLBERG, Iscrizione tombale, 242–249. 66 FERRUA, Novatiano, 232–239. 67 Ebenso VOGT , Coetus Sanctorum, siehe FERRUA, Novatiano, 238, gegen MOHLBERG, Iscrizione tombale. 68 Heiliger des 29. Juni, Martyrologium Hieronymianum cum commentario perpetuo, ActaSS, Nov., Bd. II/2, ed. H. DELEHAYE, 342. 69 FERRUA, Novatiano, 239. 70 VOGT , Coetus Sanctorum, 26. 71 Damit gegen D’ALÈS, Novatien moraliste, 18. 72 Eusebius, HE 6,43,19.
Einordnung der Studie in die Forschungssituation
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den Fragen von Buße und Rekonziliation, die nach der Vorstellung Novatians die Kirche verunreinigen würden.73 Das zweite große Kapitel »Der Kirchenbegriff Novatians« widmet sich der Gestalt Christi und der Erbsünde bzw. der Erlösung des Menschen. Sehr interessant sind dazu die Andeutungen, die Vogt hinsichtlich des kulturellen und philosophischen Hintergrundes der Schismatiker macht. Die Auffassung von der Erbsünde in De trinitate sieht Vogt als ein verschobenes Gleichgewicht von Leib und Seele im Menschen. Gott habe im Menschen ein Übergewicht der Seele angelegt, das die Trägheit des Leibes überwinden und die Physis zu einer Vergöttlichung nach oben tragen soll.74 Vogt vergleicht dies mit Cicero, De natura deorum,75 der der gesamten Natur ein herrschendes Prinzip, eine »Führung«, inhärent sieht. Erlösung ist für Novatian zweierlei: das Auffangen der abwärtsgerichteten Schwerkraft des Leibes und das Neuentfachen der auf Gott gerichteten Dynamik.76 Dies geschehe durch das Fleischwerden Christi (Trin. 10,53), denn durch seinen Leib gewinne der Mensch den Kontakt mit Gott wieder. In der Auferstehung erlange die menschliche Physis ihre eigentliche Gestalt zurück.77 Die Rückführung zum »wahren Ich« machte Christus durch seinen Tod und Auferstehung vor und kehrte zurück in seine ursprüngliche Herrlichkeit. Novatian nennt Christus nicht den »Erlöser« oder »Heiland«, sondern er ist für ihn eine »Wiedererweckung der im Menschen angelegten Dynamik auf Gott hin«.78 Entgegen Jordan, der das fehlende Interesse an einer Soteriologie bei Novatian durch einen dogmatisch-christologischen Ansatz ersetzt sieht,79 will Vogt dieselben Gedanken Novatians dennoch soteriologisch deuten 80 und sieht im Sündenverständnis Novatians eine rein physische Gottesferne, die durch die Leiblichkeit Christi überwunden wird.81 Diese Leiblichkeit ist neu, die Präsenz des göttlichen Christus in der Schöpfung nicht.82
73 VOGT , Coetus Sanctorum, 56, gegen J. QUASTEN, Patrology, Bd. II: The AnteNicene Literature after Irenaeus, Utrecht 1953, 214. 74 VOGT , Coetus Sanctorum, 63. 75 Cicero, Nat. deor. 2,29: omnem enim naturam necesse est … habere aliquem in se principatum ut in homine mentem, quod Graeci ἡγεµονικόν vocant. 76 VOGT , Coetus Sanctorum, 63. 77 Ibid., 67. 78 Ibid., 66; vgl. Novatian, Trin. 18,102. 79 H. JORDAN, Die Theologie der neuentdeckten Predigten Novatians. Eine dogmengeschichtliche Untersuchung, Leipzig 1902, 124. 80 VOGT , Coetus Sanctorum, 67. 81 Ibid., 72. 82 Ibid., 74, vgl. Novatian, Trin. 18,105, siehe auch Trin. 22,129 über die göttliche Natur des Sohnes vor der Menschwerdung.
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Kapitel 2: Einordnung der Studie in die Forschungssituation
Vogt erkennt in Novatians Aussagen zum präexistenten Christus und ursprünglich ebenso göttlich angelegten Menschen stoische Prinzipien wieder, vor allem wegen der Betonung der Leiblichkeit.83 Er wendet sich aber entschieden gegen eine Haltung, die Theologie Novatians sei nichts weiter als ein christlich gefärbter Stoizismus.84 Für ihn sind Novatian und seine Sonderkirche in einem frühen Stadium des Christentums verhaftet, in dem die pagane Philosophie ihren Einfluss noch geltend machen konnte.85 Die novatianischen Tendenzen zur paganen Philosophie sieht auch Daly, der sich mit den Parallelen zwischen Tertullian und Novatian beschäftigt.86 Tertullian habe durch seine strengen Ansichten der Glaubensführung als Vorlage für Novatians rigoristische und puristische Ideen gedient.87 Wie Tertullian hätten die Novatianer nur die strengen Passagen der Schrift gelesen und für sich übernommen. Daly führt Beispiele für übereinstimmende Zitate aus der Schrift an und kommt zu dem Schluss, dass der Novatianismus ebenso wie der Montanismus Tertullians keine Rückkehrbewegung zu den Reinheitsgedanken der ersten Christen seien, sondern eher als Angriff auf die christliche Tradition der Barmherzigkeit verstanden werden müsse.88 Während Daly und Vogt dieses Abweichen vom urchristlichen Gedanken der Milde dem Stoizismus ohne nähere Differenzierung zuweisen, konkretisiert Hans Weyer in seiner Übersetzung und seinem Kommentar von De trinitate den pagan-philosophischen Hintergrund anhand des Physis-Begriffs von Novatian in Trin. 2,10. Dort ist die Rede von der göttlichen Milde, die die ferinos nostros animos (sc. der Menschen) friedfertig stimmt und so in den Menschen eine Gotteserkenntnis erwirkt.89 Für Weyer opponiert Novatian mit dieser Haltung gerade gegen den stoischen Physis-Begriff, der in der Natur das formende Prinzip sieht. Novatian sehe dagegen eine zweifache Aufgabe des Menschen: sich auf ethischen Gebiet von der agrestis immanitas (Trin. 1,19) hin zur lenitas zu entwickeln und dadurch zweitens kraft des eigenen Logos die Gotteserkenntnis zu erlangen.90 83
VOGT , Coetus Sanctorum, 67–69. Ibid., 138. 85 Ibid., 73. 86 C. B. DALY, Novatian and Tertullian. A Chapter in the History of Puritanism, Irish Theological Quarterly 19, 1952, 33–43, hier 36–37. An diesem Punkt ist tatsächlich eine quellengestützte Grundlage vorhanden, um eine montanistisch-novatianische theologische Nähe zu postulieren. 87 Vgl. Hieronymus, De vir. ill. 70. 88 DALY, Novatian and Tertullian, 42–43. 89 H. WEYER (Hg.), De Trinitate. Text und Übersetzung mit Einleitung und Kommentar, Darmstadt 1962, 50, Anm. 23. 90 Ibid., 52. 84
Einordnung der Studie in die Forschungssituation
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Vogt kommt in einem nächsten großen Teilabschnitt auf die Sonderlehren des Novatian zu sprechen. Besondere Beachtung findet natürlich die Bußlehre, die letztlich zur Abspaltung von der Hauptkirche geführt hatte. In diesem Zusammenhang zitiert Vogt Cyprian, Ep. 55,16 (alia est philosophorum et Stoicorum ratio, qui dicunt omnia peccata paria esse et virum gravem non facile flecti oportere), der mit seiner Aussage die Basis für Novatians Einordnung in den Stoizismus schuf.91 Die Buße sei für die Novatianer etwas Rückwärtsgewandtes, während die Kirche die aufrichtige Reue als zukunftsöffnend betrachtet, so Vogt weiter. Für ihn habe Novatian den Kontakt mit der Wirklichkeit verloren, als er im Angesicht der Abtrünnigen die Sünder aus der Kirche ausschloss.92 Im Rahmen der historischen Einordnung der Novatianer geht Vogt kurz auf das Novatianergesetz des Kaisers Konstantin von 326 ein.93 Konstantin habe erkannt, dass die Novatianer nicht in dem Maße kirchengefährdend seien wie andere Häresien der Zeit. Er erlaubte ihnen Kirchengebäude und eigene Grabstätten. Die Vita Constantini des Eusebius weiß im Gegensatz zu dieser milden Behandlung von einem Brief des Kaisers gegen die Novatianer.94 Sokrates erwähnt den Brief nicht, wohl aber Sozomenos.95 Die Novatianer werden darin als Erste der Häretikerreihe genannt. Sozomenos erklärt die Diskrepanz zwischen der Duldung der novatianischen Kirche (Cod. Theod. 16,5,2) und dem (angeblichen) Brief mit einer Abschreckungsstrategie Konstantins, die keine endgültige Verdammung der Novatianer zur Folge hatte. Dem kann Vogt nicht zustimmen und kommt zu dem Schluss, der Brief des Kaisers sei unecht bzw. die Novatianer seien erst von späterer Hand eingefügt.96 Vogts Fazit am Ende seines Buches lautet, Novatian könne nicht einfach, wie es bisher der Fall gewesen sei, als »Vertreter altkirchlicher Strenge« hingestellt werden. Die Wurzeln seines Bußrigorismus und anderer strenger Maßgaben lägen nicht oder nur zu einem geringen Teil in der frühen Kirche.97 Die zahlreiche Anhängerschaft der Novatianer sei durch eine im dritten Jahrhundert vermehrt auftretende Sorge der Gläubigen um die Heiligkeit der Kirche zu verstehen. Die Krise unter Decius und der Abfall zahlreicher Glaubensgenossen war für viele Christen ein Schock 91
VOGT , Coetus Sanctorum, 141, Anm. 14. Ibid., 149. 93 Cod. Theod. 16,5,2. Es handelt sich um ein am 25.9.326 ausgestelltes Reskript. VOGT, Coetus Sanctorum, 194. 94 Eusebius, Vita Const. 3,64. 95 Sozomenos, HE 2,32,1 ff. 96 VOGT , Coetus Sanctorum, 195–196. Alternativ könnten nach Vogt die Maßnahmen des Kaisers erfolglos gewesen sein. 97 Ibid., 291. 92
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Kapitel 2: Einordnung der Studie in die Forschungssituation
gewesen. Novatians Härte gegen die lapsi habe zwar eine verbreitete Tendenz aufgegriffen, sei aber seinem stoischen Denken entsprungen.98 Die historische Beharrlichkeit der novatianischen Sonderkirche führt Vogt auf ihr Gemeinschaftsgefühl zurück. Das Bewusstsein, »reine« Zustände zu bewahren (ein coetus sanctorum zu sein), habe ein Überlegenheitsgefühl geschmiedet, das die novatianische Kirche auch in Zeiten der Bedrängnis von außen »haltbar« gemacht habe.99 1975 legte Henneke Gülzow eine Studie zum Briefwechsel zwischen Cyprian und Novatian vor. Gülzow wendet sich entschieden gegen den Versuch, die Briefe Cyprians rein chronologisch zu ordnen, und weist darauf hin, dass eine chronologische Reihenfolge dem Corpus Cypriani nicht mehr gerecht werde.100 Alternativ bietet er eine klar gegliederte Übersicht über die Reihenfolge der Briefe zusammen mit einschlägiger Forschungsliteratur an.101 Die Korrespondenz zwischen Karthago und Rom wird im Einzelnen besprochen und kirchengeschichtlich eingeordnet. In seiner Abschlussbetrachtung wendet Gülzow sich nochmals der Bischofswahl in Rom zu. Den Triumph des Cornelius über Novatian nennt er den »Sieg untadeliger Mittelmäßigkeit gegen rasch emporgestiegene Begabung«102 und stimmt damit in beinahe gleicher Formulierung Koch zu. 1997 befasste sich Martin Wallraff in einer umfassenden SokratesStudie nicht nur mit dem Œuvre des Kirchenhistorikers, sondern ging speziell auf das Verhältnis des Sokrates zum Novatianismus ein (siehe auch unten Kapitel 3). Es kommt ihm vor allem darauf an, die Argumente früherer Untersuchungen für eine orthodoxe Haltung des Sokrates infrage zu stellen.103 Dabei stützt Wallraff sich auf die Wahrnehmung des Sokrates als Novatianer in den Quellen104 und beleuchtet das Verhältnis des Sokrates zu seinem Zeitgenossen Sozomenos.105 Wallraff geht von einem novatianischen Christentum des Sokrates aus und untersucht als Gegenthese zu Henri Valois, der im Werk des Sokrates ein orthodoxes Bekenntnis gefunden haben will, die maßgeblichen Passagen erneut. Er kommt zu dem Schluss, dass sie nicht als Beweis für die Orthodoxie des Sokrates dienen können.106 Weitere Beobachtungen ver98
Ibid. Ibid., 293. 100 GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 1–2. 101 Ibid., 16–19. 102 Ibid., 154. 103 WALLRAFF, Sokrates, 238, Anm. 126. 104 Zum Beispiel Nikephoros Kallistos Xanthopoulos (14. Jh.), der Sokrates eindeutig als Novatianer ansah (HE 1,1 und 11,14). Vgl. WALLRAFF, Sokrates, 237–238. 105 WALLRAFF, Sokrates, 240–241. 106 Ibid., 244–246. 99
Einordnung der Studie in die Forschungssituation
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dichten seines Erachtens den Verdacht, Sokrates sei schon früh mit dem Novatianismus in Berührung gekommen und habe seine religiöse Sozialisierung durch diese Kirche erfahren: Den novatianischen Presbyter Auxanon, einen seiner Gewährsmänner, traf Sokrates nach eigenen Aussagen in seiner Jugend.107 Wallraff mutmaßt, der Auftraggeber des Sokrates, Theodorus, könne Novatianer gewesen sein.108 Angesichts des auffälligen Lobes der moralisch und sittlich guten Gesinnung der Phryger in HE 4,28,2–13 könnte man m.E. noch weiter gehen und überlegen, ob jener Theodorus nicht selbst aus diesem Teil Kleinasiens stammte und Sokrates dessen religiöse Haltung vermittelte. Die eingeschobene Phryger-Panegyrik im vierten Buch als Exkurs innerhalb der vorkonstantinischen Kirchengeschichte ist recht überraschend und vielleicht so erklärbar. Anders als z.B. in den zitierten Urkunden und Dokumenten verwendet Sokrates die Worte καθολικός und ὀρθόδοξος nicht. Wallraff argumentiert für eine bewusste Vermeidung dieser Begriffe und somit für ein stilles Bekenntnis des Verfassers zur novatianischen Kirche. Mehr als eine Beurteilung nach Indizien jedoch würde »dem Quellenbefund Gewalt antun«. 109 Ausgehend von der durch Wallraff aufgeschlüsselten Bedeutung des Sokrates für die Geschichte der novatianischen Kirche und von den Untersuchungen Stephen Mitchells zu den novatianischen Inschriften in Kleinasien will vorliegendes Buch einen Beitrag zur Bedeutung und sozialhistorischen Einordnung der novatianischen Kirche und ihrer Mitglieder vor allem in Konstantinopel und dem kleinasiatischen Hinterland leisten. Um die soziale Strukturierung der novatianischen Kirche noch besser zu verstehen, wurde ein Kapitel über die Anfänge des Schismas in Rom hinzugefügt (Kapitel 4).
107
Sokrates, HE 1,13,3. Das Gespräch muss nach Wallraffs Vermutung in den ersten Regierungsjahren des Theodosius II. stattgefunden haben (ab 408 n. Chr.), WALLRAFF, Sokrates, 248, Anm. 167. 108 WALLRAFF, Sokrates, 248. 109 Ibid., 253.
Kapitel 3
Die Quellen Anders als bei vielen häretischen Gruppen des frühen Christentums liegen uns erfreulicherweise für die novatianische Sonderkirche relativ viele Primärzeugnisse vor. Aus den schriftlichen Hinterlassenschaften Novatians sind uns seine Briefe an Bischof Cyprian von Karthago erhalten, die aus der Frühzeit des novatianischen Schismas stammen. Bei Eusebius (HE 6,45) finden wir einen Brief des Dionysius von Alexandria an Novatian, in dem dieser Novatian zur Umkehr mahnt. Von den Schriften Novatians sind die Abhandlungen zur Dreieinigkeit (De trinitate), über die jüdischen Speisegesetze (De cibis Iudaicis), über die Schamhaftigkeit (De bono pudicitiae) und über die Schauspiele (De spectaculis) auf uns gekommen.1 Aus dem kleinasiatischen Hinterland (vor allem Phrygien) kennen wir zudem einige novatianische Inschriften, die einen Einblick in die Sozialstruktur und Theologie der Novatianer im Hinterland geben. Ein Sonderfall ist der Kirchenhistoriker Sokrates, dessen novatianisches Christentum (zumindest als Sympathisant) nicht von allen Forschern bejaht wird. Die Untersuchung von Wallraff (1997) hat jedoch überzeugend gezeigt, dass Sokrates zum novatianischen Kreis gerechnet werden muss. Trotz einer verbleibenden Unsicherheit sollten die Kapitel seiner Kirchengeschichte, die sich mit der novatianischen Kirche beschäftigen, zu den Primärzeugnissen gezählt werden. Ebenfalls der Diskussion unterliegt ein hagiographischer Text, die sogenannte Vita St. Autonomi, die von Clive Foss unter die novatianischen Quellen gerechnet wird.2 Von den zahlreichen Schriften der novatianischen Gegner seien hier nur die wichtigsten herausgegriffen, zumal Vogt in seiner Monographie »Coetus Sanctorum« eine Fülle dieser Quellen umfassend diskutiert und auswertet. 1
Novatiani opera, ed. G. F. DIERCKS, CChr.SL 4, Turnhout 1972 (inkl. der Briefe und der Schrift eines Anonymus Ad Novatianum). 2 Vita St. Autonomi, PG 115, 692–697 = ActaSS, Sep., Bd. IV, 14–19. C. FOSS, St. Autonomus and His Church in Bithynia, DOP 41, 1987, 187–198. Vgl. dazu WALLRAFF, Geschichte, 254, Anm. 7.
3.1. Die Inschriften
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Eines der letzten ausführlichen Zeugnisse ist die antinovatianische Schrift des Patriarchen von Alexandria, Eulogius (580–607).3 Eulogius, den Gregor d. Gr. sehr schätzte, argumentiert gegen die novatianischen Einwände gegen die Reliquienverehrung.
3.1. Die Inschriften4 Die uns heute bekannten ca. ein Dutzend novatianischen Inschriften geben Einblicke in das Glaubensverständnis der Novatianer in Kleinasien. Das Zentrum der Funde liegt in der Gegend von Laodikea in Pisidien (Katakekaumene). Die Verbindung der Inschriften mit den Informationen aus Sokrates und Sozomenos setzen sie in einen kirchenhistorischen Kontext, der ihren Quellenwert von einer rein quantitativen Beurteilung löst. Denn die Zahl der epigraphischen Zeugnisse – hier muss Wallraff Recht gegeben werden – reicht nicht aus, um der Ausbreitung der Novatianer in Kleinasien näherzukommen.5 Zusammengenommen lassen literarische und epigraphische Quellen jedoch eine eindrucksvolle Nord-Süd-Schneise novatianischer Gemeinden von Konstantinopel über Bithynien bis in den Süden Phrygiens entlang der großen Handelsstraße von Norden (Nikomedea) nach Süden (Ikonium) erkennen.6 Ausreißer in westliche Richtung sind Kyzikos und die Gegend um Prusa, in östliche Mantineion (Paphlagonien) und Ankyra (Galatien).7 Der äußere Westen Phrygiens und die Grenze zu Mysien weisen nach der augenblicklichen Forschungslage keine Spuren der Novatianer auf. Die Gegend um Temenothyrai in Phrygien war montanistisches Kernland. Es hat bereits Ansätze gegeben, ein Aufsatteln novatianischer Gemeinden auf montanistische Vorläufer zu untersuchen,8 zumal beide Gruppen häufig in einem Atemzug genannt werden. Die Übereinstimmungen im Bußverständnis und die Neigung zur Askese haben möglicherweise dazu beigetragen, die Novatianer den orthodoxen Christen in bereits montanistischen Gebieten vertraut erscheinen zu lassen.9 3
Vgl. VOGT, Coetus Sanctorum, 284. Die Inschriften werden im einschlägigen Kapitel (Kap. 6) einzeln besprochen. 5 Vgl. WALLRAFF, Geschichte, 256. 6 Vgl. die Verteilungskarte der novatianischen Gemeinden bei MITCHELL, Anatolia II, 4
94. 7 CALDER, Epigraphy, 63, weist auf die paulinische Christianisierung dieser Zonen durch die Kirchen von Laodikea, Kolossae und Hierapolis hin. 8 Siehe TABBERNEE, Montanist Inscriptions and Testimonia, 349; CALDER, Epigraphy, 64: »… there is no doubt that in many places Montanism fused with Novatianism, and appeared in a Novatian guise in the 4th century.« 9 Für einen Überblick siehe HIRSCHMANN, Die phrygische Opposition.
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Kapitel 3: Die Quellen
Zusätzlich zu den genannten epigraphischen Zeugnissen überlegt Mitchell, wie in Kapitel 2 (S. 11–12) bereits ausgeführt, für die »Christen-fürChristen«10-Inschriften aus dem Oberen Tembris-Tal eine novatianische Interpretation.11 Jedoch müssen Inschriften aus dem Tembris-Tal nicht immer zwingend häretisch sein.12 Genauso wahrscheinlich ist ein orthodoxer Ursprung als deutliche Reaktion auf ein möglicherweise größtenteils häretisches (montanistisches) Umfeld, das nun mindestens 100 Jahre nach der Gründung der Bewegung von orthodox Gläubigen als ›falsches‹ Christentum empfunden wurde. Ihre Haltung zeigen sie durch die Selbstbezeichnung als Christen, die für andere »Rechtgläubige« (und damit die wahren Christen) in ihrer Umgebung ein Signal setzen wollen. Ganz ähnlich könnte auch der Grabstein des Presbyters Germanus (gefunden 30 km nordwestlich von Laodikea) verstanden werden.13 Es klingt beinahe trotzig, wenn Germanus sich ausdrücklich »Presbyter der heiligen Kirche der Orthodoxen« mitten in einem novatianischen Zentrum nennt. Man ist versucht zu vermuten, dass Germanus klarstellen wollte, dass es nur eine heilige Kirche gibt, und zwar die orthodoxe. Denn die Formulierung τῆς ἁγίας ἐκκλησίας wird auch gerne von den Inhabern novatianischer Grabsteine benutzt. Mitchell fragt zu Recht, ob man nun die anderen anonymen christlichen Texte als orthodox oder novatianisch einstufen sollte.14 Eine zufriedenstellende Antwort wird kaum möglich sein, auch wenn Mitchell sich sicher ist, dass die orthodoxen Christen so rar sind wie die einzelne Inschrift des Germanus. Die Grabsteine der Novatianer zeigen, dass sie sich selbst als Kirche sehen.15 Die Wahrnehmung der Novatianer von außen scheint damit nicht konform gegangen zu sein. Nach dem achten Kanon von Nizäa bemühte man sich einerseits um die Wiedereingliederung der Novatianer in die orthodoxe Kirche.16 Novatianischen Klerikern wurde angeboten, bei Erhalt 10
GIBSON, Christians, 56, Nr. 22. MITCHELL, Anatolia II, 105. Calder schreibt sie montanistischer Genese zu (CALDER, Epigraphy, 64). Er schränkt jedoch seine These wieder ein, da einer dieser Texte bereits aus dem Jahr 248 stammt (MAMA I, 290). 12 Dazu TABBERNEE, Montanist Inscriptions and Testimonia, 147–148. 13 MAMA I, 290. 14 MITCHELL, Anatolia II, 103. 15 Vgl. z.B. CALDER, Epigraphy, 82–83, Nr. 6 und 7. 16 Can. Nic. 8 (1,30,4–9 JOANNOU): Ἔδοξε τῆι ἁγίαι καὶ µεγάληι συνόδωι, ὥστε χειροθετουµένους αὐτοὺς οὕτω µένειν ἐν τῶι κλήρωι. Ausführlich zur Diskussion der Bedeutung von χειροθετουµένους siehe WALLRAFF, Geschichte, 258, Anm. 25, vgl. VOGT, Coetus Sanctorum, 190–192. Wallraff weist darauf hin, dass χειροθετεῖν in der zitierten Passage der Konzilsakten für Ordination gebraucht wird. Für Vogt ist damit jedoch die Handauflegung gemeint (χειροθεσία), vgl. G. W. H. LAMPE, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961, s.v. χειροθεσία. 11
3.1. Die Inschriften
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ihres Ranges zur orthodoxen Kirche zurückzukehren. Andererseits müssten sie neu ordiniert werden, was sich wohl schwierig gestaltete.17 Die Novatianer wurden als außerhalb der eigentlichen Kirche angesiedelt verstanden, aber man begegnete ihnen weitgehend mit Wohlwollen und Anerkennung. Lediglich ein gewaltsamer Bekehrungsversuch an den Novatianern von Mantineion ist bekannt.18 Ansonsten zeigen einschlägige Passagen aus den Kirchengeschichten des Sokrates und des Sozomenos sowie aus den Gesetzestexten der Kaiser das Ansehen und die Duldung der novatianischen Kirche in Konstantinopel. Dies schien auch auf die novatianischen Gemeinden in Kleinasien auszustrahlen, die wohl ungehindert wachsen konnten.19 Vielleicht lag die positive Annahme der novatianischen Lehre auch im speziellen Charakter der Phryger und Paphlagonier begründet, deren hochmoralische Gesinnung der Kirchenhistoriker Sokrates preist (HE 4,28,9–12) und darin die Voraussetzung für die Übernahme der novatianischen Glaubenspraxis sieht. Die uns vorliegenden Inschriften sind auffällig oft von Klerikern oder für Kleriker gesetzt. Die Beobachtung wird durch eine Bemerkung des Sozomenos (HE 7,19) gestützt, die Novatianer (und Montanisten) hätten sogar in den Dörfern Bischöfe. Im Gegensatz dazu, so Sozomenos weiter, gebe es auf orthodoxer Seite oft für vier Städte nur einen Bischof (ibid.). Ein hoher Prozentsatz klerikaler Vertreter deutet sowohl auf eine intensive theologische Pflege der Gemeinde als auch auf ein straffes organisatorisches Gerüst hin. Derartig engmaschige Betreuungsnetze sind von außen schwer zugänglich, wie der Briefwechsel des Basilius von Caesarea mit dem orthodoxen Bischof von Ikonium, Amphilochios, zeigt. Es gab einen drängenden Bedarf für den orthodoxen Amphilochios, den Umgang mit novatianisch denkenden Christen vor seiner Kirchentür zu regeln.20 Die Inschriften liefern uns einen wertvollen Beitrag zur Selbstwahrnehmung der Novatianer und zur inneren Struktur ihrer Gemeinschaft. Der nicht geringe Anteil von Asketen in ihrer Kirche spiegelt zudem Tendenzen der Kirche allgemein im vierten und fünften Jahrhundert in Kleinasien wider. 17 Can. Nic. 8 (1,30,19–1,31,1 JOANNOU): ἔνθα µὲν οὖν πάντες εἴτε ἐν κώµαις εἴτε ἐν πόλεσιν αὐτοὶ µόνον εὑρίσκοιντο χειροτεθηθέντες […]. 18 Mantineion in Paphlagonien war Schauplatz einer eigentlich in Konstantinopel beheimateten Auseinandersetzung zwischen Arianern und Novatianern. Der Arianer Macedonius konnte Kaiser Konstantin überzeugen, Truppen nach Mantineion zu schicken, um die Novatianer dort mit Gewalt zu bekehren. Die Aktion endet mit einer Blamage für die kaiserlichen Truppen, die sich der Schlagkraft rustikaler Waffen und religiösen Eifers geschlagen geben mussten (Sokrates, HE 2,38; vgl. Sozomenos, HE 4,21). 19 Für die Propontis spricht Mitchell vom »Novatian country« (MITCHELL, Anatolia II, 99). 20 Basilius von Caesarea, Ep. 188,1,20 (COURTONNE).
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Kapitel 3: Die Quellen
3.2. Die Schriften Novatians Von Hieronymus wissen wir, dass Novatian insgesamt neun Schriften verfasst haben soll.21 Namentlich nennt er De cibis Iudaicis (unter dem Namen Tertullians) und De trinitate. Letztere weist er ausdrücklich Novatian zu und wendet sich gegen andere, die versuchen, Cyprian oder Tertullian als Urheber zu sehen.22 De trinitate ist das Werk Novatians, in dem wir die stoischen Grundlagen seines Denkens am stärksten nachvollziehen können.23 Die heutige Forschung sieht in Novatian auch den Autor der unter Cyprians Name überlieferten Schriften De spectaculis und De bono pudicitiae.24 Als Verfasser von De bono pudicitiae muss Cyprian ausscheiden, weil hier die Buße als schändliche Bezeugung der zuvor begangenen Sünden angesehen wird (Pud. 13). Beide Schriften mahnen auf ihre Art zur Vermeidung von Sünde. Dass den Christen vom Theaterbesuch abgeraten wird, ist schon topisch.25 Die Ermahnung zur Jungfräulichkeit und Treue bzw. sogar Enthaltsamkeit in der Ehe passt zu einer Lehre, die das rechte und sündlose Verhalten der Christen zum primären Glaubensinhalt macht. Bevor Versuchungen wie der Theaterbesuch oder Lust die Möglichkeit schaffen, ein wie auch immer sündhaftes oder nicht christengerechtes Handeln zu provozieren, sollte man beides lieber meiden. In De cibis Iudaicis werden noch zwei zusätzliche Traktate, De sabbato und De circumcisione, genannt.26 Sie sind ebenso verloren wie De pascha, De sacerdote, De oratione, De instantia und De Attalo. Von den erhaltenen Zeugnissen offenbart De trinitate in einem hohen theologisch-philosophischen Abstraktionsgrad das Gottesverständnis Novatians, während die anderen Schriften auf die alltägliche Praxis ausgerichtet sind. In diese Kategorie fällt auch der ebenfalls nicht vollständig erhaltene Briefwechsel mit Cyprian, der Einblicke in das Gemeindeleben und seine Richtlinien wie auch in die Auseinandersetzungen innerhalb der Kirche gibt. 21 22
Hieronymus, De vir. ill. 70. Ibid. Für die Forschungsgeschichte zu De trinitate siehe WEYER, De Trinitate, 11–
14. 23
Siehe Cyprian, Ep. 55,16, der den Stoizismus als Grundlage für puristische Gedanken Novatians ansieht. 24 In der Ausgabe von CChr.SL 4 (Novatiani opera, ed. G. F. DIERCKS, Turnhout 1972), 254 ff. wird auch die Schrift Adversus Iudaeos dazugezählt. Vgl. dazu WEYER, De Trinitate, 11, Anm. 31. 25 In diesem Sinne muss man auch die Bemerkung des Sokrates verstehen, der die Phryger als besonders vom öffentlichen Schauspiel abstinent beschreibt (HE 4,28,9 ff.)! Vgl. auch Tertullian, De spectaculis. 26 Ps.-Tertullian, Cib. Iud. 1.
3.3. De Trinitate
29
Zu den theologischen Schriften kommen auch die im cyprianischen Briefcorpus erhaltenen Schreiben Novatians an die Gemeinde von Karthago (Ep. 30, 31 und 36). Novatian verfasste sie nach dem Tod des Bischofs Fabian. Von der Korrespondenz zwischen Cyprian und Novatian ist leider nicht alles erhalten, sondern nur die Briefe, die aus der Sicht der Kirche für den Streit um die lapsi bedeutend waren.27 Zu den uns verlorengegangenen Dokumenten gehört nach Gülzow28 der Brief, den die römische Gemeinde anlässlich des Märtyrertodes des Fabian 250 nach Karthago schickte. In Ep. 9 erwähnt Cyprian, dass er den Brief bereits erwartet hatte.29 Die ausführliche und geschliffene Darstellung des Martyriums ist für Gülzow der Grund, Novatian als Autor anzunehmen: »Aus dem übrigen römischen Klerus war obendrein kaum jemand in der Lage, einen Satz fehlerfrei zu Papier zu bringen, wenn man die anderen nicht von Novatian verfaßten Schreiben römischer Kleriker aus jener Zeit zum Maßstab nimmt.«30 Das Verschwinden des Briefes stützte die These der novatianischen Urheberschaft des Schreibens zusätzlich, würde doch das exzellent verfasste Schreiben eines späteren Schismatikers ihm eventuell Sympathien einbringen, die der Kirche nicht angenehm gewesen wären.
3.3. De Trinitate31 Da Novatians Schrift über die Trinität keinen Hinweis auf das Schisma von 251 oder auf die Decische Verfolgung enthält, wird eine Abfassungszeit vor 251 angenommen.32 Den Titel des Werkes überliefert Hieronymus,33 in der Schrift selber kommt der Ausdruck trinitas nicht vor. De trinitate beginnt mit der regula veritatis, einer von Novatian abgewandelten Form der regula fidei.34 Der Glaube an Gott und damit auch an den Schöpfer allen Seins ist für Novatian die Basis der menschlichen Bindung an ihn (1,1). Der Mensch als ein Teil dieser Schöpfung sei seinem Leib nach irdisch, 27 Überliefert bei Cyprian, Ep. 30, 31, 36, vgl. 55,5. Dazu GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 3. 28 GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 22. 29 Dazu A. V. HARNACK, Die Briefe des römischen Klerus aus der Zeit der Sedisvakanz im Jahre 250, in: Theologische Abhandlungen. Carl von Weizsäcker zu seinem siebzigsten Geburtstage, 11. December 1892, gewidmet, Freiburg 1892, 1–36, hier 3. 30 GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 23, vgl. Cyprian, Ep. 8,21 und 8,31. 31 Zur Textüberlieferung WEYER, De Trinitate, 15–20. Die im Folgenden verwendete Zitation folgt Weyer. 32 Der decische Opferbefehl erfolgte 249 und löste die Christenverfolgung aus. Mehrere Indizien deuten auf eine Zeit um 240 hin, WEYER, De Trinitate, 14–15. 33 Hieronymus, De vir. ill. 70. 34 WEYER, De Trinitate, 34,1. Dazu auch A. D’ALÈS, Novatien et la doctrine de la Trinité, Gregorianum 3, 1922, 420–446 und 497–523, hier 423.
30
Kapitel 3: Die Quellen
sein Wesen aber (sc. die Seele) sei von himmlischer Art (1,5). Demnach sei er auch das einzige Wesen, das frei ist, während die übrige Schöpfung ihm zur Verantwortung übergeben wurde (1,6). Doch brauche selbst dieser freie Mensch Bindungen, und so habe Gott die Gebote erlassen. Als diese übertreten wurden, entstand der Kreislauf von Lohn und Strafe. Interessant ist an dieser Stelle die Schilderung des Sündenfalls bei Novatian. Er differenziert die Sündenschuld nicht nach dem Geschlecht, sondern spricht allgemein vom menschlichen Ungehorsam (ibid.), der dafür sorgt, dass sich der Mensch mit seiner »nachparadiesischen« Lebenssituation auseinandersetzen muss.35 Also entwickelte Gott die himmlischen Welten, erschuf die Engel und spiritales virtutes digesserit.36 Was genau mit diesem Ausdruck gemeint ist, bleibt der Interpretation überlassen. Weyer geht darauf in seinem Kommentar nicht weiter ein. Er übersetzt an dieser Stelle »[Gott] gründete das Reich der geistigen Kräfte«. Nun ist virtus im Lateinischen ein genau festgelegter Terminus, der die sittlich guten Tugenden umfasst, deren Erlangung ein ehrenhafter Mensch (im altrömischen Sinne der Mann) sich befleißigen muss.37 Digerere kann »abteilen« bedeuten, jedoch im Sinne von »trennen«, nicht im Sinne von »bilden/erschaffen«. Weyers Übersetzung ist an dieser Stelle irreführend, denn sie drückt einen kreativen Vorgang aus, der lateinische Text aber einen separativen. Der Text von Trin. 1,8 im Ganzen: Quamquam etiam superioribus, id est super ipsum quoque solidamentum, partibus, quae non sunt hodie nostris contemplabiles oculis, angelos prius instituerit, spiritales virtutes digesserit, thronos potestatesque praefecerit, et alia multa caelorum immensa spatia et sacramentorum infinita opera condiderit, ut immensus hic licet mundus paene novissimum magis dei corporalium rerum appareat opus esse quam solum. Obwohl er aber in den oberen Teilen, (das ist auch noch über dem Firmament), die heute für unsere Augen nicht sichtbar sind, die Engel vorher einsetzte, teilte er die geistigen Tugenden ab, setzte Throne und Mächte an die Spitze und gründete viele andere riesige Räume der Himmel ebenso wie unbegrenzte Werke verborgener Dinge, sodass möglich ist, dass diese immense Welt Gottes beinahe eher die jüngste der körperlichen Dinge scheint als die einzige. 35 In der novatianischen Interpretation des Sündenfalls liegt einer der gravierenden Unterschiede zur montanistischen Lehre vor. Dort nämlich wird nicht von einem Ungehorsam des Menschen gesprochen, sondern von einem Streben der Frau nach Weisheit, siehe Epiphanius, Pan. haer. 48,2,2. 36 Zur Erschaffung der Engel vor dem Menschen siehe WEYER, De Trinitate, 41,11. 37 K. E. GEORGES, Ausführliches Handwörterbuch. Lateinisch-Deutsch, Bd. II, Hannover 131972, 3514. Zum Begriff der römischen virtus siehe z.B. V. HAND, Augustin und das klassisch römische Selbstverständnis. Eine Untersuchung über die Begriffe Gloria, Virtus, Iustitia und Res Publica in De Civitate Dei, Hamburger Philologische Studien 13, Hamburg 1970; W. EISENHUT, Virtus romana. Ihre Stellung im römischen Wertsystem, München 1973.
3.3. De Trinitate
31
Das konzessive quamquam zu Beginn übersetzt Weyer mit »indessen«. Er wählt damit die schwächste Form der Übersetzung. In Weyers Übersetzung erscheinen so die Engel und die geistigen Tugenden einander weniger widersprechend. Er deutet prius lediglich in temporaler Relation zur Erschaffung des Menschen. So hat auch »indessen« in seiner Konstruktion nur eine temporale Bedeutung.38 Übersetzt man konzessiv mit »obwohl«, so entsteht ein anderer Sinn: Obwohl die Engel vor den Menschen erschaffen wurden, haben sie keinen Anteil an den geistigen Werten und Tugenden. Dadurch wird auch fraglich, ob sie geistige Individualität ausprägen konnten oder aber durch das Fehlen der Tugenden in einer gewissen Beschränktheit existieren. Damit bleibt Novatian im traditionellen alt- und neutestamentlichen Verständnis der Engel. Sie sind in gewisser Weise Arbeitsdrohnen, gesteuert durch den zentralen Befehl des Schöpfers, der ihnen für ihre jeweilige Aufgabe seinen Geist einhaucht.39 Obwohl es einige namentlich genannte Engel gibt, tritt ihre Person völlig hinter der Botschaft zurück.40 Diese Sicht der Engel im Alten Testament, die vom Neuen Testament übernommen wird, bringt besondere Schwierigkeiten mit sich, wenn Novatian Christus den ersten Engel Gottes nennt (18,104). Ist Christus dann ein ›Ausnahmeengel‹ oder auch eine, wenngleich höher anzusiedelnde, ›Arbeitsdrohne‹ des Schöpfers? Auf die Person und Naturen Christi wird weiter unten gesondert eingegangen. Nach den Ausführungen zur Schöpfung gibt Novatian in Trin. 1,9 einen kleinen Einblick in seine Ansicht zur Auferstehung. Er beschreibt eine hierarchisch gegliederte Unterwelt, die sich von der pagan-antiken nur darin unterscheidet, dass die Seelen (gute wie schlechte) hier auf ihren endgültigen Urteilsspruch warten müssen.41 Eine der wichtigsten Aussagen in 1,9 ist 1,9,12. Hier ›outet‹ sich Novatian so eindeutig als stoisch geprägt, dass man gegenteilige Ansichten ablehnen muss.42 Im Zusammenhang mit der Unterweltsschilderung kommt er auf die menschliche ratio zu sprechen. Sie ermögliche es dem Menschen, sowohl die himmlische als auch die irdische/unterirdische Welt zu erfassen und die Herrlichkeit der Werke Gottes zu erkennen (1,9,13). Die
38
Zum Vergleich führt er Irenäus an (Epid. 9), der die Engel in den sieben Himmeln wohnend sieht, die die Erde umgeben. Siehe WEYER, De Trinitate, 41,11. 39 Dazu siehe H. SEEBASS, Art. Engel. II. Altes Testament, TRE 9, 1982, 583–586. 40 Zum Beispiel Gen 16,7–11; 22,11.15; Ex 33,2; Ri 2,1–5. 41 Vgl. Irenäus, Adv. haer. 5,13,2 und Justin, Dial. 5,3; 80,4. Dazu R. FOSS, Griechische Jenseitsvorstellungen von Homer bis Plato. Mit einem Anhang über Vergils sechstes Buch der Aeneis, Aachen 1997. 42 Vgl. M. POHLENZ, Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung, Göttingen 3 1964, 440.
32
Kapitel 3: Die Quellen
Voraussetzung dafür ist nach den Lehren der Stoa die Vorstellung von Gott als höchstem Logos/höchster Ratio. Die Stoa schöpfte einige ihrer Gedanken aus vorsokratischen Erkenntnistheorien, die den Mythos als alleiniges Erklärungsmodell der Natur und des Seins entmachteten und in den Elementen nach Antworten auf grundlegende ontologische Fragen suchten. Die Natur als Ursprung des Seins stand dabei im Vordergrund. Die Natur wird dabei auch in ihren kleinsten Details als durch den Logos eines Gottes beseelt verstanden. Der Mensch ist kraft seines eigenen Logos an der Göttlichkeit beteiligt. Damit beziehen sich die Stoiker in direkter Weise auf vorsokratische Ideen. So sah schon Parmenides von Elea (Ende des sechsten Jahrhunderts v. Chr.) in seiner Ontologie ein Bedingungsgefüge zwischen Denken und Sein,43 und für die Pythagoreer vermag der Mensch durch seinen eigenen Logos und die daraus resultierende Erkenntnisfähigkeit Gott näherzukommen. In die Theologie Novatians übersetzt hieße es, der Mensch ist als einziges Wesen frei, weil er gottähnlich geschaffen wurde (vgl. 1,5–6), und verfügt aus diesem Grund über ein himmlisches Wesen. Die Freiheit zu denken bedingt sein individuelles Sein (vgl. 1,6). In diesem Zusammenhang muss man die geheimnisvolle Aussage spiritales virtutes digesserit tatsächlich als eine qualitative Aussage über das Verhältnis der Engel zu den Menschen sehen. Jene sind eben nicht kraft ihres eigenen Logos frei, auch wenn sie in der Schöpfung zuerst entstanden. Sie können so auch nicht Gott durch die Erkenntnisfähigkeit näherkommen, wie Novatian es in Trin. 3,20 formuliert: Quem quoniam obtutu oculorum videre non possumus, de operum magnitudine et virtute et maiestate condiscimus. (»Da wir diesen ja nicht von Angesicht sehen können, erfahren wir [ihn] über die Größe, Tugend und Majestät der Werke.«) Mit condiscere wird die lernende Erfahrung in den Vordergrund gestellt. Der Mensch nähert sich durch seinen Lebensweg der Herrlichkeit Gottes an, wenn er ex manifestis occulta condiscens de operum magnitudine, quae videret, mentis oculis artificis magnitudinem cogitaret (»wenn er [sc. der Mensch], indem er aus dem Sichtbaren Verborgenes über die Größe der Werke lernt, die er sieht, und mit den Augen des Verstandes die Größe des Schöpfers begreift«, ibid.). Mit »den Augen des Verstandes« ist das Göttliche zu erkennen. Durch diese Vorstellung koppelt Novatian seine Erkenntnislehre von einer emotionalen Gotteserfahrung ab. Dass das rein verstandesorientierte Leben und Erkennen dem Menschen schwerfällt, legt Novatian in Trin. 3,19 dar. Die Menschen hätten ferinos animos, die von Gott durch Regeln,
43
Frgm. 2 und 5 DK.
3.3. De Trinitate
33
die auch seine Zuwendung bemessen, gebremst würden.44 Doch ist nach stoischer Vorstellung allein der Mensch innerhalb der ganzen Schöpfung kraft seiner Ratio fähig, Tugenden und damit auch das Gute auszubilden.45 Grundsätzlich ruhe nur auf dem Demütigen und Friedfertigen Gottes Geist (ibid.). Das wilde Herz des Menschen müsse seinen Halt in dem Geist suchen, den es vom Schöpfer bekommen habe. Der Geist lehre ihn auch die Ehrfurcht vor dem Schöpfer: […] ut deum aliquatenus, quantus sit, possit agnoscere, dum illum per spiritum collatum discit timere (ibid.). Die zentralen Begriffe dieser Thematik sind »lernen« und »Geist« (im Sinne von Verstand). Beides zusammen helfe dem Menschen, seine animalisch-irdische Natur zu zähmen und seinen himmlischen Wesensaspekt zu entwickeln. Die Gottesfindung als erkenntnisbedingter menschlicher Aufstieg zur göttlichen Sphäre wurde in der neuplatonischen Lehre (Plotin) weiterentwickelt. In 2,10–12 erklärt Novatian, dass es im Gegensatz zur gnostischen Sicht nur einen Gott gebe, der über allem throne. Seine vollkommene Macht und Ausdehnung lasse keinen Raum für eine andere Gestalt (2,11). Er sei ohne Anfang und Ende, und so sei auch seine Macht unendlich (2,12). Den Abschnitt 2,13 widmet Novatian der Unbeschreibbarkeit Gottes. Gott umfängt die Schöpfung, er gibt Bewegung und Leben und verbindet die auseinanderstrebenden Elemente durch Harmonie.46 Weder Worte noch Verstand des Menschen könnten ihn erfassen.47 Die zuvor getroffene Aussage über die Gotteserkenntnis durch den menschlichen Verstand schränkt Novatian insoweit wieder ein, als er ein Erreichen Gottes durch reines Nachdenken ausschließt (ibid.). Lediglich sentire enim illum taciti aliquatenus possumus […], denn Worte schaffen keine Nähe zu Gott (ibid.). Der Geist, den Gott dem Menschen mitgab, lehrt ihn Ehrfurcht. Aus dieser Ehrfurcht begreift der Mensch, dass nicht die Natur die ihn umgebenden Dinge wie Tag und Nacht erschaffen hat, sondern der Herr. Weyer sieht hier eine Opposition gegen den stoischen Naturbegriff, der mit Zenon die Natur als das Stoffe formende Prinzip anerkennt.48 Dies ist nicht weiter 44 Diogenes Laertius, Vitae 7,85 (Chrysipp): Τὴν δὲ πρώτην ὁρµήν φασι τὸ ζῶιον ἴσχειν ἐπὶ τὸ τηρεῖν ἑαυτό, οἰκειούσης αὐτῶι τῆς φύσεως ἀπ᾽ ἀρχῆς, καθά φησιν ὁ Χρύσιππος ἐν τῶι πρώτωι Περὶ τελῶν, πρῶτον οἰκεῖον λέγων εἶναι παντὶ ζώωι τὴν αὑτοῦ σύστασιν καὶ τὴν ταύτης συνείδησιν. Siehe dazu POHLENZ, Stoa, 122, der die ethischen Theorien Zenons referiert. 45 Siehe dazu Cicero, Leg. 1,25: Est autem uirtus nihil aliud, nisi perfecta et ad summum perducta natura: est igitur homini cum deo similitudo. Vgl. Philo, De deo 127–139. Philo sieht die Präsenz des göttlichen Logos in jedem Menschen als Grundlage des moralischen Wertesystems. 46 Vgl. hier die stoische Auffassung, dass die Welt als Organismus vom Pneuma ihres Schöpfers durchflutet wird (WEYER, De Trinitate, 44,16). 47 Dazu P OHLENZ, Stoa, 95. 48 WEYER, De Trinitate, 50,23. Siehe Cicero, Nat. deor. 1,100; 2,48.
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Kapitel 3: Die Quellen
verwunderlich, denn Novatian war Christ und hing der Schöpfungslehre des Alten Testaments an. In seiner Sprache bediente er sich allerdings häufig der philosophischen Terminologie, um Aspekte des Christentums mit der gebildeten Sprache seiner Zeit zu erfassen. In 3,20 zitiert Novatian Paulus, der »aus ihm, durch ihn und in ihm« (sc. dem Herrn) alles erwachsen sieht.49 Die Güte Gottes sei unbegrenzt (4,21) und drücke sich in der Güte seiner Schöpfung aus. Für die Existenz des Bösen ist nach Novatian der Mensch durch seine Unvollkommenheit verantwortlich. So nutzte er seine Willensfreiheit zum Ungehorsam und provozierte so den Richter-Gott.50 In 4,24 widmet sich Novatian dem Wesen Gottes, welches er als ungeboren und unwandelbar sieht ([…] statum suum tenens semper, dum id, quod natum non est, converti non potest, 4,23).51 Gottes Wesen müsse stetig und unveränderbar sein, denn was veränderlich sei, sei auch sterblich. Diese Sterblichkeit, im Wandel begründet, gelte als Kennzeichen der irdischen, menschlichen Welt (ibid.). Demnach heißt Gott auch »der Einzige«, denn es gebe keinen, der ihm gleichkommt (4,25).52 Vor diesem Hintergrund ist die Natur Christi höchst problematisch, deren Göttlichkeit Novatian gemäß der Schrifttradition (11,59) stets betont (9,46; 11,56). Gegen den Christus-Gott steht die Einzigartigkeit Gottes von 4,25. In 11,60 klingt eine Lösung des Dilemmas an: Als Mensch wurde Christus nach der Erschaffung der Welt geboren, als Gott existierte er schon vor ihr: et quomodo qua homo post mundum qua homo nascitur, sic ante mundum qua deus fuisse perhibetur. (»Und wie er als Mensch nach [der Erschaffung] der Welt geboren wurde, so wird gesagt, dass er als Gott vor der Welt war.«) Um die Einzigartigkeit Gottes zu erhalten, aber gleichzeitig keinen Bruch mit der Verheißung der Schrift zu vollziehen, muss Christus präexistent aus der unwandelbaren Natur des Vaters kommen und wieder in sie eingehen. Im Anschluss an die Beschreibung der göttlichen Unendlichkeit wendet sich Novatian dem Zorn des Herrn zu. Nach den eingehenden Schilderungen der göttlichen Güte und Zuneigung zu seiner Schöpfung ist der schriftbezeugte Zorn Gottes ein Stolperstein der gleichmäßig positiven Darstellung. Glatt liefert Novatian einen Grund für den göttlichen Zorn: Er 49
Diese Stelle wird häufig als Dreifaltigkeitsaussage interpretiert. WEYER, De Trinitate, 52,24 mit Parallelstellen. Vgl. Röm 11,36; 1,20; 8,21. 50 So auch Tertullian, Adv. Marc. 2,11. In der stoischen Lehre ist das Böse der Preis der Willensfreiheit, siehe WEYER, De Trinitate, 53,25. 51 Vgl. Parmenides, Frgm. 8 DK. 52 Der Gedanke des Gegensatzes vom ewig Seienden und stetig Werdenden findet sich schon bei Parmenides von Elea, der als erster den Weltprozess als Werden und Wandel beschrieb. Das Denken des Menschen sei dagegen an die Grundlage des ewig und unveränderlich Seienden gebunden.
3.3. De Trinitate
35
geschieht zur Besserung des Menschen (5,29). Gott ist auch noch im Zorn gütig, weil er die Menschen auf den rechten Weg zurückbringen will. Eine Antithese von Gottes Güte und seinem Zorn bestünde aber nur im Vergleich mit der menschlichen Natur als Maßstab. Der Zorn Gottes sei keinesfalls vergleichbar mit den menschlichen Affekten. Der Mensch könne durch diese Schaden erleiden, weil er insgesamt schadensanfällig sei (5,28). Gott dagegen schade der Zorn nicht, denn passiones spricht Novatian Gott ab.53 Dennoch seien sie keine Fehlfunktionen des Logos, sondern eine Korrektur der körperlichen Welt.54 Gott aber ist unkörperlich (6,31– 36), und alle Beschreibungen, die ihm Körperglieder zueignen, sind demzufolge fehlerhaft. Christus nennt Gott Geist (6,33), weil wir erkennen sollen, dass Gott mehr als »nur« Geist ist (7,37). Dies zu verstehen, falle den Menschen schwer, nur die Jünger Jesu seien eine Ausnahme gewesen. Novatian glaubt, Christus habe das Evangelium vor Menschen gesprochen, die bereits zu einem tieferen Verständnis gelangt waren.55 Sie waren sozusagen Prototypen einer fortschreitenden Erkenntnis, die der Mensch anstreben solle. Ein Teil der Erkenntnis ist, dass Gott mit keinem Wort oder Begriff beschreibbar ist, auch nicht mit »Liebe« oder »Geist« (7,38–39). Dieses Unbegreifbare wollte Gott für uns fassbar machen durch seinen Sohn (8,41). Durch ihn will Gott erkennbar sein, seine Liebe offenbart er durch das Ausgießen des Geistes über uns Menschen (8,42).56 Im Gegensatz zu 3,20 lässt 8,42 die Dreifaltigkeit erkennen. Der Sohn ist Erkenntnis, der Geist Liebe, Gott aber der Vater, der durch die Existenz des Sohnes von jedem Menschen so angesprochen werden kann. Deshalb lehrt die regula veritatis,57 nach dem Vater auch an den Sohn zu glauben (9,46).58 Novatian grenzt sich mit dem Rückbezug Christi auf das Zeugnis des Alten Testaments von der Lehre der Doketen ab, die das Alte Testament in seiner Autorität verwerfen und das wahre Menschsein Christi leugnen.59 Christus habe aber Mensch sein müssen, damit seine Taten wirklich 53 Weyer sieht hier zu Recht pythagoreisch-platonisches Gedankengut und nicht stoische Affektenlehre (WEYER, De Trinitate, 58 und 59). 54 WEYER, De Trinitate 60,32, siehe dazu Vergil, Aen. 6,737 und 746. Zur Kritik am körperhaften Gottesbegriff der Stoa Cicero, Nat. deor. 3,29. 55 Trin. 7,37: Hominibus enim licet in evangelio suo intellegendi incrementa facientibus disputet […]. Weyer übersetzt an dieser Stelle: »Zwar lehrt er bei seiner Verkündigung vor Menschen, deren Verständnis schon tiefer geht.« Bei dieser Übersetzung entfällt, dass dieses tiefere Verständnis ein erlerntes war. 56 Nach dem Tod des Sohnes geht diese Botschaft durch die Apostel weiter (Trin. 8,42). 57 Novatian nimmt hier seine Formulierung aus Trin. 1,1 wieder auf. 58 Es folgen in Trin. 9,46 Ende bis 48 die Zeugnisse des Alten Testaments für die Verheißung des Sohnes. Christus ist der im Alten Testament versprochene Erlöser (10,50). 59 WEYER, De Trinitate, 78,46. Vgl. auch Trin. 11,59.
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Kapitel 3: Die Quellen
waren und von ihm Heil ausgehen konnte (10,53). Wäre er nur Scheinleib gewesen, so hätte Gott die Menschen betrogen (ibid.).60 Durch Jesu Wesen ist Gott nach Novatian mit uns (12,63). Doch nur zusammen mit der göttlichen Natur werden wir auch Christus, dem Herrn der Engel (11,57), gerecht. Nähme man ihm diese himmlische Seite, so verhöhnte man Gott den Vater, weil deus pater filium deum generare non potuit. Der himmlische Christus ist für Novatian präexistent (11,60, vgl. 13,68). In 13,69 zieht Novatian Vergleiche, um die göttliche Natur Christi im Menschen Jesus zu beweisen. Die Aussage des gesamten Absatzes 69 wird durch die parallelen Satzkonstruktionen intensiviert. Niemand außer Gott selbst kenne die Geheimnisse des Herzens, Christus sieht sie ebenfalls: Quodsi, cum nullius sit nisi dei cordis nosse secreta, Christus secreta conspicit cordis. Nur Gott könne Sünden vergeben, und so auch Jesus. Ganz bewusst wird die Parallele Gott-Jesus auch in der Satzstruktur aufgenommen. Die Übersetzung Weyers ist an dieser Stelle von deutscher Stilistik geleitet, die aber das Gesagte verfälscht. So baut er sicher nicht mit Absicht durch den Zusatz von »aber« einen Gegensatz zwischen nosse secreta – secreta conspicere auf: »Wir wissen, dass nur Gott die Geheimnisse des Herzens kennt, Christus sieht aber die Geheimnisse des Herzens.« Desgleichen im folgenden Satz. Hier verwendet Novatian zweimal peccata dimittere und verstärkt dies durch idem. Weyers Übersetzung von idem mit »während« suggeriert eine neue Variante, die durch Jesus eingebracht wurde.61 Der Diskussion der Person und der Naturen Christi widmet Novatian die Passagen 13,69–16,94. Er variiert das Thema der göttlichen Natur durch eine inhaltlich wechselnde Fragen- und Antwortenkonstruktion. Am Anfang jeden Absatzes steht si homo tantummodo Christus. Novatian spricht davon, dass Christus sich Gott verbunden gefühlt habe ([…] Iesum Christum consequenter, qui se nequaquam patri, ut diximus, iunxisset, nisi deum quoque intellegi vellet; »Jesus Christus, der sich folgerichtig in keiner Weise dem Vater verbunden hätte, wenn er nicht auch als Gott hätte verstanden werden wollen«, 16,92). Diese Verbindung ist nach Vogt eine Zusammengehörigkeit, aber keine Identität.62 Dagegen spricht 15,87 (siehe auch Joh 8,58): Si homo tantummodo Christus, quid est, quod ait: »ego et pater unum sumus«? Quomodo enim ego et pater unum sumus, si non et deus est et filius […]. (»Wenn Christus nur Mensch gewesen wäre, was bedeutet es dann, wenn er sagt: 60
Vgl. die gnostische Lehre, die Christi Leib als Konstrukt aus der oberen Welt sieht, Tertullian, De carne Chr. 6,8, siehe WEYER, De Trinitate, 81,49. 61 WEYER, De Trinitate, 97: Quodsi, cum nullius sit nisi dei peccata dimittere, idem Christus peccata dimittit. 62 H. J. VOGT, Novatian, LACL, 32002, 522–524, hier 523.
3.3. De Trinitate
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›Ich und der Vater sind eins?‹ Auf welche Art und Weise nämlich sind der Vater und ich eins, wenn es nicht auch Gott und Sohn ist …«) Hier wird gerade das Identische von Vater und Sohn betont. Als Teil Gottes ist der Sohn auch an der Erschaffung der Welt und des Menschen beteiligt gewesen (17,96).63 So könne Christus die Parusie Gottes sein, obwohl die Schrift sagt, Gott sei unsichtbar (18,100). Nur allmählich, durch die Gestalt des Sohnes, werde der Mensch auf die endgültige Gottesschau vorbereitet. Denn das Gewaltige berge Gefahr in sich (18,101). Die Gefahren der unvorbereiteten Gottesschau werden schon in der griechischen Mythologie immer wieder thematisiert. Die Mysterienkulte, die mit der unmittelbaren Gotteserfahrung arbeiten, bereiten die Mysten durch lange Vorbereitungsrituale auf das Geheimnis vor, um den Schrecken, der in der Begegnung mit dem Göttlichen liegt, zu mildern. In diesem Sinne erscheine Gott in Christus den Menschen wie in solchen Vorbereitungsritualen, um den letzten Akt der menschlichen Beziehung zu Gott im Eschaton einzuleiten (18,102). Ein Beispiel dafür sei, so Novatian, die Hagar-Episode in Gen 16,4ff. Der dort erscheinende Engel werde Herr und Gott genannt. Weil aber Gott nicht sichtbar ist und kein Engel sein kann (18,103), müsse dieser Engel Christus sein, der als »Engel des Großen Rates« angekündigt wurde.64 Christus als Verkünder des väterlichen Heilsplans (18,104) kann also sowohl Engel als auch Gottes Sohn sein. Ein Seitenblick auf Origenes scheint hier unvermeidlich zu sein. Der Origenes-Schüler Gregor Thaumaturgos beschreibt in der Panegyrik auf seinen Lehrer65 Christus ebenfalls als den »Engel des Großen Rates«. Christus bekommt den ersten Platz in der Hierarchie der Angeloi, obwohl er auch nach Origenes keinesfalls nur eine Engelsnatur hat.66 Weyer wendet sich im Zusammenhang von 18,103 mit Scheidweiler67 gegen eine Engelschristologie Novatians. Novatians einziges Anliegen sei es, so Weyer, die göttliche Natur Christi hervorzuheben.68 Angelus sei eine »Amtsbezeichnung« des Gottessohnes.69 Novatian beziehe den angelus Christus nicht auf das Wesen des Sohnes.70 Doch sagt Novatian in 18,104: Ergo si hic locus neque personae patris congruit, ne angelus dictus sit, neque personae angeli, ne deus pronuntiatus sit, personae autem Christi 63
Siehe WEYER, De Trinitate, 120,71. Siehe Jes 9,5. 65 Gregor Thaumaturgos, Panegyris 4,42. 66 Origenes, Comm. in Joh. 1,277. Siehe dazu J. W. TRIGG, The Angel of Great Counsel. Christ and the Angelic Hierarchy in Origen’s Theology, JThS 42, 1991, 35–51, hier 44–45. 67 F. SCHEIDWEILER, Novatian und die Engelchristologie, ZKG 66, 1954/55, 126–139. 68 WEYER, De Trinitate, 124, Anm. 74. 69 Ibid., vgl. TRIGG, The Angel, 37. 70 Gegen SCHEIDWEILER, Novatian und die Engelchristologie. 64
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Kapitel 3: Die Quellen
convenit, ut deus sit, quia dei filius est, et angelus sit, quoniam paternae dispositionis annuntiator est […]. Während man Gott selber keine Engelsnatur unterstellen kann, passt sie zu Christus gut (Christi convenit), denn er sei sowohl Sohn Gottes als auch Engel. Die Begründung für das Verständnis Christi als Engel folgt in dem quoniam-Satz. Weyers Argument wäre leichter nachzuvollziehen, wenn statt quoniam ein si eingesetzt worden wäre. Si drückt einen temporären oder konditionalen Nebensinn aus, während quoniam häufig für quod oder quia gebraucht werden kann. Da Weyer aber von einem Engelsamt und keiner Engelsnatur Christi ausgeht, wäre eine temporäre Funktion Christi als Engel wesentlich logischer. Wenn Novatian sagt: ut deus sit … (ut) angelus sit …, quoniam …, gehört das Engelhafte zur persona Christi unweigerlich dazu und ist keine temporäre, funktionsgebundene Eigenschaft. In einer wie auch immer definierbaren Gottesnähe existent, sind die Engel dienende Geister (Hebr 1,14), die ein heilstheologisches Vorfeld vermitteln. Der Ursprung dieser Ausstrahlung ist jedoch nicht ihrem Wesen inhärent (sic!), sondern kommt vom Schöpfer selbst, der durch die Boten heilsgeschichtliches Licht in die Welt reflektiert.71 Da Novatian Christus als dei filius sieht, hat er das soteriologische Element Gottes in sich und muss es nicht »von außen beziehen«. 72 Dadurch hätte Novatian den Konflikt zwischen Engelsamt und Gottesnatur Christi aufgelöst.73 Die Einheit von Engelhaftem und Göttlichem in Christus führt Novatian weiter in den folgenden Kapiteln aus (18,108–19,116), ohne jedoch zu neuen Schlüssen zu kommen. Daniélou sieht des Rätsels Lösung in einer archaischen Terminologie des Engelsbildes für Christus, die erst später durch neue Begriffe wie »Hypostasen« oder »Person Christi« abgelöst wurde.74 Die pagane Antike arbeitete mit dem Begriff des δαίµων, der schützend über dem Gerechten schwebt.75 So verstand z.B. Origenes Christus als seinen persönlichen Schutzgeist.76 71 Siehe L. SCHEFFCZYK, Angelologie, LThK 1, Freiburg 1930, 650–651, hier 650. Diese Stelle korrespondiert erklärend mit Trin. 1,8, wo Gott das Reich der »geistigen Kräfte« von der Welt der Engel abgrenzt (siehe oben S. 30). Die Engel erstrahlen nur durch Gott als Lichtquelle im Hintergrund, nicht durch ein individuelles Sein. 72 Vgl. auch Hebr 1,1–7. 73 Vgl. Trin. 18,103: […] quoniam patri subditus et annuntiator paternae voluntatis est […] und 18,108: […] sed Christum potius, cum deus sit, cui etiam angeli competit nomen, quippe cum magni consilii angelus factus sit […]. Siehe dazu TRIGG, The Angel, 35–51. 74 J. DANIÉLOU, Histoire des doctrines chrétiennes avant Nicée. Théologie du JudéoChristianisme, Tournai 1958, 168–169. 75 Vgl. Plotin, Enn. 3,4,3. 76 Gregor Thaumaturgos, Panegyris 4,42.
3.3. De Trinitate
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Der Stoiker Novatian hätte aber einen δαίµων-Christus nicht annehmen dürfen, denn nach stoischem Verständnis sind die Daimones keine Götter, sondern eher niedrig angesiedelte Mittlerwesen, die dem göttlichen Willen als göttliche Handlanger unterliegen.77 Ganz deutlich wird es in Trin. 20,118, wo Novatian Christus von den heidnischen Göttern abgrenzt. Für ihn stand Christus als Gott der Gemeinde vor und sprach zu ihr das Urteil über die »anderen Götter«. Ihm selbst, der quoque malitiae et auctorem et principem vincit, stünde der Titel Gott mit vollem Recht zu.78 Doch trotz seiner Göttlichkeit habe sich Christus dem Vater untergeordnet (22,126), um den Menschen zu reinigen. Zu diesem Zwecke habe er das »Kleid des Fleisches« angezogen (21,125). Weyer sieht in dieser Passage den einzigen Bezug in De trinitate zum Heilsgedanken der Leiden Christi.79 Dieser Annahme widerspricht jedoch schon 10,53, wo Novatian sich entschieden gegen die gnostische Lehre wendet und sagt, dass ne nullam in illo nostram intellegamus salutem, si non etiam nostri corporis cognoscamus soliditatem (»wir nicht in jenem unser Heil erkennen, wenn wir nicht auch das Dauerhafte unseres Körpers kennen«). Kraft seiner Menschlichkeit brachte Christus durch seinen Tod Heil in die Welt. Der Tod des Gottessohnes ist für Novatian aufgrund der angenommenen Präexistenz Christi problematisch. Novatian löst das Dilemma in 25,142, indem er den göttlichen Teil der Natur Christi im Sterben des Menschlichen unversehrt denkt. Das sei offensichtlich, denn quis sine ullo magistro atque interprete facile cognoscat non illud in Christo mortuum esse, quod deus est, sed illud in illo mortuum esse, quod homo est? (»wer mag nicht leicht ohne einen Lehrer oder Deuter erkennen, dass nicht jenes in Christus sterblich ist, was Gott ist, aber jenes in jenem sterblich ist, was Mensch ist?«). Die Leistung des göttlichen Teils in Jesus sei seine »Entäußerung«, als er die menschliche Natur annahm (22,129). Der Gehorsam des Gottessohnes werde vom Vater mit dem Namen »Gott« belohnt (22,130), eine Belohnung, die aber schon vor der Menschwerdung Christi stattfinden musste, um nicht mit der Vorstellung der Präexistenz zu kollidieren. In 23,132–24,138 widmet Novatian sich der Widerlegung verschiedener Häretiker, die er nicht namentlich nennt, sondern durch ihre theologischen Ansichten charakterisiert. In 23,132 wendet er sich gegen die Überhöhung der Person Christi, wie es die Patripassianer tun.80 Sie sähen in Christus 77
Dazu P OHLENZ, Stoa, 96. Weyer wendet an dieser Stelle ein, dass der Gottesbegriff für Novatian keinesfalls den Sinn heutigen christlichen Verständnisses gehabt habe, sondern viel eher ein Synonym für Macht sei (WEYER, De Trinitate, 140,80). 79 WEYER, De Trinitate, 147,84. 80 Siehe hier WEYER, De Trinitate, 154,90. 78
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Kapitel 3: Die Quellen
nicht den Sohn, sondern den Vater selbst. Dies sei unziemlich, so Novatian, denn der Sohn ist aus dem Vater geboren (natus ex deo). Die Doketen (23,133) stellen die Gottheit Christi über sein Menschsein, ut dixerint illum fuisse sine carne. Ihre Ansicht sei falsch, denn Christus kam zu den Menschen, um mediator dei et hominum zu sein (23,134).81 Das gelinge nur, wenn in ihm beide Naturen – Gott wie Mensch – vereint seien. Die Argumentationen der Häretiker seien leicht durch die Schrift widerlegbar (24,137). Der Geist Gottes kam durch die Geburt des Sohnes aus Maria in diese Welt. Novatian nimmt diesen Teil der Schrift als Beispiel und kann so sagen, dass der Geist während des Vorgangs der Zeugung als Sohn Gottes in die Welt kam. Das bedeutet, dass Christus erst Sohn Gottes (und damit menschlich) geworden ist und nicht schon vorher war: […] filius dei factus sit, dum non principaliter filius dei est (24,138).82 Zuvor sei Christus als präexistentes Wesen das Wort Gottes gewesen (ibid., principaliter autem filium dei esse verbum […]). Novatian bemüht sich in seiner Widerlegung der Häretiker, die zwei Naturen in Christus herauszuarbeiten, ohne seiner Haltung, der Einheit von Mensch und Gott in Christus, untreu zu werden. Die Problematik dieser Argumentation liegt in dem Balanceakt zwischen einem präexistenten Christus als zweitem Gottwesen und einem Sohn, der nicht als untergeordnete Kraft charakterisiert werden darf. Durch das Menschwerden des göttlichen Wortes wirkt Jesus gleichzeitig durch Gottes Wort als »Gott mit uns«. 83 Ein Problem stellt der Kreuzestod Jesu dar. Wenn Jesus auch Gott ist, so sei ja Gott mit gestorben (25,140). Novatian argumentiert mit Joh 1,14 dagegen und sieht den Tod Jesu als Schwinden des fleischlichen Wesens (25,143): Quid enim, si divinitas in Christo non moritur, sed carnis solius substantia exstinguitur […]. Darauf folgt der Vergleich mit dem Menschen, dessen Tod nur das irdische, fleischliche Wesen betrifft, die Seele aber lebt weiter.84 Das Dilemma zweier Naturen oder einer Natur in Gott selbst durch die Definition des Sohnes als Gott muss Novatian in 26,146 durch das Zugeständnis lösen, dass Christus die zweite Person nach dem Vater ist. Dem Leser, der sich bis zu dieser Stelle einigermaßen verwirrt durch verschie81
Vgl. dazu D’ALÈS, Novatien et la doctrine de la Trinité, 511. Dazu Tertullian, Adversus Praxeam, auch hier empfängt und gebiert Maria den Geist Gottes, vgl. Ignatius, Eph. 7,2 und 20,2; Epiphanius, Pan. haer. 54,3. Gemeint ist hier wohl der Adoptianismus, der keine zwei Naturen in Christus anerkennen wollte, WEYER, De Trinitate, 156,91. 83 Trin. 23,134: verbum caro factum est et habitavit in nobis (Joh 1,14) et: vocabitis nomen eius Emmanuel, quod est interpretatum: nobiscum deus (Jes 7,14 und Mt 1,23). 84 Novatian zitiert hier Mt 10,28: ne timueritis eos, qui corpus occidunt, animam autem occidere non possunt. 82
3.3. De Trinitate
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dene Widersprüche in der Definition nicht nur des Wesens Christi, sondern eng damit verknüpft auch des Wesens des Vaters gekämpft hat, wird durch eine Festellung Novatians seine mangelnde Verständigkeit wirksam vor Augen geführt: Quis enim non secundam filii post patrem agnoscat esse personam, cum legat dictum a patre consequenter ad filium […]?85 Untermauert wird die Passage von Novatian durch Beispiele aus der Schrift, in denen Jesus sich selbst klar als Sohn definiert und vom Vater unterscheidet (28,155–161). Doch muss der allgemeine Konsens in der novatianischen Kirche die Einheit von Vater und Sohn als göttliche(s) Wesen gewesen sein, denn auf dem Konzil von Nizäa bekennt sich die novatianische Kirche zum homousischen Glauben. In 28,162 schließt Novatian das Thema der Häretikerwiderlegung ab und wendet sich dem Geist Gottes zu. Der Geist existierte schon vor der Menschwerdung Christi (28,164) und wirkte als Ankläger gegen die Juden und als Beistand für die Heiden. Erst nach der Auferstehung des Gottessohnes aber wurde er den Menschen zugeteilt (28,166). Im Menschen Jesus war der Geist in vollem Maße präsent und nach Tod und Auferstehung in der Welt als advocatus et tutor (ibid.) belassen. Novatian beschreibt den Geist als die dritte wirksame göttliche Kraft in der Welt. Durch ihn wird die Taufe zur zweiten Geburt (28,169), und er ist gleichzeitig der Beistand für die Gebete der Menschen, damit sie an Gottes Ohr dringen können (ibid.). Die Anwesenheit des Geistes im getauften Menschen bereitet den Leib auf die Unvergänglichkeit und die Auferstehung vor und ist der Gegenpart zu den Begehrlichkeiten des Fleisches (28,170). In 29,172 legt Novatian die Aufgaben des Geistes in der Welt dar: Er sorge für die Unverfälschtheit der Kirche und ihrer Lehre, bringe aber auch jene zu Fall, die sich gegen selbige erheben. Hier wird eine dem Endgericht vorgezogene Gerichtsbarkeit deutlich. Der Geist trennt bereits in dieser Welt das Falsche und das Wahre und wacht über die Makellosigkeit der Kirche. Der Kirchenbegriff Novatians tritt in 29,172 besonders komprimiert zutage: [… spiritus sanctus] ecclesiam incorruptam et inviolatam perpetuae virginitatis et veritatis sanctitate custodit.86 Kirche ist für Novatian ein einmalig eingerichteter Zustand perfekter Reinheit und Unversehrtheit. Beides gilt es zu bewahren, eine Aufgabe, der sich Novatian durch seinen Bußrigorismus verschrieben hatte. Wer durch Sünde den makellosen Zustand der Kirche angreift, geht des Geistes verlus85 »Denn jeder wird zugeben, dass der Sohn die zweite Person nach dem Vater ist, wenn er entsprechend in der Schrift liest, wie der Vater zum Sohn spricht« (WEYER, De Trinitate, 167). Vgl. Trin. 4,25 über die Einheit Gottes und im Widerspruch dazu 11,60 und ausführlicher 27,148–150, vgl. Origenes, Cels. 8,12 und siehe WEYER, ibid., 170–171,98. 86 Der Heilige Geist »erhält die Kirche makellos und unversehrt in dem heiligen Glanz ewiger Jungfräulichkeit und Wahrheit« (WEYER, De Trinitate, 191).
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Kapitel 3: Die Quellen
tig bzw. wird von ihm selbst gerichtet und ausgeschlossen.87 Kirche gerät nach dieser Definition statisch und nicht progressiv. Novatian leugnet die durch historische Parameter bedingte Entwicklung der christlichen Gemeinschaft, die unablässig zu neuen Definitionen der Glaubensgemeinschaft und zum Überdenken von Exegesen zwingt. Damit setzt er für seinen Kirchenbegriff konsequent seine Ansichten zum Wesen Gottes um, das in 4,24 als unwandelbar verstanden wird, da es sonst die Kennzeichen der sterblichen Welt an sich tragen würde. So wird Kirche zu einem ebenfalls unwandelbaren Teil von Gottes Wesen, zu einer Vorwegnahme himmlischer Zustände. Doch diese Vorwegnahme ist unbiblisch und müsste Novatian vorgehalten werden. Denn in Mt 13,24–30 heißt es: Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während aber die Menschen schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut mitten unter den Weizen und ging weg. Als aber die Saat aufsprosste und Frucht brachte, da erschien auch das Unkraut. Es kamen aber die Knechte des Hausherrn hinzu und sprachen zu ihm: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn Unkraut? Er aber sprach zu ihnen: Ein feindseliger Mensch hat dies getan. Die Knechte aber sagen zu ihm: Willst du denn, dass wir hingehen und es zusammenlesen? Er aber spricht: Nein, damit ihr nicht etwa beim Zusammenlesen des Unkrauts gleichzeitig mit ihm den Weizen ausreißt. Laßt beides zusammen wachsen bis zur Ernte, und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Lest zuerst das Unkraut zusammen, und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber sammelt in meine Scheune!
