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German Pages 445 [446] Year 2019
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 307
Die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit konzerninterner Darlehen und ihre Auswirkung auf die Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen Die Auswirkungen des MoMiG auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken des Geschäftsführers beim Einzeldarlehen und beim Cash Pooling
Von
Sebastian Klein
Duncker & Humblot · Berlin
SEBASTIAN KLEIN
Die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit konzerninterner Darlehen und ihre Auswirkung auf die Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 307
Die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit konzerninterner Darlehen und ihre Auswirkung auf die Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen Die Auswirkungen des MoMiG auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken des Geschäftsführers beim Einzeldarlehen und beim Cash Pooling
Von
Sebastian Klein
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Jahre 2018 als Dissertation angenommen.
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2018/19 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universita¨ t Hamburg als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Klaus Bartels. Er hat die Fortschritte dieser Arbeit stets mit Interesse verfolgt und durch seine wertvollen Anregungen wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Bedanken mo¨ chte ich mich darüber hinaus auch bei Herrn Prof. Dr. Peter Mankowski fu¨ r die zu¨ gige Erstellung des Zweitgutachtens. Für seine wertvollen Ratschläge gebührt Dr. Christoph Poertzgen mein herzlicher Dank. Felix Scherger und Julius Tustanowski möchte ich dafür danken, dass sie mir in unseren zahlreichen Diskussionen viele wertvolle Anregungen und Denkanstöße gegeben haben. Meiner Schwester Susanne möchte ich herzlich dafür danken, dass sie die Strapazen des Korrekturlesens auf sich genommen hat. Joana Nunnenkamp hat mich während der Bearbeitung meiner Dissertation zu jeder Zeit unermüdlich und liebevoll unterstützt. Für ihre stets motivierenden Ermunterungen gebührt ihr mein besonderer Dank. Zuletzt möchte ich meiner Schwester Stefanie und insbesondere meinen Eltern Inge und Thomas für die fortwährende Unterstützung während meines Studiums und der Anfertigung dieser Arbeit herzlich danken. Frankfurt am Main, im Dezember 2018
Sebastian Klein
Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Gang der Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Erster Teil Grundlagen
40
§ 2 Die GmbH im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I. Die GmbH als abhängige Konzerngesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Der Konzernkonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 III. Konzernrecht als Schutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 § 3 Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Rechtsstellung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Konflikt zwischen Gesellschafts- und Konzerninteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 III. Geschäftsführung im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 IV. Geschäftsführung im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 V. Spannungsfeld bei Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 VI. Comfort Letter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 § 4 Konzerninterne Darlehen als Teil der Konzerninnenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . 110 I. Grundlagen des konzerninternen Darlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. Konzerninterne Darlehen als Finanzierungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Zweiter Teil GmbH als Darlehensgeberin
122
§ 5 Kapitalerhaltungsrechtliche Relevanz der Darlehensvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Besonderheit des Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Streit über Anwendung des Auszahlungsverbots auf Darlehensgewährung . . . . 123 § 6 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen im faktischen Konzern . . . . . . . . . . 123 II. Kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . 131
8
Inhaltsübersicht
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 I. Gesetzliche Verankerung der bilanziellen Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . 146 II. MPS-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 III. Voraussetzungen der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. (und dem MPS-Urteil) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 IV. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wegen Darlehensgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 § 8 Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH . 309 I. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 II. Die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Vollwertigkeitsprüfung nach dem MoMiG gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 III. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 IV. Die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an das Konzernprivileg nach dem MoMiG gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 V. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Rahmen des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 VI. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers . . . . . 321 VII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Dritter Teil GmbH als Darlehensnehmerin
329
§ 9 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 I. Eigenkapitalersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 II. Haftungsrisiko des Geschäftsführers wegen Darlehensrückgewähr . . . . . . . . . . 344 § 10 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 I. Insolvenzrechtliche Neugestaltung und Abschaffung des Kapitalersatzrechts . . 357 II. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wegen Darlehensrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 § 11 Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensnehmenden GmbH 363 I. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 II. Rechtslage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 III. Haftungsrisiken des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 IV. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wegen Darlehensrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370
Inhaltsübersicht
9
Exkurs Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
371
§ 12 Grundlagen des Cash Poolings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 I. Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 II. Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 III. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 § 13 GmbH als Darlehensgeberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 I. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 II. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 § 14 GmbH als Darlehensnehmerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 I. Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts umfasst auch Cash Pool . . . . . . . . . . 396 II. Keine Haftung für Darlehensrückzahlungen nach Kapitalerhaltungsrecht . . . . . 397 § 15 Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung im Cash Pool System . . . . . . . . . . . 398 I. GmbH als Darlehensgeberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 II. GmbH als Darlehensnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 § 16 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 I. Ökonomische und rechtliche Grundlagen der Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen im Rahmen konzerninterner Darlehen . . . . . . . . . 406 II. Kapitalerhaltungsrechtliche Auswirkungen des MoMiG auf die Vergabe aufsteigender konzerninterner Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 III. Kapitalerhaltungsrechtliche Auswirkungen des MoMiG auf die Rückgewähr absteigender konzerninterner Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 IV. Kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen des MoMiG an auf- und absteigende Darlehen im Rahmen des Cash Poolings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Gang der Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Erster Teil Grundlagen
40
§ 2 Die GmbH im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I. Die GmbH als abhängige Konzerngesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Rechtstatsächliche Einbindung der GmbH in Konzernstrukturen . . . . . . . . . 40 2. Besondere Eignung der GmbH zur Konzernintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Flexible Organisationsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Hierarchisches Kompetenzgefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Rechtliche Grundlagen des GmbH-Konzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Begrifflichkeit des GmbH-Konzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Konzerneigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 aa) Unternehmensbegriff des § 15 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 (1) Rechtliche Selbstständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 (2) Zweckbestimmte Auslegung des Unternehmensbegriffs . . . . . . . 43 (3) Herrschendes Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (4) Abhängiges Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 bb) Mehrheitsbeteiligung nach § 16 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 (1) Anteils- und Stimmenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 (2) Rechtsformspezifische Besonderheiten der GmbH . . . . . . . . . . . . 47 cc) Abhängigkeitsbegriff des § 17 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 (1) Beherrschende Einflussmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 (2) Gesellschaftsrechtlich vermittelte Einflussmöglichkeit . . . . . . . . 49 (3) Rechtsformspezifische Besonderheiten der GmbH . . . . . . . . . . . . 50 (4) Widerlegbare Abhängigkeitsvermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 dd) Konzernbegriff des § 18 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (1) Einheitliche Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (2) Enger und weiter Konzernbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
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Inhaltsverzeichnis c) Erscheinungsformen unternehmerischer Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . 52 aa) Unterscheidung nach Konzerngattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (1) Unterordnungskonzern nach § 18 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . 53 (2) Gleichordnungskonzern nach § 18 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . 53 bb) Unterscheidung nach Konzernierungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (1) Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (2) Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (3) Qualifiziert faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 II. Der Konzernkonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1. Die unabhängige GmbH als gesetzliches Leitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2. Gefahren des Unternehmensverbunds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Gefahren für die Minderheitsgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 b) Gefahren für die Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 III. Konzernrecht als Schutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Differenzierung nach Konzernierungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 a) Unterscheidung zwischen Vertragskonzern und faktischem Konzern . . . . 62 b) Vom Konzernierungsgrad unabhängige Einzelregelungen . . . . . . . . . . . . 63 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Schutz der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 b) Schutz der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Unterscheidung zwischen Mehrpersonen- und Ein-Mann-GmbH . . . . . . . 66 b) Mehrpersonen-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 aa) Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 bb) Benachteiligungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 cc) Nachteiligkeit der Einflussnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 dd) Dispositionsfähigkeit der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 c) Ein-Mann-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4. Konzernrecht im weiteren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
§ 3 Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Rechtsstellung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Geschäftsführer als Organ der Anstellungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Sorgfaltspflicht nach § 43 Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Verschuldensmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 b) Pflichtenquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 aa) Legalitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (1) Gesetzliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (2) Ausnahmen von der gesetzlichen Pflichtenbindung . . . . . . . . . . . 76 (a) Unklare oder umstrittene Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
Inhaltsverzeichnis (b) Vertrauen auf fachkundigen Rat von unabhängigem Dritten
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(c) „Nützliche“ Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (3) Organisationsrechtliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 bb) Überwachungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (1) Horizontale Überwachungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (2) Vertikale Überwachungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 cc) Compliance-Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 dd) Business Judgement Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (1) Unternehmerische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (2) Handeln zum Wohle der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (3) Angemessene Informationsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (4) Guter Glaube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (5) Rechtsfolge der Privilegierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 c) Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3. Haftung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 aa) Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 bb) Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 aa) Kapitalerhaltungsrechtswidrige Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 bb) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 cc) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 dd) Keine Disponibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 ee) Haftung trotz Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 II. Konflikt zwischen Gesellschafts- und Konzerninteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 III. Geschäftsführung im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Weisungsrecht der Konzernmutter und Folgepflicht des Geschäftsführers
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a) Unmittelbarkeit der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Möglichkeit nachteiliger Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 c) Weisung im Konzerninteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Sorgfaltsmaßstab des Geschäftsführers im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . 90 a) Sorgfaltsmaßstab bei nachteiligen Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 aa) Modifizierung des Pflichtenmaßstabs von § 43 Abs. 1 GmbHG . . . . 91 bb) Überlagerung des § 43 Abs. 1 GmbHG durch analog § 310 AktG . . 91 cc) Wirksamkeit der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (1) Beherrschungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (2) Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (3) Gesetzliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (4) Konzerninteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (a) Weisung im Interesse außenstehender Dritter . . . . . . . . . . . . . 94
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Inhaltsverzeichnis (b) Verhältnismäßigkeit der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (aa) Nicht erforderliche Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (bb) Existenzgefährdende Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (c) Offensichtlichkeit der Zweckentfremdung der Weisung . . . . . 97 (aa) Beschränkung des Verweigerungsrechts auf offensichtliche Zweckentfremdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (bb) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Sorgfaltsmaßstab außerhalb nachteiliger Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 c) Haftung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Haftung bei nachteiliger Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 bb) Haftung außerhalb nachteiliger Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 IV. Geschäftsführung im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Verpflichtung auf das Interesse der Anstellungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . 101 a) Rentabilitätsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Berücksichtigung anderer Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Kollision mit dem Konzerninteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Weisungsmöglichkeit der Konzernmutter durch Mehrheit in Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Nur mittelbare Weisungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Möglichkeit nachteiliger Einflussnahme der Konzernmutter . . . . . . . . . . 105 4. Sorgfaltsmaßstab des Geschäftsführers im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . 105 a) Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Treuepflicht des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (1) GmbH mit Minderheitsgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (2) Ein-Mann-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 bb) Legalitätspflicht des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (1) Gesetzliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (2) Organisationsrechtliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 5. Haftung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 V. Spannungsfeld bei Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 VI. Comfort Letter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
§ 4 Konzerninterne Darlehen als Teil der Konzerninnenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . 110 I. Grundlagen des konzerninternen Darlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Gläubigerposition des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 c) Steuervorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Gelddarlehen und Sachdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
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b) Kein Formerfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 c) Rahmenvereinbarung und Einzeldarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 d) Rechtliche Risiken konzerninterner Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 II. Konzerninterne Darlehen als Finanzierungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Steigende Bedeutung des Cash Managements in der Konzernpraxis . . . . . . 115 2. Unternehmensfinanzierung und Konzernfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Unternehmensfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 bb) Arten der Unternehmensfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (1) Innen- und Außenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (2) Eigen-, Fremd- und Hybridfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (a) Eigenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (b) Fremdfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (c) Hybridfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Konzernfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Konzernexterne (konzernunabhängige) Finanzierung . . . . . . . . . . . . . 118 bb) Konzerninterne Finanzierung (Konzerninnenfinanzierung) . . . . . . . . 118 (1) Keine Differenzierung zwischen konzerninterner Innen- und Außenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (2) Konzerninterne Eigen- und Fremdfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . 119 (3) Bedeutung des konzerninternen Darlehens für die Konzerninnenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 c) Dezentrale und zentrale Konzernfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Zweiter Teil GmbH als Darlehensgeberin
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§ 5 Kapitalerhaltungsrechtliche Relevanz der Darlehensvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Besonderheit des Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Streit über Anwendung des Auszahlungsverbots auf Darlehensgewährung . . . 123 § 6 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen im faktischen Konzern . . . . . . . . . 123 1. Bilanzielle Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Unzulässigkeit bei hinausgeschobener Rückzahlungspflicht . . . . . . . . . . . . . 125 3. November-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 a) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 b) Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Keine Haftung nach § 43a GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
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Inhaltsverzeichnis bb) Kreditgewährung auch bei Vollwertigkeit verbotener Auszahlung . . 127 (1) Nicht nur bilanzielle Rechnungsziffer, sondern zu erhaltende Haftungsmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (2) Verschlechterung der Vermögenslage der Gesellschaft und der Befriedigungsmöglichkeit ihrer Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (3) Verhinderung der Umbuchung kapitalerhaltungswidriger Zahlungen in Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4. Haftungsrisiko des Geschäftsführers wegen Darlehensgewähr . . . . . . . . . . . 128 a) Darlehen an Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Unterbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 c) Unabhängig von Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . 130 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 II. Kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . 131 1. Kapitalerhaltungsrecht im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) Fortgeltung der §§ 30 ff. GmbHG im GmbH-Vertragskonzern . . . . . . . . . 132 b) Suspendierung der Kapitalbindung im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) Gründung eines Vertragskonzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (1) Unbedingte Suspendierung der Kapitalbindung . . . . . . . . . . . . . . 136 (2) Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs als Grenze der Suspendierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (3) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (a) Umstrittene Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (b) Vor- und Nachteile des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (c) Vor- und Nachteile des fehlenden Vollwertigkeitserfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (d) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer 140 cc) Sonderfall: Verlustausgleich wird als Darlehen an Mutter zurückgewährt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 2. Haftungsrisiko des Geschäftsführers wegen Darlehensgewähr . . . . . . . . . . . 143 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 I. Gesetzliche Verankerung der bilanziellen Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . 146 II. MPS-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Spezialität des § 311 AktG gegenüber § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Nachteiligkeit als Folge der Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
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c) Nachteiligkeit erfordert konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 aa) Ungesicherte Darlehensgewähr nicht per se nachteiliges Rechtsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 bb) Keine Gefährdung bei vollwertigem Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 cc) Zeitpunkt vor Abschluss des Darlehensvertrags maßgeblich für Vollwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 dd) Laufende Kontrollpflicht hinsichtlich der Vollwertigkeit . . . . . . . . . . 150 ee) Keine über Vollwertigkeitserfordernis hinausgehenden Erfordernisse 150 3. Auswirkungen auf den GmbH-Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Irrelevanz der Ausführungen zu § 311 AktG für GmbH-Konzernrecht . . 151 b) Übertragbarkeit der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen . . . . . . 151 aa) Vergleichbarkeit der neuen gesetzlichen Vorschriften § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. und § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Umfassende Aufgabe der November-Rechtsprechung für Altfälle . . 153 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 III. Voraussetzungen der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. (und dem MPS-Urteil) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Das Deckungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 aa) Nichtanwendbarkeit des Deckungsgebots auf Darlehenszinsen . . . . . 157 bb) Anwendbarkeit des Deckungsgebots auf Darlehenszinsen . . . . . . . . . 158 (1) Einschränkung der Nichtanwendbarkeit durch bilanzielle Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (2) Umfängliche Anwendbarkeit der bilanziellen Betrachtungsweise 158 (3) Eingeschränkte Anwendbarkeit der bilanziellen Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (4) Angemessenheit als ausschließliches Deckungskriterium . . . . . . 159 (5) Maßgeblichkeit des Drittvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 dd) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (1) Umstrittene Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (2) Vor- und Nachteile bei Erforderlichkeit des Deckungsgebots . . . 164 (3) Vor- und Nachteile bei Verzicht auf das Deckungsgebot . . . . . . . 165 (4) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (5) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer . . . . . 167 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
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Inhaltsverzeichnis b) Die Vollwertigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 aa) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (a) Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen . . . 172 (b) Abschreibung nach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. . . . . . . . . . . . 172 (c) Abschreibung nach § 253 Abs. 4 HGB a.F. . . . . . . . . . . . . . . . 174 (d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (e) Beurteilungsmaßstab aufgrund Prognoseelements . . . . . . . . . 175 (f) Abschreibung nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. . . . . . . . . . . . 176 (g) Abschreibung nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB n.F. . . . . . . . . . . . 182 (h) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (i) Vernünftige kaufmännische Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (3) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 bb) Prüfungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (a) Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (b) Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (a) Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (b) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (c) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (d) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (e) Langfristige Leistungsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 (f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (3) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (a) Maßgeblichkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung . . . . 204 (b) Vor- und Nachteile bei Maßgeblichkeit des Verpflichtungsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (c) Vor- und Nachteile bei Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (d) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer 208 (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 cc) Erforderlicher Umfang der Vollwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (a) Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Inhaltsverzeichnis
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(b) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (c) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (d) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (e) Differenzierung zwischen Vorliegen und Entstehung einer Unterbilanz nicht zielführend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 (3) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (a) Umstrittene Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (b) Vor- und Nachteile des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ . . . . . . . 220 (c) Vor- und Nachteile bei Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (d) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer 222 (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 dd) Prinzip des Drittvergleichs bei Vollwertigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . 225 (1) Reichweite des Drittvergleichs nach MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . 225 (a) Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (b) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (c) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (d) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 (e) Drittvergleich im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung aufgrund des Deckungsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 (f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (2) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (a) Umstrittene Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (b) Vor- und Nachteile beim Erfordernis des Drittvergleichs . . . . 237 (c) Vor- und Nachteile bei Nichtberücksichtigung des Drittvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (d) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer 241 (3) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 ee) Anforderungen nach der bilanziellen Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . 242 (1) Verzinsungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (a) Verzinsung ist keine zwingende Voraussetzung für Vollwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (b) Keine Verzinsungspflicht aufgrund bilanzieller Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
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Inhaltsverzeichnis (d) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 (aa) Umstrittene Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 (bb) Vor- und Nachteile der Handlungsalternativen . . . . . . . . . 247 (cc) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 (dd) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (e) Verhältnis von Drittvergleich, Vollwertigkeit und Deckungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 (f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (2) Besicherungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 (a) Besicherung ist keine zwingende Voraussetzung für Vollwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 (b) Keine Pflicht, fehlende Besicherung durch höhere Verzinsung „auszugleichen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 (c) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 (aa) Umstrittene Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 (bb) Vor- und Nachteile der Handlungsalternativen . . . . . . . . . 254 (cc) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 (dd) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 (d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 (3) Darlehensvergabe bei Unterbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (a) Voraussichtliche Solvenz des Schuldners allein maßgebliches Kriterium für Realisierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (b) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 ff) Wertverlust nach Vollzug des Erfüllungsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . 257 (1) Keine Auswirkungen auf Zulässigkeit der Darlehensvalutierung 257 (a) Keine ex tunc Verbotswidrigkeit einer ursprünglich zulässigen Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 (b) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (2) Zeitlich nachgelagerte Handlungen stellen weitere Auszahlung dar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (a) Stehenlassen des Darlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 (b) Auswirkungen auf den Pflichtenkreis und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 (c) Verlängerung des Darlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
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(d) Auswirkungen auf den Pflichtenkreis und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (3) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 c) Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zur kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 aa) Das Deckungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 bb) Die Vollwertigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 a) Voraussetzungen des Konzernprivilegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Gründung eines Vertragskonzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 bb) Leistungen bei Bestehen eines Unternehmensvertrags . . . . . . . . . . . . 270 cc) Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs . . . . . 271 (1) Keine Relevanz des MPS-Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 (2) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 (a) Das Verhältnis von § 31 Abs. 1 GmbHG zu § 302 AktG (analog) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 (b) Verhältnis von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 (c) Auswirkungen auf das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 (4) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (a) Umstrittene Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (b) Vor- und Nachteile des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 (c) Vor- und Nachteile des fehlenden Vollwertigkeitserfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 (d) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 (e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer
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(5) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 b) Sonderfall: Verlustausgleich wird als Darlehen an Mutter zurückgewährt 285 aa) Kein generelles Verbot der darlehensweisen Rückgewähr . . . . . . . . . 285 bb) Differenzierung nach Charakter der Darlehensvergabe . . . . . . . . . . . 288 cc) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 (1) Umstrittene Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 (2) Vor- und Nachteile des absoluten Rückgewährverbots . . . . . . . . . 290 (3) Vor- und Nachteile eines relativen Rückgewährverbots . . . . . . . . 291 (4) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 (5) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer . . . . . 292
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Inhaltsverzeichnis dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 c) Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zum Konzernprivileg
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aa) Wirksamer Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 bb) Kein Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs 295 cc) Differenzierung nach Charakter der Darlehensvergabe bei Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs . . . . . . . . . . 296 IV. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wegen Darlehensgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 a) Verschärfung der Haftungsrisiken gegenüber der Rechtslage nach dem November-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 b) Vergleich der Haftungsrisiken nach MoMiG mit der Rechtslage vor dem November-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 a) Auswirkungen im Anwendungsbereich des November-Urteils . . . . . . . . . 303 b) Verringerung der Haftungsrisiken außerhalb des Anwendungsbereichs des November-Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 c) Haftungsverschärfung für Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 § 8 Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH 309 I. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 1. Rechtslage im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 2. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . 310 3. Rechtslage im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 4. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . 311 II. Die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Vollwertigkeitsprüfung nach dem MoMiG gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 1. Das Deckungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 2. Die Vollwertigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 III. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 IV. Die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an das Konzernprivileg nach dem MoMiG gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 1. Die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . 318 2. Voraussetzungen des Sonderfalls der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 V. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Rahmen des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 1. Haftungsrisiken beim Grundfall des Konzernprivilegs . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 2. Haftungsrisiken bei darlehensweiser Rückgewähr des Verlustausgleichs . . . 321
Inhaltsverzeichnis
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VI. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers . . . . 321 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 VII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
Dritter Teil GmbH als Darlehensnehmerin
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§ 9 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 I. Eigenkapitalersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 1. Potentielle Gläubigerbenachteiligung durch Gesellschafterdarlehen . . . . . . . 330 2. Rechtsprechung des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 3. Rechtsprechungsregeln des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 a) Anwendung auf Sanierungskredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 b) Anwendung bei unmöglichem Krediterwerb zu marktüblichen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 c) Dreiecksfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 d) Anwendung bei stehen gelassenem Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 e) Kreditunwürdigkeit als maßgeblicher Zeitpunkt der Umqualifizierung 336 f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 4. Novellenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 a) Forderungsnachrang nach § 32a GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 aa) Insolvenzrechtlicher Nachrang nach § 32a Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . 337 bb) Ausdehnung auf Dreiecksfälle nach § 32a Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . 338 cc) Erweiterung auf wirtschaftlich entsprechende Handlungen nach § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 dd) Kleinbeteiligten- und Sanierungsprivileg nach §§ 32a Abs. 3 S. 2 und 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 b) Anfechtungsrecht nach § 135 InsO a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 c) Erstattungsanspruch nach § 32b GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 5. Duales System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 a) Vergleich von Rechtsprechungs- und Novellenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . 340 aa) Tatbestandliche Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 bb) Unterschiedliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 b) Fortgeltung der Rechtsprechungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 II. Haftungsrisiko des Geschäftsführers wegen Darlehensrückgewähr . . . . . . . . . . 344 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 a) Komplexität der Eigenkapitalersatzqualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 b) Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 aa) Erweiterung des Haftungstatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
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Inhaltsverzeichnis bb) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 cc) Kausaler Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 dd) Kein Haftungsausschluss bei Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 (1) § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 (2) Keine Bindungswirkung bei unrechtmäßiger Weisung . . . . . . . . . 348 ee) Risiken beim Kompensationsrückgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 (1) Insolvenzrisiko des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 (2) Belastungen durch möglichen Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 ff) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 a) Suspendierung analog § 291 Abs. 3 AktG umfasst auch Eigenkapitalersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 b) Fortgeltung des Eigenkapitalersatzrechts im Vertragskonzern . . . . . . . . . 352 c) Eigenkapitalersatzrechtliches Haftungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 aa) Haftung bei rechtswidriger Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 (1) Unzulässige Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 (2) Schädigung der abhängigen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 (3) Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 bb) Haftung außerhalb von Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
§ 10 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 I. Insolvenzrechtliche Neugestaltung und Abschaffung des Kapitalersatzrechts 357 1. Ausdrückliche gesetzliche Abschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 2. Nachrang der Insolvenzforderungen aus Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . 357 a) Insolvenzrechtlicher Nachrang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO . . . . . . . . . . 357 b) Sanierungs- und Kleinbeteiligtenprivileg nach § 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 3. Neuregelung des Anfechtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 a) Krisenunabhängigkeit der Anfechtungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 b) Anfechtung der Forderungstilgung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO . . . . . . 360 c) Anfechtung der Drittbesicherung nach § 135 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . 360 d) Sanierungsprivileg nach §§ 135 Abs. 4, 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO 360 II. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wegen Darlehensrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 § 11 Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensnehmenden GmbH 363 I. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 1. Rechtslage im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
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2. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . 365 3. Rechtslage im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 4. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . 366 II. Rechtslage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 III. Haftungsrisiken des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 IV. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wegen Darlehensrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370
Exkurs Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
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§ 12 Grundlagen des Cash Poolings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 I. Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 1. Virtuelles Cash Pooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 2. Physisches Cash Pooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 3. Zero Balancing und Conditional Balancing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 II. Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 1. Zinsoptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 2. Liquiditätsbündelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 3. Nutzung von Synergieeffekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 III. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 1. Konzerninterne Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 a) Rahmenvertrag als Geschäftsbesorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 b) Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 2. Konzernexterne Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 a) Giroverträge für Ziel- und Quellkonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 b) Rahmenvertrag als Geschäftsbesorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 3. Risiken des Cash Poolings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 a) Verlust finanzieller Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 b) Vergemeinschaftung des Insolvenz- und Bonitätsrisikos . . . . . . . . . . . . . . 382 c) Haftungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 d) Verstoß gegen Kapitalaufbringungs- oder Kapitalerhaltungsrecht . . . . . . 383
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§ 13 GmbH als Darlehensgeberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 I. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 1. (Uneingeschränkte) Übertragbarkeit der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des Einzeldarlehens auf den Cash Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 2. Prüfungspflicht beim Einzeldarlehen und beim Cash Pool . . . . . . . . . . . . . . 386 3. Anforderungen an den Pflichten- und Haftungsumfang des Geschäftsführers 387 a) Kein originäres Prüfungsrecht des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 b) Umfassendes vertraglich eingeräumtes Prüfungsrecht des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 c) Installation eines Überwachungssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 aa) Vertragliche Verankerung des Überwachungssystems . . . . . . . . . . . . 390 bb) Mögliche Ausgestaltung eines wirksamen Überwachungssystems . . 390 (1) Einbindung konzernaußenstehender Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 (2) Informationsbeschaffung, -aufarbeitung und -weitergabe . . . . . . 391 (3) Anknüpfung an Bewertungskriterien von Ratingagenturen . . . . . 392 (4) Anknüpfung an Kennziffern von Financial Covenants . . . . . . . . . 393 II. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 § 14 GmbH als Darlehensnehmerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 I. Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts umfasst auch Cash Pool . . . . . . . . . 396 II. Keine Haftung für Darlehensrückzahlungen nach Kapitalerhaltungsrecht . . . . 397 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 § 15 Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung im Cash Pool System . . . . . . . . . . . 398 I. GmbH als Darlehensgeberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 3. Haftungsrisiken des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 II. GmbH als Darlehensnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 1. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 § 16 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 I. Ökonomische und rechtliche Grundlagen der Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen im Rahmen konzerninterner Darlehen . . . . . . . . 406 II. Kapitalerhaltungsrechtliche Auswirkungen des MoMiG auf die Vergabe aufsteigender konzerninterner Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 1. Rechtslage vor dem MoMiG im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 2. Rechtslage vor dem MoMiG im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 3. Rechtslage im faktischen Konzern nach Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . 409
Inhaltsverzeichnis
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4. Rechtslage im Vertragskonzern nach Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . 411 5. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 6. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 III. Kapitalerhaltungsrechtliche Auswirkungen des MoMiG auf die Rückgewähr absteigender konzerninterner Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 1. Rechtslage im faktischen Konzern vor Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . 415 2. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . 415 3. Rechtslage im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 4. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . 416 5. Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 6. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 7. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 IV. Kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen des MoMiG an auf- und absteigende Darlehen im Rahmen des Cash Poolings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 1. GmbH als Darlehensgeberin im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 2. GmbH als Darlehensgeberin im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 3. Haftungsrisiken des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 4. GmbH als Darlehensnehmerin im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 5. GmbH als Darlehensnehmerin im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 6. Haftungsrisiken des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
Abkürzungsverzeichnis a.A. ABl. Abs. a.F. AG AGG AktG AnfG Anh. ArbRB Aufl. BB BC Bd. Beck. BeckOK Begr. Beschl. BetriebskostenV BGB BGBl. BGH BGHZ Bilanzkomm. BilMoG BKR BR-Drucks. BT-Drucks. ca. CISG d. DB Der Konzern ders. Diss. DM DrittelbG DStR
andere Ansicht Amtsblatt Absatz; Absätze alte Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Aktiengesetz Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens Anhang Der Arbeits-Rechts-Berater (Zeitschrift) Auflage Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling (Zeitschrift) Band Beck’sches; Beck’scher Beck’scher Online Kommentar Begründung Beschluss Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Band und Seite) Bilanzkommentar Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Zeitschrift) Drucksache des deutschen Bundesrats (Wahlperiode, Nummer und Seite) Drucksache des deutschen Bundestags (Wahlperiode, Nummer und Seite) circa Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf des Der Betrieb (Zeitschrift) Zeitschrift fu¨ r Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Bilanzrecht und Rechnungslegung der verbundenen Unternehmen (Zeitschrift) derselbe Dissertation Deutsche Mark Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
Abkürzungsverzeichnis EBIT EBITDA EFZG
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Earnings Before Interest and Taxes Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche EGGmbHG Einführungsgesetz zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung EGHGB Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch EGInsO Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Einl. Einleitung ErbbauRG Gesetz über das Erbbaurecht EUR Euro f. folgende (Einzahl) ff. folgende (Mehrzahl) Fn. Fußnote FS Festschrift gem. gemäß GenG Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften GesetzE Gesetzentwurf GesR Gesellschaftsrecht; Gesellschaftsrechts GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung; Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH & Co. KG Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHR GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Großkomm. Großkommentar GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWR Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Hdb. Handbuch HeizkostenV Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten HGB Handelsgesetzbuch hrsg. herausgegeben IAS International Accounting Standards IFRS International Financial Reporting Standards InsO Insolvenzordnung IntGesR Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht IStR Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) JuS Juristische Schulung (Zeitschrift) JW Juristische Woche K. Karsten Kap. Kapitel KapAEG Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen KapGesR Kapitalgesellschaftsrecht KG Kammergericht
30 KGaA KO Komm. KonTraG KSchG KStG KTS KWG LG LPartG MAH MDR Mio. MitbestG MoMiG Münch. m.w.N. n.F. NJW Nr. NZG NZI ÖGesAusG OLG OWiG PartGG ProdHaftG ProstG RegE RG Rn. RNotZ S. Schlussanh. SpruchG StGB Tsd. TzBfG u.a. Ubg UmwandlungsR UmwG Urt. v. Var. VBVG VerglO
Abkürzungsverzeichnis Kommanditgesellschaft auf Aktien Konkursordnung Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kündigungsschutzgesetz Körperschaftsteuergesetz Zeitschrift für Insolvenzrecht (Zeitschrift) Gesetz über das Kreditwesen Landgericht Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft Münchener Anwaltshandbuch Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Millionen Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Münchener mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift fu¨ r Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht (Zeitschrift) Gesellschafter-Ausschlussgesetz Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten Regierungsentwurf Reichsgericht Randnummer Rheinische Notar-Zeitschrift (Zeitschrift) Satz; Seite Schlussanhang Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren Strafgesetzbuch Tausend Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge unter anderem Die Unternehmensbesteuerung Umwandlungsrecht Umwandlungsgesetz Urteil von; vom Variante Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern Vergleichsordnung
Abkürzungsverzeichnis VersAusglG vgl. Vorb. WEG WM WPg z. z. B. ZGR ZHR ZInsO ZIP zit. ZPO
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Gesetz über den Versorgungsausgleich vergleiche Vorbemerkung; Vorbemerkungen Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht Zeitschrift fu¨ r Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) zum zum Beispiel Zeitschrift fu¨ r Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift fu¨ r das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht bis 1933: Zentralblatt fu¨ r Handelsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht (Zeitschrift) Zeitschrift fu¨ r Wirtschaftsrecht, bis 1982 Zeitschrift fu¨ r Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis (Zeitschrift) zitiert Zivilprozessordnung
§ 1 Einleitung In der Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Bonität vieler Konzerne gelitten. Eine effiziente Konzerninnenfinanzierung hat dadurch nicht nur unter betriebswirtschaftlichen Aspekten hinsichtlich der finanziellen Konkurrenzfähigkeit an Bedeutung gewonnen. Die rechtliche Absicherung dieser Finanzierungssysteme stellt insbesondere in insolvenznahen Szenarien eine entscheidende Grundlage dar, um dauerhaft von den konzerninternen Finanzflüssen zu profitieren und bewahrt die Geschäftsführer vor persönlicher Haftung. Die Darlehensvergabe zwischen Konzerngesellschaften, insbesondere zwischen der Konzermutter und ihren Konzerntöchtern, stellt einen festen Bestandteil der Konzerninnenfinanzierung dar. Die betriebswirtschaftlichen Vorteile für den Gesamtkonzern kollidieren dabei jedoch traditionell mit den Interessen der Gläubiger (und der Minderheitsgesellschafter) der Konzerngesellschaften. Die entgegenstehenden Interessen treten dabei besonders häufig im Kapitalerhaltungsrecht zutage, so dass es nicht verwundert, dass der Rechtsprechung zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensvergabe zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern häufig Konzernsachverhalte zugrunde liegen. Hält man sich darüber hinaus vor Augen, dass fast 50 % der GmbH in einen Konzernverbund intergriert sind, verdeutlich dies die Bedeutsamkeit, welche die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der konzerninternen Darlehensvergabe zwischen der Konzernmutter und ihren Tochtergesellschaften einnimmt. Mit steigender Bedeutung des Cash Managements ist auch die konzerninterne Darlehensvergabe mehr und mehr in den Fokus der Finanzierungsoptimierung gerückt. Zur Optimierung der konzernweiten Liquidität wurde dabei insbesondere das Cash Pooling entwickelt. Dies basiert auf einem System der strukturierten konzerninternen Darlehensvergabe, nach dem die konzernweite Liquidität bei einer Konzerngesellschaft gebündelt wird und die übrigen Gesellschaften von dieser lediglich bei Bedarf mit Liquidität ausgestattet werden. Die wirtschaftliche Praxis entwickelte sich dabei so rasant, dass die Jurisdiktion häufig gläubigerschützend eingreifen musste. Hierzu griff die Rechtsprechung vornehmlich auf das Kapitalerhaltungsrecht zurück. Die gesetzlichen Regelungen waren auf die jüngsten Entwicklungen in der Praxis jedoch nicht zugeschnitten, so dass sich die Rechtsprechung häufig der Rechtsfortbildung bedienen musste.
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§ 1 Einleitung
Für aufsteigende konzerninterne Darlehen verwarf der BGH mit dem NovemberUrteil1 die bilanzielle Betrachtungsweise, so dass die Darlehensvergabe fortan kapitalerhaltungsrechtswidrig war, wenn durch den Vermögensabfluss (Darlehensvalutierung ohne Berücksichtigung des Rückgewähranspruchs) eine Unterbilanz entstand oder vertieft wurde. Dieses Urteil stieß in der Praxis auf massive Kritik.2 Es herrschte insbesondere extreme Unsicherheit darüber, ob das November-Urteil auch Leistungen im Cash Pool erfasse und diesem in der Praxis somit die rechtliche Grundlage entzogen sei.3 Für die Fälle absteigender Darlehen entwickelte der BGH4 hingegen die Rechtsfigur des eigenkapitalersetzenden Darlehens, auf welche er die Kapitalerhaltungsvorschriften entsprechend anwendete. Ein eigenkapitalersetzendes Darlehen lag demnach vor, wenn ein Gesellschafter einer konkursreifen GmbH ein Darlehen gewährte, anstatt ihr eine Kapitaleinlage zur Verfügung zu stellen.5 Darüber hinaus erweiterte der BGH die Anwendbarkeit und die Voraussetzungen des Eigenkapitalersatzrechts stetig.6 Durch das Hinzutreten der Novellenregeln7 entwickelte sich eine kaum mehr zu überblickende Rechtslage.8 Hieraus erwuchsen den Geschäftsführern enorme Haftungsrisiken, da ihnen die Prüfung des Eigenkapitalersatzcharakters des Darlehens oblag. Dies stieß in der Praxis auf enorme Kritik.9 Der aufkommenden Kritik versuchte der Gesetzgeber mit dem MoMiG10 entgegenzutreten. Hierzu ordnete er ausdrücklich die Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise an und schaffte das Eigenkapitalersatzrecht zugunsten einer in1 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111 – NovemberUrteil. 2 Cahn, Der Konzern 2004, 235; 238 ff. Bähr/Haas, GmbHR 2004, 304, 305; Fuhrmann, NZG 2004, 552; Schilmar, DB 2004, 1411; J. Vetter, ZGR 2005, 788, 821 ff.; Wessels, ZIP 2004, 793, 795. 3 Vgl. Fuhrmann, NZG 2004, 552; Helmreich, GmbHR 2004, 457, 462; Altmeppen, NZG 2010, 361, 362. 4 Siehe etwa BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258 = NJW 1960, 285; BGH, Urt. v. 29. 11. 1971 – II ZR 121/69 = WM 1972, 74; BGH, Urt. v. 27. 9. 1976 – II ZR 162/ 75, BGHZ 67, 171 = NJW 1977, 104; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334 = NJW 1980, 592; BGH, Urt. v. 24. 3. 1980- II ZR 213/77, BGHZ 76, 326 = NJW 1980, 1524. 5 Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Hdb. Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2010, § 92, Rn. 358; Schwaiger, in: Beck. Hdb. GmbH, § 7, Rn. 1; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654. 6 Siehe etwa BGH, Urt. v. 29. 11. 1971 – II ZR 121/69 = WM 1972, 74 – DeckenputzEntscheidung; BGH, Urt. v. 27. 9. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171 = NJW 1977, 104; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334 = NJW 1980, 592; BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326 = NJW 1980, 1524. 7 Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften, BGBl. I, 836 v. 4. 7. 1980. 8 Vgl. etwa Mayer/Weiler, in: Beck. Notar-Hdb., 5. Aufl. 2009, 977. 9 Vgl. etwa Niesert/Hohler, NZI 2009, 345, 346; Gehrlein, BB 2011, 5; ders., BB 2008, 846; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1655. 10 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, BGBl. I, 2026 v. 23. 10. 2008.
§ 1 Einleitung
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solvenzrechtlichen Neugestaltung vollkommen ab. Dennoch verbleiben auch nach der Reform weitere Unklarheiten, die häufig unittelbar die Geschäftsführungsmaßnahmen des Geschäftsführers betreffen und somit sein Haftungsrisiko erhöhen.
I. Fragestellung Die Leistungsbeziehungen zwischen Konzernunternehmen können leicht einen Umfang erreichen, der die wirtschaftlichen Verhältnisse der Geschäftsführer um ein Vielfaches übersteigt, so dass die Haftungsrisiken durchaus existenzbedrohende Ausmaße annehmen können. Diese Unsicherheiten wirken sich letztlich auch auf die Gläubiger aus, da diese das Solvenzrisiko des Geschäftsführers tragen, wenn dieser der Gesellschaft den entstandenen Schaden nicht ersetzen und die Gesellschaft aufgrund dieses Ausfalls ihre Verbindlichkeiten nicht bedienen kann. Eine rechtssichere und klare Grundlage der konzerninternen Darlehensvergabe ist darüber hinaus für die Gesellschafter (die Konzernmutter) von elementarer Bedeutung, da diese für den kapitalerhaltungsrechtswidrigen Leistungsempfang persönlich haften und mit ihren Darlehensforderungen gegen ihre Gesellschaft aufgrund der insolvenzrechtlichen Nachrangigkeit ausfallen können. Letztlich liegt es daher im Interesse aller Beteiligten, dass die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von konzerninternen Darlehen rechtssicher geregelt und dem Geschäftsführer ein klarer und angemessener Prüfungsrahmen auferlegt wird. In dieser Arbeit sollen die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an konzerninterne Darlehen erarbeitet werden, die durch das MoMiG normiert worden sind. Hieran anknüpfend wird untersucht, welche Pflichten und Haftungsrisiken aus der Neuregelung für die Geschäftsführer erwachsen. Anschließend werden diese mit den Pflichten und Haftungsrisiken der Geschäftsführer vor dem MoMiG verglichen. Ausgehend hiervon werden die Auswirkungen des MoMiG auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken beleuchtet und die Neuregelungen bewertet. Im Wege eines Exkurses wird abschließend der Frage nachgegangen, ob die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an Einzeldarlehen uneingeschränkt auf Leistungen in einem Cash Pool übertragen werden können und welche Auswirkungen die besondere Strukturierung der Darlehensvergabe für die kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfungspflichten des Geschäftsführers hat. Das Ziel der Untersuchung ist es, einen Beitrag zu den kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an konzerninterne Darlehen nach dem MoMiG zu leisten und ihre Auswirkungen auf die Pflichten und Haftungsrisiken der Geschäftsführer im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen aufzuzeigen.
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§ 1 Einleitung
II. Gang der Bearbeitung Im ersten Teil dieser Arbeit werden Grundlagen der Geschäftsleitung im Konzern und der Konzernfinanzierung dargestellt. Einleitend wird dabei die Stellung der GmbH im Konzern aufgezeigt. Hierbei wird zunächst die Rechtsstellung der GmbH im Konzern erläutert, wobei insbesondere die rechtliche Behandlung von faktischem Konzern und Vertragskonzern herausgestellt wird (§ 2). Im Anschluss daran wird die rechtliche Stellung des Geschäftsführers thematisiert. Hierbei wird ebenfalls zwischen der Anstellung bei einer abhängigen faktischen Konzerngesellschaft und einer abhängigen vertraglich konzernierten GmbH unterschieden. Besonderes Augenmerk wird dabei jeweils auf die Haftungstatbestände gelegt, die der Gesellschaft bei Pflichtverletzungen ihrer Organe Ansprüche gegen selbige vermitteln (§ 3). Sodann werden die rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen konzerninterner Darlehen aufgezeigt und die Stellung erläutert, die diese im Rahmen der Unternehmensfinanzierung als Instrument der Konzerninnenfinanzierung einnehmen (§ 4). Im zweiten Teil dieser Arbeit werden die kapitalerhaltungsrechtlichen Auswirkungen untersucht, die das MoMiG auf konzerninterne Darlehen hat, bei denen die abhängige GmbH als Darlehensgeberin agiert. Den Schwerpunkt der Untersuchung bilden dabei die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Darlehensvergabe, der Pflichtenumfang und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers der abhängigen Gesellschaft im faktischen Konzern und im Vertragskonzern im Zusammenhang mit der Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von aufsteigenden konzerninternen Darlehen. Hierzu wird zunächst die kapitalerhaltungsrechtliche Relevanz der konzerninternen Darlehensausreichung erläutert (§ 5). Anschließend wird die Rechtslage vor dem MoMiG dargestellt. Hierbei wird zwischen der Rechtslage im faktischen Konzern und im Vertragskonzern differenziert. Dies beinhaltet jeweils sowohl eine Aufarbeitung der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Darlehensvergabe als auch die Darstellung ihrer Auswirkungen auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Zunächst werden dabei die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Darlehensvergabe im faktischen Konzern aufgezeigt. Hierzu werden die unterschiedlichen Ansichten in der Literatur zur Anwendbarkeit und zum Umfang der bilanziellen Betrachtungsweise dargestellt. Im Anschluss daran wird das November-Urteil des BGH näher beleuchtet und die daraus resultierenden Haftungsrisiken für den Geschäftsführer herausgearbeitet. Anschließend werden die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an aufsteigende konzerninterne Darlehen im Vertragskonzern vor dem MoMiG thematisiert. Hierzu wird der Meinungsstreit über die Anwendbarkeit des Kapitalerhaltungsrechts beziehungsweise die Suspendierung der Kapitalbindung im Vertragskonzern dargestellt. Darüber hinaus wird auf den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs eingegangen und die unterschiedlichen Ansichten hinsichtlich seiner Zulässigkeit dargestellt. Basierend auf den zuvor festgestellten Ergebnissen werden
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sodann die hieraus resultierenden Haftungsrisiken des Geschäftsführers näher erläutert (§ 6). Im Anschluss daran wird die Rechtslage nach dem MoMiG untersucht. Für den faktischen Konzern wird zunächst das MPS-Urteil des BGH dargestellt und dessen Auswirkungen auf den GmbH-Konzern untersucht. Anschließend wird näher auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG eingegangen, wobei besonders auf das Deckungsgebot, den Prüfungsmaßstab bei der Vollwertigkeitsprüfung, den maßgeblichen Prüfungszeitpunkt, den erforderlichen Umfang der Vollwertigkeit, das Prinzip des Drittvergleichs, eine mögliche Verzinsungspflicht, eine mögliche Besicherungspflicht, die Darlehensvergabe bei Vorliegen einer Unterbilanz sowie auf den Wertverlust nach Vollzug des Erfüllungsgeschäfts eingegangen wird. Basierend auf den Ergebnissen zu den einzelnen Voraussetzungen werden sodann die hieraus resultierenden Pflichten und Haftungsrisiken des Geschäftsführers aufgezeigt. Im Vertragskonzern wird ebenfalls näher auf die einzelnen Voraussetzungen der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG eingegangen. Hierzu werden insbesondere die Voraussetzungen des (Fort-)Bestehens des Vertragskonzerns im Zeitpunkt der Leistungsgewähr und das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs näher betrachtet. An die hieraus resultierenden Ergebnisse anknüpfend, werden sodann ihre Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers aufgezeigt. Des Weiteren wird der Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs näher beleuchtet. Hierbei wird ein eigener Lösungsansatz für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensgewähr entwickelt und dessen Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers dargestellt (§ 7). Der zweite Teil schließt mit einer Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH (§ 8). Im dritten Teil dieser Arbeit werden die kapitalerhaltungsrechtlichen Auswirkungen in den Blick genommen, die das MoMiG auf konzerninterne Darlehen hat, bei denen die abhängige GmbH als Darlehensnehmerin agiert. Es werden insbesondere die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Darlehensrückgewähr, der Pflichtenumfang und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers der abhängigen Gesellschaft im faktischen Konzern und im Vertragskonzern in den Blick genommen. Hierzu wird die Rechtslage vor und nach dem MoMiG verglichen, wobei wiederum zwischen der Darlehensvergabe im faktischen Konzern und im Vertragskonzern differenziert wird. Zunächst wird die Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG nachgezeichnet. Hierzu wird die Entwicklung des Eigenkapitalersatzrechts dargestellt. Hierbei wird insbesondere auf die Rechtsprechungsregeln des BGH, die Novellenregeln und ihre parallele Anwendbarkeit eingegangen. Hieran anknüpfend werden dann die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern näher beleuchtet. Dabei werden die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen der Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG dargelegt und die Risiken aufgezeigt, welche
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die Geschäftsführer im Einzelnen treffen können. Sodann werden die Haftungsrisiken im Vertragskonzern thematisiert. Hierbei wird zunächst der Meinungsstreit über die Anwendbarkeit des Eigenkapitalersatzrechts im GmbH-Vertragskonzern dargestellt. Im Anschluss daran werden unter Zugrundelegung der Fortgeltung des Eigenkapitalersatzrechts im Vertragskonzern die Haftungsrisiken des Geschäftsführers erläutert. Hierbei wird zwischen der Haftung bei rechtswidriger Weisung und der Haftung außerhalb von Weisungen differenziert (§ 9). Im weiteren Fortgang wird dann die Rechtslage nach dem MoMiG aufgezeigt. Hierbei wird insbesondere auf die ausdrückliche gesetzliche Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts und die insolvenzrechtliche Neugestaltung in Form des Nachrangs der Insolvenzforderungen aus einem Gesellschafterdarlehen und der Neuregelung des insolvenzrechtlichen Anfechtungsrechts eingegangen. Sodann werden die Auswirkungen des MoMiG auf die Pflichten und Haftungsrisiken des Geschäftsführers erläutert. Hierbei wird zwischen dem faktischen Konzern und dem Vertragskonzern differenziert (§ 10). Zum Abschluss des dritten Teils werden die Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensnehmenden GmbH zusammengefasst (§ 11). Des Weiteren wird im Wege eines Exkurses näher beleuchtet, ob die zuvor festgestellten kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an konzerninterne Einzeldarlehen auch auf das Cash Pooling übertragen werden können. Hierbei werden zunächst die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen des Cash Poolings herausgearbeitet und die besonderen Risiken herausgestellt, die aus der Liquiditätsbündelung erwachsen können (§ 12). In einem weiteren Schritt wird sodann auf die kapitalerhaltungsrechtliche Prüfung eingegangen, wenn die abhängige GmbH als Darlehensgeberin agiert. Hierbei wird zwischen dem faktischen Konzern und dem Vertragskonzern unterschieden. Im Rahmen der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Darlehensvergabe im faktischen Konzern wird zunächst die Frage aufgeworfen, ob die besonderen Risiken des Cash Pools eine Modifizierung der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen zugunsten des Gläubigerschutzes rechtfertigen. Auf dieser Basis wird dann in einem weiteren Schritt näher beleuchtet, welche Auswirkungen die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an den Cash Pool auf die Prüfungspflichten des Geschäftsführers haben. Hierbei werden die erhöhten Anforderungen und die hieraus erwachsenden Haftungsrisiken anhand eines Vergleichs mit dem konzerninternen Einzeldarlehen erläutert. Anschließend wird insbesondere auf die Möglichkeit der Errichtung eines Überwachungssystems eingegangen und konkrete Ausgestaltungsmöglichkeiten werden aufgezeigt. Für die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen im Vertragskonzern wird ebenfalls zunächst auf die Frage eingegangen, ob die Risiken des Cash Poolings eine kapitalerhaltungsrechtliche Sonderbehandlung rechtfertigen. Sodann wird auf die Voraussetzungen der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung der Darlehensgewähr nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG eingegangen. Hierbei wird insbesondere der Frage nachgegangen, ob
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auch im Vertragskonzern die Einrichtung eines Überwachungssystems erforderlich beziehungsweise sinnvoll ist. Anschließend werden die hieraus erwachsenden kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer dargelegt (§ 13). Sodann wird die Rechtslage untersucht, die sich bei der GmbH als Darlehensnehmerin ergibt. Hierbei wird zunächst untersucht, ob die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts auch für das Cash Pooling gilt. Im Anschluss daran werden die hieraus erwachsenden Haftungsrisiken für den Geschäftsführer dargelegt. Hierbei wird zwischen der Geschäftsführung im faktischen Konzern und im Vertragskonzern differenziert (§ 14). Der Exkurs wird durch eine Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung im Cash Pool System beendet (§ 15). Abschließend werden die festgestellten Ergebnisse in Thesen zusammengefasst (§ 16).
Erster Teil
Grundlagen § 2 Die GmbH im Konzern I. Die GmbH als abhängige Konzerngesellschaft Den Anforderungen an den Geschäftsführer und dessen Handeln ist die besondere Situation der abhängigen GmbH im Konzerngefüge zugrunde zu legen. Aus diesem Grund soll nachfolgend zunächst beleuchtet werden, welche Auswirkungen der Konzernverbund auf die abhängige GmbH hat, sowie die Risiken und Gefahren aufgezeigt werden, die sich daraus für die Stakeholder der abhängigen GmbH ergeben. 1. Rechtstatsächliche Einbindung der GmbH in Konzernstrukturen Im deutschen Handelsregister sind ca. 1,2 Mio. Gesellschaften mit beschränkter Haftung registriert (Stand: 1. 1. 2016).1 Die GmbH stellt damit die bundesweit meistgewählte Rechtsform dar.2 Diese Beliebtheit lässt sich durchaus auf die vielseitige Verwendbarkeit der GmbH zurückführen.3 So verwundert es nicht, dass diese Rechtsform auch für die Bildung von Konzernen ein beliebtes Instrumentarium darstellt.4 Die GmbH ist dabei insbesondere in Gestalt des abhängigen Unternehmens in Konzernstrukturen eingebunden.5 Seriöse Daten zum Anteil von GmbH in Konzernierungssachverhalten sind bislang jedoch noch nicht erhoben worden.6 Nach einer aktuellen Schätzung sind etwa 50 % aller GmbH in einen Konzernverbund integriert.7 1
Kornblum, GmbHR 2016, 691, 692. Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, Einleitung, Rn. 201; Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 6. 3 Büsching, in: MAH GmbH-Recht, § 1, Rn. 4. 4 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 6 und 8; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 5. 5 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 1; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 8; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 5. 6 Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 1. 7 Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 6; Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 1. 2
§ 2 Die GmbH im Konzern
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2. Besondere Eignung der GmbH zur Konzernintegration Die Attraktivität der GmbH zur Einbindung als Tochterunternehmen in Konzernstrukturen, insbesondere gegenüber der AG, lässt sich dabei vornehmlich auf die flexible Organisationsverfassung der GmbH und auf das hierarchische Kompetenzgefüge zwischen der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung zurückführen.8 a) Flexible Organisationsverfassung Im Gegensatz zum Aktienrecht ist dem GmbH-Recht der Grundsatz der Satzungsstrenge9 fremd.10 Das GmbH-Recht ist nach § 45 GmbHG vielmehr durch weitgehende Satzungsautonomie geprägt.11 Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, die Organisationsverfassung frei zu gestalten und die Satzung dabei an den Erfordernissen der Konzernierung auszurichten und diesen unterzuordnen.12 b) Hierarchisches Kompetenzgefüge Anders als der nach § 76 Abs. 1 AktG eigenverantwortliche Vorstand einer AG13 ist die Geschäftsführung der GmbH in der Leitung der Gesellschaft nicht unabhängig,14 sondern nach § 37 Abs. 1 GmbHG an Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden.15 Dies ermöglicht der Gesellschafterversammlung ohne Weiteres über Angelegenheiten der Geschäftsführung zu entscheiden16 und ausschlaggebenden Einfluss auf die Geschäftsführung bezüglich der Konzerneinbin8 Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 1; Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 1; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 7; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 1. 9 Im Aktienrecht ist der Grundsatz der Satzungsstrenge in § 23 Abs. 5 AktG verankert. Siehe hierzu im Einzelnen auch Limmer, in: Spindler/Stilz AktG, § 23 AktG, Rn. 28 ff. 10 Römermann, in: Michalski GmbHG, § 45 GmbHG, Rn. 2; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, § 45, Rn. 2. 11 Bergjan, in: Saenger/Inhester GmbHG, § 45 GmbHG, Rn. 1; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 45 GmbHG, Rn. 1. Siehe zum Grundsatz der Satzungsautonomie im Einzelnen auch Mollenkopf, in: Henssler/Strohn GesR, § 45 GmbHG, Rn. 1 ff. 12 Vgl. Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 7; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 29, Rn. 3. 13 Siehe zur Unabhängigkeit des Vorstands im Rahmen der Geschäftsleitung auch Fleischer, in: Spindler/Stilz AktG, § 76 AktG, Rn. 56 ff. 14 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 37 GmbHG, Rn. 3. 15 Lenz, in: Michalski GmbHG, § 37 GmbHG, Rn. 16; Stepahn/Tieves, in: Münch. Komm. GmbHG, § 37, Rn. 1. Siehe zur Weisungsgebundenheit im Einzelnen auch Altmeppen, in: Roth/ Altmeppen GmbHG, § 37 GmbHG, Rn. 3 ff. 16 Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318, Rn. 4.
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1. Teil: Grundlagen
dung auszuüben.17 Die Einwirkungsmöglichkeiten erscheinen vielseitig. So können Weisungen sowohl konzerninterne Vertragsbeziehungen anordnen, als auch deren inhaltliche Ausgestaltung zugunsten der Konzernmutter oder anderer Konzerngesellschaften beinhalten. 3. Rechtliche Grundlagen des GmbH-Konzerns a) Begrifflichkeit des GmbH-Konzerns Eine Unternehmensverbindung kann sich aus Gesellschaften jeglicher Rechtsform zusammensetzen.18 Im Fokus des Konzernrechts steht jedoch in erster Linie der Schutz der abhängigen Gesellschaft. Das für den Unternehmensverbund anwendbare Konzernrecht richtet sich daher regelmäßig nach der Rechtsform der abhängigen Gesellschaft.19 Die Rechtsform der abhängigen Gesellschaft ist darüber hinaus auch maßgeblich für die Klassifizierung des Konzerns. Ein GmbH-Konzern erfordert demzufolge eine Unternehmensverbindung mindestens zweier Gesellschaften, bei dem eine GmbH als abhängige Gesellschaft beteiligt ist. Hinsichtlich der Voraussetzungen aufseiten der Konzernmutter ist lediglich die Unternehmenseigenschaft20 erforderlich, so dass die Rechtsform der Konzernmutter für die Klassifizierung eines GmbH-Konzerns nicht relevant ist.21 b) Konzerneigenschaft Für das Vorliegen eines GmbH-Konzerns kann der allgemeine Teil des Konzernrechts aus dem AktG auch für das GmbH-Konzernrecht herangezogen werden, so dass sich die, den §§ 15 bis 19 AktG zugrunde liegenden Definitionen, auch auf den GmbH-Konzern übertragen lassen. Die unmittelbare Anwendbarkeit der Definitionsnormen ist aufgrund ihrer rechtsformneutralen Ausgestaltung allgemein anerkannt.22 Im Einzelfall können diese jedoch aufgrund rechtsformspezifischer Besonderheiten der GmbH überlagert werden.23
17 Vgl. Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 24; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 29, Rn. 3. 18 Drygala/Staake/Szalai, KapGesR, § 29, Rn. 2. 19 Siehe auch § 2 III. ff. 20 Siehe zur Unternehmenseigenschaft § 2 I.3.b)aa) ff. 21 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 7; Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 13. 22 Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 2; Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund (GmbH-Konzernrecht), Rn. 12; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 22; Liebscher, in: Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 38 f.; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 12; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Einleitung, Rn. 14.
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aa) Unternehmensbegriff des § 15 AktG Die rechtlich selbstständige Unternehmenseigenschaft im Sinne des § 15 AktG stellt den Anknüpfungspunkt für den Anwendungsbereich des GmbH-Konzernrechts ebenso wie im Konzernrecht des AktG dar. Nur eine Verbindung von rechtlich selbstständigen Objekten, denen Unternehmensqualität zukommt, unterfällt demnach dem Konzernrecht.24 (1) Rechtliche Selbstständigkeit Die erforderliche rechtliche Selbstständigkeit setzt dabei voraus, dass dem Unternehmen die Eigenschaft als Rechtsträger zukommt, es also als selbstständige Vermögensmasse Adressat von Rechten und Pflichten sein kann.25 Im Unternehmensverbund dürfen die Unternehmen folglich nicht demselben Rechtssubjekt zugeordnet sein. (2) Zweckbestimmte Auslegung des Unternehmensbegriffs Den Begriff des Unternehmens verwenden sowohl das AktG, als auch andere Kodifikationen wie beispielsweise das GWB und das HGB. Eine Definition des Unternehmens, die den Unternehmensbegriff im gesamten Regelungsspektrum abdeckt, findet sich hingegen weder im AktG noch in den anderen Disziplinen.26 Im AktG wurde vielmehr bewusst auf eine gesetzliche Definition des Unternehmensbegriffs verzichtet und die Ausfüllung des Begriffs der Literatur und Rechtsprechung überlassen.27 Mangels einer Legaldefinition wird der Unternehmensbegriff an dem jeweiligen Zweck der Norm ausgerichtet und daher abhängig vom jeweiligen Anwendungsbereich unterschiedlich ausgefüllt.28 Aufgrund dieser Divergenz ist eine einheitliche gesetzübergreifende Definition abzulehnen und für die konzernrechtliche Bestim-
23 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 12; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 19. Siehe zur rechtsformspezifischen Besonderheit der Möglichkeit von Mehrstimmrechten auch § 2 I.3.b)bb)(2). 24 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 14; Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 8; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 35. 25 Vgl. Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 94; Windbichler, in: Großkomm. AktG, § 15 AktG, Rn. 14. 26 Windbichler, in: Großkomm. AktG, § 15 AktG, Rn. 10. 27 Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 15 AktG, Rn. 10; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 8; Maier-Reimer/Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 15 AktG, Rn. 2. Zu den Gründen siehe Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 27. 28 K. Schmidt, ZGR 1980, 277, 280; Windbichler, in: Großkomm. AktG, § 15 AktG, Rn. 10; Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 10.
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mung des Unternehmensbegriffs nicht zielführend.29 Demnach ist für die Bestimmung des konzernrechtlichen Unternehmensbegriffs allein das AktG maßgeblich. Im Anwendungsbereich des AktG gilt jedoch ebenfalls die Maßgeblichkeit des jeweiligen Normzwecks, so dass es auch innerhalb des AktG zu unterschiedlichen Begriffsbestimmungen kommen kann.30 Unterschiedliche Normzwecke finden sich darüber hinaus auch im Rahmen des Konzernrechts, namentlich für das herrschende und das abhängige Unternehmen.31 Auch innerhalb des Konzernrechts existiert somit kein einheitlicher Unternehmensbegriff, so dass bei der Bestimmung des Unternehmensbegriffs zwischen dem herrschenden und dem abhängigen Unternehmen zu differenzieren ist.32 (3) Herrschendes Unternehmen Beim herrschenden Unternehmen stellt der Konzernkonflikt33 den Anknüpfungspunkt für die zweckbestimmte Auslegung des Unternehmensbegriffs dar.34 Darauf basierend ist für die Unternehmensqualität des herrschenden Unternehmens nach gefestigter Rechtsprechung des BGH35 und der überwiegenden Ansicht in der Literatur36 erforderlich, dass bei einem Gesellschafter eine außerhalb der Gesellschaft liegende Interessenbindung vorliegt, die stark genug ist, um die ernsthafte Besorgnis zu begründen, der Gesellschafter könne ihretwillen seinen Einfluss zum Nachteil der Gesellschaft geltend machen. Der Unternehmensbegriff beschränkt den Anwendungsbereich zweckorientiert und dient gleichzeitig der Abgrenzung von reinen Privatgesellschaftern, die aus29
Vgl. Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 9 f.; vgl. auch Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 15; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 15 AktG, Rn. 10. 30 Siehe zu den unterschiedlichen Normzwecken im Einzelnen auch Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 16. 31 Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 11; Maier-Reimer/Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 15 AktG, Rn. 2. 32 Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 8; Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 11; Maier-Reimer/ Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 15 AktG, Rn. 2. 33 Siehe hierzu § 2 II. ff. 34 Vgl. Maier-Reimer/Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 15 AktG, Rn. 3; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 20; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 13; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 10. 35 BGH, Urt. v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 337 = NJW 1978, 104; BGH, Urt. v. 16. 2. 1981 – II ZR 168/79, BGHZ 80, 69, 72 = NJW 1981, 1512, 1513; BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, 337 = NJW 1986, 188, 190; BGH, Beschl. v. 17. 3. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 = NJW 1997, 1855, 1856. 36 Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 21; Maier-Reimer/Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 15 AktG, Rn. 3; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 15 AktG, Rn. 13; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 13; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 10; Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 6.
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drücklich nicht vom Konzernrecht erfasst werden.37 Anknüpfungspunkt für den Unternehmensbegriff ist eine anderweitige unternehmerische Tätigkeit und Interessenverfolgung des maßgeblich beteiligten Gesellschafters. Denn nur hierbei realisiert sich der dem Normzweck zugrunde liegende Konzernkonflikt.38 Die Beteiligung des Gesellschafters ist dabei maßgeblich, wenn diese ihm die Möglichkeit vermittelt, bestimmend auf die Gesellschaft einzuwirken. Dies erfordert, dass sein Einfluss beständig, umfassend und gesellschaftsrechtlich vermittelt ist, was in der Regel auf einer Mehrheitsbeteiligung beruht.39 Die Möglichkeit der Einflussnahme reicht hierfür bereits aus; ein tatsächliches Einwirken ist nicht erforderlich.40 In welcher Rechtsform der maßgeblich beteiligte Gesellschafter seine anderweitige unternehmerische Tätigkeit ausübt, ist für die Unternehmenseigenschaft irrelevant,41 so dass sämtliche Rechtsträger, die auch als Unternehmensträger fungieren können, als herrschendes Unternehmen in Betracht kommen.42 Neben einer GmbH als juristischer Person kann daher auch einer natürlichen Person die Unternehmenseigenschaft zukommen, sofern diese zugleich eine anderweitige unternehmerische Tätigkeit verfolgt.43 (4) Abhängiges Unternehmen Anders als beim herrschenden Unternehmen ist beim abhängigem Unternehmen die möglicherweise außerhalb der Beteiligung liegende Interessenbindung nicht die maßgebende Grundlage der zweckbestimmten Auslegung des Unternehmensbegriffs.44 Insbesondere unter Heranziehung der Vorschriften der Konzernrechnungslegung der §§ 290 ff. HGB steht der Unternehmensbegriff des abhängigen Unter37 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 14; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 21; vgl. auch Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 11; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 22. 38 Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 21; vgl. auch Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 10; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 23; Maier-Reimer/Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 15 AktG, Rn. 3. Siehe zum Konzernkonflikt auch § 2 II. ff. 39 Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 6. 40 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 16; Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 3. 41 Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 14; Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 9; Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 3; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 56. 42 Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 57. 43 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 15; Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 7; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 57; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 26; Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG , Anh. § 52 GmbHG, Rn. 9. 44 Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 47; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 15 Rn. 14; vgl. auch Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 86.
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nehmens (vornehmlich auch für die konzerneingebundene abhängige GmbH45) unter dem gesetzlichen Telos, Transparenz zu schaffen und Umgehungen zu vermeiden. Transparenz soll dabei hinsichtlich Kapital- und Vermögensbindungen ermöglicht werden. Darüber hinaus sollen insbesondere Umgehungen von gesetzlichen Restriktionen des herrschenden Unternehmens durch die Zwischenschaltung eines abhängigen Unternehmens vermieden werden.46 Einem am Maßstab dieses Normzwecks orientierten Unternehmensbegriffes des abhängigen Unternehmens ist daher ein sehr umfassender Anwendungsrahmen zugrunde zu legen, der weit über den des herrschenden Unternehmens hinausgeht.47 In personeller Hinsicht genügt aufseiten des abhängigen Unternehmens daher eine rechtlich verselbstständigte Vermögensmasse und Organisation.48 Die GmbH stellt als juristische Person eine solche rechtlich verselbstständigte Organisation dar, so dass der abhängigen GmbH die Unternehmensqualität im Sinne des § 15 AktG zukommt.49 bb) Mehrheitsbeteiligung nach § 16 AktG Die Definitionsnorm des § 16 AktG dient auch im GmbH-Konzernrecht hauptsächlich als Anknüpfungspunkt für die konzernrechtlichen Vorschriften, die gewöhnlich auf einer Mehrheitsbeteiligung beruhen. Namentlich stellt die Mehrheitsbeteiligung dabei insbesondere die Grundlage für die Abhängigkeitsvermutung nach § 17 Abs. 2 AktG und mittelbar über den dortigen Verweis auch für die Konzernvermutung nach § 18 Abs. 1 S. 3 AktG dar.50 (1) Anteils- und Stimmenmehrheit Ein rechtlich selbstständiges Unternehmen steht dabei nach § 16 Abs. 1 AktG im Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens, wenn diesem die Anteils- oder Stimmenmehrheit zukommt. Die Bestimmung der Mehrheitsverhältnisse richtet sich 45 Die Konzernrechnungslegung der §§ 290 ff. HGB findet aufgrund ihrer rechtsformneutralen Ausgestaltung ebenfalls unmittelbare Geltung für Konzerne mit einer GmbH als abhängigem Unternehmen, Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund (GmbH-Konzernrecht), Rn. 13; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 4; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 43; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 14. 46 Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 19; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15 AktG, Rn. 86. 47 Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 48. 48 Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 15, Rn. 86; Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 48; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 19; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 15 AktG Rn. 14; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 15 AktG, Rn. 24. 49 Vgl. Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 5; Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 14; ders. Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 15 AktG, Rn. 25. 50 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 15; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 35.
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dabei im Einzelnen für die Anteilsmehrheit nach § 16 Abs. 2 AktG und für die Stimmenmehrheit nach § 16 Abs. 3 AktG. In der Regel decken sich Anteils- und Stimmenmehrheit. Dies ist jedoch nicht zwingend, da die Stimmrechtsverhältnisse auch losgelöst von den Kapitalverhältnissen durch die Satzung festgesetzt werden können.51 Dies ist gerade bei der durch weitgehende Satzungsautonomie geprägten GmbH relevant.52 (2) Rechtsformspezifische Besonderheiten der GmbH Hier zeigen sich rechtsformspezifische Besonderheiten der GmbH gegenüber der AG, die bei der Bestimmung der Mehrheitsbeteiligung nach § 16 AktG Berücksichtigung finden müssen.53 So ist die Gewährung von Mehrstimmrechten gemäß § 12 Abs. 2 AktG in der AG ausdrücklich untersagt. Das GmbHG enthält keine vergleichbare Restriktion, sondern billigt nach § 45 Abs. 2 GmbHG ausdrücklich abweichende Satzungsbestimmungen über die Stimmkraft.54 Dies umfasst auch die Gestaltung von Mehrstimmrechten.55 Diese Gestaltungsfreiheit ermöglicht es auch, Mehrstimmrechte lediglich für bestimmte Beschlussgegenstände festzulegen.56 Hierzu muss ein eigenständiger Maßstab für die Bestimmung der Stimmenmehrheit gefunden werden, aus dem sich ergibt, bei welchen Beschlussgegenständen sich die Mehrheitsstimmrechte zur Stimmenmehrheit nach § 16 Abs. 1 AktG verdichten. Einem Unternehmen kann in diesen Fällen die Mehrheit im Sinne des § 16 Abs. 1 AktG über eine GmbH nur zukommen, wenn die Satzung die Stimmrechtsmehrheit bei Beschlussgegenständen vorsieht, welche ein richtungweisendes Auftreten der GmbH gegenüber dem Rechtsverkehr ermöglichen. Richtungweisend ist der Einfluss jedenfalls, wenn sich die satzungsmäßige Stimmrechtsmehrheit auf die Bestellung des Geschäftsführers und die Erteilung von Weisungen hinsichtlich des operativen Geschäfts der Gesellschaft erstreckt, da in diesem Fall maßgeblich und umfassend auf die Geschäftsleitung der Gesellschaft eingewirkt werden kann.57
51 Vgl. Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 16; vgl. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 47 GmbHG, Rn. 66 f. 52 Vgl. Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 18. Siehe zum Grundsatz der Satzungsautonomie auch 1. Teil, Fn. 19. 53 Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 10; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 16. 54 Vgl. Römermann, in: Michalski GmbHG, § 47 GmbHG, Rn. 355 und 360. 55 Statt aller Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 47 GmbHG, Rn. 68. 56 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 18. 57 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 18; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 10; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 16; Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/SchmidtLeithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 11.
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cc) Abhängigkeitsbegriff des § 17 AktG Die Abhängigkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG erfordert die Möglichkeit eines Unternehmens, beherrschenden Einfluss auf eine andere Gesellschaft auszuüben. Der Abhängigkeitsbegriff des § 17 AktG wird im Aktienrecht häufig als Zentralbegriff des Konzernrechts bezeichnet, da viele Normen bereits an die Abhängigkeit anknüpfen und somit unabhängig vom Vorliegen einheitlicher Leitung wesentliche Rechtsfolgen im Konzernrecht im weiteren Sinne58 regeln.59 An die Abhängigkeit knüpfen im Aktienrecht etwa die §§ 311 bis 318, § 56 Abs. 2, § 71d S. 2 und § 89 Abs. 2 AktG an. Da die Anwendbarkeit der §§ 311 bis 318 AktG auf den faktischen GmbH-Konzern allgemein abgelehnt wird60 und sich im GmbHG entsprechende Anknüpfungspunkte der übrigen Vorschriften nicht finden, kommt dem Abhängigkeitsbegriff insgesamt im GmbH-Konzernrecht eine geringere Bedeutung als im Aktienkonzernrecht zu. (1) Beherrschende Einflussmöglichkeit Beherrschend ist der Einfluss, wenn ein Unternehmen maßgeblich auf die Personal-, Geschäfts- und Unternehmenspolitik einer GmbH einwirken kann und dadurch über rechtlich gesicherte Möglichkeiten verfügt, Konsequenzen für den Fall des Zuwiderhandelns anzudrohen.61 Aufseiten des untergeordneten Unternehmens erscheint das einflusskonforme Verhalten zur Vermeidung der angedrohten negativen Konsequenz dann alternativlos, so dass allein die Ausrichtung an der übergeordneten Gesellschaft den richtungsweisenden Maßstab unternehmerischer Entscheidungen darstellt. Zur Begründung beherrschenden Einflusses reicht indes die gesicherte Möglichkeit der Einflussnahme aus. Ob das herrschende Unternehmen tatsächlich richtungsweisend auf die GmbH einwirkt, ist daher für die Abhängigkeit nach § 17 Abs. 1 AktG nicht relevant.62 Der konzernrechtliche Abhängigkeitsbegriff knüpft demzufolge bereits an die abstrakte Gefahr der Einflussmöglichkeit an.63 58
Siehe zum Konzernrecht im weiteren und engeren Sinne § 2.III.4. Maier-Reimer/Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 17 AktG, Rn. 1; Schall, in: Spindler/ Stilz AktG, § 17 AktG, Rn. 1; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 17, Rn. 2; Hirschmann, in: Hölters AktG, § 17 AktG, Rn. 1; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 17 AktG, Rn. 2. 60 Siehe zur Unanwendbarkeit der aktienrechtlichen Vorschriften zum faktischen Konzern § 2.III.3. 61 Vgl. BGH, Beschl. v. 19. 1. 1993 – KVR 21/91, BGHZ 121, 138, 146 = NJW 1993, 2114, 2115; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22. 7. 1993 – 6 U 84/92, AG 1994, 36, 37; vgl. auch Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 17 AktG, Rn. 21; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 17; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 17, Rn. 8. 62 BGH, Urt. v. 4. 3. 1974 – II ZR 89/72, BGHZ 62, 193, 201 = NJW 1974, 855, 857; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 46; Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt59
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(2) Gesellschaftsrechtlich vermittelte Einflussmöglichkeit Die Abhängigkeit einer GmbH von einem anderen Unternehmen wird nach § 17 Abs. 2 AktG vermutet, wenn das Unternehmen die Mehrheitsbeteiligung an der GmbH hält. Das gesetzliche Leitbild des konzernrechtlichen Abhängigkeitsbegriffs knüpft demnach daran an, dass das Beherrschungsmittel auf einer gesellschaftsrechtlichen Grundlage basiert.64 Die Möglichkeit der Einflussnahme muss demnach (zumindest auch) auf einer gesellschaftsrechtlich vermittelten Kompetenzgrundlage beruhen.65 Hierzu zählen klassischerweise die (mehrheitliche) Kapitalbeteiligung sowie der Abschluss eines Beherrschungsvertrags.66 Ein auf ausschließlich tatsächlichen Faktoren beruhender Einfluss, etwa in Form wirtschaftlichen Druckpotentials, der als Folge von engen Kredit- oder Lieferbeziehungen auftreten kann, reicht nach überwiegender Ansicht für den konzernrechtlichen Begriff des beherrschenden Einflusses nicht aus.67 Jedoch nimmt die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG ohne inhaltliche Einschränkungen auf die Mehrheitsbeteiligung nach § 16 AktG Bezug, differenziert folglich nicht zwischen Anteils- und Stimmenmehrheit. Die Vermutung greift demnach bereits, wenn einem Unternehmen lediglich die Anteilsmehrheit an der abhängigen GmbH zukommt. Bemerkenswert ist dies vor dem Hintergrund, dass die reine Kapitalmehrheit dem herrschenden Unternehmen ohne Stimmenmehrheit keine selbstständige Einwirkungsmöglichkeit auf die Personal-, Geschäfts- und Unternehmenspolitik einer abhängigen GmbH vermittelt und ein beherrschender Einfluss per Definition68 eigentlich abzulehnen wäre. Für den gesetzlichen Anknüpfungspunkt, dem der konzernrechtliche Abhängigkeitsbegriff zugrunde gelegt wurde, lässt sich entnehmen, dass die Einflussmöglichkeit zwar eine gesellschaftsrechtliche Vermittlung erfordert, die Abhängigkeit jedoch nicht zwangsläufig auf der Stimmenmehrheit des herrschenden Unternehmens beruhen muss.69 Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 12; Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 24; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 31. 63 Vgl. Raiser/Veil, KapGesR, § 59, Rn. 15. 64 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 395 = NJW 1984, 1893, 1896; Raiser/Veil, KapGesR, § 59, Rn. 16; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 17 AktG, Rn. 14. 65 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 395 ff. = NJW 1984, 1893, 1896; vgl. auch BGH, Beschl. v. 19. 1. 1993 – KVR 21/91, BGHZ 121, 138, 145 = NJW 1993, 2114, 2115; Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 26a; vgl. auch Hirschmann, in: Hölters AktG, § 17 AktG, Rn. 5; Maier-Reimer/Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 17 AktG, Rn. 2; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 31. 66 Vgl. auch Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 17 AktG, Rn. 14. 67 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 26a; vgl. auch Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 17 AktG, Rn. 29; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 17 AktG, Rn. 8; a.A. Soudry/ Löb, GWR 2011, 127, 128 ff. 68 Raiser/Veil, KapGesR, § 59, Rn. 16. Siehe hierzu auch § 2 I.3.b)cc)(1). 69 Vgl. Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 17 AktG, Rn. 28.
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1. Teil: Grundlagen
Hieraus wird überwiegend geschlossen, dass die Einflussmöglichkeit nicht ausschließlich auf einer gesellschaftsrechtlichen Kompetenzgrundlage beruhen muss. Vielmehr kann Abhängigkeit nach § 17 Abs. 1 AktG auch durch eine Koppelung einer Minderheitsbeteiligung mit anderweitigen Einflussmöglichkeiten entstehen.70 Dies erfordert, dass der kombinierten Beherrschung ein vergleichbares Einwirkungspotential auf die Geschäftsleitung hinsichtlich der wesentlichen Geschäftsfelder zukommt, wie bei der Stimmenmehrheit.71 In diesem Fall ist ebenfalls anzunehmen, dass das abhängige Unternehmen seine Geschäftspolitik aufgrund angedrohter negativer Konsequenzen seitens des herrschenden Unternehmens an dessen Interessen ausrichtet, so dass eine vergleichbare Gefährdungslage vorliegt. (3) Rechtsformspezifische Besonderheiten der GmbH Die zu berücksichtigenden rechtsformspezifischen Besonderheiten der GmbH aufgrund weitreichender Satzungsautonomie strahlen ebenfalls auf den Abhängigkeitsbegriff ab. Die Satzungsautonomie ermöglicht es, einem Minderheitsgesellschafter durch entsprechende Regelungen beherrschende Einflussmöglichkeiten zu gewähren. Maßgebliche Einwirkungsmöglichkeiten und somit beherrschenden Einfluss vermitteln etwa Mehrstimmrechte, die dem Minderheitsgesellschafter (zumindest bei gewichtigen Beschlussgegenständen) die Stimmenmehrheit garantieren. Darüber hinaus kommen auch Sonderrechte in Betracht, die dem Gesellschafter direkt die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers ermöglichen oder ein Weisungsrecht einräumen.72 In diesem Fall ist auch ohne Stimmenmehrheit konzernrechtliche Abhängigkeit gegeben.73 (4) Widerlegbare Abhängigkeitsvermutung Die Abhängigkeit wird nach § 17 Abs. 2 AktG bei Mehrheitsbesitz im Sinne des § 16 Abs. 1 AktG widerlegbar vermutet.74 Durch diese verschachtelte Systematik
70 BGH, Urt. v. 18. 6. 2001 – II ZR 212/99, BGHZ 148, 123, 125 = NJW 2001, 2973, 2974; OLG Düsseldorf, Beschluß v. 8. 11. 2004 – I-19 W 9/03 AktE, NZG 2005, 1012, 1013; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8. 7. 2003 – 19 W 6/00 AktE, AG 2003, 688, 689; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 17 AktG, Rn. 25; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 17 AktG, Rn. 16; Hirschmann, in: Hölters AktG, § 17 AktG, Rn. 7. 71 Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 17 AktG, Rn. 28; vgl. auch Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 17 AktG, Rn. 9. 72 Siehe zu den rechtsformspezifischen Besonderheiten auch § 2 I.3.b)bb)(2). 73 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 123; vgl. auch Raiser/Veil, KapGesR, § 59, Rn. 17; Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 26; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 10. 74 Statt aller Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 13.
§ 2 Die GmbH im Konzern
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wird der Tatbestand des § 16 AktG, insbesondere die Anteils- und Stimmenmehrheit, mit in den sachlichen Anwendungsbereich von § 17 AktG einbezogen.75 dd) Konzernbegriff des § 18 AktG Ausweislich der Legaldefinition des § 18 Abs. 1 S. 1 AktG stellt ein Konzern die Zusammenfassung von einem herrschenden und mindestens einem abhängigen Unternehmen unter einheitlicher Leitung dar. (1) Einheitliche Leitung Das zentrale Merkmal des Konzernbegriffs stellt dabei die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung dar.76 Diese ist dabei durch eine am Gesamtinteresse orientierte Zielsetzung und eine Durchführung gekennzeichnet, die sich nicht nur auf einzelne Unternehmensteile beschränkt, sondern das Gesamtunternehmen erfasst.77 Im Gegensatz zur Abhängigkeit ist für die Annahme einheitlicher Leitung nicht nur die Möglichkeit78 der einheitlichen Leitung ausreichend, sondern es ist erforderlich, dass der bestehende Einfluss tatsächlich ausgeübt wird.79 (2) Enger und weiter Konzernbegriff Die Erfordernisse an den Umfang der Leitung sind jedoch umstritten. Im Wesentlichen geht es hierbei um die Frage, ob sich die Leitung auf alle wesentlichen unternehmerischen Bereiche erstrecken muss oder ob bereits die Leitungsmacht in einzelnen Funktionsbereichen genügt.80 Diese unterschiedlichen Auffassungen, die auch als enger beziehungsweise weiter Konzernbegriff bezeichnet werden, beruhen auf einem divergenten Verständnis des Konzerns im Rechtssinn. Nach dem engen Konzernbegriff stelle der Konzern eine wirtschaftliche Einheit dar, was insbesondere die Wahrnehmung zentraler Leitungsfunktionen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen durch die Konzernführung erfordere.81 Der weite Konzernbegriff geht darüber hinaus und nimmt einen Konzern bereits an, wenn die zentralen Leitungsfunktionen in einem wesentlichen Unternehmensbereich
75
Siehe auch § 2 I.3.b)bb). Raiser/Veil, KapGesR, § 59, Rn. 30; Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 18 AktG, Rn. 28; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 18 AktG, Rn. 9. 77 Maier-Reimer/Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 18 AktG, Rn. 3. 78 Siehe insoweit zur Abhängigkeit § 2 I.3.b)cc)(1). 79 Drygala/Staake/Szalai, KapGesR, § 29, Rn. 40. 80 Maier-Reimer/Kessler, in: Henssler/Strohn GesR, § 18 AktG, Rn. 3; siehe hierzu auch Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 31 ff. 81 Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 18 AktG, Rn. 9 ; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 18 AktG, Rn. 19. 76
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1. Teil: Grundlagen
ausgeübt werden.82 In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH83 besteht jedoch Einigkeit darin, dass ein zentrales Cash Management die konzernrechtlich erforderliche, einheitliche Leitung begründet.84 Im Rahmen der Normen, die an den Konzerntatbestand anknüpfen, sind die rechtlichen Konsequenzen im Hinblick auf die unterschiedlichen Positionen noch nicht ausreichend geklärt. Für den weiten Konzernbegriff spricht daher, dass dieser einen weiteren Anwendungsbereich zulässt und dadurch keine Fallgestaltungen vorschnell ausschließt.85 Diese Arbeit stellt die Geschäftsführung im Rahmen von konzerninternen Darlehen in den Mittelpunkt, so dass hierbei regelmäßig von einem zentralen Cash Management ausgegangen und einheitliche Leitung nach beiden Ansichten bejaht werden kann. Der Streit muss daher vorliegend nicht entschieden werden. c) Erscheinungsformen unternehmerischer Verbindungen In der Praxis finden sich diverse Erscheinungsformen unternehmerischer Verbindungen. Die Differenzierungen sind dabei im Gesetz angelegt, wobei speziell im Hinblick auf Konzerne zwischen unterschiedlichen Konzerngattungen und Konzernierungsgraden unterschieden wird.86 aa) Unterscheidung nach Konzerngattung Zunächst ist dem Gesetz in § 18 AktG eine Zweiteilung nach der Konzerngattung zu entnehmen. Unterschieden wird zwischen Unterordnungs- und Gleichordnungskonzern.87 Die Zuordnung zur jeweiligen Gattung erfolgt dabei anhand des Hierarchiegefüges innerhalb der Unternehmensverbindung. Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Unternehmen begründet dabei einen Unterordnungskonzern nach § 18 Abs. 1 AktG. Liegt keine Abhängigkeit vor, sondern begegnen sich die Unternehmen auf einem Level, handelt es sich um einen Gleichordnungskonzern nach § 18 Abs. 2 AktG.88
82
Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 18 AktG, Rn. 13 ff.; Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 18 AktG, Rn. 30. 83 BGH, Urt. v. 20. 2. 1989 – II ZR 167/88, BGHZ 107, 7, 20 = NJW 1989, 1800, 1803; BGHZ 115, 187, 191 = NJW 1991, 3142, 3143. 84 Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 18 AktG, Rn. 12; Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 18 AktG, Rn. 31; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 18 AktG, Rn. 12. 85 Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 18 AktG, Rn. 33; ähnlich auch Hirschmann, in: Hölters AktG, § 18 AktG, Rn. 15. 86 Vgl. Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 141 ff. 87 Statt aller Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 9. 88 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 142.
§ 2 Die GmbH im Konzern
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(1) Unterordnungskonzern nach § 18 Abs. 1 AktG Der Unterordnungskonzern nach § 18 Abs. 1 AktG ist dadurch geprägt, dass ein herrschendes Unternehmen über mindestens ein abhängiges89 Unternehmen einheitliche Leitungsmacht90 ausübt. Der Unterordnungskonzern stellt die typische Erscheinungsform des Konzerns dar.91 Die Notwendigkeit zur Konzerngründung geht dabei häufig auf das wirtschaftliche Wachstum des Unternehmens zurück, was eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Strukturierung erforderlich macht.92 Konzerne können auf vielfache Weise entstehen.93 Klassisch ist etwa die Entstehung durch die Gründung von Tochtergesellschaften. Daneben kann die Bildung von Unterordnungskonzernen auch auf gezielte Akquisitionen von Unternehmen zurückgehen. Unterordnungskonzerne ermöglichen dem herrschenden Unternehmen auf die Geschäftspolitik seiner Tochtergesellschaft einzuwirken und diese an außerhalb der abhängigen Gesellschaft liegenden Zielen auszurichten und dadurch Synergieeffekte fruchtbar zu machen94. Diese Konzernstruktur eignet sich daher auch besonders gut für die konzernweite Installation eines Cash Managements, dass unter die einheitliche Leitung der Mutter gestellt wird.95 (2) Gleichordnungskonzern nach § 18 Abs. 2 AktG Einen Gleichordnungskonzern bilden nach § 18 Abs. 2 AktG zwei voneinander unabhängige, rechtlich selbstständige Unternehmen, die unter einheitlicher Leitung zusammen gefasst sind. Die Leitung basiert hier nicht auf einem Abhängigkeitsverhältnis, sondern muss anderweitig gewährleistet werden. Klassische Instrumente zur einheitlichen Leitung stellen dabei vertragliche Absprachen und personelle Verflechtungen der Leitungsgremien dar.96 In der Rechtspraxis spielt der Gleichordnungskonzern jedoch lediglich eine untergeordnete Rolle.97 In dieser Arbeit steht die GmbH als abhängiges Konzernunternehmen, mithin der Unterordnungskonzern, im Mittelpunkt der Bearbeitung, so dass vorliegend auf weitere Ausführungen zum Gleichordnungskonzern verzichtet wird. 89
Zum Abhängigkeitsbegriff siehe auch § 2 I.3.b)cc) ff. Zum Begriff der einheitlichen Leitung siehe auch § 2 I.3.b)dd)(1). 91 Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 67; Drygala, in: Oppenländer/ Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 21; Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 11. 92 E. Scheffler, Konzernmanagement, S. 3; Lutter/Scheffler/Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 1.6. 93 Siehe zur Konzernentstehung ausführlich Theisen, Der Konzern, S. 91 ff. 94 E. Scheffler, Konzernmanagement, S. 4. 95 Becker, DStR 1998, 1528, 1529; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 37. 96 Raiser/Veil, KapGesR, § 58, Rn. 4. 97 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 142; Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 79; Lutter/Drygala, ZGR 1995, 557. 90
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1. Teil: Grundlagen
bb) Unterscheidung nach Konzernierungsgrad Innerhalb des Unterordnungskonzerns wird weiter zwischen verschiedenen Konzernierungsgraden differenziert.98 Ebenso wie im Aktienrecht wird dabei zwischen dem Vertragskonzern und dem faktischen Konzern unterschieden.99 Den Anknüpfungspunkt dieser im Gesetz angelegten Differenzierung100 stellen die Instrumente zur einheitlichen Leitung dar.101 Basiert die Leitungsmacht zwischen dem herrschenden und dem abhängigen Unternehmen auf einem Beherrschungsvertrag analog § 291 Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG, spricht man von einem Vertragskonzern, während es sich bei anderweitig begründeten Formen der Leitungsmacht um einen faktischen Konzern handelt.102 (1) Vertragskonzern Im Vertragskonzern ist die Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens vertraglich begründet. Nimmt die konzerneingebundene GmbH die Stellung eines abhängigen Konzernunternehmens103 ein, liegt die GmbH außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der aktienrechtlichen Vorschriften zum Vertragskonzern.104 Außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs wird den Wertungen des Aktienrechts hinsichtlich des Vertragskonzerns durch die entsprechende Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften Geltung verschafft. Grundsätzlich sind die Vorschriften über Unternehmensverträge der §§ 291 bis 310 AktG, insbesondere die Regelungen über den Vertragskonzern, entsprechend auf die abhängige GmbH an-
98 Raiser/Veil, KapGesR, § 58, Rn. 5; vgl. auch Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 12; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 10; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 144; Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 11. 99 Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 18 AktG, Rn. 3; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 10; siehe zum Aktienrecht Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 18 AktG, Rn. 3. 100 Vgl. auch insoweit Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 374. 101 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 144. 102 Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 12; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 10; vgl. auch Raiser/Veil, KapGesR, § 58, Rn. 5; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 18 AktG, Rn. 3. 103 Siehe zum Abhängigkeitsbegriff des § 17 AktG auch § 2 I.3.b)cc) ff. 104 Die §§ 291 bis 310 AktG erfordern zur unmittelbaren Anwendbarkeit lediglich die Beteiligung einer AG beziehungsweise KGaA als abhängiges Konzernunternehmen. Nimmt hierbei die GmbH die Stellung des herrschenden Unternehmens ein, sind die aktienrechtlichen Vorschriften zum Vertragskonzern daher unmittelbar anwendbar, vgl. Verse, in: Henssler/ Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 6 f.; Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 2; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 40; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 11; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 1 f.
§ 2 Die GmbH im Konzern
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zuwenden.105 Ihre Grenze findet die Übertragbarkeit jedoch bei rechtsformspezifischen Besonderheiten.106 Die Voraussetzung zur Begründung eines Vertragskonzerns ist der Abschluss eines Beherrschungsvertrags analog § 291 Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG.107 Im Regelfall tritt der Beherrschungsvertrag neben eine Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen GmbH, so dass sich die Leitungsmacht nicht auf den, durch die Beteiligung vermittelten, Einfluss beschränkt, sondern darüber hinaus durch den Unternehmensvertrag noch verstärkt wird.108 Für die Begründung eines Vertragskonzerns reicht es indes aus, wenn ein Beherrschungsvertrag geschlossen wird, ohne dass das herrschende Unternehmen eine Beteiligung an der abhängigen GmbH hält.109 So ist es durchaus denkbar, dass eine Muttergesellschaft an mehreren Tochtergesellschaften beteiligt ist, die Konzernleitung aber von einer Tochtergesellschaft ausgeht, die an den von ihr beherrschten Gesellschaften keine Beteiligung hält.110 In diesem Fall wird die Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens erst durch den Beherrschungsvertrag legitimiert. Die Definierung des Vertragskonzerns über das Alleinstellungsmerkmal des Beherrschungsvertrags lässt sich dabei dem Gesetz entnehmen. So begründet allein der Beherrschungsvertrag direkte Leitungsmacht gegenüber einer abhängigen GmbH in Form des Weisungsrechts analog § 308 Abs. 1 AktG.111 Der Abschluss anderer Unternehmensverträge analog § 291 f. AktG begründet für sich genommen keinen Vertragskonzern.112 Die Koppelung eines Beherrschungsvertrags mit anderen Unternehmensverträgen, insbesondere mit einem Gewinnabführungsvertrag analog § 291 Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG, ist jedoch rechtlich zulässig und in der Praxis weit
105 Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 29; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 6; vgl. auch Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund (GmbH-Konzernrecht), Rn. 15; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Einleitung, Rn. 14; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 9. 106 Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Einleitung, Rn. 14. Eine rechtsformspezifische Besonderheit ist etwa, dass das GmbH-Recht im Gegensatz zum Aktienrecht keine Pflicht zur Bildung von gesetzlichen Rücklagen entsprechend § 150 AktG kennt. Die gesetzliche Pflicht zur Rücklagenbildung bei Abschluss eines Beherrschungsvertrags nach § 300 AktG ist daher nicht in entsprechender Anwendung auf den GmbH-Konzern übertragbar, Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 300 AktG, Rn. 5; Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 300 AktG, Rn. 7. 107 Vgl. Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 10; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 144. 108 Vgl. Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 11. 109 Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 17 AktG, Rn. 22. 110 Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 17 AktG, Rn. 38. 111 Vgl. Servatius, in: BeckOK GmbHG, Systematische Darstellung Konzernrecht, Rn. 38. 112 Vgl. Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 18 AktG, Rn. 3.
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1. Teil: Grundlagen
verbreitet.113 Isolierte Beherrschungsverträge kommen hingegen bei der Beteiligung einer abhängigen GmbH selten vor. Im Gegensatz zu dem nach § 76 Abs. 1 AktG unabhängigen Vorstand der AG ist der GmbH-Geschäftsführer nach § 37 Abs. 1 GmbHG gegenüber der Gesellschafterversammlung weisungsgebunden, so dass die (isolierte) vertragliche Begründung des Weisungsrechts bei einer abhängigen GmbH grundsätzlich eine untergeordnete Rolle spielt.114 (2) Faktischer Konzern Wird die einheitliche Konzernleitung des herrschenden Unternehmens über die abhängige GmbH nicht durch einen Beherrschungsvertrag vermittelt, handelt es sich um einen faktischen Konzern.115 Diese Konzernstruktur ist bei der GmbH als Tochtergesellschaft absolut üblich, so dass in der Praxis Gestaltungsformen der faktischen Konzernierung gegenüber GmbH-Vertragskonzernen deutlich überwiegen.116 Im Regelfall beruht die Abhängigkeit der untergeordneten Gesellschaft dabei auf einer Mehrheitsbeteiligung des herrschenden Unternehmens. Mit der Mehrheitsbeteiligung geht grundsätzlich auch die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung einher, welche der Konzernmutter die faktische Konzernleitungsmacht vermittelt.117 Im Einzelnen erfolgt die Konzernleitung des herrschenden Unternehmens aufgrund der Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung, insbesondere im Wege von Weisungen nach § 37 Abs. 1 GmbHG und der Abberufungsmöglichkeit des Geschäftsführers nach § 38 Abs. 1 GmbHG. (3) Qualifiziert faktischer Konzern Neben den Vertragskonzern und den faktischen Konzern trat in der Vergangenheit der qualifiziert faktische Konzern als weiteres eigenständiges Rechtsinstitut.118 Dieses basierte auf der Erkenntnis, dass das konzernrechtliche Schutzkonzept, insbesondere hinsichtlich des faktischen GmbH-Konzerns, ein unzureichendes 113 Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 70, Rn. 1; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 63. 114 Servatius, in: BeckOK GmbHG, Systematische Darstellung Konzernrecht, Rn. 43; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 62; vgl auch Decher/ Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 70, Rn. 1. 115 Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 12; vgl. auch Servatius, in: BeckOK GmbHG, Systematische Darstellung Konzernrecht, Rn. 38; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 10. 116 Vgl. Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 24; Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 103; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 29, Rn. 2. 117 Vgl. Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 18 AktG, Rn. 9. Zu weiteren Möglichkeiten der Abhängigkeitsbegründung durch Sonderregelungen in der Satzung siehe § 2 I.3.b)cc)(3). 118 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 27; Heider, in: Münch. Komm. AktG, § 1 AktG, Rn. 69.
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Schutzniveau aufwies. Schwächen offenbarten sich sowohl beim Schutz der abhängigen Gesellschaft als auch ihrer Minderheitsgesellschafter und der Gesellschaftsgläubiger, wenn das herrschende Unternehmen auf das abhängige Unternehmen so intensiv einwirkte, dass dessen Eigeninteresse nachhaltig beeinträchtigt wurde.119 Hieran anknüpfend entwickelte der BGH in der Autokran-Entscheidung120 das Haftungskonzept des qualifiziert faktischen Konzerns. Zur Schließung der auftretenden Schutzdefizite wurde auf das Schutzkonzept des Vertragskonzerns zurückgegriffen und dem herrschenden Unternehmen eine Verlustausgleichspflicht analog §§ 302 und 303 AktG auferlegt. Der haftungsbegründende Tatbestand wurde vom BGH dabei anfänglich als Zustandshaftung ausgestaltet.121 Danach traf die herrschende Gesellschaft die Verlustausgleichspflicht, wenn es die Leitungsmacht nahezu vollständig bei sich konzentrierte und dabei die Betriebsmittel der Gesellschaften losgelöst von der jeweiligen vermögensmäßigen Zuordnung dergestalt in den Dienst des Gesamtkonzerns stellte, dass die Tochtergesellschaften praktisch wie unselbstständige Betriebsabteilungen erschienen.122 Das ursprünglich entwickelte Haftungskonzept der Zustandshaftung änderte der BGH jedoch zunächst in der TBB-Entscheidung123 zugunsten einer Verhaltenshaftung.124 Die Verlustausgleichspflicht entstand fortan, wenn die Konzernmutter die Leitungsmacht ohne angemessene Rücksicht auf die Belange der Tochtergesellschaft ausübte.125 Das Rechtsinstitut des qualifiziert faktischen Konzerns hat der BGH letztlich mit seiner Bremer Vulkan-Entscheidung126 jedoch gänzlich aufgegeben. Das konzernrechtliche Haftungssystem wurde darin durch das auf § 826 BGB gestützte deliktische Haftungsregime des existenzvernichtenden Eingriffs abgelöst.127 Die haftungsrechtliche Neuorientierung ist in der Literatur zumindest im Grundsatz überwiegend auf Zustimmung128 gestoßen und vom BGH bereits in weiteren Entschei119
Vgl. Kleindieck, GmbHR 1992, 574, 575; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbHGeschäftsführung, § 41, Rn. 27; Keßler, in: Keßler Hdb. d. GmbH-Konzerns, S. 12. 120 BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, 330 = NJW 1986, 188. 121 Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 65; Heider, in: Münch. Komm. AktG, § 1 AktG, Rn. 69. 122 BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, 341 = NJW 1986, 188, 190. 123 BGH, Urt. v. 29. 3. 1993 – II ZR 265/91, BGHZ 122, 123 = NJW 1993, 1200. 124 Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 66; Heider, in: Münch. Komm. AktG, § 1 AktG, Rn. 69. 125 BGH, Urt. v. 29. 3. 1993 – II ZR 265/91, BGHZ 122, 123, 130 = NJW 1993, 1200, 1203. 126 BGH, Urt. v. 17. 9. 2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, 10 = NJW 2001, 3622. 127 Koppensteiner/Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 GmbHG, Rn. 69 f.; Heider, in: Münch. Komm. AktG, § 1 AktG, Rn. 69. 128 Vgl. hierzu etwa Keßler, GmbHR 2001, 1095, 1097; Bitter, WM 2001, 2133, 2137; Henze, NZG 2003, 649, 656 ff.; Roth, NZG 2003, 1081 f.; Bruns, WM2003, 815, 816 ff.; Haas, WM 2003, 1929, 1931 ff.; Emmerich, AG 2004, 423 ff.; Wahl, GmbHR 2004, 994 ff.
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1. Teil: Grundlagen
dungen129 gefestigt worden. Die Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzerns erscheint daher heute überholt, so dass auf weitere Ausführungen verzichtet wird.
II. Der Konzernkonflikt Die Flexibilität in der Ausrichtung der GmbH an den Interessen des Unternehmensverbunds birgt jedoch die Gefahr der Ausbeutung der abhängigen Gesellschaft. Die Ausbeutung schmälert den Wert der Gesellschaftsanteile der Minderheitsgesellschafter und ihre Partizipationsmöglichkeiten an möglichen Gesellschaftsgewinnen. Im äußersten Fall führt die Ausbeutung zur Insolvenz der Gesellschaft. Dies gefährdet sowohl die Existenz der Gesellschaft als auch ihre Gläubiger, deren Forderungen in der Insolvenz wertlos werden.130 Bei einem klassischen Konzernverbund konzentriert sich die maßgebliche Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft bei einem einzigen Unternehmen, so dass diesem die Mehrheitsgesellschafterstellung zukommt.131 Ein unternehmerischer Gesellschafter ist neben seiner Beteiligung anderweitig unternehmerisch tätig und verfolgt daher grundsätzlich auch außerhalb der abhängigen Gesellschaft liegende unternehmerische Interessen. Die Mehrheitsgesellschafterstellung eines solchen Gesellschafters birgt die Gefahr, dass dieser seine Machtposition nutzt, um Sonderinteressen durchzusetzen, auch wenn dies mit Nachteilen für die abhängige Gesellschaft einhergeht.132 1. Die unabhängige GmbH als gesetzliches Leitbild Insofern unterscheidet sich die Interessenlage bei einem unternehmerischen Gesellschafter von der idealtypischen Interessenbündelung bei einer Gesellschaft mit ausschließlich Privatgesellschaftern.133 Letztgenannte verfolgen keine anderweitigen unternehmerischen Interessen und haben grundsätzlich kein Interesse an 129
Vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 24. 6. 2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, 181 = NJW 2002, 3024; BGH, Urt. v. 20. 9. 2004 – II ZR 302/02, NJW 2005, 145; BGH, Urt. v. 13. 5. 2004 – 5 StR 73/03, NJW 2004, 2248; BGH, Urt. v. 13. 12. 2004 – II ZR 206/02, NZG, 2005, 177; BGH, Urt. v. 13. 12. 2004 – II ZR 256/02, NZG 2005, 214. 130 Vgl. Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 17 und 20 f.; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 3; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 3. 131 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 1. Siehe zum Konzern- und Abhängigkeitsbegriff auch § 2 I.3.b)dd) ff. und § 2 I.3.b)cc) ff. sowie zu den Begriffen des Unternehmens und der Mehrheitsbeteiligung § 2 I.3.b)aa) ff. und § 2 I.3.b)bb) ff. 132 Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 3; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 20; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 7; Decher/ Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 3. 133 Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 1; Rosenbach, in: Beck. Hdb. d. GmbH, § 17, Rn. 1; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, Vorb. §§ 15 ff. AktG, Rn. 27.
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einer „Ausplünderung“ der Gesellschaft, da die mögliche Erhöhung ihrer Privatvermögen mit einem entsprechenden Wertverlust ihrer Gesellschaftsbeteiligungen einhergeht.134 Bei einer, dem gesetzlichen Leitbild der unabhängigen Gesellschaft entsprechenden GmbH, handeln die Gesellschafter daher im Interesse der Gesellschaft, um von der angestrebten Wertsteigerung der Gesellschaft auch auf „privater“ Gesellschafterebene zu profitieren.135 Die idealtypische GmbH ist daher durch einen Gleichlauf von Privat- und Gesellschafterinteressen geprägt.136 Von dieser gesellschafterübergreifenden Zielsetzung profitieren neben den Minderheitsgesellschaftern auch die Gläubiger der Gesellschaft, da mit der Wertsteigerung der Gesellschaft auch ein Bonitätszuwachs einhergeht, der die Befriedigungschancen erhöht.137 2. Gefahren des Unternehmensverbunds Der Interessengleichlauf wird jedoch gestört, wenn weitere „gesellschaftsfremde“ unternehmerische Interessen hinzutreten. Denn im Gegensatz zu Privatgesellschaftern kann ein Unternehmen seine Gesellschafterstellung dazu nutzen, über den einzelnen Rechtsträger hinausgehende Partikularinteressen zu verfolgen.138 Gewinne der GmbH können beispielsweise durch entsprechend ausgestaltete Vertragsbeziehungen auf den unternehmerischen Gesellschafter verlagert werden.139 Unabhängig von einer betriebswirtschaftlichen Nützlichkeit der übergeordneten Unternehmung, gefährdet ein solches Verhalten Minderheitsgesellschafter, die auf eine Interessenkonzentration bezüglich „ihrer“ Gesellschaft angewiesen sind. Denn die Verlagerung von Gewinnen der GmbH auf andere Gesellschaften schmälert den Wert der GmbH und zugleich die Gewinnbeteiligung ihrer Gesellschafter. Daneben entstehen auch Risiken für die Gesellschaftsgläubiger, welche auf eine Interessenbündelung auf das Gesellschaftsinteresse zur Werterhaltung beziehungsweise Wertsteigerung ihres Schuldners vertrauen. Ein Wertverlust der GmbH reduziert die
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Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 10. K. Schmidt, GesR, S. 486 f.; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 16 und 20; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 3; vgl. auch Schall, in: Spindler/Stilz AktG, Vorb. §§ 15 ff. AktG, Rn. 27. 136 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 10. 137 Drygala/Staake/Szalai, KapGesR, § 29, Rn. 2. 138 Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 4; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 20; ders., GmbHKonzernrecht, S. 3 f.; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 11; vgl. auch Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund (GmbH-Konzernrecht), Rn. 1. 139 Vgl. Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund (GmbH-Konzernrecht), Rn. 6; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 20; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 7. 135
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1. Teil: Grundlagen
Solvenz der GmbH und erhöht das Risiko der Insolvenz, welche letztlich zu einer faktischen Entwertung der Forderungen führen würde.140 a) Gefahren für die Minderheitsgesellschafter Die idealtypische Interessenkonzentration auf den Erfolg der Gesellschaft garantiert eine harmonische Zielausrichtung zwischen Mehrheitsgesellschafter und Minderheitsgesellschafter (beziehungsweise den Minderheitsgesellschaftern). Einem Machtkampf innerhalb der Gesellschafterversammlung wird dadurch vorgebeugt.141 Verfolgt der Mehrheitsgesellschafter auf Kosten der abhängigen Gesellschaft unternehmerische Sonderinteressen, endet der harmonische Gleichlauf und der Mehrheitsgesellschafter provoziert Uneinigkeit hinsichtlich der Zielausrichtung der Gesellschaft. Denn von der Dienstbarmachung der Gesellschaft partizipiert letztlich nur der Mehrheitsgesellschafter auf der Ebene der herrschenden Gesellschaft, während die Minderheitsgesellschafter eine Entwertung ihrer Gesellschaftsanteile erleiden, ohne auf privater Ebene von der im Sinne des Mehrheitsgesellschafters ausgerichteten Geschäftsführung zu profitieren. Die Minderheitsgesellschafter sind bei einem Machtkampf mit dem Mehrheitsgesellschafter jedoch mangels Stimmgewicht nicht in der Lage, den an persönlichen Partikularinteressen ausgerichteten Einfluss des Mehrheitsgesellschafters auf die GmbH zu verhindern.142 b) Gefahren für die Gläubiger Forderungen gegen die abhängige Gesellschaft vermitteln grundsätzlich keine Gläubigerstellung gegenüber dem gesamten Konzern.143 Die Gläubiger können daher zur Befriedigung ihrer Forderungen nicht das herrschende Unternehmen beanspruchen, zu dessen Gunsten die forderungsbelastete Gesellschaft dienstbar gemacht wurde.144 Zur Befriedigung der Forderung gegenüber der abhängigen Gesellschaft steht den Gläubigern lediglich das Vermögen dieser Gesellschaft zur Verfügung.145 Ist die Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft jedoch an den Interessen des Mehrheitsgesellschafters ausgerichtet und erfolgt auf Kosten der mit den Forderungen der Gläubigern belasteten Gesellschaft, verringert sich dadurch das den Gläubigern zur Verfügung stehende haftende Gesellschaftsvermögen ihrer 140
Schall, in: Spindler/Stilz AktG, Vorb. §§ 15 ff. AktG, Rn. 27. Vgl. hierzu auch § 2 II.1. 142 Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 3; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 20; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 8; vgl. auch Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 373. 143 Vgl. K. Schmidt, JuS 1985, 249, 255 f.; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, Vorb. §§ 15 ff. AktG, Rn. 7. 144 Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 3. 145 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 21; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 8. 141
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Schuldnerin.146 Erschwerend hinzu kommt, dass die Gläubiger als Außenstehende grundsätzlich keine Möglichkeit haben, die Zweckentfremdung innerhalb des Unternehmensverbundes und den damit einhergehenden Bonitätsverlust ihrer Schuldnerin zu erkennen.147
III. Konzernrecht als Schutzrecht Das GmbH-Recht ist vom Leitbild einer unabhängigen Gesellschaft geprägt. Es enthält kein konzernspezifisches Regelungsregime148 und erscheint demzufolge auch nicht als geeignetes Instrument, um den Gefahren, die aus einem Unternehmensverbund resultieren, zu begegnen. An diesen Missstand knüpft das Konzernrecht an.149 Die bereits erläuterte und als Konzernkonflikt bezeichnete Gefahrenlage bildet dabei den wesentlichen inhaltlichen Anknüpfungspunkt des GmbH-Konzernrechts.150 Dieser basiert auf der aufgezeigten Grundwertung, dass von einem unternehmerischen Gesellschafter eine erhöhte Gefahr ausgeht, wonach dieser seine Gesellschafterstellung für seine anderweitigen unternehmerischen Interessen nutzt und dadurch Nachteile aufseiten der abhängigen Gesellschaft, anderer Gesellschafter und Dritter entstehen.151 Das Konzernrecht stellt funktional Schutzrecht zugunsten der abhängigen Gesellschaft, ihrer Minderheitsgesellschafter und ihrer Gläubiger dar.152 Das GmbH-Konzernrecht erscheint dabei jedoch nicht als eine vom GmbHRecht losgelöste Rechtsmaterie, sondern modifiziert das Gesellschaftsrecht hinsichtlich konzernspezifischer Erfordernisse.153 146 Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 3; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 21; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 8; vgl. auch Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 373 f. 147 Vgl. Schall, in: Spindler/Stilz AktG, Vorb. §§ 15 ff. AktG, Rn. 27. 148 Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 57; Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 1. Am Vorbild der aktienrechtlichen Vorschriften orientierte Bestrebungen eines spezifischen GmbHKonzernrechts aus den frühen 1970er Jahren sind aufgrund mangelnder Berücksichtigung der rechtsformspezifischen Besonderheiten der GmbH verworfen worden, Verse, in: Henssler/ Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 4; siehe zu den Gründen ausführlich Ulmer, in: Großkomm. GmbHG, Einleitung, Rn. A 57; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 32 jeweils m.w.N. 149 Siehe auch § 2 III. 150 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 17; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 6; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 11. 151 Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 7; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 17 und 20 f.; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 3. 152 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 17; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 6; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 2; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 3; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, Vorb. § 291 AktG, Rn. 5. 153 Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 57.
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1. Teil: Grundlagen
Neben den bereits erläuterten Regelungen über die Zulässigkeit und den gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung entsprechender Unternehmensverbindungen154 begegnet der besondere Teil des Konzernrechts diesem Interessenkonflikt vor allem mit Schranken der Verfolgung gesellschaftsfremder unternehmerischer Interessen und den Folgen der Unternehmensverbindung für die Verfassungen der beteiligten Gesellschaften.155 Diese Lösungsansätze werden nachfolgend sowohl für den Vertragskonzern als auch für den faktischen GmbHKonzern erörtert. 1. Differenzierung nach Konzernierungsgrad Der besondere Teil des GmbH-Konzernrechts ist nicht kodifiziert, sondern setzt sich aus unmittelbar und entsprechend anwendbaren Vorschriften und allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Prinzipien zusammen.156 So finden sich vereinzelt Regelungen im GmbHG, die ausdrücklich Konzernierungssachverhalte regeln. Daneben finden die aktienrechtlichen Vorschriften teilweise entsprechende Anwendung. Weiter umfasst das GmbH-Konzernrecht auch allgemeine (ungeschriebene) Prinzipien des Gesellschaftsrechts. Die Summe dieser Regelungen bildet den besonderen Teil des GmbH-Konzernrechts und regeln insbesondere die Rechtsfolgen der Unternehmensverbindung sowie die Rechte und Pflichten des herrschenden Unternehmens zum Schutz der abhängigen Gesellschaft, der Minderheitsgesellschafter und der Gläubiger.157 a) Unterscheidung zwischen Vertragskonzern und faktischem Konzern Welche Vorschrift im Einzelnen Anwendung findet, hängt in erster Linie vom Konzernierungsgrad ab.158 Aufgrund der entsprechenden Anwendung der aktien-
154 Siehe hierzu § 2 I.3.b) ff. Die Definitionsnormen der §§ 15 bis 19 AktG bilden dabei den allgemeinen Teil des GmbH-Konzernrechts, Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 8; Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 2. 155 Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Einleitung, Rn. 1. 156 Siehe zu den einzelnen Rechtsquellen auch § 2 I.3.b) sowie § 2 I.3.c)bb)(1) und § 2 III.3. 157 Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 8. 158 Neben der vorliegenden Beschränkung auf den hier relevanten Unterordnungskonzern umfasst der besondere Teil des GmbH-Konzernrechts auch das Recht der wechselseitig beteiligten Unternehmen. Besteht die gegenseitige Beteiligung der GmbH dabei mit einer AG beziehungsweise einer KGaA findet § 328 AktG unmittelbar Anwendung. Abgesehen von den Fällen der unmittelbaren Geltung von § 328 AktG für die GmbH wird eine entsprechende Anwendung im GmbH-Konzernrecht ganz überwiegend abgelehnt und stattdessen § 33 Abs. 2 S. 1 GmbH entsprechend angewendet, Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 163; Casper, in: Großkomm. GmbHG, Anh. § 77 GmbHG, Rn. 44; Emmerich, NZG 1998, 624; vgl. auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 33 GmbHG, Rn. 42; Sosnitza, in: Michalski GmbHG, § 33 GmbHG, Rn. 51.
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rechtlichen Vorschriften zum Vertragskonzern159 decken sich die schutzrechtlichen Vorschriften im GmbH-Konzernrecht großteils mit denen des Aktienrechts. Hingegen sind die aktienrechtlichen Vorschriften für den faktischen Konzern nach überwiegender Ansicht nicht entsprechend auf den GmbH-Konzern anwendbar. An ihre Stelle treten allgemeine Prinzipien des Gesellschaftsrechts.160 b) Vom Konzernierungsgrad unabhängige Einzelregelungen Vereinzelt finden sich Vorschriften, die unabhängig vom Konzernierungsgrad Konzernierungssachverhalte regeln. So nimmt etwa § 51a Abs. 2 S. 1 GmbHG für das Verweigerungsrecht des Geschäftsführers im Rahmen der Auskunfts- und Einsichtsrechte der Gesellschafter ausdrücklich auf verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG Bezug.161 Darüber hinaus finden sich auch außerhalb des AktG und des GmbHG unmittelbar anwendbare konzernrechtliche Einzelregelungen.162 So beansprucht beispielsweise die Konzernrechnungslegung der §§ 290 ff. HGB aufgrund ihrer rechtsformneutralen Ausgestaltung unmittelbare Geltung für Konzerne mit einer GmbH als abhängigem Unternehmen.163 Daneben gilt die konzernrechtliche Arbeitnehmermitbestimmung unmittelbar für die GmbH.164 Der Anwendungsbereich des Mitbestimmungsrechts erfasst nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG und § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG ausdrücklich auch die GmbH. Dadurch gelten die konzernspezifischen Mitbestimmungsregelungen nach § 5 MitbestG und § 2 DrittelbG auch für die konzerneingebundene GmbH.165
159 Siehe zur entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 291 bis 310 AktG auf den GmbHKonzern § 2 I.3.c)bb)(1). 160 Siehe zur Unanwendbarkeit der §§ 311 ff. AktG und den Rückgriff auf allgemeine gesellschaftsrechtliche Prinzipien § 2 III.3. 161 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 4; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 35; ders., GmbHKonzernrecht, S. 12. 162 Vgl. Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund (GmbH-Konzernrecht), Rn. 13 f.; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 41 ff.; siehe auch Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 4. 163 Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund (GmbH-Konzernrecht), Rn. 13; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 4; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 43; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 14. 164 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 44. 165 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 4; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 44.
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2. Vertragskonzern Grundsätzlich sind die Vorschriften über Unternehmensverträge der §§ 291 bis 310 AktG, insbesondere die Regelungen über den Vertragskonzern, entsprechend auf die abhängige GmbH anzuwenden.166 Im Einzelnen sind die Anwendbarkeit und der Umfang in der Literatur jedoch umstritten.167 Schranken der Verfolgung gesellschaftsfremder unternehmerischer Interessen für die Konzernmutter finden sich vornehmlich in den Vorschriften zur Sicherung der Gesellschaft und der Gläubiger analog §§ 301 bis 303 AktG.168 Hier sollen exemplarisch zwei Vorschriften herausgegriffen werden. Dabei beschränken sich die Ausführungen auf den GmbH-Vertragskonzern, der auf einem Beherrschungsvertrag analog § 291 Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG beruht, darüber hinaus jedoch keine weiteren Unternehmensverträge analog §§ 291 und 292 AktG geschlossen wurden. a) Schutz der Gesellschaft Die abhängige Gesellschaft wird etwa durch eine gesetzliche Verlustausgleichspflicht analog § 302 Abs. 1 AktG geschützt, die das herrschende Konzernunternehmen verpflichtet, den während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag des abhängigen Konzernunternehmens auszugleichen. Dabei ist der rechnerische Jahresfehlbetrag auszugleichen, den die abhängige Gesellschaft ohne die Verlustübernahme treffen würde, abzüglich möglicher Entnahmen aus anderen Gewinnrücklagen, sofern die abzuziehenden Beträge während der Vertragsdauer in die Rücklagen eingestellt wurden.169 Die Norm dient in erster Linie dem Schutz der Gesellschaft,170 da durch den Verlustausgleich die Überschuldung der Gesellschaft verhindert und letztlich die Existenz der Gesellschaft gesichert wird.171 b) Schutz der Gläubiger Die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft haben analog § 303 Abs. 1 S. 1 AktG bei Beendigung eines Beherrschungsvertrags einen Anspruch auf Sicherheitsleis166 Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 29; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 6. Siehe zur Übertragbarkeit und ihrer Grenze in Form rechtsformspezifischer Besonderheiten auch § 2 I.3.c)bb)(1). 167 Siehe zu den Streitständen etwa Halm, NZG 2001, 728 und Zeidler, NZG 1999, 692. 168 Zur Unanwendbarkeit des § 300 AktG auf den GmbH-Konzern aufgrund rechtsformspezifischer Besonderheiten siehe 1. Teil, Fn. 106. 169 Vgl. zur AG Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 302 AktG, Rn. 14 ff. 170 Mittelbar profitieren auch die Gesellschaftsgläubiger von der Verlustausgleichspflicht, da der Verlustausgleich die Bonität der Gesellschaft sichert. Die Norm dient daher reflexartig auch dem Gläubigerschutz, vgl. zur AG Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 302 AktG, Rn. 3; Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 302 AktG, Rn. 2. 171 Vgl. zur AG Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 302 AktG, Rn. 2.
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tung. Der Anspruch setzt im Einzelnen voraus, dass der Beherrschungsvertrag beendet wurde, die Forderung des Gläubigers gegen das abhängige Konzernunternehmen vor der Eintragung der Bekanntmachung der Beendigung des Vertrags begründet wurde und der Gläubiger sich binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung bei der Konzernmutter meldet.172 Der Norm liegt dabei die Erkenntnis zugrunde, dass der Rechtsverkehr mit einer abhängigen Gesellschaft eines Vertragskonzern in der Regel nur kontrahiert, da die Konzernmutter aufgrund der Verlustausgleichspflicht analog § 302 AktG letztlich für die Bonität der Tochtergesellschaft einsteht. Da die Verlustübernahmepflicht mit der Beendigung des Beherrschungsvertrags versiegt, verlieren die Gläubiger auch den „Bonitätsgaranten“ in Form der Konzernmutter. Diesem Verlust und der Gefahr, dass die ehemalige abhängige Gesellschaft die Unabhängigkeit wirtschaftlich nicht tragen kann, wirkt der Anspruch auf Sicherheitsleistung analog § 303 Abs. 1 S. 1 AktG entgegen. Die Konzernmutter hat für die Verbindlichkeiten, die während der Dauer des Beherrschungsvertrags begründet wurden, mithin in dem Zeitraum, in dem der Konzernmutter die „Garantiefunktion“ der Verlustausgleichspflicht zukam, Sicherheit zu leisten.173 Die Norm dient daher dem Gläubigerschutz. 3. Faktischer Konzern Nach ständiger Rechtsprechung174 und herrschender Ansicht in der Literatur175 sind die aktienrechtlichen Vorschriften über den faktischen Konzern (§§ 311 bis 318 AktG) nicht entsprechend auf die abhängige GmbH anwendbar. Während den aktienrechtlichen Vorschriften über den faktischen Konzern ein unabhängig agierender Vorstand im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG zugrunde liegt, ist die Geschäftsführung in der GmbH maßgeblich durch das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung geprägt.176 Der konzeptionelle Unterschied zeigt sich sehr 172 Siehe zu den Voraussetzungen ausführlich Deilmann, in: Hölters AktG, § 303 AktG, Rn. 2 ff. 173 Vgl. für die AG die Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 392 f.; Paschos, in: Henssler/ Strohn GesR, § 303 AktG, Rn. 2; Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 303 AktG, Rn. 1; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 303 AktG, Rn. 1; Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 303 AktG, Rn. 2. 174 BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, 340 = NJW 1986, 188; vgl. auch BGH, Urt. vom 17. 9. 2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, 10, 16 = NJW 2001, 3622, 3623; BGH, Urt. v. 5. 6. 1975 – II ZR 23/74, BGHZ 65, 15, 18 = NJW 1976, 191. 175 Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund (GmbH-Konzernrecht), Rn. 15; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Einleitung, Rn. 14; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 7; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 9; vgl. auch Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 40 und 369; ders., GmbH-Konzernrecht, S. 13 und 109. 176 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 9; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 7. Siehe zur Unabhängigkeit
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deutlich in der Verpflichtung zur Aufstellung und Prüfung eines Abhängigkeitsberichts nach §§ 312 bis 315 AktG. Der Abhängigkeitsbericht ist dadurch geprägt, dass er von einem weisungsunabhängigen Vorstand erstellt wird, so dass bereits die Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers der GmbH gegen eine entsprechende Anwendung spricht. Darüber hinaus wird der Abhängigkeitsbericht durch den Aufsichtsrat geprüft. In der GmbH ist jedoch mit Ausnahme des obligatorischen Aufsichtsrats kein Aufsichtsorgan zwingend vorgeschrieben, so dass es bei der GmbH an dem nach den §§ 312 bis 315 AktG erforderlichen Prüfungsorgan fehlt und der Abhängigkeitsbericht wirkungslos bliebe. Diese konzeptionellen Unterschiede in der Leitungs- und Aufsichtsstruktur der unterschiedlichen Rechtsformen stehen einer entsprechenden Anwendung der §§ 311 ff. AktG auf den faktischen GmbHKonzern entgegen.177 Insbesondere im Hinblick auf die rechtliche Befugnis der Konzernmutter auf die Tochter-GmbH dergestalt Einfluss zu nehmen, dass diese Maßnahmen zu ihren Ungunsten ausführt, unterliegt die Konzernobergesellschaft nicht dem allgemeinen Nachteilsverbot des § 311 AktG. Den Risiken, die sich aus einer für die GmbH nachteiligen Einflussnahme durch die Konzernmutter für die GmbH, ihre Minderheitsgesellschafter und ihre Gläubiger ergeben,178 wird hingegen vielmehr mit allgemeinen Prinzipien des Gesellschaftsrechts, insbesondere den Grundsätzen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht und des Benachteiligungsverbots179 begegnet.180 a) Unterscheidung zwischen Mehrpersonen- und Ein-Mann-GmbH Hierbei ist zwischen GmbH mit mindestens einem Minderheitsgesellschafter und GmbH, die im Alleinbesitz der Konzernmutter stehen zu unterscheiden.181 In der Mehrpersonen-GmbH steht der Schutz der Minderheitsgesellschafter im Mittelpunkt des gesellschaftsrechtlichen Schutzkonstituts der mitgliedschaftlichen Treuepflicht des herrschenden Mehrheitsgesellschafters.182 Dieses gilt im Verhältnis der Gesellschafter untereinander und sichert die Schutzinteressen der Gesellschaft und ihrer Gläubiger reflexartig.183 Die Treuepflicht entfällt jedoch mangels weiterer Geselldes Vorstands auch 1. Teil, Fn. 13 und zur Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers auch 1. Teil, Fn. 15. 177 Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 6; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 7. 178 Siehe zu den Gefahren der Konzernierung auch § 2 II.2. ff. 179 Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Einleitung, Rn. 14; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 7. 180 Hommelhoff, ZGR 2012, 535, 537; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 41a. 181 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 43; vgl. auch K. Schmidt, ZIP 1988, 1497, 1505 f. 182 Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 41c. 183 Vgl. Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 47.
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schafter bei der Ein-Mann-GmbH.184 Hier beschränkt sich der Schutz der Gesellschaft und ihrer Gläubiger auf ein Mindestmaß durch das Verbot der Bestandsgefährdung der GmbH.185 b) Mehrpersonen-GmbH In einer Mehrpersonen-GmbH, die in einen faktischen GmbH-Konzern eingebunden ist, wird der Schutz der Minderheitsgesellschafter durch ein allgemeines Schädigungsverbot gewährleistet, welches dem herrschenden Gesellschafter jegliche Benachteiligung der abhängigen GmbH verbietet. Das Schädigungsverbot fußt dabei auf der Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters gegenüber den übrigen Minderheitsgesellschaftern. aa) Treuepflicht Die Treuepflicht in der GmbH fand bereits 1953 Einzug in die Rechtsprechung des BGH. Der Ausgangspunkt der Rechtsprechung war dabei, dass die Gesellschafter einer GmbH eine eigenständige Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft trifft, die inhaltlich über die Grundsätze von Treu und Glauben hinausgeht.186 In seiner anhaltenden Rechtsprechungslinie verfestigte der BGH die Treuepflicht weiter und formte sie zu einem rechtsformunabhängigen Verbandsprinzip.187 Einzug in das GmbH-Konzernrecht fand die Treuepflicht durch die ITT-Entscheidung188 des BGH von 1975. Hierin bestätigt der BGH ausdrücklich, dass die Treuepflicht auch im Verhältnis der Gesellschafter untereinander Geltung besitzt.189 Weiter thematisiert der BGH ausdrücklich die Treuebindung des Mehrheitsgesellschafters und erstreckt diese dabei auch auf nachteilige Geschäfte. Die Verfolgung von Sonderinteressen
184 Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 30; Verse, in: Henssler/ Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 44; Hommelhoff, ZGR 2012, 535, 539. 185 Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 29 f.; Verse, in: Henssler/ Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 45; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 118. 186 BGH, Urt. v. 1. 4. 1953 – II ZR 235/52 = NJW 1953, 780, 781. 187 Siehe zur Rechtsprechung des BGH zur Treuepflicht des GmbH-Gesellschafters bis zum Girmes-Urteil des BGH vom 20. 3. 1995 auch Henze, ZHR 162 (1998), 186 ff. und Flume, ZIP 1996, 161, der dieser jedoch insgesamt kritisch gegenübersteht. 188 BGH, Urt. v. 5. 6. 1975 – II ZR 23/74 = NJW 1976, 191. 189 BGH, Urt. v. 5. 6. 1975 – II ZR 23/74 = NJW 1976, 191. Dies ist heute in Rechtsprechung und Literatur nahezu unumstritten; vgl. insoweit nur BGH, Urt. v. 22. 3. 2004 – II ZR 50/02 = NZG 2004, 516; Raiser, ZHR 151 (1987), 422, 434; Michalski/Funke, in: Michalski GmbHG, § 13 GmbHG, Rn. 142; Emmerich, in: Scholz GmbHG, § 13 GmbHG, Rn. 37; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 13 GmbHG, Rn. 20 jeweils m.w.N.; a.A. Flume, ZIP 1996, 161.
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durch den Mehrheitsgesellschafter, die zum Nachteil der GmbH und ihren Minderheitsgesellschaftern erfolgt, ist hiernach treuwidrig.190 Neben der generellen Anerkennung der Treuepflicht in verbundenen Unternehmen lässt sich der ITT-Entscheidung darüber hinaus noch eine konzernrechtlich grundlegende Wertung hinsichtlich der Bedeutung des Konzerninteresses bei Treuepflichtsachverhalten entnehmen. In dem zugrunde liegenden Fall veranlasste der Mehrheitsgesellschafter einer Komplementär-GmbH eine konzernrechtlich nicht unübliche Konzernumlage191 von 1 % der Gesamtumsätze der Kommanditgesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften an ein Managementunternehmen, welches mit dem Mehrheitsgesellschafter konzernrechtlich verbunden war. Trotz der konzernrechtlichen Vertretbarkeit der Maßnahme bestätigte der BGH die Treuwidrigkeit des Handelns des Mehrheitsgesellschafters. Die Verfolgung des Konzerninteresses setzt daher die Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters gegenüber den Minderheitsgesellschaftern nicht außer Kraft. Maßnahmen, die isoliert betrachtet nachteilig für die GmbH sind, bleiben treuwidrig, auch wenn diese für den Gesellschaftsverbund vorteilhaft erscheinen. Das Konzerninteresse stellt daher keinen Rechtfertigungsgrund für eine nachteilige Einflussnahme des Mehrheitsgesellschafters auf die GmbH dar.192 Durch die Treuepflicht sollen die Gesellschafter in ihrem Vertrauen auf den loyalen Umgang zwischen den Gesellschaftern im Hinblick auf die gemeinsame Zielverfolgung gestärkt werden.193 Im Hinblick auf Konzernsachverhalte kommt der Treuepflicht demnach eine Schrankenfunktion zu und stellt dabei insbesondere die Eingrenzung des Einflusses des Mehrheitsgesellschafters im Verhältnis zur GmbH und ihren Minderheitsgesellschaftern sicher. Die Treuepflicht dient daher in erster Linie dem Minderheitenschutz.194
190 BGH, Urt. v. 5. 6. 1975 – II ZR 23/74 = NJW 1976, 191. Siehe zu den Möglichkeiten der nachteiligen Einflussnahme auf die Gesellschaft und ihre Minderheitsgesellschafter auch Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163, 169; Röhricht, WPg 1992, 766, 772. 191 Erfolgt innerhalb eines Konzerns ein Leistungsaustausch zwischen den verbundenen Unternehmen, vollbringt in der Regel ein Konzernunternehmen eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungen zu Gunsten anderer Konzernunternehmen. Zur Vereinfachung der Abrechnung werden die Leistungen dabei pauschal über eine Konzernumlage abgerechnet. Dabei werden grundsätzlich die Gesamtkosten einer Leistungskategorie nach einem nutzenorientierten Schlüssel auf die Leistungsempfänger umgelget und um einen Gewinnaufschlag erweitert, Engler/Reinert, in: Verrechnungspreise, Kap. N, Rn. 281 ff. 192 Ulmer, NJW 1976,192; Schiessl/Böhm, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 32, Rn. 23; Uwe H. Schneider, ZGR 1985, 279, 295. 193 Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 167; vgl. auch Raiser, ZHR 151 (1987), 422 f. 194 Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 13 GmbHG, Rn. 24.
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bb) Benachteiligungsverbot Die Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters entfaltet sich somit auch im Konzernrecht und stellt dabei die Rechtsgrundlage für eine weitreichende konzernrechtliche Kontrolle dar.195 Diese erstreckt sich inhaltlich auf die nachteilige Einflussnahme durch den Mehrheitsgesellschafter. Sie erfasst sowohl die Schädigung der GmbH und darüber mittelbar die Schädigung der Mitgesellschafter als auch die isolierte Schädigung letzterer. Die Treuepflicht wirkt dabei im ersten Fall zwischen der GmbH und dem Mehrheitsgesellschafter und im zweiten Fall zwischen den Gesellschaftern.196 Die Treuepflicht verbietet dem Mehrheitsgesellschafter dabei jede nachteilige Einflussnahme, sowohl auf die abhängige GmbH als auch auf die Minderheitsgesellschafter.197 Im Konzernrecht der GmbH statuiert die Treuepflicht demnach ein umfassendes Benachteiligungsverbot.198 cc) Nachteiligkeit der Einflussnahme Inhaltlich verbietet das Benachteiligungsverbot nachteilige Einflussnahme auf die abhängige GmbH durch den Mehrheitsgesellschafter. Zur Konkretisierung des Nachteilsbegriffs kann auf die entsprechenden aktienrechtlichen Grundsätze der §§ 311 und 317 AktG zurückgegriffen werden.199 Ein Nachteil stellt daher jede Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der GmbH dar, soweit die Gefährdung auf der Abhängigkeit beruht.200 Ob der Nachteil dabei auf der Abhängigkeit der GmbH von dem Mehrheitsgesellschafter beruht, richtet sich danach, ob ein pflichtgemäß handelnder Geschäftsführer einer unabhängigen GmbH die entsprechende Geschäftsführungsmaßnahme gleichfalls vorgenommen hätte. Die Abhängigkeit wird also durch einen Vergleich zu einer unabhängigen Gesell195
Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 175 f. Schädigt die Maßnahme hingegen sowohl die GmbH als auch die Gesellschafter, so ist die Treuepflicht zur GmbH vorrangig gegenüber derjenigen zwischen den Gesellschaftern, Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 27. 197 Uwe H. Schneider, ZGR 1985, 279, 295; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 48. 198 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 71; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 17; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 118; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 39; Servatius, in: Michalski GmbHG, Systematische Darstellung 4 Konzernrecht, Rn. 2; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 23. 199 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 73; Habersack, in: Emmerich/ Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 29; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/ Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 13. 200 BGH, Urt. v. 1. 3. 1999 – II ZR 312/97 = NJW 1999, 1706, 1708; BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07 = NJW 2009, 850, 851; vgl. auch BGH, Urt. v. 3. 3. 2008 – II ZR 124/06 = NJW 2008, 1583; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 311 AktG, Rn. 39; Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 311 AktG, Rn. 23; Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR AG, 3. Aufl. 2007, § 69, Rn. 78. 196
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1. Teil: Grundlagen
schaft ermittelt. Ist ein vergleichbares Handeln durch den Geschäftsführer einer unabhängigen Gesellschaft abzulehnen, beruht der Nachteil auf der Abhängigkeit; andernfalls ist die Abhängigkeit zu verneinen.201 Dem Verfahren liegt dabei das Prinzip der angemessenen Gegenleistung und des Drittvergleichs zugrunde. Der Geschäftsführer einer unabhängigen GmbH handelt nach wirtschaftlichen Prinzipien, die durch das Gewinninteresse seiner Gesellschaft geprägt sind. Er wird daher grundsätzlich keine Geschäfte abschließen, die den Marktverhältnissen widersprechen. Bei Austauschgeschäften mit der Muttergesellschaft ist daher im Wege eines Drittvergleichs zu fragen, ob das zugrunde liegende Geschäft marktüblich war und das Geschäft letztlich auch so mit einem unbeteiligten Dritten vereinbart worden wäre. Lassen sich die Geschäftsgegenstände wertmäßig beziffern, ist dieser Wert des relevanten Geschäftsgegenstands anzusetzen.202 Wird die betreffende Leistung zum Beispiel am Markt auch Dritten angeboten, ist der Marktpreis auch für das Verhältnis Mutter- und Tochtergesellschaft maßgeblich.203 Lassen sich die Gegenstände hingegen nicht wertmäßig beziffern, ist auf den hypothetischen Drittvergleich zurückzugreifen. Bei individuellen Geschäften ist daher im Wege einer Hilfsrechnung zu fragen, welchen Preis ein Dritter am Markt gezahlt hätte.204 Im Gegensatz zum Aktienrecht kann die nachteilige Einflussnahme nicht durch einen Nachteilsausgleich im Sinne von § 311 AktG gerechtfertigt werden.205 Im Grundsatz ist die GmbH aufgrund ihrer Organisationsverfassung und ihrem Kompetenzgefüge,206 insbesondere durch die Weisungsabhängigkeit des Geschäftsfüh201 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 73; Habersack, in: Emmerich/ Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 29; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/ Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 13; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311, Rn. 40. 202 Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 14; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 311 AktG, Rn. 55; Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 311 AktG, Rn. 40. 203 Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR AG, 3. Aufl. 2007, § 69, Rn. 82; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 15; Habersack, in: Emmerich/ Habersack Konzernrecht, § 311 AktG, Rn. 55 f.; Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 311 AktG, Rn. 207; Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 311 AktG, Rn. 43; vgl. auch Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311, Rn. 48 ff. Bei ambivalenten Geschäftsführungsmaßnahmen, die sowohl positive als auch negative Folgen für die GmbH haben ist eine Gesamtbetrachtung angezeigt, Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, 1. Aufl. 2012, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 352. 204 Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 15; Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 311 AktG, Rn. 44; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 AktG, Rn. 32; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311, Rn. 53. 205 Raiser/Veil, KapGesR, § 61, Rn. 48; Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund (GmbH-Konzernrecht), Rn. 46; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 18; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 51; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 23 und 30. 206 Siehe hierzu im Einzelnen auch § 2 I.2. ff.
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rers, wesentlich anfälliger für eine nachteilige Einflussnahme durch den Mehrheitsgesellschafter als die AG.207 Aufgrund dieser wesentlichen und rechtsformspezifisch fundierten Gefahr in der GmbH sollen dem Mehrheitsgesellschafter im GmbH-Konzernrecht nicht die Privilegierungen der §§ 311 ff. AktG zufallen, die eine nachteilige Einflussnahme in einem gewissen Rahmen zulassen.208 Speziell gegen die Privilegierung des Nachteilsausgleichs nach § 311 AktG im GmbH-Recht sprechen die mangelnden Schutzfunktionen, die einen ordnungsgemäßen Nachteilsausgleich sicherstellen. Im Vergleich zum Aktienrecht fehlen im GmbH-Recht speziell der Abhängigkeitsbericht, ein unabhängiges Leitungsorgan sowie der Aufsichtsrat209 als obligatorisches Kontrollorgan.210 Die Nachteiligkeit der Einflussnahme und der darauf beruhende Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot sind nicht auf förmliche Weisungen an den Geschäftsführer beschränkt, die durch den Mehrheitsgesellschafter inhaltlich bestimmt wurden. Auch die rein faktische Durchsetzung von Geschäftsführungsmaßnahmen durch den Mehrheitsgesellschafter unterfällt dem Benachteiligungsverbot.211 Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot erfordert daher auf tatbestandlicher Ebene lediglich einen Nachteil für die Gesellschaft, die Art der Einflussnahme durch den Mehrheitsgesellschafter ist hingegen unerheblich.212 dd) Dispositionsfähigkeit der Treuepflicht Die Treuepflicht erscheint im faktischen GmbH-Konzern jedoch nicht als unumstößlicher Verhaltensmaßstab, sondern unterliegt nach allgemeiner Ansicht der Disposition der Gesellschafter.213 Im Falle eines gesellschafterübergreifenden Konsens bezüglich nachteiliger Geschäftsführungsmaßnahmen ist die Treuepflicht somit suspendiert. Durch die Suspendierung der Treuepflicht wird auch dem Be207 Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 4; vgl. auch Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn 10. 208 Kuntz, Der Konzern 2007, 802, 809. Siehe zur Unanwendbarkeit der §§ 311 ff. AktG auf den faktischen GmbH-Konzern auch § 2 III.3. 209 Siehe zur Möglichkeit des fakultativen und obligatorischen Aufsichtsrats in der GmbH auch Meier, DStR 2011, 1430; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195. 210 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 51; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 6 und 30; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 371. 211 BGH, Urt. v. 5. 6. 1975 – II ZR 23/74 = NJW 1976, 191; vgl. auch BGH, Urt. v. 2. 7. 1973 – II ZR 94/71 = NJW 1973, 2198. 212 Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 29; Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 72. 213 BGH, Urt. v. 28. 9. 1992 – II ZR 299/91 = NJW 1993, 193, 194; BGH, Urt. v. 21. 6. 1999 – II ZR 47/98 = NJW 1999, 2817, 2118; Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 23 und 33; Emmerich, in: Scholz GmbHG, § 13 GmbHG, Rn. 38c; Michalski/Funke, in: Michalski GmbHG, § 13 GmbHG, Rn. 142; Fleck, ZGR 1990, 31, 46; Hartmann, GmbHR 1999, 1061.
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1. Teil: Grundlagen
nachteiligungsverbot das Fundament entzogen. Die Grenzen der nachteiligen Einflussnahme bei einvernehmlichem Handeln der Gesellschafter beschränken sich dann lediglich auf die Kapitalerhaltungsregeln und den Existenzschutz der Gesellschaft.214 c) Ein-Mann-GmbH Aufgrund der Dispositionsfähigkeit der Treuepflicht gilt das Benachteiligungsverbot auch nicht für den Alleingesellschafter, mithin in der Ein-Mann-GmbH. Wenn schon die Minderheitsgesellschafter auf den Schutz durch das Benachteiligungsverbot verzichten können, gilt dies erst recht für den Alleingesellschafter.215 Mit dem Wegfall der Treuepflicht entfällt ebenfalls ihre Schrankenfunktion und somit der Schutz der Minderheitsgesellschafter.216 Dies wirkt sich auch einschränkend auf die Gläubiger der GmbH aus, da ihnen der Schutz der Minderheitsgesellschafter mittelbar zugute kommt. Aufgrund des Wegfalls steht in der Ein-MannGmbH der Gläubigerschutz im Vordergrund, wobei sich dieser inhaltlich auf äußerste Grenzen beschränkt.217 Die Grenzen nachteiliger Einflussnahme durch den Alleingesellschafter beschränken sich wie bei einvernehmlichem Handeln der Gesellschafter218 daher auf die Kapitalerhaltungsregeln und den Existenzschutz der Gesellschaft.219 Dieser Mindestschutz unterliegt nicht der Disposition, so dass diese Grenze unabhängig von der Gesellschafterstruktur stets zu beachten ist.220 4. Konzernrecht im weiteren Sinne Nach der gesetzlichen Terminologie stellen der allgemeine und besondere Teil in ihrer Gesamtheit das Recht der verbundenen Unternehmen dar. Diese Bezeichnung
214
Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 72; Habersack, in: Emmerich/ Habersack Konzernrecht, Anh. § 318 AktG, Rn. 23 und 33; Winter, ZGR 1994, 570, 585 f.; vgl. auch Michalski/Funke, in: Michalski GmbHG, § 13 GmbHG, Rn. 146. 215 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 44; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 29. 216 Siehe zur Schrankenfunktion der Treuepflicht § 3 IV.4.a)aa) ff. 217 Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 41a; Hommelhoff, ZGR 2012, 535, 537; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 30; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 118. 218 Siehe zur Dispositionsfähigkeit der Treuepflicht § 2 III.3.b)dd). 219 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 45; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 29 und 30; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 118; Hommelhoff, ZGR 2012, 535, 537. 220 Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 25.
§ 3 Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen
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konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Stattdessen hat sich hierfür der Begriff des Konzernrechts durchgesetzt.221 In diesem Kontext ist die Begrifflichkeit jedoch ungenau, da sie weit über die, explizit den Konzerntatbestand regelnde Vorschrift des § 18 AktG (Konzernrecht im engeren Sinne) hinausgeht.222 Die ungenaue Bezeichnung dient der sprachlichen Vereinfachung und wird auch in dieser Arbeit verwendet. Die Vereinfachung stößt in der Praxis auf keinerlei Bedenken, sofern deutlich wird, dass der Konzern im Sinne von § 18 AktG nicht den tatbestandlichen Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit der gesamten Vorschriften des Rechts der verbundenen Unternehmen darstellt.223 Liegt dem Begriff daher wie vorliegend dieses übergreifende Verständnis zugrunde, handelt es sich um GmbH-Konzernrecht im weiteren Sinne.224
§ 3 Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen I. Rechtsstellung des Geschäftsführers 1. Geschäftsführer als Organ der Anstellungsgesellschaft Den Ausgangspunkt, nicht nur des Konzerns, sondern des gesamten Konzernrechts im weiteren Sinne, stellt die Verbindung rechtlich selbstständiger Unternehmen dar. Ein prägendes Merkmal bei Unternehmensverbindungen konzernrechtlicher Art ist folglich, dass auch die Konzerneinbindung (Konzernrecht im engeren Sinne)225 keine Auswirkungen auf die rechtliche Selbstständigkeit der einzelnen Unternehmen hat.226 Der Konzern erscheint lediglich als wirtschaftliche Einheit.227 Dies spiegelt sich auch in der Rechtsstellung des Geschäftsführers des untergeordneten Konzernunternehmens wieder. Aufgrund der rechtlichen Autonomie des Tochterunternehmens ist der Geschäftsführer in erster Linie Organ dieser Gesellschaft.
221 Vgl. Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 6; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 2; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 15 AktG, Rn. 1. 222 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 1; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, Vorb. §§ 15 ff. AktG, Rn. 1; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 15 AktG, Rn. 1. 223 Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 15 AktG, Rn. 6; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 15 AktG, Rn. 2. 224 Vgl. auch Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 7. 225 Siehe zum Konzernrecht im engeren und weiteren Sinne § 2 III.4. 226 Vgl. K. Schmidt, GesR, S. 490. Siehe zur rechtlichen Selbstständigkeit auch § 2 I.3.b) aa)(1). 227 Statt aller E. Scheffler, Konzernmanagement, S. 1.
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1. Teil: Grundlagen
2. Sorgfaltspflicht nach § 43 Abs. 1 GmbHG Nach § 43 Abs. 1 GmbHG ist der Geschäftsführer grundsätzlich seiner Anstellungsgesellschaft gegenüber zur Leitung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes verpflichtet. Bei isolierter Betrachtung des § 43 Abs. 1 GmbHG ist der Bezugspunkt für den Sorgfaltsmaßstab bei der Geschäftsführung demnach die Tochtergesellschaft, die den Geschäftsführer bestellt hat. a) Verschuldensmaßstab Der Geschäftsführer hat bei der Erfüllung seiner Organpflichten die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Das Sorgfaltserfordernis nach § 43 Abs. 1 GmbHG statuiert damit zunächst einen Sorgfalts- und Verschuldensmaßstab (Sorgfaltspflicht im engeren Sinne).228 Der zu beachtende Standard wird dabei allgemeinhin als die Sorgfalt einer verantwortlichen Person im Rahmen der Verwaltung fremder Vermögensinteressen definiert.229 Welche Anforderungen den Geschäftsführer im Einzelnen treffen ist dabei jeweils im Einzelfall zu bestimmen. Die Parameter der Konkretisierung sind etwa die Art und Größe sowie die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Darüber hinaus steigen die Anforderungen mit der Bedeutung der Geschäftsführungsmaßnahme für das Unternehmen. Die Konkretisierung erfolgt allerdings anhand eines verobjektivierten Maßstabs. Keine Berücksichtigung finden daher Eigenschaften, die in der Person des Geschäftsführers liegen und individuelle Umstände bei der konkreten Entscheidung.230 Basierend hierauf lassen sich hinsichtlich der Sorgfaltsanforderungen im Zusammenhang mit konzerninternen Darlehen allgemeine Grundsätze aufstellen. Die Sorgfaltsanforderungen des Geschäftsführers steigen, je schlechter die wirtschaftliche Lage der Anstellungsgesellschaft ist. Einen Pik erreichen die Anforderungen dabei insbesondere, wenn durch das konzerninterne Darlehen das Kapitalaufbringungs- beziehungsweise Kapitalerhaltungsrecht betroffen ist. Des Weiteren verdichtet sich der Sorgfaltsmaßstab, je tiefer die Geschäftsführungsmaßnahme im Zusammenhang mit einem konzerninternen Einzeldarlehen oder mehreren kon228 Oetker, in: Henssler/Strohn GesR, § 43 GmbHG, Rn. 14 f.; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 38; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69 f.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 7 f.; Paefgen, in: Großkomm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 36. 229 BGH, Urt. v. 20. 2. 1995 – II ZR 143/93, BGHZ 129, 30, 34 = NJW 1995, 1290, 1291; OLG Zweibrücken, Urt. v. 22. 12. 1998 – 8 U 98/98, NZG 1999, 506 f.; OLG Koblenz, Urt. v. 10. 6. 1991 – 6 U 1650/89, GmbHR 1991, 416, 417; OLG Oldenburg, Urt. v. 22. 6. 2006 – 1 U 34/ 03, GmbHR 2006, 1263, 1264; OLG Celle, Urt. v. 15. 3. 2000 – 9 U 209/99, NZG 2000, 1178, 1179; OLG Jena, Urt. v. 1. 9. 1998 – 5 U 1816/97, NZG 1999, 121, 122; OLG Düsseldorf, Urt. v. 1. 12. 1994 – 13 U 5/94, GmbHR 1995, 227; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 10; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, §43 GmbHG, Rn. 3; Zöllner/ Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 9. 230 Oetker, in: Henssler/Strohn GesR, § 43 GmbHG, Rn. 15.
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zerninternen Darlehen (insbesondere der Beitritt zu einem Cash Pool) in die finanzielle Unabhängigkeit der Gesellschaft eingreift. b) Pflichtenquelle Der Sorgfaltsmaßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG ist jedoch doppelfunktional und begründet darüber hinaus neben dem Verschuldensmaßstab auch eigenständige Verhaltenspflichten des Geschäftsführers. In der Rechtsordnung finden sich nur sehr vereinzelt konkrete Verhaltenspflichten für den Geschäftsführer, so dass die Vorschrift dabei als Auffangtatbestand zur Begründung und zur Konkretisierung ungeschriebener Geschäftsführungspflichten dient.231 Nach der Rechtsprechung ist der Geschäftsführer verpflichtet, Vorteile der Gesellschaft zu wahren und Schäden von ihr abzuwenden.232 Ausgehend von dieser abstrakten, generalklauselartigen Formel finden sich in der Rechtspraxis neben der Sorgfaltspflicht im engeren Sinne drei Pflichtenkategorien anhand derer versucht wird, allgemeingültige Aufgabenkreise des Leitungsorgans zu kreiren und die einzelnen Pflichten sinnvoll zu kategorisieren. Im Einzelnen wird zwischen der Legalitätspflicht, der Überwachungspflicht und der CompliancePflicht differenziert. aa) Legalitätspflicht Die Legalitätspflicht verpflichtet den Geschäftsführer sowohl zur Beachtung geltender Gesetze,233 als auch zur Einhaltung der gesellschaftsinternen Regelungsstatuten, die sich insbesondere aus der Satzung der GmbH und Weisungen der Gesellschafterversammlung ergeben.234
231 Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 11; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 10; Paefgen, in: Großkomm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 3; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 39; a.A. Oetker, in: Henssler/Strohn GesR, § 43 GmbHG, Rn. 14; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 8, nach denen sich die Funktion des § 43 Abs. 1 GmbHG auf die Statuierung des Verschuldensmaßstabs begrenzt und die Norm daher keine Pflichtenquelle darstellt. 232 Vgl. BGH Urt. v. 12. 10. 1987 – II ZR 251/86 = ZIP 1988, 512, 514; BGH Urt. v. 28. 4. 2008 – II ZR 264/06, BGHZ 176, 204 Rn. 38 = ZIP 2008, 1232, 1237. 233 Die Legalitätspflicht hat dabei auch gegenüber dem Unternehmensinteresse Vorrang. Der Geschäftsführer kann sich im Innenverhältnis daher nicht darauf berufen, dass der Gesetzesverstoß für die GmbH nützlich sei (keine „nützlichen Gesetzesverstoße“), Fleischer, GmbHR 2010, 1307, 1311; Bayer, FS Karsten Schmidt, S. 85, 90 f.; Uwe H. Schneider, FS Hüffer, S. 905, 909. 234 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 41 und 44; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12; Roth, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 6.
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1. Teil: Grundlagen
(1) Gesetzliche Grenzen Die gesetzlichen Grenzen des Geschäftsführers umfassen zum einen die Rechtsvorschriften des GmbHG, welche hauptsächlich die interne Pflichtenbindung betreffen und zum anderen die externe Pflichtenbindung, die in außerhalb des GmbHG angesiedelten allgemeingültigen Vorschriften zu finden ist.235 Neben den Pflichten des GmbHG, die speziell auf das Leitungsorgan zugeschnitten sind, treffen den Geschäftsführer daher auch außerhalb des GmbHG angesiedelte Vorschriften, wenn die GmbH von dem Anwendungsbereich der Vorschriften erfasst wird.236 Spezielle Organpflichten des Geschäftsführers sind etwa die Kapitalerhaltungspflicht nach § 43 Abs. 3 GmbHG und die Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO. Pflichten der Gesellschaft finden sich sowohl im bürgerlichen als auch im öffentlichen Recht. So treffen den Geschäftsführer etwa die bilanz- und steuerrechtlichen Pflichten der Gesellschaft.237 (2) Ausnahmen von der gesetzlichen Pflichtenbindung Die Legalitätspflicht gilt nicht uneingeschränkt. In engen Grenzen ist es möglich, dass das Verhalten des Geschäftsführers keine Sorgfaltspflichtverletzung darstellt, obwohl er sich gesetzeswidrig verhalten hat. Dies ist vor allem bei unklarer oder umstrittener Rechtslage und bei Verstößen gegen Vertragspflichten der Gesellschaft anerkannt. (a) Unklare oder umstrittene Rechtslage Der Geschäftsführer ist grundsätzlich verpflichtet, die rechtliche Zulässigkeit seines Handelns sicherzustellen. Hierbei trifft ihn zunächst die Pflicht, die Zulässigkeit seines Handelns selbst zu prüfen. Kommt er bei seiner Prüfung jedoch nicht zu einem zweifelsfreien Ergebnis, ist er verpflichtet, sich internen oder externen Rechtsrat zu holen.238 Zweifel können aufkommen, wenn Rechtsfragen noch nicht höchstrichterlich entschieden sind und diesbezüglich divergierende obergerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Bei gänzlich fehlender Rechtsprechung können Zweifel bei unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur aufkommen. Erforderlich dürfte hierbei allerdings sein, dass einer von der herrschenden Ansicht abweichenden Auffassung ein ernstzunehmendes Gewicht zukommt.239 Anstelle von Zweifeln kann 235
Uwe H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 74; Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12; Fleischer, NJW 2009, 2337; ders., in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 21. 236 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12. 237 Lutter, GmbHR 2000, 301, 302 f.; Wiedemann, ZGR 2011, 183, 198 f; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 30; Uwe H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 75; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 26. 238 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 36. 239 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23c.
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auch Unklarheit über die Rechtslage herrschen, etwa dann, wenn bei Gesetzesänderungen Auslegungsfragen offen bleiben.240 Der Geschäftsführer hat sich Rat von einem unabhängigen und fachkundigen Berater zu holen. Dies kann unternehmensintern die Rechtsabteilung und unternehmensextern ein Rechtsanwalt, eine Kanzlei oder ein Professor sein.241 Der Berater muss seine Auskunft sachlich unabhängig erbringen.242 Hiervon ist grundsätzlich auch bei der eigenen Rechtsabteilung auszugehen.243 Des Weiteren hat der Geschäftsführer den Berater über sämtliche, für die Beurteilung erheblichen Umstände ordnungsgemäß zu informieren und diesem somit eine angemessene Informationsgrundlage zu schaffen.244 Wenn auch der zugezogene Rechtsrat keine endgültige Klarheit bringt, steht dem Geschäftsführer bei seiner Entscheidung ein gewisser Handlungsspielraum zu.245 Dies ist etwa der Fall, wenn der eingeholte Rat zwar eine bestimmte Rechtsansicht favorisiert, aber dennoch offen bleibt, wie die Rechtsprechung diese Frage beurteilen wird.246 Hierbei hat er die Chancen und Risiken der unterschiedlichen Entscheidungsmöglichkeiten für die Gesellschaft sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Dabei sind die Vorteile einer Handlungsmöglichkeit und die mit ihr einhergehenden Nachteile für den Fall ihrer Rechtswidrigkeit zu bestimmen. Anschließend sind die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten zu vergleichen und pflichtgemäß abzuwägen.247 Hierbei ist insbesondere der Grad248 der Unsicherheit, die Bedeutsamkeit und die Dringlichkeit249 der Entscheidung für das Unternehmen zu berücksichtigen. Bei der Abwägung ist der Geschäftsführer nicht
240
Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23c; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 36. 241 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 49; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 36; vgl. auch Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23c. Siehe zur fachlichen Sachkunde und insbesondere zu der Frage ob die Formalqualifikation ausreichend ist, Fleischer, NZG 2010, 121, 123 m.w.N. 242 Siehe hierzu ausführlich, Merkt/Mylich, NZG 2012, 525, 528 f. 243 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 42c; ders., NZG 2010, 121, 123 f.; Buck-Heeb, BKR 2011, 441, 447; Merkt/Mylich, NZG 2012, 525, 528. 244 BGH, Urt. v. 14. 5. 2007 – II ZR 48/06, NJW 2007, 2118, 2119; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 259. 245 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 37. 246 Buck-Heeb, BKR 2011, 441, 445. 247 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 49; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 37; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23c. 248 Einer eindeutig herrschenden Ansicht in der Literatur sollte der Geschäftsführer daher grundsätzlich folgen, Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 38; vgl. auch Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23c. 249 Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Entscheidung zeitlich aufgeschoben werden kann, bis endgültige Klarheit herrscht, Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 38.
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1. Teil: Grundlagen
gehalten, die sicherste Variante zu wählen, sondern kann durchaus einen für die Gesellschaft günstigen Standpunkt einnehmen.250 (b) Vertrauen auf fachkundigen Rat von unabhängigem Dritten Wie bereits festgestellt, kann sich der Geschäftsführer auch unternehmensintern oder externen beraten lassen. Dies betrifft die Rechtsberatung in Fällen der unklaren oder umstrittenen Rechtslage.251 Darüber hinaus kann der Geschäftsführer bei fehlender eigener Sachkunde auch in anderen Bereichen Rat einholen. Im Hinblick auf die Vergabe von Darlehen kommen hierbei etwa Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Betracht.252 Auch diese Berater müssen fachlich qualifiziert und unabhängig sein. Der Geschäftsführer hat auch diesen eine angemessene Informationsgrundlage für die Beurteilung zu schaffen. Der Geschäftsführer darf dem erhaltenen Rat nicht blind folgen. Er hat vielmehr eine eigene Plausibilitätskontrolle anzustellen. Hierbei hat er zu prüfen, ob die Ausführungen des Beraters nachvollziehbar sind.253 Liegen diese Voraussetzungen vor, handelt der Geschäftsführer nach der Rechtsprechung des BGH nicht schuldhaft.254 Aufgrund der Vergleichbarkeit mit der Fallgruppe der unklaren oder umstrittenen Rechtslage erscheint es jedoch vorzügswürdig, bereits eine Pflichtverletzung zu verneinen.255 (c) „Nützliche“ Pflichtverletzungen Hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit bei Pflichtverletzungen, die der Gesellschaft Vorteile bringen, ist zwischen der Verletzung einer vertraglichen und der Verletzung einer gesetzlichen Pflicht zu unterscheiden.256 Verletzungen gegen gesetzliche Pflichten sind stets sorgfaltswidrig. Verstößt der Geschäftsführer gegen sie, verletzt er seine Sorgfaltspflichten unabhängig davon, welche Vorteile die Gesellschaft trotz oder wegen des Gesetzesverstoßes erlangt hat.257 Bei Vertragspflichten der Gesellschaft steht dem Geschäftsführer nach herrschender Ansicht hingegen ein gewisser Handlungsspielraum zu.258 Auch hierbei hat der Geschäftsführer die Vorteile und 250 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23c; Fleischer, ZIP 2005, 141, 149 f.; ders., in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 37; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 49. 251 Siehe hierzu ausführlich § 3 I.2.b))aa)(2)(a). 252 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 259. 253 BGH, Urt. v. 14. 5. 2007 – II ZR 48/06, NJW 2007, 2118, 2119; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 259. 254 BGH, Urt. v. 14. 5. 2007 – II ZR 48/06, NJW 2007, 2118, 2120. 255 So auch Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 259. 256 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 51. 257 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 51. 258 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 40; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 49a.; a.A. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23a.
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Risiken gegeneinander abzuwägen. Drohen der Gesellschaft bei Vertragsbruch unwirtschaftliche beziehungsweise bedrohliche Konsequenzen, etwa durch vereinbarte Vertragsstrafen, oder ein erheblicher Reputationsverlust, ist die Pflichtverletzung sorgfaltswidrig. In Einzelfällen kann ein Vertragsbruch jedoch durchaus vorteilhaft für die Gesellschaft sein.259 So kann es bei der Zerstörung einer Maschine durchaus vorteilhaft sein, Schadensersatz zu leisten anstatt zu erfüllen, wenn die Maschine nicht neu hergestellt oder repariert werden soll. (3) Organisationsrechtliche Grenzen Die (nichtgesetzlichen) internen organisationsrechtlichen Grenzen des Geschäftsführers stellen vor allem die Satzung und die Geschäftsordnung der Gesellschaft dar.260 Der Geschäftsführer hat daher insbesondere Zustimmungsvorbehalte aus der Satzung oder der Geschäftsordnung zu respektieren und einzuhalten.261 Auch der Anstellungsvertrag kann Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis enthalten, wie etwa wertmäßige Beschränkungen bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen.262 Darüber hinaus ist er an den Unternehmensgegenstand nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG gebunden.263 Besondere Bedeutung kommt auch (rechtmäßigen) Weisungen zu. Diese sind für den Geschäftsführer bindend. Der Geschäftsführer ist folglich verpflichtet diese auszuführen, so dass das Unterlassen eine Pflichtwidrigkeit darstellt.264 bb) Überwachungspflicht Der Geschäftsführer kann sich vielfach nicht damit begnügen nur sein eigenes Handeln hinsichtlich Zweck- und Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Besteht das Organ Geschäftsführer aus mehreren Personen, denen organisatorisch unterschiedliche Aufgaben zugewiesen sind, muss ein Geschäftsführer auch das Handeln der restlichen Organmitglieder überwachen. Gleiches gilt, wenn der Geschäftsführer zur Erfüllung seiner Tätigkeit Aufgaben an nachgelagerte Arbeitnehmer oder Abteilungen delegiert.
259 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 40; ders., ZIP 2005, 141, 150; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 51a. 260 Lutter, GmbHR 2000, 301, 303; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 44; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12. 261 Lutter, GmbHR 2000, 301, 303. 262 Lutter, GmbHR 2000, 301, 303. 263 Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 37 GmbHG, Rn. 7; Lutter, GmbHR 2000, 301, 303. 264 Lutter, GmbHR 2000, 301, 303 f.
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1. Teil: Grundlagen
(1) Horizontale Überwachungspflicht Bei mehreren Organmitgliedern mit eigenverantwortlicher Ressortverteilung erfordert der Grundsatz der Gesamtverantwortung, die Geschäftsführung ressortübergreifend zu beobachten.265 Dies erfordert, dass die Geschäftsführung einen geeigneten Informationszugang für die ressortfremden Organmitglieder schafft und den Informationsfluss unter den einzelnen Geschäftsführern gewährleistet.266 Hierbei muss allerdings der Grundsatz der Ressortverantwortung des etatmäßigen Geschäftsführers gewahrt werden. Eine Einmischung in seine Aufgabenbereiche verbietet sich hiernach, so lange keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Tätigkeit bestehen.267 Erscheint die Geschäftsführung jedoch nicht rechtmäßig und/oder unzweckmäßig, sind die Geschäftsführer zur weiteren und tiefergehenden Nachforschung verpflichtet.268 (2) Vertikale Überwachungspflicht Die vertikale Überwachungspflicht ist auf die dem Geschäftsführer untergeordneten Unternehmensbereiche ausgerichtet. Hierunter fallen insbesondere Unternehmensabteilungen oder einzelne Mitarbeiter. Besteht in der Geschäftsführung eine eigenverantwortliche Ressortverteilung, beschränkt sich die Überwachungspflicht des einzelnen Geschäftsführers auf die untergeordneten Ebenen seines Verantwortungsbereichs.269 Dabei steigen die Anforderungen an die ordnungsgemäße Überwachung mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Tätigkeit für das Unternehmen. Eine hohe Kontrolldichte ist ebenfalls geboten, wenn nachgelagerte Bereiche Aufgaben erfüllen, die der Geschäftsführung gesetzlich zugewiesen sind.270 Eine inhaltliche Orientierung bietet dabei vor allem § 130 OWiG.271 Zur Überwachung ist es erforderlich, dass effiziente Informations-, Organisations- und Kontrollstrukturen geschaffen werden, die es dem Geschäftsführer ermöglichen, einen tiefgreifenden Informationsgrad über nachgelagerte Unternehmensbereiche zu erhalten und frühzeitig in die Handlungsabläufe einzugreifen.272
265 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 109; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 17; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 153. 266 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 161; ähnlich auch Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 109, der den Geschäftsführern sogar einen originären Informationsanspruch gegenüber den Geschäftsführern anderer Ressorts zugesteht. 267 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 109. 268 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 161a; für den Vorstand in der AG, Fleischer, NZG 2003, 449, 454 m.w.N. 269 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 110; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 17. 270 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 170. 271 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 110. 272 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 170.
§ 3 Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen
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cc) Compliance-Pflicht Eng mit der vertikalen Überwachung und der Installation eines effizienten Informationssystems verbunden ist die Compliance-Pflicht.273 Hiernach ist der Geschäftsführer verpflichtet, geeignete Strukturen zu schaffen, die dafür sorgen, dass sich untergeordnete Unternehmensbereiche rechtstreu verhalten. Hinsichtlich der Überwachung und der Rechtmäßigkeit des Verhaltens decken sich Compliance- und Überwachungspflicht.274 Darüber hinaus ist der Geschäftsführer verpflichtet, bei Tätigkeiten mit erhöhtem Gefahrenpotenzial für Rechtsverstöße,275 geeignete organisatorische Maßnahmen und Strukturen zu schaffen,276 die regelwidrigem Verhalten entgegenwirken und dadurch Haftungsrisiken im Vorfeld eliminieren oder minimieren.277 dd) Business Judgement Rule Steht dem Geschäftsführer eigener Entscheidungsspielraum bei einer unternehmerischen Entscheidung zu, kommt ihm die Privilegierung der Business Judgement Rule zugute, nach der dem Geschäftsführer ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum zugebilligt wird. Die Figur der Business Judgement Rule findet ihren Ursprung im amerikanischen Recht und fand zunächst durch die Rechtsprechung des BGH zur Vorstandshaftung Einzug in das deutsche Recht. Für den Vorstand ist diese mittlerweile in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kodifiziert. Auch ohne eine gesetzliche Verankerung im GmbHG ist allgemein anerkannt, dass auch der Geschäftsführer den Schutz dieser Privilegierung beanspruchen kann. (1) Unternehmerische Entscheidung Die Privilegierung setzt dabei zunächst voraus, dass das fragliche Geschäftsführerhandeln eine unternehmerische Entscheidung darstellt. Hierfür muss es sich um eine Entscheidung handeln, bei der Zweckmäßigkeitserwägungen erforderlich sind und der Geschäftsführer mehrere Handlungsalternativen hat.278 Eine unternehmerische Entscheidung liegt nicht vor, wenn dem Geschäftsführer kein Entscheidungsspielraum zukommt. Dies ist der Fall, wenn er zu einem bestimmten 273 Die Compliance-Pflicht wird etwa als besondere Pflicht der allgemeinen Überwachungspflicht verstanden, Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12. 274 Die Überwachungspflicht kann sich über die Legalitätsprüfung hinaus auch isoliert auf die Zweckmäßigkeit beziehen, so dass hierbei ein eigenständiger Bereich verbleibt. 275 Zum Beispiel kartellrechtliche Risiken im Vertrieb. 276 Dies können etwa Schulungen oder Berichts- und Dokumentationspflichten sein. 277 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 142. 278 Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 60; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 69.
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1. Teil: Grundlagen
Handeln verpflichtet ist. Die Verpflichtung kann dabei auf einer gesetzlichen oder statutarischer Regelung beruhen oder sich aus dem Anstellungsvertrag ergeben. Allerdings bedeutet die zwingende Verpflichtung zu einer bestimmten Aufgabe nicht zwangsläufig, dass die Business Judgement Rule überhaupt keine Anwendung findet. Sofern nur das Ob vergeschrieben ist, dem Geschäftsführer bei der Ausführung der Tätigkeit, also dem Wie, ein Entscheidungsspielraum bleibt,279 genießt der Geschäftsführer insoweit die Privilegierungswirkung.280 (2) Handeln zum Wohle der Gesellschaft Die Entscheidung muss darüber hinaus ausschließlich am Wohle der Gesellschaft orientiert sein. Der Geschäftsführer darf mit seiner Entscheidung keine Sonderinteressen verfolgen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen.281 Unter dem Wohl der Gesellschaft versteht das Gesetz den Unternehmensinteressen zu dienen.282 Der Ausgangspunkt zur Bestimmung der Unternehmensinteressen ist zunächst der Gesellschaftszweck. Die Gesellschafter können diesen konkret bestimmen und hierdurch Interessen ausdrücklich regeln und bestimmte Interessenverfolgungen ausschließen. So ist es möglich die Unternehmensinteressen allein mit dem Shareholder Value gleichzusetzen oder die Gewinnerzielung zugunsten sozialer Förderungen zu begrenzen.283 Ohne eine ausdrückliche Regelung liegen die Unternehmensinteressen zuvorderst in der nachhaltigen Steigerung der Ertrags- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und müssen sich somit an nachhaltiger Wertschöpfung orientieren.284 Neben den Interessen der Shareholder können auch Interessen der Stakeholder berücksichtigt werden. Hierunter fallen etwa Interessen von Arbeitnehmern oder Interessen der Allgemeinheit wie Umweltschutz und kulturelle Förderung.285 Die Beurteilung erfolgt dabei nicht ex post, sondern ex ante aus der Perspektive des Geschäftsführers.286 Die Dienlichkeit zugunsten der Unternehmensinteressen muss daher nicht objektiv vorgelegen haben. Eine rein subjektive Überzeugung des Geschäftsführers reicht indessen auch nicht aus. Der Geschäftsführer musste vielmehr annehmen dürfen, dass er zum Wohle der Gesellschaft handelt. Aus seiner 279
Dies ist zum Beispiel bei den Überwachungspflichten gegeben. Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 61; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 69. 281 Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 66. 282 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 71a; Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 62. 283 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 71a; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 20. 284 Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 62; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 71a; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 20. 285 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 71a; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 20. 286 Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 62. 280
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Perspektive musste die Dienlichkeit somit plausibel erscheinen. Dies ist der Fall, wenn unter Zugrundelegung der Perspektive des Geschäftsführers eine sorgfältige Risikoabwägung durchgeführt worden ist und die Entscheidung hiernach dienlich erschien.287 (3) Angemessene Informationsgrundlage Darüber hinaus musste der Geschäftsführer auch annehmen dürfen, dass er seine Entscheidung auf einer angemessenen Informationsgrundlage getroffen hat.288 Auch dies beurteilt sich ex ante und danach, ob die Annahme aus der Perspektive des Geschäftsführers plausibel war.289 Eine angemessene Informationsgrundlage erfordert eine Informationsbreite und Informationsdichte, die für eine sachgerechte Entscheidung notwendig ist.290 Nach dem BGH erfordert dies, dass der Geschäftsführer alle verfügbaren Informationen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft.291 (4) Guter Glaube Schließlich muss der Geschäftsführer in gutem Glauben gehandelt haben. Er muss von der Richtigkeit seiner Entscheidung überzeugt sein, wobei die Überzeugung nicht frei von Zweifeln sein muss. Die Grenzen des guten Glaubens sind etwa überschritten, wenn das Gesellschaftsvermögen ohne jeglichen Vorteil für die Gesellschaft verringert wird, wenn die Existenz des Unternehmens aufs Spiel gesetzt wird oder annerkante und branchenübliche Maßstäbe ohne erkennbaren Grund außer Acht gelassen werden.292 (5) Rechtsfolge der Privilegierung Liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor, soll dem Geschäftsführer ein weiter Entscheidungsspielraum eingeräumt werden, bei dem dieser auch bei einem nachträglichen unternehmerischen Misserfolg keine Haftung zu befürchten hat.293 Dieser sichere Hafen soll sicherstellen, dass der Geschäftsführer erforderliche unternehmerische Risiken eingehen kann, ohne eine spätere persönliche Inanspruchnahme befürchten zu müssen.294 Rechtlich begründet die Business Judgement Rule 287
Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 63. Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 64. 289 Siehe hierzu § 3 I.2.b)dd)(2). 290 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 70; Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 64; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 14. 291 BGH, Beschl. v. 14. 7. 2008 – II ZR 202/07, NJW 2008, 3361, 3362 f. 292 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 72. 293 Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 57. 294 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 76; Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 58. 288
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1. Teil: Grundlagen
eine unwiderlegliche Vermutung, dass der Geschäftsführer pflichtgemäß gehandelt hat.295 c) Treuepflicht Über die ausdrücklich in § 43 Abs. 1 GmbHG verankerte Sorgfaltspflicht hinaus unterliegt der Geschäftsführer auch der sogenannten Treuepflicht. Aufgrund seiner Organstellung ist der Geschäftsführer gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft zur besonderen Treue verpflichtet. Der Geschäftsführer muss die Ausübung der Geschäftsleitung allein am Wohl der GmbH ausrichten und dabei den eigenen Vorteil und den Vorteil Dritter unberücksichtigt lassen.296 3. Haftung des Geschäftsführers Verletzt der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflichten haftet er der Gesellschaft gegenüber. Neben dem Auffangtatbestand des § 43 Abs. 2 GmbHG finden sich im GmbHG weitere Anspruchsgrundlagen, die spezielle Tatbestände erfassen. Neben den §§ 9a Abs. 1, 57 Abs. 4, 64 und 43 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GmbHG ist hinsichtlich der vorliegend zu untersuchenden kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken die Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG besonders relevant. a) Anspruchsgrundlagen aa) Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG Aufgrund ihrer Doppelfunktion stellt § 43 Abs. 1 GmbHG eine eigenständige Anspruchsgrundlage für die Wahrung der entsprechenden Verhaltenspflichten dar. Eine Verletzung dieser Sorgfalts- und Treuepflichten führt daher auch zu einer Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG.297 Die Einhaltung der Gebote, welche dieser auch als Pflichtenquelle bezeichneten Norm entspringen, wird demnach auch durch die Steuerungsfunktion der Haftungsandrohung gesichert.
295 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 10; Wiesner, in: Hdb. d. GesR AG, § 25, Rn. 58. 296 BGH, Urt. v. 23. 9. 1985 – II ZR 246/84 = NJW 1986, 585 f.; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 86; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 72, 74; Uwe H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 68; Kübler, FS Werner, S. 437, 438; Hopt, FS Mestmäcker, S. 909, 921; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12. 297 Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 70; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 39.
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bb) Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG Nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG haftet der Geschäftsführer für Zahlungen, die gegen § 30 GmbHG verstoßen. Die Norm stellt nach herrschender Ansicht eine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, die eine Sonderregelung zur Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG trifft.298 Da die Norm als Sonderregelung an ihre Grundnorm anknüpft, erfordert auch die Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG ein Verschulden des Geschäftsführers im Sinne des § 43 Abs. 2 GmbHG hinsichtlich der kapitalerhaltungsrechtswidrigen Zahlung.299 Die Regelung verschärft die Haftung des Geschäftsführers jedoch in zweierlei Hinsicht. Zum einen liegt der Norm ein spezieller Schadensbegriff zugrunde und zum anderen beschränken § 43 Abs. 3 S. 2 und 3 GmbHG die Disponibilität der Haftung.300 b) Haftungsvoraussetzungen Da in dieser Arbeit die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken untersucht werden sollen, beschränken sich die weiteren Ausführungen auf die Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG. Da die Norm als Sonderregelung tatbestandlich an die Grundnorm des § 43 Abs. 2 GmbHG anknüpft, sind auch diese Tatbestandsmerkmale für die kapitalerhaltungsrechtliche Haftung des Geschäftsführers relevant. Im Einzelnen setzt die Haftung voraus, dass eine kapitalerhaltungsrechtswidrige Zahlung die Gesellschaft geschädigt hat und der Geschäftsführer dies zu vertreten hat. aa) Kapitalerhaltungsrechtswidrige Zahlung Der Geschäftsführer haftet, wenn Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Gesellschaftsvermögens entgegen den Bestimmungen des § 30 GmbHG erfolgten. Die Haftung knüpft an die kapitalerhaltungsrechtliche Regelung an, die zum Zahlungszeitpunkt bestand. Änderungen des Kapitalerhaltungsrechts fließen somit automatisch in den Haftungstatbestand mit ein. Im Hinblick auf die vorliegend zu untersuchenden Auswirkungen des MoMiG auf die Geschäftsführerhaftung bedeutet dies, dass die Neuregelung des § 30 GmbHG un298 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 285; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 48; Oetker, in: Henssler/Strohn GesR, § 43 GmbHG, Rn. 14; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 216; a.A. Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1209, nach dem die Regelung einen Ersatzanspruch eigener Art begründet. 299 BGH, Urt. v. 22. 9. 2003 – II ZR 229/02, NJW 2003, 3629, 3632; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 48; Oetker, in: Henssler/Strohn GesR, § 43 GmbHG, Rn. 60; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 38. 300 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 284; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 48; vgl. auch Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 216a.
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1. Teil: Grundlagen
mittelbare Auswirkung auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers hat. Hierbei kommt den tiefgreifenden Veränderungen des Kapitalerhaltungsrechts durch die Neukonzeption des Rechts der Gesellschafterdarlehen und der Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise besondere Bedeutung zu.301 Für eine Haftung ist es hingegen nicht erforderlich, dass die Zahlung durch den Geschäftsführer erfolgt oder er aktiv an dem Auszahlungsprozess beteiligt war. Aufgrund seiner Überwachungspflicht302 hat der Geschäftsführer auch Auszahlungen von anderen Geschäftsführern und nachgelagerten Unternehmensbereichen zu überwachen und gegebenenfalls zu verhindern.303 bb) Verschulden Wie bereits festgestellt, muss der Geschäftsführer die Pflichtverletzung auch vertreten müssen.304 Der Geschäftsführer muss die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes außer Acht gelassen haben. Dies wird allerdings vermutet.305 Der Geschäftsführer hat zu seiner Exkulpation darzulegen und zu beweisen, dass er die Sorgfaltspflichten nach § 43 Abs. 1 GmbHG beachtet hat oder ihnen schuldlos nicht nachkommen konnte oder der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre.306 cc) Schaden Weitere Haftungsvoraussetzung ist ein Schaden der Gesellschaft. Wie bereits festgestellt, liegt der Regelung ein spezieller Schadensbegriff zugrunde, der von dem der §§ 249 ff. BGB abweicht.307 Aufgrund der Anknüpfung an die kapitalerhaltungsrechtswidrige Auszahlung, liegt der Schaden bereits in dem verbotswidrigen Abfluss des Vermögens. Außer Betracht bleiben daher mögliche Gegenleistungsansprüche aus dem der Auszahlung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft gegen den Zahlungsempfänger oder Erstattungsansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter. Es findet daher kein Vergleich der Vermögenspositionen der Gesellschaft vor und nach der Auszahlung statt. Es wird vielmehr vermutet, dass der 301
Vgl. Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 287. Siehe zur Überwachungspflicht § 3 I.2.b)bb). 303 BGH, Urt. v. 25. 6. 2001 – II ZR 38/99, NJW 2001, 3123; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 218; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 286. 304 Siehe hierzu § 3 I.3.a)bb). 305 BGH, Urt. v. 29. 9. 2008 – II ZR 234/07, NZG 2008, 908, 910; Oetker, in: Henssler/ Strohn GesR, § 43 GmbHG, Rn. 60; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 292. 306 BGH, Urt. v. 4. 11. 2002 – II ZR 224/00, NJW 2008, 358, 359. 307 Siehe hierzu § 3 I.3.a)bb). 302
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Gesellschaft durch den Vermögensabfluss ein Schaden in entsprechender Höhe erwachsen ist.308 Der Geschäftsführer hat allerdings die Möglichkeit diese Vermutung zu widerlegen. Aufgrund des speziellen Schadensbegriffs ist dies jedoch nicht durch den Verweis darauf möglich, dass der Gesellschaft Gegenleistungs- oder Erstattungsanprüche gegen den Zahlungsempfänger oder Gesellschafter zustehen. Er muss vielmehr darlegen und beweisen, dass der Schaden (Vermögensabfluss) nicht mehr besteht, da die Gesellschaft das abgeflossene Vermögen zurückerhalten hat.309 Dies kann etwa durch die Rückabwicklung des Auszahlungsgeschäfts mit dem Zahlungsempfänger erfolgen oder im Wege von tatsächlich geleisteten Erstattungszahlungen der Gesellschafter nach § 31 GmbHG.310 dd) Keine Disponibilität § 43 Abs. 3 S. 2 GmbHG verweist auf § 9b Abs. 1 GmbHG und unterstellt den Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 3 GmbHG dem Verbot über diesen rechtsgeschäftlich zu disponieren, soweit dieser zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. Erforderlich ist der Ersatz bereits dann, wenn mindestens ein Gläubiger bei Fälligkeit seiner Forderung aus dem Gesellschaftsvermögen nicht vollumfänglich befriedigt werden kann.311 Entsprechende Vereinbarungen sind unwirksam. Auf den Schadensersatzanspruch kann dann weder verzichtet werden, noch kann über ihn ein Vergleich wirksam geschlossen werden.312 ee) Haftung trotz Weisung Soweit der Schadensersatzanspruch zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, wird der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG auch nicht von seiner Schadensersatzpflicht frei, wenn die Auszahlung auf einer Weisung der Gesellschafterversammlung beruht.
308 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 49; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 293; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 219c. 309 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 293; ders., ZIP 2005, 141, 151; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 49; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 219c. 310 BGH, Urt. v. 29. 9. 2008 – II ZR 234/07, NZG 2008, 908, 910; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 219. 311 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 220c; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 295. 312 Eine Ausnahme besteht nach § 9b Abs. 1 S. 2 GmbHG jedoch, wenn der Geschäftsführer zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
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1. Teil: Grundlagen
II. Konflikt zwischen Gesellschafts- und Konzerninteresse Um den rechtlichen Sorgfaltsanforderungen gerecht zu werden und somit einer persönlichen Haftung gegenüber der Anstellungsgesellschaft nach § 43 GmbHG zu entgehen, muss der Geschäftsführer das Gesellschaftsinteresse seiner Anstellungsgesellschaft wahren. Dies erfordert, dass der Geschäftsführer seine Geschäftsführung im Rahmen seiner gesetzlichen und statutarischen Vorgaben ausschließlich an den Interessen der Gesellschaft ausrichtet, dabei den Vorteil der Gesellschaft wahrt und Schaden von ihr abwendet.313 Der Sorgfaltsmaßstab erfasst für den Geschäftsführer somit die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit unter Beachtung der Rechtmäßigkeit der einzelnen Geschäftsführungsmaßnahme.314 Löst man den isolierten Blick hingegen von der einzelnen Gesellschaft und betrachtet die nächsthöhere Ebene, muss man den Fokus auf den Konzernverbund legen. Das herausragende Kennzeichen des Konzerns ist hierbei neben der rechtlichen Selbstständigkeit der beteiligten Unternehmen, dass das Tochterunternehmen unter der einheitlichen Leitung der Muttergesellschaft steht.315 Die rechtliche Selbstständigkeit auf der einen Seite und die Zusammenfassung der Konzernunternehmen unter die einheitliche Leitung der Muttergesellschaft auf der anderen Seite, führen nahezu zwangsläufig zu einem Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der Anstellungsgesellschaft und denen der Muttergesellschaft. Wesentliche Entscheidungen werden nicht mehr auf der Ebene der Anstellungsgesellschaft getroffen, sondern erfolgen durch eine, aus der Sicht des Geschäftsführers, rechtlich fremde Gesellschaft. Hierbei treffen häufig Konzerninteressen auf abweichende Interessen der Tochtergesellschaft. Die Leitungsmaßnahmen der Konzernmutter, die häufig auf die Nutzung von Synergieeffekten ausgerichtet sind, erweisen sich dabei vielfach zwar als vorteilhaft für den Konzernverbund, nehmen hierzu jedoch Nachteile aufseiten der Tochtergesellschaft in Kauf. Der Geschäftsführer muss dabei entscheiden, inwieweit er der Konzernleitung entsprechen kann beziehungsweise muss, ohne gegen seine originären Pflichten gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft zu verstoßen.316 Wie die widerstreitenden Interessen in Einklang gebracht werden und der geltende Pflichtenumfang des Geschäftsführers in einer konzerneingebundenen Tochtergesellschaft konkretisiert wird, richtet sich dabei nach dem Konzernierungsgrad,
313 Vgl. OLG Zweibrücken, Urt. v. 22. 12. 1998 – 8 U 98/98, NZG 1999, 506, 507; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. 11. 1993 – 6 U 245/92, GmbHR 1994, 317, 318; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 70; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 42; Paefgen, in: Großkomm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 45; Volkelt, Geschäftsführer im Konzern, S. 13. 314 Keßler, in: Daumke/Keßler/Perbey, GmbH-Geschäftsführer, S. 211. 315 Siehe zum Begriff der einheitlichen Leitung auch § 2 I.3.b)dd)(1). 316 Vgl. Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 2 ff.
§ 3 Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen
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mithin nach der Qualifizierung als Vertragskonzern beziehungsweise faktischer Konzern.317
III. Geschäftsführung im Vertragskonzern Der Abschluss eines Beherrschungsvertrags analog § 291 Abs. 1 AktG und die damit einhergehende Begründung eines Vertragskonzerns318 greifen tief in die organisationsrechtliche Beziehung der Konzernunternehmen ein.319 Die rechtliche Annäherung an das herrschende Unternehmen findet sich dabei nur vereinzelt auch in der Rechtsstellung des Geschäftsführers der abhängigen Gesellschaft wieder.320 1. Weisungsrecht der Konzernmutter und Folgepflicht des Geschäftsführers a) Unmittelbarkeit der Weisung So ist es dem herrschenden Unternehmen analog § 308 Abs. 1 S. 1 AktG allein auf der Grundlage eines Beherrschungsvertrags möglich, die Geschäftsführung der abhängigen GmbH unmittelbar anzuweisen.321 Für das herrschende Unternehmen entfällt hierdurch die Notwendigkeit, im Rahmen der Konzernleitung die Gesellschafterversammlung zwecks Weisungsbeschlüssen einzuschalten. Es kann den Geschäftsführer vielmehr unmittelbar und formlos anweisen.322 Für den Geschäftsführer und seinen Pflichtenmaßstab bedeutet diese organisationsrechtliche Besonderheit, dass dem Organ Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft fortan nicht mehr das Weisungsmonopol zufällt, sondern die Weisungskompetenz auf das, aus der Sicht des Geschäftsführers, fremde herrschende Unternehmen übertragen wird323 und somit einer Instanz zukommt, die in der gesetzlichen Konzeption des GmbHG nicht vorgesehen ist.324
317
Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 41, Rn. 24. Siehe hierzu auch § 2 I.3.c)bb)(1). 319 Zöllner, ZGR 1992, 173, 176; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 634; vgl. auch Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 308 AktG, Rn. 1. 320 Vgl. Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 1. 321 Statt aller Sina, AG 1991, 1. 322 Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 93. 323 Die Grenze der Übertragung des Weisungsrechts auf das herrschende Unternehmen findet sich jedoch bei Beschlussgegenständen, die zum weisungsfesten Kernbereich gehören und zwingend der Gesellschafterversammlung zugewiesen sind, siehe OLG Stuttgart, Urt. v. 2910.1997 – 20 U 8/97, NZG 1998, 601, 602; vgl. auch Zöllner, ZGR 1992, 173, 185. 324 BGH, Beschl. v. 24. 10. 1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324, 331 = NJW 1989, 295, 296; OLG Stuttgart, Urt. v. 2910.1997 – 20 U 8/97, NZG 1998, 601, 602; vgl. auch Decher/Kiefner, 318
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1. Teil: Grundlagen
b) Möglichkeit nachteiliger Weisung Darüber hinaus umfasst die vertraglich begründete Weisungskompetenz analog § 308 Abs. 1 S. 2 AktG auch die Befugnis des herrschenden Unternehmens, nachteilige Maßnahmen an das abhängige Unternehmen zu erteilen.325 Dies wirkt sich ebenfalls auf den Pflichtenkreis des Geschäftsführers der abhängigen GmbH aus. Denn insoweit korrespondiert der Pflichtenumfang des Geschäftsführers mit dem vertraglich begründeten Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens dergestalt, dass dieser bei einem bestehenden Beherrschungsvertrag befugt und analog § 308 Abs. 2 AktG sogar verpflichtet ist, die Interessen seiner Anstellungsgesellschaft zugunsten von Konzernbelangen zurückzustellen.326 Der Erweiterung der Kompetenz des herrschenden Unternehmens durch die Weisungsbefugnis steht folglich spiegelbildlich eine entsprechende Anpassung des Pflichtenstandards des Geschäftsführers der abhängigen Gesellschaft gegenüber.327 c) Weisung im Konzerninteresse Für die abhängige Gesellschaft nachteilige Weisungen des herrschenden Unternehmens sind analog § 308 Abs. 1 S. 2 AktG jedoch nur zulässig, soweit diese den Belangen der Konzernmutter oder einem anderen Konzernunternehmen dienen. Mit anderen Worten ermöglicht das Gesetz folglich nachteilige Weisungen nur solange, wie diese einem übergeordneten Konzernzweck dienen. Hieraus lässt sich der Schluss ziehen, dass nach der gesetzlichen Grundkonzeption des Vertragskonzerns die Einzelinteressen der Konzernunternehmen hinter den übergeordneten Interessen des Konzerns zurücktreten. Im Vertragskonzern rückt daher das Konzerninteresse in den Mittelpunkt.328 2. Sorgfaltsmaßstab des Geschäftsführers im Vertragskonzern a) Sorgfaltsmaßstab bei nachteiligen Weisungen Diese Fokussierung auf das Konzerninteresse zeigt sich ebenfalls für die Bestimmung des Pflichtenmaßstabs des Geschäftsführers der abhängigen GmbH. Der Eingriff in die Organisationsstruktur der Konzernunternehmen im Vertragskonzern in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 70, Rn. 19; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 32, Rn. 33; Zöllner, ZGR 1992, 173, 177 ff. 325 Statt aller Zöllner, ZGR 1992, 173, 186. 326 Vgl. Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 374. 327 Vgl. Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 308 AktG, Rn. 20. 328 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 1; vgl. auch Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 304; vgl. auch Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 308 AktG, Rn. 16 m.w.N., der das Konzerninteresse in diesem Sinne als sprachliche Abbreviatur für das Interesse der herrschenden Gesellschaft oder der anderen Tochtergesellschaften versteht.
§ 3 Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen
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in Form der Folgepflicht der Geschäftsführer hinsichtlich nachteiliger Weisungen, erfordert eine entsprechende Anpassung des Pflichtenmaßstabs des folgepflichtigen Geschäftsführers. Dem trägt der Gesetzgeber mit dem Haftungsausschluss analog § 310 Abs. 3 AktG Rechnung, wonach der Geschäftsführer nicht analog § 310 Abs. 1 AktG haftet, wenn dieser der nachteiligen Weisung analog § 308 Abs. 2 AktG folgen musste, mithin eine rechtmäßige nachteilige Weisung vorlag.329 Wenn der Geschäftsführer jedoch (nur) wirksamen Weisungen folgen muss, dann beschränkt sich logischerweise auch sein Pflichtenumfang lediglich darauf, die Rechtmäßigkeit der einzelnen Weisung zu prüfen. Ob die einzelne Maßnahme im Interesse seiner Anstellungsgesellschaft liegt, spielt in diesem Fall keine Rolle, so dass die Verpflichtung auf das Gesellschaftsinteresse grundsätzlich hinter dem Konzerninteresse zurücktritt. aa) Modifizierung des Pflichtenmaßstabs von § 43 Abs. 1 GmbHG Hierzu findet sich in der Literatur die Ansicht, dass die Anpassung des Pflichtenmaßstabs des Geschäftsführers bei nachteiligen Weisungen durch eine Modifizierung von § 43 Abs. 1 GmbHG erfolge.330 Hiernach werde der Pflichtenkreis des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 1 GmbHG speziell für die Fälle nachteiliger Weisungen von der konzernrechtlichen Bestimmung des § 310 AktG (analog) dergestalt abgeschwächt, dass der Geschäftsführer lediglich die Rechtmäßigkeit der Weisung prüfen müsse.331 bb) Überlagerung des § 43 Abs. 1 GmbHG durch analog § 310 AktG Es erscheint jedoch überlegenswert im Falle von nachteiligen Weisungen eine Überlagerung des Pflichtenmaßstabs des § 43 Abs. 1 GmbHG durch analog § 310 AktG anzunehmen.332 Zum einen ist § 310 AktG die sachnähere Norm, da diese speziell für den Fall der Weisung im Vertragskonzern geschaffen wurde.333 Zum anderen ist die analoge 329
Zur Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Vorschriften über den Vertragskonzern auf den GmbH-Vertragskonzern siehe § 2 I.3.c)bb)(1). 330 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 82; ders., in: Münch. Komm. AktG, § 310 AktG, Rn. 5; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 844; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 1; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 310 AktG, Rn. 5; Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 303. 331 Statt aller Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 82. 332 Vgl. auch Sven H. Schneider, in: Hdb. Managerhaftung, § 8, Rn. 101, der die Frage der Vorrangigkeit der aktienrechtlichen Vorschrift zwar aufwirft, jedoch ausdrücklich offen lässt. 333 Siehe zur Anpassung des Pflichtenmaßstabs im Vertragskonzern durch analog § 310 AktG auch § 3 III.2.a).
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1. Teil: Grundlagen
Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften über den Vertragskonzern auf die abhängige konzerneingebundene GmbH allgemein anerkannt,334 so dass es nur konsequent erscheint, auch das entsprechende konzernrechtliche Haftungsregime auf den Geschäftsführer zu übertragen. Darüber hinaus fungiert § 43 Abs. 1 GmbHG in seiner Funktion als Pflichtenquelle lediglich als Auffangtatbestand. Die Vorschrift ist folglich nur einschlägig, wenn entsprechende gesetzliche Regelungen fehlen.335 Aus der analogen Anwendung von § 310 AktG ergibt sich jedoch eine konkret für den Fall der nachteiligen Weisung im Vertragskonzern normierte Verhaltenspflicht, so dass der Anwendungsbereich des § 43 Abs. 1 GmbHG in diesem Fall nicht eröffnet ist. Der Pflichtenmaßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG wird vielmehr durch die analoge Anwendung von § 310 AktG überlagert. cc) Wirksamkeit der Weisung Der Pflichtenumfang des Geschäftsführers beschränkt sich bei nachteiligen Weisungen analog § 308 Abs. 2 AktG darauf, die Rechtmäßigkeit der einzelnen Weisung zu prüfen. Er muss daher prüfen, ob die Weisung der Konzernmutter innerhalb der rechtlichen Grenzen liegt, um von dem Haftungsausschluss analog § 310 Abs. 3 AktG zu profitieren. Die Grenzen des Weisungsrechts der Konzernleitung gegenüber dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft erscheinen dabei vielschichtig. (1) Beherrschungsvertrag Zunächst ist es den Parteien des Beherrschungsvertrags unbenommen, Grenzen der Leitungsmacht im Vorhinein zu vereinbaren. Analog § 308 Abs. 1 S. 2 AktG umfasst die Leitungsmacht der Konzernmutter auch die Erteilung von Weisungen, sofern der Beherrschungsvertrag keine andere Regelung trifft. Aus der ausdrücklichen gesetzlichen Beschränkung der Disponibilität in Bezug auf die Nachteiligkeit der Weisung ergibt sich, dass es den Parteien nur möglich ist die gesetzlich definierte Leitungsmacht einzugrenzen. Eine Extension der Leitungsbefugnisse der Konzernmutter über den gesetzlichen Umfang analog § 308 AktG hinaus ist hingegen nicht möglich.336 So können im Beherrschungsvertrag nachteilige Weisungen in Gänze ausgeschlossen werden, Formerfordernisse für die Weisungen vereinbart werden und darüber hinaus das Weisungsrecht der Konzernmutter auf bestimmte Geschäfts-
334 335 336
Siehe hierzu auch § 2 I.3.c)bb)(1). Siehe hierzu auch § 3 I.2.b). Vgl. auch die Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 403.
§ 3 Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen
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führungsbereiche eingegrenzt oder auf Grundsatzfragen beschränkt werden.337 Widerspricht die Weisung den Vereinbarungen im Beherrschungsvertrag, ist die Weisung unrechtmäßig und der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft darf diese nicht ausführen. (2) Satzung Die Satzung der Konzerntochter weist den Unternehmensgegenstand aus und stellt zugleich eine weitere Grenze der Weisungsbefugnis der Konzernmutter dar. Der Umfang des Weisungsrechts wird allgemein sehr weit ausgelegt und umfasst grundsätzlich alle Geschäftsführungsmaßnahmen der abhängigen Gesellschaft, somit auch sämtliche Befugnisse des Geschäftsführers der abhängigen GmbH.338 Umgekehrt geht die Weisungsbefugnis der Konzernmutter jedoch nicht über die Geschäftsführungsbefugnisse des Geschäftsführers der abhängigen GmbH hinaus, so dass die Grenzen der Geschäftsführung auf Tochterebene zugleich auch die Grenzen der Weisungsbefugnis der Muttergesellschaft darstellen.339 Die Geschäftsführungsbefugnis für den Geschäftsführer der (abhängigen) GmbH ist auf Maßnahmen beschränkt, die sich im Rahmen der Satzung bewegen.340 Diese Beschränkung stellt somit zugleich auch die Grenze des Weisungsrechts der Konzernmutter dar, welches folglich nur soweit reicht, wie es der Unternehmensgegenstand der Tochtergesellschaft zulässt. Satzungsfremde Weisungen darf der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft daher nicht ausführen. Hierzu wäre nach § 53 Abs. 1 GmbHG ein satzungsändernder Beschluss notwendig. Dies stellt die Konzernmutter aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Konzern hinsichtlich der erforderlichen Beschlussmehrheit zwar regelmäßig nicht vor ernsthafte Probleme, erfordert jedoch im Gegensatz zur direkten Weisung ein förmliches Verfahren nach § 53 f. GmbHG.341 (3) Gesetzliche Grenzen Der Grundsatz, dass Weisungen der Konzernmutter alle Geschäftsführungsmaßnahmen umfassen können, umgekehrt jedoch inhaltlich auch nicht weiter rei337
Vgl. Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR AG, § 71, Rn. 155; Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 308 AktG, Rn. 136 ff.; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 308 AktG, Rn. 56 ff.; Sina, AG 1991, 1, 8. 338 Vgl. zur AG auch die Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 403. 339 Vgl. für die abhängige AG Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 38; Sina, AG 1991, 1 f. 340 Statt aller Kleindieck, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 16. 341 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 22; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 829; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 97; vgl. für die AG auch Emmerich, in: Emmerich/ Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 56a; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 308 AktG, Rn. 34; Sina, AG 1991, 2.
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chen dürfen, gilt ebenfalls bei den gesetzlichen Grenzen der Geschäftsführung für die Tochtergesellschaft.342 Weisungen der Konzernmutter, welche die gesetzlichen Grenzen für Geschäftsführungsmaßnahmen der Konzerntochter überschreiten, sind demnach unrechtmäßig und deren Ausführung ist vom Geschäftsführer zu verweigern.343 (4) Konzerninteresse Eine weitere Grenze normiert analog § 308 Abs. 1 S. 2 AktG, wonach nachteilige Weisungen nur zulässig sind, wenn diese den Belangen der Konzernmutter oder konzernverbundenen Unternehmens dienen. Die Weisung muss folglich einem über die Belange des einzelnen Tochterunternehmens hinausgehenden, übergeordneten Konzerninteresse dienen. Eine Weisung liegt dabei im Konzerninteresse, wenn sie den Interessen der Konzernmutter an einer betriebswirtschaftlich optimalen Nutzung der im Konzern gebündelten Wirtschaftskraft dient.344 Entsprechende Synergien ergeben sich klassischerweise bei Cash Management Systemen im Rahmen der Konzerninnenfinanzierung. So ermöglicht insbesondere das Cash Pooling ein zentrales, vom Finanzmarkt unabhängiges Liquiditätsmanagement zur Bonitätssteigerung der Unternehmensgruppe sowie der Minimierung der konzerninternen Finanzierungskosten.345 Die Realisierung des unternehmensübergreifenden Nutzens erfordert dabei (isoliert betrachtet) Nachteile aufseiten des einzelnen Unternehmens. Der Nutzen muss dem Konzern dabei nicht unmittelbar zugute kommen, es reicht vielmehr jede mittelbare Dienlichkeit zugunsten der Vermögens- oder Ertragslage des Unternehmensverbunds.346 (a) Weisung im Interesse außenstehender Dritter Eine Grenze der Weisungsbefugnis ist daher erreicht, wenn die Weisung keinen Bezug zum Konzern als Wirtschaftseinheit aufweist, sondern (ausschließlich) im Interesse Dritter erfolgt. Es handelt sich folglich um eine unrechtmäßige Weisung, wenn sie den Privatinteressen eines Gesellschafters oder konzernfremden Personen dient.347 342
Siehe zu der Grenze der Weisungsbefugnis auch § 3 III.2.a)cc)(2). Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 97; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 828. 344 Sina, AG 1991, 1, 5. 345 Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655; Klein, ZIP 2017, 258. 346 Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 308, Rn. 27; Emmerich, in: Emmerich/ Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 46; Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 308 AktG, Rn. 107; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 308 AktG, Rn. 17. 347 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 23; vgl. zur AG auch Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 305; Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 437; Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 403. 343
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(b) Verhältnismäßigkeit der Weisung Andererseits reicht jedoch nicht jeder beliebige Vorteil für den Konzern aus um eine nachteilige Weisung zu rechtfertigen. Die Weisung muss nach allgemeiner Ansicht verhältnismäßig sein.348 Die Nachteile, die der Tochtergesellschaft durch die Maßnahme zugeführt werden, dürfen im Verhältnis zu den Vorteilen für die Mutterbeziehungsweise anderen Tochtergesellschaften daher nicht übermäßig groß sein. Die Abwägung hat bei jeder angewiesenen Maßnahme zu erfolgen und beschränkt sich nicht auf Eingriffe, die den Bestand der Gesellschaft gefährden.349 (aa) Nicht erforderliche Nachteile Außer Verhältnis und somit unzulässig sind daher Weisungen, welche für die Tochtergesellschaft einen unnötigen Nachteil mit sich bringen. Nicht erforderlich erscheint ein Nachteil dann, wenn der Maßnahme aufseiten des Konzernverbunds kein mindestens entsprechender Nutzen gegenübersteht. Die Beurteilung ist dabei ex ante aus der Sicht des herrschenden Unternehmens durchzuführen.350 Hierbei sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftspolitik anzusetzen,351 so dass auch die auf langfristige Rentabilität angelegten Nutzen entsprechend zu würdigen sind. Wird der Nachteil für die Tochter nicht mindestens durch den Vorteil für den Konzern egalisiert, zeigt die Weisung unter dem Strich eine negative Bilanz für den Gesamtverbund auf und steht somit einer betriebswirtschaftlich optimalen Nutzung der im Konzern gebündelten Wirtschaftskraft352 entgegen.353 Die Vergeudung unternehmerischer Ressourcen liegt nicht im Konzerninteresse und ist daher unverhältnismäßig.354 (bb) Existenzgefährdende Weisung Eine unzulässige Weisung aufgrund Unverhältnismäßigkeit ist ebenfalls zu bejahen, wenn durch die angewiesene Maßnahme der Bestand der Tochtergesellschaft gefährdet wird.355 348 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 823; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 70, Rn. 22; vgl. für die AG auch Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR AG, § 71, Rn. 153; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 49; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 308 AktG, Rn. 17; Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 438; a.A. Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 308 AktG, Rn. 116 ff. 349 Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 305; Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 438. 350 Vgl. zur AG Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 49; Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 305. 351 Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 305. 352 Siehe hierzu bereits § 3 III.2.a)cc)(4). 353 Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 305; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 308 AktG, Rn. 53; Altmeppen, ZHR 171 (2007), 320, 326. 354 Sina, AG 1991, 1, 7. 355 Zeidler, NZG 1999, 692, 695; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 29 ff.; vgl. zur AG auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 7. 6. 1990 – 19 W 13/
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Zwar enthalten die §§ 300 bis 303 AktG356 gesetzliche Regelungen zum Kapitalschutz der Tochtergesellschaft, sie bieten jedoch nach allgemeiner Ansicht keinen ausreichenden Schutz gegen eine Existenzgefährdung der Gesellschaft. So sichern die §§ 300 bis 303 AktG lediglich das bilanzielle Vermögen der Gesellschaft, enthalten jedoch keine weitergehenden Regelungen um auch die materielle Substanz und dadurch die nachhaltige Existenz der Gesellschaft zu sichern. So gefährdet ein bilanzneutraler Abzug einer wichtigen Produktionsanlage gegen einen finanziellen Ausgleichsbetrag die Lebensfähigkeit der Gesellschaft erheblich, wenn der Abzug die Infrastruktur der Gesellschaft so stark belastet, dass diese ihre Produktion nicht fortsetzen kann. Die Gesellschaft wird so ihrer Existenzgrundlage beraubt, ohne dass dies von den konzernrechtlichen Bestandsschutzvorschriften erfasst wird.357 Daneben kann eine Gefährdung durch Liquiditätsprobleme entstehen, die auf einer fehlenden Rücklagenbildung oder einem Liquiditätsabzug basieren. Bei Letztgenanntem wird ebenfalls ein bilanzneutraler Austausch in Gestalt von Liquidität und einer Forderung vorgenommen. Dabei bietet das konzernrechtliche Schutzkonzept aufgrund der zeitlich ans Ende des Geschäftsjahres verschobenen Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs ebenfalls keinen ausreichenden Bestandsschutz, so dass die Tochtergesellschaft existenziell bedroht ist, wenn ihr keine notwendige Liquidität mehr verbleibt oder die Verlustausgleichsforderung gegenüber der Mutter aufgrund Insolvenz nicht mehr werthaltig ist.358 Da sich der Verlust von einzelnen konzernverbundenen Unternehmen insgesamt negativ auf den gesamten Unternehmensverbund auswirkt, ist die Existenz der Gesellschaft eine elementare Grundvoraussetzung unternehmerischer Verbindungen und stellt somit eine weitere Grenze des Weisungsrechts dar. Darüber hinaus geht das Weisungsrecht der Konzernmutter nicht über die Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers der abhängigen GmbH hinaus.359 Die Einstellung des Geschäftsbetriebs, welches die zwingende Folge einer existenzvernichtenden Geschäftsführungsmaßnahme darstellt, ist jedoch nicht von der Ge-
86 = ZIP 1990, 1333, 337; Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 305 ff.;Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 438 ff.; Sina, AG 1991, 1, 7; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 308 AktG, Rn. 17 und 19; a.A. Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 308 AktG, Rn. 50; Altmeppen, ZHR 171 (2007), 320, 327. 356 Nach herrschender Ansicht sind die §§ 300 bis 303 AktG grundsätzlich entsprechend auf die GmbH als abhängiges Konzernunternehmen anwendbar, vgl. Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 29; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 Konzernrecht der GmbH, Rn. 6; siehe auch § 2 III.2. 357 Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 302 f.; Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 436; Sina, AG 1991, 1, 7; Zeidler, NZG 1999, 692, 695. 358 Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 302; vgl. auch Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 30; Sina, AG 1991, 1, 7. 359 Siehe hierzu § 3 III.2.a)cc)(2).
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schäftsführungsbefugnis gedeckt, so dass diese Grenze auch für die Weisungsbefugnis der Muttergesellschaft gilt.360 Dem Verlust einer Tochtergesellschaft steht somit grundsätzlich kein entsprechender Vorteil für den Gesamtkonzern gegenüber, so dass existenzgefährdende Weisungen unverhältnismäßig erscheinen und somit nicht vom Weisungsrecht der Muttergesellschaft gedeckt und unzulässig sind.361 Existenzgefährdende Weisungen dürfen daher nicht vom Geschäftsführer der abhängigen GmbH befolgt werden. Darüber hinaus steht der Tochtergesellschaft bei Weisungen, die die Überlebensfähigkeit der GmbH ernsthaft bedrohen, ein Kündigungsrechtsrecht des Beherrschungsvertrags zu, da existenzgefährdende Weisungen nach allgemeiner Ansicht einen wichtigen Grund zur Kündigung analog § 297 Abs. 1 AktG darstellen.362 (c) Offensichtlichkeit der Zweckentfremdung der Weisung (aa) Beschränkung des Verweigerungsrechts auf offensichtliche Zweckentfremdung Bei der Grenze des Konzerninteresses steht die Abwägung der widerstreitenden Interessen im Vordergrund. Der Tatsache, dass diese Einschätzung vielfach auf Prognosen beruht und der Geschäftsführer einer einzelnen Gesellschaft daher oftmals nicht in der Lage ist, sich den notwendigen Überblick über den Unternehmensverbund und die übergreifenden Interessen zu verschaffen, trägt das Gesetz in § 308 Abs. 2 S. 2 AktG Rechnung.363 Diese Regelung verbietet dem Geschäftsführer, die Ausführung der Weisung mit der Begründung zu verweigern, dass diese nicht dem Konzerninteresse diene. Eine Ausnahme lässt das Gesetz hiervon nur zu, wenn die Weisung offensichtlich nicht dem Konzerninteresse dient. Die Regelung beschränkt das Verweigerungsrecht somit auf offensichtlich zweckentfremdete Weisungen, also Fälle evidenten Missbrauchs des Weisungsrechts.364 Offensichtlich missbräuchlich ist die Weisung dabei, wenn die Zweckentfremdung für jeden Sachkenner ohne weitere Nachforschungen erkennbar ist.365
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Vgl. Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 439. Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 305 f.; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 830 ff.; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 98; Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 439. 362 Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 308 AktG, Rn. 54; Sina, AG 1991, 1, 9; Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 306. 363 Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 403. Siehe zur Übertragbarkeit der Wertungen des Aktienrechts auf den GmbH-Vertragskonzern auch § 2 I.3.c)bb)(1). 364 Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 53. 365 Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 308, Rn. 40; Emmerich, in: Emmerich/ Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 53; Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 308 AktG, Rn. 152; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 308 AktG, Rn. 22; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 37; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 308 AktG, Rn. 53. 361
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(bb) Beweislast Die Beweislast für das Vorliegen der Evidenz trifft dabei die abhängige Gesellschaft.366 Dies lässt sich bereits dem Wortlaut analog § 308 Abs. 2 S. 2 AktG entnehmen, der die Verweigerung einer Weisung nur ausnahmsweise im Fall von offensichtlicher Zweckentfremdung zulässt. Beruft sich die abhängige Gesellschaft bei der Weigerung hierauf, trifft diese hierfür nach allgemeinen Grundsätzen auch die Beweislast.367 Vereinzelt wird dagegen auf den Gesetzeszweck des § 308 Abs. 2 AktG verwiesen, demzufolge mit der Beschränkung des Verweigerungsrechts dem Umstand Rechnung getragen werde, dass der Geschäftsführer der Tochter häufig nicht in der Lage sei, das Konzerninteresse zuverlässig zu beurteilen.368 Im Hinblick auf die Beweislast treffen den Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft vergleichbare Schwierigkeiten, so dass eine Beweislastverlagerung zulasten des herrschenden Unternehmens angebracht erscheine, da diesem die Darlegung des Konzerninteresses aufgrund der Sachnähe deutlich leichter falle.369 Dieses Argument vermag jedoch nicht zu überzeugen. Den Informationsdefiziten des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft hat der Gesetzgeber mit der (tatbestandlichen) Beschränkung des Verweigerungsrechts auf offensichtliche Zweckentfremdungen in § 308 Abs. 2 AktG umfassend Rechnung getragen.370 Denn hinsichtlich nicht offensichtlich zweckwidriger, mithin für den Geschäftsführer schwer einzusehenden Weisungen, ist dieser nicht zur Verweigerung befugt. Dies bedeutet für den Geschäftsführer jedoch andererseits auch, dass dieser aufgrund der Folgepflicht analog § 308 Abs. 2 S. 1 AktG keinem Haftungsrisiko ausgesetzt ist. Ein Haftungsrisiko für den Geschäftsführer entsteht vielmehr erst bei offensichtlich zweckwidrigen Weisungen. Offensichtlichkeit erfordert dabei per Definition, dass die Zweckentfremdung für jeden Sachkenner ohne weitere Nachforschungen erkennbar ist.371 Wenn jedoch die Erkennbarkeit ohne weitere Nachforschungen gegeben sein muss, dann ist es unerheblich, ob der Geschäftsführer in der Lage ist, Einblicke in den Unternehmensverbund (zu Nachforschungszwecken) zu bekommen 366 Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 308 AktG, Rn. 153; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 308 AktG, Rn. 22; Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 308 AktG, Rn. 35; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 308 AktG, Rn. 53; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 308 AktG, Rn. 40; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 308 AktG, Rn. 70; a.A. Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 38; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 53c. 367 Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 308 AktG, Rn. 155; Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 308 AktG, Rn. 70. 368 Siehe auch § 3 III.2.a)cc)(4)(c)(aa). 369 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 38; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 53c. 370 Siehe zur Übertragbarkeit der Wertungen des Aktienrechts auf den GmbH-Vertragskonzern § 2 I.3.c)bb)(1). 371 Siehe auch § 3 III.2.a)cc)(4)(c)(aa).
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oder nicht. Daher ist es hinsichtlich der Beweislast nicht notwendig, dass diese auf das herrschende Unternehmen verlagert wird. Die Beweislast bezüglich der Offensichtlichkeit der Zweckverfremdung trifft daher das abhängige Unternehmen. b) Sorgfaltsmaßstab außerhalb nachteiliger Weisungen Die Überlagerung des Pflichtenmaßstabs beschränkt sich jedoch nur auf die Folgepflicht des Geschäftsführers bei nachteiligen Weisungen des herrschenden Unternehmens analog § 308 Abs. 2 AktG.372 Außerhalb dieses Anwendungsbereichs verbleibt es bei dem „klassischen“ Sorgfaltsmaßstab373 des § 43 Abs. 1 GmbHG für den Geschäftsführer der abhängigen GmbH. Dies hat für den Geschäftsführer vor allem die Konsequenz, dass dieser außerhalb erteilter Weisungen seine Geschäftsführung ausschließlich an den Interessen seiner Anstellungsgesellschaft auszurichten hat. Eigenständige Geschäftsführungsmaßnahmen im Konzerninteresse unter der Inkaufnahme nachteiliger Auswirkungen auf die Anstellungsgesellschaft sind daher sorgfaltswidrig.374 In diesen Fällen hat demnach auch im Vertragskonzern das Konzerninteresse hinter das Interesse der Anstellungsgesellschaft zurückzutreten. c) Haftung des Geschäftsführers aa) Haftung bei nachteiliger Weisung Im Falle von Weisungen vom herrschenden Unternehmen trifft den Geschäftsführer der abhängigen GmbH eine Prüfungs- und Kontrollpflicht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit der einzelnen Weisung.375 Dabei hat der Geschäftsführer in einem ersten Schritt zunächst die Rechtmäßigkeit der Weisung zu prüfen. Unabhängig davon, ob eine Weisung im Konzerninteresse liegt, entfalten nichtige Weisungen376 keine Bindungswirkung für den Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft. In einem zweiten Schritt hat er dann zu prüfen, ob die Weisung nachteilig für seine Anstellungsgesellschaft ist. Ist dies zu bejahen, hat der Geschäftsführer eine Evidenzkontrolle bei Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der
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Vgl. zur AG die Begr. RegE, bei Kropff, AktG-1965, S. 403. Siehe zum Sorgfaltsmaßstab und seiner Doppelfunktion auch § 3 I.2. ff. 374 Vgl. insoweit für den Vorstand der AG Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, § 308 AktG, Rn. 74; Sina, AG 1991, 1, 9; Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR AG, 3. Aufl. 2007, § 70, Rn. 156. A.A. Sven H. Schneider/Uwe H. Schneider, AG 2005, 57, 64; Wellhöfer, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller, Die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer, § 11, Rn. 211, wonach Maßnahmen außerhalb von Weisungen nur vorgenommen werden dürfen, wenn sie im Konzerninteresse liegen. 375 Siehe hierzu im Einzelnen auch § 3 III.2.a)cc) ff. 376 Nichtig sind Weisungen die gegen entsprechende Regelungen im Beherrschungsvertrag beziehungsweise in der Satzung verstoßen oder gesetzliche Grenzen überschreiten. Siehe hierzu im Einzelnen auch § 3 III.2.a)cc)(1) ff. 373
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Weisung durchzuführen. Der Geschäftsführer ist dabei verpflichtet, den Weisungen nachzukommen, solange diese nicht offensichtlich zweckentfremdet sind.377 Verletzt der Geschäftsführer der abhängigen GmbH seine Prüfungspflicht und führt eine Weisung aus, die den Rechtmäßigkeitsanforderungen analog § 308 AktG nicht entspricht und der somit keine bindende Wirkung zukommt, so haftet er gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft analog § 310 AktG.378 Der Geschäftsführer haftet dabei neben dem herrschenden Unternehmen und dessen Geschäftsleitung, von denen die unzulässige Weisung erteilt wurde, als Gesamtschuldner. Er haftet jedoch nicht analog § 310 AktG gegenüber dem herrschenden Unternehmen.379 Neben einer Haftung analog § 310 AktG scheidet eine Haftung nach § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG aus. Fällt eine Geschäftsführungsmaßnahme in den Anwendungsbereich von analog § 310 AktG, verdrängt dieser die Anwendung der Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG.380 bb) Haftung außerhalb nachteiliger Weisung Außerhalb von (nachteiligen) Weisungen verbleibt es für den Geschäftsführer beim „klassischen“ Haftungssystem, das auf den Geschäftsführer einer nicht vertraglich konzerneingebundenen Gesellschaft zugeschnitten ist. Den Geschäftsführer trifft dabei die Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG und die spezielle kapitalerhaltungsrechtliche Haftung nach § 43 Abs. 3 GmbHG.381 Außerhalb von Weisungen ist der Geschäftsführer dabei in erster Linie auf das Interesse seiner Anstellungsgesellschaft verpflichtet und hat bei der Geschäftsführung das Konzerninteresse grundsätzlich außer Acht zu lassen. Schädigt er „seine“ GmbH zugunsten des Unternehmensverbunds, stellt dies demnach eine Sorgfaltspflichtverletzung dar und begründet für den Geschäftsführer ebenfalls eine Schadensersatzpflicht.382 377 Vgl. insoweit für den Vorstand der AG Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 308 AktG, Rn. 34 f.; Bödeker, in: Henssler/Strohn GesR, § 308 AktG, Rn. 17. 378 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 39; Leuering/ Goertz, in: Hölters AktG, § 310 AktG, Rn. 4; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 843 f.; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 100; vgl. auch Sina, AG 1991, 1, 9. 379 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 39; vgl. Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 310 AktG, Rn. 4 und 27; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 844; Kuntz, Der Konzern 2007, 802, 809. 380 Vgl. für die AG Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 310 AktG, Rn. 2; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 310 AktG, Rn. 3; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 310 AktG, Rn. 1; Sven H Schneider/Uwe H. Schneider, AG 2005, 57, 63. 381 Vgl. für die AG Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 310 AktG, Rn. 1. 382 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 39; vgl. für die AG auch Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 308 AktG, Rn. 157 f.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 308 AktG, Rn. 54; a.A. Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, § 308 AktG, Rn. 71.
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IV. Geschäftsführung im faktischen Konzern Im faktischen Konzern liegt kein Beherrschungsvertrag vor,383 so dass dem herrschenden Unternehmen auch kein Weisungsrecht analog § 308 AktG zukommt.384 Für den faktischen Konzern fehlen in den konzernrechtlichen Vorschriften daher auch Bestimmungen, die den Pflichtenmaßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG überlagern.385 Der Pflichtenumfang des Geschäftsführers richtet sich folglich uneingeschränkt nach § 43 Abs. 1 GmbHG. Da dem gesetzlichen Leitbild dieser Vorschrift eine unabhängige GmbH zugrunde liegt, ist dieser Leitgedanke auch bei der Pflichtenbestimmung im faktischen Konzern maßgeblich.386 Im faktischen Konzern steht bei der Konkretisierung des Pflichtenkatalogs des Geschäftsführers daher die Bewahrung größtmöglicher Selbstständigkeit der Tochtergesellschaft im Vordergrund.387 1. Verpflichtung auf das Interesse der Anstellungsgesellschaft Den Anknüpfungspunkt für den Pflichtenkatalog des Geschäftsführers einer abhängigen GmbH im faktischen Konzern bildet nach § 43 Abs. 1 GmbHG die Verpflichtung auf die Angelegenheiten seiner Anstellungsgesellschaft. Der Geschäftsführer ist demnach in erster Linie auf das Wohl „seiner“ GmbH verpflichtet. Hierzu hat der Geschäftsführer innerhalb des geltenden regulatorischen Rahmens die Vorteile für die Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr abzuwehren.388 a) Rentabilitätsziel Die Vorteile der Gesellschaft werden dabei vor allem durch das Rentabilitätsziel konkretisiert. Die Sicherung des dauerhaften Bestands der Gesellschaft und die Steigerung des Unternehmenswerts sind die grundlegenden Leitmotive unternehmerischer Tätigkeit am Markt und wirken daher auch für die Unternehmensführung des Geschäftsführers bestimmend.389 383
Siehe zur Unterscheidung nach Konzernierungsgrad auch § 2 I.3.c)bb). Eschenbruch, Konzernhaftung, Rn. 4225; Kuntz, Der Konzern 2007, 802, 808 f.; vgl. auch Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 472 ff.; vgl. für die AG auch Habersack, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 311 AktG, Rn. 10. 385 Vgl. Kuntz, Der Konzern 2007, 802, 808. 386 Siehe hierzu auch § 2 II.1. 387 Vgl. Raiser/Veil, KapGesR, § 61, Rn. 2; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbHGeschäftsführung, § 43, Rn. 1. 388 OLG Zweibrücken, Urt. v. 22. 12. 1998 – 8 U 98/98, NZG 1999, 506, 507; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. 11. 1993 – 6 U 245/92, GmbHR 1994, 317, 318; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 70; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 1; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 42. 389 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 20; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 1; vgl. für die AG auch 384
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1. Teil: Grundlagen
b) Berücksichtigung anderer Interessen Neben dem Rentabilitätsziel können jedoch auch weitere Interessen, wie etwa die der Arbeitnehmer und des Allgemeinwohls, bei der Unternehmensführung berücksichtigt werden.390 Solche sozialen Ausgaben etwa zur Mitarbeiterbindung oder zur Erhöhung der gesellschaftlichen Akzeptanz des Unternehmens in der Öffentlichkeit können als weiche Faktoren der langfristigen Rentabilität dienlich sein.391 Insoweit können sie berücksichtigt werden, als dass sie im Interesse der Gesellschaft erfolgen, ihre Kosten für die Gesellschaft betriebswirtschaftlich bedenkenlos tragbar sind und sie sich im Rahmen dessen bewegen, was Unternehmen vergleichbarer Art und Größe üblicherweise leisten.392 Im Gegensatz zu dem Vorstand einer AG leitet der Geschäftsführer die Geschäfte der GmbH nicht eigenverantwortlich.393 Vielmehr bestehen für bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen Zustimmungserfordernisse der Gesellschafterversammlung. Diese werden zum Teil ausdrücklich gesetzlich angeordnet394, sind teilweise allgemein anerkannt395 oder ergeben sich aus entsprechenden Satzungsregelungen396. Darüber hinaus ist die Gesellschafterversammlung befugt, dem Geschäftsführer konkrete Weisungen hinsichtlich bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen zu erteilen.397 Bei der Konkretisierung des Unternehmensinteresses im Hinblick auf die Verfolgung anderweitiger Interessen kommt dem Geschäftsführer daher nicht das Entscheidungsmonopol zu.398 Abgesehen von einem generellen Zustimmungserfordernis in der Satzung und einer Weisung im Einzelfall variiert die Entscheidungszuständigkeit hierüber zwischen dem Geschäftsführer und der GeKoch, in: Hüffer/Koch AktG, § 76 AktG, Rn. 34; Mülbert, ZGR 1997, 129, 157; Raiser/Veil, KapGesR, § 14, Rn. 14. 390 Uwe H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 68; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 19; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 20; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 1; vgl. für die AG auch BGH, Urt. v. 6. 12. 2001 – 1 StR 215/01, NJW 2002, 1585, 1586; Mertens, AG 2000, 157, 158; Fleischer, AG 2001, 171, 175; v. Werder, ZGR 1998, 69, 77 f.; Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 217. 391 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 20; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 19; vgl. für die AG auch BGH, Urt. v. 6. 12. 2001 – 1 StR 215/01 0 NJW 2002, 1585, 1586; Westermann, ZIP 1990, 771, 774; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 76 AktG, Rn. 35. 392 Säcker, BB 2009, 282, 283; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 20; vgl. für die AG auch Mertens, AG 2000, 157, 158; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm. z. AktG, § 76 AktG, Rn. 33; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 76 AktG, Rn. 35. 393 Siehe hierzu auch § 2 I.2.b). 394 So etwa § 43 Abs. 1 UmwG, § 50 Abs. 2 UmwG und § 51 Abs. 1 UmwG. 395 Siehe hierzu Römermann, in: Michalski GmbHG, § 47 GmbHG, Rn. 604 ff. 396 Siehe hierzu auch K. Schmidt, in: Scholz GmbHG, § 47 GmbHG, Rn. 12. 397 Siehe hierzu auch § 2 I.2.b). 398 Vgl. Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 19; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 79.
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sellschafterversammlung. Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit im Einzelfall ist dabei die konkrete Geschäftsführungsmaßnahme. Stellt die konkrete Maßnahme eine für die GmbH übliche Investition dar, handelt es sich um eine gewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme und fällt in die Entscheidungszuständigkeit des Geschäftsführers.399 Überschreitet die konkrete Maßnahme hingegen das übliche Maß, indem sie etwa der bisherigen Praxis zuwiderläuft, den finanziell gewöhnlichen Rahmen sprengt oder dem mutmaßlichen Willen der Gesellschafter widerspricht, handelt es sich hingegen um eine ungewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme und der Geschäftsführer ist verpflichtet, sich zur konkreten Geschäftsführungsmaßnahme die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu holen.400 2. Kollision mit dem Konzerninteresse Aufgrund dieser umfassenden und ausschließlichen Verpflichtung auf das Interesse der Anstellungsgesellschaft ist es dem Geschäftsführer im faktischen Konzern verwehrt, übergeordnete Konzerninteressen bei der Geschäftsleitung zu berücksichtigen. Dies kollidiert jedoch mit dem Interesse des herrschenden unternehmerischen Gesellschafters an einer effizienten ökonomischen Nutzung der konzernverbundenen Wirtschaftseinheit.401 Das wesentliche Fundament basiert dabei nahezu ausnahmslos auf der Bündelung von wirtschaftlichen Synergien.402 Die für die Zentralisierung erforderliche Verlagerung positiver „Assets“ innerhalb der Wirtschaftseinheit erfordert jedoch zwangsläufig Maßnahmen, die zwar für den Konzern als Ganzen vorteilhaft sind, für das einzelne Tochterunternehmen bei isolierter Betrachtung hingegen nachteilig erscheinen.403 3. Weisungsmöglichkeit der Konzernmutter durch Mehrheit in Gesellschafterversammlung Faktische Konzerne entstehen durch Beteiligungsverflechtungen, die einem unternehmerischen Mehrheitsgesellschafter weitreichende Einwirkungsmöglichkeiten 399 Fleischer, GmbHR 2010, 1307, 1310; ders., in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 105; a.A. Kind, NZG 2000, 567, 573; Drescher, Haftung des GmbH-Geschäftsführers, Rn. 159. 400 Fleischer, GmbHR 2010, 1307, 1311; ders., in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 106; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 79; Kleindieck, in: Lutter/ Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 22; Riegger/Götze, in: Hdb. Managerhaftung, § 26, Rn. 35. 401 Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 2. 402 Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 67, Rn. 2; Raiser/Veil, KapGesR, § 58, Rn. 11; E. Scheffler, Konzernmanagement, S. 4; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/ Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 2. 403 Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 2; für den Gleichordnungskonzern auch Lutter/Drygala, ZGR 1995, 557, 560.
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1. Teil: Grundlagen
auf die Geschäftspolitik der beteiligten Unternehmen einräumen. Der Einfluss basiert dabei auf den „herkömmlichen“ gesellschaftsrechtlichen Instrumentarien und wird im Gegensatz zum Vertragskonzern nicht durch einen Beherrschungsvertrag vertieft. Es verbleibt im faktischen Konzern daher bei der „klassischen“ organisationsrechtlichen Beziehung zwischen den involvierten Gesellschaften.404 a) Nur mittelbare Weisungsmöglichkeit Mangels Beherrschungsvertrag im faktischen Konzern kommt dem unternehmerischen Mehrheitsgesellschafter als Konzernmutter kein unmittelbares (vertragliches) Weisungsrecht analog § 308 Abs. 1 S. 1 AktG zu. Ihm verbleibt als klassisches Leitungsinstrument der durch die Gesellschaftsbeteiligung vermittelte Einfluss auf die Gesellschafterversammlung. Diese kann insbesondere nach § 47 Abs. 1 GmbHG (unmittelbare) Weisungen an den Geschäftsführer erteilen.405 Insofern unterscheidet sich die Möglichkeit der Einflussnahme des unternehmerischen Gesellschafters im faktischen Konzern nicht von derjenigen eines nichtunternehmerischen Mehrheitsgesellschafters. Durch das Erfordernis der Zwischenschaltung der Gesellschafterversammlung ist die Konzernmutter im faktischen Konzern demnach lediglich mittelbar zur Weisungserteilung in der Lage. Das anweisende Organ ist die Gesellschafterversammlung der Tochter-GmbH und nicht die Konzernmutter. Dies hat nicht nur formalistische Konsequenzen, sondern birgt auch nicht unbedeutende materielle Risiken für die Konzernobergesellschaft. Denn neben dem organisatorischen und administrativen Mehraufwand, den das Beschlussverfahren nach den §§ 47 ff. GmbHG erfordert, kommen in der Gesellschafterversammlung unter Umständen Minderheitsrechte zur Geltung. In Betracht kommt dabei vor allem die Anfechtung von Weisungsbeschlüssen analog §§ 243 ff. AktG. Darüber hinaus erscheint es denkbar, dass das Stimmengewicht der Konzernmutter hinsichtlich bestimmten Beschlussgegenständen nicht die erforderliche Mehrheit vermittelt, so beispielsweise wenn die Satzung Einstimmigkeit fordert oder Zustimmungsvorbehalte bestimmter Minderheitsgesellschafter vorsieht.406 Insgesamt lässt sich jedoch festhalten, dass die Einwirkungsmöglichkeit der Konzernmutter auf die Geschäftsführung der Tochter-GmbH im faktischen GmbHKonzern407 bedeutend größer ist als im faktischen Aktienkonzern. Aufgrund der Unabhängigkeit des Vorstands in der AG nach § 76 Abs. 1 AktG erschöpft sich das 404
III. 405
Vgl. auch § 2 I.3.c)bb)(2). Siehe zur gegensätzlichen Situation im Vertragskonzern § 3
Siehe hierzu auch § 2 I.3.c)bb)(2). Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 46; Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 19; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 663 sowie 788. 407 Zur Klassifizierung des GmbH-Konzerns siehe § 2 I.3.a). 406
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Einflusspotenzial der Konzernmutter im faktischen Aktienkonzern im Wesentlichen in ihrer mittelbaren Personalkompetenz. Durch die Stimmenmehrheit in der Hauptversammlung kann die Konzernmutter den Aufsichtsrat nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG bestimmen408 und dadurch mittelbar an der Besetzung des Vorstands mitwirken409. b) Möglichkeit nachteiliger Einflussnahme der Konzernmutter Wie bereits dargestellt, verbietet der konzeptionelle Unterschied in der Leitungsstruktur zwischen GmbH und AG eine entsprechende Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften über den faktischen Konzern. An ihre Stelle treten die Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters und das Benachteiligungsverbot.410 Die rechtliche Zulässigkeit und Reichweite nachteiliger Einflussnahme auf die Konzerntochter richtet sich dabei danach, ob es sich bei der Tochtergesellschaft um eine Ein-Mann-GmbH oder um eine Mehrpersonen-GmbH handelt und ob bei Letzterer die Treuepflicht ausnahmsweise von den Gesellschaftern abbedungen wurde. Bei der Mehrpersonen-GmbH unterliegt der Mehrheitsgesellschafter aufgrund seiner Treuepflicht einem allgemeinen Schädigungsverbot, welches dem herrschenden Gesellschafter jegliche Benachteiligung der abhängigen GmbH verbietet. Wurde die Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters in der Mehrpersonengesellschaft ausnahmsweise einvernehmlich suspendiert oder handelt es sich um eine Ein-Mann-GmbH, ist die nachteilige Einflussnahme durch die Konzernmutter weitgehend zulässig. Rechtliche Grenzen der Einflussnahme stellen lediglich die Kapitalerhaltungsregeln und der Existenzschutz der Gesellschaft dar.411 4. Sorgfaltsmaßstab des Geschäftsführers im faktischen Konzern Hinsichtlich der Geschäftsführerpflichten in der abhängigen GmbH eines faktischen Konzerns ergeben sich im Grundsatz keine wesentlichen Unterschiede zur Geschäftsführung in einer nicht in einen Konzernverbund integrierten unabhängigen GmbH.412 Der Pflichtenkatalog des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 1 GmbHG413 408 Die gesetzliche Allzuständigkeit der Hauptversammlung dient dabei der Machtbalance zwischen den Gesellschaftsorganen. Sofern die Satzung keine strengeren Anforderungen an das Mehrheitserfordernis stellt, bedarf der Hauptversammlungsbeschluss der einfachen Mehrheit. Siehe hierzu statt aller auch Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 119 AktG, Rn. 1 und 14. 409 Zur Bestellung des Vorstands fällt dem Aufsichtsrat die ausschließliche Personalkompetenz zu. Siehe statt aller Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 84 AktG, Rn. 1. 410 Siehe zur Nichtanwendbarkeit der §§ 311 bis 318 AktG auf den faktischen GmbHKonzern auch § 2 III.3. 411 Siehe hierzu ausführlich§ 2 III.3.b)dd). 412 Uwe H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 49a; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 32. 413 Siehe zur Doppelfunktionalität von § 43 Abs. 1 GmbHG § 3 I.2.b).
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1. Teil: Grundlagen
erscheint sehr mannigfaltig.414 Im Hinblick auf die Geschäftsführung in einer konzernverbundenen abhängigen GmbH kommen dabei jedoch insbesondere der Treuepflicht und der Legalitätspflicht herausragende Bedeutung zu. a) Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis Spiegelbildlich zu den Schranken der nachteiligen Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft auf der Ebene der Gesellschaft, ist auch bezüglich der rechtlichen Grenzen der Geschäftsführung in der abhängigen GmbH eines faktischen Konzerns zwischen absoluten und dispositiven Grenzen zu unterscheiden. aa) Treuepflicht des Geschäftsführers Der Geschäftsführer unterliegt aufgrund seiner Organstellung einer besonderen Treuepflicht gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft. Diese verpflichtet den Geschäftsführer die Ausübung der Geschäftsleitung allein am Wohl der GmbH auszurichten und dabei den eigenen Vorteil und den Vorteil Dritter unberücksichtigt zu lassen.415 Ob die Treuepflicht des Geschäftsführers einer abhängigen GmbH im faktischen Konzern auch das, aus der Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters entwickelte, Benachteiligungsverbot416 umfasst, richtet sich dabei danach, ob auf Gesellschafterebene über das Benachteiligungsverbot disponiert417 wurde.418 (1) GmbH mit Minderheitsgesellschafter Haben die Gesellschafter der GmbH die Treuepflicht nicht einvernehmlich abbedungen, entfaltet die Treuepflicht und das Benachteiligungsverbot sowohl auf Gesellschafterebene als auch für den Geschäftsführer bindende Wirkung. Der Geschäftsführer hat bei der Geschäftsführung das Benachteiligungsverbot daher insbesondere bei nachteiliger Einflussnahme durch den Mehrheitsgesellschafter zu beachten.419 Der Pflichtenstandard des Geschäftsführers deckt sich dabei mit denen des Mehrheitsgesellschafters420 im Rahmen des auf der Treuepflicht beruhenden Benachteiligungsverbots.421 414
Siehe zu den unterschiedlichen Pflichten des Geschäftsführers § 3 I.2.b)aa) ff. BGH, Urt. v. 23. 9. 1985 – II ZR 246/84 = NJW 1986, 585 f.; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 86; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 72, 74; Uwe H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 68; Kübler, FS Werner, S. 437, 438; Hopt, FS Mestmäcker, S. 909, 921; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12. 416 Siehe zum Benachteiligungsverbot auch § 2 III.3.b)bb). 417 Siehe zur Dispositionsfähigkeit der Treuepflicht auch § 2 III.3.b)dd) und § 2 III.3.c). 418 Vgl. Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 32 und 33. 419 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 472. 420 Siehe zur Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters und des daraus resultierenden Benachteiligungsverbots § 2 III.3.b)aa) und § 2 III.3.b)bb). 415
§ 3 Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen
107
Durch den Gleichlauf der Pflichtenstandards im Rahmen der Treupflichten des herrschenden Gesellschafters und des Geschäftsführers wird ein einheitlicher Rechtmäßigkeitsstandard entwickelt. Hierdurch entsteht eine konzernrechtliche Wechselwirkung zwischen dem Mehrheitsgesellschafter und dem Geschäftsführer dergestalt, dass Geschäftsführungsmaßnahmen, die bei Anweisungen durch den Mehrheitsgesellschafter treuwidrig wären, ebenfalls die Treuwidrigkeit des Geschäftsführers begründen. Der Geschäftsführer darf solche Geschäftsführungsmaßnahmen weder auf Anweisung des Mehrheitsgesellschafters umsetzen, noch eigeninitiativ veranlassen.422 Verzichten die Minderheitsgesellschafter hingegen auf den Schutz des Benachteiligungsverbots und handeln einstimmig, klassischerweise in Form eines Gesellschafterbeschlusses, entfällt die Treuepflicht auf Gesellschafterebene. In diesem Fall sind daher unter Beachtung äußerster Grenzen der Kapitalerhaltung und des Existenzschutzes auch nachteilige Einflussnahmen des Mehrheitsgesellschafters zulässig.423 Konsequenterweise entfällt in diesem Rahmen aufgrund des Pflichtengleichlaufs auch für den Geschäftsführer die Treuepflicht und das Benachteiligungsverbot als Grenze der Geschäftsführung.424 (2) Ein-Mann-GmbH Gleiches gilt ebenso für den Geschäftsführer einer abhängigen Ein-Mann-GmbH im faktischen Konzern. Aufgrund des Wegfalls der Treuepflicht des Gesellschafters425 und dem hieraus entstehenden Pflichtengleichlauf, stellt das Benachteiligungsverbot ebenfalls keine Grenze der Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers dar.426 Im Gegensatz zum einvernehmlichen Handeln bei einer GmbH mit Minderheitsgesellschaftern, ist es bei der Ein-Mann-GmbH nicht erforderlich, die gemeinsame Zustimmung zu nachteiligen Geschäftsführungsmaßnahmen durch eine Weisung der Gesellschafterversammlung zu dokumentieren. Der Alleingesellschafter einer Ein-Mann-GmbH kann den Geschäftsführer vielmehr jederzeit formlos anweisen.427 Hierbei gelten jedoch auch in der Ein-Mann-GmbH die äußersten Grenzen der Kapitalerhaltung und des Existenzschutzes.428 421 422
und 4. 423
Vgl. auch Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 74. Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 3
Siehe zur Dispositionsfähigkeit der Treuepflicht § 2 III.3.b)dd). Vgl. Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 32. 425 Siehe zur Dispositionsfähigkeit der Treuepflicht in der Ein-Mann-GmbH auch § 2 III.3.c). 426 Vgl. Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 33. 427 Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 138; vgl. auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 GmbHG, Rn. 25 ff.; Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 33. 424
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1. Teil: Grundlagen
bb) Legalitätspflicht des Geschäftsführers Neben der Treuepflicht trifft den Geschäftsführer ebenfalls die Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensleitung. Wesentlicher Bestandteil dieser Verpflichtung ist dabei die Legalitätspflicht. Diese verpflichtet den Geschäftsführer sowohl zur Beachtung geltender Gesetze,429 als auch zur Einhaltung der gesellschaftsinternen Regelungsstatuten, die sich insbesondere aus der Satzung der GmbH und Weisungen der Gesellschafterversammlung ergeben.430 (1) Gesetzliche Grenzen Die gesetzlichen Grenzen des Geschäftsführers umfassen zum einen die Rechtsvorschriften des GmbHG, welche hauptsächlich die interne Pflichtenbindung betreffen und zum anderen die externe Pflichtenbindung, die in außerhalb des GmbHG angesiedelten allgemeingültigen Vorschriften zu finden ist.431 Neben den Pflichten des GmbHG, die speziell auf das Leitungsorgan zugeschnitten sind, treffen den Geschäftsführer daher auch außerhalb des GmbHG angesiedelte Vorschriften, wenn die GmbH von dem Anwendungsbereich der Vorschriften erfasst wird.432 Spezielle Organpflichten des Geschäftsführers sind etwa die Kapitalerhaltungspflicht nach § 43 Abs. 3 GmbHG und die Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO. Pflichten der Gesellschaft finden sich sowohl im bürgerlichen als auch im öffentlichen Recht. So treffen den Geschäftsführer etwa die bilanz- und steuerrechtlichen Pflichten der Gesellschaft.433 (2) Organisationsrechtliche Grenzen Die (nichtgesetzlichen) internen organisationsrechtlichen Grenzen des Geschäftsführers stellen vor allem die Satzung und die Geschäftsordnung der Gesell-
428
Decher/Kiefner, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 68, Rn. 33. Die Legalitätspflicht hat dabei auch gegenüber dem Unternehmensinteresse Vorrang. Der Geschäftsführer kann sich im Innenverhältnis daher nicht darauf berufen, dass der Gesetzesverstoß für die GmbH nützlich sei (keine „nützlichen Gesetzesverstoße“), Fleischer, GmbHR 2010, 1307, 1311; Bayer, FS Karsten Schmidt, S. 85, 90 f.; Uwe H. Schneider, FS Hüffer, S. 905, 909. 430 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 41 und 44; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 7. 431 Uwe H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 74; Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12; Fleischer, NJW 2009, 2337; ders., in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 21. 432 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12. 433 Lutter, GmbHR 2000, 301, 302 f.; Wiedemann, ZGR 2011, 183, 198 f; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 30; Uwe H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 75; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 26. 429
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schaft dar.434 Der Geschäftsführer hat daher insbesondere Zustimmungsvorbehalte aus der Satzung oder der Geschäftsordnung zu respektieren und einzuhalten.435 Auch der Anstellungsvertrag kann Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis enthalten, wie etwa wertmäßige Beschränkungen bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen.436 Darüber hinaus ist er an den Unternehmensgegenstand nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG gebunden.437 Besondere Bedeutung kommt auch (rechtmäßigen) Weisungen zu. Diese sind für den Geschäftsführer bindend. Der Geschäftsführer ist folglich verpflichtet diese auszuführen, so dass das Unterlassen eine Pflichtwidrigkeit darstellt.438 5. Haftung des Geschäftsführers Geschäftsführungsmaßnahmen, die die vorgenannten Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis überschreiten, dürfen vom Geschäftsführer nicht ausgeübt werden. Es ist dabei unerheblich, ob die entsprechenden Maßnahmen auf den Mehrheitsgesellschafter zurückgehen oder auf der Eigeninitiative des Geschäftsführers beruhen.439 Führt der Geschäftsführer widerrechtliche Geschäftsführungsmaßnahmen pflichtwidrig und schuldhaft aus, haftet er der Gesellschaft gegenüber nach § 43 Abs. 2 beziehungsweise 3 GmbHG.
V. Spannungsfeld bei Weisungen Die Widerrechtlichkeit der Geschäftsführungsmaßnahme als ausschlaggebender Anhaltspunkt für die Beurteilung der Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführerhandelns und die damit einhergehende Haftung stellen den Geschäftsführer insbesondere bei Weisungen vor existenzielle Probleme.440 Der Geschäftsführer ist verpflichtet, Weisungen der Gesellschafterversammlung beziehungsweise der Konzernmutter zu befolgen. Die Bindung des Geschäftsführers umfasst jedoch nur rechtmäßige Weisungen, so dass Weisungen, die sitten-, treu434
Lutter, GmbHR 2000, 301, 303; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 44; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 12. 435 Lutter, GmbHR 2000, 301, 303. 436 Lutter, GmbHR 2000, 301, 303. 437 Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 37 GmbHG, Rn. 7; Lutter, GmbHR 2000, 301, 303. 438 Lutter, GmbHR 2000, 301, 303 f. 439 Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 54. 440 Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 72; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 27; vgl. auch Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 73.
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1. Teil: Grundlagen
beziehungsweise gesetzeswidrig sind, vom Geschäftsführer nicht befolgt werden dürfen. Missachtet der Geschäftsführer eine Weisung, die sich nachträglich als zulässig herausstellt, stellt die Weigerung einen wichtigen Grund zur Abberufung des Geschäftsführers dar. Führt er hingegen eine Weisung aus, die sich später als unzulässig entpuppt, setzt sich der Geschäftsführer der Gefahr der persönlichen Haftung aus.441
VI. Comfort Letter Bei Zweifeln über die Zulässigkeit bestimmter Weisungen erweisen sich Comfort Letters als nützliches Instrument zur Minimierung des Haftungsrisikos des Geschäftsführers. Diese beinhalten eine Freistellungszusage der Gesellschafter für den Fall, dass der Geschäftsführer wegen der Ausführung der Weisung persönlich in Anspruch genommen wird. Hinsichtlich der Wirksamkeit solcher Vereinbarungen muss jedoch zwischen den Kenntnisgraden der Vertragspartner differenziert werden. Wissen die Beteiligten, dass die Weisung einen Gesetzesverstoß darstellt oder hätten sie hiervon Kenntnis haben müssen, verstößt der Comfort Letter gegen die guten Sitten und ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Lässt sich die Rechtmäßigkeit der Weisung hingegen vertretbar begründen, ist die vertragliche Freistellung wirksam. Der Geschäftsführer muss also auch bei Comfort Letters die rechtliche Plausibilität der Weisung prüfen um von der Haftungsfreistellung zu profitieren.442
§ 4 Konzerninterne Darlehen als Teil der Konzerninnenfinanzierung I. Grundlagen des konzerninternen Darlehens 1. Erscheinungsformen Das meistgewählte Instrument zur konzerninternen Finanzierung stellt das Darlehen zwischen Konzernunternehmen dar (Intercompany Loan).443 Es ermöglicht einen flexiblen (rechtsgeschäftlich gestalteten) Kapitalfluss zwischen allen Ebenen im Konzern. Um aufsteigende Darlehen (Upstream Loans) handelt es sich, wenn Darlehen von einer Konzerngesellschaft niedrigerer Stufe an eine Konzerngesell441 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 37 GmbHG, Rn. 22; Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 27. 442 Drygala/Leinekugel, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 42, Rn. 27. 443 E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.49; Brüninghaus, in: Verrechnungspreise, Kap. P, Rn. 4.
§ 4 Konzerninterne Darlehen als Teil der Konzerninnenfinanzierung
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schaft auf einer höheren Ebene gewährt werden. Als klassisches Beispiel kann dabei das Darlehen eines Tochterunternehmens an die Muttergesellschaft genannt werden. Verläuft das Darlehen hingegen von einer höheren Hierarchiestufe zu einer niedrigeren, gewährt also etwa die Konzernmutter einem Tochterunternehmen einen Kredit, spricht man von absteigenden Darlehen (Downstream Loans). Beide Arten der Darlehen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Darlehensvergabe zwischen Konzernunternehmen unterschiedlicher Ebenen erfolgt.444 Daneben sind auch seitwärts verlaufende Darlehen (Sidestream Loans) möglich.445 Hierum handelt es sich, wenn die Darlehensvergabe zwischen Unternehmen auf der gleichen Konzernebene, etwa zwei Tochtergesellschaften, erfolgt.446 2. Beweggründe Die Finanzierungsform des konzerninternen Darlehens bietet insbesondere im Vergleich zur Eigenkapitalfinanzierung entscheidende Vorteile. So ermöglicht die Darlehensvergabe den Kapitalfluss rechtsgeschäftlich auszugestalten und dadurch einfach, schnell und bedarfsgerecht auf Liquiditätsengpässe zu reagieren. Darüber hinaus bieten Darlehen zwischen Konzernunternehmen auch steuerliche Anreize. a) Flexibilität Konzerninterne Darlehen bieten einen sehr hohen Grad an Flexibilität und erscheinen daher zur Konzernfinanzierung wesentlich attraktiver als die starre und formstrenge Eigenkapitalfinanzierung.447 Die Eigenkapitalfinanzierung in der GmbH ist auf vielfältige Weise möglich. Für die GmbH bietet es sich etwa an, durch die Ausgabe von (neuen) Geschäftsanteilen oder Vorzugsgeschäftsanteilen Eigenkapital zu generieren.448 Um auf Liquiditätsbedarf kurzfristig reagieren zu können und den Kreis der Gesellschafter durch die Ausgabe neuer Geschäftsanteile nicht auszuweiten, erscheint jedoch die Kapitalerhöhung gegen Einlagen, die von den bestehenden Gesellschaftern übernommen werden, als geeignetste Form der Eigenkapitalfinanzierung. Während die Kapital-
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Hier kommen insbesondere Darlehen zwischen der Konzernmutter und Tochterunternehmen beziehungsweise Enkelgesellschaften in Betracht, wobei dem Mutterunternehmen sowohl die Stellung des Darlehensgebers als auch des Darlehensnehmers zukommen kann. 445 Auf gleicher Konzernebene verlaufen Darlehen insbesondere dann, wenn sie zwischen zwei Tochterunternehmen oder zwei Enkelgesellschaften erfolgen. 446 E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.14; vgl. auch Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 44. 447 Vervessos, Das Eigenkapitalersatzrecht, 34; E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.49; Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 49. 448 Mühlhäuser, in: MAH GmbH-Recht, § 17, Rn. 124.
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1. Teil: Grundlagen
erhöhung ein förmliches Verfahren erfordert,449 kann ein Darlehen jedoch rechtsgeschäftlich und formfrei gewährt werden. Dies ermöglicht es, kurzfristiger auf Kapitalbedarf reagieren zu können und erspart ein langfristiges und kostenintensives Verfahren vor dem Notar.450 Das Darlehen stellt beim Darlehensnehmer darüber hinaus Fremdkapital dar.451 Im Gegensatz zum Eigenkapital wird es nicht von den Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30 und 31 GmbHG umfasst,452 so dass der Rückfluss der Mittel über die Darlehensrückzahlungen flexibel gestaltbar und formfrei gewährleistet ist. Spiegelbildlich zur Kapitalerhöhung ist also auch bei der Kapitalrückführung kein förmliches Verfahren in Form der Kapitalherabsetzung453 notwendig. b) Gläubigerposition des Darlehensgebers Des Weiteren nimmt bei der Vergabe eines Darlehens der Darlehensgeber eine Gläubigerposition ein. Im Gegensatz zur Eigentümerstellung, die durch die Einlagenübernahme gewährt wird, erhält der Darlehensgeber daher Ansprüche gegen den Darlehensnehmer unabhängig vom Cash Flow und Gewinn des Unternehmens. In der Regel handelt es sich dabei um den Zinsanspruch, so dass sich der Darlehensgeber den Kapitalfluss durch entsprechende Zinsvereinbarungen vergüten lassen kann.454
449 Nach § 55 Abs. 1 GmbHG ist für die Kapitalerhöhung unter anderem ein Kapitalerhöhungsbeschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich. Darüber hinaus bedarf die Übernahme einer Stammeinlage eine notariell aufgenommene oder beglaubigte Erklärung des Übernehmers. 450 Vervessos, Das Eigenkapitalersatzrecht, 34; Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 49; vgl. auch Löwisch, Eigenkapitalersatzrecht, 12. 451 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 42 GmbHG, Rn. 50. 452 Mit dem Inkrafttreten des MoMiG zum 1. 11. 2008 ist das Eigenkapitalersatzrecht gestrichen worden. Bis dahin wurde Gesellschafterdarlehen eigenkapitalersetzender Charakter zugesprochen, wenn die Darlehensgewährung an die GmbH in einer Krise erfolgte. Aufgrund des eigenkapitalersetzenden Charakters wurden diese Darlehen als gebundenes Stammkapital behandelt, mit der Folge, dass die für das Eigenkapital geltenden Kapitalerhaltungsvorschriften §§ 30 und 31 GmbHG a.F. (analoge) Anwendung fanden. Seit dem MoMiG stellen Gesellschafterdarlehen ausnahmslos Fremdkapital dar. In der Insolvenz sind die Darlehensforderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO jedoch nachrangig und Rückzahlungen, die im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen wurden, sind nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, vgl. Niesert/Hohler, NZI 2009, 345, 346 ff. 453 Der Kapitalherabsetzungsbeschluss bedarf der notariellen Beurkundung, Gummert, in: Henssler/Strohn GesR, § 58 GmbHG, Rn. 8. Darüber hinaus muss der Beschluss nach § 58 Abs. 1 GmbHG von den Geschäftsführern in den Gesellschaftsblättern bekanntgemacht werden. 454 E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.49.
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c) Steuervorteile Wie bereits erläutert, stellt die Darlehensvaluta beim Darlehensnehmer Fremdkapital dar und ist als Verbindlichkeit zu bilanzieren.455 Sowohl die Darlehenssumme als auch die anfallenden Zinsen sind gewinnmindernd zu berücksichtigen und verringern dadurch die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer und gegebenenfalls für die Gewerbesteuer. Im Vergleich zur Eigenkapitalfinanzierung bietet die konzerninterne Darlehensvergabe daher Steuervorteile.456 3. Rechtliche Grundlagen Die konzerninterne Darlehensgewährung bietet einen weiten Gestaltungsspielraum. Solange die Parteien des Darlehensvertrags nicht gegen zwingendes Recht verstoßen, können sie die Vertragsmodalitäten frei vereinbaren.457 Sowohl der Zinssatz als auch die Wahl zwischen einer festen oder variablen Verzinsung, die Laufzeit und Kündigungsmöglichkeiten sowie die Rückzahlungsmodalitäten unterliegen weitgehend der Disposition der Vertragsparteien.458 a) Gelddarlehen und Sachdarlehen Die konzerninterne Darlehensvergabe ist nicht auf die Überlassung eines Geldbetrags beschränkt. Der Vertragsgegenstand kann auch eine vertretbare Sache sein. In diesem Fall handelt es sich um einen Sachdarlehensvertrag nach den §§ 607 ff. BGB. Den weit überwiegenden Teil nehmen jedoch Gelddarlehen nach den §§ 488 ff. BGB ein. Hierbei stellt ein Konzernunternehmen einer anderen Konzerngesellschaft einen Geldbetrag zur Verfügung. Für die Überlassung ist der Darlehensnehmer verpflichtet den geschuldeten Zins zu zahlen. Darüber hinaus hat das Darlehen nehmende Konzernunternehmen den Geldbetrag bei Fälligkeit zurückzuerstatten.459
455
Siehe hierzu auch § 4 I.2.a). Vgl. E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.49; Ertl, BC 2000, 33, 35 f.; Vervessos, Das Eigenkapitalersatzrecht, 36. 457 Nitschke/Rödding, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 371. 458 Vgl. Nitschke/Rödding, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 371 ff. 459 Vgl. Nitschke/Rödding, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 366; Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 41 ff.; a.A. Hommelhoff, WM 1984, 1505, 1106, nach dem aufgrund des Umstands, dass der Zweck der Liquiditätszuführung sich darin erschöpfe, den aktuellen Bedarf der Tochtergesellschaft zu decken, kein Darlehen vorliege. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass ein Darlehen die zeitlich befristete und grundsätzlich entgeltliche Gewährung finanzieller Mittel zur wirtschaftlichen Verwertung und Nutzung erfordert. Unerheblich ist hingegen, welcher konkrete wirtschaftliche Zweck mit der Überlassung verfolgt wird, so dass die Deckung des konkreten Finanzbedarfs der Klassifizierung als Darlehen nicht entgegensteht. Siehe hierzu auch Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 42. 456
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1. Teil: Grundlagen
b) Kein Formerfordernis Die Darlehensvereinbarungen zwischen Konzernunternehmen unterliegen grundsätzlich keinem Formerfordernis. Darlehensverträge können daher prinzipiell auch mündlich zwischen den Konzernunternehmen geschlossen werden. Eine Dokumentation der Darlehensbeziehung erleichtert jedoch die Geschäftsführung. Die Übersichtlichkeit wird mit steigender Anzahl der Darlehensverbindungen und des involvierten Personenkreises immer bedeutender. Darüber hinaus erscheint es auch im Hinblick auf die Rechtssicherheit und Beweisbarkeit sinnvoll, die Darlehensverträge schriftlich abzufassen.460 c) Rahmenvereinbarung und Einzeldarlehen Klassischerweise dient ein Darlehen dazu, eine Liquiditätslücke beim Darlehensnehmer kurzfristig zu schließen. Der Finanzierungsbedarf besteht dabei punktuell. Um diesen punktuellen Bedarf zu decken, wendet sich der Darlehensnehmer dann an den Darlehensgeber. Der Darlehensbetrag soll dabei die konkrete Liquiditätslücke schließen. Diese Situation ist auch im Konzern denkbar. Wird ein Darlehen unter den vorgenannten Aspekten individuell vereinbart, handelt es sich um ein Einzeldarlehen. Daneben ist es jedoch auch möglich, dass die Konzernunternehmen eine schriftliche Rahmenvereinbarung schließen, welche die Basis der konzerninternen Kreditvergabe regelt. Auf dieser Grundlage können dann einzelne Darlehen zwischen den Konzernunternehmen konkret ausgestaltet werden.461 d) Rechtliche Risiken konzerninterner Darlehen Konzerninterne Darlehen können, wie bereits geschildert, zwischen allen Ebenen des Konzerns auftreten.462 Die konzerneingebundene GmbH kann dabei sowohl als Darlehensgeberin als auch als Darlehensnehmerin auftreten. Die Position der GmbH ist dabei entscheidend dafür, ob die einzelnen Leistungen im Rahmen dieser Rechtsbeziehung kapitalerhaltungsrechtlich relevant sind und welche Anforderungen an deren Rechtmäßigkeit zu stellen sind. Damit eng verknüpft sind die Pflichten des Geschäftsführers im Rahmen konzerninterner Darlehen und dessen Haftungsrisiken. Im Folgenden wird daher unterschieden, ob die GmbH Darlehensgeberin oder Darlehensnehmerin ist.
460 Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 51 f.; vgl. auch Nitschke/Rödding, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 368. 461 Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 51. 462 Siehe zu den Erscheinungsformen konzerninterner Darlehen auch § 4 I.1.
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II. Konzerninterne Darlehen als Finanzierungsinstrument Konzerninterne Darlehen stellen ein Standardinstrument des zentralen Cash Managements dar. Als von den „klassischen“ außenstehenden Fremdkapitalgebern, wie etwa Banken, unabhängiges Finanzierungsinstrument nimmt die konzerninterne Darlehensvergabe hierbei traditionell eine herausragende Stellung ein. Sie stellt dabei eine Maßnahme der konzerninternen Fremdfinanzierung dar. 1. Steigende Bedeutung des Cash Managements in der Konzernpraxis Die Globalisierung und die mit ihr einhergehende Technisierung haben auch die Finanzierung von Konzernen stark beeinflusst. Durch die Volatilität der Finanzmärkte sowie dem wachsenden Wettbewerb auf internationaler Ebene rückt ein effektives Cash Management zunehmend in den Fokus.463 Cash Management, zu deutsch, die Führung beziehungsweise die Verwaltung liquider Mittel,464 umfasst alle konzerninternen Maßnahmen, die Liquidität innerhalb einer Vermögensgruppe transferieren um den größtmöglichen finanziellen Nutzen für den Konzern zu realisieren.465 Ein Standardinstrument zum Liquiditätstransfer zwischen Konzernunternehmen stellt dabei die Darlehensvergabe dar. Diese ermöglicht die von Kreditinstituten und dessen gängigen Kreditbedingungen unabhängige Finanzierung und trägt somit zur Kosten- und Nutzenoptimierung für den Gesamtkonzern bei. Der Finanzorganisation von Konzernen kommt durch das Cash Management die eigenständige, gestaltende Funktion zu, durch Effizienzsteigerung der konzerninternen Finanzierungsstrukturen aktiv den Unternehmenserfolg zu steigern. Die fortschreitende Technisierung hat diese Entwicklung dabei weiter beschleunigt. Insbesondere die digitale Vernetzung hat es ermöglicht, den Informationsaustausch innerhalb des Konzerns problemlos zu zentralisieren und den Verwaltungsaufwand durch entsprechende Datenverarbeitungsprogramme überschaubar zu halten.466 2. Unternehmensfinanzierung und Konzernfinanzierung Finanzierung stellt im Wesentlichen die Beschaffung und den Einsatz von Kapital dar.467 Im Rahmen der Finanzierung wird zwischen Unternehmens- und Konzernfinanzierung differenziert. Die Konzernfinanzierung nimmt daher zwar betriebswirtschaftlich und rechtlich eine Sonderstellung im Rahmen der Finanzierungsformen ein, sie erscheint jedoch nicht als eine von der „klassischen“ Unternehmens463
Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655. Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, S. 23. 465 Seibt, in: Beck. Formularbuch Mergers & Acquisitions, S. 1982; Larisch, in: Eilers/ Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 467; Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655. 466 Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655. 467 E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.1. 464
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1. Teil: Grundlagen
finanzierung losgelöste und unabhängige Materie. Der Konzernfinanzierung liegt vielmehr das Fundament der Unternehmensfinanzierung zugrunde. Sie gewinnt lediglich im Hinblick auf Finanzierungsbesonderheiten im Konzernverbund eigenständige Bedeutung. Zur Einordnung und Bestimmung des Begriffs der Konzernfinanzierung ist es daher notwendig zunächst den Begriff der Unternehmensfinanzierung zu beleuchten. a) Unternehmensfinanzierung aa) Begriff Die Unternehmensfinanzierung ist ein interdisziplinärer Begriff, der sowohl in der Betriebswirtschaftslehre als auch in der Rechtswissenschaft auftaucht.468 Fachübergreifend wird die Unternehmensfinanzierung definiert als „die Summe aller Maßnahmen, die das Unternehmen mit disponiblem Kapital versorgen, dessen liquide Mittel strukturieren und letztlich die Rückführung aufgenommener Finanzierungen.“469 Der Begriff der Unternehmensfinanzierung beschränkt sich somit nicht auf die reine Kapitalbeschaffung, sondern erfasst auch die Verwaltung und gezielte Nutzung der Unternehmensliquidität.470 bb) Arten der Unternehmensfinanzierung Die Unternehmensfinanzierung deckt per Definition eine Vielzahl an unternehmerischen Maßnahmen hinsichtlich Kapitalbeschaffung und Kapitaleinsatz ab. Die Fülle der Maßnahmen reicht etwa von der Kapitalausstattung mit Eigenkapital durch die Gesellschafter bis zum Mietkauf von Produktionsmittel, der durch Verbriefungen finanziert wird. Trotz der Maßnahmenvielfalt lassen sich die Finanzierungsformen jedoch grob gliedern. (1) Innen- und Außenfinanzierung Abhängig von der Quelle des Kapitals kann zwischen der Innen- und der Außenfinanzierung differenziert werden. Bei der Innenfinanzierung (interne Finanzierung) werden die finanziellen Mittel gesellschaftsintern generiert. Hauptquellen des internen Mittelflusses ist dabei der Cash Flow,471 aus dem Gewinne einbehalten
468 Fleischer, in: Michalski GmbHG, Systematische Darstellung 5 Die Finanzierung der GmbH, Rn. 1. 469 Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 3. 470 Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 35 f. 471 Cash Flow stellt den finanziellen Ertrag abzüglich Aufwandzahlungen innerhalb eines Geschäftsjahres dar, Siener, Der Cash-Flow als Instrument der Bilanzanalyse, S. 34; E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.4.