Novatian schließt mit 29,172 seine Ausführungen über den Geist ab und wendet sich wieder der Glaubenslehre zu, die die Personen des Vaters und des Sohnes definiert (30,173–31,187). In 31,188 wird deutlich, dass Novatian die Einheit Gottes und sein Einssein mit dem Sohn nicht ohne Weiteres verbinden kann. So muss er konsequent dem Sohn einige göttliche Elemente absprechen. Er tut dies, indem er den Vater ohne Anfang nennt, dem Sohn aber einen zuteilt: si sine origine esset ut pater, inventus et ipse principium omnium ut pater, duo faciens principia duos ostendisset nobis consequenter et deos.88 Novatian umgeht so das Problem, dass es mit der vollständigen Göttlichkeit des Sohnes zwei Götter geben würde.89 Christus wurde als Gott gezeugt und aus dem Vater geboren (31,183–184 und 185), damit er so wie der Vater selbst Herr sei (31,191). Er ist durch die Macht Gottes (des Vaters) Gott, jedoch nicht von Anbeginn an als Person (31,193), sondern auf Veranlassung des Vaters zum Herrn über die Schöpfung bestellt (31,192). 87
Vgl. Hippolytos, Refut. 9,12,22. »Wenn er ohne Ursprung wäre wie der Vater, und es zeigte sich, daß auch er Urgrund aller Wesen ist wie der Vater, dann ergäbe sich in ihm noch ein zweiter Urgrund, und somit hätten wir mit ihm auch zwei Götter« (WEYER, De Trinitate, 201). 89 WEYER, De Trinitate, 200. 88
3.4. Die Briefe des Cyprian
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3.4. Die Briefe des Cyprian Der karthagische Bischof Cyprian (248/249–258) stammte wahrscheinlich aus wohlhabendem und angesehenem Hause.90 Erst in den vierziger Jahren des dritten Jahrhunderts getauft,91 machte er in Karthago schnell Karriere (Ep. 43,1,2 und 43,4,1). Als Decius nach seiner Machtübernahme 249 von allen Angehörigen des Reiches die Opfer an die Götter verlangte, floh Cyprian und versteckte sich. Als Entschuldigung nannte er seine Prominenz in der Öffentlichkeit, die mutmaßlich zu einer Gefahr für seine Gemeinde hätte werden können (Ep. 20). Die römischen Christen distanzierten sich trotzdem von ihm, konnten aber später durch seine Rechtfertigungen umgestimmt werden (Ep. 8).92 Wie bei Dionysius auch, ist die tolerante Haltung den lapsi gegenüber wohl als Ergebnis der Konfrontation mit der eigenen Schwäche zu sehen. Cyprian beschreibt sich selbst in Ep. 55,3,2 als geläutert in seiner vormals strengen Einstellung, ohne aber den Grund dafür zu benennen. Er konnte sich mit den anderen nordafrikanischen Bischöfen auf eine gemäßigte Einstellung zu den Abgefallenen (Ep. 55,6–7) einigen und wurde so nach anfänglicher Unterstützung der Rigoristen zu ihrem Gegner. Ein wichtiges Zeugnis für die innerkirchliche Diskussion dafür ist der Briefwechsel zwischen Rom und Karthago (Ep. 44–55). Es handelt sich dabei unter anderem um Schreiben Cyprians an Cornelius und an die römischen Bekenner sowie um die Antworten auf diese Briefe nach Karthago. Die Briefe an Cornelius lassen einen ausgleichenden, ruhigen Ton erkennen. Gleichzeitig versichert Cyprian dem römischen Bischof wiederholt seine Loyalität.93 Cornelius dagegen scheint von Ängsten um seine Stellung geplagt gewesen zu sein trotz seiner Wahl zum Bischof und trotz der Rückkehr der römischen Bekenner, die erst Novatian folgten, dann aber wieder zur Kirche zurückgekehrt waren (Ep. 49). Die Furcht vor Novatian war offenbar ungeachtet dessen groß. In Ep. 50 weigert Cornelius sich sogar, seinen Gegner beim Namen zu nennen, und umschreibt ihn in der Art einer Satansillustration (50,1,1). Trotz der Widerstände von allen Seiten war Novatian also aktiv. Die Macht seiner Worte geht aus Ep. 49 hervor, wo die römischen Konfessoren in einem Schreiben an Cyprian ihr Gewissen mit der Bemerkung erleich90
Hieronymus (De vir. ill. 67) weiß, dass er Rhetoriklehrer gewesen ist. Pontius, Vita Cypriani 4. 92 Das Briefcorpus des Cyprian war, seinen eigenen Angaben zu den frühen Briefen zufolge, in Rom wohl schon Ende 250 bekannt (Ep. 5–37). Der Bischof selbst sammelte die Briefe und band sie zu Kompendien zusammen (Ep. 29). Dazu siehe GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 3 und Anm. 9. 93 Zum Beispiel in Ep. 45,1,2–2,1; 47,1,2. 91
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Kapitel 3: Die Quellen
tern, sie wären schmeichlerischen und trügerischen Worten aufgesessen. Die rhetorische Größe Novatians wird in Ep. 55 gerühmt, wo Cyprian nachdrücklich seinen Mitbischof Antonianus, den Adressaten von Ep. 55, mahnt. Antonianus hatte zuvor seine Haltung zur Kirche bekräftigt (55,1,1–1,2), wurde aber nach der Lektüre novatianischer Briefe schwankend (55,3,1). Cyprian tadelt Antonianus offen, erinnert ihn an seine Manneswürde (55,3,1) und versucht ihm Halt zu bieten. Männer, die diese besäßen, würden nicht durch Naturgewalten wie Sturm und Unwetter erschreckt und erst recht nicht durch kleine Brisen. Sie änderten auch nicht ihre Überzeugungen wie Fähnchen im Wind. Dies dürfe vor allem nicht durch Briefe Novatians geschehen (ibid.). Beinahe hilflos erscheinen Männer wie Cornelius und Antonianus angesichts seiner ausgefeilten Worte. Die Maßnahmen des Decius und ihre Folgen hatten offenbar nicht nur einen theologischen Konflikt in der Kirche verursacht, sondern auch intellektuelle Gräben aufgedeckt. Es scheint, Cyprian habe sich ebenso wie Cornelius in Rom nicht nur gegen die Lehren Novatians, sondern auch gegen die Kraft seiner Bildung und die Fähigkeiten gewehrt, Bildung und rhetorisches Geschick nach dem Vorbild eines Cicero als Vehikel gegen seine Kontrahenten einzusetzen. Das Bedürfnis nach einer mehr intellektuellen Auseinandersetzung mit theologischen Problemen scheint in der römischen Gemeinde vorhanden gewesen zu sein, wie die Anziehungskraft Novatians vor und nach der Wahl des Cornelius zeigt. Es zeigt darüber hinaus auch das Verlangen vieler Christen in der Zeit der Verfolgung, christliche Grundkonzepte zu hinterfragen und neu zu bestimmen. Dies über eine exegetische Leistung zu erreichen, war nicht jedem Kleriker gleichermaßen gegeben. Letztlich siegte mit der Wahl des Cornelius das Mittelmaß über das Ausgefeilte. Und so gärte eine gewisse Sehnsucht nach einem das Mittelmaß übersteigenden Christentum weiter, die Novatian neue Anhänger zugeführt haben mag. Es ist offensichtlich, dass Cornelius dem rhetorischen Feuer eines Novatian nicht standhalten konnte und so eine Haltung an den Tag legte, die zuweilen in den Schriften der Apologeten zum Ausdruck kommt, die sich der jahrhundertelangen Bildungstradition der paganen Kultur stellen mussten, nämlich die argumentationsschwache Verdammung des Gewesenen. Ein Nachhall dieser Haltung findet sich in Ep. 55,6,1, wo Cyprian die maßvolle Haltung und das Bußangebot den lapsi gegenüber verteidigt, indem er die christliche Barmherzigkeit als Gegenpol zum Paganismus herausstreicht. Hier lägen die Chancen der Kirche, die Gläubigen zu gewinnen und die Abgefallenen zu halten. Handle man in dieser Krisenzeit nicht tolerant, sondern rigoros, so verlöre die Kirche die Menschen, die
3.4. Die Briefe des Cyprian
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dann – sich verlassen glaubend – in einer Grauzone zwischen alter und neuer Religion dahinvegetierten. Gleichzeitig warnt Cyprian aber davor, die Rekonziliation zu billig zu verkaufen. Lange und intensive Buße, »Trauer und Tränen« müssen einer Wiederaufnahme vorangehen (ibid.). Damit gießt er Wasser auf die Mühlen seines Mitbischofs Antonianus, dessen Sorge der moralische Niedergang der Gläubigen gewesen zu sein scheint. Eine zu sorglose Bußdisziplin schwäche den Mut der Christen, für ihren Glauben einzustehen, und halte die Menschen davon ab, als Märtyrer ihr irdisches Dasein zu beenden.94 Cyprian hält die Barmherzigkeit des Christentums dagegen und demonstriert Antonianus die Einigkeit zwischen Karthago und Rom in der Bußfrage. Eindringlich mahnt er in 55,7,3 Antonianus, nicht gemeinsame Sache mit Apostaten zu machen und durch die Worte des Abtrünnigen (Novatian) wankelmütig zu werden. Auch warnt er Antonianus davor, die Aktionen seiner klerikalen Brüder infrage zu stellen oder zu beurteilen. Mit den erklärenden und brüderlichen Worten spielt der karthagische Bischof gleichzeitig seine Macht aus und verlangt Gehorsam, nicht nur ihm, sondern auch Cornelius gegenüber. Die Würde des römischen Bischofs komme von Gott, die des Novatian aber vom Satan (55,8,1). In 55,8,2–3 betont Cyprian die Unterschiede des Bischofsamtes des Cornelius und des Novatian, um in 55,8,3 in eine Panegyrik des Cornelius überzugehen (bis 55,9,2). Im Gegensatz zu seinem Widersacher sei Cornelius sanft und edel, wie es sich für einen Mann gehöre, der von Gott selbst in diese Position gewählt wurde. Seine »Bescheidenheit und jungfräuliche Keuschheit« stünden in direktem Gegensatz zur aufgeblasenen Arroganz seines Gegenspielers. Vor dem Hintergrund der polemischen Schilderung des Cornelius nach seinem Triumph über Novatian (Eusebius, HE 6,43,5– 22) könnte hier beinahe Ironie, aber sicher doch Betriebsblindheit geargwöhnt werden. Doch spricht aus den Worten des Cyprian das echte Interesse, die Einheit der Kirche zu stützen und sich selbst – wenn nötig – dem römischen Bischof unterzuordnen. An manchen Stellen scheinen das Erstaunen und das Befremden Cyprians dem streckenweise übersensiblen Verhalten des Cornelius gegenüber durch. So muss er in Ep. 48 seinen aufgebrachten Amtsbruder beschwichtigen und erklärend auf ihn einwirken, damit nicht ein – wie Cyprian es formuliert – Missverständnis die fragile Ruhe der Kirche erneut gefährde. Immer wieder gezeigte Bekundungen der Romtreue weisen auf eine gewisse Spannung hin, die Cyprian sich bemühte abzubauen. Die Gründe sind möglicherweise eher im psychologischen als im kirchenpolitischen Bereich zu suchen. Cornelius’ Briefe nach Karthago, aber auch seine Beschreibungen Novatians lassen immer wieder die intellektuelle 94
Ep. 55,20,1.
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Kapitel 3: Die Quellen
Unterlegenheit des römischen Bischofs durchblicken. Seine Unsicherheit wird durch kleine Äußerungen spürbar, die im Gesamtbild des Briefwechsels an Bedeutung gewinnen. In Ep. 49 beispielsweise berichtet Cornelius mit überschwänglicher Erleichterung von der Rückkehr der Bekenner, die für die Moral einer in Bedrängnis befindlichen Gemeinde ein großer Rückhalt sind. Freudig triumphierend schickt er Cyprian ein Exzerpt ihres Rückbekenntnisses zur Kirche (49,2,4), das mit den Worten endet, so wie es nur einen Gott gebe, gebe es auch nur einen Bischof (sc. in Rom). Ein weiterer Grund für die Unsicherheit des Cornelius wird in Ep. 55,10,1 deutlich. Es kursierten Gerüchte über ihn, die seine Untadeligkeit infrage stellten. Gemeint sind Vorwürfe, Cornelius habe selbst zu den Abtrünnigen gehört und Kommunion mit Bischöfen gehalten, die zu den sacrificati gehörten.95 Zur Untersuchung dieser Vorwürfe habe man Caledonius und Fortunatus ausgeschickt (Ep. 44, 45, 48), die aber laut Cyprian nicht einmal den Schatten eines Verdachtes hätten finden können. Cornelius habe vielmehr gewisse »Zugeständnisse« gemacht, wenn die Situation es erforderte.96 Auf diese Vorwürfe (die auch dem Adressaten des Briefes, Antonianus, zu Ohren gekommen waren) geht Cyprian nochmals in 55,12 ein. Cornelius soll sacrificati zur Kommunion zugelassen haben. Dies sei nur eines der Gerüchte, die Antonianus »zu bereitwillig« glauben würde (ibid.). Cornelius habe aus Demut und Barmherzigkeit, den Eckpfeilern der christlichen Lehre, gehandelt. Cyprian begründet dies gegenüber Antonianus mit dem ersten Korintherbrief:97 Um die Schwachen zu erreichen, lasse Christus sich auf ihre Schwäche ein und gehe ihnen so entgegen (55,15,2). Diesem barmherzigen Verhalten, das auch der Erlöser vorgelebt hat, stellt Cyprian nun die stoisch geprägte Haltung des Novatian entgegen, die alle Verfehlungen gleich schwer beurteile und so wie Novatian die sacrificati und die libellatici ohne Unterschied verurteile. So dürfe ein Mann, der gravitas besitze, nicht leichtfertig zur Reue gelangen (55,15).98 Zwischen den Philosophen und den Christen aber lägen Welten (55,16,1), so Cyprian weiter mit Rekurs auf die Warnung von Kol 2,8. Die Philosophen seien arrogant und rigide gewesen, das zieme sich für Christen nicht.99 Den Menschen stehe es nicht an zu richten, nur Gott allein dürfe dies tun (55,18,1).100
95
Vgl. G. W. CLARKE, The Letters of St. Cyprian of Carthage III, 182, n. 47. CLARKE, Letters III, 183, n. 49. 97 1Kor 10,33; 11,1; 9,22; 12,26. 98 Siehe CLARKE, Letters III, 188, n. 70. Vgl. VOGT, Coetus Sanctorum, 136 ff. 99 Cyprian bringt Mose als Gegenbeispiel (Ep. 55,16,2) für Sanftheit und Milde (Num 12,3), dazu CLARKE, Letters III, 190, n. 72. 100 Parallel dazu Ep. 30,8, siehe CLARKE, Letters III, 193, n. 81. 96
3.4. Die Briefe des Cyprian
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Interessanterweise nutzt Novatian genau dieses Argument für die Abweisung der lapsi: Nur Gott allein stünde das Urteil und damit auch die Vergebung zu.101 Cyprians beredte Verteidigung der kirchlichen Entscheidung zeigt, wie hart umkämpft der Beschluss war. Er versucht deutlich zu machen, dass die Kirche nicht nur aus Heiligen bestehen kann, um zu überleben, und dass die unerschrockenen Zeugen des Glaubens ihren Mut angesichts der Wiederaufnahme der lapsi nicht verlieren würden.102 Doch Antonianus war offensichtlich nicht bereit, einfach eine andere Meinung zu verwerfen, nur weil in Rom anders entschieden wurde (55,24,1). Cyprians Antwort ist ebenso rigoros wie die Bußdisziplin seines Gegners. Er antwortet Antonianus, es sei nicht recht zu erkennen, was Novatian lehre, es reiche zu wissen, dass er es außerhalb der christlichen Kirche lehre. Novatian habe durch seine Verweigerung in der Bußfrage seine Mitgliedschaft in der Kirche verloren und damit auch seine hierarchische Autorität, sein Christsein und die Lehrbefugnis.103 Hinter diesen abschmetternden Worten steht eine unausgesprochene Warnung. Cyprian lässt durchblicken, dass für Angehörige der Kirche allein schon das Nachdenken und das bloße Wissen um die häretische Theologie ungehörig sind. In 55,24,2 führt er seine Worte weiter aus. Sollte Antonianus weiterhin denken, Novatian sei ein rechtmäßiger Bischof, so solle er sich vor Augen halten, dass es nur eine von Gott eingesetzte Kirche gebe und nur einen rechtmäßigen Bischof. Novatians Kirche sei Menschenwerk, seine Bischofswürde unrechtmäßig. Erkenne man diese jedoch an, stelle man sich gegen die rechtmäßige Kirche. Antonianus hat es nun für sich in der Hand, zu folgen oder auch seine Position einzubüßen. Im weiteren Verlauf des Briefes geht Cyprian nicht weiter auf dieses Thema ein, sondern führt Antonianus vor Augen, dass es verschiedene Arten von Gläubigen gebe (55,25,2), die alle ihren Platz in Gottes Haus hätten. In 55,26,1 bringt Cyprian ein starkes Argument gegen Novatian: Er verbiete den lapsi die Kommunion mit den anderen, lasse aber Betrüger und Ehebrecher zu.104 Dabei müsse doch mit gleichem Maße gemessen werden, weil Ehebruch wesentlich schwerer wiege als eine gefälschte Opferbescheinigung. Der Grad der Sünde bemisst sich nach Cyprian durch die Umstände: Der Ehebrecher handle aus eigenem Antrieb, der libellaticus unter Bedrängung. Der eine sei ein Opfer des Irrtums, der andere aber verletze die ehelichen Rechte eines anderen.
101
Zum Beispiel Ep. 30,8. Ibid. 103 CLARKE, Letters III, 198, n. 109. 104 Ibid., 201, n. 120. 102
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Kapitel 3: Die Quellen
In 55,27,2 baut Cyprian dies noch weiter aus – ein rhetorischer Zug, um das irregeleitete Denken Novatians über die Bedeutung des Themas hinaus zu veranschaulichen. Jeder Gläubige sei ein Tempel Gottes, der durch Sünde verunreinigt werde. Der Ehebruch verletze auf diese Weise Gott selbst.105 Wer durch Sünde den Willen des Teufels ausführe, diene den Dämonen und ihren Götzen. Cyprian fährt alle Geschütze auf, um zu zeigen, dass die Haltung des Novatian dem Satan diene.106 Die Glaubensbrüder dürften nicht durch die mangelnde Aussicht auf Buße frustriert werden (55,28,1): Eine solche Lehre sei frucht- und ergebnislos. Als Abschluss in 55,29,2 geht Cyprian auf das Jüngste Gericht ein. Diejenigen, die an diesem Tag Kinder der Kirche seien, würden gerichtet werden. Die aber außerhalb der Kirche sind, können nicht in den Frieden der Kirche aufgenommen werden, auch dann nicht, wenn sie im Namen Gottes gestorben seien. Cyprian bezieht sich damit auf Eph 4,3–6: »Befleißigt euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens. Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung! Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist.« Die Einheitlichkeit der Kirche ist ein Spiegel des Glaubens an den einen Gott. Nur so könne auch Erlösung funktionieren. Es ist schwierig und unlogisch, an dieser Stelle Cyprians vorherige Ausführungen über die große Barmherzigkeit Gottes mit dem Ausschluss einiger Sünder von der Erlösung übereinzubringen. Die Kirche, die die lapsi in Gottes Namen wiederaufnimmt, traut ihrem Schöpfer nicht zu, dieselbe Gnade gegenüber andersdenkenden Christen walten zu lassen. Damit stellt Cyprian die Einheit der Kirche über ein potenzielles Gnadenverständnis Gottes. Der Schluss ist etwas versöhnlicher: Cyprian lädt Antonianus nach Karthago ein, um seine Fragen ausführlicher zu diskutieren und so auch eine größere Übereinstimmung zu gewinnen.
3.5. Der Briefwechsel zwischen Novatian und Cyprian Im Briefcorpus des karthagischen Bischofs sind nach seiner eigenen Notiz in Ep. 55,5 die Briefe 30, 31 und 36 von Novatian im Jahre 250 im Namen des römischen Klerus verfasst.107
105
Vgl. 1Kor 3,16. CLARKE, Letters III, 202, n. 26. 107 Dazu H. KOCH, Zu Novatians Ep. 30, ZNW 34, 1935, 303–306. 106
3.5. Der Briefwechsel zwischen Novatian und Cyprian
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3.5.1. Brief 30 Ep. 30 ist die Antwort auf die Briefe 20 und 27, die Cyprian an den römischen Klerus schickte.108 Als Abfassungszeit gilt der Spätsommer 250.109 Cyprian wird darin von Novatian in seiner Haltung bestärkt, die Disziplin des Evangeliums aufrechtzuerhalten und ebenso wie die Kirche in Rom denen Widerstand zu leisten, die aufgrund des decischen Ediktes Opferbescheinigungen entweder selbst oder durch andere gekauft haben. Eine schnelle Buße sei hier fehl am Platze. Novatian sah zu diesem Zeitpunkt in Cyprian einen Verbündeten gegen den laxen Umgang mit den lapsi. Eine schnelle und leichte Buße könne die Befleckung nicht tilgen, die sich die auf Druck des Ediktes Opfernden aufgeladen hätten (30,3,3). Cyprian war zu diesem Zeitpunkt nicht im engeren Blickwinkel des römischen Klerus. Die Korrespondenz aus Rom ging auch nicht an ihn persönlich, sondern an den Klerus oder die Bekenner von Karthago. Er selbst erhielt lediglich eine (der vielen) Kopie(n) des Berichtes vom Tode Fabians.110 Sein eigener Brief (Ep. 20) blieb unbeantwortet, obwohl andere in Karthago sehr wohl angeschrieben wurden. Erst Novatian beendet diesen Umgang mit dem Oberhaupt der karthagischen Kirche und wirbt beredt um Cyprians Unterstützung. Nach den einleitenden Worten geht Novatian in medias res. Cyprian hat sich zuvor dafür ausgesprochen, in den Konzilien nicht so sehr als Richter, sondern vielmehr als Partner aufzutreten. Novatian rühmt deshalb seine Bescheidenheit und seinen Eifer. Er drückt seine Bereitschaft aus, die Versammlungen in Karthago zu unterstützen und so nach außen hin die Einigkeit der Kirche zu signalisieren (30,2,1). So lässt er Cyprian die Möglichkeit, den römischen Klerus zu sich einzuladen, und überspielt damit die Disharmonie der vergangenen Zeit.111 Behutsam fängt er in 2,1 an, für seine Einstellung zu werben. Sowohl in Zeiten der Verfolgung als auch in Zeiten des Friedens sei es wichtig, die Strenge des Evangeliums beizubehalten. Der Mensch brauche einen festen Kurs, damit er nicht in seinen Befindlichkeiten hin und her schwanke. Nicht nur das Heil des Einzelnen hänge davon ab, sondern auch die Sicherheit der Kirche. So müssten denn auch die abgewiesen werden, die gegen sie arbeiteten. Durch diese enge Abhängigkeit entwickelt Novatian ein eigenes Bild von der Einheit der Kirche: eine Einigkeit in der Heilserwartung. Die seelische Stabilität des einzelnen Mitgliedes bedingt die Stabilität der Institution, die mitleidet, wenn ein Teil von ihr krankt. Hier spiegelt sich 108
Der Brief zeigt auch Bezüge zu Ep. 28, siehe CLARKE , Letters II, 115. CLARKE, Letters II, 115. 110 Dazu siehe ibid. 111 Vgl. Ep. 8, 9, 20, 27. Siehe dazu CLARKE, Letters II, 121–122, n. 7. 109
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Kapitel 3: Die Quellen
der Gedanke aus 1Kor 12,12–14.26–27 wider, dass die Kirche ein Leib mit vielen Gliedern sei. Wenn eines krank ist und leidet (12,26), so leiden die anderen mit. Übersetzt in Novatians Kirchenbegriff, der eher auf Idealbildern wie Eph 5,27 oder 2Kor 11,2 fußt, dehnt sich die Befleckung durch die lapsi auch auf andere Christen aus (1Kor 5). Novatian ist stolz auf die althergebrachte disziplinarische Strenge der Kirche (30,2,2), die aus den Tagen des Apostels Paulus stammt112 und die die Stärke des Glaubens in seiner Zeit hervorgebracht hat. In einem früheren Brief des römischen Klerus an den karthagischen habe Novatian schon auf seine schwerwiegenden Gründe für seine strenge Haltung hingewiesen. Er legte dar, warum er sich gegen jene stelle, die durch eine Opferbescheinigung ihren Glauben verloren hätten (30,3,1). Indem sie dachten, sie könnten dem Netz des Satans geschickt entweichen, hätten sie sich nur tiefer darin verstrickt. Ihr Vergehen wiege nicht geringer als die Opferung am Altar der alten Götter selbst. Für Novatian gibt es keinen Unterschied aufgrund des Vorgehens, weil letztlich das Vergehen, sich von Gott abgekehrt zu haben, gleich geblieben sei. Im Bekenntnis des Namens Christi lägen die Essenz und das ganze Mysterium des Glaubens.113 Die Begründung für eine unbedingte Beibehaltung der Strenge sei das Gebot Gottes. Keine unreligiöse Laxheit dürfe die traditionelle Ernsthaftigkeit und die Sitten verunreinigen. Gewähre man den schwankend Gewordenen schnellen Ablass, so kämen »frische Wunden auf die alten Wunden ihrer Sünde« (30,3,3). Statt einer »Heilung« würde die »Krankheit« (sc. der Seele) nur verschlimmert. Novatian fügt an, Cyprian solle einen Brief der römischen Bekenner erhalten (der an die Bekenner von Karthago ging und ihm nur in Kopie zukam).114 Die römischen Bekenner betonten ebenfalls die Strenge des Evangeliums, aufgrund derer sie im römischen Gefängnis säßen und Folter ertragen hätten (30,4). Das Wort der Bekenner und Märtyrer galt viel. Da man glaubte, ihre Seelen gingen nach dem Tod ohne Zwischenstufen in die ewige Herrlichkeit ein,115 hatte ihre Fürsprache für andere Mitbrüder und Schwestern großes Gewicht.116
112
Röm 1,8, vgl. CLARKE, Letters II, 122, n. 9. Zur Bedeutung von sacramentum in totum fidei sacramentum in confessione Christi nominis siehe CLARKE, Letters III, 124, n. 16 (vgl. Ps.-Tertullian, Pud. 18,17) mit weiterführender Literatur. Ebenso H. KOCH, Cyprianische Untersuchungen, AKG 4, Bonn 1926, 351–352. 114 Vgl. Ep. 27,4. 115 Vgl. auch Apk 20,4. 116 Vgl. Ep. 20,3,3. Cyprian gibt ausdrücklich Anweisungen, dass selbst diejenigen der lapsi, die Fürbitte durch die Märtyrer erfahren haben, warten müssten, bis Cyprian selbst anwesend sei und über den Fall entscheiden könne. 113
3.5. Der Briefwechsel zwischen Novatian und Cyprian
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In Paragraph 5 ändert Novatian noch einmal seinen Ton gegenüber Cyprian. Mit geschmeidiger Schmeichelei legt er dar, wie wichtig der Brief aus Karthago an die Bekenner im römischen Gefängnis gewesen sei. Durch die Tür ihrer Herzen (30,5,1) habe Cyprian sie durch seine Worte erfrischt und für ihre weitere Aufgabe gestärkt. Obwohl letztlich der Glaube dieser Männer ihre wahre Stärke sei, habe doch der Brief das Seinige dazu getan. Nach diesem Einschub einer captatio benevolentiae kommt Novatian zum eigentlichen Thema zurück (30,5,2). Wiederum sei es eine Kopie, die Cyprian geschickt bekam, diesmal von einem Brief, der an die Christen auf Sizilien ging.117 Die Frage, wie mit den lapsi zu verfahren sei, müsse aufgeschoben werden, bis in Rom ein neuer Bischof gewählt worden sei. Bis dahin, versichert Novatian, stimme er der Auffassung Cyprians zu, dass die Kirche Frieden haben müsse. Erst dann könnten alle Mitglieder der Hierarchie, die Bekenner und die Laien, zusammen eine Lösung finden, wie mit den Abtrünnigen zu verfahren sei. Letztendlich aber sei es Gott allein, der richte und all diese fraglichen Fälle lösen werde.118 3.5.2. Brief 31 Brief 31 ist die Antwort auf Ep. 28. Sein Stil und seine inhaltlichen Bezüge ließen Clarke vermuten, Novatian habe den Autoren zumindest als Berater zur Seite gestanden.119 Die Abfassungszeit ist wie bei Ep. 30 der Sommer 250.120 Die römischen Bekenner, die zu der Zeit im Gefängnis sind, wurden durch ein Schreiben Cyprians gestärkt. Die Bemühungen, den karthagischen Bischof nicht zu verärgern, sind offenkundig. Dass es Novatian aber nicht nur um eine Versicherung gegenseitiger Übereinstimmung geht, zeigte schon Ep. 30 (vor allem 6,1). Ihm ist die Einheit der Denkrichtung wichtig: Mutuis votis nos invicem foveamus, custodiamus, armemus. Die beiden letzten Aufforderungen zeigen, dass der in überschwänglichem Lob ausgeklungene Konflikt von Novatians Seite aus noch virulent war.121 In Ep. 31 bedanken sich die römischen Bekenner wortreich bei Cyprian für seine Aufmunterung und seine Unterstützung (31,1,1); dafür werde 117
CLARKE, Letters II, 127, n. 29. In dieser Formulierung liegt die Basis für die späteren Novatianer, eine Absolution durch die Kirche generell auszuschließen und es Gott zu überlassen, wem er die Sünden vergibt. Dazu CLARKE, Letters II, 132, n. 50, vgl. VOGT, Coetus Sanctorum, 118 ff., und DALY, Novatian and Tertullian, 38–39. 119 CLARKE, Letters II, 133, anders GÜLZOW, Cyprian und Novatian, z.B. 19, 139– 140. 120 GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 58. 121 Ibid., 139. 118
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Kapitel 3: Die Quellen
Gott ihn belohnen (1,3). Die Passagen 2,1–5,1 preisen das Märtyrertum, um dann (5,2) in ein Gotteslob überzugehen. In 31,6,1 wird Cyprian gelobt, der immer beispielhaft seiner Gemeinde voranging und seine Aufgaben trotz seiner umständebedingten Abwesenheit wahrgenommen hat: […] quod in nulla officii tui parte quasi aliquis desertor claudicasti. Das Auge des Lesers bleibt an dem Begriff desertor hängen, der Reminiszenzen an Ep. 8 wachruft (8,2,1). Dort sind Formulierungen wie neglegentes, deserentes, non dereliquimus usw. prominent und geben den Ton an. Brief 8 ist die Reaktion des römischen Klerus auf den Rückzug Cyprians.122 Er wurde kurz nach dem Tod Fabians verfasst und muss vor dem Hintergrund dieses Bekenntnisses gesehen werden.123 Man stimmt Cyprian halbherzig zu, dass er selbst eine Person der Öffentlichkeit sei, die andere in Gefahr bringen könnte (8,1,1). Doch kommt der Verfasser124 schnell auf den eigentlichen Grund des Schreibens zu sprechen: das rechte Verhalten der Kirchenführung in extremen Situationen. Wie im Gleichnis vom guten Hirten solle sich der Schäfer um seine Herde kümmern.125 Die Adressaten in Karthago werden zur Standfestigkeit auch in gefährlichen Zeiten angehalten (8,2,1). Ihr Beispiel soll die Abgefallenen und Unsicheren in diesen Zeiten dazu bewegen, sich wieder in die Kirche einzugliedern, bevor sie ihr Heil verwirken (8,3,1).126 Mit Ep. 20 nimmt Cyprian den Kampf um die Gunst des römischen Klerus auf. Die vorangegangene Auseinandersetzung und der Konflikt mit den lapsi, die sich eben wie desertores verhalten haben (zumindest in den Augen des Novatian und seiner Anhänger), könnten auch eine ironische Haltung durchscheinen lassen. Die Kritik an Cyprians Rückzug in der Zeit der Bedrängnis war erheblich, wie aus dem Rechtfertigungsschreiben (Ep. 20) ersichtlich wird. Cyprian führt als höchste Instanz an, der Herr selbst habe befohlen, die Stadt zu verlassen, in der sie einen verfolgen (Mt 10,23).127 In Ep. 28 wirbt Cyprian um die Anerkennung der römischen Brüder. Er lobt vor allem die Standhaftigkeit den lapsi gegenüber. So kann er auch das »einfältige und von Eitelkeiten nicht freie Gemüt« der im Gefängnis sitzenden Bekenner gewinnen.128 Novatians Antwort (Ep. 30) zeigt, dass dieses Bemühen schließlich auch Erfolg hatte. Doch erfolgt nicht eine direkte Entschuldigung für die Vorwürfe aus Ep. 8, sondern ein 122
GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 28. CLARKE, Letters I, 204. 124 Dazu GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 27. 125 Joh 10,11–12. 126 Vgl. die »Apologie« in Ep. 20. Es ist deutlich, dass hier ein Gegenpart zu Cyprians Verhalten aufgebaut werden soll. 127 Dazu CLARKE, Letters I, 307, n. 5. 128 So GÜLZOW (Cyprian und Novatian, 132), der Ep. 28 und damit auch die Antworten darauf in das rechte rhetorische Licht zu rücken vermag. 123
3.5. Der Briefwechsel zwischen Novatian und Cyprian
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glattes Übergehen dieser Situation. Das elegante Stillschweigen über die Konflikte der Vergangenheit sowie schmeichelhafte Töne täuschen jedoch nicht darüber hinweg, dass die Problematik der lapsi nicht gelöst ist. In Ep. 31 kommen die römischen Bekenner in einem in Euphemismen gehüllten Verständnis wieder auf Cyprians Rückzug aus der Gemeinde zu sprechen.129 Cyprian habe trotz Abwesenheit Präsenz gezeigt, indem er die Belange der Gemeinde von außen regelte (6,1). Das so stark hervorgehobene Lob, das sich durch den ganzen Brief zieht, ist eine 180-Grad-Wende. Einzig mit desertor findet sich ein kurzer und in der Wortwahl stilistisch brutal erscheinender Hinweis auf die frühere Auseinandersetzung. Doch dem (möglichen) Stachel wird sogleich die Spitze abgebrochen, denn in 6,1 fahren sie fort, welch große Freuden Cyprian ihnen bereitet habe, indem er die zurückwies, die in seiner Abwesenheit schnell ihre Rekonziliation bei einem Presbyter erreichen wollten. Denn welcher Spielraum bliebe Gott, wenn Sünden derart schnell vergeben würden (6,3)? Die Abtrünnigen könnten sich nur durch gute Taten reinwaschen (7,1) und seien durch schnelle Wiederaufnahme in die Kirche keineswegs auch wieder vertrauenswürdig (7,2). Es wird deutlich, dass Cyprian sich durch seine strenge Haltung die Anerkennung des römischen Klerus und der Bekenner zurückeroberte und nicht mehr als Feigling, sondern nun als Kämpfer für Zucht und Ordnung angesehen wurde.130 3.5.3. Brief 36 Brief 36 ist das zweite Schreiben des Novatian an Cyprian. In Rom herrschte nach dem letzten Brief aus Karthago (Ep. 35) Unruhe, was die Situation dort betraf (Ep. 35 wurde vor den Anerkennungsschreiben aus Rom verfasst131). Cyprian musste sich in Karthago mit massiven Autoritätsproblemen auseinandersetzen, und auch in den umliegenden Kirchenprovinzen begegneten ihm Kritik und Ablehnung.132 Die karthagischen Bekenner verfassten einen Brief an Cyprian, in dem sie conspirata temeritate die Wiederaufnahme der lapsi in die Kirche forderten (35,1). Cyprian reagierte mit Härte und Ungeduld, er schickte eine Kopie des Briefes nach Rom mit und kündigte Ausschlüsse aus der Gemeinde an, falls sich die Lage nicht beruhigen würde.133
129 GÜLZOW sieht hier keine Ironie, sondern den Erfolg rhetorischer Geschicklichkeit über schlichte Gemüter, ibid. 130 GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 140. 131 Ibid. 132 Ibid. 133 Vgl. Ep. 34,1. Siehe dazu GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 141.
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Kapitel 3: Die Quellen
Die Anerkennung (Ep. 30 und 31) aus Rom erleichterte Cyprians Stellung in seiner eigenen Diözese. Vorausgegangen waren hohe Zugeständnisse an die römische Haltung und die Rechtfertigung des eigenen Verhaltens während der Verfolgung. Als dem karthagischen Bischof der Rückhalt versichert worden war, erlahmte dessen Interesse an einer Korrespondenz mit Rom. Brief 36 nimmt auf 35 Bezug (zur Abfassungszeit von Ep. 35 siehe oben bei Anm. 131) und zeigt den römischen Klerus alarmiert. Novatian wurde von ihnen beauftragt, Cyprian zur Mäßigung anzuhalten.134 Jedoch ist offene Kritik hier nicht zu finden, denn der Brief aus Rom sollte ja in der karthagischen Gemeinde Verbreitung finden. Deshalb wählt Novatian die subtile Variante (36,1).135 Er setzt sich mit dem Vorpreschen der Märtyrer auseinander und gibt seinen Unwillen über ihr Verhalten kund: Nam si dandam illis pacem martyres putaverunt, cur ipsi non dederunt? (»Denn wenn die Märtyrer meinen, jenen Frieden geben zu müssen, warum geben sie [ihn] dann selbst nicht?«, 2,3) Der Grund ist für die sonst so hochgeschätzten Mitglieder der Gemeinde wenig schmeichelhaft: Nam quia a multis urgebantur, dum ad episcopum illos remittunt, verecundiae propriae, ne ulterius inquietarentur, consulendum putaverunt (»Denn weil sie von vielen bedrängt wurden, glaubten sie, damit sie nicht weiter beunruhigt werden, für ihre eigene Scheu sorgen zu müssen, indem sie jene zum Bischof zurückschicken«, ibid.). Novatian hält Cyprian an, weiter seinen Kurs der Nächstenliebe beizubehalten (3,1) und die Gemüter der lapsi im Zaume zu halten. Er solle errantibus veritatis praestare medicinam (ibid.), obwohl die »erkrankte Seele häufig den freundlichen Dienst ihres Arztes zurückweise«. Damit geht Novatian elegant auf die entnervte Drohung Cyprians in Ep. 35 ein, diejenigen zu bestrafen, die sich hartnäckig weigerten, den Weisungen des Bischofs Folge zu leisten.136 Novatian beschwichtigt Cyprian und gibt zu bedenken, dass die Zeit ein guter Heiler sei. Man solle den drängenden Bittstellern einen Spielraum lassen, ihre forsche und unangebrachte Art selbst einzusehen (36,3,1). Was hier seelsorgerisch verständnisvoll klingt, wird durch einen ironischen Unterton in 3,2 wieder eingeschränkt. Novatian äußert zwar seine positive Ansicht über die Bescheidenheit und den Glauben der karthagi134
So CLARKE, Letters II, 165, vgl. GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 146. CLARKE, Letters II, 165: »Such a kindly construing would be of some diplomatic value in what would be in essence a public document […]; it helps to bridge the unfortunate breach that has opened between martyrs and bishop in Carthage.« 136 Ep. 35,1,2. Die Vorlage für diese Strafe will Clarke nicht weiter festlegen, er verweist auf die in Ep. 59,20 und 69,1 zitierte Matthäus-Passage (18,17). Viel härter und vielleicht passender ist an dieser Stelle das Pauluswort in 2Thess 3,14: Εἰ δέ τις οὐχ ὑπακούει τῷ λόγῳ ἡµῶν διὰ τῆς ἐπιστολῆς, τοῦτον σηµειοῦσθε, µὴ συναναµίγνυσθαι αὐτῷ, ἵνα ἐντραπῇ. CLARKE, Letters II, 163, n. 8. 135
3.6. St. Autonomos von Bithynien
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schen Kirche, schließt aber mit rhetorischem Erstaunen darüber, dass angesichts der zuvor aufgezählten guten Eindrücke solch harte Worte in einem Brief gegen Cyprian gefunden wurden. Der Brief schließt mit der Versicherung Novatians, die römische Kirche stünde auf Cyprians Seite, doch wird deutlich, dass hier die Absicht zugrunde lag, von Rom aus in Karthago Kirchenpolitik zu betreiben und einzugreifen.137
3.6. St. Autonomos von Bithynien Das Leben dieses Märtyrers (angesetzt ungefähr zu Beginn des vierten Jahrhunderts) liegt uns heute in einer metaphrastischen Version vor.138 Autonomos wurde laut seiner Vita in Italien zum Bischof geweiht. Über seinen Geburtsort ist uns nichts bekannt. Er verließ während der Diokletianischen Verfolgung Italien und siedelte nach Soreoi in Bithynien über. Dort baute er eine Kirche für den heiligen Michael und ordinierte einen Diakon namens Cornelius. Später begab er sich auf eine Missionsreise nach Lycaonien und Isaurien. Bei seiner Rückkehr stellte er fest, dass die kleine Gemeinde florierte, und er weihte Cornelius zum Priester. Unterdessen hatte die Verfolgung Nikomedea erreicht, und Autonomos wandte sich nach Mantineion und Klaudiupolis am Schwarzen Meer. Er kam noch einmal nach Soreoi zurück, um Cornelius zum Bischof zu weihen. Die christliche Gemeinde in Soreoi war stark, in einem Nachbarort – Limnae – aber feierten die pagan Gläubigen immer noch ihre Rituale. Aufgebracht stürmten die Christen ihren Tempel und zerstörten ihn. Auf Rache sinnend, kamen die Pagani nach Soreoi und ermordeten Autonomos während einer Messe. Seine Überreste wurden feierlich beerdigt. An seinem Grab kam der Sage nach einst Kaiser Konstantin vorbei, und seine Maultiere weigerten sich weiterzugehen. Ein Weiser, der das mit ansah, riet dem Kaiser, an dieser Stelle eine Kirche im Gedenken an den Märtyrer zu bauen. In der Folgezeit ereigneten sich immer wieder Wundertaten am Grab des nun als heilig verehrten Mannes. In seiner Untersuchung der Märtyrervita des Autonomos überprüfte Clive Foss den historischen Informationsgehalt des Textes und entdeckte einige Ungereimtheiten. Bestimmte Aspekte der Vita zeigten, dass ihr Autor relativ wenig über seinen Helden wusste und ihn in die Zeit Diokletians versetzte, weil es ihm passend schien, da Autonomos durch pagane Menschen umgebracht wurde.
137 138
So GÜLZOW, Cyprian und Novatian, 147. Siehe oben S. 24, Anm. 2.
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Kapitel 3: Die Quellen
Neben seiner Lebenszeit gibt die amtliche Funktion des Autonomos Rätsel auf. Er kam als Bischof von Italien nach Bithynien. Es gibt aber keinen Hinweis auf seinen Bischofssitz, obwohl wir wissen, dass Bithynien drei Bistümer hatte: Praenetus, Helenopolis und Basilinopolis.139 Ferner seien die langen Reisen äußerst vage beschrieben worden. Als Ziele werden allgemein die Bekehrung von Heiden und das Ausmerzen von Häresien genannt. Besonders die Erwähnung von Mantineion ist für Foss interessant und lenkt auf eine neue Interpretation hin.140 Mantineion war wie die gesamte Region Paphlagonien eng mit dem novatianischen Christentum verbunden.141 Foss stellt an dieser Stelle die These auf, Autonomos sei selbst Novatianer gewesen. Durch diese Annahme würden sich einige Elemente der Vita in einen plausiblen Kontext fügen.142 Autonomos’ Reisen hätten so das Ziel gehabt, die puritanischen Lehren der Novatianer zu verbreiten, und mit Erfolg eine lange blühende Gemeinde in Soreoi etabliert. Andere Details aus seinem Leben lassen sich in diese Hypothese einbauen. In Rom könnte Autonomos ein Schüler des Novatian gewesen sein und mit dem Auftrag, die Lehren zu verbreiten, nach Kleinasien geschickt worden sein. Aus einem Brief Cyprians (Ep. 55,24) wissen wir, dass Novatian überallhin Sendboten ausschickte, um Gegenbischöfe einzusetzen und eine alternative Kirche aufzubauen. Dafür spreche nach Foss auch die Wahl des sonst unbekannten Soreoi,143 denn die Region um diesen Ort war novatianisch geprägt (um 571 wurde bei Angarum das Kloster der Katharer gegründet144). Gegen die Hypothese spricht nach Foss, dass Autonomos von der orthodoxen Kirche als Heiliger anerkannt wurde. Foss begründet dies damit, dass über das Leben des Heiligen zur Abfassungszeit der Vita wenig Genaues bekannt gewesen sei. Die Vita konzentriere sich auf die Wundergeschichten, die genauen theologischen Überzeugungen des Mannes waren entweder nicht von Interesse oder bereits vergessen worden. Letzteres ist als Erklärung vielleicht nicht einmal nötig, denn die Haltung der orthodoxen Kirchen gegenüber den Novatianern war sehr ambivalent. Im Gegensatz zu anderen Splittergruppen wurden die Sittenstrenge und die Lehre der Novatianer nicht völlig verdammt. Vielmehr suchte man sie wieder in die 139
Vgl. R. J ANIN, Les églises et monastères des grands centres byzantins, Paris 1975, 78–80. Foss sieht hier eine Verwechslung mit dem italienischen Praeneste (FOSS, St. Autonomus, 189, Anm. 7). 140 FOSS, St. Autonomus, 190. 141 Sokrates, HE 2,38,29. 142 FOSS, St. Autonomus, 191. 143 Soreoi kann bis heute nicht genau lokalisiert werden, siehe J ANIN, Églises, 158– 160, dazu Eusebius, HE 4,46. 144 MITCHELL, Anatolia II, 99.
3.7. Eusebius von Caesarea
57
Kirche zu integrieren und gewährte ihnen gewisse Sonderrechte, die anderen Häretikern nicht zuteil wurden.145 Die Argumentation von Foss ist verführerisch, denn sie würde den nur vage fassbaren Heiligen erstens zu einer historischen Persönlichkeit machen und zweitens ein Zeugnis für die missionarische Tätigkeit novatianischer Würdenträger sein. Die Gründe gegen seine These sind ebenso überzeugend. Nur weil Autonomos einer Heiligenvita gemäß aus Rom nach Bithynien kam, heißt es noch lange nicht, dass er Schüler des Novatian in Rom war und einer von dessen Sendboten nach Kleinasien. Die Priesterund Bischofsweihe des Cornelius in Soreoi kann ebenso gut als Bollwerk gegen das novatianische Christentum verstanden werden. Obwohl viele Zweifel an der These bleiben, ist die Argumentation von Foss reizvoll und sollte weiter diskutiert werden.
3.7. Eusebius von Caesarea Wie in seinen Ausführungen zur Kirche der Montanisten referiert Eusebius Schriften von Gegnern Novatians. Doch trotz eines polemischen Sprachstils146 sind die von Eusebius zitierten Briefe des Cornelius von Rom wie auch des Dionysius von Alexandria wertvolle Quellen für Details, die uns ohne ihn verlorengegangen wären. Für Eusebius macht Novatian sich der Hybris schuldig,147 weil er sich anmaße zu wissen, Gottes Willen hinsichtlich der lapsi zu kennen. Eusebius betont die barmherzige Haltung der Kirche, die sich den Gefallenen zuwendet und sie nach erfolgter Buße wieder aufnimmt. 3.7.1. Brief des Cornelius von Rom an Fabius von Antiochia (Eusebius, HE 6,43,5–22) Das Schreiben des Cornelius polarisiert in überreichem Maße. Das führt bisweilen dazu, den Brief weniger als Aussage über die Verwerflichkeit des Schismatikers zu sehen als vielmehr als eine negative Charakteristik seines Autors.148 Cornelius ist sehr bemüht, Novatian als nicht zurechnungsfähig darzustellen. Er sei unbesonnen in seinem Verlangen, Bischof zu werden, und wahnsinnig in der Umsetzung seiner Idee gewesen. Unter Eiden habe er geschworen, nicht nach dem Bischofsamt zu streben (Eusebius, HE 6,43,7). 145
Cod. Theod. 15,5,1 und Sozomenos, HE 2,32,5. Eusebius, HE 6,43,1–6,45,5; 7,8. 147 Eusebius benutzt die Namensform Novatus, HE 6,43,1 (siehe oben S. 2, Anm. 7). 148 So die communis opinio, vgl. KOCH, Novatianus, 1140. 146
58
Kapitel 3: Die Quellen
Im weiteren Verlauf des Briefes wird mit den loci classici der Häretikerpolemik nicht gespart. Wir hören von List und Heimtücke (6,43,6), Ränken und Bosheiten (ibid.) und zu guter Letzt auch von der Nähe zum Widersacher (ibid.). Indem er sich von drei betrunken gemachten »ungebildeten und einfältigen« Bischöfen aus der »tiefsten Provinz« zum Bischof weihen ließ (6,43,7–9), zeigte Novatian, wessen Geistes Kind er sei. Verwerflich seien deshalb seine Lehren (6,43,2) und seine Person, ja selbst sein Glaube komme vom Satan (6,43,14). Cornelius geht auch auf die Haltung des Novatian während der Verfolgung ein und betont dessen Feigheit (6,43,6).149 Glücklicherweise hätten aber dessen Anhänger in Rom ihren Irrtum schnell eingesehen und Trost im Rückzug zur Kirche gesucht, die sie allergnädigst aufnahm.150 Es ist eine Herausforderung, diesem emotional aufgeladenen Brief historische Details zu entnehmen. Deutlich wird vor allem das Konkurrenzverhältnis zwischen Cornelius und Novatian. Cornelius ist so über Gebühr bemüht, die Kirche und auch sich selbst in aller Reinheit und Barmherzigkeit darzustellen, dass dahinter beinahe seine triumphierende Überheblichkeit gegenüber den ehemals Abtrünnigen verborgen bleibt. Doch zeigt die Wahl seiner Worte, wie hart umkämpft der Sieg der Corneliuspartei in Rom gewesen sein muss. Die Aussagen zu Novatian sollten dessen Person in ihrer Glaubwürdigkeit demontieren. Wären jedoch tatsächlich so viele Anhänger des Schismas reumütig zu Cornelius übergetreten, so hätte er nicht den Stil der Boulevardpresse gebraucht.151 Die Vorwürfe von Unglaubwürdigkeit, Listenreichtum und Feigheit gehören zu den klassischen Topoi der Unterscheidung zwischen wahren und falschen Propheten. Im Falle Novatians verwandte Cornelius genau diese Argumentation gegen die (offensichtlich überzeugungskräftigen) Worte seines Gegners.152 3.7.2. Dionysius von Alexandria an Fabius von Antiochia (Eusebius, HE 6,44,2–6 und 6,45) Dionysius, ein Schüler des Origenes, übernahm 247/248 das Bischofsamt in Alexandria. Er flüchtete aufgrund des decischen Ediktes und stand deswegen anschließend unter Rechtfertigungszwang. Wohl aus diesem Grund 149 Gemeint ist hier die Episode während der Verfolgung, wo sich Novatian versteckt gehalten hatte und angeblich einer anderen Philosophie anhängig gewesen war. 150 Zum Beispiel Eusebius, HE 6,43,6 und 10. 151 Widersprüchlich dazu ist die Aussage in Cyprian, Ep. 50,1,1, wo Cornelius dem Cyprian ängstlich weitergibt, dass trotz massiven Widerstandes Novatian immer noch aktiv sei. 152 Vgl. z.B. Eusebius, HE 5,18,2 und 11. H. B ACHT, Wahres und falsches Prophetentum, Bib. 32, 1952, 237–262.
3.7. Eusebius von Caesarea
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setzte er sich später für die lapsi ein.153 Eusebius überliefert mehrere Auszüge aus den Briefen des Dionysius. Das Schreiben an Fabius von Antiochia (Eusebius, HE 6,44) hat den Charakter eines Lehrbeispiels. Dionysius berichtet zuvor (6,44,1) vom Sterben eines verdienten, hochbetagten Christen, der während der Verfolgung wankelmütig geworden war. Da er unbedingt die Absolution haben wollte, zögerte sich sein Tod so lange hinaus, bis er die heilige Kommunion empfangen hatte.154 Damit zeigt der Autor, wie gnädig Gott an diesem alten Mann gehandelt hat, den er nicht ohne Buße und Absolution sterben lassen wollte. In 6,45 klagt Dionysius Novatian an, nicht genug gegen die Spaltung der Kirche getan zu haben. Eher hätte er als Märtyrer enden sollen wie jene, die unter Decius nicht opfern wollten, als die Trennung der Kirche zu provozieren. In dem kurzen Einleitungsabschnitt zu Beginn von 6,45 referiert Eusebius über Novatian, der sich in der Frage des Schismas als Opfer seiner Brüder sieht, die ihn zu der Abspaltung gezwungen hätten. Dionysius scheint Novatian beim Wort zu nehmen und fordert ihn auf, wieder in die Kirche zurückzukehren, wenn er gegen seinen Willen fortgerissen sei. Denn wenn er schon nicht seine Mitbrüder zur Umkehr bewegen könne, so solle er doch wenigstens seine eigene Seele retten. In HE 6,46,2ff. werden noch verschiedene Schreiben des Dionysius erwähnt, aber nicht mehr wiedergegeben. Hierzu gehören Briefe über die Buße an die zwei Diözesen in Ägypten (Hermoupolis und Alexandria) sowie nach Laodikea und Armenien. Es ist anzunehmen, dass sich hier Anhänger Novatians zusammengefunden hatten, vermutlich auch in Antiochia, wo, wie wir von Dionysius wissen, eine Synode zum Novatianismus einberufen worden war (6,46,3). Befreundete Bischöfe hatten den Amtsbruder aus Alexandria dorthin eingeladen.155 Im siebten Buch seiner Kirchengeschichte erwähnt Eusebius Dionysius noch einmal (7,4) als Verkünder der Erfolgsmeldung über die Novatianer. Dionysius erklärt in einem Schreiben an Stephanus von Rom, dass alle Kirchen nach dem Ende der Verfolgung miteinander Frieden geschlossen und die Neuerungen des Novatian abgelehnt hätten. Die letzte Nachricht zum novatianischen Streit bei Eusebius kommt ebenfalls von Dionysius. Er äußert sich in 7,8 ärgerlich über das »falsche Christusbild« des Schismatikers, das die Barmherzigkeit Gottes ins Gegenteil verkehren wolle. Die von Eusebius ausgewählten Quellen haben wie bei seinen übrigen Berichten über kirchliche Sondergruppen das Ziel, die Fähigkeit der Kir153
U. HAMM, Dionysius von Alexandria, LACL, 32002, 200–203, hier 201. Eusebius, HE 6,44,1–6. 155 Helenus von Tarsus, Firmilian von Kappadokien und Theoktist von Palästina (Eusebius, HE 6,46,3). 154
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Kapitel 3: Die Quellen
che zum Sieg über Andersdenkende abzubilden. Während bei Sokrates und auch bei Sozomenos eine Anerkennung für die strengen Regeln der Novatianer nachweisbar ist, wird Novatian bei Eusebius durchgehend negativ gezeichnet. In den Berichten über ihn stehen vordergründig Person und ihr Handeln in der Kritik, die Lehre der Novatianer wird kaum berührt. Die zahlreichen Anhänger, die Novatian noch zu Lebzeiten (und über seinen Tod hinaus) hatte, werden nur gestreift. Eusebius beeilt sich darzustellen, dass sie schnell ihren Irrtum einsahen und in die Kirche zurückkehrten, sodass das Bild entsteht, die Lehren des Novatian hätten keinen Nachhall gehabt.
3.8. Pacian von Barcelona Pacian, Bischof von Barcelona, wirkte und schrieb im vierten nachchristlichen Jahrhundert (gest. vor 392).156 Unter seinen Schriften finden sich drei Briefe an einen nicht mehr zu identifizierenden Sympronianus. Die ersten beiden Briefe sind Zeugnisse für die Bußdisziplin in Spanien im vierten Jahrhundert. Pacian gilt als von Tertullian und Cyprian (auf den er sich auch beruft [z.B. Ep. 1,III.1]) beeinflusst. Sein Stil ist schlicht und schnörkellos, doch bringt er gerade dadurch bisweilen komplexe theologische Sachverhalte prägnant zum Ausdruck (wie Ep. 3,I.6). Interessant ist in Ep. 2 (IV.1–2) die Verteidigung der klassischen Bildung. Sympronianus greift Pacian an, weil er einen Vers von Vergil zitierte. Pacian antwortet, dass jede Sprache ein von Gott gesandter Reichtum sei, der nicht verdammt werden dürfe. Schlimmer sei es, im Banne der novatianischen Philosophie zu stehen (IV.7). Interessant ist, dass Sympronianus als Novatianer des vierten Jahrhunderts sich gegen die Bildung aus der paganen Welt wendet. Hier wird eine Verengung des Denkens spürbar, denn die Sündenreinheit der novatianischen Kirche wird auf eine »Reinheit« der Sprache ausgeweitet, in diesem Fall die Säuberung von Paganismen. Leider ist nicht bekannt, ob Sympronianus wie Pacian aus dem Westen stammte und stellvertretend für den Novatianismus in einem bestimmten Teil des Römischen Reiches gesehen werden kann. Das wäre ein interessanter Kontrast zur novatianischen Kirche im Osten. Denn die Zeugnisse über Novatianer aus dem östlichen Teil des Reiches zeigen, dass Bildung und Rhetorik (siehe Kapitel 5) keineswegs verpönt waren, sondern im Gegenteil ein wichtiges Merkmal vieler Mitglieder ihrer Kirche. Gerade seine rhetorische Ausbildung war Novatians schärfste Waffe gegen die katholische Kirche (siehe Kapitel 4). Seine 156 Text und Kommentar von C. GRANADO, S.J., mit einer Übersetzung von CH. ÉPITALON und M. LESTIENNE, SC 410, Paris 1995. Vgl. Hieronymus, De vir. ill. 102.
3.8. Pacian von Barcelona
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pagan-philosophische Bildung schuf Ausdrucksmöglichkeiten für seine Auffassung vom Christentum und ließ die Schriften eines Cornelius daneben verblassen. In seinem dritten Brief setzt sich Pacian mit einem novatianischen Traktat auseinander, das Sympronianus ihm geschickt hat und auf das er so detailliert eingeht, dass sich die novatianische Schrift daraus rekonstruieren lässt. Deshalb sei der letzte Brief etwas ausführlicher dargestellt, da er Zeugnis über den Novatianismus im vierten Jahrhundert gibt. Zu Beginn fasst Pacian den novatianischen Grundgedanken des Bußrigorismus zusammen (Ep. 3,I.1): Mit der Taufe verpflichte sich der Christ zum sündenfreien Leben, denn die Kirche kann keine Sünden vergeben. Das geschehe zu ihrer eigenen Sicherheit, denn die Wiederaufnahme der (reuigen) Sünder würde den Untergang der Kirche bedeuten. Pacian zitiert auszugsweise aus der novatianischen Schrift, die er von Sympronianus bekam, und stellt eine Argumentation aus katholischer Sicht dagegen. Dem novatianischen Grundgedanken der sündenfreien Kirche setzt Pacian die durch ihre Barmherzigkeit vielfältige Kirche entgegen (3,IV.1). Der Kirche als der reinen, unschuldigen »Braut Christi« wird die »Mutter der Gläubigen« gegenübergestellt (3,IV.2). Nur als Ganze zusammen mit den Sündern sei die Kirche eine ecclesia integra (3,V.1). Pacian wendet sich gegen den Stolz der Novatianer, sich als bereits Gereinigte zu verstehen, und fragt, ob sie denn alle ohne Sünde seien (3,III.8). Charakteristisch nicht nur für diese Passage, sondern für den ganzen Text sind die wiederholten rhetorischen Fragen, mit denen Pacian versucht, die Schwächen der novatianischen Ansichten bloßzulegen. Nicht immer sind seine Ansätze so treffend wie in 3,II.8, wo er in seinen Fragen nach »Dornen und Unkraut« innerhalb der novatianischen Bewegung den Stolz der Novatianer auf ihre »Reinheit« als falsch entlarvt. Der Gedanke, den er dabei nicht ausspricht, der aber dem Leser deutlich wird, ist die Sündhaftigkeit ihrer eitlen Haltung. Dabei ist gerade der Wille, sich mit den Beklagenswerten zu verbinden und sich selbst an den Wunden anderer zu verletzen (3,I.6), einer der Eckpfeiler des Christentums. Novatians Versuch, die Kirche aus der Umarmung der Sünder »befreien« zu wollen, wendet sich gegen den ureigenen Auftrag des Christentums. Pacian, dessen Informationsgehalt häufig gering eingeschätzt wird,157 glänzt hier mit der Formulierung alieno vulnere vulnerati (sc. alii christiani), die kurz und prägnant das gelebte Christentum zusammenfasst. Dem Leser wird subtil vermittelt, dass es Novatian und seinen Anhängern an
157 So Koch, der die Informationen des Pacian über Cyprian hinaus auf Missverständnissen Cyprians beruhend sieht oder schlicht als »leeres Gerede« betrachtet (KOCH, Novatianus, 1138).
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Kapitel 3: Die Quellen
dem Mut fehle, sich auf das Schwache, sittlich und moralisch Verletzte einzulassen. Griffig ist auch in 3,III.4 die Widerlegung der Schädigung der Kirche durch die Wiederaufnahme der Sünder. In 3,III.3 wird aus der novatianischen Schrift zitiert, dass die Kirche populus sine negatione nominis Christi esse. Die katholische Kirche sei zwar eine Gemeinschaft, in der auch die Sünder Platz hätten, trotzdem aber habe sie die Märtyrer und Bekenner hervorgebracht, die ihren Glauben durch Folter und Tod hindurch bezeugt hätten. Pacian zeigt Relationen auf zwischen der Zahl der Abgefallenen und der am Glauben Festhaltenden. Sein Fazit lautet, dass der Teil der Sünder in der Gemeinschaft der Gläubigen klein sei, »ein Volk unter vielen Völkern«, die der Tradition und dem Frieden gefolgt sind.158 Diese zu verdammen, weil einige sich in Unsicherheit falsch verhielten, hieße totum orbem paucorum vinculis alligare (3,III.7). Die Kirche der maculosi et rugosi (3,IV.5) unterscheide sich dadurch von Novatianern, Valentinianern und Montanisten, dass sie die Sünder und abseits Stehenden aufnehme. Die Unterschiedlichkeit ihrer Mitglieder lasse sie zur regina in veste aurata et variegata werden (3,XXV.1). Dem Argument des Sympronianus, durch die Wiederaufnahme der Sünder würde die Taufe infrage gestellt, begegnet Pacian mit dem Hinweis, die Taufe der Christen sei ein Sakrament, das sich auf die Leiden des Herrn gründe (3,VIII.1). Die Gnade der Buße sei dabei jedoch keinesfalls ein Freibrief für sündhaftes Handeln, wie es Sympronianus verstehen will. Gott würde den Menschen gerne sündenfrei sehen (3,IX.1), kenne aber dessen Schwäche und befreie ihn aus der Schuld. Mit der Aufforderung, nach mehr Einsicht und Besserung in seinen Ansichten zu streben (3,XXVII.4), beendet Pacian seinen Brief.
3.9. Ambrosius von Mailand Ambrosius lebte ungefähr zeitgleich mit Pacian. Er wurde 333/334 in Trier geboren, erhielt eine sorgfältige Ausbildung und wurde kurz vor seiner Wahl zum Bischof (374) getauft. Die antinovatianische Schrift De paenitentia entstand vor 390. Wie Pacian suchte Ambrosius bei Tertullian und Cyprian nach Vorlagen für seine Argumentation. Die Kirche als Inhaberin sündenvergebender Vollmacht steht im Mittelpunkt des Werkes.
158 Vgl. Ep. 3,XVIII.1, wo sich Sympronianus auf 1Kor 5,3–5 beruft. Paulus habe die Sünder aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Jedoch ist hier nur der einzelne Sünder gemeint, nicht die Verdammung einer ganzen Gemeinde, so die Gegenargumentation Pacians.
3.11. Sokrates
63
3.10. Philostorgius Geboren wurde Philostorgius um 368 in Kappadokien, er starb nach 425. Prägend war für ihn die Begegnung mit dem Arianer Eunomius von Kyzikos, dessen Anhänger er wurde. Von Konstantinopel, das sein Lebensmittelpunkt war, unternahm er Reisen nach Palästina und Antiochia. Seine Kirchengeschichte, die mit dem Anfang der arianischen Auseinandersetzung beginnt, geht bis ca. 425. Der Text ist nur in Fragmenten und Exzerpten erhalten.159 Philostorgius’ Hinwendung zum Arianismus durchzieht sein Werk, das als reiche Quellensammlung zu diesem Thema immer wieder rezipiert wurde.160 Philostorgius ist als Quelle für die Novatianer insoweit interessant, als er uns als Einziger die Information weitergibt, Novatian sei phrygischer Herkunft.161 Leider ist diese Angabe sehr vage, und die Formulierung οὐκ οἶδ᾽ ὅθεν λαβών zeigt, dass das Interesse des Philostorgius an Novatian nicht besonders groß gewesen sein muss. Der Einwand kann geltend gemacht werden, dass uns vom Werk des Philostorgius nur wenig erhalten ist; jedoch, wäre die theologische Auseinandersetzung mit den Novatianern für ihn ein zentrales Thema gewesen, so müsste in den Fragmenten etwas mehr davon spürbar sein. Der Konflikt zwischen Arianern und Novatianern in der Hauptstadt war bekannt und ist in den Werken des Sozomenos und auch des Sokrates präsent. So wird in HE 8,1,9 die gar nicht so leise Befriedigung des Sozomenos spürbar, als er erwähnt, dass der von Philostorgius verherrlichte Eunomius nicht wagte, sich mit der novatianischen Lichtgestalt Sisinnius rhetorisch zu messen. Die tüchtigen (und bei Hofe beliebten) Führer der Novatianer in der Hauptstadt werden bei Sozomenos (der ja mit dem Thema Novatianer wesentlich nüchterner umgeht als Sokrates) immer wieder hervorgehoben (z.B. HE 2,32,5).
3.11. Sokrates Der in Konstantinopel lebende Kirchenhistoriker Sokrates (geb. nach 381, gest. nach 439) schrieb sein Werk auf Veranlassung des sonst unbekannten 159 Siehe Philostorgius, Kirchengeschichte. Mit dem Leben des Lucian von Antiochien und den Fragmenten eines arianischen Historiographen, hg. von J. BIDEZ, bearb. von F. WINKELMANN, GCS 21, Berlin 31981, XII–CV. 160 Siehe Philostorgius, Church History. Translated with an Introduction and Notes by PH. R. AMIDON, S.J., Writings from the Greco-Roman World 23, Leiden 2007, 1–3. 161 Philostorgius, HE 8,15. Dazu AMIDON, Philostorgius, 120, Anm. 34.
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Kapitel 3: Die Quellen
Klerikers Theodorus (HE 7,48,7).162 Die Kirchengeschichte des Sokrates umfasst die Zeit von 305 (Abdankung des Diokletian) bis zur Regierungszeit des Theodosius II. (dessen 17. Konsulat 439) und versteht sich als Fortführung der Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea.163 In seiner Sprache bleibt Sokrates bewusst schlicht und vom Anspruch motiviert, ein allgemein verständliches Buch vorzulegen.164 Aus dieser Haltung sein Interesse am einfachen Volk und ein soziales Anliegen abzuleiten, ist jedoch nicht möglich.165 Dagegen spricht die doch zeitweilig hohe Dichte der historischen und politischen Informationen. Sokrates’ Anspruch ist die Verständlichkeit und der Informationsgehalt seiner Schrift (HE 1,1). Er selbst gehörte sicher zur gehobenen Schicht Konstantinopels, jedoch war er auch kein Angehöriger der höchsten Kreise. Nach eigenen Aussagen besaß er keinerlei Ambitionen, es bei Hofe zu etwas zu bringen.166 Wallraff leitet aus dem offenkundigen Interesse des Sokrates an bedeutenden Sophisten eher eine Zugehörigkeit zu den Reihen der Rhetoriklehrer, Advokaten oder Ärzte ab, die über eine gewisse klassische Bildung verfügten. Der zum Teil zynisch-bissige Stil des Kirchenhistorikers könne ein Spiegel der Denkart dieser Schicht sein, die die »intellektuelle Großwetterlage« der Hauptstadt mit prägte.167 Die Haltung des Sokrates zum Novatianismus ist nicht einfach zu entschlüsseln, vieles spricht dafür, in ihm einen Sympathisanten oder sogar Anhänger dieser Lehre zu sehen.168 Die Vorstellung, in Sokrates’ Kirchengeschichte Material aus erster Hand vorliegen zu haben, ist höchst reizvoll. Allerdings ist die Forschung zu kritischen und differenzierten Wahrnehmungen dieser Quelle aufgerufen.169 Martin Wallraff nimmt in seiner 1997 erschienenen Dissertation über Sokrates die als schon abgeschlossen geltende Diskussion wieder auf. Er stellt fest, dass die These von Henri Valois, Sokrates sei lediglich ein orthodoxer Sympathisant der Novatianer gewesen,170 in der Forschung bis 162 M. WALLRAFF, Der Kirchenhistoriker Sokrates. Untersuchungen zu Geschichtsdarstellung, Methode und Person, FKDG 68, Göttingen 1997. Wallraff gibt Spekulationen Raum, dass dieser Theodorus ein Novatianer gewesen sein könnte (ibid., 248). 163 Sokrates, HE 1,1,1–3. 164 WALLRAFF, Sokrates, 220. 165 Ibid. 166 Sokrates, HE 7,22,1. 167 WALLRAFF, Sokrates, 221. 168 Ibid., 235–257. 169 WALLRAFF, Geschichte, 252, Anm. 3. 170 R. HUSSEY, Socratis Scholastici Ecclesiastica Historia, Bd. 1–3, Oxford 1853 (typogr. Nachdr. von H. VALOIS , Socratis Scholastici et Hermiae Sozomeni Historia Ecclesiastica, Paris 1668), 1, X–XIII, vgl. den Kommentar zu HE 6,21,4 (1, XII: Ceterum ex hoc loco certius quam ex ullo alio colligi potest, Socratem Novatianum fuisse.). Dazu die Erklärung von WALLRAFF, Sokrates, 236, Anm. 115.
3.11. Sokrates
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in die Gegenwart akzeptiert blieb.171 Anhand der von Valois zitierten Belegstellen zeigt Wallraff die Schwächen in dessen Argumentation für eine orthodoxe Haltung des Kirchenhistorikers auf.172 Er fragt dabei nicht nur nach der Einstellung des Sokrates, sondern auch nach seinen Quellen. Diese ausschließlich mündlichen Zeugnisse stammen, wie Sokrates selbst berichtet, von Novatianern, zum Teil nennt er sie sogar namentlich wie den greisen Presbyter Auxanon (HE 1,13,2).173 Seine auffällig gute Kenntnis des novatianischen Gedankengutes und der Raum, den diese Gruppe in seiner Kirchengeschichte einnimmt, sprächen (zusammen mit anderen Argumenten) für eine novatianische Überzeugung des Sokrates.174 Unterstützt wird dies zudem durch die Bezeichnung des Sokrates in den Quellen als ὁ τῆς Ναουάτου αἱρέσεως.175 Sein gesamtes Werk ist mit detaillierten Informationen zur novatianischen Kirche durchsetzt und so von großem Wert für die Geschichte dieser Kirche im Osten. Einzelne Bemerkungen wie in HE 2,15 über Novatianer in Rom oder die bekannte ausführliche Passage (HE 5,21) zur Auseinandersetzung über den Termin des Osterfestes geben darüber hinaus wichtige Einblicke in die novatianische Kirche in anderen Teilen des Reiches. Sokrates’ positive Haltung zu den Novatianern zeigt sich besonders in der Schilderung der Anfänge des Schismas in dem großen Kapitel 28 im vierten Buch. Er berichtet, Novatian habe sich um einer strengeren Disziplin willen von der Kirche getrennt (den Wettstreit mit Cornelius um den Bischofsstuhl lässt Sokrates unerwähnt), weil er niemanden, der den paganen Göttern geopfert hatte, zur Eucharistie zulassen und die lapsi der Vergebung durch Gott überlassen wollte. Solches sei einigen als unbarmherzig erschienen, anderen aber als gerecht und der Disziplin der Kirche entsprechend.176 Sokrates’ Darstellung bleibt relativ objektiv, bis er als Fazit der Auseinandersetzung um die Buße schreibt: Ὅσοι γὰρ φιλαµαρτήµονες, δραξάµενοι τῆς τότε δοθείσης συγχωρήσεως, καὶ εἰς τὸν ἔπειτα χρόνον ἐπὶ πάσης ἁµαρτίας αὐτῇ συνεχρήσαντο (»Diese freilich, die die Sünde lieben, ergreifen durch das ihnen gewährte Zugeständnis die Gelegenheit für die Zukunft, jede Sünde zuzulassen«, Sokrates, HE 4,28,8). Daran schließt sich die höchst interessante Schilderung des phrygischen (und paphlagonischen) 171 Wallraff nennt einzig ADOLF VON HARNACK (Sokrates und Sozomenos, RE2 14, 1884, 403–420), der Sokrates für einen Konvertiten von der novatianischen zur orthodoxen Kirche hält, ibid., 414. 172 WALLRAFF, Sokrates, 243–246. 173 Ibid., 247. 174 Ibid., 253. 175 Ibid., 238–240. 176 Sokrates, HE 4,28: […] »εἰς θάνατον ἁµαρτίαν« πεποιηκότας, τοῖς µὲν ἐδόκει πικρὰ καὶ ἀπηνὴς εἶναι τοῦ τοιούτου κανόνος ἡ ἔκθεσις, οἱ δὲ ὡς δίκαιον τὸν κανόνα καὶ ὀρθοῦντα τὴν πολιτείαν ἐδέχοντο.
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Kapitel 3: Die Quellen
Volkscharakters, dessen moralische Qualitäten dem Novatianismus nach Sokrates Einlass boten. Im Gegensatz zu dem oft negativen Bild des Phrygers in der antiken Literatur177 beschreibt Sokrates dieses Volk als außergewöhnlich sittenstreng und bar jenes »fatale[n] Hang[es] anderer östlicher Völker zum sinnlichen Genuss« (ibid.). Sie mieden auch den Zirkus und das Theater und zügelten wie »kein anderes Volk« ihre Leidenschaften (ibid.). So sei es kein Wunder, dass bei ihnen wie den Paphlagoniern der Novatianismus gut ankomme.178 Solche positiven moralischen Eigenschaften führten jedoch nicht nur in Phrygien, sondern auch unter den Bewohnern des westlichen Teils des Reiches dem Novatianismus Anhänger zu, so Sokrates weiter. Mit anderen Worten, nur die »echten Christen«, die solche moralischen Qualitäten aufwiesen, sind auch Novatianer geworden. Der Leser kann hier problemlos die in Phrygien epigraphisch zu findende Selbstbezeichnung der Novatianer, καθαροί, assoziieren. Sokrates erwähnt als einziger Schriftsteller den Tod des Novatian als Märtyrer unter Valerian.179 Leider gibt er keine Auskunft über den Ort des Martyriums. Die katholische Kirche dagegen bestritt solch einen Heldentod des Schismatikers. So schrieb z.B. Eulogius, der Bischof von Alexandria (580 n. Chr.), eine Abhandlung gegen die Novatianer, in der er den Märtyrertod des Novatian als falsch anprangerte.180 Die positive Betonung des Martyriums unter der Regierung Kaiser Valerians ist eines der Argumente für eine novatianische Gesinnung des Sokrates. Seine Darstellung des Schismas und die Informationen zum Novatianismus sind insgesamt sehr positiv und keineswegs polemisch, die Erwähnung des ehrenhaften und aus christlicher Sicht besten Todes rundet das Bild ab. In HE 4,28 beschäftigt sich Sokrates auch mit dem Osterfeststreit, der zur novatianischen Synode in Pazon führte. Inhaltlich ging es um die Alternative, das Osterfest nach der Tagundnachtgleiche zu feiern, wie es die römischen Novatianer taten, oder aber nach dem jüdischen Kalender. Der Anführer der »jüdischen Partei« war ein gewisser Sabbatius, ein jüdischer Konvertit, der, wie Sokrates berichtet, seine jüdischen Gewohnheiten nicht ablegen wollte (HE 5,21). 177 Man vergleiche nur die Beschreibung des Phrygers Quintos in MartPol 4, der sich erst zum Martyrium hindrängte, dann aber als »Feigling« den Rückzug suchte. 178 Siehe zur Stelle A. C. ZENOS, Socrates. Church History. Übersetzung mit Kommentar, Nicene and Post-Nicene Fathers 2, Peabody/Mass. 21995, 113, Anm. 8. Zenos greift auf die Notiz bei Philostorgius (HE 8,15) zurück (freilich ohne ihn zu zitieren), dass Novatian selbst Phryger gewesen war und naturgemäß dort auch viele Anhänger hatte. Zu bemerken ist, dass Philostorgius aus Kappadokien stammte. 179 Sokrates, HE 4,28. Vgl. zur Diskussion um einen mutmaßlichen Märtyrertod Novatians VOGT, Coetus Sanctorum, 24–25. 180 Photius, Bibl., cod. 182, 280 (II, 194; III, 105 HENRY).
3.11. Sokrates
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Die verschiedenen Positionen führten zu einer Spaltung unter den Novatianern. Auf einer zweiten Synode in Angarum (Bithynien) wurde Sabbatius deshalb durch Eid gezwungen, sich nie um einen Bischofsstuhl innerhalb der novatianischen Kirche zu bewerben. Seine eigenen Gedanken zum Ostertermin legt Sokrates in HE 5,22 dar und geht auf das Sabbatianische Schisma gesondert noch einmal in HE 7,5 ein. Seine Schilderung der Persönlichkeit des Sabbatius ist ein wichtiges Indiz für die kirchliche Haltung des Sokrates. Statt sich (aus katholischer Sicht) über die Uneinigkeit der Schismatiker zu freuen, scheint die Verachtung des Autors für Sabbatius und die von ihm verursachte Spaltung der Novatianer durch. Einige einfache Menschen unter den Novatianern seien von seiner gewandten Art geblendet worden und ihm gefolgt. Die Passage liest sich wie die klassische Häretikerpolemik und zeigt deutlich, wo die Sympathien des Sokrates liegen. Spätestens an dieser Stelle muss Valois und anderen widersprochen werden, die in Sokrates keinen Anhänger des Novatianismus sehen wollen. Sokrates zufolge sind nicht die Novatianer Schismatiker, sondern ein gewisser Sabbatius, der unter jenen Zwietracht säte.181 Die Novatianer aber sind Kirche. Nicht so klar wie in der Frage des Ostertermins ist die Meinung des Sokrates in HE 5,19, wo er die Abschaffung des Bußpriesteramtes in der Großkirche schildert. Nach einem (vermutlich öffentlich)182 gebeichteten Skandal183 wurde das Bußpriesteramt abgeschafft und jedes Gemeindemitglied seinem Gewissen überlassen. Die Novatianer hielten diese Praxis bereits zuvor. Es geht aus dem Kommentar des Sokrates am Ende des Kapitels jedoch nicht hervor, ob er die Entscheidung der Kirche begrüßt oder nicht. Daraus entnimmt Valois, dass der Autor eine orthodoxe Einstellung gehabt habe. Wallraff hält überzeugend dagegen, dass die Kirche nicht die Buße an sich, sondern nur das Amt des Priesters abgeschafft hätte, während die Novatianer in Konstantinopel die Buße nicht mehr kannten.184 Wenn Sokrates sich auch in HE 5,19 nicht explizit als Novatianer in dieser Frage zeige, so sprächen doch die Dialoge in den letzten beiden Büchern der Kirchengeschichte für die novatianische Partei. Dort streiten sich novatianische und orthodoxe Bischöfe um die Bußfrage (HE 6,21–22), wobei die Novatianer die Auseinandersetzung immer für sich entscheiden. Wallraff mutmaßt, Sokrates habe zu einem etablierten, sozial angesehenen Flügel der novatianischen Partei in Konstantinopel gehört.185 In ihrem 181
Vgl. hier die Bemerkungen Wallraffs zur Stelle (WALLRAFF, Sokrates, 249 und Anm. 173). 182 Dazu ibid., 242 ff. 183 Eine Frau aus der Gemeinde hatte mit einem Diakon geschlafen (Sokrates, HE 5,19). Vgl. die abweichende Schilderung des Vorfalls bei Sozomenos, HE 7,16,8. 184 WALLRAFF, Sokrates, 243–244, dazu Anm. 148. 185 Ibid., 253–254.