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und Rückstellungen gebildet werden.472 Bei der Außenfinanzierung (externe Finanzierung) ist die Herkunft der finanziellen Mittel hingegen außenstehenden Dritten zuzuordnen. Hierunter fallen etwa Kapitaleinlagen der Gesellschafter oder die Kreditaufnahme am Kapitalmarkt.473 (2) Eigen-, Fremd- und Hybridfinanzierung Im Rahmen der Außenfinanzierung wird abhängig von der Rechtsstellung des Kapitalgebers weiter zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung unterschieden.474 Darüber hinaus gibt es die sogenannte Hybridfinanzierung. Diese stellt eine Mischform dar, welche Elemente beider Finanzierungsformen aufweist.475 (a) Eigenfinanzierung Die Eigenfinanzierung erfolgt durch die Gewährung von Eigenkapital. Die Rechtsstellung des Eigenkapitalgebers ist dadurch geprägt, dass der Investor Eigentumsrechte an dem Unternehmen erhält und diesem daraus Gewinnansprüche erwachsen.476 Neben der Rechtsstellung ist für die Klassifizierung als Eigenkapital erforderlich, dass es sich um gebundenes, also der freien Kreditkündigung entzogenes Kapital, handelt, welches im Insolvenzfall dem haftenden Kapital zuzurechnen und dem Kapitalgeber folglich keine Insolvenzgläubigerstellung vermittelt. Eigenkapital stellen etwa die bilanziell ausgewiesenen Anteile und Rücklagen dar.477 (b) Fremdfinanzierung Bei der Fremdfinanzierung wird dem Unternehmen Fremdkapital zugeführt. Im Gegensatz zum Eigenkapital stellt Fremdkapital kein Haftungskapital für Unternehmensverbindlichkeiten dar und dem Fremdkapitalgeber erwachsen durch die Kapitalbereitstellung keine mitgliedschaftlichen Rechte an dem Unternehmen. Die Fremdkapitalfinanzierung ist vielmehr durch Entgeltlichkeit und die zeitliche Befristung der Überlassung geprägt.478 Fremdkapital stellen etwa Bankdarlehen dar.479 472 Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 41 f.; E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.1 ff. 473 Diers, Konzerninnenfinanzierung durch Darlehen, 3. 474 Diers, Konzerninnenfinanzierung durch Darlehen, 3; Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 39; E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.2. 475 Gleske/Laudenklos,, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 519; Rudolph, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 2.11. 476 E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.2. 477 K. Schmidt, GesR, S. 515 f.; Aleth/Stelmaszcyk/Roderburg,, in: Eilers/Rödding/ Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 89 f. 478 E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.2; Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 40; Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 3. 479 Göckeler, in: Beck. Hdb. d. AG, § 21, Rn. 81.
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1. Teil: Grundlagen
(c) Hybridfinanzierung Neben den vorangestellten reinen Finanzierungsformen gibt es auch Mischformen, die sowohl Elemente der Eigen- als auch der Fremdfinanzierung aufweisen. Um diese sogenannte Hybrid- oder Mezzanine-Finanzierung480 handelt es sich etwa bei Nachrangdarlehen durch einen Gesellschafter, da das fremdkapitaldarstellende Darlehen durch die nachrangige Befriedigungsmöglichkeit auch strukturelle Eigenschaften des Eigenkapitals aufweist.481 b) Konzernfinanzierung aa) Konzernexterne (konzernunabhängige) Finanzierung Der Begriff der Unternehmensfinanzierung ist vom Leitbild eines unabhängigen Unternehmens geprägt.482 Die Innenfinanzierung beschränkt sich dabei im Wesentlichen auf die Umsätze, die das Unternehmen am Markt generiert. Bei der Außenfinanzierung stellen die Gesellschafter und der Finanzmarkt die wesentlichen Finanzierungsquellen dar. Abhängig von der Rechtsstellung des Kapitalgebers wird weiter zwischen Eigen-, Fremd- und Hybridfinanzierung unterschieden. Diese „klassischen“ Finanzierungsformen sind nicht auf unabhängige Unternehmen beschränkt, sondern finden sich auch in konzerneingebundenen Unternehmen und stellen hierbei konzernexterne (konzernunabhängige) Finanzierung dar.483 bb) Konzerninterne Finanzierung (Konzerninnenfinanzierung) Ist ein Unternehmen jedoch in einen Konzernverbund integriert und wird die Kapitalverwendung an der Verwirklichung der unternehmerischen Konzernziele ausgerichtet, treten neben die „klassischen“ Finanzierungsquellen noch weitere
480 Gleske/Laudenklos,, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 519 f. Je nachdem ob das einzelne Finanzierungsinstrument vom Ausgangspunkt vornehmlich dem Fremd- oder Eigenkapital zuzurechnen ist und sich lediglich in seiner konkreten Ausgestaltung der anderen Kapitalform annähert spricht man auch von Debt-Mezzanine-Kapital beziehungsweise Equity-Mezzanine-Kapital. So sind etwa Nachrangdarlehen vom Ausgangspunkt Darlehen im Sinne der §§ 488 ff. BGB und somit Fremdkapital. Sie nähern sich jedoch aufgrund der nachrangigen Befriedigungsmöglichkeit dem Eigenkapital an. Hingegen stellt die atypische stille Gesellschaft Eigenkapital dar, nähert sich dem Fremdkapital jedoch dadurch an, dass der atypische stille Gesellschafter im Falle der Liquidation oder Insolvenz vor den Gesellschaftern mit ihren Einlagenrückzahlungsansprüchen befriedigt wird, Golland/ Gehlhaar/Grossmann/Jäisch/Eickhoff-Kley, Beilage Nr. 5 zu BB 2005, 14 ff. 481 K. Schmidt, GesR, S. 520. 482 Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 36. 483 Rudolph, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 2.14; Diers, Konzerninnenfinanzierung durch Darlehen, 4; vgl. auch Theisen, Der Konzern, S. 318 ff.
§ 4 Konzerninterne Darlehen als Teil der Konzerninnenfinanzierung
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Gestaltungsmöglichkeiten.484 Durch die Konzerneinbindung tritt neben die Gesellschafter und den Kapitalmarkt eine weitere Finanzierungsquelle in Form konzernverbundener Unternehmen. Der konzerninterne Mittelfluss erfolgt dann zwischen unterschiedlichen Konzernunternehmen. Rechtlich sind die Konzerngesellschaften eigenständige Unternehmen.485 Aus der Sicht eines unabhängigen Unternehmens stellt der Mittelfluss demnach eine externe Finanzierung dar. Betrachtet man die Konzerngesellschaften jedoch betriebswirtschaftlich als wirtschaftliche Einheit,486 so stellt derselbe Mittelfluss interne Finanzierung dar.487 (1) Keine Differenzierung zwischen konzerninterner Innenund Außenfinanzierung Beruht die Finanzierung auf dem Mittelfluss zwischen den Konzernunternehmen, stößt die, aus der Unternehmensfinanzierung resultierende klassische Differenzierung zwischen Außen- und Innenfinanzierung, an ihre Grenzen und lässt sich nicht auf die Konzernfinanzierung übertragen. Zur Differenzierung wird bei der Unternehmensfinanzierung an die Finanzierungsquelle angeknüpft und danach unterschieden, ob diese gesellschaftsintern oder gesellschaftsextern angesiedelt ist.488 Die Konzernfinanzierung knüpft hingegen an die juristische (rechtliche Vielfalt) und die betriebswirtschaftliche (wirtschaftliche Einheit) Sichtweise an.489 Die Konzerninnenfinanzierung weist dabei einen hybriden Charakter auf. Die Finanzierung stellt daher aus juristischer Sicht Außenfinanzierung dar, da die Konzernunternehmen rechtlich selbstständige Gesellschaften sind und somit eine externe Finanzierungsquelle darstellen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt der Mittelfluss dagegen Eigenfinanzierung dar, da die Mittel aus der wirtschaftlichen Einheit heraus generiert werden. Basiert die Finanzierung daher auf dem (koordinierten) konzerninternen Mittelfluss handelt es sich um Konzerninnenfinanzierung (konzerninterne Finanzierung).490 (2) Konzerninterne Eigen- und Fremdfinanzierung Hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung weist die Konzerninnenfinanzierung keine Besonderheiten zur „klassischen“ Differenzierung bei der Unternehmensfinanzierung auf. 484
Rudolph, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 2.14; Diers, Konzerninnenfinanzierung durch Darlehen, 4; Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 36. 485 Siehe zur rechtlichen Selbstständigkeit des Konzernunternehmens auch § 2 I.3.b)aa)(1). 486 Siehe hierzu auch E. Scheffler, Konzernmanagement, S. 1. 487 Uwe H. Schneider, ZGR 1984, 497, 501 f. 488 Siehe hierzu auch § 4 II.2.a)bb)(1). 489 Rudolph, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 2.17; Diers, Konzerninnenfinanzierung durch Darlehen, 4. 490 Axer, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 7.31; Diers, Konzerninnenfinanzierung durch Darlehen, 4.
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1. Teil: Grundlagen
Wird dem Unternehmen aufgrund des konzerninternen Mittelflusses Eigenkapital zugeführt, so handelt es sich um konzerninterne Eigenfinanzierung. Ist der Mittelfluss hingegen als Fremdkapital zu qualifizieren, liegt konzerninterne Fremdfinanzierung vor.491 Die konzerninterne Fremdfinanzierung nimmt bei der Konzerninnenfinanzierung dabei eine zentrale Rolle ein. Grundsätzlich kommen alle Formen der Fremdfinanzierung auch für eine konzerninterne Fremdfinanzierung in Betracht und zeichnen sich dadurch aus, dass sowohl Gläubiger als auch Schuldner jeweils Konzernunternehmen sind.492 Besondere Bedeutung kommt dabei den vom konzerninternen Geschäftsbetrieb unabhängigen Finanzierungsmaßnahmen zu.493 (3) Bedeutung des konzerninternen Darlehens für die Konzerninnenfinanzierung Die wichtigsten Finanzierungsmaßnahmen der Konzerninnenfinanzierung können zum einen durch eine einmalige Leistungsbeziehung gekennzeichnet sein. Dies ist etwa bei einem konzerninternen Darlehen494 oder der Besicherung eines Bankdarlehens an ein Konzernunternehmen durch ein anderes Konzernunternehmen495 der Fall. Zum anderen kann die Leistungsbeziehung auch so ausgestaltet werden, dass die Mittelüberschüsse laufend zur Deckung des Liquiditätsbedarfs innerhalb des Konzerns eingesetzt werden.496 Ein Beispiel hierfür stellt das Cash Pooling dar.497 Die einzelnen Mittelflüsse stellen beim Cash Pooling ebenfalls Darlehen dar.498 Die rechtlichen Grundlagen des konzerninternen Darlehens bestimmen somit auch das Fundament für das Cash Pooling, was die herausragende Rolle des konzerninternen Darlehens als Finanzierungsinstrument der Konzerninnenfinanzierung weiter unterstreicht. Der bedeutenden Rolle der Konzerninnenfinanzierung im Generellen und der konzerninternen Darlehen im Speziellen, trägt auch die Rechtswissenschaft Rechnung, bei der die rechtlichen Grundlagen der Konzerninnenfinanzierung, ins491
Siehe zur Abgrenzung von Eigen- und Fremdfinanzierung auch § 4 II.2.a)bb)(2) ff. Die konzerninterne Fremdfinanzierung kann mithin auch auf dem konzerninternen Liefer- und Leistungsverkehr beruhen. Durch eine gezielte Ausgestaltung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Konzernunternehmen kann der Umsatz und letztlich der Cash Flow auch unabhängig vom (freien) Markt gesteigert werden. Die Koordination kann dabei sowohl das Ob als auch das Wie der konzerninternen Geschäftsbeziehung betreffen und den Cash Flow eines Konzernunternehmens sowohl durch die Erweiterung des Kreises der Geschäftspartner als auch durch die Preisgestaltung erhöhen; vgl. auch E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.11. 493 Diers, Konzerninnenfinanzierung durch Darlehen, 5; E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.11. 494 E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.47. 495 E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.71. 496 Vgl. Eichholz, Das Recht konzerninterner Darlehen, 36. 497 Klein, ZIP 2017, 258 f.; E. Scheffler, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 20.46. 498 Klein, ZIP 2017, 258 f. 492
§ 4 Konzerninterne Darlehen als Teil der Konzerninnenfinanzierung
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besondere seit der MoMiG-Reform, verstärkt in den Fokus gerückt sind. Bei der Auseinandersetzung nehmen dabei insbesondere konzerninterne Darlehen und das Cash Pooling eine herausragende Stellung ein.499 c) Dezentrale und zentrale Konzernfinanzierung Abhängig davon, in welchem Umfang sich die konzernweite Finanzplanung und die Finanzierungsentscheidungen bei einem Entscheidungsgremium konzentrieren, wird zwischen dezentraler und zentraler Konzernfinanzierung unterschieden. Beschränkt sich das Finanzmanagement lediglich auf die langfristige Kapitalstruktur der Konzernunternehmen, spricht man von dezentraler Konzernfinanzierung. Hierbei ist die Konzernleitung für gewöhnlich auf die Bestimmung der Eigenkapitalausstattung und der Gewinnverwendung der Konzernunternehmen begrenzt. Die laufende Finanzierung bleibt hingegen im Verantwortungsbereich jedes einzelnen Konzernunternehmens. Geht die zentral gesteuerte Finanzwirtschaft jedoch darüber hinaus und umfasst auch die laufende Finanzierung, handelt es sich hingegen um zentrale Konzernfinanzierung. Dabei bestimmt die Konzernleitung zusätzlich die Art und den Umfang der konzerninternen und konzernexternen Fremdfinanzierung.500 Konzerninterne Darlehen erfolgen grundsätzlich (erst) im laufenden Geschäft der beteiligten Konzerngesellschaften. Sie sind daher als Instrument der laufenden Finanzierung zu qualifizieren und somit der zentralen Konzernfinanzierung zuzuordnen.
499
Thole, ZInsO 2011, 1425. Diers, Konzerninnenfinanzierung durch Darlehen, 4; Uwe H. Schneider, ZGR 1984, 497, 498 f.; Theisen, Der Konzern, S. 315; ders., in: Lutter, Holding Hdb., § 11, Rn. 4; E. Scheffler, Konzernmanagement, S. 122; ders., FS Goerdeler, 469, 475. 500
Zweiter Teil
GmbH als Darlehensgeberin § 5 Kapitalerhaltungsrechtliche Relevanz der Darlehensvergabe Betätigt sich die GmbH gegenüber einem Gesellschafter als Darlehensgeberin kommt es zu einem tatsächlichen Kapitalfluss aus ihrem Gesellschaftsvermögen. Umfasst die Darlehensvaluta dabei auch das Stammkapital der GmbH beziehungsweise erfolgt diese trotz bereits bestehender Unterbilanz, fällt das Darlehen in den Anwendungsbereich des Kapitalerhaltungsrechts. Die hieran anknüpfende Frage der Zulässigkeit der Darlehensgewährung stellt sich auch im Konzernverbund, wenn die Tochter-GmbH ihrer Mutter ein Darlehen gewährt.1 Die Zulässigkeit konzerninterner aufsteigender Darlehen einer abhängigen GmbH soll daher im Folgenden näher untersucht werden.
I. Besonderheit des Rückgewähranspruchs Das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG soll das Stammkapital vor Zugriffen der Gesellschafter schützen, in dem das gesetzliche Mindestkapital der Gesellschaft eine Schutzvorkehrung dergestalt bildet, dass dessen Grenzwert nicht durch willkürliche Abflüsse zu Gunsten der Gesellschafter unterschritten werden darf.2 Bei einer Auszahlung im wörtlichen Sinn erfolgt ein Liquiditätsabfluss ohne Gegenleistung. Das Gesellschaftsvermögen wird an die Gesellschafter ausgekehrt. Diese Auskehrung stellt dabei den „Paradefall“ einer verbotenen Auszahlung dar. Im Vergleich zu dieser „klassischen“ Auszahlung im wörtlichen Sinn weist das Darlehen jedoch eine wichtige Besonderheit auf. Ist die GmbH die Darlehensgeberin, erhält diese einen Rückzahlungsanspruch nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gegen den Darlehensnehmer. Die Auszahlung erfolgt daher nicht ohne Gegenleistung.
1
Vgl. auch Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, 246. Fleck, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 391 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 1; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 7; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 1. 2
§ 6 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG
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II. Streit über Anwendung des Auszahlungsverbots auf Darlehensgewährung Problematisch erscheint dabei jedoch, dass der Leistungsaustausch nicht Zug um Zug erfolgt, sondern die GmbH einen Leistungsanspruch für einen zukünftigen Fälligkeitstermin erwirbt. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Darlehensvergabe aus dem Stammkapital der Gesellschaft nicht unter das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbH a.F. fällt, wurde vor dem MoMiG kontrovers diskutiert.3 Insbesondere das November-Urteil4 des BGH aus dem Jahr 2003 sorgte für erhebliche Unsicherheit, die nicht zuletzt auch das Haftungsrisiko der Geschäftsführer erhöhte.
§ 6 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG I. Kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen im faktischen Konzern Hinsichtlich der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von aufsteigenden Darlehen im faktischen Konzern herrschte in der Literatur bis zum November-Urteil des BGH im Jahr 2003 Streit darüber, welche konkreten Anforderungen an das aufsteigende konzerninterne Darlehen für die Zulässigkeit zu stellen waren oder ob die Darlehensvergabe insgesamt kapitalerhaltungsrechtswidrig war. Der BGH hat sich in seinem November-Urteil der letzten Ansicht angeschlossen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung war fortan für die Geschäftsführer bei ihrer Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit maßgeblich. 1. Bilanzielle Betrachtungsweise Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung5 entwickelten sich zunächst lediglich in der Literatur Lösungsansätze im Hinblick auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Darlehen aus dem Stammkapital an Gesellschafter der GmbH.
3
Siehe etwa zur Frage der bilanziellen Betrachtung, Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97, 104 f.; Römermann/Schröder, GmbHR 2001, 1015, 1020; H. P. Westermann, in: Scholz GmbHG, 8. Aufl. 1993, § 30 GmbHG, Rn. 25; Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 335, 351 f.; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 17. Aufl. 2000, § 30 GmbHG, Rn. 12; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, 15. Aufl. 2000, § 30 GmbHG, Rn. 13; Rowedder, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 30 GmbHG, Rn. 10. 4 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111. 5 Rechtsprechung findet sich lediglich zur Stundung von Forderungen gegen Gesellschafter, BGH Urt. v. 21. 9. 1881 – II ZR 104/80, BGHZ 81, 311 = NJW 1982, 838.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Ausgangspunkt der Entwicklung war dabei die rein bilanzielle Betrachtungsweise.6 Bilanztechnisch erfolgt die Darlehensvergabe allein auf der Aktivseite der Bilanz. Zunächst erfolgt die Ausgabe der Darlehensvaluta. Diese Auszahlung führt zu einer Reduzierung der liquiden Mittel der Gesellschaft, entsprechend reduziert sich (zumeist) der Bilanzposten Bankguthaben. Aufgrund der Darlehensausgabe erhält die GmbH jedoch einen Rückzahlungsanspruch. Dieser ist in der Bilanz als Forderungen zu verbuchen. Die Höhe der Buchung hängt dabei von der voraussichtlichen Realisierbarkeit der Forderung ab. Erscheint die Forderung werthaltig, ist diese in vollem Umfang zu verbuchen und erhöht sich dann um den Betrag, um den sich das Bankguthaben verringert hat. Bilanziell ändert sich das Aktivvermögen der GmbH durch die Darlehensvergabe nicht. Man spricht auch von einem bilanzneutralen Aktivtausch.7 Da sich der Wert des Vermögens der Gesellschaft durch die Darlehensvergabe nicht verändere, erfolge auch kein kapitalerhaltungsrechtlich verbotener Vermögensabfluss.8 Im Laufe der Zeit ging der überwiegende Teil der Literatur zwar vom Ansatzpunkt her weiterhin von der bilanziellen Betrachtung aus, stellte neben der Werthaltigkeit der Forderung jedoch zusätzliche Anforderungen an das kapitalerhaltungsrechtlich zulässige Darlehen. Den zusätzlichen Anforderungen lag dabei das Prinzip des Drittvergleichs zugrunde. Neben der Vollwertigkeit der Darlehensforderung sollte die Darlehensvergabe zu verkehrsüblichen Konditionen erfolgen um kapitalerhaltungsrechtlich unbedenklich zu sein.9 Einige forderten die angemessene Verzinsung des Rückzahlungsanspruchs.10 Dieser Ansatz berücksichtigte, dass zinslose Darlehen einen Verzicht auf die zukünftige Leistung darstellen und die Gesellschaft durch eine fehlende Verzinsung finanziell geschädigt wird.11 Andere verlangten neben der angemessenen Verzinsung auch noch eine werthaltige Besicherung des Rückzahlungsanspruchs.12 Die ungesicherte Darlehensvergabe bürde der Gesellschaft das Insolvenzrisiko des Gesellschafters auf und gefährde dadurch das Gesellschaftsvermögen. Dies stelle eine marktunübliche Risikoverteilung dar und falle daher in den Anwendungsbereich des Auszahlungsverbots nach § 30 Abs. 1 GmbHG a.F.13 6 Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97, 104 f.; Römermann/Schröder, GmbHR 2001, 1015, 1020; H. P. Westermann, in: Scholz GmbHG, 8. Aufl. 1993, § 30 GmbHG, Rn. 25. 7 Siehe auch Uwe H. Schneider, FS Döllerer, 537, 544; Müller, BB 1998, 1804, 1805. 8 Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97, 104 f.; Römermann/Schröder, GmbHR 2001, 1015, 1020; H. P. Westermann, in: Scholz GmbHG, 8. Aufl. 1993, § 30 GmbHG, Rn. 25. 9 Helmreich, GmbHR 2004, 457, 459. 10 Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.60; ders., FS Döllerer, 537, 543 f.; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, 254. 11 Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.60; ders., FS Döllerer, 537, 543 f.; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, 254. 12 Morsch, NZG 2003, 97, 104 f.; Becker, DStR 1998, 1528, 1531 Jula/Breitbarth, AG 1997, 256, 263 f. 13 Morsch, NZG 2003, 97, 104 f.; Becker, DStR 1998, 1528, 1531 Jula/Breitbarth, AG 1997, 256, 263 f.
§ 6 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG
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Einige Stimmen in der Literatur machten jedoch eine Einschränkung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von vollwertigen und marktüblich verzinsten (sowie, wenn für erforderlich gehalten, besicherten) Gesellschaftsdarlehen im Fall der Darlehensgewährung bei Vorliegen einer Unterbilanz.14 Vereinzelt wurde die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Gesellschafterdarlehen hingegen ausnahmslos daran gemessen, ob das Darlehen vollwertig und marktüblich verzinst war. Konsequenterweise war hiernach eine entsprechende Darlehensgewährung selbst im Falle einer bestehenden Unterbilanz zulässig.15 2. Unzulässigkeit bei hinausgeschobener Rückzahlungspflicht Andere lehnten die bilanzielle Betrachtung zur Beurteilung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von Gesellschaftsdarlehen an Gesellschafter hingegen ab.16 Teilweise wurde dabei der Schutzbereich des Vermögensschutzes um die Struktur des Gesellschaftsvermögens erweitert. Durch die bilanzielle Betrachtung verkomme der Vermögensschutz lediglich zu einer Garantie einer bilanziellen Rechnungsziffer. Für einen effektiven Vermögensschutz sei es jedoch erforderlich, eine, die Gesellschaftsschulden (jederzeit) deckende Haftungsmasse zu erhalten. Dieser gegenstandsbezogene Schutz verbiete Liquidität, etwa in Form von Darlehen, an Gesellschafter auszugeben, wenn hierdurch die zukünftige Illiquidität der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit hervorgerufen werde, da die hinausgeschobene Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs eine ausreichende Mittelausstattung verhindere.17 Andere zogen zur Begründung einer verbotenen Auszahlung die Wertungen des Kapitalaufbringungsrechts heran. Das Verbot des § 19 Abs. 2 S. 1 GmbHG, Gesellschafter von ihrer Einlageverpflichtung zu befreien, umfasse unstreitig auch eine kurzzeitige Befreiung in Form des zeitlichen Hinauszögerns des Anspruchs, etwa in Form einer Stundung. Eine entsprechende Regelung fehle im kapitalerhaltungsrechtlichen Pendant des § 31 GmbHG. Im Interesse einer einheitlichen Kapitalsicherung erscheine es daher geboten, § 19 Abs. 2 S. 1 GmbHG entsprechend im Kapitalerhaltungsrecht anzuwenden.18 14
Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 335, 351 f.; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 17. Aufl. 2000, § 30 GmbHG, Rn. 12; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, 15. Aufl. 2000, § 30 GmbHG, Rn. 13; Rowedder, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 30 GmbHG, Rn. 10; Joost, GmbHR 1983, 285, 287. 15 Uwe H. Schneider, FS Döllerer, 537, 544 f. 16 Schön, ZHR 159 (1995), 351, 362; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, 15. Aufl. 2000, § 30 GmbHG, Rn. 5; Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 335, 351; Heidinger, in: Michalski GmbHG, 1. Aufl. 2002, § 30 GmbHG, Rn. 31. 17 Schön, ZHR 159 (1995), 351, 362; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, 15. Aufl. 2000, § 30 GmbHG, Rn. 5. 18 Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 335, 351; Heidinger, in: Michalski GmbHG, 1. Aufl. 2002, § 30 GmbHG, Rn. 31.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
3. November-Urteil Der BGH schloss sich der letztgenannten Ansicht in seinem November-Urteil19 aus dem Jahr 2003 an. In seinem Urteil verwarf der BGH dabei die bilanzielle Betrachtung als maßgebliches Kriterium zur Bestimmung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von Darlehen an Gesellschafter. Nach dem BGH stellten auch bilanzneutrale Geschäfte eine verbotene Auszahlung dar, wenn liquide Haftungsmasse durch zeitlich hinausgeschobene schuldrechtliche Forderungen ausgetauscht werde und sich dadurch die Vermögenssituation der Gesellschaft und die Befriedigungsmöglichkeiten ihrer Gläubiger verschlechtere.20 a) Sachverhalt Dem Urteil lag dabei der folgende (kapitalerhaltungsrechtlich relevante) Sachverhalt zugrunde: Eine GmbH gewährte einem Gesellschafter21 im Zeitraum vom 11. 10. 1994 bis zum 9. 11. 1994 zwei Darlehen in Höhe von insgesamt 850 Tsd. DM. Am 4. 3. 1997 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Durch landgerichtliches Anerkenntnisurteil wurde der Gesellschafter rechtskräftig zur Zahlung von insgesamt 850 Tsd. DM verurteilt. Der Konkursverwalter der GmbH verlangte von der damaligen Geschäftsführerin22 Schadensersatz in Höhe von 100 Tsd. DM, unter anderem wegen der angeführten Kreditvergabe an den Gesellschafter.23 b) Begründung Die Geschäftsführerin der GmbH sei nach § 43 Abs. 2 und Abs. 3 GmbHG zur Schadensersatzzahlung in Höhe von 100 Tsd. DM verpflichtet. Im Rahmen der Begründung stellte der BGH dabei die wirtschaftlichen Auswirkungen und Risiken der Darlehensgewährung sowie das Umgehungspotential hinsichtlich verbotener Auszahlungen an Gesellschafter in den Mittelpunkt.
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BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111 – NovemberUrteil. 20 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111 f. – November-Urteil. 21 Mit der Gründung der Gesellschaft übertrug der Gesellschafter seinen Geschäftsanteil treuhänderisch auf seine Ehefrau. Diese trat den Geschäftsanteil kurze Zeit nach der Darlehensgewährung wieder an ihren Ehemann ab. 22 Die Ehefrau des Gesellschafters war alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der GmbH vom 15. 2. 1993 bis zum 2. 3. 1995. 23 Die GmbH hatte darüber hinaus dem anderen Gesellschafter am 11. 10. 1994 ein Darlehen in Höhe von 150 Tsd. DM gewährt. Der Gesellschafter war neben der Ehefrau alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer.
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aa) Keine Haftung nach § 43a GmbHG Eine Haftung ergebe sich nicht schon aus § 43a GmbHG. Der personelle Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfasse nicht den nicht geschäftsführenden Gesellschafter, so dass das Kreditverbot des § 43a GmbHG tatbestandlich ausscheide.24 bb) Kreditgewährung auch bei Vollwertigkeit verbotener Auszahlung Die Kreditvergabe an den Gesellschafter verstoße unabhängig von der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs gegen § 30 GmbHG. Im Falle einer Unterbilanz der Gesellschaft müsse gegenüber den Gesellschaftern nicht nur der bilanzielle Wert des Gesellschaftsvermögens aufrechterhalten werden, sondern auch die reale Substanz des Vermögens zusammengehalten werden. Dies erfordere insbesondere den Austausch realer Haftungsmasse durch schuldrechtliche Ansprüche zu verhindern.25 Zudem bewirke ein solcher Austausch, dass die Gesellschaft für den Kapitalabfluss lediglich eine nicht sofort realisierbare Forderung erhalte, was dem geltenden Kapitalerhaltungsrecht widerspreche.26 (1) Nicht nur bilanzielle Rechnungsziffer, sondern zu erhaltende Haftungsmasse Eine rein bilanzielle Betrachtung werde dem Kapitalerhaltungsgrundsatz des § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. nicht gerecht, da sich ein effektiver Vermögensschutz nicht in der Garantie einer bilanzmäßigen Rechnungsziffer erschöpfe. Es sei vielmehr die Erhaltung einer die Stammkapitalziffer deckenden Haftungsmasse erforderlich, die der GmbH ein Mindestbetriebsvermögen sichere und den Gläubigern als Befriedigungsreserve diene. Mit diesem Ziel sei es unvereinbar, wenn die Gesellschafter der GmbH zulasten des gebundenen Gesellschaftsvermögens reales Vermögen entziehen könnten und der GmbH dafür nur ein zeitlich hinausgeschobener schuldrechtlicher Rückzahlungsanspruch verbleibe.27 (2) Verschlechterung der Vermögenslage der Gesellschaft und der Befriedigungsmöglichkeit ihrer Gläubiger Der Austausch von liquider Haftungsmasse gegen eine zeitlich hinausgeschobene schuldrechtliche Forderung verschlechtere die Vermögenslage der Gesellschaft und 24
BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 74 = NJW 2004, 1111 – November-Urteil. A.A. Uwe H. Schneider, in: Scholz GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 43a GmbHG, Rn. 63; K. Schmidt, GesR, S. 1148 f. 25 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 76 = NJW 2004, 1111 f. – November-Urteil. 26 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 76 = NJW 2004, 1111 f. – November-Urteil. 27 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 75 f. = NJW 2004, 1111 – November-Urteil.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
die Befriedigungsmöglichkeit ihrer Gläubiger. Dies gelte nicht nur für die Stundung einer Entgeltforderung, sondern gelte ebenfalls bei der Kreditvergabe an einen Gesellschafter.28 Die Vermögenslage der Gesellschaft verschlechtere sich dadurch, dass durch die Kreditvergabe reale Haftungsmasse durch den Rückzahlungsanspruch ausgetauscht werde. Die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft werden durch die Kreditvergabe dergestalt verschlechtert, dass die Gläubiger der herrschenden Gesellschaft durch die Auszahlung der Darlehenssumme im Ergebnis einen vollstreckungs- und insolvenzrechtlich vorrangigen Zugriff auf die Vermögenswerte der herrschenden Gesellschaft, nämlich der Darlehensvaluta (vormals reale Haftungsmasse), erlangen.29 (3) Verhinderung der Umbuchung kapitalerhaltungswidriger Zahlungen in Darlehen Die Zulässigkeit der Kreditvergabe an einen Gesellschafter bei Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs würde es ermöglichen, dass verbotene Rückzahlungen an Gesellschafter (im Sinne von § 30 GmbHG a.F.) in Darlehen umgewandelt werden. Hierdurch würde der sofort fällige Rückzahlungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG durch den zeitlich hinausgeschobenen Darlehensrückzahlungsanspruch ausgetauscht. Im Ergebnis würde dies zu einer Stundung des Erstattungsanspruchs führen. Der Erstattungsanspruch dürfe jedoch ebenso wie die Einlageforderung nicht gestundet werden, so dass eine Umbuchung in Gesellschafterdarlehen den Kapitalerhaltungsschutz aushöhlen würde.30 4. Haftungsrisiko des Geschäftsführers wegen Darlehensgewähr Das November-Urteil hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensgewährung der Gesellschaft an einen Gesellschafter. Bis zum Zeitpunkt des Urteils herrschte in der Literatur Streit, ob und in welchem Umfang die bilanzielle Betrachtungsweise bei der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit zugrunde gelegt werden konnte. Diese umstrittene Rechtslage bedeutete für Geschäftsführer, dass sie die widerstreitenden Interessen gewissenhaft abwägen mussten, um einem Pflichtwidrigkeitsvorwurf zu entgehen, wenn sich nachträglich die Rechtswidrigkeit ihrer gewählten Handlungsmöglichkeit herausstellte.31 Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung wurde dieser Streit 28 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 76 = NJW 2004, 1111 – November-Urteil. 29 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 76 = NJW 2004, 1111 – November-Urteil. 30 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 76 f. = NJW 2004, 1111, 1112 – November-Urteil. 31 Siehe hierzu auch § 3 I.2.b)aa)(2)(a).
§ 6 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG
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zugunsten der Nichtanwendbarkeit der bilanziellen Betrachtungsweise aufgelöst. Für die Geschäftsführer bedeutete dies, dass sie sich nicht mehr mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert sahen. Sie mussten die widerstreitenden Handlungsalternativen somit nicht (mehr) gegeneinander abwägen, sondern konnten die BGHRechtsprechung als maßgeblichen Prüfungsmaßstab zugrunde legen. Der Wegfall der kapitalerhaltungsrechtlichen „Rechtfertigung“ der Bilanzneutralität der Darlehensgewährung schränkte die Finanzierungsmöglichkeit durch konzerninterne Darlehen empfindlich ein.32 Fortan war der für das Darlehen charakteristische Austausch von liquider Haftungsmasse gegen eine schuldrechtliche Forderung bei Stammkapitalbezug der Auszahlung bereits unzulässig, wenn sich durch den Austausch die Vermögenssituation der Gesellschaft und somit auch die Befriedigungsmöglichkeiten ihrer Gläubiger verschlechterte. Die Einschränkung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern. Die Einschränkung durch die November-Rechtsprechung des BGH führte bei der Geschäftsführerhaftung aufgrund des Wegfalls der Werthaltigkeits- und Drittvergleichsprüfung zu einer Vereinfachung des Pflichtenkreises der Geschäftsführer. Hierdurch verringerte sich auch das Haftungsrisiko des Geschäftsführers im faktischen Konzern deutlich. Für den Geschäftsführer im faktischen Konzern bestand bei der Darlehensvergabe an die Konzernmutter als Gesellschafterin seiner Anstellungsgesellschaft insbesondere das Haftungsrisiko des § 43 Abs. 3 GmbHG.33 Die Haftung des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG bezog sich dabei tatbestandlich auf Zahlungen, die § 30 GmbHG a.F. widersprachen. Der Geschäftsführer haftete demnach für kapitalerhaltungsrechtlich verbotswidrige Zahlungen an die Konzernmutter aus dem Gesellschaftsvermögen. a) Darlehen an Gesellschafter Die Darlehensvergabe an einen Gesellschafter war aufgrund der NovemberRechtsprechung des BGH als Auszahlung im Sinne des § 30 GmbHG a.F. zu qualifizieren.34 Somit fiel auch die Kreditvergabe im faktischen Konzern, konkret die Darlehensgewährung der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft (als Gesellschafter), in den Anwendungsbereich des Kapitalerhaltungsrechts. Die An32 Bei der strukturierten und wechselseitigen Darlehensvergabe im Rahmen eines Cash Pooling Systems führte dies zu erheblichen Unsicherheiten über die Zulässigkeit dieser Finanzierungsform, vgl. Fuhrmann, NZG 2004, 552; Helmreich, GmbHR 2004, 457, 462; Altmeppen, NZG 2010, 361, 362. 33 Vgl. Fuhrmann, NZG 2004, 552, 553, ausdrücklich nur für das Risiko des Geschäftsführers im Falle des Cash Poolings. Allerdings basiert das Cash Pooling System auf einer wechselseitigen Darlehensvergabe, so dass das Haftungsrisiko des Geschäftsführers ebenfalls bei der nichtstrukturierten „Einzelgewährung“ eines konzerninternen Darlehens besteht. 34 Siehe zum November-Urteil näher § 6 I.3. ff.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
wendbarkeit von § 30 GmbHG a.F. bei aufsteigenden konzerninternen Darlehen (Upstream Loans) war aufgrund der tatbestandlichen Bezugnahme in § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG auf § 30 GmbHG a.F. auch für die Haftung des Geschäftsführers relevant. b) Unterbilanz Die Darlehensvergabe an den Gesellschafter musste weiter dem kapitalerhaltungsrechtlichen Auszahlungsverbot des § 30 GmbHG a.F. widersprechen. Nach § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. durfte das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an Gesellschafter ausgezahlt werden. Die Darlehensvergabe durfte daher nicht zu einer Unterbilanz führen oder eine bestehende Unterbilanz vertiefen.35 Die Kreditvergabe war daher kapitalerhaltungswidrig, wenn im Zeitpunkt der Valutaauszahlung eine Unterbilanz bestand. Dasselbe galt, wenn vor der Auszahlung zwar noch keine Unterbilanz bestand, diese aber unmittelbar aus der Kreditgewährung hervorgeht. c) Unabhängig von Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs Dies galt aufgrund des November-Urteils des BGH unabhängig davon, ob der Rückgewähranspruch aus dem Darlehen gegen den Gesellschafter vollwertig war oder nicht.36 Die Verursachung oder Vertiefung einer Unterbilanz konnte also nicht dadurch vermieden werden, dass der Gesellschaft für die Darlehensgewähr eine vollwertige schuldrechtliche Forderung gegen den Gesellschafter gewährt wurde. 5. Zusammenfassung Nach der überwiegenden Ansicht in der Literatur richtete sich die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von aufsteigenden Darlehen grundsätzlich nach der bilanziellen Betrachtungsweise. Solange die Darlehensgewährung nicht zu einer Bilanzverkürzung führte, stellte die Gewährung keinen Vermögensabfluss dar, so dass die Darlehensgewährung kapitalerhaltungsrechtlich zulässig war. Erforderlich hierzu war, dass die Darlehensgewährung lediglich einen bilanzneutralen Aktivtausch darstellte. Dies war der Fall, wenn dem Vermögensverlust der Darlehensvalutierung eine Rückgewährforderung in entsprechender Höhe gegenüberstand. Maßgeblich für den bilanziellen Ansatz der Forderung war die voraussichtliche Realisierbarkeit der Forderung. Erschien diese vollständig realisierbar, handelte es sich um einen kapitalerhaltungsrechtlich zulässigen bilanzneutralen Aktivtausch. 35 Siehe statt vieler Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 30 GmbHG, Rn. 9. Nur für den Fall einer Unterbilanz BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111 f. – November-Urteil. 36 BGH Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111 f. – November-Urteil.
§ 6 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG
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In der Literatur forderte im Laufe der Zeit eine immer größer werdende Strömung, neben dem Erfordernis der Werthaltigkeit weitere Anforderungen an die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit zu stellen. Diese Erwägungen beruhten auf dem Prinzip des Drittvergleichs, wonach die Darlehensvergabe zu verkehrsüblichen Konditionen zu erfolgen hatte, um kapitalerhaltungsrechtlich unbedenklich zu sein. Innerhalb dieser Strömung war jedoch umstritten, ob der Drittvergleich nur eine marktübliche Verzinsung erforderte oder darüber hinaus auch eine werthaltige Besicherung erforderlich war und ob die Darlehensvergabe auch bei Vorliegen einer Unterbilanz zulässig war. In seinem November-Urteil aus dem Jahr 2003 schloss sich der BGH hingegen einer Minderansicht in der Literatur an und lehnte die bilanzielle Betrachtungsweise ab. Nach dem BGH erfordere der Kapitalschutz die Erhaltung tatsächlicher Haftungsmasse und erschöpfe sich nicht in dem Schutz einer bilanziellen Rechnungsziffer. Danach war der Austausch von liquider Haftungsmasse gegen eine schuldrechtliche Forderung unzulässig, wenn sich durch den Austausch die Vermögenssituation der Gesellschaft und somit auch die Befriedigungsmöglichkeiten ihrer Gläubiger verschlechterte. Der darlehensweise Abfluss von Liquidität war daher kapitalerhaltungsrechtlich unzulässig, da aufgrund der hinausgeschobenen Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs eine ausreichende Mittelausstattung verhindert wurde. Im Rahmen der Gewährung von Einzeldarlehen an Gesellschafter hat das November-Urteil des BGH für die Geschäftsführer der Konzerntochter im faktischen Konzern hinsichtlich ihres Haftungsrisikos vornehmlich Erleichterungen gebracht. Die Prüfungspflicht der Geschäftsführer beschränkte sich durch die Rechtsprechung auf die Feststellung, ob die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Unterbilanz führte oder im Zeitpunkt einer Unterbilanz erfolgte. Dabei entfiel das Erfordernis der Feststellung, ob der Rückgewähranspruch werthaltig war und die Darlehensvergabe dem Drittvergleich standhielt, so dass kein „Ausnahmetatbestand“ in Form einer kapitalerhaltungsrechtlich „nicht relevanten Auszahlung“ (mehr) bestand. Hieraus erwuchsen dem Geschäftsführer somit keine Haftungsrisiken (mehr).
II. Kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen im Vertragskonzern Bis zum MoMiG war in der Literatur umstritten, ob die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung aus dem Aktienrecht auf den GmbH-Konzern übertragbar war oder die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des faktischen Konzerns galten.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
1. Kapitalerhaltungsrecht im Vertragskonzern Im Hinblick auf die Anwendbarkeit des Kapitalerhaltungsrechts im Vertragskonzern und letztlich die Haftung des Geschäftsführers, war die Vorfrage entscheidend, ob § 291 Abs. 3 AktG a.F. auch auf den GmbH-Vertragskonzern Anwendung fand. Bei dieser Frage kristallisierten sich zwei Lager heraus. Eine Ansicht wendete § 291 Abs. 3 AktG a.F. entsprechend auf den GmbH-Vertragskonzern an,37 während andere dies aufgrund rechtsformspezifischer Besonderheiten38 der GmbH ablehnten.39 a) Fortgeltung der §§ 30 ff. GmbHG im GmbH-Vertragskonzern Eine Ansicht lehnte die entsprechende Anwendung von § 291 Abs. 3 AktG a.F. auf den GmbH-Konzern ab.40 Rechtsformspezifische Unterschiede zwischen der AG und der GmbH, insbesondere in der Intensität der Kapitalerhaltungsregeln, sprechen gegen die analoge Anwendung. Die aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln der §§ 57 ff. AktG seien wesentlich strenger ausgestaltet als die §§ 30 ff. GmbHG. Im aktienrechtlichen Vertragskonzern sei die Suspendierung der Kapitalerhaltungsvorschriften daher notwendig, da das Ziel der vertraglichen Konzernierung, nämlich die Konzerninteressen über die Interessen des Einzelunternehmens zu stellen, sonst nicht möglich wäre. Da das Schutzniveau im GmbH-Recht nicht so hoch sei wie im Aktienrecht, sei der Vorrang des Konzerninteresses im GmbH-Vertragskonzern auch ohne die gesetzliche Suspendierung der Kapitalbindung erreichbar.41 Darüber hinaus würde die analoge Anwendung von § 291 Abs. 3 AktG a.F. faktisch zu einem Austausch der Forderungen der GmbH gegenüber der herrschenden Gesellschaft führen. Denn der sofort fällige kapitalerhaltungsrechtliche Anspruch nach § 31 GmbHG würde durch den Anspruch analog § 302 AktG ausgetauscht, der unter Umständen erst nach einem Jahr42 fällig werde. Bis zur Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs fehle der GmbH Haftkapital, so dass die analoge
37 Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, 87; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 268; Hommelhoff, WM 1984, 1105, 1110; Fuhrmann, NZG 2004, 552, 553; Fleck, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 391, 395 f.; Fleck, ZGR 1990, 31, 47 f.; Hentzen, ZGR 2005, 517 ff.; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 98. 38 Siehe zu rechtsformspezifischen Besonderheiten als Grenze der entsprechenden Anwendbarkeit aktienrechtlicher Vorschriften im GmbH-Vertragskonzern auch § 2 I.3.c)bb)(1). 39 Raiser/Veil, KapGesR, 3. Aufl. 2001, § 54, Rn. 50; Peltzer, GmbHR 1995, 15, 17; Langner, GmbHR 2005, 1017, 1021; Meister, WM 1980, 390, 399 f. 40 Raiser/Veil, KapGesR, 3. Aufl. 2001, § 54, Rn. 50; Peltzer, GmbHR 1995, 15, 17; Langner, GmbHR 2005, 1017, 1021; Meister, WM 1980, 390, 399 f. 41 Peltzer, GmbHR 1995, 15, 17. 42 Dies ist der Fall, wenn die Darlehensvergabe direkt am Anfang des Geschäftsjahres erfolgt, da der Verlustausgleichsanspruchs erst nach dem Ende des Geschäftsjahres fällig wird.
§ 6 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG
133
Anwendung von § 291 Abs. 3 AktG a.F. auf den GmbH-Vertragskonzern die Staumauerfunktion der Kapitalerhaltungsregeln unterlaufe.43 Diese rechtsformspezifischen Besonderheiten im Kapitalerhaltungsrecht der GmbH stünden einer analogen Anwendung von § 291 Abs. 3 AktG a.F. auf den GmbH-Vertragskonzern entgegen, so dass im GmbH-Vertragskonzern die Kapitalbindung nicht suspendiert werde. Die §§ 30 ff. GmbHG gelten somit auch im GmbH-Vertragskonzern. Nach dieser Ansicht deckten sich die Kapitalerhaltungspflichten des Geschäftsführers im GmbH-Vertragskonzern mit denen des Geschäftsführers im faktischen Konzern. Im Falle von Weisungen der Konzernmutter traf den Geschäftsführer die Prüfungs- und Kontrollpflicht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung.44 Im Rahmen der Darlehensgewährung der Mutter an die Tochter musste die Wirksamkeit der Weisung vom Geschäftsführer überprüft werden. Mangels Suspendierung des Kapitalerhaltungsrechts durch die vertragliche Konzernierung blieb die GmbH-rechtliche Kapitalerhaltungspflicht dabei der maßgebliche Prüfungsmaßstab. Entscheidungserheblich war insbesondere die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 Abs. 1 GmbHG a.F.45 Maßgeblich für die Zulässigkeit war dabei, ob die Darlehensgewährung den Anforderungen des November-Urteils genügte. Verletzte der Geschäftsführer seine Prüfungspflicht und gewährte ein Darlehen an die Mutter, dass aufgrund eines Verstoßes gegen Kapitalerhaltungsrecht den Rechtmäßigkeitsanforderungen analog § 308 AktG nicht entsprach, haftete er analog § 310 AktG.46 Außerhalb von Weisungen haftete der Geschäftsführer für die kapitalerhaltungsrechtlich unzulässige Darlehensvergabe an die Konzernmutter dabei wie der Geschäftsführer des faktischen Konzerns nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG. b) Suspendierung der Kapitalbindung im Vertragskonzern Die überwiegende Ansicht in der Literatur47 und die Rechtsprechung48 wendeten jedoch § 291 Abs. 3 AktG a.F. entsprechend auf den GmbH-Vertragskonzern an. Insbesondere das Argument, dass durch den Forderungsaustausch die Staumauerfunktion der Kapitalerhaltungsregeln untergraben würde, überzeuge nicht. Der angesprochene Forderungsaustausch basiere schließlich gerade auf der gesetzlichen 43
Peltzer, GmbHR 1995, 15, 17. Siehe hierzu auch § 3 III.2.a)cc). 45 Siehe zu den verschiedenen Grenzen der Weisung auch § 3 III.2.a)cc)(1) ff. 46 Siehe zur Haftung des Geschäftsführer im Rahmen von Weisungen auch § 3 III.2.c)aa). 47 Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, 87; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 268; Hommelhoff, WM 1984, 1105, 1110; Fuhrmann, NZG 2004, 552, 553; Fleck, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 391, 395 f.; Fleck, ZGR 1990, 31, 47 f.; Hentzen, ZGR 2005, 517 ff.; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 98. 48 Vgl. BGH, Urt. v. 14. 12. 1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1, = NJW 1988, 1326. 44
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Anordnung von § 291 Abs. 3 AktG a.F., so dass im Vertragskonzern ein gesetzlicher Ausnahmetatbestand von der garantierten Haftsumme vorliege. Für den aktienrechtlichen Vertragskonzern habe der Gesetzgeber die Risiken, die mit der zeitversetzten Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs nach § 302 Abs. 1 AktG einhergehen, bewusst in Kauf genommen. Auch der Verweis auf die unterschiedliche Intensität der Kapitalerhaltungsregeln überzeuge nicht. Das Argument würde nur gelten, wenn die Suspendierung nach § 291 Abs. 3 AktG a.F. für den aktienrechtlichen Vertragskonzern die Kapitalbindung nach § 57 AktG ausnehmen würde und nur die restlichen aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln umfassen würde. Denn nur in diesem Fall wäre es schlüssig, dass der Vorrang des Konzerninteresses als Ziel der Konzernierung bereits dann erreicht sei, wenn die Kapitalbindung die einzige Kapitalerhaltungsregel darstelle. Dies sei jedoch nicht der Fall. § 291 Abs. 3 AktG a.F. schließe auch die Kapitalbindung nach § 57 AktG mit in die Suspendierung ein. Das Konzernziel könne nach der gesetzlichen Regelung daher nur erreicht werden, wenn die Suspendierung auch die Kapitalbindung umfasse. Dies müsse auch für den GmbH-Vertragskonzern gelten.49 Der Gläubigerschutz werde beim Vertragskonzern hinreichend durch die Verlustausgleichspflicht analog § 302 AktG gewährt. Aufgrund der Publizität des Beherrschungsvertrags im Handelsregister sei dieses Gläubigerschutzkonzept für die Gläubiger der GmbH auch ersichtlich, so dass keine Notwendigkeit bestehe, die Gläubiger zusätzlich durch die Kapitalerhaltungsregeln zu schützen.50 Erforderlich für die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung war dabei zum einen, dass ein Vertragskonzern wirksam begründet wurde und im Zeitpunkt der Leistungsbeziehung noch fortbestand. Zum anderen musste die Leistung im Zusammenhang mit dem Unternehmensvertrag erfolgen, was eine entsprechende Weisung der Konzernmutter erforderte.51 Die höchstrichterliche Rechtsprechung bedeutete für den Geschäftsführer, dass dieser bei seiner Prüfung von der Suspendierung der Kapitalbindung ausgehen musste. Dies führte dazu, dass sich der Geschäftsführer nicht (mehr) mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert sah. Er hatte die Minderansicht somit nicht zu befolgen und auch keine Abwägung vorzunehmen. Der Meinungsstreit hatte durch die Rechtsprechung für die Haftung der Geschäftsführer somit an Bedeutung verloren und war nur noch von theoretischer Natur. Der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft musste somit prüfen, ob ein Vertragskonzern wirksam begründet worden ist und ob die Darlehensvergabe auf einer wirksamen Weisung beruhte. 49
Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689, 691. Grothaus/Halberkamp, GmbHR 2005, 1317, 1321. 51 Fuhrmann, NZG 2004, 552, 554; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, 87; Hommelhoff, WM 1984, 1105, 1110; Fleck, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 391, 395 f.; Fleck, ZGR 1990, 31, 47 f.; Hentzen, ZGR 2005, 517 ff. 50
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aa) Gründung eines Vertragskonzerns Die Voraussetzungen für die Begründung eines GmbH-Vertragskonzerns waren vor dem MoMiG umstritten. Es ging dabei im Wesentlichen um die Frage, welche aktienrechtlichen Vorschriften in welchem Umfang auf die GmbH entsprechend anzuwenden waren.52 Grundsätzlich bedarf die Gründung eines Vertragskonzerns den Abschluss eines Unternehmensvertrags53, Zustimmungsbeschlüsse der abhängigen und herrschenden Gesellschaft und deren Eintragung im Handelsregister. Hierbei war insbesondere umstritten, ob der Zustimmungsbeschluss der abhängigen Gesellschaft einstimmig erfolgen musste oder eine Dreiviertelmehrheite ausreichte.54 Da eine vertiefte Auseinandersetzung mit den einzelnen Streitständen den Rahmen sprengen würde und in dieser Arbeit kapitalerhaltungsrechtliche Fragen im Mittelpunkt stehen, sollen die materiellen Voraussetzungen der Begründung eines GmbH-Vertragskonzerns von der weiteren Bearbeitung ausgenommen werden. Es soll im Folgenden lediglich kurz beleuchtet werden, welche Haftungsrisiken dem Geschäftsführer aus der umstrittenen Rechtslage erwachsen können. Die Prüfung der wirksamen Konzerngründung oblag dem Geschäftsführer. Kam es jedoch trotz Mängeln des Unternehmensvertrags zu seiner Durchführung, wurde dieser nach den Grundsätzen des fehlerhaften Unternehmensvertrags rückwirkend als wirksam behandelt.55 Für in der Vergangenheit liegende Leistungen wurde die Wirksamkeit des Vertragskonzerns somit fingiert, so dass den Geschäftsführer diesbezüglich keine Haftungsrisiken trafen. Dies verringerte die Haftungsrisiken deutlich, da die Meinungsstreitigkeiten bei Invollzugsetzung des Unternehmensvertrags für die vollzogenen Leistungen insoweit keine Rolle für die Haftung des Geschäftsführers spielten. Wurde ein Mangel des Unternehmensvertrags festgestellt, konnte dieser lediglich mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) beendet werden.56 Hierfür war der Geschäftsführer der abhängigen GmbH zuständig und verpflichtet, wenn die Gesellschafterversammlung der abhängigen GmbH die nachträgliche Zustimmung zum Unternehmensvertrag verweigerte oder eine Heilung des Mangels aus anderen Gründen nicht mehr möglich war. Eine Weisung der herrschenden Gesellschaft, von der Beendigung abzusehen, war nichtig und durfte von dem Geschäftsführer nicht
52
Siehe hierzu auch § 2 III.2. ff. Dabei können Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge einzeln und kombiniert abgeschlossen werden. 54 Siehe zu dem Streitstand etwa Halm, NZG 2001, 728, 729 ff. 55 BGH, Urt. v. 14. 12. 1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 = NJW 1988, 1326; BGH, Urt. v. 11. 11. 1991 – II ZR 287/90, BGHZ 116, 37, 39 = NJW 1992, 505; Emmerich, in: Emmerich/ Habersack Konzernrecht, 5. Aufl. 2008, § 291 AktG, Rn. 45. 56 Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 86; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 717; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 291 AktG, Rn. 46. 53
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
beachtet werden.57 Die Beendigung hatte zur Folge, dass (wieder) ein faktischer Konzern vorlag und sich die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit hiernach richtete. Den Geschäftsführer trafen somit die bereits erläuterten Pflichten und Haftungsrisiken und er profitierte von dem November-Urteil des BGH.58 bb) Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs Darüber hinaus variierten jedoch die Ansichten über die Absolutheit der Suspendierung. Hierbei war in der Literatur umstritten, ob die Suspendierung die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erforderte. (1) Unbedingte Suspendierung der Kapitalbindung Ein Lager nahm hierbei die bedingungslose und nachhaltige Suspendierung des Kapitalerhaltungsrechts im GmbH-Vertragskonzern an.59 Für den Pflichtenkreis des Geschäftsführers einer vertraglich konzernierten Tochter bedeutete dies, dass er Weisungen der Mutter hinsichtlich der Darlehensgewährung immer und bedingungslos nachkommen musste. Eine weitergehende Prüfung der Suspendierung des Kapitalerhaltungsrechts im Einzelfall war nicht erforderlich. Eine äußerste Grenze stellten, wie bei allen Weisungen, lediglich entgegenstehende Regelungen im Beherrschungsvertrag, in der Satzung oder das Konzerninteresse dar.60 Aufgrund dieser Absolutheit und Einfachheit trafen die Geschäftsführer nach dieser Ansicht nur sehr geringe Haftungsrisiken. Der Geschäftsführer haftete analog § 310 AktG ausschließlich, wenn er einer Weisung der Konzernmutter hinsichtlich der Darlehensgewährung nicht nachkam. Da eine entsprechende Weisung aufgrund der Absolutheit der Suspendierung des Kapitalerhaltungsrechts im Vertragskonzern grundsätzlich rechtmäßig war, verstieß der Geschäftsführer durch die Weigerung der Darlehensgewähr gegen seine Geschäftsführungspflichten und haftete gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft. Da die Suspendierung der Kapitalbindung nur bei Weisungen vorlag, bestand die Kapitalbindung außerhalb von Weisungen der Konzernmutter auch im Vertragskonzern weiter fort. Den Geschäftsführer trafen hierbei somit die gleichen Haftungsrisiken nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG wie den Geschäftsführer im faktischen Konzern.
57
Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, 5. Aufl. 2008, § 291 AktG, Rn. 46. Siehe zur Rechtslage vor MoMiG ausführlich § 6 I. ff. 59 Für den Fall der Konzernbesicherung Schön, ZHR 159 (1995), 351, 373; vgl. auch Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. 2002, § 30 GmbHG, Rn. 75. Siehe auch Reidenbach, WM 2004, 1421, 1426, nachdem das Kapitalerhaltungsrecht durch den Beherrschungsvertrag „umfassend“ außer Kraft gesetzt wird. 60 Siehe hierzu im Einzelnen auch § 3 III.2.a)cc)(1), § 3 III.2.a)cc)(2) und § 3 III.2.a)cc)(4). 58
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(2) Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs als Grenze der Suspendierung Nach der herrschenden Auffassung entfaltete die vertragliche Beherrschung hingegen keine Suspendierung der Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 GmbHG, wenn der Verlustausgleichsanspruch analog § 302 AktG nicht werthaltig war.61 Die Suspendierungswirkung entstand und bestand also nur, wenn und solange die Konzernmutter solvent war. Durch den Verlustausgleichsanspruch gegen das herrschende Unternehmen analog § 302 AktG solle das abhängige Konzernunternehmen einen Ausgleich dafür erhalten, dass die Kapitalbindung im Vertragskonzern analog § 291 Abs. 3 AktG a.F. aufgehoben sei.62 Sobald der Verlustausgleichsanspruch jedoch nicht mehr werthaltig sei, könne dieser Ausgleich nicht mehr erfolgen und der Normzweck nicht mehr erreicht werden, so dass die Kapitalbindung des § 30 GmbHG wieder auflebe.63 In diesem Fall dürfe das herrschende Unternehmen das Tochterunternehmen nicht zu einer Auszahlung anweisen, wenn hierdurch das Stammkapital angegriffen würde oder bereits eine Unterbilanz bestand. Hierbei waren auch die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Darlehensgewährung zu berücksichtigen, die auf das November-Urteil des BGH zurückgingen. War der Verlustausgleichsanspruch nicht vollwertig und betraf die Darlehensvalutierung darüber hinaus das Stammkapital beziehungsweise erfolgte diese bei einer Unterbilanz der Gesellschaft, durfte die Konzernmutter den Geschäftsführer nicht zur Darlehensausreichung anweisen. Aufgrund mangelnder Bindungswirkung rechtswidriger Weisungen müsse der Geschäftsführer der abhängigen GmbH entsprechenden Weisungen widersprechen und dürfe sie nicht ausführen.64 Dies bedeutete für den Geschäftsführer im Rahmen von Gesellschafterdarlehen, dass dieser ihre Zulässigkeit zunächst nicht am Maßstab des Kapitalerhaltungsrechts des GmbHG prüfen musste, sondern an dessen konzernrechtlichen Substituts des AktG, vornehmlich dem Verlustausgleichsanspruchs analog § 302 Abs. 1 AktG. Hierbei traf den Geschäftsführer die schwierige Aufgabe, die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs zu prüfen.65 Nur bei der Werthaltigkeit dieses Anspruches war die Kapitalbindung des § 30 GmbHG a.F. suspendiert und die Darlehensgewährung der Tochter an die Mutter, die eine Unterbilanz hervorruft oder 61
Oetker, KTS 1991, 521, 537 ff.; Burgard, AG 2006, 527, 531; Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689, 691; Fleck, ZGR 1990, 31, 48; Priester, ZIP 1989, 1301, 1303; Brandes, FS Kellermann, 25, 28 f. und 33 f.; Lutter, ZGR Sonderheft 6 1986, 192, 200; Jula/Breitbach, AG 1997, 256, 263. 62 Statt vieler Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 302 AktG, Rn. 3. 63 Fleck, ZGR 1990, 31, 48. 64 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 30 GmbHG, Rn. 56; Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689, 690 f.; Bayer/Lieder, ZGR 2005, 133, 151. 65 Siehe zu den praktischen Problemen dieser Prüfungspflicht im Rahmen von existenzgefährdenden Weisungen Priester, ZIP 1989, 1301, 1303.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
verschärft, zulässig. In diesem Fall musste der Geschäftsführer entsprechenden Weisungen der Mutter nachkommen. Bei mangelnder Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs lebte hingegen die Kapitalbindung nach § 30 GmbHG wieder auf, so dass sich die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensvergabe hiernach richtete. Den Geschäftsführer trafen somit die gleichen Prüfungspflichten wie im faktischen Konzern. (3) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Die höchstrichterliche Rechtsprechung beschränkte sich auf die Feststellung, dass § 291 Abs. 3 AktG a.F. entsprechend auf den GmbH-Konzern anwendbar war. In der Literatur blieb hierbei jedoch umstritten, ob die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs analog § 302 AktG erforderte. (a) Umstrittene Rechtslage Es gab in beiden Lagern gewichtige Stimmen,66 so dass sich der Geschäftsführer hinsichtlich der Frage des Vollwertigkeitserfordernisses mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert sah. Auch einzuholender Expertenrat konnte lediglich eine Empfehlung abgeben, so dass dem Geschäftsführer bei seiner Prüfung bezüglich der Anwendung des Vollwertigkeitserfordernisses ein Handlungsspielraum zustand. Um dem Vorwurf eines Pflichtenverstoßes für den Fall vorzubeugen, dass sich die vom Geschäftsführer gewählte Handlungsmöglichkeit nachträglich als rechtswidrig erwies, hatte er die Chancen und Risiken hinsichtlich des Vollwertigkeitserfordernisses sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Hierbei musste der Geschäftsführer nicht die sicherste Variante wählen, sondern konnte einen für die Gesellschaft günstigen Standpunkt einnehmen.67 (b) Vor- und Nachteile des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs Zugunsten des Vollwertigkeitserfordernisses spricht, dass der Vermögensabfluss verhindert wird, wenn Zweifel an der Bonität der Mutter bestehen und der Verlustausgleichsanspruch nicht realisierbar erscheint. Das Vollwertigkeitserfordernis gewährleistet somit ein hohes Schutzlevel für die abhängige Gesellschaft. Dies verhindert jedoch, dass bei der Darlehensgewähr das Konzerninteresse berücksichtigt werden kann. Die Darlehensgewähr wäre nämlich auch zu verweigern, wenn sie im Konzerninteresse liegen würde und der Liquiditätsabfluss durch 66
Siehe zugunsten der Anwendbarkeit § 6 II.1.b)bb)(2) und gegen das Vollwertigkeitserfordernis § 6 II.1.b)bb)(1). 67 Siehe zur Ausnahme von der gesetzlichen Pflichtenbindung bei unklarer Rechtslage ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(a).
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die abhängige Gesellschaft eigenständig kompensiert werden könnte. Dies stünde im Widerspruch zum Grundkonzept des Vertragskonzerns, wonach die Einzelinteressen der Konzernunternehmen hinter den übergeordneten Interessen des Konzerns zurücktreten.68 Abschließend sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs zu prüfen. In diesem Fall wäre die Verweigerung der Darlehensausreichung pflichtwidrig und die abhängige Gesellschaft schadensersatzpflichtig. (c) Vor- und Nachteile des fehlenden Vollwertigkeitserfordernisses Zugunsten der Nichtanwendbarkeit des Vollwertigkeitserfordernisses spricht hingegen, dass die Konzerninteressen bei der Darlehensgewähr berücksichtigt werden können. Liegt die Darlehensgewähr im Konzerninteresse, kann sie auch bei Unvollwertigkeit des Darlehens erfolgen. Dies kann durchaus (mittelbare) Vorteile für die abhängige Gesellschaft haben. Die Konzernmutter kann die konzerninternen Darlehen nämlich dazu nutzen, sich zu vergünstigten Konditionen finanzielle Mittel zu beschaffen und ihre Refinanzierung somit effizienter und unabhängig vom Kapitalmarkt zu gestalten. Die eingesparten Kosten kann die Konzernmutter an die abhängigen Konzernunternehmen weitergeben. Darüber hinaus profitieren auch die abhängigen Konzerngesellschaften von einer erfolgreichen, günstigeren und schnelleren Refinanzierung des Gesamtkonzerns. Die Vertiefung der finanziellen Abhängigkeit der Tochtergesellschaft von der Konzernmutter durch die Darlehensvergabe, trotz Unvollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs, kann jedoch auch schwerwiegende Nachteile mit sich bringen. Durch die Darlehensgewähr trägt die abhängige Gesellschaft die Risiken, die aus der schlechten Bonität der Konzernmutter entstehen. Scheitert die Restrukturierung der Konzernmutter, führt dies zu einem Forderungsausfall bei der abhängigen Gesellschaft und führt regelmäßig auch zu ihrer Insolvenz. Abschließend sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Maßgeblichkeit des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs im Rahmen des Konzernprivilegs zu prüfen. In diesem Fall würde die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung analog § 291 Abs. 3 AktG a.F. nicht greifen. Die Darlehensgewähr müsste dann den Anforderungen des § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. entsprechen. Hielt sie diesen nicht Stand, etwa weil der Darlehensrückgewähranspruch nicht vollwertig war, war die Darlehensvergabe kapitalerhaltungsrechtswidrig und der Gesellschaft stand ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbH gegen die Konzernmutter zu.
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Siehe hierzu auch § 3 III.1.c).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
(d) Abwägung Anschließend hatte der Geschäftsführer die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten zu vergleichen und pflichtgemäß abzuwägen. Hierbei war er nicht gezwungen, die sicherste Variante zu wählen, sondern konnte einen, für die Gesellschaft günstigen Standpunkt einnehmen.69 Zugunsten des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs spricht das höhere Schutzlevel, welches die Untergrenze des Vollwertigkeitserfordernisses zugunsten der abhängigen Gesellschaft mit sich bringt. Diese Handlungsmöglichkeit sichert die abhängige Gesellschaft darüber hinaus auch für den Fall ihrer Rechtswidrigkeit ab. Die Verweigerung der Darlehensgewähr wegen mangelnder Vollwertigkeit verhindert einen Liquiditätsabfluss aus dem Gesellschaftsvermögen der abhängigen Gesellschaft. Die Gesellschaft trifft lediglich Schadensersatzrisiken. Für die Nichtanwendbarkeit des Vollwertigkeitserfordernisses spricht, dass die Konzerninteressen bei der Darlehensgewähr berücksichtigt werden können. Hierdurch kann sich die Konzernmutter günstiger als am Kapitalmarkt refinanzieren, wovon letztlich der Gesamtkonzern und somit auch die darlehensgebende Gesellschaft (mittelbar) profitiert. Bei einem Vergleich überwog keine Handlungsmöglichkeit deutlich. Zugunsten des Vollwertigkeitserfordernisses ließ sich jedoch anführen, dass die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung auf einer (lediglich) analogen Anwendung des § 291 Abs. 3 AktG a.F. beruhte. Da das GmbH-Recht eine entsprechende Privilegierung nicht vorsah, ließ sich argumentieren, dass der Anwendungsbereich für § 291 Abs. 3 AktG a.F. nur eröffnet war, so lange dieser ein vergleichbares Schutzlevel mit dem des § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. gewährleistet. Hierbei ließ sich argumentieren, dass dies nur der Fall war, so lange der Verlustausgleichsanspruch vollwertig war. Insgesamt erschien es für den Geschäftsführer daher ratsam, die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs bei der Prüfung des Konzernprivilegs analog § 291 Abs. 3 AktG a.F. zu berücksichtigen. (e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer Haftungsrechtlich sah sich der Geschäftsführer hinsichtlich des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Wurde der Geschäftsführer zur Darlehensauszahlung angewiesen, musste dieser die Rechtmäßigkeit der Weisung prüfen.70 Verweigerte der Geschäftsführer die Darlehensgewähr mit Verweis auf die fehlende Vollwertigkeit des Verlustaus69
Siehe hierzu ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(a). Der Streit wirkte sich nur bei Weisungen im Vertragskonzern aus. Da außerhalb von Weisungen das Haftungsregime des faktischen Konzerns galt, unterschieden sich die Haftungsrisiken nicht von den bereits erläuterten Anforderungen. Vgl. hierzu § 3 III.2.c)bb). 70
§ 6 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG
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gleichsanspruchs und hätte sich bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung herausgestellt, dass das Konzernprivileg analog § 291 Abs. 3 AktG a.F. keine Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erforderte, wäre die Verweigerung der Darlehensauskehr pflichtwidrig gewesen und hätte die Haftung des Geschäftsführers analog § 310 Abs. 1 S. 1 AktG begründet. Hätte der Geschäftsführer das Darlehen hingegen trotz Unvollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs ausgezahlt und hätte sich bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung herausgestellt, dass das Konzernprivileg analog § 291 Abs. 3 AktG a.F. die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erforderte, wäre die Auszahlung des Darlehens durch den Geschäftsführer pflichtwidrig gewesen und er hätte analog § 310 Abs. 1 S. 1 AktG gehaftet.71 Diesem Haftungsrisiko konnte der Geschäftsführer jedoch durch eine vorherige pflichtgemäße Abwägung der Handlungsmöglichkeiten entgehen. Diese führte dazu, dass der Vorwurf der Pflichtwidrigkeit hinsichtlich des Vollwertigkeitserfordernisses ausgeschlossen war und die Entscheidung des Geschäftsführers pflichtgemäß im Sinne des § 310 AktG war.72 Eine sorgfältige Abwägung sprach vorliegend für das Vollwertigkeitserfordernis des Verlustausgleichsanspruchs. Legte der Geschäftsführer diese Abwägung bei seiner Prüfung des Konzernprivilegs zugrunde, trafen ihn hinsichtlich der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung analog § 291 Abs. 3 AktG a.F. keine Haftungsrisiken, auch wenn sich die Entscheidung des Geschäftsführers bei einer späteren gerichtlichen Entscheidung als rechtswidrig erwiesen hätte. cc) Sonderfall: Verlustausgleich wird als Darlehen an Mutter zurückgewährt Neben dem Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs durfte das herrschende Unternehmen das abhängige Konzernunternehmen darüber hinaus nach herrschender Ansicht nicht anweisen, den, auf den Anspruch analog § 302 Abs. 1 AktG gezahlten, Ausgleichsbetrag umgehend als Darlehen zurück zu gewähren.73 Dieses Verbot fußte dabei auf einem Vergleich mit dem Stundungsverbot des Verlustausgleichsanspruchs. Der Anspruch der abhängigen Gesellschaft analog § 302 Abs. 1 AktG sei unverzüglich nach seiner Fälligkeit gegenüber dem herrschenden Unternehmen geltend zu machen.74 Die Regelung des Verlustausgleichs sei
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Siehe zur Haftung des Gesschäftsführers im Vertragskonzern § 3 III.2.c) ff. Siehe hierzu ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(a). 73 Brandes, FS Kellermann, 25, 30 f.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, 4. Aufl. 2005, § 302 AktG, Rn. 40a; Priester, BB 2005, 2483. 74 LG Bochum, Urt. v. 29. 7. 1986 – 10 O 146/86 = AG 1987, 324, 325; Priester, BB 2005, 2483; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, 4. Aufl. 2005, § 302 AktG, Rn. 43. 72
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
zwingend,75 so dass weder ein späterer Fälligkeitszeitpunkt vertraglich vereinbart, noch der fällige Anspruch gestundet werden könne. Im Ergebnis komme die darlehensweise Rückgewähr des gezahlten Ausgleichsbetrags einem Hinausschieben der Fälligkeit gleich, da hierdurch lediglich eine Forderung an die Stelle des Barkapitals trete. Um einen Gleichlauf mit dem Stundungsverbot zu gewährleisten und Umgehungen zu verhindern, dürfe das herrschende Unternehmen den Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens nicht anweisen, den analog § 302 Abs. 1 AktG gezahlten Ausgleichsbetrag umgehend als Darlehen zurück zu gewähren. Für den Pflichtenkreis des Geschäftsführers einer vertraglich konzernierten Tochter bedeutete das absolute Rückführungsverbot, dass er Weisungen der Mutter hinsichtlich der umgehenden darlehensweisen Rückführung des erhaltenen Ausgleichsbetrags nicht nachkommen durfte.76 Von dem Rückführungsverbot ließ jedoch Brandes eine Ausnahme zu, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig war und bei Fälligkeit eigener Zahlungsverpflichtungen der abhängigen Gesellschaft zurückgefordert werden konnte.77 Die zentrale Bündelung überschüssiger Liquidität im Konzern sei für eine rentable Konzernfinanzierung erforderlich. Solange bei der Rückführung des Darlehens der Kapitalbedarf der Tochter gesichert erscheine, sei kein Grund ersichtlich, auch den gezahlten Ausgleichsbetrag in die konzernweite Liquiditätsbündelung mit einzubeziehen.78 Für den Pflichtenkreis des Geschäftsführers bedeutete dies, dass dieser die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs prüfen musste. Die darlehensweise Rückgewähr des erhaltenen Ausgleichsbetrags war nur pflichtgemäß, wenn der Geschäftsführer von der Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs gegen die Mutter ausgehen durfte. Ebenso wie bei der Ansicht, welche die Suspendierung der Kapitalbindung im Vertragskonzern von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs abhängig machte, traf den Geschäftsführer der abhängigen Tochter die Aufgabe, die Werthaltigkeit eines Anspruchs gegen die Mutter zu
75
Hüffer, AktG, 7. Aufl. 2006, § 302 AktG, Rn. 1. Siehe zu den äußersten Grenzen des Weisungsrecht, denen jede Weisung genügen muss § 3 III.2.a)cc)(1) ff. 77 Brandes, FS Kellermann, 25, 30 f. 78 Brandes, FS Kellermann, 25, 30 f. Ähnliche Ansätze gab es auch bei der vergleichbaren Problematik der Aufrechnungsmöglichkeit des herrschenden Unternehmens gegen den Verlustausgleichsanspruch. Hiernach war die Aufrechnung gegen den Verlustausgleichsansprch zulässig, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung vollwertig war, Reuter, DB 2005, 2339, 2342 f.; Priester, BB 2005, 2483, 2485 f., dieser Ansicht schloss sich auch der BGH im Jahr 2006 an, BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 258 = BB 2006, 1759; zustimmend zu der Aufrechnungsmöglichkeit, jedoch ohne das Erfordernis der Vollwertigkeit, Hentzen, AG 2006, 133; Grunewald, NZG 2005, 781; gegen die Möglichkeit der Aufrechnung, OLG Jena, Urt. v. 21. 9. 2004 – 8 U 1187/03, GmbHR 2005, 1058; Petersen, GmbHR 2005, 1031. 76
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prüfen.79 Bei begründeten Zweifeln an der Werthaltigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs durften die Geschäftsführer Weisungen, die auf die umgehende Rückgewähr des erhaltenen Ausgleichsbetrags in Form eines Darlehens gerichtet waren, nicht nachkommen. Bei einer Zuwiderhandlung verletzte der Geschäftsführer seine Pflichten und haftete analog § 310 Abs. 1 AktG.80 Aufgrund der Absolutheit des Verlustausgleichsanspruchs traf den Geschäftsführer die Pflicht zur Prüfung der Vollwertigkeit auch außerhalb von Weisungen der Mutter. Kam er dieser Pflicht nicht nach und stellte sich nach der Darlehensvergabe heraus, dass der Rückzahlungsanspruch nicht werthaltig war, haftete der Geschäftsführer gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sah sich der Geschäftsführer für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Soweit ersichtlich ließ jedoch lediglich eine Stimme in der Literatur eine Ausnahme von dem absoluten Rückführungsverbot der herrschenden Ansicht zu, so dass wohl davon auszugehen war, dass der Minderansicht nicht genügend Gewicht zukam um für den Geschäftsführer ein Abwägung erforderlich zu machen.81 Der Geschäftsführer konnte somit, ohne Haftungsrisiken befürchten zu müssen, von dem absoluten Rückgewährverbot der herrschenden Ansicht ausgehen. 2. Haftungsrisiko des Geschäftsführers wegen Darlehensgewähr Nach herrschender Ansicht erforderte die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung in Form der Suspendierung der Kapitalbindung im Vertragskonzern, dass ein Vertragskonzern wirksam begründet worden ist, die Leistung auf einer Weisung der Konzernmutter beruhte und der Verlustausgleich vollwertig war. Die Prüfung der Voraussetzungen oblag dem Geschäftsführer. Lagen die Voraussetzungen der Privilegierung nicht vor, „lebte“ die Kapitalbindung nach § 30 GmbHG a.F. wieder auf und der Geschäftsführer musste die Zulässigkeit der Darlehensgewähr hieran prüfen. Hierbei wirkte sich das November-Urteil des BGH auch auf den Vertragskonzern bei Weisungen der Konzernmutter aus. Die Zulässigkeit erforderte danach, dass durch die Darlehensvergabe das Stammkapital nicht angegriffen würde oder eine bereits bestehende Unterbilanz nicht vertieft würde. Andernfalls durfte das herrschende Unternehmen den Geschäftsführer nicht zu der Auszahlung anweisen. Aufgrund mangelnder Bindungswirkung rechtswidriger Weisungen musste der Geschäftsführer der abhängigen GmbH entsprechenden Weisungen widersprechen und durfte
79 Siehe zu den praktischen Problemen dieser Prüfungspflicht im Rahmen existenzgefährdender Weisungen, Priester, ZIP 1989, 1301, 1303. 80 Siehe zur Geschäftsführerhaftung bei Vorliegen einer Weisung auch § 3 III.2.c)aa). 81 Siehe hierzu auch § 3 I.2.b)aa)(2)(a).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
sie nicht ausführen. Bei Zuwiderhandlung verletzte der Geschäftsführer seine Pflichten und haftete analog § 310 Abs. 1 AktG.82 Darüber hinaus hatte das November-Urteil im Vertragskonzern auch außerhalb von Weisungen der Konzernmutter Auswirkungen auf den Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers einer vertraglich konzernierten, abhängigen GmbH. Die Kapitalbindung nach § 30 GmbHG a.F. bestand nach herrschender Ansicht im Vertragskonzern außerhalb von Weisungen der Konzernmutter fort. Das November-Urteil hatte hier somit unmittelbare Bedeutung für den Geschäftsführer. Hierbei traf ihn derselbe Pflichtenkreis hinsichtlich der Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensvergabe wie im faktischen Konzern. Darüber hinaus deckten sich auch seine Haftungsrisiken mit denen eines Geschäftsführers im faktischen Konzern, da es außerhalb von Weisungen für den Geschäftsführer im Vertragskonzern bei der Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 3 Var. 1 GmbHG verblieb. Für den Sonderfall des Verlustausgleichs galt nach ganz herrschender Ansicht ein Verbot der darlehensweisen Rückgewähr des erhaltenen Verlustausgleichs. Dieses galt sowohl für den Fall der Weisung als auch außerhalb von Weisungen. Der Geschäftsführer haftete somit ohne Einschränkung, wenn er den erhaltenen Ausgleichsbetrag darlehensweise zurückgewährte. Diese Klarheit bedeutete für die Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft, dass sie sich nur sehr geringen Haftungsrisiken ausgesetzt sahen. Der Geschäftsführer haftete nach § 310 AktG (analog) lediglich dann, wenn er einer Weisung der Konzernmutter hinsichtlich der umgehenden Rückgewähr des erhaltenen Ausgleichsbetrags analog § 302 Abs. 1 AktG nachkam. Da eine entsprechende Weisung aufgrund der Absolutheit des Stundungs- und des Rückführungsverbots des Ausgleichsanspruchs beziehungsweise des erhaltenen Ausgleichsbetrags niemals rechtmäßig war, verstieß der Geschäftsführer durch die Ausführung der Weisung gegen seine Geschäftsführungspflichten und haftete gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft. Das Verbot der Rückführung galt absolut. Es war nicht auf Weisungen der Mutter an die Tochter beschränkt und galt somit auch außerhalb von Weisungen der Mutter. Veranlasste der Geschäftsführer der Tochter die darlehensweise Rückgewähr des erhaltenen Ausgleichsbetrags ohne von der Mutter hierzu angewiesen worden zu sein, verletzte der Geschäftsführer seine Geschäftsführungspflichten und haftete gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG. War die Rückgewähr zugleich kapitalrechtswidrig, haftete er auch nach § 43 Abs. 3 S. 3 Var. 1 GmbHG.
82 Siehe zur Geschäftsführerhaftung bei Vorliegen einer (rechtswidrigen) Weisung auch § 3 III.2.c)aa).
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3. Zusammenfassung Nimmt man mit der überwiegenden Ansicht die Suspendierung der Kapitalbindung nach § 30 GmbHG a.F. im Vertragskonzern an, hatte das November-Urteil des BGH bei mangelnder Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs und außerhalb von Weisungen der Konzernmutter Auswirkungen auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Aufsteigende Darlehen musste der Geschäftsführer grundsätzlich nicht am Maßstab des Kapitalerhaltungsrechts des GmbHG prüfen, sondern an dessen konzernrechtlichen Substituts des AktG, vornehmlich dem Verlustausgleichsanspruch analog § 302 Abs. 1 AktG. Die vertragskonzernrechtliche Privilegierung griff dabei ein, wenn ein Vertragskonzern wirksam begründet worden war und die Leistung auf einer Weisung beruhte. Beides musste der Geschäftsführer prüfen. Darüber hinaus traf den Geschäftsführer nach herrschender Ansicht die Pflicht, die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs zu prüfen. Nur bei der Werthaltigkeit dieses Anspruchs war die Kapitalbindung des § 30 GmbHG a.F. suspendiert und die Darlehensgewährung der Tochter an die Mutter, die eine Unterbilanz hervorruft oder verschärft, zulässig. In diesem Fall musste der Geschäftsführer entsprechenden Weisungen der Mutter nachkommen. War die Vollwertigkeit hingegen zu verneinen, „lebte“ die Kapitalbindung nach § 30 GmbHG a.F. wieder auf, so dass der Geschäftsführer die Darlehensvergabe am Kapitalerhaltungsrecht prüfen musste. Hierbei hatte der Geschäftsführer die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen, die das November-Urteil des BGH an die Darlehensvergabe aufstellte, zu beachten. Rief die Darlehensvalutierung eine Unterbilanz hervor oder verschärfte diese, durfte der Geschäftsführer entsprechenden Weisungen der Mutter nicht nachkommen. Das November-Urteil bekam für die Haftung des Geschäftsführers im Vertragskonzern darüber hinaus auch außerhalb von Weisungen Bedeutung. Außerhalb von Weisungen blieb die Kapitalbindung des § 30 GmbHG a.F. bestehen. Mangels einer Weisung durch die Mutter richteten sich die Pflichten und Haftungsrisiken des Geschäftsführers nach § 43 GmbHG. Der Geschäftsführer haftete nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG, wenn die Darlehensgewährung an die Mutter § 30 GmbHG a.F. widersprach. Für die Beurteilung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensauszahlung nach § 30 GmbHG a.F. waren insbesondere die Erfordernisse des November-Urteils maßgeblich. In diesen Fällen deckten sich die Haftungsrisiken des Geschäftsführers des Vertragskonzerns mit denen des Geschäftsführers im faktischen Konzern, so dass ersterer ebenfalls von den Erleichterungen der Rechtsprechungsänderung profitierte. Nach ganz herrschender Ansicht galt für den Sonderfall des Verlustausgleichs ein absolutes Verbot den erhaltenen Ausgleich darlehensweise an die Konzernmutter zurück zu gewähren. Dieses Verbot galt sowohl für den Fall, dass die Darlehensgewähr auf einer Weisung der Konzernmutter beruhte als auch für den Fall, dass der Geschäftsführer die Auszahlung unabhängig von einer Weisung veranlasste. Der Geschäftsführer haftete somit ausnahmslos, wenn er den erhaltenen Verlustausgleich darlehensweise an die Konzernmutter zurückgewährte. Im Rahmen von Weisungen
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haftete er dabei analog § 310 Abs. 1 AktG. Außerhalb von Weisungen haftete er nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Da außerhalb von Weisungen auch die Kapitalbindung (wieder) auflebte, haftete er darüber hinaus auch nach § 43 Abs. 3 S. 3 Var. 1 GmbHG, wenn die Rückgewähr zugleich kapitalrechtswidrig war.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG I. Gesetzliche Verankerung der bilanziellen Betrachtungsweise Der Entwicklung in der Rechtsprechung und der mit ihr einhergehenden Rechtsunsicherheit wollte der Gesetzgeber mit dem MoMiG ausdrücklich entgegentreten. Mit der Neufassung von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG im Zuge des MoMiG aus dem Jahr 2008 hat der Gesetzgeber explizit die bilanziellen Betrachtungsweise angeordnet und die „November-Rechtsprechung“ ausdrücklich verworfen.83 Hiernach sind Leistungen von dem Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ausgenommen, wenn diese durch einen vollwertigen Gegenleistungsoder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind.
II. MPS-Urteil Auch der BGH hat auf die Gesetzesnovelle reagiert. Für Fälle, die vor dem Inkrafttreten des MoMiG liegen, hat der BGH durch das MPS-Urteil84 seine Rechtsprechungslinie aus dem November-Urteil ausdrücklich aufgegeben und folgt nun auch bei Altfällen (wieder) der bilanziellen Betrachtungsweise. 1. Sachverhalt Dem MPS-Urteil lag folgender (kapitalerhaltungsrechtlich relevante) Sachverhalt zugrunde: Die MPS-GmbH war mit einem Aktienbestand von 51 % an der M-AG beteiligt. Die M-AG gewährte der MPS-GmbH in den Jahren von 1998 bis 2001 insgesamt 25 unbesicherte Darlehen in einer Gesamthöhe von 79,65 Mio. DM. In den einzelnen Darlehensverträgen wurden in der Regel Zinssätze zwischen 7 und 8 % vereinbart. Eine Laufzeit wurde nicht vereinbart, die Kündigung der Darlehen war jedoch jederzeit zum Monatsende möglich. Sicherheiten für die Darlehen wurden nicht bestellt. Die Bonität der MPS-GmbH, mithin die Werthaltigkeit der Darlehensrückgewährforderungen der M-AG, war im Zeitraum der Vereinbarungen und der Auszahlungen der jeweiligen Darlehen nicht zweifelhaft.85 Nachdem sowohl 83 84 85
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107 – MPS-Urteil. BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107 – MPS-Urteil.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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die Tochtergesellschaft (M-AG) als auch die Muttergesellschaft (MPS-GmbH) in die Insolvenz fielen, klagte der Insolvenzverwalter der M-AG gegen zwei Mitglieder des Aufsichtsrats der M-AG auf Schadensersatz wegen Uneinbringlichkeit der Darlehensforderungen gegen die MPS-GmbH. Die geltend gemachte Schadenssumme in Höhe von 6.588.491,84 EUR war ein Teilbetrag, der sich aus acht herausgegriffenen Darlehen zusammensetzte. 2. Begründung Mit dem MPS-Urteil verneinte der BGH die grundsätzliche Nachteiligkeit eines ungesicherten, kurzfristig zurückforderbaren Darlehens einer abhängigen AG an ihre Mehrheitsaktionärin, wenn der Rückgewähranspruch im Zeitpunkt der Darlehensgewährung vollwertig sei. Weiter führt der BGH aus, dass unter diesen Umständen auch für Altfälle kein Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot des § 57 AktG vorliege und gibt seine Rechtsprechung aus dem November-Urteil ausdrücklich auf.86 a) Spezialität des § 311 AktG gegenüber § 57 AktG Eine Haftung des Vorstands nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 57 AktG durch die ungesicherte Darlehensvergabe an die Konzernmutter scheide aus. § 311 AktG stelle im Verhältnis zu den §§ 57, 62, 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG eine Spezialregelung dar, welche die letztgenannten Vorschriften verdränge. Bei tatbestandlich verwirklichter Einlagenrückgewähr, zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft, bestehe daher kein sofortiger Rückgewähranspruch nach § 62 AktG. An dessen Stelle trete der zeitlich gestreckte Ausgleichsanspruch des § 311 AktG. Hierbei habe das herrschende Unternehmen die Nachteile des abhängigen Unternehmens bis zum Ende des Geschäftsjahres auszugleichen oder der abhängigen Gesellschaft bis dahin einen Rechtsanspruch auf künftigen Nachteilsausgleich einzuräumen (§ 311 Abs. 2 AktG). Dieser Rechtsanspruch müsse nicht besichert werden. Mit der gesetzlichen Systematik der Zulässigkeit der zeitlichen Streckung des nicht zwingend zu besichernden Ausgleichsanspruchs sei es nicht
86 Der BGH stützt sein Ergebnis dabei auf systematische Erwägungen zu § 57 Abs. 1 S. 3 AktG und § 311 AktG. Nach § 57 Abs. 1 S. 3 AktG liegt keine verbotene Einlagenrückgewähr vor, wenn die Leistung der Gesellschaft durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt ist. Da § 311 AktG als Privilegierung gegenüber § 57 Abs. 1 S. 3 AktG ausgestaltet ist, können bei der Einflussnahme keine strengeren Maßstäbe gelten als bei den Kapitalerhaltungsvorschriften. Eine vollwertige Darlehensforderung im Sinne des § 57 AktG kann daher keine nachteilige Darlehensgewährung im Sinne des § 311 AktG darstellen. Die Voraussetzungen decken sich daher diesbezüglich, BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71, 76 ff. = NZG 2009, 107, 108.
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vereinbar, in ungesicherten aufsteigenden konzerninternen Darlehen stets ein nachteiliges Rechtsgeschäft zu sehen.87 b) Nachteiligkeit als Folge der Abhängigkeit Die Nachteiligkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 311 Abs. 1 AktG erfordere eine Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft, die sich als Folge der Abhängigkeit von dem herrschenden Unternehmen darstelle.88 Zunächst bejaht der BGH, dass die ungesicherte Darlehensgewährung auf der Abhängigkeit von der Konzernmutter beruhe. Für die Feststellung sei ein Vergleich mit einem hypothetischen Drittgeschäft beziehungsweise dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft notwendig. Hierbei sei zu fragen, ob ein hypothetisches Drittgeschäft üblicherweise einen vergleichbaren Inhalt zu dem in Frage stehenden nachteiligen Rechtsgeschäft aufweise beziehungsweise ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter das in Frage stehende Rechtsgeschäft zu den gleichen Konditionen abgeschlossen hätte. Da die Kreditgewährung zur Finanzierung von Grundstücksgeschäften nicht zur üblichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zähle, sei nicht anzunehmen, dass eine Darlehensgewährung im Rahmen eines hypothetisches Drittgeschäfts ebenfalls ohne Besicherung vollzogen worden wäre beziehungsweise, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine ungesicherte Darlehensgewährung vollzogen hätte.89 Zur Begründung eines nachteiligen Rechtsgeschäfts bedürfe es jedoch das Vorliegen weiterer Voraussetzungen. c) Nachteiligkeit erfordert konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage Ein nachteiliges Rechtsgeschäft im Sinne des § 311 Abs. 1 AktG erfordere neben der Abhängigkeitsfolge eine konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft.90
87 Vgl. BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPS-Urteil. 88 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil. 89 Vgl. BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPS-Urteil. 90 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil.
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aa) Ungesicherte Darlehensgewähr nicht per se nachteiliges Rechtsgeschäft Eine solche Gefährdung liege jedoch nicht von vornherein in der Gewährung eines ungesicherten aufsteigenden Darlehens im faktischen Konzern.91 Die Gewährung eines ungesicherten aufsteigenden konzerninternen Darlehens im Austausch gegen einen vollwertigen Rückgewähranspruch und eine angemessene Verzinsung stelle daher per se kein nachteiliges Rechtsgeschäft im Sinne von § 311 Abs. 1 AktG dar. bb) Keine Gefährdung bei vollwertigem Gegenleistungsoder Rückgewähranspruch Ob eine konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft vorliege, richte sich vielmehr danach, ob der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen das herrschende Konzernunternehmen (Aktionär der abhängigen Gesellschaft) vollwertig sei.92 Das Vollwertigkeitserfordernis ergebe sich dabei (auch) aus der, im Zuge des MoMiG neugefassten Vorschrift des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG. Hiernach stellen Leistungen der Gesellschaft keine verbotene Einlagenrückgewähr im Sinne des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG dar, wenn diese durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt seien. Da der Nachteilsausgleich des § 311 Abs. 1 AktG gegenüber der Regelung des § 57 AktG eine Privilegierung darstelle, können an die Nachteiligkeit eines Rechtsgeschäfts im Sinne von § 311 Abs. 1 AktG keine strengeren Maßstäbe gesetzt werden als an die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Leistungen im Sinne von § 57 AktG. Bei aufsteigenden konzerninternen Darlehen sei eine Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft und somit auch die Nachteiligkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 311 Abs. 1 AktG daher abzulehnen, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig sei.93 cc) Zeitpunkt vor Abschluss des Darlehensvertrags maßgeblich für Vollwertigkeit Die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs müsse vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft geprüft werden. Die Prüfung habe dabei vor dem Abschluss des Darlehensvertrags zu erfolgen. Dabei sei der Maßstab einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung anzulegen, der nach § 253 HGB auch bei der Bewer91 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil. 92 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil. 93 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil.
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tung von Forderungen aus Drittgeschäften im Rahmen der Bilanzierung maßgeblich sei. Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit sei dabei jedoch nicht erforderlich.94 dd) Laufende Kontrollpflicht hinsichtlich der Vollwertigkeit Neben der Prüfung der Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs vor dem Abschluss des Darlehensvertrags habe der Vorstand der abhängigen Gesellschaft darüber hinaus eine laufende Kontrollpflicht aus § 93 Abs. 1 S. 1 AktG. Der Vorstand müsse fortlaufend die Kreditrisiken aus der Darlehensgewährung prüfen und bei einer sich andeutenden Bonitätsverschlechterung des herrschenden Unternehmens den Kredit kündigen oder die Bestellung von Sicherheiten fordern. Die Missachtung der Kontrollpflicht und das Unterlassen einer rechtzeitigen Kreditkündigung könne ebenfalls unter § 311 AktG fallen und Schadensersatzansprüche nach §§ 317, 318 AktG begründen, wenn und soweit sich der durch das Unterlassen eingetretene Nachteil als nicht ausgleichsfähig herausstelle.95 ee) Keine über Vollwertigkeitserfordernis hinausgehenden Erfordernisse Die Nachteiligkeit eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 311 Abs. 1 AktG sei zu verneinen, wenn der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen das herrschende Konzernunternehmen vollwertig sei. Dies werde durch den, im Zuge des MoMiG geänderten, § 57 Abs. 1 S. 3 AktG bestätigt, wonach eine Einlagenrückgewähr nicht vorliege, wenn der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär vollwertig sei. Die Neuregelung stelle jedoch keine gesetzgeberische Neukonzeption dar, sondern sei lediglich eine klarstellende Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise, die bis zum November-Urteil des BGH herrschend war. Der BGH halte an den in der November-Entscheidung aufgestellten Erfordernissen hinsichtlich der verbotenen Einlagenrückgewähr auch für Altfälle, aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F., nicht mehr fest. Da § 311 AktG gegenüber § 57 AktG eine Privilegierung darstelle, könne an die Beurteilung der Nachteiligkeit keine strengeren Maßstäbe gesetzt werden, als für die Beurteilung der verbotenen Einlagenrückgewähr. Im Falle der Vollwertigkeit des Gegenleistungsoder Rückgewähranspruchs sei eine Nachteiligkeit des Rechtsgeschäfts somit stets abzulehnen, ohne dass weitere Anforderungen erfüllt sein müssen.
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BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil. 95 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil.
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3. Auswirkungen auf den GmbH-Konzern Dem MPS-Urteil lag ein faktischer Konzern zugrunde, bei dem die abhängige Gesellschaft eine AG war. Die Begründung des BGH bezieht sich somit ausdrücklich nur auf den faktischen Aktienkonzern.96 Fraglich ist jedoch, ob beziehungsweise in welchem Umfang die Ausführungen des BGH auch auf den faktischen GmbHKonzern übertragen werden können. a) Irrelevanz der Ausführungen zu § 311 AktG für GmbH-Konzernrecht Wie bereits erläutert, finden die aktienrechtlichen Vorschriften über den faktischen Konzern (§§ 311 bis 318 AktG) aufgrund rechtsformspezifischer Unterschiede keine Anwendung auf den faktischen GmbH-Konzern.97 Dies schließt insbesondere das Nachteilsverbot beziehungsweise den Nachteilsausgleich nach § 311 Abs. 1 AktG aus.98 Die Ausführungen des BGH zur Spezialität des § 311 AktG zu den aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften99 spielen im faktischen GmbH-Konzern ebenfalls keine Rolle.100 Mangels Anwendbarkeit des § 311 AktG im GmbH-Konzernrecht stellt sich die Frage nach dessen rechtlichem Verhältnis zu den §§ 30 f. GmbHG nicht. Ebenfalls irrelevant für das GmbH-Recht sind die Aussagen des BGH zur Abhängigkeitsfolge101 und zur grundsätzlichen Nachteiligkeit ungesicherter Upstream Darlehen.102 Diese beziehen sich auf eine tatbestandliche Voraussetzung der Nachteiligkeit beziehungsweise der grundsätzlichen Bejahung der Nachteiligkeit im Sinne von § 311 AktG und knüpfen daher ebenfalls an eine gesetzliche Vorschrift an, die im faktischen GmbH-Konzern keine Anwendung findet. b) Übertragbarkeit der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen Im Rahmen seiner Ausführungen zu der Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft als tatbestandliche Voraussetzung der Nachteiligkeit im Sinne des § 311 AktG geht der BGH auf das Erfordernis der Vollwertigkeit des Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs gegen das herr-
96 Siehe zu den Auswirkungen des MPS-Urteils auf den Aktienkonzern, Klein, ZIP 2017, 258, 259 ff. 97 Siehe § 2 III.3. am Anfang. 98 Siehe § 2 III.3. am Ende. 99 Siehe hierzu bereits § 7 II.2.a). 100 Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 898. 101 Siehe hierzu auch § 7 II.2.b). 102 Siehe § 7 II.2.c)aa).
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schende Konzernunternehmen ein.103 Mangels Anwendbarkeit des § 311 AktG auf den faktischen GmbH-Vertragskonzern hat dies jedoch ebenfalls keine unmittelbare Bedeutung auf das GmbH-Recht. aa) Vergleichbarkeit der neuen gesetzlichen Vorschriften § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. und § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. Innerhalb der Auseinandersetzung mit den Anforderungen an die Vollwertigkeit des Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs zieht der BGH jedoch eine Parallele zum aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsrecht und konkretisiert die Anforderungen an die Vollwertigkeit anhand der neuen Regelung des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG.104 Die Norm ist nicht den aktienrechtlichen Vorschriften über den faktischen Konzern zuzuordnen,105 so dass der Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf das GmbH-Recht keine konzernrechtlichen Bedenken begegnen.106 Für die Fruchtbarmachung der Ausführungen des BGH für den faktischen GmbH-Konzern spricht vielmehr, dass § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. die GmbH-rechtliche Parallelnorm zu § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. darstellt und der Wortlaut beider Vorschriften identisch107 ist. Die den wortgleichen Normen zugrunde liegende vergleichbare Gesetzessystematik und die vergleichbare Interessenlage lassen es vielmehr erforderlich erscheinen, die aus der MPS-Entscheidung folgenden Anforderungen an die Vollwertigkeit des Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs auch im Rahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. heranzuziehen.108 Darüber hinaus greift der BGH in der MPS-Entscheidung bei seinen Erwägungen zum Vollwertigkeitserfordernis des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. auf die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. zurück. Hierzu führt er an, dass die Neuregelung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. keine konstitutive Neuregelung des Gesetzgebers darstelle, sondern lediglich eine klarstellende Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise erfolge, die ebenfalls für die Neuregelung des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. gelte.109 Wenn weder § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. noch § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. eine konzeptionelle Neuregelung enthalten, sondern in beiden Fällen zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückgekehrt wird, lässt das den Schluss zu, dass die bilanzielle Betrachtungsweise auch in beiden Fällen gleich angewendet
103
Siehe § 7 II.2.c)bb). Siehe hierzu ebenfalls § 7 II.2.c)bb). 105 Diese stellen lediglich die §§ 311 bis 318 AktG dar, siehe auch § 2 III.3. 106 Vgl. Klein, ZIP 2017, 258, 260. 107 Die unterschiedliche Anknüpfung an den Gesellschafter (§ 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG) und den Aktionär (§ 57 Abs. 1 S. 3 AktG) ist dabei lediglich der unterschiedlichen gesetzlichen Bezeichnung der Anteilseigner geschuldet. 108 Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 898 f.; vgl. auch Wilhelmi, WM 2009, 1917, 1921. 109 Siehe hierzu § 7 II.2.c)ee). 104
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
153
werden muss. Auch dies spricht für die Übertragbarkeit der Erwägungen des BGH zu § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. auf § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. bb) Umfassende Aufgabe der November-Rechtsprechung für Altfälle Des Weiteren stellt der BGH klar, dass er an seiner, vor dem MoMiG ergangenen November-Rechtsprechung nicht festhalte. Seine Erwägungen zur Vollwertigkeit des Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs im Rahmen des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. gelten somit ausdrücklich auch für Fälle, die zeitlich vor dem Inkrafttreten des MoMiG angesiedelt sind.110 Die Aufgabe der November-Rechtsprechung und der Rückgriff auf die MPSRechtsprechung auch für Altfälle im faktischen GmbH-Konzern erscheinen ebenfalls angebracht. Maßgeblich für die Beurteilung von Altfällen ist die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des MoMiG. Bereits vor der Gesetzesnovelle ähnelten sich der Wortlaut und die Systematik von § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. und § 57 Abs. 1 S. 1 AktG a.F., so dass den Vorschriften ebenfalls Parallelnormcharakter zukam. Die Vergleichbarkeit der „alten“ Gesetzeslage macht es erforderlich, dass sich eine Änderung der Rechtsprechung hinsichtlich des faktischen Aktienkonzerns auch auf den faktischen GmbH-Konzern erstreckt.111 Untermauert wird dieses Ergebnis auch durch Ausführungen des BGH im MPSUrteil selbst. So verweist der BGH hinsichtlich der bis zum Inkrafttreten des MoMiG geltenden Rechtslage auf das November-Urteil.112 Dem November-Urteil lag seinerseits ein Sachverhalt mit einem faktischen GmbH-Konzern zugrunde.113 Hieraus wird deutlich, dass der BGH in seiner Rechtsprechung bis zum Inkrafttreten des MoMiG ebenfalls von einer gleichen rechtlichen Beurteilung von faktischem Aktien- und GmbH-Konzern ausgegangen ist. Es ist daher anzunehmen, dass die Aufgabe der November-Rechtsprechung im Rahmen der Behandlung von Altfällen auch für das GmbH-Recht gilt. 4. Zusammenfassung Mit dem MPS-Urteil hat der BGH auf das MoMiG reagiert und die gesetzlich angeordnete Abkehr von der November-Rechtsprechung samt Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise auch für Altfälle anerkannt.
110
Siehe hierzu auch § 7 II.2.c)ee). Im Ergebnis ebenso Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 898 f., die zur Begründung jedoch auf die Vergleichbarkeit der durch das MoMiG neu geregelten Gesetzesfassungen verweisen. 112 Siehe auch § 7 II.2.c)ee). 113 Siehe § 6 I.3.a). 111
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Auch wenn das MPS-Urteil zu § 311 AktG ergangen ist, hat der BGH in der Begründung zur Nachteiligkeit des Rechtsgeschäfts auf § 57 AktG zurückgegriffen. Aufgrund dieser Ausführungen zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Einlagenrückgewähr hat das MPS-Urteil auch Relevanz für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von aufsteigenden konzerninternen Darlehen im faktischen Aktienkonzern. Eine Einlagenrückgewähr scheide nach dem BGH bei Vollwertigkeit des Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs aus. Die Vollwertigkeit habe das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft vor dem Abschluss des Darlehensvertrags am Maßstab einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zu prüfen. Darüber hinaus habe es die Vollwertigkeit des Anspruchs auch während der Vertragslaufzeit zu prüfen und im Falle der Bonitätsverschlechterung das Darlehen zu kündigen. Seine November-Rechtsprechung gibt der BGH ausdrücklich auf, so dass die zuvor genannten Anforderungen an das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft auch für Upstream Darlehen gelten, die vor dem Inkrafttreten des MoMiG erfolgten. Die in der MPS-Entscheidung genannten Anforderungen der Vollwertigkeit eines Darlehens zur Vermeidung einer Einlagenrückgewähr lassen sich auch auf den faktischen GmbH-Konzern übertragen. Hierfür spricht im Rahmen von postMoMiG-Fällen, dass § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. die GmbH-rechtliche Parallelnorm zu § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. darstellt, sich der Wortlaut beider Normen deckt und der BGH bei seinen Erwägungen zum Vollwertigkeitserfordernis des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. auf das GmbH-Recht zurückgreift, indem er die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. heranzieht. Bei Altfällen spricht für eine Übertragbarkeit der MPS-Rechtsprechung auf den faktischen GmbHKonzern die Aufgabe der November-Rechtsprechung, da die in Rede stehenden Normen § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. und § 57 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. bereits vor der Gesetzesnovelle Parallelnormen waren und somit ebenfalls eine gleiche rechtliche Behandlung gerechtfertigt erscheint. Für die gleiche rechtliche Behandlung aktienrechtlicher und GmbH-rechtlicher Einlagenrückgewähr spricht weiter, dass der BGH für die bis zum Inkrafttreten des MoMiG geltenden Rechtslage für den faktischen Aktienkonzern auf das November-Urteil verweist, dem ein Sachverhalt mit einem faktischen GmbH-Konzern zugrunde lag.
III. Voraussetzungen der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. (und dem MPS-Urteil) In der folgenden Untersuchung wird die im Zuge des MoMiG novellierte Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG (und die vom BGH in der MPS-Entscheidung aufgestellten Maßgaben) zur Einlagenrückgewähr im Hinblick auf aufsteigende konzerninterne Darlehen untersucht und einer kritischen Beurteilung unterworfen.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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Auf den Ergebnissen aufbauend werden die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im abhängigen Konzernunternehmen analysiert. Sodann sollen die Haftungsrisiken des Geschäftsführers mit denen vor dem MoMiG verglichen werden und hierdurch der Einfluss des MoMiG auf die Haftung des Geschäftsführers im Rahmen konzerninterner Darlehen aufgezeigt und bewertet werden. Nach § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG unterfallen Leistungen nicht dem Gebot der Stammkapitalerhaltung des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG, wenn diese bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags nach § 291 AktG erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. In § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG hat der Gesetzgeber eine kapitalerhaltungsrechtliche Sonderregelung für Upstream Darlehen geschaffen.114 Der Leistungsbegriff des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG umfasst daher insbesondere auch konzerninterne aufsteigende Darlehen.115 Weiter enthält die Regelung zwei Privilegierungen, bei denen die Darlehensgewährung nicht unter das Gebot der Stammkapitalerhaltung des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG fällt. Welche Privilegierung bei einem GmbH-Konzern im Einzelfall in Betracht kommt, richtet sich dabei grundsätzlich nach dem Konzernierungsgrad. Die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG gilt für den Vertragskonzern und erfordert daher den Abschluss eines wirksamen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags im Sinne des § 291 AktG.116 Für den faktischen GmbH-Konzern gilt die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG hingegen nicht,117 stattdessen erfordert die kapitalerhaltungsrechtliche Begünstigung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, dass die Leistungsgewähr durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt ist.
1. Faktischer Konzern Im faktischen Konzern stellt ein Upstream Darlehen nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG keine Einlagenrückgewähr dar, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig ist. Das Gesetz schweigt jedoch zu den genauen Anforderungen, die an die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs gestellt werden müssen, um eine dem Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zuwiderlaufende Leistung zu vermeiden.118 In seinem MPS-Urteil geht der BGH zwar auf die rechtlichen Anforderungen an die Vollwertigkeit ein. So lassen sich dem Urteil insbesondere 114
Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41; siehe auch Altmeppen, in: Roth/ Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 77. 115 Siehe etwa Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 79. 116 Fleischer, in: Henssler/Strohn GesR, § 30 GmbHG, Rn. 8; vgl. auch Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 72; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 212. 117 Fleischer, in: Henssler/Strohn GesR, § 30 GmbHG, Rn. 8. 118 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 111.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Ausführungen zum Prüfungsmaßstab, zum maßgeblichen Zeitpunkt und zu Kontrollpflichten entnehmen. Diese haben jedoch nicht zu einer endgültigen Klärung beigetragen, so dass diesbezüglich weiterer Klärungsbedarf besteht. Unklar bleibt darüber hinaus auch, ob der Rückzahlungsanspruch in vollem Umfang vollwertig sein muss und ob beziehungsweise wie die Darlehensforderungen verzinst und besichert werden müssen. Darüber hinaus ist weiter unklar, wie sich Wertverluste nach der Darlehensvalutierung auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit auswirken. Im Folgenden soll daher auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs umfassend eingegangen werden. a) Das Deckungsgebot Nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG müssen sich die Leistung und der vollwertige Gegenleistungsanspruch decken. Ausweislich der Gesetzesbegründung erfordert dies, dass sich bei einem Austauschvertrag zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter gleichwertige Leistungen gegenüberstehen.119 Hierbei erscheint es notwendig, dass sich die Leistungen nicht nur mit ihren Buchwerten entsprechen, der Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter mithin nicht nur im bilanzrechtlichen Sinne vollwertig ist. Es ist daher erforderlich, dass die Leistung der Gesellschaft nach Marktwerten und nicht (nur) nach Abschreibungswerten bewertet wird.120 Für den Fall, dass der Verkehrswert den Buchwert übersteigt, ist für die Bewertung des Vermögensabflusses bei der Gesellschaft dann der Verkehrswert und nicht der Buchwert maßgeblich.121 Dem Deckungsgebot wird daher entsprochen, wenn der Rückgewähranspruch nicht nur dem Buchwert, sondern auch dem gegebenenfalls höheren Verkehrswert des von der Gesellschaft geleisteten Gegenstands wertmäßig entspricht.122 Der angeordnete Vorzug des höheren Verkehrswertes gegenüber dem Buchwert hat jedoch zur Folge, dass bei der Prüfung der erforderlichen Leistungsdeckung im Falle einer Differenz von Verkehrs- und Buchwert nicht auf den nach bilanziellen Grundsätzen maßgeblichen Buchwert abzustellen ist, sondern der Verkehrswert als Bewertungsmaßstab heranzuziehen ist, obwohl dieser für die handelsbilanzrechtliche Folgebewertung (zumindest grundsätzlich) unzulässig ist.123 Mit dem Deckungsgebot hat der Gesetzgeber somit eine Ausnahme von der bilanziellen Betrachtungsweise geschaffen.124 In diesem Fall kann selbst bei Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs streng genommen nicht von einem Aktivtausch
119
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. 121 Vgl. Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 81; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 187. 122 Winter, DStR 2007, 1484, 1486. 123 Vgl. Merkt, in: Baumbach/Hopt HGB, § 253 HGB, Rn. 26. 124 Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 152; vgl. auch Winter, DStR 2007, 1484, 1486; Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1004. 120
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gesprochen werden,125 da die Berücksichtigung des über dem Buchwert liegenden Verkehrswerts aufseiten der Gesellschaft zu einem Ertrag führt und daher keinen erfolgsneutralen Tausch von Aktivposten in der Bilanz darstellt.126 Im Hinblick auf Darlehenszinsen ist bereits die Anwendbarkeit des Deckungsgebots umstritten. Konkret geht es hierbei um die Frage, ob die Verzinsung mit in den Anwendungsbereich der Deckungsprüfung von Darlehen einzubeziehen ist127 oder nicht128. Innerhalb derer, welche die Deckungsprüfung auch auf Darlehenszinsen ausweiten, ist weiter umstritten, welcher Prüfungsmaßstab für das Deckungsgebot gilt. aa) Nichtanwendbarkeit des Deckungsgebots auf Darlehenszinsen Nach einer Ansicht sei das Deckungsgebot nicht auf Darlehenszinsen anwendbar.129 Darlehensverträge stellen keine Austauschverträge im Sinne des Deckungsgebots dar.130 Bei Darlehensverträgen sei die Gegenleistung, also die Zinszahlung, lediglich eine Kapitalnutzungsvergütung.131 Diese stelle jedoch nicht die Leistung dar, welche die Darlehensvalutierung decken solle. Diese sei bei Darlehen vielmehr in der Darlehensrückgewähr zu sehen.132 Der Anwendungsbereich des Deckungsgebots sei daher bei aufsteigenden Darlehen lediglich für den Darlehensrückgewähranspruch (Rückgewähranspruch) eröffnet. Auf den Zinszahlungsanspruch (Gegenleistungsanspruch) finde das Deckungsgebot hingegen keine Anwendung, da diese nicht die Hauptleistung decken solle, so dass die Verzinsung des Darlehens für die kapitalerhaltungsrechtlich erforderliche Angemessenheit des Rückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG keine Rolle spiele.133
125
So jedoch Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Winter, DStR 2007, 1484, 1486. 127 So im Grundsatz jedoch mit unterschiedlichen Abstufungen der Anwendbarkeit, Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801, 804; Wilhelmi, WM 2009, 1917, 1919; Thümmel/Burkhard, AG 2009, 885, 889. 128 So etwa Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1004; Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 152; Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 732. 129 Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1004; Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 152; Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 732, nach denen das Erfordernis einer Verzinsung vielmehr eine Frage der Vollwertigkeit sei. Hierauf ist bei der Frage der Verzinsungspflicht im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung (§ 7 III.1.b)ee)(1) f.) zurückzukommen. 130 Vgl. Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 152. 131 Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 732. 132 Vgl. Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 732; Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1004. 133 Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 732; vgl. auch Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1004. 126
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
bb) Anwendbarkeit des Deckungsgebots auf Darlehenszinsen (1) Einschränkung der Nichtanwendbarkeit durch bilanzielle Betrachtungsweise Nach Drygala/Kremer134 stelle die Angemessenheit der Gegenleistung des Gesellschafters kein kapitalerhaltungsrechtliches Rechtmäßigkeitserfordernis dar. Das einzig maßgebliche Rechtmäßigkeitskriterium stelle vielmehr die Werthaltigkeit der Hauptforderung dar, da der Gesetzgeber Forderungen nach einem Konditionenvergleich bewusst nicht nachgekommen sei.135 Anders ausgedrückt sei die Verzinsung des Darlehensrückgewähranspruchs somit für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG irrelevant. Für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Darlehen sei vielmehr ausschließlich die Werthaltigkeit der Darlehensrückgewährforderung maßgeblich. Auf die Darlehensrückgewährforderung beschränke sich somit auch das Deckungsgebot. Eine Einschränkung der kapitalerhaltungsrechtlichen Rechtmäßigkeit der Vergabe von unverzinslichen Darlehen folge jedoch, wie auch bei der Vollwertigkeit, aus der bilanziellen Betrachtungsweise.136 Nach bilanziellen Grundsätzen sei bei einem unverzinslichen Darlehen mit einer Laufzeit, welche ein Jahr übersteigt, eine Abzinsung bei der Darlehensrückgewährforderung vorzunehmen, so dass sich die Rückgewährforderung nicht mit der Leistung der Gesellschaft decke. Die Pflicht zur Abzinsung bei langfristigen unbesicherten Darlehen schließe zugleich auch die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs aus. Im Rahmen des Deckungsgebots sei es aufgrund der Geldentwertung bei Darlehen daher erforderlich, dass diese marktüblich verzinst werden.137 (2) Umfängliche Anwendbarkeit der bilanziellen Betrachtungsweise Nach anderer Ansicht richte sich nicht nur die Vollwertigkeit, sondern auch die Deckung im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, nach der bilanziellen Betrachtungsweise.138 Unter Berücksichtigung der Abzinsungspflicht decken sich die Leistungen im Rahmen eines Darlehens mit einer Laufzeit von über einem Jahr daher nur dann, wenn der Darlehensrückgewähranspruch entsprechend verzinst wird. Darlehen mit einer geringeren Laufzeit müssen stattdessen nicht verzinst werden.139
134
Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293. Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293. 136 Vgl. Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293. 137 Vgl. Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293. 138 Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801, 804; Wilhelmi, WM 2009, 1917, 1919; wohl auch Schickerling/Blunk, GmbHR 2009, 1294, 1297, wonach zur Deckung eine inflationsausgleichende Verzinsung erforderlich sei, was auf ein Abstellen auf die bilanzielle Abzinsungspflicht schließen lässt. 139 Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801, 804. 135
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(3) Eingeschränkte Anwendbarkeit der bilanziellen Betrachtungsweise Der Maßgeblichkeit der bilanziellen Betrachtung als Prüfungsmaßstab für das Deckungsgebot stimmen andere im Grundsatz zu, wollen hierbei allerdings bilanzielle Pauschalierungen unberücksichtigt lassen, wenn hierdurch der tatsächliche Verkehrswert der Leistung unterschritten würde.140 Eine entsprechende Pauschalierung stelle die Möglichkeit des Verzichts der Abzinsung bei kurzfristigen Darlehensvergaben dar. Die fehlende Verzinsung führe bei der Gesellschaft allerdings zu einem Nutzungsausfall, so dass eine Deckung abzulehnen sei. Hiernach müssen auch Darlehen mit einer Laufzeit unter einem Jahr verzinst werden, um dem Deckungsgebot des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu entsprechen.141 (4) Angemessenheit als ausschließliches Deckungskriterium Hingegen sprechen sich andere für ein Exklusivitätsverhältnis von Vollwertigkeit und Deckungsgebot aus und lehnen die Heranziehung bilanzieller Grundsätze im Rahmen des Deckungsgebots ab.142 Die Vollwertigkeit richte sich (ausschließlich) nach der Einbringlichkeit, während für die Deckung (ausschließlich) die Angemessenheit der Gegenleistung maßgeblich sei.143 Im Rahmen von Darlehen stelle der Zins die Gegenleistung des Darlehensnehmers für die Kapitalüberlassung dar,144 so dass einzig die Angemessenheit der Verzinsung zu prüfen sei. Die Angemessenheit und somit die Deckung der Gegenleistung sei dabei im Falle fehlender oder unzulänglicher Verzinsung des Rückgewähranspruchs zu verneinen.145 (5) Maßgeblichkeit des Drittvergleichs Mülbert/Leuschner146 lehnen zwar die unmittelbare Anwendung des Deckungsgebots im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG auf den Darlehenszins ab, da sich das Deckungsgebot im Rahmen der Darlehensgewähr auf den Rückgewähranspruch beschränke. Sie entnehmen dem Deckungsgebot jedoch den allgemeinen Rechtsgedanken, dass der Gesetzgeber im Bewusstsein der Grenzen der bilanziellen Betrachtungsweise, im Hinblick auf die Angemessenheit der Gegenleistung, bei Abweichungen der bilanziellen von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, Letztere für maßgeblich erklären wollte. Im Rahmen der Darlehensgewährung sei daher (auch) die Angemessenheit der Gegenleistung kapitalerhaltungsrechtlich erforder140
Vgl. Thümmel/Burkhard, AG 2009, 885, 889. Vgl. Thümmel/Burkhard, AG 2009, 885, 889. 142 Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71; vgl. auch Winter, DStR 2007, 1484, 1486 ff. 143 Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71. 144 Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 AktG, Rn. 140. 145 Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71; im Ergebnis auch Winter, DStR 2007, 1484, 1487, der im Falle eines Darlehens das Deckungsgebot entgegen dem Wortlaut von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG auf den Rückgewähranspruch und den Gegenleistungsanspruch ausweitet. 146 Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 283. 141
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lich. Insoweit sei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG einschränkend auszulegen. Für die Angemessenheitsprüfung sei der Drittvergleich maßgeblich. Hiernach sei erforderlich, dass der Darlehenszins neben den Refinanzierungs- und Opportunitätskosten auch einen Risikoaufschlag aufweise.147 cc) Stellungnahme Eine Verzinsungspflicht von Darlehen an Gesellschafter als kapitalerhaltungsrechtliche Zulassungsvoraussetzung ergibt sich nicht aus dem Deckungsgebot. Die Darlehensverzinsung fällt nicht in den Anwendungsbereich des Deckungsgebots nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Bei Darlehen beschränkt sich die Anwendung des Deckungsgebots auf den Rückgewähranspruch, so dass die erforderliche Leistungsäquivalenz lediglich zwischen der Darlehensvalutierung und dem Darlehensrückzahlungsanspruch vorliegen muss.148 Sofern sich diese Leistungen wertmäßig decken, ist das Deckungsgebot erfüllt. Auf eine etwaige Verzinsung als Gegenleistung für die Darlehensgewähr kommt es für die kapitalerhaltungsrechtliche Deckung des Darlehens hingegen nicht an. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des Deckungsgebots bei Darlehen auf den Rückgewähranspruch als (ausschließlich) relevante Deckungsleistung im Hinblick auf die Darlehensvalutierung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Hiernach muss sich die Leistung mit dem Gegenleistungs- oder dem Rückgewähranspruch decken. Das Gesetz knüpft daher entweder an Rückgewähransprüche aus Darlehen an Gesellschafter oder an Gegenleistungsansprüche gegen Gesellschafter aus Austauschverträgen an.149 Für das Deckungsgebot müssen sich bei Darlehen an Gesellschafter daher die Darlehensauskehr und der Darlehensrückgewähranspruch wertmäßig entsprechen. Die Verzinsung des Darlehens unterfällt hingegen nicht dem Rückgewähranspruch, sondern stellt die Vergütung (Gegenleistung) für die Kapitalüberlassung (Darlehensvalutierung durch den Darlehensgeber) dar.150 Im Rahmen von aufsteigenden konzerninternen Darlehen (Darlehen an Gesellschafter) müssen sich nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG daher die Darlehensvalutierung und der Darlehensrückgewähranspruch wertmäßig decken. Die Verzinsung des Darlehens spielt im Rahmen des Deckungsgebots jedoch keine Rolle.
147
Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 283. So auch Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1004. 149 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 240. 150 Vgl. Berger, in: Münch. Komm. BGB, § 488 BGB, Rn. 55; Steffek, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Komm., § 488 BGB, Rn. 59; Saenger, in: Erman BGB, § 488 BGB, Rn. 11 und 49; so auch Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71, der das Deckungsgebot dennoch auf unverzinste Darlehen anwendet. 148
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Nach Winter151 sei bei Darlehen jedoch nicht zwischen Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch zu differenzieren. Stattdessen seien beide Ansprüche in den Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu ziehen, indem anstelle des „oder“ ein „und“ gelesen werden müsse, so dass sich die Leistung mit dem Gegenleistungs- und dem Rückgewähranspruch decken müsse.152 Allerdings wird diese Ansicht nicht begründet. Hiergegen spricht bereits der klare Wortlaut der Norm, nachdem der Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Deckungsgebots in einem Alternativverhältnis stehen.153 Gegen eine Erweiterung des Anwendungsbereichs entgegen dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG spricht des Weiteren, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung eindeutig zwischen der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von dem im Synallagma zur Hauptforderung stehendem Gegenanspruch und dem Rückgewähranspruch bei einer Auszahlung mit Kreditcharakter unterscheidet.154 Die Differenzierung zwischen Gegenleistungs- und Rückgewähransprüchen im Rahmen eines Alternativverhältnisses erfolgte vom Gesetzgeber somit bewusst und intendiert.155 Es liegt dabei nahe, dass dem Gesetzgeber bewusst war, dass Kredite gewöhnlich nur gegen entsprechende Verzinsung gewährt werden. Beschränkt der Gesetzgeber die Anknüpfung für die Deckung im Rahmen von Darlehen in Angesicht dessen auf den Rückerstattungsanspruch, kann daraus geschlossen werden, dass die Differenzierung zwischen Gegenleistungs- und Rückerstattungsansprüchen erfolgte, um die Deckungsprüfung bei Darlehen auf den Rückgewähranspruch zu beschränken und die Verzinsung bewusst aus dem Anwendungsbereich herauszunehmen. Darüber hinaus würde eine Kumulierung von Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch zu einer Verschärfung der Deckungsvoraussetzungen führen. Dies würde dem Gesetzeszweck der Erleichterung (Privilegierung) von konzerninternen Darlehen156 jedoch widersprechen und sogar zuwider laufen, da für Darlehen im Vergleich zu anderen Auszahlungen schärfere kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen gelten würden. Die zuvor genannten Argumente sprechen auch dagegen, aus dem Deckungsgebot des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG einen allgemeinen Rechtsgedanken abzuleiten, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei Abweichungen von der bilanziellen Betrachtung bei der Gegenleistung maßgeblich sein solle, so dass bei der Darlehensgewährung neben dem Rückgewähranspruch auch die Verzinsung die Angemessenheit im Sinne des Deckungsgebots aufweisen müsse.157 Auch dies führt im 151 152 153 154 155 156 157
Winter, DStR 2007, 1484, 1487. Winter, DStR 2007, 1484, 1487. Vgl. auch Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 732. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Vgl. auch Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 732. Vgl. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.a)bb)(5).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Ergebnis dazu, dass die Verzinsung (Gegenleistung für Kapitalüberlassung) neben dem Darlehensrückgewähranspruch mit in den Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG gezogen wird und das gesetzliche Alternativverhältnis konterkariert. Die eindeutige und bewusste Ausgestaltung des Deckungsgebots nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erfordert eine klare Differenzierung zwischen Gegenleistungs- und Rückgewähransprüchen. Eine Relativierung dieses Alternativverhältnisses durch die Annahme eines allgemeinen Rechtsgedankens, wonach die Deckung im Rahmen von Darlehen auch die Verzinsung umfasse, ist abzulehnen. Im Rahmen von Darlehen ist daher ausschließlich die Deckung der Valutierung durch den Darlehensrückgewähranspruch zu prüfen. Nach anderer Ansicht stelle der Verzicht auf eine Verzinsung hingegen eine eigenständige, von dem Rückgewähranspruch getrennt zu beurteilende, Leistung dar.158 Hiernach müssen sich nicht nur der Rückgewähranspruch und die Darlehensvalutierung decken. Die Verzinsung (beziehungsweise der Verzicht auf Verzinsung) stelle darüber hinaus eine eigenständige Leistung dar. Da die Verzinsung, wie bereits festgestellt, die Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta darstellt,159 müssen sich daher diese Leistungen ebenfalls decken.160 Im Fall eines unverzinsten Darlehens stünde der Leistung des Darlehensgebers somit keine Gegenleistung des Darlehensnehmers gegenüber, so dass eine Deckung abzulehnen sei.161 Dieser Ansicht ist jedoch entgegenzuhalten, dass sie die klare gesetzliche Differenzierung von Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch missachtet. Die Unterscheidung zwischen Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch würde unterlaufen, wenn man bei Darlehen ebenfalls die Deckung der Verzinsung prüfen müsste. Der Gesetzgeber wollte im Rahmen des Deckungsgebots des § 30 Abs. 1 S. 2 158 Vgl. auch Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801, 804, die auf die rechtliche Selbstständigkeit der Zinszahlungsverpflichtung verweisen und entsprechend auch nur die Differenz zwischen dem Nennwert und dem gebotenen Bilanzansatz als kapitalerhaltungsrechtlich verbotene Leistung ansehen. Siehe auch Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71, nachdem es jedoch keinen Unterschied mache, ob man in dem Zinsanspruch einen eigenständigen Leistungsanspruch sehe oder diesen als Teil des Rückerstattungsanspruchs behandele. 159 Siehe bereits § 7 III.1.a)aa) und § 7 III.1.a)cc). 160 Die Hauptleistung des Darlehensgebers kann hierbei aber in Abgrenzung zum Rückgewähranspruch und der Darlehensvalutierung nicht ebenfalls die Auszahlung der Darlehenssumme sein. Stattdessen muss sich die Hauptleistung vielmehr auf Aufwendungen beschränken, die der Darlehensgeber zur Auszahlung der Darlehenssumme aufbringen muss. Zu denken ist hierbei etwa an Zinslasten, die den Darlehensgeber dadurch treffen, dass er die Darlehenssumme seinerseits (teilweise) durch Darlehen aufgebracht hat oder seinen eigenen Liquiditätsbedarf durch Fremdkapital decken muss. Für das Deckungsgebot ist hierbei insbesondere daran zu denken, dass der Darlehensgeber durch die Darlehensauskehr zum einen darauf verzichtet mit dem Kapital selbst Erträge zu erwirtschaften und andererseits aufgrund der zeitlich in die Zukunft verlagerten Rückzahlungsverpflichtung eine Entwertung des Kapitals hinnimmt. 161 Nach dieser Ansicht ist in diesem Fall konsequenterweise jedoch nicht das gesamte Darlehen kapitalerhaltungsrechtswidrig, sondern nur die (fehlende) Verzinsung. Der Anspruch der Gesellschaft nach § 31 GmbHG beschränkt sich in diesem Fall daher auch nur auf Zahlung eines angemessenen Zinssatzes, vgl. Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801, 804.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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Var. 2 GmbHG ausdrücklich zwischen einer im Synallagma stehenden Gegenleistung und dem Rückerstattungsanspruch bei einer Auszahlung mit Kreditcharakter unterscheiden.162 Die gedankliche Abtrennung der Verzinsung von dem Rückerstattungsanspruch würde dazu führen, dass aus einem Rechtsgeschäft plötzlich zwei Leistungsbeziehungen deckungsrechtlich relevant würden. Zum einen stünden sich Rückgewähranspruch und Darlehensvalutierung gegenüber und zum anderen bildeten die Verzinsung und die Kapitalnutzungsmöglichkeit ein Synallagma. Die Einbeziehung beider Leistungsbeziehungen verstößt jedoch gegen den klaren Wortlaut des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, wonach nur Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch die Leistung decken müssen. Insofern sei für weitere Argumente auf die obigen Ausführungen verwiesen. Andere gehen zwar mit der hier vertretenen Ansicht ebenfalls von einem Alternativverhältnis von Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch im Rahmen des Deckungsgebots nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG aus, so dass sich bei Darlehen nur die Darlehensvaluta und der Rückgewähranspruch wertmäßig entsprechen müssen.163 Im Rahmen der Deckungsprüfung beziehen sie jedoch Wertverluste beim Darlehensrückgewähranspruch aufgrund mangelnder Verzinsung in die Prüfung mit ein.164 Hiernach müssen sich zwar Darlehensvaluta und Rückgewähranspruch wertmäßig entsprechen, bei der Deckungsprüfung sei der Nennwert des Rückgewähranspruchs jedoch bei fehlender oder mangelnder Verzinsung entsprechend zu verringern. Dies führe dazu, dass sich Valutierung und Rückgewähranspruch nicht mehr decken.165 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass diese Ansicht nicht klar zwischen den einzelnen Leistungspflichten im Rahmen eines Darlehens unterscheidet, sondern Gegenleistung und Rückgewähr vermischt. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einer Gegenleistung, die in einem Synallagma steht und dem Rückerstattungsanspruch bei einer Auszahlung mit Kreditcharakter.166 Wie bereits festgestellt, erfolgte die Differenzierung zwischen Gegenleistungs- und Rückgewähransprüchen um die Deckungsprüfung bei Darlehen auf den Rückgewähranspruch zu beschränken und die Verzinsung bewusst aus dem Anwendungsbereich herauszunehmen.167 Diese Beschränkung auf den Rückgewähranspruch als (einziges) Deckungskriterium bei Darlehen würde jedoch konterkariert, wenn man im Rahmen der Deckungsprüfung Wertverluste beim Darlehensrückgewähranspruch aufgrund mangelnder Verzinsung mit in die Wertentsprechungsprüfung einbeziehen würde. Darüber hinaus würde diese Ansicht zu einer faktischen Kumulierung von 162
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Schickerling/Blunk, GmbHR 2009, 1294, 1297. 164 Schickerling/Blunk, GmbHR 2009, 1294, 1297; so auch Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71, nachdem es jedoch keinen Unterschied mache, ob man in dem Zinsanspruch einen eigenständigen Leistungsanspruch sehe oder diesen als Teil des Rückerstattungsanspruchs behandele. 165 Vgl. Schickerling/Blunk, GmbHR 2009, 1294, 1297; Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71. 166 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. 167 Siehe § 7 III.1.a)cc). 163
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Gegenleistungs- und Rückgewähransprüchen im Rahmen der Deckungsprüfung bei Darlehen und somit zu einer Verschärfung der Deckungsvoraussetzungen führen. Dies würde dem Gesetzeszweck der Erleichterung (Privilegierung) von konzerninternen Darlehen168 widersprechen und sogar zuwider laufen. dd) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Im Hinblick auf Darlehenszinsen ist die Anwendbarkeit des Deckungsgebots umstritten. Konkret geht es um die Frage, ob die Verzinsung mit in den Anwendungsbereich der Deckungsprüfung von Darlehen einzubeziehen ist oder nicht.169 Es gibt in beiden Lagern gewichtige Stimmen.170 Eine höchstrichterliche Entscheidung ist noch nicht ersichtlich. (1) Umstrittene Rechtslage Der Geschäftsführer sieht sich bezüglich der Anwendbarkeit des Deckungsgebots mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert.171 Auch einzuholender Expertenrat wird lediglich eine Empfehlung abgeben können, so dass dem Geschäftsführer bei seiner Prüfung ein Handlungsspielraum dahingehend zusteht, ob er die Verzinsung am Deckungsgebot misst. Er hat die Chancen und Risiken hinsichtlich der Anwendung des Deckungsgebots und dem Verzicht hierauf sorgfältig gegeneinander abzuwägen. (2) Vor- und Nachteile bei Erforderlichkeit des Deckungsgebots Zunächst sind die Vor- und Nachteile bei unterstellter Erforderlichkeit des Deckungsgebots in den Blick zu nehmen. Ein Vorteil wäre dabei, dass für die Kapitalüberlassung zwingend eine äquivalente Verzinsung erforderlich wäre. Der Gesellschaft wären somit Zinseinanhmen garantiert. Ein Nachteil ist, dass die Zinsdeckung eine zwingende Untergrenze normieren würde, welche die Vertragsparteien nicht unterschreiten könnten. Berücksichtigt man dabei, dass die Vertragsparteien in konzernrechtlichen Strukturen miteinander verbunden sind, erscheint es denkbar, dass eine anderweitige Deckung geschaffen werden soll, die nicht zwingend wirtschaftlich messbar ist. So kann der Gesellschaft im Falle eigenen Liquiditätsbedarfs ihrerseits durch die Mutter die Möglichkeit eingeräumt werden, zinsfreie Darlehen von der Konzernmutter zu erhalten. Der 168
Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Siehe § 7 III.1.a)aa) ff. 170 Vgl. zugunsten der Anwendbarkeit § 7 III.1.a)bb) und gegen die Anwendbarkeit § 7 III.1.a)aa). 171 Siehe zur Ausnahme von der gesetzlichen Pflichtenbindung bei unklarer Rechtslage ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(a). 169
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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genaue Gegenwert dieser Möglichkeit lässt sich schwerlich bestimmen, da man hierfür den zukünftigen konkreten Finanzbedarf prognostizieren müsste.172 Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Erforderlichkeit des Deckungsgebots auf die Darlehensverzinsung zu prüfen. Verweigert der Geschäftsführer zu Unrecht die Darlehensauskehr wegen mangelnder Deckung hinsichtlich der Verzinsung, bleibt die Gesellschaft weiterhin zur Darlehensausreichung verpflichtet. Entsteht der Konzernmutter durch die Auszahlungsverweigerung ein Schaden,173 kann sich die Gesellschaft schadensersatzpflichtig gegenüber der Konzernmutter machen. (3) Vor- und Nachteile bei Verzicht auf das Deckungsgebot Die Vor- und Nachteile der Erforderlichkeit des Deckungsgebots auf die Darlehensverzinsung für die Gesellschaft verlaufen grundsätzlich gegenläufig zu denen, wie sie sich bei der Nichtanwendbarkeit des Deckungsgebots auf die Darlehensverzinsung zeigen. Bei der Nichtanwendbarkeit des Deckungsgebots ist ein Nachteil darin zu sehen, dass der Gesellschaft nicht zwingend eine Verzinsung einzuräumen ist, welche den Wert der Kapitalüberlassung wirtschaftlich (messbar) deckt. Hierdurch läuft die Gesellschaft Gefahr, dass ihr Vermögen geschmälert wird. Ein wesentlicher Vorteil ist jedoch, dass hierbei die konzernspezifische Verbindung zwischen der Gesellschaft und der Konzernmutter berücksichtigt werden kann. Zwar besteht insbesondere dann, wenn die Gegenleistung wirtschaftlich nur sehr schwer bestimmbar ist, die Möglichkeit eines Vermögensabflusses der Gesellschaft, es ist jedoch auch denkbar, dass die Gesellschaft über die erforderliche Deckungshöhe hinaus von der konzernspezifischen „Deckung“ profitiert. Denkbar ist dies etwa im obigen Beispiel der Beanspruchung zinsfreier Darlehen bei eigenem Liquiditätsbedarf. Erhöht sich der Finanzierungsbedarf der Gesellschaft stärker als erwartet, könnte die Gesellschaft in einem größeren Rahmen zinsfreie Darlehen von der Konzernmutter beanspruchen und sich hierdurch kostenlos refinanzieren. Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit der fehlenden Anwendung des Deckungsgebots auf die Darlehensverzinsung zu prüfen. In diesem Fall wäre die Auszahlung kapitalerhaltungsrechtswidrig gewesen. Der Gesellschaft würde in diesem Fall ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG gegen die Konzernmutter zustehen.