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Kapitel 3: Die Quellen
Interesse habe ein gutes Verhältnis zur Großkirche (und damit zum Kaiser) gelegen. Wallraff warnt davor, den historischen Wert der Kirchengeschichte durch ein Sympathisantentum oder eine Mitgliedschaft in der novatianischen Kirche herabzusetzen. Eine gewisse Parteilichkeit muss in die Auswertung einbezogen werden, jedoch sollte dies ebenso bei orthodoxen Kirchenhistorikern der Fall sein.
3.12. Sozomenos Sozomenos, dessen Lebensdaten nur ungefähr erschlossen werden können,186 war um 440 noch als Rechtsanwalt in Konstantinopel aktiv, wo er ab ca. 425 lebte.187 Seine Kirchengeschichte schrieb er etwa zwischen 443 und 450. Damit ist seine Tätigkeit kurz nach Sokrates anzusetzen, den Sozomenos nicht nur als Quelle zu den Novatianern nutzt.188 Sozomenos berichtet über die Novatianer, sie seien wie andere Häretiker auch (Montanisten, Valentinianer, Markioniten und Paulianer)189 von den Gesetzen Konstantins betroffen gewesen. Die Gesetze hätten grundsätzlich gegriffen, denn die Gruppierungen konnten sich nicht mehr öffentlich versammeln und auch nicht mehr missionieren. Die Zahl ihrer Anhänger sank infolge dieser Maßnahmen. Die Novatianer nimmt Sozomenos aus. Sie hätten, so sagt er, »tüchtige Leiter gehabt und die gleichen Ansichten wie die katholische Kirche vertreten«. 190 Auch seien ihre Anhänger von Beginn an zahlreich gewesen. Der novatianische Bischof Akesios habe das Ansehen des Kaisers genossen und so seiner Kirche gut gedient. Kritik an den novatianischen Überzeugungen klingt bei Sozomenos in HE 1,22 an. Er berichtet dort von dem eben genannten Bischof Akesios, den der Kaiser nach Konstantinopel geladen hatte, um dort auf einer Syn186
Die genauen Lebensdaten sind unklar. Im Proömium seiner Historia Ecclesiastica erwähnt er, Zeitgenosse des Theodosius II. gewesen zu sein (Ded. 19–20). Geboren wurde er vermutlich in Bethalia/Palästina, vgl. G. SCHOO, Die Quellen des Kirchenhistorikers Sozomenos, Neudruck der Ausgabe Berlin 1911, Aalen 1973, 2. Später lebte er in Konstantinopel und arbeitete als Rechtsanwalt, sein Werk widmete er dem Kaiser (SCHOO, Sozomenos, 18). 187 Sozomenos, Historia Ecclesiastica, Bd. I–IV, übersetzt und eingeleitet von G. CH. HANSEN, FChr 73/1–4, Turnhout 2004, hier Bd. I, 20–21. 188 Zur Diskussion um Sokrates als Quelle für Sozomenos siehe WALLRAFF, Sokrates, 241 und Anm. 139. Zu den Quellen des Sozomenos allgemein HANSEN, Sozomenos I, 29–37. Andere Hauptquellen waren Rufinus, Eusebius und Athanasius, siehe die Gegenüberstellungen bei SCHOO, Sozomenos, Kapitel II. Ferner arbeitet er mit – den Gesetzestexten der Codices Theodosiani/Iustiniani – entnommenen Passagen (SCHOO, a.a.O., 87–88). 189 Sozomenos, HE 2,32,1 ff. 190 Sozomenos, HE 2,32,5.
3.12. Sozomenos
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ode die Glaubenssatzungen und Übereinkünfte um den Termin des Osterfestes zu unterzeichnen. Nachdem er dies getan hatte, wunderte der Kaiser sich bei so viel theologischer Übereinstimmung über die Abspaltung der Novatianer von der übrigen Kirche. Akesios antwortete mit einer Skizze der Auseinandersetzung um die lapsi. Der Kaiser riet ihm daraufhin, alleine mit einer Leiter in den Himmel zu steigen.191 Sozomenos bescheinigt den Novatianern wiederholt, in ihren theologischen Ansichten die Linie der Kirche vertreten zu haben.192 Hierin liegt wohl auch der Grund für die milde Behandlung der novatianischen Kirche im Werk des Sozomenos. Die Abhängigkeit von Sokrates in dieser Haltung ist deutlich, obwohl Sozomenos den Gewährsmann für seine Informationen nicht nennt. Die Berichte über die Novatianer wurden jedoch beinahe wörtlich übernommen, wie z.B. die Schilderung der Folterungen und Todesstrafen, mit denen Bischof Macedonius von Konstantinopel gegen die Novatianer vorgegangen sein soll.193 Im Gegensatz zu Sokrates ist die positive Sicht der novatianischen Kirche verhaltener, aber deutlich. Es würde allerdings zu weit führen, in Sozomenos ebenfalls einen Anhänger der Novatianer zu vermuten. Seine Ausführungen sind ausgewogener hinsichtlich der orthodoxen Kirche, und die novatianischen Episoden werden mit wesentlich weniger Emphase geschildert als bei Sokrates. Für den Kontext einer sozialhistorischen Analyse der Novatianer ist es interessant, Sozomenos und Sokrates synoptisch zu betrachten. Die unterschiedlichen Sichtweisen ein und derselben Vorgänge ermöglichen neue Erkenntnisse. Sozomenos bemüht sich nach eigenen Aussagen im Proömium um einen historisch-objektiven Stil (HE 1,1,16–17).194 Die oft wörtliche Übernahme und Präsentation des novatianischen Materials aus Sokrates und die recht genauen Informationen zur montanistischen Praxis (um nur diese zwei Beispiele zu nennen) weisen auf eine liberale Einstellung zur Kirche als Gesamtheit aller Christen hin. Das verarbeitete sokratische Material zeigt deutlich, welchen Einfluss oder welches Ansehen die novatianische Partei in Konstantinopel gehabt haben muss. Sozomenos betont mehrmals, dass die Novatianer zu den Homousiern gehört haben und daher gegenüber den anderen christlichen Gruppen Vorteile genossen (z.B. 2,32,5; 4,20,3; 7,12,10).195 Durch ihr nizäisches Bekenntnis hatten sie die Sympathie des Sozomenos, der dem Ausbruch der arianischen Streitigkeiten ein eigenes Kapitel widmet (1,15). 191
Sozomenos, HE 1,22, vgl. Sokrates, HE 1,10. Siehe unten S. 56. Sozomenos, HE 1,22. 193 Sokrates, HE 2,38. 194 Dazu auch HANSEN, Sozomenos I, 29–30. 195 Vgl. auch Sokrates, HE 5,15. 192
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Kapitel 3: Die Quellen
Seine ablehnende Haltung gegenüber den Arianern bereitete den Boden für eine wohlwollende Aufnahme der Novatianer in seine Kirchengeschichte, obwohl er deutlich Kritik an ihrem Selbstverständnis übt. So kommentiert er z.B. in 1,22,3 kritisch die bekannte Anekdote um den Wortwechsel Kaiser Konstantins mit Bischof Akesios (siehe oben bei Anm. 191). Während Sokrates klar Position für die novatianische Kirche bezieht und ihr einen wesentlich größeren Raum in seinem Werk zugesteht als anderen Sonderkirchen, ist bei Sozomenos das Interesse an der Vielfalt der Kirche allgemein spürbar. Im direkten Vergleich mit Sozomenos lassen die novatianischen Passagen bei Sokrates viel eher auf eine Binnensicht der Ereignisse schließen, während Sozomenos seinen Schwerpunkt auf die historische Einordnung legt. In HE 2,38 beispielsweise schildert Sokrates die Zerstörung der novatianischen Kirche in Konstantinopel durch Anhänger der Arianer. Mit großer persönlicher Bewunderung (θαυµάσαι οὖν µοι ἔπεισι τόν τε Ναυατιανῶν λαόν, ὁπόσον εἶχον ζῆλον καὶ σπουδὴν περὶ τὴν ἑαυτῶν ἐκκλησίαν …) für den Einsatz der Novatianer, die ihre zerstörte Kirche wiederaufbauen (sie heißt dann später passend Anastasia), gibt Sokrates dem Leser ein detailreiches Bild der Zerstörung und des Wiederaufbaus der Kirche. Sozomenos (HE 4,20) verkürzt die Geschichte etwas und wählt bestimmte Aspekte aus, die so ein besonderes Gewicht bekommen. Wo Sokrates seine tiefe Bewunderung für den Eifer der novatianischen Gemeinde ausdrückt, rückt Sozomenos das gemeinsame Gebet von Katholiken und Novatianern in den Vordergrund. Dies scheint ihm so wichtig zu sein, dass er im weiteren Verlauf des Kapitels nochmals auf die Gemeinsamkeiten zwischen Novatianern und Orthodoxen zurückkommt. So ordnet er die novatianische Gemeinde in die kirchliche Struktur in Konstantinopel ein und vermittelt dem Leser einen Eindruck der Zusammenhänge des gesellschaftlich-religiösen Miteinanders. Ein anderes Beispiel für die unterschiedliche Sicht beider Kirchenhistoriker ist der Streit um den Termin des Osterfestes, der das novatianische Lager in zwei Teile spaltet. Während Sozomenos (HE 6,24) nur die Synode in Pazon (Sozomenos schreibt Παζουκώµη zusammen, Sokrates trennt beide Worte) und das Schisma des Sabbatius beschreibt, fügt Sokrates (HE 4,28) in seinen Text einen Exkurs zur Entstehung der novatianischen Sonderkirche ein. Das Besondere daran ist, wie bereits dargestellt, sein Lobpreis der Phryger, die seines Erachtens einen hochmoralischen Volkscharakter besitzen, der die Aufnahme der rigorosen novatianischen Lehre vereinfachte. Sozomenos, der vermutlich Phrygien selbst bereist hat,196 lässt diese Passage aus.
196
HANSEN, Sozomenos I, 22 und Anm. 66.
3.12. Sozomenos
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An einigen Stellen sind zudem die feinen sprachlichen Unterschiede zu Sokrates interessant. So beschreibt Sozomenos in HE 6,9 den novatianischen Bischof Agelius als einen gemäß den höchsten Geboten der Philosophie lebenden Mann (τοῦτο δὴ τὸ προὖχον ἐν φιλοσοφίᾳ). Sokrates dagegen spricht vom apostolischen Leben des Agelius.197 Hansen bemerkt zum Philosophiebegriff des Sozomenos, dass er damit stets auf das Leben und die Lehre der Mönche abhebe, die für ihn die vollkommene Form christlicher Meditation und ethischen Handelns sei und als monastische Philosophie das hellenistische Bildungsideal ablöse.198 Diese differenzierte Sicht der beiden Autoren wird nochmals an anderer Stelle deutlich. Sowohl Sokrates (HE 4,9) als auch Sozomenos (HE 6,9) berichten von einem Mann namens Markianos (einem novatianischen Presbyter), der die Töchter des Kaisers unterrichtete und ein gutes Wort für die Novatianer einlegte. Während Sozomenos Markians klassische Bildung betont und in diesem Zusammenhang Agelius als »nach höchsten philosophischen Idealen« lebend bezeichnet, richtet sich das Augenmerk des Sokrates auf das »apostolische Leben« des Agelius, und er nennt Markianos einen frommen und eloquenten Mann.199 In der Gegenüberstellung wird klar, dass Sokrates die gottesfürchtige und traditionsgemäße Lebensweise der novatianischen Vertreter hervorheben möchte, Sozomenos dagegen ihren Bildungsstandard und die Bindung an das Kaiserhaus. Agelius, dessen Fähigkeiten nach beiden Texten mehr im apostolischen Bereich denn im intellektuellen anzusiedeln sind, wird von Sozomenos eine der klassischen Bildung des Markianos gleichwertige Qualität zugesprochen. Anders formuliert, zählen für Sokrates die vor dem Angesicht Gottes als wichtig empfundenen Charakteristika wie βίος ἀποστολικός und εὐλαβής, für Sozomenos die den Menschen als wertvoll geltenden wie Bildung und philosophische Askeseideale. Hansens Erklärung des Philosophiebegriffs bei Sozomenos sollte gerade für HE 6,9,2 nicht als allein gültiger Interpretationsvorschlag zugrunde liegen. Die ausschließliche Hervorhebung monastischer Qualitäten wäre für das Bild des Agelius nicht günstig, zumal ein Satz später Markianos als intellektuell hervorragend und um dessentwillen auch bekannt bei Hofe eingeführt wird. Agelius’ Lebenstil hätte durchaus auch mit anderen Worten umschrieben werden können, z.B. im Hinblick auf Mt 10,10 als κατὰ εὐαγγέλιον. Der Begriff φιλοσοφία korrespondiert mit λόγοις in HE 6,9,3 und stellt beide Männer so in eine Gleichwertigkeit. 6,9,2–3 hat eine Parallele in 7,12,3, wo Agelius wieder ein dialektisch und intellektuell herausragender 197
Siehe Mt 10,10. HANSEN, Sozomenos I, 15, dazu Anm. 24. 199 Sokrates, HE 4,9. 198
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Kapitel 3: Die Quellen
Mann, Sisinnius, an die Seite gestellt wird. Sozomenos spricht nun nicht mehr vom »philosophischen Lebensstil« des Agelius, sondern billigt ihm angesichts der Belesenheit und Gelehrsamkeit des Sisinnius (πολυµαθὴς ὑπὸ τῶν παρ᾽ Ἕλλησι καὶ τῇ ἐκκλησίᾳ φιλοσοφησάντων) immerhin ἀρετὴν τοῦ βίου zu. Der Rahmen für diese Charakteristika ist das klassische Bildungsideal, das einen Mann wie Sisinnius zum geeigneten Boten der novatianischen Sache am Hofe macht. Der asketische Lebenswandel des Agelius wird analog dazu mit dem traditionellen griechischen Begriff der edlen Manneszucht und Ehre verbunden, um eine Gleichwertigkeit der beiden Männer zu erreichen und so vielleicht ein intellektuelles Gefälle zwischen dem novatianischen Bischof und einem ihm untergeordneten Geistlichen auszugleichen. Männer wie Agelius und Sisinnius haben Sozomenos höchstwahrscheinlich auch zu seiner Aussage in HE 8,1,8 bewogen, als er den Zusammenhalt der novatianischen Kirche preist, der der ἀρετή ihrer Führer zu verdanken war. Dass hinter diesem Begriff vor allem die guten Beziehungen zu den höchsten Kreisen in Konstantinopel stehen, wird immer wieder in den einzelnen novatianischen Episoden deutlich. Sozomenos ordnet ihre Kirche in das religiös-soziale Gefüge der Hauptstadt ein und zeichnet ein Bild einzelner hervortretender Charaktere.
3.13. Eulogius von Alexandria Als eine der letzten Quellen, die ausführlich zu den Novatianern berichten, ist der Patriarch Eulogius zu nennen, der sein Werk gegen die Novatianer zwischen 580 und 607 verfasste. Leider existieren nur noch Auszüge bei Photius, die immerhin die Erfahrung mit den Novatianern in Alexandria aus der Sicht des Eulogius spiegeln.200 Eulogius wendet sich gegen die Exkommunikation von Sündern bei den Novatianern mit den Beispielen Abels, Noahs und Elias, die trotz einer sündigen Umgebung ihre Gebete und ihr Gewissen rein gehalten hätten.201 Vogt sieht hinter dieser Argumentation des Eulogius einen Wandel von der objektiven »Heiligkeit der Kirche« als Ziel der Novatianer zu einer eher subjektiv gedachten größeren Wirkung des eigenen Gebetes, wenn kein Sünder anwesend ist.202 Gerade wegen der Sünder sei Christus in die Welt gekommen, so Eulogius weiter.203 200
Photius, Bibl., cod. 182; 208; 280. Ed. R. HENRY, Photius Bibliothèque, Les belles lettres, Bd. II (Paris 1960), III (Paris 1962) und VIII (Paris 1978). 201 Photius, Bibl., cod. 280,1. 202 VOGT, Coetus Sanctorum, 286. 203 Photius, Bibl., cod. 280,1.
3.13. Eulogius von Alexandria
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Das Zeugnis des Eulogius zeigt, dass sich die Novatianer in Alexandria auch 350 Jahre nach ihrer Entstehung ein »pharisäisch-elitäres«204 Christentum bewahrten und so auch immer wieder in Konflikt mit ihrer traditionell christlichen Umgebung gerieten. Eulogius spricht zudem noch von einem neuen Konflikt, der sich im Zuge der aufkommenden Reliquienverehrung anbahnte. Während in der katholischen Tradition die Wertschätzung der Überreste von Heiligen und Märtyrern immer mehr zunahm, weigerten sich die Novatianer offensichtlich, sich diesem Trend anzuschließen. Eulogius weist dagegen auf die Kraft der Überreste von Heiligen hin, die anerkannt werden müsse.205 Christus bewache die wertvollen Knochen besonderer Menschen.206 Die Betonung der Gemeinschaft mit den Heiligen, die durch die Bewahrung und Verehrung ihrer Reliquien ihren Platz in der irdischen Welt findet, ist seit dem Glaubensbekenntnis des Konzils von Chalcedon 451 festgelegt. Da die Novatianer unter die Kategorie der Häretiker fielen, die in den Dekreten des Konzils abgelehnt wurden, ist es nur konsequent, dass sie bestimmten Grundlagen der Großkirche kritisch gegenüberstanden. Vogt interpretiert die novatianische Haltung als prätentiöse Abgrenzung, um ihre Sonderstellung in der Kirche zu untermauern.207 Dagegenzuhalten ist die antike Praxis, Tote außerhalb der Stadt beizusetzen oder allenfalls Aschereste aufzubewahren, um die Lebenden vor Krankheiten und Seuchen zu schützen. Die Bewahrung von Leichenteilen als Objekten der Verehrung war aus hygienischen Gründen eine Vorstellung, die bei nichtchristlichen Menschen eher Kopfschütteln als Zustimmung hervorgerufen haben mag. Eine ganz praktisch begründete Ablehnung eines Reliquienkultes durch die Novatianer wäre also auch durchaus denkbar, zumal Märtyrer der christlichen Ansicht nach ohnehin bei Gott waren und so schon die höchste Verehrung genossen. Interessant sind die Informationen, die Eulogius zum »Märtyrer« Novatian anbietet. Ausführlicher als alle anderen, eher notizenhaften Erwähnungen berichtet Eulogius nicht von einem Zeugentod Novatians, sondern von einem Bekenntnis. Während ein römischer Bischof Macedonius und seine Priester den heidnischen Göttern opferten, blieb Novatian standhaft. Als Anerkennung dafür hätten die Bischöfe Marcellus und Alexander aus Aquileia und ein Bischof Agamemnon aus Tiberias Novatian die Bischofsweihe zugesprochen.208 Damit widerspricht Eulogius der Version des Cornelius von Rom bei Eusebius,209 der die Bischofsweihe des Novatian ab204
Photius, Bibl., cod. 280. Photius, Bibl., cod. 280,5. 206 Ibid. 207 VOGT, Coetus Sanctorum, 284. 208 Photius, Bibl., cod. 280,6. 209 Vgl. Eusebius, HE 6,43,7–9. 205
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Kapitel 3: Die Quellen
lehnt und verhöhnt, weil sie in trunkenem Zustand gespendet worden sei. Eulogius hatte für seine Version offensichtlich noch andere Quellen zur Verfügung, denn er nennt konkrete Namen und Herkunftsstädte der Bischöfe, die Novatian weihten. Zeitlich differieren die Angaben des Eusebius und des Eulogius ebenfalls. Eusebius spricht von einer Bischofsweihe, die aus der Zeit der Rivalität mit Bischof Cornelius um die Leitung der römischen Gemeinde stammt. Die drei Bischöfe aus unbedeutenden Gemeinden Italiens weihten bekanntlich nach einer Alkoholorgie Novatian zum Bischof. Sie wurden dafür ihrer Ämter enthoben. Eulogius berichtet von einer Weihe, die als Belohnung ausgesprochen worden war. Für die Version des Eusebius würde seine Quelle sprechen, ein Brief des Cornelius an Fabius von Antiochia. Durch die zeitliche Nähe der Information bei Eusebius zu den Vorgängen um 251 sollte seiner Version der Bischofsweihe der Vorzug gegeben werden. Für einen mutmaßlichen Märtyrer bzw. Bekenner Novatian ist Eulogius wiederum interessant, denn ein Bekenntnis Novatians im Gegensatz zu einem Zeugentod würde auch erklären, warum sich die Anhänger Novatians nie auf ihn als Märtyrer beriefen. Eine solche Auszeichnung wäre wohl kaum übergangen worden.210
210
So schon VOGT, Coetus Sanctorum, 286.
Kapitel 4
Der novatianische Konflikt in der römischen Gemeinde 4.1. Die Situation der römischen Gemeinde zwischen 250 und 251 Kaiser Decius, den Aurelius Victor als vir artibus cunctis virtutibusque instructus, placidus et communis domi, in armis promptissimus1 beschreibt, gilt aus christlicher Sicht als Herrscher, der einen dem Staat bedrohlich werdenden Kult auszurotten versuchte.2 Wahrscheinlicher ist jedoch, Decius habe als Kaiser, wie schon andere römische Herrscher vor ihm, eine sehr römische Haltung präsentieren wollen. Ob er dabei tatsächlich auch eine Rückbesinnung auf die alten traditionellen Kulte im Sinne hatte, ist angesichts der mageren Quellenlage nicht zu beurteilen.3 Eine Inschrift von 251 aus Cosa in der Toskana nennt den Kaiser zwar restitutor sacrorum et libertatis,4 doch sind keine umfassenden Maßnahmen bekannt, die alte römische Kulte neu eingerichtet hätten.5 Die christliche römische Gemeinde prosperierte trotz dieser Maßnahmen laut Eusebius6 unter Bischof Fabian (gest. 250).7 Als Quellen für die Rekonstruktion der Gemeindesituation in den Jahren 250–251 stehen uns 1
Aurelius Victor, Epit. de Caes. 29,2. So Lucian bei Cyprian, Ep. 22,1 oder Lactantius, Mort. pers. 4,1. 3 R. SELINGER, The Mid-Third Century Persecutions of Decius and Valerian, Frankfurt/Main 22004, 27 ff. Vgl. dazu die Rezension von G. CLARKE, R. Selinger, The MidThird Century Persecutions of Decius and Valerian, Bryn Mawr Classical Review 2002, 10.22. 4 C. L. B ABCOCK, An Inscription of Trajan Decius from Cosa, AJP 83, 1962, 147–158, siehe dazu BIRLEY, Decius Reconsidered, 75 und dort Anm. 149. Vgl. dazu die Rede des Maecenas in Cassius Dio, Hist. rom. 52,36, der von der Vergiftung der eigenen Religion durch fremde Kulte spricht. Dazu BIRLEY, ibid. 5 SELINGER, Persecutions of Decius and Valerian, 29. Decius war nur ein Jahr in Rom (249–250). Das Opferedikt wurde wohl gegen Ende 249 erlassen, vgl. D. KIENAST, Römische Kaisertabelle, Darmstadt 21996, 204. 6 Eusebius, HE 6,43,12. 7 Mutmaßlich hatte Rom am Ende des zweiten Jahrhunderts eine Einwohnerschaft von ca. 700 000. Grant nimmt in seinen Berechnungen davon ein Prozent Christen an. Dazu R. M. GRANT, Early Christianity and Society. Seven Studies, San Francisco 1977, 6. Abweichend F. G. MAIER, Römische Bevölkerungsgeschichte und Inschriftenstatistik, Hist. 2, 1954, 318–351. 2
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Kapitel 4: Der novatianische Konflikt in der römischen Gemeinde
der Briefwechsel zwischen Karthago und Rom (Cyprian von Karthago, Ep. 44–61, 64 und 66) sowie die von Eusebius zitierten Briefe des Cornelius (HE 6,43,5–22) und des Dionysius von Alexandria (HE 6,45) zur Verfügung. Im Briefcorpus Cyprians sind einige Schreiben erhalten, die von Novatian im Auftrag der römischen Gemeinde nach Karthago gesandt wurden (Ep. 30, 31 und 36).8 Aus den Texten werden zwei Konflikte in Rom deutlich. Zum einen musste man mit der Problematik der lapsi umgehen und hier eine theologische Lösung finden. Zum anderen zeichnet sich ein Gegeneinanderwirken des eher intellektuell ausgerichteten Kreises der Gemeinde, der sich wahrscheinlich um Novatian gebildet hatte, und des seelsorgerisch orientierten Zweiges ab, dessen Wortführer später Cornelius wurde. Cornelius sah sich ganz in der Nachfolge Fabians als Wohltäter und sozial aktiver Bischof von Rom. Novatian dagegen sprach den Teil der Gemeinde an, der eine intensive theologische Auseinandersetzung mit der Schrift brauchte und wollte. Möglicherweise war diese Gruppe römischer Christen auch Urzelle der »Reinen«, die sich gegen die Laxisten erhoben (HE 6,43,1). Aufgrund seiner Wissenschaftlichkeit und seines rhetorischen Geschickes war Novatian in der Gemeinde hochangesehen (Cornelius bei Eusebius, HE 6,43,8), eine Qualität, die Bischof Cornelius beinahe als eine Art Anklage gegen Novatian formuliert.9 Zudem hatte er offenbar ein gutes Verhältnis zu Bischof Fabian,10 der ihn zum Presbyter weihte. Fabians wohlwollende Aufmerksamkeit für Novatian zeigt, dass er neben dem sozialen Dienst auch die Intellektualität zu schätzen wusste. Als der Konflikt durch die lapsi offen zutage trat, will Cornelius in seinem Brief an Fabius von lange gehegten Karrierewünschen des Novatian gewusst haben (Eusebius, HE 6,43,5). Er muss einen deutlichen Gegensatz zu Cornelius dargestellt haben, dessen schlichte, oft polemische Diktion und enge Gedankenwelt in seinen Briefen deutlich werden. Streckenweise spürt man in seinen Aussagen unverhohlenen Neid auf Novatian, der sich im offenen Konflikt zu Hohn wandelt, gepaart mit einer stereotyp anmutenden Metaphorik des Bösen.11 8 Siehe dazu oben S. 48–55. Vgl. auch Cyprian, Ep. 55,5, der Novatian als Verfasser bezeugt. 9 Eusebius, HE 6,43,8, vgl. Cyprian, Ep. 55,24. Zuvor betont Cornelius Novatians mangelnde Barmherzigkeit (Eusebius, HE 6,43,1–2). 10 Eusebius, HE 6,43,17. Cornelius nennt interessanterweise den Bischof, der Novatian weihte, nicht namentlich. Vogt nimmt an (VOGT, Coetus Sanctorum 19), dass es sich dabei um Fabian von Rom gehandelt habe. Angesichts des Zeitrasters – Fabian starb 250, und Novatian war zur Zeit des Ediktes bereits Presbyter (Eusebius, HE 6,43,16) – ist die Mutmaßung Vogts sehr wahrscheinlich. Novatian war schon längere Zeit in der römischen Gemeinde bekannt (HE 6,43,7). 11 Zum Beispiel Eusebius, HE 6,43,6 (Ende) und 14.
4.1. Die Situation der römischen Gemeinde zwischen 250 und 251
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Die Gründe liegen auf der Hand, Cornelius konnte auf exegetischem und rhetorischem Gebiet mit Novatians Niveau nicht mithalten; in seinen Anklagen zeigt er sich dem Gelehrten gegenüber hilflos. Man kann an dieser Stelle spekulieren, ob Fabian mit seiner Unterstützung Novatians einem zukünftigen Bischof Cornelius vorbeugen wollte. Der Gedanke, eine starke und kluge Persönlichkeit an der Spitze der Gemeinde zu sehen, macht in Zeiten der Bedrängnis durchaus Sinn. Rhetorik und Bildung konnten seit jeher in der antiken Gesellschaft Waffen wie auch Motoren der gesellschaftlichen Veränderung sein. Auf dieser Ebene einen einsatzfähigen »Mitarbeiter« zu haben, der einem gelehrten philosophischen Schlagabtausch mit paganen Angreifern nicht aus dem Wege gehen musste und exegetisch in der Lage war, die Gemeinde zu stärken, konnte nur von Vorteil sein. Während der eine Flügel der Gemeinde, mit Fabian an der Spitze, von Novatians Qualifikationen überzeugt war, schien er anderen eher Angst eingejagt zu haben. Novatians Bildung und rhetorisches Geschick, gepaart mit der unbarmherzigen Haltung gegenüber den lapsi, schreckten diejenigen Brüder und Schwestern ab, die sich unter dem Druck des Opferediktes stets den Spiegel vorhalten und die eigene Standfestigkeit prüfen mussten. Die Frage, ob man selbst zu den »Reinen« gehörte, lauerte stets drohend im Hintergrund. Bei dieser Gruppe konnte Cornelius mit milderen Ansichten punkten und auch den lapsi vermitteln, dass die Kirche immer noch ihre Heimat sei; psychologisch gesehen war dies ein wichtiges Moment, gerade nach oder in Zeiten der Verfolgung. Auch als Führungsfigur für Angehörige unterer Schichten bot sich Cornelius an. Die unter Fabian erweiterte Armenpflege, von Cornelius weitergeführt, zeigt, wer die große Zielgruppe der christlichen Ideen darstellte.12 Wie oben schon erwähnt, war der Anteil der aristokratischen bzw. gebildeten Bevölkerung eher gering, sodass ein »Armenpapst« mit schlichter Rhetorik mehr Menschen erreichen konnte als der Akademiker Novatian mit einer sperrigen intellektuellen Theologie. Wann die Entwicklung zu Cornelius hin einsetzte, ist nicht klar. Als Novatian sich 250 in seine Klausur zurückzog, war der Bischofssitz vakant. Die Diakone, die Novatian zur Rückkehr zu bewegen suchten, damit er die Brüder in Zeiten der Bedrängnis stützen sollte, wies er grob zurück.13 Möglicherweise löste Novatians Flucht aus, dass die Sympathie für ihn unter den Brüdern und Schwestern schwand. Die Schilderungen des Dionysius (bei Eusebius, HE 6,44,2–6) sowie die Briefe des Cornelius (HE 6,43,5) suggerieren, dass er und nicht Novatian der Wunschkandidat der römischen Gemeinde von Anbeginn an war. Die Briefe Cyprians korrigie12 13
Eusebius, HE 6,43,11. Eusebius, HE 6,43,16.
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Kapitel 4: Der novatianische Konflikt in der römischen Gemeinde
ren dieses Bild jedoch. Cyprian muss Cornelius als römischen Bischof in Ep. 55 sogar nach Kräften verteidigen und um seine Anerkennung ringen. Der Grund waren Vorwürfe gegen Cornelius (55,10), dieser habe sich unter Decius ein Opferzeugnis beschafft. Dass die Anschuldigung in Rom sehr ernst genommen und keineswegs als Polemik abgetan wurde, zeigt die Bildung eines eigenen Untersuchungsausschusses.14 Auch wenn Cyprian Cornelius nicht von Anfang an uneingeschränkt akzeptierte, war ihm doch die Einigkeit der Kirche und der Gemeinde von Rom wichtig, denn er versucht in Ep. 46 eindringlich, die Bekenner zur Cornelius-Gefolgschaft zu bewegen.15 Gleichzeitig reagierte Novatian mit Gegenmaßnahmen und schickte erneut Abgesandte nach Afrika, um dort für seine Ansichten zu werben.16 Wie massiv diese Männer vorgingen und ganz offensichtlich das Überraschungsmoment ihrer aggressiven Stimmungsmache ausnutzten, zeigt Ep. 44,2,1. Solche Maßnahmen waren in Rom unnötig. Die Unterstützung der Ansichten Novatians durch die hochgeachteten Bekenner muss für viele Gemeindemitglieder ein theologisches Signal gewesen sein, wie mit der Situation unter Decius und den lapsi umzugehen sei.17 Erst später wendeten sie sich (auf Druck Cyprians) Cornelius zu und gaben an, arglistig getäuscht worden zu sein. Ob hier die Wahrheit gesagt wurde oder ob sie Angst bekommen hatten, für eine Gemeindespaltung mitverantwortlich zu sein, sei dahingestellt.18 Cornelius agitierte weiterhin massiv gegen Novatian. In seinem Brief an Fabius von Antiochia stellt er Novatian und sein Tun mit apokalyptischen Vergleichen 19 mehrfach als hinterhältig und listenreich dar und natürlich vom Satan in Auftrag gegeben,20 ja, Novatians ganze Hinwendung zum Christentum sei ein Werk des Satans21 – eine ungeheuerliche Aussage, die jedoch zeigt, dass Cornelius rein emotional und persönlich argumentierte. Man darf annehmen, dass er nicht nur in den 14
Der Untersuchungsausschuss sprach Cornelius schließlich frei (Ep. 55,10,2) und entlastete ihn von allen Vorwürfen. 15 Mit Erfolg, denn in Ep. 49 kann Cornelius triumphierend die Besinnung des Urbanus, Sidonius und Maximus vermelden. 16 Vgl. Ep. 50, wo von einer zweiten novatianischen Gesandtschaft nach Karthago die Rede ist. 17 Passim VOGT, Coetus Sanctorum, 41. 18 Cornelius schreibt in Ep. 49,1,4, dass die römischen Bekenner nach ihrer Läuterung erstaunt zur Kenntnis nahmen, in ihrem Namen »seien zahlreiche Briefe an alle Kirchen geschickt worden, voller Schmähungen und falscher Anklagen«. (Per omnes ecclesias litterae calumniis et maledictis plenae eorum nomine frequentes missae fuissent.) Von solchen Briefen weiß auch Sokrates, HE 4,28. Vgl. Pacian, Ep. 2,III: Novatianus quem absentem epistola episcopum finxit, quem consecrante nullo linteata sedes accepit. 19 Cornelius bei Eusebius, HE 6,43,5 ff. 20 Cornelius bei Eusebius, HE 6,43,14. 21 Cornelius bei Eusebius, HE 6,43,6–7. Siehe auch VOGT, Coetus Sanctorum, 19.
4.2. Die historische Parallele Hippolytos und Novatian
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Briefen so gegen seinen Rivalen wetterte, sondern auch in den Gemeindeversammlungen. Auf die »Hinterlist« Novatians konnten sich die geläuterten Bekenner gut berufen und so ihren Weg zurück in die Gemeinde ebnen.
4.2. Die historische Parallele Hippolytos und Novatian Die Argumente Novatians gegen die lapsi überzeugten die Menschen durchaus, andererseits wurde vielen weiterdenkenden Christen der drohende Verlust der Einheit der Kirche dahinter deutlich. Ein sehr ähnlicher Konflikt lag zudem nur eine bischöfliche Amtsperiode zurück. Der Konflikt um Novatian und die Diskussion um die lapsi erinnert in fast unheimlicher Duplizität der Ereignisse an das Wirken und Schicksal des Hippolytos von Rom (geb. um 170) unter den Bischöfen Victor I. (189–199), Zephyrinus (198–217)22 und Calixtus I. (217–236). Der vielleicht aus Kleinasien stammende Hippolytos23 kämpfte leidenschaftlich gegen die verschiedenen häretischen Strömungen des Christentums in Rom und gegen abgefallene Gemeindemitglieder. Dass Hippolytos selbst sehr wahrscheinlich Bischof war (nach 217), geht aus dem Proömium der Refutationes24 und einer Passage bei Eusebius hervor, der Hippolytos den »Vorsteher einer anderen Kirche«25 nennt. Ein Bischofsamt zu dieser Zeit in Rom würde ein Gegenepiskopat zu den Bischöfen Zephyrinus bzw. Calixtus I. bedeuten. Calixtus wird von Hippolytos wegen seiner laxen Haltung zur Buße und Moral (Refut. 9,11) scharf kritisiert. Wie Novatian besaß Hippolytos wohl anfänglich eine große Anhängerschaft, die ihn aber nach und nach wegen seiner Strenge verließ. Der allgemein in der Forschung vertretenen Meinung nach wurde Hippolytos unter Kaiser Maximinus Thrax 235 nach Sardinien verbannt, wo er bald darauf starb. Seine Gebeine ließ 236 der neu geweihte Bischof Fabian nach Rom überführen.26
22 Die genauen Daten der Episkopate sind unsicher. Vgl. das vernichtende Urteil des Hippolytos über Zephyrinus in Refut. 9,11. 23 Photius (Bibl., cod. 121 = PG 102, 357A) nennt Hippolytos einen Schüler des Irenäus. Siehe auch C. SCHOLTEN, Hippolytos II (von Rom), RAC 15, 1991, 492–551, hier 499. 24 Refut. 1, prooem. 6 und 9, vgl. Hieronymus, De vir. ill. 61, der Hippolytos als Bischof versteht. Für die Gleichsetzung des Bischofs Hippolytos mit dem Märtyrer siehe Theodoret, Eran. 99,1. 25 ἑτέρας που καὶ αὐτὸς προεστὼς ἐκκλησίας, Eusebius, HE 6,20,2. 26 Hippolytos wurde am 13.8.236 an der Via Tiburtina beigesetzt und zum Märtyrer erklärt.
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Kapitel 4: Der novatianische Konflikt in der römischen Gemeinde
Aufgrund der auffälligen Parallelen zur Vita Novatians entstand die These, Hippolytos sei selbst Novatianer gewesen.27 Das Hauptproblem dieser Theorie ist die Lebenszeit des Hippolytos. Wenn er unter Bischof Cornelius noch am Leben und aktiv war, kann er nicht mit dem Hippolytos gleichgesetzt werden, dessen Gebeine Fabian 236 an der Via Tiburtina beisetzen ließ. Der Vollständigkeit halber seien die Überlegungen Jean Michel Hanssens’ zu einem novatianischen Hippolytos hier wiedergegeben. Hanssens stützt sich vornehmlich auf ein Epigramm des Papstes Damasus (366–384), der Hippolytos als Novatianer bezeichnet.28 Hippolytos presbyter fertur cum iussa tyranni premerent, semper mansisse in schismate Novati. Tempore quo gladius secuit pia viscera matris, cum populus Christo devotus peteret regna piorum, [et] quaesisset ubinam posset procedere, [idem fertur] dixisse ut omnes sequerentur catholicam fidem. Sic confessus, noster meruit ut esset martyr. Haec audita refert Damasus; probat autem omnia Christus.29
Damasus habe die Geschehnisse um 251 noch gut im Blick gehabt und sei als zuverlässige Quelle anzusehen. Hippolytos sei – wie Novatian auch – während der Valerianischen Verfolgung gestorben.30 Dann wäre er 258 im hohen Alter von 88 Jahren umgekommen. Der von Fabian 236 beerdigte Hippolytos muss nach Hanssens ein anderer gewesen sein. Hanssens setzt ›seinen‹ Hippolytos mit dem bei Eusebius (HE 6,46,5) erwähnten Hippolytos gleich, der einen (antinovatianischen) Brief des Dionysius von Alexandria an die römische Gemeinde überbrachte. Damit muss er die zweite Hilfskonstruktion aufbauen, denn es ist relativ unwahrscheinlich, dass der ›glühende Novatianer‹ Hippolytos sich zum Boten eines solchen Briefes gemacht haben soll. 27
VOGT, Coetus Sanctorum, 55, dort Anm. 84. Hauptvertreter der These war J. M. HANSSENS, Hippolyte de Rome fut-il novatianiste?, AHP 3, 1965, 6–29. 28 A. FERRUA, Epigrammata Damasiana, Sussidi allo studio delle antichità cristiane pubblicati per cura del Pontificio Istituto di Archeologia cristiana 2, Rom 1942, 13–17, Nr. 35, Elogium S. Hippolyti, 169–173, hier 171 mit einer etwas anderen Wortstellung, die einen Hexameter lesen lässt. Vgl. dazu auch U. REUTTER, Damasus, Bischof von Rom (366–384). Leben und Werk, STAC 55, Tübingen 2009, 90, 35. 29 »Es wird berichtet, der Presbyter Hippolytos sei, während die Befehle des Tyrannen [die Menschen] bedrängten, stets dem Schisma des Novatus treu geblieben. In dieser Zeit schnitt das Schwert den frommen Leib der Mutter [sc. der Kirche], während das christliche Volk, Christus ergeben, die Herrschaft der Frommen anstrebte und das [christliche] Volk [sc. die Gemeinde] fragte, wie es weiter vorwärtsgehen sollte, habe er gesagt, dass sie alle dem katholischen Glauben folgen sollten. Indem er so bekannte, verdiente er es sich, unser Märtyrer zu sein. Dies berichtet Damasus gehört zu haben, Christus aber hat alles gebilligt.« 30 HANSSENS, Hippolyte, 6–29.
4.3. Der Sieg des Cornelius und das Schisma von 251
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Ein weiteres Argument gegen Hanssens ist das Bischofsamt des ›fabianischen‹ Hippolytos. Dieser bezeugt es selbst recht deutlich im Proömium seiner Refutationes und wird durch Eusebius bestätigt. Hippolytos hätte also sein Bischofsamt behalten und Novatian, dann ebenfalls ab 251 (Gegen-)Bischof, den Vortritt gelassen.31 Novatian könnte als christlich interessierter Philosoph Freundschaft mit Hippolytos geschlossen und aus dieser Beziehung eigene theologische Ansätze entwickelt haben. Im Zusammenhang mit Hippolytos’ mutmaßlicher Herkunft aus Kleinasien ist ein Gedankenspiel interessant, das auch im Hinblick auf Novatians Anhänger beachtenswert sein könnte. David Noy beschreibt in seinem Buch »Foreigners at Rome«32 anhand epigraphischen und literarischen Materials die verschiedenen Bevölkerungsgruppen im kaiserzeitlichen Rom. Auffällig ist der Zusammenhang zwischen Bildung und regionaler Herkunft. So kommt der überwiegende Teil der gebildeten Zuzügler aus Kleinasien. Wir finden Angehörige der literarischen Welt ebenso auf Inschriften wieder wie Sophisten oder stoische Philosophen.33 Die größte Zahl der Inschriften römischer Kleinasiaten stammt aus den späteren Hauptverbreitungsgebieten des Novatianismus. Wir haben phrygische, bithynische und galatische Zeugnisse. Das heißt, dass der Austausch mit diesen Provinzen besonders intensiv gewesen sein muss. Bithynien war z.B. ein wichtiger Lieferant von Marmor und entsprechend ausgebildeten Handwerkern. Es ist nur logisch, dass sich auf den Handelswegen auch Christen hin und her bewegten und vielleicht neue Ideen in ihre Heimat mitnahmen. So könnte ein Teil der novatianischen Anhänger (wie auch Anhänger des Hippolytos) in Rom durchaus kleinasiatischer Herkunft gewesen sein.
4.3. Der Sieg des Cornelius und das Schisma von 251 So allmählich wie sich die Haltung der Kirche zugunsten der lapsi herauskristallisierte, so allmählich ändert sich der Ton Cyprians in den Briefen nach Rom, von einer diplomatisch-abwartenden Haltung bis zu der beinahe übertrieben wirkenden Panegyrik des Cornelius (Ep. 55,8), die ihn fast wie einen Heiligen präsentiert. Cyprian baut mit dieser Sicht des Cornelius ein komplettes Gegenbild zu Novatian auf. Formalia werden in den Mittel31 Hanssens’ These wird so immer unwahrscheinlicher. Einzig die Formulierung ἑτέρας που καὶ αὐτὸς προεστὼς ἐκκλησίας (siehe oben Anm. 25) ließe Schlüsse auf eine Abspaltung des Hippolytos von der Kirche zu, doch kann dies viel besser auf eine Gegenkirche bezogen sein, die er vor seiner Exilierung nach Sardinien gründete. 32 London 2000. 33 NOY, Foreigners, 229.
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Kapitel 4: Der novatianische Konflikt in der römischen Gemeinde
punkt gerückt. So betont Cyprian in Ep. 55,2, dass Cornelius jede Stufe der Hierarchie ordnungsgemäß durchlaufen habe, bevor er zum Bischof geweiht wurde, anstatt plötzlich und mit einem Schlag in diesem Amt auf der Bildfläche zu erscheinen.34 Nach Fabians Tod herrschte eine Sedisvakanz von einem Jahr. Novatian, der sich in dieser Zeit nicht um eine Bischofswürde beworben hatte, nennt in seinem Brief an Cyprian die schwierige innenpolitische Situation für die Christen unter Decius als den Grund, die Weihe abzuwarten, bis Ruhe in die Kirche eingekehrt sei.35 Innerhalb der Sedisvakanz muss ein Stimmungswechsel in der Gemeinde zu Ungunsten Novatians stattgefunden haben, denn im Frühjahr 251 wird schließlich Cornelius zum Bischof von Rom gewählt.36 Wahrscheinlich lässt sich Novatian kurz darauf (Ende März, Anfang April) zum Gegenbischof erheben,37 vielleicht in der Hoffnung, den Gegner, über den schlimme Vorwürfe kursierten (Ep. 55,10,1), ausschalten zu können. Doch auf der Frühjahrssynode 251 (Ep. 56,2) wurde die Wiederaufnahme bußfertiger Sünder in die Kirche beschlossen und so eine kirchenrechtliche Grundlage für den Ausschluss Novatians und seiner Anhänger geschaffen; Novatian geriet in die Opposition und gründete eine Gegenkirche.38
4.4. Das Schicksal der Novatianer in Rom nach der Trennung von der römischen Gemeinde 4.6. Das Schicksal der Novatianer in Rom nach der Trennung von der Gemeinde
Für die Entwicklung der novatianischen Kirche nach dem Schisma haben wir erst im vierten und fünften Jahrhundert notizenhafte Aussagen. In der Regierungszeit des Kaisers Konstans (337–350) gab es eine bei Sokrates (HE 2,15) wiedergegebene Episode, die Bezug auf Novatian nimmt, aber mehr das Ringen um die kirchliche Vorherrschaft Roms widerspiegelt als Informationen zu den römischen Novatianern gibt. Zu Papst Julius (337–352) kommt eine Gruppe Bischöfe aus dem Osten, die aus verschiedenen Gründen (Sokrates nennt keine Ursachen) ihre Bischofsstühle räumen mussten. Julius nimmt sich die Freiheit, seine Amtsbrüder wiedereinzusetzen. Die scharfe Kritik ihrer Heimatkirchen trifft ihn auf dem Konzil von Antiochia (341). Julius habe nicht die Autorität, sich in die Belange der Ostkirchen einzumischen, schließlich hätten die Ostkir34
Vgl. Eusebius, HE 6,43,7–8. Novatian soll sich die Bischofsweihe mit der Hilfe dreier Amtsbrüder erschlichen haben, die er betrunken gemacht und zu einer nach Cornelius ungültigen Handauflegung verführt hatte, Cornelius bei Eusebius, HE 6,43,8–9. 35 Cyprian, Ep. 30,5 (Novatian an Cyprian). 36 Vermutlich in der ersten Märzhälfte 251, dazu siehe CLARKE, Letters III, 223. 37 CLARKE, Letters III, 224, vgl. Eusebius, HE 6,43,11. 38 Cyprian, Ep. 55,24.
4.6. Das Schicksal der Novatianer in Rom nach der Trennung von der Gemeinde
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chen auch geschwiegen, als Novatian in Rom aus der Kirche vertrieben worden war. Die Passage zeigt, welchen Stellenwert Novatian kurz nach dem Konzil von Nizäa in der Kirche des Ostens gehabt haben muss. Doch auch in Rom muss die novatianische Gemeinde nach 251 nicht nur weiterexistiert, sondern auch eine gewisse Gemeindestärke gewonnen haben. Das geht aus Sokrates, HE 7,9 hervor. Dort berichtet er, Papst Innozenz I. von Rom (401–417) sei der erste Verfolger der Novatianer in Rom gewesen und habe ihnen »viele« Kirchen weggenommen (wohl 404). Innozenz scheute sich offenbar, die Novatianer gänzlich zu enteignen.39 Interessant ist eine Aussage des Sokrates, der in der Verfolgung der Novatianer eine Machtüberschreitung der römischen Kirche sah, die sich nicht mehr mit der kirchlichen Jurisdiktion zufriedengab, sondern auch nach außen hin die säkulare Gewalt beanspruchte (Sokrates, HE 7,9). Für die Novatianer in Rom würde dies bedeuten, dass sie nicht nur als religiöse, sondern als säkulare Gruppierung, den Vereinen ähnlich, auftraten. So konnten sie rechtmäßig ihre Güter schützen und neue erwerben und Vermögen bilden und genossen den rechtlichen Schutz des römischen Staates. Zugleich hatte die Kirche keinen Zugriff auf die Güter der novatianischen Gemeinde, die so Handlungsspielraum hatte, neue Mitglieder anzuwerben und eine eigene Institution aufzubauen.
39 Das geschah erst unter seinen Nachfolgern Zosimus, Bonifatius und Coelestinus (422–432), vgl. Sokrates, HE 7,11.
Kapitel 5
Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien Nach den heftigen Auseinandersetzungen zwischen Laxisten und Rigoristen in den fünfziger Jahren des dritten Jahrhunderts in Rom sind bis zur Regierungszeit Konstantins (324–337) Aussagen über die weitere Entwicklung der novatianischen Christen rar. Ein Grund dafür ist sicherlich die allgemeine Quellenarmut des dritten Jahrhunderts. Aber auch aus der Retrospektive bei späteren Schriftstellern setzen die Nachrichten erst wieder im vierten Jahrhundert ein. Es könnte sein, dass man die Entwicklung als abgeschlossen oder nicht mehr bedrohlich einschätzte. Nach Berichten bei Eusebius machte die Zahl reuiger Novatianer, die zurück in die Kirche wollten, es nötig, über entsprechende Regelungen für die Wiederaufnahme zu debattieren. Schnell entstanden neue Fronten. Die Kontrahenten waren Bischof Stephanus von Rom (Cornelius’ Nachfolger Lucian starb nach nur achtmonatiger Amtszeit, Eusebius, HE 7,2) und Cyprian von Karthago. Cyprian bestand für die heimkehrenden Schismatiker auf einer neuerlichen Taufe, Stephanus dagegen auf der traditionellen Praxis der einmaligen Taufe. Dionysius von Alexandria unterstützte den römischen Bischof (HE 7,5,4), der sich weigerte, mit seinen Amtskollegen, die eine Wiedertaufe befürworteten, Gemeinschaft zu pflegen. Der Streit – gleichzeitig auch eine Auseinandersetzung zwischen Rom und den orthodoxen Teilen des Ostens – setzte sich unter Stephanus’ Nachfolger Xystus fort (HE 7,5,3). Vor allem die orthodoxen Bischöfe Kleinasiens zeigten sich unnachgiebig, was die reuigen Häretiker anging. Sie beharrten auf deren Wiedertaufe. Dionysius, der euphorisch die unverhoffte Einigung1 des Ostens begrüßt hatte (bei Eusebius, HE 7,5,5), wird nun zum Kämpfer für den inneren Frieden. Seine Schilderung der »überall [im Osten] eingetretenen Einheit« suggeriert den vollständigen Sieg über die Lehren Novatians, bezieht sich für Kleinasien aber nur auf die relativ dünn besiedelten Provinzen Kappadokien und Kilikien, die anderen Gebiete werden nicht erwähnt.
1
Eusebius, HE 7,4,2.
Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien
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Das Schweigen über die dicht besiedelten und für den Handel und kulturellen Austausch so wichtigen Gebiete des Westens wird verständlich, wenn wir Sokrates lesen. Er beschreibt nämlich Paphlagonien, Phrygien, Bithynien und Galatien als Zentren des Novatianismus. Das bedeutet also, dass ein sehr großer Teil des wesentlich dichter besiedelten Westens zur novatianischen Partei gehörte. Die Trennlinie zwischen orthodoxem und häretischem Christentum verläuft von Norden nach Süden entlang der großen Handelswege von Konstantinopel bis nach Ikonium.2 Die novatianischen Ideen sind wahrscheinlich schon früh von Rom aus in den Westen Kleinasiens gelangt. Sokrates weiß von Briefen Novatians an die phrygischen Christen (HE 4,28,12) und erwähnt auch Eutychianos, einen sehr berühmten novatianischen Mönch, der auf dem bithynischen Olymp lebte (HE 1,13,4ff.). Dass die novatianischen Gedanken im kulturell aufgeschlossenen Westen florieren konnten, zeigt auch die Auseinandersetzung mit ihrer Kirche bei Lactantius. Etwa zur Zeit der Synode im spanischen Elvira (etwa im Zeitraum zwischen 300 und 309)3 schrieb dieser in der Nähe des bithynischen Nikomedea seine Divinae institutiones.4 Gegen die Novatianer erklärt er, dass die (wahre) Kirche eine ist, in qua est confessio et paenitentia, quae peccata et vulnera, quibus subiecta est imbecillitas carnis, salubriter curat.5 Vogt weist darauf hin, dass diese Aussage von Lactantius keine Einleitung einer ausgefeilten theologischen Diskussion sein sollte, denn dazu habe es ihm an tieferen Kenntnissen gemangelt. Vielmehr liege nahe, dass Lactantius sich mit häretischen Gruppen und ihren Lehren auseinandersetze, die ihn in seinem Alltag umgaben.6 Die Fülle der Informationen, die uns die Schriften des Sokrates und des Sozomenos, aber auch die novatianischen Inschriften geben, zeigt eine starke Präsenz der Novatianer sowohl in Konstantinopel als auch im kleinasiatischen Hinterland. Ihre Ausbreitung und Konsolidierung sprechen für eine gesellschaftliche und politische Situation, die begünstigend wirkte. In der Tat werden die Novatianer in der Häretikergesetzgebung Konstantins d. Gr. im Jahr 326 7 von der Beraubung aller Privilegien ausgenommen, die 2 Vgl. die Karte bei MITCHELL, Anatolia II, 94, die entlang der Nord-Süd-Route von Konstantinopel nach Ikonium die novatianischen Gebiete zeigt. 3 Die Daten schwanken, siehe dazu VOGT, Coetus Sanctorum, 183, Anm. 5. 4 Ibid., 184–185. Vogt warnt davor, hier ein übermächtiges Kontingent novatianischer Christen in Elvira zu vermuten. Vielmehr sei ein rigoristischer Trend innerhalb der Christen des Westens anzunehmen (er bezieht sich auf Spanien und Nordafrika). 5 »[Eine Kirche], in der es Bekenntnis und Reue gibt, die die Sünden und Wunden, denen die Schwäche des Fleisches ausgesetzt ist, heilsam kuriert« (Div. inst. 4,30,13). 6 VOGT, Coetus Sanctorum, 186. 7 Cod. Theod. 16,5,1 für den 1. September 326, vgl. Cod. Theod. 16,5,2 für den 26. September.
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Kapitel 5: Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien
andere christliche Sondergruppen zu erdulden hatten.8 Bis zur Amtszeit des Kaisers Theodosius II. (408–450) tauchen die Novatianer in den Häretikergesetzen gar nicht mehr auf, obwohl die Jahre zwischen Konstantin und Theodosius II. nicht immer konfliktfrei für ihre Kirche waren. Es gelang ihnen, bis zum Ende des fünften Jahrhunderts präsent zu bleiben. Erst dann schwinden allmählich die Quellen zur novatianischen Kirche.
5.1. Die Novatianer in Konstantinopel Das vorliegende Kapitel hat zwei Leitgedanken. Zuerst soll geprüft werden, wie die Kirche der Novatianer im gesellschaftlichen Gefüge von Konstantinopel wahrgenommen wurde und welche Rolle ihre Anhänger in der sozialen Struktur der Stadt gespielt haben. Dazu werden die drei sogenannten synoptischen Quellen (Sokrates, Sozomenos und Theodoret) herangezogen, wobei aufgrund der Materialdichte und seiner persönlichen Einstellung Sokrates das größte Gewicht zukommen wird. Seine Darstellung reicht zudem zeitlich am weitesten (bis 438/439). Sozomenos, der viele Informationen zur novatianischen Kirche von Sokrates übernimmt, bietet ergänzende Beiträge aus anderen Quellen an.9 Theodoret, dessen Werk 428 endet, erwähnt die Novatianer überhaupt nicht. Für einen Freund des Häretiker- und Novatianergegners Nestorios (Bischof von Konstantinopel von 428–431) ist dies nicht überraschend. Seine Bedeutung für die Darstellung der Novatianer in Konstantinopel ist daher marginal. Für die Untersuchung der novatianischen Kirche im kleinasiatischen Hinterland (vor allem Phrygien, Bithynien und Lydien) sind neben den wichtigen Informationen des Sokrates vor allem die epigraphischen Zeugnisse der novatianischen Christen bedeutend. Besonderes Augenmerk wird auf den sozialen Strukturen und dem theologischen Gedankengut des ländlichen Novatianismus liegen. Das methodische Vorgehen in diesem Kapitel ist ebenso unoriginell wie ergiebig. Strukturiert durch die Regierungszeiten der einzelnen Kaiser im Osten des Römischen Reiches, werden die Aussagen zu den Novatianern in Konstantinopel überprüft und soziale und kirchenhistorische Zusammenhänge erschlossen.10 Die kleinschrittige Untersuchung anhand der einzel8 Vgl. Vogt, der für diese Ausnahmeregelung die persönlichen Erfahrungen Konstantins mit den Novatianern annimmt (VOGT, Coetus Sanctorum, 194). Auch unter Theodosius I. genossen die Novatianer das Wohlwollen des Kaisers, vgl. Sokrates, HE 5,10,26. 9 Sein Werk reicht ungefähr bis 422. 10 Im Gegensatz zu den bisherigen, thematisch ausgerichteten Forschungsansätzen vgl. den historischen Ansatz von WALLRAFF, Geschichte des Novatianismus (1997), oder
5.2. Das Zeitalter Konstantins d. Gr.
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nen Kaiser zeigt die Konstanten und Abweichungen in der Entwicklung der novatianischen Kirche am eindrücklichsten auf.
5.2. Das Zeitalter Konstantins d. Gr. Mit dem Sieg Konstantins (324) gegen Licinius, den Augustus des Ostens, war für ihn der Weg zur alleinigen Herrschaft über das Römische Reich frei.11 Dadurch eröffneten sich Konstantin auch neue Möglichkeiten, seine religiösen Vorstellungen umzusetzen. In den Jahren seiner Herrschaft im Westen kann die Religionspolitik des Kaisers als vorsichtiges Taktieren12 zwischen der paganen Tradition und dem aufstrebenden Christentum gesehen werden.13 Hinsichtlich der christlichen Kirche zeigte der Kaiser schon ab 312, als der Donatistenstreit in Afrika für Unruhe sorgte, dass ihm der innerkirchliche Frieden ein persönliches Anliegen war.14 In welcher Rolle der Kaiser sich selbst in dieser Angelegenheit sah, lässt sein Schreiben bezüglich der 314 zu Arles15 einberufenen Synode gegen die Donatisten GREGORY, Novatianism (1975), sowie die weitgehend theologisch zentrierte Untersuchung von VOGT, Coetus Sanctorum (1968). 11 H. BRANDT, Konstantin der Große. Der erste christliche Kaiser. Eine Biographie, München 2006, 95. 12 Ibid., 90–96. Dazu gehörte auch, dass Konstantin bereits 312/313 die Kleriker der westlichen Kirche von den öffentlichen Dienstleistungen freistellte, damit sie all ihre Zeit dem Dienst an Gott widmen können und der Staat gedeihe (siehe Eusebius, HE 10,7,2, vgl. Cod. Theod. 16,2,1; nach dem Sieg über Licinius wurden die Privilegien auch auf den Klerus des Ostens ausgedehnt, siehe K. L. NOETHLICHS, Die gesetzgeberischen Maßnahmen der christlichen Kaiser des vierten Jahrhunderts gegen Häretiker, Heiden und Juden, Köln 1971, 11). Hier herrscht ein Dissens in der Forschung. Während Noethlichs (ibid., 8 und Anm. 46) in den Bestimmungen Konstantins eine aufgrund des Gesetzes zur Gleichstellung aller Religionen (313) fällige Aufwertung der christlichen Priester gegenüber den paganen sieht, weist BRANDT (Konstantin, 81 und Anm. 43, so auch K. M. GIRARDET, Die Konstantinische Wende und ihre Bedeutung für das Reich. Althistorische Überlegungen zu den geistigen Grundlagen der Religionspolitik Konstantins d. Gr., in: E. Mühlenberg [Hg.], Die Konstantinische Wende, Gütersloh 1998, 9–122) darauf hin, dass die pagane Priesterschaft trotz einiger Erleichterungen weiterhin Mitglieder der Stadträte blieben. Dadurch seien die christlichen Priester, die diese mit finanziellem Aufwand verbundenen Aufgaben nicht wahrnehmen mussten, eindeutig privilegiert. 13 Konstantin behielt noch lange pagane Attribute in seiner offiziellen Propaganda. Siehe TH. GRÜNEWALD, Constantinus Maximus Augustus. Herrschaftspropaganda in der zeitgenössischen Überlieferung, Hist.E 64, Stuttgart 1990, 96. Erst 324, nach dem Sieg über Licinius, wird das Epitheton des Gottes invictus in der Kaisertitulatur durch victor ersetzt, ibid., 136. 14 Die Donatisten postulierten wie die Novatianer eine »reine Kirche« und versuchten die lapsi der Verfolgungsjahre aus der Gemeinschaft zu drängen. 15 Eusebius, HE 10,21–24.
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Kapitel 5: Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien
vermuten. Konstantin spricht dort die Bischöfe als »seine lieben Brüder«16 an und signalisiert so sowohl seine Unterstützung als auch einen Mitbestimmungsanspruch.17 Die innerkirchliche Einheit war laut Sokrates auch das Anliegen des Konzils von Nizäa 325.18 An dieser Stelle setzt seine Berichterstattung über die Geschicke der novatianischen Kirche ein. Sokrates erwähnt nämlich, dass unter den ca. 300 vornehmlich aus dem Osten einberufenen Bischöfen der Novatianerbischof Akesios war.19 Die Präsenz des novatianischen Bischofs auf dem Konzil zeigt zwei entscheidende Dinge. Zum einen hatte sich die novatianische Kirche über 70 Jahre nach ihrem Ausschluss aus der Hauptkirche weiter halten und entwickeln können. Bischof Akesios repräsentiert zum anderen auch die gefestigte organisatorische Struktur und Hierarchie, die von außen wahrgenommen wurde. Dies wird auch in der Sprache von Sokrates und Sozomenos deutlich, die die Novatianer eine Kirche nennen!20 Sokrates, der seine Informationen gerne von Augen- und Ohrenzeugen bezog,21 betont mit einer Episode auf dem Konzil von Nizäa die Bedeutung dieser Kirche. Wallraff vermutet hinter dem in HE 1,13 erwähnten Gewährsmann des Sokrates, Auxanon, einen greisen novatianischen Presbyter,22 der als ganz junger Mann Akesios zur Synode von Nizäa begleitete.23 Dort gibt es eine Begegnung zwischen dem novatianischen Bischof Akesios und dem Kaiser. Sowohl bei Sokrates als auch bei Sozomenos geht der Kaiser auf Akesios zu, um den Grund zu erfahren, warum Akesios sich abseits der anderen Bischöfe hielt. Konstantin fragt ihn, ob er den Be16 Optatus, App. V, übers. von H. DÖRRIES, Das Selbstzeugnis Kaiser Konstantins, Göttingen 1954, 28. 17 Hier gegen NOETHLICHS (Maßnahmen, 7), der die Einbeziehung des Kaisers in den innerkirchlichen Bereich als von Konstantin ungewollt wertet. 18 Eusebius, Vita Const. 3,17. 19 Sokrates, HE 1,10. Der Westen war eher schwach vertreten, siehe K. M. GIRARDET, Der Vorsitzende des Konzils von Nicaea (325) – Kaiser Konstantin d. Gr., in: K. Dietz (Hg.), Klassisches Altertum, Spätantike und frühes Christentum. FS A. Lippold, Würzburg 1993, 331–360, hier 349 ff. 20 Sozomenos nennt sie ἐκκλησία, Sokrates θρησκεία, z.B. Sokrates, HE 3,9,3; 4,12,40; 4,35,4. Sokrates benutzt θρησκεία häufiger im Sinne von αἵρεσις und kennzeichnet damit nichtkatholische Gruppen des Christentums (Sokrates, HE 1,10; 2,38,11; 4,28,18), verwendet den Begriff aber auch für heidnische Gruppierungen, siehe etwa HE 1,2,3; 1,18,1; 3,1,15. Zu θρησκεία siehe J. CH. A. VAN HERTEN, Θρησκεία Εὐλάβεια Ἱκέτης. Bijdrage tot de kennis der religieuze terminologie in het Grieksch. With a Summary in English (Diss. phil. Utrecht), Amsterdam 1934. 21 Sokrates, HE 1,10: παρὰ ἀνδρὸς ἤκουσα οὐδαµῶς ψευδοµένου […]. 22 WALLRAFF, Sokrates, 51. 23 Auxanon lebte nach der Synode unter der Anleitung des bithynischen Mönchs Eutychianos ein asketisches Leben auf dem bithynischen Olymp, nahe dem heutigen Bursa. Wahrscheinlich stammte Akesios ebenfalls aus Bithynien.
5.2. Das Zeitalter Konstantins d. Gr.
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schlüssen des Konzils zum Termin des Osterfestes und zu den Glaubensfragen (i.e. zu den Naturen Christi) zustimmen kann. Diese Frage wird von beiden Historikern als ein Zeichen des innerkirchlichen Harmoniebedürfnisses (σπουδὴ … εἰρήνης)24 verstanden. Das Verhalten des Akesios hatte den Kaiser vermuten lassen, der Bischof stimme den Beschlüssen möglicherweise nicht zu. Konstantin bekommt von Akesios (nach Sokrates) eine belehrende Antwort: Die Beschlüsse des großen Konzils hätten nichts Neues hervorgebracht und nur bekräftigt, was schon seit der Zeit der Apostel feststünde. Als der Kaiser weiter in ihn dringt, erhält er die zweite Belehrung in Form einer Kurzfassung des novatianischen Bußrigorismus und der Unvergebbarkeit von Todsünden durch die Kirche.25 Konstantin reagiert auf die Ausführungen seines Gegenübers mit einer Antwort, die sich jeder Leser unschwer im Kopf vertonen kann: »Nimm eine Leiter, Akesios, und steig alleine in den Himmel.«26 Die von Akesios skizzierte Forderung der sündenfreien (novatianischen) Sicht der Kirche vermochte der Kaiser offensichtlich schwer mit der menschlichen Realität übereinzubringen. Das Verhalten des novatianischen Bischofs ist sehr selbstbewusst. Er scheut nicht davor zurück, den »Bruder aller Bischöfe in Christo«27 mit provokativen Ansichten über die Buße zu konfrontieren. Dass der Kaiser in seiner Antwort nicht auf diese Aussagen zur Buße eingeht, führt Vogt zu der Annahme, in den Ausführungen des Akesios bei Sokrates einen späteren Einschub zu sehen. Ein Indiz dafür sei das übergangslose Anfügen der Aussagen über die ausschließliche Vergebungsgewalt Gottes an die Passage über die Todsünden. Bei genauer Betrachtung des Textes kann sich der Verdacht der Interpolation jedoch nicht erhärten. Auch im weiteren Verlauf der Kirchengeschichte sind gerade die Einschübe wörtlicher Rede ein Zeichen des persönlichen Stils des Autors.28 Sokrates lockert dadurch die ermüdende Präsentation historischer Zusammenhänge auf und schafft so eine größere Authentizität. Akesios gibt nach Sokrates dem Kaiser in HE 1,10 auch einen Einblick in die maßgeblichen Aspekte der novatianischen Lehre und Geschichte: die Trennung von der katholischen Kirche unter Decius, den Ausschluss von Todsündern von den Sakramenten, die Ermahnung zur Reue nach solchen Sünden, die aber nicht von den Priestern vergeben werden können, sondern 24
Sokrates, HE 1,10,1 ff. und Sozomenos, HE 1,22,1 ff. Sokrates, HE 1,10. 26 Vgl. oben S. 56. 27 Optatus, App. V, übers. von DÖRRIES, Selbstzeugnis, 28. 28 Vgl. z.B. Sokrates, HE 4,36; 5,7; 5,10; 5,21. 25
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Kapitel 5: Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien
nur von Gott. Strukturelle oder inhaltliche Unebenheiten im Fluss des Textes sind nicht feststellbar. Im Gegenteil schließt sich die Passage zur alleinigen Vergebungsgewalt Gottes stimmig an den Ausschluss von Todsündern von den Sakramenten an. Aufmerken ließe allenfalls HE 1,10,3, wenn es über die postbaptismalen Sünder heißt: ἀλλ᾽ ἐπὶ µετάνοιαν µὲν αὐτοὺς προτρέπειν.29 Doch sollen sie, so heißt es weiter, die Hoffnung auf Freisprechung nicht auf den Priester setzen, sondern auf Gott. Er habe die Gewalt, Sünden zu vergeben.30 Die Ermahnung zur Buße einerseits und die abgeschmetterte Hoffnung auf Rekonziliation durch einen Priester andererseits scheinen zunächst widersprüchlich zu sein. Bei näherem Hinsehen geht es hier jedoch nicht um die Vergebungsgewalt der Priester, sondern um die Möglichkeit für reuige Sünder, im Gebet von Gott Vergebung für ihr Tun zu erreichen. Das Argument von Vogt, eine Interpolation wäre nur auszuschließen, wenn der Kaiser auf die Ausführungen zur Buße eingegangen wäre, hätte nur dann Gewicht, wenn sich Konstantin auch an anderen Stellen bei Sokrates als kenntnisreicher Theologe erwiesen hätte. Hier antwortet jedoch kein »Bischofskollege«, sondern ein Politiker und Soldat, der die Lehren der Novatianer als lebensfern empfindet. Dementsprechend direkt und ironisch fällt seine Antwort aus. Sein Anliegen ist nicht der theologische Disput bzw. eine Lösung der novatianischen Frage, sondern die Einheit der christlichen Gemeinschaft, die an einem innenpolitischen Frieden mitwirkt.31 Es spricht m.E. auch für den Wahrheitsgehalt der Anekdote, dass Sokrates sich über die Nachlässigkeit seiner Gewährsmänner mokiert, die diese Begebenheit nicht erwähnten.32 Er kann sich das Auslassen dieser Informationen nur nur durch ausgeprägte Vorurteile den Novatianern gegenüber erklären. Der Bericht des Sozomenos über das Zusammentreffen fällt wesentlich kürzer aus. Er gewichtet die einzelnen Aspekte anders und stellt die Antwort des Kaisers in den Vordergrund. Nach Sozomenos maßregelt Konstantin zu Recht den novatianischen Bischof, der sich über das Menschliche 29 »aber sie sollen sich zur Buße hinwenden«. Interessant ist, dass ἀλλ᾽ ἐπὶ µετάνοιαν µὲν αὐτοὺς προτρέπειν eine fast wörtliche Übereinstimmung mit HE 4,28,3 besitzt, wo Sokrates Briefe des Novatian wiedergibt, in denen dieser Gottes Macht (und eben nicht die eines Menschen) zur Sündenvergebung betont. Dort heißt es ἀλλὰ προτρέπειν µὲν αὐτοὺς εἰς µετάνοιαν. Dieses Zitat wird von Akesios verwendet und spricht dafür, dass er die Briefe des Novatian kannte (vgl. VOGT, Coetus Sanctorum, 160). Sokrates’ Interesse an den Novatianern hatte ihm sicherlich auch den Zugang zu genuinen Quellen ihrer Lehre ermöglicht, sodass er Kopien der Briefe Novatians kannte. 30 ἐλπίδα δὲ τῆς ἀφέσεως µὴ παρὰ τῶν ἱερέων, ἀλλὰ παρὰ τοῦ Θεοῦ ἐκδέχεσθαι, τοῦ δυναµένου καὶ ἐξουσίαν ἔχοντος συγχωρεῖν ἁµαρτήµατα. 31 Gegen VOGT, Coetus Sanctorum, 161, der die Ausführungen des Akesios als nicht authentisch ansieht. 32 So WALLRAFF, Sokrates, 51.
5.2. Das Zeitalter Konstantins d. Gr.
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erheben will.33 Akesios begründet in dieser Version seine Abgrenzung von den anderen Bischöfen als Ergebnis des Konfliktes zwischen Novatian und Cornelius 251 in Rom. Dadurch wird der Ursprung des novatianischen Schismas mit einer persönlichen Rivalität zwischen zwei Bischöfen erklärt. Die theologische Auseinandersetzung um die Buße und die lapsi rückt völlig in den Hintergrund. Sozomenos lässt Akesios darüber hinaus nur noch die Ausgrenzung von Todsündern (bei den Novatianern) von den heiligen Mysterien erwähnen und zeigt so die tiefe Kluft zwischen orthodoxer und novatianischer Kirche auf. Sozomenos übergeht freilich, dass auch in der orthodoxen Kirche eine Zulassung von Todsündern zur heiligen Kommunion ohne Buße und anschließende Rekonziliation nicht möglich war. Vielmehr ist es für ihn wichtig, auch bei den positiven Schilderungen der Novatianer in seiner Kirchengeschichte die Überlegenheit der »Hauptkirche« zu dokumentieren. Abseits solcher Anekdoten zeigen beide Kirchenhistoriker die Bedeutung des Novatianismus für die Kirche von Konstantinopel. Konstantins Berührungen mit der Lehre der Novatianer sind sehr wahrscheinlich über die Akesios-Episode hinausgegangen. Wenn man auch Sokrates durch ein persönliches Interesse und Sozomenos durch die Nutzung sokratischer Texte als Quelle die Objektivität absprechen mag, so spiegelt eine andere Quelle, die Canones von Nizäa, einen sensiblen und integrativen Umgang mit den Novatianern wider.34 Die Novatianer werden in den Akten des Konzils ohne polemische Attribute als καθαροί geführt, dem Namen, der gleichzeitig auch ihr Programm war.35 Der Anspruch auf »Reinheit« wurde von der orthodoxen Seite verständlicherweise gerne als Hochmut verstanden.36 Davon ist jedoch in den Canones von Nizäa nichts spürbar. Im Gegenteil, man ist seitens der katholischen Kirche bemüht, eine friedliche Atmosphäre zu erhalten und die Novatianer wieder auf die orthodoxe Seite zu ziehen. Im achten Kanon von Nizäa heißt es über die novatianischen Kleriker: Περὶ τῶν ὀνοµαζόντων µὲν ἑαυτοὺς Καθαρούς ποτε, προσερχοµένων δὲ τῇ καθολικῇ καὶ ἀποστολικῇ ἐκκλησίᾳ, ἔδοξε τῇ ἁγίᾳ καὶ µεγάλῃ
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So auch VOGT, Coetus Sanctorum, 161. VOGT führt den gemäßigten Ton auf die Anwesenheit des Bischofs Akesios zurück (ibid., 193). Ob man allerdings reine Rücksichtnahme auf einen (schismatischen) Bischof voraussetzen darf, bleibt dahingestellt. Viel eher mag der Grund die Zustimmung der Novatianer zu den Festlegungen des Konzils gewesen sein. 35 Can. 8 von Nizäa. Eine Notiz bei Rufinus zeigt, dass καθαροί vermutlich die gängige Bezeichnung der Novatianer im Osten war und so auch in den Konzilsakten aufgenommen wurde. Rufinus, HE 1,6: […] catharos, qui apud nos Novatiani sunt. Dagegen Lactantius (Div. inst. 4,30,10), der von den Novatianern spricht. 36 Eusebius, HE 6,43,1. Vgl. auch Epiphanius, Pan. haer. 59,6. 34
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Kapitel 5: Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien
συνόδῳ, ὥστε χειροθετουµένους αὐτοὺς µένειν οὕτως ἐν τῷ κλήρῳ.37 Sie sind potenziell zur »Kirche Kommende«, nicht, wie es in can. 19 über die Sekte der Paulianer heißt, dass sie zur Kirche fliehen (εἶτα προσφυγόντων τῇ καθολικῇ ἐκκλησίᾳ […]).38 Dadurch wird deutlich eine größer empfundene Nähe der Novatianer zur Kirche ausgedrückt, als man es anderen Gruppen zugestand. Der Kontext ist die potenzielle Wiederaufnahme novatianischer Kleriker in die Kirche per Handauflegung, damit sie, trotz ihrer schismatischen Einstellung zuvor, auch in der orthodoxen Kirche im Amt verbleiben können. Die Voraussetzung ist ihr Bekenntnis zu den Dogmen der katholischen Kirche (can. 8). Für die Provinz waren die Regeln großzügiger. Der Grund ist offensichtlich. Gab es doch nach can. 8 Regionen, in denen das Christentum vorrangig von novatianischen Klerikern vertreten wurde.39 Deshalb heißt es in can. 8, dass der novatianische Bischof nur dann zum Presbyter zurückgestuft werden solle, wenn auch ein orthodoxer Bischof vor Ort sei (sic!). Ansonsten verbleibe der novatianische Bischof im Amt. Dem moderaten und toleranten Ton der Canones steht ein anderes Dokument gegenüber, das unmittelbar nach dem Konzil, aber vor den Häretikererlassen Konstantins vom 1. September 32640 bzw. der Ausnahmeregelung für die Novatianer vom 25. September 326 41 verfasst worden sein soll. Es handelt sich um einen bei Eusebius42 überlieferten angeblichen Brief des Kaisers, der scharfe Maßnahmen gegen die Häretiker und vor allem gegen die Novatianer veranlasst haben soll. Der in polemischem Ton gehaltene Brief bezeichnet Novatianer, Valentinianer, Markioniten und Montanisten
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»Bezüglich [der Kleriker] derer, die sich selbst die Reinen nennen, herrscht in der heiligen und großen Synode die Meinung, dass ihnen, wenn sie zur katholischen und apostolischen Kirche kommen, die Hände aufgelegt werden sollen, wenn sie im Amt bleiben sollen.« Der griechische Text wird nach der Ausgabe H. TH. BRUNS (Canones Apostolorum et Conciliorum Saeculorum IV. V. VI. VII. cum praefatione D. Augusti Neandri, Berlin 1839) zitiert. 38 VOGT , Coetus Sanctorum, 193 fasst den Sinn des ersten Satzes in can. 8 folgendermaßen zusammen: »Betreff derer, die sich selbst die Reinen genannt haben, gelegentlich aber gemeinsam zur katholischen Kirche kommen, wurde beschlossen.« Vogt arbeitet mit der Ausgabe der Canones von F. LAUCHERT, Die Canones der wichtigsten altkirchlichen Konzilien, Freiburg 1896. Hier gibt es die Hinzufügung von κοινῆι im Text des ersten Satzes von can. 8: προσερχοµένων δὲ κοινῆι τῆι καθολικῆι καὶ ἀποστολικῆι ἐκκλησίαι. Vogt versteht κοινῆι adversativ statt attributiv und kommt so zu einem völlig anderen Sinn. Gemeint ist hier aber die gemeinsame katholische und apostolische Kirche. 39 Dazu auch WALLRAFF, Geschichte, 258–259. 40 Cod. Theod. 16,5,1. 41 Cod. Theod. 16,5,2. 42 Eusebius, Vita Const. 3,64–65.