172 Vgl. für den Fall des Cash Poolings Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 119 m.w.N. 173 Dies wäre etwa der Fall, wenn sich die Konzernmutter das Darlehen am freien Markt besorgt hätte. In diesem Fall bestünde der Schaden in der aufzuwendenden Verzinsung an das Kreditinstitut.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
(4) Abwägung Anschließend hat der Geschäftsführer die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten zu vergleichen und pflichtgemäß abzuwägen. Hierbei ist er nicht gezwungen, die sicherste Variante zu wählen, sondern kann einen für die Gesellschaft günstigen Standpunkt einnehmen.174 Zugunsten der Erforderlichkeit des Deckungsgebots auf die Darlehensverzinsung spricht, dass sie der Gesellschaft eine Verzinsung garantiert, welche den wirtschaftlichen Wert der Darlehensausreichung deckt und somit ein messbares Schutzniveau der abhängigen Gesellschaft gewährleistet. Zugunsten des Verzichts auf das Deckungserfordernis spricht, dass hierdurch die besondere konzernrechtliche Verbindung zwischen der Gesellschaft und der Konzernmutter berücksichtigt werden kann. Es ermöglicht, dass anstelle einer wirtschaftlich messbaren Deckung auch anderweitige Vorteile, die sich aus der Konzernverbundenheit ergeben und nicht immer exakt bestimmbar sind, als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung eignen. Eine Abwägung der möglichen negativen Folgen bei unterstellter Rechtswidrigkeit der gewählten Handlungsmöglichkeit spricht ebenfalls für den Verzicht auf das Deckungserfordernis. Bei einer rechtswidrigen Auszahlungsverweigerung wegen nicht ausreichender Deckung der Verzinsung können die Gesellschaft Schadensersatzpflichten treffen.175 Die Gesellschaft bleibt in diesem Fall zur Darlehensauskehr verpflichtet, das Gesellschaftsvermögen wird durch die mögliche Schadensersatzpflicht allerdings geschmälert. Bei rechtswidriger Darlehensauskehr wegen Nichtbeachtung des Deckungsgebots steht der Gesellschaft hingegen ein Erstattungsanspruch gegen die Konzernmutter zu.176 Das Gesellschaftsvermögen ist jedoch nicht in dem Maße gefährdet, wie dies bei der möglichen Schadensersatzpflicht der Fall ist. Eine Vermögensgefährdung besteht lediglich darin, dass die Gesellschaft aufgrund des schuldrechtlichen Erstattungsanspruchs das Insolvenzrisiko der Konzernmutter trägt. Zu einer Schmälerung des Gesellschaftsvermögens kommt es somit, wenn die Konzernmutter insolvent wird. Dieses Risiko ist jedoch gering, da das Insolvenzrisiko der Konzernmutter bei der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs zu prüfen ist. Erscheint der Rückgewähranspruch aufgrund einer konkreten Insolvenzgefahr nicht vollwertig, hat der Geschäftsführer die Ausreichung mangels Vollwertigkeit zu verweigern. Dies spricht für die Nichtbeachtung des Deckungsgebots. Zugunsten des Verzichts auf das Deckungserfordernis ist weiter anzuführen, dass der Grad der Unsicherheit bezüglich ihrer möglichen Rechtswidrigkeit geringer ist als der bei der Maßgeblichkeit des Deckungsgebots. Nach einer fundierten juristi-
174 175 176
Siehe zum Abwägungserfordernis § 3 I.2.b)aa)(2)(a) am Ende. Siehe § 7 III.1.a)dd)(b) am Ende. Siehe § 7 III.1.a)dd)(c) am Ende.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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schen Betrachtung sprechen nämlich die besseren Argumente für den Verzicht auf das Deckungserfordernis.177 Insgesamt erscheint es für den Geschäftsführer daher ratsam, die Verzinsung des Darlehens nicht in das Deckungsgebot einzubeziehen. Er hat die Deckungsprüfung vielmehr darauf zu beschränken, ob sich die Kapitalüberlassung und der Darlehensrückgewähranspruch decken. (5) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer Haftungsrechtlich sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage hinsichtlich der Frage, ob das Deckungsgebot auch für die Darlehensverzinsung maßgeblich ist, konfrontiert. Dies begründet für den Geschäftsführer die Gefahr einer Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG, wenn er das Darlehen zinsfrei oder mit einem zu geringen Zinssatz ausreicht und in einem späteren Haftungsprozess die Maßgeblichkeit des Deckungsgebots festgestellt wird. Verweigert er hingegen die Auszahlung mit dem Verweis auf die fehlende Deckung und stellt sich später heraus, dass das Deckungsgebot auf die Verzinsung keine Anwendung findet, war die Verweigerung kapitalerhaltungsrechtlich nicht geboten und somit pflichtwidrig. In diesem Fall läuft der Geschäftsführer Gefahr einer Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Diesem Haftungsrisiko kann der Geschäftsführer jedoch entgehen, wenn er zunächst die Rechtslage sorgfältig prüft und die verbleibenden Handlungsmöglichkeiten gegeneinander abwägt. Eine sorgfältige Abwägung führt dazu, dass der Vorwurf der Pflichtwidrigkeit ausgeschlossen und die Entscheidung des Geschäftsführers als pflichtgemäß behandelt wird.178 Eine sorgfältige Abwägung spricht vorliegend für die Nichtbeachtung des Deckungsgebots auf die Verzinsung des Darlehens. Legt der Geschäftsführer diese Abwägung zugrunde und beschränkt sich bei seiner Deckungsprüfung auf die Äquivalenz der Kapitalüberlassung und dem Darlehensrückgewähranspruch, treffen ihn hinsichtlich des gewählten Umfangs des Deckungsgebots keine Haftungsrisiken. Für den Geschäftsführer bedeutet der begrenzte Anwendungsbereich der Deckungsprüfung eine Erleichterung seines Pflichtenumfangs und eine Verringerung seiner Haftungsrisiken gegenüber der Rechtslage vor dem November-Urteil des BGH. Bei Gelddarlehen beschränken sich die Geschäftsführungspflichten nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 i.V.m. Abs. 1 GmbHG179 auf die Prüfung, ob sich die Leistung und der Rückgewähranspruch wertmäßig entsprechen. Hierfür sind bei Gelddarlehen grundsätzlich die Buchwerte maßgeblich. Der Geschäftsführer muss daher keine 177
Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.a)aa) ff. Siehe zur Situation bei unklarer oder umstrittener Rechtslage ausführlich § 3 I.2.b) aa)(2)(a). 179 Siehe zum Sorgfaltsmaßstab und der Doppelfunktion des § 43 Abs. 1 GmbHG auch § 3 I.2. ff. 178
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
komplizierte Bewertung nach Zeitwerten vornehmen, sondern kann sich darauf beschränken, allein den Buchwert der Auszahlung mit dem Erfüllungswert der Rückforderung zu vergleichen. Solange der Erfüllungswert der Darlehensrückgewährforderung mindestens die Höhe der Auszahlung erreicht, ist dem Deckungsgebot genüge getan und den Geschäftsführer treffen keine Haftungsrisiken. Entscheidend für die Verringerung der Haftungsrisiken der Geschäftsführer ist jedoch, dass die Verzinsung des Darlehens nicht in den Anwendungsbereich des Deckungsgebots fällt. Hierdurch entfällt für den Geschäftsführer die komplizierte und haftungsanfällige Pflicht, einen Zinssatz als Vergleichswert zu bestimmen, der bei einem hypothetischen, vergleichbaren Darlehen mit einem (konzernfremden) Dritten zustande gekommen wäre. Durch den Wegfall entfallen für die Geschäftsführer die Verpflichtungen diese Annahmen und Bewertungen vorzunehmen. Stattdessen fällt die Verzinsung komplett aus dem Anwendungsbereich ihrer Deckungsprüfung heraus, so dass ihnen hieraus keine Haftungsrisiken (mehr) erwachsen. ee) Zusammenfassung Nach dem Deckungsgebot des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG müssen sich die Leistung und der vollwertige Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch wertmäßig entsprechen. Grundsätzlich sind bei der Deckungsprüfung für die Bewertung der Gelddarlehensleistung der Gesellschaft die Buchwerte maßgeblich. Sofern jedoch bei einem Sachdarlehen der Verkehrswert den Buchwert übersteigt, ist für die Bewertung der höhere Zeitwert anzusetzen. Sowohl die Prüfung, ob der Zeitwert den Buchwert übersteigt als auch die Bewertung der Höhe nach obliegen dabei bei dem Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft. Hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Deckungsgebots besteht für die Leistung der abhängigen Gesellschaft ein Alternativverhältnis von Gegenleistungsund Rückgewähranspruch. Der Gesetzgeber unterscheidet ausdrücklich zwischen der Gegenleistung, die in einem Synallagma steht und dem Rückerstattungsanspruch bei einer Auszahlung mit Kreditcharakter. Im Hinblick auf die für das Deckungsgebot relevanten Leistungen im Rahmen konzerninterner Darlehen bedeutet dies, dass die Verzinsung des Darlehens nicht in den Anwendungsbereich des Deckungsgebots fällt. Darlehensverträge stellen keine synallagmatischen Austauschverträge im Sinne des Gegenleistungsanspruchs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG dar, sondern zeichnen sich durch den, für das Deckungserfordernis des Rückgewähranspruchs erforderlichen, Kreditcharakter aus. Die Leistung in Form der Zinszahlung stellt bei Darlehen vielmehr nur eine Kapitalnutzungsvergütung dar, die jedoch nicht die Darlehensvalutierung decken soll. Die Deckung der Kapitalüberlassung erfolgt vielmehr über den Darlehensrückgewähranspruch, so dass aufgrund des Alternativverhältnisses allein dieser für die Deckungsprüfung maßgeblich ist.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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Es ist jedoch umstritten, ob die Verzinsung des Darlehens im Rahmen des Deckungsgebots zu berücksichtigen ist. Der Geschäftsführer hat daher eine Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten vorzunehmen, um den Pflichtwidrigkeitsvorwurf im Sinne des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG von vornherein auszuschließen. Zugunsten der Entbehrlichkeit des Deckungsgebots auf die Darlehenszinsen spricht, dass hierbei die konzernspezifische Verbindung zwischen der Gesellschaft und der Konzernmutter berücksichtigt werden kann. Dies ermöglicht es, von einer zwingenden wirtschaftlichen Deckung der Kapitalüberlassung im Wege der Verzinsung Abstand zu nehmen und anderweitige Ausgleichsmöglichkeiten zu vereinbaren. Des Weiteren spricht für die Nichtanwendung des Deckungsgebots, dass der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit dieser Handlungsmöglichkeit geringere Schäden drohen. Bei rechtswidriger Auszahlung steht der Gesellschaft ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbH zu, so dass sie das Insolvenzrisiko der Konzernmutter trägt. Da dieses jedoch bei der handelsbilanziellen Prüfung der Vollwertigkeit berücksichtigt werden muss, erscheint die Gefahr der Schmälerung des Gesellschaftsvermögens geringer, als bei einer möglichen Schadensersatzpflicht bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Auszahlungsverweigerung unter Berufung auf das Deckungsgebot. Durch die sorgfältige Abwägung entfällt der Vorwurf eines Sorgfaltspflichtenverstoß des Geschäftsführers, auch wenn sich bei einer späteren gerichtlichen Entscheidung die Nichtbeachtung des Deckungsgebots auf Darlehenszinsen als rechtswidrig herausstellt. Der Geschäftsführer hat die Deckungsprüfung somit auf die Äquivalenz der Kapitalüberlassung und dem Darlehensrückgewähranspruch zu beschränken. Die Nichtanwendbarkeit des Deckungsgebots auf Darlehenszinsen verringert den Pflichtenstandard des § 43 Abs. 1 GmbHG und somit das Haftungsrisiko des Geschäftsführers deutlich. Der Geschäftsführer muss nicht mehr einen Zinssatz als Vergleichswert bestimmen, der bei einem hypothetischen, vergleichbaren Darlehen mit einem (konzernfremden) Dritten zustande gekommen wäre, sondern kann sich auf die Vollwertigkeitsprüfung des Darlehenrückgewähranspruchs beschränken. Aus dem Deckungsgebot erwachsen dem Geschäftsführer hinsichtlich der Darlehensverzinsung somit keine Haftungsrisiken. b) Die Vollwertigkeitsprüfung aa) Prüfungsmaßstab Die Prüfung der Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG obliegt dem Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft.180 Nach der Begründung des Regierungsentwurfs gelten für die Prüfung 180 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil; Fronhofer, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 51, Rn. 19; Drygala/Kremer, ZIP 2007,
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
allgemeine Bilanzierungsgrundsätze.181 Nach ganz herrschender Ansicht handelt es sich dabei um die handelsrechtliche Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen nach § 253 HGB.182 Eine Darlehensforderung darf danach nur in voller Höhe in der Bilanz verbucht werden beziehungsweise in voller Höhe in der Bilanz verbleiben, wenn die vollumfängliche Realisierbarkeit gesichert erscheint.183 Dies war bei den Vertretern der bilanziellen Betrachtungsweise bereits vor dem MoMiG beziehungsweise vor der November-Entscheidung des BGH anerkannt.184 Insofern kann dem Gesetzgeber zugestimmt werden, dass durch das MoMiG zum „bilanziellen Denken“185 zurückgekehrt wurde. Die Realisierbarkeit der Darlehensforderung setzt zunächst die Durchsetzbarkeit der Forderung voraus.186 In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob die durchsetzbare Forderung vollwertig ist. Umstritten ist jedoch, welcher Beurteilungsmaßstab an die Prüfung der Rückgewährforderung zu stellen ist. (1) Meinungsstand Nach dem BGH187 und einem Teil der Literatur188 habe die Prüfung der Realisierbarkeit der Rückgewährforderung durch den Geschäftsführer am Maßstab einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zu erfolgen. Dabei sei es jedoch nicht erforderlich, dass die Realisierbarkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen muss.189 Ausreichend sei vielmehr, dass mit großer Sicherheit von der Rückzahlung des Darlehens bei Fälligkeit ausgegangen werden kann.190 Negativ 1289, 1293; Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003; vgl. auch Altmeppen, in: Roth/ Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 115. 181 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. 182 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 84; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 42; Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003. 183 Vgl. BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPS-Urteil; Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 85; Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003; Winter, DStR 2007, 1484, 1486. 184 Siehe hierzu ausführlich § 6 I.1. 185 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. 186 Unstreitig, siehe zur Durchsetzbarkeit der Forderung als Teil der Vollwertigkeit auch Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. 187 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil. 188 Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 731; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 85; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 42. 189 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil; Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 731; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 85; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 42; Schickerling/Blunk, GmbHR 2009, 1294, 1296; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 105. 190 Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 42.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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abgegrenzt dürfen keine konkreten Zweifel an der Realisierbarkeit der Forderung bestehen.191 Eine andere Ansicht in der Literatur192 lehnt hingegen den Maßstab einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung ab. Bilanzielle Abschreibungen auf Darlehensforderungen gegen die Konzernmutter als Teil des Umlaufvermögens nach § 266 Abs. 2 B. II. 2 und 3 HGB können spätestens mit dem Inkrafttreten des BilMoG nicht mehr auf eine vernünftige kaufmännische Beurteilung gestützt werden.193 Bereits vor dem BilMoG schied eine Heranziehung des Maßstabs der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung über die sogenannte Ermessenabschreibung194 des § 253 Abs. 4 HGB a.F. nach § 279 Abs. 1 S. 1 HGB a.F. aus. Hiernach war § 253 Abs. 4 HGB a.F. auf Kapitalgesellschaften, wie die GmbH, nicht anwendbar.195 Durch das BilMoG wurde die Wahlmöglichkeit zu Gunsten der Ermessensabschreibung insgesamt abgeschafft, so dass die Berufung hierauf zur Begründung des Erfordernisses der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG fehlgehe.196 Seit dem BilMoG könne das Erfordernis der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nicht mehr auf die Abschreibung von Gegenständen des Umlaufvermögens nach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. gestützt werden. Diese Abschreibungsmöglichkeit wollte der Gesetzgeber abschaffen und habe die Regelung bewusst nicht in die Neuregelung der Abschreibung von Gegenständen des Umlaufvermögens des § 253 Abs. 4 HGB übernommen.197 Dennoch bedürfe es zur Feststellung der Vollwertigkeit einer Prognoseentscheidung, so dass dem Geschäftsführer hierbei ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sei.198 Auch hierbei erschüttern geringste Zweifel die Feststellung der Vollwertigkeit nicht, so dass konkrete Zweifel an der Realisierbarkeit vorliegen müssen.199 Im Ergebnis stimme der Prüfungsmaßstab des geforderten Beurteilungsspielraums inhaltlich mit dem der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung überein.200 191
Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 85; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 105. Andere verlangen stattdessen, dass nicht der geringste Zweifel an der Einbringlichkeit der Forderung bestehen darf, Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 112; Spliedt, ZIP 2009, 149, 151; Schickerling/Blunk, GmbHR 2009, 1294, 1296. 192 Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 45; Thiessen, in: Bork/ Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 70. 193 Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 70. 194 Siehe etwa Kümpel, BC 2010, 203, 205. 195 Vgl. Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 45; Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 72. 196 Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 72. 197 Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 73. 198 Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 45. 199 Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 45. 200 Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 76.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
(2) Stellungnahme Durch das MoMiG und das MPS-Urteil sollte für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Upstream Darlehen umfassend zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückgekehrt werden.201 Es herrscht dabei absoluter Konsens darüber, dass für die Beurteilung der Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze, konkret die handelsrechtliche Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen nach § 253 HGB, heranzuziehen sind.202 Es ist daher zu klären, welcher Prüfungsmaßstab bei der bilanziellen Bewertung von Forderungen anzusetzen ist. (a) Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen Darlehensforderungen können sowohl Vermögensgegenstände des Anlagevermögens als auch Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens sein. Die Abgrenzung hängt von der Laufzeit des entsprechenden Darlehens ab.203 Darlehen an Konzernunternehmen mit einer Gesamtlaufzeit von mindestens einem Jahr sind als langfristige Forderungen dem Anlagevermögen zuzuordnen.204 Das Gesetz bezeichnet diese Darlehen nach § 266 Abs. 2 A III. 2. HGB als Ausleihungen an verbundene Unternehmen und nach § 266 Abs. 2 A III. 4. HGB als Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. Darlehen mit einer geringeren Gesamtlaufzeit von einem Jahr stellen hingegen kurzfristige Forderungen dar und sind dem Umlaufvermögen zuzuordnen.205 Hierbei spricht das Gesetz nach § 266 Abs. 2 B II. 2. HGB von Forderungen gegen verbundene Unternehmen und nach § 266 Abs. 2 B II. 3. HGB von Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. Auch die handelsrechtliche Zugangs- und Folgebewertung unterscheidet zwischen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens (253 Abs. 3 HGB) und des Umlaufvermögens (§ 253 Abs. 4 HGB). (b) Abschreibung nach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. Die zuerst dargestellte Ansicht zieht die vernünftige kaufmännische Beurteilung als maßgeblichen Prüfungsmaßstab heran. Die Begründung geht dabei jedoch nicht über den pauschalen Verweis auf die Bewertungsgrundsätze des § 253 HGB hinaus.206 Ausdrücklich enthielt der Gesetzeswortlaut von § 253 HGB die vernünftige 201
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41; BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPS-Urteil; siehe hierzu auch näher § 7 I. 202 Siehe hierzu § 7 III.1.b)aa). 203 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 322; Reiner/Haußer, in: Münch. Komm. HGB, § 266, Rn. 41. 204 Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 322. 205 Reiner/Haußer, in: Münch. Komm. HGB, § 266, Rn. 41. 206 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41; BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPS-Urteil; Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 731. Lediglich Fastrich verweist ausdrücklich auf § 253 Abs. 1 und 3 HGB n.F., Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 42.
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kaufmännische Beurteilung als Prüfungsmaßstab für Forderungen,207 jedoch nur in der Fassung vor dem Inkrafttreten des BilMoG208 am 29. 5. 2009. Für den Prüfungsmaßstab von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens war die vernünftige kaufmännische Beurteilung in § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. geregelt. Darüber hinaus war dieser Prüfungsmaßstab auch in § 253 Abs. 4 HGB a.F. angeordnet, der sowohl für Vermögensgegenstände des Umlauf- als auch des Anlagevermögens galt.209 Dies lässt den Schluss zu, dass diese Ansicht an die Bewertungsgrundsätze des § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. und § 253 Abs. 4 HGB a.F. anknüpft.210 Daher sollen im Folgenden die beiden Abschreibungsmöglichkeiten kurz erläutert werden und im Anschluss daran geprüft werden, ob für den Prüfungsmaßstab der Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG auf die Rechtslage vor dem BilMoG zurückgegriffen werden kann. Das Abschreibungswahlrecht nach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. gestattete bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens neben der gesetzlich zwingend vorzunehmenden Abschreibung nach dem Niederstwertprinzip gem. § 253 Abs. 3 S. 1 und 2 HGB a.F. weitere Abschreibungen vorzunehmen.211 Die Abschreibungen durften nach der Regelung vorgenommen werden, soweit diese notwendig waren, um den Wertansatz der entsprechenden Vermögensgegenstände in der nächsten Zukunft nicht aufgrund von Wertschwankungen ändern zu müssen. Der Beurteilungsmaßstab bildete dabei die vernünftige kaufmännische Beurteilung.212 Die Abschreibung wegen zukünftiger Wertschwankungen umfasste bei Forderungen insbesondere Zahlungsausfälle, das allgemeine Kreditrisiko und Währungsverluste.213 Die Wahlmöglichkeit des § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. zur Abschreibung auf den nahen Zukunftswert sollte durch das BilMoG jedoch ausdrücklich abgeschafft werden.214 Hierdurch sollte die Möglichkeit genommen werden, Abschreibungen willkürlich auf erwartete Verluste schon „vorauseilend“ zu bilanzieren. Dies sei mit dem Ziel einer tatsächlichen, am Maßstab des Stichtagsprinzips orientierten, auch den aktuellen Verhältnissen entsprechenden Darstellung der Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage nicht vereinbar.215 Gleichzeitig erhöhe die Abschaffung die Vergleichbarkeit handelsrechtlicher Jahresabschlüsse, so dass hierdurch ebenfalls die 207
Zwar enthält § 253 Abs. 1 S. 2 HGB n.F. den Beurteilungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung, dieser bezieht sich jedoch auf Verbindlichkeiten und Rückstellungen. 208 Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts, BGBl. I, 2009 v. 25. 5. 2009. 209 Vgl. Hoyos/Schramm/M. Ring, in: Beck. Bilanzkomm., 6. Aufl. 2006, § 253 HGB, Rn. 641. 210 Vgl. auch Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 70 ff. 211 Hoyos/Schramm/M. Ring, in: Beck. Bilanzkomm., 6. Aufl. 2006, § 253, Rn. 616. 212 Vgl. Hoyos/Schramm/M. Ring, in: Beck. Bilanzkomm., 6. Aufl. 2006, § 253, Rn. 621. 213 Hoyos/Schramm/M. Ring, in: Beck. Bilanzkomm., 6. Aufl. 2006, § 253, Rn. 618. 214 Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 56 f. 215 Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 56 f.
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Informationsversorgung der Abschlussadressaten erheblich verbessert werde.216 Der Rückgriff auf den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung unter Heranziehung dieser Abschreibungsmöglichkeit ist daher nicht mehr zulässig.217 (c) Abschreibung nach § 253 Abs. 4 HGB a.F. Über die Abschreibungsmöglichkeiten des § 253 Abs. 3 HGB a.F. hinaus, gewährte § 253 Abs. 4 HGB a.F. ein weiteres Abschreibungswahlrecht für Vermögensgegenstände des Anlage- und des Umlaufvermögens.218 Für die Abschreibung war einzig erforderlich, dass ihre Zweckmäßigkeit auf einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung beruhte.219 Im Gegensatz zur Abschreibung nach § 253 Abs. 3 HGB a.F. ist die Abschreibung nach § 253 Abs. 4 HGB a.F. dadurch gekennzeichnet, dass die Gründe der Wertminderung nicht in den einzelnen konkreten Vermögensgegenständen liegen.220 Gegen die Heranziehung von § 253 Abs. 4 HGB a.F. zur Begründung des Beurteilungsmaßstabs der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG sprechen jedoch mehrere Gründe. Bereits vor dem Inkrafttreten des BilMoG war die Abschreibungsmöglichkeit des § 253 Abs. 4 HGB a.F. für Kapitalgesellschaften ausgeschlossen.221 Als ergänzende Vorschrift für Kapitalgesellschaften (AG, KGaA und GmbH) sowie bestimmte Personenhandelsgesellschaften (zweiter Abschnitt des dritten Buchs des HGB) schloss § 279 Abs. 1 S. 1 HGB a.F. die Anwendbarkeit von § 253 Abs. 4 HGB a.F. ausdrücklich aus.222 Darüber hinaus wollte der Gesetzgeber die Abschreibungsmöglichkeit nach § 253 Abs. 4 HGB a.F. durch das BilMoG vollständig abschaffen.223 Die Wahlmöglichkeit sei mit dem angestrebten Zweck der Anhebung des Informationsniveaus des handelsrechtlichen Jahresabschlusses nicht vereinbar, da sie zu einer Darstellung der 216
Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 57. Zündorf, in: Küting/Pfitzer/Weber Das neue deutsche Bilanzrecht, 111; Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 73. 218 Vgl. Hoyos/Schramm/M. Ring, in: Beck. Bilanzkomm., 6. Aufl. 2006, § 253 HGB, Rn. 641. 219 Hoyos/Schramm/M. Ring, in: Beck. Bilanzkomm., 6. Aufl. 2006, § 253 HGB, Rn. 644. 220 Wiedmann, in: Bilanzrecht, § 253 HGB, Rn. 122; Hoyos/Schramm/M. Ring, in: Beck. Bilanzkomm., 6. Aufl. 2006, § 253 HGB, Rn. 643. 221 Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 45; Thiessen, in: Bork/ Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 72. 222 Wiedmann, in: Bilanzrecht, § 253 HGB, Rn. 119; Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 45; vgl. auch Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 72. 223 Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 57. 217
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Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Unternehmen führe, die den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspreche.224 (d) Zusammenfassung Mit der zweiten Ansicht ist die Begründung des Prüfungsmaßstabs der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung unter Heranziehung von § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. und § 253 Abs. 4 HGB a.F. abzulehnen. Die Wahlmöglichkeiten sollten durch das BilMoG ausdrücklich abgeschafft werden. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist zu respektieren, zumal keine Anzeichen dafür erkennbar sind, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung Ausnahmen zulassen wollte, welche die Anknüpfung an die alte Rechtslage im Rahmen anderer Gesetze ermöglichen. Dass der Gesetzgeber insbesondere keine Ausnahme für die Anknüpfung an § 253 HGB im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zulassen wollte, ergibt sich bereits daraus, dass das MoMiG bereits am 29. 10. 2008 in Kraft getreten ist, während das BilMoG erst am 25. 5. 2009 beschlossen wurde. Aufgrund der, mit dem MoMiG angestrebten Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise,225 war der Bezug zu den bilanziellen Grundsätzen des § 253 HGB ausdrücklich manifestiert. Dem Gesetzgeber musste im Rahmen der Neuregelung im Zuge des BilMoG diese Verzahnung daher bewusst gewesen sein. Hätte man für die Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise hinsichtlich der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG den Status Quo der bilanziellen Bewertung im Zeitpunkt des Inkrafttreten des MoMiG beibehalten wollen, hätte dies der Gesetzgeber regeln müssen. Ohne entsprechende Regelung ist davon auszugehen, dass die Neuregelung mit der Abschaffung der Wahlmöglichkeiten nach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. und § 253 Abs. 4 HGB a.F. umfassend war und diese somit auch über das HGB hinaus Geltung erlangt. (e) Beurteilungsmaßstab aufgrund Prognoseelements Die zweitgenannte Ansicht folgert aus der Ablehnung der Anknüpfung an § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. und § 253 Abs. 4 HGB a.F. jedoch, dass der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung insgesamt ausscheide. An die Stelle der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung trete vielmehr ein Beurteilungsmaßstab, der sich aus dem Prognoseelement der Realisierungsmöglichkeit der Forderung im Rahmen der Zugangs- und Folgebewertung nach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB beziehungsweise § 253 Abs. 4 S. 1 und 2 HGB ergebe.226 Die Begründung des Beurteilungsmaßstabs lässt jedoch eine Anknüpfung an bilanzielle Grundsätze vermissen und erscheint inhaltlich konturenlos. Dass für eine 224
Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 57. Siehe § 7 I. 226 Vgl. Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 47; Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 75 f.; Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43, Rn. 41. 225
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Prognoseentscheidung Annahmen getroffen werden müssen, ist charakteristisches Wesensmerkmal von in die Zukunft gerichteten Bewertungen. Dass dem Entscheidungsträger dabei ein gewisser Beurteilungsspielraum zustehen muss, erscheint selbstverständlich. Insoweit ist nicht zu erkennen, dass die Begründung des Beurteilungsmaßstabs einen Bezug zur bilanziellen Zugangs- und Folgebewertung nach § 253 HGB aufweist. Diese Ansicht führt letztlich auch dazu, dass der Beurteilungsmaßstab inhaltlich konturenlos bleibt. Eine konkretisierende Anknüpfung an andere gesetzliche Beurteilungsmaßstäbe unterbleibt. Stattdessen sei für die Prognoseentscheidung nach Kuntz227 ohne weitere Begründung entscheidend, ob konkrete Zweifel an der Realisierbarkeit vorliegen, so dass der Prüfungsmaßstab des geforderten Beurteilungsspielraums inhaltlich mit dem der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung übereinstimme. So räumt auch Thiessen228 ein, dass der Geschäftsführer de facto eine Prognose nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung vorzunehmen habe. Die Begründung mit dem pauschalen Verweis auf das Prognoseelement bei der Beurteilung der Realisierbarkeit der Darlehensrückgewährforderung lässt einen konkreten Bezug zur handelsrechtlichen Zugangs- und Folgebewertung nach § 253 HGB vermissen und findet in der Folge keinen gesetzlichen Anknüpfungspunkt um den Prüfungsmaßstab inhaltlich zu konkretisieren. Letztlich bedarf es eines inhaltlichen Rückgriffs auf den Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung um die Konturenlosigkeit zu kaschieren. Zur Begründung des Prüfungsmaßstabs kann daher nicht auf den Beurteilungsspielraum zurückgegriffen werden, der sich aus dem Prognoseelement der Prüfung der zukünftigen Realisierbarkeit der Forderung ergibt. Die zweite Ansicht ist abzulehnen. (f) Abschreibung nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. Es stellt sich daher die Frage, ob der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung bei der Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen auch bei der Rechtslage nach dem BilMoG maßgeblich ist. Wie bereits gezeigt, stellen Forderungen aus Upstream Darlehen abhängig von ihrer Gesamtlaufzeit Vermögensgegenstände des Anlage- beziehungsweise des Umlaufvermögens dar.229 Die maßgebliche Regelung für Abschreibungen von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens findet sich nach dem BilMoG in § 253 Abs. 4 HGB n.F. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber das Niederstwertprinzip bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens festgeschrieben.230 Hierbei ist der aktuell in der Bilanz aufgeführte Wert des einzelnen Vermögensgegenstands mit dessen 227
Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 45. Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 76. 229 Siehe zur Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen § 7 III.1.b)aa)(2)(a). 230 Kleindiek, in: Großkomm. HGB, § 253 HGB, Rn. 113; vgl. auch Schubert/Roscher, in: Beck. Bilanzkomm., § 253 HGB, Rn. 506 f.; siehe zur entsprechenden Regelung vor dem BilMoG auch Wiedmann, in: Bilanzrecht, § 253 HGB, Rn. 91. 228
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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Wert am Abschlussstichtag zu vergleichen. Der aktuell bilanzierte Wert stellt entweder die Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten oder den Buchwert des vorangegangenen Jahresabschlusses bei vorausgegangenen Abschreibungen dar.231 Der hiermit zu vergleichende Wert des einzelnen Vermögensgegenstands ergibt sich aus § 253 Abs. 4 HGB. Hierbei gelten zwei unterschiedliche Wertmaßstäbe.232 Ist für den Vermögensgegenstand ein Börsen- oder Marktpreis ermittelbar, ist nach § 253 Abs. 4 S. 1 HGB dessen Wert am Abschlussstichtag anzusetzen. Ist ein Börsen- oder Marktpreis hingegen nicht feststellbar, ist nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB der Wert des Vermögensgegenstands am Abschlussstichtag für den Vergleich heranzuziehen. Unterschreitet der Börsen- oder Marktpreis (§ 253 Abs. 4 S. 1 HGB) beziehungsweise der Wert des Vermögensgegenstandes (§ 253 Abs. 4 S. 2 HGB) am Abschlussstichtag die Anschaffungs- oder Herstellungskosten beziehungsweise den in der Bilanz ausgewiesenen Wert des Vermögensgegenstandes, ist eine Abschreibung in Höhe der Differenz vorzunehmen.233 Forderungen sind mangels Börsen- oder Marktpreises nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB abzuschreiben.234 Somit ist für eine Rückgewährforderung aus Upstream Darlehen der Wert der Forderung am Abschlussstichtag zu ermitteln.235 Eine Abschreibung hat dabei zu erfolgen, wenn der ermittelte Wert der Forderung am Abschlussstichtag unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten beziehungsweise dem in der Bilanz ausgewiesenen Wert des Vermögensgegenstandes liegt. Den Wert der Forderung am Abschlussstichtag senkende Faktoren sind dabei „Zweifel am Zahlungseingang“236 und „Bonitätsprobleme des Schuldners“237. Wenn die Fälligkeit der Forderung dabei jedoch zeitlich nach dem Abschlussstichtag liegt, ist bei der Bewertung der Forderung eine Prognose auf diesen Zeitpunkt zu treffen.238 Wie bereits festgestellt, ist ein pauschaler Verweis auf einen gewissen Beurteilungsspielraum nicht zielführend.239 Es stellt sich daher die Frage, ob der Prüfungsmaßstab bei dieser Prognoseentscheidung die vernünftige kaufmännische Beurteilung ist. 231 Kleindiek, in: Großkomm. HGB, § 253 HGB, Rn. 114; Schubert/Roscher, in: Beck. Bilanzkomm., § 253 HGB, Rn. 507. 232 Schubert/Roscher, in: Beck. Bilanzkomm., § 253 HGB, Rn. 510. 233 Vgl. Schubert/Roscher, in: Beck. Bilanzkomm., § 253 HGB, Rn. 507; Kleindiek, in: Großkomm. HGB, § 253 HGB, Rn. 114 und 116. 234 Ballwieser, in: Münch. Komm. HGB, § 253, Rn. 60; Schubert/Roscher, in: Beck. Bilanzkomm., § 253 HGB, Rn. 558; Wiedmann, in: Bilanzrecht, § 253 HGB, Rn. 104. 235 Schubert/Roscher, in: Beck. Bilanzkomm., § 253 HGB, Rn. 558 f. 236 Kleindiek, in: Großkomm. HGB, § 253 HGB, Rn. 114 und 121. 237 Wiedmann, in: Bilanzrecht, § 253 HGB, Rn. 104. 238 So auch Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 76; ebenso zur Rechtslage vor dem BilMoG, Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 122. Vgl. auch Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 242; Fleischer, NJW 2009, 2337, 2341, die den Beteiligten einen Beurteilungsspielraum einräumen. 239 Siehe § 7 III.1.b)aa)(2)(e).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Eine (ausdrückliche) gesetzliche Anordnung der Erforderlichkeit einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung enthält § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. nicht. Auch die Vorgängernorm § 253 Abs. 3 S. 2 HGB a.F. normierte keinen entsprechenden Prüfungsmaßstab. Lediglich § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. ordnete die vernünftige kaufmännische Beurteilung für Abschreibungen an, die darauf gerichtet sind, den Wertansatz der entsprechenden Vermögensgegenstände in der nächsten Zukunft nicht aufgrund von Wertschwankungen ändern zu müssen. Wie bereits festgestellt, wollte der Gesetzgeber jedoch die Möglichkeit der Abschreibung auf den nahen Zukunftswert durch das BilMoG abschaffen, so dass zur Begründung des Prüfungsmaßstabs der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nicht auf § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. zurückgegriffen werden kann.240 Gleiches gilt für die Abschreibungsmöglichkeit nach § 253 Abs. 4 HGB.241 Die Regelungen, die vor dem BilMoG eine Abschreibung von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens auf der Basis einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zuließen, wollte der Gesetzgeber mit dem BilMoG ausdrücklich abschaffen. Für die Frage des Prüfungsmaßstabs bei der Abschreibung nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. erscheint jedoch klärungsbedürftig, ob der Gesetzgeber durch das BilMoG den Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung insgesamt für die Abschreibung von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens und somit auch für § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. abschaffen wollte, oder ob sich die Abschaffung auf die Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. und § 253 Abs. 4 HGB a.F. beschränkt und der Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung für die Prognoseentscheidung herangezogen werden kann. § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. und dessen Vorgängernorm § 253 Abs. 3 S. 2 HGB a.F. sind wortgleich. Das lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber die gesetzlich angeordnete Abschreibung von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens und somit auch den Prüfungsmaßstab unangetastet lassen wollte. Darüber hinaus soll ausweislich der Gesetzbegründung die bisher in § 253 Abs. 3 S. 2 HGB a.F. geregelte Rechtslage sachlich unverändert mit § 253 Abs. 4 HGB n.F. fortgeführt werden.242 Gegen die Annahme, dass die Abschaffung des Bewertungsmaßstabs der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung durch das BilMoG auch die Regelung des § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. umfasst, spricht darüber hinaus auch, dass die betreffenden Abschreibungsmöglichkeiten unterschiedlicher Rechtsnatur sind. Denn bei den Abschreibungsmöglichkeiten nach § 253 Abs. 3 S. 2 HGB a.F. beziehungsweise § 253 Abs. 4 HGB a.F. handelt es sich um Abschreibungswahlrechte, während die
240 241 242
Siehe hierzu § 7 III.1.b)aa)(2)(b) am Ende. Siehe hierzu § 7 III.1.b)aa)(2)(c) am Ende. Siehe Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 57.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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Abschreibung nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB n.F. beziehungsweise § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. eine Abschreibungspflicht normiert.243 Es ist daher festzuhalten, dass der Gesetzgeber durch die Streichung von § 253 Abs. 3 S. 2 HGB a.F. und § 253 Abs. 4 HGB a.F. durch das BilMoG den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nicht insgesamt abschaffen wollte, sondern diesen für die verbleibenden Abschreibungsmöglichkeiten nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB n.F. beziehungsweise § 253 Abs. 4 HGB n.F. beibehalten wollte. In einem zweiten Schritt ist sodann zu klären, ob der Prognoseentscheidung im Rahmen der Abschreibung nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zugrunde gelegt werden kann. Hiergegen könnte angeführt werden, dass der Gesetzgeber den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung in den gestrichenen § 253 Abs. 3 S. 2 HGB a.F. beziehungsweise § 253 Abs. 4 HGB a.F. ausdrücklich angeordnet hatte, während eine entsprechende Anordnung in § 253 Abs. 3 S. 5 HGB n.F. beziehungsweise § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. fehlt. Gerade im Rahmen der Rechtslage vor dem BilMoG könnte daraus geschlossen werden, dass der Gesetzgeber den Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung lediglich dann angewendet wissen will, wenn er ihn ausdrücklich anordnet und dass in Fällen der fehlenden Anordnung ein anderer Maßstab gelten müsse. Diese Argumentation geht jedoch fehl, da sie die unterschiedlichen konzeptionellen Anknüpfungspunkte für den Prüfungsmaßstab verkennt. Bei den Abschreibungsmöglichkeiten nach § 253 Abs. 3 S. 2 HGB a.F. und § 253 Abs. 4 HGB a.F. handelte es sich um Wahlrechte. Neben der Frage der Abschreibungshöhe ist bei den Abschreibungswahlrechten darüber hinaus auch die Entscheidung über das Ob der Abschreibung in die Hände des Kaufmanns gelegt. Der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung umfasst somit (primär) das Ob der Abschreibung. Hierfür spricht im Übrigen auch die Gesetzesbegründung des BilMoG, wonach § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. gestrichen wird, um Kaufleuten die Möglichkeit zu nehmen, willkürlich und vorauseilend Abschreibungen vorzunehmen.244 Um völlig willkürlich Abschreibungen vornehmen zu können, muss auch die Entscheidung über das Ob der Abschreibung in der Entscheidungsmacht des Kaufmanns liegen. Für die Entscheidung darüber normierte § 253 Abs. 3 S. 3 HGB a.F. den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung. Wenn der Gesetzgeber hieraus schließt, dass die vernünftige kaufmännische Beurteilung im Ergebnis auf Willkür hinausläuft und die Kaufleute somit völlig frei darin sind, Abschreibungen vorzunehmen, lässt sich daraus schließen, dass der Gesetzgeber durch die Abschaffung der Abschreibungswahlrechte die willkürliche Begründung von 243 Vgl. hinsichtlich der Terminologie von Abschreibungspflicht und -wahlrecht, Zündorf, in: Küting/Pfitzer/Weber Das neue deutsche Bilanzrecht, 111. 244 Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 56 f.
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Abschreibungen zukünftig verhindern wollte. Die willkürliche Begründung von Abschreibungen betrifft jedoch primär das Ob der Abschreibung und erst sekundär die Frage der Höhe der Abschreibung. Des Weiteren sieht sich der Gesetzgeber wegen der Möglichkeit der willkürlichen Begründung von Abschreibungen zum Handeln gezwungen. Auf die Frage der Höhe geht die Gesetzesbegründung hingegen nicht ein. Wenn man mit dem Gesetzgeber annimmt, dass die vernünftige kaufmännische Beurteilung faktisch auf Willkür hinausläuft, dann würde sich für den Gesetzgeber für die Höhe der Abschreibung ein ähnlicher Handlungsbedarf ergeben. Denn in diesem Fall wäre es dem Kaufmann auch möglich, willkürlich hohe Abschreibungen vorzunehmen. Bei den Abschreibungspflichten nach § 253 Abs. 4 HGB n.F. steht dem Kaufmann hingegen keinerlei Entscheidungsgewalt hinsichtlich des Ob der Abschreibung zu. Sobald der Tatbestand von § 253 Abs. 4 S. 1 beziehungsweise S. 2 HGB n.F. erfüllt ist, hat die Abschreibung zu erfolgen. Der Beurteilungsspielraum beschränkt sich bei der Pflichtabschreibung vielmehr nur darauf, in welcher Höhe die Abschreibung zu erfolgen hat. Hingegen steht dem Kaufmann kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Ob der Abschreibung zu. Dass der Gesetzgeber den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nicht im Rahmen der Abschreibungspflichten (hinsichtlich der Abschreibungshöhe) abschaffen wollte, lässt sich auch aus § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB schließen. Denn für die Abschreibungspflicht hinsichtlich Rückstellungen hat der Gesetzgeber den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung beibehalten und die Regelung des § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB a.F. unangetastet gelassen. Ausdrücklich abgeschafft hat der Gesetzgeber den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung somit nur für die Abschreibungswahlrechte. Für die Abschreibungspflicht von Rückstellungen hat der Gesetzgeber hingegen an dem Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung festgehalten. Der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nach § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB ist auch im Rahmen der Prognoseentscheidung bei der Abschreibungspflicht für Forderungen nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. heranzuziehen. Wie bereits dargelegt, wollte der Gesetzgeber den Prüfungsmaßstab für Beurteilungen durch das BilMoG unangetastet lassen. Für die Abschreibung nach § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB ordnet der Gesetzgeber den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung vielmehr weiterhin ausdrücklich an. Es ist kein Grund ersichtlich, dass der Gesetzgeber für die verschiedenen Abschreibungspflichten einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab regeln wollte, so dass der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nach § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB auch auf die Prognoseentscheidung im Rahmen der Abschreibungspflicht von Forderungen nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. Anwendung findet.
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Dass der Gesetzgeber den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nicht ausdrücklich auch in § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F.245 aufgeführt hat, erklärt sich vielmehr aus den unterschiedlichen Wesensmerkmalen der verschiedenen Bilanzposten, an die § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB und § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. anknüpfen. § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB betrifft die Abschreibung von Rückstellungen. Rückstellungen sind in der Bilanz auf der Passivseite für ungewisse, aber wahrscheinliche Verbindlichkeiten zu verbuchen.246 Aufgrund der Ungewissheit und dem Erfordernis einer wahrscheinlichen Inanspruchnahme ist der Rückstellung per Definition ein Prognose- und Beurteilungselement immanent. Insofern liegt es auf der Hand, dass für die Abschreibung von Rückstellungen ein Prüfungsmaßstab geregelt werden muss.247 Diesem Erfordernis ist der Gesetzgeber in § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB nachgekommen.248 § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. regelt hingegen die Abschreibungspflicht von Verbindlichkeiten des Umlaufvermögens. Aus einem Umkehrschluss aus § 247 Abs. 2 HGB ergibt sich, dass das Umlaufvermögen alle Vermögensgegenstände erfasst, die dem Betrieb des Unternehmens nur kurzfristig dienen, also in der Regel zur Be- und Verarbeitung, zum Verbrauch oder zur Veräußerung bestimmt sind.249 Das Umlaufvermögen gliedert sich dabei ausweislich des § 266 Abs. 2 B HGB in Vorräte, Forderungen, sonstige Vermögensgegenstände, Wertpapiere, Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks. Mit Ausnahme von Forderungen zeichnen sich diese Vermögensgegenstände gewöhnlich dadurch aus, dass sich der Wert des Vermögensgegenstandes entweder direkt aus sich selbst heraus ergibt (insbesondere Wertpapiere, Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks) oder bei der Bewertung lediglich eine Bewertung ohne Prognoseelement vorzunehmen ist (insbesondere Vorräte). Einzig für Forderungen erscheint es notwendig eine Prognoseentscheidung zu treffen, wenn die Fälligkeit der Forderung zeitlich nach dem Abschlussstichtag liegt. Insofern unterscheidet sich die Forderung von den restlichen Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens. Das Erfordernis einer Prognoseentscheidung ist daher im Rahmen der Abschreibung auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens von der Grundkonzeption der Vorschrift nicht charakteristisch (und daher wohl gesetzlich auch nicht geregelt), sondern ist vielmehr der Besonderheit der möglichen zukünftigen Fälligkeit von Forderungen geschuldet. Es liegt daher nahe, dass der Gesetzgeber das Erfordernis eines Bewertungsmaßstabs im Rahmen der Abschreibung auf Forderungen übersehen hat und daher den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nicht ausdrücklich auch in § 253 Abs. 4 245 246 247 248 249
Dies gilt ebenso für die Vorgängernorm des § 253 Abs. 3 S. 3 HGB. Hennrichs, in: Münch. Komm. Bilanzrecht, § 249 HGB, Rn. 1. Vgl. Wiedmann, in: Bilanzrecht, § 253 HGB, Rn. 17. Wiedmann, in: Bilanzrecht, § 253 HGB, Rn. 17. Maier, in: Beck. Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Stichwort Umlaufvermögen, Rn. 1.
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S. 2 HGB geregelt hat. Da der Gesetzgeber den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung für die Pflichtabschreibung jedoch nicht abschaffen wollte, ist davon auszugehen, dass dieser Maßstab auch bei der Pflichtabschreibung von Forderungen gelten soll. Hierfür erscheint es sinnvoll § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB für die Abschreibung nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB heranzuziehen, da der Gesetzgeber den Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung hier ausdrücklich geregelt hat.250 (g) Abschreibung nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB n.F. Die maßgebliche Regelung für außerplanmäßige Abschreibungen von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens ist nach dem BilMoG in § 253 Abs. 3 S. 5 HGB n.F. geregelt. Hiernach ist bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung der entsprechenden Vermögensgegenstände eine Abschreibung auf den niedrigeren Wert vorzunehmen, der diesem am Abschlussstichtag beizulegen ist. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber das Niederstwertprinzip auch im Rahmen des Anlagevermögens konkretisiert.251 Wie bei der Abschreibung nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. stellt somit auch hierbei der Wert, der dem Vermögensgegenstand am Abschlussstichtag beizulegen ist, den maßgeblichen Vergleichswert dar, so dass bei einer zeitlich nachgelagerten Fälligkeit der abzuschreibenden Darlehensrückgewährforderung ebenfalls eine Prognose auf diesen Zeitpunkt vorzunehmen ist.252 Eine gesetzliche Regelung des hierfür maßgeblichen Beurteilungsmaßstabs fehlt in § 253 Abs. 3 S. 5 HGB n.F. ebenfalls. Wie bei der Abschreibung nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB n.F. könnte hierfür ebenfalls auf den Beurteilungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung des § 253 Abs. 1 S. 2 HGB zurückgegriffen werden.253 Es wurde bereits dargelegt, dass der Gesetzgeber diesen Beurteilungsmaßstab nicht insgesamt abschaffen wollte, sondern für die Abschreibungspflichten aufrechterhalten wollte.254 Auch die Abschreibung nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB n.F. stellt eine Abschreibungspflicht dar,255 so dass auch hierbei auf den Beurteilungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung im Rahmen der 250 So auch im Ergebnis, jedoch ohne Begründung, Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 42; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 191. 251 Ekkenga, in: Kölner Komm. z. Rechnungslegungsrecht, § 253 HGB, Rn. 115. 252 Vgl. insoweit auch § 7 III.1.b)aa)(2)(f). 253 Ohne Begründung auch Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 42. 254 Vgl. § 7 III.1.b)aa)(2)(f). Auch bei der Abschreibung von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens hat der Gesetzgeber vor dem BilMoG bestehende Abschreibungswahlrechte abgeschafft, Zündorf, in: Küting/Pfitzer/Weber Das neue deutsche Bilanzrecht, 107. Neben der, auch für die Abschreibung beim Umlaufvermögen geltende Abschreibungsmöglichkeit nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung enthielt § 253 Abs. 2 S. 3 HGB a.F. ein Abschreibungswahlrecht bei lediglich vorübergehender Wertminderung von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, vgl. Zündorf, in: Küting/Pfitzer/Weber Das neue deutsche Bilanzrecht, 107. 255 Zündorf, in: Küting/Pfitzer/Weber Das neue deutsche Bilanzrecht, 106.
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Prognoseentscheidung hinsichtlich des beizulegenden Stichtagswertes zurückgegriffen werden kann. (h) Zusammenfassung Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber den Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung durch die Abschaffung der Abschreibungswahlrechte im Zuge des BilMoG nicht insgesamt abschaffen wollte. Für die Prognoseentscheidung hinsichtlich der Höhe der Abschreibung im Rahmen von Pflichtabschreibungen galt und gilt vielmehr weiter der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung. Zur Begründung des Prüfungsmaßstabs der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung ist dabei auf § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB zurückzugreifen. (i) Vernünftige kaufmännische Beurteilung Wie bereits festgestellt, gilt auch nach dem BilMoG der Beurteilungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung für die Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen im Rahmen des § 253 Abs. 1 S. 2 Var. 2 HGB.256 Die Beurteilung hat dabei unter Berücksichtigung sämtlicher vorhandener Informationen über einen möglichen (teilweisen) Forderungsausfall zu erfolgen.257 Die Annahme äußerster Extremsituation steht hingegen im Widerspruch zu einer, am Maßstab der Vernunft orientierten, Beurteilung. Die Möglichkeit des (teilweisen) Forderungsausfalls darf daher weder besonders pessimistisch noch besonders optimistisch erfolgen.258 Die Wahrscheinlichkeit der Realisierbarkeit der Forderung muss vielmehr anhand einer subjektiv unbeeinflussten Risikoneigung beurteilt werden.259 Hiermit ist es nicht vereinbar, bereits bei geringsten Zweifeln an der Realisierbarkeit der Forderung eine Abschreibungspflicht anzunehmen. Dies ließe im Rahmen einer Prognoseentscheidung praktisch keinen Raum für einen vollständigen Ansatz der zu bilanzierenden Forderung und erscheint daher zu pessimistisch. Übertragen auf die Prüfung der Vollwertigkeit im Rahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG bedeutet dies, dass die Realisierbarkeit der Darlehensrückgewährforderung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, also ohne geringsten Zweifel,260 erscheinen muss.261 Ausreichend ist vielmehr ein geringeres 256
Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)aa)(2)(f). Vgl. zur vernünftigen kaufmännischen Beurteilung im Rahmen von § 253 Abs. 1 S. 2 HGB, Schubert/Roscher, in: Beck. Bilanzkomm., § 253 HGB, Rn. 154. 258 Vgl. zur vernünftigen kaufmännischen Beurteilung im Rahmen von § 253 Abs. 1 S. 2 HGB, Schubert/Roscher, in: Beck. Bilanzkomm., § 253 HGB, Rn. 154. 259 Vgl. zur vernünftigen kaufmännischen Beurteilung im Rahmen von § 253 Abs. 1 S. 2 HGB, Schubert/Roscher, in: Beck. Bilanzkomm., § 253 HGB, Rn. 154. 260 So jedoch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 112; Spliedt, ZIP 2009, 149, 151; Schickerling/Blunk, GmbHR 2009, 1294, 1296, die verlangen, dass nicht der geringste Zweifel an der Einbringlichkeit der Forderung bestehen darf. 257
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Wahrscheinlichkeitslevel, so dass bereits die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs bejaht werden kann, wenn mit großer Sicherheit von der Rückzahlung des Darlehens bei Fälligkeit ausgegangen werden kann.262 Für den Geschäftsführer dürfen keine konkreten Zweifel an der Realisierbarkeit der Forderung bestehen.263 Starke Indizwirkung für die Beurteilung der Vollwertigkeit kommt dabei einem Bonitätsrating des herrschenden Unternehmens zu.264 Hierbei wird die Kreditwürdigkeit von Unternehmen insbesondere unter Berücksichtigung des Risikolevels des geschäftlichen Tätigkeitsbereichs und der Analyse der Finanzierungsstruktur der Gesellschaft bewertet. Anhand dieser Bewertung wird dem Unternehmen ein bestimmtes Rating zugeordnet.265 Die Bewertungsskala reicht dabei von AAA bis D.266 Eine gute Bonität weisen hiernach Unternehmen mit einem Rating von AAA, AA, A und BBB auf.267 Dieses sogenannte Investment Grade Rating stellt daher ein starkes Anzeichen für das Fehlen eines konkreten Ausfallrisikos und somit für die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs dar.268 Ein unter diesem Ratinglevel liegendes Speculative Grade Rating stellt umgekehrt ein gewichtiges Indiz für eine konkrete Ausfallwahrscheinlichkeit und damit für die fehlende Vollwertigkeit des Anspruchs dar.269 (3) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Die Vollwertigkeitsprüfung unterliegt der Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 i.V.m. Abs. 1 GmbHG. Hierbei hat dieser die Vollwertigkeit nach der handelsrechtlichen Zugangs- und Folgebewertung von Forde261 Im Ergebnis auch BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPS-Urteil; Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 731; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 85; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 42; Schickerling/Blunk, GmbHR 2009, 1294, 1296; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 105. 262 Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 42. 263 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 85; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 105. 264 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 86; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 123. Siehe für weitere Anzeichen eines konkreten Ausfallrisikos auch Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 AktG, Rn. 142. 265 Vgl. Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 AktG, Rn. 143. 266 Siehe die gesamte Notenskala mit kurzer Erläuterung bei Fey, in: Beck. Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Stichwort Rating, Rn. 5. 267 Fey, in: Beck. Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Stichwort Rating, Rn. 5. 268 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 86; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 123; vgl. auch Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/ Stilz AktG, § 57 AktG, Rn. 143. 269 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 86; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 123; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 AktG, Rn. 148.
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rungen nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB beziehungsweise nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB zu bestimmen. Da sich der Geschäftsführer hierbei auf die Rechtsprechung des BGH stützen kann, muss er die abweichende Ansicht nicht beachten. Da die Gegenansicht im Ergebnis den gleichen Maßstab anwendet, ist der Meinungsstreit darüber hinaus lediglich akademischer Natur. Für die konkrete Rechtsanwendung spielt der Streit keine Rolle, so dass eine umstrittene Rechtslage im Rahmen der Haftung zu verneinen ist. Des Weiteren dürfte der Gegenansicht auch nicht genug Gewicht zukommen, um eine ernsthafte Handlungsalternative darzustellen.270 Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs der Vollwertigkeitsprüfung erfolgt somit ein Gleichlauf mit den handelsbilanziellen Pflichten des Geschäftsführers bei der Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen nach § 253 HGB. Hierfür gilt auch weiterhin der Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung. Dem Geschäftsführer wird folglich ein gewisser Beurteilungsspielraum zugestanden.271 Erfordert die Prüfung der Vollwertigkeit somit die Bestimmung des Grades der Einbringlichkeit, steht dem Geschäftsführer bei der genauen Bezifferung ein Ermessen zu, das sich an der natürlichen Ungenauigkeit von Vorhersagen orientieren muss. Die Entscheidung über die genaue Bezifferung der Vollwertigkeit stellt dabei eine unternehmerische Entscheidung dar, so dass sich der Geschäftsführer hierbei auf den Schutz der Business Judgement Rule berufen kann.272 Die Bewertung erfolgt zum Wohl der Gesellschaft, da die Bewertung an sich, also das Ob, gesetzlich vorgeschrieben ist. Durch die Bewertung wird somit gesetzlichen Pflichten der Gesellschaft nachgekommen. Der Geschäftsführer muss weiter in gutem Glauben die Prüfung sorgfältig auf einer angemessenen Informationsgrundlage nach den geltenden betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden vornehmen. Ob die Bewertung im Einzelfall tatsächlich pflichtgemäß erfolgte und somit im sicheren Hafen der Business Judgement Rule liegt, unterliegt jedoch ihrerseits einer Prüfung und Wertung. Dies bietet Angriffsflächen für Haftungsprozesse. Hinsichtlich der Pflichtgemäßheit seiner Berwertung kann sich der Geschäftsführer hinreichend absichern, indem er sich für die Vollwertigkeitsbestimmung den Rat eines Wirtschaftsprüfers einholt.273 Deckt sich die Einschätzung des Wirtschaftsprüfers mit der eigenen Bewertung, wobei hier eine gewisse Toleranz unschädlich ist, dürfte sich der Geschäftsführer ausreichend abgesichert haben, um den Vorwurf einer Pflichtverletzung entkräften zu können. Der Geschäftsführer könnte auch ein weiteres Gutachten eines zweiten Wirtschaftsprüfers einholen. Die beiden Ergebnisse der Bewertung bilden dann in jedem Fall den Rahmen, in dem die eigene Bestimmung des 270 Vgl. auch Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23c, nach denen eine unklare Rechtslage zu verneinen ist, wenn die konkrete Rechtsanwendung nicht nennenswert umstritten ist. Siehe hierzu auch § 3 I.2.b)aa)(2)(a) und insbesondere 1. Teil, Fn. 258. 271 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)aa) ff. 272 Siehe zur Business Judgement Rule und ihren tatbestandlichen Voraussetzungen auch § 3 I.2.b)dd) ff. 273 Siehe hierzu ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(b).
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Geschäftsführers pflichtgemäß erfolgt. Liegen die zuvor genannten Voraussetzungen vor, greift die Privilegierung, so dass unwiderleglich vermutet wird, dass die Vollwertigkeitsbestimmung pflichtgemäß war. Zwar bietet ein Handlungsspielraum bei unternehmerischen Entscheidungen naturgemäß Angriffsflächen für Haftungsprozesse gegen den Geschäftsführer und begründet daher gewisse Haftungsrisiken für den Geschäftsführer. Da die Business Judgement Rule dem Geschäftsführer bei der Bestimmung der Vollwertigkeit jedoch einen sicheren Hafen bietet, kann sich der Geschäftsführer vor Haftungsrisiken absichern, indem er eine ausreichende Informationsgrundlage schafft und die geltenden Bewertungsmethoden der handelsrechtlichen Zugangs- und Folgebewertung beachtet. Hierbei kann sich der Geschäftsführer insbesondere Rat und Unterstützung von Wirtschaftsprüfern holen. Die Absicherung durch externen Expertenrat ist jedoch zeitintensiv und kostspielig. Ob diese erfolgt, hängt somit auch davon ab, ob die Gesellschafter bereit sind, diese Kosten von der Gesellschaft tragen zu lassen. Erfolgt dies nicht, trägt der Geschäftsführer die Haftungsrisiken. Diese erwachsen daraus, dass die Frage, ob die Bewertung im Einzelfall den geltenden Bewertungsmethoden entspricht und somit im zugestandenen Handlungsspielraum der Business Judgement Rule liegt, ihrerseits einer Prüfung und Bewertung unterliegt, die Angriffsflächen für Haftungsprozesse bietet. Zur Absicherung der Geschäftsführer bieten sich hier Comfort Letters an.274 Hierdurch kann auf die kostenintensive Absicherung durch ein Wirtschaftsprüfungsgutachten verzichtet werden, da diese eine Freistellungszusage zugunsten des Geschäftsführers für den Fall beinhalten, dass der Geschäftsführer wegen der Vollwertigkeitsprüfung persönlich in Anspruch genommen wird. (4) Zusammenfassung Die Bewertung der Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erfolgt nach der handelsrechtlichen Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB beziehungsweise nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB. Hierbei ist der Anschaffungswert beziehungsweise der bereits bilanzierte Wert der Forderung mit ihrem Wert am Bilanzstichtag zu vergleichen. Wertmindernde Faktoren sind dabei insbesondere Bonitätsprobleme des Schuldners. Der Wert der Forderung am Bilanzstichtag ist im Falle eines in der Zukunft liegenden Fälligkeitszeitpunktes anhand einer Prognose auf den Fälligkeitszeitpunkt zu bestimmen. Auch nach dem BilMoG gilt dabei weiterhin der Beurteilungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung. Dieser findet im Rahmen eines Rückgriffs auf § 253 Abs. 1 S. 2 HGB auch bei der Abschreibung nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB und nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB Anwendung. Vollwertig ist der Darlehensrückgewähranspruch dabei dann, wenn keine konkreten Zweifel an der Realisierbarkeit der Forderung bestehen und daher mit großer Sicherheit von der Rückzahlung des Darlehens ausgegangen werden kann. 274
Siehe hierzu § 3 VI.
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Der Pflichtenumfang des Geschäftsführers bei der Vollwertigkeitsprüfung deckt sich somit (weiterhin) mit den handelsbilanziellen Pflichten des Geschäftsführers bei der Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen nach § 253 HGB. Der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung gewährt dem Geschäftsführer einen gewissen Beurteilungsspielraum. Hierbei kann er sich auf die Privilegierung der Business Judgement Rule berufen. Um sicher zu gehen, dass die Bewertung im Einzelfall im sicheren Hafen der Privilegierung liegt, ist es ratsam, durch die Einholung eines oderer mehrer Wirtschaftsprüfungsgutachten sicherzustellen, dass die Bewertung im zugelassenen Handlungsspielraum liegt. Soll hierauf aus Zeit- oder Kostengründen verzichtet werden, ist es ratsam, den Geschäftsführer durch einen Comfort Letter abzusichern. bb) Prüfungszeitpunkt Neben dem Prüfungsmaßstab ist für die Beurteilung der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs der maßgebliche Prüfungszeitpunkt von entscheidender Bedeutung. (1) Meinungsstand Als relevante Zeitpunkte kommen im Rahmen der Darlehensgewähr einerseits der Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags (Verpflichtungsgeschäft) und andererseits der Zeitpunkt der Darlehensvalutierung (Verfügungsgeschäft) in Betracht. Dies ist in der Literatur umstritten. (a) Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts Die Beurteilung der Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs hat nach überwiegender Ansicht in der Literatur275 und der Rechtsprechung des BGH276 im Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehenssumme an das herrschende Konzernunternehmen zu erfolgen. Maßgeblicher Prüfungszeitpunkt sei daher der Vollzug des Erfüllungsgeschäfts; der Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts sei hingegen kapitalerhaltungsrechtlich irrelevant.277 Eine negative Entwicklung der Bonität der kreditnehmenden Konzernmutter nach dem Verpflichtungsgeschäft bis zum Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts müssen vom Geschäftsführer im Rahmen der Voll275
Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 43; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 241; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 88; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 189; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 126; Habersack, FS Schaumburg, 1291, 1302; Mülbert/ Leuschner, NZG 2009, 281, 282; Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 152. 276 Vgl. BGH, Urt. v. 21. 3. 2017 – II ZR 93/17, GmbHR 2017, 643, 644. 277 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 241; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 88; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 189; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 126; Habersack, FS Schaumburg, 1291, 1302; vgl. auch Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 152.
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wertigkeitsprüfung daher berücksichtigt werden. Hingegen sei eine negative Bonitätsentwicklung nach dem Vollzug des Erfüllungsgeschäfts für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensgewähr nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG irrelevant.278 (b) Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts Andere fordern hingegen, unter Bezugnahme auf das MPS-Urteil279 des BGH, dass die Vollwertigkeit bereits bei der Eingehung des Verpflichtungsgeschäfts vorliegen müsse und es nicht auf den Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts ankomme.280 Negativen Bonitätsentwicklungen zwischen dem Verpflichtungs- und dem Erfüllungsgeschäfts komme daher keine Relevanz für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensgewähr nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu.281 Gegen den Prüfungszeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts spreche, dass der Darlehensvertrag (Verpflichtungsgeschäft) ohne Rücksicht auf die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs geschlossen werden könne und hierdurch die Gesellschaft bereits zur Leistung verpflichtet werde. Wenn die Vollwertigkeit erst nach der (wirksamen) Verpflichtung geprüft werden müsse, bestehe die widersinnige Situation, dass die Auszahlung trotz wirksamer Begründung der Leistungsverpflichtung zu verweigern sei.282 (2) Stellungnahme Die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung der Vollwertigkeit der Rückgewährforderung ist von entscheidender Bedeutung. Zwischen dem Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft kann sich die Bonität des Darlehensnehmers dramatisch verschlechtern, so dass abhängig vom maßgeblichen Prüfungszeitpunkt die Vollwertigkeit bejaht oder verneint werden muss. Vor dem Hintergrund, dass eine Auszahlung bei mangelnder Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs eine kapitalerhaltungsrechtlich verbotene Leistung darstellt, ist es auch für den Geschäftsführer von elementarer Bedeutung, seine Vollwertigkeitsprüfung zum richtigen Zeitpunkt durchzuführen um einer Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG zu entgehen. Nach Rothley/Weinberger283 sei die Eingehung des Verpflichtungsgeschäfts der maßgebliche Zeitpunkt für die Vollwertigkeitsprüfung. Hierfür berufen sie sich
278 Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 43; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 282. 279 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSUrteil. 280 Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003. 281 Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003. 282 Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003. 283 Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003.
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insbesondere auf das MPS-Urteil284 des BGH. Hierin führt dieser aus, dass die Vollwertigkeit einer Darlehensforderung für die Frage der Nachteiligkeit eines veranlassten Rechtsgeschäfts nach § 311 AktG, vom Vorstand vor dem Abschluss des Darlehensvertrags zu prüfen sei.285 Die Positionierung des BGH zu Gunsten des Verpflichtungsgeschäfts als maßgeblichen Zeitpunkt für die Vollwertigkeitsprüfung bei Darlehensforderungen scheint auf den ersten Blick eindeutig. Jedoch ist hierzu zunächst festzuhalten, dass dem BGH ein Sachverhalt zugrunde lag, bei dem es nicht um einen Fall der kapitalerhaltungsrechtlichen Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG beziehungsweise dessen aktienrechtlichen Pendants des § 57 Abs. 1 S. 3 Var. 2 AktG ging,286 sondern dass dem Urteil ein Fall des Nachteilsausgleichs nach § 311 AktG zugrunde lag.287 Des Weiteren ist kritisch anzumerken, dass sich der BGH mit der Festlegung auf den Abschluss des Darlehensvertrags als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt begnügt und auf eine Begründung verzichtet.288 Dies könnte damit zusammenhängen, dass dem MPS-Urteil ein Sachverhalt zugrunde lag, in dem die Bonität des Darlehensnehmers im Zeitraum zwischen Vereinbarung und Ausreichung der Darlehen nicht zweifelhaft war.289 Für die Entscheidung des BGH kam es folglich gar nicht darauf an, ob das Verpflichtungs- oder das Verfügungsgeschäft den maßgeblichen Prüfungszeitpunkt ausmacht, da das Ergebnis der Vollwertigkeitsprüfung an beiden Zeitpunkten identisch gewesen wäre.290 In einem aktuellem Urteil zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Sicherheitenbestellung stellt der BGH vielmehr ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung, mithin des Verfügungsgeschäfts ab. Zur Begründung weist der BGH ausdrücklich auf den Gleichlauf mit der Darlehensvergabe hin. Dies spricht dagegen, dass sich der BGH mit dem MPS-Urteil auch für den Fall der Veränderung der Vollwertigkeit zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft zu Gunsten des Verpflichtungsgeschäfts positionieren wollte.291 Der BGH stellt nun vielmehr ausdrücklich klar, dass das Verfügungsgeschäft maßgeblich für die Vollwertigkeitsprüfung sei. Eine nähere Begründung für die Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts bei der Darlehensvergabe bleibt der BGH jedoch schuldig. Will man sich hiermit nicht begnügen, ist es erforderlich, die Regelung der Vollwertigkeitsprüfung gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG umfassend hinsichtlich des maßgeblichen Prüfungs284 285
Urteil. 286 287 288
Urteil. 289 290 291
BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107 – MPS-Urteil. BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSVgl. Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 80, Fn. 2. Vgl. Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 88, Fn. 7. BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPSBGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107 – MPS-Urteil. Vgl. Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 88, Fn. 7. Vgl. BGH, Urt. v. 21. 3. 2017 – II ZR 93/17, GmbHR 2017, 643, 644.
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zeitpunktes zu analysieren. Hierfür ist insbesondere auf die Methoden der Gesetzesauslegung zurückzugreifen. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG nimmt auf die verbotene Auszahlung nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG dergestalt Bezug, dass eine Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ausnahmsweise nicht kapitalschutzwidrig ist, wenn der Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter vollwertig ist. Dies bedeutet, dass die Auszahlung an den Gesellschafter einen Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter auslösen muss und dieser Anspruch auf seine Vollwertigkeit hin untersucht werden muss. Die Regelung der Vollwertigkeitsprüfung greift somit auf den Auszahlungsbegriff dergestalt zurück, dass der Zeitpunkt der Auszahlung gleichzeitig auch maßgeblich für die Vollwertigkeitsprüfung ist. Diese Verknüpfung muss auch bei der Frage des maßgeblichen Zeitpunktes der Vollwertigkeitsprüfung zwingend beachtet werden, was eine umfassende Analyse von § 30 Abs. 1 GmbHG im Wege der Gesetzesauslegung erforderlich macht. (a) Grammatikalische Auslegung Ausgehend von der grammatikalischen Gesetzesauslegung ist zunächst der Wortsinn der Regelung heranzuziehen.292 Im Falle einer gesetzlichen Festlegung des Ausdrucks ist diese maßgeblich, andernfalls gilt, sofern vorhanden, der Sprachgebrauch der Juristen und letztlich der allgemeine Sprachgebrauch.293 Es besteht weder eine gesetzliche Definition des Auszahlungsbegriffs des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG noch ergibt sich eine solche aus dem juristischen Sprachgebrauch, so dass vorliegend auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückzugreifen ist.294 Nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Hieraus lassen sich für die Auslegung zwei Erkenntnisse gewinnen. Zum einen soll eine Auszahlung verboten werden. Ein Verbot bezieht sich sinnvollerweise auf ein Verhalten, dass von seinem Adressaten derart steuerbar ist, dass dieser es unterlassen kann. Dem Verbotsadressat muss folglich Entscheidungsmacht dergestalt zukommen, dem Verbot nachzukommen oder nicht, vorliegend also die Auszahlung von Vermögen vorzunehmen oder darauf zu verzichten.295 Wenn dem Verbotsadressat hinsichtlich der verbotenen Handlung, namentlich der Auszahlung, folglich eine Wahlmöglichkeit zukommen muss, dann lässt dies den
292
BGHZ 46, 74, 76; Larenz/Canaris, Methodenlehre, 141. Wank, Die Auslegung von Gesetzen, § 5, 47 ff.; Schwintowski, Methodenlehre, 66; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 231 ff.; Sprau, in: Palandt BGB, Einl., Rn. 41. 294 Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 123. 295 Goerdeler/W. Müller, in: Hachenburg GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 58. 293
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Schluss zu, dass die Auszahlung einen bewussten, vom Willen des Verbotsadressaten abhängenden und steuerbaren Leistungsakt darstellt.296 Zum anderen deutet der Begriff der Auszahlung nach allgemeinem Sprachgebrauch auf einen Kapitalfluss zwischen zwei Subjekten hin. Dieser bewirkt, dass das transferierte Kapital aus dem Vermögen des Leistenden abfließt und in entsprechender Höhe das Vermögen des Empfängers vermehrt.297 Die Auszahlung ist folglich durch eine Vermögensänderung geprägt, die zu einer Vermögensmehrung aufseiten des Auszahlungsempfängers führt. Es lässt sich somit festhalten, dass dem Auszahlungsbegriff ein Erfolgselement innewohnt.298 Der Auszahlungsbegriff des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist nach grammatikalischer Auslegung folglich durch zwei Elemente geprägt, namentlich einer willensgesteuerten Auszahlungshandlung und eines Auszahlungserfolgs.299 In einem weiteren Schritt ist sodann zu untersuchen, inwieweit Darlehen die Elemente der Auszahlungshandlung und des Auszahlungserfolgs aufweisen und welche Rückschlüsse hieraus für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes der Auszahlung zu ziehen sind. Bei den vorliegend zu untersuchenden aufsteigenden konzerninternen Darlehen ist hierfür zunächst an den Darlehensvertrag, mithin an das Verpflichtungsgeschäft, anzuknüpfen. Der Darlehensvertrag nach § 488 Abs. 1 BGB kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande,300 in dem sich der Darlehensgeber unter anderem dazu verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung zu stellen.301 Eine Willenserklärung stellt nach herrschender Ansicht eine private Willensäußerung dar, die auf die Herbeiführung eines Rechtserfolgs gerichtet ist.302 Hierfür ist es erforderlich, dass die Äußerung grundsätzlich willensgesteuert erfolgt.303 Die Willenserklärung stellt folglich einen bewussten, vom Willen des Erklärenden abhängenden und steuerbaren Leistungsakt
296
Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 123; Goerdeler/W. Müller, in: Hachenburg GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 58. 297 Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 123 m.w.N. 298 Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 123. 299 Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 123. 300 Berger, in: Münch. Komm. BGB, § 488 BGB, Rn. 2. 301 Berger, in: Münch. Komm. BGB, § 488 BGB, Rn. 25. 302 Mansel, in: Jauernig BGB, Vorb. §§ 116 – 144 BGB, Rn. 2; Armbrüster, in: Münch. Komm. BGB, Vorb. § 116 BGB, Rn. 3; Ahrens, in: Prütting/Wegen/Weinreich BGB, Vor §§ 116 ff., Rn. 16. 303 Ahrens, in: Prütting/Wegen/Weinreich BGB, Vor §§ 116 ff., Rn. 16; vgl. auch Singer, in: Staudinger BGB, Vorb. zu §§ 116 ff., Rn. 1; Neuner, JuS 2007, 881, 884 ff.; Mansel, in: Jauernig BGB, Vorb. §§ 116 – 144 BGB, Rn. 4 ff.
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dar und stellt einen dienlichen Anknüpfungspunkt für das Handlungselement des Auszahlungsbegriffes dar.304 Für eine Anknüpfung an den Zeitpunkt des Darlehensvertragsschlusses (Verpflichtungsgeschäft) als maßgeblichen Zeitpunkt der Auszahlung nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist es jedoch weiter erforderlich, dass die Kontrahierung auch ein Erfolgselement in Form einer kapitalflussbedingten Vermögensmehrung aufweist. Allein die Verpflichtung zur Valutierung der Darlehenssumme bewirkt jedoch (noch) keinen tatsächlichen Kapitalfluss, so dass es auch nicht zu einer Vermögensmehrung bei dem Darlehensnehmer kommt.305 Jedoch ließe sich erwägen, dass das Erfolgselement keinen tatsächlichen Kapitalfluss erfordere, sondern eine Vermögensmehrung bereits aufgrund der Verpflichtung zur Darlehensüberlassung angenommen werden könne. Den Darlehensnehmer treffe die Pflicht zur (zukünftigen) Darlehensauskehr, so dass hieraus bereits eine Belastung des Vermögens angenommen werden könnte. Als Äquivalent hierzu erhält der Darlehensnehmer den Anspruch auf Auszahlung der Valuta, was als Mehrung seines Vermögens angesehen werden könnte. Diese Annahme setzt jedoch bereits juristische Wertungen von vertraglicher Verpflichtung und Anspruch voraus und geht daher über die grammatikalische Auslegung hinaus.306 Allein durch das Verpflichtungsgeschäft erfolgt nach grammatikalischer Auslegung somit keine kapitalflussbedingte Vermögensmehrung, so dass der Zeitpunkt der Darlehensvereinbarung nicht als maßgeblicher Zeitpunkt der Auszahlung nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG in Betracht kommt. Scheidet das Verpflichtungsgeschäft als Anknüpfungspunkt für den Auszahlungsbegriff des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG aus, ist sodann die Eignung des Verfügungsgeschäfts als maßgeblichen Zeitpunkt der Auszahlung zu prüfen. Die Pflicht des Darlehensgebers zur Auskehr der Darlehenssumme ist nach herrschender Ansicht dann erfüllt, wenn der Darlehensgegenstand endgültig aus dem Vermögen des Darlehensgebers ausgeschieden und dem Vermögen des Darlehensnehmers vereinbarungsgemäß und endgültig zugeflossen ist.307 Hinsichtlich der vorliegend zu untersuchenden Eignung als Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist es erforderlich, dass die Erfüllung eine willensgesteuerte Auszahlungshandlung und einen Auszahlungserfolg aufweist. 304 Vgl. zum ähnlichen Fall des Sicherungsvertrags, Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 124. 305 Vgl. Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 241. Siehe auch zur ähnlichen Konstellation des Sicherungsvertrags, Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 124. 306 Siehe auch zur ähnlichen Konstellation des Sicherungsvertrags, Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 125. 307 BGH, Urt. v. 12. 11. 2002 – XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 336 = BGH NJW 2003, 422, 433; Berger, in: Münch. Komm. BGB, § 488 BGB, Rn. 27; Steffek, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Komm., § 488 BGB, Rn. 45.
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Die Erfüllung setzt die Leistung des Darlehensgegenstands aus dem eigenen Vermögen zu Gunsten fremden Vermögens voraus.308 Leistung wird gemeinhin als bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens definiert.309 Die Vermögensbewegung muss bewusst erfolgen, erfordert also eine willentliche Veranlassung.310 Die Valutierung der Darlehenssumme (Erfüllungsgeschäft) erfordert somit eine willensgesteuerte Handlung des Darlehensgebers. Das Erfüllungsgeschäft weist folglich eine Auszahlungshandlung auf. Des Weiteren ist zu untersuchen, ob der Darlehensvalutierung auch ein Erfolgselement zukommt. Da die Erfüllung der Pflicht zur Auskehr der Darlehenssumme, wie bereits aufgezeigt, per Definition einen realen Abfluss des Vermögens aufseiten des Darlehensgebers und einen Vermögenszufluss aufseiten des Darlehensnehmers erfordert, ist bei der Valutierung der Darlehenssumme ein tatsächlicher Kapitalfluss zu bejahen. Aufgrund der tatsächlichen Vermögensmehrung im Rahmen des Verfügungsgeschäfts kommt der Darlehensauskehr somit auch ein Erfolgselement zu. Nach grammatikalischer Auslegung des Auszahlungsbegriffs des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zeichnet sich die Valutierung der Darlehenssumme (Verfügungsgeschäft) somit sowohl durch eine Auszahlungshandlung als auch durch einen Auszahlungserfolg aus und erscheint daher als maßgeblicher Anknüpfungszeitpunkt. Aufgrund der bereits erläuterten Bezugnahme auf diesen Auszahlungsbegriff in § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG stellt nach grammatikalischer Auslegung daher der Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts den relevanten Prüfungszeitpunkt für die Vollwertigkeitsprüfung dar. (b) Systematische Auslegung Auf die Wortlautauslegung folgt die systematische Auslegung, anhand derer versucht wird, das Regelungsverständnis der zu untersuchenden Norm zu finden, dass sich möglichst kohärent in das umliegende Normengefüge einfügt und sich so zu einer Wertungseinheit zusammenfügt.311 Bis zum MoMiG wurde im Hinblick auf den Auszahlungsbegriff des § 30 Abs. 1 GmbH a.F. häufig auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Parallelvorschriften der § 31 Abs. 1, § 7 Abs. 2 und § 19 Abs. 2 GmbHG abgestellt.312 Dabei wurde zu
308
Vgl. Freitag/Mülbert, in: Staudinger BGB, § 488 BGB, Rn. 154. BGH, Urt. v. 31. 10. 1963 – VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272, 277 = BGH NJW 1964, 399; BGH, Urt. v. 27. 5. 1971 – VII ZR 85/69, BGHZ 56, 228, 241 = BGH BB 1971, 889, 891; Stadler, in: Jauernig BGB, § 812 BGB, Rn. 2. 310 Prütting, in: Prütting/Wegen/Weinreich BGB, § 812, Rn. 25. 311 Wank, Die Auslegung von Gesetzen, § 6, 63 ff.; Larenz/Canaris, Methodenlehre, 145; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 243; Säcker, in: Münch. Komm. BGB, Einleitung, Rn. 139. 312 Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 335, 349 ff.; Saenger/Koch, NZG 2004, 271, 273; Schön, ZHR 159 (1995), 351, 360 f.; nach MoMiG für die Sicherheitenbestellung noch Meyer, 309
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Recht herausgestellt, dass dieses Normengefüge auf einer gemeinsamen Grundlage beruht. Den Normen ist gemein, dass die bloße Einräumung eines Anspruchs der Gesellschaft gegenüber der tatsächlichen Leistungserbringung keine gleichwertige Leistung darstellt.313 Hieraus wurde sodann für die Zulässigkeit der Darlehensgewähr nach § 30 Abs. 1 GmbH a.F. der Schluss gezogen, dass der tatsächliche Kapitalabfluss (Auszahlung der Darlehensvaluta) aus gebundenem Vermögen unzulässig sei, sofern die Gesellschaft hierfür lediglich einen zeitlich hinausgeschobenen schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch (Darlehensrückgewähranspruch) erhalte und zwar unabhängig von der Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs.314 Hieraus lässt sich für die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes der Auszahlung schließen, dass der Austausch von realem Kapital gegen einen Rückgewähranspruch den maßgeblichen Auszahlungszeitpunkt darstellt. Der Darlehensrückgewähranspruch entsteht nach herrschender Ansicht nach dem Abschluss eines wirksamen Darlehensvertrags im Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehenssumme,315 so dass sich hieraus die Maßgeblichkeit des Erfüllungsgeschäfts begründet. Insoweit spricht die systematische Auslegung für die Maßgeblichkeit des Erfüllungsgeschäfts und somit für die Auszahlung als maßgeblichen Zeitpunkt für die Vollwertigkeitsprüfung. Hinsichtlich der Vollwertigkeitsprüfung ergab sich aus dem Vergleich mit den restlichen Kapitalschutznormen jedoch auch, dass der tatsächliche Kapitalabfluss (Auszahlung der Darlehensvaluta) aus gebundenem Vermögen unzulässig sei, sofern die Gesellschaft hierfür lediglich einen zeitlich hinausgeschobenen schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch (Darlehensrückgewähranspruch) erhalte. In diesem Fall verstoße die Auszahlung immer gegen § 30 Abs. 1 GmbH a.F., so dass die Vollwertigkeitsprüfung für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensvergabe nicht relevant sei. Aus der Systematik des Kapitalschutzes könnte somit auch der Schluss gezogen werden, dass die Vollwertigkeitsprüfung bei der Darlehensvergabe irrelevant sei, so dass es auf die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes gar nicht ankomme. Fraglich ist jedoch, ob diese Auslegung auch nach dem MoMiG noch eine systematische Stütze im kapitalschutzrechtlichen Normengefüge findet. Die Regelung des § 30 Abs. 1 GmbH a.F. ist nach dem MoMiG in § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. überführt worden. Zusätzlich ist der § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. geschaffen worden, der, wie bereits gezeigt, an § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. an-
Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 133 f.; Raiser/Veil, KapGesR, 5. Aufl. 2010, § 37, Rn. 19. 313 Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 134; vgl. auch Schön, ZHR 159 (1995), 351, 360; Saenger/Koch, NZG 2004, 271, 273. 314 Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 335, 351 f. 315 Mülbert, in: Staudinger BGB, § 488 BGB, Rn. 290; Steffek, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Komm., § 488 BGB, Rn. 71; Seifert, in: Soergel BGB, § 488 BGB, Rn. 108.
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knüpft.316 Im Rahmen der systematischen Auslegung sind auch solche normimmanenten Verknüpfungen zu berücksichtigen. Bei gesetzlichen Verweisen beziehungsweise Anknüpfungen sind diese daher bei der Auslegung hinzuzuziehen.317 Überträgt man die zuvor gewonnenen Erkenntnisse auf die aktuelle Rechtlage, muss man neben der in § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. übernommenen Regelung von § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. daher auch die zusätzliche Neuregelung von § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. in den Blick nehmen. Nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F. liegt keine verbotene Auszahlung vor, wenn der durch die Leistung begründete Rückgewähranspruch vollwertig ist. Die Regelung knüpft demnach an die obigen Ausführungen an. Auch hier wird an den Austausch von realem Kapitalfluss gegen einen zeitlich hinausgezögerten Rückgewähranspruch angeknüpft. Im Gegensatz zur vorgenannten Auslegung ordnet § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F. jedoch nun ausdrücklich an, dass dieser Austausch bei Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs kapitalerhaltungsrechtlich zulässig ist. An der Verknüpfung von Kapitalfluss mit dem Rückzahlungsanspruch und somit an dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F., vormals § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. ändert die Neuregelung hingegen nichts. Der Vergleich mit den restlichen Normen des Kapitalerhaltungsrechts unter systematischen Gesichtspunkten zur Schaffung eines kohärenten Regelungsgefüges offenbart, dass der Zeitpunkt des Austausches von realem Haftkapital mit einem zeitlich hinausgezögerten Rückzahlungsanspruch auch nach dem MoMiG den maßgeblichen Zeitpunkt der Auszahlung darstellt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs zur kapitalerhaltungsrechtlichen „Rechtfertigung“ herangezogen werden kann (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F.) oder nicht (§ 30 Abs. 1 GmbHG a.F.). Insoweit ist nach der systematischen Auslegung daher das Erfüllungsgeschäft der maßgebliche Zeitpunkt für die Auszahlung und somit für die Vollwertigkeitsprüfung. Hingegen kann hinsichtlich der Frage, ob eine Vollwertigkeitsprüfung nach MoMiG überhaupt erforderlich ist, nicht (mehr) auf die restlichen Kapitalerhaltungsvorschriften im Wege der systematischen Auslegung zurückgegriffen werden. Die systematische Auslegung steht der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Vollwertigkeitsprüfung zur Leistungsprivilegierung somit nicht mehr entgegen. Wie bereits gezeigt, basiert die bisherige systematische Auslegung auf der Erkenntnis, dass das gesamte System des Kapitalschutzes auf der gemeinsamen Grundwertung fußt, dass die bloße Einräumung eines Anspruchs der Gesellschaft gegenüber der tatsächlichen Leistungserbringung keine gleichwertige Leistung darstellt.318 Dies lässt sich jedoch aufgrund des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F. nicht mehr aufrechterhalten. Die Regelung regelt ausdrücklich, dass die Einräumung eines vollwertigen Rückzahlungsanspruchs gegenüber der tatsächlichen Leistungser316 317 318
Vgl. § 7 III. Siehe zur Regelungssystematik ausführlich § 7 III.1.b)dd)(1)(b). Vgl. Larenz, Methodenlehre, 325. Vgl. § 6 I.2. f.
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bringung eine gleichwertige Leistung darstellt, und normiert somit eine Ausnahme von der soeben genannten gemeinsamen Grundlage. § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. stellt somit eine Ausnahmevorschrift des Kapitalerhaltungsrechts dar. Eine vergleichende Betrachtung mit den restlichen kapitalschutzrechtlichen Normen im Wege der systematischen Auslegung würde indes diesen Ausnahmecharakter der Vorschrift nicht berücksichtigen und ihn letztlich sogar unterwandern. Aufgrund des Ausnahmecharakters des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F. kann durch die systematische Auslegung festgestellt werden, dass die bis zum MoMiG vorherrschende Ansicht nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Aufgrund der gesetzlich angeordneten Ausnahme kann nicht länger davon ausgegangen werden, dass dem Kapitalerhaltungsrecht eine gemeinsame Grundlage zugrunde liegt, wonach die tatsächliche Leistungserbringung gegenüber der bloßen Einräumung eines Anspruchs der Gesellschaft keine gleichwertige Leistung darstellt. Die systematische Auslegung steht somit der Zulässigkeit des Vollwertigkeitskriteriums zur kapitalerhaltungsrechtlichen Leistungsprivilegierung nicht mehr im Weg. Hinsichtlich des maßgeblichen Prüfungszeitpunktes ist nach der systematische Auslegung daher auf den Zeitpunkt abzustellen, indem der Austausch von realem Kapital gegen einen Rückgewähranspruch erfolgt. Somit ist der Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts der maßgebliche Zeitpunkt für die Vollwertigkeitsprüfung. (c) Historische Auslegung Als weiteres Analyseinstrument ist mit der historischen Auslegung der vom Gesetzgeber verfolgte Sinn und Zweck der Regelung zu untersuchen.319 Wie bereits erläutert, wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung von § 30 Abs. 1 GmbHG der November-Rechtsprechung des BGH entgegentreten und ausdrücklich zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückkehren.320 Für die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes der Auszahlung und der Vollwertigkeitsprüfung ist daher zu untersuchen, wann bei einem Darlehen bilanziell eine Auszahlung erfasst wird und wann der Darlehensrückgewähranspruch bilanziert wird. Fallen beide Zeitpunkte zusammen, lässt sich die zeitliche Verknüpfung von Auszahlung und Vollwertigkeitsprüfung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG bilanziell untermauern. Allein durch den Abschluss eines gegenseitigen Vertrags, ohne dass bereits eine Vertragspartei geleistet hat, liegt bilanziell ein schwebendes Geschäft vor. Solange sich die Forderungen und Verpflichtungen aus diesem Geschäft gleichwertig ge-
319
Larenz/Canaris, Methodenlehre, 149; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 261; Säcker, in: Münch. Komm. BGB, Einleitung, Rn. 138; vgl. auch Wank, Die Auslegung von Gesetzen, § 7, 73 ff. 320 Siehe § 7 I. Siehe ausführlich zu fehlenden Anknüpfungspunkten des Willens des historischen Gesetzgebers vor dem MoMiG, Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 138 m.w.N.
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genüberstehen, dürfen diese nicht bilanziert werden.321 Im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts darf eine Forderung daher noch nicht bilanziell erfasst werden. Die Darlehensrückgewährforderung darf also noch nicht mit dem Abschluss des Darlehensvertrags in der Bilanz verbucht werden. Für den maßgeblichen Prüfungszeitpunkt für die Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG lässt sich daraus schließen, dass mangels bilanzieller Erfassung der Darlehensrückgewährforderung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Verpflichtungsgeschäft als Beurteilungszeitpunkt ausscheidet. Die Zugangsbewertung von Forderungen hat vielmehr erst zum Zeitpunkt ihres Erwerbs oder ihrer Entstehung zu erfolgen.322 Bei den vorliegend zugrunde gelegten Darlehen handelt es sich um aufsteigende konzerninterne Darlehen des abhängigen Unternehmens an das herrschende Unternehmen. Das abhängige Unternehmen als Forderungsinhaber erhält die Darlehensrückgewährforderung hierbei aufgrund der Leistungsbeziehung zwischen den Parteien des Darlehensvertrags. Es findet folglich kein Erwerb der Forderung von dritter Seite statt. Entscheidend für den maßgeblichen Zeitpunkt der Zugangsbewertung der Darlehensrückgewährforderung ist daher der Zeitpunkt ihrer Entstehung. Forderungen entstehen und sind in der Bilanz zu verbuchen, wenn die Leistung durch den Vertragspartner erfolgt.323 Bei Darlehensverträgen entsteht der Darlehensrückgewähranspruch somit im Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehensvaluta.324 Überträgt man den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der handelsrechtlichen Zugangsbewertung auf die Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, stellt der Zeitpunkt der Darlehensvalutierung, mithin das Verfügungsgeschäft, den maßgeblichen Prüfungszeitpunkt dar. Die historische Auslegung spricht somit für den Zeitpunkt der Darlehensvalutierung, mithin für das Verfügungsgeschäft als maßgeblichen Zeitpunkt des Auszahlungsbegriffes und somit des Prüfungszeitpunktes für die kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit. (d) Teleologische Auslegung Zuletzt ist im Rahmen der teleologischen Auslegung zu untersuchen, welche Normdeutung dem objektiven Sinn und Zweck der Regelung am besten entspricht.325
321
Lahme, in: Beck. Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Stichwort Forderungen, Rn. 7. Siehe zu Forderungen des Umlaufvermögens Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 328. 323 Lahme, in: Beck. Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Stichwort Forderungen, Rn. 9. 324 Dies entspricht im Übrigen auch dem Entstehungszeitpunkt des Rückgewähranspruchs in rechtlicher Hinsicht, Mülbert, in: Staudinger BGB, § 488 BGB, Rn. 290; Steffek, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Komm., § 488 BGB, Rn. 71; Seifert, in: Soergel BGB, § 488 BGB, Rn. 108, so dass der bilanzielle und rechtliche Entstehungszeitpunkt identisch sind. 325 BGHZ 18, 44, 49; Larenz/Canaris, Methodenlehre, 153 f.; Wank, Die Auslegung von Gesetzen, § 8, 79 ff.; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 273; vgl. auch Säcker, in: Münch. Komm. BGB, Einleitung, Rn. 142. 322
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
§ 30 GmbHG dient dazu, das in der Satzung festgeschriebene Stammkapital vor Zugriffen durch die Gesellschafter zu schützen, indem es Auszahlungen an Gesellschafter verbietet.326 Durch diese Auszahlungssperre sollen Abflüsse zulasten dieser Mindestkapitalreserve verhindert werden.327 Hierdurch wird gewährleistet, dass das Gesellschaftsvermögen zumindest in dieser Höhe grundsätzlich als garantierte Haftungsmasse zu Gunsten der Gesellschaftsgläubiger zur Befriedigung ihrer Ansprüche erhalten bleibt.328 Das Telos der Norm ist daher primär der Schutz der Gesellschaftsgläubiger.329 Für die Auslegung des Auszahlungsbegriffs im Rahmen eines Darlehens ist daher zu fragen, wann ein Abfluss erfolgt. Anders gedeutet ist zu klären, in welchem Stadium im Rahmen der Abwicklung eines Darlehensvertrags die Zugriffsmöglichkeit auf das Haftungskapital geschmälert wird, mit der Folge, dass die zu schützenden Befriedigungsmöglichkeiten der Gesellschaftsgläubiger gefährdet werden. Zunächst ist die Darlehensvereinbarung, somit das Verpflichtungsgeschäft, zu fokussieren. Durch den Vertragsschluss eines aufsteigenden konzerninternen Darlehens verpflichtet sich die GmbH als Darlehensgeber gegenüber ihrem Gesellschafter als darlehensnehmendes herrschendes Unternehmen die Darlehensvaluta in vereinbarter Höhe zur Verfügung zu stellen. Aufseiten der darlehensgebenden GmbH wird somit eine Verbindlichkeit der Gesellschaft begründet. Die darlehensnehmende herrschende Gesellschaft erhält hierdurch spiegelbildlich eine Forderung in entsprechender Höhe. Die mit der Verbindlichkeit korrespondierende Forderung der Gesellschaft auf Rückgewähr der Darlehensvaluta entsteht hingegen erst mit der Auszahlung der Darlehenssumme, mithin im Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts.330 Mit dem Verpflichtungsgeschäft und der Begründung der Verbindlichkeit der Darlehensvalutierung geht folglich nicht zeitgleich auch die Begründung der Rückgewährforderung einher. Die vermögensrechtliche Folge des Verpflichtungsgeschäfts ist folglich, dass das Vermögen der GmbH durch eine Verbindlichkeit belastet wird, ohne dass das Gesellschaftsvermögen durch die Begründung einer entsprechenden Gegenforderung gemehrt wird. Im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts wird das Vermögen der GmbH somit durch eine Verbindlichkeit belastet und das Vermögen 326
Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 1; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 2; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 7; Fleck, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 391 f.; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 11; Fleischer, in: Henssler/Strohn GesR, § 30 GmbHG, Rn. 1. 327 Fleck, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 391, 392. 328 Fleck, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 391, 392; Fleischer, in: Henssler/Strohn GesR, § 30 GmbHG, Rn. 1. 329 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 2; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 15; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 7; Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 140; Fleck, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 391, 392. 330 Siehe bereits § 7 III.1.b)bb)(2)(b).
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der darlehensnehmenden Gesellschaft durch eine entsprechende Forderung gemehrt. Hieraus ließe sich bereits ein Abfluss von Kapital annehmen. Dies hätte zur Folge, dass bereits das Verpflichtungsgeschäft im Rahmen eines Darlehens den maßgeblichen Zeitpunkt für die Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darstellt. Dieses Resultat ist jedoch in einem weiteren Schritt darauf zu überprüfen, ob durch das Verpflichtungsgeschäft auch die Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen geschmälert wird und hierdurch eine Gläubigergefährdung eintritt. Hierbei ist zunächst festzuhalten, dass es allein aufgrund der Darlehensvereinbarung noch nicht zu einem realen Abfluss von Kapital aus dem Gesellschaftsvermögen gekommen ist. Die Haftungsmasse besteht somit in gleichem Umfang fort, wie vor dem Verpflichtungsgeschäft. Eine Gefährdung kann somit höchstens in der Begründung der Verbindlichkeit liegen. Da der Umfang der Haftungssumme durch das Verpflichtungsgeschäft nicht geschmälert wird, kann die Zugriffsmöglichkeit der Gesellschaftsgläubiger und somit eine Gläubigergefährdung nur darin zu sehen sein, dass durch die Begründung einer Verbindlichkeit im Wege der Darlehensvereinbarung, Gesellschafter der GmbH Forderungen gegen den Haftungsfond erhalten und somit Gesellschafter als weitere Gläubiger neben die restlichen Gesellschaftsgläubiger treten. Diese Gefährdung ist jedoch zu verneinen. Solange die Auskehr der Darlehensvaluta das Stammkapital angreifen würde, kann es zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Gesellschaftern und den Gesellschaftsgläubigern nicht kommen. Versucht nämlich ein Gesellschafter seine Valutierungsforderung aus dem Darlehen gegenüber der GmbH geltend zu machen, so hat der Geschäftsführer die Erfüllungsleistung zu verweigern. Aus einem Leistungsversprechen, dass eine verbotene Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG darstellen würde, erhält der Gesellschafter keinen durchsetzbaren Erfüllungsanspruch.331 Nach herrschender Ansicht stellt die Norm eine Einwendung dar,332 so dass der Geschäftsführer die Erfüllungsleistung nicht nur verweigern darf, sondern diese verweigern muss und dieser Einwand auch in einem möglichen Prozess von Amts wegen berücksichtigt wird.333 Das Auszahlungsverbot trifft den Geschäftsführer der GmbH jedoch nur bezüglich § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG widersprechenden Leistungsverpflichtungen gegenüber einem Gesellschafter. Nicht von der Einwendung betroffen sind hingegen Forderungen von Nichtgesellschaftern gegen die GmbH. Dies führt dazu, dass trotz der Begründung einer Verbindlichkeit gegen die GmbH durch den Abschluss des Darlehensvertrags mit einem Gesellschafter, dieser die Erfüllung seiner Forderung nicht durchsetzen kann. Die Gesellschaftsgläubiger, die keine Gesellschafterstellung innehaben, können jedoch, 331
Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 282. BGH, Urt. v. 15. 2. 1996 – IX ZR 245/94, NJW 1996, 1341, 1342; Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 335, 356 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 282; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 116; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 117. 333 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 117; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 115; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 282. 332
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
ohne von der Einwendung des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG betroffen zu sein, ihre Forderungen gegen die Gesellschaft geltend machen. Eine Konkurrenzsituation dergestalt, dass durch den Darlehensvertrag Gesellschafter als weitere „Konkurrenten“ auf das Haftungskapital zugreifen können, entsteht bei § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG somit nicht. Allein durch das Verpflichtungsgeschäft kommt es somit noch nicht zu einer Schmälerung der Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen, so dass eine Gläubigergefährdung abzulehnen ist. Unter teleologischen Gesichtspunkten scheidet das Verpflichtungsgeschäft als Anknüpfungspunkt für die Auszahlung somit aus. Scheidet das Verpflichtungsgeschäft als Anknüpfungspunkt aus, ist sodann zu prüfen, ob das Verfügungsgeschäft als maßgeblicher Zeitpunkt des Vermögensabflusses herangezogen werden kann. Stellt die GmbH ihrem Gesellschafter die Darlehenssumme zur Verfügung, kommt es zu einem realen Kapitalabfluss aufseiten des Darlehensgebers und entsprechendem Kapitalzufluss aufseiten des Darlehensnehmers. Ein Abfluss ist somit zu bejahen,334 so dass sodann zu prüfen ist, ob durch das Verfügungsgeschäft auch die Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen geschmälert wird und hierdurch eine Gläubigergefährdung eintritt. Dabei ist zunächst zu bedenken, dass die GmbH mit der Valutierung der Darlehenssumme einen Darlehensrückgewähranspruch gegen ihren Gesellschafter erhält.335 Praktisch wird durch die Auskehr der Darlehenssumme somit lediglich reales Haftungskapital gegen eine Forderung in entsprechender Höhe ausgetauscht. Es ist daher das Gefährdungspotential dieses Austausches für die Befriedigungsmöglichkeiten der Gesellschaftsgläubiger zu beleuchten. Durch die Valutierung fließt reales Haftungskapital aus dem Gesellschaftsvermögen ab, auf das die Gesellschaftsgläubiger nicht mehr unmittelbar zur Befriedigung zugreifen können. Es verringert sich also die reale Haftungssumme und somit auch die primäre Befriedigungsmöglichkeit für die Gesellschaftsgläubiger. Zwar steht den Gesellschaftsgläubigern die Möglichkeit offen, den Rückforderungsanspruch der Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter nach § 829 ZPO pfänden zu lassen und sich im Anschluss daran nach § 835 ZPO zur Einziehung überweisen zu lassen, so dass sie hieraus direkt gegen den Gesellschafter vorgehen können. Jedoch stellt das Erwirken eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ein zusätzliches336 prozessrechtliches Verfahren dar, das für die Gesellschaftsgläubiger zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeutet. Aufgrund dieser Mehrbelastung stellt die Möglichkeit 334
Anders als beim Verpflichtungsgeschäft, wo der Abfluss aufgrund der zeitlich hinausgeschobenen Fälligkeit des Rückgewähranspruchs gegenüber dem Valutierungsanspruch anzunehmen ist, kann beim Verfügungsgeschäft der Abfluss nicht verneint werden, weil die Gesellschaft mit der Valutierung eine Rückgewährforderung erhält. Aus dem Zusammenhang zwischen § 30 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Var. 2 GmbHG ergibt sich, dass ein Abfluss gerade (auch) bei einem Rückgewähranspruch vorliegt. 335 Siehe § 7 III.1.b)bb)(2)(b). 336 Sowohl der unmittelbare Zugriff auf das reale Haftungskapital als auch der Pfändungsund Überweisungsbeschluss erfordern prozessrechtlich einen vollstreckbaren Titel gegen die Gesellschaft.
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des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses für die Gesellschaftsgläubiger keine äquivalente Befriedigungsalternative gegenüber dem direkten Zugriff auf das reale Haftungskapital dar, so dass diese auch nicht erfolgreich der Tatsache entgegengehalten werden kann, dass durch die Valutierung das reale Haftungskapital verringert wird. Das Verfügungsgeschäft bedeutet für die Gesellschaftsgläubiger, dass ihnen weniger reales Haftungskapital zur Befriedigung ihrer Ansprüche gegen die Gesellschaft zur Verfügung steht und bedeutet somit eine Gefährdung der Gläubiger. Unabhängig von dem Mehraufwand der Gesellschaftsgläubiger zur Erwirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, verschlechtert die Gewährung eines konzerninternen Darlehens die Befriedigungsmöglichkeit der Gesellschaftsgläubiger auch durch die hinausgeschobene Fälligkeit des Darlehensrückgewähranspruchs. Der Darlehensrückgewähranspruch entsteht nach dem Abschluss eines wirksamen Darlehensvertrags im Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehenssumme,337 jedoch wird dieser regelmäßig erst in einem späteren Zeitpunkt fällig. Dies basiert auf dem Charakter des Darlehens als Kapitalüberlassung auf Zeit338 und kommt in der Pflicht des Darlehensnehmers zur Rückzahlung nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB und der Fälligkeitsregelung des § 488 Abs. 3 BGB zum Ausdruck.339 Zum einen macht die Bestimmung einer Zeit zur Rückzahlung, wie sie sich aus einem Rückschluss aus § 488 Abs. 3 S. 1 BGB ergibt, nur Sinn, wenn die Rückzahlung nach der Valutierung erfolgt. Zum anderen verdeutlicht auch die dreimonatige Kündigungsfrist bei fehlender Fälligkeitsvereinbarung nach § 488 Abs. 3 S. 1 und 2 BGB, dass der Rückzahlungsanspruch erst zeitlich nach der Auszahlung der Darlehenssumme fällig wird. Die hinausgezögerte Fälligkeit des Darlehensrückgewähranspruchs bedeutet für die GmbH als Darlehensgeberin, dass diese ihre Forderung frühestens zum vereinbarten Fälligkeitstermin oder nach Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist durchsetzen kann.340 Das bedeutet für die Gesellschaftsgläubiger, die vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit Befriedigung ihrer Ansprüche gegen die Gesellschaft ersuchen, lediglich auf das verbleibende reale Haftungskapital der GmbH zugreifen zu können und bezüglich der Darlehensrückgewährforderungen auf den zukünftigen Fälligkeitstermin warten müssen. Hieran ändert auch ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nichts, da dieser den Gläubiger lediglich dazu ermächtigt, die Rechtsgeschäfte und sonstigen Handlungen im eigenen Namen vorzunehmen, die dem Forderungsinhaber aus dem Rechtsgeschäft gestattet sind.341 Da die GmbH erst bei Fälligkeit die Rückgewährforderung einfordern darf, steht dem Gläubiger dies somit auch erst in diesem (späteren) Zeitpunkt zu. Diese zeitliche Verzögerung verschlechtert die Befriedigungsmöglichkeit der Gesellschaftsgläubiger. Neben der 337
Siehe bereits § 7 III.1.b)bb)(2)(b). Berger, in: Münch. Komm. BGB, Vorb. § 488 BGB, Rn. 6. 339 Vgl. Berger, in: Münch. Komm. BGB, § 488 BGB, Rn. 42. 340 Vorliegend soll die gesetzliche Grundkonstellation aufgezeigt werden. Die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung wird an dieser Stelle daher ausgespart. 341 Brehm, in: Stein/Jonas ZPO, § 835 ZPO, Rn. 14; Ahrens, in: Prütting/Gehrlein ZPO, § 835 ZPO, Rn. 14. 338
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Verkürzung der realen Haftungsmasse durch die Darlehensvalutierung schmälert auch der mit dieser einhergehenden zeitlichen Hinauszögerung der Fälligkeit des Darlehensrückgewähranspruchs die Zugriffsmöglichkeit der Gesellschaftsgläubiger auf das Gesellschaftsvermögen und gefährdet diese. Zuletzt tragen die Gesellschaftsgläubiger durch den Austausch realer Haftungsmasse gegen den Darlehensrückgewähranspruch das Insolvenzrisiko des darlehensnehmenden Gesellschafters, so dass durch das Verfügungsgeschäft des Darlehensvertrags das Ausfallrisiko auf die Gesellschaftsgläubiger verlagert wird, was ein zusätzliches Risiko für die Befriedigung ihrer Ansprüche gegen die Gesellschaft bedeutet und somit eine Gläubigergefährdung darstellt. Der Kapitalschutz nach § 30 Abs. 1 GmbHG dient primär dem Gläubigerschutz und normiert hierzu eine Auszahlungssperre, die Kapitalabflüsse an Gesellschafter zulasten des satzungsmäßigen Stammkapitals verbietet.342 Anknüpfungspunkt für die Auszahlung ist daher der Zeitpunkt, in dem die Zugriffsmöglichkeit der Gesellschaftsgläubiger auf das Haftungskapital geschmälert wird, mit der Folge, dass ihre zu schützenden Befriedigungsmöglichkeiten gefährdet werden. Im Rahmen eines (konzerninternen) Darlehens tritt eine Gefährdung der Befriedigungsmöglichkeit der Gesellschaftsgläubiger nicht schon im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts ein, sondern erst mit der Valutierung der Darlehenssumme. Hierdurch wird reales Haftungskapital durch den Darlehensrückgewähranspruch ausgetauscht, so dass die Summe des realen Haftungsfonds gemindert wird und die Befriedigung aus der Forderung zeitlich verzögert und mit prozessualem Mehraufwand der Gesellschaftsgläubiger realisiert werden kann und die Gesellschaftsgläubiger darüber hinaus das Ausfallrisiko der Forderung tragen. Auch nach der teleologischen Auslegung stellt somit der Zeitpunkt der Darlehensvalutierung, mithin das Verfügungsgeschäft, den maßgeblichen Zeitpunkt des Auszahlungsbegriffes und somit des Prüfungszeitpunktes dar. (e) Langfristige Leistungsbeziehung Das gegen die Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Verfügungsgeschäfts vorgebrachte Argument, dass es hierbei zu der widersinnigen Situation kommen könne, dass sich die Gesellschaft zwar zur Leistungserbringung verpflichten könne,343 dieser Verpflichtung jedoch anschließend mangels Vollwertigkeit nicht nachkommen dürfe, überzeugt nicht. Für den Fall, dass zwischen dem Abschluss des Darlehensvertrags und der vereinbarten Auszahlung der Darlehenssumme nur ein geringer Zeitraum liegt, erscheint es zwar auf den ersten Blick inkonsequent, dass unmittelbar nach der Verpflichtung zur Leistung die Leistungserbringung mangels Vollwertigkeit verweigert 342
Vgl. Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 7; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 15; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 5. 343 Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003.
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werden muss. Die Sinnhaftigkeit der dem Zeitpunkt der Leistungsverpflichtung nachgelagerten Prüfung zeigt sich jedoch bei langfristig ausgestalteten Leistungsverhältnissen. Es ist etwa denkbar, dass Konzerntochter und Konzernmutter vereinbaren, dass jährlich ein aufsteigendes Darlehen an die Mutter ausgegeben wird. Hierbei können sowohl fixe als auch variable Anknüpfungspunkte für den Zeitpunkt der Darlehensgewähr, der Darlehenssumme und der Rückgewährmodalitäten samt Zinshöhe vereinbart werden. Hierbei ist das Verpflichtungsgeschäft auf eine langfristige Leistungsbeziehung angelegt, so dass im äußersten Fall zwischen dem Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft mehrere Jahre liegen können. In diesem Fall macht es wenig Sinn die Einschätzung der Realisierbarkeit vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts zu prüfen, da die zukünftige Entwicklung über mehrere Jahre hinweg nicht seriös absehbar ist. Stattdessen erscheint es angebracht, dass die Vollwertigkeitsprüfung vor der jeweiligen Leistungserbringung erfolgt. (f) Zusammenfassung Für die Beurteilung der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist mit dem BGH auf die Darlehensvalutierung, mithin auf den Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts, abzustellen. Hierfür spricht bereits der Wortsinn des Auszahlungsbegriffs, dem eine Vermögensverschiebung innewohnt, welche ohne Zugrundelegung juristischer Wertungen nur bei der Darlehensvalutierung erfolgt. Auch systematische Erwägungen sprechen für die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts. Auch nach dem MoMiG ist für den maßgeblichen Zeitpunkt der Auszahlung nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Parallelvorschriften der § 31 Abs. 1, § 7 Abs. 2 und § 19 Abs. 2 GmbHG zurückzugreifen, aus denen sich ein gemeinsames Regelungsgefüge ergibt, wonach die bloße Einräumung eines Anspruchs der Gesellschaft gegenüber der tatsächlichen Leistungserbringung keine gleichwertige Leistung darstellt. Daraus lässt sich für den Auszahlungsbegriff ableiten, dass eine Auszahlung beim Austausch von realem Kapital gegen einen Rückgewähranspruch und somit im Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts vorliegt. Aufgrund der systematischen Verknüpfung des Auszahlungsbegriffs des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. mit der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F. gilt die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts auch für die Vollwertigkeitsprüfung. Aufgrund der nun ausdrücklich in § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG angeordneten ausnahmsweisen Zulässigkeit des Austausches von realer Haftungsmasse durch einen zeitlich hinausgeschobenen schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch (Darlehensrückgewähranspruch) steht der, sich aus den Parallelvorschriften der § 31 Abs. 1, § 7 Abs. 2 und § 19 Abs. 2 GmbHG ergebene, Verbotscharakter der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensgewähr nicht mehr entgegen. Die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts entspricht im Übrigen auch bilanziellen Grundsätzen, wonach Forderungen erst im Zeitpunkt ihrer Entstehung bilanziert werden, was bei der vorliegendend maßgeblichen Darlehensrückgewährforderung der Zeitpunkt ist, an dem die Leistung durch den Ver-
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tragspartner erfolgt, mithin der Zeitpunkt der Darlehensvalutierung. Auch Gläubigerschutzgesichtspunkte sprechen nicht gegen die Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Verfügungsgeschäfts. Durch das Verpflichtungsgeschäft kommt es nicht zu einer Gefährdung der Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger, da die Darlehensvaluta trotz eines vertraglichen Anspruchs nicht an die Konzernmutter ausgezahlt werden darf, wenn hierdurch das Stammkapital kapitalerhaltungsrechtswidrig angegriffen werden würde. Eine konkrete Gefährdung der Zugriffsmöglichkeiten für die Gläubiger der Gesellschaft entsteht vielmehr erst, wenn dem Gesellschaftsvermögen reales Haftkapital entzogen wird. Dies erfolgt erst durch die Darlehensvalutierung. Für die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts spricht des Weiteren auch die Betrachtung von langfristigen Leistungsbeziehungen. Hierbei kann zwischen dem Verpflichtungsgeschäft und dem (sich regelmäßig wiederholenden) Verfügungsgeschäft ein extrem langer Zeitraum liegen, so dass eine seriöse Einschätzung der Realisierbarkeit von Forderungen im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts gar nicht möglich ist. Der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft hat die Vollwertigkeitsprüfung somit im Zeitpunkt der Darlehensvalutierung vorzunehmen. (3) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes der Vollwertigkeitsprüfung ist in der Literatur umstritten.344 Es gibt in beiden Lagern gewichtige Stimmen. Ließ das MPSUrteil345 des BGH allenfalls eine Tendenz zugunsten des Verpflichtungsgeschäfts erkennen, hat sich der BGH nun klar zugunsten des Verfügungsgeschäfts positioniert.346 (a) Maßgeblichkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung Der Geschäftsführer sieht sich bezüglich des maßgeblichen Zeitpunktes der Vollwertigkeitsprüfung mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert.347 Allerdings streitet zugunsten des Zeitpunktes des Verfügungsgeschäfts die eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechung, so dass der Geschäftsführer diese bei seiner Vollwertigkeitsprüfung grundsätzlich zugrunde legen muss. Unabhängig davon soll im Folgenden geprüft werden, ob dieses Ergebnis auch auf eine umfassende Interessenabwägung gestützt werden kann, indem die Chancen und Risiken der unterschiedlichen Prüfungszeitpunkte gegenübergestellt werden.
344 345
Urteil. 346
Siehe zum Meinungsstand ausführlich § 7 III.1.b)bb)(1) ff. BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 – MPS-
Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)bb)(2) ff. Siehe zur Ausnahme von der gesetzlichen Pflichtenbindung bei unklarer Rechtslage ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(a). 347
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(b) Vor- und Nachteile bei Maßgeblichkeit des Verpflichtungsgeschäfts Zunächst sind die Vor- und Nachteile der Maßgeblichkeit des Verpflichtungsgeschäfts für die Gesellschaft in den Blick zu nehmen. Ein Vorteil wäre dabei, dass negative Bonitätsentwicklungen nach der wirksamen Verpflichtung keine Auswirkungen auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensgewähr nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG hätten.348 Der Geschäftsführer wäre nicht gezwungen, die Erfüllung im Namen der Gesellschaft wegen nachvertraglicher Kapitalerhaltungsrechtswidrigkeit zu verweigern. Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Vollwertigkeitsprüfung beim Verpflichtungsgeschäft und Annahme der Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Verfügungsgeschäfts zu prüfen. Eine nachvertragliche Bonitätsverschlechterung würde keine Berücksichtigung bei der Darlehensauskehr finden, so dass die Darlehensgewähr kapitalerhaltungsrechtswidrig erfolgen würde. Dies wäre für die Gesellschaft nachteilig, da sie die Insolvenzrisiken der Konzernmutter hinsichtlich des Rückzahlungsanspruchs nach § 31 Abs. 1 GmbHG tragen würde. (c) Vor- und Nachteile bei Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts Die Vor- und Nachteile der Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts für die Gesellschaft verlaufen grundsätzlich gegenläufig zu denen, wie sie sich bei der Maßgeblichkeit des Verpflichtungsgeschäfts zeigen. Bei Annahme der Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Verpflichtungsgeschäfts ist ein Nachteil darin zu sehen, dass die Verweigerung bei nachvertraglicher Bonitätsverschlechterung kapitalerhaltungsrechtlich nicht geboten war und somit Schadensersatzpflichten der Gesellschaft begründet würden. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass die Maßgeblichkeit des späteren Zeitpunktes des Verfügungsgeschäfts eine kpaitalerhaltungsrechtswidrige Auszahlung in jedem Fall verhindert. Zugunsten der Gesellschaft und ihren Gläubigern stellt dies sicher, dass es trotz einer vertraglichen Verpflichtung keinen kapitalerhaltungsrechtswidrigen Kapitalabfluss gibt und der Finanzbestand hierdurch gesichert wird. Der Geschäftsführer kann zunächst das Verpflichtungsgeschäft eingehen und die Bonitätsentwicklung bis zum Verfügungsgeschäft abwarten. Bei fehlender Vollwertigkeit kann der Geschäftsführer die Auszahlung mit Verweis auf das Kapitalerhaltungsrecht verweigern. Dies sorgt dafür, dass es zu einem tatsächlichen Mittelabfluss nur kommt, wenn im Zeitpunkt der Darlehensauskehr die Rückgewähr gesichert erscheint. Die Gesellschaft muss somit nicht die Risiken einer nachteiligen Veränderung oder einer ausbleibenden Verbesserung der finanziellen Situation der Konzernmutter zwischen dem Kausalgeschäft und der Darlehensauskehr tragen. Hierbei ist jedoch zu klären, ob eine Verweigerung der Auszahlung Schadensersatzpflichten der Gesellschaft auslösen kann und der Gesellschaft hierdurch 348
Siehe auch § 7 III.1.b)bb)(1)(b).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Nachteile entstehen können. Hierfür ist zunächst zu beleuchten, welche Rolle das Verpflichtungsgeschäft für die Kapitalerhaltungsrechtswidrigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG spielt. Zunächst ist festzuhalten, dass die vertragliche Grundlage, die zu einer verbotenen Auszahlung im Sinne von § 30 GmbHG führen würde, nicht nach § 134 BGB nichtig ist.349 Dies soll nach dem BGH sogar dann gelten, wenn der Vertragsschluss bewusst darauf abzielt, das Auszahlungsverbot zu missachten.350 Stattdessen ist der kapitalerhaltungsrechtswidrige Leistungsanspruch des Gesellschafters suspendiert. So lange die Auszahlung gegen § 30 GmbHG verstoßen würde, besteht eine Einwendung, so dass dem Gesellschafter kein durchsetzbarer Anspruch zusteht.351 Korrespondierend hierzu ist die Gesellschaft verpflichtet, die Erfüllung zu verweigern.352 Dies obliegt dem Geschäftsführer. Wenn dem Gesellschafter im Falle der Kapitalerhaltungsrechtswidrigkeit der Auszahlung gar kein Leistungsanspruch zusteht, dann kann die Leistungsverweigerung auch keine schadensersatzauslösende Pflichtverletzung von Vertragspflichten darstellen. Die Suspendierung bewirkt vielmehr, dass der Gesellschafter die vertragliche Leistung erst fordern kann, wenn diese mit § 30 GmbHG vereinbar ist. Vereinzelt wird dies auch als „eine Art von schwebender Unwirksamkeit“ bezeichnet.353 Dies verdeutlicht, dass die Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht der Gesellschaft weder durch den Vertragsschluss als solches noch durch die spätere Auszahlungsverweigerung erfüllt werden können. Spiegelbildlich zur Einwendung ist der Gesellschafter bei einem Austauschvertrag jedoch ebenfalls nicht verpflichtet, seine Leistungspflicht zu erfüllen.354 Entfällt die Kapitalerhaltungsrechtswidrigkeit im Laufe der Zeit wieder, entsteht der Leistungsanspruch des Gesellschafters355 oder dieser lebt wieder auf356. Der Vertrags349
BGH, Urt. v. 23. 6. 1997 – II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 129 f. = DStR 1997, 1216, 1217; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 276; Altmeppen, in: Roth/ Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 151; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 134 ff.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 66. 350 BGH, Urt. v. 23. 6. 1997 – II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 129 f. = DStR 1997, 1216, 1217. Hierin nimmt der BGH ausdrücklich von seiner früheren Rechtsprechung Abstand, in der noch von einer Nichtigkeit des Vertragsgeschäfts nach § 134 BGB ausgegangen worden ist. 351 Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 137; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 282 f. 352 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 282. 353 Flume, ZHR 144 (1980), 18, 23. Ähnlich auch Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 67; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 282, nach denen die Verpflichtung unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit der Leistung mit § 30 Abs. 1 GmbHG steht. 354 Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 138; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 282; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 155. 355 Dies ist der Fall, wenn die Auszahlung bereits bei Vertragsschluss gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßen würde und sich dies erst nach der ursprünglich vereinbarten Fälligkeit ändert.
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schluss begründet für die Gesellschaft somit keine Risiken. Vielmehr kann zunächst der Vertrag geschlossen werden um eine vertragliche Grundlage zu schaffen, die bei einer verbesserten finanziellen Situation Geltung erhalten soll. Auch dies kann als Vorteil betrachtet werden. (d) Abwägung Die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten hat der Geschäftsführer zu vergleichen und pflichtgemäß abzuwägen.357 Zugunsten der Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts spricht, dass sie ein höheres Schutzniveau der abhängigen Gesellschaft gewährleistet und ihr darüber hinaus unternehmerische Flexibilität ermöglicht. Die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts stellt sicher, dass die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit zu dem Zeitpunkt vorliegen muss, an dem der Liquiditätsabfluss und somit die Gefahr einer finanziellen Schädigung der Gesellschaft konkret ist. Die Verweigerungsmöglichkeit sichert somit ein höheres Schutzniveau gegenüber der Maßgeblichkeit des Verpflichtungsgeschäfts, bei dem nachträgliche negative Entwicklungen nicht mehr berücksichtigt werden. Darüber hinaus ermöglicht die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts eine größere Flexibiliät für die Beteiligten. Aufgrund der unbedingten Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts und dem Ausschluss von Schadensersatzpflichten der Gesellschaft bei kapitalerhaltungsrechtlich bedingter Auszahlungsverweigerung, können die Gesellschaft und ihre Gesellschafter unabhängig von ihrer finanziellen Situation eine vertragliche Grundlage für einen späteren Leistungsaustausch schaffen. Hiernach kann die finanzielle Entwicklung abgewartet werden. Bei der Kapitalerhaltungsrechtswidrigkeit der Auszahlung kann diese ohne Weiteres verweigert werden. Sollte sich die finanzielle Situation hiernach wieder verbessern und die Auszahlung zulässig sein, kann das Verfügungsgeschäft unmittelbar auf der Basis der ursprünglichen Vereinbarung durchgeführt werden. Zugunsten der Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts ist weiter anzuführen, dass der Grad der Unsicherheit bezüglich ihrer möglichen Rechtswidrigkeit geringer ist als der bei der Maßgeblichkeit des Verpflichtungsgeschäfts. Nach einer fundierten juristischen Betrachtung sprechen die besseren Argumente für die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts.358 Neben der höchstrichterlichen Rechtsprechung spricht somit auch eine Interessenabwägung für die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts bei der Vollwertig-
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Dies ist der Fall, wenn die Auszahlung bei Vertragsschluss nicht gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßen würde, die Verbotswidrigkeit jedoch bis zur vereinbarten Fälligkeit eintritt und erst nach dieser wieder entfällt. 357 Siehe zum Abwägungserfordernis § 3 I.2.b)aa)(2)(a) am Ende. 358 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)bb)(2) ff.
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keitsprüfung. Der Geschäftsführer hat daher diesen Zeitpunkt bei der Prüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zugrunde zu legen. (e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer Haftungsrechtlich sieht sich der Geschäftsführer aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mit einer für ihn relevanten umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Sowohl die Rechtsprechung als auch eine umfangreiche Abwägung verlangen die Zugrundelegung des Zeitpunktes des Verfügungsgeschäfts. Dies ist für den Geschäftsführer bindend, so dass dieser der Gefahr einer Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG nur dann ausgesetzt ist, wenn er bei der Vollwertigkeitsprüfung den Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts zugrunde legt. Unabhängig davon, soll im Folgenden geprüft werden, ob dieses Ergebnis auch auf eine umfangreiche Abwägung gestützt werden kann. Eine sorgfältige Abwägung spricht vorliegend für die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts für die Vollwertigkeitsprüfung bei der Darlehensgewähr. Legt der Geschäftsführer diese Abwägung bei seiner Vollwertigkeitsprüfung zugrunde, treffen ihn hinsichtlich des gewählten Prüfungszeitpunktes keine Haftungsrisiken. Für den Geschäftsführer bedeutet die Vollwertigkeitsprüfung zum Zeitpunkt der Darlehensauszahlung praktische Erleichterungen. So ist es ihm gestattet, zunächst vertragliche Verpflichtungen einzugehen und abzuwarten, wie sich die finanzielle Situation des Vertragspartners (Konzernmutter) anschließend entwickelt. Erscheint die Realisierbarkeit dann im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts gesichert, kann das Geschäft ohne weiteres auf der Basis der vertraglichen Vereinbarung abgewickelt werden. Kommt der Geschäftsführer im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung hingegen zu einem negativen Urteil, muss dieser lediglich die Erfüllung mit dem Verweis auf die Kaptialerhaltungsrechtswidrigkeit verneinen. Auf die Wirksamkeit des Verpflichtungsvertrags hat dies keine Auswirkungen. Die abhängige Gesellschaft treffen bei einer kapitalerhaltungsrechtlich bedingten Verweigerung auch keine Schadensersatzpflichten. Es bleibt vielmehr die Möglichkeit bestehen, das Erfüllungsgeschäft zu einem späteren Zeitpunkt zu vollziehen, wenn sich die finanzielle Lage der Konzernmutter wieder stablisiert hat und der Geschäftsführer bei der Vollwertigkeitsprüfung zu einem positiven Ergebnis gelangt. Wenn weder der Vertragsschluss noch die spätere kapitalerhaltungsrechtlich bedingte Auszahlungsverweigerung Schadensersatzpflichten der Gesellschaft auslösen, dann können dem Geschäftsführer der Gesellschaft hieraus auch keine Haftungsrisiken entstehen. Er ist vielmehr verpflichtet, die Auszahlung bei Kapitalerhaltungsrechtswidrigkeit zu verweigern. Kommt er dieser Pflicht schuldhaft nicht nach, haftet er der Gesellschaft nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG. Den Geschäftsführer treffen somit lediglich Haftungsrisiken, wenn er die Auszahlung nicht verweigert. Darüber hinaus ist er auch verpflichtet, das Verpflichtungsgeschäft einzugehen, wenn er hierzu von der Gesellschafterversammlung angewiesen wird. Ist der Ver-
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tragsschluss in jedem Fall wirksam und begründet niemals Schadensersatzpflichten wegen Kapitalerhaltungsrechtswidrigkeit der späteren Auszahlung, steht es den Gesellschaftern völlig frei, entsprechende Verträge mit der Gesellschaft einzugehen und den Geschäftsführer zum Vertragsschluss anzuweisen. Eine Weisung zum Vertragsschluss verstößt somit nicht gegen gesetzliche Grenzen, insbesondere nicht gegen das Kapitalerhaltungsrecht. Eine Weisung ist somit rechtmäßig und ist für den Geschäftsführer bindend. Kommt er ihr nicht nach, handelt er pflichtwidrig und haftet der Gesellschaft gegenüber nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Auch bezüglich des Vertragsschlusses treffen den Geschäftsführer somit lediglich Haftungsrisiken, wenn er das Verpflichtungsgeschäft nicht eingeht. (4) Zusammenfassung Bezüglich des maßgeblichen Prüfungszeitpunktes der Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist festzuhalten, dass auf den Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehensvaluta, mithin auf das Verfügungsgeschäft, abzustellen ist. Da die Frage des maßgeblichen Prüfungszeitpunktes höchstrichterlich zugunsten der Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts entschieden wurde, hat der Geschäftsführer diesen Zeitpunkt bei der Vollwertigkeitsprüfung zugrunde zu legen. Darüber hinaus spricht hierfür auch eine umfassende Abwägung. Hierbei spricht zugunsten der Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts die Gewährleistung eines höheren Schutzniveaus, da die Vollwertigkeit bei der Auszahlung, und somit im spätmöglichsten Zeitpunkt, vor einer möglichen gläubigerschädigenden Auszahlung geprüft wird. Darüber hinaus gewährleistet dies der Gesellschaft auch eine größere Flexibilität. Sie kann, ohne Schadensersatzrisiken befürchten zu müssen, vertragliche Grundlagen der Darlehensgewähr schaffen und die finanzielle Entwicklung abwarten. Zuletzt sprechen für die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts auch die besseren juristischen Argumente. Der Geschäftsführer hat die Vollwertigkeit somit erst zum Zeitpunkt der Darlehensauskehr vorzunehmen. Dies bringt dem Geschäftsführer sowohl praktische als auch haftungsrechtliche Erleichterungen. Er kann zunächst eine vertragliche Verpflichtung eingehen und die Entwicklung der finanziellen Situation des Vertragspartners abwarten, ohne bereits die Vollwertigkeit prüfen zu müssen. Erst im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts muss der Geschäftsführer die Vollwertigkeit prüfen. Im Falle eines negativen Prüfungsergebnisses hat der Geschäftsführer die Darlehensvergabe solange zu verweigern, bis sich die finanzielle Lage der Konzernmutter wieder stablisiert hat und der Geschäftsführer bei der Vollwertigkeitsprüfung zu einem positiven Ergebnis gelangt. Die Basis dieser Flexibilität wird dadurch gewährleistet, dass den Geschäftsführer wegen des Vertragsschlusses und der späteren (berechtigten) Auszahlungsverweigerung keine Haftungsrisiken treffen. Kapitalerhaltungsrechtlich ist der Vertrag wirksam geschlossen, wobei dem Gesellschafter bei mangelnder Vollwertigkeit kein durchsetzbarer Anspruch zusteht. Aufgrund der mangelnden Durchsetzbarkeit stellt die Auszahlungsverweigerung durch den Ge-
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schäftsführer keine Pflichtverletzung dar, sondern ist vielmehr zwingend geboten. Die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts für die Vollwertigkeitsprüfung verringert somit die Haftungsrisiken des Geschäftsführers. cc) Erforderlicher Umfang der Vollwertigkeit Im Rahmen des Vollwertigkeitserfordernisses ist weiter umstritten, in welchem Umfang die Vollwertigkeit gegeben sein muss, um eine kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Leistung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu begründen. Für den Geschäftsführer erwächst hieraus die Ungewissheit, ob er die Darlehensgewähr auch verweigern muss, obwohl der teilweise vollwertige Teil der Forderung das Stammkapital der Gesellschaft noch deckt. (1) Meinungsstand Vereinfacht ausgedrückt stehen sich bei der Frage des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit zwei Lager gegenüber. Nach einer Ansicht gilt für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“359.360 Die Leistung steht danach nur im Einklang mit § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, wenn der Rückgewähranspruch vollumfänglich vollwertig ist. Eine bloß eingeschränkte Vollwertigkeit scheide im Rahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zwingend aus und führe zu einem Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG und zwar auch dann, wenn der verbleibende vollwertige Teil zur Stammkapitaldeckung ausreichen würde.361 Im Ergebnis führt diese Ansicht dazu, dass der Wert des Rückgewähranspruchs entweder mit 100 % des Nomialwerts oder mit Null anzusetzen ist. Dies lehnt eine andere Ansicht hingegen ab und spricht sich dafür aus, den nach Bilanzierungsregeln abgeschriebenen Wert anzusetzen.362 Ein Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsrecht (§ 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG) komme hiernach nur in Betracht, wenn der verbleibende vollwertige Teil nicht zur Stammkapitaldeckung ausreiche. Dies ist der Fall, wenn der Abschreibungsbedarf die freien Rücklagen der Gesellschaft übersteige. Im Gegensatz zur ersten Ansicht läge in diesem Fall jedoch le359 Die Bezeichnung ist der Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 66 und 76 entnommen. So etwa auch verwendet von Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 195. 360 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 113; ders., ZIP 2009, 49, 53; ders., NZG 2010, 401, 406; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 55; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 27; Thiessen, in: Bork/ Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 78 f.; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 69. 361 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 113. 362 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 92; Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 48; Flume, GmbHR 2011, 1258, 1264; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 125 f.; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 18; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 284.
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diglich eine verbotene Leistung in Höhe des die freien Rücklagen übersteigenden Abwertungsbedarfs und nicht in voller Höhe des Darlehens vor.363 (2) Stellungnahme Im Hinblick auf den erforderlichen Umfang der Vollwertigkeit stehen sich zwei Extrempositionen gegenüber, die keinen Platz für eine vermittelnde Annäherung lassen. Im Kern geht es um die Frage, in welchem Ausmaß man die bilanzielle Betrachtung bei der Vollwertigkeitsprüfung für maßgeblich erachtet.364 Während die einen die bilanzielle Abschreibung von Forderungen nach Bilanzierungsgrundsätzen auch kapitalerhaltungsrechtlich zulassen, verneinen die anderen die Anwendbarkeit der bilanziellen Betrachtung und differenzieren lediglich zwischen (vollumfänglich) vollwertig und nicht vollwertig. Diese gegenläufigen Positionierungen führen dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen sowohl hinsichtlich der Frage, ob eine verbotene Leistung vorliegt als auch bei der Frage, welchen Umfang diese annimmt. Aufgrund dieser mitunter schwerwiegenden Konsequenzen, insbesondere für die Haftungsrisiken des Geschäftsführers, soll sich in dieser Arbeit nicht mit einer Abwägung der beiden Ansichten und ihrer jeweiligen Argumente begnügt werden, sondern der erforderliche Umfang der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG anhand einer umfassenden Analyse der Vorschrift erarbeitet werden. Auch hierzu wird auf die Methoden der Gesetzesauslegung zurückgegriffen. (a) Grammatikalische Auslegung Mit der grammatikalischen Gesetzesauslegung ist nach dem Wortsinn der Regelung zu fragen.365 Nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG gilt § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG nicht bei Leistungen, die „durch einen vollwertigen Gegenleistungsoder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind“. Der Wortlaut der Norm lässt das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ vermuten. Insoweit lässt sich dem Wortlaut durchaus entnehmen, dass keine verbotene Leistung bei Vollwertigkeit vorliegt und andersherum eine verbotene Auszahlung zu bejahen ist, wenn keine Vollwertigkeit gegeben ist. Gegen die Berücksichtigung auch teilweiser Vollwertigkeit spricht dabei insbesondere, dass die Regelung die Ausnahme von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG nicht zulässt „soweit“ die Vollwertigkeit gegeben ist.366 Die grammatikalische Auslegung lässt daher darauf schließen, dass im Rahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG eine vollumfängliche Vollwertigkeit erforderlich ist.
363
Vgl. Flume, GmbHR 2011, 1258, 1264; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 18; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 126; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 284. 364 Vgl. Altmeppen, ZIP 2009, 49, 53. 365 Siehe hierzu bereits § 7 III.1.b)bb)(2)(a). 366 Im Ergebnis auch Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 27.
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(b) Systematische Auslegung Im Rahmen der systematischen Auslegung wird versucht das Regelungsverständnis der zu untersuchenden Norm zu finden, das sich möglichst kohärent in das umliegende Normengefüge einfügt und sich so zu einer Wertungseinheit zusammenfügt.367 Die Stellung der zu untersuchenden Regelung im Normengefüge kann sich dabei insbesondere auch aus dem Regelungszusammenhang mit anderen Normen desselben Gesetzes oder auch mit Regelungen anderer Gesetze innerhalb desselben Rechtsgebiets ergeben.368 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs ist auch im Falle des Hin- und Herzahlens nach § 19 Abs. 5 GmbHG erforderlich.369 Hier hat der Gesetzgeber eindeutig geregelt, dass der Gesellschafter von seiner Einlageverpflichtung nur befreit wird, „wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist“. Vor dem Hintergrund, dass im Gesetzgebungsverfahren eine Diskussion darüber stattfand, das „wenn“ durch „soweit“ zu ersetzen, der diesbezügliche Vorschlag des Bundesrats370 jedoch vom Gesetzgeber abgelehnt wurde,371 wird bei der Vollwertigkeit im Sinne des § 19 Abs. 5 GmbHG gemeinhin von der gesetzlichen Verankerung des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ ausgegangen.372 Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung sind notwendig miteinander verknüpft, indem die Kapitalerhaltung für die Absicherung des aufgebrachten Kapitals über die Gründung hinaus sorgt.373 Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsrecht weisen daher zweifelsfrei eine systematische Verknüpfung auf. Zwischen der kapitalaufbringungsrechtlichen Vollwertigkeit im Sinne des § 19 Abs. 5 GmbHG und der kapitalerhaltungsrechtlichen Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG könnte daher eine systematische Verknüpfung dahingehend angenommen werden, dass das bei Fällen des Hin- und Herzahlens nach § 19 Abs. 5 GmbHG anzuwendende „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ auch bei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG Anwendung finden müsse.374 Dem kann auch nicht mit dem schlichten Verweis auf die bilanzielle Betrachtungsweise begegnet werden, wonach die Forderung auf den vollwertigen Teil ab367
Siehe hierzu bereits § 7 III.1.b)bb)(2)(b). Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 622; siehe auch Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 131 m.w.N. 369 Siehe etwa Bartels, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 19 GmbHG, Rn. 37. 370 Stellungnahme des Bundesrats zum RegE MoMiG, BR-Drucks. 354/07, 13 f. 371 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 76. 372 Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 125; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, § 19 GmbHG, Rn. 92; Schwandter, in: Münch. Komm. GmbHG, § 19 AktG, Rn. 356; Altmeppen, ZIP 2009, 49, 53. 373 Siehe zum System des Kapitalschutzes ausführlich Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 1 ff. 374 So auch Altmeppen, ZIP 2009, 49, 53; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 27; Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 79. 368
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geschrieben wird.375 Zwar ist der Wille des Gesetzgebers mit § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückzukehren unstreitig,376 jedoch kann hieraus nicht zwangsläufig und ohne weiteres geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die bilanzielle Betrachtung umfassend, also auch in Bezug auf den erforderlichen Umfang, für maßgebend erklären wollte. Hiergegen spricht vielmehr, dass nach dem Gesetzgeber auch bei § 19 Abs. 5 GmbHG die bilanzielle Betrachtungsweise im Grundsatz maßgeblich sein soll, er diese im Hinblick auf den erforderlichen Umfang der Vollwertigkeit jedoch gerade durch das „Alles-oderNichts-Prinzip“ eingeschränkt hat.377 Andererseits kann dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ im Rahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG jedoch die systematische Verknüpfung mit § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG entgegen gehalten werden. Bei Letzterem sind Forderungen gegen Gesellschafter im Unterbilanzstatus als materielle Vermögensgegenstände zu aktivieren.378 Voraussetzung für die vollumfängliche Aktivierung ist jedoch auch hier die Vollwertigkeit, was sich ebenfalls nach der Realisierungswahrscheinlichkeit der Forderung bemisst.379 Ist die Forderung nur teilweise vollwertig, ist diese nach herrschender Ansicht mit ihrem abgeschriebenen Wert und nicht mit Null zu aktivieren.380 Wenn jedoch Forderungen gegen Gesellschafter im Unterbilanzstatus des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG mit ihrem abgeschriebenen Wert anzusetzen sind, dann liegt der Schluss nahe, dass aufgrund der tatbestandlichen Bezugnahme auf § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG auch der Rückgewähranspruch im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG bei teilweiser Vollwertigkeit mit seinem abgeschriebenen Wert anzusetzen ist.381 Die systematische Verknüpfung von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG und § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG spricht daher gegen das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“. Der unterschiedliche Wortlaut von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG und § 19 Abs. 5 GmbHG und die fehlende Diskussion über das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ beziehungsweise die Einführung des Worts „soweit“ im Gesetzgebungsverfahren zu 375 So allerdings Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 125 f. Der zusätzliche Verweis auf den unterschiedlichen Wortlaut vermag die systematische Verknüpfung allenfalls geringfügig zu entkräften. 376 Siehe § 7 I. 377 Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 40. 378 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 98; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 33. 379 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 98; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 33. 380 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 98; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 63; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 38; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 15; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 13; Kropff, ZIP 2009, 1137, 1139 f. 381 So auch Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 92; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 38; vgl. auch Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 51.
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§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG lassen die Annahme zu, dass der Gesetzgeber (allein) bei § 19 Abs. 5 GmbHG das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ schaffen wollte und dadurch eine Ausnahme zu § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG geschaffen hat, bei der aufgrund der systematischen Verknüpfung mit § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG auch die teilweise Vollwertigkeit zu berücksichtigen ist. Gestützt wird dies auch, wenn man die kapitalerhaltungsrechtliche Vorschrift des § 31 GmbHG in den Blick nimmt. Hiernach müssen Zahlungen, die § 30 GmbHG widersprechen, an die Gesellschaft zurückgezahlt werden. Der Umfang des Rückerstattungsanspruchs beschränkt sich nach herrschender Ansicht dabei auf den Anteil der Auszahlung, der für die Deckung des Stammkapitals erforderlich ist.382 Dies spricht dagegen, teilweise vollwertige Forderungen in Gänze als kapitalerhaltungsrechtlich unzulässige Auszahlungen zu qualifizieren, da sich der auf die betreffende Auszahlung richtende Rückerstattungsanspruch lediglich auf die Höhe beschränkt, die zur Deckung des Stammkapitals erforderlich ist.383 Hieraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die Kapitalbindung auf den Anteil beschränkt ist, der zur Deckung des Stammkapitals erforderlich ist.384 Bezogen auf die Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG bedeutet dies, dass die Darlehensgewährung kapitalerhaltungsrechtlich zulässig ist, solange der abgeschriebene vollwertige Teil des Rückgewähranspruchs das Stammkapital noch deckt. Auch die systematische Verknüpfung von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG mit § 31 GmbHG spricht daher gegen das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ zur Bestimmung des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit und stattdessen für die Berücksichtigung des abgeschriebenen vollwertigen Teils des Rückgewähranspruchs. Abschließend lässt sich festhalten, dass die systematische Auslegung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG Argumente für beide Ansichten zutage bringt. Auf der einen Seite ließe sich aus der Verknüpfung von Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung schließen, dass das in § 19 Abs. 5 GmbHG verankerte „Alles-oder-NichtsPrinzip“ auch auf die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu übertragen sei. Auf der anderen Seite werden beim Unterbilanzstatus des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG Forderungen gegen Gesellschafter bei teilweiser Vollwertigkeit mit ihrem abgeschriebenem Wert berücksichtigt und auch der Rückerstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG beschränkt sich auf den Teil der Auszahlung, der zur Deckung des Stammkapitals erforderlich ist. Beide Regelungen entspringen darüber hinaus ebenfalls dem Kapitalerhaltungsrecht, so dass sie die größere Sachnähe zu § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG aufweisen, was gegen die Heranziehung der kapitalaufbringungsrechtlichen Vorschrift des § 19 Abs. 5 GmbHG spricht. Diese Erwägungen sprechen dafür, dass der Gesetzgeber mit dem „Alles-oder-Nichts-Prin382
Flume, GmbHR 2011, 1258, 1264; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 31 AktG, Rn. 8; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 31 GmbHG, Rn. 22; Fleischer, in: Henssler/ Strohn GesR, § 31 GmbHG, Rn. 17. 383 Flume, GmbHR 2011, 1258, 1264. 384 So auch Flume, GmbHR 2011, 1258, 1264.
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zip“ eine Ausnahme von der bilanziellen Betrachtung geschaffen hat, die sich jedoch auf die Vollwertigkeit im Sinne des § 19 Abs. 5 GmbHG beschränkt. Die unterschiedlichen Ergebnisse bei der systematischen Anknüpfung an § 19 Abs. 5 GmbHG und § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG sowie § 31 Abs. 1 GmbHG lassen eine eindeutige Auslegung von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG hinsichtlich des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit nicht zu. Die besseren Argumente sprechen jedoch dafür, dass der Gesetzgeber mit dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ in § 19 Abs. 5 GmbHG eine Ausnahmeregelung von der Maßgeblichkeit der bilanziellen Betrachtungsweise geschaffen hat, die für die kapitalerhaltungsrechtliche Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG hingegen keine Rolle spielt. (c) Historische Auslegung In einem weiteren Schritt ist mit der historischen Auslegung der vom Gesetzgeber verfolgte Sinn und Zweck der Regelung zu untersuchen.385 Wie bereits erläutert, wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung von § 30 Abs. 1 GmbHG ausdrücklich zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückkehren.386 Über den pauschalen Verweis auf die Rückkehr zur bilanziellen Betrachtung hinausgehende, konkrete Aussagen hinsichtlich der Frage des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, lassen sich der Begründung des Gesetzgebers zum MoMiG jedoch nicht entnehmen. Insbesondere fehlen Anhaltspunkte beziehungsweise Auseinandersetzungen damit, ob auch die teilweise Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG oder das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ gelten soll. Im Gegensatz zur Vollwertigkeit nach § 19 Abs. 5 GmbHG schweigt hierzu sowohl die Stellungnahme des Bundesrats387 als auch die Begründung388 des Gesetzgebers.389 Wie bereits festgestellt, kann aus dem pauschalen Verweis auf die Rückkehr zur bilanziellen Betrachtung nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass der Gesetzgeber vollumfänglich, also auch bezüglich des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit, auf bilanzielle Maßstäbe zurückgreifen wollte.390 Mangels gegenteiliger Anknüpfungspunkte in der vorhandenen Gesetzesgenetik lässt sich dies allenfalls vermuten. Die historische Auslegung bringt daher kein eindeutiges Ergebnis zutage, lässt jedoch vermuten, dass der Gesetzgeber auch hinsichtlich des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG bilanzielle Maßstäbe und nicht das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ ansetzen wollte, so 385
Siehe hierzu bereits § 7 III.1.b)bb)(2)(c). Siehe § 7 I. 387 Stellungnahme des Bundesrats zum RegE MoMiG, BR-Drucks. 354/07. 388 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140. 389 Siehe zum Vorschlag des Bundesrats zur Einführung des Wortes „soweit“ bei § 19 Abs. 5 GmbHG und dessen Zurückweisung durch den Gesetzgeber auch § 7 III.1.b)cc)(2)(b). 390 Siehe § 7 III.1.b)cc)(2)(b). 386
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
dass bei teilweiser Vollwertigkeit der Rückgewähranspruch in abgeschriebener Höhe bei der Vollwertigkeitsprüfung zu berücksichtigen ist. (d) Teleologische Auslegung Endlich ist mit der teleologischen Auslegung zu fragen, welche Normdeutung dem objektiven Sinn und Zweck der Regelung am besten entspricht.391 Wie bereits dargestellt, schützt § 30 GmbHG das satzungsmäßige Stammkapital vor Zugriffen durch die Gesellschafter und begründet eine Auszahlungssperre. Hierdurch wird das Haftkapital zu Gunsten der Gläubiger erhalten, so dass die Norm primär dem Gläubigerschutz dient.392 Diesbezüglich ist festzuhalten, dass das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ auch bei teilweiser Vollwertigkeit zur kapitalerhaltungsrechtlichen Unzulässigkeit der gesamten Leistung führen würde und somit in vollem Umfang der Gesellschaft nach § 31 Abs. 1 GmbHG zu erstatten wäre. Dies würde für die Gläubiger den größtmöglichen Schutz begründen, da der Rückerstattungsanspruch den gesamten Betrag der Auszahlung umfassen würde. Es ließe jedoch außer Betracht, dass das Kapitalerhaltungsrecht den Schutz der Gläubiger nicht voraussetzungslos und vor allem nicht grenzenlos gewährt, sondern als gesetzliches Schutzkonzept in Form einer bilanziellen Ausschüttungssperre393 konzipiert ist.394 Auch hier dürfte der pauschale Verweis auf die Maßgeblichkeit bilanzieller Maßstäbe aufgrund der Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise allenfalls eine Vermutung dafür begründen, dass die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit auch im Hinblick auf den erforderlichen Umfang der Vollwertigkeit (ausschließlich) anhand bilanzieller Grundsätze zu beurteilen ist. Gestützt wird diese Vermutung jedoch wiederum dadurch, dass sich der Umfang der Kapitalbindung und somit auch die Höhe der Auszahlungssperre auf die Summe beschränkt, die zur Deckung des Stammkapitals erforderlich ist.395 Die Stammkapitalziffer soll ein gewisses Mindestbetriebskapital sichern,396 wobei der Kapitalerhaltungsschutz keinen gegenständlichen Schutz des Gesellschaftsvermögens begründet, sondern lediglich dessen rechnerischen Wert sichert.397 Allerdings ist der hierdurch gewährte Schutz für die Gesellschaftsgläubiger auf die Stammkapitalziffer begrenzt.398 Soweit durch die Auszahlung diese Ziffer nicht angetastet wird, sind die Gesellschafter grundsätzlich frei, sich das (übrige) freie Vermögen der
391 392 393 394
Rn. 1. 395 396 397 398
Siehe hierzu bereits § 7 III.1.b)bb)(2)(d). Siehe hierzu näher § 7 III.1.b)bb)(2)(d). So auch Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 731. Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 284; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Siehe hierzu bereits § 7 III.1.b)cc)(2)(b). Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 4. Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 3. Vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 6.
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Gesellschaft auszahlen zu lassen.399 Dem würde es jedoch widersprechen, wenn im Rahmen des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ bei teilweiser Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs die kapitalerhaltungsrechtliche Unzulässigkeit der gesamten Auszahlung angenommen werden müsste. Dem intendierten Gläubigerschutz ist nämlich bereits genüge getan, wenn durch die Auszahlung die Stammkapitalziffer nicht angetastet wird. Sofern dies bei teilweiser Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs der Fall ist, also die Eigenkapitalminderung, die sich aus der Differenz des Nominalwerts und des abgewerteten Wertes ergibt, nicht das Stammkapital angreift,400 besteht somit kein kapitalerhaltungsrechtlich schutzwürdiger Tatbestand. Das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ widerspricht somit dem Zweck des Kapitalerhaltungsrechts, indem es den Schutzzweck über das normierte und intendierte Maß hinaus ausweitet.401 Nach der teleologischen Auslegung ist das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ im Rahmen der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG abzulehen. Dem Schutzzweck der Norm entspricht es vielmehr, bei teilweiser Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs, dessen abgeschriebene Höhe bei der Vollwertigkeitsprüfung zu berücksichtigen. (e) Differenzierung zwischen Vorliegen und Entstehung einer Unterbilanz nicht zielführend Eine weitere Differenzierung dahingehend, ob die teilweise vollwertige Leistung bei Vorliegen einer Unterbilanz erfolgt oder erst zu einer solchen führt,402 ist für die Frage des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG nicht zielführend. Erfolgt die Auszahlung bei bereits vorhandener Unterbilanz, liegt bei teilweiser Vollwertigkeit sowohl nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ als auch bei Berücksichtigung abgeschriebener Werte entsprechend ihrer teilweisen Vollwertigkeit eine kapitalerhaltungsrechtlich verbotene Auszahlung vor. Denn auch bei der Berücksichtigung teilweiser Vollwertigkeit kommt es durch die Auszahlung immer zu einer Eigenkapitalminderung in Höhe der Differenz aus dem Nominalwert und dem ab-
399 BGH, Urt. v. 12. 12. 1983 – II ZR 14/83, NJW 1984, 1037; BGH, Urt. v. 16. 9. 1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, 340; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 6. 400 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Nominalwert eines Darlehens 100 ist, der abgeschriebene Wert 80 und die Gesellschaft freie Rücklagen in Höhe von 20 aufweist. Die Eigenkapitalminderung in Höhe von 20 (Nominalwert 100 – abgeschriebener Wert 80) beschränkt sich hier auf die freien Rücklagen der Gesellschaft und tastet das Stammkapital somit nicht an. Erst bei einer Eigenkapitalminderung von über 20 würde auch das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft tangiert. 401 Den Widerspruch des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ zum Zweck des Kapitalerhaltungsrechts bejahend auch, Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 51, der zur Begründung jedoch nicht auf den Schutzzweck zurückgreift. 402 So jedoch Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 199.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
geschriebenen Wert.403 Auszahlungen an Gesellschafter sind jedoch verboten, wenn diese zu einer Unterbilanz (oder Überschuldung) führen oder diese vertiefen.404 Erfolgt nun, wie festgestellt, eine zwingende Eigenkapitalminderung mit der Auszahlung bei Vorliegen einer Unterbilanz, führt dies zwangsläufig zu einer Vertiefung der Unterbilanz und zur kapitalerhaltungsrechtlichen Unzulässigkeit der Auszahlung. Hieraus lässt sich zwar der Schluss ziehen, dass eine Auszahlung bei bestehender Unterbilanz nur kapitalerhaltungsrechtlich zulässig ist, wenn der Rückgewähranspruch zu 100 % vollwertig ist,405 dies bringt jedoch für die Grundsatzfrage des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, insbesondere ob auch teilweise Vollwertigkeit berücksichtigt werden muss oder das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ gilt, keinen Erkenntnisgewinn. Dass die Auszahlung andererseits kapitalerhaltungsrechtlich zulässig sei, wenn die Leistung zu einer Zeit erfolge, in dem sich die Gesellschaft nicht in einer Unterbilanz befinde und die Darlehensvergabe unter Berücksichtigung der gegebenenfalls nur teilweisen Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs auch nicht zum Entstehen einer Unterbilanz führe, setzt streng genommen bereits voraus, dass das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ bei der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG keine Anwendung findet. Einerseits lässt sich zwar argumentieren, dass Rückgewähransprüche außerhalb des Anwendungsbereichs des Kapitalerhaltungsrechts mit ihrem abgeschriebenem Wert, also auch bei teilweiser Vollwertigkeit, berücksichtigt werden und die Auszahlung somit zulässig ist, solange die Abschreibung nicht dazu führt, dass eine Unterbilanz bei der Gesellschaft entsteht.406 So erscheint es dann auch nur konsequent, für den Fall, dass eine Unterbilanz entsteht, eine verbotene Auszahlung nur in dieser Höhe anzunehmen.407 Andererseits ließe sich jedoch, unter Zugrundelegung des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ begründen, dass der Rückgewähranspruch nur mit dem abgeschriebenem Wert berücksichtigt werden kann, solange mit der Zahlung auch bei vollständiger Abschreibung keine Unterbilanz ausgelöst werde. Hiernach wäre der Tatbestand des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG eröffnet, sobald der Rückgewähranspruch nicht zu 100 % vollwertig ist und durch die Auszahlung bei vollständiger Nichtberücksichtigung des Rückgewähranspruchs408 eine Unterbilanz bei der Gesellschaft entsteht.409 Die Annahme des tatbestandlichen Nichteingreifens von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG für den Fall, dass bei der Auszahlung keine Unterbilanz vorlag und der Rückgewähranspruch zumindest so (teilweise) werthaltig ist, dass bei der Be403
Siehe hierzu etwa das Beispiel in 2. Teil, Fn. 400. Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 23. 405 Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 199. 406 Vgl. Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 199. 407 Vgl. Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 199 f. 408 Die vollständige Nichtberücksichtigung basiert auf der zugrundegelegten Maßgeblichkeit des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“. 409 Vgl. etwa Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 78 f. 404
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rücksichtigung des abgeschriebenen Werts keine Unterbilanz entsteht,410 setzt voraus, dass das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ keine Anwendung findet. Die Differenzierung gibt somit keine Antwort auf die Frage des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Unter der Annahme der Berücksichtigung der teilweisen Vollwertigkeit ergeben sich aus der Differenzierung allerdings die unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen für die Fälle, in denen die Auszahlung bei Vorliegen einer Unterbilanz oder außerhalb einer Unterbilanz erfolgt, wobei bei letzterem weiter unterschieden werden muss, ob trotz Berücksichtigung des abgeschriebenen Werts eine Unterbilanz entsteht oder nicht. (f) Zusammenfassung Der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft hat bei der Prüfung der Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs gegen die Konzernmutter nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG den nach Bilanzierungsregeln abgeschriebenen Wert anzusetzen. Kapitalerhaltungsrechtswidrig ist die Auszahlung der Darlehensvaluta nur, wenn der verbleibende vollwertige Teil nicht zur Stammkapitaldeckung ausreicht, also der Abschreibungsbedarf die freien Rücklagen der Gesellschaft übersteigt. Eine verbotswidrige Leistung liegt dann lediglich in der Höhe des, die freien Rücklagen übersteigenden Abwertungsbedarfs vor. Auch wenn der Wortlaut das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ vermuten lässt, spricht hierfür zunächst die systematische Verknüpfung von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG und § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Im Unterbilanzstatus nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG sind Forderungen gegen Gesellschafter als materielle Vermögensgegenstände zu aktivieren, wobei diese bei nicht vollständiger Realisierungswahrscheinlichkeit mit ihrem abgeschriebenem Wert berücksichtigt werden. Dies spricht dafür, die Darlehensrückgewährforderung bei der Vollwertigkeitsprüfung ebenfalls mit ihrem abgeschriebenem Wert zu berücksichtigen. Die fehlende Diskussion über das „Alles-oderNichts-Prinzip“ im Gesetzgebungsverfahren hinsichtlich des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG und die Wortlautunterschiede zu § 19 Abs. 5 GmbHG lassen vermuten, dass der Gesetzgeber das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ in § 19 Abs. 5 GmbHG als Ausnahme von der Maßgeblichkeit bilanzieller Grundsätze schaffen wollte. Darüber hinaus sprechen systematische Erwägungen zu § 31 GmbHG für die Berücksichtigung des abgeschriebenen Werts der Darlehensrückgewährforderung. Die Höhe des Rückzahlungsanspruchs beschränkt sich auf den Anteil der Auszahlung, der für die (Wiederherstellung der) Deckung des Stammkapitals erforderlich ist. Für die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG bedeutet dies, dass die Darlehensgewährung kapitalerhaltungsrechtlich zulässig ist, solange der abgeschriebene vollwertige Teil des Rückgewähranspruchs das Stammkapital noch deckt. Zuletzt spricht auch der Schutzzweck der Norm für die Maßgeblichkeit des abgeschriebenen werthaltigen Teils der Forderung bei der Vollwertigkeitsprüfung. Das kapitalerhaltungsrechtliche Schutz410
Vgl. Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 199.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
konzept gewährt keinen grenzenlosen Gläubigerschutz, sondern beschränkt sich auf eine bilanzielle Ausschüttungssperre. Solange der abgeschriebene Teil der Forderung zur Deckung des Stammkapitals ausreicht, ist dem intendierten Gläubigerschutz genüge getan, so dass das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ abzulehnen ist. (3) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Die Frage des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit ist in der Literatur umstritten.411 Es gibt in beiden Lagern gewichtige Stimmen. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist noch nicht ersichtlich. (a) Umstrittene Rechtslage Der Geschäftsführer sieht sich auch bezüglich des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert.412 Auch einzuholender Expertenrat wird keine absolute Klarheit bringen, so dass dem Geschäftsführer bei seiner Entscheidung über den erforderlichen Umfang der Vollwertigkeit ein Handlungsspielraum zusteht. Er hat die Chancen und Risiken der unterschiedlichen Prüfungszeitpunkte sorgfältig gegeneinander abzuwägen. (b) Vor- und Nachteile des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ Das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ gewährleistet ein höheres Schutzniveau zugunsten der Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft, als bei der Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes und kommt somit auch dem Gläubigerschutz zugute. Die vollumfängliche Qualifizierung der Darlehensgewähr als kapitalerhaltungsrechtswidrig bei teilweiser Vollwertigkeit der Rückgewährforderung verhindert einen tatsächlichen Kapitalabfluss von Gesellschaftsmitteln. Dabei betrifft das Auszahlungsverbot auch den nicht zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Betrag. Dieser „überschießende“ Betrag ist somit (auch) vor einem Austausch realer Haftungsmasse durch eine Forderung geschützt und erhält hierdurch die vorhandenen tatsächlichen finanziellen Mittel der Gesellschaft. Dieser weitgehende Liquiditätsschutz kann jedoch für die Gesellschaft auch nachteilig sein. Er verhindert die Darlehensgewähr in voller Höhe. Dies führt dazu, dass keine wirtschaftliche Beziehung zwischen der Mutter- und ihrer Tochtergesellschaft in Form des Darlehens entsteht. Dies verhindert letztlich, dass die Tochtergesellschaft Zinseinahmen auf den werthaltigen Teil durch die Auskehr eines Teils der Darlehenssumme generieren kann. Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ und Annahme der Maßgeblich411
Siehe zum Meinungsstand § 7 III.1.b)cc)(1) ff. Siehe zur Ausnahme von der gesetzlichen Pflichtenbindung bei unklarer Rechtslage ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(a). 412
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keit des abgeschriebenen Wertes zu prüfen. In diesem Fall wäre die Verweigerung der Auszahlung des werthaltigen Teils des Darlehens durch die abhängige Gesellschaft unzulässig. Diese Pflichtverletzung kann Schadensersatzpflichten der Gesellschaft auslösen. (c) Vor- und Nachteile bei Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes Auch die Vor- und Nachteile bei der Frage des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit verlaufen hinsichtlich der unterschiedlichen Handlungsalternativen konträr zueinander. Ein wesentlicher Vorteil der Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes ist die Ermöglichung einer teilweisen Vollziehung des Darlehensgeschäfts. Dies ermöglicht der Gesellschaft zumindest auf den werthaltigen Teil des Darlehens Zinserträge zu generieren und somit das Gesellschaftvermögen zu steigern. Die teilweise Darlehensauskehr führt allerdings zum Abfluss von tatsächlichem Gesellschaftskapital gegen den Austausch einer schuldrechtlichen Forderung auf Rückgewähr. Insoweit erreicht die Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes nicht das Schutzniveau des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“. Des Weiteren sind ebenfalls mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes und Annahme des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ zu prüfen. In diesem Fall wäre die Auszahlung des werthaltigen Teils des Darlehens durch die abhängige Gesellschaft unzulässig gewesen. Der Gesellschaft würde in diesem Fall ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG gegen den Gesellschafter zustehen. (d) Abwägung Abschließend hat der Geschäftsführer die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten zu vergleichen und pflichtgemäß abzuwägen. Hierbei ist er nicht gezwungen, die sicherste Variante zu wählen, sondern kann einen für die Gesellschaft günstigen Standpunkt einnehmen.413 Zugunsten der Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes spricht, dass sie der Gesellschaft das teilweise Wirtschaften ermöglicht und sie zumindest auf den vollwertigen Teil des Darlehens Zinserträge generieren und hierdurch das Gesellschaftsvermögen steigern kann. Dies erscheint auch betriebswirtschaftlich sinnvoll, da der Rückgewähranspruch hinsichtlich des ausgekehrten Teils des Darlehens werthaltig erscheint und somit neben den Zinserträgen auch mit der Darlehensrückgewähr gerechnet werden kann. Zugunsten der Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes ist weiter anzuführen, dass der Grad der Unsicherheit bezüglich ihrer möglichen Rechtswidrigkeit geringer ist, als der bei der Maßgeblichkeit des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“. Nach einer fundierten juristischen Betrachtung sprechen nämlich die besseren Argumente für die Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes.414 413 414
Siehe zur Abwägung bei umstrittener Rechtslage § 3 I.2.b)aa)(2)(a) am Ende. Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)cc)(2) ff.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Insgesamt erscheint es für den Geschäftsführer daher ratsam, den vollwertigen Teil des Darlehensrückgewähranspruchs zu bestimmen und zu prüfen, ob der verbleibende vollwertige Teil der Forderung zur Stammkapitaldeckung ausreicht. (e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer Haftungsrechtlich sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage hinsichtlich der Frage des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs konfrontiert. Dies begründet für den Geschäftsführer die Gefahr einer Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG, wenn er bei der Vollwertigkeitsprüfung ein Erfordernis für den Umfang der Vollwertigkeit zugrunde legt, das bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung verneint wird. Hält er etwa den vollwertigen Teil für maßgeblich und zahlt das Darlehen teilweise aus, und hält das Gericht jedoch das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ für maßgeblich, dann verstößt die Auszahlung gegen § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG und begründet die Haftung des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG. Im umgekehrten Fall wäre die Verweigerung der Auszahlung des vollwertigen Teils pflichtwidrig, was eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG zur Folge hätte. Diesem Haftungsrisiko kann der Geschäftsführer jedoch entgehen, wenn er zunächst die Rechtslage sorgfältig prüft und die verbleibenden Handlungsmöglichkeiten gegeneinander abwägt. Eine sorgfältige Abwägung führt dazu, dass der Vorwurf der Pflichtwidrigkeit ausgeschlossen ist und die Entscheidung des Geschäftsführers pflichtgemäß im Sinne des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG beziehungsweise des § 43 Abs. 2 GmbHG ist.415 Eine sorgfältige Abwägung spricht vorliegend für die Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes. Legt der Geschäftsführer diese Abwägung bei seiner Vollwertigkeitsprüfung zugrunde, treffen ihn hinsichtlich des gewählten erforderlichen Vollwertigkeitsumfangs keine Haftungsrisiken. Für den Geschäftsführer eines abhängigen Konzernunternehmens bedeutet dies, dass sich dieser bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG nicht darauf beschränken kann, lediglich zwischen vollwertig und nicht vollwertig zu unterscheiden. Kommt er zu dem Ergebnis, dass der Anspruch nicht (vollumfänglich) vollwertig ist, muss dieser zusätzlich auch noch bestimmen, bis zu welcher Höhe der Anspruch realisierbar ist. Anschließend muss er unter Zugrundelegung des abgeschriebenen Wertes prüfen, ob der verbleibende vollwertige Teil der Forderung zur Stammkapitaldeckung ausreicht oder nicht. Nur im zweiten Fall verstößt die Auszahlung gegen Kapitalerhaltungsrecht und ist vom Geschäftsführer zu verneinen. Im Hinblick auf die hieraus erwachsenden Haftungsrisiken des Geschäftsführers ist festzuhalten, dass das Erfordernis, bei teilweiser Vollwertigkeit der Forderung ihren verbleibenden (abgeschriebenen) Wert zu bestimmen, ein großes Haftungsrisiko in sich birgt. Im Gegensatz zur „Alles-oder-Nichts-Lösung“ kann sich der 415
Siehe hierzu ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(a).
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Geschäftsführer nicht mit der Prüfung begnügen, ob die Forderung vollwertig ist oder nicht. Stattdessen muss er eine genaue Bewertung beziehungsweise Bezifferung des Wertverlustes vornehmen. Aufgrund dieses erforderlichen wertenden Prognoseelements, welches dieser Prüfung natürlicherweise innewohnt, bleibt zwangsläufig ein gewisser Spielraum für den Geschäftsführer. Dieser Spielraum bietet leicht Angriffspunkte gegen das Ergebnis der Vollwertigkeitsprüfung des Geschäftsführers, so dass für diesen hieraus Haftungsrisiken erwachsen können. Allerdings muss man hierbei berücksichtigen, dass die Bewertung der Forderung bei teilweiser Vollwertigkeit nach bilanziellen Grundsätzen erfolgt.416 Hinsichtlich der Bewertung des Umfangs der teilweise vollwertigen Forderung deckt sich daher der Pflichtenmaßstab des Geschäftsführers mit dem der handelsbilanziellen Buchführung. Letzterer fällt ebenfalls in den Pflichtenkreis des Geschäftsführers.417 Streng genommen treffen den Geschäftsführer bei der Vollwertigkeitsprüfung somit keine neuen beziehungsweise eigenständigen Pflichten. Seine Pflichten aus der handelsbilanziellen Bewertung von teilweise vollwertigen Forderungen werden lediglich auch auf die Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erstreckt. Die Bewertung der Rückgewährforderung bei teilweiser Vollwertigkeit nach bilanziellen Grundsätzen stellt eine unternehmerische Entscheidung des Geschäftsführers dar. Er kann dem Haftungsrisiko somit entgehen, wenn er die Privilegierung der Business Judgement Rule für sich beanspruchen kann.418 Wie bereits festgestellt, erfordert dies, dass der Geschäftsführer die Vollwertigkeit nach der handelsrechtlichen Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB beziehungsweise nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB am Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung bestimmt. Diese Beurteilung muss in gutem Glauben erfolgen und die Prüfung muss auf einer angemessenen Informationsgrundlage nach den geltenden betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden vorgenommen werden. Liegen diese Voraussetzungen vor, greift zugunsten des Geschäftsführers eine unwiderlegbare Vermutung, dass dieser pflichtgemäß gehandelt hat.419 Wie bereits erläutert, bietet jedoch die Frage, ob die Voraussetzungen der Business Judgement Rule eingehalten worden sind, Angriffsflächen für Haftungsprozesse. Hierbei könnte insbesondere daran angeknüpft werden, dass die Informationsgrundlage nicht ausreichend war oder eine bestimmte Bewertung nicht den maßgeblichen Bewertungsmethoden entsprach. Diesbezüglich kann sich der Geschäftsführer absichern, in dem er sich für die Vollwertigkeitsbestimmung den Rat von einem oder mehrerer Wirtschaftsprüfer einholt. Diese Absicherung ist jedoch 416 Siehe zu den bilanziellen Grundsätzen ausführlich § 7 III.1.b)aa) ff. und zu der Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes bei der Vollwertigkeitsprüfung § 7 III.1.b)cc)(2) ff. 417 Graf, in: Münch. Komm. Bilanzrecht, § 238 HGB, Rn. 33. 418 Siehe zur Business Judgement Rule ausführlich § 3 I.2.b)dd) ff. 419 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)aa)(3).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
sehr zeitintensiv und kostspielig.420 Wenn auf die Einholung externen Expertenrats verzichtet werden soll, ist dem Geschäftsführer zu empfehlen, sich durch Comfort Letters421 abzusichern.422 (4) Zusammenfassung Abschließend ist hinsichtlich des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit festzuhalten, dass auch teilweise vollwertige Gegenleistungs- oder Rückgewähransprüche die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG begründen, soweit der verbleibende vollwertige Teil des Anspruchs zur Deckung des Stammkapitals ausreicht. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sieht sich der Geschäftsführer hinsichtlich der Frage des maßgeblichen Umfangs der Vollwertigkeit einer umstrittenen Rechtslage ausgesetzt. Er hat somit die Vor- und Nachteile der Maßgeblichkeit der „Alles-oder-Nichts-Prüfung“ mit denen der Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes gegeneinander abzuwägen. Zugunsten der letzten Handlungsvariante spricht, dass diese es der Gesellschaft ermöglicht, ihre wirtschaftliche Beziehung mit dem werthaltigen Teil aufzunehmen und auf den verbleibenden Darlehensbetrag Zinserträge zu generieren. Durch die sorgfältige Abwägung entfällt der Vorwurf eines Sorgfaltspflichtenverstoßes des Geschäftsführers, auch wenn sich bei einer späteren gerichtlichen Entscheidung die Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes als rechtswidrig herausstellt. Der Geschäftsführer kann sich bei der Vollwertigkeitsprüfung somit nicht auf eine „Alles-oder-Nichts-Prüfung“ beschränken und lediglich zwischen vollwertig und unvollwertig differenzieren. Vielmehr muss er prüfen, ob der vollwertige Teil einer Forderung zur Stammkapitaldeckung ausreicht oder nicht. Die Prüfung hat anhand handelsbilanzieller Grundsätze zu erfolgen, so dass sich der Pflichtenmaßstab des Geschäftsführers mit dem der handelsbilanziellen Buchführung deckt. Die konkrete Bestimmung des vollwertigen Teils der Rückgewährforderung stellt eine unternehmerische Entscheidung im Sinne der Business Judgement Rule dar. Genügt der Geschäftsführer ihren Anforderungen, wird unwiderlegbar vermutet, dass die Bestimmung pflichtgemäß erfolgte. Um verbleibende Angriffspunkte hinsichtlich der Voraussetzungen der Business Judgement Rule zu vermeiden, insbesondere den Vorwurf einer unzureichenden Informationsgrundlage und die Zugrundelegung falscher Bewertungsmethoden auszuschließen, bietet sich die Einholung eines oder mehrerer Gutachten von Wirtschaftsprüfern an. Will man hierauf aus Kosten- oder Zeitgründen verzichten, sind Comfort Letters dringend zu empfehlen.
420 421 422
Vgl hierzu § 7 III.1.b)aa)(3) am Ende. Siehe zu der Absicherung durch Comfort Letters ausführlich § 3 VI. Siehe hierzu bereits § 7 III.1.b)aa)(3) am Ende.
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dd) Prinzip des Drittvergleichs bei Vollwertigkeitsprüfung Wie bereits festgestellt, etablierte sich vor der November-Entscheidung423 des BGH eine Strömung in der Literatur, die für die kapitalerhaltungsrechtliche Legitimation von Darlehen über die reine bilanzielle Betrachtungsweise hinausging und neben der bilanziellen Vollwertigkeit forderte, dass die Leistung ebenfalls dem Maßstab des Drittvergleichs gerecht werden müsse.424 Die Reichweite des Drittvergleichs variierte innerhalb dieser Ansicht dabei zwischen der Pflicht zur angemessenen Verzinsung, dem zusätzlichen Erfordernis einer marktüblichen Besicherung und der Frage der Zulässigkeit einer Darlehensvergabe bei Vorliegen einer Unterbilanz der Gesellschaft.425 Der BGH kehrte sich in seiner November-Entscheidung jedoch von der bilanziellen Betrachtung ab und erfasste mit einer anderen Ansicht in der Literatur426 auch bilanzneutrale Geschäfte als verbotene Auszahlungen, wenn liquide Haftungsmasse durch zeitlich hinausgeschobene schuldrechtliche Forderungen ausgetauscht werde und sich dadurch die Vermögenssituation der Gesellschaft und die Befriedigungsmöglichkeiten ihrer Gläubiger verschlechtere.427 Der November-Entscheidung des BGH wollte der Gesetzgeber mit dem MoMiG entgegentreten und ausdrücklich zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückkehren.428 Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ausschließlich anhand allgemeiner Bilanzierungsgrundsätze zu erfolgen hat oder zusätzlich auch das Prinzip des Drittvergleichs als Prüfungsmaßstab heranzuziehen ist. Hierzu ist zunächst das Prinzip des Drittvergleichs herauszuarbeiten. Besonderer Fokus ist dabei darauf zu legen, inwieweit der Drittvergleich nach dem MoMiG für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von stammkapitalberührenden Leistungen im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung noch Geltung erlangt. Erst in einem weiteren Schritt ist dann zu klären, ob und inwieweit die Verzinsung, die Besicherung und das Vorliegen einer Unterbilanz bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu berücksichtigen sind. (1) Reichweite des Drittvergleichs nach MoMiG Das Prinzip des Drittvergleichs entwickelte sich vor dem MoMiG auf der Basis von § 30 Abs. 1 GmbHG a.F., wonach das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden durfte. Aufgrund der Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter auf die GmbH und die damit einhergehenden Risiken für die Gläubiger sollte mit dem Stammkapital ein 423 424 425 426 427 428
Siehe zum November-Urteil ausführlich § 6 I.3 ff. Siehe hierzu § 6 I.1. Siehe hierzu § 6 I.1. am Ende. Siehe hierzu § 6 I.2. Siehe hierzu § 6 I.3. Siehe § 7 I.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Haftungsfonds geschaffen werden, der dem Zugriff der Gesellschafter entzogen ist.429 Unter dieser Prämisse wurde auch die Verknüpfung der Auszahlung mit der Gesellschafterstellung in § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. gedeutet. Leistungen an Gesellschafter haftet somit grundsätzlich der Verdacht an, dass diese die Gesellschaft und ihre Gläubiger zu Gunsten ihrer Empfänger übervorteilen.430 Hieraus wurde sodann gefolgert, dass mit der Regelung nicht per se Geschäfte zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern verboten werden sollen, sondern nur solche, die aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses (causa societatis) erfolgen und mit einem unabhängigen Dritten nicht oder nicht so getätigt worden wären.431 Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern, die im betrieblichen Interesse der Gesellschaft liegen und auch mit unabhängigen Dritten (Frage des Ob der Kontrahierung) in gleicher Weise (Frage des Wie der Kontrahierung) abgeschlossen worden wären, soll das Verbot daher nicht erfassen. Dieser kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung liegt das Prinzip des Drittvergleichs zugrunde.432 Hiernach gilt es zu prüfen, ob das zugrunde liegende Geschäft at arms length erfolgte, also im Interesse der Gesellschaft lag und hinsichtlich des Ob und des Wie auch so mit unabhängigen Dritten vereinbart worden wäre.433 Ist dies zu bejahen, fiel das betreffende Geschäft nicht in den Anwendungsbereich von § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. und war folglich kapitalerhaltungsrechtlich unbedenklich. § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. ist im Zuge des MoMiG wortgleich in § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. übernommen worden. Vorliegend sind keine Anzeichen erkennbar, dass der Gesetzgeber den Regelungsgehalt der Norm antasten wollte. Insbesondere ist es nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Regelung zwar wortgleich übernehmen wollte, dabei jedoch auf die allgemein anerkannte ungeschriebene Voraussetzung der causa societatis verzichten wollte. Insofern darf davon ausgegangen werden, dass Leistungen zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter, die nicht aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses erfolgen, also in dieser Form auch mit unabhängigen Dritten getätigt worden wären und somit dem Drittvergleich standhalten, auch nach dem MoMiG nicht in den Anwendungsbereich von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. fallen. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung des MoMiG hinsichtlich des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. 429 Vgl. Fleischer, in: Henssler/Strohn GesR, § 30 GmbHG, Rn. 8; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 2; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 1. 430 Vgl. Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 229, vgl. auch Rn. 126 und 231. 431 Kruis, in: Sernetz/Kruis Kapitalaufbringung und -erhaltung in der GmbH, 233; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 29; vgl. auch Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 66. 432 Vgl. Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 236; Winter, DStR 2007, 1484, 1487. 433 Kruis, in: Sernetz/Kruis Kapitalaufbringung und -erhaltung in der GmbH, 234; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 236; Winter, DStR 2007, 1484, 1487; vgl. auch Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 29.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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keinerlei Ausführungen macht. Da die Vorschrift wörtlich mit § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. übereinstimmt, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber von einer unveränderten Fortgeltung der bis zum MoMiG geltenden Rechtslage ausging. Da sich auch nach dem MoMiG grundsätzlich nichts an der Gefährdung der Gläubiger durch den Zugriff der Gesellschafter beziehungsweise der Unbedenklichkeit von Leistungsbeziehungen, die at arms lenghts erfolgen, ändert, erscheint der Drittvergleich auch nach wie vor interessengerecht. Ein Abrücken hiervon anzunehmen, ohne dass weder ein entsprechender Wille des Gesetzgebers noch eine Notwendigkeit hierfür ersichtlich ist, erscheint daher abwegig. Darüber hinaus heißt es bezüglich des neugeschaffenen § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F., dass dieser wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen, insbesondere im Konzern, erleichtern und reibungslos ermöglichen soll.434 Durch § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. sollen also nur bestimmte Leistungen privilegiert werden. Aus einem Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. als Sonderregelung nur Ausnahmefälle regelt, während für die Regelfälle § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. maßgeblich ist. Da die Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG n.F. somit nur für spezielle Ausnahmefälle geschaffen wurde, ist davon auszugehen, dass hiermit keine Neuregelung des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. bezweckt ist und somit die auf § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. basierende Rechtslage unverändert in den § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. überführt werden sollte. Das Prinzip des Drittvergleichs gilt somit auch nach dem MoMiG für Auszahlungen im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. unverändert fort. In einem weiteren Schritt ist sodann zu klären, ob das Prinzip des Drittvergleichs auch im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F. heranzuziehen ist. Hierüber herrscht in der Literatur Streit. Während eine Ansicht die Geltung des Drittvergleichs auch im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung fordert,435 gehen andere von der Ausschließlichkeit der bilanziellen Betrachtung aus und verneinen das Erfordernis des Drittvergleichs.436 Während für die erstgenannte Ansicht keine Begründung angeführt wird, geht die Begründung der Gegenansicht indes vielfach nicht über den pauschalen Verweis auf die Regierungsbegründung hinaus, wonach die bilanzielle Betrachtung das einzig maßgebliche Kriterium der Vollwertigkeitsprüfung sein solle.437 Möchte man die 434
Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Hirte, ZInsO 2008, 689, 692; Hölzle, GmbHR 2007, 729, 734; vgl. auch Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 29 f., nach dem die Vollwertigkeit erfordert, dass ein objektiver Dritter die Besicherung beziehungsweise die Verzinsung in gleicher Weise vereinbart hätte. 436 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 84; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 56; Winter, DStR 2007, 1484, 1487; Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293; Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801, 806. 437 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 84; Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801, 806; nicht entscheidend weiter geht die Argumentation von anderen, nach denen der Gesetzgeber bewusst auf die Einführung eines Drittvergleichs verzichtet habe, Winter, DStR 2007, 1484, 1487; Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293. 435
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widerstreitenden Ansichten nicht bloß unter Zugrundelegung der dünnen Argumentationsbasis gegeneinander abwägen, sondern zu einem fundierten Ergebnis gelangen, erscheint eine umfassende Analyse des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F. im Wege der Gesetzesauslegung angebracht. (a) Grammatikalische Auslegung Im Rahmen der grammatikalischen Gesetzesauslegung ist der Wortsinn der Regelung heranzuziehen.438 Dem Wortlaut der Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG lässt sich entnehmen, dass für die Privilegierung von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG alternativ zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Bei den Voraussetzungen handelt es sich dabei zum einen um das Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags und zum anderen um die Deckung der Leistung durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch. Weitere Voraussetzungen können dem Wortsinn nicht entnommen werden. Nach grammatikalischer Auslegung erscheint der Drittvergleich im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG nicht erforderlich. (b) Systematische Auslegung Daraufhin wird mit der systematischen Auslegung versucht, das Regelungsverständnis der zu untersuchenden Norm zu finden, das sich möglichst kohärent in das umliegende Normengefüge einfügt und sich so zu einer Wertungseinheit zusammenfügt.439 Hierbei ist die augenscheinliche systematische Verknüpfung von § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG mit § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG näher zu beleuchten. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass das Prinzip des Drittvergleichs aus § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. entwickelt wurde und die ihr zugrunde liegende Regelung wortgleich in § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. übernommen wurde.440 Das Erfordernis des Drittvergleichs erfolgt somit nach dem MoMiG aus § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Anders formuliert ist der Drittvergleich ein (wenn auch ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Systematisch kann der Drittvergleich jedoch kein Tatbestandsmerkmal von § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG sein. Zwar nimmt die Vorschrift auf § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG Bezug, jedoch ist dies nicht dergestalt zu verstehen, dass hierüber sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen der Norm auch für § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG gelten. Vielmehr ordnet die Vorschrift an, dass § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG nicht gilt, wenn ein Beherrschungsvertrag beziehungsweise ein Gewinnabführungsvertrag besteht (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG) oder die Auszahlung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG). Mit anderen Worten regelt § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG, dass eine § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG widersprechende Auszahlung ausnahmsweise keine verbotene 438 439 440
Siehe hierzu bereits § 7 III.1.b)bb)(2)(a). Siehe hierzu bereits § 7 III.1.b)bb)(2)(b). Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)dd)(1).
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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Auszahlung darstellt, sofern ein Unternehmensvertrag oder die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs vorliegt. Die Bezugnahme auf § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG beschränkt sich somit darauf, dass eine verbotene Auszahlung im Sinne dieser Norm vorliegen muss. Ob diese Unzulässigkeit der Auszahlung dabei auf der mangelnden Vergleichbarkeit mit einem Drittgeschäft beruht oder anderweitig begründet ist, spielt hingegen keine Rolle. Als weitere Voraussetzungen für die Privilegierung der Auszahlung gegenüber § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist lediglich das Bestehen eines Unternehmensvertrags (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG) beziehungsweise die Vollwertigkeit (und die Deckung441) des Rückgewähranspruchs (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG) erforderlich. Allein aus diesen Voraussetzungen kann jedoch nicht das Erfordernis des Drittvergleichs begründet werden. Gegenteiliges ließe sich äußerstenfalls bei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erwägen. Wie § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG weist auch § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG die für den Drittvergleich erforderliche Verknüpfung von der Leistung mit der Gesellschafterstellung auf. Auch der Rückgewähranspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter basiert nämlich auf einer Leistungsbeziehung zwischen beiden. Im Fall eines Darlehens ist diese in dem Darlehensvertrag zu sehen. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass die Darlehensvergabe bereits eine Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darstellt und hierbei bereits dem Drittvergleich unterzogen ist. Entspricht die Vereinbarung dem Drittvergleich nicht, stellt die Darlehensvergabe eine verbotswidrige Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG dar. Wie bereits erläutert, nimmt § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG auf verbotene Leistungen im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG Bezug,442 wobei es irrelevant ist, worauf die Verbotswidrigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG beruht. Der Drittvergleich im Rahmen von Darlehen erlangt somit primär im Rahmen von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG Bedeutung und ist auch nur hier vorzunehmen. Sofern das Darlehen dem Drittvergleich nicht standhält, stellt es eine verbotene Leistung im Sinne von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG dar. Hieran knüpft § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG an und ordnet die ausnahmsweise Zulässigkeit der Leistung an, wenn der Rückgewähranspruch vollwertig ist. Wenn es jedoch für die Anwendbarkeit von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG irrelevant ist, ob die Verbotswidrigkeit der Leistung im Sinne von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG auf einem mangelnden Drittvergleich oder auf anderen Gründen beruht, erscheint es systematisch widersinnig, das Drittvergleichskriterium als einzige Tatbestandsvoraussetzung des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG auch bei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG heranzuziehen. Vielmehr ist der Drittvergleich auf § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zu beschränken. Aufgrund der Bezugnahme auf die Verbotswidrigkeit im Sinne von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist es dann zwar möglich, dass der Drittvergleich mittelbar auch bei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG relevant wird. Dies ist jedoch nur für die Anwendbarkeit von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG relevant. Basiert die Verbotswidrigkeit der Leistung nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG auf einem mangelnden Dritt441 Siehe zum Deckungsgebot und dessen Nichtanwendbarkeit auf die Darlehenszinsen § 7 III.1.a) ff. 442 Siehe hierzu § 7 III. Siehe zur Reichweite des Drittvergleichs § 7 III.1.b)dd)(1).
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vergleich, ist die Leistung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ausnahmsweise dennoch zulässig, wenn der Rückgewähranspruch vollwertig ist. Für die Frage der Vollwertigkeit spielt der Drittvergleich dann jedoch keine Rolle (mehr). Auch nach der systematischen Auslegung ist das Erfordernis des Drittvergleichs im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG folglich zu verneinen. (c) Historische Auslegung Mit der historischen Auslegung ist sodann der vom Gesetzgeber verfolgte Sinn und Zweck der Regelung zu untersuchen.443 Wie bereits erläutert, wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung von § 30 Abs. 1 GmbHG der November-Rechtsprechung des BGH entgegentreten und ausdrücklich zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückkehren.444 Ausweislich des Wortlauts der Regierungsbegründung zu § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG kehrt der Gesetzesentwurf „eindeutig zum bilanziellen Denken zurück“, wobei hierfür „die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze“ gelten.445 Der Wortlaut lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber für die Prüfung der Vollwertigkeit ausschließlich bilanzielle Maßstäbe heranziehen wollte, da von anderen Voraussetzungen, insbesondere dem Drittvergleich, keine Rede ist. Dies deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber zur reinen bilanziellen Betrachtungsweise446 zurückkehren wollte und der Drittvergleich im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung somit nicht zu berücksichtigen ist. Jedoch merkt der Gesetzgeber an anderer Stelle in der Regierungsbegründung an, dass mit dem MoMiG zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückgekehrt wird, „die bis zum November 2003 problemlos anerkannt war“.447 Dies relativiert das zuvor Gesagte jedoch, da die reine bilanzielle Betrachtungsweise, entgegen der Annahme des Gesetzgebers, nicht problemlos anerkannt war. Vielmehr stellte der überwiegende Teil der Literatur neben der bilanziellen Werthaltigkeit weitere Anforderungen an die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit, insbesondere das Prinzip des Drittvergleichs.448 Stellt man hinsichtlich des Erfordernisses des Drittvergleichs somit auf die herrschende Ansicht ab (diese wird wohl am ehesten als problemlos anerkannt gelten dürfen), erscheint der Drittvergleich neben der bilanziellen Vollwertigkeit daher als zwingend erforderlich. Berücksichtigt man im Rahmen der historischen Auslegung somit (nur) den erklärten Willen zur Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise zeigt sich somit kein eindeutiges Ergebnis, ob neben dem Erfordernis der bilanziellen Werthaltigkeit auch ein Drittvergleich anzustellen ist. Um ein eindeutiges Ergebnis im Rahmen der historischen Auslegung zu erhalten, erscheint es daher erforderlich, den Fokus auf weitere Erwägungsgründe des Gesetzgebers auszuweiten. 443 444 445 446 447 448
Siehe hierzu schon § 7 III.1.b)bb)(2)(c). Siehe hierzu auch § 7 I. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Siehe zur rein bilanziellen Betrachtungsweise § 6 I.1. am Anfang. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Siehe hierzu ausführlich § 6 I. am Ende.
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Als weiteren Erwägungsgrund nennt der Regierungsentwurf, dass § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG „den Gesellschaften erleichtern [will], mit ihren Gesellschaftern – vor allem auch im Konzern – alltägliche und wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen zu unterhalten und abzuwickeln.“449 Hieraus lässt sich eine Privilegierung entsprechender Leistungsbeziehungen gegenüber § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ableiten. Zugleich zeigt dies auch, dass die Reichweite der Privilegierung auch das Erfordernis des Drittvergleichs im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung umfasst. Durch die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG sollen ausdrücklich wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern ermöglicht werden. Die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit von Geschäften ist jedoch nicht mit Marktüblichkeit (at arms lenghts) im Sinne des Drittvergleichs gleichzusetzen. Zum einen erfasst die Begründung insbesondere Leistungsbeziehungen im Konzern.450 Konzerninterne Finanzierung und Leistungsbeziehungen zeichnen sich jedoch gerade dadurch aus, dass sie in dieser Form nicht mit externen Dritten erfolgen würden, sondern am Konzernwohl ausgerichtet sind.451 Zu fragen, ob dieses Geschäft von der Gesellschaft mit einem unabhängigen Dritten in ebendieser Form gleichfalls abgeschlossen worden wäre, wie dies im Rahmen des Drittvergleichs erfolgt,452 widerspräche somit dem Willen des Gesetzgebers. Über den Anknüpfungspunkt des unabhängigen Dritten hinaus, unterscheidet sich die Sinnhaftigkeit zum anderen auch hinsichtlich des Prüfungsinhaltes von der Marktüblichkeit (at arms lenghts). Im Konzern ist es nämlich durchaus möglich, dass Leistungsbeziehungen mit anderen Konzernunternehmen in der vereinbarten Form und mit den vereinbarten Konditionen mit einem Dritten nicht oder nicht so abgeschlossen worden wären,453 diese Form und diese Konditionen sich im Konzern jedoch als sinnvoll erweisen. So erscheint es bei der gegenseitigen Darlehensvergabe innerhalb eines konzernweiten Cash Pooling Systems durchaus sinnvoll, dass die Darlehensgewähr zinsfrei erfolgt. Diese Vorgehensweise spart zum einen Aufwand und als Ausgleich für den Verlust möglicher Zinseinnahmen erhalten die beteiligten Gesellschaften die Möglichkeit, zinsfrei Kapital im Bedarfsfall akquirieren zu können.454 Die vom Gesetzgeber mit der Schaffung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG verfolgte Privilegierung von Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern umfasst somit auch, dass der Drittvergleich bei der Prüfung der Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG außer Acht gelassen werden muss und die Berechnung allein anhand bilanzieller Grundsätze erfolgt.
449
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. 451 Vgl. § 4 II.2.b)bb). 452 Siehe schon § 7 III.1.b)dd)(1). 453 Siehe zum Prüfungsinhalt im Rahmen des Drittvergleichs auch § 7 III.1.b)dd)(1). Siehe zu den weiteren Vorteilen des Cash Poolings § 12 II. ff. 454 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 119 m.w.N. 450
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Unter Zugrundelegung der historischen Gesetzesauslegung von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG spricht somit einiges dafür, dass der Gesetzgeber die Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern auch im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung hinsichtlich des Erfordernisses des Drittvergleichs gegenüber § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG privilegieren wollte. Hiernach erfolgt die Vollwertigkeitsprüfung ausschließlich anhand bilanzieller Grundsätze, so dass der Drittvergleich nicht als Maßstab heranzuziehen ist. (d) Teleologische Auslegung Abschließend ist anhand der teleologischen Auslegung zu untersuchen, welche Normdeutung dem objektiven Sinn und Zweck der Regelung am besten entspricht.455 Wie bereits dargestellt, schützt § 30 GmbHG das in der Satzung festgeschriebene Stammkapital vor Zugriffen durch die Gesellschafter und begründet eine Auszahlungssperre. Hierdurch wird das Haftkapital zu Gunsten der Gläubiger erhalten, so dass das primäre Telos der Norm der Schutz der Gläubiger darstellt.456 § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG normiert einen Ausnahmetatbestand für die Auszahlungssperre des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG bei Bestehen eines Unternehmensvertrags (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG) beziehungsweise eines vollwertigen Rückgewähranspruchs (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG).457 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG rechtfertigt somit eine Lockerung des Gläubigerschutzes. Im Rahmen der teleologischen Auslegung ist daher zu fragen, wie weit diese Lockerung des Gläubigerschutzniveaus durch die Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG beabsichtigt war. Mit anderen Worten muss geklärt werden, ob das zusätzliche Erfordernis eines Drittvergleichs und somit die Erschwerung der kapitalerhaltungsrechtlichen „Rechtfertigung“ im Wege des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG unter Gläubigerschutzgesichtspunkten notwendig erscheint. Mangels anderer Ansatzpunkte ist hierfür ebenfalls auf die Gesetzesbegründung zum MoMiG zurückzugreifen. Hierin äußert sich der Gesetzgeber hinsichtlich möglicher Bedenken eines zu geringen Gläubigerschutzniveaus von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ausdrücklich und führt an, dass diese Regelung keinesfalls „das Ausplündern von Gesellschaften ermöglichen oder erleichtern“ soll.458 Das Vollwertigkeitserfordernis normiere vielmehr einen ausreichenden Gläubigerschutz, da die „Vollwertigkeit der Rückforderung […] eine nicht geringe Schutzschwelle“ darstellt.459 Als konkretisierendes Beispiel für die fehlende Vollwertigkeit führt der Gesetzgeber hierfür eine mit geringen Mitteln ausgestattete Erwerbsgesellschaft an.460 Einziger Bezugspunkt für die Vollwertigkeit ist dabei die absehbare Durch455 456 457 458 459 460
Siehe hierzu bereits § 7 III.1.b)bb)(2)(d). Siehe hierzu näher § 7 III.1.b)bb)(2)(d). Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 2. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41.
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setzbarkeit der Forderung.461 Mit der Maßgeblichkeit der Durchsetzbarkeit, mit anderen Worten der Realisierbarkeit der Forderung, knüpft der Gesetzgeber somit eindeutig (ausschließlich) an bilanzielle Grundsätze an.462 Der Gesetzgeber erwähnt in diesem Zusammenhang den Drittvergleich nicht. Unter Gläubigerschutzgesichtspunkten erscheint es daher nicht notwendig, den Drittvergleich als weiteres Erfordernis im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG heranzuziehen; vielmehr begründet die Berechnung allein nach Bilanzierungsgrundsätzen ein ausreichend hohes Gläubigerschutzniveau. Auch nach der teleologischen Auslegung von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG hat die Vollwertigkeitsprüfung ausschließlich anhand bilanzieller Grundsätze zu erfolgen, so dass der Drittvergleich nicht als Maßstab herangezogen werden kann. (e) Drittvergleich im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung aufgrund des Deckungsgebots Die Anwendbarkeit des Drittvergleichs im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung könnte sich jedoch aus dem Deckungsgebot ergeben. Auch hier ließe sich erwägen, dass sich dem Deckungsgebot ein allgemein gültiger Rechtsgedanke entnehmen lasse,463 der sich hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs auch auf die Vollwertigkeit übertragen lasse. Dies setzt jedoch zunächst voraus, dass der Drittvergleich überhaupt den relevanten Prüfungsmaßstab des Deckungsgebots darstellt. Kann man dies bejahen, ist im Anschluss zu klären, ob der Drittvergleich auf die Vollwertigkeitsprüfung übertragen werden kann. Vor dem MoMiG war der Drittvergleich als Prüfungsmaßstab der Deckungsprüfung weitgehend anerkannt.464 Seit dem MoMiG finden sich jedoch vermehrt Stimmen in der Literatur, welche die bilanzielle Betrachtungsweise, zumindest im Hinblick auf die Verzinsung von Darlehen, als relevanten Prüfungsmaßstab für die Deckungsprüfung fordern.465 Die bilanzielle Betrachtungsweise ist im Rahmen der Deckungsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG jedoch als Prüfungsmaßstab (insgesamt) abzulehnen. Hiergegen spricht bereits die gegenläufige Intention des Gesetzgebers, Schwächen der bilanziellen Betrachtungsweise entgegenzuwirken.466 Sofern bei einem bilanz461
Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)aa) ff. 463 Siehe hierzu näher § 7 III.1.a)bb)(5). 464 Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1004; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 186. 465 Siehe § 7 III.1.a)bb)(2) und § 7 III.1.a)bb)(3), vgl. auch § 7 III.1.a)bb)(1). 466 So auch Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1004, nach denen der Gesetzgeber auf die Erkenntnis reagiert hat, dass es bei der ausschließlichen Maßgeblichkeit der bilanziellen Betrachtungsweise zu bilanzneutralen Geschäften kommen kann, die aber dennoch zu einem das Gesellschaftsvermögen mindernden Abfluss von Mitteln führen können und treten diesem Umstand mit dem Deckungsgebot entgegen. 462
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neutralen Geschäft der Marktwert den Buchwert übersteigt, generiert die Gesellschaft einen Ertrag.467 Realisiert sich dieser Ertrag jedoch nicht aufseiten der Gesellschaft, da der Vermögensgegenstand lediglich zu Buchwerten in dem Rechtsgeschäft angesetzt wird, führt dies hinsichtlich der Wertdifferenz zwischen Buchund Marktwert zu einem kompensationslosen Vermögensabfluss. Hier stößt das Vollwertigkeitserfordernis an seine Grenzen, da der Wertansatz zu Bilanzwerten gerade zu einem zulässigen Aktivtausch führt und den tatsächlichen Verkehrswert außer Betracht lässt. Diese Schwäche soll das Deckungsgebot ausgleichen, in dem es kompensationslose Vermögensabflüsse verbietet, die unter Zugrundelegung von Marktwerten das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen berühren.468 Ausweislich der Gesetzesbegründung sei es daher für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit erforderlich, dass „der Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter nicht nur vollwertig ist, sondern auch wertmäßig nach Marktwerten und nicht nach Abschreibungswerten den geleisteten Gegenstand deckt“.469 Die Formulierung „nicht nur vollwertig“470 lässt dabei darauf schließen, dass für die Deckungsprüfung ein anderes Kriterium gelten muss, als bei der Vollwertigkeitsprüfung. Zöge man bei der Deckungsprüfung jedoch allein die bilanzielle Betrachtungsweise als maßgeblichen Prüfungsmaßstab heran, wäre diese sowohl bei der Vollwertigkeits- als auch bei der Deckungsprüfung der (allein) relevante Prüfungsmaßstab. In diesem Fall hätte die Deckungsprüfung jedoch keinen eigenen Regelungsgehalt mehr.471 Vor dem Hintergrund, dass durch das Deckungsgebot jedoch gerade Schwächen der bilanziellen Betrachtungsweise bei stillen Reserven ausgeglichen werden sollen, erscheint es allerdings zwingend erforderlich, dass die Deckungsprüfung inhaltlich über die Vollwertigkeitsprüfung hinausgeht. Dies spricht ebenfalls gegen die bilanzielle Betrachtungsweise als relevanten Prüfungsmaßstab bei der Deckungsprüfung. Anders gewendet bedeutet dies jedoch auch, dass die bilanzielle Betrachtungsweise den ausschließlichen Prüfungsmaßstab im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung darstellt. Ein Drittvergleich im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung ist daher abzulehnen. Das Deckungsgebot führt bei Austauschverträgen, bei denen die Marktwerte die Bilanzwerte übersteigen, dazu, dass die höheren Marktwerte kapitalerhaltungsrechtlich maßgebeblich sind. In diesem Fall liegt somit kein Aktivtausch vor, da die Realisierung der Marktwerte zu einem Ertrag der Gesellschaft führt.472 Insoweit geht das Deckungsgebot über das Vollwertigkeitserfordernis hinaus, nachdem lediglich die Buchwerte maßgeblich sind. Für die Deckung ist jedoch an die höheren Marktwerte anzuknüpfen, so dass das Deckungsgebot andere Anforderungen an die 467 468 469 470 471 472
Vgl. Winter, DStR 2007, 1484, 1487. Vgl. Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1004. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Ähnlich auch Winter, DStR 2007, 1484, 1486. Vgl. auch Winter, DStR 2007, 1484, 1487.
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kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit stellt. Dies sagt zwar noch nichts darüber aus, welche (anderen) Anforderungen an die Deckung zu stellen sind, schließt jedoch die bilanzielle Betrachtung als maßgeblichen Prüfungsmaßstab eindeutig aus. Die Nichtanwendbarkeit der bilanziellen Betrachtungsweise beim Deckungsgebot spricht im Übrigen auch gegen eine Einschränkung der Nichtanwendbarkeit des Deckungsgebots bei Darlehenszinsen473. Wenn die bilanzielle Betrachtungsweise im Rahmen des Deckungsgebots nicht zur Anwendung kommen soll, dann wäre es widersinnig, die Nichtanwendbarkeit des Deckungsgebots nach bilanziellen Grundsätzen einzuschränken, da dies im Ergebnis zu einer Berücksichtigung der bilanziellen Betrachtungsweise führen würde. Insofern macht es nämlich keinen Unterschied, ob bei der Deckungsprüfung von Darlehenszinsen grundsätzlich die Anwendbarkeit des Deckungsgebots mit der bilanziellen Betrachtungsweise als Prüfungsmaßstab herangezogen wird oder man das Deckungsgebot nur ausnahmsweise auch auf die Verzinsung anwendet und für die Anwendbarkeit dabei die bilanzielle Betrachtungsweise heranzuziehen ist. Damit ist festzuhalten, dass mit dem Deckungsgebot die Schwächen der bilanziellen Betrachtungsweise, insbesondere bei stillen Reserven, ausgeglichen werden sollen, in dem auf die Marktwerte und nicht nur auf die Buchwerte abzustellen ist. Erforderlich ist daher eine wertmäßige Äquivalenz zwischen den entsprechenden Leistungen. Um die Marktwerte hierfür zu bestimmen ist dabei gerade auf den Drittvergleich zurückzugreifen.474 Hieraus lässt sich schließen, dass im Rahmen des Deckungsgebots nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG der Drittvergleich als Prüfungsmaßstab für die Bestimmung des Marktwertes heranzuziehen ist.475 Im Gegensatz zum Drittvergleich des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG beschränkt sich das Deckungsgebot jedoch lediglich auf die wertmäßige Äquivalenz von Darlehensvaluta und Darlehensrückgewähranspruch. Die Argumente, die gegen die bilanzielle Betrachtungsweise als relevanten Prüfungsmaßstab bei der Deckungsprüfung sprechen, sind indes auch im Rahmen der Folgefrage heranzuziehen, ob der Drittvergleich aus dem Deckungsgebot auf die Vollwertigkeitsprüfung übertragen werden kann. So spricht auch diesbezüglich die Intention des Gesetzgebers gegen eine Übertragung des Drittvergleichs (des Deckungsgebots) auf die Vollwertigkeitsprüfung. Wenn der Gesetzgeber mit dem Deckungsgebot Schwächen der bilanziellen Betrachtungsweise ausgleichen will und „der Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter nicht nur vollwertig sein muss, sondern auch wertmäßig nach Marktwerten und nicht nach Abschreibungswerten den geleisteten Gegenstand decken muss“476, 473
Siehe hierzu § 7 III.1.a)bb)(1). Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 187. 475 Vgl. Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 187; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57, Rn. 44. 476 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. 474
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lässt sich daraus schließen, dass das Deckungsgebot ein zusätzliches Kriterium („nicht nur vollwertig“477) der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit darstellt, das darüber hinaus einen eigenständigen Prüfungsmaßstab („auch wertmäßig […] decken“478) aufweist. Ein zusätzliches Kriterium mit eigenständigem Prüfungsmaßstab kann das Deckungsgebot jedoch nur sein, wenn die Vollwertigkeitsprüfung einen anderen Prüfungsmaßstab als das Deckungsgebot aufweist und der Vollwertigkeitsmaßstab dabei ein geringeres Schutzlevel aufweist. Nur in diesem Fall bleibt für das Deckungsgebot ein eigenständiger Anwendungsbereich für die Deckungsprüfung vorhanden, der es ermöglicht, „Ausuferungen“ der Vollwertigkeitsprüfung durch einen strengeren Prüfungsmaßstab einzugrenzen. Im Übrigen würde eine Übertragung des Drittvergleichs auf die Vollwertigkeitsprüfung der gesetzlichen Privilegierung der Darlehensverzinsung von dem Deckungsgebot zuwider laufen. Wie bereits festgestellt, differenziert der Gesetzgeber beim Deckungsgebot bewusst zwischen Leistungen, die im Synallagma stehen und Auszahlungen mit Kreditcharakter. Bei Letzterer beschränkt der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Deckungsgebots auf den Rückerstattungsanspruch und nimmt die Verzinsung somit eindeutig aus der Deckungsprüfung heraus.479 Diese bewusste Einschränkung des Anwendungsbereichs des Deckungsgebots würde jedoch unterlaufen, wenn man den Drittvergleich auch auf die Vollwertigkeitsprüfung übertragen würde. Denn wenn man den Prüfungsmaßstab der Vollwertigkeitsprüfung über die bilanzielle Betrachtungsweise hinaus auf den Drittvergleich erweitert, würde die Verzinsung somit durch die „Hintertür“ zwar nicht bei der Deckungsprüfung jedoch bei der Vollwertigkeitsprüfung relevant werden. (f) Zusammenfassung Das Prinzip des Drittvergleichs gilt nicht bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, sondern beschränkt sich auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Dem Wortlaut der Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG lässt sich entnehmen, dass es für die Privilegierung von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zwei Ausnahmetatbestände gibt; die Leistungsgewährung im Vertragskonzern und die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs. Weitere Voraussetzungen können dem Wortsinn nicht entnommen werden, insbesondere kann nicht ohne juristische Wertung angenommen werden, dass die Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG den Drittvergleich erfordert. Darüber hinaus sprechen systematische Erwägungen gegen das Erfordernis des Drittvergleichs im Rahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG und § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG stehen in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zueinander, wonach eine nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG verbotene Leistung ausnahmsweise kapitalerhaltungsrechtlich zulässig ist, wenn ein Fall des 477 478 479
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.a)aa).
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§ 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG vorliegt. Hierfür spielt es jedoch keine Rolle, ob die Unzulässigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG auf einem Verstoß gegen das Prinzip des Drittvergleichs beruht oder anderweitig begründet ist. Wenn § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG jedoch unabhängig davon anwendbar ist, ob die Verbotswidrigkeit der Leistung nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG auf einem mangelnden Drittvergleich oder auf anderen Gründen beruht, erscheint es systematisch widersinnig, das Drittvergleichskriterium als einzige Tatbestandsvoraussetzung des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG auch bei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG heranzuziehen. Der Drittvergleich wäre darüber hinaus auch nicht mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Regelungszweck vereinbar. Mit § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG sollten wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen im Konzern ermöglicht werden. Diese zeichnen sich jedoch gerade dadurch aus, dass sie sich am Konzernwohl orientieren und nicht at arms lenghts ausgestaltet sind. Auch gewährt das Vollwertigkeitserfordernis einen ausreichenden Schutz vor der Ausplünderung der Gesellschaft, so dass die Nichtberücksichtigung des Drittvergleichs im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG) auch dem Telos des § 30 GmbHG nicht zuwiderläuft. Der Geschäftsführer hat bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG daher keine Drittvergleichsprüfung vorzunehmen. (2) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Die Frage, ob das Prinzip des Drittvergleichs bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG anzuwenden ist, ist in der Literatur umstritten.480 Es gibt in beiden Lagern gewichtige Stimmen. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist noch nicht ersichtlich. (a) Umstrittene Rechtslage Der Geschäftsführer sieht sich auch bezüglich der Erforderlichkeit des Drittvergleichs bei der Vollwertigkeitsprüfung mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert.481 Auch einzuholender Expertenrat wird keine absolute Klarheit bringen, so dass dem Geschäftsführer bei seiner Entscheidung, ob er die Vollwertigkeit auch anhand des Drittvergleichs misst, ein Handlungsspielraum zusteht. Er hat die Chancen und Risiken der Einbeziehung beziehungsweise der Nichtberücksichtigung des Drittvergleichs bei der Vollwertigkeitsprüfung sorgfältig gegeneinander abzuwägen. (b) Vor- und Nachteile beim Erfordernis des Drittvergleichs Der Drittvergleich sichert die Gesellschaft vor wirtschaftlich ungünstigen Verträgen ab. Bei der Gewährung von Darlehen ist es üblich, diese zu verzinsen und sich 480
Siehe zum Meinungsstand § 7 III.1.b)dd)(1) ff. Siehe zur Ausnahme von der gesetzlichen Pflichtenbindung bei unklarer Rechtslage ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(a). 481
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zur Absicherung des Rückgewähranspruchs Sicherheiten einräumen zu lassen. Letzteres erfolgt grundsätzlich auch, wenn der Rückgewähranspruch handelsbilanziell vollwertig ist. Die Maßgeblichkeit des Drittvergleichs begründet somit grundsätzlich ein Verzinsungs- und Besicherungserfordernis. Dies gewährleistet der Gesellschaft zum einen die Generierung von Zinseinnahmen und zum anderen den Rückgewähranspruch abzusichern. Ein Nachteil kann der Gesellschaft jedoch dadurch entstehen, dass die besondere Beziehung zwischen der Konzernmutter und ihrer Tochtergesellschaft nicht berücksichtigt werden kann. Bei Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs erscheint die Einbringlichkeit der Darlehensrückgewähr gesichert. Eine Besicherung scheint daher nicht zwingend erforderlich. Aufgrund der besonderen Beziehung im Konzern ist es denkbar, dass die Gesellschaft ihrer Konzernmutter ermöglichen möchte, die Sicherheiten anderweitig einzusetzen und ihr die Zinslast ersparen möchte. Dies erscheint dann sinnvoll, wenn die Gesellschaft mittelbar davon profitiert. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Konzernmutter die Sicherheiten anderweitig vergeben kann, um etwa eine Finanzierung einer Investition zu ermöglichen. Profitiert die Tochtergesellschaft ebenfalls von dieser Investition, erscheint es für die Gesellschaft sinnvoll, auf die Besicherung ihres Darlehens zu verzichten. Gleiches gilt für die Verzinsung des Darlehens. Erhält die Gesellschaft als Gegenleistung für die Darlehensgewähr beispielsweise Vorteile, die speziell auf der Konzernverbindung beruhen, würde der Drittvergleich diese Art der „Vergütung“ sperren, da sie mit konzernexternen Dritten so nicht vereinbart werden würde. Dies ist etwa der Fall, wenn die Gesellschaft im Falle eines Downstream Loans ebenfalls keine Zinsen an die Konzernmutter zahlen muss.482 Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit des Erfordernisses des Drittvergleichs zu prüfen. In diesem Fall wäre die Auszahlungsverweigerung sorgfaltswidrig gewesen und kann eine Schadensersatzpflicht der Gesellschaft begründen. (c) Vor- und Nachteile bei Nichtberücksichtigung des Drittvergleichs Die Vor- und Nachteile bei der Frage der Erforderlichkeit des Drittvergleichs bei der Vollwertigkeitsprüfung verlaufen hinsichtlich der unterschiedlichen Handlungsalternativen konträr zueinander. Der Verzicht auf den Drittvergleich hat den Vorteil, dass man die besondere Konzernbeziehung bei der Darlehensgewährung berücksichtigen kann. Bei Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs kann die Gesellschaft auf die Verzinsung oder eine Besicherung verzichten und stattdessen anderweitige Vorteile erhalten.483
482
Vgl. für den Fall des Cash Poolings Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 119 m.w.N. 483 Ein solcher Vorteil kann etwa darin liegen, bei Bedarf selbst zinsfrei Kapital von der Mutter erhalten zu können. Siehe zur Erleichterung von speziellen Leistungsbeziehungen
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Hieraus kann der Gesellschaft jedoch auch ein Nachteil entstehen, da durch die Nichtberücksichtigung des Drittvergleichs die Gesellschaft nicht davor geschützt wird, ungünstige Verträge (nicht at arms length) mit der Konzernmutter abzuschließen. Erhält die Gesellschaft keine konzernspezifischen Vorteile oder wiegen die zugestandenen Vorteile die Benachteiligung durch den Vertragsschluss484 nicht auf, wird das Gesellschaftsvermögen unter dem Strich geschmälert. Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Maßgeblichkeit des Erfordernisses des Drittvergleichs zu prüfen. In diesem Fall wäre die Auszahlung kapitalerhaltungsrechtswidrig. Der Gesellschaft würde in diesem Fall ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG gegen die Konzernmutter zustehen. (d) Abwägung Anschließend hat der Geschäftsführer die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten zu vergleichen und pflichtgemäß abzuwägen. Hierbei ist er nicht gezwungen, die sicherste Variante zu wählen, sondern kann einen für die Gesellschaft günstigen Standpunkt einnehmen.485 Zugunsten des Drittvergleichs spricht die Absicherung der Gesellschaft vor ungünstigen Verträgen. Allerdings lässt der Drittvergleich die besondere Konzernbeziehung zwischen der Konzernmutter und der Tochtergesellschaft außer Acht. Die vertraglichen Gegenleistungen nachteilig für die Gesellschaft zu gestalten, damit die Konzernmutter die eingesparten Ressourcen anderweitig einsetzen kann, ermöglicht hingegen die Nichtberücksichtigung des Drittvergleichs. Hierbei besteht jedoch kein Schutz der Gesellschaft für den Fall, dass ihr trotz der besonderen Konzernbeziehung keine anderweitigen, konzernspezifische Vorteile für die Darlehensgewähr zuteil werden. Hierbei ließe sich erwägen, dass der Geschäftsführer im Einzelfall prüft, ob die Gesellschaft für die benachteiligende Darlehensgewähr konzernspezifische Ausgleichsmöglichkeiten erhält und er die Zugrundelegung des Drittvergleichs vom jeweiligen Ergebnis abhängig macht. Bei entsprechenden Vorteilen würde er den Drittvergleich außer Acht lassen, während er bei Fehlen entsprechender Ausgleichsmöglichkeiten die Auszahlung wegen mangelnder Konformität mit dem Drittvergleich verweigern würde. Dies wäre allerdings in jedem Fall sorgfaltswidrig. Dieses Vorgehen könnte nämlich zu der Situation führen, dass der Geschäftsführer die Vollwertigkeit bei mehreren Darlehen486 unterschiedlich prüft und die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit in einem Fall bejaht und das Darlehen auszahlt und bei einem anderen Darlehen die Zulässigkeit verneint und die Auszahlung verweizwischen Gesellschaft und Gesellschaftern auch § 7 III.1.b)dd)(1)(c). Vgl. für den Fall des Cash Poolings Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 119 m.w.N. 484 Eine Benachteiligung kann etwa eine fehlende Verzinsung oder Besicherung sein. 485 Siehe hierzu § 3 I.2.b)aa)(2)(a). 486 Die übrigen kapitalerhaltungsrechtlichen Voraussetzungen müssen hierbei natürlich bei beiden Darlehen vorliegen.
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gert. Hierbei kann der Geschäftsführer sicher davon ausgehen, dass eine Handlung nicht den Anforderungen des Kapitalerhaltungsrechts entspricht. Der Geschäftsführer schafft somit bewusst eine Situation, in der negative Konsequenzen für die Gesellschaft begründet werden.487 Dieses Verhalten ist nicht von der Privilegierung umfasst. Hierbei soll dem Geschäftsführer Raum für seine Bewertung gegeben werden, in dem seine Entscheidung hinsichtlich der Rechtslage nicht angegriffen werden kann. Die Privilegierung ermöglicht allerdings nicht, dass er seine Auffassung über die Rechtslage je nach Einzelfall unterschiedlich bewerten kann. Der Geschäftsführer muss die umstrittene Rechtslage somit endgültig bewerten und diese dann auch bei nachfolgenden Darlehen für die Vollwertigkeitsprüfung ansetzen. Eine Abwägung der möglichen negativen Folgen bei unterstellter Rechtswidrigkeit der gewählten Handlungsmöglichkeit spricht für den Verzicht auf den Drittvergleich. Bei einer rechtswidrigen Auszahlungsverweigerung wegen mangelnder Drittvergleichbarkeit können die Gesellschaft Schadensersatzpflichten treffen.488 Die Gesellschaft bleibt in diesem Fall zur Darlehensauskehr verpflichtet, das Gesellschaftsvermögen wird durch die mögliche Schadensersatzpflicht allerdings geschmälert. Bei rechtswidriger Darlehensauskehr wegen Nichtbeachtung des Drittvergleichs, steht der Gesellschaft hingegen ein Erstattungsanspruch gegen die Konzernmutter zu.489 Die Gesellschaft trägt somit das Insolvenzrisiko der Konzernmutter. Zu einer Schmälerung des Gesellschaftsvermögens kommt es somit nur, wenn die Konzernmutter insolvent wird. Im Vergleich zur anderen Handlungsmöglichkeit begründet dies einen geringeren Gefährlichkeitsgrad für das Gesellschaftsvermögen, da das Insolvenzrisiko der Konzernmutter bereits bei der Prüfung der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs (ohne Zugrundelegung des Drittvergleichs) Berücksichtigung findet. Dies spricht für die Nichtbeachtung des Drittvergleichs. Darüber hinaus ist der Grad der Unsicherheit bei Verneinung des Erfordernisses des Drittvergleichs geringer, als bei der Bejahung des Erfordernisses. Nach einer fundierten juristischen Betrachtung sprechen nämlich die besseren Argumente dafür, den Drittvergleich bei der Vollwertigkeitsprüfung außer Acht zu lassen.490 Insgesamt erscheint es für den Geschäftsführer daher ratsam, die Vollwertigkeit der Rückgewährforderung allein anhand bilanzieller Maßstäbe zu bestimmen und keinen Drittvergleich vorzunehmen.
487
Im vorliegenden Fall wären dies mögliche Schadensersatzpflichten bei unrechtmäßiger Auszahlungsverweigerung und der Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG bei unzulässiger Darlehensauskehr. 488 Siehe § 7 III.1.b)dd)(2)(b) am Ende. 489 Siehe § 7 III.1.b)dd)(2)(c) am Ende. 490 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)cc)(2) ff.
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(e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer Haftungsrechtlich sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit des Drittvergleichs bei der Prüfung der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs konfrontiert. Dies begründet für den Geschäftsführer die Gefahr einer Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG, wenn er bei der Vollwertigkeitsprüfung den Drittvergleich nicht zugrunde legt, der bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung allerdings für erforderlich gehalten wird. Hält das Darlehen dem Drittvergleich nicht stand und zahlt der Geschäftsführer das Darlehen dennoch aus, verstößt die Auszahlung gegen § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG und begründet die Haftung des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG. Im umgekehrten Fall wäre die Verweigerung der Auszahlung des vollwertigen Teils pflichtwidrig, was eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG zur Folge hätte. Diesem Haftungsrisiko kann der Geschäftsführer jedoch entgehen, wenn er zunächst die Rechtslage sorgfältig prüft und die verbleibenden Handlungsmöglichkeiten gegeneinander abwägt. Eine sorgfältige Abwägung führt dazu, dass der Vorwurf der Pflichtwidrigkeit ausgeschlossen ist und die Entscheidung des Geschäftsführers als pflichtgemäß im Sinne des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG beziehungsweise des § 43 Abs. 2 GmbHG behandelt wird.491 Eine sorgfältige Abwägung spricht vorliegend für die Nichtbeachtung des Drittvergleichs bei der Vollwertigkeitsprüfung. Legt der Geschäftsführer diese Abwägung bei seiner Vollwertigkeitsprüfung zugrunde, treffen ihn hinsichtlich der Erforderlichkeit des Drittvergleichs keine Haftungsrisiken. Für den Geschäftsführer bedeutet dies, dass die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F. von dem Prinzip des Drittvergleichs privilegiert. Bei der Vollwertigkeitsprüfung des Rückgewähranspruchs fällt der Drittvergleich somit nicht in den Pflichtenumfang des Geschäftsführers. Bei der Vollwertigkeitsprüfung stellt der Drittvergleich demnach keinen Prüfungsmaßstab für den Geschäftsführer dar, so dass diesem hieraus auch keine Haftungsrisiken erwachsen. (3) Zusammenfassung Das anhand von § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. entwickelte Prinzip des Drittvergleichs gilt nach dem MoMiG unverändert für Leistungen im Sinne von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. fort. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG n.F. normiert jedoch für das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. eine Ausnahme, sofern die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist. Liegt eine Leistung mit einem vollwertigen Rückgewähranspruch vor, ist der Privilegierungstatbestand erfüllt. Die Privilegierung erstreckt sich dann auch auf das Erfordernis des Drittvergleichs.
491
Siehe hierzu § 3 I.2.b)aa)(2)(a) am Ende.
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Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sieht sich der Geschäftsführer hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit des Drittvergleichs jedoch einer umstrittenen Rechtslage ausgesetzt. Er hat somit die Vor- und Nachteile der Berücksichtigung und der Nichtbeachtung des Drittvergleichs bei der Vollwertigkeitsprüfung gegeneinander abzuwägen. Zugunsten der letzten Handlungsvariante spricht, dass die möglichen negativen Folgen bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Nichtbeachtung des Drittvergleichs geringer für die Gesellschaft sind, als bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Auszahlungsverweigerung aufgrund der Beachtung des Drittvergleichs. Bei rechtswidriger Auszahlung steht der Gesellschaft ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbH zu, so dass sie lediglich das Insolvenzrisiko der Konzernmutter trägt. Da dieses bereits bei der handelsbilanziellen Prüfung der Vollwertigkeit berücksichtigt werden muss, erscheint die Gefahr der Schmälerung des Gesellschaftsvermögens geringer als bei einer möglichen Schadensersatzpflicht bei rechtswidriger Auszahlungsverweigerung. Durch die sorgfältige Abwägung entfällt der Vorwurf eines Sorgfaltspflichtenverstoßes des Geschäftsführers, auch wenn sich bei einer späteren gerichtlichen Entscheidung die Nichtbeachtung des Drittvergleichs als rechtswidrig herausstellt. Der Geschäftsführer kann den Drittvergleich somit als Prüfungsmaßstab bei der Vollwertigkeitsprüfung außer Acht lassen. Die Vollwertigkeit ist vielmehr ausschließlich anhand bilanzieller Grundsätze zu bestimmen.492 Da der Geschäftsführer den Drittvergleich bei der Vollwertigkeitsprüfung nicht berücksichtigen muss, erwachsen diesem hieraus auch keine Haftungsrisiken. ee) Anforderungen nach der bilanziellen Betrachtung Ist somit die Entbehrlichkeit des Drittvergleichs im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG geklärt, ist sodann zu fragen, welche Auswirkungen dies auf die Verzinsung und die Besicherung der Darlehensrückforderung hat und ob Darlehen auch bei Vorliegen einer Unterbilanz ausgereicht werden dürfen.493 Wie vorweg festgestellt, kann eine Verpflichtung zur marktüblichen Verzinsung beziehungsweise Besicherung und ein Verbot der Darlehensgewähr bei Vorliegen einer Unterbilanz für das Vollwertigkeitserfordernis nicht (mehr) auf das Erfordernis des Drittvergleichs gestützt werden. Aufgrund der Maßgeblichkeit der bilanziellen Betrachtungsweise ist vielmehr zu fragen, welche Auswirkungen die Verzinsung, die Besicherung und die Unterbilanz auf die Realisierbarkeit der Forderung haben.494
492
Vgl. auch Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 84. Siehe zu den Auswirkungen des Drittvergleichs auf die Verzinsung, die Besicherung und die Darlehensgewähr bei einer Unterbilanz vor dem MoMiG § 6 I.1. 494 Siehe zur bilanziellen Betrachtung ausführlich § 7 III.1.b)aa) ff. 493
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(1) Verzinsungspflicht Die Verzinsung eines Darlehens stellt eine Kapitalnutzungsvergütung dar.495 Diese ist neben der Kapitalrückgewähr von dem Darlehensnehmer zu leisten. Nach der bilanziellen Betrachtung ist zu fragen, welche Auswirkungen die Verzinsung auf die Rückgewährforderung hat. (a) Verzinsung ist keine zwingende Voraussetzung für Vollwertigkeit Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine Verzinsung vereinbart wurde, hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Realisierbarkeit der Forderung. Wenn überhaupt, erscheint es denkbar, dass die zusätzliche Belastung des Darlehensnehmers mit den Zinszahlungen Zweifel an der Realisierbarkeit der Darlehensrückgewähr und somit an der Vollwertigkeit begründen. Dies spricht jedoch dafür, auf eine Verzinsungspflicht zu verzichten. Eine fehlende Verzinsung bedeutet für den Darlehensnehmer nämlich, dass er keinen weiteren Belastungen ausgesetzt ist, was hinsichtlich der Realisierbarkeit und der Vollwertigkeit der Rückgewährforderung förderlich wäre. Keinesfalls lässt sich hieraus jedoch eine Pflicht zur Verzinsung ableiten. (b) Keine Verzinsungspflicht aufgrund bilanzieller Betrachtungsweise Andere ziehen allgemeine Bilanzierungsgrundsätze auch bezüglich des Verzinsungserfordernisses heran und leiten eine Verpflichtung zur Verzinsung aus der bilanziellen Abzinsungspflicht ab.496 Hiernach seien unverzinsliche Darlehen aufgrund des Niederstwertprinzips abzuzinsen.497 Die Abzinsungspflicht entfalle lediglich, wenn der Entwertung des Rückgewähranspruchs aufgrund der zeitlich hinausgezögerten Rückzahlung durch entsprechende Zinsvereinbarungen entgegengetreten werde. Hinsichtlich des Umfangs der aus dem Abzinsungserfordernis abgeleiteten Verzinsungspflicht herrscht innerhalb dieser Ansicht jedoch Streit. Einige legen an die Verzinsungspflicht ausschließlich bilanzielle Maßstäbe an. Hiernach sei die Abzinsung von unverzinslichen Darlehen erst bei einer Laufzeit von über einem Jahr geboten. Bei kurzfristigen unverzinslichen Darlehen mit einer Laufzeit von unter einem Jahr entfiele stattdessen das Abzinsungserfordernis, so dass hierbei auch für die Vollwertigkeit keine Verzinsung erforderlich sei.498 Andere verweisen hingegen darauf, dass die Ausnahme von der Abzinsungsverpflichtung bei Darlehen mit un495
Siehe bereits § 7 III.1.a)aa). Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 899; Thümmel/Burkhard, AG 2009, 885, 888; Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293; Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 152; Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003; vgl. auch Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801, 804, welche die Verzinsungspflicht anhand der Abzinsungspflicht jedoch im Rahmen des Deckungsgebots annehmen. 497 Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003. 498 Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293; Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 152; Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001, 1003. 496
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terjähriger Laufzeit lediglich eine bilanzielle Vereinfachung darstelle.499 Diesen Vereinfachungen lägen jedoch Praktikabilitätsgründe im Rahmen der Bilanzierung zugrunde. Hingegen dienen die kapitalerhaltungsrechtlichen Ausschüttungsbeschränkungen dem Gläubigerschutz, so dass bilanzielle Vereinfachungen hier nicht berücksichtigt werden dürfen.500 Unabhängig von der Berücksichtigung von bilanziellen Vereinfachungen ist dem jedoch zu entgegnen, dass die Verzinsung des Darlehens systematisch von der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu trennen ist.501 Die Frage der angemessenen Verzinsung ist vielmehr anhand des Drittvergleichs im Rahmen von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zu verorten. Dies ergibt sich aus der bereits dargestellten systematischen Verknüpfung von § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG mit § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG.502 Das anhand von § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. entwickelte Prinzip des Drittvergleichs ist wortgleich in § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. übernommen worden und findet hier auch nach dem MoMiG weiter Anwendung.503 Wie ebenfalls bereits festgestellt, stellt der Drittvergleich jedoch kein Tatbestandsmerkmal der Vollwertigkeit im Sinne von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG dar. Vielmehr normiert diese Vorschrift eine Privilegierung vom Erfordernis des Drittvergleichs nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. für Fälle, in denen ein vollwertiger Rückgewähranspruch vorliegt.504 Damit dem Privilegierungstatbestand ein eigenständiger Regelungsgehalt im Verhältnis zu § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. zukommt, ist es notwendig, dass das Prinzip des Drittvergleichs im Rahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG gerade keine Anwendung findet. Der Prüfungsmaßstab der Vollwertigkeit beschränkt sich daher auf die Einbringlichkeit des Rückgewähranspruchs anhand allgemeiner Bilanzierungsgrundsätze. Das Verhältnis von Drittvergleich (§ 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F.) zur Vollwertigkeit (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG) lässt sich daher folgendermaßen auf den Punkt bringen: Der Drittvergleich bezieht sich auf die Angemessenheit der Gegenleistung, während für die Vollwertigkeit allein die Einbringlichkeit des Rückgewähranspruchs maßgeblich ist.505 Da die Frage der angemessenen Verzinsung augenscheinlich eine Frage der Adäquatheit des Entgelts für die Kapitalüberlassung darstellt und somit die Angemessenheit der Gegenleistung betrifft, ist diese im 499
Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 899; Thümmel/Burkhard, AG 2009, 885, 888. Vgl. Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 899; Thümmel/Burkhard, AG 2009, 885, 888; Kuntz, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 48. 501 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 94; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 21; ders. in Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 106; vgl. auch Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 AktG, Rn. 139 f.; Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71. 502 Siehe hierzu näher § 7 III.1.b)dd)(1)(b). 503 Siehe § 7 III.1.b)dd)(1)(b). 504 Siehe § 7 III.1.b)dd)(1)(b). 505 Vgl. Cahn, Der Konzern 2009, 67, 71; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 94. 500
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Rahmen des Drittvergleichs zu verorten. Die Verzinsung fällt somit nicht in den Anwendungsbereich der Vollwertigkeitsprüfung. Darüber hinaus würde eine Heranziehung der Angemessenheit der Verzinsung im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung dazu führen, dass die gesetzliche Privilegierung von verbotenen Leistungen im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. durch die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG untergraben würde. Im Falle eines vollwertigen Rückgewähranspruchs sollen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. zuwider laufende Leistungen ausnahmsweise kapitalerhaltungsrechtlich zulässig sein. Eine, aufgrund unangemessener Verzinsung dem Drittvergleich nicht standhaltende und damit § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. widersprechende Leistung soll also bei einen vollwertigen Rückgewähranspruch ausnahmsweise zulässig sein. Verlangt man jedoch auch bei der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG die Angemessenheit der Verzinsung auf der Basis eines Drittvergleichs, bliebe für die Vollwertigkeitsprüfung kein eigenständiger Regelungsgehalt mehr, so dass die Vollwertigkeit immer abzulehnen wäre, wenn die Leistung dem Drittvergleich nicht standhält und umgekehrt. Die Privilegierung im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG setzt jedoch zwingend voraus, dass es Fälle gibt, in denen die zugrunde liegende Leistung zwar nicht dem Drittvergleich standhält, aber dennoch vollwertig ist und daher die ausnahmsweise kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu bejahen ist. Gegen die Einbeziehung der Verzinsung in die Vollwertigkeitsprüfung spricht im Übrigen auch, dass es andernfalls möglich sein müsste, ein konkretes Ausfallrisiko des Rückgewähranspruchs durch die Vereinbarung eines erhöhten Zinses wettzumachen.506 Die Erhöhung des Zinssatzes würde dem jedoch entgegenlaufen, da die höheren wirtschaftlichen Belastungen das Ausfallrisiko nur noch weiter intensivieren würde. Dies würde zudem auch dem Zweck der Neuregelung entgegenlaufen, da mit ihr gerade die Unsicherheiten beseitigt werden sollen, die auf der Unmöglichkeit basieren, „das dem einzelnen Darlehen anhaftende unsystematische Ausfallrisiko durch einen Risiko(zins)aufschlag zu kompensieren“507.508 Eine fehlende Verzinsungspflicht fördert darüber hinaus das erklärte Ziel des Gesetzgebers, durch das MoMiG Leistungsbeziehungen innerhalb des Konzerns zu erleichtern.509 Wie bereits festgestellt, stellt der Darlehenszins das Entgelt für die Bereitstellung der Darlehensvaluta dar,510 so dass die Zinsbelastung letztlich Fi506 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 94; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 21; ders. in Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 106. 507 Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 282 f. 508 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 94; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 21; ders. in Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 106. 509 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. 510 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.a)aa).
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nanzierungsaufwand darstellt. Die fehlende Verzinsungspflicht ermöglicht somit eine kostenlose Leistungsbeziehung innerhalb des Konzerns und stellt die größtmögliche Erleichterung hinsichtlich der Kosten der Konzerninnenfinanzierung dar.511 (c) Zusammenfassung Für die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist es nicht erforderlich, dass das Darlehen verzinst wird. Die Verzinsung hat keine positiven Auswirkungen auf die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung. Die zusätzliche Zinsbelastung kann sich vielmehr negativ auf die Bonität der Konzernmutter auswirken und somit die Realisierbarkeit schmälern. Dies spricht gegen das Erfordernis der Verzinsung des Darlehens im Rahmen der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Gestützt wird dieses Ergebnis von der Regel-Ausnahme-Systematik von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG und § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG. Hiernach stellt der Drittvergleich kein Tatbestandsmerkmal der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG dar. Vielmehr normiert diese Vorschrift eine Privilegierung vom Erfordernis des Drittvergleichs nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. für Fälle, in denen ein vollwertiger Rückgewähranspruch vorliegt. Der Prüfungsmaßstab der Vollwertigkeit beschränkt sich daher auf die Einbringlichkeit des Rückgewähranspruchs anhand allgemeiner Bilanzierungsgrundsätze. Die Verzinsung ist jedoch eine Frage der Angemessenheit der Gegenleistung und hat allenfalls negative Auswirkungen auf die Einbringlichkeit. Dagegen, dass die Verzinsung eine Frage der Einbringlichkeit ist, spricht auch, dass es andererseits möglich sein müsste ein konkretes Ausfallrisiko des Rückgewähranspruchs durch Vereinbarung eines erhöhten Zinses wettzumachen. Dies ist aber aufgrund der zusätzlichen wirtschaftlichen Belastung durch höhere Zinsen nicht möglich und erhöht das Ausfallrisiko nur noch weiter. Darüber hinaus sollten mit § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG gerade die Unsicherheiten beseitigt werden, die mit der Bestimmung eines Risikozinsaufschlages einhergehen. Der Wegfall des Zinserfordernisses ermöglicht darüber hinaus die entgeltfreie Darlehensgewährung im Konzern, was dem gesetzgeberischen Ziel der Erleichterung von Leistungsbeziehungen innerhalb des Konzerns entspricht. Bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG hat der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft die Verzinsung daher nur im Rahmen der Einbringlichkeit zu berücksichtigen. Hierbei kann die Verzinsung allenfalls negative Auswirkungen
511 Dies zeigt sich ebenfalls sehr deutlich bei der vertraglich systematisierten Darlehensvergabe im Rahmen eines Cash Pools. Hier ermöglicht die fehlende Verzinsungspflicht, dass die wirtschaftlichen Vorteile des Cash Poolings auch praktisch genutzt werden können. Diese ergeben sich beim Cash Pooling gerade daraus, dass die Gesellschaft für die Vergabe zinsloser Darlehen ihrerseits die Möglichkeit der kostenlosen Kapitalbeschaffung im Wege der Darlehensaufnahme erhält, Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 119. Diese wirtschaftlichen Vorteile könnten bei einer Verzinsungspflicht praktisch nicht realisiert werden, vgl. für die ähnliche Problematik der Verzinsungspflicht beim Cash Pool Altmeppen, in: Roth/ Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 119.
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auf die Einbringlichkeit haben. Die Verzinsung ist hingegen keine Voraussetzung für die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. (d) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Für den Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers eines darlehensgebenden abhängigen GmbH-Konzernunternehmens bedeutet die Privilegierung des Darlehens mit vollwertigem Rückgewähranspruch von dem Erfordernis des Drittvergleichs enorme Erleichterungen. Bei der konzerninternen Darlehensvergabe kann sich der Geschäftsführer aufgrund der Privilegierung auf die Prüfung der Realisierbarkeit der Rückgewährforderung beschränken. Es ist jedoch umstritten, ob der Geschäftsführer trotz der Privilegierung vom Drittvergleich die Verzinsung aufgrund bilanzieller Grundsätze beachten muss oder nicht.512 Es gibt in beiden Lagern gewichtige Stimmen. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist noch nicht ersichtlich. (aa) Umstrittene Rechtslage Der Geschäftsführer sieht sich auch bezüglich der Erforderlichkeit der Verzinsung des Darlehens aufgrund bilanzieller Grundsätze bei der Vollwertigkeitsprüfung mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Auch einzuholender Expertenrat wird keine absolute Klarheit bringen, so dass dem Geschäftsführer bei seiner Entscheidung, ob die kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit eine Verzinsung des Darlehens erfordert, ein Handlungsspielraum zusteht. Er hat die Chancen und Risiken der Verzinsung beziehungsweise die Nichtverzinsung des Darlehens bei der Vollwertigkeitsprüfung sorgfältig gegeneinander abzuwägen. (bb) Vor- und Nachteile der Handlungsalternativen Hierbei hat der Geschäftsführer die Vor- und Nachteile der Handlungsalternativen gegeneinander Abzuwägen. Die Vor- und Nachteile entsprechen dabei denen, die der Geschäftsführer bereits bei der Frage des Drittvergleichs gegeneinander abgewogen hat. Eine Verzinsungspflicht sichert die Gesellschaft vor wirtschaftlich ungünstigen Verträgen, lässt aber die besondere Beziehung der Gesellschaften im Konzern außer Betracht.513 (cc) Abwägung Auch bei der anschließenden Abwägung streiten die gleichen Argumente gegen eine Verzinsungspflicht, die der Geschäftsführer bereits bei der Erforderlichkeit des Drittvergleichs herangezogen hat. Zugunsten des Verzichts auf die Verzinsung 512 513
Siehe zum Meinungsstand § 7 III.1.b)ee)(1) ff. Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)dd)(2)(b) f.
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sprechen die Möglichkeit, die besondere Konzernbeziehung zu berücksichtigen, und die weniger einschneidenden Folgen im Falle ihrer Rechtswidrigkeit.514 Darüber hinaus spricht auch die Gesetzessystematik gegen ein Verzinsungserfordernis aufgrund bilanzieller Grundsätze,515 so dass auch der Grad der Unsicherheit geringer ist, als bei einer Bejahung des Verzinsungserfordernisses. Insgesamt erscheint es für den Geschäftsführer daher ratsam, die Verzinsung nicht als Erfordernis für die Vollwertigkeit und somit für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit des Darlehens anzusehen. (dd) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer Haftungsrechtlich sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage hinsichtlich der Frage, ob die kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit die Verzinsung des Darlehens erfordert, gegenüber. Dies begründet für den Geschäftsführer die Gefahr einer Haftung, wenn er auf die Verzinsung verzichtet und diese jedoch bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung für erforderlich gehalten wird. In diesem Fall verstößt die Auszahlung gegen § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG und begründet die Haftung des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG. Im umgekehrten Fall wäre die Verweigerung der Auszahlung wegen fehlender Verzinsung pflichtwidrig, was eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG zur Folge hätte. Diesem Haftungsrisiko kann der Geschäftsführer jedoch entgehen, wenn er zunächst die Rechtslage sorgfältig prüft und die verbleibenden Handlungsmöglichkeiten gegeneinander abwägt. Eine sorgfältige Abwägung führt dazu, dass der Vorwurf der Pflichtwidrigkeit ausgeschlossen ist und die Entscheidung des Geschäftsführers pflichtgemäß im Sinne des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG beziehungsweise des § 43 Abs. 2 GmbHG ist.516 Eine sorgfältige Abwägung spricht vorliegend für den Verzicht auf die Verzinsung. Legt der Geschäftsführer diese Abwägung bei seiner Vollwertigkeitsprüfung zugrunde, treffen ihn diesbezüglich keine Haftungsrisiken. Für den Geschäftsführer bedeutet dies, dass die Bewertung der Angemessenheit der Verzinsung bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG nicht in den Aufgabenbereich des Geschäftsführers fällt. Die stets mit Unsicherheiten behaftete Pflicht, anhand eines vergleichbaren hypothetischen Rechtsgeschäfts mit Dritten at arms length entsprechende Zinskonditionen zu bestimmen, entfällt somit. Hypothetische Annahmen hinsichtlich der Zinskonditionen bedeuten natürlicherweise Spielräume und somit Angriffsflächen für Haftungsprozesse gegen
514 515 516
Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)dd)(2)(d). Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)ee)(1)(b). Siehe hierzu § 3 I.2.b)aa)(2)(a) am Ende.
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Geschäftsführer. Ihr Wegfall minimiert die Haftungsrisiken der Geschäftsführer daher spürbar.517 (e) Verhältnis von Drittvergleich, Vollwertigkeit und Deckungsgebot Da die Frage der Angemessenheit der Verzinsung sowohl im Rahmen des Drittvergleichs nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG als auch im Rahmen der Vollwertigkeit und des Deckungsgebots nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG thematisiert wurde, soll im Folgenden zum besseren Verständnis ein Überblick über ihr Verhältnis zueinander im Rahmen der (konzerninternen) Darlehensvergabe gegeben werden. Das Prinzip des Drittvergleichs wurde anhand des § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. entwickelt und erfordert, dass das zugrunde liegende Geschäft at arms length erfolgt, also im Interesse der Gesellschaft lag und hinsichtlich des Ob und des Wie auch so mit unabhängigen Dritten vereinbart worden wäre.518 Die Regelung des § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. ist nach dem MoMiG wortgleich in § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. aufgegangen, so dass das Prinzip des Drittvergleichs auch nach dem MoMiG weiter Anwendung findet.519 Die Verzinsung des Darlehens ist daher auch nach dem MoMiG anhand des Drittvergleichs zu prüfen. Hält diese dem Drittvergleich nicht stand, liegt eine verbotene Leistung im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. vor.520 Im Zuge des MoMiG hat der Gesetzgeber jedoch in § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG eine Privilegierung vom strengen Prinzip des Drittvergleichs nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG geschaffen. Erforderlich hierfür ist, dass der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter vollwertig ist und die Leistung der Gesellschaft deckt. Im Rahmen von (konzerninternen) Darlehen setzt dies zunächst die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs voraus. Für die Vollwertigkeit ist allein die Einbringlichkeit der Forderung anhand bilanzieller Maßstäbe maßgeblich. Die Verzinsung spielt im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung hingegen keine Rolle.521 Ist die Einbringlichkeit, mithin die Vollwertigkeit, der Forderung zu bejahen, ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der vollwertige Rückgewähranspruch die Leistung der Gesellschaft deckt. Durch das Deckungsgebot sollen Schwächen der bilanziellen Betrachtung im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung ausgeglichen 517
Hierdurch entfällt auch das Bedürfnis den Geschäftsführer vor den Haftungsrisiken zu schützen, indem die Konformität mit der Business Judgement Rule durch die Einholung von Expertenrat hinsichtlich der Bestimmung der at arms length entsprechenden Zinskonditionen gesichert wird oder der Ausstellung von Comfort Letters. 518 Siehe § 7 III.1.b)dd)(1). 519 Siehe § 7 III.1.b)dd)(1). 520 Vgl. Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 21; ders. in Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 106. 521 Vgl. § 7 III.1.b)dd)(1)(e). Siehe zum maßgeblichen Beurteilungsmaßstab § 7 III.1.b) aa)(2)(a).
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werden, indem die Leistung der Gesellschaft nach Marktwerten und nicht (nur) nach Abschreibungswerten bewertet wird. Dies erfordert, dass der Rückgewähranspruch nicht nur dem Buchwert, sondern auch dem gegebenenfalls höheren Verkehrswert des von der Gesellschaft geleisteten Gegenstands wertmäßig entspricht.522 Im Rahmen von (konzerninternen) Darlehen beschränkt sich das Deckungsgebot jedoch lediglich auf den Rückgewähranspruch und nicht auf den Zinsanspruch, so dass für die erforderliche Leistungsäquivalenz lediglich die Darlehensvalutierung und der Darlehensrückzahlungsanspruch maßgeblich sind. Die Verzinsung spielt für die Deckung hingegen keine Rolle.523 Insgesamt bleibt für die Verzinsung von aufsteigenden konzerninternen Darlehen festzuhalten, dass sich eine Verzinsungspflicht lediglich aus dem Prinzip des Drittvergleichs nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ergibt. Von dieser Pflicht zur Verzinsung schafft jedoch § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG eine Ausnahme, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig ist und dem Deckungsgebot entspricht. Sowohl die Vollwertigkeits- als auch die Deckungsprüfung knüpfen ausschließlich an die Rückgewährforderung an, so dass es auf die Verzinsung des Darlehens nicht ankommt. Hieraus ergibt sich, dass die Konzerninnenfinanzierung auch im Wege nicht verzinster aufsteigender Darlehen erfolgen kann, solange der Rückgewähranspruch vollwertig ist und die Darlehensvalutierung deckt. Dieses Ergebnis steht letztlich im Einklang mit dem erklärten Ziel des MoMiG, konzerninterne wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen zu erleichtern,524 da dies eine konzerninterne Finanzierung ohne Kapitalkosten (Finanzierungsaufwand) ermöglicht525. (f) Zusammenfassung Die Verzinsung des konzerninternen Darlehens hat keine positiven Auswirkungen auf die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung. Sie führt keinesfalls dazu, dass die Realisierungsmöglichkeiten steigen. Stattdessen kann die Zinsbelastung dazu führen, dass die Realisierungschancen sinken und somit zu einer (teilweisen) Unvollwertigkeit des Rückgewähranspruchs führen, was gegen eine Verzinsungspflicht spricht. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sieht sich der Geschäftsführer hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit der Verzinsung des Darlehens jedoch einer umstrittenen Rechtslage ausgesetzt. Er hat somit die Vor- und Nachteile der Berücksichtigung und der Nichtbeachtung eines Verzinsungserfordernisses bei der Vollwertigkeitsprüfung gegeneinander abzuwägen. Die Privilegierung der Darlehensvergabe bei einem vollwertigen Rückgewähranspruch von dem Erfordernis des Drittvergleichs verringert den Pflichtenkreis und 522 523 524 525
Siehe § 7 III.1.a). Siehe § 7 III.1.a)cc). Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Siehe hierzu auch § 7 III.1.b)ee)(1)(b) am Ende.
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die Haftungsrisiken des Geschäftsführers deutlich. Bei der Prüfung der Realisierbarkeit der Rückgewährforderung muss der Geschäftsführer die Verzinsung des Darlehens und ihre Angemessenheit nicht berücksichtigen. Hierdurch entfallen die Haftungsrisiken, die bei der Bestimmung von Zinskonditionen at arms length regelmäßig entstehen. (2) Besicherungspflicht Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erfordert, dass die Realisierung des Anspruchs durch die Stellung marktüblicher Kreditsicherheiten gewährleistet ist. Auch hierbei ist aufgrund der festgestellten Maßgeblichkeit der bilanziellen Betrachtungsweise zu fragen, welche Auswirkungen die Besicherung auf die Realisierbarkeit der Forderung hat. (a) Besicherung ist keine zwingende Voraussetzung für Vollwertigkeit Kreditsicherheiten spielen bei der Darlehensvergabe traditionell eine herausragende Rolle,526 da ihr Zweck gerade die Absicherung der Kreditrückgewähr darstellt. Somit werden Kreditsicherheiten gerade gewährt, um Zweifel an der Bonität des Schuldners zu mindern oder auszuräumen. Allerdings gilt dies nur für den Fall, dass tatsächlich Zweifel an der Solvenz des Schuldners und somit an der Realisierbarkeit der Rückgewährforderung bestehen. In diesem Fall können diese Zweifel durch die Besicherung ausgeräumt werden. Erscheint die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung somit nicht mehr zweifelhaft, muss die Forderung nicht abgeschrieben werden, so dass sie vollumfänglich bilanziert werden kann527 und somit vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist.528 Bestehen hingegen auch ohne Besicherung keine Zweifel an der Realisierbarkeit, ist die Rückgewährforderung ebenfalls vollumfänglich zu bilanzieren. In diesem Fall ist die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs daher auch ohne Besicherung zu bejahen.529 Die Besicherung ist daher kein zwingendes Erfordernis, um dem Vollwertigkeitserfordernis des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG im Rahmen der Darlehensgewährung zu entsprechen.
526
Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 123. Siehe zu den handelsbilanziellen Grundsätzen als Prüfungsmaßstab der Vollwertigkeit ausführlich § 7 III.1.b)aa) ff. 528 So auch Wicke, in: Wicke GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 10; Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 901; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 85. 529 Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 901; Winter, DStR 2007, 1484, 1487; vgl. auch Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 123; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 56; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 245; Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801, 805; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771, 785. 527
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(b) Keine Pflicht, fehlende Besicherung durch höhere Verzinsung „auszugleichen“ Vereinzelt wird jedoch gefordert, dass die unbesicherte Darlehensvergabe zur Vollwertigkeit eine höhere Verzinsung erfordere.530 Die fehlende Besicherung müsse danach durch einen höheren Zinssatz „umgerechnet“ werden.531 Dies bedeutet im Ergebnis jedoch, dass eine fehlende Besicherung durch einen höheren Zinssatz ausgeglichen werden könnte. Konsequent weitergedacht führt dies für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Darlehen dazu, dass auch mangelnde Vollwertigkeit durch einen höheren Zinssatz ausgeglichen werden könnte.532 Dies würde jedoch dazu führen, dass sich der Gesellschafter die Vollwertigkeit und somit auch die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit trotz der Abschreibungspflicht der Rückgewährforderung durch (höhere) Zinszahlungen „erkaufen“ könnte. Denn durch höhere Zinszahlungen werden die Aussichten bezüglich der Realisierung nicht besser, sondern schlechter, da den Gesellschafter nun noch weitere Belastungen treffen. In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass die Rückgewährforderung noch weiter abgeschrieben werden müsste und die Vollwertigkeit noch entschiedener verneint werden müsste. Darüber hinaus steht die Möglichkeit für die Gesellschafter, sich von den kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen und insbesondere von dem Vollwertigkeitserfordernis durch höhere Zinszahlungen „freizukaufen“, im krassen Widerspruch zu dem vom Gesetzgeber mit dem Vollwertigkeitserfordernis verfolgten Ziel, zur bilanziellen Betrachtung zurückzukehren und die Frage der Vollwertigkeit somit einzig am Maßstab der Wahrscheinlichkeit der Realisierung der Rückgewährforderung zu messen.533 Zuletzt ist gegen die Ansicht, welche eine höhere Verzinsung bei unbesicherten Darlehen fordert, anzuführen, dass diese streng genommen nicht die Frage der Verpflichtung zur Besicherung thematisiert, sondern sich lediglich zur Problematik der Pflicht zur Verzinsung äußert. Insofern setzt diese Ansicht die Möglichkeit einer fehlenden Besicherung nämlich bereits voraus. Ob und in welcher Höhe eine Verzinsung zu erfolgen hat, ist jedoch eine nachgelagerte Frage, die sich unabhängig davon stellt, ob das Darlehen besichert wurde oder nicht. Denn in beiden Fällen geht es um die Frage der Verpflichtung zur marktüblichen Verzinsung. Insofern macht es jedoch keinen Unterschied, ob die Marktüblichkeit bei besicherten oder unbesicherten Darlehen herangezogen wird. Unter dieser Prämisse ist auch die Begründung 530 Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 205; Winter, DStR 2007, 1484, 1487 f.; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771, 785; wohl auch Wicke, in: Wicke GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 10. 531 So Winter, DStR 2007, 1484, 1487 f. 532 Vgl. Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 73; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 94; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 21. 533 Vgl. Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 94; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 21; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 284 f.
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von Heidinger534 zu bewerten, nachdem die höhere Verzinsung bei Fehlen bankenüblicher Sicherheiten für die bilanzielle Vollwertigkeit erforderlich sei. Denn wie bereits gezeigt, erfordert die fehlende Besicherung an sich, nach bilanzieller Betrachtung noch keine Pflicht zur Abschreibung, sofern an der Realisierung der Forderung auch ohne Besicherung keine Zweifel bestehen.535 Das Erfordernis einer Verzinsung im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung ist nach bilanzieller Betrachtung vielmehr eine Frage einer möglichen Abzinsung, was die thematische Verortung zur Frage der Pflicht zur marktüblichen Verzinsung deutlich untermauert. Die Besicherung des Darlehens ist daher keine zwingende Voraussetzung für die Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, solange an der Realisierbarkeit der Rückgewährforderung auch ohne Besicherung keine Zweifel bestehen. (c) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Für den Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers eines darlehensgebenden abhängigen GmbH-Konzernunternehmens bedeutet dies, dass dieser unabhängig von einer Besicherung des Darlehens die Realisierbarkeit der Darlehensrückgewährforderung zu prüfen hat. Bei einem positiven Prüfungsergebnis ist es unerheblich, ob die Realisierbarkeit durch eine Besicherung gewährleistet wurde oder die Einbringbarkeit der Darlehensrückgewährforderung auch ohne Kreditsicherheiten gesichert erscheint. Bei einem negativen Prüfungsergebnis ist die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG nicht gegeben und der Geschäftsführer hat die Auszahlung abzulehnen. Auch diese Pflicht trifft ihn unabhängig davon, ob es sich bei der Rückgewährforderung um eine unbesicherte Forderung handelt oder die Forderung zwar besichert ist, diese Besicherung aber nicht ausreicht, um die vollständige Realisierbarkeit zu gewährleisten. Will der Geschäftsführer dennoch an der Darlehensvereinbarung festhalten, muss dieser für die Auszahlung der Darlehensvaluta die Bestellung von (weiteren) Sicherheiten fordern. Es ist jedoch umstritten, ob eine fehlende Besicherung durch einen höheren Zinssatz ausgeglichen werden muss.536 Es gibt in beiden Lagern gewichtige Stimmen. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist noch nicht ersichtlich. (aa) Umstrittene Rechtslage Der Geschäftsführer sieht sich daher mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Auch einzuholender Expertenrat wird keine absolute Klarheit bringen, so dass dem Geschäftsführer bei seiner Entscheidung, ob die kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit bei einem unbesicherten Darlehen durch eine höhere Verzinsung 534 535 536
Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 205. Siehe § 7 III.1.b)ee)(2)(a). Siehe zum Meinungsstand § 7 III.1.b)ee)(2)(b).