5.2. Das Zeitalter Konstantins d. Gr.
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als »Feinde der Wahrheit«, die »unter frommem Vorwand frevelten«. 43 Die allzu lange Nachsichtigkeit ihnen gegenüber gefährde andere (ἡ µακρὰ παρεπιθύµησις ὥσπερ λοιµικῷ νοσήµατι καὶ τοὺς ὑγιαίνοντας χραίνεσθαι ποεῖ).44 Deshalb treffe der Staat nun Vorsorge und verbiete den genannten Gruppen sowohl öffentliche als auch private Versammlungen. Sie sollen zur Kirche kommen, wenn ihnen am Glauben liegt. Die Kirchen der Häretiker und der Schismatiker sollen beschlagnahmt und der katholischen Kirche übergeben werden, ihr anderweitiger Besitz dem Fiskus. Sokrates, der sonst sehr gut über die Belange der Novatianer informiert ist, scheint nichts von dem Brief zu wissen oder ihn bewusst ausgelassen zu haben. Ein Übergehen des Briefes könnte mit dem Auftraggeber des Sokrates, Theodorus, zusammenhängen, wenn er tatsächlich zur novatianischen Kirche gehört haben sollte, wie es Wallraff diskutiert.45 Es ist für einen potenziell novatianischen Auftraggeber und einen tendenziell novatianischen Kirchenhistoriker verständlich, wenn sie sich lieber auf andere Dokumente stützen, die die Zugehörigkeit der Novatianer zur Kirche bzw. das Bemühen um sie zum Ziel haben. Anders verhält es sich bei Sozomenos,46 der den Kampf des Kaisers für die Einheit der Kirche betont47 und deshalb den Brief gut in seine Darstellung einbinden kann.48 Während Vogt die Echtheit des Briefes stark bezweifelt,49 sieht Wallraff die Diskussion um dessen Authentizität als unnötig an und befürwortet, hier ein historisches Dokument vorliegen zu haben.50 Ein Argument für Wallraff ist, dass es verschiedene Zeugnisse für leidenschaftliche antihäretische Formulierungen bei Konstantin gibt. So schreibt der Kaiser an die Synodalen von Arles, die sich gegen den Donatismus versammelt hatten, über die Anhänger des Donatus, sie seien von »des Teufels Bosheit« oder »elenden Überredungskünsten« verführt worden.51 In einem Schreiben an die katholische Kirche der Alexandriner
43
DÖRRIES, Selbstzeugnis, 83. Ibid. 45 WALLRAFF, Sokrates, 248. 46 Sozomenos, HE 2,32. Sozomenos’ Quelle scheint die Vita Constantini zu sein, denn auch er bietet keine Abfassungszeit des Briefes an, siehe dazu VOGT, Coetus Sanctorum, 195. 47 Sozomenos, HE 2,22; 2,28; 2,31. 48 Auch Sokrates sieht Konstantin in diesem Licht (HE 1,10; 1,27; 1,28), jedoch meidet er es, die Kirche als καθολικὴ ἐκκλησία zu bezeichnen. Zur Diskussion des Kirchenbegriffs bei Sokrates siehe WALLRAFF, Sokrates, 34. 49 VOGT, Coetus Sanctorum, 194–195. 50 WALLRAFF, Geschichte, 257, dazu Anm. 18. 51 Übersetzung von DÖRRIES, Selbstzeugnis, 28–29. Zur inhaltlichen Problematik des überlieferten Textes siehe ibid., 28, Anm. 1 und 29, Anm. 1. 44
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Kapitel 5: Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien
nennt er Arius den »ruchlosen Teufelsknecht«, der seine Anhänger von den katholischen Brüdern trennte.52 Solche Formulierungen gegen andere häretische Bewegungen könnten tatsächlich den Zorn Konstantins auf die Novatianer rechtfertigen. Doch bleiben Zweifel. Zwar wetterte Konstantin heftig gegen die Donatisten, erlaubte aber gleichzeitig (im Jahr 321), dass im Exil lebende Anhänger zurückkehren durften.53 Ähnliches geschieht mit den in Nizäa verurteilten Arianern. Sokrates berichtet von den Bemühungen des Kaisers, Arius umzustimmen und wieder in die Kirche aufzunehmen.54 Vor diesem Hintergrund wäre die Verdammung der Novatianer und anderer Häretiker kein unbedingter Widerspruch zu dem toleranten Gesetz von 326. Möglicherweise spiegeln die Formulierungen der Canones und der Brief des Kaisers den Widerspruch zwischen Anspruch und Realität wider. Häretische Gruppen sind grundsätzlich nicht zu tolerieren, der Alltag lehrt aber, dass eine bestimmte quantitative und soziale Präsenz nicht ignoriert werden kann. Deshalb sollten auch Zweifel an der Echtheit des Briefes laut werden, wenn es um die Konfiskationen und Versammlungsverbote für die Novatianer geht, die der Brief fordert. Beides findet in den Gesetzestexten keine Entsprechung. Cod. Theod. 16,5,1 und 2 implizieren, dass normalerweise die Gesuche von außerkirchlichen Gruppierungen ungeprüft abgelehnt wurden. In 16,5,1 heißt es: Privilegia, quae contemplatione religionis indulta sunt, catholicae tantum legis observatoribus prodesse oportet. Haereticos autem atque schismaticos non solum ab his privilegiis alienos esse volumus, sed etiam diversis muneribus constringi et subici,55
während 16,5,2 zurückrudert: Novatianos non adeo conperimus praedamnatos, ut his quae petiverunt crederemus minime largienda. Itaque ecclesiae suae domos et loca sepulcris apta sine inquietudine eos firmiter possidere praecipimus, ea scilicet, quae ex diuturno tempore vel ex empto habuerunt vel qualibet quaesiverunt ratione. Sane providendum erit, ne quid sibi usurpare conentur ex his, quae ante discidium ad ecclesias perpetuae sanctitatis pertinuisse manifestum est. 56 52 Athanasius, Werke III,1: Urkunden zur Geschichte des arianischen Streites, 25; DÖRRIES, Selbstzeugnis 68. 53 Augustinus referiert den Donatisten einen dementsprechenden Brief des Kaisers, Ep. 43,20. Siehe auch DÖRRIES, Selbstzeugnis, 37. 54 Sokrates, HE 1,25 und 1,38. 55 »Privilegien, die nach der Begutachtung der Religion gewährt worden sind, dürfen nur die unter katholischer Beaufsichtigung nutzen. Wir wollen jedoch, dass die Häretiker und Schismatiker nicht nur von den Privilegien ausgeschlossen sind, sondern auch diversen Auflagen unterworfen und verpflichtet sind.« 56 »Die Novatianer, so haben wir erfahren, sind nicht zu verdammen, denn wir glauben, dass das, was sie anstreben, keineswegs zu viel ist. Deshalb lege ich fest, dass sie ihre Kirche, Häuser und Begräbnisstätten behalten können. Dazu das, was sie vor langer
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Die Ausnahme für die Novatianer, die ihre Kirchen und Friedhöfe behalten dürfen, zeigt, dass solches Häretikern und Schismatikern normalerweise verboten war.57 Die Novatianer sollen also nicht vorverurteilt werden. Es soll nur darauf geachtet werden, dass sie sich nichts aneignen, was schon vor dem Schisma zum Besitz der Kirche gehört hat. Der Text birgt mehrere Informationen. Zum einen erfahren wir, dass die Novatianer schon seit langer Zeit außer ihren privaten Wohnstätten Immobilien (Gebetsstätten und Gräber) besaßen. Hier werden sicherlich sowohl die Verhältnisse in der Hauptstadt als auch im Hinterland gemeint sein.58 Das spricht für einen gewissen Wohlstand der Gemeinschaft. Untermauert wird diese Annahme durch ne quid sibi usurpare conentur. Offenbar gab es expansive Tendenzen, was für eine wirtschaftlich entsprechend starke Gruppe naheliegend ist. Den Frieden der Kirche scheinen die homousisch denkenden Novatianer nicht gestört zu haben. Wurden sie darüber hinaus im September 326 vom Staat als Kirche angesehen, so widerspricht Cod. Theod. 16,5,1 Cod. Theod. 16,5,2, denn sie fallen weder in die Kategorie der Häretiker noch in die der Schismatiker. Der Eintrag in 16,5,2 bekräftigt die Akzeptanz der Novatianer und räumt jedes Missverständnis, sie würden als kirchenfern betrachtet werden, aus. Vor den oben genannten Überlegungen ist den Gesetzestexten als historische Realität eher Recht zu geben als dem von Eusebius zitierten Kaiserbrief. Die Quellen geben uns leider keine Auskunft darüber, was zwischen dem Konzil von Nizäa und dem Häretikergesetz in Cod. Theod. 16,5,1 an Begegnungen zwischen der Staatsmacht und den verschiedenen außerkirchlichen Gruppen, speziell den Novatianern, stattfand. Doch muss in den gut drei Wochen, die zwischen Cod. Theod. 16,5,1 und Cod. Theod. 16,5,2 lagen, etwas geschehen sein, damit der Kaiser den Novatianern Sonderrechte einräumte. Das entscheidende Stichwort ist conperimus (s.o.). Eine oder mehrere Personen, die Zugang zum Kaiser gehabt haben müssen und vertrauenswürdig erschienen waren, bewirkten offensichtlich einen Sinneswandel. Deshalb setzt Barnes die Abfassungszeit des konstantinschen Briefes um 324 kurz nach dem Sieg über Licinius an. Wie zuvor bei den Donatisten nämlich seien die Besitztümer der Häretiker eingezogen und die Anhänger Zeit entweder durch Kauf besitzen oder aus einem anderen beliebigen Grund suchen. Es muss genug Vorsorge getroffen werden, dass sie nicht für sich etwas von den Dingen zu beanspruchen versuchen, die vor der Trennung fest zu den Kirchen der ewigen Heiligkeit gehört haben.« 57 Dörries sieht in diesen Beobachtungen eine »beachtliche Bestätigung« für die Echtheit des Briefes (DÖRRIES, Selbstzeugnis, 194). 58 Mit WALLRAFF (Geschichte, 257) sind vermutlich aber eher die Verhältnisse in der Hauptstadt im Blick der Gesetze.
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als Schaden für die Kirche beschimpft worden.59 Der Kampf gegen die Donatisten endete in Resignation, deshalb sollte mit diesem Brief ein Schlussstrich unter ähnliche Unruhestifter gezogen werden.60 Legt man die Interpretation von Barnes zugrunde, wäre eine vornizäische Abfassungszeit des Briefes die einzig sinnvolle Alternative.61 Das Schreiben erklärt sich so als Reaktion auf das donatistische Schisma und als Echo einer persönlichen Frustration Konstantins durch den Kampf gegen die Donatisten. Auf dem Konzil traf Konstantin dann mit novatianischen Klerikern zusammen und erlebte, dass sie sich zum nizäischen Konzept bekannten, sei es in der Wahl des Ostertermins, sei es in den christologischen Aussagen. Dadurch, dass sich die Novatianer als Homousier sahen, schufen sie ein wichtiges Argument für ihre Akzeptanz. Das Konzil gab zudem Novatianern und Kaiser die Gelegenheit zum Dialog, auch wenn unser einziges Zeugnis die Akesios-Episode ist. Zwar scheinen die novatianischen Ansichten über Sündenfreiheit und Buße für den Kaiser ins Reich der Phantasie zu gehören, ihre Zustimmung zum Ostertermin und die Ablehnung des arianischen Glaubens aber haben Konstantin vielleicht milde gestimmt. Darüber, wer als Informant des Kaisers hinter der Formulierung conperimus in Cod. Theod. 16,5,2 gestanden haben mag, kann nur spekuliert werden, denn die Quellen schweigen darüber. Denkbar wäre ein am Hof bekanntes und geschätztes Mitglied der novatianischen Kirche, dem es gelungen war, den Kaiser besser über die »Kirche der Reinen« zu informieren. Vielleicht handelt es sich sogar um den von Sokrates (HE 1,13) erwähnten wundertätigen Mönch Eutychianos, der auf dem bithynischen Olymp (dem heutigen Uludağ südlich von Bursa) lebte. Mit Eutychianos sind zwei weitere Namen verbunden, die uns bereits bekannt sind: Akesios und Auxanon. Auxanon war bereits ein alter Mann, als er dem ganz jungen Sokrates von Akesios in Nizäa und Eutychianos berichtete.62 Von Eutychianos wird gesagt, dass der Kaiser, der von den Wundertaten des Mönches gehört hatte, ihn sehr verehrt habe. Der Mönch kam zusammen mit Auxanon einst nach Konstantinopel, um beim Kaiser erfolgreich Fürsprache für einen Gefangenen zu halten (Sokrates, HE 1,13).63 59
T. D. B ARNES, Constantine and Eusebius, Cambridge/Mass. und London 1981, 224–
225. 60
Ibid., 61; vgl. Optatus, App. X = SODEN/CAMPENHAUSEN, Urkunden, 32 und 38. Gegen DÖRRIES, Selbstzeugnis, 82–83, Anm 2. Die Schwachstelle an der Theorie von Barnes ist die fehlende Auseinandersetzung mit der Absenz des Briefes bei Sokrates. 62 Dass Sokrates in ganz jungen Jahren schon mit novatianischen Geistlichen in Berührung kam, ist m.E. eines der Hauptindizien für seine Tendenzen zum Novatianismus. Dazu auch WALLRAFF, Sokrates, 248, Anm. 167. 63 Man könnte überlegen, ob als Zeitpunkt für diese Episode das Jahr 330 (oder 331) infrage käme, weil Sokrates explizit auf die Namensänderung von Byzanz in Konstantinopel hinweist. 61
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Die Verehrung des Kaisers für einen novatianischen Mönch zeigt die Offenheit Konstantins für außerkatholische charismatische Geistliche (und würde einem antinovatianischen Brief widersprechen). Es ist verlockend, in Eutychianos einen in der Nähe des Kaisers weilenden novatianischen Berater zu vermuten, der die Ergänzung des Häretikergesetzes (Cod. Theod. 16,5,2) durch seine Überzeugungskraft auf den Weg gebracht hat. Mit der Eutychianos-Episode versiegen unsere Nachrichten über die Novatianer zur Zeit Konstantins. Sein Eindruck von ihnen nach dem Bekenntnis zur nizäischen Glaubensformel verhalf der novatianischen Kirche zu einer Anerkennung mit gewissen Auflagen. Sie durften Gesuche einreichen, und Konstantin zeigte sich für einen Austausch mit ihnen offen. Ja, er bewunderte sogar einen novatianischen Mönch. Indem die Novatianer die Homousios-Formel der katholischen Kirche unterstützten, näherten sie sich der Kirche wieder an. Diese konnte es sich nun ihrerseits nicht mehr leisten, die Schismatiker einfach zu verdammen, denn nun gab es ein kaiserliches Ausnahmegesetz zu ihrem Schutz. In dem staatlich geförderten Ausräumen alter Differenzen lag vielleicht die Wurzel für eine in der Zukunft praktizierte Gemeinsamkeit, wie wir an anderer Stelle noch sehen werden. Sokrates’ erstes Buch der Kirchengeschichte endet mit dem Sterben und dem Tod Konstantins 337. Seine Beschreibung von Krankheit und Ende des Kaisers, dessen Religionspolitik für die Christen wegweisend gewesen ist, gerät erstaunlich kurz und sachlich. Konstantin suchte noch Heilung in den heißen Quellen von Helenopolis (der mutmaßlichen Geburtsstadt seiner Mutter) zu finden, ging aber, nachdem der Erfolg ausblieb, nach Nikomedea und ließ sich dort auf dem Sterbebett taufen. Die sogenannte »klinische Taufe«, die auch Novatian seinerzeit empfangen hatte,64 galt vielen Klerikern als minderwertig. 65 Gleichwohl wurde sie aber durchaus praktiziert, weil sie gewissermaßen die ›risikolose‹ Taufe war, die erst im Angesicht des Alters oder einer schweren Krankheit empfangen wurde, da zukünftige schwere Sünden nicht mehr zu erwarten waren. Für die pragmatische Haltung Konstantins, dessen Leben vieles, aus christlicher Perspektive Verwerfliches aufwies, war die klinische Taufe die beste Lösung.
64 65
Eusebius, HE 6,43,14. Vgl. Did 7,1–3.
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5.3. Die Jahre bis zum Beginn der Herrschaft Theodosius’ I. (337–379) 5.3.1. Konstantius II. (337–361) Das Bild des Konstantius bei Sokrates und Sozomenos ist geprägt durch seine positive Haltung zum homöischen Glauben. Die Wurzeln dafür sehen die beiden Schriftsteller in einem arianischen Priester, der über die einst mit Licinius verheiratete Halbschwester Konstantins, Konstantia, an den Hof gelangt war.66 Sozomenos schildert, wie der sterbende Kaiser jenem Arianer seinen letzten Willen an die Hand gab und ihn durch Eid zur Weitergabe an seinen Sohn Konstantius verpflichtete. Der Einfluss dieses Klerikers am Hofe fand, so Sokrates und Sozomenos übereinstimmend, in der charakterlichen Schwäche des Konstantius einen fatalen Nährboden. Beide betonen, der Priester habe sich zunächst über Eunuchen und die Gattin des Kaisers dem Herrscher angenähert.67 Keine Übereinstimmung herrscht dagegen über die theologische Haltung des Kaisers. Während Konstantius bei Sokrates ein entschiedener Arianer ist, rechnet Sozomenos ihn zum gemäßigten Flügel der Homoiusier.68 Von diesen Unterschieden abgesehen, sehen ihn Sokrates und Sozomenos gleichermaßen als unheilvollen Herrscher. Seine arianischen Tendenzen führten zu heftigen Konflikten unter den Christen, Sokrates spricht sogar von einem Kirchenkrieg. 69 Die Situation verschärfte sich noch, als in Konstantinopel der Arianer Macedonius auf den Bischofsstuhl gelangte. Macedonius ist ein gutes Beispiel für die Einflussnahme der Bischöfe am kaiserlichen Hofe. Die Rolle der Kleriker in der Nähe des Kaisers betonen sowohl Sokrates und Sozomenos als auch Theodoret, wohl um die Schuld der arianischen Geistlichen an der Gewalt und den innerchristlichen Aggressionen hervorzuheben.70 Jener Macedonius, so Sokrates, bewog den Kaiser dazu, per Gesetz zu verfolgen, was und wen immer der Bischof dafür ausersah. Die Durchsetzung der kaiserlichen Anordnungen erfolgte mit militärischer Gewalt.71 66
Sokrates, HE 1,25,1; Sozomenos, HE 2,27,1–5. Sokrates, HE 2,2,5; Sozomenos, HE 3,1,3. Theodoret, der dritte Synoptiker, charakterisiert Konstantius II. als schwach und beinflussbar, HE 2,2, vgl. Philostorgius, HE 3,28; 4,1; 4,8; 5,4. Ebenso auch pagane Quellen: Libanios, Or. 14,3; 18,152; 30,7; 62,9; Zosimos, HN 2,55,2. 68 Sozomenos, HE 3,13,4 und 3,18,14. 69 Sokrates, HE 2,34,5; 2,12,5; 2,27,1. 70 So H. LEPPIN, Von Constantin dem Großen zu Theodosius II. Das christliche Kaisertum bei den Kirchenhistorikern Socrates, Sozomenus und Theodoret, Hyp. 110, Göttingen 1996, 65. 71 Sokrates, HE 2,27,2–3. 67
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In HE 2,38 erfahren wir von Sokrates, dass sich die Verfolgungen des Macedonius auch auf die Novatianer als Homousier ausdehnten. Was folgte, war die historische Perversion der Christenverfolgung zu Zeiten paganer Herrscher.72 Während der novatianische Bischof Agelius vor der Bedrängung floh,73 folterte man seine Gemeindemitglieder zusammen mit den anderen Homousiern. Weil sie das Gespräch mit den Homöern verweigerten, zwang man sie mit Gewalt zur Aufnahme der Hostien in den Gottesdiensten ihrer Widersacher. Wer sich widersetzte, landete unter Umständen sogar im Gefängnis. Der Darstellung des Sokrates ist seine Abscheu zu entnehmen, dass sich hier Christen in solcher Weise gegen andere Christen wandten. Über Folterdetails und Schilderungen seiner eigenen Repressalien erhielt Sokrates wiederum von Auxanon Kunde. Auxanon saß im Gefängnis zusammen mit einem novatianischen Mitbruder aus Paphlagonien namens Alexander, der später an den Folgen der Folter starb. Neben solchen unschönen Details erfahren wir aus diesem Kapitel den Namen und die Lage einer der insgesamt drei novatianischen Kirchen in Konstantinopel.74 Eine der Kirchen wurde nach dem novatianischen Märtyrer Alexander benannt. Sein Grab lag am rechten Ufer des goldenen Horns, gleich in der Nähe der Kirche, die fortan seinen Namen trug. 75 Macedonius wies im Zuge seiner gewaltsamen Einigungsmaßnahmen an, sowohl in der Hauptstadt als auch in anderen Städten die Kirchen jener zu zerstören, die dem homousischen Glauben angehörten. Von Auxanon wissen wir, dass darunter die novatianische Kirche am sogenannten Pelargus war. Was nun in der Erzählung des Sokrates folgt, ist eine Meisterleistung christlicher Synergien. Die Novatianer nehmen die Steine der alten Kirche, bauen sie Stück für Stück im Viertel Sykai wieder auf und nennen sie anschließend passend Anastasia.76 Sokrates bewundert den Eifer der Novatianer und die Sympathie, die die Novatianer von denen erhielten, deren Kirchen die Arianer ausschlossen, die nun aber wieder im friedlichen Besitz ihrer Gotteshäuser waren.77 Diese Sympathisanten benennt Sokrates weiter unten konkret, es sind orthodoxe Christen. Die gemeinschaftliche Rettung der Kirche und die Situation der Bedrohung durch die Anhänger des arianischen Glaubens bildeten die Basis für 72
So Sozomenos, HE 4,26,3–4. Sokrates, HE 2,38,6. 74 Sokrates, HE 2,38,14. 75 Sokrates, HE 2,38,12. 76 Siehe oben S. 56. Sykai liegt gegenüber der eigentlichen Stadt und galt als das 13. Viertel der Hauptstadt. 77 Sokrates, HE 2,38,17: τὴν εὔνοιαν ἣν εἶχον περὶ αὐτοὺς οἱ τότε µὲν τῆς ἐκκλησίας ὑπὸ τῶν Ἀρειανῶν ἐκβληθέντες, νῦν δὲ ἐν εἰρήνῃ τὰς ἐκκλησίας κατέχοντες. 73
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jene Annäherung, die Konstantin schon hatte erreichen wollen: Orthodoxe und novatianische Christen feierten zusammen Gottesdienst.78 Zu viele Berührungsängste seitens der orthodoxen Christen scheint es nicht gegeben zu haben. Die Novatianer galten in Konstantinopel per Gesetz (siehe oben) nicht als häretische Gemeinde, sondern eher als eine Sonderform der Kirche. Ihre Akzeptanz unter Konstantin hallte vielleicht in den Ohren der orthodoxen Mitchristen noch nach, die unter dem Druck standen, sich entweder den Homöern anschließen zu müssen oder mit den Novatianern gemeinsam ihren Glauben zu leben. Diese standen immerhin in der wichtigen christologischen Frage auf derselben Seite. Auxanon erwähnt nebenbei noch einen anderen, ganz praktischen Grund: Die Kirchen der Homousier in Konstantinopel waren dem zerstörerischen Wirken des Macedonius preisgegeben oder dienten als Gotteshäuser für die andere Partei. So blieben den Homousiern nur noch die novatianischen Gebetsstätten (Sokrates, HE 2,38,26). Die endgültige Einigung beider Kirchen sei nach Auxanon zum Greifen nah gewesen, wenn die Novatianer nicht bei ihrer rigoristischen Bußpraxis geblieben wären. Sokrates kommt im Folgenden auf die Auswirkungen der antihomousischen Maßnahmen in der Provinz zu sprechen (HE 2,38,1). In Kyzikos wird die Kirche der Novatianer vollständig zerstört. Nachdem Macedonius über die hohe Anzahl von Novatianern in Paphlagonien (vor allem in Mantineion) informiert worden war, holte der Bischof die Erlaubnis des Kaisers ein, Truppen dorthin zu senden. Sie sollten als Drohkulisse die »Bekehrung« beschleunigen. Doch in Mantineion versammeln sich die Einwohner, rüsten sich mit allem, was ihnen waffenähnlich erschien, und schlagen die kaiserlichen Einsatzkräfte in die Flucht. Sokrates berichtet, dass der Sieg über die kaiserlichen Truppen mit zahlreichen Opfern aus der paphlagonischen Bevölkerung erkämpft werden musste. Sein Gewährsmann für diese Informationen war ein namentlich nicht näher bezeichneter Paphlagonier, der die Auseinandersetzungen miterlebt hatte. Viele andere Einwohner der Provinz bestätigten Sokrates überdies dessen Aussagen (ibid.). Die Umsetzung der novatianischen Kirche und die Auseinandersetzungen in Mantineion lesen sich bei Sozomenos etwas anders.79 Im Unterschied zu Sokrates spricht Sozomenos von der novatianischen Kirche in Konstantinopel und suggeriert damit, es habe nur eine gegeben. Bei der Beschreibung des Ab- und Wiederaufbaus betont Sozomenos zwar den Eifer der Christen, enthält sich aber einer eigenen Meinung. An kaum einer anderen Stelle werden die unterschiedlichen Einstellungen von Sokrates und Sozomenos zu den Novatianern deutlicher. Während Sozomenos (HE 4,20,8) hervorhebt, wie unnötig doch die Trennung der 78 79
Sokrates, HE 2,38,26. Sozomenos, HE 4,21,1.
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beiden Kirchen sei, betont Sokrates die theologischen Unterschiede. Die Darstellungsweise des Sokrates zeigt, dass ein Zusammenschluss beider Parteien für den innerkirchlichen Frieden nicht notwendig ist, sondern ein harmonisches Miteinander auch angesichts gewisser theologischer Unterschiede möglich ist. Für Sozomenos geht es an dieser Stelle nicht um eine fein differenzierte Theologie, sondern seiner Ansicht nach hätten einige Hardliner die Unterschiede künstlich betont und so eine Einigung der Kirchen unmöglich gemacht.80 Interessanterweise bemerkt Sozomenos nicht, in welcher Partei die Gegner der Union zu finden waren. Es ist schwer zu sagen, was den historischen Tatsachen am nächsten kommt. Einerseits ließ die Bedrohung durch eine arianisch geprägte Regierung in dieser Zeit die inneren Unterschiede zwischen Novatianern und Orthodoxen zusammenschmelzen, um eine Notgemeinschaft zu bilden. Andererseits muss es weiterhin trennende theologische Auseinandersetzungen gegeben haben, wie die Bemerkung bei Sokrates zeigt, die der Einigung im Wege gestanden hätten.81 Nach Sokrates ist nicht eine kleine, aber beherrschende Gruppe von Traditionalisten trennend, die für alle den Weg vorgibt,82 sondern die theologischen Grundstrukturen sind es, von denen nicht abgewichen werden durfte. Dennoch kann man festhalten, dass zur Zeit des Konstantius novatianische und orthodoxe Christen eine ihrer größten Annäherungen hatten. 5.3.2. Julian Apostata (361–363) Der Kirchenhistoriker Theodoret schildert den Apostaten in der Art taciteischer Kaiserbiographien, die bei schlechten Herrschern wie Tiberius oder Nero den allmählichen charakterlichen Verfall im Verlauf ihrer Herrschaft enthüllen.83 Auch Sokrates und Sozomenos sind sich darin einig, Julians Charakterfehler wie Grausamkeit und Heuchelei herauszustellen. Sokrates ist aber derjenige, der das schärfste Bild von der Schlechtigkeit des Kaisers zeichnet. Der Vorwurf der Heuchelei resultiert für Sokrates daraus, dass sich der Kaiser trotz seiner christlichen Erziehung84 bereits in der Jugend dem Heidentum zugeneigt zeigte.85 Julian schreibt z.B. an die 80 Sozomenos, HE 4,20,8: καὶ δὴ τοῦτ᾽ ἐγεγόνει, εἰ µὴ βασκανία ὀλίγων οἶµαι τὴν τοῦ πλήθους προθυµίαν ἔβλαψεν, ἀρχαῖον εἶναι λόγον ἰσχυριζοµένων παραιτεῖσθαι τοῦτο ποιεῖν. 81 Sokrates, HE 2,38,26, »alte Vorschriften«, wie er es hier ausdrückt. 82 Vgl. Sozomenos, HE 4,20,8: ἀρχαῖον παράγγελµα παρῃτήσαντο. 83 Zu diesem Motiv in der kaiserzeitlichen Historiographie siehe D. FLACH, Tacitus in der Tradition der antiken Geschichtsschreibung, Hyp. 39, Göttingen 1973, 147 ff., vgl. LEPPIN, Von Constantin zu Theodosius II., 83. 84 Sokrates, HE 3,1,10–21. 85 Sokrates, HE 3,1,19–21; 7,22,7. Sokrates macht dafür den paganen Philosophen Maximus verantwortlich (3,1,16–19), der den jungen Julian tief beeindruckt haben muss.
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Alexandriner und mahnt sie, zu den alten Göttern zurückzukehren. Als gutes Beispiel führt er sich selber an, der im Alter von 20 Jahren den christlichen Glauben aufgab.86 Ferner hebt Sokrates Julians übergroße Freude an blutigen Opfern hervor.87 Hier zeigt sich ein scharfer Gegensatz zum christlichen Glauben, der die blutigen Opfer durch das Gebet an Gott ersetzte.88 Die Hinwendung des Kaisers zu den alten Göttern und damit zu dem stärksten Ausdrucksmittel dieses Glaubens, dem blutigen Opfer, betont Sokrates sogar zweimal. So groß ist die Abscheu eines gebildeten Christen im fünften Jahrhundert. Ein besonderer Dorn im Auge war ihm zudem der Anspruch Julians, ein Philosoph sein zu wollen. Dagegen polemisiert Sokrates heftig.89 Sein sonst informativ-moderater Stil bei der Bewertung einzelner Ereignisse wechselt für die Regierungszeit Julians in eine ungewohnte Emotionalität und Parteilichkeit. Seine Abneigung gegen diesen Kaiser war so groß, dass er sogar eine die Novatianer betreffende positive Information in ein anderes Buch verlegte, um das Bild Julians einheitlich halten zu können. Es handelt sich um die unter Konstantius zerstörte und in Sykai wiederaufgebaute Kirche Anastasia. Julian erlaubt den Novatianern, wieder an der alten Stelle am Pelargus (im Stadtkern) die Kirche zu errichten, ein großes Zugeständnis an den von ihm verachteten christlichen Glauben.90 Sozomenos ist viel ausführlicher als Sokrates. So erfahren wir, dass Julian den Novatianern nicht nur erlaubte, die Kirche wieder am Pelargus aufzubauen, sondern ihnen das Grundrecht für diesen Ort zurückgab.91 Es stellt sich die Frage nach den Beweggründen für Julians Großzügigkeit. Immerhin hatte der Kaiser sich einst durch die Hinwendung zur paganen Religion aus dem »christlichen Dunkel« gerettet gefühlt.92 Eine Erklärung könnten Friedensbestrebungen in den Anfängen seiner Herrschaft gewesen sein, die uns Sokrates überliefert (HE 3,1,43–44). Julian sei bewusst gewesen, dass Konstantius die Bevölkerung der Stadt gegen sich aufgebracht habe, die Paganen, weil es ihnen verboten war, ihren Göttern zu opfern, und die homousisch ausgerichteten Christen, weil man sie verfolgt und ihre Sein Umschwenken zur paganen Philosophie hielt Julian wohl aus Sicherheitsgründen lange geheim, siehe K. ROSEN, Kaiser Julian auf dem Weg vom Christentum zum Heidentum, JbAC 40, 1997, 126–146, hier 127–128. 86 Julian, Ep. 111,434d (ed. J. BIDEZ u.a.). Dazu: Giuliano Imperatore contra Galilaeos. Introduzione, testo critico e traduzione a cura di E. MASARACCHIA, Rom 1990. 87 Sokrates, HE 3,20,2; 2,24,6. Sozomenos verurteilt den Wunsch Julians, die Zukunft voraussehen zu können, HE 5,2,18. 88 Siehe C. RADEBACH-HUONKER, Opferterminologie im Psalter, Tübingen 2010, 188. 89 Sokrates, HE 3,1,36; 7,22,7. Theodoret (HE 3,15,1; 3,22,4) skizziert den Versuch des Kaisers, aus philosophischem Bestreben milde und beherrscht zu sein, als Maskerade. 90 Sokrates, HE 2,38,23. 91 Sozomenos, HE 4,20,8. 92 Julian, Or. 11,131a, vgl. 8,174c.
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Bischöfe vertrieben hatte. Deshalb habe Julian für beide Seiten Verständnis gezeigt. Das bedeutete zum einen die Wiedereröffnung der paganen Tempel, zum anderen aber auch Aktionen wie den Wiederaufbau der Anastasia, den Sokrates hier im ersten Kapitel unterschlägt. Eine alternative Begründung für die Restitution der novatianischen Kirche bietet vielleicht eine Erfahrung aus den jungen Jahren Julians an. Julian studierte in seiner Jugend Philosophie bei dem Neuplatoniker Maximus in Ephesus.93 Sein Kommilitone dort war kein anderer als der spätere novatianische Bischof von Konstantinopel, Sisinnius.94 Sisinnius, philosophisch hochgebildet und in der rhetorischen Kunst herausragend, wurde später eine der großen Lichtgestalten der novatianischen Kirche.95 Er hatte, wie viele gelehrte Christen seiner Zeit, nicht mehr mit den Berührungsängsten hinsichtlich der paganen Bildung zu kämpfen, wie es noch die Christen in der vorangegangenen Generation taten. Diese zwei später so bedeutenden Männer, die sich in Ephesus trafen, lebten in einer Welt, die eine Fülle von Wissen und Diskussionsmöglichkeiten bot. Es war aber auch eine Welt der Oberschicht; Maximus selbst stammte aus einer reichen Familie Kleinasiens, und seine Schüler rekrutierten sich aus gleichen Kreisen.96 In dieser Atmosphäre von Geist und wirtschaftlichem Wohlbehagen konnten die beiden jungen Männer ihre Zungen schärfen und in Diskussionen die Grenzen zwischen Paganismus und Christentum austesten. Das Ergebnis ihrer Bekanntschaft könnte durchaus die Akzeptanz der Novatianer in Konstantinopel gewesen sein. Julian war, wie man an seiner lebenslangen Freundschaft mit Maximus sieht,97 an philosophisch geschulten Persönlichkeiten interessiert. Sisinnius war ein ebensolcher Mann, der mit seinen rhetorischen Fähigkeiten und seiner Belesenheit Julian sicher ein guter Gesprächspartner war.98 Es ist nicht klar, wann Sisinnius Novatianer wurde oder ob er dem novatianischen Glauben schon in jungen Jahren anhing (vielleicht sogar 93 Das Wissen und der wache Geist des Maximus wurden selbst von dem philosophenkritischen Libanios gelobt, siehe dazu K. ROSEN, Julian. Kaiser, Gott und Christenhasser, Stuttgart 2006. 94 Sokrates, HE 5,21,1. Sisinnius war zwar zum Nachfolger von Agelius bestimmt worden, die Gemeinde sprach sich aber für einen gewissen Markianos aus, der schließlich auch den Vorzug erhielt, bis Markianos (der am selben Tag wie der Prätorianerpräfekt Rufinius ermordet wurde) in der Regierungszeit des Arcadius starb und Sisinnius den Bischofsstuhl von Konstantinopel bestieg (HE 6,1). 95 Vgl. Sozomenos, HE 8,1,9. 96 ROSEN, Julian, 98. 97 Er begleitete den Kaiser sogar auf dem Persienfeldzug, in dessen Verlauf Julian zu Tode kam. Siehe die Schilderungen der letzten Stunden des Kaisers bei Ammianus Marcellinus (25,3,2–23). 98 Ausführlich bei Sozomenos, HE 7,12,4.
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aus einer solchen Familie stammte). War er schon bei Maximus Novatianer und vertrat deren strenge moralische Ansichten, so konnten er und Julian sich über asketische Ideale finden. Von Julian ist bekannt, dass er asketische Neigungen hatte, die er nach seiner Thronbesteigung auch in den Palast einbrachte.99 Genau wie die Novatianer verwarf Julian z.B. eine zweite Ehe.100 Andere Berührungspunkte könnten in der stoisch geprägten Theologie zu finden sein, die in Novatians De trinitate immer wieder durchscheint. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass Julian novatianische Schriften bzw. novatianisches Gedankengut schon in Ephesus durch Sisinnius kennenlernte und hier Vertrautes sah. Möglicherweise war ein novatianisches Christentum mit den Ansichten Julians kompatibler. Sisinnius wirkte später als Presbyter in Konstantinopel, lange bevor er unter Kaiser Arcadius Bischof wurde, und hatte in der Stadt einen gewissen Bekanntheitsgrad. Es erscheint nur logisch, dass die beiden Männer ihren Kontakt bestehen ließen und sich in der Hauptstadt neu begegneten. 5.3.3. Jovian (363–364) Nach der kurzen, für die katholischen Christen verhängnisvollen Regierungszeit Julians kam mit Jovian wieder ein dem Christentum zugetaner Mann an die Macht. Die Erleichterung darüber ist in den christlichen Quellen nachvollziehbar. Ungünstige politische Handlungen des verstorbenen Kaisers werden im Lichte christlicher Interpretation glattgeschliffen. So bemüht sich Sokrates, den demütigenden Friedensschluss mit den Persern und den Verlust der Stadt Nisibis als Resultat der leichtsinnigen Außenpolitik Julians anzuprangern,101 und Gregor von Nazianz sieht sogar eine Gnade Gottes in der Niederlage der Römer.102 In der Überlieferung nimmt Jovian die Kaiserwürde erst dann an, als sich die Soldaten seines Heeres geschlossen vor ihm zum Christentum bekehren.103 In Konstantinopel verloren die verschiedenen christlichen Gruppen nach dem Amtsantritt des neuen Herrschers keine Zeit, sich dessen Sympathien 99 ROSEN, Kaiser Julian, 141, der in der Vita des Severus Alexander in der Historia Augusta (SHA 30,29,2) Anspielungen auf Julian darin sieht, dass Alexander die Verehrung seiner Laren nur ausübte, wenn er zuvor mit seiner Frau keinen Verkehr gehabt hatte. Julian entließ bei seiner Machtübernahme die Eunuchen aus dem kaiserlichen Palast, weil er nach dem Tod seiner Frau Helena nicht wieder heiraten wollte (Sokrates, HE 3,1,50). Ebenso mussten die Köche gehen, weil er einfache Mahlzeiten bevorzugte. 100 Sokrates, HE 3,1,50; siehe schon can. 8 von Nizäa und vgl. HE 5,22,60, wo Sokrates die Ablehnung der zweiten Ehe bei den Novatianern auf diejenigen in Phrygien einschränkt. Dazu VOGT, Coetus Sanctorum, 193 und WALLRAFF, Geschichte, 259. 101 Sokrates, HE 3,22,6. Sozomenos erwähnt den Verlust der Stadt gar nicht erst, HE 6,3,2. 102 Gregor von Nazianz, Or. 5,15, vgl. Theodoret, HE 4,2,1–3. 103 Sokrates, HE 3,22,1; diese Anekdote wird erstmals bei Rufinus bezeugt, HE 11,1.
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als Erste zu sichern. Jovian soll sich jedoch gleich zu Beginn zum nizäischen Glauben bekannt und im Zuge damit die unter Konstantius Verbannten wieder etabliert haben.104 Damit war zwar die grundsätzliche Richtung klar, doch Jovian strebte nach ausgeglichenen Verhältnissen. Dazu gehörte, dass er keine religiöse Partei bevorzugte, sondern sich all denen verbunden fühlte, die die Eintracht im Blick hätten, wie Sokrates betont.105 Unter diesen Voraussetzungen drohte den homousischen Novatianern keine Gefahr. Selbst eine längere Regierungszeit Jovians hätte sich vermutlich auf ihre Interessen eher günstig ausgewirkt. Doch Jovian stirbt unter unrühmlichen Umständen 106 im Alter von 33 Jahren nach siebenmonatiger Regierungszeit.107 5.3.4. Valens (364–378) Die Lage für die Christen im Osten änderte sich, als Valentinian I. und Valens an die Macht kamen. Während Valentinian als orthodox galt, bekannte Valens sich zum arianischen Glauben. Die Aussagen der drei synoptischen Quellen zur Regierungszeit dieser Augusti sind geprägt durch die Gegenüberstellung von Gut und Böse. Theodoret bietet hier die schärfste Kontrastierung an. Sein Bild Valentinians ist die Glorifizierung eines Mannes, der sich durch die vier Kardinaltugenden (Tapferkeit, Klugheit, Mäßigung und Gerechtigkeit) auszeichnete.108 Valens dagegen wird als charakterschwach danebengestellt. Im Gegensatz zu Sokrates und Sozomenos, die ihn schon bei seinem Regierungsantritt als Arianer sehen,109 nimmt der Kaiser bei Theodoret angesichts der Gotengefahr in der Taufe den arianischen Glauben seiner Frau an. Theodoret verwendet hier einen Topos der kaiserzeitlichen Historiographie, die schlechte Kaiser als Spielbälle ihrer Günstlinge oder Frauen karikiert.110 Alle drei Kirchenhistoriker sind sich einig, dass Valens mit Härte und Eifer die Ausbreitung des arianischen Glaubens vorangetrieben habe.111 Besonders Sokrates und Sozomenos betonen die Grausamkeit und das wütende Temperament des Kaisers, die ihrer Ansicht nach vor allem in der 104 Siehe LEPPIN, Von Constantin zu Theodosius II., 87 und Anm. 8 zum orthodoxen Bekenntnis des Jovian. 105 Sokrates, HE 3,25,1. 106 Sokrates spricht von einer Verstopfung (HE 3,26), während Sozomenos nur ein zu reichhaltiges Essen oder ein frischgestrichenes Zimmer nennt, dessen Dämpfe giftig waren (HE 6,6,1). 107 Sokrates, HE 3,26,1. 108 Theodoret, HE 4,6,1. 109 Sie sehen hier den Einfluss des Bischof Eudoxius als maßgebend an (Sokrates, HE 4,1,6; Sozomenos, HE 6,6,10). 110 So LEPPIN, Von Constantin zu Theodosius II., 96. 111 Sokrates, HE 4,6,1; Sozomenos, HE 6,6,10; Theodoret, HE 4,13,1 und 4,19,10.
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Behandlung der Nicht-Arianer deutlich werden.112 Für die Anhänger des nizäischen Glaubens in Konstantinopel bedeutete dies noch mehr Repressalien. Ihre Kirchen waren (nach Sokrates) bis auf ein Gebäude seit Konstantius II. ohnehin noch immer in der Hand der Arianer. Valens, der die Gotteshäuser der Homousier schließen wollte, konnte nach Sozomenos in Konstantinopel nur noch novatianische Kirchen (sic!) verriegeln.113 Die orthodoxen Christen hätten in Konstantinopel seit 361 demnach keine eigene Kirche mehr besessen. Da weiterhin orthodoxe Christen in der Stadt belegt sind, ist es am wahrscheinlichsten, dass sie mit den Novatianern gemeinsam ihre Gottesdienste gefeiert haben (siehe oben S. 56). Die Informationen des Sozomenos besagen nichts weniger, als dass die homousische Kirche von Konstantinopel zwischen 361 und 364 faktisch novatianisch war. Von den Novatianern waren drei Kirchen bekannt, die offensichtlich sowohl die Regierung des Konstantius II. als auch die pagane Restitution unter Julian überlebt haben (Sokrates, HE 2,38,26; siehe oben S. 56). Nun unter Valens sollte auch sie die Vertreibung aus der Stadt und den novatianischen Bischof Agelius die Verbannung treffen. Doch wieder finden die Novatianer ihre Nische. Unter den Palastgarden war zu dieser Zeit ein gewisser Markianos, der aufgrund seiner Bildung und charakterlichen Qualitäten der Grammatiklehrer der beiden Prinzessinnen wurde (siehe oben S. 56). Sein menschlicher Einfluss muss bedeutend gewesen sein, denn Markianos war zu dieser Zeit schon novatianischer Presbyter. Das schien aber kein Hindernis für seine Einstellung gewesen zu sein. Ihm gelangen in dieser schwierigen Zeit weitreichende Erleichterungen für die Novatianer: Er konnte den Kaiser zur Rückgabe des Bischofssitzes an Agelius bewegen und zudem bewirken, dass die Novatianer ihre Kirche zurückerhielten.114 Diese zwei Handlungen müssen im historischen Kontext als sehr bedeutend eingestuft werden, denn das brutale Vorgehen des Kaisers gegen andere homousische Christen ist bekannt. Jener Agelius wird von Sokrates bereits in HE 2,38,1 erwähnt, als Bischof Macedonius unter Konstantius II. die Homousier verfolgte und ihre Kirchen konfiszierte. Damals konnte Agelius sich durch Flucht retten. Wann er zurückkehrte, ist ungewiss, vielleicht unter Julian. Er präsidierte über die drei novatianischen Kirchen in Konstantinopel noch bis zur Regierungszeit des Theodosius I. und galt als ein Mann, der ein apostolisches Leben führte.115 112
Zum Beispiel Sokrates, HE 4,2; 4,11; 4,16–18; Sozomenos, HE 6,7,10; 6,7,14,2–4. Sozomenos, HE 6,9. 114 Vgl. Sokrates, HE 4,9,1. 115 Sokrates, HE 4,9,1: Ἀγέλιος ὄνοµα αὐτῷ· ἀνὴρ ἤδη πάλαι ἐκ τῶν Κωνσταντίνου χρόνων τῶν ἐκκλησιῶν προεστώς, καὶ βίον ἀποστολικὸν βιούς· ἀνυπόδητος γὰρ διόλου διῆγε, καὶ ἑνὶ χιτῶνι ἐκέχρητο, τὸ τοῦ εὐαγγελίου φυλάττων ῥητόν. Vgl. Sozomenos, HE 6,9,2. 113
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Sozomenos, der eine größere Distanz zu den herausragenden Gestalten der Novatianer hat, formuliert dieselbe Charakterisierung mit einer ganz leichten Abwandlung, die aber aussagekräftig ist. Er sagt, dass Agelius am meisten dafür bekannt war, dass er ein Leben gemäß den kirchlichen Gesetzen führte.116 In HE 7,12,3 wird Sozomenos noch viel deutlicher: »Agelius zeigte seine Virtus durch Taten, aber unerfahren in der Finesse und der Verwendung der Worte.«117 Er wählte sich daher den gebildeten Sisinnius aus, der ihn in Debatten vertreten konnte.118 Durch diesen Schritt wird sehr deutlich, dass die novatianische Gemeinde nach außen hin durch einen Intellektuellen vertreten werden sollte. Die Wahl des Sisinnius ist genauso ein Signal nach innen. Sie zeigt den Anspruch der novatianischen Gemeinde, sich als intellektuelles und damit eindeutig auf die Oberschicht gerichtetes Christentum zu präsentieren. Noch klarer wird die Beobachtung im weiteren Verlauf der Textstelle. Sozomenos hebt die Begabungen des Sisinnius hervor und erwähnt unter seinen zahlreichen guten Eigenschaften auch seine ausgezeichnete Kenntnis der Heiligen Schrift. Da der gesamte Passus eine Gegenüberstellung der Qualitäten von Agelius und Sisinnius ist, fällt die Hervorhebung der Schriftkunde auf. Angesichts der Beschreibung des Agelius als »apostolischer Geistlicher« hätte man ebenfalls einen Hinweis auf dessen Kenntnis der Heiligen Schrift erwarten können. So bleibt die Vermutung, Agelius stünde auch hier hinter Sisinnius zurück. Ein neuer Höhepunkt in der Verfolgung homousischer Christen bahnte sich an, als Kaiser Valens Konstantinopel verließ, um nach Antiochia zu reisen. In Nikomedea wird er aufgehalten. Dort nutzten die homousischen Christen den Tod des arianischen Bischofs Eudoxius (360–370) in Konstantinopel, um ihren Anspruch auf den Bischofsstuhl geltend zu machen. Sie wählten Evagrius, den der antiochenische Bischof Eustathius weihte.119 Als Antwort darauf ordnete Valens die Verbannung sowohl des Evagrius als auch des Eustathius an und schickte Truppen aus Nikomedea in die Stadt, wo es zu einer erneuten Verfolgung homousischer Christen kam. Die einseitige und bisweilen brutale Religionspolitik des Kaisers wird von den Kirchenhistorikern einstimmig als persönliches Versagen des Kaisers eingestuft und seinem Unvermögen in außenpolitischen Fragen gleichgestellt.120 Das Ende des Valens wird daher als seinen Taten angemessen wahrgenommen. Bei Sozomenos stirbt Valens als Feigling nach der 116
Sozomenos, HE 6,9,2. ὁ δὲ τὴν ἀρετὴν τοῦ βίου διὰ τῶν ἔργων φέρων, κοµψότητος δὲ καὶ τερθρείας λόγων ἀτριβής […]. 118 Sozomenos, HE 7,12,3. 119 Sokrates (HE 4,15,1) erwähnt, dass Eustathius sich privat in Konstantinopel befand, um die homousischen Christen zu stärken. 120 Zum Beispiel Sokrates, HE 4,1,11; 4,2,5; 4,3. Vgl. Sozomenos, HE 6,37 und Theodoret, HE 4,37 für den unglücklichen Umgang mit der Gotenfrage. 117
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Schlacht von Adrianopel in einem Versteck.121 Sokrates gibt zwei Versionen der letzten Stunden wieder. Nach der einen fällt Valens in der Schlacht, nach der anderen verbrennt er auf der Flucht in einem Dorf.122 Es ist schwierig, für die Zeit des Valens ein abschließendes Bild der Novatianer in Konstantinopel zu zeichnen, denn bis auf die speziell novatianische Belange betreffenden Quellenaussagen wird meistens nur von orthodoxen Christen allgemein gesprochen, die von den Arianern und dem Kaiser drangsaliert werden. Nun haben sich die Orthodoxen jedoch seit der Religionspolitik des Konstantius II. mit den Novatianern gut arrangiert, sodass die Überlegung angebracht ist, die Novatianer mit einzubeziehen, wenn von Homousiern allgemein die Rede ist. Unterschiede müssen jedoch den Erhalt der Kirchen betreffend gemacht werden. Anders als die orthodoxen Christen, die ihre Gotteshäuser unter Konstantius verloren hatten, konnten die Novatianer selbst unter Valens auf Fürsprache des Markianos ihren Kirchenbestand in der Stadt wahren. Die zeitliche Nähe zu dieser Entscheidung war noch gegeben, als in Konstantinopel der Streit um die Nachfolge des Bischofs Eudoxius ausbrach. Daher ist anzunehmen, dass die Novatianer zu diesem Zeitpunkt noch im Schutze der Fürsprache standen.123 Gegen Ende seiner Regierungszeit (Valens hielt sich seit geraumer Zeit in Antiochia auf) muss sich der Zorn des Kaisers gegen die Homousier zu einer Manie entwickelt haben,124 die ihn dazu trieb, besonders grausame und heftige Maßnahmen zu ergreifen.125 Sokrates berichtet von einem regelrechten Krieg gegen Andersdenkende (HE 4,32,2): ∆εινῶς δὲ ἐπολέµει τοὺς φρονοῦντας τὸ ὁµοούσιον, καὶ καθ᾽ ἑκάστην µείζονας τὰς τιµωρίας ἐφεύρισκεν κατ᾽ αὐτῶν […].126 Die einst für Konstantinopel getroffene Ausnahme für die Novatianer hatte möglicherweise für die Verantwortlichen vor Ort ihre Bindung verloren, zumal das Vorgehen des Herrschers Übergriffe auf andere rechtfertigte. Man muss daher annehmen, dass die Situation für die Novatianer gegen Ende der Regierungszeit des Valens schwierig gewesen sein muss.
121
Sozomenos, HE 6,40,3–5. Sokrates, HE 4,38,8–11. 123 Sokrates, HE 4,14. Die Eckdaten sind der Tod des Eudoxius 370 und die Geburt von Valentinian II. 371. 124 Siehe Sokrates, HE 4,18, wo sein Präfekt in Edessa als Fürsprecher für eine Christengemeinde fungiert, die der Kaiser geschlossen töten lassen wollte. 125 Es regte sich auch Widerstand. Offen richtete der Philosoph Themistius sich in einer Rede an den Kaiser und ermahnte ihn, dass gerade Meinungsvielfalt die Größe Gottes erhöhe (siehe Sokrates, HE 4,32; ausführlicher bei Sozomenos, HE 6,36,6–7). 126 Vgl. Sozomenos, HE 6,36,6. 122
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5.3.5. Gratian 367–383/Theodosius I. Nach der – wenn auch in negativer Weise – ereignisreichen Regierungszeit des Valens wirkt sein Nachfolger Gratian in den Berichten der Synoptiker etwas blass.127 Dabei brechen unter ihm wieder bessere Zeiten für die vielfältigen christlichen Gruppen an. Diese Politik teilte sein Mitregent Theodosius I. (ab 379 für das Ostreich), dessen Berufung an die Seite Gratians von den Kirchenhistorikern besonders positiv hervorgehoben wird.128 Gratian reaktiviert die unter Valens exilierten Bischöfe129 und gewährt den Anhängern verschiedener Sekten die Versammlungsfreiheit in ihren Kirchen.130 Sozomenos liefert ein wichtiges Detail, diese neue Freiheit betreffend: Gratian gestand jedem Individuum Religionsfreiheit per Gesetz zu.131 Ob man die Novatianer nun unter die orthodoxen Christen rechnet, die ab 367 wieder rehabilitiert waren, oder sie in die Gruppe der verschiedenen Sekten einbeziehen mag, denen Toleranz gewährt wurde, ist unerheblich. Das Gesetz Gratians bedeutete für die Novatianer auf jeden Fall eine Absicherung. Sollten sie aus irgendwelchen Gründen nicht mehr unter dem Schutz der geistigen Gemeinschaft mit den Orthodoxen stehen, so boten die Duldung der Sekten und die Erlaubnis, sich in den eigenen Kirchen versammeln zu dürfen, ein Auffangnetz. Die Folge dieses Toleranzgesetzes waren erneute Konflikte mit den Homöern, die sich unter Valens im Osten fest etabliert hatten und nun ihre Gotteshäuser räumen mussten.132 Theodosius reagierte 383 auf die Tumulte in verschiedenen Städten und in der Hauptstadt133 mit der Einberufung einer Versammlung, auf der Strategien für eine Einigung besprochen werden sollten. Für ihn war wichtig, Fairness walten zu lassen und vorrangig die Gründe der Kontroversen auszuräumen: […] δεῖν γυµνασθῆναι τὸ χωρίζον τὰς ἐκκλησίας ζήτηµα, τήν τε διαφωνίαν ἐκποδὼν ποιήσαντας, ὁµοφωνίαν ταῖς ἐκκλησίαις ἐργάσασθαι.134 Was hier so lapidar wie die Agenda einer Betriebsversammlung klingt, war in Wirklichkeit eine differenzierte theologische Debatte, die nicht nur die Kenntnis der einzelnen 127
LEPPIN, Von Constantin zu Theodosius II., 103. Sokrates, HE 5,2,2; Sozomenos, HE 7,2,1; Theodoret, HE 5,6,3. 129 Sozomenos schreibt, diese Bischöfe wollten interessanterweise nicht unbedingt in ihre früheren Machtpositionen zurück, sondern versuchten viel eher, die arianischen Amtskollegen für die Einheit der Kirche zu gewinnen (HE 7,2,5). 130 Sokrates, HE 5,2,1; Sozomenos, HE 7,2; Theodoret, HE 5,1–2. Ausgenommen von dieser Toleranz sind die Eunomianer, die Photianer und die Manichäer. Für Eunomius vgl. Sozomenos, HE 6,26. 131 Cod. Theod. 16,5,15–18. 132 Sozomenos, HE 7,2,2. 133 Sokrates, HE 5,10,1 ff. 134 Ibid. »Wenngleich es nötig ist, sich an das, was die Kirchen trennt, zu gewöhnen, so sollte der Unterschied beseitigt, das Verbindende für die Kirchen aber betont werden.« 128
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christlichen Glaubensrichtungen erforderte, sondern auch diplomatisches und rhetorisches Geschick. Deshalb zog der Kaiser für die Fragen zur Einigung der Kirche den Bischof der Orthodoxen, Nektarios, zu Rate. Nektarios hatte das Erbe des Gregor von Nazianz in der Hauptstadt angetreten, der dort seit 379 die kleine orthodoxe Gemeinde geleitet hatte. Bis 381 bringt Gregor intellektuellen und rhetorischen Glanz in die Kirchenpolitik ein. Er scheitert 381 auf dem Ersten Konzil von Konstantinopel am sogenannten antiochenischen Schisma135 und erklärt daraufhin seinen Rücktritt. Gregor wurde wohl erst in Konstantinopel mit der novatianischen Problematik direkt konfrontiert. In seinen Reden, die er als Bischof der Hauptstadt hielt, wird deutlich, dass er sich nicht mit einem marginalen Problem auseinandersetzen musste. Davon zeugt Or. 39,136 wo er sich mit der Bußdisziplin befasst. Darüber hinaus finden sich kurze polemische Bemerkungen, die keine echte Diskussion mit der novatianischen Lehre zeigen, sondern abgrenzen wollen. Ein besonderer Dorn im Auge scheinen ihm der Reinheitsanspruch der Novatianer137 und ihr Hang zum materiellen Wohlstand gewesen zu sein. Hinter dieser Kritik Gregors können nur die recht wohlhabenden Gemeindemitglieder138 und der Besitz der Gemeinde vermutet werden. Die letzten Unterkapitel haben ja bereits gezeigt, dass die Novatianer stets eine Nähe zum Hof gesucht haben und sich auch von dort aus zugunsten ihrer Kirche durchzusetzen vermochten. Immer wieder konnten sie so Einfluss auf die Kirchenpolitik auch in bedrängten Zeiten (wie z.B. unter Valens) nehmen. Als Gregor den Bischofssitz in Konstantinopel übernahm, lag hinter den Novatianern und den Orthodoxen eine Zeit der Zusammenarbeit, die das Überleben in einer homöisch und arianisch geprägten Kirche ermöglichte. Nach dem Sieg der Orthodoxen versammelte ihr Bischof die kleine Gemeinde in einem einfachen Gebäude, das zu einer Kirche umfunktioniert worden war.139 Von den streng nizäisch-orthodoxen Christen waren nicht viele übriggeblieben. In den Zeiten der Notgemeinschaft mit anderen Homousiern (wie den Novatianern) waren so für die ganze nizäische Gemeinde Gotteshäuser zugänglich, und die Novatianer durften sich versammeln. Möglicherweise wollte Gregor eine neue und von novatianischen Einflüssen gereinigte Gemeinschaft schaffen. Dafür spricht auch der Name, den er
135 Theodoret, HE 5,8,6. Das Schisma wurde ausgelöst durch Meletius von Antiochia, der dem nizäischen Glauben anhing und 360 Bischof in Antiochia wurde. Unter Konstantius II. verbannt, kehrte er 362 zurück und fand seinen Posten wiederbesetzt (Beginn des Schismas). Meletius leitete das Konzil von Konstantinopel, er starb 381. 136 Die sogenannte Epiphanias-Predigt. 137 Gregor von Nazianz, Or. 22,12,14; 25,8,9. 138 So VOGT, Coetus Sanctorum, 242, vgl. WALLRAFF, Geschichte, 263. 139 Sokrates, HE 5,7,1; Sozomenos, HE 7,5,3.
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dieser neuen, kleinen Kirche gab: Anastasia. Der Name weckt sofort die Erinnerung an die novatianische Kirche, die unter Konstantius zusammen mit Mitgliedern der orthodoxen Gemeinde Stein für Stein abgebaut und wieder neu errichtet worden war.140 Eine konkurrierende und als Affront verstehbare Namensgebung sowie Gregors Predigten gegen die Novatianer kann man bestenfalls als ungeschickt bezeichnen. Die Seitenhiebe gegen die καθαροί, deren Anspruch ihm lügenhaft erschien,141 werden ihm unter den wohlhabenden und einflussreichen Mitgliedern der Gemeinde und den Kampfgenossen der Orthodoxen gegen die Arianer keine Freunde gemacht haben. Doch Gregor glaubte in einer völligen Unterschätzung der bestehenden Seilschaften, er könne die Novatianer aus der orthodoxen Gemeinde entfernen. Das Gegenteil war der Fall, Gregor selbst geriet ins Kreuzfeuer und musste sich schließlich aus Konstantinopel zurückziehen. Seine Fehleinschätzung der etablierten Rolle, die die Novatianer mittlerweile spielten, wird einer der maßgeblichen Gründe für sein Scheitern gewesen sein. Die Novatianer waren in Konstantinopel ein Teil der nizäischen Kirche geworden und hatten Freunde und Fürsprecher in den höchsten Kreisen. Es ist unrealistisch zu vermuten, diese hätten untätig zugeschaut und zugehört, wenn Gregor Seitenhiebe auf die καθαροί austeilte. Die Möglichkeit, dass die Absetzung Gregors unter anderem mit seiner negativen Haltung gegenüber den Novatianern zusammenhängen könnte, blieb bisher in der Forschung völlig unbeachtet. Für diese These spricht, dass in den Quellen nichts von einem Widerstand des Kaisers oder des Klerus gegen den Rückzug Gregors zu lesen ist.142 Im Gegenteil, Kaiser und Klerus akzeptierten beleidigend rasch die Abdankung des Bischofs. Daher könnte man annehmen, nicht nur die misslungene Bekämpfung des antiochenischen Schismas habe zu seinem Sturz geführt, sondern auch sein unsensibler Umgang mit der novatianischen Kirche. Gregors Nachfolger wird überraschend der Prätor Urbanus Nektarios, der von Theodosius 383 mit der theologischen Gestaltung einer erneuten Versammlung betraut wird, die dem Frieden der Kirche dienen sollte.143 Die für Juni 383 einberufene Synode scheint Nektarios jedoch überfordert zu haben. Unerfahren in theologischen Diskussionen und der Schlichtung daraus resultierender Streitigkeiten, ist seine erste Anlaufstelle für Rat und Hilfe der Novatianerbischof Agelius.144 Der entscheidet, dass die Struktu-
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Vgl. dazu M. WALLRAFF, Markianos – Ein prominenter Konvertit vom Novatianismus zur Orthodoxie, VigChr 52,1 (Febr. 1998), 1–29, hier 21–22. 141 Gregor von Nazianz, Or. 39,19,13–17. 142 Es erstaunt umso mehr, als der Kaiser anfangs große Bewunderung für den Bischof aus Nazianz gehegt hatte (Sozomenos, HE 7,6,3). 143 Sokrates, HE 5,8,15; vgl. die ausführliche Schilderung bei Sozomenos, HE 7,9,1 ff. 144 Sokrates, HE 5,10,8.
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rierung der theologischen Auseinandersetzungen ein Fall für die intellektuelle Waffe der Novatianer sei: Sisinnius. Die Entscheidung des Nektarios, Hilfe bei Agelius zu suchen, brachte ihm in der Literatur den Ruf ein, novatianerfreundlich zu sein.145 An dieser Stelle trügt der heutige historische Blickwinkel, der uns die Situation nicht ganz korrekt betrachten lässt. Angesichts der vorangegangenen Notgemeinschaft der Orthodoxen mit den privilegierten Novatianern muss man eher die Novatianer als orthodox-freundlich bezeichnen. Die unter den fortdauernden Auseinandersetzungen mit den Arianern immer wieder erneuerte Zweckgemeinschaft der Homousier hatte offensichtlich viel Platz für einen theologischen Austausch gelassen, der schließlich in gegenseitigen Respekt mündete. Sisinnius empfiehlt Nektarios, als Basis der Diskussion darauf hinzuweisen, dass nirgendwo ein Anfang für die Existenz Christi gesetzt wurde und man ihn sich als ewig vorstellen müsse.146 Rhetorische Kriegsführung sollte in der Diskussion vermieden und lieber mit den Zeugnissen der Schrift argumentiert werden. Der Kaiser solle von den Führern der Sekten fordern, entweder den christlichen Vorvätern zu trauen oder sie zurückzuweisen. Weigerten sie sich, diesen Glauben zu schenken, so sollten sie exkommuniziert werden. Sokrates beschreibt sehr anschaulich, wie Nektarios zum Palast hastet und dem Kaiser diese Lösung vorträgt, der Sisinnius zustimmt. Das Ergebnis ist wie gewünscht. Die Sektenführer, die sich auf lange, gelehrte Debatten eingestellt hatten, mussten klein beigeben, denn keiner wollte die Weisheit früherer Generationen leugnen. Nektarios und Agelius traten in der Diskussion gemeinsam als Anwälte der Homousier gegen den arianischen Bischof Demophilus auf. Die Versammlung und die daraus resultierende Anhörung zeigen, dass die mit dem Regierungsantritt Gratians erfolgende Toleranz keineswegs die Lage vollständig geklärt hatte. Sie belegt auch, wie ernst der Kaiser seinen Anspruch auf Fairness nahm, der allen gleiches Recht einräumen wollte.
145 So C. SCHMIDT, Nectarius von Konstantinopel, LACL, 32002, 516. Schmidt formuliert unzutreffend, sowohl Sokrates als auch Sozomenos hätten Nektarios eine novatianerfreundliche Haltung vorgeworfen. Sokrates, der selbst zumindest ein Sympathisant der Novatianer war, lässt keine negative Konnotation seiner Schilderung des ratsuchenden Nektarios erkennen. Sozomenos, dessen Haltung zum Novatianismus viel distanzierter ist, übernimmt die sachliche Präsentation der Gespräche zwischen Nektarios, Agelius und Sisinnius. 146 Sokrates, HE 5,10,11: Εὖ ἐπιστάµενος ὡς οἱ παλαιοὶ ἀρχὴν ὑπάρξεως τῷ Υἱῷ τοῦ Θεοῦ δοῦναι ἀπέφυγον, κατειλήφεισαν γὰρ αὐτὸν συναΐδιον τῷ Πατρί, συµβουλεύει φυγεῖν µὲν τὰς διαλεκτικὰς µάχας, µάρτυρας δὲ καλέσειν τὰς ἐκδόσεις τῶν παλαιῶν.
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Das von Sokrates wiedergegebene Gespräch zwischen Nektarios und Sisinnius war sicherlich nur ein kleiner Ausschnitt des tatsächlichen Dialogs zwischen Novatianern und Orthodoxen. Sowohl Sokrates (HE 5,10,8) als auch Sozomenos (HE 7,12,4) betonen, dass Nektarios und Agelius weit davon entfernt waren, aus eigener Kraft theologisch zu überzeugen. Man muss daher annehmen, die schriftliche Präsentation der Kernpunkte des orthodoxen Glaubens wurde von Sisinnius als Ghostwriter verfasst. Ob es nun dessen Überzeugungskraft zu verdanken war oder den langen Gebeten des Kaisers, die Sokrates im Zuge der Meinungsfindung erwähnt, die Entscheidung fällt zugunsten des homousischen Weges. Alle anderen fallen der Ächtung anheim. Es wird ein Gesetz erlassen,147 das den Häretikern untersagt, eigene Kirchen zu besitzen, einen eigenen Klerus aufzubauen und öffentlich zu lehren. Für die Novatianer, nun endgültig vom anrüchigen Etikett der Sekte befreit, war nach Sokrates erneut der Weg zu einer Blüte frei. Der Kaiser sei angetan gewesen von ihrer homousischen Haltung, die der seinen entsprach,148 und habe die Position der Novatianer mit einem neuerlichen Gesetz gefestigt, das ihnen nicht nur ihre eigenen Kirchen zusicherte, sondern dafür sorgte, dass ihnen zusammen mit ihren Kirchen dieselben Privilegien zustanden wie anderen Begünstigten.149 Sozomenos, der diese Synode zur Diskussion der verschiedenen Glaubensrichtungen ebenfalls detailliert beschreibt, weiß von dem novatianerfreundlichen Gesetz nichts. Er sagt lediglich im Zusammenhang mit den Repressalien gegen die nichtorthodoxen Christen, καὶ Ναυατιανοῖς µὲν οὐδὲν ἐντεῦθεν παρὰ γνώµην ἀπέβη· ὁµοίως γὰρ τῇ καθόλου ἐκκλησίᾳ τὰ περὶ θεοῦ δοξάζουσιν.150 Das Gesetz, von dem Sokrates spricht, findet zudem auch keinen Niederschlag im Codex Theodosianus.151 Andererseits werden die Novatianer in den Häretikergesetzen von 383 nicht erwähnt, sodass man davon ausgehen darf, dass sie nicht von einer Enteignung betroffen waren. Ob ihr Klerus als gleichwertig angesehen wurde, bleibt offen. Es ist aber angesichts des moderaten Umgangs mit den orthodoxen und novatianischen Christen in den letzten Jahren zu vermuten, dass die novatianischen Amtsträger die gleiche Achtung genossen haben dürften
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Cod. Theod. 16,5,15. Sokrates, HE 5,10,28: Ὁ γὰρ βασιλεὺς θαυµάσας αὐτῶν τὴν περὶ τοὺς οἰκείους κατὰ τὴν πίστιν ὁµόνοιαν, νόµῳ ἐκέλευε τῶν µὲν οἰκείων κρατεῖν ἀδεῶς εὐκτηρίων τόπων. 149 Sokrates, HE 5,10,28: ἔχειν δὲ καὶ προνόµια τὰς ἐκκλησίας αὐτῶν, ἅπερ καὶ οἱ τῆς αὐτοῦ πίστεως ἔχουσιν. 150 Sozomenos, HE 7,12,10. »Und die Interessen der Novatianer wurden von dieser Aktion nicht berührt, da sie dieselben Ansichten bezüglich der göttlichen Natur hegten wie die katholische Kirche.« 151 Vgl. WALLRAFF, Geschichte, 257, Anm. 21. 148
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wie ihre orthodoxen Kollegen. Sisinnius und Agelius sind zwei Beispiele für solch eine Hypothese. Angesichts des engen Kontaktes zwischen dem orthodoxen Bischof Nektarios und Agelius ist anzunehmen, dass den Kaiser nicht nur die Haltung der Novatianer zum homousischen Glauben überzeugte, sondern auch die friedliche Zusammenarbeit von orthodoxen und novatianischen Christen, die die Unterschiede nach außen hin verschwinden ließen. Die Harmonie wird kurzzeitig durch die Amtszeit Gregors von Nazianz gestört, doch statt in der Hauptstadt gegen die Novatianer wirken zu können, manövrierte sich der sonst so geschickte Rhetoriker ins Aus und musste die Stadt verlassen. Er unterschätzte die Teamfähigkeit der beiden homousischen Gruppen, die das Überleben in den arianisch dominierten Jahren gesichert hat.
5.4. Von Theodosius I. bis Theodosius II. 5.4.1. Theodosius I. (379–395) Unter Theodosius ändert sich die kirchenpolitische Situation entscheidend, da er die Durchsetzung des orthodoxen Glaubens im ganzen Reich erkämpft. Im Gegensatz zum Bild der Kaiser Valentinian und vor allem Valens wird sein Name stets mit diesem Ergebnis verbunden, und die Darstellung seiner Person ist dementsprechend positiv.152 Eine historisch objektive Beurteilung der Ereignisse während seiner Regierung wird dadurch schwierig.153 Vor allem Sokrates betont, wie maßvoll Theodosius seinen favorisierten Glauben im Reich durchsetzte.154 Seine Sicht ist kritisch und nur deshalb aus der Perspektive seiner Favoriten haltbar. Allein die Gesetzgebung des Jahres 383 zeigt, dass Theodosius sehr entschieden und umfassend gegen Andersdenkende vorgeht.155 Die Sprache der Gesetze ist dabei polemisch und drängt häretische Gruppen in die Ecke der Religionsfrevler. Sie hingen einem error an 156 oder seien vitiosi, ihre Feierlichkeiten perfidia und ihre Kommunion dira.157 Das Vokabular ist eindeutig und lässt keine interpretatorischen Freiheiten zu. Treulosigkeit der Kirche gegenüber ist in diesem Fall Treulosigkeit gegen die Entscheidung des Kaisers! Gegen die Euno152
Diese Sicht bezieht sich nicht nur auf die Kirchenpolitik des Kaisers, sondern wird von den Historikern auch auf seine militärischen Qualitäten übertragen. Theodosius gelang kurz nach Regierungsantritt ein Sieg gegen die Bedrohung durch die Barbaren (Sokrates, HE 5,6,18; Sozomenos, HE 7,4; Theodoret, HE 5,5,2–6,6,3). 153 So auch LEPPIN, Von Constantin zu Theodosius II., 104. 154 Sokrates, HE 5,20. 155 Vgl. Cod. Theod. 16,5,11. 156 Ibid. 157 Cod. Theod. 16,5,12.