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des Darlehens ausgeglichen werden muss, ein Handlungsspielraum zusteht. Er hat die Chancen und Risiken sorgfältig gegeneinander abzuwägen. (bb) Vor- und Nachteile der Handlungsalternativen Da es hierbei letztlich erneut um die Frage der Verzinsung geht, entsprechen die Vor- und Nachteile denen, die der Geschäftsführer bereits bei der Frage des Drittvergleichs und des Verzinsungserfordernisses aufgrund bilanzieller Grundsätze gegeneinander abgewogen hat.537 (cc) Abwägung Auch bei der anschließenden Abwägung streiten die gleichen Argumente gegen eine Verzinsungspflicht, die der Geschäftsführer bereits bei der Erforderlichkeit des Drittvergleichs und dem Verzinsungserfordernis nach bilanziellen Grundsätzen herangezogen hat.538 Darüber hinaus ist der Grad der Unsicherheit bei Verneinung des Erfordernisses zur Ausgleichung einer fehlenden Besicherung durch einen höheren Zins geringer, als bei der Bejahung des Erfordernisses. Nach einer fundierten juristischen Betrachtung sprechen nämlich die besseren Argumente gegen ein Verzinsungserfordernis.539 Insgesamt erscheint es für den Geschäftsführer daher ratsam, bei unbesicherten Darlehen keine (höhere) Verzinsung zum Ausgleich für die Vollwertigkeit und somit für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit des Darlehens zu fordern. (dd) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer Haftungsrechtlich sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage hinsichtlich der Frage, ob die kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit bei unbesicherten Darlehen einen Ausgleich durch eine höhere Verzinsung erfordert, gegenüber. Dies begründet für den Geschäftsführer die Gefahr einer Haftung, wenn er auf die Verzinsung verzichtet und diese jedoch bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung für erforderlich gehalten wird. In diesem Fall verstößt die Auszahlung gegen § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG und begründet die Haftung des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG. Im umgekehrten Fall wäre die Verweigerung der Auszahlung wegen fehlender Verzinsung pflichtwidrig, was eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG zur Folge hätte. Diesem Haftungsrisiko kann der Geschäftsführer jedoch entgehen, wenn er zunächst die Rechtslage sorgfältig prüft und die verbleibenden Handlungsmöglichkeiten gegeneinander abwägt. Eine sorgfältige Abwägung führt dazu, dass der Vorwurf der Pflichtwidrigkeit ausgeschlossen ist und die Entscheidung des Geschäftsführers pflichtgemäß im Sinne des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG bezie537 538 539
Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)dd)(2)(b) f. und § 7 III.1.b)ee)(1)(d)(bb). Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)dd)(2)(d) und § 7 III.1.b)ee)(2)(c)(cc). Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)ee)(2)(b).
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hungsweise des § 43 Abs. 2 GmbHG ist.540 Eine sorgfältige Abwägung spricht vorliegend für den Verzicht auf die Verzinsung. Legt der Geschäftsführer diese Abwägung bei seiner Vollwertigkeitsprüfung zugrunde, treffen ihn diesbezüglich keine Haftungsrisiken. Für den Geschäftsführer bedeutet dies, dass auch bei unbesicherten Darlehen die Bewertung der Angemessenheit der Verzinsung bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG nicht in den Aufgabenbereich des Geschäftsführers fällt. Die stets mit Unsicherheiten behaftete Pflicht, anhand eines vergleichbaren hypothetischen Rechtsgeschäfts mit Dritten at arms length entsprechende Zinskonditionen zu bestimmen, entfällt somit. Hypothetische Annahmen hinsichtlich der Zinskonditionen bedeuten natürlicherweise Spielräume und somit Angriffsflächen für Haftungsprozesse gegen Geschäftsführer. Ihr Wegfall minimiert die Haftungsrisiken der Geschäftsführer daher spürbar.541 (d) Zusammenfassung Die Besicherung spielt im Rahmen von Darlehen zwar eine gewichtige Rolle und kann insbesondere dazu genutzt werden, Zweifel an der Realisierbarkeit der Rückgewährforderungen zu beseitigen und somit die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG (erst) zu begründen. Für die bilanzielle Vollwertigkeit ist es jedoch nicht zwingend erforderlich, dass die Darlehensgewähr besichert wird. Bestehen auch ohne Besicherung keine Zweifel an der Einbringbarkeit der Forderung, ist diese ohne weiteres vollumfänglich zu bilanzieren, so dass auch die kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu bejahen ist. Es besteht somit keine Pflicht die Darlehensvergabe zu besichern, um dem Vollwertigkeitserfordernis des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu genügen. Eine fehlende Besicherung muss auch nicht durch eine (höhere) Verzinsung ausgeglichen werden. Andernfalls wäre es möglich, mangelnde Vollwertigkeit durch einen höheren Zinssatz auszugleichen, so dass die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit trotz der Abschreibungspflicht der Rückgewährforderung durch (höhere) Zinszahlungen „erkauft“ werden könnte. Der Geschäftsführer hat daher unabhängig davon, ob das Darlehen besichert wird oder nicht, zu prüfen, ob der Darlehensrückgewähranspruch realisierbar erscheint. Im Falle der positiven Realisierbarkeit spielt es keine Rolle, ob die Realisierbarkeit durch eine Besicherung gewährleistet wurde oder die Einbringbarkeit der Darlehensrückgewährforderung auch ohne Kreditsicherheiten gesichert erscheint. Spiegelbildlich dazu ist es bei einem negativen Prüfungsergebnis unerheblich, ob es sich
540
Siehe hierzu § 3 I.2.b)aa)(2)(a) am Ende. Hierdurch entfällt auch das Bedürfnis den Geschäftsführer vor den Haftungsrisiken zu schützen, indem die Konformität mit der Business Judgement Rule durch die Einholung von Expertenrat hinsichtlich der Bestimmung der at arms length entsprechenden Zinskonditionen gesichert wird oder der Ausstellung von Comfort Letters. 541
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
bei der Rückgewährforderung um eine unbesicherte Forderung handelt oder die Besicherung nicht ausreicht, um die vollständige Realisierbarkeit zu gewährleisten. (3) Darlehensvergabe bei Unterbilanz Zuletzt gilt es zu untersuchen, welche Auswirkung eine bestehende Unterbilanz auf die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung hat. (a) Voraussichtliche Solvenz des Schuldners allein maßgebliches Kriterium für Realisierbarkeit Für die Frage der Realisierbarkeit des Darlehensrückgewähranspruchs kommt es allein auf die voraussichtliche Solvenz des Schuldners an. Die finanzielle Lage der Gesellschaft als Darlehensgeberin spielt für die Frage, ob diese die Forderung abschreiben muss oder vollumfänglich bilanzieren kann, keine Rolle. Eine Unterbilanz der Gesellschaft hat somit keine Auswirkungen auf die Realisierbarkeit und somit auf die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs.542 Sofern keine Zweifel an der Realisierbarkeit der Forderung bestehen, ist die Forderung vollumfänglich zu bilanzieren und somit vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, so dass auch die Darlehensgewähr kapitalerhaltungsrechtlich zulässig ist. Ein Verbot der Darlehensgewähr bei einer Unterbilanz der Gesellschaft ist daher abzulehnen. (b) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Für den Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers einer darlehensgebenden abhängigen Konzerngesellschaft bedeutet dies, dass dieser sich bei seiner Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG allein auf die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung beim Darlehensnehmer beschränken kann. Im Falle der (vollständigen) Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs kommt es für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensgewährung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG nicht auf die Solvenz der darlehensgebenden Gesellschaft an. Den Geschäftsführer treffen daher keine Haftungsrisiken, wenn die Darlehensvalutierung während einer Unterbilanz der abhängigen Gesellschaft erfolgt. Bei lediglich teilweiser Vollwertigkeit führt die Auszahlung hingegen zu einer Vertiefung der Unterbilanz in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert des Rückgewähranspruchs und dessen niedrigeren abgeschriebenen Wertes. In diesem Fall ist die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG abzulehnen. Die (zumindest vollumfängliche) Auszahlung wäre kapitalerhaltungsrechtswidrig und würde daher eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers darstellen. Eine entsprechende Haftung kann der Geschäftsführer zum einen vermeiden, indem er die Auszahlung nur in der Höhe vornimmt, die durch den vollwertigen Teil des Rück542
So auch Wicke, in: Wicke GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 10.
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gewähranspruchs gedeckt ist und die Auszahlung nur hinsichtlich des hierüber hinausgehenden unvollwertigen Teils ablehnt.543 Zum anderen kann der Geschäftsführer jedoch auch weitere Sicherheiten zur Gewährleistung der vollständigen Realisierbarkeit (Vollwertigkeit) der Rückgewährforderung verlangen. (c) Zusammenfassung Für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit einer Darlehensgewähr im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist allein die Realisierbarkeit der Darlehensrückgewährforderung, mithin die Solvenz des Schuldners, maßgeblich. Der Geschäftsführer kann sich bei der Vollwertigkeitsprüfung somit allein auf die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung beim Darlehensnehmer beschränken, ohne die finanzielle Lage seiner Anstellungsgesellschaft berücksichtigen zu müssen. Bei positiver Realisierbarkeit kommt es für die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG somit nicht auf die Solvenz der darlehensgebenden Gesellschaft an, so dass den Geschäftsführer keine Haftungsrisiken treffen, wenn die Darlehensvalutierung während einer Unterbilanz der abhängigen Gesellschaft erfolgt. Bei lediglich teilweiser Realisierbarkeit vertieft die Auszahlung hingegen die Unterbilanz in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert des Rückgewähranspruchs und dessen niedrigeren abgeschriebenen Wertes, so dass die Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG abzulehnen ist und die (zumindest vollumfängliche) Auszahlung eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers darstellt. Zur Haftungsvermeidung kann der Geschäftsführer nur den vollwertigen Teil der Darlehensvaluta ausreichen oder die Bestellung weiterer Sicherheiten verlangen. ff) Wertverlust nach Vollzug des Erfüllungsgeschäfts Im Rahmen des Vollwertigkeitserfordernisses ist weiter zu klären, wie sich Wertverluste hinsichtlich der Darlehensrückgewährforderung nach dem Vollzug des Erfüllungsgeschäfts auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG auswirken. (1) Keine Auswirkungen auf Zulässigkeit der Darlehensvalutierung (a) Keine ex tunc Verbotswidrigkeit einer ursprünglich zulässigen Leistung Nach der Regierungsbegründung führen nicht vorhersehbare negative Entwicklungen, die nach dem Vollzug des Erfüllungsgeschäfts eintreten und zur bilanziellen Abwertung führen, nicht nachträglich zu einer verbotenen Auszahlung.544 Die Auskehr der Darlehenssumme als maßgebliche Auszahlungshandlung bleibt somit kapitalerhaltungsrechtlich zulässig, wenn die Vollwertigkeit bis zum Zeitpunkt des 543
cc) ff. 544
Siehe zur Frage des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit ausführlich § 7 III.1.b) Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Verfügungsgeschäfts bestand. Nachträgliche negative Entwicklungen im Rahmen der Vollwertigkeit haben somit keine Auswirkungen auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensvalutierung. Insoweit stellt die Regierungsbegründung die Rechtslage in Bezug auf die Zulässigkeit der Auszahlung der Darlehensvaluta nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG dar.545 (b) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Für den Geschäftsführer der abhängigen Konzerngesellschaft bedeutet dies, dass diesen hinsichtlich der Darlehensvalutierung keine Haftungsrisiken treffen, wenn der Rückgewähranspruch bei Valutierung des Darlehens vollwertig war und sich der Wertverlust des Anspruchs erst nachträglich einstellt. Es kommt somit nicht zu einer nachträglichen Änderung des Ergebnisses der Vollwertigkeitsprüfung hinsichtlich der Auszahlung der Darlehenssumme. Wenn die Vollwertigkeitsprüfung des Geschäftsführers im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts pflichtgemäß erfolgte, mithin keine konkreten Zweifel an der Realisierbarkeit der Forderung bestanden, besteht für den Geschäftsführer somit kein Risiko einer nachträglichen Haftung für die Darlehensvalutierung. (2) Zeitlich nachgelagerte Handlungen stellen weitere Auszahlung dar Als Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG kommen jedoch nicht nur die Darlehensvalutierung, sondern auch dem Verfügungsgeschäft zeitlich nachgelagerte Handlungen in Betracht.546 Eine Auszahlung kann insbesondere auch in dem (temporären) Verzicht auf eine Forderung gegen den Gesellschafter liegen.547 Unerheblich ist dabei, ob der (temporäre) Verzicht rechtlich begründet wurde, etwa in Form des Erlasses beziehungsweise der Stundung oder ob der Verzicht die Folge rein tatsächlichen Handelns ist, etwa das Verjährenlassen oder die Nichtgeltendmachung von Forderungen.548 Bezogen auf aufsteigende konzerninterne Darlehen bedeutet dies, dass insbesondere die Nichtgeltendmachung des Rückzahlungsanspruchs am Ende der Laufzeit des Darlehens549 oder nach dem Eintritt einer Kündigungsmög-
545
Vgl. auch Altmeppen, ZIP 2009, 49, 54, der diesbezüglich die Regierungsbegründung aufgrund der schlichten Klarstellung der Gesetzeslage für redundant halt. 546 Siehe zum Auszahlungsbegriff des § 30 Abs. 1 GmbHG ausführlich Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 126 ff. 547 Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 54; Fleischer, in: Henssler/ Strohn GesR, § 30 GmbHG, Rn. 4. 548 Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 54; Fleischer, in: Henssler/ Strohn GesR, § 30 GmbHG, Rn. 4. 549 Hirte, ZInsO 2008, 689, 692; Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293; Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 900; Wicke, in: Wicke GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 11; vgl. auch Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 8; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771, 785.
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lichkeit550 (Stehenlassen des Darlehens) eine Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG darstellen. (a) Stehenlassen des Darlehens Die Regierungsbegründung des MoMiG führt hierzu jedoch aus: „Spätere, nicht vorhersehbare negative Entwicklungen der Forderung gegen den Gesellschafter und bilanzielle Abwertungen führen nicht nachträglich zu einer verbotenen Auszahlung. Es kann dann aber ein Sorgfaltspflichtverstoß des Geschäftsführers gegeben sein, der diese Forderungen stehen ließ, obwohl er sie hätte einfordern können.“551 Dies lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass dem Stehenlassen einer Forderung gegen einen Gesellschafter keine kapitalerhaltungsrechtliche Relevanz zukomme, sondern lediglich Sorgfaltspflichtverstöße des Geschäftsführers begründen könne.552 Daran anknüpfend wird auch in der Literatur vertreten, dass das bloße Stehenlassen eines Darlehens keine Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG darstellen könne.553 Hierfür wird unter anderem angeführt, dass § 30 Abs. 1 GmbHG keine Verpflichtung zur Wiederauffüllung des Stammkapitals begründe.554 Diesem Argument ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zwar voraussetzt, dass ein Unterlassen keine Auszahlung darstellen kann, dies im Gegenzug aber nicht fundiert zu begründen vermag. Denn nur wenn das Unterlassen keine Auszahlung darstellen würde, ergebe sich überhaupt eine Situation des Wiederauffüllens des Stammkapitals. In diesem Fall wäre die ursprünglich rechtmäßige Auszahlung auch bei einer nachträglichen Vermögensverschlechterung weiterhin der Anknüpfungspunkt der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit. Würde man unter dieser Prämisse die kapitalerhaltungsrechtliche Unzulässigkeit annehmen, entstünde eine Situation der Wiederauffüllung des Stammkapitals. Die Rechtslage stellt sich bei der Annahme, dass auch ein Unterlassen eine Auszahlung darstellen kann, jedoch anders dar. Denn hierbei wird nicht an die ursprüngliche Auszahlung angeknüpft. Das Unterlassen stellt vielmehr eine neue Auszahlung dar. Diese neue Auszahlung muss, wie jede Auszahlung, am Kapitalerhaltungsrecht dergestalt gemessen werden, ob sie kapitalerhaltungsrechtlich gesperrt ist. In diesem Fall begründet § 30 Abs. 1 GmbHG rechtlich also eine Auszahlungssperre, so dass nicht von einem Wiederauffüllen des Stammkapitals ge550 Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 23; Wicke, in: Wicke GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 11; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 283 f.; vgl. auch Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 8; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771, 785; wohl auch Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 900. 551 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. 552 So auch Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 129; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 88. 553 Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 127 ff. 554 Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 128.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
sprochen werden kann. Das Wiederauffüllen beschreibt eher den technischen Vorgang, dass ein ausgereichtes Darlehen bei nachträglicher Verschlechterung der Vermögenslage zurückgefordert werden muss. Rechtlich kann jedoch, wie gezeigt, nicht von einem Wiederauffüllen ausgegangen werden, zumal die bilanzielle Betrachtung ausdrücklich einen Aktivtausch zwischen tatsächlichem Vermögen und Forderungen kapitalerhaltungsrechtlich zulässt. Weiter wird argumentiert, dass eine Verpflichtung des Gesellschafters, im Falle einer Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Situation, zur bevorzugten Befriedigung von möglicherweise noch nicht fälligen Forderungen der Tochter, insolvenzrechtlichen Wertungen widerspreche, da eine solche Bevorzugung regelmäßig der Insolvenzanfechtung unterliege.555 Hiergegen ist zunächst anzuführen, dass die Forderungen bei sorgfaltsgemäßem Verhalten nicht stehengelassen worden wären, sondern hätten geltend gemacht werden müssen, so dass die Forderungen ohne weiteres fällig gewesen wären. Wenn die Forderungen jedoch unter normalen Umständen fällig gewesen wären, kann man bei einer Verpflichtung des Gesellschafters zur Rückgewähr wohl nicht von einer Bevorzugung gegenüber anderen Gläubigern sprechen. Zudem dient auch § 30 Abs. 1 GmbHG dem Gläubigerschutz.556 Selbst wenn man also einen Widerspruch zu insolvenzrechtlichen Wertungen annehmen möchte, so entstünde jedoch ein Konkurrenzverhältnis von zwei gläubigerschützenden Normen. Insofern müssten die unterschiedlichen Gläubigerinteressen wertend in Einklang gebracht werden. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass die Gläubiger von abhängigen Gesellschaften schutzwürdiger sein dürften, da diese Gesellschaften dem (negativen) Einfluss durch die Mutter ausgesetzt sind. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, den Einfluss der Mutter auf die Tochter zumindest soweit einzudämmen, dass das Stammkapital als Haftungsfonds den Gläubigern der Tochtergesellschaft erhalten bleibt. Im Falle eines angenommenen Konkurrenzverhältnisses zwischen den Interessen der Gläubiger der Mutter (Wertungen des Anfechtungsrechts) und den Schutzinteressen der Gläubiger der Tochtergesellschaft (Kapitalerhaltungsrecht) überwiegen daher letztere, was eine Verpflichtung des Gesellschafters zur Leistungserfüllung nach einer Verschlechterung der eigenen wirtschaftlichen Situation gerechtfertigt erscheinen lässt. Nur am Rande sei hier erwähnt, dass nach § 129 Abs. 2 InsO anfechtbare Rechtshandlungen ebenfalls durch Unterlassen erfolgen können, so dass es unter Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht einleuchten würde, warum dies beim Kapitalerhaltungsrecht anders sein sollte. Zuletzt wird gegen die Möglichkeit der Auszahlung durch Unterlassen angeführt, dass die Pflicht zur Rückerstattung aufgrund eines Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 GmbHG die Tochtergesellschaft nur minimal besser stellen würde, da diese 555
Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 128. Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)bb)(2)(d). Das Anfechtungsrecht dient dem Grundsatz des par condicio creditorum, soll also die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger gewährleisten, de Bra, in: Braun InsO, § 129 InsO, Rn. 1. 556
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ohnehin einen schuldrechtlichen Anspruch aus dem Darlehensvertrag gegen den Gesellschafter habe. Einzig hinsichtlich der Fälligkeit des Anspruchs und der Haftung der Mitgesellschafter nach § 31 Abs. 3 GmbHG offenbare die kapitalerhaltungsrechtliche Lösung Vorteile für die Tochter.557 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass auch minimale Vorteile unter Gläubigerschutzgesichtspunkten begrüßenswert erscheinen. Stellt man dagegen lediglich darauf ab, dass der Gesellschaft auch schuldrechtliche Asprüche aus dem Darlehensvertrag zukommen und der kapitalerhaltungsrechtliche Rückerstattungsanspruch daher keinen (nennenswerten) wertmäßigen Vorteil bringe, lässt man außer Betracht, dass die schuldrechtlichen Ansprüche durch Rechtsgeschäft auch nachträglich problemlos zulasten der Gläubiger geändert werden könnten. Der kapitalerhaltungsrechtliche Rückerstattungsanspruch nach § 31 Abs. 3 GmbHG ist hingegen zwingend, unterliegt folglich nicht der Disposition der Parteien.558 Die Vorteile des kapitalerhaltungsrechtlichen Rückerstattungsanspruchs nach § 31 Abs. 3 GmbHG gegenüber den schuldrechtlichen Ansprüchen aus dem Darlehensvertrag ergeben sich somit nicht nur aus einer wertmäßigen Differenz der beiden Anspruchsumfänge, sondern auch aus dem zwingenden Charakter des Kapitalerhaltungsrechts. Es ist somit festzuhalten, dass die Nichtgeltendmachung des Rückzahlungsanspruchs am Ende der Laufzeit des Darlehens oder nach dem Eintritt einer Kündigungsmöglichkeit (Stehenlassen des Darlehens) eine Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG darstellt. (b) Auswirkungen auf den Pflichtenkreis und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Dass das Stehenlassen eines Darlehens eine (weitere) Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG darstellt, wird in der Literatur lediglich von einer Stimme verneint. Die ganz herrschende Ansicht geht jedoch vom Auszahlungscharakter des Stehenlassens aus. Wie bereits erläutert, halten die Argumente der Minderansicht einer fundierten juristischen Betrachtung nicht stand.559 Die Minderansicht hat daher nicht genug Gewicht, um von einer umstrittenen Rechtslage ausgehen zu müssen.560 Der Geschäftsführer muss daher der herrschenden Ansicht folgen und auch das Stehenlassen des Darlehens auf seine kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit überprüfen. Der Geschäftsführer hat daher im Zeitpunkt des Stehenlassens (erneut) die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu prüfen. Hierbei trifft ihn das Haftungsrisiko des § 43 Abs. 3 S. 1
557
Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 128. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 31 GmbHG, Rn. 1. 559 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)ff)(2)(a). 560 Vgl. auch Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 23c, nach denen eine unklare Rechtslage zu verneinen ist, wenn die konkrete Rechtsanwendung nicht nennenswert umstritten ist. 558
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Var. 1 GmbHG in der gleichen Form, wie sie ihn auch bei der ursprünglichen Darlehensgewähr trifft. (c) Verlängerung des Darlehens Darüber hinaus kann auch die Verlängerung eines Darlehens eine Auszahlung im kapitalerhaltungsrechtlichen Sinne darstellen.561 Dies ist konsequent, da die Verlängerung eines Darlehens letztlich wie eine neue Darlehensvergabe wirkt, so dass für beide Formen auch die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG gelten müssen.562 Somit muss die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs auch bei der Verlängerung eines Darlehens gegeben sein, um den kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu genügen.563 (d) Auswirkungen auf den Pflichtenkreis und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Ebenso wie bei dem Stehenlassen des Darlehens, bedeutet auch die Verlängerung eine (neue) Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG, so dass der Geschäftsführer auch hierbei ihre kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit prüfen muss. Der Geschäftsführer muss daher im Zeitpunkt der Darlehensverlängerung prüfen, ob der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist. Hierbei trifft ihn ebenfalls das Haftungsrisiko des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG in der Form, wie es auch bei der ursprünglichen Darlehensgewähr besteht. (3) Zusammenfassung Für den Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers der darlehensgebenden abhängigen Konzerngesellschaft ist festzuhalten, dass dieser bei nach der Darlehensvalutierung eintretenden Wertverlusten des Darlehensrückgewähranspruchs zwischen der Darlehensvalutierung und zeitlich nachgelagerten (neuen) Auszahlungen differenzieren muss. Hinsichtlich der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensvalutierung ändert eine negative Entwicklung der Werthaltigkeit des Rückgewähranspruchs nach dem Vollzug des Erfüllungsgeschäfts nichts mehr an der Vollwertigkeit der Forderung im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Die Darlehensvalu561 Hirte, ZInsO 2008, 689, 692; Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293; Vetter, in: Goette/ Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 127; Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 900. 562 Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 23; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 88; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 127. 563 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 88; vgl. auch Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289, 1293; im Ergebnis auch Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 43.
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tierung bleibt somit kapitalerhaltungsrechtlich zulässig, wenn die Vollwertigkeit bis zum Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts bestand, so dass den Geschäftsführer durch nachträgliche Wertverluste auch keine Haftungsrisiken wegen der Darlehensausreichung treffen. Erfolgte die Vollwertigkeitsprüfung bei der Darlehensausreichung pflichtgemäß, besteht für den Geschäftsführer somit kein Risiko einer nachträglichen Haftung für die Darlehensvalutierung. Entgegen einer Ansicht in der Literatur stellt jedoch das Stehenlassen des Darlehens nach der Auskehr der Darlehensvaluta eine weitere Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG dar, die wiederum von dem Geschäftsführer auf ihre kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit überprüft werden muss. Ebenso stellt auch die Verlängerung des Darlehens eine kapitalerhaltungsrechtlich relevante Auszahlung dar. Für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit dieser Auszahlungen muss der Geschäftsführer im Zeitpunkt des Stehenlassens beziehungsweise der Verlängerung des Darlehens die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG prüfen. Hierbei treffen ihn letztlich die gleichen Haftungsrisiken wie bei der Vollwertigkeitsprüfung bei der ursprünglichen Darlehensvalutierung, lediglich die tatbestandlichen Anknüpfungspunkte beziehen sich auf der ursprünglichen Darlehensausreichung zeitlich nachgelagerten Handlungen. c) Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zur kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung im faktischen Konzern Die Prüfung der Zulässigkeit der Ausreichung eines Darlehens obliegt dem Geschäftsführer. Hierbei hat der Geschäftsführer zunächst das Deckungsgebot zu beachten und anschließend die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs zu prüfen. Die genauen Anforderungen der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit sind jedoch in nahezu allen wesentlichen Prüfungspunkten umstritten. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung zu den strittigen Punkten, hat der Geschäftsführer die widerstreitenden Ansichten zu bewerten und abzuwägen. Dies bindet zeitliche Ressourcen des Geschäftsführers, die diesem bei seiner Haupttätigkeit, der betriebswirtschaftlichen Leitung des Unternehmens, fehlen. Abhängig von der juristischen Vorbildung des Geschäftsführers, der Größe des Unternehmens und der Rechtsabteilung dürfte bei der Abwägung regelmäßig auch juristische Beratung des Geschäftsführers erforderlich sein. Muss diese extern eingeholt werden,564 verursacht dies weitere Kosten für das Unternehmen.
564
Dies ist nicht dahingehend zu verstehen, dass der Meinungsstreit dadurch aufgelöst werden könnte. Auch einzuholender Expertenrat wird lediglich eine Einschätzung der Rechtslage geben können, siehe etwa § 7 III.1.a)dd)(a). Dieser kann jedoch erforderlich sein, um die widerstreitenden Ansichten und daraus abgeleiteten Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen und ihn bei der anschließenden Abwägung zugrunde zu legen.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
aa) Das Deckungsgebot Nach dem Deckungsgebot müssen sich die Leistung und der vollwertige Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch wertmäßig entsprechen. Dies erfordert, dass sich die Leistungen nicht nur mit ihren Buchwerten entsprechen, sondern sich die Leistungen auch hinsichtlich ihrer (gegebenenfalls höheren) Verkehrswerte decken. Die Verzinsung konzerninterner Darlehen fällt allerdings nicht in den Anwendungsbereich des Deckungsgebots. Insoweit unterscheidet der Gesetzgeber eindeutig zwischen dem Gegenleistungsanspruch bei synallagmatischen Austauschverträgen und dem Rückerstattungsanspruch bei einer Auszahlung mit Kreditcharakter. Der letztgenannten Kategorie unterfallen konzerninterne Darlehen, so dass sich lediglich die Darlehensvaluta und der Darlehensrückgewähranspruch wertmäßig decken müssen. Die Zinszahlung stellt hingegen nur eine Kapitalnutzungsvergütung dar, die jedoch nicht zur Deckung der Darlehensvalutierung dient. Es ist jedoch umstritten, ob die Verzinsung des Darlehens im Rahmen des Deckungsgebots zu prüfen ist. Eine gewichtige Ansicht in der Literatur spricht sich dafür aus, auch die Verzinsung am Deckungsgebot zu messen, so dass der Geschäftsführer eine Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten vorzunehmen hat, um den Pflichtwidrigkeitsvorwurf im Sinne des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG von vornherein auszuschließen. Zugunsten der Entbehrlichkeit des Deckungsgebots auf die Darlehenszinsen spricht, dass die konzernspezifische Verbindung zwischen der Gesellschaft und der Konzernmutter berücksichtigt werden kann und dass der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit dieser Handlungsmöglichkeit geringere Schäden drohen. Der Geschäftsführer muss die Verzinsung somit bei der Deckungsprüfung nicht berücksichtigen, so dass diesem hieraus auch keine Haftungsrisiken (mehr) erwachsen. bb) Die Vollwertigkeitsprüfung Die Vollwertigkeitsprüfung stellt den umfangreicheren Teil für die Beurteilung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensvergabe nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG dar. Hierbei trifft die Geschäftsführer ein breit gefächerter Prüfungsumfang. Zu prüfen ist dabei, ob der Dalehensrückgewähranspruch vollwertig, mithin realisierbar, erscheint. Maßgeblich ist hierfür die handelsrechtliche Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB beziehungsweise nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB. Dabei gilt auch nach dem BilMoG der Beurteilungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung fort. Vollwertig ist der Darlehensrückgewähranspruch, wenn keine konkreten Zweifel an der Realisierbarkeit der Forderung bestehen, so dass mit großer Sicherheit von der Rückzahlung des Darlehens ausgegangen werden kann. Die Pflichten des Geschäftsführers bei der Vollwertigkeitsprüfung decken sich somit mit denen der handelsbilanziellen Zugangs- und
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Folgebewertung von Forderungen nach § 253 HGB. Der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung lässt dabei gewisse Spielräume, welche als Angriffsfläche für Haftungsprozesse genutzt werden können und daher Haftungsrisiken für den Geschäftsführer offenbaren. Allerdings stellt die Beurteilung auch eine unternehmerische Entscheidung des Geschäftsführers dar, bei der er sich auf die Privilegierung der Business Judgement Rule berufen kann. Um sicher zu gehen, dass die Bewertung im Einzelfall im sicheren Hafen der Privilegierung liegt, ist es ratsam, durch die Einholung eines oderer mehrer Wirtschaftsprüfungsgutachten sicherzustellen, dass die Bewertung im zugelassenen Handlungsspielraum liegt. Soll hierauf aus Zeit- oder Kostengründen verzichtet werden, ist es ratsam, den Geschäftsführer durch einen Comfort Letter abzusichern. Die Vollwertigkeitsprüfung muss im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts erfolgen, so dass die Auszahlung der Darlehensvaluta maßgeblich ist. Dies ist höchstrichterlich entschieden und somit maßgebend für den Pflichtenkreis des Geschäftsführers. Dies ergibt sich darüber hinaus auch aufgrund einer Abwägung der unterschiedlichen Prüfungszeitpunkte. Zugunsten der Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts spricht die Gewährleistung eines höheren Schutzniveaus und größerer Flexibilität für die Tochtergesellschaft. Der Geschäftsführer kann somit risikolos zunächst vertragliche Verpflichtungen eingehen und kann bis zum Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts abwarten, wie sich die finanzielle Situation der Konzernmutter entwickelt. Ist die Vollwertigkeit im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts nicht gegeben hat der Geschäftsführer die Darlehensvergabe solange zu verweigern, bis sich die finanzielle Lage der Konzernmutter wieder stablisiert hat und der Geschäftsführer bei der Vollwertigkeitsprüfung zu einem positiven Ergebnis gelangt. Den Geschäftsführer treffen dabei wegen des Vertragsschlusses und der späteren (berechtigten) Auszahlungsverweigerung keine Haftungsrisiken. Kapitalerhaltungsrechtlich ist der Vertrag zwar wirksam geschlossen, dem Gesellschafter steht bei mangelnder Vollwertigkeit jedoch kein durchsetzbarer Anspruch zu. Die berechtigte Auszahlungsverweigerung stellt somit keine Pflichtverletzung des Geschäftsführers dar. Die Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts für die Vollwertigkeitsprüfung verringert somit die Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Bei lediglich teilweiser Vollwertigkeit hat der Geschäftsführer den vollwertigen Anteil (abgeschriebenen Wert) zu bestimmen und zu prüfen, ob dieser zur Deckung des Stammkapitals ausreicht. Dies wird jedoch von einem Teil in der Literatur bestritten. Hiernach gilt bei der Vollwertigkeitsprüfung das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“, so dass der Geschäftsführer eine Abwägung des erforderlichen Umfangs der Vollwertigkeit vorzunehmen hat, um den Pflichtwidrigkeitsvorwurf im Sinne des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG von vornherein auszuschließen. Zugunsten der Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes spricht, dass dies der Gesellschaft ermöglicht, ihre wirtschaftliche Beziehung mit dem werthaltigen Teil aufzunehmen und auf den verbleibenden Darlehensbetrag Zinserträge zu generieren. Der Geschäftsführer kann sich daher nicht damit begnügen, für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit lediglich zwischen vollwertig und nicht vollwertig zu un-
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
terscheiden. Erst wenn im zweiten Fall der abgeschriebene „Teilwert“ der Forderung nicht (mehr) zur Stammkapitaldeckung ausreicht, verstößt die Auszahlung gegen Kapitalerhaltungsrecht und ist vom Geschäftsführer zu verweigern. Für die Bestimmung des „Restwertes“ der Rückgewährforderung gilt ebenfalls der Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung, deren Beurteilungsspielraum Angriffsflächen für Haftungsprozesse gegen den Geschäftsführer bietet und daher Haftungsrisiken für diesen begründet. Die Vollwertigkeitsprüfung erfordert hingegn keine Beachtung des Prinzips des Drittvergleichs. Die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG privilegiert die Darlehensgewährung vielmehr von den kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sieht sich der Geschäftsführer hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit des Drittvergleichs jedoch einer umstrittenen Rechtslage ausgesetzt, da eine Ansicht in der Literatur die Maßgeblichkeit des Drittvergleichs fordert. Der Geschäftsführer hat somit eine Abwägung hinsichtlich der Erforderlichkeit des Drittvergleichs vorzunehmen, um den Pflichtwidrigkeitsvorwurf im Sinne des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG von vornherein auszuschließen. Zugunsten seiner Außerachtlassung spricht, dass die möglichen negativen Folgen bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Nichtbeachtung des Drittvergleichs geringer für die Gesellschaft sind, als bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Auszahlungsverweigerung aufgrund der Beachtung des Drittvergleichs. Bei der Vollwertigkeitsprüfung muss der Geschäftsführer das Prinzip des Drittvergleichs somit nicht beachten, so dass diesem hieraus auch keine Haftungsrisiken erwachsen. Für die Vollwertigkeitsprüfung sind vielmehr allein die handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze maßgeblich, so dass auch hinsichtlich der Verzinsung, der Besicherung und der Darlehensausgabe während einer Unterbilanz die Auswirkungen auf die Realisierbarkeit der Darlehensrückgewährforderung zu untersuchen sind. Da sich eine Verzinsung nicht positiv auf die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung auswirkt, sondern ihr durch die zusätzliche Zinsbelastung eher schadet, ist eine Verzinsungspflicht für die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG abzulehnen. Der Geschäftsführer muss daher weder aufgrund des Deckungsgebots noch aufgrund des Drittvergleichs und auch nicht aufgrund der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze die Angemessenheit einer vereinbarten Verzinsung durch einen Vergleich mit einem hypothetischen Rechtsgeschäft mit außenstehenden Dritten feststellen. Er ist auch nicht verpflichtet, auf einen inflationsausgleichenden Zins hinzuwirken. Der Geschäftsführer muss daher keine hypothetischen Annahmen hinsichtlich der Zinskonditionen machen, welche natürlicherweise Spielräume und somit Angriffsflächen für Haftungsprozesse gegen Geschäftsführer bieten. Der Wegfall minimiert daher die Haftungsrisiken der Geschäftsführer erheblich. Der Geschäftsführer hat im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung vielmehr ausschließlich die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung zu prüfen. Hierbei hat er die Ver-
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zinsung als einen Faktor zu berücksichtigen, der sich aufgrund der zusätzlichen Zinsbelastung negativ auf die Realisierbarkeit auswirken kann. Im Gegensatz zur Verzinsung verstärkt eine Besicherung der Darlehensrückgewährforderung ihre Realisierbarkeitschancen. Dies hat der Geschäftsführer bei der Vollwertigkeitsprüfung zwar zu berücksichtigen, erforderlich ist eine Besicherung jedoch nicht zwingend. Erscheint die Darlehensrückgewährforderung auch ohne Besicherung vollumfänglich realisierbar, ist ihre Vollwertigkeit zu bejahen. Eine Besicherungspflicht im Rahmen der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG besteht daher nicht, so dass der Geschäftsführer nicht verpflichtet ist, auf eine Besicherung des Darlehens hinzuwirken, wenn die Realisierbarkeit auch ohne Besicherung gegeben ist. Bei Zweifeln an der (vollständigen) Realisierbarkeit kann eine (weitere) Besicherung die Vollwertigkeit schaffen. Verbleiben an der Einbringlichkeit der Forderung jedoch Zweifel, hat der Geschäftsführer die Auszahlung der Darlehensvaluta zumindest in der Höhe des nicht vollwertigen Teils der Rückgewährforderung abzulehnen. Ein unbesichertes Darlehen ist auch nicht durch einen höheren Zins auszugleichen. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sieht sich der Geschäftsführer diesbezüglich jedoch mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Eine sorgfältige Abwägung der unterschiedlichen Handlungsalternativen spricht jedoch gegen das Verzinsungserfordernis. Der Geschäftsführer kann auch bei unbesicherten Darlehen die Bewertung der Angemessenheit der Verzinsung bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG außen vor lassen. Somit entfallen auch sämtliche Haftungsrisiken, die aus der Bestimmung eines vergleichbaren hypothetischen Rechtsgeschäfts mit Dritten at arms length entsprechenden Zinskonditionen erwachsen, so dass die Haftungsrisiken der Geschäftsführer spürbar sinken. Keinen Einfluss auf die Realisierbarkeit der Darlehensrückgewährforderung hat auch die finanzielle Lage der darlehensgebenden Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensvalutierung. Bei (vollumfänglicher) Realisierbarkeit der Forderung ist die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu bejahen und der Geschäftsführer hat das Darlehen trotz der Unterbilanz seiner Anstellungsgesellschaft auszuzahlen. Bei lediglich teilweiser Realisierbarkeit der Rückgewährforderung hat der Geschäftsführer diese lediglich mit ihrem abgeschriebenen Wert zu berücksichtigen. In Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert des Rückgewähranspruchs und dessen niedrigeren abgeschriebenen Wertes würde es somit zu einer verbotenen Vertiefung der Unterbilanz kommen, so dass der Geschäftsführer die Auszahlung (des über den vollwertigen Teil der Forderung hinausgehenden Teils) verweigern muss. Bei der Vollwertigkeitsprüfung bei einer Unterbilanz treffen den Geschäftsführer somit keine weitergehenden Haftungsrisiken, sondern beschränken sich auf die Risiken, die aufgrund des Beurteilungsspielraums bei der Einschätzung der Realisierbarkeit entstehen und auch ohne Unterbilanz Angriffsflächen für Haftungsprozesse bieten.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Bei negativen Entwicklungen der Werthaltigkeit der Darlehensrückgewährforderung ist für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit zwischen der Darlehensvalutierung und zeitlich nachgelagerten (neuen) Auszahlungen zu differenzieren. Erschien der Darlehensrückgewähranspruch im Zeitpunkt der Darlehensvalutierung realisierbar, ändern nachträgliche Wertverluste an der Vollwertigkeit und der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensvalutierung nichts mehr. Die Geschäftsführer treffen somit auch keine Haftungsrisiken hinsichtlich der Darlehensausreichung. Kommt es jedoch nach der Auskehr der Darlehensvaluta zu einem Stehenlassen oder einer Verlängerung des Darlehens, stellt dies eine (neue) Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 GmbHG dar, die wiederum von dem Geschäftsführer auf ihre kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit überprüft werden muss. Der Geschäftsführer muss hierfür im Zeitpunkt des Stehenlassens beziehungsweise der Verlängerung des Darlehens die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG (erneut) prüfen. 2. Vertragskonzern Ein aufsteigendes Darlehen stellt nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG keine Einlagenrückgewähr dar, wenn zwischen dem Darlehensgeber und dem Darlehensnehmer ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 AktG besteht. Der Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (analog) § 291 AktG ist daneben die Voraussetzung zur Begründung eines Vertragskonzerns, so dass bei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG auch von dem Konzernprivileg gesprochen wird. Die Suspendierung der Kapitalbindung aufgrund des Konzernprivilegs rechtfertigt sich dadurch, dass das herrschende Konzernunternehmen (der Darlehensnehmer) analog § 302 Abs. 1 AktG jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen hat.565 Das gläubigerschützende Prinzip der Kapitalbindung wird im Vertragskonzern also durch das ebenfalls dem Gläubigerschutz dienenden Prinzip der Verlustausgleichspflicht ersetzt.566 Wie bereits erläutert, war im GmbH-Konzernrecht bis zum MoMiG umstritten, ob die vertragliche Konzernierung in entsprechender Anwendung des § 291 Abs. 3 AktG a.F. auch die Kapitalbindung nach § 30 GmbHG suspendiert.567 Der Gesetzgeber hat sich mit dem MoMiG der herrschenden Ansicht angeschlossen und mit § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG klargestellt, dass der Kapitalschutz nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG im GmbH-Vertragskonzern keine Anwendung findet.568
565 Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 44; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 72; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 212. 566 Vgl. Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 72. 567 Siehe hierzu ausführlich § 6 II.1. ff. 568 So auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 92.
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a) Voraussetzungen des Konzernprivilegs Im Vergleich zur vor dem MoMiG geltenden Rechtslage (§ 293 Abs. 3 AktG a.F.) hat das Konzernprivileg durch die Gesetzesnovelle nicht unerhebliche Änderungen erfahren.569 So wurde insbesondere der Anwendungsbereich erweitert, indem der zuvor erforderliche Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Unternehmensvertrag gestrichen wurde.570 Hinsichtlich der umstrittenen Erfordernisse für die Gründung eines Vertragskonzerns und der Vollwertigkeit des Nachteilsausgleichsanspruchs analog § 302 AktG571 hat das MoMiG jedoch keine Klarheit gebracht.572 Im Folgenden werden zunächst die einzelnen Voraussetzungen des Konzernprivilegs des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG dargestellt. Im Anschluss daran wird der Frage des Erfordernisses der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs nachgegangen. Sodann wird beleuchtet, welcher Pflichtenkreis und welche Haftungsrisiken den Geschäftsführer im abhängigen Vertragskonzernunternehmen hieraus erwachsen. aa) Gründung eines Vertragskonzerns Die Voraussetzungen für die Begründung eines GmbH-Vertragskonzerns bleiben auch nach dem MoMiG umstritten.573 Da in dieser Arbeit kapitalerhaltungsrechtliche Fragen im Mittelpunkt stehen sollen und die Fülle der einzelnen konzernrechtlichen Streitstände den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, sollen die materiellen Voraussetzungen der Begründung eines GmbH-Vertragskonzern von der weiteren Bearbeitung ausgenommen werden.574 Es soll im Folgenden lediglich kurz beleuchtet werden, welche Haftungsrisiken dem Geschäftsführer aus der umstrittenen Rechtslage erwachsen können. Die Prüfung der wirksamen Konzerngründung obliegt auch nach dem MoMiG dem Geschäftsführer. Ebenfalls wird der in Vollzug gesetzte mangelhafte Unternehmensvertrag nach den Grundsätzen des fehlerhaften Unternehmensvertrags rückwirkend als wirksam behandelt.575 Aufgrund dieser Wirksamkeitsfiktion ist in diesen Fällen auch von dem Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (analog) § 291 AktG im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG 569
Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 10; vgl. auch ders., FS Schaumburg, 1291, 1295. 570 Vgl. Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 73. 571 Siehe zum Vollwertigkeitserfordernis vor dem MoMiG auch § 6 II.1.b)bb)(2). 572 Vgl. Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 213. 573 Siehe zum Meinungsstand etwa Hermanns, RnotZ 2015, 632, 633; Halm, NZG 2001, 728, 733; Hegemann, GmbHR 2012, 315, 319. 574 Siehe hierzu bereits § 6 II.1.b)aa). 575 BGH, Urt. v. 14. 12. 1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 = NJW 1988, 1326; BGH, Urt. v. 11. 11. 1991 – II ZR 287/90, BGHZ 116, 37, 39 = NJW 1992, 505; Liebscher, in: Beck. Hdb. d. AG, § 15, Rn. 114; Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 71, Rn. 13; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 291 AktG, Rn. 45.
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auszugehen.576 Für in der Vergangenheit liegende Leistungen wird die Wirksamkeit des Vertragskonzerns somit weiterhin fingiert, so dass den Geschäftsführer diesbezüglich auch nach dem MoMiG keine Haftungsrisiken treffen.577 Der Unternehmensvertrag kann lediglich mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) beendet werden.578 Zuständig hierfür ist der Geschäftsführer der abhängigen GmbH, der dies gegenüber der herrschenden Gesellschaft zu erklären hat. Hierzu ist dieser verpflichtet, wenn die Gesellschafterversammlung der abhängigen GmbH die nachträgliche Zustimmung zum Unternehmensvertrag verweigert oder eine Heilung des Mangels aus anderen Gründen nicht mehr möglich ist.579 Eine Weisung der herrschenden Gesellschaft, von der Beendigung abzusehen, ist nichtig und darf von dem Geschäftsführer nicht beachtet werden.580 Durch die Beendigung entsteht (wieder) ein faktischer Konzern, so dass sich die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit aufsteigender Darlehen nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG richtet. Den Geschäftsführer treffen somit die bereits erläuterten Pflichten und Haftungsrisiken.581 bb) Leistungen bei Bestehen eines Unternehmensvertrags Im Gegensatz zur Regelung des Konzernprivilegs vor dem MoMiG in § 291 Abs. 3 AktG a.F., erfasst die Suspendierung der Kapitalbindung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG nicht nur Leistungen, die aufgrund eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags erfolgen, sondern sämtliche Leistungen, die während der Vertragslaufzeit erfolgen.582 Vor dem MoMiG beschränkte sich die Suspendierung bei Beherrschungsverträgen hingegen auf Leistungen, welche auf einer (rechtmäßigen) Weisung der Konzernmutter beruhten und bei Gewinnabführungsverträgen auf die jährliche Gewinnabführung an die Konzernmutter.583 Über diese Leistungen hinaus sind von der Neuregelung des Konzernprivilegs des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG bei einem Beherrschungsvertrag nunmehr alle Leistungen umfasst, 576
Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 11; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 74; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 64; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 269. 577 Siehe zur identischen Rechtslage vor dem MoMiG bereits § 6 II.1.b)aa). 578 Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 86; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 741; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 291 AktG, Rn. 46. 579 Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 291 AktG, Rn. 46; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 742. 580 Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 742; vgl. auch Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 291 AktG, Rn. 46. 581 Siehe hierzu ausführlich § 7 III. ff. 582 Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 105; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 73; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 47. 583 Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 60; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 73.
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unabhängig davon, ob diese auf einer Weisung der Konzernmutter beruhen oder nicht,584 und bei einem Gewinnabführungsvertrag sind nun auch unterjährige Auszahlungen an die Konzernmutter von der Privilegierung umfasst.585 Steht die Wirksamkeit der Vertragskonzerngründung fest, stellt die Prüfung der weiteren Voraussetzung des Konzernprivilegs keine große Herausforderung für den Geschäftsführer dar. Für die Prüfung, ob die Leistung bei Bestehen eines Unternehmensvertrags erfolgt, muss der wirksam gegründete Vertragskonzern auch noch im Zeitpunkt der Leistung fortbestehen. Hierzu muss er lediglich prüfen, ob dieser (noch) nicht beendet wurde. Eine Differenzierung danach, ob die Leistung auf einer Weisung der Konzernmutter beruht oder nicht und/oder die Leistung die jährliche Gewinnabführung an die Konzernmutter darstellt oder unterjährig erfolgt, muss der Geschäftsführer nicht mehr vornehmen. Das Konzernprivileg umfasst (nun) vielmehr sämtliche Leistungen während der Vertragslaufzeit. Die Prüfung, ob die Leistung bei Bestehen eines Unternehmensvertrags erfolgt, stellt nur geringe Anforderungen an den Geschäftsführer, so dass diesen hieraus auch keine wesentlichen Haftungsrisiken treffen. cc) Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs Die Suspendierung der Kapitalbindung aufgrund des Konzernprivilegs des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG basiert, wie bereits festgestellt, auf der Annahme, dass bei der vertraglichen Konzernierung der Verlustausgleichsanspruch analog § 302 AktG an die Stelle der Kapitalbindung tritt, um den Gläubigerschutz zu gewährleisten.586 Bereits vor dem MoMiG war diesbezüglich umstritten, ob die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs eine ungeschriebene Voraussetzung für die Suspendierung der Kapitalbindung darstellt.587 Die Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG bringt bezüglich dieser Frage jedoch keine Klarheit und auch die Regierungsbegründung des MoMiG thematisiert das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs nicht, so dass hierüber auch nach dem MoMiG weiter Streit herrscht. (1) Keine Relevanz des MPS-Urteils Für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Upstream Darlehen im Vertragskonzern spielt das MPS-Urteil des BGH keine Rolle. Dem Urteil lag ein Fall eines faktischen Konzerns zugrunde, so dass sich die Ausführungen des BGH auf die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs beschränken. Die Vollwertigkeit 584
Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 11; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 60. 585 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 73; Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 11. 586 Siehe hierzu bereits § 6 II.1.b). 587 Siehe hierzu bereits § 6 II.1.b)bb)(2).
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ist jedoch für die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung im Vertragskonzern nicht relevant, sondern richtet sich ausschließlich nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG. Für die Frage, ob das Konzernprivileg seine Grenze in der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs findet, kann daher nicht auf die MPSRechtsprechung des BGH zurückgegriffen werden. (2) Meinungsstand Die wohl herrschende Ansicht spricht sich für eine teleologische Reduktion des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG dahingehend aus, dass die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs als ungeschriebene Voraussetzung in den Tatbestand hineingelesen werden muss.588 Die Gegenansicht verneint hingegen das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs für das Konzernprivileg des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG.589 (3) Stellungnahme Für die Klärung des Streits um das Erfordernis eines vollwertigen Verlustausgleichsanspruchs (analog) § 302 AktG erscheint es sinnvoll, sich zunächst die Unterschiede des vertragskonzernrechtlichen Gläubigerschutzsystems des Verlustausgleichs (analog) § 302 AktG und des kapitalerhaltungsrechtlichen Rückerstattungsanspruchs nach § 31 GmbHG zu vergegenwärtigen und im Anschluss daran das Verhältnis von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG zu § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG herauszuarbeiten. (a) Das Verhältnis von § 31 Abs. 1 GmbHG zu § 302 AktG (analog) Der kapitalerhaltungsrechtliche Rückerstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG ist sofort, also mit seinem Entstehen, fällig.590 Wird die, durch die verbotene Auszahlung entstandene Unterbilanz anderweitig, etwa durch Gewinne der Gesellschaft, beseitigt, ändert dies an der Fälligkeit und dem Umfang des
588 Altmeppen, NZG 2010, 361, 364; Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 115; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 45; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 75; Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 902; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 147; Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 216 f.; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 287. 589 Habersack, in: Großkomm. GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 30 GmbHG, Rn. 11; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 48; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 62; Fleischer, in: Henssler/Strohn GesR, § 30 GmbHG, Rn. 8; zur AG auch ders., in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57, Rn. 37. 590 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 31 GmbHG, Rn. 6; Hommelhoff, in: Lutter/ Hommelhoff GmbHG, § 31 GmbHG, Rn. 11; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 GmbHG, Rn. 5.
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Rückerstattungsanspruchs nichts.591 Der Anspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG ermittelt sich also anhand einer punktuellen Einzelbetrachtung im Zeitpunkt der Darlehensauszahlung, so dass allein die Entstehung einer Unterbilanz durch die Auszahlung entscheidend für die Anspruchsentstehung ist und nachgelagerte Veränderungen des Gesellschaftsvermögens nicht berücksichtigt werden. Der Entstehungs- und der Fälligkeitszeitpunkt des Verlustausgleichsanspruchs analog § 302 Abs. 1 AktG ist hingegen nicht bereits der Zeitpunkt der Auszahlung, sondern erst der des Bilanzstichtags der abhängigen Gesellschaft.592 Voraussetzung für die Entstehung des Verlustausgleichsanspruchs ist nach § 302 Abs. 1 GmbHG (analog), dass aufseiten der abhängigen Gesellschaft ohne den Verlustausgleich ein Jahresfehlbetrag (fiktiver Jahresfehlbetrag) entstehen würde, der nicht durch andere Gewinnrücklagen ausgeglichen werden kann, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt wurden.593 Es ist also erforderlich, dass die abhängige Gesellschaft ohne den Verlustausgleich einen negativen Saldo ausweisen müsste. Worauf dieser negative Saldo beruht, ist dabei für den Verlustausgleich irrelevant.594 Es ist daher unerheblich, ob der negative Saldo letztlich allein auf Auszahlungen an die Konzernmutter beruht oder die Gesellschaft auch anderweitige, nicht auf der Konzernierung beruhende, Verluste eingefahren hat. Andererseits bedeutet dies jedoch auch, dass der Verlustausgleichsanspruch nicht entsteht, wenn die abhängige Gesellschaft anderweitig so hohe Gewinne erzielt, welche die Auszahlungen an die Konzernmutter decken, so dass von vornherein gar kein (fiktiver) Fehlbetrag entsteht. Im Gegensatz zum kapitalerhaltungsrechtlichen Rückerstattungsanspruch erfolgt also keine punktuelle Einzelbetrachtung, sondern eine, den gesamten Zeitraum der Vertragsdauer innerhalb eines Geschäftsjahres in den Blick nehmende, Gesamtbetrachtung. Ergibt sich am Bilanzstichtag der abhängigen Gesellschaft unter dem Strich kein negativer Saldo, entsteht daher auch kein Verlustausgleichsanspruch, selbst wenn einzelne Auszahlungen an die Konzernmutter (zwischenzeitlich) zu einer Unterbilanz oder Verlusten bei der abhängigen Gesellschaft geführt haben.
591
BGH, Urt. v. 29. 5. 2000 – II ZR 118/98, BGHZ 144, 336 = NJW 2000, 2577; BGH, Urt. v. 22. 9. 2003 – II ZR 229/02, NJW 2003, 3629, 3631; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 GmbHG, Rn. 17; Wicke, in: Wicke GmbHG, § 31 GmbHG, Rn. 2. 592 BGH, Urt. v. 11. 10. 1999 – II ZR 120/98, BGHZ 142, 382 = NJW 2000, 210; Schilmar, ZIP 2006, 2346, 2347; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270; Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 302 AktG, Rn. 20 f.; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 302 AktG, Rn. 13. 593 Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 302 AktG, Rn. 15; Paschos, in: Henssler/Strohn GesR, § 320 AktG, Rn. 5; Deilmann, in: Hölters AktG, § 302 AktG, Rn. 6. 594 Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 302 AktG, Rn. 9; Paschos, in: Henssler/Strohn GesR, § 320 AktG, Rn. 6; Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 302 AktG, Rn. 20 f.; Deilmann, in: Hölters AktG, § 302 AktG, Rn. 7.
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(b) Verhältnis von § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG In einem zweiten Schritt sind nun die Privilegierungen des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG in den Blick zu nehmen und ihr Verhältnis zueinander zu klären. Die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erfordert, dass die Auszahlung an die Konzernmutter durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist. Wie der Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG entsteht auch der Rückgewähranspruch aus dem Darlehen bereits mit der Auszahlung der Darlehensvaluta.595 Die Auszahlung aus dem Stammkapital verstößt jedoch nicht gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG und begründet somit auch keinen Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig ist. Die Rechtfertigung der Privilegierung gegenüber dem Auszahlungsverbot nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG basiert dabei darauf, dass bei der Vollwertigkeit des Anspruchs lediglich zwei (wertentsprechende) Aktivposten der Bilanz ausgetauscht werden und somit lediglich ein bilanzneutraler Aktivtausch vorgenommen wird.596 Die Privilegierung knüpft also an die bilanzielle Erfolgsneutralität der Darlehensvergabe an und basiert somit maßgeblich auf einer bilanziellen Rechtfertigung. Die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG erfordert hingegen das Vorliegen eines Vertragskonzerns. Für den Vertragskonzern hat der Gesetzgeber ein eigenständiges Gläubigerschutzsystem geschaffen. Der Gläubigerschutz wird im Vertragskonzern insbesondere durch den Verlustausgleichsanspruch nach § 302 Abs. 1 AktG (analog) gewährleistet und verdrängt den Rückerstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG.597 Die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG knüpft somit an den Grad der vertraglichen Konzernierung und dessen Gläubigerschutzsystem des § 302 AktG (analog) an. Im Gegensatz zur Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG fußt das Konzernprivileg nicht auf bilanziellen Anknüpfungspunkten, sondern letztlich auf der Gewährung des Gläubigerschutzes durch den Verlustausgleich nach § 302 AktG (analog). Die Privilegierungen nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 und Var. 2 GmbHG unterscheiden sich somit hinsichtlich ihres maßgeblichen Gläubigerschutzsystems. Während für die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG der kapitalerhaltungsrechtliche Rückerstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG Anwendung findet, ist für das Konzernprivileg nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG stattdessen der Verlustausgleich nach § 302 AktG (analog) maßgeblich. Im Hinblick auf das zuvor dargestellte Verhältnis von § 302 AktG (analog) zu § 31 GmbHG bedeutet dies im Rahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG zunächst eine Privilegierung in zeitlicher Hinsicht. Wie bereits festgestellt, entsteht der Rückerstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG bereits mit der Auszahlung und 595 596 597
Siehe hierzu auch § 7 III.1.b)bb)(2)(b) mitsamt der Quellen in 2. Teil, Fn. 315. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Vgl. etwa Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281, 287.
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wird auch bereits in diesem Zeitpunkt fällig, während der Verlustausgleich erst am Bilanzstichtag der abhängigen Gesellschaft entsteht und fällig wird.598 Die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG führt also dazu, dass der Anspruch gegen die Konzernmutter zum Schutz der Gläubiger der Tochtergesellschaft (Verlustausgleichsanspruch analog § 302 Abs. 1 AktG) zeitlich nach hinten verlagert wird. Im Gegensatz zur Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG sind bei der Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG Auszahlung und der Verlustausgleichsanspruch allerdings nicht bilanziell dergestalt verbunden, dass es zu einem Aktivtausch kommt, da der Verlustausgleichsanspruch, wie bereits festgestellt, erst am Bilanzstichtag entsteht und damit zeitlich hinter dem Auszahlungszeitpunkt liegt.599 Darüber hinaus wird die punktuelle Einzelbetrachtung durch eine zeitraumbezogene Gesamtbetrachtung ersetzt. Die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG ermöglicht es also, dass der Anspruch gegen die Konzernmutter zum Schutz der Gläubiger der Tochtergesellschaft (Verlustausgleichsanspruch analog § 302 Abs. 1 AktG) gar nicht erst entsteht, wenn am Bilanzstichtag der abhängigen Gesellschaft unter dem Strich kein negativer Saldo vorliegt, auch wenn einzelne Auszahlungen an die Konzernmutter (zwischenzeitlich) zu einer Unterbilanz oder Verlusten geführt haben. Für das Verhältnis der Privilegierungen der §§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 und Var. 2 GmbHG lassen sich hieraus zwei wesentliche Erkenntnisse ableiten. Während die Priviliegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG auf der unmittelbaren bilanziellen Verknüpfung von Auszahlung und vollwertigem Rückgewähranspruchs (Aktivtausch) beruht, fehlt eine entsprechende bilanzielle Verflechtung bei der Priviliegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG. Sofern die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs und ein Vertragskonzern vorliegen, können sich beide Privilegierungen überschneiden, wobei die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG jedoch zumindest insoweit über die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG hinausgeht, dass aufgrund der zeitraumbezogenen Gesamtbetrachtung der Verlustausgleichsanspruch nach § 302 Abs. 1 AktG (analog) gar nicht erst entsteht, wenn am Bilanzstichtag der abhängigen Gesellschaft unter dem Strich kein negativer Saldo vorliegt. In diesem Fall ist es auch irrelevant, wenn einzelne Auszahlungen an die Konzernmutter (zwischenzeitlich) zu einer Unterbilanz oder Verlusten geführt haben. Die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG entfällt hingegen, wenn die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs im Zeitpunkt der Auszahlung nicht gegeben ist. In diesem Fall entsteht der Rückerstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG, der sofort fällig wird und unabhängig von einem späteren Wegfall der Unterbilanz bestehen bleibt. 598
Siehe § 7 III.2.a)cc)(3)(a). Vgl. auch Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270. 599 Vgl. § 7 III.2.a)cc)(3)(a) am Ende. Vgl. auch Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270.
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(c) Auswirkungen auf das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs In einem letzten Schritt stellt sich nun die Frage, welche Erkenntnisse sich aus dem Verhältnis der Privilegierungstatbestände für den Streit über das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs ziehen lassen. Die fehlende bilanzielle Verknüpfung von Darlehensauszahlung und Verlustausgleichsanspruch lässt zunächst darauf schließen, dass bei dem Konzernprivileg im Gegensatz zur Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG gerade kein bilanzielles Vollwertigkeitserfordernis notwendig ist.600 Wenn die Rechtfertigung der Privilegierung bei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG gerade nicht auf einer bilanziellen Kompensation beruht, spricht dies dafür, dass der Gesetzgeber Leistungen innerhalb eines Vertragskonzerns punktuell von dem Verbot des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ausnehmen wollte.601 Dies spricht dann auch maßgeblich gegen die Ansicht602, welche auf die herrschende Meinung und die Rechtsprechung des BGH zur Rechtslage vor dem MoMiG abstellt und diese auch auf § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG überträgt.603 Diese verweist darauf, dass die herrschende Ansicht in der Literatur vor dem MoMiG die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs als Voraussetzung für die analoge Anwendung des § 291 Abs. 3 AktG a.F. auf den GmbH-Vertragskonzern forderte.604 Mit der Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG hat der Gesetzgeber jedoch deutlich gemacht, dass das Konzernprivileg auch im GmbH-Vertragskonzern Anwendung findet. Eine analoge Anwendung der aktienrechtlichen Vorgängernorm ist nicht mehr erforderlich, somit müssen auch die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung der Regelung nicht (mehr) vorliegen, um das Konzernprivileg im GmbH-Konzernrecht zu begründen. Andere führen an, dass der BGH in einer Entscheidung605 aus dem Jahr 2006 hinsichtlich der Aufrechnungsmöglichkeit des herrschenden Unternehmens gegen den Verlustausgleichsanspruch einen restriktiven Standpunkt eingenommen habe, indem er klarstellte, dass die §§ 30, 31 GmbHG selbstständige Schutzinstrumente darstellen, die neben den Verlustausgleich treten, so dass letztere den Gläubigerschutz durch die Kapitalerhaltungsvorschriften nicht (gänzlich) verdrängen.606 600
Vgl. Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270; im Ergebnis auch Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57, Rn. 37. 601 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270, der insoweit von einer exzeptionellen Verbotsbefreiung („safe harbour“) ausgeht. 602 Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 215. 603 Vgl. auch Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270. 604 Siehe hierzu bereits § 6 II.1.b)bb)(2). 605 BGH Urt. vom 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285 = NJW 2006, 3279. 606 Meyer, Die Besicherung der Akquisitionsfinanzierung beim Leveraged Buy-out einer GmbH, 215 mit Verweis auf BGH Urt. vom 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285, 289 = NJW 2006, 3279, 3280.
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Durch die Neuregelung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG und dem Verhältnis der hierin geregelten Privilegierungen ergibt sich jedoch, dass das Konzernprivileg das Schutzinstrument des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG und § 31 GmbHG vollständig verdrängt, indem es eine punktuelle Ausnahme für Leistungen innerhalb eines Vertragskonzerns schafft, wobei die Rechtfertigung nicht von einer bilanziellen Kompensation abhängt. Das vereinzelt gegen das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs vorgebrachte Argument, dass der Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG gegenüber der Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ansonsten kein nennenswerter eigenständiger Anwendungsbereich verbleibe,607 überzeugt mit Blick auf das Verhältnis der Privilegierungen zueinander hingegen nicht vollends. Wie bereits gezeigt, verbleibt dem Konzernprivileg aufgrund des Wechsels des Beurteilungsblickwinkels von der punktuellen Einzelbetrachtung (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG) hin zur zeitraumbezogenen Gesamtbetrachtung (§ 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG; analog § 302 Abs. 1 AktG) auf jeden Fall ein eigenständiger Anwendungsbereich für die Fälle, in denen durch die Auszahlung zwar eine Unterbilanz beziehungsweise ein Verlust ausgelöst wurde, diese beziehungsweise dieser jedoch bis zum Bilanzstichtag durch anderweitige Gewinne der abhängigen Gesellschaft wieder ausgeglichen wurde, so dass kein (fiktiver) Jahresfehlbetrag entsteht.608 Vereinzelt wird für das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs vorgebracht, dass andernfalls das Weisungsrecht der Konzernmutter analog § 308 AktG an seine rechtlichen Grenzen stoße.609 Die Überzeugungskraft dieses Arguments erscheint jedoch nicht besonders stark. Das Argument setzt bereits voraus, dass die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erfordert. Denn andernfalls wäre der Privilegierungstatbestand auch bei mangelnder Vollwertigkeit erfüllt und die Auszahlung kapitalerhaltungsrechtlich zulässig. Dann kann eine, auf die Auszahlung gerichtete Weisung jedoch nicht wegen eines kapitalerhaltungsrechtlichen Verstoßes unrechtmäßig sein und somit auch nicht an ihre rechtlichen Grenzen stoßen. Andere verweisen für das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs auf das Verbot der Existenzgefährdung.610 Hiernach dürfen nachteilige Weisungen die Existenz der Gesellschaft nicht gefährden. Im Vertragskonzern sei dies jedoch nur gewährleistet, soweit und solange der Verlustausgleichsanspruch 607 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57, Rn. 37. 608 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.2.a)cc)(3)(a) f. 609 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 75; ähnlich auch Altmeppen, NZG 2010, 361, 364 nach dem Manager und Gesellschafter durch eine entsprechende Auszahlung eine Vertragspflicht verletzen und sich zugleich der Untreue strafbar machen würden. 610 Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 115. Siehe zum Verbot existenzgefährdender Weisungen auch § 3 III.2.a)cc)(4)(b)(bb).
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vollwertig sei.611 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Verlustausgleich nicht (jedenfalls nur äußerst bedingt) zum Existenzschutz geeignet ist. Denn aufgrund der Stichtagsbezogenheit des Verlustausgleichsanspruchs, also der verzögerten Entstehung des Anspruchs erst zum Bilanzstichtag, erfolgt die kompensierende Leistung erst mit zeitlicher Verzögerung zur Auszahlung.612 Der Zeitraum zwischen der Auszahlung und dem Verlustausgleich kann dabei äußerstenfalls ein gesamtes Geschäftsjahr betragen. Bedenkt man jedoch, dass bei einer Existenzgefährdung regelmäßig unmittelbare Gefahr für den Bestand der Gesellschaft droht, wird klar, dass der Verlustausgleich kein wirksames Schutzinstrument zur Verhinderung des Abflusses überlebensnotwendigen Gesellschaftsvermögens darstellt.613 Dies schließt indes nicht aus, dass durch die Weisung die Existenz der Gesellschaft bedroht ist und sie daher rechtswidrig ist. Die Existenzbedrohung basiert in diesem Fall aber auf der unmittelbaren Gefahr für den Bestand der Gesellschaft durch den angewiesenen Liquiditätsabzug und nicht auf der mangelnden Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs.614 Aus dem Verbot der Existenzgefährdung lässt sich daher das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs nicht herleiten. Vereinzelt wird von Vertretern des Erfordernisses der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs angeführt, dass kein sachlicher Grund erkennbar sei, warum die Ausfallwahrscheinlichkeit bei einem Vertragskonzern weniger ins Gewicht fallen solle, als bei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG.615 Ein sachlicher Grund kann jedoch darin gesehen werden, dass bei dem Konzernprivileg aufgrund der fehlenden bilanziellen Verknüpfung im Gegensatz zur Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG gerade kein bilanzielles Vollwertigkeitserfordernis erforderlich ist616 und der Gesetzgeber mit dem Konzernprivileg eine punktuelle Ausnahme von dem Verbot des § 31 Abs. 1 GmbHG schaffen wollte.617 Mit anderen Worten kann als 611
Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 115. Andere argumentieren ähnlich und stützen das Erfordernis der Vollwertigkeit darauf, dass andernfalls die, die Privilegierung rechtfertigende, Kompensation durch den Verlustausgleich nicht gewährleistet wäre. Hiernach erscheine die Suspendierung der Kapitalbindung des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG durch das Konzernprivileg des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG gerade dadurch gerechtfertigt, dass die Mutter den ansonsten bei der Gesellschaft entstehenden Jahresfehlbetrag aufgrund des Verlustausgleichsanspruchs nach § 302 AktG (analog) auszugleichen habe und dieses rechtfertigende kompensierende Element wegfallen würde, wenn der Verlustausgleichsanspruch nicht vollwertig wäre, Blasche/König, GmbHR 2009, 897, 902; Fastrich, in: Baumbach/ Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 44 f. 612 Cahn, Der Konzern 2009, 7, 16. 613 Cahn, Der Konzern 2009, 7, 16. Ähnlich auch Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 48, nach dem eine existenzgefährdende Weisung nicht bei Unvollwertigkeit des jahresperiodischen Verlustausgleichsanspruchs angenommen werden kann. 614 Siehe hierzu ausführlich § 3 III.2.a)cc)(4)(b)(bb). 615 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 75. 616 Vgl. Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270; im Ergebnis auch Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57, Rn. 37. 617 Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 270, der insoweit von einer exzeptionellen Verbotsbefreiung („safe harbour“) ausgeht.
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sachlicher Grund angeführt werden, dass der Gesetzgeber in der Begründung eines Vertragskonzerns eine ausreichende Legitimation für die Privilegierung gegenüber § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erblickt.618 Mit Blick auf den Wortlaut der Vorschrift lässt sich sodann gegen das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs anführen, dass der Gesetzgeber das Vollwertigkeitserfordernis bei § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ausdrücklich verankert hat, während beim Konzernprivileg eine entsprechende Regelung nicht aufgenommen wurde. Auch dies spricht dafür, dass die Privilegierung auch bei Unvollwertigkeit des Ausgleichsanspruchs Bestand haben soll. Gestützt wird dies darüber hinaus noch durch § 297 Abs. 1 AktG (analog). Die Norm normiert die Beendigungsmöglichkeit des Unternehmensvertrags via Kündigung.619 Um dem Gebot der Rechtssicherheit zu entsprechen, ist es erforderlich, dass der Unternehmensvertrag seine rechtlichen Wirkungen entfaltet, solange dieser nicht nach § 297 Abs. 1 AktG (analog) gekündigt ist. Dies muss auch für die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG gelten, da diese ausdrücklich auf einen Unternehmensvertrag im Sinne des § 291 AktG Bezug nimmt. Das Konzernprivileg muss seine Wirkung daher unabhängig von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs bis zur (eventuellen) Kündigung des Unternehmensvertrags aufrechterhalten.620 (4) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Der Geschäftsführer der abhängigen Vertragskonzerngesellschaft sieht sich bezüglich der Frage, ob das Konzernprivileg des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs erfordert, mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. (a) Umstrittene Rechtslage Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung herrscht in der Praxis Unsicherheit darüber, ob das Konzernprivileg nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erfordert. Da eine Weisung der Konzernmutter zur Darlehensauskehr nur rechtmäßig und somit bindend für den Geschäftsführer ist, wenn sie die Anforderungen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG erfüllt, hat dieser Streit auch unmittelbare Auswirkungen auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Auch einzuholender Expertenrat wird keine absolute Klarheit bringen, so dass dem Geschäftsführer bei seiner Entscheidung über das Vollwertigkeitserfordernis des Verlustausgleichsanspruchs ein Handlungsspielraum zusteht. Er hat die Chancen und Risiken der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe sorgfältig gegeneinander abzuwägen. 618
Habersack, in: Großkomm. GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 89. Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 48. 620 Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 48; Fleischer, in: Henssler/Strohn GesR, § 30 GmbHG, Rn. 8. 619
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(b) Vor- und Nachteile des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs Für das Vollwertigkeitserfordernis spricht, dass es für die abhängige Gesellschaft eine Untergrenze für die Darlehensgewährung schafft und hierdurch ein finanzielles Schutzlevel im Vertragskonzern gewährleistet. Hierdurch wird erreicht, dass die Gesellschaft die Darlehensgewähr bei Unvollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs verweigern kann. Es muss nicht berücksichtigt werden, ob die abhängige Gesellschaft eigenständig den Liquiditätsabfluss kompensieren kann, also etwa so hohe Gewinne generiert, dass der Verlustausgleichsanspruch gar nicht erst entsteht.621 Dies führt jedoch auch dazu, dass die Darlehensgewähr nicht unter dem Aspekt des Konzerninteresses berücksichtigt werden kann. Die Darlehensgewähr ist somit auch dann zu verweigern, wenn sie im Konzerninteresse liegt und der Liquiditätsabfluss durch die abhängige Gesellschaft eigenständig kompensiert werden könnte. Dies widerspricht dem Grundkonzept des Vertragskonzerns, wonach die Einzelinteressen der Konzernunternehmen hinter den übergeordneten Interessen des Konzerns zurücktreten.622 Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs im Rahmen des Konzernprivilegs zu prüfen. In diesem Fall wäre die Auszahlungsverweigerung pflichtwidrig und die abhängige Gesellschaft schadensersatzpflichtig. (c) Vor- und Nachteile des fehlenden Vollwertigkeitserfordernisses Die Vor- und Nachteile bei der Frage der Erforderlichkeit eines vollwertigen Verlustausgleichsanspruchs verlaufen hinsichtlich der unterschiedlichen Handlungsalternativen konträr zueinander. Der Verzicht auf das Vollwertigkeitserfordernis hat den Vorteil, dass die Konzerninteressen bei der Darlehensgewähr berücksichtigt werden können. Dies ermöglicht es der Gesellschaft, das Darlehen auch bei Unvollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs auszureichen, wenn dies im Konzerninteresse liegt. Dies kann durchaus auch (mittelbar) im Interesse der abhängigen Gesellschaft sein. Die konzerninterne Darlehensvergabe kann gegenüber der Kapitalbeschaffung am Kreditmarkt Vorteile für den Gesamtkonzern bringen. Insbesondere können die Refinanzierungskosten der Konzernmutter durch geringe Darlehenszinsen gegenüber dem Kapitalmarkt verringert werden. Hierdurch kann die Konzernmutter Kosten sparen. Die Ersparnisse kann sie sodann an die abhängigen Konzernunternehmen weiterreichen. Hiervon kann auch die darlehensgebende abhängige Gesellschaft profitieren. Darüber hinaus kann die kostengünstige Kapitalbeschaffung aber auch eine notwendige Restrukturierungsmaßnahme sein, durch 621
Siehe hierzu auch bereits zur Rechtslage vor dem MoMiG § 6 II.1.b)bb)(3)(b). Vgl. § 3 III.1.b). Siehe hierzu auch bereits zur Rechtslage vor dem MoMiG § 6 II.1.b) bb)(3)(b). 622
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die die Existenz des Konzerns langfristig gewährleistet werden kann. Dies kann ebenfalls im Interesse der abhängigen Gesellschaft sein, da ihr Schicksal häufig unmittelbar mit dem Schicksal des Gesamtkonzerns verbunden ist. Diese gegenseitige Verbundenheit kann jedoch auch nachteilig für die abhängige Gesellschaft sein. Da die abhängige Gesellschaft nicht durch das Vollwertigkeitserfordernis des Verlustausgleichsanspruchs geschützt wird, trägt die abhängige Gesellschaft die Risiken, die aus der schlechten Bonität der Konzernmutter entstehen. Scheitert die Restrukturierung der Konzernmutter, führt dies häufig auch zur Insolvenz der abhängigen Gesellschaft.623 Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Maßgeblichkeit des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs im Rahmen des Konzernprivilegs zu prüfen. In diesem Fall würde die Darlehensgewähr gegen § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG verstoßen. Dann steht der Gesellschaft ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbH gegen die Konzernmutter zu. (d) Abwägung Anschließend hat der Geschäftsführer die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten zu vergleichen und pflichtgemäß abzuwägen. Hierbei ist er nicht gezwungen, die sicherste Variante zu wählen, sondern kann einen für die Gesellschaft günstigen Standpunkt einnehmen.624 Zugunsten des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs im Rahmen des Konzernprivilegs spricht das höhere Schutzniveau, welches die Untergrenze des Vollwertigkeitserfordernisses zugunsten der abhängigen Gesellschaft begründet. Darüber hinaus sichert diese Handlungsmöglichkeit die Gesellschaft auch im Falle ihrer Rechtswidrigkeit ab. Die Auszahlungsverweigerung verhindert einen Liquiditätsabfluss aus dem Gesellschaftsvermögen der abhängigen Gesellschaft. Dies erscheint aufgrund der Unvollwertigkeit des Rückgewähranspruchs besonders wichtig, da die abhängige Gesellschaft nicht das Insolvenzrisiko der Konzernmutter trägt. Die Handlungsmöglichkeit begründet lediglich Schadensersatzrisiken.625 Zugunsten des Verzichts auf das Vollwertigkeitserfordernis spricht, dass die Konzerninteressen bei der Darlehensgewähr berücksichtigt werden können. Hierdurch kann der gesetzlichen Verschiebung zugunsten des Konzerninteresses Rechnung getragen werden. Dies ermöglicht es, die Refinanzierung der Konzernmutter zu vergünstigen und hierdurch Vorteile zugunsten des Gesamtkonzerns zu generieren und gegebenenfalls die Restrukturierung der Konzernmutter zu ermöglichen. Dies 623
Siehe etwa zum Risiko der Konzerninsolvenz aufgrund von Dominoeffekten im Rahmen eines Cash Pools § 12 III.3.b). Siehe hierzu auch bereits zur Rechtslage vor dem MoMiG § 6 II.1.b)bb)(3)(c). 624 Siehe hierzu § 3 I.2.b)aa)(2)(a). 625 Siehe hierzu auch bereits zur Rechtslage vor dem MoMiG § 6 II.1.b)bb)(3)(d).
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sichert die Existenz des Gesamtkonzerns und kommt somit auch der abhängigen Gesellschaft zugute.626 Darüber hinaus ist der Grad der Unsicherheit bei Verneinung des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs geringer, als bei der Bejahung des Erfordernisses. Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem MoMiG basiert die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung nicht mehr auf einer analogen Anwendung des § 291 Abs. 3 AktG a.F., sondern ist durch das MoMiG nun eigenständig in § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG geregelt worden.627 Es können somit keine Schutzlücken mehr aus der analogen Anwendung entstehen, vielmehr ist allein die ausdrückliche Neuregelung für die Frage des Vollwertigkeitserfordernisses heranzuziehen. Nach einer fundierten juristischen Betrachtung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG sprechen hierbei die besseren Argumente gegen das Vollwertigkeitserfordernis.628 Bei einem Vergleich überwiegt keine Handlungsmöglichkeit deutlich. Zugunsten der Handlungsmöglichkeit des Verzichts auf das Vollwertigkeitserfordernis ist letztlich jedoch zu berücksichtigen, dass eine rechtliche Würdigung gegen das Vollwertigkeitserfordernis spricht. Darüber hinaus ist der Geschäftsführer bei seiner Abwägung nicht verpflichtet, die sicherste Variante zu wählen, was den Verzicht auf das Vollwertigkeitserfordernis ebenfalls nicht ausschließt. Insgesamt erscheint es für den Geschäftsführer daher ratsam, die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs bei der Prüfung des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG nicht zu berücksichtigen. (e) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer Haftungsrechtlich sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage hinsichtlich der Frage des Erfordernisses der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs konfrontiert. Wird der Geschäftsführer zur Darlehensauszahlung angewiesen, muss dieser die Rechtmäßigkeit dieser Weisung prüfen.629 Geht der Geschäftsführer vom Vollwertigkeitserfordernis des Verlustausgleichsanspruchs aus, wird dieser die Darlehensgewähr bei Unvollwertigkeit des Anspruchs verweigern. Stellt sich bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung allerdings heraus, dass das Konzernprivileg nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG keine Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erfordert, war die Verweigerung der Darlehensauskehr pflichtwidrig und begründet die Haftung des Geschäftsführers analog § 310 Abs. 1 S. 1 AktG.
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Vgl. hierzu auch bereits zur Rechtslage vor dem MoMiG § 6 II.1.b)bb)(3)(d). Siehe zur Rechtslage vor dem MoMiG und den abzuwägenden Risiken § 6 II.1.b) bb)(3)(d). 628 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.2.a)cc)(3) ff. 629 Der Streit wirkt sich nicht nur bei Weisungen im Vertragskonzern aus. Außerhalb von Weisungen haftet der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG für Pflichtverletzungen. Siehe hierzu § 3 III.2.c)bb). 627
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Verzichtet der Geschäftsführer hingegen auf die Vollwertigkeitsprüfung des Verlustausgleichsanspruchs, würde er das Darlehen ohne Rücksicht auf die finanzielle Verfassung der Konzernmutter auszahlen. Stellt sich bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung allerdings heraus, dass das Konzernprivileg nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erfordert, wäre die Auszahlung des Darlehens durch den Geschäftsführer pflichtwidrig und er würde analog § 310 Abs. 1 S. 1 AktG haften.630 Diesem Haftungsrisiko kann der Geschäftsführer jedoch entgehen, wenn er zunächst die Rechtslage sorgfältig prüft und die verbleibenden Handlungsmöglichkeiten gegeneinander abwägt. Eine sorgfältige Abwägung führt dazu, dass der Vorwurf der Pflichtwidrigkeit ausgeschlossen ist und die Entscheidung des Geschäftsführers pflichtgemäß im Sinne des § 310 AktG ist.631 Eine sorgfältige Abwägung spricht vorliegend für den Verzicht auf das Vollwertigkeitserfordernis des Verlustausgleichsanspruchs. Legt der Geschäftsführer diese Abwägung bei seiner Prüfung des Konzernprivilegs zugrunde, treffen ihn hinsichtlich der Erforderlichkeit eines vollwertigen Verlustausgleichsanspruchs für die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG keine Haftungsrisiken. Bei der Prüfung des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG wird sich der Geschäftsführer auf die wirksame Begründung und den Fortbestand des Vertragskonzerns beschränken. Wegen einer möglichen Unvollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs treffen den Geschäftsführer hingegen keine Haftungsrisiken. (5) Zusammenfassung Die Voraussetzungen der Suspendierung der Kapitalbindung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG sind vom Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft zu prüfen. Das Konzernprivileg erfordert das Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags nach § 291 AktG (analog) und dass die Leistung während der Vertragslaufzeit erfolgt. Die Voraussetzungen für die wirksame Gründung eines GmbH-Vertragskonzerns sind auch nach dem MoMiG umstritten. Liegt jedoch ein in Vollzug gesetzter Unternehmensvertrag vor, so wird dessen Wirksamkeit bei einem Mangel nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft rückwirkend fingiert. Die rückwirkende Wirksamkeitsfiktion umfasst auch das zurückliegende Handeln des Geschäftsführers, so dass dieses für in der Vergangenheit liegende Leistungen als pflichtgemäß anzusehen ist. Hierbei treffen den Geschäftsführer keine Haftungsrisiken. Für ausstehende Darlehen ist es jedoch erforderlich, dass der Mangel des Unternehmensvertrags geheilt wird oder der Unternehmensvertrag beendet wird. Im Falle seiner Beendigung liegt (wieder) eine faktische Konzernierung vor, so dass sich die ka-
630 631
Siehe zur Haftung des Gesschäftsführers im Vertragskonzern § 3 III.2.c). Siehe hierzu ausführlich § 3 I.2.b)aa)(2)(a).
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pitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit, der Pflichtenumfang und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers aus § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ergeben. Die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs stellt, entgegen einer Ansicht in der Literatur, keine ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung für die Suspendierung der Kapitalbindung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG dar. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Geschäftsführer jedoch mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Die Unsicherheiten hieraus trägt der Geschäftsführer, da diesen nur rechtmäßige Weisungen binden und die Frage des Erfordernisses der Vollwertigkeit entscheidend für die Rechtmäßigkeit einer Weisung der Konzernmutter ist. Diesem Haftungsrisiko kann der Geschäftsführer jedoch entgehen, wenn er die widerstreitenden Handlungsmöglichkeiten sorgfältig gegeneinander abwägt. Dies führt dazu, dass der Vorwurf der Pflichtwidrigkeit entfällt und die Entscheidung des Geschäftsführers pflichtgemäß im Sinne des § 310 AktG ist. Eine pflichtgemäße Abwägung spricht dabei gegen das Vollwertigkeitserfordernis. Im Gegensatz zum alten Konzernprivileg nach § 291 Abs. 3 AktG a.F. beschränkt sich die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG nicht mehr nur auf die jährliche Gewinnabführung an die Konzernmutter und auf Leistungen, die auf einer (rechtmäßigen) Weisung der Konzernmutter beruhen. Bei einem Beherrschungsvertrag umfasst das Konzernprivileg stattdessen nunmehr alle Leistungen, unabhängig davon, ob diese auf einer Weisung der Konzernmutter beruhen oder nicht. Bei einem Gewinnabführungsvertrag sind nun auch unterjährige Auszahlungen an die Konzernmutter von der Privilegierung umfasst. Für den Pflichtenkreis des Geschäftsführers der abhängigen Gesellschaft bedeutet die Irrelevanz der Werthaltigkeit des Verlustausgleichsanspruchs für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit aufsteigender Darlehen im Vertragskonzern, dass sich dieser auf die Prüfung beschränken kann, ob ein Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag vorliegt und die Leistung bei Bestehen des Unternehmensvertrags erfolgt. Die Verringerung des Pflichtenspektrums durch die Neuregelung des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG minimiert auch die Haftungsrisiken für den Geschäftsführer der darlehensgebenden abhängigen Gesellschaft im Vertragskonzern. Zum einen bedeutet der Wegfall des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs nach § 302 AktG (analog) für den Geschäftsführer, dass dieser keine wertende Prognoseentscheidung wie bei der Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG treffen muss. Den Geschäftsführer treffen somit auch nicht die oben aufgeführten Haftungsrisiken, die mit der Vollwertigkeitsprüfung einhergehen.632 Zum anderen führt der Wegfall der Differenzierung zwischen Leistungen, die aufgrund eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags erfolgen, und anderen Leistungen dazu, dass sich die 632 Siehe zu den Haftungsrisiken im faktischen Konzern ausführlich § 7 III.1.a)dd); § 7 III.1.b)aa)(3); § 7 III.1.b)bb)(3); § 7 III.1.b)cc)(3); § 7 III.1.b)dd)(2); § 7 III.1.b)ee)(1)(d); § 7 III.1.b)ee)(2)(c); § 7 III.1.b)ee)(3)(b); § 7 III.1.b)ff)(1)(b); § 7 III.1.b)ff)(2)(b); § 7 III.1.b) ff)(2)(d).
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Prüfungspflicht des Geschäftsführers auf die einheitliche Prüfung beschränkt, ob die Leistung bei Vorliegen eines Vertragskonzerns erfolgt. Hierdurch beschränkt sich der Prüfungsumfang auf ein Minimum, was ebenfalls zu einer Verringerung der Haftungsrisiken des Geschäftsführers führt. b) Sonderfall: Verlustausgleich wird als Darlehen an Mutter zurückgewährt Eine Ansicht in der Literatur nimmt auch nach dem MoMiG an, dass das herrschende Unternehmen das abhängige Konzernunternehmen nicht anweisen dürfe, den, auf den Anspruch nach § 302 Abs. 1 AktG (analog) gezahlten Ausgleichsbetrag, umgehend als Darlehen zurück zu gewähren.633 Vor dem MoMiG ließ lediglich eine Minderansicht hiervon eine Ausnahme zu, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig war.634 Hieran anknüpfend gehen nach dem MoMiG weitere Stimmen von einer Ausnahme aus, wenn der Rückgewähranspruch der abhängigen Gesellschaft vollwertig und die Existenz der Gesellschaft gesichert sei.635 Mit Blick auf die Neuregelung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG durch das MoMiG ist daher zu fragen, ob das Verbot, den Verlustausgleich als Darlehen an die Mutter zurück zu gewähren in dieser Form aufrechterhalten werden kann. aa) Kein generelles Verbot der darlehensweisen Rückgewähr Insofern ließe sich erwägen, dass die Privilegierung der Darlehensvergabe nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG auch auf den Verlustausgleich nach § 302 Abs. 1 AktG (analog) ausstrahlt. Vereinzelt wird der Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG dann auch ein allgemeiner Grundsatz entnommen, dass aufsteigende Darlehen generell zulässig seien, wenn der Verlustausgleichsanspruch werthaltig und die Existenz der Gesellschaft gesichert sei.636 Dem ist jedoch bereits entgegenzuhalten, dass für die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG keine Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erforderlich ist.637 Die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG ist vielmehr bereits durch den Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags im Sinne des § 291 AktG legitimiert.638 Bezogen auf den Verlustausgleichsanspruch bedeutet dies, dass die Ausreichung des Verlustausgleichs als aufsteigendes Darlehen ohne weiteres zulässig wäre, solange auch noch im Zeitpunkt der Leistung ein Vertragskonzern vorliegt. 633 Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 302 AktG, Rn. 40b; Hirte, in: Großkomm. AktG, § 302 AktG, Rn. 63. 634 Siehe hierzu ausführlich § 6 II.1.b)cc). 635 Baldamus, Ubg 2009, 484, 493; Hoffmann/Theusinger, NZG 2014, 1170, 1173; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 898. 636 Baldamus, Ubg 2009, 484, 493. 637 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.2.a)cc)(3) ff. 638 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.2.a)cc)(3)(c).
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Gegen die generelle Zulässigkeit der darlehensweisen Ausreichung des Verlustausgleichs spricht jedoch das Stundungsverbot des Verlustausgleichsanspruchs. Wie bereits festgestellt, ist der Verlustausgleichsanspruch unverzüglich nach seiner Fälligkeit gegenüber der Mutter geltend zu machen.639 Aufgrund des zwingenden Charakters dieser Regelung darf weder ein späterer Fälligkeitszeitpunkt vertraglich vereinbart, noch der fällige Anspruch gestundet werden.640 Die Darlehensvergabe erscheint im Ergebnis jedoch wie eine Umgehung des Stundungsverbots, da die darlehensweise Rückgewähr des gezahlten Ausgleichsbetrags einem Hinausschieben der Fälligkeit in ihrer Wirkung gleichsteht, da hierdurch lediglich eine Forderung an die Stelle des Barkapitals tritt. Dies spricht gegen die Zulässigkeit der darlehensweisen Ausreichung des Verlustausgleichs an die Mutter. Ein generelles Verbot und insbesondere dessen Umsetzung würde in der Praxis jedoch zu kaum lösbaren Problemen führen. Denn bedenkt man, dass die konzerninterne Darlehensvergabe grundsätzlich zulässig und wirtschaftlich sinnvoll ist und darüber hinaus vom Gesetzgeber durch das MoMiG sogar gefördert werden sollte,641 stellt ein generelles Verbot der darlehensweisen Ausreichung des Verlustausgleichs an die Mutter eine Zäsur dieses Grundsatzes dar. Hierbei erscheint es jedoch äußerst problematisch, wo und wie man die Verbotsgrenze in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht ziehen soll. Es ist dabei insbesondere fraglich, ob nur die unverzügliche darlehensweise Auskehr verboten ist.642 Ein enger zeitlicher Zusammenhang von Verlustausgleich und Darlehensausreichung lässt zweifelsfrei die Intention einer direkten Rückgewähr vermuten. Diese Vermutungsqualität nimmt jedoch ab, je größer der Zeitraum zwischen dem Verlustausgleich und der Darlehensausreichung wird. Dann wird die Darlehensausreichung aber primär aufgrund anderer Faktoren motiviert sein. Zumindest erscheint es doch fraglich, hieraus automatisch schließen zu können, dass der Zweck der Darlehensgewährung ausschließlich oder überwiegend darin lag, den Verlustausgleich zurück zu gewähren. Wenn man jedoch einen zeitlichen Zusammenhang fordert, stellt sich sodann die Frage, wie man diesen in der Praxis konkretisiert. Starre Fristen erscheinen hierbei allerdings nur sehr bedingt zielführend. Bedenkt man, dass die Darlehensvergabe nicht zu einer Umgehung des Stundungsverbots, also zu einem Hinausschieben der Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs führen soll, so würden starre Fristen jedoch genau das Hinausschieben der Fälligkeit ermöglichen, indem mit der Darlehensausreichung einfach bis zum entsprechenden Fristablauf gewartet wird. 639
Siehe insoweit bereits § 6 II.1.b)cc) mitsamt der Quellen in 2. Teil, Fn. 74. Siehe bereits § 6 II.1.b)cc). 641 Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 42. 642 In der Literatur wird für die Zulässigkeit sogar auf den Fall abgestellt, dass der Verlustausgleich gar nicht gezahlt wird, sondern im Wege der Leistung an Erfüllung statt erfolgt, indem der Verlustausgleichsanspruch direkt in einen Darlehensrückgewähranspruch umgewandelt wird, Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 898. 640
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In inhaltlicher Hinsicht stellt sich die Frage, ob sich das Moratorium auf den Status quo der finanziellen Verfassung der abhängigen Gesellschaft zum Zeitpunkt des Verlustausgleichs oder lediglich auf den konkret gewährten Verlustausgleich bezieht. Dürfen Darlehen also nur aus finanziellen Mitteln ausgegeben werden, die nach dem Verlustausgleich erwirtschaftet wurden? Oder ist es lediglich verboten den erhaltenen Verlustausgleich zurück zu gewähren, so dass eine Darlehensgewähr aus anderen Mitteln generell zulässig wäre? Mit anderen Worten ausgedrückt, wäre die Darlehensgewähr zulässig, wenn die Mittel zur Darlehensgewähr nicht aus dem Verlustausgleich stammen, sich diese also entweder noch im Gesellschaftsvermögen befinden oder anderweitig investiert wurden. Gegen eine solche statische Betrachtung spricht jedoch bereits eindeutig das Umgehungs- und Missbrauchspotenzial. Denn für das Verbot der Darlehensvergabe kann es nicht davon abhängen, ob die abhängige Gesellschaft die auszukehrende Darlehensvaluta aus dem Verlustausgleich oder aus anderen Gesellschaftsmitteln aufbringt. Es macht keinen Unterschied, ob die Gesellschaft die Darlehensvaluta aus dem Verlustausgleich aufbringt und eine Investition anderweitig finanziert oder die Darlehenvaluta anderweitig finanziert und eine Investition durch den Verlustausgleich finanziert. Allerdings wird auch das Verbot anhand der bilanziellen Ziffer zum Zeitpunkt des Verlustausgleichs dem Zweck des Stundungsverbots nicht gerecht. Wenn die Darlehensausgabe nur wirksam wäre, wenn die Darlehensvaluta lediglich aus Mitteln aufgebracht wird, welche den Wert der Bilanzsumme, den diese durch den Verlustausgleich erreicht hat, übersteigen, wirkt dies faktisch wie ein generelles Verbot der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs. Die Bilanzsumme zum Zeitpunkt des Verlustausgleichs würde einen Grenzwert darstellen, der durch die Darlehensvergabe nicht unterschritten werden dürfte. Bilanzmathematisch wäre eine Darlehensvergabe aus dem erhalten Verlustausgleich somit ausgeschlossen. Wie bereits erläutert, soll durch das Verbot der Darlehensausreichung dem Stundungsverbot insoweit Geltung verschafft werden, als die Darlehensvergabe in ihrer Wirkung nicht dem Hinausschieben der Fälligkeit gleichsteht.643 Die Abgrenzung für die Zulässigkeit der Darlehensgewähr aus dem Verlustausgleich durch starre Fristen würde sich allerdings lediglich nach pauschalen Vermutungen richten und einer „Cooling-Off-Periode“ gleichen. Das Abstellen auf ein Moratorium des konkret bezahlten Verlustausgleichs oder der durch den Verlustausgleich erreichten Bilanzziffer würde zu einem uneingeschränkten faktischen Verbot der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs führen. Beide Ansätze lassen die konkrete Wirkung der Darlehensvergabe im Einzelfall außer Betracht, so dass dem Zweck des Stundungsverbots nicht genüge getan würde. Daher ist ein Ansatz zu wählen, bei dem die Darlehensgewährung in ihrer Wirkung nicht (mehr) als Hinausschieben der Fälligkeit zu beurteilen ist, sondern als Ausreichung eines neuen, von dem Verlustausgleich unabhängigen Darlehens erscheint.
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Siehe hierzu ausführlich § 6 II.1.b)cc).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
bb) Differenzierung nach Charakter der Darlehensvergabe Hierzu bietet sich eine Differenzierung an. Konkret muss danach differenziert werden, ob die Darlehensvergabe in einem inneren Zusammenhang mit dem Verlustausgleich erfolgt oder die Darlehensauskehr eine, von dem Verlustausgleich losgelöste, Konzerninnanfinanzierungsmaßnahme darstellt. Geht es bei der Darlehensgewähr somit lediglich (primär) darum, den Verlustausgleich zurück zu gewähren, erscheint diese Maßnahme als Stundung und ist verboten. Erfolgt die Darlehensgewähr (primär) zu anderen Zwecken, überwiegen diese über die Stundungswirkung und erscheinen vielmehr als von dem Verlustausgleich unabhängige Darlehensgewähr innerhalb des Konzerns. Für die Differenzierung, ob die Darlehensgewährung einen inneren Zusammenhang zum Verlustausgleich aufweist oder eine hiervon losgelöste Konzerninnanfinanzierungsmaßnahme darstellt, bietet es sich an, die Anwendungsbereiche der Privilegierungen des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG heranzuziehen. Solange die Darlehensgewährung ausschließlich in den Anwendungsbereich des Konzernprivilegs des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG fällt,644 fußt dessen Legitimierung ausschließlich auf dem Abschluss eines Vertragskonzerns.645 Es besteht somit eine direkte Verknüpfung des Darlehens mit der vertraglichen Konzernierung und somit mit dem Verlustausgleich, so dass hieraus die Vermutung abzuleiten ist, dass die Darlehensvergabe aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem Verlustausgleich erfolgte. Aufgrund dieses Zusammenhangs erscheint die Darlehensvergabe daher als Umgehung des Stundungsverbots, so dass ihre Zulässigkeit abzulehnen ist. Eine Umgehung des Stundungsverbots ist jedoch abzulehnen, wenn die Darlehensvergabe nicht auf der vertraglichen Konzernierung beruht, also kein direkter Bezug von Verlustausgleich und Darlehensvergabe besteht. Dies ist der Fall, wenn sich die Darlehensvergabe (nicht nur auf die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG, sondern auch) auf die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG stützen kann. In diesem Fall erscheint die konzerninterne Vergabe aufsteigender Darlehen unabhängig vom Konzernierungsgrad kapitalerhaltungsrechtlich zulässig, wenn der Rückgewähranspruch vollwertig ist.646 Hieraus wird deutlich, dass sich in diesem Fall die darlehensweise Auskehr des Verlustausgleichs nicht von der Vergabe anderer konzerninterner Darlehen unterscheidet. Dies schließt denklogisch einen (primären) Zusammenhang von Verlustausgleich und Darlehensvergabe aus. Der Verlustausgleich darf daher als Darlehen an die Mutter zu-
644 Dies ist immer dann der Fall, wenn die Darlehensgewährung nicht auch in den Anwendungsbereich der Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG fällt, da der Darlehensrückgewähranspruch nicht vollwertig ist. 645 Siehe zur vertraglichen Konzernierung als ausschließliche Grundlage der Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG § 7 III.2.a)cc)(3)(c). 646 So im Ergebnis auch Hoffmann/Theusinger, NZG 2014, 1170, 1173; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 898.
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rückgewährt werden, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist. Für die Einschränkung des Verbots der Darlehensgewährung durch eine differenzierte Betrachtung auf Darlehen, die nicht vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG sind, spricht darüber hinaus auch die Rechtsprechung des BGH647 zur Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Verlustausgleichsanspruch. Nach dem BGH ist die Aufrechnung gegen den Verlustausgleichsanspruch ebenfalls nur zulässig, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung vollwertig ist.648 Dies zeigt, dass auch der BGH weder ein generelles Verbot noch die generelle Zulässigkeit für die Erfüllung des Verlustausgleichsanspruchs im Wege von Erfüllungssurrogaten annimmt, sondern die Vollwertigkeit der konkreten, dem betreffenden Rechtsgeschäfts zugrunde liegenden, Forderung fordert. Im Ergebnis differenziert auch die hier vertretene Ansicht anhand dieses Vollwertigkeitskriteriums, denn der Bezugspunkt ist hierbei die Darlehensrückgewährforderung und nicht die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs. Einziger Unterschied zwischen der darlehensweisen Verlustausgleichsrückgewähr und der Aufrechnung gegen den Verlustausgleichsanspruch ist, dass Gläubiger und Schuldner der Forderungen vertauscht sind. Inhaber der Darlehensrückgewährforderung gegen die Mutter ist das abhängige Konzernunternehmen, während die Mutter bei der Aufrechnung Forderungsinhaber der Gegenforderung gegen die Tochter ist. Dies ändert an der Übereinstimmung beider Werthaltigkeitserfordernisse jedoch nichts, sondern ist lediglich den Charakteristiken der, den Forderungen zugrunde liegenden Rechtsgeschäften geschuldet. In beiden Konstellationen dient das Werthaltigkeitserfordernis nämlich dem Schutz der abhängigen Gesellschaft beziehungsweise ihrer Gläubiger. Die Werthaltigkeit der Gegenforderung soll sicherstellen, dass der Verlustausgleichsanspruch auch durch ein Sorrugat erfüllt wird, wenn dieser dem Nennbetrag dieses Anspruchs auch wertmäßig entspricht. Die Werthaltigkeit der Darlehensrückgewährforderung soll die Einbringlichkeit der Forderung sicherstellen. Da beide Werthaltigkeitserfordernisse dem Schutz der abhängigen Gesellschaft beziehungsweise ihrer Gläubiger dienen, kann die Rechtsprechung des BGH zur Anrechnungsmöglichkeit gegen den Verlustausgleichsanspruch ohne weiteres zur Untermauerung der differenzierenden Betrachtung hinsichtlich der Zulässigkeit der darlehensweisen Verlustausgleichsrückgewähr herangezogen werden.
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BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 258 = BB 2006, 1759. BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 258, 290 = BB 2006, 1761.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
cc) Auswirkungen auf den Pflichtenumfang und das Haftungsrisiko des Geschäftsführers Die Frage der Reichweite des Rückgewährverbots des Verlustausgleichs ist in der Literatur umstritten.649 Es gibt in beiden Lagern gewichtige Stimmen. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist noch nicht ersichtlich. (1) Umstrittene Rechtslage Seit dem MoMiG erfolgt in der Literatur eine Diskussion über eine Ausnahme von dem Verbot der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs. Eine im Vordringen befindende Ansicht650 stellt, ebenso wie der in dieser Arbeit entwickelte Ansatz, die Absolutheit des Rückgewährverbots in Frage. Sowohl die Anzahl als auch die Gewichtigkeit der Stimmen sprechen dafür, dass die Mindermeinung seit dem MoMiG erheblich an Bedeutung gewonnen hat, so dass diese mittlerweile als nennenswerte und gewichtige Handlungsalternative gesehen werden muss. Entgegen der Rechtslage vor dem MoMiG kann der Geschäftsführer daher nicht mehr ohne weiteres der herrschenden Ansicht folgen, sondern hat die Rechtslage zu prüfen und die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen. (2) Vor- und Nachteile des absoluten Rückgewährverbots Zugunsten eines absoluten Rückgewährverbots spricht, dass es einen Austausch des tatsächlich geleisteten Verlustausgleichs gegen eine schuldrechtliche Darlehensrückgewährforderung verhindert. Dies sichert der Gesellschaft tatsächliches liquides Vermögen und schafft somit ein hohes Schutzniveau. Dies führt jedoch auch dazu, dass nicht berücksichtigt werden kann, dass der Gesellschaft unter bilanziellen Aspekten eine vollwertige Leistung erbracht werden kann und die liquiden Mittel des Verlustausgleichs im Interesse des Konzerns unter Umständen besser anderweitig eingesetzt werden könnten. Dies widerspricht dem Grundkonzept des Vertragskonzerns, wonach die Einzelinteressen der Konzernunternehmen grundsätzlich hinter den übergeordneten Interessen des Konzerns zurücktreten. Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Rechtswidrigkeit des absoluten Rückgewährverbots zu prüfen. In diesem Fall wäre die darlehensweise Rückgewähr zulässig und eine Auszahlungsverweigerung pflichtwidrig gewesen, so dass die abhängige Gesellschaft schadensersatzpflichtig wäre.
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Siehe zum Meinungsstand § 7 III.2.b) ff. Baldamus, Ubg 2009, 484, 493; Hoffmann/Theusinger, NZG 2014, 1170, 1173; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 896 ff. Siehe hierzu auch § 7 III.2.b) ff. 650
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(3) Vor- und Nachteile eines relativen Rückgewährverbots Ein relatives Rückgewährverbot, das die Darlehensgewähr bei der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs zulässt, hat den Vorteil, dass die Konzerninteressen bei der Darlehensgewähr berücksichtigt werden können. Dies ermöglicht es der Gesellschaft, den Verlustausgleich durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch auszutauschen und somit bilanziell das gleiche Vermögenslevel beizubehalten und hierdurch die liquiden Mittel der Konzernmutter zur Verfügung zu stellen wenn dies im Konzerninteresse liegt. Dies kann durchaus auch (mittelbar) im Interesse der abhängigen Gesellschaft sein, da hierdurch die erforderlichen liquiden Mittel nicht kostenpflichtig am Kapitalmarkt beschafft werden müssen. Die Kostenersparnis kommt dem Gesamtkonzern und somit auch der darlehensgebenden Gesellschaft zugute. Der Austausch von tatsächlichen liquiden Mitteln gegen Forderungen kann jedoch auch nachteilig für die abhängige Gesellschaft sein. Verschlechtert sich die Bonität der Konzernmutter kann die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs entfallen und die Gesellschaft läuft Gefahr eines Forderungsausfalls. Hierdurch wird nicht nur das Vermögen der Gesellschaft um die Abschreibung gemindert, sondern die Gesellschaft läuft Gefahr, dass die Bonitätsverschlechterung der Konzernmutter auch auf die abhängige(n) Gesellschaft(en) durchschlägt und zu einer Konzerninsolvenz führt. Des Weiteren sind mögliche Nachteile der Gesellschaft bei unterstellter Absolutheit des Rückgewährverbots zu prüfen. In diesem Fall würde die Darlehensgewähr gegen § 302 Abs. 3 S. 1 AktG (analog651) verstoßen. In diesem Fall steht der Gesellschaft ein Erstattungsanspruch gegen die Konzernmutter zu. (4) Abwägung Anschließend hat der Geschäftsführer die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten zu vergleichen und pflichtgemäß abzuwägen. Hierbei ist er nicht gezwungen, die sicherste Variante zu wählen, sondern kann einen für die Gesellschaft günstigen Standpunkt einnehmen.652 Zugunsten des absoluten Rückgewährverbots spricht das höhere Schutzniveau, welches durch das Verbot des Austausches von liquiden Mitteln mit einer Rückgewährforderung erreicht wird. Darüber hinaus sichert diese Handlungsmöglichkeit die Gesellschaft auch bei unterstellter Rechtswidrigkeit des absoluten Rückgewährverbots ab. Die Auszahlungsverweigerung verhindert einen Liquiditätsabfluss aus dem Gesellschaftsvermögen der abhängigen Gesellschaft und begründet lediglich Schadensersatzrisiken. 651
Die Regelung betrifft ausdrücklich lediglich den Verzicht auf den Verlustausgleich. In erweiterter Auslegung ist diese jedoch auch auf den Fall der darlehensweisen Rückgewähr auszuweiten. 652 Siehe hierzu bereits § 3 I.2.b)aa)(2)(a).
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Zugunsten des relativen Rückgewährverbots spricht, dass die Konzerninteressen bei der Darlehensgewähr berücksichtigt werden können. Dies gewährleistet, dass bei Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs das Gesellschaftsvermögen bilanziell nicht geschmälert wird und die liquiden Mittel bedarfsgerecht im Konzern eingesetzt werden können. Hierdurch wird der gesetzlichen Verschiebung zugunsten des Konzerninteresses Rechnung getragen. Dies ermöglicht es, die Finanzierungskosten der Konzernmutter zu vergünstigen und hierdurch Vorteile zugunsten des Gesamtkonzerns zu generieren, was letztlich auch der abhängigen Gesellschaft zugute kommt. Darüber hinaus ist der Grad der Unsicherheit bei der Annahme eines relativen Rückgewährverbots geringer, als bei der Maßgeblichkeit eines absoluten Rückgewährverbots. Nach einer fundierten juristischen Betrachtung sprechen nämlich die besseren Argumente für die Zulässigkeit der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs bei vollwertigem Rückgewähranspruch.653 Bei einem Vergleich überwiegt keine Handlungsmöglichkeit deutlich. Letztlich ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine rechtliche Würdigung für das relative Rückgewährverbot spricht. Darüber hinaus ist der Geschäftsführer bei seiner Abwägung nicht verpflichtet, die sicherste Variante zu wählen, was die Heranziehung des relativen Rückgewährverbots nicht ausschließt. Insgesamt erscheint es für den Geschäftsführer daher ratsam, die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs nur zu verweigern, wenn der Darlehensrückgewähranspruch nicht vollwertig ist. Die Vollwertigkeitsprüfung obliegt dem Geschäftsführer und richtet sich nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. (5) Haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer Für den Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft bedeutet dies, dass dieser den erhaltenen Verlustausgleich nur darlehensweise an die Konzernmutter zurückgewähren darf, wenn der Rückgewähranspruch vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist. Obwohl der Geschäftsführer Organ einer vertraglich konzernierten GmbH ist, muss dieser die Zulässigkeit der Auszahlung des Darlehens (nicht nur an § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG messen, sondern auch) nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG prüfen. Insoweit besteht somit ein Gleichlauf des Pflichtenkreises mit dem Geschäftsführer einer abhängigen faktischen Konzerngesellschaft. Ihn treffen somit die gleichen Risiken, die aus dem Prognoseelement der Vollwertigkeit erwachsen.654 Entspricht die Leistung dem Vollwertigkeitserfordernis nicht, haftet der Geschäftsführer außerhalb von Weisungen wie der Geschäftsführer im faktischen Konzern.655 Beruht die Darlehensgewähr auf einer Weisung der Konzernmutter, haftet der Geschäftsführer hingegen nach § 310 AktG (analog).656 653 654 655
Siehe hierzu ausführlich § 7 III.2.b)aa) f. Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b)aa)(3). Siehe zur Haftung im Vertragskonzern außerhalb nachteiliger Weisungen § 3 III.2.c)bb).
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dd) Zusammenfassung Das generelle Verbot der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs ist mit der Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG nicht zu vereinbaren. Diese lässt die Leistung innerhalb eines Vertragskonzerns zu, solange diese während der vertraglichen Konzernierung erfolgt. Sofern bei der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs der Vertragskonzern daher weiter fortbesteht, fällt die Leistung somit in den Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG und erscheint grundsätzlich zulässig. Die Zulässigkeit ist jedoch zu verneinen, wenn die Darlehensvergabe gegen das Stundungsverbot des Verlustausgleichs verstößt. Dies ist der Fall, wenn die Darlehensvergabe im Ergebnis wie eine Verschiebung der Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs auf einen späteren Zeitpunkt wirkt. In diesem Fall erscheint die Darlehensgewähr wie eine Umgehung des Stundungsverbots und ist daher unzulässig. Zur Abgrenzung ist dabei auf den Charakter der Darlehensvergabe abzustellen. Hiernach ist die Darlehensgewährung dann zulässig, wenn sie in ihrer Wirkung nicht (mehr) als Hinausschieben der Fälligkeit zu beurteilen ist, sondern als Ausreichung eines neuen, von dem Verlustausgleich unabhängigen, Darlehens erscheint. Konkret muss danach differenziert werden, ob die Darlehensvergabe in einem inneren Zusammenhang mit dem Verlustausgleich erfolgt oder die Darlehensauskehr eine, von dem Verlustausgleich losgelöste, Konzerninnanfinanzierungsmaßnahme darstellt. Für die Differenzierung sind dabei die Anwendungsbereiche der Privilegierungen des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG heranzuziehen. Solange die Darlehensgewährung ausschließlich in den Anwendungsbereich des Konzernprivilegs des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG fällt, der Darlehensrückgewähranspruch also nicht vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist, basiert die Legitimierung der Leistung ausschließlich auf dem Abschluss eines Vertragskonzerns. Die direkte Verknüpfung des Darlehens mit der vertraglichen Konzernierung begründet auch einen direkten Zusammenhang mit dem Verlustausgleich, so dass hieraus die Vermutung abzuleiten ist, dass die Darlehensvergabe aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem Verlustausgleich erfolgt. In diesem Fall erscheint die Darlehensvergabe aufgrund des direkten Zusammenhangs mit der vertraglichen Konzernierung und dessen direkter Anknüpfung an den Verlustausgleich als unzulässige Umgehung des Stundungsverbots. Ein innerer Zusammenhang der Darlehensvergabe mit dem Verlustausgleich und somit eine Umgehung des Stundungsverbots ist jedoch abzulehnen, wenn die Darlehensvergabe nicht (ausschließlich) auf der vertraglichen Konzernierung beruht, also kein direkter Bezug von Verlustausgleich und Darlehensvergabe besteht. Dies ist der Fall, wenn neben der vertraglichen Konzernierung auch der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig ist und somit die Leistungsprivilegierung nicht nur auf § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG, sondern auch auf § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG fußt. Aufgrund der Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erscheint hierbei die konzerninterne Vergabe aufsteigender Darlehen unabhängig vom Konzernierungs656
Siehe zur Haftung im Vertragskonzern bei nachteiligen Weisungen § 3 III.2.c)aa).
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grad kapitalerhaltungsrechtlich zulässig. In diesem Fall unterscheidet sich die darlehensweise Auskehr des Verlustausgleichs nicht von der Vergabe anderer konzerninterner Darlehen, was einen (primären) Zusammenhang von Verlustausgleich und Darlehensvergabe ausschließt. Die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs an die Mutter ist daher zulässig, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist. Eine Ansicht in der Literatur geht jedoch auch nach dem MoMiG weiter von einem absoluten Rückgewährverbot aus. Hiernach muss der Geschäftsführer jegliche Darlehensausreichung des Verlustausgleiches verneinen. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sieht sich der Geschäftsführer mit einer (mittlerweile nennenswert) umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Er hat die Rechtslage somit sorgfältig zu prüfen und die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Hiernach sprechen die besseren Argumente für die Annahme eines relativen Rückgewährverbots, so dass der Geschäftsführer die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs nur verweigern sollte, wenn der Darlehensrückgewähranspruch nicht vollwertig ist. Aufgrund der Differenzierung zwischen den Anwendungsbereichen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG und des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer der abhängigen Konzerngesellschaft vor der darlehensweisen Ausreichung des Verlustausgleichs die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu prüfen. Hinsichtlich des Pflichtenkreises besteht somit ein Gleichlauf mit den oben genannten Pflichten im faktischen Konzern. Der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft trägt somit die Risiken, die aus der Vollwertigkeitsprüfung erwachsen, insbesondere aufgrund des ihr innewohnenden Prognoseelements. Ihn treffen bei der Vollwertigkeitsprüfung somit die gleichen Haftungsrisiken wie einen Geschäftsführer bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG im faktischen Konzern. Entspricht die Leistung dem Vollwertigkeitserfordernis nicht, richtet sich die Haftung des Geschäftsführers danach, ob dieser aufgrund einer Weisung der Konzernmutter handelte oder nicht. Außerhalb von Weisungen haftet der Geschäftsführer wie der Geschäftsführer im faktischen Konzern. Bei einer Weisung haftet der Geschäftsführer hingegen nach § 310 AktG (analog). c) Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zum Konzernprivileg Durch § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass das Konzernprivileg auch im GmbH-Vertragskonzern Anwendung findet. Darüber hinaus hat die Privilegierung durch die Regelung auch inhaltliche Änderungen gegenüber der aktienrechtlichen Vorgängerregelung erfahren. Es wurde insbesondere das Erfordernis des Zusammenhangs zwischen der Leistung und dem Unternehmensvertrag gestrichen und der Anwendungsbereich hierdurch erweitert. Neben dem Erfordernis des Bestehens eines Vertragskonzerns durch den Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags ist für die Anwendbarkeit des Kon-
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zernprivilegs lediglich erforderlich, dass die Leistung bei Bestehen des Unternehmensvertrags erfolgt. Bei einem Beherrschungsvertrag sind somit alle Leistungen von der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG erfasst, die während der Vertragslaufzeit erfolgen, unabhängig davon, ob diese auf einer Weisung der Konzernmutter beruhen oder nicht. Bei einem Gewinnabführungsvertrag erfasst das Konzernprivileg nun auch unterjährige Auszahlungen an die Konzernmutter. aa) Wirksamer Vertragskonzern Der Geschäftsführer hat zunächst zu prüfen, ob ein Vertragskonzern wirksam gegründet worden ist. Die Voraussetzungen der Konzerngründung sind hinsichtlich des Umfangs der analogen Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften in der Literatur jedoch in vielen Punkten umstritten. Stellt sich nach der Invollzugsetzung des Vertragskonzerns ein Mangel des Unternehmensvertrags heraus, profitiert der Geschäftsführer für in der Vergangenheit liegende Darlehensauszahlungen von der Wirksamkeitsfiktion der Konzerngründung. Hiernach wird die Gründung des Vertragskonzerns als wirksam fingiert, so dass auch das Handeln des Geschäftsführers diesbezüglich als pflichtgemäß anzusehen ist. Für noch ausstehende Darlehensauszahlungen ist der Mangel des Unternehmensvertrags jedoch zu heilen oder der Vertrag zu beenden. Im letzten Fall richten sich die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit und die Haftungsrisiken des Geschäftsfüherers nach den Regelungen des faktischen Konzerns. bb) Kein Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs Für die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung der Darlehensvergabe nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG ist es indessen grundsätzlich nicht erforderlich, dass der Verlustausgleichsanspruch vollwertig ist. Das Erfordernis der Vollwertigkeit beschränkt sich vielmehr auf die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Dies ergibt sich aus den strukturellen Unterschieden der jeweiligen Gläubigerschutzsysteme und den hieran anknüpfenden Privilegierungen. In der Literatur gibt es jedoch gewichtige Stimmen, die das Vollwertigkeitserfordernis auch für die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung der Darlehensvergabe nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG fordern, so dass der Geschäftsführer eine Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten vorzunehmen hat, um einen Pflichtwidrigkeitsvorwurf von vornherein auszuschließen. Zugunsten der Außerachtlassung des Vollwertigkeitserfordernisses spricht, dass hierdurch der gesetzlichen Verschiebung zugunsten des Konzerninteresses Rechnung getragen werden kann und die Konzerninteressen bei der Darlehensgewähr berücksichtigt werden können. Dies ermöglicht eine vergünstigte Refinanzierung der Konzernmutter und gegebenenfalls ihre Restrukturierung, was letztlich die Existenz des Gesamtkonzerns sichert und somit auch der abhängigen Gesellschaft zugute kommt.
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Der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft muss somit lediglich prüfen, ob ein Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag vorliegt und die Leistung bei Bestehen des Unternehmensvertrags erfolgt. Die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs kann er dabei außer Acht lassen, so dass diesem hieraus auch keine Haftungsrisiken erwachsen können. cc) Differenzierung nach Charakter der Darlehensvergabe bei Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs Das Stundungsverbot normiert keine gänzliche Untersagung der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs an die Muttergesellschaft. Verboten ist die Darlehensgewährung vielmehr nur dann, wenn sie in ihrer Wirkung nicht als Hinausschieben der Fälligkeit zu beurteilen ist. Abzugrenzen sind daher Darlehen, die ein Hinausschieben der Fälligkeit bewirken und Darlehen, die als Ausreichung eines neuen, von dem Verlustausgleich unabhängigen Darlehens erscheinen. Hierfür eignet sich eine Differenzierung danach, ob die Darlehensvergabe einen inneren Zusammenhang mit dem Verlustausgleich aufweist oder die Darlehensauskehr eine, von dem Verlustausgleich losgelöste Konzerninnenfinanzierungsmaßnahme darstellt. Hierfür sind die Anwendungsbereiche der Privilegierungen des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG heranzuziehen. Ist der Darlehensrückgewähranspruch nicht vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, fällt die Darlehensgewährung ausschließlich in den Anwendungsbereich des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG, so dass die Privilegierung der Leistung ausschließlich auf dem Abschluss eines Vertragskonzerns beruht. Die Anknüpfung an die vertragliche Konzernierung vermittelt eine direkte Verknüpfung mit dem Verlustausgleich, was dafür spricht, dass die Darlehensvergabe aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem Verlustausgleich erfolgt. Daher stellt die Darlehensgewährung eine unzulässige Umgehung des Stundungsverbots dar. Ist der Darlehensrückgewähranspruch jedoch auch vollwertig, basiert die Leistungsprivilegierung nicht nur auf § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG, sondern auch auf § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. In diesem Fall ist die Darlehensvergabe unabhängig vom Konzernierungsgrad aufgrund des Vollwertigkeitsprivilegs kapitalerhaltungsrechtlich zulässig, so dass sich die darlehensweise Auskehr des Verlustausgleichs nicht von der Vergabe anderer konzerninterner Darlehen unterscheidet, was einen (primären) Zusammenhang von Verlustausgleich und Darlehensvergabe ausschließt. Dies schließt einen inneren Zusammenhang mit dem Verlustausgleich aus und begründet den Charakter der Darlehensauskehr als eine, von dem Verlustausgleich losgelöste Konzerninnenfinanzierungsmaßnahme. Die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs an die Mutter ist daher zulässig, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist. In der Literatur gibt es jedoch gewichtige Stimmen, die die Zulässigkeit der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs gänzlich ablehnen, so dass der Geschäftsführer eine Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten
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vorzunehmen hat, um einen Pflichtwidrigkeitsvorwurf von vornherein auszuschließen. Zugunsten eines relativen Rückgewährverbots spricht dabei insbesondere, dass hierdurch der gesetzlichen Verschiebung zugunsten des Konzerninteresses im Vertragskonzern Rechnung getragen werden kann und die Konzerninteressen bei der Darlehensgewähr berücksichtigt werden können. Dies ermöglicht eine vergünstigte Finanzierung der Konzernmutter, was letztlich dem Gesamtkonzern und somit auch der abhängigen Gesellschaft zugute kommt. Der Geschäftsführer hat daher vor der darlehensweisen Ausreichung des Verlustausgleichs die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu prüfen. Insoweit trifft den Geschäftsführer der gleiche Pflichtenkreis, wie bei der Darlehensvergabe im faktischen Konzern. Aufgrund des Gleichlaufs des Pflichtenkreises treffen den Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft aufgrund des Prognoseelements der Vollwertigkeitsprüfung die gleichen Haftungsrisiken wie bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG bei der Darlehensvergabe im faktischen Konzern. Bei mangelnder Vollwertigkeit fällt die Darlehensvergabe in den alleinigen Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG, so dass die Legitimierung der Leistung ausschließlich auf dem Abschluss eines Vertragskonzerns beruht. Dies begründet einen direkten Zusammenhang zwischen dem Verlustausgleich und der Darlehensvergabe, mithin einen inneren Zusammenhang der beiden Leistungen, so dass die Darlehensvergabe wie eine Umgehung des Stundungsverbots wirkt und unzulässig ist. Der Geschäftsführer hat hierbei die Darlehensvalutierung zu verweigern. Zahlt der Geschäftsführer den Verlustausgleich dennoch darlehensweise an die Konzernmutter zurück, haftet der Geschäftsführer außerhalb von Weisungen wie der Geschäftsführer im faktischen Konzern und bei einer Weisung der Konzernmutter nach § 310 AktG (analog).
IV. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wegen Darlehensgewähr Die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit konzerninterner Darlehen bestimmt den Pflichtenkatalog und Pflichtenmaßstab des Geschäftsführers entscheidend. Wie bereits aufgezeigt, haben sich die mit dem MoMiG einhergehenden kapitalerhaltungsrechtlichen Änderungen auch auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers der konzerneingebundenen GmbH ausgewirkt.657 Will man die Auswirkungen der Änderungen der „materiellen Anknüpfung“ durch das MoMiG auf die Haftungsrisiken für Geschäftsführer von abhängigen GmbH-Konzerngesellschaften bewerten, sind diese mit der Rechtslage vor der Gesetzesnovelle zu vergleichen. Als Vergleichs657 Siehe zum faktischen Konzern § 7 III.1.a)dd); § 7 III.1.b)aa)(3); § 7 III.1.b)bb)(3); § 7 III.1.b)cc)(3); § 7 III.1.b)dd)(2); § 7 III.1.b)ee)(1)(d); § 7 III.1.b)ee)(2)(c); § 7 III.1.b)ee)(3)(b); § 7 III.1.b)ff)(1)(b); § 7 III.1.b)ff)(2)(b); § 7 III.1.b)ff)(2)(d) und zum Vertragskonzern § 7 III.2.a)cc)(4); § 7 III.2.b)cc).
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parameter ist für die Bewertung dabei zuvorderst die Rechtslage nach dem November-Urteil des BGH heranzuziehen. Anschließend soll auch noch kurz an die davor geltende Rechtslage angeknüpft werden. 1. Faktischer Konzern Durch den, auf dem November-Urteil beruhenden, Wegfall der kapitalerhaltungsrechtlichen „Rechtfertigung“ der Darlehensgewährung aufgrund der Bilanzneutralität der Finanzierungsmaßnahme wurden konzerninterne Finanzierungsmöglichkeiten, insbesondere die konzerninterne Darlehensvergabe, erheblich eingeschränkt. In der Praxis stieß das Urteil diesbezüglich auf massive Kritik. Auch der Gesetzgeber knüpft mit dem MoMiG an diesen Missstand an und normierte durch § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG eine Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise. Diese stellt an den Geschäftsführer jedoch erhöhte Anforderungen, so dass das MoMiG die Haftungsrisiken gegenüber der Rechtslage nach dem November-Urteil im faktischen Konzern deutlich verschärft hat. a) Verschärfung der Haftungsrisiken gegenüber der Rechtslage nach dem November-Urteil Besonders tiefgreifend wirken sich die Verschärfungen dabei im faktischen Konzern aus. Dem vollumfänglichen und bedingungslosen Versagen der kapitalerhaltungsrechtlichen „Rechtfertigung“ von Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern trat der Gesetzgeber mit dem MoMiG entgegen, so dass hierbei zwangsläufig zwei Differenzen zutage treten. Die mit dem November-Urteil einhergehende Einschränkung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern. Der Wegfall der Werthaltigkeits- und Drittvergleichsprüfung reduzierte und vereinfachte den Pflichtenkreis des Geschäftsführers im Rahmen konzerninterner Darlehen erheblich, da sich die Prüfungspflicht fortan auf die Feststellung beschränkte, ob die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Unterbilanz führte oder im Zeitpunkt einer Unterbilanz erfolgte. Hierdurch reduzierte sich auch das Haftungsrisiko des Geschäftsführers im faktischen Konzern deutlich.658 Die vom Gesetzgeber mit dem MoMiG beabsichtigte „Renaissance“ der bilanziellen Betrachtungsweise erweitert den Pflichtenkreis deutlich und lässt auch die Haftungsrisiken für die Geschäftsführer (wieder-)aufleben, die aus der erforderli-
658 Siehe zu den haftungsrechtlichen Auswirkungen des November-Urteils auf den Geschäftsführer im faktischen Konzern ausführlich § 6 I.4. ff.
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chen Vollwertigkeitsprüfung erwachsen.659 Betrifft die Darlehensvergabe (auch) das Stammkapital der Gesellschaft, hat der Geschäftsführer die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu prüfen. Dies erfordert zunächst die Prüfung, ob sich die Leistung und der Rückgewähranspruch wertmäßig entsprechen (Deckungsgebot).660 Sodann hat er zu prüfen, ob der Rückgewähranspruch vollwertig ist (Vollwertigkeitsprüfung).661 Hierbei sieht sich der Geschäftsführer mit einer Reihe ungeklärter und umstrittener Rechtsfragen konfrontiert. Hierdurch steigen die Haftungsrisiken des Geschäftsführers erheblich. Um einer persönlichen Haftung zu entgehen hat der Geschäftsführer die Rechtslage zu prüfen und bei den einzelnen strittigen Punkten eine sorgfältige Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten vorzunehmen. Dies erweitert den Pflichtenkreis noch weiter. Darüber hinaus offenbart der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung gewisse Spielräume, an die für Haftungsprozesse gegen den Geschäftsführer angeknüpft werden können. Auch dies verschäft die Haftungsrisiken enorm. Insgesamt lässt sich daher festhalten, dass das MoMiG die Haftungsrisiken des Geschäftsführers gegenüber der Rechtslage nach dem November-Urteil deutlich verschärft hat. b) Vergleich der Haftungsrisiken nach MoMiG mit der Rechtslage vor dem November-Urteil Die Zulässigkeit der konzerninternen aufsteigenden Darlehensvergabe war bis zum November-Urteil in vielen Punkten umstritten. Dabei war auch innerhalb der Anhänger der bilanziellen Betrachtungsweise umstritten, ob die Darlehensvergabe verkehrsübliche Konditionen (Prinzip des Drittvergleichs) aufweisen müsse, also angemessen verzinst und werthaltig besichert werden müsse und ob das Vorliegen einer Unterbilanz die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von vornherein ausschließe.662 Betrachtet man die Rechtslage nach dem MoMiG, ist festzustellen, dass die Gesetzesnovelle hinsichtlich der streitigen Punkte keine Klarheit gebracht hat. Auch nach dem MoMiG ist weiterhin umstritten, ob das Prinzip des Drittvergleichs bei der Vollwertigkeitsprüfung heranzuziehen ist,663 ob eine Verzinsungs-664 und/oder eine Besicherungspflicht665 besteht und ob die Darlehensvergabe bei einer bestehenden
659 Siehe zu den Anforderungen an die Vollwertigkeit und die hieraus erwachsenden Haftungsrisiken des Geschäftsführers ausführlich § 7 III.1.b) ff. 660 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.a) ff. 661 Siehe hierzu ausführlich § 7 III.1.b) ff. 662 Siehe § 6 I.1. 663 Siehe § 7 III.1.b)dd) ff. 664 Siehe § 7 III.1.b)ee)(1) ff. 665 Siehe § 7 III.1.b)ee)(2) ff.
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Unterbilanz zulässig ist.666 Darüber hinaus ist streitig, ob das Deckungsgebot auf Darlehenszinsen anwendbar ist,667 welcher Prüfungsmaßstab bei der Vollwertigkeitsprüfung anzulegen ist,668 welchen Umfang die Vollwertigkeit haben muss669 und was für Auswirkungen Wertverluste nach dem Vollzug des Erfüllungsgeschäfts auf die (ursprüngliche) Vollwertigkeit haben.670 Durch das MoMiG hat der Gesetzgeber zwar die Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise angeordnet, darüber hinaus hat er hinsichtlich der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Vergabe von konzerninternen aufsteigenden Darlehen im faktischen Konzern jedoch nicht zu einer Klärung umstrittener Fragen beigetragen. Vielmehr sind neue Unsicherheiten hinzugekommen. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber durch die Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG „den Gesellschaften erleichtern [wollte], mit ihren Gesellschaftern – vor allem auch im Konzern – alltägliche und wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen zu unterhalten und abzuwickeln“ und diesbezüglich noch ausdrücklich festhält, dass dies „das Gesetz reibungslos ermöglichen“ muss und der Entwurf daher „zur bilanziellen Betrachtungsweise zurück[kehrt], die bis zum November 2003 problemlos annerkant war“,671 verwundert dies. Wenn der Gesetzgeber bestimmte Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern erleichtern wollte, erfordert dies vor allem einen rechtssicheren, transparenten und verständlichen Rahmen. Nur dann ermöglicht das Gesetz den reibungslosen Leistungsaustausch. Hierzu ist es jedoch unbedingt erforderlich, dass klare Konturen und Grenzen aufgezeigt werden, da für die Protagonisten nur dann ein rechtssicherer Leistungsaustausch möglich ist. Verbleiben allerdings, wie aufgezeigt, in wesentlichen Punkten der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an den Leistungsaustausch Unsicherheiten, dann belasten diese nicht nur die Gesellschafter und die Gesellschaft, sondern auch ihre Geschäftsführer, da diese die Haftungsrisiken tragen, die sich aus den gesetzlichen Unklarheiten ergeben. Von einer Erleichterung kann daher nicht gesprochen werden. Es verwundert, dass der Gesetzgeber das Erfordernis eines rechtssicheren Regelungsrahmens erkannt hat und dennoch die bis zum November 2003 geltende bilanzielle Betrachtungsweise als problemlos anerkannt bezeichnet. Wie bereits festgestellt, war die bilanzielle Betrachtungsweise bis zum November-Urteil des BGH keinesfalls unumstritten, sondern wurde von einigen Stimmen in der Literatur gänzlich abgelehnt. Darüber hinaus herrschte auch innerhalb der Anhänger der bilanziellen Betrachtungsweise Streit über ihre wesentlichen Voraussetzungen.672 Da nicht davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber keine Kenntnis von den unter666 667 668 669 670 671 672
Siehe § 7 III.1.b)ee)(3) ff. Siehe § 7 III.1.a)aa) ff. Siehe § 7 III.1.b)aa)(1) ff. Siehe § 7 III.1.b)cc)(1) ff. Siehe § 7 III.1.b)ff)(1) ff. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Siehe hierzu ausführlich § 6 I.1.
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schiedlichen Strömungen hinsichtlich der bilanziellen Betrachtungsweise hatte, muss festgehalten werden, dass der Gesetzgeber eines seiner wesentlichen selbsterklärten Ziele des MoMiG deutlich verfehlt hat. Auch nach dem MoMiG sind die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG in wesentlichen Punkten umstritten. Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung hat (noch) nicht zu einer (wesentlichen) Klärung der Streitigkeiten beigetragen. In dem MPS-Urteil des BGH finden sich zwar Ausführungen zum Prüfungsmaßstab,673 zur Besicherungspflicht,674 zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vollwertigkeitsprüfung675 und zum Wertverlust nach Vollzug des Erfüllungsgeschäfts,676 diesen lassen sich jedoch allenfalls Tendenzen einer Positionierung des Senats entnehmen.677 Der Senat lässt jedenfalls eine ausführliche Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Auffassungen vermissen. In einem aktuellen Urteil678 positioniert sich der BGH ausdrücklich zugunsten der Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts und nimmt dem Geschäftsführer zumindest diesbezüglich die Unsicherheiten, die sich bis dahin aus den unterschiedlichen Ansichten in der Literatur ergaben. Hinsichtlich der weiteren umstrittenen Rechtsfragen schweigt der BGH allerdings. Da dem Geschäftsführer die Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit obliegt, hat die Neuregelung für diesen die einschneidensten Auswirkungen. Bei seiner Prüfung sieht sich der Geschäftsführer in vielen Punkten mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert und trägt letztlich die Haftungsrisiken, die hieraus entstehen. Um diesen Haftungsrisiken zu entgehen, ist es für den Geschäftsführer erforderlich, dass dieser die Rechtslage prüft und bei den einzelnen strittigen Punkten eine sorgfältige Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten vornimmt. Dies bindet nicht nur erhebliche zeitliche Ressourcen des Geschäftsführers, sondern erfordert darüber hinaus auch eine vertiefte juristische Auseinandersetzung mit den einzelnen Prüfungsvoraussetzungen. Aufgrund der Fülle und der Komplexität dürfte dies nicht selten die Einholung von (externem) Expertenrat erforderlich machen. Dies verzögert die Entscheidungsfindung noch weiter und bürdet der Gesellschaft beziehungsweise dem Konzern enorme Kosten auf. Neben den Risiken aufgrund der umstrittenen Rechtsfragen eröffnet der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung gewisse Spielräume, aus denen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer erwachsen können. Um Haftungsrisiken auszuschließen, muss der Geschäftsführer beziehungsweise seine Anstellungsgesellschaft sicher gehen, dass die Bewertung im Einzelfall von der Privilegierung der Business Judgement Rule umfasst ist. Hierzu ist die Einholung eines 673 674 675 676 677 678
Siehe § 7 II.2.c)cc). Siehe § 7 II.2.c)aa). Siehe § 7 II.2.c)cc). Siehe § 7 II.2.c)dd). Siehe hierzu etwa § 7 III.1. und § 7 III.1.b)bb)(2). BGH, Urt. v. 21. 3. 2017 – II ZR 93/17, GmbHR 2017, 643, 644.
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oder mehrerer Wirtschaftsprüfungsgutachten ratsam, um sicherzustellen, dass die Bewertung im zugelassenen Handlungsspielraum liegt. Auch dies bürdet der Gesellschaft beziehungsweise dem Konzern enorme Kosten auf. Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Gesetzgeber durch das MoMiG mehr Probleme geschaffen als gelöst hat. Leidtragende sind hierbei besonders die Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft. Die in dieser Arbeit entwickelten Lösungen für die in Rede stehenden Unsicherheiten bei der Vollwertigkeitsprüfung stellen ein konsistentes und belastbares Gesamtgefüge dar. Dennoch verbleiben für die Geschäftsführer die bereits dargestellten Haftungsrisiken. In der Praxis darf den hier vertretenen Lösungen daher nicht ohne einen Verweis auf die jeweils umstrittenen Punkte und die erforderliche Abwägung gefolgt werden. Die erforderlichen Abwägungen und die Absicherung der kaufmännischen Bewertung binden nicht nur zeitliche Ressourcen des Geschäftsführers, sondern kosten die Gesellschaft beziehungsweise den Gesamtkonzern auch enorme Summen, wenn die Einholung von externem Expertenrat erforderlich erscheint. Um zeitliche und finanzielle Ressourcen zu sparen und/oder den Geschäftsführer (noch weiter679) abzusichern, bieten sich Comfort Letters an.680 Diese beziehen sich auf die besagten Unsicherheiten und legen die hier vertretenen Voraussetzungen der Vollwertigkeitsprüfung zugrunde. Kommt der Geschäftsführer hiernach zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensvergabe und kommt einer entsprechenden Weisung nach, beinhaltet der Comfort Letter eine Freistellungszusage der Gesellschafter für den Fall, dass der Geschäftsführer wegen der Ausführung der Weisung persönlich in Anspruch genommen wird. 2. Vertragskonzern Die ausdrückliche Legitimierung der Suspendierung der Kapitalbindung im GmbH-Vertragskonzern und ihre Neuregelung durch § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG hat den Anwendungsbereich der Privilegierung erweitert und den Prüfungsumfang des Geschäftsführers verringert. Für die Haftungsrisiken des Geschäftsführers offenbart das MoMiG gegenüber der Rechtslage vor dem MoMiG jedoch keine klare Linie. So zeigt sich für die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern innerhalb und außerhalb des Anwendungsbereichs des November-Urteils und für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs ein zwiegespaltens Bild. Für die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung verringert das MoMiG den Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs führt das MoMiG
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Dies wäre der Fall, wenn der Entscheidung eine umfassende Abwägung zugrundegelegt wurde, bei der unter Umständen sogar Expertenrat eingeholt worden ist und der Comfort Letter noch zusätzlich abgeschlossen wird. 680 Siehe hierzu ausführlich § 3 VI.
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mit dem hier entwickelten Ansatz hingegen zu einer Erweiterung des Pflichtenkreises und zu einer Verschärfung der Haftungsrisiken des Geschäftsführers. a) Auswirkungen im Anwendungsbereich des November-Urteils Nimmt man für die vor dem MoMiG geltende Rechtslage mit der für die Geschäftsführer maßgeblichen Ansicht der Rechtsprechung die Suspendierung der Kapitalbindung nach § 30 GmbHG a.F. im Vertragskonzern an,681 hatte das November-Urteil des BGH im Rahmen von Weisungen bei mangelnder Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs gegen die Konzernmutter und außerhalb von Weisungen Auswirkungen auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken des Geschäftsführers einer vertraglich konzernierten abhängigen GmbH. Das November-Urteil hatte die Haftung des Geschäftsführers nach § 43 GmbHG wegen Verstoßes der Darlehensvergabe gegen § 30 GmbHG a.F. zum Inhalt. Die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung des Vertragskonzerns suspendierte im Falle ihrer Anwendbarkeit hingegen gerade von der Kapitalbindung. Im Falle mangelnder Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs gegen die Konzernmutter „lebte“ die Kapitalbindung jedoch wieder auf. Außerhalb von Weisungen verblieb es bei der Kapitalbindung des § 30 GmbHG a.F., so dass der Geschäftsführer hierbei nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG haftete.682 Der Geschäftsführer haftete, wenn die Darlehensgewährung an die Mutter § 30 GmbHG a.F. widersprach. Für die Beurteilung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensauszahlung nach § 30 GmbHG a.F. waren insbesondere die Erfordernisse des November-Urteils maßgeblich, so dass sich hier die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern mit denen des Geschäftsführers im faktischen Konzern deckten. Der Geschäftsführer im Vertragskonzern profitierte somit ebenfalls von den Erleichterungen der Rechtsprechungsänderung. Hierbei konnte sich der Geschäftsführer aufgrund des November-Urteils auf die Prüfung beschränken, ob die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Unterbilanz führte oder im Zeitpunkt einer Unterbilanz erfolgte, ohne eine Werthaltigkeits- und Drittvergleichsprüfung durchführen zu müssen.683 Die Suspendierung der Kapitalbindung hat der Gesetzgeber mit dem MoMiG nun ausdrücklich in § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG geregelt. Im Gegensatz zur Regelung vor dem MoMiG beschränkt sich die Suspendierung bei Beherrschungsverträgen nun nicht mehr nur auf Leistungen, welche auf einer (rechtmäßigen) Weisung der 681
Siehe zur alten Rechtslage im Vertragskonzern ausführlich § 6 II. ff. Im Rahmen von (rechtswidrigen) Weisungen richtet sich die Haftung hingegen nach (analog) § 310 AktG, siehe hierzu ausführlich § 3 III.2.c)aa). Zur kapitalerhaltungsrechtlichen Haftung des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 3 GmbHG kommt es hingegen nur außerhalb von Weisungen, § 3 III.2.c)bb). Die kapitalerhaltungsrechtlichen Änderungen durch das NovemberUrteil wirken sich daher nur außerhalb von Weisungen aus. 683 Siehe zu den haftungsrechtlichen Auswirkungen des November-Urteils auf den Geschäftsführer im faktischen Konzern § 6 I.4. ff.; vgl. auch § 7 IV.1.a). 682
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Konzernmutter beruhen, sondern umfasst sämtliche Leistungen, die bei Bestehen des Unternehmensvertrags erfolgen. Außerhalb von Weisungen „lebt“ die Kapitalbindung nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG somit nicht (mehr) weiter.684 Der Geschäftsführer kann sich nach dem MoMiG daher nicht mehr auf die Anforderungen nach dem November-Urteil beschränken und seine Prüfung darauf reduzieren, ob die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Unterbilanz führte oder im Zeitpunkt einer Unterbilanz erfolgte. Stattdessen hat er die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG zu prüfen. Hierbei muss er zunächst prüfen, ob ein Vertragskonzern wirksam begründet worden ist. Die Anforderungen sind in der Literatur jedoch in weiten Teilen umstritten. Bei in Vollzug gesetzten fehlerhaften Unternehmensverträgen profitiert der Geschäftsführer für in der Vergangenheit liegende Leistungen von der Wirksamkeitsfiktion. Diese fingiert die Wirksamkeit des Unternehmensvertrags und bewirkt somit auch, dass die Prüfung des Geschäftsführers in dieser Hinsicht als pflichtgemäß anzusehen ist. Für zukünftige Leistungen muss der Mangel jedoch geheilt werden, um unter die Konzernprivilegierung zu fallen. Andernfalls ist der Unternehmensvertrag zu beenden. In diesem Fall wird aus dem Vertragskonzern ein faktischer Konzern, so dass sich die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit und die damit einhergehenden Haftungsrisiken des Geschäftsführers aus § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ergeben. Darüber hinaus ist umstritten, ob die Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG einen vollwertigen Verlustausgleichsanspruch erfordert. Um Haftungsrisiken auszuschließen und dem Pflichtwidrigkeitsvorwurf entgegenzuwirken, hat der Geschäftsführer die jeweilige Rechtslage sorgfältig zu prüfen und die Handlungsmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen. Hiernach sprechen die besseren Argumente gegen das Vollwertigkeitserfordernis. Der Geschäftsführer der abhängigen GmbH hat somit lediglich zu prüfen, ob die Leistung bei Vorliegen eines Vertragskonzerns erfolgte. Ob die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Unterbilanz führte oder im Zeitpunkt einer Unterbilanz erfolgte, spielt hingegen keine Rolle. Zur Bewertung der haftungsrechtlichen Auswirkungen sind die vorangestellten Prüfungen gegenüber zu stellen und auf ihre potenziellen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer zu untersuchen. Vor dem MoMiG bestand im Anwendungsbereich des November-Urteils die Pflicht des Geschäftsführers, zu prüfen, ob die Darlehensvergabe eine Unterbilanz auslöste oder verstärkte. Die Prüfung erforderte vom Geschäftsführer eine formelle Zwischenbilanzierung in Form einer Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva der Gesellschaft.685 Hierfür waren die allgemeinen
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Siehe § 7 III.2.a)bb). Vgl. für die vergleichbare Rechtslage nach dem MoMiG, Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 83; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 8. 685
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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handelsbilanziellen Grundsätze nach den §§ 242 ff. HGB maßgeblich.686 Den Geschäftsführer trafen hierbei die gleichen Haftungsrisiken wie bei der Aufstellung des handelbilanziellen Jahresabschlusses.687 Risiken konnten dabei insbesondere bei der Zugangs- und Folgebewertung von Vermögensgegenständen entstehen, da ihnen Prognose- und Bewertungselemente innewohnen, die erfahrungsgemäß Angriffsflächen für Haftungsprozesse bieten. Nach dem MoMiG hat der Geschäftsführer hingegen die wirksame Begründung des Vertragskonzerns zu prüfen. Hierbei treffen ihn vornehmlich Haftungsrisiken, die aus den Rechtsunsicherheiten über den Umfang der entsprechenden Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Vorschriften auf den GmbH-Vertragskonzern hervorgehen. Aufgrund der entsprechenden Anwendung der Rechtsfigur der fehlerhaften Gesellschaft wird im Falle eines fehlerhaften Unternehmensvertrags dessen Wirksamkeit für die Vergangenheit fingiert. Hiervon profitiert auch der Geschäftsführer, da sein Handeln diesbezüglich ebenfalls als pflichtgemäß anzusehen ist. Dies schließt Haftungsrisiken des Geschäftsführers insoweit aus. Für zukünftige Leistungsgewährungen muss der Mangel entweder geheilt werden oder der Unternehmensvertrag beendet werden. Im ersten Fall sorgt die Heilung für die wirksame Begründung des Vertragskonzerns, so dass auch die Prüfung des Geschäftsführers insoweit pflichtgemäß ist und Haftungsrisiken ausgeschlossen sind. Im zweiten Fall treffen den Geschäftsführer die Haftungsrisiken, die sich aus der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung im faktischen Konzern ergeben. Der Vergleich zeigt, dass sich durch das MoMiG der Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken für den Geschäftsführer im Vertragskonzern im Anwendungsbereich des November-Urteils des BGH bei aufsteigenden Darlehen komplett verändert haben. Die Prüfung der Unterbilanz und die Prüfung der wirksamen Begründung eines Vertragskonzerns stellen völlig unterschiedliche Anforderungen an den Geschäftsführer und auch die Haftungsrisiken entspringen unterschiedlichen Quellen. Vor dem MoMiG musste der Geschäftsführer prüfen, ob die Darlehensvergabe eine Unterbilanz auslöste oder verstärkte. Hierfür musste er eine Zwischenbilanz aufstellen. Dies erfolgte nach allgemeinen handelsbilanziellen Grundsätzen nach den §§ 242 ff. HGB, die vielfach Prognoseelemente beinhalten, die Angriffsflächen für Haftungsprozesse bieten und somit Haftungsrisiken begründeten. Nach dem MoMiG muss der Geschäftsführer hingegen die wirksame Gründung des Vertragskonzerns prüfen, bei der er mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert ist. Die kapitalerhaltungrechtlichen Haftungsrisiken werden jedoch durch die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft erheblich reduziert. Wird nach der Invollzugsetzung des Unternehmensvertrags festgestellt, dass dieser den konzern686
Vgl. für die vergleichbare Rechtslage nach dem MoMiG, Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 13; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 11. 687 Die Verpflichtung des Geschäftsführers ergibt sich aus § 41 GmbHG und § 42 GmbHG erklärt hierfür die handelsbilanziellen Regelungen für anwendbar und normiert zugleich Sonderregelungen für einzelne Bilanzposten.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
rechtlichen Anforderungen nicht genügt und somit fehlerhaft ist, wird die Wirksamkeit des Unternehmensvertrags für die Vergangenheit fingiert. Dies lässt auch die Prüfung des Geschäftsführers insoweit pflichtgemäß erscheinen, so dass diesen keine Haftungsrisiken treffen. Zukünftige Darlehensauskehrungen darf der Geschäftsführer nur vornehmen, wenn der Fehler geheilt wird. Dies zu prüfen dürfte keine Schwierigkeit darstellen, da der Fehler ja zuvor konkret festgestellt wurde, so dass für den Geschäftsführer auch klar ist, was für eine Heilung erforderlich ist. Sofern keine Heilung eintritt, hat der Geschäftsführer die Auszahlung an § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu messen. Insgesamt lassen sich somit Tendenzen erkennen, dass die Neuregelungen des MoMiG eine Verringerung der Haftungsrisiken für den Geschäftsführer gebracht haben. Es muss jedoch festgehalten werden, dass dies kein Verdienst der gesetzlichen Regelungen ist. Der Gesetzgeber wusste um die Streitigkeiten um die Voraussetzungen der Gründung eines Vertragskonzerns. Er hat es dennoch unterlassen sich diesen Problemen anzunehmen. Die Verringerung der Haftungsrisiken ist vielmehr die Folge der entsprechenden Anwendung von Grundsätzen, die von der Rechtsprechung entwickelt worden sind. Die Verringerung fußt also auf der analogen Anwendung von Richterrecht! Dies stellt kein sicheres gesetzliches Fundament für die Geschäftsführer dar, so dass deutliche Kritik an der gesetzgeberischen Leistung geübt werden muss. b) Verringerung der Haftungsrisiken außerhalb des Anwendungsbereichs des November-Urteils Außerhalb des Anwendungsbereichs des November-Urteils, also dann, wenn die Darlehensgewährung auf einer (rechtmäßigen) Weisung der Konzernmutter beruht, hatte der Geschäftsführer bis zum MoMiG für die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung zu prüfen, ob ein wirksamer Vertragskonzern vorlag, die Leistung auf einer Weisung beruhte und der Verlustausgleichsanspruch gegen die Konzernmutter vollwertig war. Insbesondere die Prüfung des Verlustausgleichsanspruchs offenbarte dabei aufgrund des ihr immanenten Prognoseelements erhebliche Haftungsrisiken für den Geschäftsführer. Im Gegensatz zur vorherigen Regelung des § 291 Abs. 3 AktG a.F. hat die Rechtmäßigkeit der Weisung keine (haftungsrechtliche) Relevanz mehr. Bei einem Gewinnabführungsvertrag beschränkt sich das Konzernprivileg nicht mehr auf die jährliche Gewinnabführung an die Konzernmutter, sondern erfasst nun auch unterjährige Auszahlungen an die Konzernmutter. Dies entlastet den Geschäftsführer, da sein Prüfungsumfang und somit sein Pflichtenspektrum minimiert wird. Dies senkt zugleich auch die Haftungsrisiken für den Geschäftsführer der darlehensgebenden abhängigen Gesellschaft im Vertragskonzern. Nach der hier vertretenen Ansicht ist die Voraussetzung der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs für das Konzernprivileg mit dem MoMiG weggefallen.
§ 7 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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Mangels höchstrichterlicher Klärung und anderweitiger Ansichten in der Literatur sieht sich der Geschäftsführer jedoch mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Um einem Pflichtwidrigkeitsvorwurf vorzubeugen, hat dieser die Handlungsmöglichkeiten sorgfältig abzuwägen, wobei die besseren Argumente gegen das Vollwertigkeitserfordernis sprechen. Mit dem Wegfall des Vollwertigkeitserfordernisses des Verlustausgleichsanspruchs nach § 302 AktG (analog) muss der Geschäftsführer keine wertende Prognoseentscheidung wie bei der Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG treffen, so dass die hiermit einhergehenden Haftungsrisiken wegfallen. Der Wegfall der Differenzierung zwischen Leistungen, die aufgrund eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags erfolgen und anderen Leistungen sowie die Streichung der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Weisung, beschränken die Prüfungspflicht des Geschäftsführers darauf, ob die Leistung bei Vorliegen eines Vertragskonzerns erfolgt. Die Minimierung des Prüfungsumfangs führt ebenfalls zu einer enormen Verringerung der Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Die Prüfungspflicht des Geschäftsführers beschränkt sich somit auf die Wirksamkeit der Begründung und den Fortbestand des Vertragskonzerns. Hierbei treffen den Geschäftsführer insbesondere die Haftungsrisiken, die aus der Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umfangs der Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Vorschriften auf den GmbH-Konzern erwachsen. Der Geschäftsführer profitiert jedoch von der entsprechenden Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, so dass sich seine Haftungsrisiken insoweit erheblich reduzieren. Es ist jedoch festzuhalten, dass die Voraussetzungen der wirksamen Begründung eines Vertragskonzerns bereits vor dem MoMiG umstritten waren, so dass das MoMiG keine Klärung gebracht hat. Dies ist für den Geschäftsführer besonders ärgerlich, da die haftungsrechtliche „Privilegierung“ auf der entsprechenden Anwendung von Richterrecht beruht. Diesbezüglich ist die bereits geäußerte Kritik am Gesetzgeber zu wiederholen. Vergleicht man die Anforderungen an die Geschäftsführer hinsichtlich der Prüfung des Konzernprivilegs und die daraus resultierenden Haftungsrisiken bei Weisungen durch die Konzernmutter vor und nach MoMiG, ist festzuhalten, dass die Neuregelung die Anforderungen an die Prüfung erheblich gesenkt sowie die Haftungsrisiken des Geschäftsführers gegenüber der Rechtslage vor dem NovemberUrteil insgesamt verringert hat. Es ist jedoch unverständlich, warum sich der Gesetzgeber den zahlreichen bekannten Problemen und Streitigkeiten nicht angenommen hat. Gerade das Schweigen hinsichtlich des Vollwertigkeitserfordernisses erfordert von den Geschäftsführern eine haftungsrechtliche Absicherung im Wege einer umfassenden Abwägung, die zeitliche und mitunter auch erhebliche finanzielle Ressourcen aufbraucht. Die Folgen dieser Regelungsverweigerung des Gesetzgebers tragen somit zuvorderst die Geschäftsführer. Die Absicherung hält den Geschäftsführer jedoch auch von seinen unternehmerischen Tätigkeiten ab, was negative Auswirkungen auf die Wertschöpfung der Gesellschaft und des Konzerns haben
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
kann. Darüber hinaus belasten eventuelle Kosten der Absicherung die Gesellschaft beziehungsweise den Gesamtkonzern. Letztlich sind somit auch die Anstellungsgesellschaft und der Gesamtkonzern die Leidtragenden der gesetzgeberischen Untätigkeit. c) Haftungsverschärfung für Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs Das MoMiG hat die Haftungsrisiken des Geschäftsführers spürbar verschärft. Hiernach muss der Geschäftsführer im Einzelfall prüfen, ob die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs eine Umgehung des Stundungsverbots darstellt oder als eine, von dem Verlustausgleich losgelöste Konzerninnanfinanzierungsmaßnahme erscheint. Lediglich im zweiten Fall darf der Geschäftsführer den Verlustausgleich darlehensweise zurückgewähren. Für die Differenzierung hat der Geschäftsführer die Anwendungsbereiche der Privilegierungen des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG heranzuziehen. Solange die Darlehensgewährung nicht auch in den Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG fällt, der Darlehensrückgewähranspruch also nicht vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist, basiert die Legitimierung der Leistung ausschließlich auf dem Konzernprivileg des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG. Hierdurch weist sie einen unmittelbaren Bezug zur vertraglichen Konzernierung auf, was eine unmittelbare Verknüpfung zum Verlustausgleich bewirkt. Die Darlehensvergabe wirkt somit wie eine Verschiebung der Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs auf einen späteren Zeitpunkt. In diesem Fall erscheint die Darlehensvergabe aufgrund des direkten Zusammenhangs mit der vertraglichen Konzernierung und dessen direkter Anknüpfung an den Verlustausgleich als unzulässige Umgehung des Stundungsverbots. Bei Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs besteht hingegen kein direkter Bezug von Verlustausgleich und Darlehensvergabe. Fußt die Leistungsprivilegierung (auch) auf § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG, ist die konzerninterne Darlehensvergabe unabhängig vom Konzernierungsgrad kapitalerhaltungsrechtlich zulässig, so dass sich die darlehensweise Auskehr des Verlustausgleichs nicht von der Vergabe anderer konzerninterner Darlehen unterscheidet und einen (primären) Zusammenhang von Verlustausgleich und Darlehensvergabe ausschließt. Bei der Differenzierung hat der Geschäftsführer daher insbesondere zu prüfen, ob die Darlehensgewährung auch in den Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG fällt. Dies erfordert im Wesentlichen die Prüfung der Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Hierbei treffen den Geschäftsführer die Risiken, die aus der Vollwertigkeitsprüfung erwachsen, insbesondere die Unsicherheiten aufgrund des immanenten Prognoseelements. Entspricht die Leistung dem Vollwertigkeitserfordernis nicht, haftet der Geschäftsführer außerhalb von Weisungen wie der Geschäftsführer im faktischen Konzern, während er bei einer Weisung der Konzernmutter hingegen nach § 310 AktG (analog) haftet.
§ 8 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH
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Vergleicht man die hier vertretene Ansicht mit der Rechtslage vor dem MoMiG, ist festzuhalten, dass die Novelle den Pflichtenkreis des Geschäftsführers deutlich erweitert hat. Dieser hat die Darlehensvergabe hinsichtlich ihrer Wirkung im Einzelfall zu beurteilen. Hierzu hat er insbesondere die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs zu bestimmen. Hierbei treffen ihn erhöhte Haftungsrisiken, da er die aus dem Prognoseelement der Vollwertigkeitsprüfung erwachsenen Risiken tragen muss. Das MoMiG hat die Haftungsrisiken des Geschäftsführers für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs mit der hier vertretenen Ansicht somit erheblich verschärft.
§ 8 Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH I. Rechtslage vor dem MoMiG 1. Rechtslage im faktischen Konzern Im faktischen Konzern ging die herrschende Ansicht in der Literatur davon aus, dass im Rahmen der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von aufsteigenden Darlehen die bilanzielle Betrachtungsweise maßgeblich war. Die Höhe des bilanziellen Ansatzes richtet sich dabei nach der voraussichtlichen Realisierbarkeit der Forderung. Erschien die Rückgewährforderung vollständig realisierbar, lag lediglich ein bilanzneutraler Aktivtausch vor, der kapitalerhaltungsrechtlich zulässig war. Im Laufe der Zeit stellte ein großer Teil der Literatur neben dem Erfordernis der Werthaltigkeit jedoch weitere Anforderungen an die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit. Diese basierten dabei auf dem Prinzip des Drittvergleichs, wonach die Darlehensvergabe zu verkehrsüblichen Konditionen zu erfolgen hatte, um kapitalerhaltungsrechtlich unbedenklich zu sein. Der BGH schloss sich in seinem November-Urteil der Minderansicht in der Literatur an und lehnte die bilanzielle Betrachtungsweise ab. Über die Garantie einer bilanziellen Rechnungsziffer hinaus sei es kapitalerhaltungsrechtlich erforderlich eine, die Gesellschaftsschulden (jederzeit) deckende reale Haftungsmasse zu erhalten. Daher sei der darlehensweise Abfluss von Liquidität kapitalerhaltungsrechtlich unzulässig, da aufgrund der hinausgeschobenen Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs eine ausreichende Mittelausstattung verhindert werde.688
688
Siehe hierzu § 6 I ff.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
2. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern Für die Haftungsrisiken des Geschäftsführers hatte das November-Urteil erhebliche Erleichterungen gebracht. Es entfiel fortan die Prüfung der bilanziellen Werthaltigkeit und auch die Unsicherheiten über den genauen Umfang des Drittvergleichs trafen den Geschäftsführer nicht mehr. Stattdessen beschränkte sich die Prüfungspflicht der Geschäftsführer lediglich auf die Feststellung, ob die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Unterbilanz führte oder im Zeitpunkt einer Unterbilanz erfolgte.689 3. Rechtslage im Vertragskonzern Nach herrschender Ansicht und der Rechtsprechung des BGH war die Kapitalbindung im Vertragskonzern grundsätzlich suspendiert. Für aufsteigende Darlehen, die auf Weisungen der Konzernmutter beruhten, galten stattdessen die vertragskonzernrechtlichen Schutzregelungen des Aktienrechts entsprechend. Hierzu zählte vor allem der Verlustausgleichsanspruch nach § 302 Abs. 1 AktG (analog). Die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung des Vertragskonzerns erforderte, dass ein Vertragskonzern wirksam begründet worden war und die Leistung auf einer (rechtmäßigen) Weisung beruhte. Dies hatte der Geschäftsführer zu prüfen. Die genauen Voraussetzungen für die wirksame Gründung eines Vertragskonzerns waren in der Literatur jedoch umstritten und waren auch nie Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung.690 Darüber hinaus war in der Literatur umstritten, ob die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung im Vertragskonzern die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erforderte. Die herrschende Ansicht sprach sich für das Vollwertigkeitserfordernis aus. Auch bezüglich des Vollwertigkeitserfordernisses lag keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor.691 Nach ganz herrschender Ansicht galt für den Sonderfall des Verlustausgleichs ein absolutes Verbot, diesen darlehensweise an die Konzernmutter zurück zu gewähren. Dieses Verbot galt sowohl für den Fall, dass die Darlehensgewähr auf einer Weisung der Konzernmutter beruhte, als auch für den Fall, dass der Geschäftsführer die Auszahlung unabhängig von einer Weisung veranlasste.692
689 690 691 692
Siehe § 6 I.4. ff. Siehe § 6 II.1. ff. Siehe § 6 II.1.b)bb) ff. Siehe § 6 II.1.b)cc).
§ 8 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH
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4. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern Der Geschäftsführer hatte die Voraussetzungen der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung zu prüfen. Dabei sah er sich hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gründung eines Vertragskonzerns und hinsichtlich des Vollwertigkeitserfordernisses mit umstrittenen Rechtslagen konfrontiert, aus denen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer erwuchsen. Hinsichtlich der Anforderungen an die Vertragskonzerngründung kam dem Geschäftsführer allerdings die entsprechende Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zugute. Für in der Vergangenheit liegende Darlehensauszahlungen profitierte der Geschäftsführer von der Wirksamkeitsfiktion des fehlerhaften Unternehmensvertrags, da seine Prüfung insoweit ebenfalls als pflichtgemäß anzusehen war. Zukünftige Auszahlungen durfte der Geschäftsführer nach erfolgter Heilung des Mangels durchführen. Die Haftungsrisiken hinsichtlich der Prüfung einer wirksamen Vertragskonzerngründung waren insoweit gering. Um sich hinsichtlich des Vollwertigkeitserfordernisses haftungsrechtlich abzusichern und einen Pflichtwidrigkeitsvorwurf auszuschließen, war es für den Geschäftsführer erforderlich, die umstrittene Rechtslage zu prüfen und die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Zugunsten des Vollwertigkeitserfordernisses sprach dabei, dass durch die Einbringlichkeitsprüfung des Verlustausgleichsanspruchs ein höheres Schutzlevel zugunsten der abhängigen Gesellschaft generiert wird. Das Erfordernis des erhöhten Schutzes der abhängigen Gesellschaft ließ sich dabei daraus herleiten, dass die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung auf einer (lediglich) analogen Anwendung des § 291 Abs. 3 AktG a.F. beruhte. Aufgrund einer fehlenden Regelung im GmbHRecht ließ sich nämlich argumentieren, dass der Anwendungsbereich für die Analogie nur so lange eröffnet sei, wie diese ein vergleichbares Schutzlevel mit dem des § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. gewährleiste, was nur der Fall war, so lange der Verlustausgleichsanspruch vollwertig war. Der Geschäftsführer hatte somit die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs zu prüfen. Nur wenn die Voraussetzungen erfüllt waren, war die Kapitalbindung des § 30 GmbHG a.F. suspendiert und die Darlehensgewährung der Tochter an die Mutter zulässig. Dies galt auch dann, wenn die Darlehensgewähr das Stammkapital angriff oder die Darlehensgewähr bei Unterbilanz erfolgte. In diesem Fall musste der Geschäftsführer entsprechenden Weisungen der Mutter nachkommen. Lag jedoch die Vollwertigkeit nicht vor, „lebte“ die Kapitalbindung nach § 30 GmbHG a.F. wieder auf. Der Geschäftsführer musste die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit hieran prüfen. Bei dieser Prüfung musste der Geschäftsführer auch die Anforderungen beachten, die das November-Urteil des BGH an die kapitalerhaltungsrechtlich zulässige Darlehensgewähr stellte, so dass dieser hierbei ebenfalls von den Erleichterungen der Rechtsprechungsänderung durch die Abkehr von der bilanziellen Betrachtungsweise profitierte. Dies erforderte, dass durch die Darlehensvergabe das Stammkapital nicht angegriffen oder eine bereits bestehende
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Unterbilanz nicht vertieft wurde. Im Falle der Kapitalerhaltungsrechtswidrigkeit durfte die Konzernmutter den Geschäftsführer nicht zur Darlehensgewähr anweisen, so dass dieser einer entsprechenden (rechtswidrigen) Weisung widersprechen musste. Führte der Geschäftsführer die Weisung dennoch aus, verletzte er seine Pflichten und haftete analog § 310 Abs. 1 AktG.693 Das November-Urteil gewann darüber hinaus auch für die Haftung des Geschäftsführers im Vertragskonzern außerhalb von Weisungen an Bedeutung. Hier blieb die Kapitalbindung des § 30 GmbHG a.F. bestehen. Für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit waren somit die Anforderungen des § 30 GmbHG a.F. maßgeblich. Hierfür waren insbesondere die Erfordernisse des November-Urteils zu beachten. Außerhalb von Weisungen richteten sich die Pflichten und Haftungsrisiken des Geschäftsführers nach § 43 GmbHG. Der Geschäftsführer haftete nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG, wenn die Darlehensgewährung an die Mutter kapitalerhaltungsrechtswidrig war. Im Fall der Darlehensgewähr außerhalb von Weisungen deckten sich somit die Haftungsrisiken des Geschäftsführers des Vertragskonzerns mit denen des faktischen Konzerns, so dass ersterer ebenfalls von den Erleichterungen der Rechtsprechungsänderung profitierte.694 Für den Sonderfall des Verlustausgleichs hatte der Geschäftsführer das Verbot zu beachten, diesen darlehensweise an die Konzernmutter zurück zu gewähren. Dieses Verbot galt sowohl bei einer Weisung der Konzernmutter als auch außerhalb von Weisungen, so dass der Geschäftsführer ausnahmslos haftete, wenn er den erhaltenen Verlustausgleich darlehensweise an die Konzernmutter zurückgewährte. Im Rahmen von Weisungen haftete er dabei nach § 310 Abs. 1 AktG (analog). Außerhalb von Weisungen haftete er nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Verstieß die Rückgewähr zugleich gegen die außerhalb von Weisungen (wieder) auflebende Kapitalbindung, haftete der Geschäftsführer darüber hinaus auch nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG.695
II. Die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Vollwertigkeitsprüfung nach dem MoMiG gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG Für die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG hat der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft zu prüfen, ob sich die gegenseitigen Leistungen decken und der Darlehensrückgewähranspruch gegen die Konzernmutter vollwertig ist.
693 Siehe zur Geschäftsführerhaftung bei Vorliegen einer (rechtswidrigen) Weisung auch § 3 III.2.c)aa). 694 Siehe § 6 II.2. am Anfang. 695 Siehe § 6 II.2. am Ende.
§ 8 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH
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1. Das Deckungsgebot Im Rahmen konzerninterner Darlehen müssen sich lediglich die Darlehensvaluta und der Darlehensrückgewähranspruch wertmäßig decken. Der Geschäftsführer muss dabei prüfen, ob sich die Leistungen nicht nur mit ihren Buchwerten entsprechen, sondern sich die Leistungen auch hinsichtlich ihrer (gegebenenfalls höheren) Verkehrswerte decken. Die Verzinsung spielt hierbei keine Rolle. Der Gesetzgeber unterscheidet für das Deckungsgebot zwischen dem Gegenleistungsanspruch bei synallagmatischen Austauschverträgen und dem Rückerstattungsanspruch bei einer Auszahlung mit Kreditcharakter. Unter letztere Kategorie fallen konzerninterne Darlehen, so dass nur die Darlehensvaluta und der Darlehensrückgewähranspruch in den Anwendungsbereich des Deckungsgebots fallen. Die Verzinsung stellt hingegen nur eine Kapitalnutzungsvergütung dar und ist daher nicht zu berücksichtigen.696 Da eine Ansicht in der Literatur jedoch auch die Verzinsung in das Deckungsgebot mit einziehen will und eine höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht ersichtlich ist, hat der Geschäftsführer die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten sorgfältig gegeneinander abzuwägen um einen Pflichtwidrigkeitswurf von vornherein auszuschließen. Die besseren Argumente sprechen dabei dafür, die Verzinsung nicht in das Deckungsgebot miteinzubeziehen, so dass sich der Geschäftsführer auf die Prüfung beschränken kann, ob sich die Darlehensvaluta und der Darlehensrückgewähranspruch wertmäßig decken.697 2. Die Vollwertigkeitsprüfung Im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung hat der Geschäftsführer zu prüfen, ob der Dalehensrückgewähranspruch vollwertig, mithin realisierbar, erscheint. Die Prüfung hat anhand der handelsrechtlichen Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen am Beurteilungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zu erfolgen. Bestehen hiernach keine konkreten Zweifel an der Realisierbarkeit des Darlehensrückgewähranspruchs, ist dieser vollwertig. Diese Bewertung enthält jedoch ein Prognoseelement und lässt gewisse Spielräume, welche als Angriffsfläche für Haftungsprozesse genutzt werden können und daher gewisse Haftungsrisiken für den Geschäftsführer offenbaren.698 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Vollwertigkeitsprüfung ist der Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts. Dies ist durch den BGH jüngst ausdrücklich entschieden worden,699 so dass dies für den Geschäftsführer maßgeblich ist. Die Ansicht in der 696 697 698 699
Siehe § 7 III.1.a) ff. Siehe § 7 III.1.a)dd) ff. Siehe § 7 III.1.b)aa) ff. BGH, Urt. v. 21. 3. 2017 – II ZR 93/16, GmbHR 2017, 643.
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Literatur, die das Verpflichtungsgeschäft als maßgeblichen Zeitpunkt erachtet, muss der Geschäftsführer nicht beachten. Im Übrigen sprechen bei einer Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten auch die besseren Argumente für die Maßgeblichkeit des Erfüllungsgeschäfts.700 Bei lediglich teilweiser Vollwertigkeit ist der vollwertige Anteil (abgeschriebener Wert) der Forderung zu bestimmen und zu prüfen, ob dieser zur Deckung des Stammkapitals ausreicht. Da eine Ansicht jedoch das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ für anwendbar hält und eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vorliegt, hat der der Geschäftsführer eine Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten vorzunehmen. Die besseren Argumente sprechen dabei für die Maßgeblichkeit des abgeschriebenen Wertes, so dass sich der Geschäftsführer nicht darauf beschränken kann lediglich zwischen vollwertig und nicht vollwertig zu unterscheiden. Kommt er zu dem Ergebnis, dass der Anspruch nicht (vollumfänglich) vollwertig ist, muss dieser zusätzlich bestimmen, bis zu welcher Höhe der Anspruch vollwertig ist. Anschließend muss er unter Zugrundelegung des abgeschriebenen Wertes prüfen, ob der verbleibende vollwertige Teil der Forderung zur Stammkapitaldeckung ausreicht oder nicht.701 Das Prinzip des Drittvergleichs ist für die Vollwertigkeitsprüfung hingegen nicht maßgeblich. Dieses gilt lediglich bei § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG, von dessen kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen die Darlehensvergabe bei Vollwertigkeit jedoch gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG privilegiert wird. Da eine Ansicht in der Literatur jedoch das Prinzip des Drittvergleichs auch im Rahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG anwenden will und noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu vorliegt, hat der Geschäftsführer eine Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten vorzunehmen. Die besseren Argumente sprechen dabei gegen die Maßgeblichkeit des Drittvergleichs, so dass der Geschäftsführer hinsichtlich der Verzinsung, der Besicherung und der Darlehensausgabe während einer Unterbilanz allein die Auswirkungen auf die Realisierbarkeit der Darlehensrückgewährforderung nach handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen zu prüfen hat.702 Die Vollwertigkeit erfordert daher keine Verzinsung. Diese wirkt sich aufgrund der zusätzlichen wirtschaftlichen Belastung für den Darlehensschuldner negativ auf die Realisierbarkeit und somit negativ auf die Vollwertigkeit der Rückgewährforderung aus. Der Geschäftsführer ist daher nicht verpflichtet auf eine Verzinsung hinzuwirken, sondern hat lediglich eine tatsächlich vereinbarte Verzinsung als möglichen negativen Faktor bei der Realisierbarkeit zu berücksichtigen.703
700 701 702 703
Siehe § 7 III.1.b)bb) ff. Siehe § 7 III.1.b)cc) ff. Siehe § 7 III.1.b)dd) ff. Siehe § 7 III.1.b)ee)(1) ff.
§ 8 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH
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Eine Besicherung der Darlehensrückgewährforderung erhöht ihre Realsierbarkeit. Dies hat der Geschäftsführer als positiven Faktor zu berücksichtigen. Erscheint die Realisierbarkeit jedoch auch ohne Besicherung gegeben, ist eine zusätzliche Absicherung durch eine Besicherung nicht erforderlich.704 Besteht im Zeitpunkt der Darlehensvergabe bereits eine Unterbilanz der Gesellschaft, ändert dies an der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensvergabe nichts, solange der Rückgewähranspruch vollumfänglich realisierbar erscheint. Bei lediglich teilweiser Realisierbarkeit würde sich die Unterbilanz allerdings vertiefen, so dass in diesem Fall die Vollwertigkeit (hinsichtlich des nicht vollwertigen Teils der Forderung) zu verneinen ist.705 Bei negativen Entwicklungen der Werthaltigkeit der Darlehensrückgewährforderung ist für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit zwischen der Darlehensvalutierung und zeitlich nachgelagerten (neuen) Auszahlungen zu differenzieren. Erschien die Rückgefährforderung im Zeitpunkt der Darlehensvalutierung vollwertig, ändern nachträgliche negative Entwicklungen hieran nichts. Kommt es jedoch nach der Auskehr der Darlehensvaluta zu einem Stehenlassen oder einer Verlängerung des Darlehens, stellt dies eine (neue) Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 GmbHG dar. Diese muss der Geschäftsführer wiederum auf ihre kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit anhand der Vollwertigkeitsprüfung überprüfen.706
III. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG Die Beschränkung der Deckungsprüfung auf die Wertäquivalenz von Darlehensvaluta und Rückgewähranspruch, ohne Berücksichtigung der Verzinsung, verringert den Pflichtenkreis des Geschäftsführers und seine hieraus erwachsenen Haftungsrisiken. Der Geschäftsführer kann sich auf die Prüfung beschränken, ob der Erfüllungswert der Darlehensrückgewährforderung mindestens die Höhe der Auszahlung erreicht. Die Verzinsung des Darlehens muss der Geschäftsführer hingegen nicht berücksichtigen, was seine Haftungsrisiken entscheidend verringert. Ihn trifft nicht die komplizierte und haftungsanfällige Pflicht, einen Zinssatz als Vergleichswert zu bestimmen, der bei einem hypothetischen vergleichbaren Darlehen mit einem (konzernfremden) Dritten zustande gekommen wäre, so dass ihm hieraus keine Haftungsrisiken (mehr) erwachsen.707
704 705 706 707
Siehe § 7 III.1.b)ee)(2) ff. Siehe § 7 III.1.b)ee)(3) ff. Siehe § 7 III.1.b)ff) ff. Siehe § 7 III.1.a)dd)(e).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
Neben dem Deckungsgebot hat der Geschäftsführer auch die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs zu prüfen. Die Bewertung des Rückgewähranspruchs erfolgt anhand der handelsbilanziellen Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen nach § 253 HGB. Hierbei gilt auch nach dem MoMiG der Maßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung. Dem Geschäftsführer steht hierbei ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Dieser bietet naturgemäß Angriffsflächen für Haftungsprozesse gegen den Geschäftsführer und begründet daher Haftungsrisiken.708 Der maßgebliche Prüfungszeitpunkt des tatsächlichen Leistungsaustausches bedeutet für den Geschäftsführer praktische Erleichterungen. Er kann zunächst vertragliche Verpflichtungen eingehen und abwarten, wie sich die finanzielle Situation des Vertragspartners (Konzernmutter) anschließend entwickelt, ohne dass ihm hieraus bereits Haftungsrisiken erwachsen. Im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts kann der Geschäftsführer im Falle der Vollwertigkeit das Geschäft vertragsgemäß abwickeln. Bei negativer Realisierbarkeit hat er die Darlehensgewähr zu verweigern. Dies bietet dem Geschäftsführer gewisse Spielräume hinsichtlich der vertraglichen Verpflichtung und darüber hinaus bleibt auch die Möglichkeit bestehen, das Erfüllungsgeschäft zu einem späteren Zeitpunkt zu vollziehen, wenn sich die finanzielle Lage der Konzernmutter wieder stablisiert hat und der Geschäftsführer bei der Vollwertigkeitsprüfung zu einem positiven Ergebnis gelangt.709 Bei teilweiser Vollwertigkeit hat der Geschäftsführer den vollwertigen Anteil (abgeschriebener Wert) der Forderung zu bestimmen und zu prüfen, ob dieser zur Deckung des Stammkapitals ausreicht. Hieraus erwachsen dem Geschäftsführer erhebliche Haftungsrisiken. Das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ gilt nicht, so dass sich der Geschäftsführer bei seiner Prüfung nicht darauf beschränken kann, lediglich zwischen vollwertig und nicht vollwertig zu unterscheiden. Vielmehr muss er bei nicht vollumfänglicher Realisierbarkeit den werthaltigen Teil der Forderung bestimmen und anhand dessen die Stammkapitaldeckung prüfen. Die genaue Bewertung beziehungsweise die konkrete Bezifferung des Wertverlustes enthält wertende Elemente, bei denen dem Geschäftsführer zwangsläufig gewisse Spielräume zukommen. Diese bieten leicht Angriffsflächen gegen das Ergebnis der Vollwertigkeitsprüfung des Geschäftsführers, so dass diesem hieraus Haftungsrisiken erwachsen.710 Da der Drittvergleich für die Vollwertigkeitsprüfung nicht (mehr) relevant ist, kann sich der Geschäftsführer auf die Prüfung der Realisierbarkeit der Rückgewährforderung beschränken und muss die einzelnen Vertragsbedingungen nicht anhand eines vergleichbaren hypothetischen Rechtsgeschäfts mit Dritten at arms length bestimmen.711 Es entfällt daher die Pflicht, eine marktangemessene Verzin708 709 710 711
Siehe § 7 III.1.b)aa)(3). Siehe § 7 III.1.b)bb)(3)(e). Siehe § 7 III.1.b)cc)(3)(e). Siehe § 7 III.1.b)dd)(2)(e).
§ 8 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH
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sung und Besicherung zu bestimmen. Hypothetische Annahmen beinhalten natürlicherweise Spielräume und somit Angriffsflächen bei Haftungsprozessen gegen den Geschäftsführer. Ihr Wegfall minimiert die Haftungsrisiken des Geschäftsführers deutlich.712 Alleiniger Prüfungsmaßstab ist vielmehr die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung. Erscheint diese auch ohne Besicherung gegeben, kann der Geschäftsführer auf eine Besicherung der Forderung verzichten.713 Aufgrund der alleinigen Maßgeblichkeit der Realisierbarkeit spielt auch die finanzielle Verfassung der abhängigen Gesellschaft keine Rolle, solange die Rückgewährforderung vollständig vollwertig erscheint. In diesem Fall ist die Darlehensgewähr auch bei einer Unterbilanz der Gesellschaft zulässig und dem Geschäftsführer erwachsen hieraus keine Haftungsrisiken. Bei teilweiser Vollwertigkeit führt die Auszahlung hingegen zu einer Vertiefung der Unterbilanz in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert des Rückgewähranspruchs und dessen niedrigeren abgeschriebenen Wertes, so dass die Vollwertigkeit zu verneinen ist. Der Geschäftsführer hat die Auszahlung zumindest hinsichtlich des nicht vollwertigen Teils der Rückgewährforderung zu verneinen.714 Da nachträgliche negative Veränderungen der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs keine Auswirkungen auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der (ursprünglichen) Darlehensgewährung haben, treffen den Geschäftsführer hieraus auch keine Haftungsrisiken, wenn die Vollwertigkeitsprüfung des Geschäftsführers im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts pflichtgemäß erfolgte.715 Das Stehenlassen und die Verlängerung des Darlehens stellen jedoch (neue) Auszahlungen im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG dar, die der Geschäftsführer wiederum auf ihre kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit prüfen muss. Der Geschäftsführer muss daher im Zeitpunkt des Verstreichenlassens der Kündigungsmöglichkeit beziehungsweise der Darlehensverlängerung prüfen, ob der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist. Hierbei treffen ihn die gleichen Haftungsrisiken wie bei einer erstmaligen Darlehensgewährung.716
IV. Die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an das Konzernprivileg nach dem MoMiG gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG Hinsichtlich des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer zu prüfen, ob ein Vertragskonzern wirksam begründet worden ist und im Zeitpunkt der Darlehensgewähr noch fortbesteht. Beim Sonderfall der dar712 713 714 715 716
Siehe § 7 III.1.b)ee)(1)(d)(dd). Siehe § 7 III.1.b)ee)(2)(c)(dd). Siehe § 7 III.1.b)ee)(3)(b). Siehe § 7 III.1.b)ff)(1)(b). Siehe § 7 III.1.b)ff)(2)(b) und § 7 III.1.b)ff)(2)(d).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
lehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs hat der Geschäftsführer zu prüfen, ob die Darlehensgewähr gerade auf der vertraglichen Konzernierung beruht oder sich als hiervon unabhängige Konzerninnenfinanzierungsmaßnahme darstellt. Hierfür hat er zu prüfen, ob der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist. 1. Die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG Die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG erfordert das Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags nach § 291 AktG (analog) und dass die Leistungen während ihrer Vertragslaufzeit erfolgen. Beide Voraussetzungen sind von dem Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft zu prüfen. Die Voraussetzungen für die wirksame Gründung eines GmbHVertragskonzerns sind umstritten. Bei einem in Vollzug gesetzten Unternehmensvertrag wird dessen Wirksamkeit bei einem Mangel nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft rückwirkend fingiert. Die rückwirkende Wirksamkeitsfiktion umfasst auch das zurückliegende Handeln des Geschäftsführers, so dass dieses für in der Vergangenheit liegende Leistungen insoweit als pflichtgemäß anzusehen ist. Den Geschäftsführer treffen insoweit keine Haftungsrisiken. Für ausstehende Darlehen ist jedoch eine Heilung des Mangels erforderlich. Andernfalls muss der Unternehmensvertrag beendet werden. Im letzten Fall liegt (wieder) eine faktische Konzernierung vor, so dass sich die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit, der Pflichtenumfang und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers aus § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ergeben.717 Letztlich muss der Geschäftsführer noch prüfen, ob der wirksam gegründete Vertragskonzern im Zeitpunkt der Leistung noch fortbesteht, mithin ob der Vertragskonzern nicht beendet worden ist. Dies stellt nur geringe Anforderungen an den Geschäftsführer, so dass diesen hieraus auch keine wesentlichen Haftungsrisiken treffen.718 Die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs stellt keine ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung (mehr) für die Suspendierung der Kapitalbindung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG dar. Der Geschäftsführer hat jedoch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es eine gewichtige Ansicht in der Literatur gibt, die die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs fordert, indem er die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten sorgfältig gegeneinander abwägt. Hierbei sprechen die besseren Argumente gegen das Vollwertigkeitserfordernis, so dass dem Geschäftsführer zu raten ist, die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs bei der
717 718
Siehe § 7 III.2.a)aa). Siehe § 7 III.2.a)bb) am Ende.
§ 8 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensgebenden GmbH
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Prüfung des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG nicht zu berücksichtigen.719 Auch ist nicht (mehr) erforderlich, dass die Leistung auf einer Weisung der Konzernmutter beruht. Das Konzernprivileg umfasst stattdessen nunmehr alle Leistungen, unabhängig davon, ob diese auf einer Weisung der Konzernmutter beruhen oder nicht.720 2. Voraussetzungen des Sonderfalls der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs Besteht im Zeitpunkt der Darlehensgewähr ein wirksamer Vertragskonzern, fällt auch die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs in den Anwendungsbereich des Konzernprivilegs und ist grundsätzlich zulässig. Eine Ausnahme ist lediglich dann anzunehmen, wenn die Darlehensvergabe gegen das Stundungsverbot des Verlustausgleichs verstößt. Dies ist der Fall, wenn die Darlehensvergabe im Ergebnis wie ein Hinausschieben der Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs wirkt. Die Darlehensgewähr stellt dann eine Umgehung des Stundungsverbots dar und ist unzulässig.721 Für die Abgrenzung zwischen zulässiger Darlehensvergabe und verbotener Umgehung des Stundungsverbots hat der Geschäftsführer auf die Wirkung der Darlehensgewährung im Einzelfall abzustellen. Zulässig ist das Darlehen dann, wenn es in seiner Wirkung nicht (mehr) als Hinausschieben der Fälligkeit zu beurteilen ist, sondern als Ausreichung eines neuen, von dem Verlustausgleich unabhängigen Darlehens erscheint. Dies ist der Fall, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist. Andernfalls fällt die Darlehensvergabe ausschließlich in den Anwendungsbereich des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG. In diesem Fall basiert die Legitimierung der Leistung ausschließlich auf dem Abschluss eines Vertragskonzerns, der eine unmittelbare Verknüpfung mit dem Verlustausgleich aufweist, so dass hieraus abzuleiten ist, dass die Darlehensvergabe aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem Verlustausgleich erfolgte und somit eine unzulässige Umgehung des Stundungsverbots darstellt. Die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs an die Konzernmutter ist daher kapitalerhaltungsrechtlich nur zulässig, wenn der Darlehensrückgewähranspruch vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist.722 Eine Ansicht in der Literatur geht jedoch von einem absoluten Rückgewährverbot aus. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung muss der Geschäftsführer daher 719 720 721 722
Siehe § 7 III.2.a)cc) ff. Siehe § 7 III.2.a)bb) am Anfang. Siehe § 7 III.2.b)aa). Siehe § 7 III.2.b)bb).
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die umstrittene Rechtslage prüfen und die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten sorgfältig gegeneinander abwägen. Die besseren Argumente sprechen dabei für die partielle Zulässigkeit der darlehensweisen Rückgewähr bei Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs.723 Der Geschäftsführer der abhängigen Konzerngesellschaft hat vor der darlehensweisen Ausreichung des Verlustausgleichs somit die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu prüfen. Ihn trifft somit der gleiche Pflichtenkreis wie bei der Darlehensvergabe im faktischen Konzern. Der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft trägt somit die Risiken, die aus der Vollwertigkeitsprüfung erwachsen, insbesondere aufgrund des ihr innewohnenden Prognoseelements. Ist die Vollwertigkeit zu bejahen, ist die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs zulässig und er kann die Darlehensvaluta an die Konzernmutter auszahlen. Bei mangelnder Vollwertigkeit wirkt die Darlehensvergabe wie eine Umgehung des Stundungsverbots und ist unzulässig, so dass er die Auszahlung verweigern muss.724
V. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Rahmen des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG 1. Haftungsrisiken beim Grundfall des Konzernprivilegs In der Literatur sind die Voraussetzungen der wirksamen Begründung eines Vertragskonzerns auch nach dem MoMiG weiterhin umstritten, so dass den Geschäftsführer bei seiner Prüfung Haftungsrisiken treffen. Der Geschäftsführer profitiert jedoch von der Wirksamkeitsfiktion des Unternehmensvertrags nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft, wenn ein fehlerhafter Unternehmensvertrag in Vollzug gesetzt worden ist. Für in der Vergangenheit liegende Leistungen ist durch die Fiktion auch seine Prüfung hinsichtlich der wirksamen Begründung des Vertragskonzern insoweit als pflichtgemäß anzusehen, so dass den Geschäftsführer hieraus keine Haftungsrisiken treffen. Zukünftige Leistungen darf der Geschäftsführer erst gewähren, wenn der fehlerhafte Unternehmensvertrag geheilt wurde. Andernfalls ist der Unternehmensvertrag zu beenden. Durch die Beendigung entsteht (wieder) ein faktischer Konzern. Der Geschäftsführer hat die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit aufsteigender Darlehen nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu prüfen, so dass diesen die hieraus erwachsenden und bereits erläuterten Pflichten und Haftungsrisiken treffen.725
723 724 725
Siehe § 7 III.2.b)cc)(1) ff. Siehe § 7 III.2.b)cc)(5). Siehe § 7 III.2.a)aa).
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Die Prüfung der weiteren Voraussetzung des Konzernprivilegs stellt keine große Herausforderung für den Geschäftsführer dar. Er muss lediglich prüfen, ob die Leistung bei Bestehen eines Unternehmensvertrags erfolgt, also ob der wirksam gegründete Vertragskonzern im Zeitpunkt der Leistung (noch) nicht beendet worden ist. Das Konzernprivileg umfasst nun sämtliche Leistungen während der Vertragslaufzeit. Im Vergleich zur Rechtslage vor dem MoMiG hat der Geschäftsführer nicht mehr zu prüfen, ob die Leistung auf einer Weisung der Konzernmutter beruht und der Verlustausgleichsanspruch vollwertig erscheint. Die Prüfung, ob die Leistung bei Bestehen eines Unternehmensvertrags erfolgt, stellt nur geringe Anforderungen an den Geschäftsführer, so dass diesem hieraus keine wesentlichen Haftungsrisiken erwachsen.726 Die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs gegen die Konzernmutter hat der Geschäftsführer hingegen nicht zu prüfen, so dass diesem hieraus auch keine kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken erwachsen.727 2. Haftungsrisiken bei darlehensweiser Rückgewähr des Verlustausgleichs Die Differenzierung zwischen den Anwendungsbereichen der Privilegierungen des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG zur Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs bedeutet für den Geschäftsführer, dass dieser die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG prüfen muss. Trotz eines wirksamen Vertragskonzerns treffen ihn somit die gleichen Pflichten wie den Geschäftsführer im faktischen Konzern. Ihn treffen somit auch die gleichen Risiken, die aus dem Prognoseelement der Vollwertigkeit und der vielfach umstrittenen Rechtslage erwachsen. Liegt die Vollwertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG nicht vor, haftet der Geschäftsführer außerhalb von Weisungen wie der Geschäftsführer im faktischen Konzern. Beruht die Darlehensgewähr auf einer Weisung der Konzernmutter, haftet der Geschäftsführer hingegen nach § 310 AktG (analog).728
VI. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers 1. Faktischer Konzern Im Vergleich mit der Rechtslage nach dem November-Urteil hat das MoMiG die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung von Darlehen an Gesellschafter der 726 727 728
Siehe § 7 III.2.a)bb). Siehe § 7 III.2.a)cc)(4)(e). Siehe § 7 III.2.b)cc)(5).
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GmbH gesetzlich zugelassen. Hierdurch haben sich die Anforderungen und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers gegenüber der Rechtslage nach dem November-Urteil im faktischen Konzern deutlich verschärft. Das November-Urteil schränkte die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Leistungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern wesentlich ein. Dies hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern. Der Wegfall der Werthaltigkeits- und Drittvergleichsprüfung reduzierte und vereinfachte die Pflichten des Geschäftsführers im Rahmen konzerninterner Darlehen erheblich, da sich die Prüfungspflicht fortan auf die Feststellung beschränkte, ob die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Unterbilanz führte oder im Zeitpunkt einer Unterbilanz erfolgte, wodurch sich auch das Haftungsrisiko des Geschäftsführers im faktischen Konzern deutlich reduzierte.729 Mit der Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise durch das MoMiG leben hingegen auch die Haftungsrisiken für die Geschäftsführer (wieder) auf, die aus der damit einhergehenden erforderlichen Vollwertigkeitsprüfung erwachsen. Hierbei eröffnet insbesondere der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung Beurteilungsspielräume und Prognoseelemente, aus denen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer erwachsen. Das MoMiG hat die Haftungsrisiken des Geschäftsführers gegenüber der Rechtslage nach dem November-Urteil somit deutlich verschärft.730 Vergleicht man hingegen die Haftungsrisiken des Geschäftsführers nach dem MoMiG mit denen der Rechtslage vor dem November-Urteil, zeigt sich hingegen ein anderes Bild. Hierbei ist festzuhalten, dass die Zulässigkeit der konzerninternen aufsteigenden Darlehensvergabe bis zum November-Urteil in vielen Punkten umstritten war. Zu den strittigen Punkten zählten insbesondere der Umfang des Drittvergleichs, namentlich, ob die Darlehensvergabe verkehrsüblich verzinst und werthaltig besichert werden müsse und ob das Vorliegen einer Unterbilanz die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von vornherein ausschließe. Diese Punkte sind auch nach dem MoMiG weiterhin umstritten. Darüber hinaus hat das MoMiG weitere Fragen aufgeworfen. Strittig ist etwa, ob das Deckungsgebot auf Darlehenszinsen anwendbar ist, welcher Prüfungsmaßstab bei der Vollwertigkeitsprüfung anzulegen ist, welcher Zeitpunkt für die Prüfung maßgeblich ist, welchen Umfang die Vollwertigkeit haben muss und was für Auswirkungen Wertverluste nach dem Vollzug des Erfüllungsgeschäfts auf die (ursprüngliche) Vollwertigkeit haben. Der Geschäftsführer sah sich somit vor dem MoMiG mit einer in weiten Teilen umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Dieser Zustand hat sich durch das MoMiG nicht verbessert, sondern noch weiter verschlechtert. Um dem Pflichtwidrigkeitsvorwurf bei den einzelnen strittigen Punkten im Rahmen der Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG von vornherein entge729 Siehe zu den haftungsrechtlichen Auswirkungen des November-Urteils auf den Geschäftsführer im faktischen Konzern ausführlich § 6 I.4. ff. 730 § 7 IV.1.a).
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genzutreten, hat der Geschäftsführer die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Dies bindet zeitliche Ressourcen, die der Geschäftsführer nicht für seine unternehmerischen Tätigkeiten aufwenden kann und was darüber hinaus auch kostspieligen Expertenrat erforderlich machen kann, der sich negativ auf die finanzielle Situation der Gesellschaft und des Gesamtkonzerns auswirkt. Das vom Gesetzgeber erklärte Ziel, Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern zu erleichten und durch die gesetzliche Regelung reibungslos zu ermöglichen, ist somit gescheitert. Die Erleichterung von Leistungsbeziehungen erfordert, dass die gesetzliche Regelung klare Konturen und Grenzen aufzeigt, da nur dann ein rechtssicherer Leistungsaustausch zwischen den Protagonisten möglich ist. Die Regelungen des MoMiG werfen jedoch in wesentlichen Punkten der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an den Leistungsaustausch Unsicherheiten auf, welche die Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern nicht erleichtern sondern erschweren. Die Unsicherheiten führen darüber hinaus auch zu erhöhten Haftungsrisiken des Geschäftsführes, da die Unsicherheiten bei der Vollwertigkeitsprüfung zutage treten und somit unmittelbar in seinen Pflichtenkreis fallen. Im Rahmen der hier aufgeworfenen Unsicherheiten bieten die in dieser Arbeit entwickelten Lösungen ein konsistentes und belastbares Gesamtgefüge. Um die Geschäftsführer neben der Abwägung weiter abzusichern, sollte auf Comfort Letters zurückgegriffen werden. Diese beziehen sich konkret auf die jeweiligen Unsicherheiten und legen die hier vertretenen Voraussetzungen der Vollwertigkeitsprüfung zugrunde. Kommt der Geschäftsführer hiernach zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensvergabe und kommt einer entsprechenden Weisung nach, beinhaltet der Comfort Letter eine Freistellungszusage der Gesellschafter für den Fall, dass der Geschäftsführer wegen der Ausführung der Weisung persönlich in Anspruch genommen wird.731 2. Vertragskonzern Die ausdrückliche Regelung des Konzernprivilegs in § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG hat den Anwendungsbereich der Privilegierung gegenüber der Rechtslage vor dem MoMiG erweitert und den Prüfungsumfang des Geschäftsführers verringert. Dennoch zeigt sich für die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern innerhalb und außerhalb des Anwendungsbereichs des NovemberUrteils und für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr ein zwiegespaltenes Bild. Im Anwendungsbereich des November-Urteils profitiert der Geschäftsführer von der Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, so dass sich seine Haftungsrisiken verringern. Außerhalb des Anwendungsbereichs des November-Urteils verringert das MoMiG den Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken 731
Siehe § 7 IV.1.b).
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des Geschäftsführers. Für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs führt das MoMiG hingegen zu einer Erweiterung des Pflichtenkreises und zu einer Verschärfung der Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Nimmt man mit der für den Geschäftsführer maßgeblichen höchstrichterlichen Rechtsprechung und der herrschenden Ansicht in der Literatur für die Rechtslage bis zum MoMiG die Suspendierung der Kapitalbindung nach § 30 GmbHG a.F. im Vertragskonzern an, hatte das November-Urteil des BGH bei Weisungen im Fall mangelnder Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs und außerhalb von Weisungen der Konzernmutter Auswirkungen auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Im ersten Fall „lebte“ die Kapitalbindung wieder auf und im zweiten Fall verblieb es bei der Kapitalbindung nach § 30 GmbHG a.F., worauf sich das November-Urteil im Wesentlichen bezog. Im Falle der Kapitalerhaltungsrechtswidrigkeit der Leistung entfaltet eine entsprechende Weisung keine Bindungswirkung und der Geschäftsführer haftete nach § 310 AktG (analog), wenn er sie dennoch ausführte. Außerhalb von Weisungen haftete der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG für kapitalerhaltungsrechtliche Verstöße. Für die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen waren dabei insbesondere die Prüfungsmaßstäbe des November-Urteils maßgeblich. Die Haftungsrisiken des Geschäftsführers des Vertragskonzerns deckten sich somit mit denen des Geschäftsführers im faktischen Konzern, so dass dieser im Vertragskonzern ebenfalls von den Erleichterungen der Rechtsprechungsänderung profitierte. Er konnte sich auf die Prüfung beschränken, ob die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Unterbilanz führte oder im Zeitpunkt einer Unterbilanz erfolgte, ohne eine Werthaltigkeits- und Drittvergleichsprüfung durchführen zu müssen. Nach der Neuregelung des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG beschränkt sich die Suspendierung der Kapitalbindung nicht mehr nur auf Leistungen, welche auf einer (rechtmäßigen) Weisung der Konzernmutter beruhen, sondern umfasst sämtliche Leistungen, die bei Bestehen des Unternehmensvertrags erfolgen. Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem MoMiG umfasst das Konzernprivileg somit auch Leistungen außerhalb von Weisungen. Für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlehensgewähr hat der Geschäftsführer somit auch außerhalb von Weisungen lediglich zu prüfen, ob die Leistung bei Vorliegen eines Vertragskonzerns erfolgt. Ob die Auszahlung der Darlehensvaluta zu einer Unterbilanz führt oder im Zeitpunkt einer Unterbilanz erfolgt, spielt hingegen keine Rolle (mehr). Vergleicht man die Auswirkungen der Rechtslagen vor und nach dem MoMiG für den Geschäftsführer, ist festzustellen, dass sich durch das MoMiG der Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken für den Geschäftsführer im Vertragskonzern im Anwendungsbereich des November-Urteils des BGH bei aufsteigenden Darlehen komplett verändert haben. Vor dem MoMiG hatte der Geschäftsführer zu prüfen, ob die Darlehensvergabe eine Unterbilanz auslöste oder verstärkte. Dies erfolgte durch eine Zwischenbilanzierung, bei der dem Geschäftsführer Haftungsrisiken aus dem ihr
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innewohnenden Prognoseerfordernisses erwuchsen. Nach dem MoMiG hat der Geschäftsführer hingegen die wirksame Gründung des Vertragskonzerns zu prüfen, bei dem sich seine Haftungsrisiken aufgrund der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft erheblich reduzieren. Der Vergleich lässt somit erkennen, dass die Neuregelungen des MoMiG eine Verringerung der Haftungsrisiken für den Geschäftsführer gebracht haben.732 Beruhte die Darlehensgewährung auf einer rechtmäßigen Weisung, fiel diese hingegen nicht in den Anwendungsbereich des November-Urteils. Bis zum MoMiG hatte der Geschäftsführer für die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung zu prüfen, ob ein wirksamer Vertragskonzern vorlag, die Leistung auf einer (rechtmäßigen) Weisung beruhte und der Verlustausgleichsanspruch gegen die Konzernmutter vollwertig war. Den Geschäftsführer trafen dabei Haftungsrisiken, die aus den Unsicherheiten über die rechtlichen Anforderungen zur wirksamen Begründung des Vertragskonzerns resultierten. Hierbei profitierte der Geschäftsführer jedoch von der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, so dass sich die Haftungsrisiken erheblich minimierten. Darüber hinaus erwuchsem dem Geschäftsführer Haftungsrisiken aus den Spielräumen, die die Bewertungs- und Prognoseelemente im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung mit sich brachten. Auch nach dem MoMiG sind die Voraussetzungen der Vertragskonzerngründung umstritten. Allerdings profitiert der Geschäftsführer auch weiterhin von der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, so dass die Neuregelung insoweit keine Veränderungen gebracht hat. Die Voraussetzung der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs für das Konzernprivileg ist mit dem MoMiG jedoch weggefallen. Der Geschäftsführer hat jedoch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine Ansicht in der Literatur weiterhin die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs fordert und eine höchstrichterliche Entscheidung noch nicht vorliegt. Er muss die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten abwägen. Die besseren Argumente sprechen gegen das Vollwertigkeitserfordernis, so dass der Geschäftsführer lediglich das Vorliegen eines wirksam begründeten Vertragskonzerns zu prüfen hat. Somit fällt nach dem MoMiG die Vollwertigkeitsprüfung aus dem Pflichtenkreis des Geschäftsführers heraus. Hierdurch hat die Neuregelung die Anforderungen an die Prüfung erheblich gesenkt, so dass auch die Haftungsrisiken des Geschäftsführers spürbar verringert wurden. Außerhalb des Anwendungsbereichs des November-Urteils hat das MoMiG die Haftungsrisiken des Geschäftsführers gegenüber der Rechtslage vor dem November-Urteil somit insgesamt verringert.733 Bis zum MoMiG war die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs verboten. Der Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken des Geschäftsführers waren somit sehr übersichtlich. Er haftete nur, wenn er dieses Verbot missachtete. Nach dem MoMiG haben sich die Prüfungspflichten des Geschäftsführers für den Sonderfall 732 733
Siehe § 7 IV.2.a). Siehe § 7 IV.2.b).
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs erheblich erweitert. Der Geschäftsführer hat die Darlehensvergabe hinsichtlich ihrer Wirkung im Einzelfall zu prüfen. Dabei hat er zu unterscheiden, ob die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs eine Umgehung des Stundungsverbots darstellt oder als eine, von dem Verlustausgleich losgelöste Konzerninnanfinanzierungsmaßnahme erscheint. Kapitalerhaltungsrechtlich zulässig ist die Darlehensvergabe nur im zweiten Fall. Zur Differenzierung hat der Geschäftsführer die Anwendungsbereiche der Privilegierungen des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG heranzuziehen. Ist der Darlehensrückgewähranspruch nicht vollwertig, fällt die Darlehensgewährung ausschließlich in den Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG. In diesem Fall würde die Privilegierung ausschließlich auf dem Konzernprivileg beruhen, so dass eine direkte Verbindung zwischen der vertraglichen Konzernierung und der Darlehensgewähr zu bejahen ist. Die Darlehensgewähr wirkt in diesem Fall wie eine Verschiebung der Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs auf einen späteren Zeitpunkt und stellt daher eine unzulässige Umgehung des Stundungsverbots dar. Ist der Darlehensrückgewähranspruch hingegen vollwertig, fällt die Darlehensgewährung zusätzlich in den Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Fußt die Leistungsprivilegierung (auch) auf § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG unterscheidet sich die Darlehensvergabe nicht von anderen konzerninternen Darlehen, so dass kein direkter Bezug von Verlustausgleich und Darlehensvergabe vorliegt. In diesem Fall ist die konzerninterne Darlehensvergabe unabhängig vom Konzernierungsgrad kapitalerhaltungsrechtlich zulässig. Da der Geschäftsführer für die Differenzierung insbesondere zu prüfen hat, ob die Darlehensgewähr den Anforderungen des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG entspricht, treffen ihn somit die Risiken, die aus der Vollwertigkeitsprüfung erwachsen, insbesondere die Unsicherheiten aufgrund des immanenten Prognoseelements. Entspricht die Leistung dem Vollwertigkeitserfordernis nicht, haftet der Geschäftsführer außerhalb von Weisungen wie der Geschäftsführer im faktischen Konzern, während er bei einer Weisung der Konzernmutter hingegen nach § 310 AktG (analog) haftet. Dies stellt gegenüber der Rechtslage vor dem MoMiG eine deutliche Erweiterung des Pflichtenkreises des Geschäftsführers dar und erhöht seine Haftungsrisiken erheblich. Das MoMiG hat die Haftungsrisiken des Geschäftsführers für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs mit der hier vertretenen Ansicht erheblich verschärft.734
VII. Fazit Hinsichtlich der Auswirkungen des MoMiG auf die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern bei aufsteigenden konzerninternen Darlehen ist dem Gesetzgeber insgesamt ein mangelhaftes Zeugnis auszustellen. 734
Siehe § 7 IV.2.c).
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Aufgrund der massiven Kritik an dem November-Urteil des BGH ordnete der Gesetzgeber die Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise an. Dies ist dem Gesetzgeber gelungen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich hierdurch die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vergleich zur Rechtslage nach dem November-Urteil erhöht haben. Dies liegt in der Natur der Sache, da der Gesetzgeber das generelle Auszahlungsverbot bei Stammkapitalbezug der Leistung gelockert hat und dessen Zulässigkeit an weitergehende Voraussetzungen geknüpft hat. Der vom Gesetzgeber verfolgte Gesetzeszweck ist jedoch keinesfalls als erreicht anzusehen. Insoweit wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung nämlich vor allem alltägliche und wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen im Konzern reibungslos ermöglichen. Hieran ist er gescheitert. Entgegen seiner Ansicht waren die rechtlichen Konturen der bilanziellen Betrachtungsweise bis zum November-Urteil keinesfalls problemlos anerkannt. Es war vielmehr umstritten, ob die Darlehensvergabe verkehrsübliche Konditionen (Prinzip des Drittvergleichs) aufweisen müsse, angemessen verzinst und werthaltig besichert werden müsse und ob das Vorliegen einer Unterbilanz die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von vornherein ausschließe. Hinsichtlich dieser strittigen Punkte hat das MoMiG keine Klarheit gebracht. Darüber hinaus sind durch das MoMiG weitere Streitpunkte hinzugekommen. So ist nun streitig, ob das Deckungsgebot auf Darlehenszinsen anwendbar ist, welcher Prüfungsmaßstab bei der Vollwertigkeitsprüfung anzulegen ist, welcher Zeitpunkt für die Prüfung maßgeblich ist, welchen Umfang die Vollwertigkeit haben muss und was für Auswirkungen Wertverluste nach dem Vollzug des Erfüllungsgeschäfts auf die (ursprüngliche) Vollwertigkeit haben. Die Risiken, die aus diesen Unsicherheiten erwachsen, tragen die Geschäftsführer, da diese für die kapitalerhaltungsrechtswidrige Darlehensgewähr haften. Im Hinblick auf die einzelnen Voraussetzungen der Vollwertigkeitsprüfung anhand der bilanziellen Betrachtungsweise hat es der Gesetzgebener versäumt, die bestehenden Streitigkeiten aufzulösen und hat stattdessen weitere Unsicherheitsfaktoren begründet. Um einen möglichen Pflichtwidrigkeitsvorwurf von vornherein auszuschließen, haben die Geschäftsführer eine zeit- und kostenintensive Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten vorzunehmen. Vor dem Hintergrund, dass sich der Gesetzgeber ausweislich seiner Gesetzesbegründung mit der Anerkennung der bilanziellen Betrachtungsweise beschäftigt hat, ist deutliche Kritik an der Normensetzung zu üben. Wenn der Gesetzgeber erkennt, dass die gesetzliche Regelung die konzerninterne Leistungsgewähr reibungslos gewähren muss, erscheint es insgesamt unverständlich, warum er es hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen bei einem lapidaren und darüber hinaus unzutreffenden Verweis auf die frühere Rechtslage belässt. Der BGH hat in seinem MPS-Urteil lediglich Tendenzen erkennen lassen, zu denen er in einzelnen Streitpunkten tendiert. Um Rechtssicherheit hinsichtlich der Haftungsrisiken der Geschäftsführer zu erlangen, sollte sich der BGH in seiner Rechtsprechung eindeutig positionieren. Dies hat er vor kurzem hinsichtlich des
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2. Teil: GmbH als Darlehensgeberin
maßgeblichen Zeitpunktes der Vollwertigkeitsprüfung zugunsten der Maßgeblichkeit des Verfügungsgeschäfts getan.735 Hinsichtlich den verbleibenden Streitpunkten hat sich der BGH allerdings nicht positioniert. Dies ist für die Zukunft weiterhin zu fordern. Um den Geschäftsführer vor einer Haftung abzusichern, ist es ratsam, dem Geschäftsführer Comfort Letters auszustellen, welche ihm die Freistellung der persönlichen Haftung für den Fall zusagen, dass dieser im Einvernehmen mit den hier vertretenen Voraussetzungen gehandelt hat. Im Vertragskonzern gilt hingegen das Konzernprivileg nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG. Dieses erfordert, dass der Geschäftsführer prüft, ob ein Vertragskonzern wirksam begründet worden ist und im Zeitpunkt der Darlehensgewähr noch fortbesteht. Hinsichtlich der umstrittenen Voraussetzung der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs hat es der Gesetzgeber jedoch versäumt, eine eindeutige Regelung zu treffen. Die besseren Argumente sprechen gegen das Erfordernis. Beim Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs hat der Geschäftsführer hingegen zu prüfen, ob die Darlehensgewähr gerade auf der vertraglichen Konzernierung beruht oder sich als eine hiervon unabhängige Konzerninnenfinanzierungsmaßnahme darstellt. Vergleicht man die Rechtslage vor und nach dem MoMiG, zeigt sich kein einheitliches Bild hinsichtlich der Auswirkungen der Gesetzesnovelle auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Während sich der Pflichtenkreis und die Haftungsrisiken bei der kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfung insgesamt verringert haben, führt das MoMiG für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs hingegen zu einer Erweiterung des Pflichtenkreises und zu einer Verschärfung der Haftungsrisiken des Geschäftsführers.
735
Siehe BGH, Urt. v. 21. 3. 2017 – II ZR 93/16, GmbHR 2017, 643.
Dritter Teil
GmbH als Darlehensnehmerin § 9 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG Um die Geschäftsführung im Rahmen konzerninterner Darlehen umfassend zu beleuchten, soll im Folgenden auch auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Darlehen eingegangen werden, bei denen die abhängige GmbH als Darlehensnehmerin auftritt. Auch die Darlehensvergabe mit der GmbH als Darlehensnehmerin war Bestandteil der umfangreichen MoMiG-Reform. Im Fokus des Gesetzgebers standen dabei insbesondere Darlehen, die der Gesellschaft durch einen ihrer Gesellschafter gewährt werden. Die Darlehensvergabe erfolgt im Konzern zwischen unterschiedlichen Konzernunternehmen. Um ein Gesellschafterdarlehen handelt es sich dabei, wenn das kreditgebende Konzernunternehmen an dem kreditnehmenden Konzernunternehmen beteiligt ist. Die Darlehensvergabe erfolgt dabei von einer höheren Konzernebene zu einer niedrigeren Konzernebene (Downstream Loan). Klassischerweise tritt dabei die Konzernmutter als Darlehensgeberin und eine Konzerntochter als Darlehensnehmerin auf. Ziel der Novellierung war es, die Rechtsfigur des eigenkapitalersetzenden Darlehens abzuschaffen.1 Hierdurch wurden insbesondere die Darlehensrückzahlungen aus dem Anwendungsbereich des Kapitalerhaltungsrechts gestrichen und im Insolvenzanfechtungsrecht verortet. Dies wirkt sich nicht nur entscheidend auf den Kapitalschutz der GmbH aus, sondern hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Pflichten und Haftungsrisiken des Geschäftsführers. Zum besseren Verständnis wird im Folgenden zunächst die Rechtslage bis zum MoMiG dargestellt. Anschließend wird in einem zweiten Schritt die aktuelle Rechtslage untersucht und bewertet.
I. Eigenkapitalersatzrecht Bis zum MoMiG galt das sogenannte Eigenkapitalersatzrecht. Dieses fand durch die sogenannten Rechtssprechungsregeln des BGH Einzug in das deutsche Gesellschaftsrecht. Durch die Novellenregeln (§ 32a und § 32b GmbHG a.F.) im Rahmen der GmbH-Novelle aus dem Jahr 1980 versuchte der Gesetzgeber diese Regeln in 1
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 42.
330
3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
Gesetzesform zu gießen.2 Wegen auftretender Schutzlücken wendete die Rechtsprechung ihre entwickelten Grundsätze jedoch auch nach der Gesetzesreform weiterhin an, so dass die Rechtsprechungsregeln neben die Novellenregeln traten und letztere weitgehend überflüssig machten.3 1. Potentielle Gläubigerbenachteiligung durch Gesellschafterdarlehen Hinsichtlich der Kapitalausstattung normiert das Gesetz lediglich Mindestvorgaben für die Finanzierung einer GmbH. Diese betreffen dabei in erster Linie die Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals. Darüber hinaus herrscht jedoch Finanzierungsfreiheit. Hiernach steht es den Gesellschaftern grundsätzlich frei, ob und wie sie die GmbH über das Stammkapital hinaus mit Kapital ausstatten. Den Gesellschaftern ist es daher grundsätzlich auch möglich, die Gesellschaft mit Fremdkapital auszustatten, anstatt ihr weiteres Eigenkapital zuzuführen.4 Diese Form der Kapitalausstattung, bei der die Gesellschaft durch ihre Gesellschafter mit Fremd- anstatt mit Eigenkapital ausgestattet wird, bildete dabei den Anknüpfungspunkt für das Eigenkapitalersatzrecht. Vornehmlich ging es dabei um die Gewährung eines Darlehens anstelle der Hingabe von weiteren Einlagen. Das Eigenkapitalersatzrecht knüpfte dabei an die Gefahr der Benachteiligung der übrigen Gesellschaftsgläubiger an, die durch die Fremdfinanzierung der Gesellschaft durch ihre Gesellschafter entsteht. Die Benachteiligung kann dabei vornehmlich aus zwei Szenarien resultieren. Zunächst kommt die Tilgung des Gesellschafterdarlehens durch die GmbH in Betracht. Rührt dieser Kapitalrückfluss von der Erkenntnis des Gesellschafters her, dass die Gesellschaft trotz des Gesellschafterkredits nicht dauerhaft überlebensfähig ist und mündet die Gesellschaft nach der Rückführung des Darlehens in die Insolvenz ist regelmäßig eine Gläubigerbenachteiligung anzunehmen. Durch die Fälligstellung des Darlehens erreicht der Gesellschafter eine vorzeitige Befriedigung aus dem Gesellschafterdarlehen, anstatt sich mit der Insolvenzgläubigerstellung begnügen zu müssen. Ein solches Verhalten verkürzt die Insolvenzmasse und benachteiligt die übrigen Gläubiger der Gesellschaft, wenn die Masse nicht zur vollständigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger ausreicht. Daneben ist erdenklich, dass der Gesellschafter das Gesellschafterdarlehen nicht vor der Insolvenz der Gesellschaft fällig stellt, sondern seine Forderungen aus dem Darlehen im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderung anmeldet. Hierdurch tritt er mit den übrigen Gläubigern bei der Verteilung der Insolvenzmasse in Konkurrenz, 2
GesetzE der BReg, BT-Drucks. 8/1347, 39. So auch Cahn, AG 2005, 217. Hommelhoff/Kleindiek, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 421, 429; de Bra, in: Braun InsO, § 135 InsO, Rn. 6. 4 Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Hdb. Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2010, § 92, Rn. 358; Schwaiger, in: Beck. Hdb. GmbH, § 7, Rn. 1; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654. 3
§ 9 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG
331
was ebenfalls zu einer Benachteiligung der Gläubiger führt, wenn die Masse nicht zur vollständigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger ausreicht. Unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Mitteln dieser Gläubigerbenachteiligung begegnet wird, war Gegenstand einer Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen, die über einen Zeitraum von über 70 Jahren das Eigenkapitalersatzrecht formten.5 2. Rechtsprechung des Reichsgerichts Die Rechtsprechung zu Gesellschafterdarlehen geht dabei bis in die 1930er Jahre zurück. Im Hinblick auf die Darlehensgewährung eines Gesellschafters entschied das Reichsgericht erstmals 1937.6 Das Reichsgericht verwehrte einem Gesellschafter hierbei, seine Darlehensforderung im Konkursverfahren geltend zu machen. Die gesetzliche Gestattung der Gründung von juristischen Personen und der damit einhergehenden Zulässigkeit, dass ihre Gesellschafter der Gesellschaft als Gläubiger gegenübertreten, dürfe nicht zum Nachteil der wirklichen Gesellschaftsgläubiger ausgenutzt werden. Zur Begründung stützte sich das Reichsgericht jedoch nicht auf die Kapitalerhaltungsvorschriften, sondern hielt dem Gesellschafter die Arglisteinrede des § 826 BGB entgegen. Es erscheine treuwidrig, wenn ein Gesellschafter einer GmbH, deren Haftkapital im Vergleich zum geplanten Umfang des Unternehmens deutlich zu klein erscheine, ein Darlehen gewähre, um sich für den Fall des Scheiterns des Unternehmens eine Gläubigerposition zu sichern und mit den anderen wirklichen Gläubigern die Konkursmasse zu beanspruchen, um seinen eigenen Verlust möglichst gering zu halten.7 Das Reichsgericht stellte darüber hinaus aber ebenfalls Erwägungen an, die bereits der Kapitalerhaltung zugeordnet werden können. So führte das Reichsgericht aus, dass den Gesellschaftsgläubigern das Gesellschaftsvermögen als gesetzliches Haftkapital auch tatsächlich zur Befriedigung zustehen müsse. Dieser Zweck dürfe nicht durch einen Gesellschafter vereitelt werden, indem sich dieser zum Gläubiger seines eigenen Unternehmens mache.8 In einem weiteren Urteil9 aus dem Jahr 1938, dem die Aufrechnung eines Aktionärs mit einer Darlehensforderung gegen die Einlageforderung der AG zugrunde 5 Siehe etwa RG, Urt. v. 16. 11. 1937 – II 70/37, JW 1938, 862; BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258 = NJW 1960, 285; BGH, Urt. v. 29. 11. 1971 – II ZR 121/69 = WM 1972, 74; BGH, Urt. v. 27. 9. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171 = NJW 1977, 104; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334 = NJW 1980, 592; BGH, Urt. v. 24. 3. 1980- II ZR 213/77, BGHZ 76, 326 = NJW 1980, 1524. 6 RG, Urt. v. 16. 11. 1937 – II 70/37, JW 1938, 862. 7 RG, Urt. v. 16. 11. 1937 – II 70/37, JW 1938, 862, 846 f. 8 RG, Urt. v. 16. 11. 1937 – II 70/37, JW 1938, 862, 865. 9 RG, Urt. v. 3. 12. 1938 – II 84/38, JW 1939, 355.
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3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
lag, hat das Reichsgericht sodann ausgeführt, dass Gesellschafterdarlehen, denen das Ziel anhafte, den gesetzlichen Zweck des Haftungskapitals als Befriedigungsmasse für die wirklichen Gläubiger zu konterkarieren, als das behandelt werden müssten, was sie in Wirklichkeit seien, nämlich Gesellschaftereinlagen.10 3. Rechtsprechungsregeln des BGH Auf der Rechtsprechung des Reichsgerichts aufbauend, entwickelte der BGH in einer Reihe von Entscheidungen die Rechtsfigur des eigenkapitalersetzenden Darlehens und prägte dadurch das Eigenkapitalersatzrecht entscheidend. a) Anwendung auf Sanierungskredite In der Lufttaxi-Entscheidung11 des BGH aus dem Jahr 1959 ging es im Gegensatz zur Reichsgerichtsrechtsprechung nicht um die Anmeldung von Forderungen aus einem Gesellschafterdarlehen im Konkursverfahren, sondern um die Rückführung eines Sanierungskredits vor Verfahrenseröffnung. Die Darlehensgewährung durch den Gesellschafter12 habe dazu gedient, die Konkursantragspflicht abzuwenden. Dieses Ziel könne nur mit einem Kredit erreicht werden, bei dem die Darlehensvaluta nicht als Schulden bei der GmbH bilanziert werde, sondern von dem Darlehensgeber und der GmbH während der Sanierung als haftendes Eigenkapital behandelt werde. Nur so lasse sich durch eine Darlehensgewährung eine Überschuldung bilanziell abwenden.13 Zu dieser erforderlichen Behandlung als Eigenkapital verhalte sich der Gesellschafter jedoch widersprüchlich, wenn dieser die Darlehenssumme vor einer erfolgreichen Sanierung abziehe. Wenn der Gesellschafter der GmbH zur Abwendung der Konkursantragspflicht Fremdmittel gewähre, dürfe er diese nicht zur Unzeit, also noch bevor der Sanierungserfolg nachhaltig erreicht sei, zurückfordern. Dies stelle einen Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB dar.14
10
RG, Urt. v. 3. 12. 1938 – II 84/38, JW 1939, 355, 356. BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258 = NJW 1960, 285 – LufttaxiEntscheidung. 12 Die Bezeichnung als Gesellschafter erfolgt zur Vereinfachung. Zunächst war der Darlehensgeber (formal) kein Gesellschafter. Er bediente sich zur Gründung der GmbH zwei Personen, die als Strohmänner fungierten. Die Geschäftsanteile wurden jedoch nach der Gründung von dem Darlehensgeber erworben, so dass er auch formal die Gesellschafterstellung einnahm. 13 Ein Darlehen hat unter normalen Umständen keine bilanziellen Auswirkungen auf den Verschuldungsstatus der Gesellschaft, da dem Kapitaleingang stets auch eine entsprechende Forderung des Kreditgebers gegenübersteht. Erst wenn der Kredit wie haftendes Eigenkapital zu behandeln ist, werden die Forderungen nicht bilanziert und die Überschuldung verkürzt sich. 14 BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 271 ff. = NJW 1960, 285, 288. 11
§ 9 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG
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Aufgrund der Behandlung des Gesellschafterdarlehens als haftendes Eigenkapital stehe der Gesellschaft im Falle der treuwidrigen Auszahlung ein Erstattungsanspruch in entsprechender Höhe nach § 31 Abs. 1 GmbHG zu.15 b) Anwendung bei unmöglichem Krediterwerb zu marktüblichen Bedingungen Die vorgenannte Rechtsprechung bestätigte der BGH in seiner DeckenputzEntscheidung16 aus dem Jahr 1971 ausdrücklich.17 Gleichzeitig erweiterte der BGH seine Argumentationsbasis um das institutionelle Zusatzmoment des Drittvergleichs zur Abgrenzung, welche Darlehen der Kapitalerhaltung nach § 30 GmbH unterfallen und welche nicht.18 Ein Anzeichen dafür, dass die Darlehensvergabe durch einen Gesellschafter wirtschaftlicher Vernunft widerspreche und nur dazu diene, das eigene Risiko auf Kosten der Gläubiger möglichst gering zu halten, stelle die Tatsache dar, dass ein Dritter nach dem Vermögensstand und der Geschäftslage der Gesellschaft nicht bereit sei, der Gesellschaft ein Darlehen in entsprechender Höhe und zu annehmbaren Bedingungen zu gewähren.19 Dies ermöglichte es, den Anwendungsbereich vom individuellen treuwidrigen Verhalten des Gesellschaftsgläubigers zu verlagern und auf eine verobjektivierte Marktansicht abzustellen. Hierdurch unterstrich der BGH, dass seine vorangegangene Rechtsprechung keine Einzelfallentscheidung darstellte und vollzog eine institutionelle Rechtsfortbildung.20 Die Entscheidung kann daher als Geburtsstunde des institutionellen Begriffs des eigenkapitalersetzenden Darlehens bezeichnet werden. c) Dreiecksfälle Um einen effektiven Schutz vor Umgehungen zu gewährleisten, erweiterte der BGH in seiner Entscheidung21 aus dem Jahr 1976 die Anwendbarkeit des Eigenkapitalersatzrechts auch auf sogenannte Dreiecksfälle. Hierum handelt es sich, wenn
15
BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 273 = NJW 1960, 285, 288. BGH, Urt. v. 29. 11. 1971 – II ZR 121/69 = WM 1972, 74 – Deckenputz-Entscheidung. 17 BGH, Urt. v. 29. 11. 1971 – II ZR 121/69 = WM 1972, 74, 75. 18 Hommelhoff, ZGR 1988, 460, 470; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 66 f. 19 BGH, Urt. v. 29. 11. 1971 – II ZR 121/69 = WM 1972, 74, 75. 20 Hommelhoff, ZGR 1988, 460, 470; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 66 f.; Schouler, Grundlagen des Eigenkapitalersatzrechts, 12 f.; vgl. auch Fleck, FS Werner, 107, 109. 21 BGH, Urt. v. 27. 9. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171 = NJW 1977, 104. 16
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3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
der Gesellschafter Sicherheiten für eine Leistung an die Gesellschaft einräumt, etwa Bürgschaften oder die Einräumung einer Grundschuld.22 Zur Klassifizierung der Sicherheitenbestellung als eigenkapitalersetzende Leistung bediente sich der BGH dabei einer Parallelwertung. Hierbei unterstellte der BGH eine Darlehensgewährung durch den Gesellschafter anstelle der Sicherheitenbestellung. Hätte der Gesellschafter im Falle der Fälligstellung einer Forderung eines Dritten23 gegen die GmbH anstelle der Sicherheitenbestellung zu Gunsten des Gläubigers der GmbH ein Darlehen gewährt, damit diese ihren Verbindlichkeiten nachkommen könne, so fiele dem Gesellschafterdarlehen eigenkapitalersetzender Charakter zu. Stellt der Gesellschafter anstelle des Darlehens jedoch eine Sicherheit, erstreckt sich der Eigenkapitalersatz auch auf diese Sicherungsmaßnahme.24 Die alternativ gewährte Sicherheitenübernahme durch einen Gesellschafter stelle sich in diesem Fall ebenfalls als ein persönlicher Vermögenseinsatz zu Gunsten einer, vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch stehenden, Gesellschaft dar. Der Gesellschafter vermeide auch in diesem Fall eine gebotene Kapitalerhöhung durch die Gewährung von Fremdmitteln. Durch diese Mittelzufuhr trete im Ergebnis der gleiche wirtschaftliche Erfolg ein, wie bei der unmittelbaren Darlehensgewährung, nämlich die künstliche Aufrechterhaltung der Gesellschaft. Im Interesse eines effektiven Kapitalerhaltungs- und Gläubigerschutzes sei es daher gerechtfertigt, auch die Sicherungsmaßnahme dem Eigenkapitalersatzrecht zu unterwerfen.25 d) Anwendung bei stehen gelassenem Darlehen In seiner Entscheidung26 aus dem Jahr 1979 erweiterte der BGH die Anwendung des Kapitalersatzes auch auf sogenannte stehen gelassene Darlehen. Hierum handelt es sich, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft zur Zeit der Gewährung des Gesellschafterdarlehens gesund waren, der Gesellschafter das Darlehen nach Eintritt der Überschuldung jedoch nicht abzog, sondern bei der GmbH beließ.27 Hierdurch wurde die Anwendung des Kapitalersatzrechts unabhängig vom wirtschaftlichen Zustand der GmbH im Zeitpunkt der Darlehensgewährung ausgestaltet und vom Erfordernis der unmittelbaren Beseitigung einer Konkurslage losgelöst.28 22
Vgl. Mayer, BB 1990, 1935, 1939. Dem Fall lag ein außergewöhnlicher Sachverhalt zugrunde. Ein Gesellschafter (Nr. 1) bürgte für Bankverbindlichkeiten eines weiteren Gesellschafters (Nr. 2) um die Inanspruchnahme der Gesellschaft aus einem Gesellschafterdarlehen (von Gesellschafter Nr. 2) zur Erfüllung der Bankverbindlichkeiten zu vermeiden. Bei den klassischen Konstellationen sogenannter Dreiecksfälle gibt der Gesellschafter kein Darlehen an die Gesellschaft, sondern besichert die Darlehensgewährung durch einen Dritten. 24 BGH, Urt. v. 27. 9. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 181 f. = NJW 1977, 106. 25 BGH, Urt. v. 27. 9. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 182 f. = NJW 1977, 106. 26 BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334 = NJW 1980, 592. 27 BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 337 = NJW 1980, 592. 28 BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 336 = NJW 1980, 592. 23
§ 9 Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG
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Diese Verschärfung führte dazu, dass zunächst kapitalerhaltungsrechtlich nicht relevante (beziehungsweise kapitalerhaltungsrechtlich zulässige) Gesellschafterdarlehen nachträglich, auch lange Zeit nach ihrer Gewährung, noch mit dem eigenkapitalersetzenden Charakter „infiziert“ werden konnten.29 Zur Begründung griff der BGH zunächst auf seinen zuvor entwickelten Grundsatz der Widersprüchlichkeit zurück. Auch im Falle des Stehenlassens eines Gesellschafterdarlehens, unabhängig von dessen ursprünglicher Zweckbestimmung, werde die Gesellschaft auf eine Weise künstlich am Leben erhalten, die mit Rücksicht auf die hierdurch gefährdeten Gläubiger nur zu verantworten sei, wenn die anstelle des Eigenkapitals gewährten Mittel im Unternehmen verbleiben, solange es ohne diese Mittel nicht lebensfähig sei.30 Daneben begründete der BGH die Qualifizierung eines in einer Krise stehen gelassenen Darlehens damit, dass der Gesellschafter durch das Stehenlassen fälschlicherweise den Eindruck erwecke, dass die GmbH noch über so viel Eigenkapital verfüge, dass diese ihr Geschäft als werbendes Unternehmen weiterbetreiben könne. Diesen geschaffenen Vertrauenstatbestand müsse sich der Gesellschafter kapitalerhaltungsrechtlich entgegenhalten lassen.31 Im Hinblick auf die zu stellenden Anforderungen an die subjektiven Vorstellungen des Gesellschafters hielt es der BGH für ausreichend, wenn der Gesellschafter den zum Eigenkapitalersatz gewandelten Charakter seines Darlehens hätte erkennen müssen. Die Erkenntnismöglichkeit sei bei einer normalen Gesellschaft im Allgemeinen vorauszusetzen. Hier sei der Gesellschafter schon im eigenen Interesse bemüht und aufgrund seiner Informationsmöglichkeiten auch besser als Außenstehende in der Lage, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft zu vergewissern und die jeweilige Funktion des Gesellschafterdarlehens zu erkennen. Daher könne der Gesellschafter rechtzeitig feststellen, dass die Gesellschaft zum Überleben dringend auf Eigenmittel angewiesen sei und dieser Bedarf nicht mehr durch das Stammkapital abgedeckt werde.32 Auch im Rahmen dieser Entscheidung verobjektivierte der BGH somit die tatbestandlichen Anforderungen an die subjektiven Vorstellungen des Gesellschafters zur Qualifizierung eines stehen gelassenen Darlehens als eigenkapitalersetzend, so dass bereits bei der Erkennbarkeit der Krise der Gesellschaft ein widersprüchliches Verhalten des Gesellschafters angenommen wurde.33
29 30 31 32 33
Mayer, BB 1990, 1935, 1938. BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 337 = NJW 1980, 592. BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 338 = NJW 1980, 593. BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 339 = NJW 1980, 593. Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 69 f.
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3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
e) Kreditunwürdigkeit als maßgeblicher Zeitpunkt der Umqualifizierung Mit seiner Grundsatz-Entscheidung34 aus dem Jahr 1980 vollendete der BGH die Institutionalisierung des eigenkapitalersetzenden Darlehens. Die Abkehr von der einzelfallbezogenen Betrachtung des treuwidrigen Verhaltens des Gesellschafters hin zu einer allgemein gültigen Betrachtung vollzog der BGH dabei, indem er die Rechtssätze aus den vorangegangenen Urteilen zunächst systematisch zusammenfasste. Hierdurch unterstrich der BGH, dass es sich bei seiner Rechtsprechung zum eigenkapitalersetzenden Darlehen nicht um Einzelfallrechtsprechung handelte, sondern ein abstraktes (rechtliches) Regelwerk gebildet wurde, dass typisierte Formen der Gesellschafterleistungen an die GmbH beinhaltete.35 Dieses Regelwerk erweiterte der BGH sodann noch um die Konkretisierung des Zeitpunktes, an dem einem Gesellschafterdarlehen eigenkapitalersetzender Charakter zukomme. Der BGH knüpfte hierbei ausdrücklich nicht an den Zeitpunkt der Konkursreife an. Der Tatbestand des kapitalersetzenden Darlehens sei vielmehr bereits dann erfüllt, wenn die Gesellschaft bei der Darlehensgewährung weder überschuldet war noch ihr Stammkapital eingebüßt hatte, aber von dritter Seite keinen Kredit mehr zu marktüblichen Bedingungen hätte erhalten können.36 Der BGH erweitert damit ausdrücklich den Anwendungsbereich gegenüber den vorangegangenen Urteilen, denen jeweils ein Sachverhalt zugrunde lag, bei dem die Leistung des Gesellschafters (Darlehensgewährung oder Stundung) unmittelbar zur Abwendung des Überschuldungstatbestandes gewährt wurde beziehungsweise stehen gelassen wurde.37 Die Kreditunwürdigkeit wurde damit nicht nur als Abgrenzungskriterium dafür herangezogen, welche Gesellschafterdarlehen dem Eigenkapitalbeschlag unterfielen, sondern stellte auch den maßgeblichen Zeitpunkt hierfür dar. Gleichzeitig normierte der BGH aber auch Grenzen des Eigenkapitalersatzrechts.38 Konkret beschränkte der BGH den Eigenkapitalbeschlag auf die Höhe des satzungsmäßigen Stammkapitals. Leistungen an Gesellschafter unterfielen daher nur insoweit dem Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG, sofern sie aus dem Stammkapital der Gesellschaft erfolgten.39 War somit nur ein Teil eines Gesellschafterdarlehens vom Eigenkapitalbeschlag betroffen, so wurde dadurch nicht das gesamte Darlehen zum eigenkapitalersetzenden Darlehen. Der Eigenkapitalersatz34
BGH, Urt. v. 24. 3. 1980- II ZR 213/77, BGHZ 76, 326 = NJW 1980, 1524. Hommelhoff, ZGR 1988, 460, 471 f. 36 BGH, Urt. v. 24. 3. 1980- II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 329 ff. = NJW 1980, 1524 f. 37 So etwa bei BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258 = NJW 1960, 285 – Lufttaxi-Entscheidung und BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334 = NJW 1980, 592. Vgl. im Übrigen auch Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 70 f. 38 So auch Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 71. 39 BGH, Urt. v. 24. 3. 1980- II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 333 = NJW 1980, 1525. 35
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charakter beschränkte sich vielmehr auf den Teil, der zur rechnerischen Beseitigung der Unterdeckung des Stammkapitals erforderlich war. f) Zusammenfassung Zusammenfassend ergab sich ein kapitalersetzendes Darlehen nach den Rechtsprechungsregeln dann, wenn ein Gesellschafter der GmbH, die gegenüber Dritten kreditunwürdig erschien oder bereits konkursreif war, ein Darlehen (oder eine sonstige Leistung) gewährte, anstatt ihr eine Kapitaleinlage zur Verfügung zu stellen. Daneben kam einem Gesellschafterdarlehen auch dann Eigenkapitalersatzcharakter zu, wenn dieses einer im Zeitpunkt der Kreditgewährung zwar kreditwürdigen GmbH gewährt wurde, der Gesellschafter es jedoch in einer darauf folgenden Krise der Gesellschaft nicht abzog, sondern stehen ließ. Die Rechtsfolge eines kapitalersetzenden Darlehens war die entsprechende Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften. Die Gesellschafterdarlehen durften gem. § 30 Abs. 1 GmbHG (analog) bis zur Stammkapitalziffer nicht zurückgezahlt werden. Bei Leistungen die dem Rückzahlungsverbot widersprachen, stand der Gesellschaft ein Rückzahlungsanspruch in entsprechender Höhe gem. § 31 GmbHG (analog) zu.40 4. Novellenregeln Der Gesetzgeber reagierte im Jahr 198041 auf die Rechtsprechungsregeln und erweiterte die kapitalerhaltungsrechtlichen Regelungen um die §§ 32a und b GmbHG.42 Durch diese sogenannten Novellenregeln wollte der Gesetzgeber eine eigene gesetzliche Grundlage für Gesellschafterdarlehen schaffen und bestehende Zweifelsfragen klären.43 a) Forderungsnachrang nach § 32a GmbHG aa) Insolvenzrechtlicher Nachrang nach § 32a Abs. 1 GmbHG Im Hinblick auf Gesellschafterdarlehen ordnete § 32a Abs. 1 GmbHG an, dass ein Gesellschafter einen Rückgewähranspruch aus einem Gesellschafterdarlehen im Insolvenzverfahren44 der GmbH nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend 40
Siehe auch Hommelhoff, in: Hdb. Kapitalersatzrecht, 6 f. Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften, BGBl. I, 836 v. 4. 7. 1980. 42 Die sogenannten Novellenregeln umfassten neben den §§ 32a und b GmbHG auch noch die §§ 32a, 41 Abs. 1 S. 3 KO, §§ 107 Abs. 2, 108 Abs. 2 S. 3 VerglO und §§ 3b, 4, 12 Abs. 1 S. 1, 13 Abs. 4 S. 2 AnfG. 43 GesetzE der BReg, BT-Drucks. 8/1347, 39. 44 In der Ursprungsfassung des § 32a GmbHG galt noch die Konkursordnung. Die Norm normierte dabei, dass der Gesellschafter die Forderung nicht im Konkurs- oder Vergleichs41
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3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
machen konnte, wenn er der Gesellschaft in einem Zeitpunkt ein Darlehen gewährte, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten (Krise der Gesellschaft45).46 Die Vorschrift regelte zunächst den Grundtatbestand des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens.47 Die erstmals gesetzlich geregelten Tatbestandsvoraussetzungen des eigenkapitalersetzenden Darlehens deckten sich dabei mit den Merkmalen, die durch die Rechtsprechungsregeln entwickelt wurden. Insbesondere das Krisenmerkmal wurde dabei nach Maßgabe des entwickelten Kriteriums der Kreditunwürdigkeit ausgelegt.48 Darüber hinaus ordnete die Vorschrift den Rangrücktritt der Forderung des Gesellschafters auf die Darlehensrückgewähr in der Insolvenz als Rechtsfolge an.49 bb) Ausdehnung auf Dreiecksfälle nach § 32a Abs. 2 GmbHG Über § 32a Abs. 2 GmbHG wurden auch die sogenannten Dreiecksfälle in den Anwendungsbereich der Novellenregeln einbezogen. Sicherte ein Gesellschafter den Darlehensrückgewähranspruch eines Dritten gegen die Gesellschaft, so konnte der Dritte seine Ansprüche gegen die Gesellschaft nur in der Höhe geltend machen, in der er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit beim Gesellschafter ausgefallen war. cc) Erweiterung auf wirtschaftlich entsprechende Handlungen nach § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG Der Grundtatbestand wurde in § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG um eine Generalklausel erweitert, welche, der Darlehensgewährung beziehungsweise Sicherheitengewährung wirtschaftlich entsprechenden Handlungen ebenfalls den Rechtsfolgen von § 32a Abs. 2 und 3 GmbHG unterwarf. Der Auffangtatbestand diente dabei dem Umgehungsschutz.50
verfahren geltend machen konnte. Die Anpassung an die, die Konkursordnung ablösende, Insolvenzordnung erfolgte durch das EGInsO, BGBl. I, 2911 v. 5. 10. 1994. 45 Die Bezeichnung als Krise der Gesellschaft fand erst durch das KonTraG, BGBl. I, 786 v. 27. 4. 1998 Einzug in § 32a GmbHG. 46 In seiner Ursprungsfassung regelte § 32a Abs. 1 GmbHG hingegen keinen Nachrang, sondern ordnete an, dass die Gesellschafter die Forderung überhaupt nicht im Konkurs geltend machen können. 47 Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 32a GmbHG, Rn. 6. 48 Schouler, Grundlagen des Eigenkapitalersatzrechts, 15; Weber/Lepper, DStR 1991, 980, 983; Lutter, DB 1980, 1317, 1321; Fleck, FS Werner, 107, 119; K. Schmidt, ZGR 1980, 567, 571 f.; a.A. Geßler, ZIP 1981, 228, 230 ff.; H. P. Westermann, ZIP 1982, 379, 386 f. 49 Hueck, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 14. Aufl. 1985, § 32a GmbHG, Rn. 53; Weber/ Lepper, DStR 1991, 980, 982. 50 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 32a GmbHG, Rn. 141; Weber/ Lepper, DStR 1991, 980, 983 f.
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dd) Kleinbeteiligten- und Sanierungsprivileg nach §§ 32a Abs. 3 S. 2 und 3 GmbHG Im Nachhinein fanden auch tatbestandliche Ausnahmen durch Ergänzungen der Novelle Einzug in das GmbHG. Durch das Kleinbeteiligtenprivileg nach § 32a Abs. 3 S. 2 GmbHG51 wurden Leistungen des nicht geschäftsführenden Gesellschafters, dessen Beteiligung nicht mehr als 10 % des Stammkapitals umfasste, vom Eigenkapitalersatzrecht ausgeschlossen. Daneben wurde durch das Sanierungsprivileg nach § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG52 der Käufer von Anteilen in der Krise der Gesellschaft dergestalt begünstigt, dass weder seine bestehenden noch neu gewährten Kredite dem Eigenkapitalersatzrecht unterfielen.53 b) Anfechtungsrecht nach § 135 InsO a.F. Für den Fall, dass der Anspruch des Gesellschafters vor der Insolvenzeröffnung von der Gesellschaft befriedigt oder besichert wurde, gewährte § 135 InsO a.F.54 dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft ein Anfechtungsrecht. Tatbestandlich wurden dabei die Darlehensrückgewährforderungen und diesen gleichgestellte Forderungen erfasst. Die Anfechtung erstreckte sich dabei zum einen nach § 135 Nr. 1 InsO a.F. auf die Gewährung einer Sicherheit durch die Gesellschaft für die Forderung des Gesellschafters. Anfechtbar war die Bestellung der Sicherheit dann, wenn sie in den letzten zehn Jahren vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem erfolgte. Zum anderen war nach § 135 Nr. 2 InsO a.F. auch die Befriedigung der Gesellschafterforderung durch die Gesellschaft anfechtbar, wenn die Forderung im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem erfüllt wurde. c) Erstattungsanspruch nach § 32b GmbHG § 32b GmbHG regelte einen Erstattungsanspruch der Gesellschaft für erfolgte Rückzahlungen bei den sogenannten Dreiecksfällen.55 Die Vorschrift bewirkte, dass für Dreiecksfälle ein Gleichlauf der Rechtsfolgen mit denen aus § 135 InsO a.F. geschaffen wurde. Dies war erforderlich, da § 135 InsO a.F. tatbestandlich nur die gesellschaftliche Leistung beziehungsweise Sicherung gegenüber dem Gesell-
51
Eingeführt durch das KapAEG, BGBl. I, 707 v. 20. 4. 1998. Eingeführt durch das KonTraG, BGBl. I, 786 v. 27. 4. 1998. 53 Siehe auch Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 32a GmbHG, Rn. 6. 54 Durch die Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1994 wurde das Konkursrecht abgelöst. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Anfechtungsrecht in § 32a KO und § 3b AnfG geregelt. 55 Mayer, BB 1990, 1935, 1936 f. 52
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3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
schafter erfasste. In den Dreiecksfällen leistet die Gesellschaft jedoch an einen Dritten, während der Gesellschafter diesen Anspruch lediglich besicherte.56 Leistete die Gesellschaft auf eine Forderung eines Dritten nach § 32a Abs. 2 oder 3 GmbHG im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag oder danach, stand der Gesellschaft gegen den Gesellschafter, der für diese Forderung eine Sicherheit gestellt hatte, ein Erstattungsanspruch nach § 32b S. 1 GmbHG zu. Das Korrelat zu § 32a Abs. 2 GmbHG bildete § 32b S. 2 GmbHG. Während erstere Vorschrift die Möglichkeit der Forderungsgeltendmachung im Insolvenzverfahren betraf, regelte letztere den Fall, dass die Forderung vor der Insolvenzeröffnung aufgrund Befriedigung durch die Gesellschaft erloschen ist. § 32b S. 2 GmbHG gewährte der Gesellschaft in diesem Fall einen Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter.57 Die Höhe des Erstattungsanspruchs war dabei auf den Betrag beschränkt, mit dem der Gesellschafter als Sicherheitengeber im Zeitpunkt der Rückzahlung haftete. Wie bei § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG erstreckte auch § 32b S. 4 GmbHG den Anwendungsbereich auf Rechtshandlungen, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprachen und verankerte so ebenfalls einen Umgehungsschutz. 5. Duales System a) Vergleich von Rechtsprechungs- und Novellenregeln Die Novellenregeln und die Rechtsprechungsregeln basierten auf unterschiedlichen Schutz- und Regelungskonzepten. Grundlegende Unterschiede zeigten sich dabei sowohl auf der Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite. aa) Tatbestandliche Unterschiede Die Anwendung des Eigenkapitalersatzrechts nach den Rechtsprechungsregeln erforderte lediglich das Vorliegen eines eigenkapitalersetzenden Darlehens. Über das Vorliegen der entsprechenden Merkmale hinaus bedurfte es keiner weiteren Voraussetzungen. Im Gegensatz hierzu verlangten die Novellenregeln über das Vorliegen eines eigenkapitalersetzenden Darlehens hinaus noch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der durch die Rechtsprechungsregeln gewährte Schutz bestand folglich für den gesamten Zeitraum, in dem das Gesellschafterdarlehen eigenkapitalersetzenden Charakter aufwies, während der Schutzbereich der Novellenregeln
56
Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 32b GmbHG, Rn. 1. Nach § 32b S. 3 GmbHG kommt dem Gesellschafter eine Ersetzungsfunktion zu. Stellt er der Gesellschaft das Sicherungsgut zu ihrer Befriedigung zur Verfügung befreit dies den Gesellschafter von dem Erstattungsanspruch, siehe hierzu auch Hueck/Fastrich, in: Baumbach/ Hueck GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 32b GmbHG, Rn. 5. 57
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lediglich im Insolvenzverfahren eröffnet war. Darüber hinaus fanden die Novellenregeln lediglich innerhalb der starren Fristen Anwendung.58 Da die Novellenregeln außerhalb des Insolvenzverfahrens keine Anwendung fanden, blieben der Anwendungsbereich und das Schutzniveau deutlich hinter denen der Rechtsprechungsregeln zurück. Dies betraf insbesondere Fälle, in denen das Insolvenzverfahren mangels ausreichender Masse nicht eröffnet wurde oder die Rechtshandlungen außerhalb der normierten Fristen lagen.59 bb) Unterschiedliche Rechtsfolgen Auch auf der Rechtsfolgenseite unterschieden sich die beiden Rechtsinstitute. Nach den Rechtsprechungsregeln unterlagen eigenkapitalersetzende Darlehen dem generellen Auszahlungsverbot gem. § 30 Abs. 1 GmbHG (analog). Forderungen aus eigenkapitalersetzenden Darlehen durfte die Gesellschaft daher zu keiner Zeit befriedigen. Im Falle der widerrechtlichen Auszahlung erhielt die Gesellschaft gegen den Gesellschafter einen Erstattungsanspruch gem. § 31 Abs. 1 GmbHG (analog).60 Der durch die Novellenregeln vermittelte Schutz beschränkte sich hingegen auf das Insolvenzverfahren. In der Insolvenz wurde der Gesellschafter mit seiner Forderung aus dem Gesellschafterdarlehen nachrangiger Insolvenzgläubiger. Im Gegensatz zu den Rechtsprechungsregeln unterlag das Gesellschafterdarlehen jedoch keinem Auszahlungsverbot. Der Gesellschaft war es demnach zu keiner Zeit untersagt, entsprechende Darlehensforderungen zu tilgen. In der Insolvenz der Gesellschaft unterlagen diese Tilgungsleistungen innerhalb der Anfechtungsfristen des § 135 InsO a.F. jedoch der Insolvenzanfechtung. Diese führte zu einem Rückerstattungsanspruch nach § 143 Abs. 1 S. 1 InsO. Während die Rechtsprechungsregeln also einen dauerhaften Schutz gewährleisteten, war der Schutz durch die Novellenregeln hingegen auf insolvenzrechtliche Maßnahmen beschränkt. Aufgrund dieser unterschiedlichen Charakteristika sprach man bei den Rechtsprechungsregeln auch vom Konzept der schützenden Vorsorge, während die Novellenregeln lediglich punktuellen und reaktiven Gläubigerschutz gewährleisteten.61 Neben den aufgezeigten Unterschieden der Schutzinstrumente wiesen die Rechtsprechungs- und Novellenregeln auch bedeutende Unterschiede hinsichtlich des Umfangs ihres Schutzes auf. Der durch die Rechtsprechungsregeln gewährte 58 Priester, FS Döllerer, 475, 482; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 73 f.; Hommelhoff/Kleindiek, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 421, 429; Mayer, BB 1990, 1935, 1937; Weber/Lepper, DStR 1991, 980, 984. 59 Mayer, BB 1990, 1935, 1937. 60 Priester, FS Döllerer, 475, 482; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 74; Klaus, BB 1994, 680, 681. 61 Mayer, BB 1990, 1935; Hommelhoff/Kleindiek, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 421, 429; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 75.
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Schutz beschränkte sich dabei auf den Betrag des Stammkapitals und einer eventuell darüber hinausgehenden Überschuldung der Gesellschaft. Der Teil eines Gesellschafterdarlehens, der nicht zur Erhaltung des Stammkapitals benötigt wurde, war daher nicht von der Auszahlungssperre erfasst und musste auch nicht erstattet werden.62 Für den Erstattungsanspruch aufgrund der Insolvenzanfechtung sahen die Novellenregeln hingegen keinerlei Begrenzung vor.63 Lag die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens somit innerhalb der Anfechtungsfrist, erfasste der Rückgewähranspruch demnach sämtliche Tilgungsleistungen, also auch solche, die das Stammkapital der Gesellschaft nicht berührten.64 b) Fortgeltung der Rechtsprechungsregeln Wie bereits festgestellt, blieb das Schutzniveau der Novellenregeln deutlich hinter denen der Rechtsprechungsregeln zurück.65 Insbesondere die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf das Insolvenzverfahren und die kurzen Fristen führten zu einer Verschlechterung des Gläubigerschutzes.66 Dies offenbarte einen evidenten Widerspruch zum erklärten Ziel der Gesetzesnovelle. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte durch die Novellenregeln eine eigene gesetzliche Grundlage für Gesellschafterdarlehen geschaffen werden.67 Die Rechtsprechungsregeln sollten demnach abgelöst werden.68 Fortan sollten eigenkapitalersetzende Darlehen also nur noch den Novellenregeln unterfallen. Andererseits stand die Gesetzesnovelle unter dem proklarierten Ziel der Verbesserung des Gläubigerschutzes.69 Wenn die Novellenregeln im Vergleich mit den Rechtsprechungsregeln jedoch ein geringeres Gläubigerschutzniveau gewährleisteten, konnte die Ablösung der Rechtsprechungsregeln durch die Novellenregeln keine Verbes-
62 Cahn, AG 2005, 217, 218; Hommelhoff/Kleindiek, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 421, 429; Priester, FS Döllerer, 475, 482; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 75; Klaus, BB 1994, 680, 681. Siehe auch § 9 I.3.e) am Ende. 63 Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 75; K. Schmidt, NJW 1980, 1769, 1772; vgl. auch Gehde, Eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen in Deutschland und den USA, S. 200 f. 64 Mayer, BB 1990, 1935, 1939. Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 32a/b GmbHG, Rn. 92. 65 Siehe hierzu im Einzelnen § 9 I.5.a)aa) und § 9 I.5.a)bb). 66 Schouler, Grundlagen des Eigenkapitalersatzrechts, 16; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 76 f; Geßler, ZIP 1981, 228, 229; vgl. auch Kamprad, GmbHR 1984, 339, 341; Ulmer, GmbHR 1984, 256, 259. 67 Siehe § 9 I.4. 68 Siehe auch Mayer, BB 1990, 1935, 1937. 69 GesetzE der BReg, BT-Drucks. 8/1347, 1, 27, 39.
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serung des Gläubigerschutzes bewirken. In der Folge sah sich die Gesetzesnovelle daher erheblicher Kritik ausgesetzt.70 Diesem Widerspruch trat der BGH in seiner Entscheidung71 aus dem Jahr 1984 entgegen und ebnete den Weg für die Fortgeltung der Rechtsprechungsregeln.72 In der Begründung sprach der BGH der Novelle einen abschließenden Regelungscharakter ab. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung lasse sich eindeutig erkennen, dass die Rechtsprechungsregeln auch dort keine Anwendung mehr finden sollten, wo sie sinnvoll und notwendig erschienen.73 So fände sich die Notwendigkeit einer Fortgeltung der Rechtsprechungsregeln insbesondere in dem Bericht des Rechtsausschusses74. Hiernach sei ein wirksamer Gläubigerschutz durch die Novellenregeln nur zu erreichen, wenn man diese nicht als abschließend verstünde. Hieraus lasse sich eine allgemeine Tendenz entnehmen, die Rechtsprechungsregeln im Sinne eines wirksamen Gläubigerschutzes so wenig wie möglich einzuschränken.75 Gegen eine abschließende Regelung sprechen auch die Wesensunterschiede von Novellen- und Rechtsprechungsregeln. Denn die Novellen- und die Rechtsprechungsregeln wiesen wesentliche Unterschiede sowohl auf der Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite auf. Darüber hinaus offenbarten die Novellenregeln große Schutzlücken,76 die sich durch die Anwendung der Rechtsprechungsregeln schließen ließen.77 Dies erscheine darüber hinaus auch dringend geboten, da der Gesetzgeber mit den Novellenregeln den Gläubigerschutz stärken wollte. Mit dem Gesetzeszweck wäre es unvereinbar ausschließlich die lückenhaften Novellenregeln anzuwenden, da man dem Gesetzgeber damit zu Unrecht den Willen unterstellen würde, hinter dem von den Rechtsprechungsregeln erreichten Schutzniveau zurückzubleiben.78 Durch die Fortgeltung der Rechtsprechungsgrundsätze etablierte sich ein duales Gläubigerschutzsystem, bei dem Rechtsprechungsregeln und Novellenregeln nebeneinander Anwendung fanden. In der Insolvenz fielen Gesellschafterdarlehen 70 Altmeppen, ZIP 1996, 1455; Geßler, BB 1980, 1385, 1391; ders., ZIP 1981, 228, 232 ff.; K. Schmidt, ZGR 1980, 567, 572 ff.; Tillmann, GmbHR 1981, 17, 18 f. 71 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 14/784, BGHZ 90, 370 = NJW 1984, 1891. 72 Der BGH schloss sich damit dem überwiegenden Teil der Literatur an, der sich ebenfalls für ein Nebeneinander der Regelungen aussprach, so etwa Geßler, ZIP 1981, 228, 233; Lutter, DB 1980, 1317, 1321. 73 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 14/784, BGHZ 90, 370, 377 = NJW 1984, 1891, 1892. 74 Beschlußempfehlung und Bericht des Rechsausschusses, BT-Drucks. 8/3908, 67. 75 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 14/784, BGHZ 90, 370, 378 = NJW 1984, 1891, 1892. 76 Siehe zu den Unterschieden der Rechtsinstitute und den Schutzlücken der Novellenregeln auch § 9 I.5.a)aa) f. 77 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 14/784, BGHZ 90, 370, 378 ff. = NJW 1984, 1891, 1892 f. 78 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 14/784, BGHZ 90, 370, 380 = NJW 1984, 1891, 1893.
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daher bis zur Höhe des Stammkapitals sowohl in den Anwendungsbereich der Novellen- als auch in den der Rechtsprechungsregeln.79
II. Haftungsrisiko des Geschäftsführers wegen Darlehensrückgewähr 1. Faktischer Konzern Die Rechtsprechungsregeln unterwarfen Gesellschafterdarlehen den Regeln des Kapitalerhaltungsrechts. Über die Schnittstelle der Geschäftsführerhaftung entwickelte das Eigenkapitalersatzrecht dabei unmittelbare Ausstrahlungswirkung auf die Geschäftsführer. Eigenkapitalersetzende Darlehen durften gem. § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. (analog) vom Geschäftsführer nicht an die betreffenden Gesellschafter zurückgezahlt werden. Bei einem Verstoß hiergegen haftete der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG.80 a) Komplexität der Eigenkapitalersatzqualifikation Um der persönlichen Haftung zu entgehen, traf den Geschäftsführer die komplizierte Aufgabe, den eigenkapitalersetzenden Charakter und insbesondere das Merkmal der Krise81 der Gesellschaft zu bestimmen. Eine Gesellschaft befand sich nach der Legaldefinition in § 32a Abs. 1 GmbHG in einer Krise, wenn und solange ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute haftendes Eigenkapital zugeführt hätten. Auch wenn zur Konkretisierung auf die in der Rechtsprechung entwickelten Rechtssätze zurückgegriffen werden konnte, gestaltete sich eine rechtssichere Klassifizierung in der Praxis häufig als äußerst kompliziert.82 Denn im Laufe der Jahre entwickelte sich durch das Nebeneinander der Rechtsprechungs- und Novel-
79
Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 83; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 32a GmbHG, Rn. 6; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 32a/b GmbHG, Rn. 10 und 17. Andere werteten das Nebeneinander hingegen als zweistufiges Schutzkonzept, wonach eigenkapitalersetzende Darlehen bis hinauf zur Stammkapitalziffer ausschließlich den Rechtsprechungsregeln unterfielen. Diese speziellere Regelung sperre insoweit die Anwendung der Novellenregeln, Hommelhoff/Kleindiek, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 421, 429; vgl. auch Priester, FS Döllerer, 475, 482 f. 80 Fleck, FS Döllerer, 109, 121; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, 75; Priester, FS Döllerer, 475, 482; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 217c. 81 Zur tatbestandlichen Äquivalenz mit dem in der Judikatur entwickeltem Merkmal der Kreditunwürdigkeit siehe § 9 I.4.a). 82 Vgl. auch Fleischer, ZIP 1996, 773, 776; Haas, NZI 1999, 209.
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lenregeln eine unüberschaubare Rechtsprechung, die den Geschäftsführer vor nahezu unlösbare Aufgaben stellte.83 b) Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG Nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG ist der Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 GmbHG zuwider, Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens gemacht wurden.84 Wie bereits erläutert, fielen unter kapitalerhaltungsrechtlich verbotswidrige Zahlungen auch Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen, denen eigenkapitalersetzender Charakter zukam.85 Weitere Tatbestandsvoraussetzungen sind dem § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG darüber hinaus nicht zu entnehmen. aa) Erweiterung des Haftungstatbestandes Die Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG stellt jedoch lediglich einen Sonderfall der Schadensersatzhaftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG dar.86 Der haftungsbegründende Tatbestand von § 43 Abs. 2 GmbHG wird daher mit in die Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG hineingezogen.87 Die Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG erfordert dabei nach allgemeiner Ansicht ein Verschulden des Geschäftsführers.88 Zu verantworten hat der Geschäftsführer danach Vorsatz und Fahrlässigkeit.
83 Vgl. etwa Mayer/Weiler, in: Beck. Notar-Hdb., 5. Aufl. 2009, 977; Niesert/Hohler, NZI 2009, 345, 346; Gehrlein, BB 2011, 5; ders, BB 2008, 846; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1655. Siehe zu den Erscheinungsformen, der Erkennbarkeit und der Feststellung der Krise auch Löwisch, Eigenkapitalersatzrecht, S. 68 ff. 84 § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG hat durch das MoMiG keine Änderung erfahren. Die Voraussetzungen der Haftung gelten somit auch noch im heutigen Recht. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die aktuelle Rechtslage, gelten jedoch auch für die Rechtslage vor dem MoMiG. 85 Siehe § 9 I.1. ff. So auch BGH, Urt. v. 9. 12. 1991 - II ZR 43/91, NJW 1992, 1166; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 57; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, §43 GmbHG, Rn. 119. 86 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 285, vgl. auch Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 216. 87 Vgl. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 8. 88 Oetker, in: Henssler/Strohn GesR, § 43 GmbHG, Rn. 18; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 188; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 255.