5.4. Von Theodosius I. bis Theodosius II.
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mianer, Macedonianer, Arianer und Apollinarianer spricht ein Gesetz von 384 sogar von einer criminosa religio.158 Die Aufzählung kann um weitere Gesetze verlängert werden.159 Die Regierung des Theodosius I. scheint für die Novatianer in der Hauptstadt eine recht ruhige Zeit gewesen zu sein. Sokrates erwähnt sie lediglich zweimal. Das erste Mal geht es um die Abschaffung des Bußpriesteramtes unter Nektarios (um 391),160 die zweite Erwähnung betrifft den innernovatianischen Streit um den Termin des Osterfestes.161 Das Bußpriesteramt war eine Einrichtung der orthodoxen Christen in Konstantinopel. Da das Amt aufgrund eines handfesten Skandals abgeschafft wurde, kann Sokrates es sich nicht verkneifen, die weise Voraussicht der Novatianer zu betonen, die die Etablierung solcher Institutionen gar nicht erst zugelassen haben. Er begründet die Entscheidung mit der Haltung der Novatianer zur Buße allgemein und lobt die übrigen homousischen Christen für ihre Einsicht nach dem Gemeindeskandal.162 Bei näherer Betrachtung des Vorfalls zeigt sich allerdings, dass der Bußpriester für den Eklat ebenso wenig verantwortlich war wie ein Sofa für den Ehebruch, der auf ihm ausgeübt wurde. Eine vornehme Frau hatte zweimal bei ebendem Priester ihre Sünden bekannt.163 Beim letzten Besuch fügte sie hinzu, ein Diakon der Kirche habe mit ihr geschlafen. Die Tat wird bekannt, der Mann vom Dienst suspendiert. So weit geschieht hier nichts Neues.164 Doch die Gemeinde ist entsetzt darüber, nicht nur, dass im Schatten der Kirche Unzucht verübt wurde, sondern vielmehr, dass sie ruchbar geworden war so ein übles Licht auf die ganze Gemeinde gefallen war.165 Der alexandrinische Presbyter Eudaimon hat die Lösung des Dilemmas parat: Er überzeugt Nektarios, das Bußpriesteramt abzuschaffen und es jedem Einzelnen zu überlassen, ob er sich der heiligen Kommunion würdig fühle oder nicht. Die Episode hat trotz ihrer unfreiwilligen Komik eine hohe Aussagekraft für die gesellschaftlichen Zusammenhänge in den höheren Kreisen der Stadt. Ihre Erschütterung galt dem Offenbarwerden 158
Cod. Theod. 16,5,13. Vgl. z.B. Cod. Theod. 16,5,14–21. 160 Sokrates, HE 5,19. 161 Dieser wird ausführlich im nächsten Kapitel besprochen, wenn die Verhältnisse in der Provinz beleuchtet werden. 162 Siehe dazu auch WALLRAFF, Sokrates, 250–251. 163 Vgl. Sozomenos, HE 7,16,8. 164 Vgl. Apost. Can. 25, wo schon für die frühe Kirche festgehalten wurde, dass jedweder Kleriker, der der Unzucht überführt wird, sein Amt verliert. 165 Wallraff plädiert für ein öffentliches Bekenntnis der Sünden, da sonst der Bezug der Tat zum Bußpriester nicht nachvollziehbar sei (WALLRAFF, Sokrates, 242). Für diesen Fall ist es insofern unerheblich, ob die Beichte privat oder öffentlich war, weil der Beschuldigte ein Amtsträger der Kirche war und entfernt werden musste. Die Einhaltung des Dienstweges hätte den Vorfall auch bei einer privaten Beichte ans Licht gebracht. 159
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von Zuständen, die man offensichtlich gerne unter der Hand geregelt hätte, ganz sicher aber unter Ausschluss der Kirche.166 So etwas durfte demnach auch nicht wieder geschehen. Hochinteressant ist, dass sich Nektarios überzeugen ließ, eine Einrichtung aufzuheben, die zu einem wichtigen und entscheidenden Part der christlichen Lehre gehörte, die kirchliche Buße. Das ist freilich nicht gleichbedeutend mit einer Abschaffung des Bußinstituts allgemein, aber dennoch eine Einschränkung der Freiheit der Gläubigen, sich an eine vertraute Person wenden zu können. Man kann vielleicht, ohne übers Ziel hinauszuschießen, mutmaßen, dass der Alexandriner ein Novatianer gewesen war,167 der sich beeilt hatte, die Vorzüge seiner Lehre darzulegen, und Nektarios zu einem Kompromiss zwischen orthodoxer und novatianischer Auffassung bewog. Die Novatianer überließen es bekanntlich Gott, nach der Taufe begangene schwere Sünden zu richten, und lehnten es ab, Priester mit solch einer Aufgabe zu betrauen. Nektarios stellte es zukünftig jedem Gemeindemitglied frei, die eigene Würdigkeit für die Teilnahme am heiligen Mahl zu prüfen; das Zwischenglied, der Priester, der in der apostolischen Nachfolge der Sündenvergebung steht, fällt weg. Das Gewissen des Einzelnen anzusprechen, ist nichts anderes, als die Eigenverantwortung der Gläubigen für ihre Gottesbeziehung zu mobilisieren. Der Bußpriester hatte zu einem Teil diese Verantwortung mitgetragen und durch die Festsetzung von Strafe und Absolution als Funktionär Gottes gewirkt. In dem Moment seiner Absetzung ist der Sünder auf sich zurückgeworfen und muss im Zwiegespräch mit sich selbst (so Nektarios) Rechenschaft (vor Gott) ablegen. Die Grenzen zum novatianischen Bußrigorismus werden dadurch fließend. Zwar ist der Gläubige nach orthodoxer Disziplin nicht verpflichtet, ab seiner Taufe sündenfrei zu leben, doch der schnelle Weg zur Absolution ist verschlossen und bringt eine Verschärfung der Anforderungen an den Einzelnen mit sich. Hier geschah durchaus eine entscheidende theologische und nicht nur organisatorische Annäherung zwischen Novatianern und Orthodoxen.168 Die zweite Erwähnung der Novatianer betrifft Vorgänge in der Provinz, die jedoch ihren Ausgang in Konstantinopel nahmen.169 Es beginnt mit der Nachfolgeregelung des schon bekannten Agelius. Agelius wollte nach seinem Tod gerne Sisinnius auf dem Bischofsstuhl von Konstantinopel sehen, 166
WALLRAFF, Sokrates, 242. In Alexandria lag eines der Zentren des Novatianismus, der sich dort wohl bis zur Wende vom fünften zum sechsten Jahrhundert gehalten hat (WALLRAFF, Sokrates, 271; VOGT, Coetus Sanctorum, 202–206). 168 Hier anders als WALLRAFF (Sokrates, 244), der einen novatianischen Einfluss wie auch eine Annäherung ausschließt, da es »mit Sicherheit ganz und gar nicht im Sinne der Novatianer« gewesen sei, die Entscheidung der Kommunionfähigkeit dem Einzelnen zu überlassen. 169 Sokrates, HE 5,21. 167
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der sich ja bereits zugunsten seiner Gemeinde profiliert hatte. Auf Druck der Gemeinde in Konstantinopel musste er sich jedoch für Markianos entscheiden (Sozomenos, HE 7,14). Warum die Novatianer in der Hauptstadt Sisinnius ablehnten (der erst nach dem Tod des Markianos zum Zuge kommt, HE 8,1), könnte HE 8,1,9 beantworten. Sisinnius wird wie schon zuvor als äußerst gebildeter und redegewandter Mann beschrieben. In HE 8,1 heißt es zudem noch, er sei stets zu Disputationen bereit gewesen, sodass andere berühmte Redner Duelle dieser Art mit Sisinnius ablehnten. Dazu kam, dass er laut Sozomenos nicht nur gut aussehend war (HE 8,1,15), sondern auch emotional über den (weltlichen) Dingen zu stehen schien (HE 8,1,11–12). Mit anderen Worten, Sisinnius muss der novatianischen Gemeinde in seiner Vollkommenheit unerträglich und in seiner Diskussionsfreudigkeit nervtötend vorgekommen sein. Dass Sozomenos diesem Mann so viel Raum zugesteht (die Panegyrik auf Sisinnius geht immerhin über sieben Unterkapitel von HE 8,1,9–15), mag HE 8,1,10 erklären: Sisinnius war bei den Beamten und in der Oberschicht beliebt. Solche Leute hat man gerne in der Hinterhand (aber nicht als Seelsorger), um eine sichere Außenwirkung zu erzielen. So wurde er denn auch nach Ankyra zu Bischof Leontinus gesandt, der den Novatianern eine Kirche weggenommen hatte. Obwohl er unverrichteter Dinge zurückkehren musste, schimmert durch den Bericht des Sozomenos hindurch, dass es für Leontinus eine rhetorische Niederlage gewesen sein musste. Markianos war der Wohltäter der Gemeinde während der Verfolgung unter Valens. Auf Druck seiner Glaubensgenossen entscheidet sich Agelius gegen Sisinnius, der erst nach Markianos’ Tod in den Genuss des Bischofsamtes kommen sollte. Nach der Darstellung des Sokrates ist dieser jedoch keine gute Wahl gewesen, denn er unterstützte die kirchliche Karriere eines konvertierten Juden namens Sabbatius. Sabbatius löste das Schisma unter den Novatianern aus, als er den Termin des Osterfestes nach jüdischer Tradition festlegen wollte. Die Auswirkungen und näheren Umstände sollen im Kapitel über den Novatianismus in den kleinasiatischen Provinzen (Kapitel 6) ausführlicher thematisiert werden (siehe unten S. 56ff.). 5.4.2. Arcadius (395–408) Nach dem Tod Theodosius’ I. in Mailand kommt sein Sohn Arcadius im Osten an die Macht. Mit der Regierung des Arcadius nähern wir uns der Lebenszeit der drei synoptischen Kirchenhistoriker an, die den neuen Kaiser in ihrer Jugend noch erlebt haben müssen. Sozomenos sagt zu Beginn seiner Schilderungen in Buch 7, Arcadius habe kirchenpolitisch dieselben Ansichten wie sein Vater vertreten. Auch innerkirchlich gab es Machtwechsel, die einen neuen Kurs für den Umgang der nizäischen Christen miteinander bedeutete. Im novatianischen Lager schlägt nach dem Tod des
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Markianos (395)170 die Stunde des ewigen Kronprinzen Sisinnius, der schon nach Agelius hätte Bischof werden sollen. Bei den katholischen Christen folgt auf Nektarios, der freundschaftlich mit den Novatianern zusammengearbeitet hatte, Johannes Chrysostomus. Sowohl Gregor als auch Chrysostomus hatten in ihren Heimatgemeinden wenig Erfahrung mit der novatianischen Kirche. Beide Bischöfe lehnten die novatianische Lehre ab, fanden sich jedoch in Konstantinopel mit einer Gemeinde konfrontiert, die von den einflussreichen Schismatikern lange Zeit mit geprägt worden war. Gregor und Chrysostomus reagierten unterschiedlich in ihren Strategien. Während Gregor mit rhetorischer Waffe gegen die Novatianer vorging, war die Position des Chrysostomus geprägt von der seelsorgerischen Bedeutung der Buße.171 Gemeinsam jedoch war ihnen die falsche Einschätzung der Zusammenhänge vor Ort, die im Falle Gregors letztlich zum Scheitern führte.172 Es ist nun zu prüfen, ob ähnliche Mechanismen auch mithalfen, das Episkopat des Chrysostomus zu beenden. Die Berühmtheit des großen Redners Johannes Chrysostomus hat ihren Niederschlag in den ausführlichen Berichten des Sokrates und Sozomenos sowie im panegyrischen Dialog des Palladios gefunden.173 Nicht zuletzt durch seinen Blickwinkel gewinnen wir einen Einblick in die sozialen Verhältnisse in Konstantinopel am Ende des vierten Jahrhunderts. Nach Sokrates tritt Chrysostomus sein Amt im Jahre 398 an.174 Seine ersten Predigten sind ein Echo auf die Arianerproblematik, die Chrysostomus bei seinem Start am dringlichsten erschien.175 Die Zielgruppe ist die nizäische Gemeinde. Deren aussagekräftige Charakteristik interpretiert Claudia Tiersch in ihrer detaillierten und scharfsinnigen Untersuchung zu Chrysostomus und stellt fest, dass seine Wortwahl »eher an die Existenzbedingungen christlicher Gemeinden in den Zeiten der Christenverfolgung [erinnert], als an eine Gemeinde, die den vollen Schutz der staatlichen
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Sozomenos, HE 8,1,9. Weiterführend dazu: A. M. RITTER, Johannes Chrysostomus, in: C. Möller, Geschichte der Seelsorge in Einzelporträts, Bd. I, Göttingen 1994, 153–170, hier 166–169. 172 Für die Bußpredigten siehe PG 49, 278–350, vgl. auch WALLRAFF, Sokrates, 265 und dort Anm. 58. Für die Predigt Adversus Catharos siehe den vollständigen Text bei A. WENGER, La tradition des œuvres de Saint Jean Chrysostome, REByz 14, 1956, 5–47. 173 Palladios, Dialogue sur la vie de Jean Chrysostome. Introduction, texte critique, traduction et notes par B. GRILLET/G. SABBAH, SC 306, Paris 1988. 174 Sokrates, HE 6,2,11. 175 Jean Chrysostome, Sur L’égalité du père et du fils. Contre les Anoméens, Hom. 7– 12. Texte critique, introduction, traduction et notes par A.-M. MALINGREY, SC 396, Paris 1994. Vgl. auch die ausführliche historische Einordnung dieser Predigten bei C. TIERSCH, Johannes Chrysostomus in Konstantinopel (398–404). Weltsicht und Wirken eines Bischofs in der Hauptstadt des Oströmischen Reiches, STAC 6, Tübingen 2000, 111–116. 171
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Gesetzgebung genoss«. 176 Gregor fand damals ein kleines Häufchen orthodoxer Christen vor, die bequem in einem Privathaus den Gottesdienst feiern konnten. Bei dieser kleinen Gemeinde kann es sich nach den vorangegangenen Schilderungen des Sokrates und des Sozomenos nur um eine Urzelle orthodox-nizäischer Christen gehandelt haben, die sich aus der novatianisch-orthodoxen Notgemeinschaft gelöst hatte und während der arianischen Phasen in Konstantinopel das nizäische Christentum überlebensfähig hielt.177 Tiersch drückt ihr Erstaunen über die geringe Mitgliederzahl der Gemeinde aus, denn schließlich hatten die Nizäer nach dem Edikt des Theodosius I. den Sieg davongetragen. Sie sieht die Gründe für die geringe Größe der Gemeinde erstens darin, dass das Edikt erst 379 erlassen wurde; zweitens in der »kontinuierliche[n] und selbstbewusste[n] Präsenz der Arianer und der anderen nicht-nizäischen Gruppen in Konstantinopel […], nachdem auf dem dritten Konzil von Konstantinopel alle nicht-nizäischen Gemeinden außer den Novatianern ausdrücklich verdammt worden waren«.178 Hier muss genauer unterschieden werden, denn die Novatianer waren ihrer theologischen Auffassung nach ebenfalls eine nizäische Gruppe. Das nizäische Bekenntnis sowie wohlwollende Sympathisanten am Hof schützten sie durch die Regierungszeiten mehrerer Kaiser und ließen eine feste Etablierung zu. Dadurch gehörten sie ganz sicher zu den selbstbewussten nichtorthodoxen Gemeinden, die Tiersch erwähnt. Dafür spricht auch, dass die Zahl derjenigen Christen, die vor Gregor versammelt waren, bis zur Amtszeit des Chrysostomus gleich geblieben war. Die novatianische Gemeinde war nicht arm, das zeigen die Vorwürfe Gregors, und sie war bei Hof angesehen (vgl. das Ausnahmegesetz für die Novatianer unter Theodosius I.). Es liegt nahe, dass sich immer mehr orthodox-nizäische Gläubige während der Jahre den Novatianern angeschlossen hatten, weil sie hier sowohl wirtschaftlich als auch theologisch auf der sicheren Seite standen. Die Novatianer verachteten weltlichen Reichtum nicht und fühlten sich wohl im oberen Drittel der Gesellschaft 176 TIERSCH, Johannes Chrysostomus, 112. Das Edikt des Theodosius I. (Cod. Theod. 16,1,2) zur allgemeinen Übernahme des nizäischen Glaubensbekenntnisses lag 18 Jahre zurück. Für die Datierung siehe P. BARCELÒ/G. GOTTLIEB, Das Glaubensedikt des Kaisers Theodosius vom 27.2.380. Adressaten und Zielsetzung, in: K. Dietz (Hg.), Klassisches Altertum, Spätantike und frühes Christentum. FS A. Lippold, Würzburg 1993, 409– 423 sowie A. M. RITTER, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol. Studien zur Geschichte und Theologie des II. Ökumenischen Konzils, FKDG 15, Göttingen 1965, 28, dort Anm. 5. 177 An dieser Stelle muss die Terminologie von Tiersch etwas differenziert werden. Sie spricht von der »nizäischen Gemeinde« (TIERSCH, Johannes Chrysostomus, 111–124), wenn sie die orthodoxen Christen meint. Jedoch waren die Novatianer seit Nizäa ein Teil dieser Gemeinschaft, die sie – wie schon erwähnt – zum Teil lebensfähig gehalten hatte. 178 TIERSCH, Johannes Chrysostomus, 119.
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von Konstantinopel. Anziehend wirkten sicherlich auch Funktionäre wie Sisinnius. Sozomenos erwähnt (HE 8,1,9), Sisinnius sei in seinem Verhalten außerordentlich integer, durch seine Klugheit theologisch überzeugend und durch seine Schlagfertigkeit unanfechtbar gewesen.179 Unter seiner Führung habe die novatianische Gemeinde eine Blütezeit erlebt.180 Neben solch einer Lichtgestalt schienen die Differenzen im Bußwesen in den Hintergrund gerückt zu sein. Die Predigten der antinovatianischen Bischöfe Gregor und Chrysostomus jedoch thematisierten die alten theologischen Unterschiede erneut und riefen sie ins Gedächtnis der Gläubigen. In seiner im Januar 399 vorgetragenen Predigt181 greift Chrysostomus den Reinheitsanspruch der »Katharer« an. Der Grundgedanke von Adversus Catharos182 ist, dass kein Mensch im Alltag ohne Sünden leben könne und jeder stets auf Vergebung angewiesen sei.183 Dagegen stand die novatianische Betonung von Hebr 10,26, dass bei mutwilliger Sünde kein Opfer diese Schuld sühnen könne.184 Auf die hier stattfindende novatianische Gleichsetzung von Wahrheit und Taufe, die die Ablehnung der Buße nach sich zieht, versucht Chrysostomus argumentativ einzugehen.185 Sein Anliegen ist es, mit seelsorgerischen Hintergedanken den Menschen wieder ein positives Verhältnis zur Buße nahezubringen.186 Trotz solch lobenswerter Absichten war (wie bei Gregor) die Amtszeit des Chrysostomus nicht von Erfolg gekrönt. Die vielen Schwierigkeiten während seiner Amtszeit veranlassen Sokrates, auf diese Probleme schon bei der Ordination (HE 6,2,38) des neuen
179 Σισίννιος, ἀνὴρ ἐλλόγιµος ὅτι µάλιστα καὶ φιλοσόφων δογµάτων καὶ τῶν ἱερῶν βίβλων ἐπιστήµων καὶ πρὸς διαλέξεις ἕτοιµος, ὡς καὶ Εὐνόµιον ἐπὶ ταύταις εὐδοκιµοῦντα καὶ τοῦτο ἔργον ποιούµενον πολλάκις παραιτήσασθαι τοὺς πρὸς αὐτὸν διαλόγους. 180 Sozomenos, HE 8,1,8: Ναυατιανοὶ δέ, […] ἀλλ᾽ οὖν οἱ πλείους ἐπὶ τῆς αὐτῶν ἐκκλησίας ἠρέµουν. 181 Vgl. WALLRAFF, Geschichte, 264. 182 Ibid., 264 und dort Anm. 52. Vgl. PG 63, 491–494. Der Text ist aufgrund der Überlieferung nicht vollständig. Der verlorene Teil wurde 1955 von A. Wenger entdeckt, dazu und zu Zeit und Ort der Predigt siehe A. WENGER, La tradition des œuvres de Saint Jean Chrysostome, REByz 14, 1956, 38 ff. Ein kurzer Überblick über die Diskussion dieser Predigt bei WALLRAFF, Geschichte, 264, Anm. 52. 183 PG 63, 492–494. WALLRAFF, Geschichte, 264. 184 Ἑκουσίως γὰρ ἁµαρτανόντων ἡµῶν µετὰ τὸ λαβεῖν τὴν ἐπίγνωσιν τῆς ἀληθείας οὐκέτι περὶ ἁµαρτιῶν ἀπολείπεται θυσία […]. Siehe auch VOGT, Coetus Sanctorum, 202. Vogt weist hier auch darauf hin, dass Novatian den Hebräerbrief nicht verwendet hat; WALLRAFF, Geschichte, 264–265. 185 Johannes Chrysostomus, Hom 20 in Hebr. zu 10,26–27 (PG 63, 143–144). Siehe dazu auch WALLRAFF, Geschichte, 265. 186 WALLRAFF, Geschichte, 264 und Anm. 53.
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Bischofs zu sprechen zu kommen und sie auch als Grund für die ausführliche Darstellung seines Episkopats anzuführen.187 Die ausführlichen Berichte des Sokrates, des Sozomenos und des Palladios über die Zeit des Chrysostomus bieten wichtige Einblicke in die Sozialstruktur der Stadt am Ende des vierten Jahrhunderts. Bereits die Polemik Gregors gegen den Reichtum einiger novatianischer Gemeindemitglieder zeigt Missstände auf, die bei seiner Haltung zum Novatianismus schnell als Häretikerpolemik abgetan werden könnten. Die prominente Rolle der novatianischen Kirche in Konstantinopel weist ihren Reichtum als das soziale Indiz der tonangebenden kirchlichen Gruppe aus. Der Fokus des Chrysostomus auf die arme Bevölkerungsschicht spült die offensichtlich schwelende Unzufriedenheit an die Oberfläche und enthüllt ein enormes Aggressionspotenzial, das sich schließlich in den Reaktionen auf die Verbannung des Bischofs ausdrückt. Chrysostomus kritisiert zunächst die Amtsauffassung des Klerus und die bisherige bischöfliche Lebensführung, die nicht den christlichen Grundsätzen entspreche.188 Getreu seinem eigenen Lebensmotto der Schlichtheit und Bescheidenheit entschied er sich, den ›Augiasstall‹ auszumisten. An dieser Stelle macht er den ersten Fehler. Statt für seine Ziele behutsam die bestehenden Machtstrukturen zu nutzen und nach und nach nicht nur öffentlich durch Predigten, sondern auch intern und diplomatisch leise durch Gespräche und Argumentation Überzeugungsarbeit zu leisten, verhält sich Chrysostomus wie ein Heißsporn auf der Kanzel, ignoriert die Machtverhältnisse in der Stadt völlig und verdammt in feurigen Reden Klerus, Oberschicht und Kaiserhaus. Sein Verhalten muss nach dem moderaten Nektarios wie ein betäubender Schlag auf seine Zuhörer abseits der Armenschicht gewirkt haben. In seiner Antiochener Zeit hatte der in jungen Jahren monastisch lebende Bischof189 bereits mit Erfolg gegen Luxus und Ausschweifung gewettert,190 wie das einstimmige Urteil der Historiker lautet.191 Das Ziel seines Kampfes war es, den Christen in Antiochia vor dem Hintergrund der hellenistischen (paganen) Welt eine christliche Identität zu geben. Doch seine 187 Ἐπεὶ δὲ ἐκφανὴς ὁ ἀνήρ, ἐξ ὧν τε κατέλειπε λόγων καὶ ἐξ ὧν πολλοῖς δεινοῖς περιέπεσεν, ἄξιον ἡγοῦµαι µὴ σιγῆσαι τὰ κατ᾽ αὐτόν, ἀλλ᾽ ὡς οἷόν τε τὰ διὰ µακροτέρων λεχθησόµενα συστεῖλαι […]. Der größte Teil des 6. Buches seiner Kirchengeschichte thematisiert die Schwierigkeiten, die Chrysostomus in Konstantinopel hatte. 188 Chrysostomus war die Anhäufung von Besitz unter den Klerikern, der nicht dem Wohle der Kirche diente, ein Dorn im Auge. So regulierte er streng die Verwaltung von Kirchengütern und ersetzte ihm nicht genehme Verwalter (Palladios, Dial. 5,128–139). 189 Palladios, Dial. 5,16–35. 190 Hom. 8,1–2 in 1 Timoth. (PG 62, 541); Hom. 49,4 und 88,3 in Matth. (PG 58, 501). 191 Übereinstimmend Sokrates (HE 6,2), Palladios (Dial. 5,40–43) und Sozomenos (HE 8,2).
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Methoden auf Konstantinopel zu übertragen, erwies sich als fatal. Hier herrschte die christliche Schicht bereits und diktierte das gesellschaftliche Leben; Hof,192 Klerus und Oberschicht waren zu einer dichten Struktur verwoben, in der auch die novatianische Gemeinde ihren festen Platz hatte. In dieses Netz bricht Chrysostomus ein, ohne zuvor die Möglichkeiten ausgelotet zu haben, die eine Integration seiner Person in diese Gesellschaft für seine Ziele bedeutet hätte.193 Stattdessen beschimpft er die Reichen der Stadt mit dem Vorwurf der Habgier und zeiht die Novatianer des schweren Hochmutes.194 Die Günstlingswirtschaft des Eutropius und die Verschwendungssucht der Kaiserin Eudoxia sind ihm ebenso ein Dorn im Auge wie teure Güter in den Händen des Klerus.195 Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten. Nachdem die erste Starre des Erstaunens einmal überwunden war, boten die Opfer der johanneischen Reformen ihm die Stirn. Der Klerus reagierte mit Zorn und Ablehnung auf die Vorwürfe und die Reformen, die Kaiserin mit Feindschaft.196 Seine positiven Aktionen für die Armen der Stadt, die er mit ärztlicher Hilfe, Speisungen und Unterkünften versorgte,197 geraten dabei in den Hintergrund. Nach fünf Jahren hatte die gezüchtigte Oberschicht genug.198 Solange er seine Konflikte innerhalb des 192 Der Kaiser stand unter dem starken Einfluss seines praepositus sacri cubiculi Eutropius, der maßgeblich an der Wahl des Chrysostomus auf den Bischofsstuhl von Konstantinopel beteiligt war (Sokrates, HE 6,2,10). 193 So sind z.B. die Verweigerungen eines gemeinsamen Mahles mit seinen Kollegen zu werten (TIERSCH, Johannes Chrysostomus, 146) wie auch die permanente Kritik an der Habsucht der Reichen, die dazu dienen sollte, sie zum Almosengeben aufzufordern (Hom. 45,4 in Acta Apost., PG 60, 319–320, und Hom. 11,3 in Acta Apost., PG 60, 97). 194 Hom. 10,3 in Phil. (PG 62, 260) und Hom. 6 Adv. Cath. (PG 63, 491–494). 195 Sozomenos, HE 8,3,1: Ὁ δὲ Ἰωάννης ἐπὶ τῆς ἐπισκοπῆς γενόµενος πρότερον διορθοῦσθαι τοὺς βίους τῶν ὑπ᾽ αὐτὸν κληρικῶν ἐσπούδαζεν, προόδους τε αὐτῶν καὶ δίαιταν καὶ τὴν ἄλλην ἀγωγὴν πολυπραγµονῶν ἤλεγχέ τε καὶ ἐπέστρεφε, τοὺς δὲ καὶ τῆς ἐκκλησίας ἐξώθει. 196 Siehe Sokrates, HE 6,4,1, vgl. Zosimos, HN 5,23,2. Vgl. auch Palladios (Dial. 8,247), der berichtet, Chrysostomus habe Eudoxia mit der negativ konnotierten israelitischen Königin Jezebel verglichen. Chrysostomus propagiert das gesellschaftliche Leben und den Hof als Beispiele für die tägliche Mühsal, der Christen ausgesetzt sind, siehe Hom. 15,5 in Phil. (PG 62, 295–296). 197 Palladios, Dial. 5,128–139. Konstantinopel hatte im vierten Jahrhundert einen großen Bevölkerungszuwachs zu vermelden. Darunter befanden sich auch zahlreiche Wirtschaftsflüchtlinge, die z.B. aus dem phrygischen Hinterland durch eine Hungersnot in der Mitte des vierten Jahrhunderts in die Stadt getrieben wurden (Sokrates, HE 6,16,4). Dazu siehe H.-G. BECK, Großstadtprobleme. Konstantinopel vom 4.–6. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Studien zur Frühgeschichte Konstantinopels, München 1973, 1–26. Siehe auch A. J. B. SIRKS, The Size of the Grain Distributions in Imperial Rome and Constantinople, Athenaeum 79, 1991, 215–237. 198 Ἕως µὲν οὖν τῷ κλήρῳ µόνῳ προσέκρουσεν, ἀσθενὴς ἦν ἡ σκευωρουµένη κατ᾽ αὐτοῦ µηχανή· ἐπειδὴ δὲ καὶ πολλοὺς τῶν ἐν τέλει πέρα τοῦ προσήκοντος ἐξελέγχειν ἐπειρᾶτο, τηνικαῦτα καὶ ὁ κατ᾽ αὐτοῦ φθόνος πλείων ἐξήπτετο (Sokrates, HE 6,5,1).
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Klerus austrug, blieben Maßnahmen gegen ihn wirkungslos. Als er aber viele in öffentlichen Ämtern mit Vehemenz angriff, wuchs die Abneigung gegen ihn. Chrysostomus griff neben dem Kaiserhaus auch den Senatsadel an, der seine Selbstpräsentation mittels materiellen Wohlstandes ausübte und nicht bereit war, diesen abzugeben.199 Ein anderer interessanter Aspekt für die Ablehnung des einst umworbenen Antiocheners war sein Zulauf aus den Reihen der Paganen wie auch der Häretiker,200 dazu gleich. Auf der sogenannten Eichensynode201 im Jahre 403 nach fünfjähriger Amtszeit wird die Absetzung und Verbannung des Bischofs beschlossen. Das Verfahren war nach der übereinstimmenden Ansicht des Sokrates, des Sozomenos und des Palladios fragwürdig, da der Schuldspruch der anwesenden Teilnehmer sich nur auf einen Formfehler des Chrysostomus (er war nicht erschienen) gründete, nicht auf die insgesamt 46 Anklagepunkte.202 Das allein zeigt bereits die Absicht eines schnellen Verfahrens. Doch so einfach, wie es sich der Hof und die Konzilsväter gedacht hatten, war Chrysostomus nicht zu entfernen. Die beständige Fürsorge für die Armen hatte Chrysostomus eine Lobby in der Stadt geschaffen, die nun aktiv wird. Sokrates schildert massive Unruhen, die das Exil in der Bevölkerung auslöste (HE 6,16,4–5),203 die schließlich zu einer offenen Revolte führten.204 Da der Adressat der Aggressionen die kaiserliche Macht war, versuchten Arcadius und Eudoxia Chrysostomus eilig zur Rückkehr zu bewegen.205 Chrysostomus war zum Politikum geworden.206 Der Rest ist bekannt. Chrysostomus kehrt zurück, gerät wiederum in Konflikt mit Eudoxia und wird aufgrund der reaktivierten Beschlüsse der Eichensynode erneut verbannt. Er stirbt schließlich auf dem Weg in sein letztes Exil in Pityus, einem über 1000 Kilometer von Konstantinopel entfernten Ort an der Ostgrenze des Römischen Reiches. Von Sokrates und Sozomenos erfahren wir so gut wie nichts darüber, wie die Novatianer mit Chrysostomus umgingen. Immerhin predigte er gegen sie und wandte sich allgemein gegen den Reichtum mancher Gemeindemitglieder, unter denen sicher auch Novatianer anzusiedeln waren. Das 199
Hom. 10,3 in Phil. (PG 62, 260). Sozomenos, HE 8,5,1. 201 Benannt nach ihrem Austragungsort, dem ehemaligen Landgut des Rufinus (das nach dessen Sturz in den Besitz der kaiserlichen Familie überging) bei Chalcedon (Palladios, Dial. 8,153–155; Sozomenos, HE 8,17,3). 202 Sokrates, HE 6,15,17; Sozomenos, HE 8,17,10; Palladios, Dial. 8,231–243. 203 Vgl. Sozomenos, HE 8,2–4. 204 Sokrates, HE 6,16,8. 205 Palladios (Dial. 9,4–7) spricht von einem »Unfall« im kaiserlichen Gemach, der den Sinneswandel des Herrscherpaares veranlasste, siehe dazu TIERSCH, Johannes Chrysostomus, 356. 206 Siehe die Schilderung der Ereignisse bei Zosimos, HN 5,23,4–6. 200
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Ausbleiben der gerade bei Sokrates zu erwartenden Reaktionen aus dem novatianischen Lager ist umso erstaunlicher, als der Gegenspieler des Chrysostomus dort Sisinnius war. Die Lage hätte also explosiv sein können, weil sich nun zwei ausgezeichnete Redner gegenüberstanden. Man würde Berichte von zahlreichen Debatten erwarten, doch selbst bei Sokrates kommen nur zwei kurze (HE 6,21,1 und 6,22,13–14) Hinweise auf Auseinandersetzungen vor, als er auf Sisinnius eingeht. In HE 6,21,1 erfahren wir, dass Sisinnius sogar ein Buch als Replik auf eine angebliche Äußerung des Chrysostomus geschrieben hat,207 die dieser den sündig gewordenen Gemeindemitgliedern zurief: Χιλιάκις µετανοήσας εἴσελθε. Eine schriftliche Reaktion des Sisinnius auf den theologischen Ansatz des Chrysostomus macht es noch unverständlicher, warum Sokrates nicht mehr über die Kontroversen zwischen Chrysostomus und den Novatianern schrieb. Die Quellen lassen zwei Überlegungen zu, die dies erklären könnten. Den ersten Ansatzpunkt finden wir bei Sozomenos. Er sagt (in HE 8,5,1), dass Chrysostomus viele Häretiker, aber auch Pagane in die Kirche holte.208 Dahinter könnte sich ein Hinweis darauf verbergen, dass auch die Novatianer Mitglieder an Chrysostomus verloren haben und dieser Umstand von Sokrates verschwiegen wurde. Die tiefen Gräben zwischen Reichen und Armen in der Stadt, die durch die Aktionen und Predigten des Bischofs beständig thematisiert wurden, hatten vielleicht einige unter den Novatianern zum Nachdenken gebracht. Dazu kam Chrysostomus’ positive und lebensbejahende Einstellung zur Buße, die den des novatianischen Rigorismus Müden ansprach. Der Bußrigorismus des Novatian hatte der ursprünglichen christlichen Lehre einen entscheidenden Teil der Hoffnungsvermittlung genommen, sodass nach den Jahren, in denen die novatianische Lehre in Konstantinopel einen entscheidenden Einfluss ausgeübt haben muss, eine gewisse Aufnahmebereitschaft unter den sündig gewordenen Christen bestanden haben muss. Die Novatianer brauchten jedoch, um ihren Einfluss in Konstantinopel aufrechtzuerhalten, eine gewisse Mindestanzahl von Anhängern. Ein Abwandern von Gemeindemitgliedern zur nizäisch-orthodoxen Lehre konnte deshalb von Sisinnius nicht hingenommen werden. Die logische Alternative war die Nutzung des Einflusses bei Hofe, um die Absetzung des unbequemen Bischofs zu fördern. Auf eine andere Fährte führt uns Sokrates in HE 6,22,13. Das ganze Kapitel 22 ist Sisinnius gewidmet und gibt Einblicke in die innerkirchlichen Machtverhältnisse in der Stadt. Es zeigt, wie sicher sich die Novatianer ihrer Stellung gewesen sein müssen, obwohl es außer Chrysostomus auch an207 »Angeblich« deshalb, weil wir sie in den Schriften des Chrysostomus nicht wiederfinden. Sokrates verarbeitet vermutlich, wie so häufig, ein Stück oraler Tradition. 208 Ἰωάννης δὲ ἄριστα τὴν Κωνσταντινουπόλεως ἐκκλησίαν ἐπιτροπεύων πολλοὺς µὲν ἐκ τῶν Ἑλλήνων, πολλοὺς δὲ τῶν αἱρέσεων ἐπήγετο.
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dere gab, die sie angriffen.209 Nebenbei erfahren wir etwas über die persönlichen Gewohnheiten des Novatianerbischofs. Es scheint so, als untermalte Sisinnius den Reinheitsanspruch seiner Seele durch die Präsentation seiner äußerlichen »Reinheit«. Sokrates berichtet von täglich zweimaligem Bäderbesuch und weißen Gewändern.210 Auf Nachfragen antwortete er ironisch mit sorgloser Selbstsicherheit, dass es unüblich sei, dreimal zu baden.211 Dies ist nicht unwichtig, zumal seine Gegenüber durchaus auf Augenhöhe anzusiedeln waren.212 Eine andere Notiz an gleicher Stelle zeigt, gegen welche Art bischöflicher Lebensführung Chrysostomus sich gewendet haben musste. Sokrates (HE 6,22,3) spricht zwar von der Bescheidenheit des Novatianerbischofs, erwähnt aber im gleichen Atemzug seine üppige Art zu speisen und seinen Lebensluxus, den auch Sozomenos skizziert.213 All dies musste Chrysostomus zutiefst abgestoßen haben. Dass Konflikte zwischen den beiden Bischöfen stattfanden, schimmert nur in einer kurzen Notiz bei Sokrates durch.214 In dem bei Sozomenos wiedergegebenen Gespräch spielt Sisinnius regelrecht mit Chrysostomus. Auf die Androhung eines Predigtverbotes antwortet jener mit einem eleganten Knockout des orthodoxen Bischofs: Sisinnius bedankt sich für die 209 So der Gegner des Chrysostomus, Servian von Gabala, der in Konstantinopel gegen die Novatianer predigte. Eine Osterpredigt ist nur armenisch erhalten (De pascha, deque Catharis, CPG 4243); über eine Bußpredigt, die unter dem Namen des Johannes Chrysostomus überliefert wurde, siehe WALLRAFF, Geschichte, 266 und Anm. 61 mit der Forschungsgeschichte. 210 τρυφῶν τε ἐν ἐσθῆτι λευκῇ, καὶ δὶς τῆς ἡµέρας ἐν λουτροῖς δηµοσίοις λουόµενος διετέλει (Sokrates, HE 6,22,3). 211 Die Charakteristik des Sisinnius wirft zu Recht einen Widerspruch zur »Reinheit« der Novatianer auf. Sein Verhalten, das Sokrates immer wieder in einzelnen Bemerkungen skizziert, lässt vermuten, dass die einzige Sünde des Sisinnius offensichtlich »Sisinnius selbst« war. Man kann an dieser Stelle die Angriffe Gregors gegen den Hochmut und die Arroganz der Novatianer verstehen. 212 Wie der Bischof Arsacius (Sokrates, HE 6,22,7), der Sisinnius nach dem Grund seiner weißen Kleidung fragte und eine glatte, biblisch begründete Antwort bekam: Ἀλλὰ σὺ µὲν οὐκ ἄν, ἔφη, δεῖξαι δυνήσῃ ὡς δεῖ τὸν ἱερώµενον µέλανα ἀµφιέννυσθαι· ἐµοὶ δὲ καὶ ὁ Σολοµὼν […] λέγων· Ἔστωσάν σοι ἱµάτια λευκά, καὶ ὁ Σωτὴρ ἐν τοῖς εὐαγγελίοις λευκῇ φαίνεται ἐσθῆτι χρησάµενος· οὐ µὴν ἀλλὰ καὶ Μωυσῆν καὶ Ἡλίαν λευκοφοροῦντας τοῖς ἀποστόλοις ἔδειξεν. (»Aber sag du mir, sprach er, wo steht, dass ein Geistlicher schwarz gekleidet sein soll? Ich aber halte es mit Salomo, der sagt: Mache dir ein strahlendes Gewand, und der Heiland erschien in den Evangelien in ein weißes Gewand gehüllt. Und er zeigte auch Mose und Elia den Aposteln in Weiß gekleidet.«) 213 Sozomenos, HE 8,1,10. 214 Ἰωάννου δέ ποτε τοῦ ἐπισκόπου ἐγκαλοῦντος αὐτῷ καὶ λέγοντος ὅτι οὐ δύναται ἡ πόλις δύο ἐπισκόπους ἔχειν (Sokrates, HE 6,22,13). Die Antwort des Sisinnius auf diesen Vorwurf ist ebenso kurz wie klar (HE 6,22,14): ἀλλ᾽ ὅτι ἐγὼ παρὰ σοὶ µόνῳ οὐκ εἰµὶ ἐπίσκοπος, ὃς τοῖς ἄλλοις εἰµί. (»Einst sprach Bischof Johannes ihn an und sagte, dass die Stadt nicht zwei Bischöfe haben könne. [Sisinnius antwortete]: ›Nur für dich allein bin ich nicht Bischof, ich, der ich es doch für die anderen bin.‹«).
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Befreiung von solch anstrengender Pflicht. Chrysostomus erkennt in der Schilderung des Sokrates weder seine Niederlage noch die Ironie des Gegenübers und lenkt beschwichtigt ein, Sisinnius könne ruhig weiterpredigen, wenn er es weniger provokant tue.215 Sein Einlenken ist an dieser Stelle faktisch die Anerkennung des Sisinnius als Gegenbischof. Sokrates stellt in dem Gespräch die rhetorische Versiertheit des Sisinnius in brutaler Antithese zur Gutgläubigkeit des Chrysostomus dar. Man mag hier vorschnell urteilen und Sokrates eine Umgewichtung der historischen Verhältnisse zugunsten des Novatianerführers unterstellen. Doch passt Chrysostomus’ falsche Einschätzung des Sisinnius gut zu seiner insgesamt unsensiblen Art, mit der Oberschicht in Konstantinopel umzugehen, sodass man der Episode durchaus historische Authentizität einräumen muss. Sokrates bietet leider keinen Anhaltspunkt für die zeitliche Einordnung dieser Anekdote. Es liegt aber im Zusammenhang mit der Bemerkung des Sozomenos über die Bekehrung vieler Paganer und Häretiker nahe, das Gespräch an den Anfang von Chrysostomus’ Amtszeit in der Stadt zu legen. Dafür spricht nicht zuletzt die souveräne Sicherheit des Sisinnius, der Chrysostomus als der legitime Bischof der Stadt entgegentritt. 5.4.3. Theodosius II. (408–450) Theodosius war nach Kaiser Augustus der römische Herrscher, der den Thron am längsten innehatte. Seine Person und Regierungszeit werden stets mit zwei konstituierenden Elementen charakterisiert: der Vorherrschaft seiner Schwester Pulcheria und der Zurückgezogenheit des Kaisers in einen klosterähnlich geführten Hof. Von den drei Hauptquellen liefert einzig Sokrates Nachrichten bis 438, das Jahr, in dem Kaiserin Eudokia, die Gattin des Theodosius, zum ersten Mal nach Jerusalem reiste. Sozomenos’ Kirchengeschichte endet 425, Theodoret berichtet bis 428. Für Nachrichten über die Novatianer sind wir für diese Zeit auf Sokrates alleine angewiesen. Mit acht Jahren ist der junge Kaiser Waise (Arcadius stirbt am 1. Mai 408).216 Bis zur Mündigkeit seiner ältesten Schwester führte der Prätorianerpräfekt Anthemius die Regierungsgeschäfte.217 Pulcheria, die als fünfzehnjährige lebenslange Keuschheit gelobte,218 setzte ihre Vorstellung vom Leben eines christlichen Kaisers in ihrer Erziehung des jungen Herrschers
215 Sokrates, HE 6,22,17: ∆ιαµαλαχθεὶς δ᾽ ἐκ τῆς ἀποκρίσεως ὁ Ἰωάννης, »Ἀλλ᾽ οὐκ ἄν σε«, ἔφη, »παύσω τοῦ προσοµιλεῖν ἐγώ, εἴ σε τὸ ὅλως λέγειν λυπεῖ«. 216 Eudoxia starb bereits 404. 217 Sokrates, HE 7,1,3. 218 Sie brachte ihre jüngeren Schwestern dazu, es ihr gleichzutun (Sozomenos, HE 9,1,3).
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um.219 Der Hof wandelte sich in dieser Zeit zu einer von außen nicht zugänglichen Festung des Glaubens und des Gebets, wie alle drei Kirchenhistoriker einstimmig berichten.220 Der Lebensstil des Theodosius brachte Sokrates dazu, ihn mit zahlreichen biblischen Gestalten zu vergleichen.221 Pulcheria wird von ihm wie von Theodoret sehr marginal erwähnt.222 Über die Person des Kaisers dagegen herrscht bei den Synoptikern Einstimmigkeit. Sie heben sein ausgeglichenes Temperament hervor223 und preisen seine φιλανθρωπία.224 In der Kirchenpolitik wird sein Streben nach Einigkeit und Versöhnung betont. 438 lässt er beispielsweise die Gebeine des Johannes Chrysostomus nach Konstantinopel überführen, eine Geste, die dessen Anhänger versöhnen sollte.225 Um die Streitigkeiten über die Naturen Christi zu klären, berief er während seiner Amtszeit zwei Konzilien in Ephesus (431 und 449) ein. Doch die Realität zeigte, dass das Bemühen um die Einheit der Kirche nicht besonders erfolgreich und von Unruhen gekennzeichnet war.226 Das erste Konzil von Ephesus endete mit der Abspaltung der sogenannten Nestorianer (benannt nach dem orthodoxen Bischof Nestorios), das zweite ging wegen der dominanten Haltung der Monophysiten als »Räubersynode« in die Geschichte ein.227 Nestorios wurde 428 auf direkte Intervention des Kaisers aus Antiochia nach Konstantinopel berufen, weil nach dem Tod seines Vorgängers heftige Rivalitäten unter den einzelnen Anwärtern entstanden waren. Doch hielt er sich nicht lange im Amt, da er sich – in falscher Einschätzung der höfischen Verhältnisse – in der Debatte um die Mutter Jesu gegen Pul219
Sozomenos, HE 9,1,7 ff. Sozomenos, HE 9,1,3; Sokrates, HE 7,22,4, der den Hof mit einem Kloster vergleicht. 221 Sokrates, HE 7,22,19 mit König David, 7,42,2–4 mit Mose, 7,42,22 mit den Gerechten alter Zeiten. 222 Sokrates (HE 7,22,4) spricht nur von αἱ ἑαυτοῦ ἀδελφαί, wenn er die Schwestern des Kaisers meint. Theodoret verfährt ähnlich, während Sozomenos das erste Kapitel seines neunten Buches als eine Art Panegyrik auf Pulcheria verfasste. 223 Sokrates, HE 7,22,8; Sozomenos, HE, Dedicatio 10–16. 224 Sokrates, HE 7,22,6–12; Sozomenos, HE, Dedicatio 3; Theodoret, HE 5,36,5. Die φιλανθρωπία des Kaisers hinderte ihn nicht an zahlreichen Maßnahmen gegen die Juden, denen er unter anderem verbot, Synagogen zu bauen. Als der letzte jüdische Patriarch Gamaliel VI. dagegen verstieß, wurde er abgesetzt (415), und die Patriarchensteuer wurde dem kaiserlichen Fiskus zugeführt. Zu Gamaliel siehe F. MILLAR, A Greek Roman Empire. Power and Belief under Theodosius II (408–450), Berkeley, Los Angeles und London 2006, 124–125. 225 Sokrates, HE 7,45,2; vgl. Theodoret, HE 5,36. 226 Vgl. die Schilderungen bei Sokrates, HE 7,34,14–15 und 7,35. 227 Sog. Latrocinium Ephesinum, eine Bezeichnung, die auf Papst Leo I. (440–461 Bischof von Rom) zurückgeht, der ein entschiedener Gegner der Ergebnisse dieser Versammlung war. 220
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cheria stellte.228 Pulcheria vertrat die Ansicht, Maria sei als θεοτόκος zu verstehen, die Gebärerin sowohl der menschlichen als auch der göttlichen Seite Jesu.229 Nestorios wollte durch Maria nur die menschliche Natur Christi in die Welt gebracht sehen, eine Haltung, die den Streit um die Naturen Christi neu entfachte230 und 431 auf dem ersten Konzil von Ephesus mit der Absetzung und Verbannung des Nestorios endete.231 Ebenfalls 438 (im Juli)232 stirbt der novatianische Bischof Paulos, der ab 419233 Bischof in der Hauptstadt war. Sein Begräbnis wird nach Sokrates ein alle Parteien einendes Ereignis.234 Für die Regierungszeit des Theodosius II. liefert uns Sokrates noch einmal eine Fülle von Material zu den Novatianern.235 Bereits das fünfte Kapitel ist komplett dem schon erwähnten innernovatianischen sogenannten Sabbatianischen Schisma gewidmet, das aus einem Streit um den Termin des Osterfestes entstand.236 Sabbatius versammelte seine Gemeinde abseits der anderen novatianischen Zusammenkünfte in der Nähe des Forums des Arcadius.237 Dort hatte er reichen Zulauf, ein Umstand, der die ›orthodoxen‹ Novatianer unter Sisinnius hart getroffen haben dürfte. Sokrates betont, es seien besonders die schlichteren Gemüter der novatianischen Laien gewesen, die Sabbatius gefolgt seien. Als ein gewisses Maß an Unruhe erreicht war, schritt Sisinnius ein und zeigte, dass er nicht nur auf der Kanzel mit Worten zu beeindrucken verstand, sondern durchaus auch mit physischer Gewalt die Ordnung aufrechterhalten konnte. Während einer nächtlichen Versammlung der Sabbatianer rückte Sisinnius mit einer größeren Gruppe von Menschen an. Ihr Erscheinen löste Panik aus, und viele kamen in dem Tumult zu Tode (Sokrates spricht von ca. 70 Opfern). 228 Der Streit um die Rolle Marias war in der Diskussion um die Natur Jesu begründet. Während die orthodoxe Kirche Jesus eine menschlich-göttliche Natur unterstellte, plädierten ihre Gegner (Monophysiten) für ein rein göttliches Wesen Christi. Nestorios sah Maria als Mutter der menschlichen Form Jesu, nicht aber als Gottesgebärerin. 229 Ob man so weit gehen sollte wie KATHRIN CHEW (Virgins and Eunuchs. Pulcheria, Politics and the Death of Emperor Theodosius II, Hist. 55/2, 2006, 207–227, hier 217– 220) und den Widerspruch des Nestorios gegen eine Maria θεοτόκος als Angriff auf die politische Autorität der Pulcheria allgemein sehen darf, sei dahingestellt. 230 Sokrates, HE 7,34,10. 231 Nestorios starb 451 in Oasis mitten in der libyschen Wüste. 232 Sokrates, HE 7,46,1. 233 Sokrates, HE 7,17,2. 234 Sokrates, HE 7,46,1: Ὃς τῇ ἑαυτοῦ ἐκκοµιδῇ πάσας τὰς διαφόρους αἱρέσεις τρόπον τινὰ µίαν ἐκκλησίαν εἰργάσατο. 235 Sozomenos geht in seinem letzten Buch nicht mehr auf die Entwicklungen der novatianischen Kirche ein. 236 Vgl. Sokrates, HE 5,21. 237 Sokrates, HE 7,5,3: Παρασυνάγων οὖν τῷ ἐπισκόπῳ ἑαυτοῦ Σισιννίῳ ἐν τόπῳ τῆς πόλεως, ᾧ προσωνυµία Ξηρόλοφος, ἐν ᾧ νῦν ἡ ἀγορὰ Ἀρκαδίου ὀνοµάζεται […].
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Sisinnius erreichte sein Ziel, denn τοῦτο γενόµενον πολλοὺς τοῦ Σαββατίου ἀπέστησε:238 Dies schien seine letzte vermerkte Tat für seine Gemeinde gewesen zu sein, denn im Jahr 407 starb dieser herausragende novatianische Führer. Die von Sisinnius getroffene Nachfolgeregelung ist sehr interessant.239 Sie zeigt, dass bei den Novatianern eine Art dynastisches Prinzip möglich war. Chrysanthus, der nach Sisinnius den Bischofssitz übernimmt, ist der Sohn von Sisinnius’ Vorgänger Markianos. Markianos hatte den Novatianern in der Bedrängnis unter Valens Freiraum verschafft. Seine Tätigkeit als Lehrer der beiden Töchter des damaligen Kaisers ermöglichte ihm die Einflussnahme auf den Kaiser. Sein Sohn konnte eine steile Karriere aufweisen. In jungen Jahren mit militärischen Aufgaben am Kaiserhof betraut, wurde er ὑπατικός von Italien, danach βικάριος in Britannien.240 Im fortgeschrittenen Alter strebte er nach seiner Rückkehr nach Konstantinopel keinesfalls ein Bischofsamt an, sondern wollte vielmehr Stadtpräfekt werden. Seine Wahl zum Oberhaupt der Novatianer geschah, wie Sokrates sagt, gegen seinen Willen. Das Wort des Sisinnius war Gesetz, und seine Anhänger wollten die Anweisungen unverzüglich durchsetzen, Chrysanthus entzog sich jedoch. Diesen Moment des Zögerns wollte Sabbatius für sich nutzen und den Bischofsstuhl an sich reißen. Um das zu verhindern, suchten die novatianischen Christen verzweifelt nach Chrysanthus und spürten ihn schließlich in Bithynien auf. Sokrates schließt diesen Abschnitt mit der lapidaren Formulierung an, man hätte ihn in Bithynien gefunden und ihn zur Annahme des Bischofsamtes gezwungen.241 Der Satz liest sich ähnlich nüchtern wie die abschließenden Zusammenfassungen in Cäsars Commentarii, die den Sieg über germanische Stämme und den Austausch von Geiseln zum Inhalt haben. So wie hier die Grausamkeit des Krieges angesichts des Ergebnisses zu einer organisatorischen Randnotiz verkommt, schimmert dort bei der gewaltsamen Einsetzung eines Mannes in ein geistliches Amt die Befriedigung des Autors über eine gelungene Lösung durch. Chrysanthus schien sich jedoch nicht nur bald mit seiner neuen Aufgabe abgefunden, sondern sie auch besonders gut
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Sokrates, HE 7,5,8: »Aus diesem Grund verließen viele Sabbatius.« Sokrates, HE 7,12,1 ff. 240 Sokrates, HE 7,12,2: […] ἐκ νέας δὲ ἡλικίας κατὰ τὰ βασίλεια στρατευσάµενος. ὕστερον ἐπὶ τοῦ µεγάλου Θεοδοσίου τοῦ βασιλέως ὑπατικὸς τῆς Ἰταλίας γενόµενος, µετὰ ταῦτα καὶ βικάριος τῶν Βρεττανικῶν νήσων καταστὰς ἐθαυµάσθη ἐπὶ ταῖς διοικήσεσι. 241 ὃν καὶ εὑρόντες περὶ Βιθυνίαν κρυπτόµενον, πρὸς τὴν ἐπισκοπὴν ἑλκύσαντες προεβάλοντο (Sokrates, HE 7,12,7). 239
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ausgeführt zu haben. Sokrates berichtet von einer neuen Blütezeit für die novatianische Kirche.242 Aus der Amtszeit des Johannes Chrysostomus hatte man auch auf der Seite der Novatianer gelernt, denn Chrysanthus (als erster novatianischer Bischof, wie Sokrates erwähnt) spendete aus seinem Privatvermögen Gold für die Armen.243 Darüber hinaus zeigte er Bescheidenheit und nahm aus dem Kirchenbesitz nichts weiter an als jeden Sonntag zwei geweihte Laibe Brot. Es war wohl auch üblich, dass die Bischöfe für ihre amtlichen Verrichtungen das Vermögen der Kirche in Anspruch genommen hatten, denn genau dagegen hatte Johannes unter anderem gewettert. Chrysanthus erscheint wie das Gegenbeispiel zu Sisinnius. Er geht vorsichtig vor, und sein Verhalten kommt an. Zudem scheint er für gute Leute im novatianischen Klerus gesorgt zu haben, denn Sokrates spricht von einem wegen seiner eleganten Reden berühmten Mann namens Ablabius, der unter Chrysanthus erst Presbyter und schließlich (novatianischer) Bischof von Nizäa wurde.244 Chrysanthus wurde auf Ablabius offenbar dadurch aufmerksam, dass seine Reden unter den Menschen kursierten.245 Das war natürlich ein geschickter Schachzug, um die novatianische Lehre weiterzuverbreiten und eine bereits vorgespurte Route zu nutzen. Diejenigen, die Ablabius bis dahin bewundert hatten, konnten so auch für seine theologischen Ideen gewonnen werden. Seine frühere Profession gab er nicht auf, sondern unterrichtete auch als Bischof von Nizäa weiter Rhetorik. Mit der Wahl des Chrysanthus zum novatianischen Bischof war der letzte kluge Ratschluss des Sisinnius umgesetzt worden. Er hatte dessen Potenzial vor Augen gehabt und nach guter novatianischer Tradition seine Bekanntheit bei Hofe nutzen wollen. Chrysanthus baute auf dem Ruf des Sisinnius ein eigenes System der Machterhaltung auf. Seine Leistung gerät umso größer, als Chrysanthus vergleichsweise nicht lange im Amt war (Sokrates spricht von sieben Jahren).246 Chrysanthus stirbt um 419. Sokrates berichtet hier nicht, auf welche Weise sein Nachfolger Paulos ausgewählt und eingesetzt wurde. Wir wissen von Sokrates nur, dass Paulos ein Geistlicher aus innerer Berufung war.247 Ehemals Lateinlehrer, wählte er ein geistliches und asketisches Leben. Er gründete ein Männerkloster und führte das Leben eines Heiligen. Mit Paulos bekam die novatianische Kirche von Konstantinopel einen
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Ναυατιανῶν ἐκκλησία ἐν τῇ Κωνσταντινουπόλει συνεκρότησέν τε καὶ ηὔξησε (Sokrates, HE 7,12,8). 243 Sozomenos schreibt über Pulcherias Aktivitäten für die Armen (HE 9,1,10). 244 Sokrates, HE 7,12,10. 245 Ibid. 246 Sokrates, HE 7,17,1. 247 Ibid.
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Seelsorger nach der Art des Johannes Chrysostomus, der sich um die Armen sorgte und Gefängnisseelsorge betrieb.248 In der Berichterstattung wechselt Sokrates das Genre und schildert die Amtszeit des Paulos eher in der Art einer Heiligenvita denn einer rein historischen Darstellung. Während bei Chrysanthus dessen Verdienste um die Kirche und dessen kluge Führung im Vordergrund standen, gab es für die Zeit des Paulos Wundertaten zu berichten. Das erste Mirakel erwähnt Sokrates als zusätzliche Charakterisierung des neuen Bischofs, die seinen heiligen Nimbus ausdrücken sollte.249 Zu Paulos kam ein Jude, der von ihm getauft werden wollte. Er war eine Art Trickbetrüger, der sich mehrere Male taufen ließ und so Geld erschlichen hatte.250 Als Paulos ihn nach der Auflage des Fastens und Betens zur Taufe zuließ, verschwand das Taufwasser vor den Augen der Umstehenden. Zuerst suchte man einen natürlichen Grund für diesen Vorgang wie einen unterirdischen Kanal, in den das Wasser abfließen konnte, aber auch bei der Wiederholung des Vorgangs geschah dasselbe. Paulos erkannte den Hinweis Gottes auf den Betrug und legte ihn dar. Das zweite Wunder (Sokrates, HE 7,39) ereignete sich, als eine Feuersbrunst in der Stadt wütete und die novatianische Kirche am Pelargus (die novatianische Anastasia) zu verwüsten drohte. Paulos betete am Altar um die Verschonung von Stadt und Kirche. Seine Gebete wurden erhört, und die Kirche blieb unversehrt. Der Tag ihrer Errettung wurde ein Festtag für alle Menschen der Stadt, Christen wie Pagane.251 Als Paulos im Juli 438 stirbt, soll sein Begräbnis eine alle christlichen Parteien einende Zusammenkunft gewesen sein.252 Sein Nachfolger wird wieder ein Markianos, der im Juli wider seinen Willen in das Bischofsamt der novatianischen Gemeinde eingeführt wird.253 Dieser Markianos wird von Sokrates am Ende seiner Kirchengeschichte nur knapp erwähnt. Da die Berichterstattung 439 abbricht, erfahren wir über Markianos nichts weiter. Aus anderen Quellen kann jedoch erschlossen werden, dass er später zur Orthodoxie übertrat und sich noch als Novatianer am Ausbau der berühmten Anastasia-Kirche beteiligte.254 Er 248 Sokrates, HE 7,17,5: Τοὺς ἐν φυλακαῖς ἀόκνως ἐπεσκέπτετο· ὑπὲρ πολλῶν δὲ καὶ τοὺς ἄρχοντας παρεκάλει, ὃ καὶ ἑτοίµως ὑπήκουον διὰ τὴν προσοῦσαν εὐλάβειαν τῷ ἀνδρί. 249 Sokrates, HE 7,17,11 ff. 250 Offenbar bekamen jüdische Proselyten eine Art Begrüßungsgeld, wenn sie zum Christentum übertraten. 251 Sokrates nennt den 17. August 433 (HE 7,39). 252 Sokrates, HE 7,46,1. 253 Vgl. WALLRAFF, Markianos, ein prominenter Konvertit vom Novatianismus zur Orthodoxie, VigChr 52/1, Febr. 1998, 1–29. 254 Ibid., 4.
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übernahm das Amt des oikonomos an der Hagia Sophia, vielleicht eine Entschädigung für den Verlust des Bischofsamtes bei seiner Konversion.255 Für Wallraff spiegelt die Entscheidung des Markianos, sich der Orthodoxie anzuschließen, eine mögliche Entwicklung der novatianischen Kirche in ihrer Spätzeit wider: den allmählichen Anschluss an die orthodoxe Kirche.256 Dieser ›weiche‹ Übergang wird in der Einigkeit beider christlicher Gruppen optional, von der Sokrates bei der Beerdigung des Paulos spricht. Das hier beschworene Bild der Harmonie zwischen den christlichen Gruppen zieht sich fast durch das ganze neunte Buch der Kirchengeschichte (siehe dagegen die Erwähnung antinovatianischer Maßnahmen in HE 7,29,11 unter Nestorios). Auch der Kaiser Theodosius II. wird nur lobend erwähnt, und sein Einschreiten gegen antinovatianische Maßnahmen wird gewürdigt.257 Inmitten dieses literarischen Friedens gibt es Hinweise, die die von Sokrates skizzierte Einigkeit der orthodoxen und der novatianischen Kirche infrage stellen. In den ersten elf Jahren der Regierung Theodosius’ II. konnte der Status der novatianischen Kirche als ›Freundin‹ des Hofes und des nizäischen Bekenntnisses offensichtlich noch gehalten werden, sonst wäre die oben zitierte Bemerkung, dass unter Chrysanthus die Kirchen der Novatianer in der Stadt blühten, unverständlich. Der Codex Theodosianus zeigt jedoch auch die Brüchigkeit der novatianischen Akzeptanz. Die Gesetzestexte spiegeln eine allgemein antihäretische Stimmung wider.258 Von 413 haben wir einen Text,259 der ein Versammlungsverbot für die sogenannten Protopaschiten festlegt.260 Dabei werden auch die Novatianer angesprochen, die als (Anhänger des Sabbatius) das Osterfest abweichend begehen. Ihre Anführer werden mit harten Strafen belegt. Die Formulierung in Cod. Theod. 16,6,6 zeigt, dass man im Jahr 413 zwischen den Novatianern als anerkannter Gruppe unterscheidet und qui, Novatianorum collegio desertores ac refugae, […] potiores sectae haberi contendunt […]. Das ändert sich im Laufe der nächsten zehn Jahre, denn für das Jahr 423 (der novatianische Bischof heißt jetzt Paulos, auf der orthodoxen Seite ist es Attikos) finden wir ein Gesetz, das den Novatianern gleichermaßen wie den Sabbatianern, Manichäern, Montanisten etc. Privilegien vorenthielt. Auch ist ihnen unter Androhung von Strafen versagt, dagegen Einspruch zu erheben.
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Ibid. Ibid. 257 Sokrates, HE 7,29,11. 258 Cod. Theod. 16,5,49; 16,5,52 und 54; 16,5,57; 16,5,58. 259 Cod. Theod. 16,6,6. 260 Diejenigen, die den Termin des Osterfestes nach dem jüdischen Kalender festlegen, wie z.B. die novatianische Splittergruppe der Sabbatianer. 256
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Das Gesetz wird bei Sokrates nicht erwähnt. Eine kleine Randnotiz in HE 7,25,15 zeigt aber, dass es Widerstand gegen die Novatianer zu dieser Zeit gegeben hat. Der oben erwähnte orthodoxe Bischof Attikos wird hier ausdrücklich als Freund der Novatianer gerühmt.261 Er verteidigt sie gegen die Intervention ungenannter Personen.262 Der Hinweis auf eine anonyme Gruppe, die sich an den Versammlungen der Novatianer in der Stadt störte, zeigt, dass ein Unwille gegen ihre Sonderbehandlung aufgekommen war.263 Dieser Verdacht erhärtet sich, wenn man auf das Jahr 428 schaut. In den Querelen um die Nachfolge des orthodoxen Bischofs spricht Theodosius ein Machtwort und befiehlt den Bischof von Antiochia, Nestorios, nach Konstantinopel. Sokrates berichtet in HE 7,29,2 über die Amtseinführung des Nestorios am 10. April 428. Die überlieferten ersten Worte des neuen Kirchenhirten zeigen sein Programm gleichermaßen, wie sie auch sein Verhältnis zum Kaiser enthüllen: »∆ός µοι«, φησίν, »ὦ βασιλεῦ, καθαρὰν τὴν γῆν τῶν αἱρετικῶν, κἀγώ σοι τὸν οὐρανὸν ἀντιδώσω· συγκάθελέ µοι τοὺς αἱρετικούς, κἀγώ συγκαθελῶ σοι τοὺς Πέρσας.«264 Nestorios gibt sich selbstbewusst als Mann der Stunde, der den Kampf gegen die Häretiker mit einem Krieg gegen äußere Feinde parallelisiert. Der Zusammenhang zwischen der Bedrohung durch die Perser und dem Kampf gegen die Häretiker baut auf bekannten Mustern auf. Schon in paganen Zeiten wurde das (rechte) religiöse Verhalten des Volkes in Bezug zu militärischen Bedrohungen bzw. Bedrohungen durch Seuchen oder Naturkatastrophen gesetzt.265 Die so öffentlich geäußerte Provokation aller nichtorthodoxen Parteien in der Kirche lässt nicht nur die Stimmung bei 261 Sokrates, HE 7,25,17, Attikos zu Asklepios, dem novatianischen Bischof von Nizäa: »Ἐγώ«, ἔφη, »τὸν µὲν Ναύατον ἐπαινῶ […].« 262 Sokrates, HE 7,25,15: Τινῶν δὲ λεγόντων πρὸς αὐτὸν µὴ ὀφείλειν Ναυατιανοὺς ἔνδον συνάγειν τῶν πόλεων, »Οὐκ οἴδατε«, εἶπεν, »ὅσα ἡµῖν διωκοµένοις ἐπὶ Κωνσταντίου καὶ Οὐάλεντος συµπεπόνθασιν; ἄλλως τε«, ἔφη, »καὶ µάρτυρες τῆς πίστεως ἡµῶν καθεστήκασι· πάλαι γὰρ τῆς ἐκκλησίας χωρισθέντες οὐδὲν περὶ τὴν πίστιν ἐκαινοτόµησαν.« (»Als aber einige zu ihm [Attikos] sagten, dass es den Novatianern nicht erlaubt sein sollte, ihre Versammlungen in den Städten abzuhalten, antwortete er: ›Wisst ihr nicht, dass sie zusammen mit uns unter der Verfolgung durch Konstantius und Valens gelitten haben? Außerdem‹, sprach er, ›sind sie auch Zeugen unseres Glaubens. Obwohl schon lange von der Kirche getrennt, haben sie keine Neuerungen im Glauben herbeigeführt.‹«) 263 Andere häretische Gruppen wie z.B. die Arianer durften sich nicht innerhalb der Stadt versammeln, siehe Sokrates, HE 5,7,10. 264 Sokrates, HE 7,29,5: »Gib mir, mein König, eine Erde frei von Häretikern, und ich gebe dir den Himmel als Gegenleistung. Steh mir bei der Vernichtung der Häretiker bei, und ich unterstütze dich bei den Persern.« 265 Vgl. Livius 5,51,5; Cicero, De har. resp. 19 für den Zusammenhang des rechten kultischen Verhaltens und der Stabilität des Staates vor dem Hintergrund von Naturkatastrophen, dazu G. H. WALDHERR, Erdbeben. Das außergewöhnliche Normale. Zur Rezeption seismischer Aktivitäten in literarischen Quellen vom 4. Jahrhundert v. Chr. bis zum 4. Jahrhundert n. Chr., Stuttgart 1997, hier 157 ff.
134
Kapitel 5: Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien
Hofe durchscheinen, sondern zeigt die Verquickung von Staat und Kirche in einem sich gegenseitig bedingenden Gefüge.266 Die Sehnsucht nach der Einheit der Kirche, die man Theodosius gewöhnlich zuschreibt, wird zur Voraussetzung für außenpolitische Erfolge und zu einer Kampfansage an das individuelle Christentum. Sokrates schildert die euphorische Reaktion der Menge, bei der allein das Wort Häresie Antipathien hervorrief.267 Im Anschluss daran folgt eine ebenso subtile wie entlarvende Kritik des Sokrates an seinem Herrscher. In scharfen Kontrast zu der kritiklos urteilenden Masse (die in diesem Moment die Zielsetzung des Kaisers mit seiner Wahl des Nestorios aufnimmt) setzt Sokrates eine Gruppe von eher intellektuell einzuordnenden Zuhörern. Sie durchschauen die Demagogie und den Kern des Nestorios. Jene, die in der Lage sind, den Charakter eines Mannes anhand seiner Äußerungen zu erkennen, hätten die brutale Gesinnung und den leichtfertigen Verstand des Nestorios erkennen können.268 Die Sorgen sind berechtigt, denn Nestorios hält Wort. Laut Sokrates lässt er fünf Tage nach seiner Amtseinführung die Kirche der Arianer zerstören. Kurz darauf erfolgen nicht näher bestimmte Maßnahmen gegen die Novatianer (Καὶ γὰρ Ναυατιανοὺς σκύλλειν ἐπειρᾶτο […]), angeblich aus Eifersucht gegen das Ansehen ihres Bischofs Paulos.269 Vor diesem Hintergrund überrascht das am 30. Mai 428 eingebrachte Gesetz gegen Häretiker nicht. In der Auflistung der häretischen Gruppen werden die Novatianer und ihre Splittergruppe, die Sabbatianer, erwähnt: Novatianis autem et Sabbatianis omnis innovationis adimatur licentia, si quam forte temptaverint.270 Eine Möglichkeit, diese Passage zu deuten, wäre die Duldung des Status quo.271 Da jedoch zuvor den Arianern, Macedonianern und Apollinarianern verboten worden war, Kirchen innerhalb der Stadt zu besitzen, liegt es nahe, dass auch den Novatianern Einschränkungen drohten.272
266
Dazu MILLAR, A Greek Roman Empire, 152–155. Das hier von Sokrates gezeichnete Bild lässt schnell Assoziationen zu demagogischen Prozessen während des Dritten Reiches aufkommen. 268 Sokrates, HE 7,29,6: […] ἀλλ᾽ οὖν γε, ὡς ἔφην, τοὺς εἰδότας ἐκ λόγου γνώµην τεκµήρασθαι οὐκ ἔλαθεν οὐδὲ τὸ κοῦφον τῆς διανοίας οὐδὲ τὸ θυµικὸν ἐν ταὐτῷ καὶ κενόδοξον· ὅτι µηδὲ τὸ βραχύτατον εἰς ὑπέρθεσιν ἀνασχόµενος εἰς τοιούτους προήχθη λόγους· ἀλλ᾽ εἰ δεῖ κατὰ τὴν παροιµίαν εἰπεῖν· »µηδὲ τοῦ τῆς πόλεως ὕδατος ἤδη γευσάµενος« διάπυρος διώκτης ἐδείκνυτο. 269 Sokrates, HE 7,29,11. 270 Cod. Theod. 16,5,65. »Den Novatianern und den Sabbatianern möge die Erlaubnis jeglicher Neuerung entzogen werden, falls sie es zufällig versuchen.« 271 Vgl. Cod. Theod. 16,5,2. 272 Intra nullam civitatem ecclesiam habere liceat. 267
5.4. Von Theodosius I. bis Theodosius II.
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In diesem Kontext wäre eine Erklärung von innovatio als Errichtung neuer Kirchen denkbar.273 Die Varianten, die omnis innovatio offenlässt, sind viel weitreichender. Innovationes können sich ebenso auf soziale Aktivitäten beziehen wie die Armenfürsorge u.Ä.274 Es kann genauso das Einsetzen neuer Geistlicher verbieten wie den Erwerb von Immobilien. Es ist schnell klar, dass dieses Gesetz die vollständige Lähmung der novatianischen Kirche zur Folge haben kann und ein entscheidender Eingriff in die Freiheit ihrer Gemeinde ist. Es scheint naheliegend, dass damit jene »Ärgernisse« gemeint sind, die Nestorios kurz nach seinem Einschreiten gegen die Arianer den Novatianern zufügte. Wenn nur ein konkretes Verbot bezüglich der Kirchen ausgesprochen worden wäre, so hätte Sokrates dies unbesorgt nennen können, so wie er andere negative Ereignisse unter dem neuen Bischof zur Sprache bringt. Da Nestorios schon nach wenigen Jahren in Ungnade fiel, war es ungefährlich, seine Aktionen aufzuzählen. Die vorsichtige Umschreibung σκύλλειν lässt vermuten, dass hier Repressalien gemeint waren, die auch nach der Verbannung des Nestorios anhielten. Der Rest von Buch 7 beschäftigt sich noch mit den Wundertaten des novatianischen Bischofs Paulos, als sei nichts anderes von Bedeutung zu berichten. Episoden der innerkirchlichen Begegnung wie zwischen Attikos und den Novatianern entfallen. Sokrates’ Absicht, seine Kirchengeschichte mit dem Bild einer blühenden und friedvollen Kirche zu schließen, ist offenkundig. Kaiser Theodosius II. wird dem Leser als eine Art Parallele zu Augustus präsentiert. Wie sein paganer Vorgänger soll er der Nachwelt als Befrieder des (östlichen) Reiches und Ordner der religiösen Belange erscheinen. Beide Herrscher haben tatsächlich mehrere Parallelen. Augustus besann sich auf alte römische Traditionen, die er auch im kultischen Leben umsetzte. Parallel versuchte er, eine neue Sittenstrenge einzuführen, die sich in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens auswirkte.275 Ähnlich versuchte Theodosius von Anfang an die Kirche in orthodoxer Reinheit zu formen und ergriff antihäretische Maßnahmen. Die kaiserliche Propaganda vermittelte ein sittenstrenges, ja mönchisches Leben bei Hofe. Der fromme Alltag schon des jungen Kaisers und seiner jungfräulichen Schwestern gab die Richtung vor, und plötzlich sahen sich viele Angehörige der Oberschicht mit einer Situation konfrontiert, in der der eigene Lebensstil hinterfragt wurde. Zu dieser neuen Stimmung passt auch die vom Kaiser durchgesetzte Wahl des Antiocheners Nestorios zum Bischof, 273 Vgl. z.B. die französische Übersetzung: Le Code Théodosien, livre XVI, et sa réception au Moyen Age. Texte latin de l’édition Mommsen et traduction française. Introduction, notes et index par É. MAGNOU-NORTIER, Paris 2002, 291. 274 So unter Bischof Chrysanthus (Sokrates, HE 7,12,9). 275 Man denke nur an die Ehegesetze des Augustus wie z.B. das ius trium liberorum, das Frauen, die drei Kinder und mehr geboren hatten, Privilegien einräumte.
136
Kapitel 5: Die Entwicklung der novatianischen Kirche in Kleinasien
der die Nachfolge des novatianerfreundlichen Attikos antrat. Nestorios erscheint als Bischof wie ein Räumkommando, das sofort begann, seine Arbeit zu erledigen.276 Nachdem Nestorios nach dem ersten Konzil von Ephesus abgesetzt worden war, gab es erneut eine Kontroverse um die Nachfolge. Wieder stand Proclus zur Debatte, der bei der Wahl des Nestorios ein Konkurrent gewesen war. Er hätte nach Sokrates wohl auch das Rennen gemacht, εἰ µή τινες τῶν µεγάλα δυναµένων ἐκώλυσαν, φήσαντες κανόνα ἐκκλησιαστικὸν κωλύειν τὸν ὀνοµασθέντα τινὸς πόλεως ἐπίσκοπον εἰς ἑτέραν µεταφέρεσθαι πόλιν.277 Diese mutmaßliche Berufung auf den 15. Kanon von Nizäa278 entlarvt Sokrates ein Kapitel später als Täuschung, um einen ungewünschten Prätendenten abzuschmettern. Aufgrund der antihäretischen Stimmung und der Aktionen des Nestorios könnte man vermuten, dass jener Proclus wie Attikos vielleicht eine gemäßigte Haltung zu den häretischen Gruppen, respektive den Novatianern, eingenommen hat. Es spricht einiges dafür, Pulcheria als Urheberin der Ablehnung des Proclus zu vermuten, denn Sokrates betont sehr, wie groß die Wertschätzung des Kaisers für Proclus war.279 Angesichts der Tatsache, dass Sokrates Pulcheria nie erwähnt, obwohl sie maßgeblich an der Regierung des Reiches beteiligt war, ist es wahrscheinlich, dass Pulcheria schon in der Anfangszeit des Theodosius eine Gegnerin der Häretiker und schließlich auch der Novatianer war. Möglicherweise waren ihr der Reichtum und das gesellschaftliche Auftreten einiger ihrer Kleriker ein Dorn im Auge. Vielleicht war auch der frühere Einfluss bei Hofe, den die Novatianer genossen, für Pulcherias Vorstellung eines kaiserlichen Hauses störend. Die aufgeführten Ereignisse und Zusammenhänge zeigen, dass es für die Novatianer unter Theodosius II. nicht mehr ausreichte, Anhänger des nizäischen Bekenntnisses zu sein. Doch muss die novatianische Gemeinde in der Stadt noch lange weiterexistiert haben, denn Photius (Patriarch von Konstantinopel, 858–867 und 877–886) schreibt, die Novatianer vor Ort würden sich immer noch darauf berufen, dass Novatian in Rom Erzdiakon und der eigentliche Nachfolger des Bischofs Fabian gewesen sei.
276
Vgl. Sokrates, HE 7,29,12. Sokrates, HE 7,35,1 ff. (»… wenn nicht etliche mit großer Macht eingeschritten wären, mit Berufung auf den kirchlichen Kanon, dass keiner, der als Bischof in einer Stadt nominiert ist, in eine andere Stadt verlegt werden könne«). 278 Sokrates, HE 7,36,5. 279 Sokrates, HE 7,42,1. 277
5.5. Conclusio
137
5.5. Conclusio Das Kapitel hat gezeigt, dass es den Novatianern nach dem Konzil von Nizäa über die Regierungsperioden mehrerer Kaiser gelang, sich in Konstantinopel zu behaupten. Ihre deutliche Verbindung zur Oberschicht schuf ihnen immer wieder Freiräume und Schlupflöcher, um ihre Kirchen zu behalten oder zurückzubekommen. Die Ausnahmeregelung innerhalb der Häretikergesetze Konstantins oder das Schweigen über die Novatianer in den Häretikergesetzen des Theodosius I. zeigt, dass die Interessensvertreter der novatianischen Kirche von hoher Akzeptanz innerhalb der städtischen Elite und am Hof gewesen sein mussten.280 Ihre selbstbewusste Art, zu materiellem Wohlstand und gehobener Bildung zu stehen, machte sie attraktiv für vornehme Bürger, die geistige Auseinandersetzung zu schätzen wussten. Dazu passt hervorragend der »Reinheitsanspruch« der Novatianer, die ihren Anhängern zu einer gesellschaftlich gehobenen Stellung auch noch eine theologisch exklusive Position anbieten konnten. Das Verhältnis der Novatianer zur orthodoxen Kirche in Konstantinopel scheint ohne einen Druck von außen, wie es unter den Bischöfen Gregor von Nazianz oder Johannes Chrysostomus geschah, freundlich und bisweilen sogar harmonisch gewesen zu sein. In bedrängten Situationen wie unter Konstantius war man sich der Gemeinsamkeiten beider Gruppen völlig bewusst und unterstützte sich gegenseitig. Auch wenn sich die Situation unter Theodosius II. für Häretiker allgemein verschärfte, scheinen die Novatianer bis weit in byzantinische Zeit hinein als Kirche in der Kirche weiterexistiert zu haben. Möglicherweise ist dies auch durch die Stärke der novatianischen Gemeinden im kleinasiatischen Hinterland zu erklären, die durch ihre Präsenz in der Provinz ein religiöses Rückgrat für ihre Glaubensgenossen in der Hauptstadt bildeten.
280
Vgl. Sokrates, HE 4,9,4 ff.
Kapitel 6
Das kleinasiatische Hinterland 6.1. Die literarischen und die epigraphischen Quellen Wie bei vielen als häretisch eingestuften christlichen Strömungen und sogenannten Sonderkirchen sind die eigenen Schriften entweder gar nicht oder nur in redaktionell verwendeten Teilen antihäretischer Traktate erhalten. Das erschwert die historische Beurteilung einer christlichen Gruppierung ebenso wie die Qualität ihrer theologischen Basis. Beides ist sicherlich von der jeweils als Hauptkirche verstandenen Partei gewünscht gewesen. Dass es ein eigenes novatianisches Schriftgut für den kleinasiatischen Zweig der novatianischen Kirche gegeben hat, wissen wir von Sokrates, der von literarischen Tätigkeiten zumindest des Sisinnius berichtet.1 Die sogenannte Vita St. Autonomi, die Foss als novatianisch ansieht, steht wegen zahlreicher Ungereimtheiten noch in der Diskussion und kann nur unter Vorbehalten herangezogen werden.2 So bleiben uns lediglich sekundäre Quellen für Kleinasien wie die Kirchengeschichten des Sokrates und des Sozomenos. Als Primärquellen liegen uns einige novatianische Inschriften vor, hauptsächlich aus Phrygien und dem mysisch-bithynischen Grenzland. Die novatianischen Gebiete weiter östlich in Paphlagonien und Galatien haben uns nach aktuellem archäologischen Stand kein epigraphisches Material hinterlassen. Hier wissen wir nur durch Sokrates und Sozomenos von novatianischen Gemeinden. Hinsichtlich Paphlagoniens, das stark novatianisch geprägt gewesen sein muss, ist diese Lücke erstaunlich.
6.2. Die Ausbreitung der novatianischen Kirche in Kleinasien »The real strength of the Novatians clearly lay outside Constantinople in the hinterland of Asia Minor.«3 Diese Aussage Mitchells spiegelt die nach wie vor gängige Forschungsmeinung über Bedeutung und Größe der novatianischen Kirche in Kleinasien wider, die immer noch von Calders Unter1
Sokrates, HE 6,21,6 und 6,22,21. Dazu WALLRAFF, Geschichte, 254 und dort Anm. 7. 3 MITCHELL, Anatolia II, 97.
2
6.2. Die Ausbreitung der novatianischen Kirche in Kleinasien
139
suchung »Epigraphy of Anatolian Heresies« geprägt wird.4 Die Tatsache, dass in Kleinasien und dort vor allem im Westen zahlreiche christliche Strömungen konkurrierten, zeichnet ein unruhiges Bild der damaligen Kirche. Auch wenn das Konzil von Nizäa unter anderem das homousische Gottesbild festschrieb und damit andersdenkende christliche Gruppen als häretisch etikettierte, war noch lange nicht die Kirche geschaffen oder etwa eine verbindliche Glaubenspraxis durchgesetzt. Christentum in Kleinasien hieß vor allem Christsein in der Vielfalt. Tendenziell ist jedoch ein Hang zu extremer Religionsausübung wie Askese oder auch Bußrigorismus festzustellen, wie die große Zahl asketisch-rigoristischer Gruppen zeigt. Die auffällige Konzentration solcher Kirchen im westlichen Kleinasien ist sicherlich zum Teil durch den religionshistorischen Kontext begründbar. Schon in paganer Zeit prägten Kulte mit strengen moralischen und religiös-disziplinierten Grundsätzen den Westen. Der Montanismus ist ein gutes Beispiel für die christliche Adaption pagan-asketischer Kultkonzepte und zeigt in seinen Fasten- und Enthaltsamkeitsritualen Parallelen zu den paganen Kulten Kleinasiens.5 Die rigoristisch ausgerichtete novatianische Kirche ist in diesem Kontext eine von zahlreichen christlich-asketischen Strömungen im kleinasiatischen Westen. Die literarischen und die epigraphischen Quellen zum Novatianismus im Hinterland weisen vier große Bischofssitze auf: Konstantinopel, Nizäa, Nikomedea und Kotiaeum.6 Während Nizäa und Nikomedea noch relative Nähe zur Hauptstadt zeigen, liegt der dritte Bischofssitz, Kotiaeum, mitten in Phrygien, der Region, aus der unsere meisten epigraphischen Belege stammen. Wir finden darüber hinaus Novatianer in Bithynien, Paphlagonien, Lycaonien und Galatien bezeugt. Im äußersten Westen (in Karien, der Troas, Pamphylien) und im mittleren wie äußersten Osten (Pontus, Kappadokien, Armenien) können nach heutigem Stand keine novatianischen Gemeinden nachgewiesen werden; dafür besaß Skythien einen novatianischen Bischof, den wir durch Sokrates auch namentlich kennen (Markianos).7 Schaut man sich die Verteilung auf einer Karte an,8 so wird schnell deutlich, dass die novatianische Kirche sich (abgesehen von Skythien) vor allem in dichter besiedelten Gebieten in den größeren Städten (Tiberiopolis,9
4 MITCHELL benennt sogar bewusst ein Kapitel seiner »Anatolia« (II, 100) nach diesem Titel. 5 Vgl. z.B. E. FEHRLE, Die kultische Keuschheit im Altertum, RGVV 6, Gießen 1910, 110 und 135. 6 Sokrates, HE 4,28,18, vgl. MITCHELL, Anatolia II, 96–108. 7 Sokrates, HE 7,46. 8 Zum Beispiel bei MITCHELL, Anatolia II, 94 und 162. 9 Sokrates, HE 7,46.
140
Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
Ankyra,10 Ikonium11 und Laodikea Katakekaumene12) und in ihrem Umland ausgebreitet hatte. Deshalb kann nicht von einem rein ländlichen Phänomen gesprochen werden,13 dessen Anziehungskraft in seiner Kompatibilität mit ursprünglichen ruralen Strukturen zu finden ist. Viel eher scheinen wir es mit einer sich systematisch ausbreitenden Kirche zu tun zu haben, deren Attraktivität auf Stadt und Land gleichermaßen wirkte. Es spricht nach heutigem Erkenntnisstand einiges dafür, einen NordSüd-Verlauf ihrer Expansion – beginnend in Konstantinopel – anzunehmen. Von dort aus ging es nach Bithynien und Paphlagonien. In Richtung Süden ging es dann entlang der großen Handelsstraße über Nizäa und Dorylaion bis nach Ikonium. Hier findet man überall Städte mit novatianischen Gemeinden. Eine andere spekulative Möglichkeit ist die Verbreitung des Novatianismus von Phrygien aus. Die Briefe Novatians an phrygische Gemeinden wurden ja wiederholt erwähnt, ebenso wie seine mutmaßliche Herkunft aus dieser Provinz. Der Weg nach Konstantinopel wäre z.B. mit Versorgungsengpässen der Bevölkerung Ende des dritten Jahrhunderts zu erklären, die zahlreiche Einwohner aus dem Landesinneren in die Hauptstadt und in andere Provinzen getrieben haben.14 Ebenso denkbar sind gezielte Missionierungen, die besonders in Regionen, die bereits den Montanismus kannten, Erfolg gehabt haben könnten. Beide Kirchen waren rigoristisch ausgerichtet und tendierten zur Askese. Aus welcher Richtung auch immer, die novatianische Expansion muss relativ früh begonnen haben. Zur Zeit des Konzils von Nizäa lebten nach Sokrates auf dem bithynischen Olymp bereits novatianische Mönche (namentlich Eutychianos und Auxanon).15 Die Entwicklung eines asketischen Ideals auf der Basis einer religiösen Philosophie setzt ihre Etablierung und Reflexion voraus. Derartige Vorgänge ziehen sich oft über Jahre hin. Trotz ihres klösterlichen Lebens hatten die Mönche vom bithynischen Olymp offenbar guten Kontakt zum Kaiserhof, denn wir wissen von Eutychianos, dass er beim Kaiser in hohem Ansehen stand. Er konnte sich erfolgreich für einen überführten Verräter verwenden und ihn vor der Todesstrafe retten.16 Ein anderer Geistlicher, der Bischof Akesios, wird von Konstantin 10 Sozomenos, HE 8,1: Sisinnius bittet Leontinus, den Bischof von Ankyra, um die Rückgabe novatianischer Kirchen in Galatien. 11 Basilius von Caesarea schreibt an den Bischof von Ikonium, Amphilochios, der gefragt hatte, wie er mit den Novatianern in seiner Diözese umgehen solle (Ep. 188 und 190). 12 Siehe die unten aufgelisteten Inschriften 6.6.4–6. 13 Zum Beispiel GREGORY, Geschichte, 4. 14 So MITCHELL, Anatolia II, 98. Ähnlich wie die Hungersnot in Phrygien unter Kaiser Valens (reg. 364–378), siehe Sokrates, HE 4,16,7. 15 Sokrates, HE 1,13,1–4. 16 Sokrates, HE 1,13,10.
6.2. Die Ausbreitung der novatianischen Kirche in Kleinasien
141
zum Konzil von Nizäa eingeladen. Durch die offizielle Teilnahme am Konzil treten die Novatianer für uns nachvollziehbar als eigene und ernstzunehmende Kirche auf. In diesem Sinne sollte auch Kanon 8 des Konzils verstanden werden, wo anhand der Regelung zur Einsetzung von Bischöfen deutlich wird, dass die orthodoxe Kirche Kleinasiens große Schwierigkeiten hatte, gegen die wesentlich etablierteren Novatianer anzukommen.17 Kanon 8 schreibt nämlich vor, dass in Regionen, in denen sich kein orthodoxer Bischof finden lässt, der novatianische im Amt bleiben müsse.18 Daraus geht hervor, dass die Novatianer im Hinterland zur Zeit des nizäischen Konzils bereits starken Rückhalt besaßen. In dieselbe Richtung deutet ein Ereignis aus der Regierungszeit Kaiser Konstantius’ II. (337–361). In Konstantinopel waren zu dieser Zeit die Arianer bevorzugt, deren Bischof Macedonius seine privilegierte Stellung durch brutales Vorgehen gegen andersdenkende Christen ausnutzte. Ihm missfiel die Zahl der Novatianer in Paphlagonien, und er erwirkte beim Kaiser eine truppengestützte Aktion gegen sie. Sowohl Sokrates als auch Sozomenos berichten uns davon (wie bei allen innerchristlichen Kämpfen) mit spürbarem Entsetzen.19 Im paphlagonischen Mantineion kam es dann zu einer regelrechten Schlacht. Die Bevölkerung dort war zwar überrascht vom Einsatz kaiserlicher Truppen, jedoch nicht gelähmt und schlug mit unprofessioneller, aber wirkungsvoller Bewaffnung die Soldaten in die Flucht.20 Während die Novatianer im Westen Kleinasiens weitläufig verbreitet waren, scheint der Osten (vor allem Kappadokien) das Gebiet der orthodoxen Seite gewesen zu sein. Die östlichste Dependance der novatianischen Kirche war Ankyra. Dort gelang es dem orthodoxen Bischof, die Novatianer zurückzudrängen. Er ließ nach dem Tod Kaiser Theodosius’ I.
17
So will Mitchell auch folgende Inschriftzeile aus Laodikea (MAMA I, 290) verstehen: νοῦ εὐλαβεστάτωι πρε[σ]βυτέρου τῆς ἁγίας ἐκλησίας τῶν ὀρτοδόξων ἀνέστησα τὸ µνῆµα αὐτοῦ µνήµης [χάριν]. MITCHELL, Anatolia II, 103. Für die Umgebung von Laodikea ist ihm sicherlich Recht zu geben. Doch haben wir Inschriften von Angehörigen der orthodoxen Kirche ebenfalls aus der Gegend von Ephesus (IK Ephesus, Nr. 1192 oder 1353). Alternativ zu Mitchell ist zu überlegen, ob die Nennung einer Kirchenzugehörigkeit in Kleinasien in dieser Zeit nicht einfach auch ein üblicher Vorgang in einer ›multikonfessionellen‹ Gesellschaft war und keinen Aufschluss über die zahlenmäßige Stärke einzelner Konfessionen geben muss. 18 Can. Nic. 8 (1,30,19–1,31,1 JOANNOU). Man versuchte jedoch, die schismatischen Bischöfe zur Rückkehr zur Orthodoxie zu bewegen, indem man ihnen anbot, ihren Rang zu behalten und durch Handauflegung aufgenommen zu werden (Can. Nic. 8 [1,30,4–9 JOANNOU]). Die novatianischen Bischöfe in den besagten Regionen dürften darüber herzlich gelacht haben. 19 Sokrates, HE 2,38,29, vgl. Sozomenos, HE 4,21. 20 Vgl. Anm. 19.
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
(395), aufgrund von dessen homousischer Gesinnung die Novatianer wieder aufblühen konnten, ihre Kirchen in seinem Bistum schließen. Über die Anzahl der Gotteshäuser gibt es widersprüchliche Aussagen. Sozomenos weiß von mehreren (HE 8,1,39), Sokrates nur von einer (HE 6,22). Als Reaktion auf diese Maßnahme reiste Sisinnius, der zu dieser Zeit novatianischer Bischof von Konstantinopel war, höchstpersönlich nach Ankyra. Er versuchte vergeblich, mit seinem orthodoxen Amtskollegen zu verhandeln. Die Reise des Sisinnius zeigt, dass man sich um den Osten bemühte und keine Kirche verloren zu geben bereit war.
6.3. Einigkeit und Spaltung So wie das Christentum insgesamt in den ersten Jahrhunderten kein einheitliches Bild bot, war auch der Novatianismus in sich nicht immer kohärent. Unter dem novatianischen Bischof Markianos, der sein Amt 384 antrat,21 machte ein jüdischer Konvertit namens Sabbatius in der novatianischen Kirche von Konstantinopel von sich reden und sorgte für ein Schisma unter den Novatianern. Sein Anliegen war es, das Osterfest nach dem jüdischen Kalender zu feiern.22 Der Zeitpunkt des Osterfestes war unter den Novatianern schon einmal Thema gewesen. Sokrates schreibt, dass Novatian selbst an dem überlieferten Zeitpunkt nach dem Frühlingsäquinoktium festgehalten hatte. Unmittelbar nach Novatians Tod jedoch23 verlegten die phrygischen Novatianer (zur Zeit des Kaisers Valens) den Termin auf den Tag des ungesäuerten Brotes nach jüdischem Kalender, weil sie angeblich keine Gemeinsamkeiten mit den anderen Christen wünschten.24 Diese Änderung wurde auf einer außerordentlichen novatianischen Synode in Pazon/Pazoukome25 beschlossen und spaltete die novatianische Kirche in zwei Lager.26 Auch wenn die Verlegung des Osterfestes auf den Tag des ungesäuerten Brotes missbilligt wurde, hatte diese Praxis nach Sokrates zahlreiche Anhänger in Phrygien und Galatien.27 Tatsächlich haben wir in Phrygien wiederholt novatianische Grabsteine, deren Besitzer sich als Angehörige einer ἁγία τῶν Ναυατιανῶν ἐκκλησία
21
Sokrates, HE 5,12,1 und 5,21. Sokrates, HE 5,21,1. 23 Nach Sokrates als Märtyrer während der Verfolgung unter Valerian 257 (HE 4,28,15). 24 Sokrates, HE 4,28,1. 25 Sozomenos, HE 7,18 (ganz). Sozomenos nennt den Ort Παζουκώµη, vgl. auch HE 6,24,7. 26 Mitchell vermutet Pazon im Südosten von Narkoleium, ungefähr auf der halben Strecke nach Amorium (MITCHELL, Anatolia II, 94). 27 Sokrates, HE 5,21,1,18. 22
6.4. »The Hotbed of Heresies«
143
bezeichnen.28 Daneben existiert eine zweite Gruppe novatianischer Inschriften, die die Formulierung (Angehöriger) τῆς ἁγίας τῶν καθαρῶν ἐκκλησίας aufweisen. In HE 4,28,16, im Zusammenhang mit der Synode von Pazon, bezeugt Sokrates, dass es in Phrygien Novatianer gegeben hat, die sich ausdrücklich nach Novatian nannten.29 Möglicherweise haben wir hier epigraphische Belege für die von Sokrates beschriebene Spaltung der Novatianer und sollten die Καθαροί als diejenigen Novatianer verstehen, die Ostern nach dem Frühlingsäquinoktium feierten. Sabbatius nahm in Konstantinopel die Diskussion um die Verlegung des Ostertermins wieder auf (hier feierte man das Osterfest offensichtlich traditionell) und rief bei seinen Mitchristen Unstimmigkeiten hervor. Der novatianische Bischof Markianos berief schließlich in der bithynischen Stadt Angarum eine Synode ein, wo Sabbatius Rede und Antwort stehen musste.30 Man versuchte ihn per Eid davon abzubringen, nach dem Bischofsamt zu streben, damit er nicht noch mehr Handlungsbefugnisse bekam. Das misslang allerdings. Sabbatius schwor zwar in Angarum seinen Eid, hielt sich in der Zukunft jedoch nicht daran und sorgte in Konstantinopel für Unruhen, die gewaltsam durch Bischof Sisinnius beendet wurden.31
6.4. »The Hotbed of Heresies« Der größte Teil novatianischer Inschriften stammt aus dem phrygischen Gebiet, das für seine hohe Dichte christlicher Splittergruppen bekannt ist.32 Deshalb an dieser Stelle einige Betrachtungen zur Region. Eine von Sokrates wiedergegebene Episode aus der Regierungszeit Theodosius’ I. ist ein gutes Beispiel, welche Dynamik mit solcher Mannigfaltigkeit verbunden sein kann. Der homousisch gesinnte Bischof von Synnada (Phrygia Pacatania), ebenfalls Theodosius mit Namen, verfolgte auf brutale Weise die häretischen Gruppen in der Provinz. Vor allem die nicht homousischen Macedonianer33 hatte er im Visier. Bischof Theodosius äußerte in Konstan28
Sokrates, HE 4,28,15 und 5,21,1. Οἱ δὲ ἐξ αὐτοῦ [sc. Novatian] ἐν Φρυγίᾳ ἐπώνυµοι κατὰ τὴν κοινωνίαν τούτου συνεχωρήθησαν ἐκτρεπόµενοι […]. 30 Sokrates, HE 5,21,1,11, vgl. auch Sozomenos, HE 7,18 (s.o.), der noch eigenes Material zu dieser Episode hat. 31 Sokrates, HE 7,5. Sokrates bezieht interessanterweise als Gegenargument gegen einen Ostertermin nach jüdischem Kalender die Gepflogenheiten der römischen Kirche ein und sagt, dass dort Ostern stets nach der Frühlingstagundnachtgleiche gefeiert wurde (HE 5,21,15). 32 Sokrates, HE 7,3. 33 Die Anhänger des Konstantinopeler Bischofs Macedonius (342–346) leugneten die Göttlichkeit des Heiligen Geistes. 29
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
tinopel vor dem kaiserlichen Präfekten sein Missfallen über die geringe Handhabe der orthodoxen Kleriker (sic!) gegen die Häretiker in der Provinz. Als Theodosius mit größeren Machtbefugnissen ausgestattet zurückkehrte, musste er feststellen, dass einer seiner stärksten Gegner, der macedonianische Bischof Agapetus, in einem klugen Schachzug die christlichen Gruppen auf den homousischen Glauben eingeschworen und den Bischofssitz des Theodosius übernommen hatte. Wutschnaubend kehrt dieser nach Konstantinopel zurück. Doch statt dort, wo er doch noch eben Unterstützung erfahren hatte, erneut Rückhalt zu finden, musste er sich mit dem Vorschlag der Pensionierung auseinandersetzen (und ihn annehmen!). Der Übertritt der Macedonianer zur homousischen Glaubensformel hatte das Problem aus der Sicht der Regierung offensichtlich gelöst. Der Bericht des Sokrates gibt uns auch einen Eindruck von den Machtstrukturen innerhalb der Kirche. Zwar gewährte der Präfekt Theodosius Unterstützung gegen die Häretiker, überließ es aber dem Bischof, ob er sich damit durchzusetzen vermochte oder nicht. Gleichzeitig zeigt das Verhalten der Macedonianer das Potenzial, Dinge in der Provinz aus eigener Kraft zu verändern. Die Anerkennung der veränderten Verhältnisse durch die Pensionierungsaufforderung an Theodosius ist ein Zeichen dafür, dass die Kirche zu dieser Zeit lösungsorientiert funktionierte. Man akzeptierte in Konstantinopel die Ersetzung eines orthodoxen Bischofs durch einen macedonianischen nach einem (formalen?) Übertritt zum homousischen Glauben und sah damit die Ruhe in Synnada wieder eingekehrt. Vielleicht waren es genau diese selbstregulierenden Kräfte, die Phrygien so attraktiv für ein breit gefächertes Christentum machten und gleichzeitig eine relativ große Toleranz und Flexibilität im Umgang mit den eigenen Anschauungen zum Ausdruck zu bringen vermochten. Ein weiteres gutes Beispiel dafür ist auch das Miteinander von Montanisten und Novatianern in Phrygien, die beide dort zahlenmäßig stark vertreten waren. Es schien auch Frieden zwischen ihnen zu herrschen, denn keine Quelle erwähnt ein Konkurrenzverhalten. Ein Grund für den entspannten Umgang miteinander liegt möglicherweise in der religiösen Historie Phrygiens. Die Landschaft war seit jeher religiösen Anpassungsprozessen ausgesetzt, und die Inschriften spiegeln durch alle Epochen hindurch einen bunten Strauß philosophischer und kultischer Neigungen wider. Gegenseitige Akzeptanz ist hier die viele Jahrhunderte lang praktizierte Einstellung. Der Anspruch einer religiösen Einigung entstand mit dem Christentum und hier auch erst dann, als der Wunsch, eine einheitliche Lehre auszubilden, immer mehr in den Vordergrund rückte. Bis dahin existierten in Phrygien und den angrenzenden Provinzen zahlreiche pagane Kulte, das Judentum, Reste der alten persischen Religion und in seinen Anfängen das Christentum nebeneinander. Letzteres erzeugte gerade in den ersten Jahrhunderten eine Vielzahl unterschiedlicher Ausrichtungen,
6.4. »The Hotbed of Heresies«
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die die frühere pagane Vielfalt spiegeln. Die Bewertung dieser Splittergruppen wird von den Schriften derjenigen beeinflusst, die aus heutiger Perspektive anachronistisch betrachtet damals ›Hauptkirche‹ waren. So entstand eine Sichtweise, die auch von neueren Untersuchungen mit ›großkirchlich‹ geeichtem Blick auf die Vielfalt christlicher Richtungen gehalten wird,34 die sich als Ergebnisse wirrer Ideen in einer Landschaft tummeln, deren (orientalisch intensive) Religiosität bereits zu paganen Zeiten manchen Menschen Schauer des Unverständnisses über den Rücken jagte.35 Die Konzentration der Quellen zum Novatianismus auf das westliche Kleinasien und dort – bedingt durch die epigraphischen Zeugnisse – vor allem auf die phrygische Landschaft ordnete sie sinnbildlich in die Schublade ein, auf der seit 1923 die Formulierung William Calders steht: »Hotbed of heresies«.36 Frei nach der Devise, alles Häretische kommt aus Phrygien, wurden und werden die Novatianer Seite an Seite mit Montanisten, Sakkophoren, Enkratiten oder Apotaktiten und anderen kreativen Interpretationen der Heiligen Schrift gestellt.37 Die Novatianer, die als Schismatiker etwas besser gestellt waren als die Häretiker, passen aus diesem Blickwinkel gut in ein Schema, das sich vor allem durch eine unausgewogene epigraphische Überlieferung gebildet hat. (Aus den Regionen Bithynien und Paphlagonien haben wir keine Inschriften, wissen aber, dass beide Provinzen starke novatianische Gemeinden hatten.) Die Novatianer unterschieden sich von anderen Gruppen schon durch ihre zahlenmäßige Stärke, die nicht nur auf Phrygien beschränkt war. Die großen Bischofssitze und die (bis auf die Bußfrage) orthodoxe theologische Haltung grenzten die Novatianer von kleineren häretischen Organisationen und Zusammenschlüssen religiöser Individualisten ab. Zahlenmäßig vergleichbar sind die Montanisten, deren Patriarch bekanntermaßen im phrygischen Pepouza residierte.38 Schon in der Antike wurden die Gemeinsamkeiten beider Kirchen festgestellt.39 Richtig ist, dass die Novatianer in Phrygien wie die Montanisten eine zweite Ehe ablehnten.40 Auch im Um34 Siehe z.B. S. HÜBNER, Der Klerus in der Gesellschaft des spätantiken Kleinasiens, München 2005, 194. Vgl. dazu Sokrates, HE 7,3. 35 Man denke nur an den Kybelekult oder die verschiedenen Geheimbünde wie Hekate oder Pythagoreer. 36 CALDER, Epigraphy, 59–91; vgl. z.B. GREGORY, Novatianism, 3 oder ST. MITCHELL, An Apostle to Ankara from the New Jerusalem. Montanists and Jews in Late Roman Asia Minor, SCI 24, 2005, 207–223, hier 213. 37 Zum Beispiel VOGT, Coetus Sanctorum, der Kleinasien das »Land der Ketzer« nennt. Vgl. dazu MITCHELL, Anatolia II, 103: »The answer is surely that the Orthodox were as rare as the solitary gravestone of Germanus (MAMA I, 290) suggests they were.« 38 Hieronymus, Ep. 41,3: Habent enim primos de Pepouza Phrygiae patriarchas, secundos, quos appellant κοινωνούς. 39 Vgl. Hieronymus, Ep. 73,4; 77. 40 Sokrates, HE 5,22.
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
gang mit der Buße sind ähnliche Haltungen zu bemerken.41 Beide Gruppen konnten auch reichsweit Anhänger finden. Während die Montanisten jedoch mit ihrer Sicht des johanneischen Parakleten42 theologisch neue Wege gingen und eine eigene klerikale Hierarchie entwickelten, waren die Novatianer durch weitgehende Übereinstimmung in den theologischen Grundlagen nach wie vor ein Teil des orthodox-christlichen Flügels. Trotzdem konnten sie in den »montanistischen Zonen« Fuß fassen. Das führte dazu, in der Forschung enge Zusammenhänge zwischen ihnen zu präjudizieren, wie Daly und andere es tun: »There is undoubted evidence that Novatianism in many places, and especially in the Phrygian home of the new prophets, absorbed into itself the remnants of Montanism.«43 Nun stand der Montanismus aber im dritten und vierten Jahrhundert trotz der Verfolgung durch die Häretikergesetzgebung keineswegs vor dem Aus,44 sodass hier nicht einfach in Ermangelung gegenteiliger Informationen ein Zusammenschluss beider Kirchen angenommen werden darf.45 Weder montanistische Quellen noch novatianische sprechen von einem wie immer gearteten Bündnis, und die epigraphischen Belege zeigen, dass beide Gruppen parallel in Kleinasien existierten und sich nicht gegenseitig ablösten.46 Es finden sich bisher auch keine Zeugnisse, die eine Vermengung montanistischer und novatianischer Gedanken aufzeigen. Für die Novatianer wäre eine Union wenig erstrebenswert gewesen, denn im Unterschied zu den Montanisten galten sie nicht als Häretiker,47 sondern als Schismatiker und wurden immer wieder von der antihäretischen Gesetzgebung ausgenommen.48 Warum die Novatianer jedoch gerade in 41
Siehe dazu HIRSCHMANN, Die phrygische Opposition. Montanus galt zudem bei seinen Anhängern als Inkarnation des vom Johannesevangelium (Joh 14–16) verheißenen Parakleten. 43 C. B. DALY, Novatian and Tertullian, The Irish Theological Quarterly 19, 1952, 33–43, hier 42. Vgl. auch CALDER, Epigraphy, 64 und CH. TREVETT, Montanism. Gender, Authority and the New Prophecy, Cambridge 1996, 222. 44 Siehe z.B. die um 360 in Ankyra entstandene Heiligenvita des Theodotus, die wohl montanistischen Ursprungs ist (MITCHELL, Anatolia II, 93 und DERS., The Life of Saint Theodotus of Ankyra, AnSt 32, 1982, 93–113). 45 Wie es z.B. Janin tut: »En l’absence d’autres informations, on peut conjecturer que les plus tolérants des novatiens finirent par rentrer dans l’Église catholique, tandis que les extrémistes, surtout ceux de Phrygie, s’unirent aux montanistes avec lesquels ils avaient déjà plusieurs points de contact« (JANIN, Les novatiens orientaux, 389 ff., hier 397). Vgl. GREGORY, Novatianism, 17, Anm. 82. 46 MITCHELL, Anatolia II, 104–105. 47 Dazu VOGT, Coetus Sanctorum, 25 und Anm. 51, vgl. Cyprian, Ep. 55,24. 48 Zum Beispiel die antihäretischen Maßnahmen in Cod. Theod. 16,5,1 und die novatianische Ausnahmeregelung in 16,5,2. Zur Definition von Schisma und Häresie siehe Basilius von Caesarea, Ep. 188,1: Αἱρέσεις µὲν τοὺς παντελῶς ἀπερρηγµένους καὶ κατ᾽ αὐτὴν τὴν πίστιν ἀπηλλοτριωµένους, σχίσµατα δὲ τοὺς δι᾽ αἰτίας τινὰς ἐκκλησιαστικὰς καὶ ζητήµατα ἰάσιµα πρὸς ἀλλήλους διενεχθέντας […]. (»Mit Häresie sind diejenigen 42
6.4. »The Hotbed of Heresies«
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Phrygien so stark waren, ist bis jetzt ungeklärt. Historisch am wahrscheinlichsten ist ihre schnelle Verbreitung in Gebieten, in denen der Montanismus durch seine Buß- und Askesehaltung bereits Wegbereiter gewesen war. Auch die pagane Volksreligion Phrygiens zeigt religiös stark disziplinierte Strukturen.49 Dem würde der Historiker Sokrates sofort zustimmen, der seine eigene Erklärung für die Verbindung der Novatianer zu Phrygien niederschreibt. Seiner Ansicht nach sind die Phryger durch ihren Volkscharakter prädestiniert für ein asketisch orientiertes Christentum (HE 4,28,9). Das Kapitel HE 4,28 beschäftigt sich überwiegend mit dem Naturell der phrygischen Menschen und gerät im Vergleich zu dem sonst eher historisch-deskriptiven Stil des Sokrates beinahe zu einer phrygischen Panegyrik:50 Φαίνεται δὲ τὰ Φρυγῶν ἔθνη σωφρονέστερα εἶναι τῶν ἄλλων ἐθνῶν.51 Ihre Besonnenheit steht für ihn demnach im Gegensatz zu anderen Völkern des Ostens, die einen starken Hang zum sinnlichen Genuss hätten.52 Er betont die Sittenstrenge der Phryger, die dem christlichen Anspruch entgegenkäme, heidnische Belustigungen wie Pferderennen und Theater zu meiden. Für ihn gibt es demnach eine ethnisch inhärente Basis für ein sittenstrenges Christentum,53 und seine Schilderungen führen den Leser dahin, dass die novatianischen Gedanken in diesem Teil Kleinasiens auf ideale Voraussetzungen trafen. Auch bei seiner Darstellung der vielen Häretiker in Phrygien bleibt Sokrates positiv-objektiv und enthält sich jeglicher Polemik. Woher das Interesse an dem Landstrich und seinen Einwohnern rührt, darüber kann nur gemutmaßt werden. Phrygien muss nach Sokrates ein Kerngebiet des Novatianismus der ersten Stunde gewesen sein, denn der Historiker weiß von Briefen Novatians dorthin (HE 4,28,12). Ihr Inhalt ist aus dem Kontext des Kapitels erschließbar und betraf wohl die asketische und die religiöse Disziplin. Neben diesen Überlegungen darf ein weiterer Grund für die Verbindung der Novatianer mit Phrygien nicht außer Acht gelassen werden. Obwohl ausschließlich Philostorgius in einer kurzen Notiz auf eine Herkunft Novatians aus Phrygien hinweist, verdient sie zumindest spekulative Beachtung. gemeint, die sich abgespalten und [Dinge], den Glauben betreffend, geändert haben. Schismatiker haben sich aus kirchlichen Gründen und [Glaubens-]Fragen, die wechselseitig ausgelegt werden können, getrennt.«) 49 Siehe dazu HIRSCHMANN, Horrenda Secta, 67; dazu auch H. HEPDING, Attis – seine Mythen und sein Kult, RGVV 1, Gießen 1903 (unv. Nachdr. Berlin 1967), hier 156 ff. 50 Sokrates, HE 4,28,9–11. 51 Ibid. Sokrates nennt im selben Satz die Zurückhaltung der Phryger bei Schwüren als weiteren Beweis für ihr moralisch korrektes Verhalten: καὶ γὰρ δὴ καὶ σπανιάκις Φρύγες ὀµνύουσιν […]. 52 Sokrates, HE 4,28,32: Τὰ δὲ Παφλαγόνων καὶ Φρυγῶν ἔθνη πρὸς οὐδέτερον τούτων ἐπιρρέπειαν ἔχει· οὐδὲ γὰρ ἱπποδροµίαι οὐδὲ θέατρα σπουδάζονται νῦν παρ᾽ αὐτοῖς. 53 Ibid.: ∆ιό µοι δοκεῖ µᾶλλον ἐπινενευκέναι τούτους καὶ τοὺς οὕτω φρονοῦντας πρὸς τὰ παρὰ Ναυάτου γραφόµενα.
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6.5. Die Herkunft Novatians Philostorgius sagt zur Herkunft Novatians: Λέγει δ᾽ οὖν, οὐκ οἶδ᾽ ὅθεν λαβὼν […] καὶ τὸν Νάυατον ἐκ φυλῆς ὁρµᾶσθαι τῶν Φρυγῶν.54 Diese Aussage wird gemeinhin als wertlos angesehen. Vogt leugnet jeglichen Wahrheitsgehalt, weil Philostorgius erstens keine Argumente für seine Behauptung bringe, zweitens er wohl die Novatianer mit den Montanisten stärker auf eine Stufe stellen wollte.55 Die Schriften Novatians zeigten darüber hinaus keine sprachlichen Hinweise auf eine orientalische Herkunft.56 Gregory ist etwas vorsichtiger und lässt die These einer phrygischen Herkunft Novatians bestehen.57 Seine Argumentation dafür fällt allerdings etwas dünn aus, da er lediglich die Aussage Calders wiederholt, Phrygien sei »a hotbed of heresies« gewesen. Aus diesem Grund wirke eine Herkunft Novatians aus einer für Häresien bekannten Gegend sehr plausibel.58 Mitchell widmet Philostorgius zwei Überlegungen, deren Ergebnisse eine phrygische Herkunft Novatians zurückweisen. Zum einen sei Philostorgius durch die allgemeine Betonung der Verbindung der Novatianer zu Phrygien in den Quellen irregeleitet worden. Zweitens habe die starke Ausbreitung des Novatianismus im phrygischen Gebiet dem Kirchenhistoriker eine Abstammung Novatians aus diesem Raum logisch erscheinen lassen.59 Gegen Mitchell u.a. kann mit der Quellenkenntnis des Philostorgius argumentiert werden. Warum sollte Philostorgius, der selbst in Konstantinopel lebte, sich auf Mutmaßungen beschränken, wenn er sich einfach an den entsprechenden Stellen hätte kundig machen können? Ein pauschales Urteil über Novatian wäre eher von einem außerhalb Konstantinopels schreibenden Mann zu erwarten, für den Phrygien ein nebulöser Topos für Häresie war. Viel entscheidender ist jedoch die Tatsache, dass selbst entschiedene Gegner wie Cornelius in Rom nichts von einer Herkunft Novatians aus dem häresielastigen Phrygien wissen. Die Quellen sprechen jedoch im Gegenteil von einer Identifikation Novatians mit Rom, wie es bei Cyprian (Ep. 30,2) deutlich wird. Novatians christlicher Werdegang lief nach unserer Kenntnis in Rom ab, Verbindungen zu den kleinasiatischen Provinzen – etwa mit Briefen, von denen später Sokrates weiß – werden nicht erwähnt. 54 Philostorgius, HE 8,15 (ed. J. BIDEZ, GCS 115, 10 ff.): »Man sagt […], dass Novatian aus einer Gemeinde in Phrygien stammte.« 55 VOGT , Coetus Sanctorum, 17. Vgl. CALDER, Epigraphy, 59–91 und DERS. Philadelphia and Montanism, BJRL 7, 1922/23, 309–354. 56 Vgl. dazu MOHRMANN, Les origines de la latinité chrétienne à Rome. 57 GREGORY, Novatianism, 3. 58 CALDER, Epigraphy, 60. 59 MITCHELL, Anatolia II, 97.
6.5. Die Herkunft Novatians
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Die Quellen zu Novatian setzen erst mit seiner Taufe und seinem Wirken in Rom ein. Die uns bekannten Einzelheiten aus seinem Leben zeigen, dass er seine Karriere gradlinig verfolgte. Als sich in Rom eine Rivalität zwischen ihm und Cornelius abzeichnete, ließ er sich unter dubiosen Umständen zum Bischof ernennen60 und konnte die Unterstützung zahlreicher Geistlicher und Konfessoren gewinnen.61 Eine phrygische Herkunft hätte der römischen Karriere unter Umständen nur geschadet. Anders als vergleichbare christliche Größen in Rom vor ihm (z.B. Justin oder Tatian),62 die orientalischer Abstammung waren und vor ihrer Taufe zu den Philosophen des Mittelplatonismus gehörten, wollte Novatian in der römischen Gemeinde Karriere machen. Er schrieb Latein und identifizierte sich mit der römischen Gemeinde.63 Die Schriften Novatians zeigen eine umfassende klassische Bildung, seine theologischen Ausführungen ein philosophisch und rhetorisch geschultes Reflexionsvermögen, das in Rom gleichermaßen Bewunderung wie Widerstand auslöste. Sein Kontrahent Cornelius nennt Novatian mit widerwilliger Anerkennung (und Erkenntnis der eigenen Grenzen) einen Meister der kirchlichen Lehre und Wissenschaft.64 Dieses Wissen – um die Hypothese einer phrygischen Herkunft einmal durchzuspielen – könnte sich Novatian an einer der vielen bekannten Bildungsstätten Kleinasiens angeeignet haben, ähnlich dem späteren novatianischen Bischof Sisinnius, der zusammen mit Kaiser Julian in Ephesus den berühmten Philosophen Maximus hörte.65 Gebildete Christen aus dem Orient waren in Rom keinesfalls eine Seltenheit, gerade nicht in den frühen Jahren der dortigen Gemeinde.66 In seiner mutmaßlichen Heimat hätte Novatian viele Gelegenheiten zu Berührungen mit christlichem Gedankengut gehabt, und vielleicht wurden in der späteren Taufe in Rom die Fragen beantwortet, die sein philosophisch geschulter Geist schon in Phrygien gestellt hatte. In Phrygien könnte Novatian auch die Schriften Tertullians gelesen haben und von ihnen inspiriert 60
Eusebius, HE 6,43,7. Einige der Konfessoren fielen jedoch wieder von ihm ab und wechselten ins gegnerische Lager (Eusebius, HE 6,43,5 ff.). 62 Zu orientalischen Größen in der christlichen Gemeinde Roms siehe P. LAMPE, From Paul to Valentinus. Christians at Rome in the First Two Centuries, Minneapolis 2003, 285–291. 63 Parallel dazu muss bemerkt werden, dass auch der gebürtige Nordafrikaner Lactantius, der den größten Teil seines Lebens in Nikomedea verbrachte, seine Schriften in ausgezeichnetem Latein verfasste. 64 Eusebius, HE 6,43,8: οὗτος γάρ τοι ὁ δογµατιστής, ὁ τῆς ἐκκλησιαστικῆς ἐπιστήµης ὑπερασπιστής […]. 65 Sokrates, HE 5,21,1, siehe oben S. 103. 66 LAMPE, From Paul to Valentinus, 157 und 158. 61
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
worden sein.67 So ließen sich manche Parallelen zwischen montanistischer und novatianischer Lehre erklären, wie z.B. der novatianische Kerngedanke, dass eine irdische Vergebung von Todsünden unmöglich sei.68 Die spätere starke Ausbreitung der Novatianer in Konstantinopel und im kleinasiatischen Hinterland könnten ebenfalls für Phrygien als Ursprungsland des Novatianismus angeführt werden. In Rom machte Novatian schnell Karriere und war hoch angesehen in der Gemeinde.69 Er erlebte dort auch ein in der Praxis offeneres, weniger rigoroses Christentum, das ihn in seiner (vermeintlichen) Laxheit abschreckte und die eigene Hinwendung zur christlichen Lehre eher als Experiment erscheinen ließ, das unter bestimmten Umständen abgebrochen werden konnte. So erklärte sich vielleicht auch eine Episode aus der Zeit der Decischen Verfolgung. Novatian hatte sich aus der römischen Öffentlichkeit in ein Klausnerhäuschen zurückgezogen. Auf die Bitten einiger Diakone, den gefährdeten Mitchristen doch zu Hilfe zu kommen, reagierte er recht unwirsch und deklarierte sich jetzt als Anhänger einer anderen »Philosophie«. 70 Diese neue »Philosophie« deutet Franz Josef Dölger als die im Osten des Reiches übliche Metapher für das Asketenleben.71 Warum aber ein Asket Mitbrüdern in der Bedrängnis nicht zu Hilfe kommen sollte, diskutiert Dölger nicht. Abgesehen von solch frommen Interpretationen ist auch folgende Erklärung möglich: Novatians Wege zum Christentum waren schon für seine Zeitgenossen undurchsichtig. Seine Taufe als Kliniker wurde argwöhnisch betrachtet und ihm vorgehalten.72 Nach Cornelius (bei Eusebius, HE 6,43,7)73 musste Novatian deshalb unter Eid erklären, dass er sich niemals zum Bischof würde weihen lassen. Als unter Kaiser Decius die Christen entweder zum Bekenntnis oder zur Leugnung gezwungen waren, zog sich Novatian aus dem aktiven Presbyterdienst zurück. Dieses Verhalten ist interessant und zunächst unverständlich. Novatian schien sich damals im Zenit seines Ansehens befunden zu haben. Der Rückzug macht keinen Sinn, zumal er den späteren Gegner der Rekonziliation abgefallener Christen selbst zu einem lapsus machen würde. Es erscheint nur dann nachvollziehbar, wenn Novatian sein Christentum als ein neues philosophisches Experiment verstanden hatte, das 67 Pacian von Barcelona spricht allgemein über die »phrygische Verdammung« der Buße und meint damit Montanisten und Novatianer (Pacian, Ad Sympr. 1–2). 68 Vgl. Tertullian, Pud. 20,1–2; Apol. 2,6; Bapt. 4; Spect. 3. Dazu HIRSCHMANN, Die phrygische Opposition, 45. 69 Eusebius, HE 6,43,7. 70 Cornelius, Ep. ad Fabianum (Eusebius, HE 6,43,16). 71 F. J. DÖLGER, Zum Oikiskos des Novatianus. Klausnerhäuschen oder Versteck?, AuC 6,1, Münster 21976, 61–64. 72 Eusebius, HE 6,43,14. 73 Vgl. Eusebius, HE 6,43,17.
6.6. Das epigraphische Material aus Kleinasien
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keinesfalls zu seiner Verhaftung oder gar seinem Tod führen sollte. So besann er sich kurzfristig auf frühere Lehren und wiegelte die Diakone, die zu übermitteln suchten, dass die Mitbrüder ihn gerade jetzt bräuchten,74 mit seiner »anderen Philosophie« ab. Vielleicht hatte er aber erkannt, dass sein Christentum in dieser äußersten Situation nicht beständig war. Erstaunlicherweise predigte nach dem Ende der Verfolgungen der nun wieder christlich orientierte Novatian die »reine Kirche« und die Verdammung der lapsi. Nach und nach geriet er in Rom ins Abseits. Ein Grund mehr, den Kontakt zu Kleinasien aufrechtzuerhalten und jene Briefe zu schreiben, von denen Sokrates weiß.75 Es sprechen nach diesen Überlegungen ebenso viele Argumente für eine phrygische Herkunft Novatians wie dagegen. Somit ist die These Gregory’s nicht von der Hand zu weisen, der die Kindheit und Jugend (bzw. Ausbildungszeit) des Novatian durchaus in Phrygien vermutet und Kontakte zum rigoros-asketischen Christentum der Montanisten für die spätere Ideologie des Novatian verantwortlich macht.
6.6. Das epigraphische Material aus Kleinasien Die uns erhaltenen novatianischen Inschriften sind neben den Schriften Novatians die uns erhaltenen Primärquellen. Die dreizehn entweder gesichert oder mutmaßlich novatianischen Zeugnisse stammen überwiegend aus dem phrygischen Raum. Sie entsprechen größtenteils dem heute als bekannt geltenden Katalog novatianischer Inschriften. Die Angaben über den Fundort bzw. aktuellen Verbleib sowie die Datierung der Monumente wurden, sofern vorhanden, angefügt. 6.6.1. Grabschrift des Presbyters Abras76 (Aus der Gegend von Laodikea, heute in Kadınhan, spätes 4. Jahrhundert.) Λεύκιος ἀνέσθησα τῶι γλυκυτάτωι µου πατρὶ Ἀβρᾶι τῶι εὐλαβεστάτωι πρεσβιθέρωι θῆς τοῦ Θεοῦ ἁγίας ἐκλησίας τῶν Ναυατῶν ἐν ἧι 74
Eusebius, HE 6,43,16. Sokrates, HE 4,28,12. 76 MAMA I, 172. 75
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
κὲ ἐπολιθεύσατο ἀνεσθησα µνήµης [χ]άριν. Lukios errichtete dies für meinen so gutherzigen Vater Abras zum Gedenken, den sehr frommen Presbyter der heiligen novatianischen Kirche Gottes, in der er auch Bürger war.
Die Inschrift für Abras stammt aus der Gegend um Laodikea, einem der großen Zentren des novatianischen Glaubens. Sie enthält die typische Wendung θῆς τοῦ Θεοῦ ἁγίας ἐκλησίας τῶν Ναυατῶν, die wir auch aus anderen Zeugnissen kennen. Der interessante Passus ist die Bezeichnung des Abras als Bürgers der novatianischen Kirche (ἁγίας ἐκλησίας τῶν Ναυατῶν ἐν ἧι κὲ ἐπολιθεύσατο). Sehr selbstbewusst klingt die durch seinen Sohn Lukios verewigte Haltung des Presbyters. Die Analogie zu Phil 3,20 liegt nahe, wo Paulus der Gemeinde die Heimat der Christen so beschreibt: ἡµῶν γὰρ πολίτευµα ἐν οὐρανοῖς. Die von Paulus gewählten Worte waren in dieser römischen Kolonie keinesfalls zufällig. Er wollte damit die wahre Heimat und das wahre »Bürgersein« der Christen ausdrücken. Während Paulus das christliche πολίτευµα als jenseitiges Gut sieht, lebte Abras sein »christliches Bürgertum« innerhalb der novatianischen Gemeinde. Es ist denkbar, dass sich die Novatianer aufgrund ihres Reinheitsideals der himmlischen πολιτεία ähnlich oder nahe fühlten. Ähnlich wie für die jung verstorbene Ammia (6.6.11.), die sich erst in der novatianischen Gemeinschaft verstanden fühlte, scheint für Abras die heilige novatianische Kirche seine wahre christliche πόλις gewesen zu sein. Ein Anklang an das himmlische Jerusalem, das die wahre Heimat der Christen werden soll (Gal 4,26: ἡ δὲ ἄνω Ἰερουσαλὴµ ἐλευθέρα ἐστίν …),77 fehlt hier, obwohl die Rezeption dieser Vorstellung im frühen Christentum durchaus gegeben war.78 In Phrygien war jenes Thema sicherlich besonders präsent, da die Montanisten in Pepouza, in der Nähe der Stadt Temenothyrai in Zentralphrygien, die Herabkunft der letzten Heimat der Christenheit erwarteten.79
77
Vgl. Apk 21 und 22. Vgl. P. LAMPE , Das Neue Jerusalem der Montanisten in Phrygien, in: G. Theißen u.a. (Hg.), Jerusalem und die Länder. Ikonographie – Topographie – Theologie. Festschrift für Max Küchler zum 65. Geburtstag, NTOA/StUNT 70, Göttingen 2009, 253– 270. 79 Siehe P. LAMPE/W. TABBERNEE, Pepouza and Tymion. The Discovery and Archeological Exploration of a Lost Ancient City and an Imperial Estate, New York 2008. 78
6.6. Das epigraphische Material aus Kleinasien
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6.6.2. Grabschrift des Diakons Tieos80 (Aus der Gegend von Laodikea Katakekaumene, heute in Kadınhan, spätes 4. Jahrhundert.) Αὐρελία ∆όµνα ἀνεστησα τῶι µου ἀνδρὶ Τιηου τῶι εὐλαβεστάτωι διακόνου τῆς τοῦ Θεοῦ ἁγίας ἐκλησίας τῶν Ναυατῶν µνήµης χάριν. (Ich), Aurelia Domna, errichtete dies für meinen so gutherzigen Mann Tieos, den sehr frommen Diakon der heiligen novatianischen Kirche Gottes zum Gedenken.
Das Monument für Tieos81 gleicht in Gestaltung und Wortwahl Nr. 1. Beide Steine stammen aus derselben Zeitperiode. Im Gegensatz zu Abras fehlt hier ein Hinweis auf das πολίτευµα in der novatianischen Kirche. Beiden gleich ist die Betonung der Frömmigkeit und die Nennung des Amtes des Verstorbenen. 6.6.3. Grabschrift des Presbyters Marcus82 (Aus Laodikea Katakekaumene.) [— — —] [— — —] [— — —] π[………….ἀνέσ]τησα τὸν τίτλον τοῦτον τῶι ποθινοτάτωι µου υἱῶι Μάρκωι πρεσβυτέρωι τῆς ἁγίας τοῦ θεοῦ ἐκλησίας καὶ ἑαυτῶι ζῶν µνήµης [χά]ριν. Diese (Inschrift) stellte ich auf für meinen liebenswürdigsten Sohn Marcus, Presbyter der heiligen Kirche Gottes, und für ihn zu Lebzeiten zum Gedenken.
Der Grabstein des Marcus wird von Mitchell unter die novatianischen Inschriften von Laodikea eingereiht, obwohl die Zugehörigkeit zu ihrer Kirche nicht ausdrücklich wie bei den anderen Monumenten dokumentiert 80
CALDER, Epigraphy, 75, Nr. 3 = CIG 9268. Zum Namen siehe CALDER, Epigraphy, 75 und dort auch Anm. 3. 82 MAMA I, 227. 81
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
ist.83 Wir stehen hier vor einem grundsätzlichen Interpretationsproblem. Kann eine Inschrift, die die Formulierung τῆς ἁγίας τοῦ θεοῦ ἐκ(κ)λησίας enthält, automatisch dem novatianischen Kreis zugesprochen werden, nur weil in der Umgebung novatianische Christen stark vertreten sind, oder muss ein orthodoxes Bekenntnis angenommen werden, sobald eine differenzierte Benennung dieser »heiligen Kirche« fehlt? Die Formel τῆς ἁγίας τοῦ θεοῦ ἐ(κ)κλησίας finden wir mit dem Zusatz τῶν Ναυατῶν ebenso wie τῆς ἁγίας καθολικῆς ἐ(κ)κλησίας Παρσάδου,84 ἁγίας τοῦ θεοῦ ἐ(κ)κλησίας aus Stratonikea (Karien)85 oder τῆς τῶν ὀρθοδόξων ἐκκλησίας.86 Häufig steht τῆς ἁγίας ἐ(κ)κλησίας auch ohne weitere Zusätze.87 Da die meisten Inschriften undatiert sind, ist die Suche nach dem Ursprung der Formel erheblich erschwert. Vielleicht begannen die Novatianer damit, ihre Kirche als »heilig« zu bezeichnen, und andere übernahmen die sprachliche Wendung. Es besteht ebenso die Möglichkeit, dass sich die Novatianer anderen Christen in ihrem Umfeld angepasst haben. Die Nennung der Kirchenzugehörigkeit scheint ein Identifikationsmerkmal kleinasiatischer Christen gewesen zu sein. Als Abgrenzung zu den häretischen Gruppen um Laodikea versteht Mitchell z.B. folgende Inschrift eines Germanus aus Laodikea, die sein Sohn Longus ihm gesetzt hat: Λόνγος ἀνέστησα τῶι πατρὶ Γερµαννοῦ εὐλαβεστάτωι πρε[σ]βυτέρου τῆς ἁγίας ἐκλησίας τῶν ὀρτοδόξων ἀνέστησα τὸ µνῆµα αὐτοῦ µνήµης [χάριν].88 Longus stellte dem sehr frommen Vater des Presbyters Germanus der heiligen orthodoxen Kirche diesen Gedenkstein zum Gedenken auf.
Aufgrund der ihn umgebenden häretischen Gruppen sei es – so Mitchell – dem Presbyter Germanus wichtig gewesen, seine Orthodoxie festzuhalten.89 Für das stark novatianisch geprägte Laodikea mag das zutreffen, doch ist alternativ zu Mitchell zu überlegen, ob die Nennung einer Kirchenzugehörigkeit in Kleinasien in dieser Zeit nicht einfach auch ein üblicher Vorgang in einer ›multikonfessionellen‹ Gesellschaft war und nicht automatisch Aufschluss über die zahlenmäßige Stärke einzelner Konfessionen geben muss. 83
MITCHELL, Anatolia II, 100. TAM 5,1, 582, aus Parsada/Lydien, Datum unbekannt. 85 IK Stratonikea, Nr. 1390. Datum unbekannt. 86 Aus Milet, H. GRÉGOIRE, Recueil des inscriptions grecques-chrétiennes d’Asie Mineure, Amsterdam 1968 (Nachdr. von Paris 1922), 220. Vgl. IK Ephesus, Nr. 1353. 87 Zum Beispiel IK Ephesus, Nr. 4133 oder GRÉGOIRE, Recueil, 138. 88 MAMA I, 290. 89 MITCHELL, Anatolia II, 103. 84
6.6. Das epigraphische Material aus Kleinasien
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6.6.4. Inschrift des novatianischen Abtes Zosimos90 (Gefunden bei Orhangazı, heute im Museum von Bursa, Inv. 2089.) Ὠνήσιµος. ὑπερὶ εὐχῆς καὶ σωτηρίας Ζωσίµου, ἡγουµένου µωνῆς τῶν καθαρᾶ91 ἷς ἅγιος, ἷς Κ[ ύ]ριος [Ἰησοῦς Χριστὸς εἰς] δ]όαν θεοῦ πατρός· ἀµήν. Onesimos für die Erlösung und das Wohlergehen des Zosimos, des Abtes des Klosters der Reinen, ein Heiliger, ein Herr, [Jesus Christus zum] Ruhme Gottes, des Vaters. Amen.
Der bithynische Olymp 92 hatte den Ruf einer Klosterlandschaft. Bernardin Menthon spricht von etwas 100 Klöstern auf dem und um den heutigen Uludağ.93 Eines davon war das Monasterium der Novatianer (bzw. Katharer), das sich am Südosthang befand.94 Die Reste des Klosters konnte man nach Aussagen der Bevölkerung, die Menthon befragte, kurz vor 1935 noch erkennen, bevor sie der Nutzung durch Ackerbau zum Opfer fielen.95 Leider kann weder aus der Inschrift noch aus Sokrates oder Sozomenos etwas vom Klosterleben der Gemeinschaft rekonstruiert werden. Bei der Inschrift für Zosimos fällt auf, dass im Gegensatz zu anderen Zeugnissen die Formulierung τῆς ἁγίας ἐκ(κ)λησίας wegfällt und die Gemeinschaft sich schlichtweg καθαροί nennt. Das genaue Datum einer Klostergründung ist nicht eruierbar, vielleicht erfolgte sie schon vor dem Konzil von Nizäa, denn von Sokrates hören wir, dass der Novatianer Auxanon als junger Mann Schüler des Eutychianos, eines novatianischen Mönchs auf dem bithynischen Olymp, gewesen sei.96 90
IK Kios, 168, Nr. 117. Die Formulierung ἡγούµενοι τῶν καθαρᾶ finden wir auch bei Theodor Studites, Ep. 267,30 (vgl. auch 364,8). Er differenziert sehr stark zwischen den καθαροί und den Novatianern. Letztere nennt er wegen ihrer Misanthropie in einem Atemzug mit den Pharisäern (Ep. 477,134). Die Spaltung der Novatianer wegen des Ostertermins hat möglicherweise eine radikalere Untergruppe erzeugt. 92 B. MENTHON, L’Olympe de Bithynie. Une terre de légendes; ses saints, ses couvents, ses sites, Paris 1935, 8–9. 93 Der heutige Uludağ (»heiliger Berg«) gilt in der trojanischen Sage als der Berg, von dem aus die Götter den Verlauf des Trojanischen Krieges beobachteten. 94 MENTHON, L’Olympe de Bithynie, 190. Dazu den Kommentar von T. CORSTEN, IK Kios, 168. 95 MENTHON, L’Olympe de Bithynie, 190. 96 Sokrates, HE 1,13,1–2. 91
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Auxanon hatte den novatianischen Bischof Akesios zum Konzil von Nizäa begleitet (siehe oben S. 88). Möglicherweise begannen einzelne Novatianer schon am Ende des dritten Jahrhunderts, in asketischer Form zu leben. Durch ein Ereignis aus dem achten Jahrhundert erfahren wir, dass das Kloster bis in diese Zeit aktiv gewesen sein muss. Der Katharer-Konvent lag nur ca. 100 Meter vom Kloster der bithynischen Siedlung Sakkudion entfernt, die von Theoktista, der Schwester des heiligen Plato, 782 gestiftet worden war. Dem Kloster standen erst ihr Bruder Plato und später auch ihr Sohn Theodor Studites (im Jahr 794) als Äbte vor. Theodor Studites missbilligte die zweite Ehe Kaiser Konstantins VI. und wurde deshalb aus Sakkudion nach Thessaloniki verbannt. Seine Fahrt ins Exil begann nach einem Bericht an seinen Onkel Plato interessanterweise vom Kloster der Katharer aus.97 Dort hatten die kaiserlichen Soldaten die Mönche des Sakkudion-Klosters inhaftiert, nachdem sie den Konvent aufgelöst hatten. Durch die Theodor-Episode ist die Existenz des novatianischen Klosters bis weit in die byzantinische Zeit belegt.98 6.6.5. Grabschrift der Asketin Melanippe99 (Stele aus Laodikea Katakekaumene mit einem Kreuz oberhalb der Inschrift.) Μελανίππη ἀσκητρία τῆς ἁγίας τοῦ Θεοῦ ἐκλησίας ἀνέστησα τῆι εὐλαβεστάτηι ἀδελφῆι µου ∆όξηι τῆι σεµνῆι ἀσκητρίηι τὸν τίτλον τοῦτον µνήµης χάριν. Ich, Melanippe, eine Asketin der heiligen Kirche Gottes, errichtete meiner sehr frommen Schwester Doxa, der ehrwürdigen Asketin, diese Inschrift zum Gedenken.
Calder rechnet Melanippe und Doxa mit Vorbehalt dem Kreis der novatianischen Kirche zu. Ἀδελφή sollte seines Erachtens als »Schwester im Glauben« gedeutet werden. Diese Betonung einer asketischen Gemeinschaft – so Calder – muss nicht zwangsläufig als novatianisch verstanden
97
MENTHON, L’Olympe de Bithynie, 190. Unter Kaiser Nikephoros wird im neunten Jahrhundert Johannes Confessor Abt des Novatianerklosters. 99 CALDER, Epigraphy, 81, Nr. 5 = MAMA I, 174. 98
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werden, sondern könnte z.B. auch enkratitisch sein.100 Melanippe beschreibt sich und Doxa allerdings als τῆς ἁγίας τοῦ Θεοῦ ἐ(κ)κλησίας angehörig. Die Problematik ist hier dieselbe wie in Nr. 6.6.3. Wie bei dem Presbyter Marcus kann das novatianische Umfeld als Argument für eine Eingliederung von Melanippe und Doxa in die novatianische Kirche sprechen. Möglicherweise war es aber auch in Laodikea zu dieser Zeit nicht nötig, die novatianische Kirche ausdrücklich zu benennen. Wir wissen von asketischen Tendenzen (auch in festen Gemeinschaften wie Nr. 6.6.4) unter den Novatianern und könnten demnach mit Mitchell Nr. 6.6.5 unter die novatianischen Inschriften zählen.101 6.6.6. Grabschrift des Presbyters Eugenios102 (Ca. 5 Meilen ostnordöstlich von Sarayönü, unweit von Laodikea Katakekaumene, vor Ende des vierten Jahrhunderts.) Αὐ(ρηλία) Οὐαλεντίλλη κὲ Λεόντινος κὲ Κατµαρος ἀνεστήσαµεν τὴν τίτλον ταύτην Εὐγενίωι πρ(εσβυτέρωι) πολλὰ καµόντος ὑπὲρ τῆς ἁγίας τοῦ Θεοῦ ἐκλησίας τῶν Καθαρῶν ζῶντες µνήµης χάριν. Πρῶτο(ν) µὲν ὑµνήσω Θεὸν τὸν πάντει ὁρῶντα, δεύτερον ὑµνήσω πρῶτον ἄνγελον ΟΣΤΙΣΑΙΤΡΣΙΝ. Εὐγενίου θανέοντος πολλὴ µνήµη ἐπὶ γέηι· Εὐγένιε, νέος θάνες· ἠελίοιό σε γὰρ ἐγίνωσκαν πάντες, ἀντολίη τε δύσις τε µε()σινβρία τε κε ἄρκτος ὄλβωι τε πλούτωι τε ἐυγενίηι τε θάρσι· Πένησιν ζῶν θάρσος, κώµηι τ᾽ ἔνδοξος ἁπάντων· Σὺν Φρυγίη τ᾽ Ἀσίη τε Ἀντολιή τε δύδιστο. Wir, Aurelia Valentilla und Leontinos und Katmaros, errichteten diese Inschrift zu Lebzeiten für Eugenios, den Presbyter, zum Gedenken. Er mühte sich überaus für die heilige Kirche Gottes der Reinen. Als Erstes werde ich den alles sehenden Gott besingen, zweitens werde ich den ersten Engel besingen […]. Obwohl Eugenios tot ist, ist die Erinnerung an ihn bedeutend unter den Menschen. Eugenios, du bist jung gestorben: Alle unter der Sonne kannten dich, der Osten, der Westen, der Süden und der Norden, durch deinen Wohlstand, Reichtum, deine vornehme Herkunft und deinen Mut: Als Lebender die Zuversicht der Armen, herausragend von allen im Dorf: Dich (beklagen) Phrygien und Asien, der Osten und der Westen.
Die Eugenios-Inschrift ist eines der wichtigsten novatianischen Dokumente und wurde dementsprechend häufig besprochen.103 Interessant ist der Text 100 Epiphanius sagt, dass die Enkratiten im »verbrannten Phrygien« zahlreich wären, Pan. haer. 47,1,1–2. 101 MITCHELL, Anatolia II, 100. 102 CALDER, Epigraphy, 76, Nr. 4. Siehe zur Literatur zum Eugenios-Epitaph DERS., Studies in Early Christian Epigraphy, JRS 10, 1920, 42 ff. 103 Siehe MITCHELL, Anatolia II, 102, Anm. 406.
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sowohl in theologischer als auch in sozialhistorischer Hinsicht. Eugenios leistete viel für seine Kirche und setzte seinen Wohlstand für die Armen seiner Gemeinde ein. Sein Bekanntheitsgrad reichte wohl weit über die Dorfgrenzen hinaus. Die Dedikanten104 setzten ihm das Monument bereits zu Lebzeiten nach dem Muster der paganen Ehreninschriften. Mitchell bemerkt, dass die moralische Strenge der Novatianer sich offenbar nicht auf die Ablehnung weltlicher Güter oder von Ansehen bezog,105 ja im Gegenteil, Eugenios sei wegen seiner weltlichen Güter bekannt und gerühmt worden. Das war wohl möglich, weil er seinen Reichtum auch zum Wohl der Armen einsetzte. Die lobende Erwähnung seiner vornehmen Abkunft entbehrt dagegen einer karitativen Begründung und suggeriert, dass der Stolz auf die Zugehörigkeit zu einer vornehmen Familie durchaus als eines novatianischen Christen würdig galt. Ein Geistlicher aus einer angesehenen und finanziell mächtigen Familie, der sein Vermögen zur Unterstützung seiner Gemeinde einsetzt, ist ein dynamischer Faktor, der nicht unterschätzt werden darf. Die novatianische Lehre hatte sich sehr schnell über Rom hinaus ausgebreitet, und bestimmte Indizien sprechen dafür, dass ihre geistliche Führungsschicht sich aus den gehobenen Kreisen rekrutierte. Für Konstantinopel wissen wir, dass die novatianischen Bischöfe oft aus der Umgebung des Kaiserhofes gewonnen wurden, wie z.B. Markianos, der als novatianischer Presbyter unter Valens in den Palastgarden diente und später der Grammatiklehrer der kaiserlichen Prinzessinnen wurde. Er konnte sogar den arianisch gesinnten Kaiser zur Freigabe der novatianischen Kirchen bewegen.106 Eugenios’ Berühmtheit – so betont es jedenfalls der Grabtext – gründete sich auf seinen wirtschaftlichen Einsatz für seine Mitbrüder und Schwestern. Geistliche Qualitäten wie in Nr. 6.6.2 und 6.6.5 werden nicht erwähnt. Theologisch ist die Eugenios-Inschrift eine Crux. Während in Zeile 4 die Formulierung ὑµνήσω Θεὸν τὸν πάντει ὁρῶντα durch die Parallele zum Grabtext des Aberkios von Hierapolis107 erhellt werden kann, der Ende des zweiten/Anfang des dritten Jahrhunderts n. Chr. verfasst wurde, fehlen uns für die Wendungen in Zeile 5 jegliche Vergleiche. Wer ist mit πρῶτος 104 Calder sieht in den genannten Personen die Mutter und zwei Brüder des Eugenios (CALDER, Epigraphy, 77–78). 105 MITCHELL, Anatolia II, 102. Siehe auch das Beispiel des schon mehrfach erwähnten Novatianerbischofs Sisinnius von Konstantinopel. 106 Sokrates, HE 4,9,1. Siehe oben S. 106 bei Anm. 114. 107 Aberkios bezeichnet sich als µαθητὴς ποιµένος ἁγνοῦ, […] ὀφθαλµοὺς ὃς ἔχει µεγάλους πάντηι καθορῶντας. Calder erklärt die Wendung als für phrygische Christen ab dem zweiten Jahrhundert üblich (CALDER, Epigraphy, 78; vgl. RAMSAY, Cities and Bishoprics of Phrygia II, 724). Dazu siehe V. HIRSCHMANN, Untersuchungen zur Grabschrift des Aberkios von Hierapolis, ZPE 129, 2000, 109–116.
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ἄγγελος gemeint, und was verbirgt sich hinter der enigmatischen Wendung ΟΣΤΙΣΑΙΤΡΣΙΝ? Die parallele Stellung der Zeilen 4 und 5 legt zunächst nahe, unter πρῶτος ἄγγελος Christus zu verstehen, weil zuvor bereits von Gott die Rede war.108 Die Bezeichnung göttlicher oder gottähnlicher Wesen als Engel hat im westlichen Kleinasien Tradition. Aus dem zweiten und dritten Jahrhundert haben wir eine Reihe von Inschriften aus Karien und Lydien, die eine pagane Engelsverehrung belegen. Die Wurzeln der Angelolatrie müssen jedoch in weiter zurückliegenden Jahrhunderten gesucht werden.109 Schon Paulus oder ein Schüler des Apostels warnt in Kol 2,18 die Menschen vor der Anbetung von Engeln. Er nimmt damit Bezug auf Tendenzen unter den Neuchristen, die er einzudämmen versucht, weil sie offensichtlich aus vorchristlichen Traditionen stammen. In 1Kor 11,10 charakterisiert Paulus die Engel als Wesen mit sehr menschlichen Schwächen, die es besonders auf unschuldige Frauen abgesehen hätten (sic!). Doch trotz dieser Warnungen hielt sich hartnäckig die Hochschätzung der Engel im christlichen Volksglauben in Kleinasien. Die übermäßige Verehrung des Erzengels Michael wurde noch 363 n. Chr. auf dem Konzil von Laodikea am Lykos verurteilt. Der Erfolg war offenbar nur mäßig, denn im fünften Jahrhundert schreibt der Paulus-Kommentator Theodoret, dass die Engelsverehrung in Kleinasien zu seiner Zeit eine »Krankheit« gewesen sei und man deshalb eine Synode einberufen musste, um diesem (Aber-) Glauben einen Riegel vorzuschieben.110 Die enorme Präsenz und Verehrung des Erzengels Michael auf christlichen Inschriften aus Pisidien, Karien und Kappadokien im vierten und fünften Jahrhundert bekräftigt den Vergleich des Theodoret.111 Bezöge man den πρῶτος ἄγγελος auf Christus, so müsste man sich konsequenterweise mit einer Engelschristologie unter den Novatianern beschäftigen, die sehr kontrovers diskutiert wird.112 Es lohnt sich daher, 108
Siehe WALLRAFF, Geschichte, 256; vgl. MITCHELL, Anatolia II, 102 sowie CALEpigraphy, 78. 109 Dazu siehe V. HIRSCHMANN, Zwischen Menschen und Göttern. Die kleinasiatischen Engel, EpigrAnat 40, 2007, 135–146. 110 Comm. in ep. ad Col. II 18 (PG 82, 614, vgl. 619. Ἔµεινε δὲ τοῦτο τὸ πάθος [sc. die Angelolatrie] ἐν τῇ Φρυγίᾳ καὶ Πισιδίᾳ µέχρι πολλοῦ. οὗ δὴ χάριν καὶ συνελθοῦσα σύνοδος ἐν Λαοδικείᾳ τῆς Φρυγίας, νόµῳ κεκώλυκε τὸ τοῖς ἀγγέλοις προσεύχεσθαι· καὶ µέχρι δὲ τοῦ νῦν εὐκτήρια τοῦ ἁγίου Μιχαὴλ παρ᾽ ἐκείνοις καὶ τοῖς ὁµόροις ἐκείνων ἔστιν ἰδεῖν. 111 Vgl. J. B ARBEL, Christos Angelos. Die Anschauung von Christus als Bote und Engel in der gelehrten und volkstümlichen Literatur des christlichen Altertums, Theoph. 3, Bonn 1941 (Nachdr. 1964) über die Bedeutung des Erzengels Michael in der Zauberliteratur und in der frühen Kirche (226). 112 Dazu WALLRAFF, Geschichte, 256, Anm. 17, der eine Engelschristologie ebenso wie VOGT, Coetus Sanctorum, 281 zurückweist, vgl. J. Barbel, Zur »Engelchristologie« bei Novatian, TThZ 67, 1958, 96–105. Dafür spricht SCHEIDWEILER, Novatian und die Engelchristologie, ZKG 66, 1954/55, 126–139. DER,
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auch alternativ zu überlegen, ob für die Interpretation der EugeniosInschrift nicht eine andere Möglichkeit in Betracht kommt. Einen Weg dahin zeigt die Parallelität zwischen der Apposition zu θεός in Zeile 4, τὸν πάντει ὁρῶντα, und einer Formulierung der Aberkios-Inschrift (Zeile 5) aus dem zweiten Jahrhundert auf. Aberkios, der Bischof von Hierapolis in Phrygien, sieht sich als Schüler des heiligen Hirten (µαθητὴς ποιµένος ἁγνοῦ), der mit seinen großen Augen alles übersehen könne (ὀφθαλµοὺς ὃς ἔχει µεγάλους πάντηι καθορῶντας). In der Grabschrift des Aberkios ist es Christus, der als der Allessehende beschrieben wird. Für die homousisch denkenden Novatianer wäre ein »θεός Christus« wie im Eugenios-Text unproblematisch und konsequent nach dem nizäischen Bekenntnis. Wenn Christus für Eugenios der θεός wäre, bliebe für den πρῶτος ἄγγελος eine andere Möglichkeit offen. Angesichts der starken Verehrung des Erzengels Michael in Kleinasien im dritten und vierten Jahrhundert wäre denkbar, dass mit πρῶτος ἄγγελος Michael gemeint ist, zumal Michael auch der Schutzpatron der Provinz Lycaonien war.113 Die parallele Satzstellung in den Zeilen 4 und 5 spricht für eine enge inhaltliche Beziehung zwischen θεός und dem πρῶτος ἄγγελος. Die gemeinsame Erwähnung von Christus und Michael auf epigraphischen Zeugnissen ist in Kleinasien in dieser Zeit häufig zu finden. So heißt es auf zahlreichen Inschriften, der Erzengel sei ein »Bollwerk« des Himmelreiches (πύργος Μιχαὴλ µεγάλου βασιλέως ἐν Χριστῶι).114 Die herausragende Stellung des Erzengels zeigen Formulierungen wie auf einer Inschrift aus Klaudiupolis ([ὅ]ροι τοῦ ἁγ[ί]ου ἀρχανγέλου Μιχαήλ)115 oder einem Dokument aus Kappadokien (δέησι τοῦ [δούλου] θ(εο)ῦ Μ(ι)χ(αὴλ) (πρωτο)σ]παθαρίου …).116 Die aufgeführten Beispiele lassen zwei Schlussfolgerungen zu. Zum einen steht Michael immer in einer Beziehung zu Christus, entweder als Wächter des himmlischen Königs Christus (πύργος Μιχαὴλ µεγάλου βασιλέως) oder als soldatischer (πρῶτος σπαθάριος) Begleiter. Immer wird seine Vorrangstellung in der himmlischen Hierarchie betont. Die kennzeichnenden Attribute sind πρῶτος oder ἀρχάγγελος. In diesen Kontext passt die Formulierung θεός – πρῶτος ἄγγελος der Eugenios-Inschrift gut hinein. 113
CALDER, Epigraphy, 79. Laodikeas Provinzzugehörigkeit war nicht immer eindeutig. Strabo sieht es als Stadt in Lycaonien (14,2,29, p. 663, vgl. Stephanus von Byzanz, s.v.), während Sokrates und Theodoret Phrygien als Provinz nennen (Sokrates, HE 6,18; Theodoret von Kyros, Comm. in ep. ad Col. II 18, PG 82, 613). Die Verehrung Michaels war jedoch breit gefächert in den Provinzen des Westens üblich. 114 Zum Beispiel IK Smyrna, Nr. 846, ebenso siehe IK Nikaia, Nr. 464–468. 115 IK Klaudiupolis, Nr. 178. 116 G. DE JERPHANION/L. J ALABERT, Inscriptions d’Asie Mineure (Pont, Capadoce, Cilicie), Paris 1908, 187.
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Problematischer ist dagegen in Zeile 5 ΟΣΤΙΣΑΙΤΡΣΙΝ. Eindeutig erkennbar ist der erste Teil ΟΣΤΙΣ, der eine nähere Beschreibung des πρῶτος ἄγγελος vermuten lässt. Die Auflösung von ΑΙΤΡΣΙΝ ist jedoch bislang unmöglich. Verschiedene Hypothesen wurden dazu entwickelt. Calder, der von Christus als πρῶτος ἄγγελος ausgeht, löst den ganzen Vers folgendermaßen auf: ὅς τ᾽ (ε)ἰσα(ε)ὶ τρίτος ἦν und sieht hier die Doktrin der Trinität festgehalten.117 Eine andere These vertritt Henri Grégoire, der ΟΣΤΙΣΑΙΤΡΣΙΝ folgendermaßen auflöst: ὅς τισαι τισιν.118 Τισαι τισιν ist für ihn die griechische Version des aramäischen tiša tišin = 99, der Zahl, die das Wort ἀµήν symbolisiert.119 Grégoire schlägt vor, das Zahlensymbol ἀµήν als einen mystischen Namen für Christus zu verstehen, ist sich aber der Lücken seiner Hypothese wohl bewusst. Problematisch ist vor allem der letzte Teil der Zeile auf der Inschrift, denn es ist eindeutig ein Rho und nicht ein Iota zu lesen (-ΤΡΣΙΝ), das Grégoire für seine Interpretation benötigt. Während man hier noch mit viel gutem Willen für einen Schreibfehler des Steinmetzes argumentieren könnte, scheint die weitergehende Interpretation Grégoires unnötig. Er sieht in dem nun gewonnenen ἀµήν gleichzeitig eine kryptische Version des Namens Manis, und so wird für ihn der Novatianer Eugenios zu einem heimlichen Manichäer.120 Dagegen liegt es viel näher, Eugenios’ Bekenntnis als Prägung seiner Umgebung zu verstehen. Dass er Novatianer war, ist durch die Formulierung τῆς ἁγίας τοῦ Θεοῦ ἐ(κ)κλησίας τῶν Καθαρῶν definiert, und Laodikea Katakekaumene war als novatianisches Territorium bekannt. Der πρῶτος ἄγγελος ist mehrdeutig. Da Lycaonien und viele Teile Kleinasiens sich unter den Schutz des Erzengels Michael stellten, ist es gut denkbar, dass Eugenios dieser Tradition folgte. Die Interpretation des πρῶτος ἄγγελος als Christus kann jedoch ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, vor allem vor dem Hintergrund der novatianischen Schrift De trinitate, die sich intensiv mit angelologischen Elementen der Natur Christi auseinandersetzt (dazu siehe unten 6.8). Die Lösung Grégoires für ΟΣΤΙΣΑΙΤΡΣΙΝ ist bislang die überzeugendste Interpretation, wenn man auch nicht unbedingt τισαι τισιν = ἀµήν als mystisches Wort für Christus ansehen muss, um die Zeile 5 unseres Textes zu verstehen. Es reicht aus, zu lesen: »(Ich besinge) als zweiten den ersten Engel, Amen.« Die obigen Überlegungen erzeugen bei der Deutung der Zeilen 4 und 5 eine durch den aktuellen Stand der Forschung nicht auflösbare Pattsitua117
CALDER, Epigraphy, 78, vgl. die Verwendung der Bezeichnung ἄγγελος für Christus in Jes 9,5 und Gregor von Nyssa, Contra Eunom. 872B. 118 H. GRÉGOIRE, Un nom mystique du Christ, Byz. 2, 1925, 448–453. 119 Ibid., 452. 120 Ibid.
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tion. Während ein Erzengel Michael als πρῶτος ἄγγελος die Diskussion um eine Engelschristologie umgehen kann, muss jener Engel, will man Grégoire’s Auflösung von ΟΣΤΙΣΑΙΤΡΣΙΝ folgen, Christus sein. 6.6.7. Dedikation für den Bischof Severus und seinen Nachfolger Eugenios121 (Laodikea Katakekaumene, Ende des 4. Jahrhunderts.) Τὸν Χ(ριστο)ῦ σοφίης ὑποφήτορα, τὸν σοφὸν ἄνδρα, Οὐρανίου γενέτου κύδιµον ἀθλοφόρον, Σ]εβῆρον πόλεων πανεπίσκοπον ἡγητῆρα λ]αοῦ σακκοφόρου µνῆµα κέκευθε τόδε· Λεί]ψανον Ἐωιγενίου τε θ(εο)υδέος ὃν κατέλιψεν ποιµ]νῆς πνευµατικῆς ἄξιον ἡνίοχον. Ἁγνὸν] καὶ ζώοντες ἑαῖς π[ληγαῖς ὄνοµ᾽ ἔσχον] νῦν τ᾽ εὐ]άσκητον µνῆ[µ᾽ ἔχει ἀµφοτέρους. [Zwei Zeilen sind ausgefallen.] Für den Deuter der Weisheit Christi, den weisen Mann, der um des Himmels willen ruhmvoll und siegreich wurde [sc. Märtyrer wurde], Severus, den Oberbischof der Städte, Führer der Sakkophoren zum Gedenken errichtet: Die Überreste des gottesfürchtigen Eugenios, den er zurückließ als würdigen Lenker der pneumatischen Herde. Schon zu Lebzeiten hatten sie durch ihre Schläge einen heiligen Namen, nun haben beide ein wohlgesetztes Denkmal.
Während die vorangegangene Inschrift für den novatianischen Presbyter Eugenios nur in den Zeilen 4 und 5 Rätsel aufgab, ist das Denkmal für Severus und Eugenios ein weitaus größerer Nährboden für Interpretationen. Der Text lobt die geistigen und frommen Qualitäten der beiden Toten, die schon zu Lebzeiten ein Nimbus der Heiligkeit umgab. Severus wird als Oberbischof bezeichnet, der vor allem durch seine Fähigkeit, die Weisheit Christi zu interpretieren, Ruhm erlangte. Eugenios wird durch seine Frömmigkeit charakterisiert. Beide scheinen eine asketische Lebensweise geübt zu haben. Dafür spricht einerseits die Zugehörigkeit zur Sekte der Sakkophoren (also der »in Sack und Asche Gehenden«), andererseits die Formulierung [ἁγνὸν] καὶ ζώοντες ἑαῖς π[ληγαῖς ὄνοµ᾽ ἔσχον], die vielleicht auf Selbstgeißelungen anspielt. Die Sakkophoroi gehörten zur Kirchenvielfalt von Laodikea und Umgebung. Eine genaue Definition der Sakkophoroi ist schwierig.122 Der im 121
MAMA I, 171, dazu MITCHELL, Anatolia II, 102. Siehe auch CALDER, Studies in Early Christian Epigraphy, gegen GRÉGOIRE, Un nom mystique, 699. 122 Der Begriff Sakkophoroi wurde oft pejorativ benutzt, um asketisch-rigoristische Sekten zu diffamieren, siehe G. W. H. LAMPE, A Patristic Greek Lexicon, s.v. Σακκοφόροι.
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sechsten Jahrhundert schreibende Presbyter Timotheus meint, sie seien identisch mit den von Basilius erwähnten Hydroparastatai, d.h. solchen, die bei der Eucharistie Wasser statt Wein anboten.123 Es ist durchaus möglich, dass eine Gruppe unter mehreren Namen bekannt war, man denke nur an die verschiedenen Bezeichnungen für die phrygischen Montanisten (z.B. Pepuzianer oder Kataphryger). Die hier genannten Sakkophoroi dürfen nicht mit den paganen Berufsvereinigungen gleichen Namens verwechselt werden. Diese σακκοφόροι sind Lastenträger, die uns aus Mysien und der Troas inschriftlich bekannt sind.124 Aus unserer Inschrift erfahren wir, dass die Sakkophoroi eine hierarchische Struktur besaßen und Bischöfe hatten. Die Bezeichnung des Severus als πανεπίσκοπος deutet zudem darauf hin, dass die Sekte auch über Laodikea hinaus Anhänger hatte. Wir erfahren noch ein weiteres sehr wichtiges Detail, die Sakkophoroi waren Pneumatiker. Aufgrund dieses Stichwortes und der Formulierung τὸν Χ(ριστο)ῦ σοφίης ὑποφήτορα könnte man sie der gnostischen Bewegung zuordnen, ähnlich wie die ebenfalls asketisch lebenden Enkratiten. Mitchell interpretiert Zeile 3–4 ([Σ]εβῆρον πόλεων πανεπίσκοπον ἡγητῆρα [λ]αοῦ σακκοφόρου) dahin gehend, dass Severus zwei Funktionen ausübte. Zum einen sei er der Oberbischof der Hauptkirche gewesen, zum anderen Führer einer monastischen Gruppe, der Sakkophoroi. Severus habe sich aus dem aktiven Dienst als Bischof in ein asketisches Leben zurückgezogen und Eugenios Platz gemacht. Für Mitchell ist klar, dass Severus als Bischof ursprünglich der novatianischen Kirche angehört hat, da diese in Laodikea und Umgebung eines ihrer Zentren hatte.125 Sein Wechsel zu einer monastischen Sekte stellt für Mitchell kein Problem dar, denn auch über novatianische Bischöfe in Konstantinopel habe man Nachrichten, die eine sehr asketische Lebensweise bezeugten, wie z.B. bei Bischof Agelius.126 Die Argumente Mitchells überzeugen aus mehreren Gründen nicht. Das Hauptproblem ist die Einordnung von ποιµνῆς πνευµατικῆς in Zeile 6. 123 Timotheus, PG 86, 12–74. Er schrieb um 600 in Konstantinopel De receptione haereticorum. Vgl. Basilius von Caesarea, Ep. 188,16, siehe auch Cod. Theod. 16,5,7,3; 16,5,9,3; 16,5,11. Das Ersetzen des Messweines durch Wasser ist laut Epiphanius (Pan. haer. 40, 42, 46, 47) auch für die Severianer, Markioniten, Enkratiten und Tatianer bekannt. 124 Vgl. ST. SOMMER, Rom und die Vereinigungen im südwestlichen Kleinasien (133 v. Chr.–284 n. Chr.), Hennef 2006, 89, hier auch Anm. 407. Die Berufsvereinigung der Sakkophoroi übernahm hauptsächlich das Be- und Entladen der Handelsschiffe, deren Fracht aus Korn bestand. 125 MITCHELL, Anatolia II, 102. Ähnlich auch TABBERNEE, Montanist Inscriptions and Testimonia, 444, der mit Basilius, Ep. 199,47 argumentiert: Ἐγκρατῖται καὶ Σακκοφόροι καὶ Ἀποτακτῖται τῷ αὐτῷ ὑπόκεινται λόγῳ ᾧ καὶ Ναυατιανοί […]. 126 Sokrates, HE 4,9 und Sozomenos, HE 7,12.
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Wenn man wie Mitchell die Aufgabengebiete des Severus trennen will, bestünde die Möglichkeit, diese »pneumatische Herde« als weiteres christliches Betätigungsfeld anzusehen. Nach Mitchells Interpretation ist auch nicht klar, in welcher Funktion Eugenios Severus nachfolgte: War er nun später Bischof der (novatianischen) Kirche in Laodikea oder nach Severus Lenker der »pneumatischen Herde«? Es gibt an keiner Stelle einen Hinweis darauf, dass die Novatianer eine pneumatische Gruppe gewesen seien oder auch nur derartige Tendenzen aufwiesen. Anders als die Montanisten, die durch die Betonung der prophetischen Gabe in ihrer Mitte sich selbst den Pneumatikern zurechneten und ein millenaristisches Unternehmen waren, zeigten die Novatianer bis auf ihre Abweichungen in der Bußfrage ein theologisch konservatives Verhalten. Es ist nach den uns heute vorliegenden Informationen nicht möglich, das novatianische Christentum mit pneumatischen bzw. gnostischen Gruppen in Verbindung zu bringen. Das Argument Mitchells, auch in Konstantinopel habe es asketisch lebende novatianische Bischöfe gegeben, könnte man hier sicher anwenden, jedoch gab es auch sehr wohlhabend lebende Geistliche wie Sisinnius, dessen prunkvolle Alltagsgestaltung auffällig war.127 Die asketische Haltung novatianischer Geistlicher ist kein Charakteristikum, das sich kontinuierlich abbildete, sondern viel eher eine Entscheidung Einzelner. Als dritter Einwand gegen Mitchells These muss die Überlegung geprüft werden, Severus habe zwei christlichen Gruppen angehört. Diese Annahme ist jedoch nur überlegenswert, wenn Severus und Eugenios unbedingt (weil sie aus Laodikea stammten) den Novatianern zugerechnet werden sollen. Die Inschrift zeigt jedoch keinerlei Indizien für eine derartige Ausrichtung und ist vielmehr in sich stimmig als Zeugnis zweier Anhänger der Sakkophoren, die wahrscheinlich wie die Enkratiten gnostische Züge trugen, ausgedrückt durch den Begriff ποιµνὴ πνευµατική und τὸν Χ(ριστο)ῦ σοφίης ὑποφήτορα in Zeile 1. Die Konsequenz kann an dieser Stelle nur sein, diese Inschrift aus dem novatianischen Kanon zu streichen.
127
Sokrates, HE 6,22,3.
6.6. Das epigraphische Material aus Kleinasien
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6.6.8. Grabschrift der Doudousa128 (Gefunden zwischen Laodikea Katakekaumene und dem heutigen Sarayönü, Datierung von Ramsay ins späte 4. Jahrhundert.129) ………………… ΙΟΧ ∆ούδουσα θυγάτ[ηρ Μ]εννέου γα[µετὴ δὲ γε]νοµένη Ἴµενος τῆς ἁγείας καθαρᾶς τοῦ Θ(εο)ῦ ἐκλησείας Αὐρ. Τάται τῆι πολυποθεινοτάτηι κὲ µονογενῆ µου θυγατρὶ ἀνέστησα τὴν στήλην ταύτην κὲ ἑαυτῆς ζῶσα µνήµης [χ]άριν. Doudousa, die Tochter des Menneas, Gattin des Imen, aus der heiligen reinen Kirche Gottes stellte die Stele auf für Aurelia Tata, meine vielgeliebte und einzige Tochter, und für mich zu Lebzeiten zum Gedenken.
Die erste Zeile ist nicht mehr lesbar, Calder vermutet hier eine (novatianische?) Formel wie z.B. ὁ Θεὸς ἅγιος. Eine solche Formulierung ist uns bisher auf novatianischen Grabsteinen nicht bekannt, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Leider erfahren wir nicht, ob Aurelia Tata auch jung und unverheiratet starb wie Ammia in Nr. 6.6.11. Hier scheinen jedoch beide Eltern Novatianer gewesen zu sein. 6.6.9. Grabschrift des Diomedes130 (Bei Çeşmeli Kebir,131 vermutlich frühes 5. Jahrhundert.) Ἐνθά]δ[ε] τις κατάκιτε] ∆ιοµήδης ? Μίρο]υ τῆς καθαρᾶς Θε]οῦ ἐκλησίας ὅστις] ἑαυτοῦ κὲ ? γυνεκὶ τ]ὴν τίτλον ἀνέστησ]εν µνήµης χάρ]ιν. Hier liegt ein gewisser Diomedes, [Sohn des] Miros aus der reinen Kirche Gottes, der für sich und für […] seine Frau das Monument zum Gedenken aufstellte. 128
MAMA VII, 92 = CALDER, Epigraphy, 82, Nr. 6. W. M. RAMSAY, Luke the Physician and Other Studies in the History of Religion, New York 1908, 400. 130 CALDER, Epigraphy, 82–83, Nr. 7 = SEG 6, Nr. 284. 131 Vgl. dazu die Beschreibung von CALDER, Epigraphy, 83, Nr. 7. 129
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
Diomedes scheint kein Mann vieler Worte gewesen zu sein, so schnörkellos und auf die Tatsachen beschränkt erscheint uns die Grabschrift für ihn und seine Frau. Auch fehlen jegliche freundliche Epitheta für seine Gattin, die doch so häufig auf Texten dieser Art zu finden sind. Wie Calder bemerkt, scheint die Wendung τῆς καθαρᾶς Θεοῦ ἐ(κ)κλησίας nicht auf Kleriker beschränkt gewesen zu sein.132 6.6.10. Grabschrift des Alexander133 (Erten, Nordphrygien. Byzantinische Zeit.134) +Μνηµῖον Ἀλεξάνδρου ἠδ᾽ υἱοῦ +ἀναγνώστου τῆς ἁγίας τοῦ Θεοῦ τῶν Νουατι+ανῶν ἑκλησίας+ Zum Gedenken an Alexander, den Sohn des Lektors der heiligen Kirche Gottes der Novatianer.
Alexander war der Sohn eines novatianischen Funktionärs. Das Amt des kirchlichen Lektors ist schon in der Mitte des zweiten Jahrhunderts durch Justin belegt.135 Ab dem vierten Jahrhundert gehörte der Lektor zum geweihten Klerikerstand und hatte die Aufgabe, die biblischen Schriften im Gottesdienst zu verlesen. Die erhaltenen Inschriften zeigen, dass das Lektorat wohl ein Amt für die jüngeren Männer war, die noch nicht das erforderliche Mindestalter für höhere Weihen hatten.136 Das Grabmal des Alexander befindet sich inmitten einer römischen Nekropolis in Erten und zeigt die bekannte Formel τῆς ἁγίας τοῦ Θεοῦ τῶν Νουατιανῶν ἐκ(κ)λησίας, die auch die novatianischen Gräber um Laodikea aufweisen. Inschriften für Lektoren sind nicht selten und ebenso für die orthodoxe Seite nachweisbar,137 sodass man hier einen kleinen Hinweis auf eine Übereinstimmung zwischen orthodoxer und novatianischer Liturgie hat. 132
CALDER, Epigraphy, 83. C. H. E. HASPELS, Highlands of Phrygia, Sites and Monuments I–II, Princeton 1971, Bd. I, 318,50. Für den Kommentar siehe 207. 134 HASPELS, Highlands I, 207. 135 Justin, 1Apol. 67,4. 136 Dazu siehe HÜBNER, Der Klerus, 41–44. 137 Zum Beispiel IK Ephesus, Nr. 543,3 oder 1285,18; HASPELS, Highlands I, 320, 54. Weitere Beispiele siehe HÜBNER, Der Klerus, 42. 133
6.6. Das epigraphische Material aus Kleinasien
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6.6.11. Grabschrift der Novatianerin Ammia138 (Bomos aus dem Oberen Tembris-Tal bei Kürdköy. Inschrift auf allen vier Seiten. Es handelt sich um einen Grabstein für eine Familie aus der Zeit 300–350. Die Inschrift für Ammia stammt von einer anderen Hand als die anderen Teile des Bomos. Buckler/Calder/Cox vermuten eine post-nizäische Abfassungszeit.139) Ἄµµια θυγάτηρ πινυτή, πῶς θάνες ἤδη; τί σπεύδουσ᾽ ἔθανες ἢ τίς σ᾽ ἐκιχήσατο Μοιρῶν πρίν σε νυµφικὸν ἰστέφανον κοσµήσαµεν ἐν θαλάµοισιν, πάτρην σε λιπῖν πενθαλέους δὲ τοκᾶς; Ammia, kluge Tochter, bist du nun schon tot? Was beeiltest du dich zu sterben, oder welche der Moiren hat dich ergriffen, bevor wir dich als bekränzte Braut für das eheliche Gemach schmückten, dass du dein Zuhause als trauernde Nachwelt zurücklässt?
Auf dem gesamten Monument, das hier wegen seines Umfanges nur in relevanten Auszügen (Z. 1–7) wiedergegeben ist, werden vier Generationen einer Familie aus dem ländlichen Phrygien genannt. Vielleicht handelt es sich um das Dokument einer Familie, die sich in einer Übergangsphase vom Paganismus zum Christentum befand.140 Für uns interessant ist die wohl später (s.o.) hinzugefügte Inschrift der Tochter Ammia, die sehr jung und unverheiratet starb. Ammia war Novatianerin, und ihre Grabschrift zeigt uns die Existenz von Novatianern im Oberen Tembris-Tal an. Aus dem Text geht hervor, dass Ammia die einzige Novatianerin in ihrer Familie gewesen sein muss. Die Grabschrift kann in drei Teile gegliedert werden. Zunächst ›sprechen‹ die Eltern des Mädchens (Z. 1–19), danach Ammia selbst, die ihrem trauernden Vater und der Mutter im Schlaf erschienen war. Sie erklärt ihre novatianische Überzeugung und ihren Wunsch, sich als Jungfrau Christus zu weihen. Das Traumgesicht endet in Z. 37. Die letzten Zeilen sind zwar aus der Sicht Ammias geschrieben, sprachlich unterscheiden sie sich jedoch von der vorherigen Rede Ammias.141 Man gewinnt den Eindruck, die Eltern hätten, um die Form zu wahren, den trauernden Bräutigam und andere Familienmitglieder erwähnt, während der Text der Vision eine jenseitige Ausrichtung ihrer Tochter anzeigt, die mit allem Irdischen abgeschlossen hatte. Der Mittelteil, in dem Ammia ihre Glaubenshaltung beschreibt, ist 138
W. H. BUCKLER/W. M. CALDER/C. W. M. COX, A Monument from the Upper Tembris Valley, JRS 17, 1927, 49–58. Neuinterpretiert von GRÉGOIRE, Byz. 8, 1933, 60–61. 139 BUCKLER/CALDER/COX, A Monument, 51. 140 Siehe ibid., 53–54. 141 Dazu ibid., 57.
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
für uns der wichtigste Aspekt der Inschrift, deshalb hier nur die Übersetzung der Zeilen 20–35: Weine nicht, betrübter Vater, nicht du Mutter, zu sterben ist nichts Ungewöhnliches. Während meines ganzen Lebens genoss ich die Annehmlichkeiten meines Elternhauses und sorgte mich wegen eines traurigen Todes. Aber mein Retter Jesus Christus machte mich gerecht. Seit diesem Tag genieße ich ewigen Ruhm, durch die Hände eines Presbyters empfing ich die Taufe als rechtmäßigen Preis der Jungfräulichkeit. Als heilige Jungfrau gehe ich, dem Glauben zugewandt, ich habe das ewige Licht, weil ich bei den heiligen Novatianern bleibe (φῶς ἀέναον ἔχο[υ]σα Ναυατῶν ἁγίων δὲ [µ]ένουσα …).
Die Rede der Tochter offenbart eine Familientragödie. Die Eltern, die ihre Tochter gerne verheiratet gesehen hätten, waren sicher Christen, denn ihre anderen Kinder hießen Kyriakos und Nonna, beides typisch christliche Namen.142 Ammias Eltern scheinen aber dem orthodoxen christlichen Flügel angehört zu haben. Die asketischen Neigungen ihrer Tochter nahmen sie nicht ernst genug und verlobten sie (πρίν σε νυµφικὸν ἰοστέφανον κοσµήσαµεν ἐν θαλάµοισιν). Ammia fühlte sich mit ihrem Wunsch, unverheiratet zu bleiben, erst in der novatianischen Kirche richtig wohl, das zeigt die beinahe erleichtert klingende Erwähnung ihrer novatianischen Taufe, die ihr den Weg in eine strahlende Ewigkeit eröffnete. Ihre Benennung der novatianischen Kirche als ἁγία drückt in diesem Fall zudem einen bewertenden Gegensatz zu der Kirche aus, der ihre Eltern angehört haben. Ammia fühlte sich in die »wahre« Ekklesia aufgenommen. Es ist zu vermuten, dass der Presbyter, der Ammia taufte, ihr auch Mut machte, ihr asketisches Ideal zu leben und vielleicht auch dafür zu sterben. Ihr »ewiger Ruhm« und ihre »Reinheit« scheinen keinen Konflikt mit ihrem sehr wahrscheinlichen Freitod (τί σπεύδουσ᾽ ἔθανες) ausgelöst zu haben.143 Ammia ging ihren Weg aus der ungewollten Verlobung mit Stolz und schien keinen ethischen Makel oder eine Vergebungsbedürftigkeit aus ihrem Tod abgeleitet zu haben. Das wiederum könnte Anlass zum Nachdenken über die Sündhaftigkeit des Suizids unter den Novatianern geben. Sehr interessant ist auch die Partizipialkonstruktion φῶς ἀέναον ἔχουσα Ναυατῶν ἁγίων δὲ µένουσα. Eine kausale oder modale Auflösung macht aufgrund des Kontextes am meisten Sinn. Die christliche Überzeugung von Ammias Eltern wurde oben schon erwähnt. Doch scheint ihr Christentum mit den Vorstellungen ihrer Tochter nicht kompatibel gewesen sein. Der novatianische Presbyter vermittelte Ammia offenbar durch die novatia142 143
So ibid., 56. Ibid.
6.6. Das epigraphische Material aus Kleinasien
169
nische Konfession die Überzeugung, hierin liege der einzige Weg zur himmlischen Herrlichkeit: Ammia wurde selig, weil sie Novatianerin war. Nicht immer lehnten christliche Eltern den Wunsch ihrer Töchter nach einem jungfräulichen Leben ab. Eine gute Ergänzung zur Ammia-Inschrift ist daher der Grabstein der Attia aus Nikaia (Nizäa). 6.6.12. Die Inschrift der Attia144 Ἀττία φιλοσόφισσα παρθενίην δύσασα φύγες κόσµου κακότητα, οὔνοµα σεµ(ν)ώσασα θεῶι πίστει τε ἀγά(π)ηι τε· ὧδέ σε καὶ παράδεισος ἔχει ψυχήν τε ἅγιος νοῦς καὶ χορὸς ἔνθα ἁγίων σὺν ἀγαλλοµένοισι προφήταις χαῖρε, τέκνον γλυ(κὺ χ)αῖρε καὶ εἵλαθι σοῖς γενέται(σιν) -----------------------------------------------------ς δὲ θεοῦ. Attia, die Philosophin [sc. Asketin], mied, gekleidet wie eine Jungfrau, die Schlechtigkeit der Welt. Seinen Namen ehrend vertraute und liebte sie Gott. So haben das Paradies und der heilige Geist auch deine Seele, und hier grüßt [dich] der Chor der Heiligen zusammen mit den verherrlichten Propheten. Sei gegrüßt, süßes Kind, und freue dich mit deinen Ahnen.
Attia nennt sich stolz φιλοσόφισσα und weckt damit schnell Assoziationen mit einer Selbstbezeichnung Novatians, als er sich während der Decischen Verfolgung in ein Klausnerhäuschen zurückgezogen hatte und die Bitte seiner christlichen Amtsbrüder nach Beistand mit den Worten abwehrte, er gehöre jetzt einer anderen Philosophie an.145 Die Bezeichnung »Philosoph« unter den frühen Christen war ein Synonym für Asket.146 Da auch Nikaia eine novatianische Gemeinde besessen hat, besteht die Möglichkeit, Attia zumindest als Sympathisantin der »reinen« Kirche zu sehen. 6.6.13. Versinschrift des Domnus147 (In der Nähe von Kotiaeum, um die Mitte des vierten Jahrhunderts, vermutlich novatianisch.) τ]ὸν κλυτὸν ἐν ζωοῖσι, τὸν ἔξοχον ἐ]ν µερόπεσσι, τὸν πρώτιστον βουλῆς ἠδὲ πόληος ὅλης, τὸν πτωχοὺς φιλέοντα ε]ἵνεκεν εὐσεβίης, Εὐστοχίου φίλον υἷα τὸν ἀθάνατοι φιλέεσκον (τοὔνεκα καὶ πηγαῖς λούσαµεν ἀθανάτοις) καὶ µακάρων νήσσοις ἔνβαλον ἀθανάτων ∆όµνον, ζήσαντα τρὶς ἐτέων δεκάδας. 144
IK Nikaia, Nr. 550. Eusebius, HE 6,43,16. Siehe oben S. 4 und S. 150. 146 DÖLGER, Zum Oikiskos des Novatianus, 62. Siehe auch V. SCHULTZE, Altchristliche Städte und Landschaften, II. Kleinasien, Teil I, Gütersloh 1922, 324. 147 W. H. BUCKLER/W. M. CALDER/C. W. M. COX, Asia Minor, Monuments from Cotiaeum, JRS 15, 1925, 142, Nr. 125. Dazu MITCHELL, Anatolia II, 104. 145
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Dem bei den Lebenden berühmten, herausragenden unter den Sterblichen, dem Allerersten des Rates in der ganzen Stadt, dem, der die Armen liebte um [seiner] Frömmigkeit willen, geliebter Sohn des Eustochios, den die Unsterblichen lieben (deshalb baden wir auch in unsterblichen Quellen) und bringen Domnus zu den Inseln der glückseligen Unsterblichen, er lebte 30 Jahre.
Die Inschrift des Domnus stammt aus der Stadt Kotiaeum, die Sokrates (HE 4,28; 5,21) als eine Stütze der novatianischen Gemeinde beschreibt. Domnus selbst war wohl Ratsmitglied und kümmerte sich um arme Menschen in seiner Stadt. Mitchell sieht Domnus (ähnlich wie Ammia) als einen Asketen, der durch seine Taufe für sich eine Vollendung erfahren zu haben schien. Da Kotiaeum novatianisch durchdrungen war, liegt es nahe, Domnus als unverheirateten Mann dem asketischen Zweig der novatianischen Kirche zuzuordnen.148 Dennoch entstammen die auf der Grabschrift verwendeten Bilder eindeutig dem pagan-religiösen Bereich. So lieben ihn die ἀθάνατοι (Plural!), und er gelangt nach seinem Tod aufgrund der Taufe nicht in die himmlische Welt Gottes, sondern auf die νῆσσοι µακάρων ἀθανάτων. Auch wenn poetische Sprache und homerische Entlehnungen auf den Versinschriften Kleinasiens Tradition haben,149 entsteht doch zwischen der Sprache der Inschrift und der Taufe des Domnus eine Spannung. Möglicherweise ist dies aber lediglich eine anachronistische Sichtweise, die von den zeitgenössischen Christen nicht so empfunden wurde. Als gebildeter Mensch wuchs man mit den Schriften der Dichter und Philosophen auf und erlebte sie als einen Teil der eigenen Kultur und nicht in einem Widerspruch zu einem individuellen religiösen Bekenntnis.
6.7. Conclusio Das epigraphische Material lässt, alle Vorbehalte einbezogen, mehrere Schlüsse zu. Sie betreffen die christliche Identität der Novatianer (6.7.1.) ebenso wie ihre Gemeindestruktur (6.7.2. und 6.7.3.) sowie ihre Theologie (6.7.4.). 6.7.1. Die Identitätsbildung Bei der Betrachtung des Materials fallen zwei formelhafte Wendungen auf, die Christen als Angehörige der novatianischen Kirche kennzeichnen: Erstens, sie bezeichnen sich als (Christ) τῆς ἁγίας τοῦ Θεοῦ τῶν Ναυατιανῶν ἐκ(κ)λησίας, zweitens als (Christ) τῆς ἁγίας τοῦ Θεοῦ τῶν καθαρῶν ἐκ(κ)λησίας. Der Unterschied zwischen beiden Bezeichnungen lässt sich 148 149
MITCHELL, Anatolia II, 104. Ibid., 50.
6.7. Conclusio
171
durch das epigraphische Material selbst nicht eruieren. Eine Interpretationshilfe ist möglicherweise die Aussage des Sokrates in HE 4,28. Er weiß von Novatianern, die sich nach den Auseinandersetzungen um den Termin des Osterfestes explizit nach Novatian nennen. Diese Kontroverse löste eine Spaltung innerhalb ihrer Kirche aus (Sozomenos, HE 7,18 und Sokrates, HE 4,28). Die Publikation der Kirchenzugehörigkeit auf christlichen Grabmonumenten ist in Kleinasien üblich, und die Beispiele sind mannigfaltig. Man grenzte sich dadurch von anderen, kleinen oder größeren Gruppen ab und identifizierte sich mit einem bestimmten religiösen Kollektiv. Gerade in Phrygien blühten viele christliche Sonderkirchen, von denen die Inschriften bis heute ein reiches Zeugnis geben.150 So war man einerseits motiviert, sich von der Masse abzuheben, andererseits beinhalten die Grabschriften – wie schon zu paganen Zeiten – eine Botschaft an die Außenwelt. Die Grabtexte haben oftmals eine didaktische Funktion für die Mitmenschen. Eine solche Bedeutung kann z.B. sowohl der Ammia- als auch der Eugenios-Inschrift unterstellt werden. Ammia signalisiert mit ihrem Grabtext, dass eine Jungfrau, die in völliger Hingabe an Gott leben will, in der novatianischen Kirche am besten aufgehoben ist. Ammia, die bereits aus einer christlichen Familie stammte, wird von dem novatianischen Presbyter (wohl auch gegen ihre Eltern) unterstützt. Die Inschrift des Eugenios (der der ἁγίας τῶν καθαρῶν ἐ[κ]κλησίας entstammte) zeigt dagegen, dass man als wohlhabender Novatianer durchaus auch zu weltlichem Ruhm gelangen durfte und als »reiner« Christ seine gesellschaftliche Stellung mit allen Annehmlichkeiten nicht aufgeben musste. Diese Einstellung der Novatianer war unter Umständen für die wirtschaftlich potenten lokalen Eliten der Christen ein zusätzlicher Anreiz. Sie mussten neben dem sicheren Platz im Himmel, den die reine novatianische Lebensform verhieß (siehe die Ammia-Inschrift), ein gutes Leben bereits auf Erden nicht missen. 6.7.2. Die Klerikerdichte Eine weitere Beobachtung ist die prozentual auffällige Zahl von Klerikern unter den hier angeführten Inschriften. Wir haben bei dreizehn Inschriften fünf Kleriker, zwei Asketinnen und einen Vorleser (der Vorleser gehörte, wie oben erwähnt, ab dem vierten Jahrhundert zum geweihten Klerus). Es kann sich natürlich, wie schon Wallraff anmerkt, um einen rein zufälligen Befund handeln, da die Novatianer keine reine Klerikergemeinde gewesen 150 Zur Kommunikation der Menschen mit dem Göttlichen G. F. CHIAI, Die Sprache der religiösen Kommunikation im römischen Osten. Konvergenz und Differenzierung, Das Altertum 53, 2008, 39–47.
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
sein können.151 Dieser Einwand ist berechtigt, doch haben wir bei Sozomenos (HE 7,19) die auf eigenen Erfahrungen beruhende Information, dass die Novatianer wie die Montanisten selbst in den Dörfern Bischöfe hatten, die allerdings den normalen Priesterdienst ausübten und nicht eine Supervisionsfunktion hatten. Das würde die Klerikerdichte, die auch Sozomenos auffällig fand, epigraphisch bestätigen. Dieses System der Montanisten und Novatianer macht Sinn, wenn man bedenkt, dass Dörfer und größere Städte manchmal sehr weit auseinanderlagen, vor allem in den weniger dicht besiedelten Gebieten. Ein enges Gefüge aus Funktionären mit breiter Handlungskompetenz ist gerade für abgelegene Gemeinden wichtig und bietet gleichsam ein enges Betreuungsnetz für die Gemeindemitglieder. Da die Übernahme eines geistlichen Amtes den Inhaber eine Gebühr kostete, die beispielsweise ein Bischof bei seiner Ordination entrichten musste, war nicht nur die Frömmigkeit eines Amtsanwärters ausschlaggebend. Die Gebühr richtete sich nach dem Jahresgehalt des Klerikers, der in der Regel seinen weltlichen Beruf weiter ausübte.152 Wenn ein sehr wohlhabender Mann wie Eugenios (Nr. 6.6.6.) zum Presbyter geweiht wurde, so brachte er der Kirche einen wirtschaftlichen Vorteil. Man erwartete von einem Funktionär aus sozial gesicherten Verhältnissen, dass er seine Kirche durch Stiftungen jeglicher Art unterstützte. Mit diesem Verhalten beerbte die christliche Kirche in direkter Kontinuität das pagane Muster der Euergeten.153 So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass der Reichtum des Eugenios weithin bekannt war und gerühmt wurde. Mitchell stellt erstaunt fest, dass »it is interesting to note that the puritanical streak in Novatianism was not strong enough to suppress Eugenius’ natural pride in his own wealth and status«. 154 Es liegt nahe, dass sich die Novatianer gut situierte Männer in ihre Spitzenpositionen geholt haben, die ihr Vermögen für die Gemeinde einsetzen konnten. Für Konstantinopel ist Bischof Sisinnius das beste Beispiel. Doch trotz der Vorteile forderte die Spannung zwischen dem Anspruch absoluter moralischer Reinheit und einem aufwändigen, sehr weltlichen Lebensstil bei manchen novatianischen Geistlichen schon in der Antike den Widerspruch der Gegner heraus.155 Die Schere zwischen Arm und Reich muss jedoch auch in der Provinz auseinandergeklafft haben, doch konnte ein wohlhabender Geistlicher jedweder Kirche durch seine Zuwendungen offenbar dieses Spannungsgefüge 151
WALLRAFF, Geschichte, 255. HÜBNER, Der Klerus, 236 ff. 153 Siehe dazu P. B AUMANN, Spätantike Stifter im Heiligen Land, München 1997, hier 273–276 und 309–312. 154 MITCHELL, Anatolia II, 102. Ähnlich WALLRAFF, Geschichte, 256. 155 Vgl. z.B. Gregor von Nazianz, Or. 22,12,14 und 25,8,9. 152
6.7. Conclusio
173
mildern und so aufgrund seines Reichtums weithin verehrt und bekannt gewesen sein. 6.7.3. Die Asketen Immer wieder haben wir bei Sokrates Hinweise auf eine starke Tendenz der Novatianer zur Askese. Nach Sokrates war der bithynische Olymp, von dem unsere Grabschrift des Abtes Zosimos stammt, schon zur Zeit des Nizäums die geistliche Heimat des greisen novatianischen Presbyters Auxanon (HE 1,13,1–4) und des Eutychianos (HE 2,38,11), die dort als Mönche lebten. Unsere epigraphischen Texte zeigen, dass das Asketentum unter den Novatianern in Phrygien Attraktivität besessen haben muss. Die Grabschrift der Ammia zeigt, dass sich manch eine(r) erst von der novatianischen Kirche in ihrem (seinem) Christsein verstanden fühlte. Gerade für Frauen war ein asketisches Leben eine selbstbestimmte Alternative zur standesgemäßen Ehe und zum Leben einer Hausfrau und Mutter. Die asketische Lebensweise entweder in einem Konvent oder auch als Eremit kommt in einer Zeit auf, in der Christen nach dem Ausbleiben der Parusie und des Weltendes nach neuen Inhalten und Ausdrucksformen ihres Glaubens suchen mussten. Vor allem die gebildete Schicht konnte auf Dauer nicht mit überholten Vorstellungen abgespeist werden. Die literarischen und epigraphischen Quellen zum Novatianismus zeigen eine verstärkte Attraktivität für lokale Eliten. Es ist eine Überlegung wert, das Asketentum für viele Angehörige der Oberschicht als neue und reizvolle Interpretation des Glaubens zu sehen.156 Wie früher die griechische und orientalische Philosophie die gebildete Oberschicht Kleinasiens mit Thesen und Diskussionen beschäftigte, konnten die Novatianer mit einem intellektuellen Christentum ein Vakuum füllen. 6.7.4. Die Theologie Eine theologische Aussage über die novatianischen Lehren ist anhand der Inschriften schwierig.157 Zwei Beobachtungen kann man jedoch machen. Zunächst lässt die Grabschrift des Abras (Nr. 6.6.1) aufmerken, wo es heißt: Ἀβρᾶι τῶι εὐλαβεστάτωι πρεσβιθέρωι θῆς τοῦ Θεοῦ ἁγίας ἐκλησίας τῶν Ναυατῶν ἐν ἧι κὲ ἐπολιθεύσατο. Interessant ist hier die Wendung ἐπολιθεύσατο, auf die bereits oben (siehe S. 152) eingegangen wurde. Statt des himmlischen Jerusalems, das für alle Christen einmal die wahre πολιτεία sein soll,158 ist die irdische novatianische Gemeinschaft die πολιτεία. 156 Weiterführend dazu D. SLOOTJES/V. HIRSCHMANN, Asceticism as a Religious Expression of the Social Elites (in Vorbereitung). 157 So CALDER, Epigraphy, 83–84, ebenso auch WALLRAFF, Geschichte, 256. 158 Siehe oben S. 152 zu Phil 3,20.
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
Eine Erklärung für den Transfer einer noch zu erwartenden himmlischen πολιτεία in die diesseitige Welt könnte die sozial gesicherte Stellung vieler Novatianer gewesen sein, die gar nicht auf das kommende Himmelreich hoffen mussten. Als Angehörige eines elitären Kreises, der sich von anderen Christen durch seinen hohen moralischen Anspruch unterschied, und als Angehörige der Oberschicht genossen sie sowohl in wirtschaftlicher als auch in theologischer Hinsicht bereits zu Lebzeiten ein erfülltes Leben. Eine andere theologische Besonderheit finden wir – je nach Interpretation – in der Eugenios-Inschrift. Sie belegt entweder eine Verehrung Christi als Engel oder aber die Verehrung des Erzengels Michael, wie sie zu dieser Zeit nicht nur in Lycaonien weitverbreitet war. Die Engelverehrung allgemein (nicht Christus als Engel!) war im südwestlichen und südöstlichen Kleinasien populär. Zahlreiche Inschriften für Engel aus paganer Zeit spiegeln eine tiefe Verwurzelung derartiger Vorstellungen im Volkscharakter wider.159 Die Sicht Christi als »obersten Engels Gottes« lässt aufhorchen. Die Passage der Eugenios-Inschrift gewänne nach der Deutung von Grégoire noch mehr Gewicht, als man Novatian selbst eine Engelschristologie nachsagt.160 Eine ausführliche Analyse der Ansicht Novatians zu diesem Thema und eine Untersuchung der Problematik einer Engelschristologie allgemein unter den Christen der ersten Jahrhunderte würden den Rahmen dieser Untersuchung sprengen und müssen an anderer Stelle erfolgen. Einige Gedanken zu diesem Thema sind jedoch, ausgehend von der Grabschrift des Eugenios, angebracht.
6.8. Die kleinasiatischen Engel und die Christologie Novatians Die unter 6.6.6. aufgeführte Inschrift des Eugenios wirft gerade in der Interpretation Grégoires drängende Fragen nach der Christologie der Novatianer auf. Sähe man im πρῶτος ἄγγελος des Eugenios tatsächlich einen Hinweis auf Christus, so müsste man die Frage nach einer unter den Novatianern verbreiteten angelologischen Sicht des Gottessohnes stellen. Ein Großteil von Novatians Werk De trinitate diskutiert die Natur Christi, deren Charakteristika immer wieder mit dem Wesen und den Funktionen der Engel verglichen werden. Obwohl Novatians Argumentation dabei nicht durchgängig konsequent verläuft, ist eine deutliche Tendenz zu einer engelähnlichen Sicht Christi festzustellen. An einigen Stellen
159
Dazu HIRSCHMANN, Zwischen Menschen und Göttern, 135–146. Literatur in Auszügen: SCHEIDWEILER, Novatian und die Engelchristologie; B ARBEL, Christos Angelos. 160
6.8. Die kleinasiatischen Engel und die Christologie Novatians
175
nennt Novatian Christus ganz konkret einen Engel.161 Die Brüche in der Argumentationsstruktur machen es schwierig, Novatian auf eine tatsächliche Engelschristologie festzulegen. Andererseits spiegelt Novatians Unsicherheit im Verständnis der Naturen Christi das allgemein unter den Kirchenschriftstellern dieser Zeit verbreitete Ringen um eine Definition wider, das erst mit dem Konzil von Nizäa eingedämmt wird. Für die Interpretation der Eugenios-Inschrift ist es von Bedeutung, dass Novatian in seinem theologischen Ansatz Christus überwiegend als eine Art mächtigen »Überengel« (πρῶτος ἄγγελος) sieht. Angesichts der schon erwähnten kleinasiatischen Tradition eines Engelskultes könnte man die novatianische Idee eines engelähnlichen Christus als ein Indiz für eine mutmaßliche Abstammung Novatians aus Phrygien sehen. Im zweiten und dritten Jahrhundert ist für das westliche Kleinasien eine lebhafte pagane Engelsverehrung und -anbetung epigraphisch gut belegt.162 Die Engel treten in verschiedenen Kontexten auf: 1. als niedere Götter mit einer Verbindung zu Zeus oder Theos Hypsistos, 2. in eigenständiger Verehrung, 3. in der Botenfunktion, 4. in Verbindung mit der in Lydien verehrten Gottheit Hosios kai Dikaios.163 6.8.1. Erstes Beispiel für Theos Hypsistos (Stratonikea) ∆ιὶ ὑψίστωι καὶ ἀγαθῶι ἀγγέλωι Κλαύδιος Ἀχιλλεὺς καὶ Γαλάτ[ι]α ὑπὲρ σωτηρ[ίας µετὰ τῶν ἰδίων πάντων χαριστήριον. 164 Dem höchsten Gott und dem guten Engel Claudius Achilleus und Galatia als Denkmal für die Errettung mit allem Eigentum.
Der hier als Zeus Hypsistos angerufene Gott (häufig auch Theos Hypsistos genannt) wird als namenlose Gottheit von unaussprechlicher Größe und Macht und dadurch auch von größter Distanz zur irdischen Sphäre gedacht. Vorläufer dieses besonders in der Kaiserzeit epigraphisch belegten Gottes ist wohl eine seit homerischer Zeit existierende Gottheit, die als interpreta161
Trin. 18,104 (S. 126 WEYER), vgl. 31,191 (S. 203 WEYER). Für die Forschungsgeschichte siehe F. SOKOLOWSKI, Sur le culte d’Angelos dans le paganisme grec et romain, HThR 53, 1960, 225–229. 163 Es ist nicht ganz klar, ob es sich um eine Gottheit oder deren zwei handelt, siehe M. RICL, Hosios kai Dikaios. 1 e partie, EpigrAnat 18, Bonn 1991, 1–70 und 2 e partie, EpigrAnat 19, Bonn 1992, 71–102. 164 P. LE B AS/W. WADDINGTON, Voyage archéologique en Grèce et en Asie Mineure III, Paris 1870, Nr. 515 = A. R. R. SHEPPARD, Pagan Cults of Angels in Roman Asia Minor, Talanta 12–13, 1982, 77–100, hier 78. 162
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
tio graeca mit Zeus gleichgesetzt wurde. Diesem »Zeus« werden Attribute wie ἄριστος, µέγιστος oder ὕψιστος beigeordnet. Wischmeyer u.a. sehen in Theos/Zeus Hypsistos, der nicht durch eine bestimmte Funktion oder ein Tätigkeitsfeld definiert ist, pagane monotheistische Tendenzen.165 Die Anonymisierung des Hypsistos stellt eine Machterhöhung dar, die am besten durch das berühmte Orakel von Oinoanda anschaulich wird: αὐτοφυής, ἀδίδακτος, ἀµήτωρ, ἀστυφέλικτος, οὔνοµα µὴ χωρῶν, πολυώνυµος, ἐν πυρὶ ναίων […].166 Manchmal werden dem Zeus Hypsistos Botengötter an die Seite gestellt, häufig Götter aus dem klassischen Pantheon, die nun als Engel untertan gedacht wurden (so auch Apollon, der einst der Herr des Orakels von Oinoanda war). In diesem Sinne ist eine Inschrift auf einem Altar aus Amastris zu verstehen: 6.8.2. Zweites Beispiel (Amastris)167 Θεῶι ὑψίστωι ὀµφῆι ἀκερσεκόµου βωµὸν θεοῦ ὑψίστοιο, ὃς κατὰ πάντων ἔστι καὶ οὐ βλέπεται, εἰσοράαι δ᾽ δείµαθ᾽ ὅπως ἀπαλάλκηται βροτολοιγέα θνητῶν. 165
W. WISCHMEYER, ΘΕΟΣ ΥΨΙΣΤΟΣ. Neues zu einer alten Debatte, ZAC 9/1, 2005, 149–167, mit einem ausführlichen Anhang zu den Theos-Hypsistos-Inschriften. Siehe auch P. ATHANASSIADI-FOWDEN (Hg.), Pagan Monotheism in Late Antiquity, Oxford 1999. 166 L. ROBERT, CRAI 1971, 597–619 = SEG 27, Nr. 933 = L. ROBERT, Opera Minora Selecta V, Amsterdam 1989, 617–639. Vgl. eine zweite Inschrift, aus der hervorgeht, dass dieser unerreichbare Gott Theos Hypsistos war, siehe A. S. HALL, The Clarian Oracle of Oenoanda, ZPE 32, 1978, 263–267, hier 265. Interessant sind dazu die Formulierungen des Xenophanes (περὶ φύσεως, Frgm. 23–26 DK): εἷς θεὸς ἔν τε θεοῖσι καὶ ἀνθρώποισι µέγιστος, οὔ τι δέµας θνητοῖσι ὁµοίος οὐδὲ νόηµα. οὖλος ὁρᾶι, οὖλος δὲ νοεῖ, οὖλος δέ τ᾽ ἀκούει. Siehe auch WISCHMEYER, ΘΕΟΣ ΥΨΙΣΤΟΣ, 154–155. Vgl. dazu Novatian, Trin. 2,13 (S. 47 WEYER) über die Unbeschreibbarkeit Gottes: […] nec mens hominis, quae sint, quanta sint et qualia sint, digne concipere potest, nec eloquentia sermonis humani aequabilem maiestati eius virtutem sermonis expromit. (»… und der menschliche Verstand kann nicht angemessen erfassen, welche [Eigenschaften] es gibt, wie groß und wie beschaffen sie sind, und keine menschliche Ausdrucksfähigkeit kann eine seiner Herrlichkeit gleichkommende Fähigkeit der Sprache hervorbringen.«) 167 CH. MAREK, Der höchste, beste, größte, allmächtige Gott. Inschriften aus Nordkleinasien, EpigrAnat 32, 2000, 129–146, hier 135. Dazu auch WISCHMEYER, ΘΕΟΣ ΥΨΙΣΤΟΣ, 155.
6.8. Die kleinasiatischen Engel und die Christologie Novatians
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Dem höchsten Gott mit göttlicher Stimme ist der Altar des höchsten Gottes mit ungeschorenem Haupthaar (geweiht), der über allem steht und nicht gesehen wird. Er sieht das Üble und auf welche Weise abgewehrt werden kann, was die Sterblichen zugrunde richtet.
Ἀκερσεκόµης ist ein traditionelles Epitheton des Apollon.168 Apollon tritt hier in der Botenfunktion für Theos Hypsistos auf, um die Entfernung zwischen dem Aufenthaltsort der Höchsten (ἐν πυρὶ ναίων) und der menschlichen Sphäre zu überbrücken. Das Interessante an der paganen Vorstellung (und gleichzeitig der wesentliche Unterschied zum Juden- und Christentum169) ist, dass es sich bei diesen Engeln (wie bei Apollon u.a.) um unabhängige göttliche Wesen handelt, die auch ohne Theos Hypsistos Anbetung und Verehrung erfahren konnten. Dazu folgendes Beispiel aus Stratonikea, das deutlich die Natur des diesmal namenlosen Engels ausdrückt: 6.8.3. Drittes Beispiel170 Θείωι ἀγγελικῶι εὐχαριστοῦµεν ὑπὲρ σωτηρίας.
Hauptsächlich in Lydien und Phrygien tritt in dieser Zeit das Götterpaar Hosios kai Dikaios auf. Diese abstrakte(n) Gottheit(en), die ursprünglich Emanationen des Höchsten Gottes gewesen sein könnten (nach dem Vorbild des persischen Zarathustra),171 werden manchmal Engel genannt: 6.8.4. Viertes Beispiel (Temrek/Lydien) ……… Ι Ιων καὶ [Λ]ουκία …… καὶ Ἀνγέλω Ὁσίωι ∆ικ[αίωι εὐχαριστοῦντε]ς Ἀν[έστησαν διὰ προφητο]ῦ Ἀ]λεξάνδρου Σαιττηνο[ῦ].172 … und Lukia setzen [dies] als Dank an den heiligen und gerechten Engel wegen des Propheten Alexander von Saittae.
Als Ursprung des Engelsglaubens in Kleinasien kommen mehrere Quellen infrage. Hauptsächlich sah man das Diasporajudentum wie das frühe Christentum als Ursache an. Dieser Einfluss darf allerdings nicht überbewertet 168
Homer, Il. 20,39; Hesiod, Frgm. 60,3; Pindar, Pyth. 3,14, um nur einige Beispiele zu nennen. 169 Vgl. auch die vorsichtige Differenzierung Wischmeyers, der im Gegensatz zu anderen Meinungen eine vorschnelle Provenienz des Theos Hypsistos aus dem Judentum stark relativiert (WISCHMEYER, ΘΕΟΣ ΥΨΙΣΤΟΣ, 158). 170 A. LAUMONIER, BCH 58, 1934, 337, Nr. 22 = SHEPPARD, Pagan Cults, 78, Nr. 3. 171 Dazu HIRSCHMANN, Zwischen Menschen und Göttern, 140–142. 172 L. ROBERT, Anatolia III, 120 = M. RICL, Hosios kai Dikaios I, 2, Nr. 1 = SHEPPARD, Pagan Cults, 90, Nr. 9.
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werden. Denn das ab ca. 50 n. Chr. in Kleinasien aufkommende Christentum war wie das Diasporajudentum durch hellenistische Einflüsse geprägt, sodass kein genuin wirksamer Faktor existierte. Die Vorstellung von Zwischenwesen im Götterapparat kam schon in der Mitte des achten Jahrhunderts v. Chr. durch die griechische Kolonisation nach Kleinasien. In der griechischen Religion gab es die Vorstellung von Zwischenwesen wie δαίµονες oder göttlicher Boten (ἄγγελοι).173 Als ab 546 v. Chr. unter Kyros II. die persische Fremdherrschaft in Kleinasien begann, floss auch die Religion des Zoroastrismus mit ihrer Engelslehre in das religiöse Leben dort ein.174 Der genaue Ursprung des Engelsglaubens ist nicht mehr nachzuweisen. Ein vorsichtiges Ausschlussverfahren kann dennoch helfen, die verknoteten Fäden seiner Historie etwas zu entwirren. Gegen eine jüdische Ableitung der Engelgestalten in der paganen kleinasiatischen Welt spricht, dass die jüdischen Engel keine eigene Göttlichkeit besitzen, wie wir sie zum Teil auf den kleinasiatischen Inschriften finden, sondern von Gott abhängige Geschöpfe sind, die nur beschränkt über einen eigenen Willen verfügen. Das Wesen der Engel im jüdischen Verständnis ist nicht grundsätzlich positiv oder sündenfrei. Vielmehr brachte ihr Hang zur Sünde das Böse in die Welt:175 Als Gott sich der Menschen in Liebe annimmt, werden die Engel neidisch auf deren emotionale Nähe zum Schöpfer. Ihre Rache dafür war die Verführung der Menschen zur Sünde.176 Deshalb teilen die Engel auch nicht das Wesen Gottes und können keine Verehrung in Anspruch nehmen.177 Die paganen ἄγγελοι Kleinasiens zeigen dagegen eine Göttlichkeit unabhängig von einem übergeordneten Gott, wobei sie gleichzeitig in einem engen Verhältnis zu ihm stehen (Beispiel 1). Die Haltung der frühen Christen zu diesem Thema spiegelt sich am ehesten in den Warnungen des Paulus und seiner Schule wider. Sie bekämpften die im Volksglauben seit langem etablierte Anbetung der Engel und versuchten sie einzudämmen (1Kor 11,10; Kol 2,18). Der Erfolg war aber nur mäßig, denn noch im fünften Jahrhundert berichtet der Paulus173 Im Gegensatz zu den δαίµονες ist ἄγγελος ein temporäres, an eine bestimmte Aufgabe gebundenes Attribut. Manche Götter können bisweilen als ἄγγελοι fungieren, haben aber anders als Hermes außer der ἄγγελος-Funktion noch Zuständigkeitsgebiete, die keine Botenfunktion integrieren. Dazu siehe auch HIRSCHMANN, Zwischen Menschen und Göttern, 136–137. 174 Dazu siehe M. STAUSBERG, Die Religion Zarathustras. Geschichte – Gegenwart – Rituale I–III, Stuttgart 2002–2004. 175 1Hen 10,4–5; vgl. auch 10,12–16. 176 K. E. GRÖZINGER, Engel. III. Judentum, TRE 9, 1982, 586–596, hier 592. 177 Ibid., 594, vgl. Apk 19,10 und 22,8. Über die ambivalente Haltung jüdischer Schriften zu Engeln und ihrer Verehrung siehe L. T. STUCKENBRUCK, Angel Veneration and Christology. A Study in Early Judaism and the Christology of the Apocalypse of John, WUNT II/70, Tübingen 1995, 51–191.
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Kommentator Theodoret (siehe oben S. 159 mit Anm. 110): Ἔµεινε δὲ τοῦτο τὸ πάθος [sc. die Angelolatrie] ἐν τῇ Φρυγίᾳ καὶ Πισιδίᾳ µέχρι πολλοῦ. Aufgrund der Anweisungen des Paulus bzw. seiner Schule im 1. Korinther- und im Kolosserbrief und für das erste Jahrhundert n. Chr. muss auch die These zurückgewiesen werden, der pagane Engelsglaube in Kleinasien sei eine Reaktion auf das stärker werdende Christentum, das die alten Kulte durch seine Attraktivität ausdünnte. Viel eher wahrscheinlich ist eine lange, möglicherweise durch die persische Religion forcierte Tradition, niedere Götter als Mittler zwischen Mensch und höherem Gott oder als Schutzpatron zu instrumentalisieren.178 Als weite Teile Kleinasiens schon christianisiert waren, wandelte sich der Glaube an pagane Engelgestalten in die Verehrung des Erzengels Michael, der zu einem beliebten Schutzpatron von Individuen und der Gemeinschaft wurde.179 Zahlreiche Inschriften bestätigen seine Popularität von Isaurien bis Bithynien. So ist es nicht auffällig, wenn Eugenios in seiner Grabschrift einen Engel erwähnt. Da es in Novatians De trinitate tatsächlich Hinweise auf einen Engels-Christus gibt, bekommt die Interpretation des πρῶτος ἄγγελος nach Grégoire festeren Boden. Novatian diskutiert in dem überwiegenden Teil seiner Schrift De trinitate das Wesen und die Naturen des Gottessohnes180 und stellt sich der theologischen Spannung, die die Zweinaturenlehre Christi aufwirft. Denn einerseits ist Jesus als Mensch am Kreuz gestorben, andererseits aber durch Auferstehung und Erhöhung in eine besondere Nähe zum Vatergott gerückt.181 Für Novatian teilt Christus das Wesen Gottes in einem solchen Maße, dass man ihn selbst ebenfalls Gott nennen muss.182 Durch seine Menschwerdung kann er jedoch nicht vollständig Gott sein, ja, er darf es nicht, denn Christus kann nur Sotēr sein, wenn er auch ganz Mensch war und die Leiden am Kreuz authentisch erfahren hat.183 Novatian löst für sich das Unvereinbare der Gottes- und der Menschennatur auf, indem er Christus als einen präexistenten Überengel sieht, der durch seine besondere Art Gott und die Menschheit verbindet.184 Novatians christologische Ansichten lösten in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine heftige theologische Diskussion aus. Während 178
Siehe HIRSCHMANN, Zwischen Menschen und Göttern, 144. Siehe z.B. IK Smyrna, Nr. 846; IK Ephesus, Nr. 1356, a,3 und a,4. 180 Novatian, Trin. 9,46–31,193 (S. 74–207 WEYER). 181 Trin. 13,67 (S. 94 WEYER). 182 Trin. 17,99 (S. 122 WEYER): superest ergo, ut ille descenderit [sc. de caelo], de quo apostolus Paulus: qui descendit, ipse est, qui ascendit super omnes caelos, ut impleret omnia, hoc est dei filius, dei verbum. Verbum autem dei caro factum est et habitavit in nobis. Hic erit Christus. Deus ergo pronuntiabitur Christus. 183 Trin. 25,142–143 (S. 162 WEYER). 184 Trin. 18,102 (S. 122 WEYER). 179
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1932 Martin Kriebel in seiner Dissertation zu Trinitätsvorstellungen bei Novatian und Tertullian die Frage nach einer eventuellen Engelschristologie in De trinitate noch ganz entspannt übergeht und Novatian als Begründer der abendländischen Christologie propagiert185 und Joseph Barbel 1941 Novatians Sicht Christi als Engel zu einer »Amtsbezeichnung« des Gottessohnes abschwächt,186 hebt Scheidweiler 1954/55 in seinem Aufsatz »Novatian und die Engelchristologie«187 warnend den Zeigefinger dagegen und argumentiert für eine Engelschristologie, unter anderem mit der EugeniosInschrift als Begründung.188 Für Barbel (u.a.) ist »Engel« für Novatian nicht das charakteristische Element des Wesens Christi. Seine Ansicht rührt aus den Beispielen für einen präexistenten Christus als Botenengel, die Novatian aus den alttestamentlichen Schriften anführt. Dort werden Engel erwähnt, die außerordentlich gut informiert erscheinen und deren Handlungs- und Weisungsbefugnisse den üblichen Rahmen des Botendienstes zu sprengen scheinen.189 Sie zeigen nach Novatian einen Machtspielraum, der eigentlich nur Gott selbst zustehen kann. Da Gott aber kein Engel (und damit Geschöpf) sein kann,190 müssen diese mächtigen Engel Erscheinungen des präexistenten Gottessohnes gewesen sein. Novatian führt seine Argumentation in hellenistischchristlicher Tradition am Beispiel der Hagar-Geschichte aus (Gen 16,7ff.). Hagar erscheint der Engel des Herrn, als sie an einer Quelle steht und ihr die Geburt Ismaels verkündet wird.191 Es steht für Novatian außer Frage, dass ein ›einfacher‹ Engel nicht die Kompetenz gehabt hätte, Hagar die reiche Nachkommenschaft zu verheißen. Also muss es eine Art Zwischenwesen geben, ausgestattet mit einer Informationsfülle und mit Machtbefugnissen, die nur aus einem sehr engen Kontakt mit Gott entstehen können. So sieht Novatian denn Christus als den Sohn, der ex deo est, merito deus, quia dei filius, dictus sit, quoniam patri subditus et annuntiator paternae voluntatis est, magni consilii angelus192 pronuntiatus est.193 Wichtig ist patri subditus et annuntiator paternae 185 M. KRIEBEL, Studien zur älteren Entwicklung der abendländischen Trinitätslehre bei Tertullian und Novatian, Ohlau 1932, 65–70. 186 BARBEL, Christos Angelos, 94, so auch WEYER, De Trinitate, 124, Anm. 74. 187 SCHEIDWEILER, Novatian und die Engelchristologie. Dagegen BARBEL, Zur »Engelchristologie« bei Novatian, 97. 188 SCHEIDWEILER, Novatian und die Engelchristologie, 128. 189 Vgl. B ARBEL, Zur »Engelchristologie« bei Novatian, 100. 190 Novatian, Trin. 18,103 (S. 124 WEYER). 191 Ein weiteres Beispiel findet sich in Trin. 18,100 (S. 122 WEYER). 192 Vgl. Jes 9,5. 193 Novatian, Trin. 18,103 (S. 126 WEYER). »Weil er aus Gott entstanden ist und durch sein Verdienst Gott ist, weil er Sohn Gottes ist, so wird gesagt, da er ja dem Vater untergeordnet ist und Verkünder des väterlichen Willens ist, wird er der ›Engel des Großen Rates‹ genannt.«
6.8. Die kleinasiatischen Engel und die Christologie Novatians
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voluntatis. Die Unterordnung des Sohnes unter den Vater steht in einem Spannungsverhältnis zu Trin. 12,63 (S. 90–91 WEYER). Dort heißt es nämlich: si deus salvare se dicit in deo, non autem salvat nisi in Christo deus, cur ergo homo dubitet Christum deum dicere? (»Wenn Gott sagt, er rette in Gott, rettet aber nicht, wenn nicht durch Christus, warum also zögert der Mensch, Christus Gott zu nennen?«) Es ist klar, dass das Heilsverständnis und der Erlösungsgedanke für Novatian nur funktionieren können, wenn man sich Christus als Gott denkt.194 Die Sohnschaft Christi jedoch bedingt eine gewisse Subordination des Sohnes. Die so entstehende Kluft zwischen Unterordnung und Gleichstellung der Christusgestalt in Relation zum Vater kann Novatian für sich nur mit einer Engelsnatur Christi auflösen, die dem Wesen Christi am ehesten gerecht werde (Trin. 18,104, S. 126 WEYER): Ergo si hic locus [sc. magni consilii angelus in 18,103] neque personae patris congruit, ne angelus dictus sit, neque personae angeli, ne deus pronuntiatus sit, personae autem Christi convenit, ut deus sit, quia dei filius est, et angelus sit, quoniam paternae dispositionis annuntiator est […] (»Also wenn diese Stelle weder der Person des Vaters gerecht wird, damit er nicht Engel genannt wird, noch der Person des Engels, damit er nicht Gott gerufen wird, zu der Person Christi jedoch passt, damit er auch Gott ist, weil er Gottes Sohn ist, und Engel ist, da er ja Verkünder der väterlichen Anweisungen ist …«). Christus ist also nach Novatian weder mit der Person Gottes identisch, noch ist er ein Teil der Engelschar, er trägt von beidem etwas in sich. Das Zitat macht deutlich, dass es für Novatian nicht darum geht, mit Barbel Aufgaben und Funktionen Christi zu erklären, sondern sein Wesen. Und das ist magni consilii angelus. Denn das personae autem Christi convenit. Ein solcher »Überengel« wäre mit Grégoires Verständnis des πρῶτος ἄγγελος der Eugenios-Inschrift kompatibel, der zur Rechten Gottes seinen Platz hat. Darüber hinaus ist das Wesen Christi, wie es sich Novatian vorstellt, vergleichbar mit den kleinasiatischen (paganen) Vorstellungen der Engel als göttlichen Mittlerwesen zwischen der irdischen Welt und einem dem Irdischen völlig entrückten höchsten Gott. Wenn Novatian in Trin. 18,104 (S. 126 WEYER) sagt, dass die Engelsnatur personae autem Christi convenit (im Gegensatz zu Gott selbst, der niemals ein Engel sein kann) und zuvor Christus als patri subditus et annuntiator paternae voluntatis bezeichnet wird, dann haben wir ein Verhältnis skizziert, wie es zwischen Theos Hypsistos und den ihm untergeordneten Göttern geherrscht haben mag. 194 Der interessante Umkehrschluss aus dieser Formulierung ist das novatianische Bild eines »bedürftigen Gottes«, der aus sich allein heraus die Heilskraft für die Menschen nicht leisten kann, sondern Christus braucht, um sich als Erlöser den Menschen zu präsentieren.
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
In Trin. 31,193 wird Novatian noch deutlicher: Ita mediator dei et hominum Christus Iesus, omnis creaturae subiectam sibi habens a patre proprio potestatem, qua deus est, cum tota creatura subdita sibi concors patri suo deo inventus […] (»So ist Jesus Christus, Mittler zwischen Gott und den Menschen, indem er vom Vater für sich selbst die Macht über jede Kreatur übertragen hat, deshalb Gott, weil er sich mit der gesamten ihm unterstellten Schöpfung in Eintracht mit Gott seinem Vater befindet«). In dieser Funktion des Mittlers ist er demnach Bote der Barmherzigkeit Gottes und könnte folglich als Engel im klassischen Sinn verstanden werden. Doch als Heilsbringer muss er wiederum göttliche Züge haben. Deshalb lehrt Novatian einen präexistenten Christus, der das Wesen des Vaters in besonderer Weise teilt (Trin. 11,60, S. 88 WEYER) und eins mit ihm ist. Er sei ein Teil Gottes, jedoch nicht in unitate corporis, denn Christus ist für Novatian auch Mensch, sonst hätte er nicht am Kreuz sterben können (Trin. 23,133, S. 155 WEYER). Wie genau Christus das Wesen Gottes teilt, beantwortet Novatian nicht. Er bleibt im Widerspruch zwischen der Einheit mit dem Vater und der »unvollständigen« Göttlichkeit des Sohnes stecken, so Trin. 11,59 (S. 86 WEYER): […] natura praescribit et deum credendum esse, qui ex deo sit. Die Betonung liegt auf deum credendum esse (statt deum esse): Man kann ihn aufgrund einer gewissen Machtfülle, die aber nicht das Maximum darstellt, für einen Gott halten. Von der höchsten Kraft trennt Christus, dass er nach Novatian sowohl aus dem Vater gezeugt als auch zum Engel bestellt ist (Trin. 31,191).195 An dieser Stelle sollte nochmals der Philostorgius-Stelle (HE 8,15) zur phrygischen Herkunft Novatians gedacht werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit war der Stoiker Novatian durch seine mutmaßliche Heimat mit den philosophischen Theorien über Theos Hypsistos, die in dem Orakel von Oinoanda zum Ausdruck kommen, vertraut. Der höchste Gott wohnt unerreichbar und vor allem unerfahrbar im Äther; andere Götter aber, ebenfalls mächtig und autark, können nicht nur als seine Engel handeln, sondern auch selbst als Götter angebetet werden. Wenn Novatian seine Grundlagen aus diesen philosophischen und im Volksglauben praktizierten Strukturen ableitete, ist Christus für ihn die Instanz, durch die Gott für die Menschen erkennbar und erfahrbar gemacht werden sollte (Trin. 8,42, S. 71 WEYER), gleichzeitig aber auch sich selbst erfahren kann. Denn durch seine Unbeweglichkeit (i.e. Unbeweglichkeit im Äther) und sein »Strahlen« ist er, der Vatergott, von einer dynamischen Außenerfahrung und damit auch Selbsterfahrung abgeschnitten: sed non 195 Interessanterweise schreibt Novatian dem Vatergott sowohl die Zeugung als auch die Geburt zu; dass Christus seine menschliche Natur dem »anderen Elternteil« zu verdanken hat, wird hier völlig ausgeklammert.
6.9. Die Bußdiziplin der Novatianer und die kleinasiatischen Beichtinschriften
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utique scriptura mentitur; ergo vere visus est deus. Ex quo intellegi potest, quod non pater visus sit, qui numquam visus est, sed filius, qui et descendere solitus est et videri … imago est enim invisibile dei.196 Hier wird zwischen den Zeilen eine Macht des Sohnes deutlich, die der Vater nicht hat, das Vermögen, sich außerhalb der himmlischen Welt in die menschliche zu begeben – eine höchst interessante Überlegung zum Gottesbild Novatians. Christus ist imago, nicht nur filius. Im Sinne des platonischen Gedankens einer Ideenwelt und der Welt der Abbilder wird hier das Verhältnis Gott-Sohn, aber auch Gott-Mensch gekennzeichnet. Der allmächtige Gott wandelt sich durch sein Unvermögen, direkt mit der menschlichen Welt in Kontakt zu treten, in einen zumindest partiell ohnmächtigen Gott. Dadurch entsteht eine direkte Parallele zu den kleinasiatischen Engelgottheiten in ihrer Relation zu einem übergeordneten Gott, und Novatians Christus ist Gott und Engel zugleich nach dem Vorbild eines paganphilosophischen Bildungshorizontes. Sollte Eugenios mit πρῶτος ἄγγελος tatsächlich Christus gemeint haben, so kommt man nicht umhin, mit dieser Inschrift und den Ausführungen in De trinitate eine Engelschristologie unter den Novatianern anzunehmen.
6.9. »Ἔθνη σωφρονέστερα.« Die Bußdiziplin der Novatianer und die kleinasiatischen Beichtinschriften 6.9. Die Bußdiziplin der Novatianer und die kleinasiatischen Beichtinschriften
Der nach Sokrates asketisch orientierte und moralisch hochstehende Volkscharakter der Phryger, der sie für ein sittenstrenges Christentum prädestinierte, wurde schon mehrfach erwähnt.197 Der Novatianismus sei – so der Kirchenhistoriker – die für die Phryger passende Richtung des Christentums gewesen.198 Es erscheint deshalb kaum verwunderlich, dass aus Phrygien, dem angrenzenden Nordosten Lydiens und dem östlichen Mysien Zeugnisse stammen, die auch für die pagane Bevölkerung ein ausgeprägtes Schuld-Sühne-Verhalten dokumentieren. Es handelt sich um die unter dem Namen »Beichtinschriften« bekannten epigraphischen Zeugnisse aus der Zeit von der Mitte des ersten bis zur Mitte des zweiten Jahr196 Trin. 18,100 (S. 122 WEYER): »Aber die Schrift lügt nicht; Gott war tatsächlich zu sehen. Daher ist zu bemerken, dass nicht der Vater gesehen wurde, der niemals zu sehen ist, sondern der Sohn, der es auch gewohnt ist, herabzusteigen und gesehen zu werden. … Er ist nämlich das Abbild des unsichtbaren Gottes.« 197 Φαίνεται δὲ τὰ Φρυγῶν ἔθνη σωφρονέστερα εἶναι τῶν ἄλλων ἐθνῶν (Sokrates, HE 4,28,9). 198 Ibid. ∆ιό µοι δοκεῖ µᾶλλον ἐπινενευκέναι τούτους καὶ τοὺς οὕτω φρονοῦντας πρὸς τὰ παρὰ Ναυάτου γραφόµενα.
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Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
hunderts n. Chr.199 Auf diesen Inschriften bekennen Menschen Vergehen sowohl gegen die Götter als auch gegen Mitmenschen, die durch das Eingreifen einer Gottheit bestraft wurden. Erst das Bewusstwerden dieses Fehlverhaltens und die folgende »Veröffentlichung« der Sünde auf einer Stele lösen den Sünder von seiner Schuld. Der Gott vergibt dem Einsichtigen und nimmt die Strafe zurück. Oft schmücken Reliefs mit den dargestellten Missetaten oder auch Körperteilen, an denen die göttliche Strafe vollzogen wurde, die Steine.200 Die angerufenen Gottheiten stammen durchweg aus der indigenen vorgriechischen Kultur Kleinasiens (auch wenn sie mit griechischen Beinamen wie Zeus Sabazios oder Apollon Lairbenos belegt sind). Manche weisen bis ins zweite Jahrtausend (sic!) der kleinasiatischen Geschichte zurück.201 Pettazzoni,202 der die Traditionen der Beichtpraxis erstmals untersuchte, setzt den Beginn des Phänomens im zweiten Jahrtausend v. Chr. an. Ausgehend von Babylonien, kam die Beichte seines Erachtens durch die Hethiter nach Kleinasien und fasste dort vor allem im Kult der Göttermutter Kybele Fuß, dessen Hauptverbreitungsgebiet das heutige Anatolien war (entspricht grob dem alten phrygischen Reich). Das öffentliche Sündenbekenntnis führte Pettazzoni auf mesopotamische Rituale zurück.203 Bislang konnte das plötzliche Auftreten der Beichtinschriften Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr. in Kleinasien nicht erklärt werden, auch ist eine Jahrtausende währende Kontinuität des öffentlichen Sündenbekenntnisses nicht nachweisbar. Man kann hier nur spekulieren, ob das aufkommende Christentum vielleicht das pagan-religiöse Volksgedächtnis zum Leben erweckte. Das würde für den Anfangspunkt in der Mitte des ersten Jahrhunderts (die früheste datierbare Inschrift stammt von 57/58 n. Chr., das missionarische Wirken des Paulus in Kleinasien beginnt Ende der vierziger Jahre) zumindest einen Erklärungsversuch anbieten. Das Versiegen der Zeugnisse fällt mitten in die Zeit der Reichskrise des dritten Jahrhunderts, die durch einen allgemeinen Quellenmangel charakterisiert ist, eine Wiederaufnahme etwa im vierten Jahrhundert gibt es nicht. Worin auch immer die Begründung für die Beichtinschriften bestehen mag, fest steht, dass es rund 200 Jahre im westlichen Kleinasien unter der paganen Bevölkerung einen öffentlichen Umgang mit Sünde und Buße gegeben hat. Die Vergehen sind vielfältig und beziehen sich auf alle Bereiche des 199
G. PETZL, Die Beichtinschriften Westkleinasiens, EpigrAnat 22, Bonn 1994. Ibid., VIII. 201 Ibid., XVII. 202 R. PETTAZZONI, La confessione dei peccati, Bd. II/3: Siria, Hittiti, Asia minore, Grecia, indice dei volumi 1–3, Storia delle religioni 12, Bologna 1936. Vgl. Auch F. STEINLEITNER, Die Beicht im Zusammenhange mit der sakralen Rechtspflege in der Antike, München 1913, 93. 203 PETTAZZONI, La confessione II/3, 90–116. 200
6.9. Die Bußdiziplin der Novatianer und die kleinasiatischen Beichtinschriften
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alltäglichen Lebens. Wir hören von einem gewissen Meidon, der im Heiligtum des Zeus Trosu ein Trinkgelage veranstaltet hat und dafür mit dreimonatiger Stummheit durch den Gott bestraft wurde,204 oder von einem namenlosen Dieb, der im Badehaus ein Hemd gestohlen hatte;205 es gibt Schwurvergehen oder Unzucht.206 Allen Sündern war gemeinsam, dass sie durch direktes Eingreifen eines Gottes zur Umkehr gezwungen worden waren. Ihr Bekenntnis und die Reue sind gleichsam ein Vertrauensbeweis in die göttliche Macht.207 Auch wenn Sokrates mit seiner Sicht der Phryger als eines moralisch und ethisch besonders hochstehenden Volkes vielleicht nur eine passende Erklärung für die starke Verbreitung des Novatianismus in Phrygien gesucht hat, lohnt es sich, seiner Perspektive einmal nachzugehen und die Beichtinschriften mit der novatianischen Bußdisziplin gemeinsam zu betrachten. Die Verbreitung der Beichtinschriften deckt sich regional und zeitlich teilweise mit der beginnenden Ausbreitung des Montanismus um die Mitte des zweiten Jahrhunderts in Phrygien. Tertullian wendet sich in seiner montanistischen Zeit gegen eine Vergebung postbaptismaler (schwerer) Sünden.208 Seine Begründung entspricht den späteren Argumenten der Novatianer: Todsünden unterliegen ausschließlich der Vergebungsgewalt Gottes.209 Wie die Novatianer später benennen auch die Montanisten den Hebräerbrief als theologische Grundlage für ihr Bußverhalten,210 und Hieronymus (Ep. 41 ad Marc. 3) bescheinigt ihnen eine unbarmherzige und vergebungslose Disziplin.211 So verwundert es nicht, dass die Gegenden, die schon durch den Montanismus geprägt waren, bereitwillig auch die novatianische Lehre akzeptieren konnten, die möglicherweise durch die Briefe Novatians an Gemeinden in Phrygien verbreitet worden war. Das Ergebnis war die Verwurzelung des Bußrigorismus in Phrygien, von dem Pacian von Barcelona als »phrygischer Verdammung« der Buße schreibt.212 Das Zusammentreffen dieser drei religiösen Phänomene, Beichtinschriften, montanistische und novatianische Bußdisziplin, in einem geographisch 204
PETZL, Beichtinschriften, 1, Nr. 1. Ibid., 3,3. 206 Ibid., 23,15 und 8,6. 207 Siehe ibid., 18,10, wo Zeus Didymeites den Glauben an ihn durch Strafe einfordert, oder 21,12, wo eine Claudia Bassa wegen mangelnden Vertrauens auf ebenjenen Zeus vier Jahre lang bestraft wurde. 208 Tertullian, Pud. 20,1–2; Apol. 2,6; Bapt. 4; Spect. 3. 209 Tertullian, Pud. 19; 21,2; 1,7–8; 1,3. Vgl. die Diskussion des Novatianerbischofs Akesios auf dem Konzil von Nizäa bei Sokrates, HE 1,10,3 (siehe oben S. 89). 210 Hebr 6,4–6. 211 Vgl. Dionysius von Alexandria bei Eusebius, HE 7,8. 212 Pacian, Ad Sympr. 1–2 (siehe oben S. 150, Anm. 67). Sympronianus war der novatianische Diskussionspartner des Pacian. 205
186
Kapitel 6: Das kleinasiatische Hinterland
eng begrenzten Gebiet lässt natürlich aufhorchen, zumal sie zeitlich sehr nahe aneinander liegen. Man könnte angesichts dessen vorsichtige Mutmaßungen anstellen, dass die Motivation für das Aufstellen der Beichtstelen ein für Schuld und Vergehen geschärftes Volksbewusstsein aufzeigt. Da die Strafen der Götter oft hart waren und Mensch und Vieh nicht schonten, war die Publikation der Sünden ein hervorragendes Instrument, um kultisches Fehlverhalten zu vermeiden und gleichzeitig die Macht der alten Götter zu demonstrieren. Sünde galt als Missachtung der Götter213 und konnte nur in direkter Beziehung zu einer Gottheit aufgelöst werden. So haben wir hier vielleicht einen subtilen Wegbereiter für ein bußrigoristisches Christentum, das in der Schuldfrage eine Klärung der Sünden mit Gott im Eschaton forderte, ohne im Diesseits wirksame Maßnahmen. Da die paganen Kulte selten eine Eschatologie hatten, verlagerte sich der Beicht- und Bußvorgang auf das irdische Leben. Doch wie bei den Novatianern oblag es dem Einzelnen, das Gefüge von Schuld – Sühne – Absolution ohne Hilfe eines Mittlers mit dem jeweiligen Gott in eigener Verantwortung abzuleisten. Es ist durchaus denkbar, dass Sokrates den religiös achtsamen Charakter der Phryger im Auge hatte, der sich uns heute unter anderem durch die Beichtinschriften erschließt. Ein moralisch diszipliniertes Verhalten und hohes kultisches Schuldbewusstsein zeugten von großem Respekt gegenüber den Göttern. Es ist eine Überlegung wert, den Bußrigorismus der Montanisten und der Novatianer und deren rasche Ausbreitung in Phrygien vor demselben Hintergrund wahrzunehmen.
213
PETZL, Beichtinschriften, IX.
1
Anhang Zeittafel Jahr (n. Chr.)
Historische Ereignisse in der novatianischen Kirche (in Auswahl)
Quellen in Auswahl
etwa 192–235
Wirkungszeit des Hippolytos von Rom
Hippolytos, Refut. 1, prooem. 6 und 9, Hieronymus, De vir. ill. 61
236
Wahl Fabians zum Bischof von Rom. Lässt die Gebeine des Hippolytos von Sardinien nach Rom überführen.
Eusebius, HE 6,22 S. DIEFENBACH, Römische Erinnerungsräume. Heiligenmemoria und kollektive Identitäten im Rom des 3. bis 5. Jahrhunderts n. Chr., Berlin 2007, 272, Anm. 195
Ende 249
Opferedikt des Kaisers Decius
vor Januar 250
Novatians Weihe zum Presbyter
Januar 250 (Beginn der Sedisvakanz)
Tod Bischof Fabians von Rom
Jan./Feb. 251
Die römischen Bekenner wenden sich von Novatian ab.
Frühjahr 251
Wahl des Cornelius zum Bischof von Rom
nach Ostern 251
Novatians umstrittene Bischofsweihe in Rom
Eusebius, HE 6,43,9
Herbst 251
Exkommunikation Novatians
Cyprian, Ep. 44; Eusebius, HE 6,43,1
nach 255
Tod des Novatian (als Märtyrer?) unter Valerian
Eusebius, HE 6,45
Eusebius, HE 6,43,17
Eusebius, HE 6,43,20
188
Anhang: Zeittafel
Unter Kaiser Konstantin d. Gr. 325
Teilnahme des novatianischen Bischofs Akesios am Konzil von Nizäa
Sokrates, HE 1,10,1ff./ Sozomenos, HE 1,22,1 ff.
zwischen 325 und dem 1.9.326
Mutmaßlicher Brief Kaiser Konstantins d. Gr. gegen die Häretiker
Eusebius, Vita Const. 3,64– 65
25.9.326
Gesetz zur Ausnahme der Novatianer von den antihäretischen Maßnahmen
Cod. Theod. 16,5,2
Zerstörung und Wiederaufbau der novatianischen Kirche in Sykai
Sokrates, HE 2,38
In Paphlagonien schlagen die Novatianer kaiserliche Truppen in die Flucht.
Sokrates, HE 2,38
Beginn des Wirkens des Sisinnius
Sozomenos, HE 7,12,4
Wirken Gregors von Nazianz in Konstantinopel
Theodoret, HE 5,8,6
um 384
Schisma des Sabbatius um den Termin des Osterfestes
Sokrates, HE 5,12,1; 5,21
391
Synode von Pazon/Pazum zum sabbatianischen Schisma
Sozomenos, HE 7,18
Abschaffung des Bußpriesteramtes bei den Novatianern
Sokrates, HE 5,19
Sisinnius wird novatianischer Bischof in Konstantinopel.
Sozomenos, HE 8,1,9
Unter Constantius II. (337–361)
Unter Valens (364– 378) 379–381
Unter Theodosius I. (379–395)
Unter Arcadius (395–408) 395
189
Anhang: Zeittafel 398–403
Johannes Chrysostomus übernimmt als Bischof die orthodoxe Gemeinde von Konstantinopel (Tod nach 403).
Sokrates, HE 6,2,12
403
sog. Eichensynode
Sozomenos, HE 8,17,3
nach 407
Tod des Sisinnius, Chrysanthus wird novatianischer Bischof.
Sokrates, HE 7,6
419
Tod des Chrysanthus, Paulos wird novatianischer Bischof
Sokrates, HE 7,17,3–4
422
Ende der Berichterstattung des Sozomenos
423
Unwillen gegen die Novatianer
Sokrates, HE 7,25,15
425
Beginn der Tätigkeit des Sozomenos als Rechtsanwalt in Konstantinopel
cf. HANSEN, Sozomenos, 16
April 428
Nestorios sagt als neuer orthodoxer Bischof den Häretikern den Kampf an und ergreift Maßnahmen gegen die Novatianer.
Sokrates, HE 7,29,2
Mai 428
Gesetz gegen die Häretiker
Sokrates, HE 7,29,11 Cod. Theod. 16,5,65
438
Tod des beliebten Novatianerbischofs Paulos, Markianos wird neuer novatianischer Bischof im Juli 438.
Sokrates, HE 7,46,1
439
Ende der Berichterstattung des Sokrates.
Unter Theodosius II. (408–450)
2
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Stellenverzeichnis Hochgestellte Zahlen bezeichnen Fußnoten; ist eine solche Zahl eingeklammert, so findet sich die jeweilige Stelle sowohl im Haupttext als auch in der genannten Fußnote.
Bibel Altes Testament Genesis 16,4 ff. 16,7 ff. 16,7–11 22,11.15
37 180 3140 3140
Exodus 33,2
3140
Richter 2,1–5
3140
Jesaja 7,14 9,5
4083 3764, 161117, 180192
Neues Testament Matthäusevangelium 1,23 4083 10,10 71(197) 10,23 52 10,28 4084 13,24–30 42 18,17 54136 Johannesevangelium 1,14 40(83) 8,58 36 10,11–12 52125 14–16 14642 Römerbrief 1,8 1,20 8,21 11,36
50112 3449 3449 3449
1. Korintherbrief 3,16 5 5,3–5 10,33 11,1 11,10 12,12–14 12,26–27 12,26
48105 50 62158 4697 4697 159, 178 50 50 4697, 50
2. Korintherbrief 11,2
50
Galaterbrief 4,26
152
Epheserbrief 4,3–6 5,27
48 50
202
Stellenverzeichnis 1,14 6,4–6 10,26
Philipperbrief 3,20
152
Kolosserbrief 2,8 2,18
46 159, 178
Apokalypse (Johannesoffenbarung) 19,10 178177 20,4 50115 21 15277 22 15277 22,8 178177
2. Thessalonicherbrief 3,14 54136 Hebräerbrief 1,1–7
38 185210 120
3872
Alttestamentliche Apokryphen 1. Henoch 10,4–5
10,12–16
178175
178175
Apostolische Väter Didache 7,1–3 Ignatius Epheserbrief 7,2
20,2
4082
310, 9765 Martyrium Polycarpi 4 66177 4082
Corpora Apostolische Canones 25 115164 Canones von Nizäa 8 26(16), 2717, 9135, 92, 104100, 14118 15 136 Codex Theodosianus 15,5,1 1011, 57145 16,1,2 119176 16,2,1 8712 16,5,1 857, 9240, 94, 95, 14648 16,5,2 21(93), 857, 9241, 94– 97, 134271, 14648, 188
16,5,7,3 16,5,9,3 16,5,11 16,5,12 16,5,13 16,5,14–21 16,5,15–18 16,5,15 16,5,49 16,5,52 16,5,54 16,5,57 16,5,58 16,5,65 16,6,6
163123 163123 114155.156, 163123 114157 115158 115159 10931 113147 132258 132258 132258 132258 132258 134270, 189 132(259)
Stellenverzeichnis
203
Antike Autoren Ammianus Marcellinus Res gestae 25,3,2–23 10397 Athanasius Urkunden zur Geschichte des arianischen Streites, S. 25 9452 Augustinus Epistulae 43,20
9453
Aurelius Victor Epitome de Caesaribus 29,2 751 Basilius von Caesarea Epistulae 188 1338, 14011 188,1 14648 188,1,20 2720 188,16 163123 190 14011 199,47 163125 218 12 Homiliae 13,5
314
Cassius Dio Historia romana 52,36
754
Cicero De haruspicum responsis 19 133265 De legibus 1,25
3345
De natura deorum 1,100 2,29 2,48 3,29
3348 1975 3348 3554
Cornelius von Rom Epistula ad Antonianum (= Cyprian, Ep. 55) 55 44, 78 55,1,1–1,2 44 55,2 82 55,3,1 44 55,3,2 43 55,5 2927, 48, 768 55,6–7 43 55,6,1 44–45 55,7,3 45 55,8 81 55,8,1 45 55,8,2–3 45 55,8,3–9,2 45 55,10 78 55,10,1 46, 82 55,10,2 7814 55,12 46 55,13,2 522 55,15 46 55,15,2 46 55,16 21, 2823 55,16,1 46 55,16,2 4699 55,18,1 46 55,20,1 4594 55,24 56, 769, 8238, 14647 55,24,1 47 55,24,2 47 55,25,2 47 55,26,1 47 55,27,2 48 55,28,1 48 55,29,2 48 Epistula ad Cyprianum (= Cyprian, Ep. 49) 49 43, 46, 7815 49,1,4 7818 49,2,4 46 Epistula ad Cyprianum (= Cyprian, Ep. 50) 50 7816 50,1,1 58149
204
Stellenverzeichnis
Epistula ad Fabianum (bei Eusebius, HE 6,43,5–22) 419, 45, 57–58, 76 6,43,5 ff. 420, 7819, 14961 6,43,5 76, 77 6,43,6–7 7821 6,43,6 58(148), 7611 6,43,7–9 58, 73209 6,43,7–8 8234 6,43,7 57, 7610, 14960, 150(69) 6,43,8–9 8234 6,43,8 421, 76(9), 14964 6,43,9 187 6,43,10 58148 6,43,11 7712, 8237 6,43,12 756 6,43,14 26, 311, 15 51, 58, 7611, 7820, 9764, 15072 6,43,16 414.16, 7610, 7713, 15070, 15174, 169145 6,43,17 312, 7610, 15073, 187 6,43,19–22 6 6,43,19 1872 6,43,20 187 Cyprian von Karthago Epistulae 5–37 4392 6,3 53 7,1 53 7,2 53 8 43, 49111, 52 8,1,1 52 8,2,1 52 8,3,1 3, 52 8,21 2930 8,31 2930 9 29, 49111 20 43, 49, 52(126) 20,3,2 3 20,3,3 50116 22,1 752 27 49111 27,4 50114 28 49108, 51, 52128 29 4392 30 29(27), 48, 49–51, 52, 54, 76
30,2 30,2,1 30,2,2 30,3,1 30,3,3 30,4 30,5 30,5,1 30,5,2 30,6,1 30,8 31 31,1,1 31,1,3 31,2,1–5,1 31,5,2 31,6,1 34,1 35 35,1,2 36 36,1 36,2,3 36,3,1 36,3,2 43,1,2 43,4,1 44–61 44–55 44 44,2,1 45 45,1,2–2,1 46 47,1,2 48 49 49,1,4 49,2,4 50 50,1,1 54 55 55,1,1–1,2 55,2 55,3,1 55,3,2 55,5 55,6–7
1761 49 50 522, 50 49, 50 50 51, 8235 51 51 51 46100, 47101.102 29(27), 48, 51–53, 54, 76 51 52 52 52 52, 53 53133 54 54136 29(27), 48, 53–55, 76 54 54 54 54 43 43 76 43 46, 187 78 46 4393 78 4393 45, 46 43, 46, 7815 7818 46 43, 7816 43, 58149 1552 44, 78 44 82 44 43 2927, 48, 768 43
Stellenverzeichnis 55,6,1 55,7,3 55,8 55,8,1 55,8,2–3 55,8,3–9,2 55,10 55,10,1 55,10,2 55,12 55,13,2 55,15 55,15,2 55,16 55,16,1 55,16,2 55,18,1 55,20,1 55,24 55,24,1 55,24,2 55,25,2 55,26,1 55,27,2 55,28,1 55,29,2 56,2 59,20 64 66 69,1 69,12–14
44–45 45 81 45 45 45 78 46, 82 7814 46 522 46 46 21, 2823 46 4699 46 4594 56, 769, 8238, 14647 47 47 47 47 48 48 48 82 54136 76 76 54136 311
Pseudo-Cyprian De bono pudicitiae 13 28 De spectaculis
2825
Diogenes Laertius Vitae 7,85 3344 Dionysius von Alexandria Epistula ad Cornelium (bei Eusebius, HE 6,46,3) 59
205
Epistula ad Dionysium Romanum (bei Eusebius, HE 7,8) 15, 59, 185211 Epistula ad Fabium (bei Eusebius, HE 6,44,1 ff.) 58–60, 77 6,44 59 6,44,1–6 59154 6,44,1 59 Epistula ad Novatum (bei Eusebius, HE 6,45) 24, 57146, 59, 76, 187 Epistula ad Xystum (bei Eusebius, HE 7,5,5) 84 Epiphanius Panarion haereseon 40 163123 42 163123 46 163123 47 163123 47,1,1–2 157100 48,2,2 3035 54,3 4082 59,6 9136 Eulogius von Alexandria Fragmenta adversus Novatianos (bei Photius, Bibl., cod. 280) Frgm. Buch 6 523 Eusebius von Caesarea Historia ecclesiastica 4,46 56143 5,18,2.11 58150 6,20,2 7926 6,22 187 6,43 ff. 313 6,43 27 6,43,1–2 769 6,43,1 734, 57147, 76, 9136, 187 6,43,2 38, 58 6,43,3 13 6,43,5 ff. 420, 7819, 14961 6,43,5–22 419, 45, 57–58, 76
206 6,43,6 6,43,7–9 6,43,7–8 6,43,7 6,43,8–9 6,43,8 6,43,9 6,43,10 6,43,11 6,43,12 6,43,14 6,43,16 6,43,17 6,43,19–22 6,43,19 6,43,20 6,44 6,44,1 ff. 6,44,1–6 6,44,1 6,45 6,45,1 6,46,2 ff. 6,46,3 6,46,5 7,2 7,4 7,4,2 7,5,3 7,5,4 7,5,5 7,8 10,21–24 10,7,2 Vita Constantini 3,17 3,64–65 3,64
Stellenverzeichnis 58(148), 7611 58, 73209 8234 57, 7610, 14960, 150(69) 8234 421, 76(9), 14964 187 58148 7712, 8237 756 26, 311, 15 51, 58, 7611, 7820, 9764, 15072 414.16, 7610, 7713, 15070, 15174, 169145 312, 7610, 15073, 187 6 1872 187 59 58–60, 77 59154 59 24, 57146 , 59, 76, 187 58–60 59 59(155) 80 84 59 841 84 84 84 27, 57146 8715 8712 8818 9242, 188 2194
Gregor von Nazianz De poenitentia (Bußpredigten) PG 49, 278–350 118172
Orationes 5,15 22,12,14 25,8,9 39,19,13–17 40,11
104102 110137, 172155 110137, 172155 111141 314
Gregor von Nyssa Contra Eunomium 872B 161117 Gregor Thaumaturgos Panegyris 4,42 3765, 3876 Hesiod Frgm. 60,3
177168
Hieronymus Epistulae 41,3 73,4 77
14538, 185 14539 14539
De viris illustribus 61 7924, 187 67 4390 70 2087, 2821.22, 29 33 Hippolytos Refutatio 1, prooem. 6 + 9 9,11 9,12,22
7924, 187 79(22) 4287
Homer Ilias 20,39
177168
Irenäus von Lyon Adversus haereses 5,13,2 3141 Epideixis 9
3138
Johannes Chrysostomus Adversus Catharos PG 63, 491–494 120182, 122194 PG 63, 492–494 120183
207
Stellenverzeichnis Homiliae in Matthaeum 49,4 121190 88,3 121190 Homiliae in Acta apostolorum 11,3 122193 45,4 122193 Homiliae in epistulam ad Philippenses 10,3 122194, 123199 15,5 122196 Homiliae in epistulam 1 ad Timotheum 8,1–2 121190 Homiliae in epistulam ad Hebraeos 20 zu 10,26–27 120185 Pseudo-Johannes Chrysostomus In sanctum pascha sermo 7, CPG 4612 1014 Julian Epistulae 111,434d (BIDEZ)
10286
Orationes 8,174c 11,131a
10292 10292
Justinus Martyr Apologia I 67,4
166135
Dialogus cum Tryphone 5,3 3141 80,4 3141 Lactantius Divinae institutiones 4,30,10 9135 4,30,13 854 De morte persecutorum 4,1 752 Libanios Orationes 14,3 18,152
9867 9867
30,7 62,9
9867 9867
Livius Ab urbe condita 5,51,5
133265
Martyrologium Hieronymianum ActaSS, Nov., Bd. II/2, ed. H. DELEHAYE, 342 1868 Nikephoros Kallistos Xanthopoulos Historia ecclesiastica 1,1 22104 11,14 22104 Novatian De trinitate 1,1 1,5–6 1,5 1,6 1,8 1,9 1,9,12 1,9,13 2,10–12 2,10 2,11 2,12 2,13 3,19 3,20 4,21 4,23 4,24 4,25 5,28 5,29 6,31–36 6,33 7,37 7,38–39 8,41 8,42 9,46–31,193 9,46–48 9,46 10,50 10,53
29, 3557 32 30 30 30, 3871 31 31 31 33 20 33 33 33, 176166 32–33 32, 34, 35 34 34 34, 42 34, 4185 35 35 35 35 35(55) 35 35 35(56), 182 179180 3558 34–35 3558 19, 36, 39
208 11,56 11,57 11,59 11,60 12,63 13,67 13,68 13,69–16,94 13,69 15,87 16,92 17,96 17,99 18,100 18,101 18,102 18,103 18,104 18,105 18,108–19,116 18,108 20,118 21,125 22,126 22,129 22,130 23,132–24,138 23,132 23,133 23,134 24,137 24,138 25,140 25,142–143 25,142 25,143 26,146 27,148–150 28,155–161 28,162 28,164 28,166 28,169 28,170 29,172 30,173–31,187 31,183–184 31,185 31,188
Stellenverzeichnis 34 36 34, 3559, 182 34, 36, 4185, 182 36, 181 179181 36 36 36 36 36 37 179182 37, 180191, 183196 37 1978, 37, 179184 16, 37, 3873, 180190.193 31, 37, 175161, 181 1982 38 3873 39 39 39 1982, 39 39 39 39 40, 182 40(83) 40 40 40 179183 39 40 40 4185 41 41 41 41 41 41 41, 42 42 42 42 42
31,191 31,192 31,193
42, 175161, 182 42 42, 182
Optatus von Mileve Contra Parmenium Donatistam Appendix V 8816, 8927 Appendix X 9660 Origenes Commentarii in Evangelium Joannis 1,277 3766 Contra Celsum 3,59 8,12
314 4185
Pacian von Barcelona Epistulae 1,III.1 60 2,IV.1–2 60 2,IV.7 60 2,III 7818 2,IV 1655 2,VII 523 3,I.1 61 3,I.6 60, 61 3,II.8 61 3,III.3 62 3,III.4 62 3,III.7 62 3,III.8 61 3,IV.1 61 3,IV.2 61 3,IV.5 62 3,V.1 61 3,VIII.1 62 3,IX.1 62 3,XVIII.1 62158 3,XXV.1 62 3,XXVII.4 62 Ad Sympronianum 1–2 15067, 185212 Palladios von Helenopolis Dialogus de vita Ioannis Chrysostomi 5,16–35 121189 5,40–43 121191 5,128–139 121188, 122197
Stellenverzeichnis 8,153–155 8,231–243 8,247 9,4–7
123201 123202 122196 123205
Parmenides von Elea Frgm. 2 DK 3243 Frgm. 5 DK 3243 Frgm. 8 DK 3451 Philo von Alexandria De deo 127–139 3345 Philostorgius Historia ecclesiastica 3,28 9867 4,1 9867 4,8 9867 5,4 9867 8,15 1443, 63161, 66178, 14854, 182 Photius Bibliotheca cod. 121 cod. 182 cod. 208 cod. 280 cod. 280,1 cod. 280,5 cod. 280,6
7923 1230, 66180, 72200 1230, 72200 523, 1230, 66180, 72200, 73204 72201.203 73205.206 73208
Pindar Pythionikai 3,14
177168
Plotin Enneades 3,4,3
3875
Pontius von Karthago Vita Cypriani 4 4391 Rufinus von Aquileia Historia ecclesiastica 1,6 9135 11,1 104103
209
Scriptores Historiae Augustae 30,29,2 10499 Servian von Gabala De pascha, deque Catharis (CPG 4243) 125209 Sokrates Historia ecclesiastica 1,1 64 1,1,1–3 64163 1,2,3 8820 1,10 69191, 8819–21, 89 (25), 9348 1,10,1 ff. 8924, 188 1,10,1 733 1,10,3 90, 185209 1,13 88, 96 1,13,1–4 14015, 173 1,13,1–2 15596 1,13,1 733 1,13,2 65 1,13,3 23107 1,13,4 ff. 85 1,13,10 14016 1,18,1 8820 1,25 9454 1,25,1 9866 1,27 9348 1,28 9348 1,38 9454 2,2,5 9867 2,12,5 9869 2,15 65, 82 2,24,6 10287 2,27,1 9869 2,27,2–3 9871 2,34,5 9869 2,38 627, 2718, 69193, 70, 99, 188 2,38,1 100, 106 2,38,6 9973 2,38,11 8820, 173 2,38,12 9975 2,38,14 9974 2,38,17 9977 2,38,23 10290 2,38,26 100(78), 10181, 106 2,38,29 14119 3,1,10–21 10184
210 3,1,15 3,1,16–19 3,1,19–21 3,1,36 3,1,43–44 3,1,50 3,9,3 3,20,2 3,22,1 3,22,6 3,25,1 3,26 3,26,1 4,1,6 4,1,11 4,2 4,2,5 4,3 4,6,1 4,9 4,9,1 4,9,4 ff. 4,11 4,12,40 4,14 4,15,1 4,16–18 4,16,7 4,18 4,28
4,28,1 4,28,2–13 4,28,3 4,28,8 4,28,9 ff. 4,28,9–12 4,28,9–11 4,28,9 4,28,12 4,28,15 4,28,16 4,28,18 4,28,32 4,32 4,32,2 4,35,4 4,36
Stellenverzeichnis 8820 10185 10185 10289 102 10499.100 8820 10287 104103 104101 105105 105106 105107 105109 107120 106112 107120 107120 105111 71(199), 163126 106114.115, 158106 137280 106112 8820 108123 107119 106112 14014 108124 5(23), 11 21, 1233, 14, 1763, 65–66(176.179), 70, 7818, 147, 170, 171 14224 23 9029 65 2825 27 14750.51 147, 183197.198 85, 147, 15175 14223, 14328 143 1015, 8820, 1396 14752.53 108125 108 8820 8928
4,38,8–11 5,2,1 5,2,2 5,6,18 5,7 5,7,1 5,7,10 5,8,15 5,10 5,10,1 ff. 5,10,8 5,10,11 5,10,26 5,10,28 5,12,1 5,15 5,19 5,20 5,21 5,21,1 5,21,1,11 5,21,15 5,21,1,18 5,22 5,22,60 6,1 6,2 6,2,10 6,2,11 6,2,12 6,2,38 6,4,1 6,11,13 6,15,17 6,16,4–5 6,16,4 6,16,8 6,18 6,21–22 6,21,1 6,21,4 6,21,6 6,22 6,22,3 6,22,7 6,22,13–14 6,22,13
108122 10930 10928 114152 8928 110139 133263 111143 8928 10933.34 111144, 113 112146 868 113148.149 14221, 188 69195 67(183), 115160, 188 114154 65, 8928, 116169, 128236, 14221, 170, 188 10394, 14222, 14328, 14965 14330 14331 14227 67 104100 10394 121191 122192 118174 189 120 122196 1014 123202 123 122197 123204 160113 67 124 64170 1381 124, 142 125(210), 164127 125212 124 124, 125214
Stellenverzeichnis 6,22,14 6,22,17 6,22,21 7,1,3 7,3 7,5 7,5,3 7,5,8 7,6 7,9 7,11 7,12,1 ff. 7,12,2 7,12,7 7,12,8 7,12,9 7,12,10 7,17,1 7,17,2 7,17,3–4 7,17,5 7,17,11 ff. 7,22,1 7,22,4 7,22,6–12 7,22,7 7,22,8 7,22,19 7,25,15 7,25,17 7,29,2 7,29,5 7,29,6 7,29,11 7,29,12 7,34,10 7,34,14–15 7,35 7,35,1 ff. 7,36,5 7,39 7,42,1 7,42,2–4 7,42,22 7,45,2 7,46 7,46,1 7,48,7 8,5,1
125214 126215 1381 126217 14332, 14534 67, 14331 128237 129238 189 83 8339 129239 129240 129241 130242 135274 130244.245 130246.247 128233 189 131248 131249 64166 127220.222 127224 10185, 10289 127223 127221 133(262), 189 133261 133, 189 133264 134268 132(257), 134269, 189 136276 128230 127226 127226 136277 136278 131(251) 136279 127221 127221 127225 1397.9 128232.234, 131252, 189 64 124
211
Sozomenos Historia ecclesiastica Dedicatio 3 127224 Dedicatio 10–16 127223 Dedicatio 19–20 68186 1,1,16–17 69 1,15 69 1,22 68, 69191.192 1,22,1 ff. 8924, 188 1,22,3 70 2,22 9347 2,27,1–5 9866 2,28 9347 2,31 9347 2,32 9346 2,32,1 ff. 2195, 68189 2,32,5 1011, 57145, 63, 68190, 69 3,1,3 9867 3,13,4 9868 3,18,14 9868 4,20 70 4,20,3 69 4,20,8 100, 10180.82, 10291 4,21 2718, 14119 4,21,1 10079 4,26,3–4 9972 5,2,18 10287 6,3,2 104101 6,6,1 105106 6,6,10 105109.111 6,7,10 106112 6,7,14,2–4 106112 6,9 71, 106113 6,9,2–3 71 6,9,2 71, 106115, 107117 6,9,3 71 6,24 1233, 70 6,24,7 14225 6,26 10930 6,36,6–7 108125 6,36,6 108126 6,37 107120 6,40,3–5 108121 7,2 10930 7,2,1 10928 7,2,2 10932 7,2,5 10929 7,4 114152 7,5,3 110139
212
Stellenverzeichnis
8,1,10 8,1,11–12 8,1,15 8,1,39 8,2–4 8,2 8,3,1 8,5,1 8,17,3 8,17,10 9,1,3 9,1,7 ff. 9,1,10
111142 111143 163126 71, 107(118) 10398, 113, 188 69, 113150 117 67183, 115163 14225, 14330, 171, 188 1014 27, 172 117, 14010 72, 120180 631 117 63, 10395, 117, 118170, 120, 188 117, 125213 117 117 142 123203 121191 122195 123200 123201, 189 123202 126218, 127220 127219 130243
Strabo Geographica 14,2,29
160113
7,6,3 7,9,1 ff. 7,12 7,12,3 7,12,4 7,12,10 7,14 7,16,8 7,18 7,18,11 7,19 8,1 8,1,8 8,1,9 ff. 8,1,9–15 8,1,9
Tertullian Adversus Marcionem 2,11 3450 Adversus Praxeam 4082 Apologeticum 2,6
15068, 185208
De baptismo 4
15068, 185208
De carne Christi 6,8
3660
De pudicitia 1,3 1,7–8 18,17 19 20,1–2 21,2
185209 185209 50113 185209 15068, 185208 185209
De spectaculis 3
15068, 185208
Pseudo-Tertullian De cibis Iudaicis 1
2826
Theodor Studites Epistulae 267,30 364,8 477,134
15591 15591 15591
Theodoret von Kyros Commentarii in epistulam ad Colossenses zu Kol 2,18 159110, 160113 Eranistes 99,1
7924
Historia ecclesiastica 2,2 9867 3,15,1 10289 3,22,4 10289 4,2,1–3 104102 4,6,1 105108 4,13,1 105111 4,19,10 105111 4,37 107120 5,1–2 10930 5,5,2–6,6,3 114152 5,6,3 10928 5,8,6 110135, 188 5,36 127225 5,36,5 127224 Timotheus von Konstantinopel De receptione haereticorum PG 86, 12–74 163123
213
Stellenverzeichnis Vergil Aeneis 6,737 6,746
3554 3554
Vita des hl. Aberkios PG 115, 1211–1248 629 Vita St. Autonomi PG 115, 692–697 = ActaSS, Sep., Bd. IV, 14–19 628, 98, 24 2
Xenophanes περὶ φύσεως Frgm. 23–26 DK
176166
Zosimos Historia nea 2,55,2 5,23,2 5,23,4–6
9867 122196 123206
Inschriften C. L. B ABCOCK, An Inscription of Trajan Decius from Cosa, AJP 83, 1962, 147– 158 754 W. H. BUCKLER/W. M. CALDER/ C. W. M. COX, Asia Minor, Monuments from Cotiaeum, JRS 15, 1925, 141–175 S. 142, Nr. 125 169147 W. H. BUCKLER/W. M. CALDER/ C. W. M. COX, A Monument from the Upper Tembris Valley, JRS 17, 1927, 49–58 167–169 W. M. CALDER, The Epigraphy of the Anatolian Heresies, in: W. H. Buckler/ W. M. Calder (Hg.), Anatolian Studies, Manchester 1923, 59–91 S. 75, Nr. 3 15380 S. 76, Nr. 4 732, 157102 S. 81, Nr. 5 15699 S. 82, Nr. 6 2615, 165128 S. 82–83, Nr. 7 2615, 165130 CIG (Corpus inscriptionum Graecarum) 9268 15380 A. FERRUA, Epigrammata Damasiana, Rom 1942, 13–17 Nr. 35, Elogium S. Hippolyti 8028
E. GIBSON, The »Christians for Christians« Inscriptions of Phrygia, Missoula 1978 56, Nr. 22 2610 H. GRÉGOIRE, Recueil des inscriptions grecques-chrétiennes d’Asie Mineure, Amsterdam 1968 138 15487 220 15486 A. S. HALL, The Clarian Oracle of Oenoanda, ZPE 32, 1978, 263–267 S. 265 176166 C. H. E. HASPELS , Highlands of Phrygia I–II, Princeton 1971 Bd. I, 318, 50 166133 Bd. I, 320, 54 166137 Die Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien IK Ephesus Nr. 543,3 166137 Nr. 1192 14117 Nr. 1285,18 166137 Nr. 1353 14117, 15486 Nr. 1356, a,3.a,4 179179 Nr. 4133 15487 IK Kios 168, Nr. 117
15590
214
Stellenverzeichnis
IK Klaudiupolis Nr. 178
160115
IK Nikaia Nr. 464–468 Nr. 550
160114 169144
IK Smyrna Nr. 846
160114, 179179
IK Stratonikea Nr. 1390
15485
G. DE JERPHANION/L. J ALABERT, Inscriptions d’Asie Mineure (Pont, Capadoce, Cilicie), Paris 1908 187 160116 A. LAUMONIER, Inscriptions de Carie, BCH 58, 1934, 291–380 S. 337, Nr. 22 177170 P. LE B AS/W. WADDINGTON, Voyage archéologique en Grèce et en Asie Mineure III, Paris 1870 Nr. 515 175164 MAMA (Monumenta Asiae Minoris Antiqua) I, 171 162121 I, 172 15176 I, 174 15699 I, 227 15382 I, 290 2611.13, 14117, 14537, 15488 VII, 92 165128
CH. MAREK, Der höchste, beste, größte, allmächtige Gott. Inschriften aus Nordkleinasien, EpigrAnat 32, 2000, 129–146 S. 135 176167 G. PETZL, Die Beichtinschriften Westkleinasiens, EpigrAnat 22, Bonn 1994 S. VIII 184200 S. IX 186213 S. XVII 184201 S. 1, Nr. 1 185204 S. 3,3 185205 S. 8,6 185206 S. 18,10 185207 S. 21,12 185207 S. 23,15 185206 M. RICL, Hosios kai Dikaios. 2 e partie, EpigrAnat 19, 1992, 71–102 Nr. 1 177172 L. ROBERT, Anatolia III, Paris 1958 S. 120 177172 SEG (Supplementum Epigraphicum Graecum) 6, Nr. 284 165130 27, Nr. 933 176166 A. R. R. SHEPPARD, Pagan Cults of Angels in Roman Asia Minor, Talanta 12–13, 1982, 77–100 S. 78, Nr. 3 177170 S. 90, Nr. 9 177172 TAM (Tituli Asiae Minoris) 5,1, 582 15484
… … … … …
Autorenverzeichnis Hochgestellte Zahlen bezeichnen Fußnoten; Nennung in Haupttext und Fußnote. … d’Alès, Adhémar…14 (49), 1871, 29 34, 4081 Alexander, James S.…94 Amann, Émile…8 4 Amidon, Philip R.…63160.161 Athanassiadi-Fowden, Polymnia…176165 Babcock, Charles L.…754 Bacht, Heinrich…58156 Barbel, Joseph…159111.112, 174160, 180– 181(186.187.189) Barcelò, Pedro…119176 Barnes, Timothy D.…95–96(59–61) Baumann, Peter…172153 Beck, Hans-Georg…122197 Bidez, Joseph…63159 Birley, Anthony R.…754 Brandt, Hartwin…8711.12 Buckler, William H.…167 (138.139), 169147 Calder, William M.…732, 11(22), 1336, 14(47.48), 257.8, 2611.15, 138, 145(36), 14643, 148(55.58), 15280, 15381, 156(89), 157102, 158104.107, 159108, 160 113, 161(117), 162121, 165(128), 166132, 167(138–141), 169147, 173157 Chew, Kathrin…128229 Chiai, Gian Franco…171150 Clarke, Graeme W.…4695.96.98–100, 47103.104, 48 106, 49108–111, 50 112.113, 51(117–119), 52123.127, 54134–136, 753, 8236.37 Corsten, Thomas…15594 Cox, Christopher W. M.…167 (138–141), 169147 Daly, Cahal B.…20 (86.88), 51 118, 146(43) Daniélou, Jean…38(74)
eingeklammerte Fußnoten bedeuten eine Diefenbach, Steffen…187 Dölger, Franz Josef…314, 4(17.18), 150(71), 169146 Dörries, Hermann…8816, 8927, 93 43.44.51, 9452.53, 9557, 96 61 Eisenhut, Werner…3037 Fehrle, Eugen…1395 Ferrua, Antonio…1656, 18(66.67.69), 8028 Flach, Dieter…10183 Foss, Clive…628, 98, 24 (2), 55– 57(139.140.142), 138 Foß, Rainer…3141 Foucart, Paul…3 14 Gibson, Elsa…1125, 26 10 Girardet, Klaus Martin…8712, 88 19 Gottlieb, Gunther…119176 Grant, Robert M.…757 Grégoire, Henri…15486.87, 161–162(118– 120) , 167138, 174, 179, 181 Gregory, Timothy…84, 12 (29.31), 13(36.37.40), 14, 8710, 14013, 14536, 14645, 148(57), 151 Grözinger, Karl Erich…178176–177 Grünewald, Thomas…8713 Gülzow, Henneke…82, 22 (100–102), 29(27.28.30), 4392, 51119–121, 52122.124.128, 53129–133, 54134, 55137 Hall, Alan S.…176166 Hamm, Ulrich…59 153 Hand, Volkmar…3037 Hansen, Günther Christian…68187.188, 69194, 70196, 71 (198), 189 Hanssens, Jean Michel…80 (27.30), 81(31)
216
Autorenverzeichnis
Harnack, Adolf von…8 4, 2929, 65171 Haspels, Caroline Henriette Emilie… 166133.134.137 Hepding, Hugo…14749 Herten, Joseph Christiaan Antonius van…8820 Hirschmann, Vera…1228, 1337.39, 259, 14641, 14749, 15068, 158107, 159109, 173156, 174159, 177171, 178173, 179178 Janin, Raymond…14(42.44–46), 56139.143, 14645 Jordan, Hermann…19(79) Keilbach, Wilhelm…16 59 Kienast, Dietmar…755 Koch, Hugo…15–17(50.52–54.56–59), 22, 48107, 50113, 57148, 61157 Kriebel, Martin…180(185) Lampe, Peter…1334, 14962.66, 15278.79 Leppin, Hartmut…9870, 10183, 105105.110, 109127, 114153 Magnou-Nortier, Élisabeth…135273 Marek, Christian…176167 Maier, Franz Georg…757 Menthon, Bernardin…155(92.94.95), 15697 Millar, Fergus…127224, 134266 Mitchell, Stephen…1(1.2), 628.30, 94, 11– 12(19.20.23.24.26.27), 1335, 23, 256, 26(11.14), 2719, 56144, 852, 138(3), 1394.6.8, 14014, 14117, 14226, 14536.37, 14644.46, 148(59), 153, 154(83.89), 157(101.103), 158(105), 159108, 162121, 163(125), 164, 169147, 170148.149, 172(154) Mohlberg, Leo Kunibert…524.26, 1865.67 Mohrmann, Christine…1762, 14856 Noethlichs, Karl Leo…8712, 88 17 Noy, David…81(33) Pettazzoni, Raffaele…184(202.203) Petzl, Georg…184199–201, 186213 Pohlenz, Max…3142, 3344.47, 3977 Quasten, Johannes…1973 Radebach-Huonker, Christiane…10288
Ramsay, William Mitchell…84, 12(32), 158107, 165(129) Reutter, Ursula…80 28 Ricl, Marijana…175163, 177172 Ritter, Adolf Martin…118171, 119176 Robert, Louis…176166, 177172 Rosen, Klaus…10285, 10393.96, 10499 Scheffczyk, Leo…3871 Scheidweiler, Felix…37 (67.70), 159 112, 174160, 180(187.188) Schmidt, Christiane…112145 Scholten, Clemens…7923 Schoo, Georg…68186.188 Schultze, Victor…169146 Seebass, Horst…3139 Selinger, Reinhard…753.5 Sirks, Adriaan Johan Boudewijn…122197 Slootjes, Danielle…12 28, 173156 Sokolowski, Frantizek…175162 Sommer, Stefan…163124 Stausberg, Michael…178174 Steinleitner, Franz…184202 Stuckenbruck, Loren T.…178177 Styger, Paul…1864 Tabbernee, William…1125, 1334, 258, 2612, 15279, 163125 Tiersch, Claudia…118(175), 119(176–178), 122193, 123205 Trevett, Christine…14643 Trigg, Joseph W.…3766.69, 3873 Valois, Henri…22, 64–65(170), 67 Vogt, Hermann Josef…13.4, 525, 8(3), 1013, 1231, 15, 17–22(60.61.67.70.73.74.76–78.80–85.91– 93.96–99) , 22, 24, 253, 2616, 36(62), 4698, 51118, 66179, 72–73(202.207), 74210, 7610, 7817.21, 8027, 85(3.4.6), 868, 8710, 89– 90(29.31), 9133.34, 9238, 93(46.48), 94100, 110138, 116167, 120184, 14537, 14647, 148(55), 159112 Waelkens, Marc…1125 Waldherr, Gerhard H.…133265 Wallraff, Martin…11, 630, 9–11(4–12.14–18), 22–23(103–109), 24–25(2.3), 2616, 64– 65(162.164–165.167–175), 67(181.184–185), 68(188), 8610, 88(22), 9032, 9239, 93(45.48.50), 9558, 9662, 104100, 110138, 111140, 113151,
Autorenverzeichnis 115–116(162.165–168), 118172, 120181–186, 125209, 131–132(253–256), 1382, 159108.112, 171, 172151.154, 173157 Wenger, Antoine…120182 Weyer, Hans…20(89.90), 2822.24, 2931.32.34, 30(36), 31(38), 33(46.48), 3449.50, 35(53–55.59),
217
36(60), 37(63.68), 38, 39(78–80), 4082, 4185, 180186 Wischmeyer, Wolfgang…176(165–167), 177169 Zenos, Andrew C.…66178
Sachverzeichnis Hochgestellte Zahlen bezeichnen Fußnoten; ist eine solche Zahl eingeklammert, so findet sich die jeweilige Stelle sowohl im Haupttext als auch in der genannten Fußnote. Aberkios, Bischof von Hierapolis… 158107 – ~-Inschrift…158(107), 160 – Vita des hl. ~…629 Ablabius, Novatianerbischof von Nizäa…130 Abras, novatianischer Presbyter…151– 152, 153, 173 Absolution → Sündenvergebung Adoptianismus…16, 4082 Adrianopel, Schlacht von…108 Afrika → Nordafrika Agamemnon, Bischof von Tiberias…73 Agapetus, Macedonianerbischof…144 Agelius, Novatianerbischof von Konstantinopel…71–72, 99, 10394, 106–107, 112–114, 116–118, 163 Akesios, Novatianerbischof…68–69, 70, 88–89, 9029.31, 91, 96, 140, 156, 185209, 188 Alexander, Bischof von Aquileia…73 Alexander, Novatianer aus Nordphrygien…166 Alexander, novatianischer Märtyrer…99 – Namenspatron einer novatianischen Kirche in Konstantinopel…99 Alexander von Saittae…177 Alexandria…5, 58, 59, 93, 102, 115 – Novatianer in ~…1, 72–73, 115– 116(167) Amastris (Paphlagonien)…176 Ambrosius von Mailand…62 ἀµήν (Zahlensymbol)…161 Ammia, Novatianerin…152, 165, 167– 169, 170, 171, 173 Amphilochios, Bischof von Ikonium…1 2, 27, 14011
Anastasia-Kirche (Konstantinopel) – novatianische…70, 99, 102, 103, 111, 131 – orthodoxe…111 Angarum (Bithynien) – Katharerkloster…67, 143 – 2. Novatianersynode…67, 143 Angelologie → Engel Ankyra (Galatien)…6, 25, 117, 140, 141–142, 14644 Anthemius, Prätorianerpräfekt…126 antinovatianische Schriften…24, 57 – Ambrosius, De paenitentia…62 – Cornelius von Rom, Epistula ad Fabium…57–58 – Dionysius von Alexandria…58–59 – Eulogius…12 30, 25, 66, 72–74 – Johannes Chrysostomus, Adversus Catharos…120 – Pacian von Barcelona…61 – Servian von Gabala, De pascha, deque Catharis…125209 Antiochia (Syrien)…5, 10, 59, 63, 107, 108, 110, 121 – Konzil von ~ (341)…82 – Synode von ~ (3. Jahrhundert)…59 antiochenisches Schisma…110, 111 Antonianus, numidischer Bischof…44– 48 Apollinarianer…115, 134 Apollon…176, 177 – ~ Lairbenos…184 Apotaktiten…145, 157(100), 163(123.125), 164 Arcadius, Kaiser…10394, 104, 117, 123, 126, 128, 188
Sachverzeichnis Arianer (Homöer) – antiarianische Gesetze/Maßnahmen…99, 115, 133263, 134, 135 – ~ und Konzil von Nizäa…94 – ~ und Novatianer…5, 2718, 63, 69–70, 96, 99–101, 108, 109129, 111, 112, 141 – ~ und Orthodoxe/arianische Auseinandersetzungen…1, 63, 69, 98, 108, 109129, 118, 134, 135 – ~bischöfe…→ Demophilus, → Eudoxius, → Macedonius – arianische Kaiser…98, 101, 105, 141, 158 – criminosa religio…115 – »Kirchenkrieg« unter Konstantius II.…5, 2718, 98–99, 108, 141 – orthodox-novatianische Allianz gegen die ~…100, 106, 111–112, 114, 119 – Philostorgius…63 Arius…94 Arles, Synode (314)…87 – antidonatistisches Schreiben Konstantins an die Synodalen…87–88, 93, 94 Armenfürsorge…135, 158, 170 – in Konstantinopel…122–123, 130– 131(243) – in Rom…76–77 Armenien…59, 139 Asklepios, Novatianerbischof von Nizäa…133261 Athanasius von Alexandria…68188 Attia, Novatianerin…169 Attikos, Bischof von Konstantinopel 132, 133, 135–136 Aurelius Victor…75 Autonomos von Bithynien…6, 55–57 – Vita St. Autonomi…6, 98, 24, 138 Auxanon, novatianischer Presbyter…23, 65, 88(23), 96, 99–100, 140, 155–156, 173 Barmherzigkeit – ~ Gottes/Christi…46, 48, 59, 182 – Kirche als Gemeinschaft der ~…2, 5, 20, 44–46, 57–58, 61 Basilinopolis (Bithynien) (Bistum)…56 Basilius von Caesarea…314, 1338, 14648, 163 – Briefwechsel mit Amphilochios von Ikonium…1 2, 27, 14011
219
Beichte, öffentliche…28, 67, 115165, 184–185 Beichtinschriften, kleinasiatische…183– 186 Bekenner → Konfessoren Bithynien…81 – Autonomos von ~…6, 55–57 – Bistümer…56 – geistiges Milieu…12 – Inschriften…81, 86, 138, 179 – Novatianer…6, 25, 85, 86, 129, 139, 140, 145 – Novatianersynode in Angarum…67, 143 – Olymp…85, 8823, 96, 140, 155, 173 – Sakkudion-Kloster…156 Bonifatius, Papst…83 Böse, Ursprung…34, 178 Buße – Bußangebot, kirchliches (Wiederaufnahme nach ~)…5, 21, 44–45, 48, 57, 62, 82, 91; siehe auch → Bußpriesteramt – Bußrigorismus Novatians…5, 16, 17, 19, 21, 41, 47, 49, 124 – Montanisten und ~…146, 147, 15067, 185 – Novatianer und ~…25, 60–61, 67, 89–90, 96, 100, 115–116, 120, 15067, 183 ff. Bußpriesteramt, Abschaffung…67, 115– 116, 188 Byzanz…9663; → Konstantinopel Caledonius, karthagischer Abgesandter…46 Calixtus I., Bischof von Rom…79 Chalcedonense…73 »Christen-für-Christen«-Inschriften im Tembris-Tal…11, 26 Christenverfolgungen, allgemeine…49, 52, 77, 99, 118; siehe auch → Häretikererlasse – Decius…2–5, 16, 29 (32), 44, 54, 58(149), 59, 150, 151, 169 – Diokletian…6, 55 – Valerian…5, 17, 66, 80, 14223, 187 Chrysanthus, Novatianerbischof von Konstantinopel…129–132, 135274, 189
220
Sachverzeichnis
Cicero…19, 3345.48, 3554, 44, 133262 Coelestinus, Papst…83 Cornelius, Bischof von Rom…2–6, 15, 16, 18, 22, 43–46, 57–58, 61, 65, 73– 74, 76–79, 80, 81–82, 84, 91, 148– 149, 150, 187 – Bischofsweihe…82 – Brief an Fabius von Antiochia…57– 58, 76, 77, 79 – Verhalten während der Decischen Verfolgung…46, 78 – Wettstreit mit Novatian…2–5, 18, 22, 43 ff., 57–58, 65, 73–74, 76–79, 81– 82, 91, 148–149 Cornelius, Bischof von Soreoi…55, 57 Cosa, Decius-Inschrift…75 Cyprian von Karthago…2, 5, 15–16, 43– 55, 77–78, 81–82 – Brief an Antonianus…44–48 – Briefwechsel mit karthagischen Konfessoren…53 – Briefwechsel mit Novatian…2–3, 8, 15, 22, 24, 28–29, 48 ff., 76, 82 – Briefwechsel mit dem römischen Klerus…3, 43–45, 49–54, 76, 77–78 – Herkunft…43 – pseudo-cyprianische Schriften…28 – Verhalten während der Decischen Verfolgung…43, 52–53, 54 δαίµων…38–39, 178(173) Damasus, Bischof von Rom – Epigramm…80 Decius, Kaiser (decisches Edikt, Christenverfolgung)…2, 4–5, 16, 21, 29(32), 43, 44, 49, 58–59, 75(5), 77–78, 82, 89, 150, 169, 187 – Inschrift aus Cosa (251)…75 Demophilus, Arianerbischof…112 Diokletian, Kaiser/Diokletianische Verfolgung…6, 55, 64 Diomedes, Novatianer…165 Dionysius von Alexandria…43, 58–60, 80, 84 – Brief an Fabius von Antiochia…58– 59, 77 – Brief an Novatian…24, 59, 76 – Verhalten während der Decischen Verfolgung…43, 58 Ditheismus…42
Doketen…35, 40 Domnus, Novatianer…169–170 Donatisten…87 (14), 93–96 Doxa, Asketin…156–157 Ehe, zweite → Wiederverheiratung Ehebruch…47–48, 115 Ehelosigkeit…145, 167–168, 170 Eichensynode (403)…123 (201), 189 Einheit/Einigung, kirchliche…45–46, 47–48, 49–50, 59, 79, 84, 87–89, 93, 109–110, 111, 127, 134 Eleusis, Kultsatzungen von…3 14 Elvira, Synode (um 300/309)…85 Endgericht…41, 48 Engel (siehe auch → πρῶτος ἄγγελος) – griechisch…178(173); siehe auch → δαίµων – jüdisch-christlich…31–32, 38, 178– 180; siehe auch → Michael, Erzengel – pagan…179 – zoroastrisch…178 »Engel des Großen Rates« – Christus als ~ bei Novatian…16, 37, 3873, 180(193), 181 – Christus als ~ bei Origenes/Gregor Thaumaturgos…37 Engelschristologie…16, 31, 37–38, 159(112), 174–175, 179–180, 183; siehe auch → πρῶτος ἄγγελος – Engelsfunktion Christi bei Novatian…16, 37–38, 174, 180, 182 – Engelsnatur Christi bei Novatian…38, 161, 174, 181 Engelverehrung (siehe auch → Michael, Erzengel) – christlicher Volksglaube…159, 174 – pagane ~…159, 174, 179, 181 – Warnung vor ~ im Neuen Testament…159, 178 Enkratiten…145, 157(100), 163(123.125), 164 Ephesus…10, 104, 149 – Inschriften…14117, 15486.87, 166137, 179179 Ephesus, Konzilien – 431…127, 128, 136 – 449 (»Räubersynode«)…127(227) Eucharistie → Kommunion, heilige
Sachverzeichnis Eudaimon, alexandrinischer Presbyter…115 Eudokia, Aelia (Kaiserin)…126 Eudoxia, Aelia (Kaiserin)…122 (196), 123, 126216 Eudoxius, Arianerbischof…105109, 107, 108(123) Eugenios, novatianischer Presbyter…7, 157–162, 171, 172, 174–175, 179– 181, 183 Eugenios, Sakkophore…162–164 Eulogius, Patriarch von Alexandria…523, 1230, 25, 66, 72, 74 Eunomianer…109130, 114 Eunomius von Kyzikos…63, 109130, 120179 Eusebius von Caesarea…57–60, 74 Eustathius, Bischof von Antiochia… 107(119) Eutropius (Kämmerer)…122(192) Eutychianos, novatianischer Mönch…85, 8823, 96–97, 140, 155, 173 Evagrius von Antiochia…107 Fabian von Rom…2–3, 29, 49, 52, 75– 77, 79, 80–81, 82, 136, 187 Fabius von Antiochia…4–5, 57, 59, 74, 76, 78 Firmilian von Kappadokien…59155 Fortunatus, karthagischer Abgesandter… 46 Galatien…12 – Inschriften…81, 85 – Novatianer in ~…25, 85, 138, 139, 14010, 142 – novatianisches Zentrum…85 Gamaliel VI. (Patriarch)…127224 Geheimbünde…14535 Germanus, Presbyter aus Laodikea…26, 154 Gnosis…33, 3660, 39, 163, 164 Goten…105, 107120 Gottesschau…37 Gottessohnschaft Christi – bei Novatian…16, 35, 37–42, 179–183 Grabsteine, christliche…11, 26, 14537, 154, 162 – novatianische ~…26, 142, 152, 153, 156, 157, 165, 166, 167, 169
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Gratian, Kaiser…109, 112 – Toleranzgesetz…109–110 gravitas…16, 46 Gregor d. Gr.…25 Gregor von Nazianz…314, 104, 110–111, 114, 118–121, 125211, 137, 172155, 188 Gregor von Nyssa…161117 Gregor Thaumaturgos…37 Güte Gottes…34–35 Hagar-Geschichte…180 Hagia Sophia…132 Handauflegung…4, 26 16, 8234, 92, 14118 Häresie und Schisma…95, 145, 146(48) Häretikererlasse, kaiserliche – Gratian…109… – Konstantin d. Gr.…85–86, 92–95, 137, 14648 – Konstantius II.…98 – Theodosius I.…113, 114–115, 137 – Theodosius II.…132–133(263), 134– 135 Hebräerbrief…120184, 185 Hekate…14535 Helenopolis (Bithynien)…97 – Bistum…56 Helenus von Tarsus…59 155 Hermes…178173 Hermoupolis…59 Hieronymisches Martyrologium…18 Hieronymus…28, 29, 4390, 7924, 185 Hippolytos Martyr…79–81 Hippolytos von Rom…79–81 Hippolytos, Überbringer eines Briefes von Dionysius von Alexandria…80 Homöer → Arianer Homoiusier…98 Homousier…41, 99–100, 106, 107(119), 111–115, 139, 142–144 – Novatianer als ~…41, 69, 95, 96, 97, 99, 105, 106, 108, 111–115, 160 – Verfolgung der ~…99–100, 102–103, 106, 107, 108 Hosios kai Dikaios…175(163), 177 Hungersnot (in Phrygien)…122197, 14014 Hydroparastatai…163 Ikonium…1 2, 25, 27, 85, 140 Innozenz I., Papst…83
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Sachverzeichnis
Inschriften, novatianische…25–27, 151 ff.; siehe auch → Grabsteine: novatianische – Kleinasien…8–9, 11–12, 14, 23–26, 66, 14117, 143, 151 ff., 178 Isaurien…6, 55, 179 Jerusalem, himmlisches/neues…12, 152, 173 Johannes Chrysostomus…118–127, 130, 131, 137, 189 Johannes Confessor…15698 Jovian, Kaiser…104–105 Judentum – Angelologie…177–178 – antijüdische gesetzliche Maßnahmen…127224 – Heiliger Geist als Ankläger gegen die Juden…41 – ~ in Kleinasien…144 – jüdische Konversion zum Christentum…131(250); siehe auch → Sabbatius – jüdische Speisegesetze…24 – Ostertermin…10, 66, 117, 132160, 142, 14331; siehe auch → Sabbatianisches Schisma – Patriarch Gamaliel VI.…127224 – Patriarchensteuer, Abschaffung… 127224 Julian Apostata, Kaiser…101–104, 106, 149 – Verhältnis zu Novatianern…101–103 Julius, Papst…82 Jüngstes Gericht…41, 48 Justinus Martyr…3141, 149, 166 Kappadokien…63, 84, 139, 141, 159 – christliche Inschriften…159–160 Karien…139, 154 – christliche Inschriften…159 Karthago – Korrespondenz mit römischer Gemeinde…3, 43–45, 76, 77–78; siehe auch → Cyprian – Märtyrer/Konfessoren…49, 50, 53, 752 Kataphryger → Montanisten
Katharoi/οἱ καθαροί – Bezeichnung für die Novatianer in den Konzilsakten von Nizäa…91(35) – Fremdbezeichnung für die Novatianer…111, 120 – Radikaler Flügel der Novatianer?… 143, 15591 – Selbstbezeichnung der Gefolgschaft Novatians…5, 6 – Selbstbezeichnung der novatianischen Kirche…66, 77, 91 (35), 111, 143, 155, 157, 161, 165–166, 168, 170, 171 Kilikien…84 Kirche (siehe auch → Einheit/Einigung, kirchliche) – Heiligkeit (Reinheit/Makellosigkeit) der ~…3, 41, 60–61, 72, 89, 96; siehe auch → Katharoi – ~ als corpus permixtum/ecclesia integra…2, 47, 61–62 – ~nbegriff…7, 15–16 Klaudiupolis…6, 55 – Inschriften…160 Kleinasien – Beichtinschriften…183 ff. – novatianische Gemeinden in ~…1, 4 ff., 10–12, 25, 27, 56, 85, 137, 138 ff. – novatianische Inschriften…8–9, 11, 23, 24, 25, 151 ff., 178 – orthodoxe Gemeinden in ~…84, 141, 14537, 154 – pagane Kulte…139, 159, 175 ff. – Verehrung des Erzengels Michael…159–161, 174, 179 »klinische« Taufe…310.11 – Konstantin d. Gr.…97 – Novatian…3, 15, 150 Klöster/Mönchtum – Novatianer…56, 85, 8823, 96–97, 130, 140, 143, 155–156(98), 173 Kommunion, heilige…18, 46, 47, 59, 65, 91, 114–116, 163 Konfessoren…52, 62; siehe auch → Märtyrer – karthagische ~…49, 50, 53 – römische ~…3, 4 (20), 43–44, 46, 50, 51, 53, 78–79, 149 Konstans, Kaiser…82 Konstantia…98
Sachverzeichnis Konstantin d. Gr., Kaiser…87 ff., 98 – Akesios-Episode…68–69, 88–91 – antidonatistisches Schreiben an die Synodalen von Arles…87–88, 93, 94 – antinovatianischer Brief…21, 92–93, 95–96 – Haltung gegenüber den Novatianern…21, 68–69, 84–85, 88–97 – Häretikererlasse von 326…21, 85–86, 94–95, 97 – klinische Taufe…97 – ~ und das Konzil von Nizäa…88–89 – Krankheit und Tod…97, 98 Konstantin VI., Kaiser…156 Konstantinopel – Novatianer und Orthodoxe…84 ff. – novatianische Kirchen…99, 106 – novatianischer Bischofssitz…1015, 139 Konstantinopel, Konzilien – 1. Konzil von 381…110(135) – 2. Konzil von 383…109, 111–113 – 3. Konzil…119 Konstantius II., Kaiser…5, 98–101, 102, 105, 106, 108, 110135, 111, 133262, 137, 141 Kotiaeum – Inschriften…14, 169, 170 – novatianischer Bischofssitz…1015, 139 – novatianisches Zentrum…170 Kulte, pagane…314, 37, 55, 75, 102, 10499, 135, 139, 144–145, 159, 175 ff., 183 ff. Kybele-Kult…14535, 184 Kyzikos…25 – Zerstörung der novatianischen Kirche…100 Lactantius, Lucius Caecilius Firmianus…752, 85, 9135, 14963 Laodikea Katakekaumene…160113, 162 – Inschriften…14, 25, 26, 14117, 151– 154, 156, 157, 162, 165, 166 – novatianisches Zentrum…11, 140, 152, 154, 157, 161, 163–164, 166 – Sakkophoroi…162–163 Laodikea am Lykos…257 – Konzil (363)…159 Laodikea (Syrien)…59
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lapsi…2–4, 8, 15, 22, 29, 43–45, 47–54, 57, 59, 65, 69, 76–79, 81, 8714, 91, 151 – unbarmherzige Haltung gegenüber den ~…2–3, 22, 47, 49–50, 65, 77, 8714, 150–151; siehe auch → Rigorismus – Wiederaufnahme der ~ nach Buße…2, 43–45, 47, 48, 53, 57, 59, 77, 82; siehe auch → Laxismus Laxismus…2, 16, 18–19, 49–50, 76, 79, 84, 150 Lektorenamt…166, 171 Leo I., Papst…127227 Leontinus, Bischof von Ankyra…6, 117, 14010 libellatici…3, 5, 46, 47 Licinius…87, 95, 98 Limnae (Bithynien)…55 Logos…20, 32, 3345, 35 Lucian, Bischof von Rom…84 Lucian, karthagischer Märtyrer…752 Lycaonien…6, 12, 55, 139, 160, 161, 174 Lydien…86, 15484, 175, 177, 183 – Inschriften…159, 177, 183 Lykien…1 2 Macedonianer…115, 134, 143(33), 144 Macedonius, Arianerbischof von Konstantinopel…5, 2718, 69, 98–100, 106, 141, 14333 Macedonius, Bischof von Rom…73 Mani…161 Manichäer…109130, 132, 161 Mantineion (Paphlagonien)…6, 25, 27(18), 55, 56, 100, 141 Marcellus, Bischof von Aquileia…73 Marcus, novatianischer Presbyter…153– 154, 157 Maria θεοτόκος…127–128(229) Markianos, Novatianerbischof von Konstantinopel (unter Valens)…71, 10394, 106, 108, 117–118, 129, 142– 143, 158 Markianos, Novatianerbischof von Konstantinopel (ab 438)…131–132, 189 Markianos, Novatianerbischof in Skythien…139 Markioniten…68, 92, 163123
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Sachverzeichnis
Märtyrer/Märtyrerverehrung, christliche 45, 50(116), 52, 54, 55, 59, 62, 66(177), 73, 162; siehe auch → Konfessoren – Alexander, Novatianer…99 – Autonomos…55 – Fabian…2, 3, 29 – Hippolyt…79 26, 80 – Martyriumsfreudigkeit der Montanisten…16 – Novatian?…5, 16–18, 66, 73–74, 14223, 187 Martyrologium Hieronymianum…18 Maximinus Thrax, Kaiser…79 Maximus, Neuplatoniker…10185, 103– 104, 149 Maximus, römischer Konfessor…7815 Melanippe, Asketin…156–157 Meletius von Antiochia…110135 Michael, Erzengel…159–162 – Verehrung…159, 160, 174, 179 Michael, heiliger…55 Mittlergestalten…39, 179, 181, 186; siehe auch → δαίµων, → Engel – Christus als Mittler zwischen Gott und Mensch…40, 182 Modalismus…16–17 Monarchianismus…16 Monophysiten…127, 128228 Monotheismus, paganer…176 Montanisten (Kataphryger)…11–14, 16, 20, 25–27, 3035, 57, 62, 68, 69, 92, 132, 139, 140, 144–147, 148, 150, 151, 152, 163, 164, 172, 185– 186 Montanus…14642 Mose…4699 Mysien…25, 138 – Inschriften…163, 183 Mysterien…3 14, 37 Naturen Christi – Engelsnatur…31, 37–38, 161, 174– 175, 179–181 – göttliche Natur…1982, 34, 36–40, 128(228), 179 – menschliche Natur…34, 36, 39, 40, 128(228), 179, 182195 – Synoden zu den ~…89, 127–128
Nektarios, Urbanus, Bischof von Konstantinopel…110, 111–114, 115, 116, 118, 121 Nestorianer…127 Nestorios, Bischof von Konstantinopel 86, 127–128, 132–136, 189 Neuplatonismus…33, 103 Nikephoros, Kaiser…15698 Nikephoros Kallistos Xanthopoulos…22104 Nikomedea (Bithynien)…25, 55, 85, 97, 107, 14963 – novatianischer Bischofssitz…1015, 139 Nizäa…140 – novatianische Inschrift…169 – novatianischer Bischofssitz…130, 133261, 139 Nizäa, Konzil (325) – Bemühung um Wiedereingliederung der Novatianer (can. 8)…26–27, 88, 91–92 – Beschluss zur Osterpraxis…10 – novatianische Delegation…6, 88, 96, 140–141, 156, 185209 – Verurteilung der Arianer…94 Nizäum – novatianisches Bekenntnis zur Homousios-Formel…41, 69, 96, 97, 111, 119, 132, 136, 160; siehe auch → Homousier – Theodosius I.: Glaubensedikt zur allgemeinen Übernahme des nizäischen Bekenntnisses…119176 Nordafrika…43, 78, 854, 87, 14963 – Novatianer in ~…1, 78 Novatian – Angelologie…30, 32, 37, 161, 174 ff. – Anthropologie…19, 20, 29–30, 32– 33, 40 – Asketentum…4, 147, 150–151 – Auferstehung Christi…19, 41, 179 – Auferstehung, leibliche…19, 31, 41 – Bildung/intellektuelles Milieu…1–2, 44, 60, 76–77, 149 – Bischofsweihe…4, 58, 73–74, 8234, 149 – Böse, Ursprung…34 – Briefe an phrygische Gemeinden… 85, 140, 147, 148, 151, 185
Sachverzeichnis – Briefwechsel mit Cyprian von Karthago…2–3, 8, 15, 22, 24, 28–29, 48 ff., 76, 82 – Bußrigorismus…5, 16, 17, 19, 21, 41, 47, 49, 124 – Christologie…16–17, 31, 34–42, 174–183; siehe auch → Engelschristologie, → Gottessohnschaft Christi – Ekklesiologie…3, 19, 41–42, 49–50, 61 – Erhebung zum Gegenbischof…81–82 – Erzdiakon…136 – Exkommunikation/Schisma…2, 15, 21, 47, 58, 59, 65, 80, 82–83 – Gotteslehre…29 ff., 41–42, 182–183 – Herkunft aus Phrygien…12, 14, 17, 63, 66178, 140, 147, 148–151, 175, 182 – Inkarnationslehre…1982, 39–41, 179 – Konfessor?…73–74 – Kosmologie…29–30, 31, 3871 – Lebensdaten/Grablege…5, 18 – Martyrium?…5, 17, 18, 66(179), 73, 14223 – Namensform…2 7, 57147 – ~ und Cornelius von Rom…2–5, 18, 22, 43 ff., 57–58, 65, 73–74, 76–79, 81–82, 91, 148–149 – ~ und Montanisten…151 – ~ und Tertullian…149 – Pneumatologie…35, 40–42 – Priesterweihe…3, 76 (10) – Rigorismus…2, 5, 21–22, 41, 49–50, 65, 124 – Schöpfungslehre…29–34, 182 – Schriftauslegung…30(35), 34, 36–37, 77, 120184, 179182, 180 – Soteriologie…19, 36, 38, 39 – Stoizismus…16, 20, 21, 22, 2823, 31– 33, 39, 46, 104, 182 – Sündenfallgeschichte…30 (35) – Sündenverständnis…19, 30, 36, 41, 50 – Taufe (klinische)…3, 15, 149, 150 – Tod Christi…39, 40 – Trinität…35 – Verhalten während der Decischen Verfolgung…4, 16, 58(149), 77, 150, 169 – Werke…24, 28–29
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Novatianer (siehe auch → Homousier, → Sabbatianisches Schisma, → Taufe, → Wiederverheiratung) – Askese…25, 27, 71–72, 104, 139, 163, 164, 168, 170, 173; siehe auch → Klöster – Bischofsamt…27, 172 – Bistümer…139 – Bußrigorismus…61, 89, 100, 139, 183 ff. – Christologie…112, 159, 174, 183; siehe auch → Engelschristologie – Funktionäre…27, 57, 63, 68, 92, 171–173 – Grabsteine/Inschriften → Grabsteine, → Inschriften – »Kirchenkrieg« unter Konstantius II.…5, 2718, 98–99, 108, 141 – Kirchenvermögen…83, 9456, 95, 102, 108, 113, 14010, 158 – Mission und Ausbreitung…6, 16, 25, 56, 57, 85, 140, 150 – ~ und Arianer…5, 2718, 63, 69–70, 96, 99–101, 108, 109129, 111, 112, 141 – ~ und Konzil von Nizäa/Nizäum → Homousier, → Nizäa, Konzil von, → Nizäum – ~ und Montanisten…11–14, 16, 20, 25, 3035, 144, 145–147, 149–150 – ~ als Schismatiker…95, 145–146 – orthodox-novatianische Annäherungen im Osten…10, 70, 97, 99–101, 106, 108, 112–114, 116, 131–132, 137 – orthodox-novatianische Auseinandersetzungen im Osten…110–111, 117, 118–126, 134–136, 137, 141–142 – Ostertermin → Ostertermin, → Sabbatianisches Schisma – Rigorismus…1, 14, 16, 20, 56, 61, 89, 100, 116, 124–125, 139; siehe auch → Kirche: Heiligkeit, → Reinheitsanspruch – Schisma von 251…2, 15, 21, 58, 78, 80, 82, 83 – Schisma, innernovatianisches → Sabbatianisches Schisma – Selbstbezeichnung als καθαροί → Katharoi
226
Sachverzeichnis
– Selbstbezeichnung als Ναυατιανοί… 142, 170 – soziales/geistiges Milieu…10, 63, 72, 95, 103, 107, 110, 117, 119, 121–126, 136, 137, 171, 173, 174 – Tauflehre…10, 17 – Tolerierung/rechtliche Sonderstellung…10, 21, 68–69, 85–86, 94– 97, 100, 109, 113, 119, 137 – Untergang/Aufgehen in orthodoxer Kirche…11, 13, 131–132 – Verbreitung…1, 10, 2719, 60–61, 84– 85, 139–142, 167 – Verfolgung/Repressalien…5–6, 2718, 69–70, 83, 99, 106, 102–103, 105– 106, 107–108, 132, 134–135, 141 – Wiederaufnahme novatianischer Christen in die orthodoxe Kirche…26, 58, 84, 91 – Wiederaufnahme novatianischer Kleriker in die orthodoxe Kirche…92, 14118 – Zentren…11, 85, 116167, 152, 163 – Zwangsbekehrungsversuch…5–6, 27(18), 99, 100, 141, 188 Novatianus (Martyrologium Hieronymianum)…18 Novatianus Martyr…5, 16, 18 Oinoanda, Orakel von…176, 182 Olymp, bithynischer…85, 8823, 96, 140, 155, 173 Opfer, pagane…2–3, 5, 43, 49, 50, 65, 73, 102; siehe auch → sacrificati, → turificati Opferbescheinigungen…3, 4, 5, 47, 49, 50, 78; siehe auch → libellatici Ordination…2616, 27, 120, 172 Origenes…3 14, 37 (66), 38 Ostertermin – Konzilsbeschlüsse zum ~…10, 69, 89, 96 – innernovatianischer Osterfeststreit…9, 10 (14), 14(45), 65, 66, 67, 70, 115, 117, 128, 132(260), 142–143, 15591, 171; siehe auch → Sabbatianisches Schisma Pacian, Bischof von Barcelona…523, 16, 60–62, 7818, 10567, 185
Pamphylien…139 Paphlagonien – Novatianer…5, 25, 56, 66, 85, 99, 100, 145, 138, 139, 140, 141, 145 – sittenstrenger Volkscharakter…14, 27, 65–66 – Zurückschlagung kaiserlicher Truppen…5–6, 2718, 100, 141, 188 Paraklet, johanneischer…146(42) Parmenides von Elea…32, 3451.52 Patriarchensteuer…127224 Patripassianer…39 Paulianer…68, 92 Paulos, Novatianerbischof von Konstantinopel (419–438)…128, 130–132, 134, 135, 189 Paulus (Apostel)…34, 50, 62158, 152, 159, 178–179(182), 184 Pazon/Pazoukome – Lage…12, 14226 – Namensform…70, 142(25) – Novatianersynode…1015, 12–13, 66, 70, 142–143, 188 Pepouza…12, 145(38), 152 Pepuzianer → Montanisten Perser…10397, 104, 133(264), 178 – Religion…144, 177, 179 Philippi…152 Philosophie als Metapher für Asketentum…4, 58149, 71, 140, 150–151, 169 Philostorgius…12, 14, 17, 63, 66178, 147, 148, 182 Photianer…109130 Photius von Konstantinopel…136 Phrygien…12, 122197, 14014, 143–147, 157, 158107, 160, 177, 184, 185 – Briefe Novatians an phrygische Gemeinden…85, 140, 147, 148, 151, 185 – Enkratiten in ~…157100 – »hotbed of heresies«…143, 145, 147, 148, 171 – Inschriften…9, 12, 14, 24, 66, 81, 86, 138, 139, 142–144, 151, 166, 167, 171, 183 ff. – Montanisten in ~…12–13, 25, 144, 145–146, 15067, 152, 163, 185… – Novatianer in ~…10–11, 13, 16, 24, 25, 66, 81, 85, 86, 104100, 138, 139, 140, 142–148, 150, 151, 166, 167, 173, 183, 185, 187
Sachverzeichnis – sittenstrenger Volkscharakter…12, 14, 23, 27, 2825, 65–66, 70, 147(51), 183, 185, 186 Pisidien…25 – christliche Inschriften…159 Plato, heiliger…156 Plotin…33, 3875 Pontus…139 Praenetus (bithynisches Bistum)…56 Proclus von Konstantinopel…136 Prophetie…13, 58, 146, 164, 169, 177 Propontis…2719 Protopaschiten…132 πρῶτος ἄγγελος…159–162, 174, 175, 179, 181, 183 Prusa…25 Pulcheria, Aelia (Schwester des Theodosius II.)…126–128, 130243, 136 Pythagoreer…32, 3553, 14535 Quartodezimaner…10 Quintus, Phryger…66177 »Räubersynode« (Ephesus 449)…127(227) regula veritatis…29, 35 Reichtumskritik…121–122(188), 125 Reinheitsanspruch, novatianischer…71, 91, 96, 110, 116, 120, 125, 137, 162, 168, 172; siehe auch → Katharoi, → Kirche: Heiligkeit, → Rigorismus Religionsfreiheit…109 Religionspolitik, kaiserliche – Arcadius…117 – Decius…43, 75 – Gratian…109, 112 – Jovian…105 – Julian Apostata…102–103, 106 – Konstantin d. Gr.…85–86, 87–97 – Konstantius II.…98 – Theodosius I.…113, 114–115, 119, 127 – Theodosius II.…127 (224), 132–133, 134–135 – Valens…105–109 Reliquienverehrung…73 – Kritik der Novatianer an der ~…25, 73 Rigorismus…1, 2, 5, 14, 16, 17, 19–22, 41, 47, 49–50, 56, 61, 65, 79, 89, 100, 116, 124–125, 139, 183 ff.
227
Rom – Bevölkerungsgruppen…81 – Einwohnerzahl…75 7 römische Gemeinde…2–5, 43 ff., 75–83 – bischöfliche Sedisvakanz (250/251)…2, 3, 15, 77, 82, 187 – Frühjahrssynode 251…82 – Inschrift in Katakombe an der Via Tiburtina…5, 16, 18 – Korrespondenz mit Karthago…3, 43– 45, 76, 77–78 – Novatianer in Rom…75–83 – novatianische Gesandtschaften nach Nordafrika…78 (16) – novatianisches Schisma von 251…18, 81–82 Rufinius, Prätorianerpräfekt…10394 Rufinus von Aquileia…68188 Sabbatianer…128, 132, 134 Sabbatianisches Schisma…67, 70, 117, 128, 142, 188 Sabbatius, Novatianer…66–67, 117, 128–129, 142–143 sacrificati…3, 5, 46 Sakkophoren…145, 162–163, 164 Sakkudion-Kloster…156 Sedisvakanz, römische (250/251)…2, 3, 15, 77, 82, 187 Selbstgeißelungen…162 Servian von Gabala…125209 Severianer…163123 Severus, Oberbischof und Sakkophore…162–164 Severus Alexander, Kaiser…10499 Sidonius, römischer Konfessor…7815 Sisinnius, Novatianerbischof von Konstantinopel…6, 63, 72, 103–104, 107, 112–114, 116–118, 120, 124– 126, 128–130, 138, 14010, 142, 143, 149, 158105, 164, 172, 188, 189 Skythien…139 Sokrates Scholasticus…63–68 – Bildung und soziales Milieu…64 – novatianisches Christentum…14, 22– 23(104), 24, 64–68, 9662, 112145 – Verarbeitung oraler Traditionen…88 (21), 124207 Soreoi (Bithynien)…6, 55–57
228
Sachverzeichnis
Sozomenos…68–72 – Bildung und soziales Milieu…71 – monastische Philosophie…71–72 Stephanus von Rom…59, 84 Stoa…32–33, 3450, 3554 Stratonikea (Karien), Inschrift…154 Subordinatianismus…16, 39, 40–42, 181 Suizid…168 Sünden, postbaptismale…90, 116, 185 – Forderung nach sündenfreiem Leben nach der Taufe…61, 96, 116; siehe auch → Katharoi, → Kirche: Heiligkeit – Hoffnung auf göttliche Vergebung bei schweren ~…51(118), 65, 90(29), 116, 185 – kirchliche Unvergebbarkeit bei schweren ~…21, 51(118), 61, 65, 89, 116, 150, 185 – priesterliche Vergebung nach Reue… 53, 82, 90 Sündenbekenntnis, öffentliches → Beichte Sündenvergebung…53, 59, 61, 62, 116; siehe auch → Bußpriesteramt Sykai…99(76), 102, 188 Sympronianus, Novatianer…60–62, 185212 Synnada (Phrygien)…143–144 Syrien – Novatianer in ~…1, 10
Theodoret von Kyros…7924, 86, 98(67), 101, 10289, 105, 126–127, 159, 160113, 179 Theodorus, Kleriker (Auftraggeber des Sokrates)…23, 64(162), 93 Theodosius I., Kaiser…868, 106, 109, 111, 114–117, 119, 137, 141, 143, 188 – Novatianerfreundlichkeit…868, 112– 113, 115, 137 Theodosius II., Kaiser…23107, 64, 68186, 86, 126–136, 137, 189 Theodosius, Bischof von Synnada (Phrygia Pacatania)…143–144 Theodotus von Ankyra…14644 Theoktist von Palästina…59155 Theoktista, Schwester des heiligen Plato…156 Tiberiopolis…139 Tieos, novatianischer Diakon…153 Timotheus, Presbyter von Konstantinopel…163(123) Todsünden…89–91, 150, 185 Troas…139 – Inschriften…163 turificati…5
Tatian…149 Taufe…310.14, 10, 43, 48, 61, 62, 84, 105, 116, 131 – Kliniker~…3 (10.11), 15, 97, 150 – Novatian über die ~…17, 41 – Novatianer und ~…10, 17, 120, 131, 168, 170 – ~ Konstantins d. Gr.…97 – ~ Novatians…3, 15, 149, 150 – Wieder~ für reuige Schismatiker…84 Tembris-Tal…167 – Inschriften…11, 14, 26, 167 Temenothyrai (Phrygien)…13, 25, 152 Tempel, pagane…55, 103, 176 Temrek (Lydien)…177 Tertullian…1658, 20, 28, 3450, 3660, 4082, 50113, 60, 62, 149, 15068, 180, 185 Themistius, Philosoph…108125 Theodor Studites…15591, 156
Valens, Kaiser…105–109, 110, 114, 117, 129, 133262, 14014, 142, 158, 188 Valentinianer…62, 68, 92 Valerian, Kaiser…17–18, 66 – Christenverfolgung…5, 17, 66, 80, 14223, 187 Vergil…3554, 60 Victor I., Bischof von Rom…79 virtus…30(37), 33 45, 107 Vita St. Autonomi → Autonomos Vorleser → Lektor
Unbeweglichkeit Gottes…182 Unsichtbarkeit Gottes…32, 37, 183(196) Unzucht…67183, 115 (164), 185 Urbanus, römischer Konfessor…7815
Wiedertaufe → Taufe Wiederverheiratung – Ablehnung durch Kaiser Julian… 104(99) – Ablehnung durch Montanisten…145 – Ablehnung durch Novatianer…10, 104(100), 145, 156
Sachverzeichnis Willensfreiheit, menschliche…34 50 Wundertätigkeit…55, 56, 96, 131, 135 Xystus, Bischof von Rom…84 Zenon, Stoiker…33 (44) Zephyrinus, Bischof von Rom…79(22) Zeus/Theos Hypsistos…175–177, 181, 182
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– Zeus Didymeites…185207 – Zeus Sabazios…184 Zorn Gottes…34–35 Zoroastrismus…178 Zosimos, novatianischer Abt…155, 173 Zosimus, Papst…83 Zweinaturenlehre → Naturen Christi