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bb) Verschulden Vorsatz erfordert danach die wissentliche und willentliche Verletzung einer Pflicht.89 Bezogen auf die Haftung bei eigenkapitalersetzenden Darlehen nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG setzte dies voraus, dass der Geschäftsführer den Eigenkapitalcharakter des Darlehens kannte und die verbotene Rückzahlung dennoch bewusst veranlasste. Den Maßstab für die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im Rahmen der Fahrlässigkeit bildet die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nach § 43 Abs. 1 GmbHG.90 Die individuellen Fähigkeiten des Geschäftsführers oder die konkreten Umstände spielen keine Rolle.91 Relevant ist vielmehr ein objektiver Verschuldensmaßstab. Dieser umfasst dabei die Fähigkeiten und Kenntnisse, welche die Geschäftsführung bei der jeweiligen Geschäftsführungsmaßnahme objektiv erfordert.92 Auch die Beurteilung, ob einem Gesellschafterdarlehen Eigenkapitalcharakter zukam, beurteilte sich nach einem verobjektivierten Maßstab. Ein eigenkapitalersetzendes Darlehen lag dabei nach § 32a GmbHG vor, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten, stattdessen ein Darlehen gewährte.93 Dieser doppelte objektive Beurteilungsmaßstab führte dazu, dass die Qualifizierung als eigenkapitalersetzendes Darlehen (nahezu) automatisch auch das Verschulden des Geschäftsführers im Falle der Darlehensrückgewähr begründete. Denn wenn die Qualifizierung als eigenkapitalersetzendes Darlehen letztlich von der Erkennbarkeit der Krise der Gesellschaft abhängig gemacht wird und hinsichtlich der Erkennbarkeit (verobjektiviert) auf einen ordentlichen Kaufmann abgestellt wird, dann muss dies auch ein Geschäftsführer erkennen, da hierfür seinerseits (verobjektiviert) auf einen ordentlichen Geschäftsmann abgestellt wird. Da sich die Sorgfaltsanforderungen eines ordentlichen Kaufmanns mit denen eines ordentlichen Geschäftsmannes decken,94 musste der Geschäftsführer in der Regel sowohl den Eigenkapitalersatz89
Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 188. Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 188. 91 Unberücksichtigt bleiben daher etwa persönliche Unkenntnis und Unerfahrenheit, siehe hierzu etwa BGH, Urt. v. 20. 2. 1995 – II ZR 143/93, BGHZ 129, 30, 34 = NJW 1995, 1290, 1291. 92 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 255; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 190; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 70. 93 Auch das in der Rechtsprechung entwickelte Merkmal der Kreditunwürdigkeit basierte auf einem verobjektivierten Maßstab. Maßgeblich war insoweit die Kreditbereitschaft eines objektiven (ordentlichen) Kreditgebers, siehe auch § 9 I.3.b) und § 9 I.3.e). Zur tatbestandlichen Äquivalenz des Krisenmerkmals der Novellenregeln mit dem in der Judikatur entwickelten Merkmal der Kreditunwürdigkeit siehe § 9 I.4.a). 94 Teilweise wird die absolute Deckungsgleichheit der Sorgfaltsmaßstäbe angenommen und beide Begriffe als Synonym verwendet, OLG Koblenz, Urt. v. 26. 5. 1994 – 6 U 455/91, GmbHR 1995, 730 und 731; OLG München, Urt. v. 24. 10. 1997 – 23 U 2392/97, GmbHR, 1103 f.; KG, 90
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charakter als auch die Sorgfaltswidrigkeit einer Darlehensrückzahlung erkennen. Dem Verschulden kam daher im Rahmen eigenkapitalersetzender Darlehen in der Praxis keine entscheidende Bedeutung zu. Eine Bejahung der objektiven Pflichtwidrigkeit der Darlehensrückgewähr erfolgte vielmehr grundsätzlich auch schuldhaft.95 cc) Kausaler Schaden Durch die, § 30 GmbHG entgegenstehende, Zahlung muss der Gesellschaft kausal96 ein Schaden entstanden sein. § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG enthält dabei einen eigenständigen (normativen) Schadensbegriff.97 Entgegen den §§ 249 ff. BGB liegt § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG der Begriff des Auszahlungsschadens zugrunde.98 Der Schaden der Gesellschaft liegt dabei bereits in dem Liquiditätsabfluss. Für die Schadensbegründung ist es dabei unerheblich, dass der Gesellschaft aufgrund des Vermögensabflusses zugleich ein Erstattungsanspruch nach § 31 GmbHG zusteht.99 Die Beweislastverteilung geht dabei zulasten des Geschäftsführers. Es wird gesetzlich vermutet, dass der Gesellschaft ein Schaden in Höhe des Liquiditätsabflusses entstanden ist. Entlasten kann sich der Geschäftsführer nur, wenn er darlegt, dass der Auszahlungsschaden nachträglich wieder entfallen ist, da die dem § 30 GmbHG widersprechenden Leistungen der Gesellschaft wieder erstattet wurden.100
Urt. v. 9. 10. 1998 – U 4823/96, NZG 1999, 400; OLG Naumburg, Urt. v. 30. 11. 1998 – 11 U 22/ 98, NZG 1999, 353, 354. Andere gehen davon aus, dass der Sorgfaltsmaßstab des ordentlichen Geschäftsmannes über den des ordentlichen Kaufmanns hinausgeht, OLG Celle, Urt. v. 15. 3. 2000 – 9 U 209/99, NZG 2000, 1178, 1179; OLG Zweibrücken, Urt. v. 22. 12. 1998 – 8 U 98/98, NZG 1999, 506, 507; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 188. Nach beiden Ansichten hat der Geschäftsführer somit die Krise der Gesellschaft und damit einhergehend den Eigenkapitalcharakter zu erkennen. 95 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 255. 96 Die Kausalität bemisst sich dabei nach allgemeinen Grundsätzen. Die Kausalität ist zu bejahen, wenn der Schaden bei pflichtgemäßem Handeln entfallen würde, statt vieler Haas/ Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 199. 97 Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 293, vgl. auch Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 58; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 219. 98 BGH, Urt. v. 29. 9. 2008 – II ZR 234/07, NZG 2008, 908, 910. 99 BGH, Urt. v. 29. 9. 2008 – II ZR 234/07, NZG 2008, 908, 910; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 293; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 49; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, §43 GmbHG, Rn. 119. 100 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 49; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 293.
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dd) Kein Haftungsausschluss bei Weisung (1) § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der GmbH erforderlich ist, kann sich der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG der Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG nicht dadurch entziehen, dass er aufgrund einer Weisung gehandelt habe. Auf den ersten Blick liest sich die Regelung so, als regele sie den Fall, dass der Geschäftsführer zur Entlastung im Rahmen seiner Haftung nicht auf eine Weisung verweisen darf, wenn diese eine § 30 GmbHG widersprechende Zahlung beinhaltete. Bedenkt man jedoch, dass Weisungen, die § 30 GmbHG widersprechende Zahlung beinhalten, in der Regel nichtig sind und keine Bindungswirkung für den Geschäftsführer entfalten,101 kommt § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG daneben lediglich ein eigenständiger Regelungscharakter für die seltenen Fälle zu, in denen ausnahmsweise keine nichtige Weisung vorliegt.102 Dies ist der Fall, wenn die, der Weisung zugrunde liegende Zahlung im Zeitpunkt ihrer Erteilung noch nicht gegen § 30 GmbHG verstieß, eine derartige Verletzung jedoch im Zeitpunkt der Ausführung der Weisung zu bejahen ist.103 Der Ausschluss der Berufungsmöglichkeit auf eine Weisung im Rahmen des § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG beschränkt sich folglich auf einen sehr begrenzten Tatbestand. Ein umfassender Ausschluss ergibt sich vielmehr im Zusammenhang mit der Nichtigkeit von, verbotene Leistungen beinhaltende, Weisungen und deren fehlender Bindungswirkung. (2) Keine Bindungswirkung bei unrechtmäßiger Weisung Kam dem Gesellschafterdarlehen Eigenkapitalersatzcharakter zu, so dass eine Rückgewähr kapitalerhaltungsrechtlich verboten war, haftete der Geschäftsführer bei verbotswidriger Leistung auch dann, wenn er aufgrund einer Weisung der Gesellschafterversammlung handelte. Wie bereits erläutert, stellten die Kapitalerhaltungsregeln die äußersten Grenzen der nachteiligen Einflussnahme sowohl bei der abhängigen Mehrpersonen-GmbH104 als auch bei der abhängigen Ein-Mann-GmbH105 dar. Somit wurde das Weisungsrecht der Konzernmutter auch durch das Eigenkapitalersatzrecht beschränkt, da dieses, wie bereits festgestellt, auf einer analogen Anwendung der Kapitalerhal101
Hierzu sogleich näher § 9 II.1.b)dd)(2). Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 43 GmbHG, Rn. 87; Zöllner/ Noack, in: Baumbach/HueckGmbHG, 18. Aufl. 2006, § 43 GmbHG, Rn. 52; Fleischer, in: Münch. Komm. GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 296; Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 220 f. 103 Haas/Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 GmbHG, Rn. 220 a. 104 Siehe § 3 IV.4.a)aa)(1) am Ende. 105 Siehe § 3 IV.4.a)aa)(2). 102
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tungsregeln fußte.106 Durch die § 30 GmbHG widersprechende Auszahlung verstieß der Geschäftsführer darüber hinaus gegen seine Legalitätspflicht. Der Geschäftsführer durfte die Auszahlung daher weder aus Eigeninitiative noch aufgrund einer Weisung ausführen.107 Bei einer verbotswidrigen Leistung im Sinne des § 30 GmbHG haftete der Geschäftsführer der abhängigen GmbH daher auch, wenn er durch die Gesellschafterversammlung zur Auszahlung angewiesen wurde. Die Beschränkung der Bindungswirkung von Weisungen auf rechtmäßige Geschäftsführungsmaßnahmen stellte den Geschäftsführer in der Praxis vor Probleme. Weigerte sich der Geschäftsführer das Darlehen bei einer Weisung zurückzuzahlen und stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Weisung rechtmäßig war, lief der Geschäftsführer Gefahr, dass er abberufen wird. Folgte der Geschäftsführer hingegen der Weisung und zahlte die Darlehenssumme zurück, entpuppte sich die Weisung jedoch danach als unrechtmäßig, traf ihn die persönliche Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG.108 Der Geschäftsführer wanderte folglich auf einem schmalen Grad, bei dem er sich ständig der Gefahr der Abberufung oder der persönlichen Haftung ausgesetzt sah. ee) Risiken beim Kompensationsrückgriff (1) Insolvenzrisiko des Gesellschafters Zwar kann sich der Geschäftsführer nach seiner Inanspruchnahme den Erstattungsanspruch der Gesellschaft nach § 31 GmbHG wegen der verbotswidrigen Zahlung gegen den Zahlungsempfänger analog § 255 BGB abtreten lassen,109 dennoch trägt der Geschäftsführer das Insolvenzrisiko des Gesellschafters. Der abgetretene Erstattungsanspruch des § 31 Abs. 1 GmbHG richtet sich gegen den Gesellschafter, der die verbotene Leistung erhalten hat.110 Ist dieser Anspruch nicht zu realisieren, sieht das Gesetz in § 31 Abs. 3 S. 1 GmbHG eine Ausfallhaftung der übrigen Gesellschafter vor. Diese haften im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile somit solidarisch für die Verbindlichkeiten des nicht leistungsfähigen Gesellschafters.111 Auf die Ausfallhaftung des § 31 Abs. 3 S. 1 GmbHG kann sich der Geschäftsführer jedoch nicht berufen. Den übrigen Gesellschaftern würde in diesem Fall nämlich der dolo agit Einwand zustehen. Hiernach kann ein Forderungsinhaber die Leistung dann nicht verlangen, wenn er sie im Gegenzug wieder herausgeben müsste. Insoweit können die Gesellschafter dem Geschäftsführer entgegenhalten, dass ihnen bei Inanspruchnahme durch die Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG 106
Vgl. etwa § 9 I.3.f). Siehe hierzu § 3 IV.5. 108 Siehe hierzu ausführlich § 3 V. 109 Strohn, ZInsO 2009, 1417, 1419; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, §43 GmbHG, Rn. 119. 110 Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 GmbHG, Rn. 8. 111 Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 GmbHG, Rn. 21 ff. 107
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ein Anspruch in entsprechender Höhe gegen den Geschäftsführer nach § 31 Abs. 6 S. 1 GmbHG zustehen würde. (2) Belastungen durch möglichen Prozess Darüber hinaus ist der Geschäftsführer gezwungen einen Rückforderungsprozess zu führen. Dies bindet enorme zeitliche Ressourcen. Da es in den vorliegenden Szenarien regelmäßig zu einer Insolvenz der Gesellschaft kam, war der Geschäftsführer regelmäßig gezwungen, eine anderweitige Tätigkeit zu finden. In dieser Stresssituation gestaltet sich eine weitere zeitliche Inanspruchnahme grundsätzlich nicht förderlich. Darüber hinaus könnte es sich im Bewerbungsverfahren als negativ erweisen, dass der Geschäftsführer gegen die Gesellschafter seiner vorherigen Anstellungsgesellschaft einen Gerichtsprozess angestrebt hat. Trotz der Rechtmäßigkeit des Gerichtsprozesses, besteht doch immer das Risiko, dass dem Geschäftsführer die prozessuale Auseinandersetzung als Streitlust anhaftet und der Ruf des Geschäftsführers Schaden nimmt. ff) Zusammenfassung Bei Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen war der Geschäftsführer zur Prüfung verpflichtet, ob dem Darlehen Eigenkapitalersatzcharakter zukam und die Auszahlung gegen Kapitalerhaltungsrecht verstoßen würde. In diesem Fall musste der Geschäftsführer die Auszahlung verweigern. Führte er die Leistung dennoch aus, lief der Geschäftsführer Gefahr, der Gesellschaft gegenüber nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG zu haften. Die Klassifizierung des Gesellschafterdarlehens gestaltete sich in der Praxis aufgrund des Nebeneinanders der Rechtsprechungs- und Novellenregeln und einer unüberschaubaren Rechtsprechung häufig als unlösbares Unterfangen. Da sowohl bei der Qualifizierung des Gesellschafterdarlehens als auch bei dem Verschulden im Rahmen der Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG ein objektiver Beurteilungsmaßstab angesetzt wurde, führte eine fehlerhafte Qualifizierung des Darlehens automatisch zu einer vom Geschäftsführer zu verschuldenden Pflichtwidrigkeit. Eine weitere Belastung stellte der normative Schadensbegriff für den Geschäftsführer dar. Hiernach wird ein Schaden in Höhe des Liquiditätsabflusses gesetzlich vermutet. Zulasten des Geschäftsführers werden bei der Schadensberechnung Erstattungsansprüche gegen Gesellschafter aufgrund der verbotswidrigen Zahlung nicht berücksichtigt und der Geschäftsführer ist beweisbelastet, einen (nachträglichen) Wegfall des Schadens aufgrund Rückzahlungen der verbotenen Leistungen darzulegen. Aufgrund der Abtretungsmöglichkeit des Erstattungsanspruchs der Gesellschaft nach § 31 GmbHG bei Inanspruchnahme nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG trug der Geschäftsführer das Insolvenzrisiko des Empfängers der verbotenen Leistung und wurde mit dem Erstattungsprozess belastet.
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Insgesamt gestaltete sich die Geschäftsführungsmaßnahme der Qualifizierung der Gesellschafterdarlehen als äußerst kompliziert. Darüber hinaus erhöhten die objektiven Beurteilungsmaßstäbe sowohl das Risiko der Pflichtverletzung als auch das des Verschuldens des Geschäftsführers. Das Haftungsrisiko des Geschäftsführers bei der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen war folglich enorm hoch. Gepaart wurde das Risiko darüber hinaus noch mit einer, den Geschäftsführer belastenden, Schadensberechnung und Beweislastverteilung und der Aufbürdung des Insolvenzrisikos des Leistungsempfängers, so dass das Eigenkapitalersatzrecht unter dem Strich eine enorme Belastung des Geschäftsführers bedeutete. 2. Vertragskonzern Im GmbH-Vertragskonzernrecht war bis zum MoMiG nicht nur die Suspendierung von § 30 GmbHG aufgrund der entsprechenden Anwendung von § 291 Abs. 3 AktG umstritten.112 Im Rahmen der Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen war ebenfalls streitig, ob das Eigenkapitalersatzrecht auch im GmbH-Vertragskonzern anwendbar war. a) Suspendierung analog § 291 Abs. 3 AktG umfasst auch Eigenkapitalersatzrecht Eine Ansicht in der Literatur erstreckte die Suspendierungswirkung analog § 291 Abs. 3 AktG auch auf das Eigenkapitalersatzrecht.113 Wenn im Vertragskonzern der Kapitalschutz suspendiert sei, dann müsse dies erst recht auch für das Eigenkapitalersatzrecht gelten. Die Kreditwürdigkeit leite sich aus der Kapitalbasis und der Liquidität der Tochtergesellschaft ab. Im Vertragskonzern werde die Erhaltung des bilanziellen Eigenkapitals durch den Verlustausgleichsanspruch gewährt. Hierdurch werde die Bonität der herrschenden Gesellschaft auf die Untergesellschaft transferiert. Die Sicherstellung ausreichender Liquidität werde im Vertragskonzern durch den Existenzschutz gewährt, so dass kein rechtliches Bedürfnis für die Anwendbarkeit des Eigenkapitalersatzrechts im Vertragskonzern bestehe.114 Nach dieser Ansicht war das Eigenkapitalersatzrecht suspendiert, so dass auch eine Haftung des Geschäftsführers wegen der Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens ausschied.
112
Siehe hierzu ausführlich § 6 II. ff. Hentzen, AG 2006, 133, 241; Jula/Breitbach, AG 1997, 256, 265, Hommelhoff, WM 1984, 1105, 1110 ff.; Messer, ZHR 159 (1995), 375, 380 f. 114 Hentzen, AG 2006, 133, 241; Jula/Breitbach, AG 1997, 256, 265. 113
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b) Fortgeltung des Eigenkapitalersatzrechts im Vertragskonzern Andere Stimmen in der Literatur gingen hingegen von einer Anwendbarkeit des Eigenkapitalersatzrechts im Vertragskonzern aus.115 Der Gläubigerschutz im Rahmen des Eigenkapitalersatzrechts sei erforderlich, da das, durch den Verlustausgleich gewährte Schutzniveau in wesentlichen Punkten hinter dem des Eigenkapitalersatzrechts zurück bleibe. So werde insbesondere in zeitlicher Hinsicht der Verlustausgleichsanspruch erst zum Jahresende fällig, während der Erstattungsanspruch nach den Rechtsprechungsregeln sofort zu begleichen sei.116 Darüber hinaus unterscheide sich der durch die §§ 30 f. GmbHG gewährte Gläubigerschutz von dem des Eigenkapitalersatzrechts, was gegen eine Erweiterung der Suspendierung gem. § 291 Abs. 3 AktG (analog) spreche. Denn der Gläubigerschutz im Rahmen des Eigenkapitalersatzrechts gehe in sachlicher Hinsicht deutlich über den durch die §§ 30 f. GmbHG gewährten Schutz des Stammkapitals hinaus. So seien etwa die Rechtsprechungsregeln anwendbar, obwohl die Gewährung und die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens bilanziell das Eigenkapital nicht berühre. Daneben seien die Novellenregeln, im Gegensatz zum Erstattungsanspruch nach § 31 GmbHG, nicht auf den Betrag des Stammkapitals begrenzt.117 Des Weiteren knüpfe das Eigenkapitalersatzrecht an das Kriterium der Kreditwürdigkeit an. Den entscheidenden Anknüpfungspunkt bilde somit ein Liquiditätskriterium, während das Kriterium der Kapitalerhaltung lediglich reflexartig Einbeziehung finde. Aus dem Eigenkapitalrecht erwachsen somit eigenständige Grundregeln über die Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter im Hinblick auf die Liquiditätsausstattung der Gesellschaft. Aufgrund der unterschiedlichen Anknüpfungspunkte erscheine es gerechtfertigt, das Eigenkapitalersatzrecht nicht der Suspendierung nach § 291 Abs. 3 AktG (analog) zu unterwerfen, zumal auch kein Grund ersichtlich sei, den Gesellschafter im Vertragskonzern von seinen Pflichten hinsichtlich der Liquiditätsausstattung freizustellen.118 Die Frage, ob die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts auch im GmbHVertragskonzern ihre Geltung behalten, griff der BGH in einer Entscheidung119 aus dem Jahr 2006 auf. In dem zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage, ob das
115 Fleischer, in: Hdb. Kapitalersatzrecht, 422 f.; Verse, ZIP 2005, 1627, 1632; Brandes, FS Kellermann, 1991, 25, 34; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 99 f.; so auch Vogt, in: Beck. Hdb. GmbH, § 17, Rn. 53. 116 Fleischer, in: Hdb. Kapitalersatzrecht, 422. 117 Vgl. Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 99; vgl. auch Fleischer, in: Hdb. Kapitalersatzrecht, 422 nachdem sich der Verlustausgleich auf das nominelle Stammkapital beschränke und insoweit in sachlicher Hinsicht hinter dem Schutzniveau der Novellenregeln bleibe. 118 Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 99 f. 119 BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285 = WM 2006, 1585; siehe auch BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168 = MDR 1989, 43 – HSW-Urteil.
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herrschende Unternehmen gegen einen Verlustausgleichsanspruch nach § 302 AktG mit einer eigenen Forderung gegen die abhängige GmbH aufrechnen kann. Zunächst bestätigte der BGH seine Rechtsprechung, dass der Verlustausgleich nach § 302 AktG auch im GmbH-Vertragskonzern an die Stelle der Kapitalerhaltungsvorschriften trete.120 Sodann stellte der BGH klar, dass der Verlustausgleichsanspruch weder die vollumfängliche Aufgabe des kapitalerhaltungsrechtlich gewährten Gläubigerschutzes bedeute, noch dass kapitalerhaltungsrechtliche Grundsätze vollumfänglich auf den Verlustausgleichsanspruch übertragen werden können.121 Insbesondere der Ersatzanspruch nach § 31 GmbHG weise grundlegende Unterschiede zum Verlustausgleichsanspruch nach § 302 AktG auf, welche einer Übertragung des kapitalerhaltungsrechtlichen Aufrechnungsverbots auf den Verlustausgleichsanspruch entgegen stünden. Ein Ersatzanspruch nach § 31 GmbHG erfordere tatbestandlich zwingend das Antasten des Stammkapitals zu Gunsten einer Auszahlung an einen Gesellschafter. Demgegenüber sei eine, das Stammkapital belastende, Auszahlung an einen Gesellschafter keine zwingende Voraussetzung für den Verlustausgleichsanspruch nach § 302 AktG. Der Anspruch könne vielmehr auch auf einer schlechten Ertragslage beruhen. Darüber hinaus erfasse der Verlustausgleichsanspruch jeden, während der Vertragsdauer auftretenden Jahresfehlbetrag, unabhängig davon, ob dieser das Stammkapital belaste oder nicht.122 Des Weiteren ginge auch der Schutzzweck des Ersatzanspruchs nach § 31 GmbHG über den des Verlustausgleichsanspruchs nach § 302 AktG hinaus, da letzterem bereits genüge getan sei, wenn die abhängige Gesellschaft soweit mit Vermögen ausgestattet wird, dass sie in der Lage ist, sämtliche Forderungen ihrer Gläubiger einschließlich der zur Aufrechnung durch das herrschende Unternehmen gestellten Forderung zu erfüllen.123 Im Rahmen der Rückverweisung an das Berufungsgericht zur Neuverhandlung und zur Feststellung der Werthaltigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen des herrschenden Unternehmens wies der BGH darüber hinaus darauf hin, dass eine Aufrechnung mit Rückzahlungsforderungen aus einem Gesellschafterdarlehen, aufgrund eigenkapitalersetzenden Charakters der Forderung, unzulässig sein könne.124 Der BGH schloss sich somit der Literaturansicht an, welche die Fortgeltung des Eigenkapitalrechts im Vertragskonzern annahm. Dass sich die Suspendierung analog § 291 Abs. 3 AktG nicht auf das Eigenkapitalersatzrecht erstrecken lasse, ergebe sich bereits daraus, dass die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechts im Wesentlichen in den
120 121 122 123 124
BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285, 289 = WM 2006, 1585, 1586. BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285, 289 = WM 2006, 1585, 1586 f. BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285, 289 f. = WM 2006, 1585, 1587. BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285, 290 = WM 2006, 1585, 1587. BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285, 293 f. = WM 2006, 1585, 1588.
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§§ 32a, b GmbHG geregelt würden und die Suspendierung analog § 291 Abs. 3 AktG diese Normen nicht umfasse.125 Nach dieser Ansicht galt das Eigenkapitalersatzrecht auch im Vertragskonzern. Die höchstrichterliche Entscheidung war für den Geschäftsführer fortan bindend, so dass er sich haftungsrechtlich nicht (mehr) mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert sah. Er musste daher keine Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten (mehr) vornehmen. Für den Geschäftsführer bedeutete die Geltung des Eigenkapitalersatzrechts, dass ihn auch im Vertragskonzern die Aufgabe traf, zu prüfen, ob dem Gesellschafterdarlehen im Einzelfall Eigenkapitalersatzcharakter zukam. Darüber hinaus trafen den Geschäftsführer auch Haftungsrisiken, wenn Gesellschafterdarlehen trotz Eigenkapitalersatzcharakters zurückgewährt wurden. c) Eigenkapitalersatzrechtliches Haftungsrisiko aa) Haftung bei rechtswidriger Weisung Im Rahmen von Weisungen traf den Geschäftsführer im Vertragskonzern das Haftungsrisiko analog § 310 Abs. 1 AktG. Hiernach haftete er für Schäden seiner Anstellungsgesellschaft, die auf einer sorgfaltswidrigen Befolgung unzulässiger Weisungen durch das herrschende Unternehmen beruhten.126 Führte der Geschäftsführer sorgfaltswidrig eine Weisung aus und zahlte ein Gesellschafterdarlehen trotz Eigenkapitalcharakters an die Konzernmutter zurück, haftete er gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft analog § 310 AktG.127 (1) Unzulässige Weisung Aufgrund der (Fort-)Geltung des Kapitalersatzrechts im Vertragskonzern war die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen, denen Eigenkapitalersatzcharakter zukam, von der Tochter an die Mutter unzulässig. Weisungen, welche Leistungen beinhalteten, die gegen das Eigenkapitalersatzrecht verstießen, waren somit nichtig (§ 134 BGB) und entfalteten keine Bindungswirkung für den Geschäftsführer der Tochter.
125
BGH, Urt. v. 10. 7. 2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285, 294 = WM 2006, 1585, 1588. So die auch heute herrschende Ansicht, Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 310 AktG, Rn. 4 und 12; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 310 AktG, Rn. 3; Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 310 AktG, Rn. 3. A.A. Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, 5. Aufl. 2008, § 310 AktG, Rn. 8; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 310 AktG, Rn. 8, wonach die Vorschrift nicht nur die sorgfaltswidrige Befolgung von unzulässigen Weisungen, sondern sämtliche Pflichten des Geschäftsführers umfasse, die einen Bezug zum Beherrschungsvertrag aufweisen, so dass die Haftung auch bei einer schuldhaften Schädigung der Gesellschaft bei der Befolgung einer an sich zulässigen Weisung eingreife. 127 Siehe zur Haftung des Geschäftsführers bei rechtswidriger Weisung auch § 3 III.2.c)aa). 126
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(2) Schädigung der abhängigen Gesellschaft Unterfiel die Darlehensvaluta aufgrund ihres Eigenkapitalersatzcharakters dem „Eigenkapitalbeschlag“, durfte sie nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Bei Zuwiderhandeln entstand der Gesellschaft daher ein Schaden in Höhe der Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens. (3) Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters Im Rahmen von Weisungen traf den Geschäftsführer ausnahmslos die Pflicht, jede Weisung zunächst auf ihre rechtliche Zulässigkeit zu kontrollieren.128 Bei der Prüfung hatte der Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Auch im Rahmen der Haftung des Geschäftsführers im Vertragskonzern herrschte somit ein verobjektivierter Prüfungsmaßstab vor. Der Maßstab war somit deckungsgleich mit demjenigen des § 43 Abs. 1 GmbHG.129 Auch bei der Prüfungspflicht des Geschäftsführers im Rahmen der Haftung analog § 310 Abs. 1 AktG spielten die individuellen Fähigkeiten des einzelnen Geschäftsführers keine Rolle. Der Prüfungsmaßstab im Rahmen von analog § 310 Abs. 1 AktG war somit verobjektiviert. Da auch bei der Beurteilung, ob einem Gesellschafterdarlehen Eigenkapitalcharakter zukam, ein verobjektivierter Maßstab an den Geschäftsführer gerichtet wurde, führte dies auch im Vertragskonzern zu einem Gleichlauf von der Qualifizierung als eigenkapitalersetzendes Darlehen und dem Verschulden des Geschäftsführers im Falle der Darlehensrückgewähr. Der Geschäftsführer musste in der Regel daher sowohl den Eigenkapitalersatzcharakter als auch die Sorgfaltswidrigkeit einer eventuellen Darlehensrückzahlung erkennen. Eine Bejahung der objektiven Pflichtwidrigkeit der Darlehensrückgewähr erfolgte aufgrund der doppelten Verobjektivierung somit grundsätzlich auch schuldhaft.130 Gerade das hohe Maß an Komplexität, welches die Bestimmung des Eigenkapitalersatzcharakters im Laufe der Zeit erreicht hatte, machte es für den Geschäftsführer in der Praxis äußerst schwer, die Eigenkapitalersatzqualifikation rechtssicher zu vollziehen. Fehler bei der Qualifikation bedeuteten grundsätzlich auch ein automatisches Verschulden im Rahmen der Prüfungspflicht im Sinne von § 310 AktG. Insoweit trafen den Geschäftsführer im Rahmen von Weisungen im Vertragskonzern aufgrund der Komplexität der Eigenkapitalersatzbestimmung und der verknüpften
128 Die Prüfungspflicht umfasst daher auch nicht offensichtlich missbräuchliche Weisungen, die im Widerspruch zum Konzerninteresse stehen, Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, 5. Aufl. 2008, § 310 AktG, Rn. 11. Siehe zur Prüfungspflicht des Geschäftsführers und ihrer Zweistufigkeit auch § 3 III.2.c)aa). 129 Vgl. insoweit für den Vorstand einer AG Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 310 AktG, Rn. 20. 130 Siehe zur doppelten Verobjektivierung im faktischen Konzern ausführlich § 9 II.1.b)bb).
356
3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
Prüfungsmaßstäbe vergleichbare Haftungsrisiken wie den Geschäftsführer im faktischen Konzern.131 bb) Haftung außerhalb von Weisungen Außerhalb von Weisungen haften die Geschäftsführer nach § 43 GmbHG.132 Handelte der Geschäftsführer im Vertragskonzern nicht auf der Grundlage einer Weisung, haftete dieser, wie der Geschäftsführer im faktischen Konzern, nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG, wenn die Rückzahlung des Darlehens den Kapitalerhaltungsvorschriften zuwider lief.133 Der Geschäftsführer hatte hierbei, ebenso wie im faktischen Konzern, zu prüfen, ob dem Darlehen eigenkapitalersetzender Charakter zukam. Ihn trafen somit auch die gleichen Haftungsrisiken. cc) Zusammenfassung Sowohl die fehlende Bindungswirkung rechtswidriger Weisungen134 als auch die Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG außerhalb unrechtmäßiger Weisungen galten somit sowohl beim faktischen als auch beim Vertragskonzern. Die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wiesen also große Parallelen auf.135 Auch den Geschäftsführer im Vertragskonzern traf somit die komplizierte Aufgabe, den eigenkapitalersetzenden Charakter und insbesondere das Merkmal der Krise zu bestimmen. Auch im Vertragskonzern sah sich der Geschäftsführer dabei einem hohen Haftungsrisiko ausgesetzt, da die Verobjektivierung des Pflichten- und Verschuldensmaßstabs zu einer nahezu automatischen Verknüpfung von objektiver Pflichtwidrigkeit und Verschulden führte.
131
Siehe zur Verschuldensproblematik im faktischen Konzern § 9 II.1.b)bb). Siehe zur Haftung des Geschäftsführers außerhalb nachteiliger Weisungen im Vertragskonzern § 3 III.2.c)bb). 133 Siehe zur Haftung des Geschäftsführers im faktischen Konzern § 9 II.1. ff. 134 Siehe hierzu ausführlich § 9 II.1.b)dd)(2). 135 Siehe auch Burgard, AG 2006, 527, 531, der gar keine Unterschiede sieht. 132
§ 10 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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§ 10 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG I. Insolvenzrechtliche Neugestaltung und Abschaffung des Kapitalersatzrechts Mit dem MoMiG hat der Gesetzgeber einen endgültigen Schlussstrich unter das Eigenkapitalersatzrecht gezogen. Die Neuregelung wurde bewusst krisenunabhängig konzipiert und ist insolvenzrechtlich ausgestaltet worden.136 1. Ausdrückliche gesetzliche Abschaffung Durch das MoMiG sollten „die Organe und Gesellschafter der ,gesunden‘ GmbH einen einfachen und klaren Rechtsrahmen vorfinden“137. Hierzu hat der Gesetzgeber die Rechtsprechungsregeln durch § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG ausdrücklich abgeschafft. Die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen ist namentlich von der Stammkapitalerhaltung ausgenommen. Gekoppelt mit der Streichung der §§ 32a, b GmbHG führt dies dazu, dass Gesellschafterdarlehen künftig kein eigenkapitalersetzender Charakter mehr zukommt und sie folglich auch kein haftendes Eigenkapital mehr darstellen.138 Gesellschafterdarlehen stellen somit unbedingtes Fremdkapital dar. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob der Gesellschaft das Darlehen von einem Dritten, etwa einem Kreditinstitut, gewährt wurde oder ein Gesellschafter als Kreditgeber fungiert. Für den Geschäftsführer entfällt somit fortan die Prüfung, ob und wann dem Gesellschafterdarlehen Eigenkapitalersatzcharakter zukommt. 2. Nachrang der Insolvenzforderungen aus Gesellschafterdarlehen a) Insolvenzrechtlicher Nachrang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO Auch in der Insolvenz bleibt das Gesellschafterdarlehen Fremdkapital und der Rückzahlungsanspruch bestehen. Gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist der Gesellschafter mit seiner Forderung jedoch nachrangiger Insolvenzgläubiger,139 so dass seine Forderung in der Insolvenz regelmäßig wertlos wird. Der Gefahr, dass sich Gesellschafterdarlehen nachteilig für die Gläubigergesamtheit auswirken, wird also dadurch begegnet, dass der Gesellschafter zwar Insolvenzgläubiger wird, er mit seiner nachrangigen Insolvenzforderung jedoch regelmäßig keine Berücksichtigung 136
3253. 137
Habersack, ZIP 2007, 2145; Bork, ZGR 2007, 250, 254 f.; Kindler, NJW 2008, 3249,
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 42. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 42; siehe hierzu auch de Bra, in: Braun InsO, § 135 InsO, Rn. 7; Gehrlein, BB 2008, 846, 848 f. 139 Habersack, ZIP 2007, 2145; Hirte, WM 2008, 1429, 1430; Gehrlein, BB 2008, 846, 849. 138
358
3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
bei der Masseverteilung findet, in jedem Fall aber erst nach den Gläubigern auf die Masse zugreifen kann.140 b) Sanierungs- und Kleinbeteiligtenprivileg nach § 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO Von dem insolvenzrechtlichen Nachrang lässt das Gesetz sodann mit dem Sanierungs- und Kleinbeteiligtenprivileg nach § 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO zwei Ausnahmen zu. Forderungen aus Gesellschafterdarlehen unterfallen nicht dem Nachrang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, wenn der Gesellschafter die Anteile an einer insolvenzreifen Gesellschaft zum Zwecke ihrer Sanierung erworben hat oder der Gesellschafter weniger als 10 % des Stammkapitals auf sich vereint und keine Geschäftsführerposition innehat. Inhaltlich entspringt das Sanierungsprivileg den Novellenregeln in § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG a.F.141 und wurde lediglich an die insolvenzrechtliche Neugestaltung angepasst.142 So wurde das Krisenmerkmal durch die drohende oder eingetretene Überschuldung der Gesellschaft ausgetauscht. Aufgrund der Aufgabe des Krisenmerkmals143 erscheint dies konsequent. Der Sanierungsfall knüpft nun an die gesetzlichen Insolvenzeröffnungsgründe der §§ 17 bis 19 InsO an.144 3. Neuregelung des Anfechtungsrechts Flankiert wird der Schutz der Gläubigergesamtheit durch das neu geregelte Anfechtungsrecht. Der insolvenzrechtliche Nachrang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO deckt den Gläubigerschutz bei Gesellschafterdarlehen ab, soweit noch keine Rückzahlungen erfolgten oder restliche Tilgungsraten noch ausstehen. Wurde der Gesellschafter hingegen schon durch die Gesellschaft befriedigt, ist eine vorrangige Befriedigung der übrigen Gläubiger durch einen Forderungsnachrang der Forderungen aus dem Gesellschafterdarlehen nicht mehr möglich, da die Forderungen des Gesellschafters bereits erfüllt wurden. Hieran knüpft das Anfechtungsrecht nach § 135 InsO an. Dies gewährleistet eine vorrangige Befriedigungsmöglichkeit der übrigen Gesellschaftsgläubiger, indem dem Insolvenzverwalter ein Anfechtungsrecht gewährt wird, mit dem Leistungen der Gesellschaft an ihren Gesellschafter innerhalb bestimmter Fristen angefochten und somit zur Insolvenzmasse zurückgeholt werden können. Dies gewährleistet, dass auch diese Leistungen im Ergebnis
140
Vgl. Gehrlein, BB 2011, 8. Siehe zum Sanierungsprivileg vor MoMiG ausführlich § 9 I.4.a)dd). 142 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 56 f. 143 Siehe zur Krisenunabhängigkeit der Anfechtungstatbestände § 10 I.3.a). 144 Hirte, in: Uhlenbruck InsO, § 39 Inso, Rn. 64 ff.; Bäuerle, in: Braun InsO, § 39 InsO, Rn. 27. 141
§ 10 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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zunächst den übrigen Gläubigern der Gesellschaft zur Befriedigung zustehen und die Gesellschafter erst nachrangig bedient werden.145 a) Krisenunabhängigkeit der Anfechtungstatbestände Im Rahmen der Neukonzeption der Anfechtungstatbestände ist bewusst auf das Merkmal des eigenkapitalersetzenden Charakters des Darlehens verzichtet worden.146 Die Anfechtung knüpft daher nicht mehr an eine Krise der Gesellschaft an.147 Mit der Aufgabe des Krisenmerkmals ist dem, dem Eigenkapitalersatzrecht zugrunde liegenden Konzept der Finanzierungsfolgenverantwortung148 die rechtsdogmatische Grundlage entzogen worden.149 An die Stelle der Finanzierungsentscheidung der Gesellschafter tritt für die Haftungsbegründung nun das Prinzip der Haftungsbeschränkung. Diesem Prinzip liegt der Gedanke zugrunde, dass die Gesellschafter durch die Wahl einer entsprechenden Gesellschaftsform eine Haftungsbeschränkung erreichen können. Wählen die Gesellschafter diesen Vorteil der Haftungsbeschränkung und statten die Gesellschaft jedoch mit Fremd- anstatt mit Eigenkapital aus, ist die damit verbundene Benachteiligung der Gläubiger150 nicht von der gesellschaftlichen Haftungsbeschränkung gedeckt. Im Zeitraum der Anfechtungsfristen wird daher unwiderlegbar vermutet, dass der Darlehensgewährung durch die Gesellschafter missbräuchlicher Charakter zukommt. Nach der Konzeption des Gesetzes sind demnach sämtliche Befriedigungen innerhalb der kritischen Zeit anfechtbar.151 145
Vgl. Gehrlein, in: Münch. Komm. InsO, § 135 InsO, Rn. 4. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 57. 147 Die Krise der Gesellschaft war der entscheidende Anknüpfungspunkt für den Eigenkapitalersatzcharakter nach den Novellenregeln. Die Tatbestandsmerkmale deckten sich dabei mit denen der Rechtsprechungsregeln. Siehe hierzu ausführlich § 9 I.4.a)aa). 148 Dem Konzept lag der Gedanke zugrunde, dass die Gesellschafter aufgrund der Finanzierungsfreiheit grundsätzlich die Wahl haben, ob sie der Gesellschaft Eigen- oder Fremdkapital zuführen. Mit der Finanzierungsfreiheit gehe jedoch auch eine Finanzierungsfolgenverantwortung einher. Die Verantwortung zeigte sich in einer Krise der Gesellschaft. Führten die Gesellschafter der Gesellschaft kein Eigenkapital zu, sondern gewährten ihr ein Darlehen, hielten sie die Gesellschaft dadurch lediglich „künstlich“ am Leben und erweiterten ihren Gläubigerkreis, was sich insgesamt negativ auf die Liquidität der Gesellschaft auswirke. Da ein verantwortungsbewusster Gesellschafter zur Vermeidung der Liquiditätsverschlechterung in dieser Situation jedoch Eigenkapital zugeführt hätte, wurde ein Gesellschafterdarlehen, das einer GmbH in einer Krise gewährt wurde, als eigenkapitalersetzend angesehen und als gebundenes Stammkapital behandelt, vgl. Niesert/Hohler, NZI 2009, 345, 346; Gehrlein, BB 2011, 3 f.; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654 f.; Selzner/Leuering, in: MAH GmbH-Recht, § 7, Rn. 4 ff. Siehe hierzu auch § 9 I.1. ff. 149 Habersack, ZIP 2007, 2145, 2147; vgl. auch Gehrlein, in: Münch. Komm. InsO, § 135 InsO, Rn. 7. 150 Siehe hierzu ausführlich § 9 I.1. 151 Huber, FS Priester, 259, 275 f.; Hirte, WM 2008, 1429, 1431; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2147. 146
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3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
b) Anfechtung der Forderungstilgung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Tilgungsleistungen der Gesellschaft, die bis zu einem Jahr vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem erfolgen, können nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Hierdurch wird gewährleistet, dass zurückgezahlte Gesellschafterdarlehen nach § 143 InsO zur Insolvenzmasse zurückgeholt werden können.152 c) Anfechtung der Drittbesicherung nach § 135 Abs. 2 InsO Die sogenannten Dreiecksfälle haben durch das MoMiG eine gesetzliche Verankerung in § 135 Abs. 2 InsO erfahren. Die Vorschrift orientiert sich dabei inhaltlich an der Vorschrift des § 32b GmbHG153, welcher bis zum MoMiG die Anfechtung im Rahmen von Dreiecksfällen regelte.154 Besichert der Gesellschafter ein Darlehen der Gesellschaft gegenüber einem (gesellschaftsfremden) Kreditgeber, handelt es sich tatbestandlich nicht um ein Gesellschafterdarlehen, so dass der Anwendungsbereich von § 135 Abs. 1 InsO nicht eröffnet ist. Darlehensrückzahlungen durch die Gesellschaft bei Drittbesicherung durch einen Gesellschafter sind vielmehr nach § 135 Abs. 2 InsO anfechtbar. Als Sicherung kommt dabei neben der ausdrücklich aufgeführten Bürgschaft jede Art der Kreditsicherung in Betracht. Der Anwendungsbereich eines Dreiecksfalls ist somit sowohl bei akzessorischen als auch nichtakzessorischen Personalsicherheiten und Realsicherheiten eröffnet.155 Für die Anfechtungsfrist verweist § 135 Abs. 2 InsO auf die Anfechtungsfrist bei der Anfechtung von Tilgungsleistungen von Gesellschafterdarlehen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Tilgungsleistungen der Gesellschaft an den (gesellschaftsfremden) Kreditgeber können vom Insolvenzverwalter somit angefochten werden, wenn diese innerhalb eines Jahres vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem erfolgten. d) Sanierungsprivileg nach §§ 135 Abs. 4, 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO Über den Verweis in § 135 Abs. 4 InsO auf § 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO gelten das Sanierungs- und das Kleinbeteiligtenprivileg auch im Anfechtungsrecht. Dies gewährleistet, dass Sanierungs- und Kleinbeteiligtendarlehen nicht nur beim 152
Vgl. Gehrlein, in: Münch. Komm. InsO, § 135 InsO, Rn. 13. Siehe zum Erstattungsanspruch nach § 32b GmbHG ausführlich § 9 I.4.c). 154 Vgl. de Bra, in: Braun InsO, § 135 InsO, Rn. 15; Nerlich, in: Nerlich/Römermann InsO, § 135 InsO, Rn. 49; Gehrlein, in: Münch. Komm. InsO, § 135 InsO, Rn. 37; Hirte, in: Uhlenbruck InsO, § 135 InsO, Rn. 15. 155 Nerlich, in: Nerlich/Römermann InsO, § 135 InsO, Rn. 50; Gehrlein, in: Münch. Komm. InsO, § 135 InsO, Rn. 38. 153
§ 10 Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG
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Forderungsrang, sondern auch bei der Insolvenzanfechtung privilegiert werden. Leistungen auf Forderungen aus privilegierten Gesellschafterdarlehen (im Sinne von § 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO) sind somit anfechtungsfest, ohne dass es auf das Verstreichen bestimmter Anfechtungsfristen ankommt.
II. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wegen Darlehensrückgewähr 1. Faktischer Konzern Die Abkehr vom Eigenkapitalersatzrecht durch § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG hat auch eine Verringerung der Haftungsrisiken des Geschäftsführers bei der Darlehensrückgewähr mit sich gebracht. Die Geschäftsführer haften zukünftig nicht mehr nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG für die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen. Gesellschafterdarlehen stellen nun voll wirksame Verbindlichkeiten der Gesellschaft dar. Den Darlehen darf und muss bei Fälligkeit nachgekommen werden, auch wenn durch die Zahlung das Stammkapital angetastet wird.156 Im Hinblick auf die Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 3 Var. 1 GmbHG stellt diese Neuregelung eine erhebliche Vereinfachung für die Geschäftsführer dar. Gesellschafterdarlehen bleiben nun, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Gewährung und der Solvenz der Gesellschaft, stets Verbindlichkeiten der GmbH und somit Fremdkapital. Die komplizierte Klassifizierung und Differenzierung zwischen Fremdkapital und eigenkapitalersetzendem Kapital entfällt daher.157 Da Gesellschafterdarlehen nun mangels Eigenkapitalbezugs nicht mehr den Kapitalerhaltungsvorschriften unterliegen, kann die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens folglich keine, den Bestimmungen des § 30 GmbHG zuwider laufende Leistung im Sinne der Haftungsnorm des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG mehr darstellen. Die Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG entfällt daher bei Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen. Solange das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH nicht eröffnet worden ist, hat der Geschäftsführer daher fällige Forderungen hieraus zu befriedigen. Der Geschäftsführer haftet lediglich dann, wenn er den Forderungen bei Fälligkeit nicht nachkommt. Forderungen aus Gesellschafterdarlehen unterscheiden sich insoweit nicht von Forderungen von Nichtgesellschaftern. Das MoMiG hat die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer einer abhängigen GmbH eines faktischen Konzerns für die Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen somit deutlich verringert.
156 157
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 42; siehe auch Gehrlein, BB 2008, 846, 849. Vgl. Mayer/Weiler, in: Beck. Notar-Hdb., 5. Aufl. 2009, 977.
362
3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
2. Vertragskonzern Auch im Vertragskonzern entfällt das kapitalerhaltungsrechtliche Haftungsrisiko für den Geschäftsführer. § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG gilt auch für den Vertragskonzern. Da Gesellschafterdarlehen nach dem MoMiG kein eigenkapitalersetzender Charakter mehr zukommen kann, unterfallen Darlehensrückzahlungen auch im Vertragskonzern nicht mehr dem Kapitalerhaltungsrecht. Sie können somit tatbestandlich keine verbotswidrige Leistung im Sinne des § 30 GmbHG mehr darstellen. Die Darlehensrückgewähr stellt somit weder eine Pflichtverletzung im Sinne von § 310 Abs. 1 AktG (analog) noch eine Pflichtverletzung im Sinne von § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG dar, so dass auch eine Haftung des Geschäftsführers ausscheidet. Da die Darlehensrückgewähr bereits tatbestandlich nicht mehr in das Kapitalerhaltungsrecht fällt, kann für diesen Fall auch dahinstehen, dass § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG nun klarstellt, dass die Kapitalerhaltung nach § 30 GmbHG für alle Leistungen der Gesellschaft im Vertragskonzern aufgehoben ist, unabhängig davon, ob die einzelne Leistung auf dem Unternehmensvertrag beruht oder nicht.158 Nur am Rande sei daher erwähnt, dass der Gesetzgeber dem Streit, ob § 291 Abs. 3 AktG a.F. auch für die Kapitalerhaltung (§ 30 Abs. 1 GmbHG) im GmbH-Konzern gilt,159 entgegengetreten ist und in § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG klargestellt hat, dass der Kapitalerhaltungsschutz im Vertragskonzern keine Anwendung findet. Der Gesetzgeber hat sich somit der Ansicht160 angeschlossen, die bereits vor dem MoMiG eine Suspendierung der Kapitalbindung im GmbH-Vertragskonzern annahm.161 Da Gesellschafterdarlehen nach dem MoMiG auch im Vertragskonzern unbedingtes Fremdkapital darstellen, hat der Geschäftsführer die Darlehensrückgewährforderungen des Gesellschafters bei Fälligkeit zu bedienen. Haftungsrisiken treffen ihn insoweit lediglich dann, wenn er dieser Pflicht nicht nachkommt. Das MoMiG hat die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer einer abhängigen GmbH eines Vertragskonzerns für die Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen somit deutlich verringert.
158 Vgl. auch Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 291 AktG, Rn. 76 f.; Altmeppen, in: Münch. Komm. AktG, § 291 AktG, Rn. 229. 159 Siehe zu dem Meinungsstreit ausführlich § 6 II. ff. 160 Siehe hierzu näher § 6 II.1.b). 161 So auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 92.
§ 11 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensnehmenden GmbH
363
§ 11 Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensnehmenden GmbH I. Rechtslage vor dem MoMiG 1. Rechtslage im faktischen Konzern Vor dem MoMiG entwickelte der BGH die Rechtsfigur des eigenkapitalersetzenden Darlehens. Hierbei ging er davon aus, dass sich Gesellschafterdarlehen im Gegensatz zur Kapitalerhöhung gegenüber der Gläubigergesamtheit negativ auswirken, da die Gesellschaft in einer Krise „künstlich“ am Leben gehalten wird, sich die Liquiditätssituation der Gesellschaft in einer Krise regelmäßig verschlechtert und gleichzeitig der Gläubigerkreis erweitert wird. Diese Finanzierungsentscheidung stellte den Ausgangspunkt des Eigenkapitalersatzrechts dar, wonach Gesellschafterdarlehen, die einer GmbH in einer Krise gewährt wurden, als gebundenes Stammkapital behandelt wurden. Diese Darlehen stufte der BGH daher als eigenkapitalersetzend ein. Im Laufe der Zeit weitete der BGH den eigenkapitalersetzenden Charakter immer weiter aus. So fielen zunächst nur Sanierungskredite in den Anwendungsbereich des eigenkapitalersetzenden Darlehens. Der BGH erweiterte den Anwendungsbereich jedoch kontinuierlich, so dass einem Darlehen eigenkapitalersetzender Charakter zukam, wenn ein Gesellschafter der GmbH, die gegenüber Dritten kreditunwürdig erschien oder bereits konkursreif war, ein Darlehen (oder eine sonstige Leistung) gewährte, anstatt ihr eine Kapitaleinlage zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren kam einem Gesellschafterdarlehen auch dann Eigenkapitalersatzcharakter zu, wenn die GmbH zwar im Zeitpunkt der Darlehensvalutierung kreditwürdig war, der Gesellschafter es jedoch in einer darauf folgenden Krise der Gesellschaft nicht abzog, sondern stehen ließ. Aufgrund des eigenkapitalersetzenden Charakters fanden die für das Eigenkapital geltenden Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG a.F (analoge) Anwendung. Eigenkapitalersetzende Darlehen durften daher gem. § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. (analog) vom Geschäftsführer nicht an die betreffenden Gesellschafter zurückgezahlt werden. Erfolgten Rückzahlungen trotz der Kapitalbindung, waren diese gem. § 31 Abs. 1 GmbHG a.F. (analog) der Gesellschaft zurückzuerstatten.162 Mit den Novellenregeln aus dem Jahr 1980 versuchte der Gesetzgeber die Rechtsprechung zum eigenkapitalersetzenden Darlehen in den §§ 32a und b GmbHG gesetzlich zu verankern. Hierzu ordnete § 32a Abs. 1 GmbHG den insolvenzrechtlichen Nachrang des Rückgewähranspruchs eines Gesellschafters aus einem Gesellschafterdarlehen an, wenn dieser der Gesellschaft in einem Zeitpunkt ein Darlehen gewährte, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche 162
Siehe § 9 I. ff.
364
3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten. Hierdurch definierte der Gesetzgeber das Tatbestandsmerkmal der Krise der Gesellschaft, welches nachfolgend den Grundtatbestand des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens darstellte. Bei dem Krisenmerkmal orientierte sich der Gesetzgeber an dem von der Rechtsprechung entwickelten Kriterium der Kreditunwürdigkeit. § 32a Abs. 2 GmbHG erfasste darüber hinaus auch Dreiecksfälle, wonach ein Dritter, im Falle einer durch einen Gesellschafter besicherten Forderung gegen die Gesellschaft, seine Anprüche gegen die Gesellschaft nur in der Höhe geltend machen konnte, in der er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit beim Gesellschafter ausgefallen war. § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG enthielt darüber hinaus eine Generalklausel, mit der auch einer Darlehensgewährung beziehungsweise Sicherheitengewährung wirtschaftlich entsprechende Handlungen den Rechtsfolgen von § 32a Abs. 2 und 3 GmbHG unterworfen wurden. Nachträglich fand das Kleinbeteiligten- und Sanierungsprivileg nach den §§ 32a Abs. 3 S. 2 und 3 GmbHG Einzug in das Gesetz. Hierdurch wurden Leistungen des nicht geschäftsführenden Gesellschafters, dessen Beteiligung nicht mehr als 10 % des Stammkapitals umfasste, vom Eigenkapitalersatzrecht ausgenommen. Darüber hinaus wurde der Käufer von Anteilen in der Krise der Gesellschaft dergestalt begünstigt, dass weder seine bestehenden noch neu gewährten Kredite dem Eigenkapitalersatzrecht unterfielen. Wurde der Anpruch des Gesellschafters vor der Insolvenzeröffnung von der Gesellschaft befriedigt oder besichert, gewährte § 135 InsO a.F. dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft ein Anfechtungsrecht. Anfechtbar war die Befriedigung der Gesellschafterforderung nach § 135 Nr. 2 InsO a.F., wenn die Forderung im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem erfüllt worden ist. Die Bestellung der Sicherheit war nach § 135 Nr. 1 InsO a.F. anfechtbar, wenn sie in den letzten zehn Jahren vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem erfolgte. Nach § 32b GmbHG stand der Gesellschaft ein Erstattungsanspruch nach erfolgten Rückzahlungen in Dreiecksfällen zu. Die Regelung ergänzte § 135 InsO a.F., da diese tatbestandlich nur die gesellschaftliche Leistung beziehungsweise Sicherung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter erfasste. In Dreiecksfällen leistet die Gesellschaft jedoch an einen Dritten, obwohl der Gesellschafter diesen Anspruch besichert hat. Befriedigte die Gesellschaft die Forderung des Dritten im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag oder danach, stand ihr nach § 32b S. 1 GmbHG ein Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter, der für diese Forderung eine Sicherheit gestellt hatte, zu. Der Erstattungsanspruch war nach § 32b S. 2 GmbHG auf die Höhe beschränkt, mit dem der Gesellschafter als Sicherheitengeber im Zeitpunkt der Rückzahlung haftete. § 32b S. 4 GmbHG erweiterte den Anwendungsbereich auf Rechtshandlungen, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprachen und verankerte so ebenfalls einen Umgehungsschutz.163 Das Schutzniveau der Novellenregeln blieb jedoch wegen ihrer Beschränkung auf das Insolvenzverfahren und der kurzen Fristen hinter dem der Rechtsprechungsre163
Siehe § 9 I.4. ff.
§ 11 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensnehmenden GmbH
365
geln zurück. Dies stand im Widerspruch zum erklärten Ziel des Gesetzgebers, die Rechtsprechungsregeln abzulösen und den Gläubigerschutz zu verbessern. Aufgrund dieses Widerspruchs wendete der BGH die Rechtsprechungsregeln neben den Novellenregeln an. Hierdurch etablierte sich ein duales Gläubigerschutzsystem, bei dem Rechtsprechungsregeln und Novellenregeln nebeneinander Anwendung fanden. In der Insolvenz fielen Gesellschafterdarlehen daher bis zur Höhe des Stammkapitals sowohl in den Anwendungsbereich der Novellen- als auch in den der Rechtsprechungsregeln.164 2. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern Bei der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen hatte der Geschäftsführer zu prüfen, ob dem Darlehen Eigenkapitalersatzcharakter zukam und die Auszahlung gegen Kapitalerhaltungsrecht verstoßen würde. Hierbei haftete er nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG, wenn die Rückzahlung kapitalerhaltungsrechtswidrig war. Aufgrund des Nebeneinanders der Rechtsprechungs- und Novellenregeln und einer unüberschaubaren Rechtsprechung war eine rechtssichere Klassifizierung für den Geschäftsführer jedoch kaum möglich. Des Weiteren erhöhten die objektiven Beurteilungsmaßstäbe sowohl das Risiko der Bejahung einer Pflichtverletzung als auch das des Verschuldens des Geschäftsführers. Die Geschäftsführer traf bei der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen daher ein hohes Haftungsrisiko. Gepaart wurde das Risiko darüber hinaus noch mit einer, die Geschäftsführer belastenden, Schadensberechnung und Beweislastverteilung und der Aufbürdung des Insolvenzrisikos des Leistungsempfängers, so dass das Eigenkapitalersatzrecht die Geschäftsführer insgesamt erheblich belastete.165 3. Rechtslage im Vertragskonzern Nach einer Ansicht in der Literatur und der Rechtsprechung galt das Eigenkapitalersatzrecht auch im Vertragskonzern. Zur Begründung wurde dafür im Wesentlichen angeführt, dass das, durch den Verlustausgleich gewährte, Schutzniveau in wesentlichen Punkten hinter dem des Eigenkapitalersatzrechts zurück bleibe. Hierzu zählte insbesondere der Fälligkeitszeitpunkt der unterschiedlichen Schutzinstrumente, da der Verlustausgleichsanspruch erst zum Jahresende fällig wurde, während der Erstattungsanspruch nach den Rechtsprechungsregeln sofort zu begleichen war. Hierfür sprach des Weiteren auch, dass der durch das Eigenkapitalersatzrecht gewährte Schutz in sachlicher Hinsicht über den Schutz der §§ 30 f. GmbHG hinausging, was sich etwa darin zeigte, dass die Novellenregeln, im Gegensatz zum Erstattungsanspruch nach § 31 GmbHG, nicht auf den Betrag des Stammkapitals be164 165
Siehe § 9 I.5. ff. Siehe § 9 II.1. ff.
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3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
grenzt waren. Dies sprach dagegen, die Suspendierung nach § 291 Abs. 3 AktG (analog) auch auf das Eigenkapitalersatzrecht zu erstrecken. Auch der BGH stellte 2006 fest, dass der Verlustausgleichsanspruch weder die vollumfängliche Aufgabe des kapitalerhaltungsrechtlich gewährten Gläubigerschutzes bedeute, noch dass kapitalerhaltungsrechtliche Grundsätze vollumfänglich auf den Verlustausgleichsanspruch übertragen werden können. Der BGH stützte sich dabei auf die grundlegenden Unterschiede zwischen dem Ersatzanspruch nach § 31 GmbHG und dem Verlustausgleichsanspruch gem. § 302 AktG (analog). Hierzu führte er an, dass der Ersatzanspruch nach § 31 GmbHG zwingend das Antasten des Stammkapitals zu Gunsten einer Auszahlung an einen Gesellschafter erfordere, während der Grund des Verlustes für den Verlustausgleichsanspruch keine Rolle spiele. Darauf basierend stellte der BGH fest, dass eine Aufrechnung mit Rückzahlungsforderungen aus einem Gesellschafterdarlehen, aufgrund des eigenkapitalersetzenden Charakters der Forderung, unzulässig sein könne und schloss sich somit der Literaturansicht an, welche die Fortgeltung des Eigenkapitalrechts im Vertragskonzern annahm. Als weiteres Argument führte der BGH an, dass die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechts im Wesentlichen in den §§ 32a, b GmbHG geregelt wurden und die Suspendierung nach § 293 Abs. 3 AktG (analog) diese Normen nicht erfasse und sich lediglich auf § 30 GmbHG beschränke.166 4. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern Nach einer Ansicht in der Literatur und der Rechtsprechung galt das Eigenkapitalersatzrecht auch im Vertragskonzern fort. Der Geschäftsführer hatte somit auch im Vertragskonzern zu prüfen, ob dem Gesellschafterdarlehen im Einzelfall Eigenkapitalersatzcharakter zukam. Der Geschäftsführer haftete gegenüber der Gesellschaft, wenn Gesellschafterdarlehen trotz Eigenkapitalersatzcharakters zurückgewährt wurden. Im Rahmen von Weisungen haftete er dabei gem. § 310 Abs. 1 AktG (analog). Außerhalb von Weisungen haftete er nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG.167
II. Rechtslage nach dem MoMiG Der Gesetzgeber hat das Eigenkapitalersatzrecht mit dem MoMiG abgeschafft und durch eine insolvenzrechtliche Neugestaltung des Gläubigerschutzes ersetzt. Hierzu hat der Gesetzgeber in § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG ausdrücklich angeordnet, dass die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen von der Stammkapitalerhaltung ausgenommen ist, und die §§ 32a, b GmbHG ersatzlos gestrichen. Gesellschafter166 167
Siehe § 9 II.2.a) f. Siehe § 9 II.2.c) ff.
§ 11 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensnehmenden GmbH
367
darlehen kommt daher künftig kein eigenkapitalersetzender Charakter mehr zu, so dass diese auch kein haftendes Eigenkapital mehr darstellen können. Gesellschafterdarlehen stellen nun unbedingtes Fremdkapital dar. Der Geschäftsführer hat folglich nicht mehr zu prüfen, ob und wann dem Gesellschafterdarlehen Eigenkapitalersatzcharakter zukommt.168 Der Gläubigerschutz wird stattdessen durch den insolvenzrechtlichen Nachrang der Darlehensrückgewährforderung des Gesellschafters in der Insolvenz der Gesellschaft gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gewährleistet. Der Gesellschafter wird mit seiner Forderung im Insolvenzverfahren somit nachrangiger Insolvenzgläubiger. Der Gesellschafter wird mit seiner Forderung somit erst nach den restlichen Gläubigern aus der Masse bedient.169 Zwei Ausnahmen vom insolvenzrechtlichen Nachrang lassen jedoch § 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO zu, wenn der Gesellschafter die Anteile an einer insolvenzreifen Gesellschaft zum Zwecke ihrer Sanierung erworben hat oder der Gesellschafter weniger als 10 % des Stammkapital auf sich vereint und keine Geschäftsführerposition innehat. Um einen Sanierungsfall handelt es sich bei Vorliegen der gesetzlichen Insolvenzeröffnungsgründe der §§ 17 bis 19 InsO.170 Das neugestaltete Anfechtungsrecht sorgt dafür, dass bereits erfolgte Befriedigungen der Gesellschafter aus ihren Darlehen an ihre Gesellschaft angefochten und zur Masse zurückgeholt werden können. Hierdurch wird ebenfalls eine vorrangige Befriedigungsmöglichkeit der übrigen Gesellschaftsgläubiger gewährleistet. Auf das Merkmal der Krise wurde bewusst verzichtet. Dem Anfechtungsrecht liegt stattdessen das Prinzip der Haftungsbeschränkung zugrunde. Wählen die Gesellschafter den Vorteil einer Gesellschaftsform mit Haftungsbeschränkung und statten die Gesellschaft jedoch mit Fremd- anstatt mit Eigenkapital aus, ist die damit verbundene Benachteiligung der Gläubiger nicht von der gesellschaftlichen Haftungsbeschränkung gedeckt. § 135 InsO normiert für bestimmte Leistungstatbestände zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern starre Anfechtungsfristen, in denen unwiderlegbar vermutet wird, dass der Darlehensgewährung durch die Gesellschafter missbräuchlicher Charakter zukommt. Fällt die Leistung der Gesellschaft an ihren Gesellschafter in den Anfechtungszeitraum, kann der Insolvenzverwalter diese ohne zusätzliche Voraussetzungen anfechten. Tilgungsleistungen der Gesellschaft, die bis zu einem Jahr vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem erfolgen, können nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO vom Insolvenzverwalter angefochten werden. § 135 Abs. 2 InsO umfasst die sogenannten Dreiecksfälle, in denen der Gesellschafter eine Forderung eines Gesellschaftsgläubigers gegen die Gesellschaft besichert. Für die Anfechtungsfrist verweist § 135 Abs. 2 InsO auf die Anfechtungsfrist bei der Anfechtung von Tilgungsleistungen von Gesellschafterdarlehen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Tilgungsleistungen der Gesellschaft an den 168 169 170
Siehe § 10 I. f. Siehe § 10.I.2. f. Siehe § 10.I.2.b).
368
3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
(gesellschaftsfremden) Kreditgeber können vom Insolvenzverwalter somit angefochten werden, wenn diese innerhalb eines Jahres vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem erfolgten. Über den Verweis in § 135 Abs. 4 InsO auf § 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO gelten das Sanierungs- und das Kleinbeteiligtenprivileg auch im Anfechtungsrecht. Sanierungs- und Kleinbeteiligtendarlehen werden somit nicht nur beim Forderungsrang, sondern auch bei der Insolvenzanfechtung privilegiert.171
III. Haftungsrisiken des Geschäftsführers 1. Faktischer Konzern Die Haftungsrisiken des Geschäftsführers für die Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen haben sich durch das MoMiG erheblich reduziert. Nach der Neuregelung durch das MoMiG haften diese nicht mehr nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG für die Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen. Gesellschafterdarlehen stellen nun voll wirksame Verbindlichkeiten der Gesellschaft dar, denen bei Fälligkeit nachgekommen werden muss, auch wenn durch die Zahlung das Stammkapital angetastet wird. Der Geschäftsführer haftet lediglich dann, wenn er den Forderungen bei Fälligkeit nicht nachkommt. Da das Eigenkapitalersatzrecht gem. § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG vollständig abgeschafft wurde, stellen Gesellschafterdarlehen nun stets Fremdverbindlichkeiten dar und unterliegen daher nicht den Kapitalerhaltungsvorschriften. Die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens kann daher keine kapitalerhaltungsrechtswidrige Leistung im Sinne der Haftungsnorm des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG (mehr) darstellen. Die Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG entfällt daher bei Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen.172 2. Vertragskonzern Auch im Vertragskonzern haftet der Geschäftsführer nicht für die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen. Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts gem. § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG gilt auch für den Vertragskonzern. Die Darlehensrückgewähr kann somit auch im Vertragskonzern keine kapitalerhaltungsrechtswidrige Leistung im Sinne des § 30 GmbHG darstellen. Gesellschafterdarlehen stellen vielmehr unbedingtes Fremdkapital dar und müssen bei Fälligkeit vom Geschäftsführer bedient werden. Die Rückgewähr des Darlehens stellt somit, unabhängig von einer Weisung, keinen Verstoß gegen Kapitalerhaltungsrecht dar. Somit kann die Darlehensrückgewähr weder eine Pflichtverletzung im Sinne von § 310 Abs. 1 AktG
171 172
Siehe § 10 I.3. ff. Siehe § 10 II.1.
§ 11 Ergebnisse zur Geschäftsführung in der darlehensnehmenden GmbH
369
(analog) noch eine Pflichtverletzung im Sinne von § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG darstellen, so dass eine Haftung des Geschäftsführers hiernach ausscheidet.173
IV. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers wegen Darlehensrückgewähr 1. Faktischer Konzern Die Abkehr vom Eigenkapitalersatzrecht durch das MoMiG hat die Haftungsrisiken des Geschäftsführers für die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen erheblich verringert. Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen können nach dem MoMiG keine kapitalerhaltungsrechtswidrigen Leistungen mehr darstellen. Den Geschäftsführer treffen somit keine Haftungsrisiken nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG mehr. Gesellschafterdarlehen stellen nun in jedem Fall Fremdkapital dar, denen der Geschäftsführer bei Fälligkeit nachkommen muss. Der Geschäftsführer haftet somit lediglich dann, wenn er der Forderung bei Fälligkeit nicht nachkommt. Im Vergleich zu den Haftungsrisiken des Geschäftsführers nach der Rechtslage vor dem MoMiG stellt dies eine erhebliche Vereinfachung der Pflichten dar und minimiert die Haftungsrisiken erheblich. Den Geschäftsführer trifft nicht mehr die Pflicht zur komplizierten Klassifizierung und Differenzierung zwischen Fremdkapital und eigenkapitalersetzendem Kapital. Das MoMiG hat die die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer einer abhängigen GmbH eines faktischen Konzerns für Darlehensrückzahlungen somit deutlich verringert.174 2. Vertragskonzern Auch im Vertragskonzern hat das MoMiG die Haftungsrisiken des Geschäftsführers für die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen erheblich verringert. § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG gilt auch im Vertragskonzern, so dass Gesellschafterdarlehen auch bei vertraglicher Konzernierung kein eigenkapitalersetzender Charakter mehr zukommen kann. Die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens stellt somit keine kapitalerhaltungsrechtswidrige Leistung im Sinne des § 30 GmbHG mehr dar. Die Darlehensrückgewähr kann somit auch keine kapitalerhaltungsrechtliche Pflichtverletzung des Geschäftsführers mehr darstellen, so dass auch eine Haftung unabhängig davon ausscheidet, ob die Rückgewähr auf einer Weisung beruhte oder eigenverantwortlich vom Geschäftsführer vorgenommen wurde. Der Geschäftsführer haftet daher weder gem. § 310 Abs. 1 AktG (analog) noch nach § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG. Im Vergleich zur Rechtslage vor dem MoMiG trifft den Geschäfts173 174
Siehe § 1 0II.2. Siehe § 10 II.1.
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3. Teil: GmbH als Darlehensnehmerin
führer somit auch im Vertragskonzern nicht mehr die Pflicht zur komplizierten Klassifizierung und Differenzierung zwischen Fremdkapital und eigenkapitalersetzendem Kapital. Das MoMiG hat die die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer einer abhängigen GmbH im Vertragskonzern für Darlehensrückzahlungen somit deutlich verringert.175
V. Fazit Abschließend lässt sich konstatieren, dass das MoMiG mit der Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts und der insolvenzrechtlichen Neugestaltung des Rechts der Gesellschafterdarlehen in Form der Nachrangigkeit und dem Anfechtungsrecht die unüberschaubare und konturenlose Rechtsfigur des eigenkapitalersetzenden Darlehens abgeschafft und eine verständliche, übersichtliche und eindeutige Rechtslage geschaffen hat. Unabhängig vom Konzernierungsgrad kann sich der Geschäftsführer nun darauf beschränken, die Fälligkeit des Gesellschafterdarlehens zu prüfen. Solange das Insolvenzverfahren über das Vermögen seiner Anstellungsgesellschaft nicht eröffnet ist, muss er jeder fälligen Forderung nachkommen. Haftungsrisiken treffen ihn lediglich dann, wenn er dieser Pflicht nicht nachkommt. Der Darlehensrückzahlung kommt hingegen keine kapitalerhaltungsrechtliche Relevanz mehr zu, so dass den Geschäftsführer hieraus auch keine Haftungsrisiken mehr treffen. Unter kapitalerhaltungsrechtlichen Gesichtspunkten ist die Neuregelung des Rechts der absteigenden Gesellschafterdarlehen gelungen.
175
Siehe § 10 II.2.
Exkurs
Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System Auch konzernweite Cash Pooling Systeme basieren nach ganz herrschender Auffassung auf konzerninterner Darlehensvergabe.1 Die jeweilige Darlehensvalutierung fußt dabei jedoch nicht auf einer Einzelfallentscheidung, sondern geht auf eine vertragliche Strukturierung zurück. Diese legt im Vorfeld fest, welche Position die GmbH bei der jeweiligen Darlehensvergabe gegenüber der Konzernmutter einnimmt, also ob diese als Darlehensgeberin oder als Darlehensnehmerin auftritt. Darüber hinaus regelt die Cash Pool Vereinbarung in welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt die Vergabe der Darlehen erfolgt. Die besondere vertragliche Strukturierung und die darauf basierende Zentralisierung der konzernweiten Liquidität bei einer Gesellschaft birgt jedoch enorme wirtschaftliche Risiken in sich. Durch die Liquiditätsbündelung bei einer Betreibergesellschaft sind alle beteiligten Gesellschaften bei eigenem Liquiditätsbedarf von der ausreichenden Bonität des Betreibers abhängig. Hierdurch werden nicht nur die Liquidität, sondern auch Bonitätsrisiken konzernweit konzentriert. Dadurch entstehen Klumpenrisiken und durch die konzernweite Abhängigkeit führt die finanzielle Schieflage einer Gesellschaft häufig zu einem sogenannten Dominoeffekt und weitet sich auf den gesamten Konzern aus. Für den Geschäftsführer einer, in einen Cash Pool integrierten, abhängigen GmbH bedeutet dies, dass dieser jede einzelne Darlehensvergabe auf ihre kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit prüfen muss. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob die oben festgestellten Prüfungskriterien im Rahmen der Vergabe eines Einzeldarlehens uneingeschränkt auf die Darlehensvergabe im Cash Pool übertragen werden können oder ob die besonderen Risiken, die aus der automatisierten Strukturierung der Darlehensvergabe hervorgehen, abweichende kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen an die Darlehensvergabe und die kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfungspflichten rechtfertigen. Im Folgenden werden zunächst die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen des Cash Poolings erläutert. Sodann werden die Risiken des physischen Cash 1 Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655, 659; Seidel, DStR 2004, 1130, 1132; Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.11; Altmeppen, ZIP 2006, 1025 f.; Willemsen/Rechel, GmbHR 2010, 349, 350; Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 731; Larisch, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 4472 f.
372
Exkurs: Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
Poolings dargestellt. In dieser Arbeit stehen die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vordergrund, so dass sich die darauf folgenden Ausführungen hierauf beschränken. Hierbei wird zwischen der GmbH als Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin differenziert und beleuchtet, ob die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an Einzeldarlehen uneingeschränkt auf die Darlehensvergabe im Cash Pool übertragen werden können oder ob die besonderen Risiken des Cash Poolings eine kapitalerhaltungsrechtliche Sonderbehandlung zur Stärkung des Gläubigerschutzes rechtfertigen. Auf der Grundlage der hierdurch gewonnenen Erkenntnisse wird sodann untersucht, welche Auswirkungen die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an den Cash Pool auf die Prüfungspflichten des Geschäftsführers haben.
§ 12 Grundlagen des Cash Poolings Ein sehr bedeutendes Finanzierungsinstrument und etablierter Bestandteil der Konzerninnenfinanzierung ist das Cash Pooling.2 Der Begriff lässt sich in etwa mit Liquiditätsbündelung übersetzen und bezieht sich auf die Zusammenführung konzernweiter liquider Mittel unter zentraler Verwaltung im Konzern. Hierzu werden Liquiditätsüberschüsse der Konzernunternehmen von deren Bankkonten abgeräumt und auf einem Zielkonto zusammengeführt.3 Dieses Zentralkonto kann von der Konzernmutter oder einer speziellen Finanzierungsgesellschaft geführt werden.4 Zur Vereinfachung und besseren Darstellung wird in dieser Arbeit zugrunde gelegt, dass die Konzernmutter die Finanzierungsgesellschaft des Cash Pools darstellt und das Zielkonto führt. Die Funktion des Cash Poolings erschöpft sich jedoch nicht in der Liquiditätsbündelung. Die auf dem Zielkonto zusammengeführten finanziellen Mittel werden dazu eingesetzt, den aufkommenden Liquiditätsbedarf von Konzernunternehmen zu decken, indem der auf den Nebenkonten erforderliche Fehlbetrag vom Zielkonto auf die entsprechenden Nebenkonten transferiert wird und die Negativsalden somit ausgleicht.5 Vereinfacht ausgedrückt werden die Kontostände der einzelnen Konzernunternehmen zu bestimmten zeitlichen Intervallen betrachtet. Weisen die Konten einen Überschuss auf, so wird dieser an ein zentrales Konto abgeführt. Verzeichnen andere 2 Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 230; Kiethe, DStR 2005, 1573; Weitzel/ Socher, ZIP 2012, 1069; Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 731. 3 Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655; 657; Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 36; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 48; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 24. 4 Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 50. 5 Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 36; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 48; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 24.
§ 12 Grundlagen des Cash Poolings
373
Konten von Konzernunternehmen Verluste, so wird der auf dem Zentralkonto gebündelte Überschuss dazu genutzt, die negativen Salden auszugleichen.
I. Erscheinungsformen 1. Virtuelles Cash Pooling Beim virtuellen oder notional Cash Pooling werden die Salden der Nebenkonten lediglich virtuell mit dem Zielkonto verrechnet. Es erfolgt kein tatsächlicher Mittelfluss zwischen den einzelnen Konten. Der auf dem Zielkonto entstehende fiktive Saldo spiegelt lediglich die finanzielle Gesamtsituation des Konzerns wieder und dient zugleich als Grundlage der Zinsberechnung. Weist das Zielkonto etwa einen Negativsaldo aus, so spiegelt dieser Wert den Fremdfinanzierungsbedarf des Konzerns wieder und stellt die Grundlage zur Berechnung der Sollzinsen des Konzerns dar. Im Falle eines positiven Saldos des Zielkontos spiegelt dieser Wert den Liquiditätsüberschuss des Konzerns wieder und ist die Berechnungsgrundlage für die Habenzinsen. Die virtuelle Verrechnung dient dabei der Zinsoptimierung.6 In der Praxis werden hierfür entweder das Zinsoptimierungsmodell7 oder das Zinskompensationsmodell8 gewählt. Da beim virtuellen Cash Pooling lediglich ein virtueller und kein tatsächlicher Mittelfluss erfolgt, ist es unter Kapitalschutzgesichtspunkten nicht relevant. Für die in dieser Arbeit zu untersuchenden Rechte und Pflichten des Geschäftsführers spielt das virtuelle Cash Pooling somit keine Rolle, so dass auf weitere Ausführungen verzichtet wird.
6 Ditz/Tcherveniachki, IStR 2014, 398; Korts, Cash Pooling, 10; Morsch, NZG 2003, 97, 98; Seidel, DStR 2004, 1130, 1134; Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655, 658; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 48; Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 42; Waldens, IStR 2003, 497, 498; Willemsen/Rechel, GmbHR 2010, 349, 350; Larisch, in: Eilers/Rödding/ Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 471 f. 7 Soweit sich Soll- und Habensalden decken, profitieren die Konzernunternehmen von optimierten Zinssätzen. Die jeweiligen Soll- und Habenzinssätze werden dergestalt angenähert, dass die Sollzinssätze unter Marktniveau rutschen und die Habenzinssätze über das Marktniveau steigen. Die verbleibenden Salden werden hingegen marktüblich verzinst, Waldens, IStR 2003, 497, 498; Seidel, DStR 2004, 1130, 1134; Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655, 658; Larisch, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 471. 8 Die jeweiligen Soll- und Habensalden werden marktüblich verzinst. Die Zinsoptimierung erfolgt hier über eine Kompensationszahlung üblicherweise an die Konzernmutter. Die Berechnungsgrundlage für die Kompensationssumme bildet dabei der Gesamtsaldo, Waldens, IStR 2003, 497, 498; Wehlen, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 23.31; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 48; Larisch, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 471.
374
Exkurs: Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
2. Physisches Cash Pooling Im Gegensatz zum virtuellen Cash Pooling erfolgt beim physischen Cash Pooling ein tatsächlicher Mittelfluss zwischen den beteiligten Gesellschaften. Das physische Cash Pooling stellt dabei die am häufigsten gewählte Form des Cash Poolings dar.9 Hierbei behalten die Tochtergesellschaften zwar nach außen hin ihre Bankverbindungen, diese werden funktional jedoch nur als Durchlauf- beziehungsweise Zahlungsverkehrskonten geführt. Die Salden dieser sogenannten Quellkonten werden dabei durch einen tatsächlichen Mitteltransfer mit dem Zielkonto auf einen bestimmten Wert gebracht. Im Falle eines Habensaldos wird der über dem bestimmten Wert liegende Betrag an die Mutter übertragen, wohingegen bei einem Sollsaldo die Mutter von dem Zielkonto den fehlenden Betrag auf dem Quellkonto ausgleicht. Diese Verrechnung erfolgt turnusmäßig. Üblich ist dabei die werktägliche Verrechnung.10 3. Zero Balancing und Conditional Balancing Der wechselseitige Transfer im Rahmen des physischen Cash Poolings kann vollständig oder bis zu einem gewissen Grenzwert erfolgen. Im ersten Fall, dem sogenannten Zero Balancing, werden die Quellkonten auf Null gesetzt. Habensalden werden also vollständig auf das Zielkonto transferiert und Sollsalden werden durch Zahlungen der Mutter egalisiert. Bei dem sogenannten Zero Balancing werden die Quellkonten auf null gesetzt. Der Grenzwert des Mittelflusses kann jedoch auch auf eine bestimmte Höhe des Saldos bei den Quellkonten festgelegt werden. Hierbei spricht man von Conditional Balancing. Denkbar ist dabei etwa die Höhe des Stammkapitals. Habensalden werden dann nur abgeführt, wenn diese das Stammkapital überschreiten. Der Abfluss erfolgt dabei auch lediglich bis zur Höhe des Stammkapitals. Bei Sollsalden, welche die Höhe des Stammkapitals nicht erreichen und Habensalden erfolgt ein Mittelfluss durch die Konzernmutter, bis die Höhe des Stammkapitals wieder erreicht ist.11
9
Vgl. Klein, ZIP 2017, 258. Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 25 f.; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 50; Ditz/Tcherveniachki, IStR 2014, 398; Morsch, NZG 2003, 97 f.; Seidel, DStR 2004, 1130, 1132; Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655, 657; Waldens, IStR 2003, 497; Willemsen/Rechel, GmbHR 2010, 349, 350; Larisch, in: Eilers/ Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 4470; Altmeppen, NZG 2010, 361. 11 Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 39 f.; Korts, Cash Pooling, 9; Seidel, DStR 2004, 1130, 1132; Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655, 657; Waldens, IStR 2003, 497; Larisch, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 470. 10
§ 12 Grundlagen des Cash Poolings
375
II. Beweggründe Das Cash Pooling entwickelte sich maßgeblich aus der Erkenntnis, dass der Finanzbereich erhebliches Rationalisierungspotential offenbart.12 Durch das Cash Pooling können dabei wirtschaftliche Vorteile für alle beteiligten Gesellschaften realisiert werden. Insgesamt ermöglich das Cash Pooling die Sicherung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit, die Minimierung der Kassenhaltungs-, Zahlungsstromund Finanzierungskosten, erhöhte Unabhängigkeit vom Finanzmarkt sowie die Maximierung der Geldanlageerlöse.13 1. Zinsoptimierung Ein großer Vorteil besteht darin, dass die Bankmarge in Höhe der Differenz zwischen dem Zinsertrag der kapitalanlegenden Gesellschaft und den Zinsaufwendungen der kapitalnachfragenden Gesellschaft gespart werden kann. Ohne Cash Pooling müssten auf einigen Konten des Konzernverbundes für Sollsalden Zinsen gezahlt werden, wohingegen auf anderen Konten die erwirtschafteten Habensalden nur verhältnismäßig geringe Zinserträge einbringen. Durch den internen Ausgleich lässt sich beim Cash Pooling diese Differenz einsparen.14 2. Liquiditätsbündelung Des Weiteren ergibt sich beim Cash Pooling durch das Zusammenführen der liquiden Mittel auf dem Zielkonto turnusmäßig der Netto-Liquiditätssaldo des Gesamtkonzerns. Diese Liquiditätsbündelung auf dem Zielkonto führt dazu, dass ein hoher Kapitalstock aufgebaut wird. Dieser wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv für den Konzern am Kapitalmarkt aus. Zuvorderst führt ein großer Kapitalstock zu einer besseren Verhandlungsposition der Finanzierungsgesellschaft am Geldmarkt, insbesondere in Bezug auf Zinskonditionen. Das Geldvolumen kann etwa zu günstigen Marktkonditionen angelegt werden. Hierdurch lässt sich ein höherer Zinsertrag aus dem Anlagevolumen erzielen. Der Kapitalstock verbessert jedoch auch die Verhandlungsposition der Gesellschaft im Rahmen der Kreditvergabe. So muss im Vergleich zu der Summe der Einzelreserven der Gesellschaften ohne Cash Pool Verbund zur Erhaltung des gleichen Maßes an Zahlungssicherheit eine geringere (zentrale) Liquiditätsreserve zurückgehalten werden, da sich Schwankungen in der 12
Vgl. Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655. Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655. 14 Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 46 f.; Cahn, ZHR 166 (2002), 278, 279; Korts, Cash Pooling, 4; Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 24; Kindler, NJW 2008, 3249, 3252; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 55 f.; vgl. auch Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 33; Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 54; Waldens, IStR 2003, 497; Kiethe, DStR 2005, 1573; Larisch, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 470. 13
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Exkurs: Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
Liquiditätsversorgung der einzelnen Gesellschaften gegenseitig ausgleichen.15 Weiter kommt dem Cash Pooling auch eine kurzfristige Finanzierungsfunktion zu. Da die Finanzierungsgesellschaft ausschließlich für die Kontoführung zuständig ist, nimmt diese zentral am Geldmarkt Mittel auf und reicht sie über das Cash Pooling an die entsprechenden Tochtergesellschaften weiter. Diese gebündelte Konzernfinanzierung ermöglicht es, erheblich bessere Konditionen zur Refinanzierung des gesamten Konzerns zu erhalten, da die Muttergesellschaft durch die Bündelung ein besseres Rating am Geldmarkt erhält.16 3. Nutzung von Synergieeffekten Eine zentrale Ausrichtung der Liquiditätssteuerung beim Cash Pooling ermöglicht es letztlich auch, Kosten einzusparen und dadurch Synergieeffekte zu nutzen. So müssen beim Cash Pooling lediglich bei der Finanzierungsgesellschaft die technischen Vorrichtungen und die personellen Mittel für die Finanzverwaltung eingerichtet werden. Die entsprechenden Kosten lassen sich also bei den anderen beteiligten Gesellschaften einsparen.17
III. Rechtliche Grundlagen Die Implementierung eines Cash Pooling Systems in einen Konzern erfordert konzernintern ein vertragliches Fundament zwischen den beteiligten Gesellschaften. Da das Cash Pooling in der Regel in Zusammenarbeit mit einem Kreditinstitut erfolgt, ist darüber hinaus ebenfalls eine Vertragskonstruktion mit der oder den kontoführenden Banken erforderlich.
15
Vgl. Herrler, in: Spindler/Stilz AktG, § 27 AktG, Rn. 304. Vgl. Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 48; Korts, Cash Pooling, 4; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 56 f.; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 33 f.; Kiethe, DStR 2005, 1573. 17 Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 25; Kindler, NJW 2008, 3249, 3252; Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 47; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 57; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 35; Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 55; Kindler, NJW 1008, 3249, 3254. 16
§ 12 Grundlagen des Cash Poolings
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1. Konzerninterne Vereinbarungen a) Rahmenvertrag als Geschäftsbesorgung Nach ganz herrschender Ansicht handelt es sich bei den einzelnen Vermögensverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings um Darlehen.18 Die Rechtsgrundlage für die einzelnen Mittelzuflüsse ist somit die Vergabe von Darlehen nach § 488 BGB. Liegt bei einem Tochterunternehmen ein Habensaldo vor, stellt der Transfer auf das Zielkonto daher ein Darlehen der Tochter an die Mutter dar. Im Falle eines Sollsaldos gewährt hingegen die Mutter dem Tochterunternehmen ein entsprechendes Darlehen. Für die Darlehensvergabe enthält der jeweilige Darlehensgeber einen entsprechenden Rückerstattungsanspruch nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Im Rahmen eines Cash Pooling Systems ist es notwendig, eine rechtliche Grundlage für die einzelnen Mittelflüsse zu schaffen. Abhängig von der Anzahl der beteiligten Gesellschaften und der vorgesehenen zeitlichen Taktung der Verrechnung können die Vermögensverschiebungen leicht ein enormes Ausmaß annehmen. Die Möglichkeit, für jede Umbuchung einen standardisierten Darlehensvertrag abzuschließen, würde daher den Verwaltungsaufwand gewaltig erhöhen. Dies widerspricht jedoch der Zielsetzung der Optimierung der konzerninternen Finanzierung und der Kostenreduzierung.19 In der Praxis werden für die Mittelflüsse stattdessen Rahmenverträge zwischen der Konzernmutter und den Tochtergesellschaften geschlossen. Diese werden als Geschäftsbesorgungsverträge ausgestaltet und verpflichten die Konzernmutter zur Organisation und praktischen Durchführung des Cash Pools. b) Vertragsinhalt Inhaltlich wird der Vertrag häufig an die genauen Bedürfnisse des Konzerns angepasst. Es gibt daher kein klassisches, allgemeingültiges Cash Pool System.20 Dennoch liegen den vertraglichen Regelwerken häufig gewisse Muster zugrunde, so dass sich durchaus gewisse Grundregeln herauskristallisieren lassen, die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen.
18 Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655, 659; Seidel, DStR 2004, 1130, 1132; Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.11; Altmeppen, ZIP 2006, 1025 f.; Willemsen/Rechel, GmbHR 2010, 349, 350; Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 731; Larisch, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 4472 f.; Altmeppen, NZG 2010, 361, 362. 19 Faßbender, Cash Pooling und Kapitalersatzrecht im Konzern, 35 und 39; Hormuth, Recht und Praxis des konzernweiten Cash Managements, 102; Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 31; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 57; Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.14. 20 Joost, in: Die GmbH-Reform in der Diskussion, 32; Sieder, Cash Pooling im GmbHKonzern, 52.
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Exkurs: Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
Zunächst wird der rechtliche Rahmen der wechselseitigen Darlehensgewährung vertraglich abgesteckt. Dies beinhaltet zuvorderst, dass die Konzernmutter die Koordination und tatsächliche Verschiebung der liquiden Mittel übernimmt. Hierzu gestatten die Tochtergesellschaften der Konzernmutter den Zugriff auf die Quellkonten, um die möglichen Habensalden auf das Zielkonto zu transferieren. Im Gegenzug verpflichtet sich die Konzernmutter, eventuelle Sollsalden auf den Quellkonten auszugleichen.21 Zur Durchführung des Cash Poolings übernimmt die Finanzierungsgesellschaft grundsätzlich die Pflicht, für die notwendige Infrastruktur in Form entsprechender Bankverbindungen zu sorgen, die finanziellen Überschüsse möglichst ertragreich anzulegen und die notwendigen Darlehen möglichst zinsgünstig aufzunehmen.22 Für die Realisierung der einzelnen Liquiditätsverschiebungen ist es unablässig, dass die Finanzierungsgesellschaft Kenntnis von den jeweiligen Salden auf den Quellkonten erhält. Hierzu werden den Tochtergesellschaften Mitteilungspflichten gegenüber der Konzernmutter auferlegt, um dem Informationsbedürfnis der Finanzierungsgesellschaft nachzukommen.23 Aufgrund der gegenseitigen Darlehensgewährung stehen sich bei einem laufenden Cash Pool gewöhnlich wechselseitige Rückzahlungsansprüche und entsprechende Zinsansprüche der jeweiligen Tochtergesellschaft und der Konzernmutter gegenüber. Diesbezüglich wird in dem Rahmenvertrag regelmäßig eine Kontokorrentabrede nach § 355 HGB implementiert, so dass die gegenseitigen Forderungen laufend verrechnet werden.24 Darüber hinaus werden in der Regel weitere Regelungen getroffen, die den genauen Ablauf des Cash Poolings regeln beziehungsweise Beendigungsmöglichkeiten schaffen. Zur Konkretisierung des Cash Pooling Systems werden etwa die zeitliche Taktung der Buchungen, die Verzinsung der gegenseitigen Darlehen sowie der Grenzbetrag geregelt. Auch können konkrete Höchstsummen festgeschrieben werden, die die maximale Kreditlinie der einzelnen Gesellschaften darstellt. Zur Beendigung beziehungsweise Begrenzung des Cash Poolings kann eine Vertrags-
21 Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 57; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 44; vgl. auch Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655, 659. 22 Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 81; Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.14; Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 48; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 43 f. 23 Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 46. 24 Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 33; Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 58; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 49; Larisch, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 473; Morsch, NZG 2003, 97, 98; Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.12; Willemsen/Rechel, BB 2009, 2215, 2216.
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laufzeit vereinbart werden. Daneben werden grundsätzlich Kündigungsmöglichkeiten und Kündigungsfristen in das Vertragswerk aufgenommen.25 2. Konzernexterne Vereinbarungen a) Giroverträge für Ziel- und Quellkonten Die konkrete Abwicklung des Cash Pooling Systems erfolgt regelmäßig durch ein Kreditinstitut.26 Hierfür ist zunächst erforderlich, dass die am Cash Pool beteiligten Gesellschaften Bankkonten bei diesem Kreditinstitut aufweisen. Konkret führt das Kreditinstitut das Zielkonto für die Finanzierungsgesellschaft und die Quellkonten für die Tochtergesellschaften. Hierbei handelt es sich um klassische Giroverträge im Sinne des § 675c BGB27, die zwischen dem Kreditinstitut und der jeweiligen Konzerngesellschaft bestehen.28 Es ist daher für die Installation eines Cash Pooling Systems nicht notwendig, besondere Giroverträge mit den Konzerngesellschaften neu abzuschließen, wenn diese ihre Bankgeschäfte bereits vor der Cash Pool Abrede über das Kreditinstitut abgewickelt haben und bereits Konten bei dem Kreditinstitut führen. Neuabschlüsse werden erst erforderlich, wenn nicht alle Konzerngesellschaften ihre Bankverbindung bei demselben Kreditinstitut haben. b) Rahmenvertrag als Geschäftsbesorgung Mit der tatsächlichen Durchführung des Cash Pool Systems auf der Basis des Rahmenvertrags, den die Konzerngesellschaften geschlossen haben, wird anschließend das Kreditinstitut beauftragt. Dies wird ebenfalls in Form eines Rahmenvertrags mit Geschäftsbesorgungscharakter im Sinne des § 675 BGB sichergestellt. Der Vertrag wird dabei zwischen dem Kreditinstitut, der Konzernmutter und den Tochtergesellschaften geschlossen. Die Vertragsverhandlungen laufen dabei typischerweise zwischen dem Kreditinstitut und der Konzernmutter ab. Der Ab25
Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 46; Larisch, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 472 f.; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 81; Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 31 f. 26 Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.18. 27 Der Girovertrag war bis zum 31. 10. 2009 ausdrücklich in § 676 f BGB geregelt. Im Rahmen der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie (RL 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG, ABl. Nr. L 319 S. 1) hat der deutsche Gesetzgeber die Regelung des Girovertrags durch eine allgemeine Regelung über Verträge über die Erbringung von Zahlungsdienstleistungen in § 675c BGB ersetzt. Die Vorschrift erfasst sämtliche bargeldlose Zahlverfahren und umfasst daher auch den Girovertrag, vgl. auch Heermann, in: Münch. Komm. BGB, § 675 BGB, Rn. 50. 28 Vgl. Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 51; Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.17 f.; Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 52; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 84.
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schluss des Vertrags erfolgt danach klassischerweise ebenfalls zwischen dem Kreditinstitut und der Konzernspitze. Die Erstreckung des Vertrags auf die Tochtergesellschaften wird dergestalt organisiert, dass die Tochtergesellschaften dem Rahmenvertrag im Nachhinein beitreten oder die Konzernmutter bevollmächtigen, den Vertrag für diese abzuschließen.29 Konkret wird das Kreditinstitut durch den Rahmenvertrag beauftragt, die technische Abwicklung der einzelnen Buchungen im Rahmen des Cash Poolings vorzunehmen.30 Hierzu werden die Regelungen aus dem Rahmenvertrag zwischen den Konzerngesellschaften zugrunde gelegt.31 Im Einzelnen finden sich daher auch in dem Rahmenvertrag mit dem Kreditinstitut entsprechende Regelungen bezüglich der Intervalle, der Grenzbeträge für die Abbuchungen, der Zinssätze, den Informationspflichten und den Beendigungsmöglichkeiten.32 Darüber hinaus wird der Finanzierungsgesellschaft eine Kreditlinie gewährt, die zur Deckung eventueller Liquiditätslücken bei den Tochtergesellschaften genutzt wird, wenn der Saldo auf dem Zielkonto keine ausreichende Deckung aufweist. Hierzu wird eine Kontokorrentabrede nach § 355 HGB getroffen. Den einzelnen Tochtergesellschaften wird gewöhnlich keine Kreditlinie eingeräumt, da allein der Cash Pool den Finanzierungsbedarf der Tochtergesellschaften decken soll.33 Für die Abwicklung der einzelnen Buchungen und die Vornahme weiterer, mit dem Cash Pooling verbundener, Dienstleistungen erhält das Kreditinstitut ein Entgelt. Eine entsprechende Regelung findet sich ebenfalls in dem Rahmenvertrag mit dem Kreditinstitut.34 Regelmäßiger Bestandteil des Rahmenvertrags mit dem Kreditinstitut ist auch die Besicherung des Cash Pools, insbesondere Sicherheiten für Ansprüche des Kreditinstituts gegen die Konzernmutter wegen Negativsalden auf dem Zielkonto. Zumeist erfolgt auch eine Absicherung für den Fall, dass der Kreditrahmen des Zielkontos überschritten wird. Beide Absicherungen erfolgen durch Regelungen, die die Konzerngesellschaften im Verhältnis zum Kreditinstitut zu einer Haftungseinheit zusammenschließen. Die Konzerngesellschaften haften danach gesamtschuldnerisch für Negativsalden auf dem Zielkonto und für die Überschreitung des Kredit29 Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 85; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 54; Korts, Cash Pooling, 4, 12. 30 Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.21; Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 52; Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 58; Morsch, NZG 2003, 97, 98. 31 Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 84. 32 Morsch, NZG 2003, 97, 98; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 51 f.; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 84; Larisch, in: Eilers/ Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung, 472. 33 Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 53; Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 33 f. 34 Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 58; Morsch, NZG 2003, 97, 98.
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rahmens. Eine haftungsrechtliche Zusammenfassung lässt sich etwa dadurch erreichen, dass Pfandrechte der Bank an den einzelnen Konten vereinbart werden, die die Bank zur Deckung von Sollbeträgen bei den anderen Konten heranziehen kann. Daneben kann eine gesamtschuldnerische Haftung auch durch einen Schuldbeitritt oder eine Bürgschaft der Tochtergesellschaften im Hinblick auf die Verbindlichkeiten der Mutter aus dem Zielkonto erreicht werden.35 3. Risiken des Cash Poolings Die betriebswirtschaftlichen Vorteile des Cash Poolings sind unbestritten. Das Cash Pooling hat sich in der Konzernpraxis bereits als Standardfinanzierungselement etabliert.36 Dennoch sind mit dem Cash Pooling auch Risiken verbunden. Diese erscheinen vornehmlich beim physischen Cash Pooling. Durch die tatsächliche Liquiditätsverschiebung werden die finanziellen Mittel des gesamten Konzerns bei der Betreibergesellschaft konzentriert. Dies führt dazu, dass auch Insolvenz- und Bonitätsrisiken vergemeinschaftet werden. Bei einer konzernweiten Sicherung des Cash Pool Systems entsteht darüber hinaus eine Haftungsgemeinschaft. a) Verlust finanzieller Unabhängigkeit Zur Deckung auftretender Liquiditätslücken nutzt die Finanzierungsgesellschaft die ihr gewährte Kreditlinie und leitet die erhaltenen Fremdmittel konzernintern und bedarfsgerecht an die Tochtergesellschaften weiter. Die Tochtergesellschaften verfügen grundsätzlich nicht über eine eigene Kreditlinie und unterhalten daher keine Beziehungen zu Dritten zum Zwecke ihrer Fremdfinanzierung. Die Tochtergesellschaften sind vielmehr auf die finanzielle Versorgung durch den Cash Pool und von der zentralen Liquiditätssteuerung abhängig. Die Tochtergesellschaften laufen durch diese Abhängigkeit zunächst Gefahr, dass der einzelnen Tochtergesellschaft Liquidität übermäßig entzogen wird. Insbesondere beim zero balancing Verfahren wird den Tochtergesellschaften ihre gesamte Liquidität abgezogen, so dass diesen keine Liquiditätsreserve verbleibt. Bei negativen Geschäftsverläufen ist sie daher zur Aufrechterhaltung ihrer Geschäftstätigkeit auf die ständige Liquiditätsausstattung durch die Betreibergesellschaft angewiesen. Im Falle einer Krise der Betreibergesellschaft bricht diese Quelle jedoch weg, so dass
35 Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 53; Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 85; Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 58; Sieder, Cash Pooling im GmbH-Konzern, 55; Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.23; vgl. auch Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655, 660; Morsch, NZG 2003, 97, 98. 36 Klein, ZIP 2017, 258; Römermann, in: MAH GmbH-Recht, § 20, Rn. 230; Kiethe, DStR 2005, 1573; Weitzel/Socher, ZIP 2012, 1069; Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730, 731.
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Exkurs: Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
eine extrem große Gefahr besteht, dass die Geschäftstätigkeit nicht (wieder-)hergestellt werden kann.37 Daneben müssen die Tochtergesellschaften bei einem Ausfall der Cash Pool Finanzierung, etwa in einer Krise des Konzerns, erst (wieder) neue Möglichkeiten der Fremdkapitalfinanzierung finden. Vor dem Hintergrund ihrer unzureichenden Liquiditätsausstattung und des zeitlichen Drucks in Krisensituationen erscheint dabei jedoch jede Verzögerung kontraproduktiv.38 b) Vergemeinschaftung des Insolvenz- und Bonitätsrisikos Der klassische Cash Pool erscheint als ein Konstrukt aus gegenseitiger Darlehensvergabe. Der jeweilige Darlehensgeber trägt dabei das Risiko, dass die Darlehensforderung im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit nicht realisiert werden kann. Mit anderen Worten trägt die darlehensgebende Gesellschaft das Bonitätsrisiko der Schuldnergesellschaft. In der Regel tragen daher die Tochtergesellschaften das Bonitätsrisiko der Konzernmutter. Anders als Kreditinstitute unterliegt die Cash Pool Betreibergesellschaft regelmäßig nicht dem KWG und weist somit auch häufig eine geringere Bonität auf. Die Risiken aus dem geringeren Bonitätslevel tragen daher die Liquidität abführenden Tochtergesellschaften.39 Kritisch wird die Situation dann, wenn der Liquiditätsbedarf aufseiten der Tochtergesellschaften den Liquiditätseingang bei der Konzernmutter übersteigt. Dies erfolgt dann, wenn die Summe der Darlehensaufnahme durch die Tochtergesellschaften das Volumen der Darlehensvergabe an die Konzernmutter übersteigt. Sobald die konzernweit an die Konzernmutter abgeführte Liquidität nicht mehr ausreicht um die Darlehensforderungen zu bedienen, läuft die Muttergesellschaft Gefahr, insolvent zu werden. In diesem Fall können die Tochtergesellschaften ihre Forderungen gegen die Konzernmutter aus dem Cash Pool nicht mehr realisieren. Da die Tochtergesellschaften durch das Cash Pooling zur zentralen Liquiditätsbündelung bei der Muttergesellschaft gezwungen sind, stellen die Darlehensforderungen aus dem Cash Pooling gegen die Muttergesellschaft die einzigen finanziellen Vermögenswerte der Tochtergesellschaften dar. Eine anderweitige Vermögens- und 37 Vetter, in: Lutter, Holding Hdb., § 8, Rn. 3; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 8 f.; Deckart, Kapitalerhaltung als Grenze des Cash Pooling, 12; Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 39. 38 Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 37 f.; Vetter, in: Lutter, Holding Hdb., § 8, Rn. 3; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 9; Deckart, Kapitalerhaltung als Grenze des Cash Pooling, 12; Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 39. 39 Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 48 f.; Sieder, Cash Pooling im GmbHKonzern, 49; Kiethe, DStR 2005, 1578; Vetter, in: Lutter, Holding Hdb., § 8, Rn. 3; vgl. auch Uwe H. Schneider, ZGR 1984, 497, 533 f.; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 39; Deckart, Kapitalerhaltung als Grenze des Cash Pooling, 11; Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 55 f.
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Risikostreuung durch die Tochtergesellschaften findet nicht statt, so dass ein so genanntes Klumpenrisiko entsteht.40 Der Totalausfall der Forderungen in der Insolvenz der Mutter führt bei den Tochtergesellschaften regelmäßig dazu, dass diese durch den Forderungsausfall keine oder nicht mehr genug Liquidität aufweisen und ihrerseits insolvent werden. Aufgrund der Verzahnung der beteiligten Gesellschaften kann die finanzielle Schieflage einer Gesellschaft in einem Cash Pool System daher leicht einen sogenannten Dominoeffekt auslösen, der schnell zu einer Gefahr für den Gesamtkonzern werden kann.41 c) Haftungsgemeinschaft Stellen die Tochtergesellschaften Sicherheiten zu Gunsten der Muttergesellschaft, um die externe Kapitalbeschaffung abzusichern, führt dies zu einer Haftungsgemeinschaft aller Konzerngesellschaften. Die Tochtergesellschaften haben im Insolvenzfall der Muttergesellschaft daher nicht nur den Ausfall ihrer Forderungen zu verkraften, sondern haften darüber hinaus auch noch für die Verbindlichkeiten der Konzernmutter. Die Haftungssumme übersteigt die Leistungsfähigkeit der ohnehin finanziell geschwächten Gesellschaften dabei regelmäßig um ein Vielfaches. Diese Verflechtung im Rahmen der Haftung verstärkt den Dominoeffekt noch weiter.42 d) Verstoß gegen Kapitalaufbringungsoder Kapitalerhaltungsrecht Darüber hinaus birgt das physische Cash Pooling erhebliche rechtliche Risiken im Hinblick auf das Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsrecht in sich. Im Gegensatz zum virtuellen Cash Pooling kommt es hierbei zur tatsächlichen Weiterleitung von Finanzmitteln innerhalb des Konzerns. Durch den realen Kapitalfluss und dessen Klassifizierung als Darlehen besteht die Gefahr, dass die Leistungen im Rahmen des Cash Poolings zu Konflikten mit den Grundsätzen der Kapitalerhaltung und der Kapitalaufbringung führen.43
40 Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 39; Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.52; Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 56; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 39 f. 41 Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 9 f.; Rittscher, CashManagement-Systeme in der Insolvenz, 39; Gärtner, Die rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, 56; Johnen, Cash Pooling in faktischen Unternehmenszusammenschlüssen, 38; Kiethe, DStR 2005, 1573, 1587. 42 Zahrte, Cash Pooling im internationalen Konzern, 65; Sieder, Cash Pooling im GmbHKonzern, 49; Vetter, in: Lutter, Holding Hdb., § 8, Rn. 3; Uwe H. Schneider, in: Hdb. d. Konzernfinanzierung, Rn. 25.54; Deckart, Kapitalerhaltung als Grenze des Cash Pooling, 13; Rittscher, Cash-Management-Systeme in der Insolvenz, 40; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 9. 43 Morsch, NZG 2003, 97, 98.
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Exkurs: Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
Der Mittelabfluss tangiert dabei die Grundsätze der Kapitalaufbringung, insbesondere bei der Neugründung von Konzerngesellschaften und in Fällen der Kapitalerhöhung bereits bestehender Tochtergesellschaften, wenn die geleistete Einlage im Zuge des Cash Poolings an die Gesellschafter oder ein verbundenes Unternehmen zurückfließt.44 Die in dieser Arbeit zu untersuchende Kapitalerhaltung wird hingegen dann relevant, wenn die Leistungen dazu führen, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft entzogen wird.45
§ 13 GmbH als Darlehensgeberin Upstream Loans, welche die Darlehensgeberposition der abhängigen Gesellschaft begründen, erfolgen, wenn das Quellkonto der abhängigen GmbH im Verrechnungszeitpunkt einen positiven Saldo aufweist und dieser vollständig oder bis zu einem vereinbarten Grenzbetrag an das Zielkonto abgeführt wird.
I. Faktischer Konzern Wie bereits festgestellt, richtet sich die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von aufsteigenden Darlehen im faktischen Konzern nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG.46 Aufgrund der Konzentrierung der Konzernliquidität durch die wirtschaftlichen Verflechtungen der Konzernmutter mit ihren Tochtergesellschaften gehen mit einem Cash Pooling System im Gegensatz zur Vergabe von Einzeldarlehen jedoch erhöhte wirtschaftliche und rechtliche Risiken einher.47 Im Folgenden ist daher zu klären, ob die festgestellten kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen für Einzeldarlehen uneingeschränkt auf Upstream Loans im Cash Pool übertragen werden können oder ob die besonderen Risiken eine abweichende Behandlung rechtfertigen. In einem zweiten Schritt sind sodann die Auswirkungen auf die kapitalerhaltungsrechtliche Haftung der Geschäftsführer zu beleuchten. Hierbei sind ebenfalls die Besonderheiten des Cash Poolings, welche sich insbesondere auf die Vollwertigkeitsprüfung auswirken, in den Blick zu nehmen und zu untersuchen, wie diese mit den Kapitalerhaltungsanforderungen in Einklang zu bringen sind.
44
Cahn, ZHR 166 (2002), 278, 283; Morsch, NZG 2003, 97, 98. Jäger, DStR 2000, 1736; Morsch, NZG 2003, 97, 98; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, 246 f. 46 Siehe hierzu auch § 7 III.1. 47 Vgl. § 12 III.3.b). 45
§ 13 GmbH als Darlehensgeberin
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1. (Uneingeschränkte) Übertragbarkeit der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des Einzeldarlehens auf den Cash Pool Die mit einem Cash Pool einhergehenden Risiken bedrohen die finanzielle Verfassung der einzelnen am Cash Pool beteiligten Gesellschaften und des Konzerns als Gesamtheit.48 Die Risiken bedrohen somit die Gläubiger der Gesellschaften in erheblichem Umfang. Das Kapitalerhaltungsrecht unterliegt dem Telos des Gläubigerschutzes.49 Es ist somit zu fragen, ob die besonderen Risiken für die Gläubiger im Cash Pool eine Anpassung des Kapitalerhaltungsrechts erforderlich machen oder die für das Einzeldarlehen festgestellten Anforderungen eins zu eins auf aufsteigende Finanzströme im Cash Pool übertragbar sind. Gegen eine Anpassung des Kapitalerhaltungsrechts spricht zunächst die rechtliche Einordnung der Cash Pool Finanzströme als Darlehen. Cash Pool Zahlungen fallen somit problemlos in den Anwendungsbereich des § 30 GmbHG. Um möglichen Umgehungen entgegenzuwirken, wird der Anwendungsbereich des § 30 GmbHG darüber hinaus sehr weit ausgelegt. Wenn die Regelungen des § 30 GmbH letztlich alle Fälle der Leistungsgewährung zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern umfassen sollen, lässt das auf einen umfassenden Regelungscharakter schließen. Dann müssen die Regelungen auch konsequenterweise Cash Pool Zahlungen umfassen. § 30 GmbHG knüpft darüber hinaus an die abstrakte Gefahr an, die durch die Leistungsgewährung an Gesellschafter für die Gläubiger entstehen. Eine Differenzierung nach dem Grad der Gefahr für die Gläubiger erfolgt nicht. Dies spricht ebenfalls für den umfassenden Regelungsanspruch des § 30 GmbHG und gegen die Modifizierung der entsprechenden Regelungen aufgrund der besonderen Gefahren, die aus einem Cash Pool erwachsen können. Dies erscheint auch vor dem Hintergrund konsequent, dass ein ähnlicher Gefährlichkeitsgrad auch durch die Vergabe von Einzeldarlehen erreicht werden kann. Insbesondere, wenn die einzelnen Darlehen einen erheblich Umfang einnehmen und die Darlehensvergabe innerhalb vieler Konzerngesellschaften erfolgt, kann die finanzielle Verknüpfung der Gesellschaften untereinander ebenfalls zu einer Vergemeinschaftung der Insolvenz- und Bonitätsrisiken kommen. Bei Einzeldarlehen wird nicht zwischen dem Grad der Gläubigergefährdung differenziert. Die Regelungen gelten somit „unangepasst“, mit anderen Worten umfassend für alle Fälle der Vergabe von Einzeldarlehen. Wenn bei vergleichbarem Gefährdungsgrad bei Einzeldarlehen keine Anpassung erfolgt, ist nicht ersichtlich, warum dies beim Cash Pool erfolgen sollte.
48
Siehe zu den Risiken des Cash Poolings ausführlich § 12 III.3. ff. Vgl. Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 7; Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 15; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 5. 49
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Exkurs: Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
Zuletzt spricht auch der Wille des Gesetzgebers gegen eine Anpassung des Kapitalerhaltungsrechts bei Cash Pool Zahlungen. Ausweislich des Regierungsentwurfs knüpft die Ergänzung des § 30 GmbHG ausdrücklich an Leistungen im Cash Pool an und soll entstandene Rechtsunsicherheiten über die Anwendbarkeit des Kapitalerhaltungsrechts beseitigen.50 Der Gesetzgeber wollte dabei nicht nur die Anwendbarkeit des Kapitalerhaltungsrechts auf Cash Pool Zahlungen rechtssicher verankern, sondern erkannte darüber hinaus auch die ökonomische Notwendigkeit an und wollte dem November-Urteil51 entgegenwirken und die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Cash Pool Zahlungen regeln.52 Diesem Gedanken der Privilegierung würde es jedoch widersprechen, wenn man das bestehende Regelwerk des Kapitalerhaltungsrechts zu Gunsten eines besseren Gläubigerschutzes bei Cash Pool Zahlungen modifiziert. Die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des Einzeldarlehens gelten somit uneingeschränkt für Zahlungen innerhalb eines Cash Pools.53 2. Prüfungspflicht beim Einzeldarlehen und beim Cash Pool In der Regel erfolgt der Mittelfluss im Cash Pool jedoch automatisiert anhand vorher bestimmter Kriterien und nicht nach punktuell bestimmtem Bedarf, wie es regelmäßig beim Einzeldarlehen der Fall ist. Im Vergleich zum Einzeldarlehen erwachsen dem Geschäftsführer hieraus erhöhte Anforderungen an seine kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfungspflichten. Beim Einzeldarlehen ist der Geschäftsführer viel enger in den Geschehensablauf eingebunden. Häufig stellt die Entscheidung über die Darlehensvergabe eine Reaktion auf schwerwiegende Veränderungen von äußeren oder inneren Faktoren im Konzern dar und der Geschäftsführer kann die Darlehensvergabe und seine Prüfung genau damit verknüpfen. Ein Darlehen zur Unterstützung der Konzernmutter zur Anschaffung einer Maschine kann beispielsweise darauf beruhen, dass die Produtkion erneuert werden soll oder neue Geschäftsfelder erschlossen werden sollen. Die Darlehensvergabe erfolgt somit zu einem bestimmten Zweck und der Geschäftsführer der abhängigen GmbH wird dabei regelmäßig zumindest in grobem Umfang, in die strategische Entscheidung eingebunden sein. Insofern ist dem Geschäftsführer die kapitalerhaltungsrechtliche Prüfungssituation beim Einzeldarlehen sehr präsent. Erfolgt die Darlehensvergabe jedoch automatisiert in werktäglichem Rhythmus, erschweren sowohl die äußeren Umstände als auch die Anzahl der Darlehen die kapitalerhaltungsrechtliche Prüfung des Geschäftsführers. Im Cash Pool basiert 50 51 52 53
Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Siehe zum November-Urteil ausführlich § 6 I.3. ff. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 41. Im Ergebnis auch Ekkenga, in: Münch. Komm. GmbHG, § 30 GmbhG, Rn. 186.
§ 13 GmbH als Darlehensgeberin
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nicht jede einzelne Darlehensvergabe auf einer strategischen Entscheidung, stattdessen beruht lediglich die Begründung des Cash Pools und seiner genauen Ausgestaltung auf einer strategischen Entscheidung. In diese ist der Geschäftsführer zwar zwangsläufig eingebunden, da dieser für den Vertragsschluss zuständig ist. Die einzelnen Finanzströme innerhalb des Cash Pools erscheinen jedoch lediglich als automatische Folge der ursprünglichen strategischen Entscheidung und sind dem Geschäftsführer daher nicht so präsent, wie bei der Vergabe eines Einzeldarlehens. Die „Entwertung“ des Erscheinens der einzelnen Cash Pool Zahlungen als ledigliche Folge der strategischen Entscheidung der Cash Pool Gründung vertieft sich weiter durch die hohe Anzahl der Zahlungen, die gewöhnlich in einem Cash Pool erfolgen. Während beim Einzeldarlehen die Vergabe buchstäblich lediglich zur einmaligen Finanzierung eines bestimmten Zwecks erfolgt, finden im Cash Pool „zweckungebundene“ Zahlungsströme werktäglich statt. Die konzernweite finanzielle Verflechtung der Konzernmutter mit ihren Tochtergesellschaften erschwert für den Geschäftsführer darüber hinaus auch die Prüfung der Vollwertigkeit in materieller Hinsicht. In einem faktischen Konzern, in dem kein Cash Pooling vorherrscht, muss der Geschäftsführer auch bei der Vergabe eines Einzeldarlehens die wirtschaftlichen Verflechtungen der Konzernmutter mit den anderen Tochtergesellschaften berücksichtigen, da diese entscheidenden Einfluss darauf haben können, ob die Darlehensrückgewährforderung vollwertig ist. Beim Cash Pooling ist der Grad der Verflechtung aufgrund der automatisierten Darlehensvergabe zwischen der Konzernmutter und allen Tochtergesellschaften jedoch regelmäßig deutlich höher und verändert sich darüber hinaus in der Regel auch noch werktäglich. Aufgrund der untergeordneten Präsens der einzelnen Zahlungsströme als strategische Geschäftsentscheidung, der Vielzahl der Zahlungsströme im Cash Pool und der Erschwerung der Prüfung der materiellen Vollwertigkeit aufgrund der konzernweiten, sich werktäglich verändernden finanziellen Verflechtungen zwischen der Konzernmutter und ihren Tochtergesellschaften erscheint die Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von aufsteigenden Darlehen im Cash Pool deutlich fehleranfälliger, als bei der Vergabe eines Einzeldarlehens. Dies erhöht die Haftungsrisiken des Geschäftsführers bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erheblich. 3. Anforderungen an den Pflichten- und Haftungsumfang des Geschäftsführers Im Vergleich zum Einzeldarlehen stellt sich daher bei der Vollwertigkeitsprüfung im Rahmen von Cash Pool Zahlungen die Frage, ob der Geschäftsführer bei dieser Prüfung den gleichen Maßstab anlegen darf, wie bei der Vergabe eines Einzeldarlehens oder die besonderen Gefahren, die aus dem Cash Pooling erwachsen, eine Modifizierung rechtfertigen beziehungsweise gebieten.
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Exkurs: Auswirkungen auf die Geschäftsführung im Cash Pooling System
a) Kein originäres Prüfungsrecht des Geschäftsführers Zunächst stellt sich dabei die Frage, ob das Gesellschaftsrecht die Prüfungsmöglichkeiten des Geschäftsführers der abhängigen Gesellschaft im Cash Pool begründet oder diese vertraglich sichergestellt werden müssen. Das GmbH-Recht regelt Auskunfts- und Einsichtsrechte zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern in § 51a GmbHG. Nach § 51a Abs. 1 GmbHG haben alle Gesellschafter gegen den Geschäftsführer ein jederzeitiges und umfassendes Auskunftsrecht über Angelegenheiten der Gesellschaft.54 Die Regelung sieht somit nur einen Informationsanspruch der Gesellschafter gegen „ihre“ Gesellschaft vor. Der Normzweck besteht dabei darin, allen Gesellschaftern zu ermöglichen, ihre Mitgliedschaftsrechte effektiv und sachgerecht wahrnehmen zu können, in dem sie sich jederzeit über Angelegenheiten der Gesellschaft in Kenntnis setzen lassen können.55 Den Fall, dass der Geschäftsführer Informationsansprüche gegen die Konzernmutter (Gesellschafterin) geltend macht, regelt § 51a GmbHG hingegen nicht. Vor dem Hintergrund des Normzwecks erscheint auch eine entsprechende Anwendung mangels Regelungslücke nicht sachgerecht. Bei dem Auskunftsverlangen des Geschäftsführers der Konzerntochter gegen die Konzernmutter geht es um Informationen für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Upstream Loans. Die in Rede stehenden Informationen betreffen also eine rechtliche Verpflichtung und gerade keine Rechte, die aus der Mitgliedschaft am Cash Pool entstehen. Ein originärer Auskunftsanspruch besteht somit nicht.56 Mangels eines gesetzlichen Auskunftsanspruchs, muss das Prüfungsrecht des Geschäftsführers vertraglich begründet und ausgestaltet werden. Hierzu sollten bereits in den Cash Pool Verträgen detaillierte Regelungen getroffen werden.57 Der Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft hat auf jeden Fall vor dem Abschluss des Cash Pool Vertrags darauf hinzuwirken.58 Sollte der Geschäftsführer neu bestellt 54 Speziell für das Auskunftsrecht der Konzernmutter gegen die Tochtergesellschaft im Cash Pool, Morsch, NZG 2003, 97, 104, 106. 55 Hillmann, in: Münch. Komm. GmbHG, § 51a, Rn. 5. 56 A.A. Altmeppen, NZG 2010, 401, 405, nachdem sich aus der Verpflichtung der Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft zur Werthaltigkeitsprüfung ein umfassender Auskunfts- und Informationsanspruch gegen das herrschende Unternehmen ergibt. 57 Vgl. auch BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 109 MPS-Urteil, wonach beim Cash-Management die Einrichtung eines geeigneten Informationsoder „Frühwarnsystems“ zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft erforderlich sein kann. Die Tatsache, dass das System erst einzurichten ist, lässt darauf schließen, dass es rechtsgeschäftlich begründet werden muss, was gegen das Bestehen eines gesetzlichen Prüfungsrechts spricht. Ähnlich auch Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 70, Rn. 62, nachdem mangels gesetzlichen Prüfungsanspruchs die Einrichtung eines Informationssystems erforderlich sei. Vgl. auch Bayer/Lieder, AG 2010, 885, 890 ff.; C. Schäfer/Fischbach, FS Hellwig, 293, 301 f. und 306 ff.; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, S 114 ff; Habersack, ZGR 2009, 347, 362 f.; Hommelhoff, ZHR 173 (2009), 255, 274 f. 58 Klein, ZIP 2017, 258, 261 f.
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werden und ist seine zukünftige Anstellungsgesellschaft in einen Cash Pool integriert, bei dem entsprechende Regelungen fehlen, hat der Geschäftsführer auf eine nachträgliche Anpassung des Vertragswerks hinzuwirken. b) Umfassendes vertraglich eingeräumtes Prüfungsrecht des Geschäftsführers Bei der Gestaltung des Cash Pools ist es problemlos möglich, die Prüfungsrechte des Geschäftsführers der abhängigen GmbH umfangreich zu regeln. Hierbei kann der Geschäftsführer etwa darauf hinwirken, dass ihm umfassende Prüfungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Denkbar ist es hierbei etwa, dass der Geschäftsführer jederzeitige Einsichtsrechte in die Bücher der am Cash Pool beteiligten Gesellschaften erhält oder die Prüfungsbefugnisse anlassbezogen ausgestaltet sind und sich auf die Bücher der Konzernmutter beschränken. Gerade das uneingeschränkte Prüfungsrecht dürfte in der Praxis jedoch nur schwer umzusetzen sein, da es für die beteiligten Gesellschaften bedeutet, dass diese sich ständig den Prüfungsbegehren der Geschäftsführer der beteiligten Gesellschaften ausgesetzt sehen würden. Der organisatorische Aufwand wird dabei umso größer, je mehr Gesellschaften am Cash Pool beteiligt sind. Darüber hinaus kann es auch im Interesse der Konzernmutter sein, dass die Geschäftsführer der beteiligten Tochtergesellschaften keine umfangreichen Einblicke in die Bücher der anderen Tochtergesellschaften bekommen. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn die Konzernmutter die Offenlegung von Ungleichbehandlungen vermeiden möchte. Die konkrete Prüfung dürfte für den Geschäftsführer in der Praxis auch nur schwer umzusetzen sein. Da im Cash Pool regelmäßig (werktäglich) Zahlungen erfolgen, verändern sich auch jedes Mal die finanziellen Umstände der Konzerngesellschaften, was negative Einflüsse auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Konzernmutter haben kann und daher eine Vollwertigkeitsprüfung vor jeder weiteren Upstream Zahlung erforderlich macht. Will der Geschäftsführer die finanziellen Veränderungen vor jedem Upstream Darlehen im Detail nachvollziehen und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Konzernmutter neu bewerten, dürfte dies seine zeitlichen Ressourcen unverhältnismäßig belasten, so dass ein umfassendes Prüfungsrecht auch gar nicht im Interesse des Geschäftsführers der abhängigen GmbH liegt.59 c) Installation eines Überwachungssystems Um den ständigen finanziellen Änderungen bei der Vollwertigkeitsprüfung gerecht zu werden, empfiehlt sich vielmehr die Installation eines wirksamen Überwachungssystems. Diesbezüglich hat auch der BGH in seiner MPS-Entscheidung 59 Ähnlich auch Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 82, wonach der entstehende Kontrollaufwand den wirtschaftlichen Nutzen des Cash Poolings übersteigen würde.
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festgestellt, dass bei laufenden Änderungen des Kreditrisikos zur Wahrung der Prüfungspflicht die Einrichtung eines geeigneten Informations- oder Frühwarnsystems erforderlich sein kann.60 Dieses muss dabei so ausgestaltet sein, dass es dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft eine laufende Risikoanalyse ermöglicht.61 Durch die Installation eines Überwachungssystems wird die Vollwertigkeitsprüfung systematisiert. Dies erscheint angemessen und erforderlich, da Cash Pooling letztlich ein Darlehensvergabesystem begründet und somit die Kontrolle letztlich an die systematischen Gegebenheiten angepasst wird. aa) Vertragliche Verankerung des Überwachungssystems Das Überwachungssystem muss vertraglich begründet werden. Hierzu können die Regelungen des Überwachungssystems bei einer Neubegründung eines Cash Pools bereits in das Vertragswerk aufgenommen werden. Besteht bereits ein Cash Pool und enthalten die vertraglichen Grundlagen kein (ausreichendes) Überwachungssystem, sollte darauf hingewirkt werden, ein entsprechendes System nachträglich vertraglich zu verankern. bb) Mögliche Ausgestaltung eines wirksamen Überwachungssystems Da die „eigenhändige“ Prüfung durch den Geschäftsführer, wie bereits festgestellt, seine zeitlichen Ressourcen sprengen würde und in der Praxis unpraktikabel erscheint,62 ist fraglich, wie das Überwachungssystem ausgestaltet sein muss, um eine vergleichbare Informationsgrundlage für den Geschäftsführer zu gewährleisten, damit dieser eine kapitalerhaltungsrechtlich zulässige Vollwertigkeitsprüfung vornehmen kann. (1) Einbindung konzernaußenstehender Dritter Hierzu bietet es sich zunächst an, die Informationsbeschaffung, -auswertung und -weiterleitung auf Dritte zu übertragen. Dazu könnte die Geschäftsleitung der Konzernmutter vertraglich verpflichtet werden. Zwar würde in es in diesem Fall nicht zu dem Fall kommen, dass Geschäftsführer der Tochtergesellschaften gegenseitig Einblicke in die Geschäftsbücher erhielten, allerdings müsste diese „eigenhändige“ Prüfung durch die Geschäftsleitung der Konzernmutter erfolgen, die mit steigender Anzahl der beteiligten Gesellschaften sehr komplex werden kann. Hiergegen spricht zum einen, dass in diesem Fall die Geschäftsleitung der Konzernmutter mit der äußerst zeitintensiven Prüfung belastet wäre. Das Problem der Ressourcenbelastung wäre lediglich von der Ebene der Tochtergesellschaft auf die 60 BGH, Urt. v. 1. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 109 - MPSUrteil. 61 Krieger, in: Münch. Hdb. d. GesR GmbH, § 70, Rn. 62 m.w.N. 62 Siehe hierzu bereits § 13 I.3.b).
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Ebene der Muttergesellschaft verlagert. Zum anderen würden Interessenkonflikte entstehen. Zur Vollwertigkeitsprüfung kommt es bei Upstream Darlehen, so dass die Muttergesellschaft Darlehensnehmerin und die Konzerntochter Darlehensgeberin wird. Wenn das Überwachungssystem wesentliche Prüfungsaufgaben auf die Konzernmutter verlagert, käme es zu der Situation, dass sich der Darlehensnehmer hinsichtlich seiner Bonität selbst (zumindest wesentlich mit-)bewertet. Darüber hinaus hat die Konzernmutter ein erhebliches Interesse daran, den Cash Pool aufrechtzuerhalten, da dieser das wesentliche Konzerninnenfinanzierungsinstrument darstellen wird. Neben dem Interessenkonflikt der Eigenbewertung tritt somit auch noch das Interesse, die wesentliche Finanzierung innerhalb des Konzerns zu sichern. Will man das Prüfungssystem dennoch unter Einbindung der Geschäftsleitung der Konzernmutter installieren, müssen diese Risikofaktoren berücksichtigt werden. Diese Risikofaktoren lassen sich allerdings eliminieren, wenn man konzernaußenstehende Dritte mit der Informationsbeschaffung, -auswertung und -weiterleitung betraut. Hierzu drängt sich geradezu das Kreditinstitut auf, bei dem der Cash Pool betrieben wird und welches die Quellkonten und das Zielkonto führt. Die Bank hat hieraus sowieso den Überblick über die Gesamtheit der Zahlungsströme, so dass die Voraussetzungen der Informationsbeschaffung und ihrer Auswertung lediglich als vertragliche Pflicht im Cash Pool Vertrag niedergelegt werden müssten. Als außenstehender Dritter, kann die Konzernmutter auch Ungleichbehandlungen und den Informationsfluss der Tochtergesellschaften untereinander unterbinden. Das Kreditinstitut unterliegt gegenüber Dritten der Geheimhaltung, wobei auch diese gegenüber Dritten und der Konkretisierungsgrad der Informationsweitergabe an die Tochtergesellschaften in dem Cash Pool Vertrag geregelt werden können. Als außenstehender Dritter entstehen dem Kreditinstitut auch nicht die Interessenkonflikte, welche bei der Konzernmutter aufgrund ihrer Darlehensnehmerposition auftreten. Darüber hinaus unterhält das Kreditinstitut vertragliche Beziehungen mit allen am Cash Pool beteiligten Gesellschaften. Bereits hieraus erwachsen dem Kreditinstitut Treuepflichten gegenüber jedem einzelnen Teilnehmer, was dem Kreditinstitut ein Handeln zu Gunsten der Konzernmutter zur Aufrechterhaltung des Cash Pools verbietet. Darüber hinaus lassen sich die vertraglichen Pflichten gegenüber der Konzernmutter und den anderen Konzerngesellschaften konkret regeln, so dass auch insoweit die Neutralität des Kreditinstituts geschaffen werden kann. (2) Informationsbeschaffung, -aufarbeitung und -weitergabe Fraglich ist, wie das Überwachungssystem inhaltlich ausgestaltet sein muss, um der kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfungspflicht zu entsprechen. Wie bereits festgestellt, ist für die Vollwertigkeitsprüfung die Bonität der Konzernmutter von entscheidender Bedeutung.63 Aufgrund der finanziellen Verflechtungen zwischen der Konzernmutter und den einzelnen Konzerngesellschaften beim Cash Pooling, wirken sich die Zahlungsströme innerhalb des Cash Pools erheblich auf den Bonitäts63
Siehe etwa § 7 III. am Ende.
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status der Konzernmutter aus. Wirtschaften Teilnehmer defizitär und reichen die, durch die restlichen Konzerngesellschaften erzielten und abgeführten, Einnahmen nicht zur Deckung des Defizits aus, verschlechtert sich die Bonität der Konzernmutter. Daher ist es von erheblicher Bedeutung, die Zahlungsströme innerhalb des Cash Pools zu beobachten und die finanzielle Gesamtsituation zu bewerten. Da die tatsächlichen Buchungen im Cash Pool sowieso durch das Kreditinstitut erfolgen, ist es für dieses ein leichtes, diese Informationen zusammenzutragen, „abzurechnen“ und an die beteiligten Gesellschaften weiterzuführen. Hierbei ist es auch ohne weiteres möglich, die Quellen der einzelnen Zahlungsströme zu anonymisieren, so dass die einzelnen Tochtergesellschaften untereinander keine konkreten Informationen erhalten und lediglich die Konzernmutter eine vollständige Übersicht erhält. So ist es problemlos möglich, dass der Geschäftsführer werktäglich von dem Kreditinstitut eine Finanzübersicht erhält, in dem die einzelnen Zahlungsströme (Liste aller Upstream und/oder Downstream Loans) und der Gesamtsaldo des Zielkontos bei der Konzernmutter (Gesamtsituation des Cash Pools) aufgelistet sind. Bereits auf dieser Informationsgrundlage ist der Geschäftsführer in der Lage, die kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit zu prüfen. (3) Anknüpfung an Bewertungskriterien von Ratingagenturen Zusätzlich zu der Finanzübersicht und zur Unterstützung beziehungsweise Vereinfachung der Vollwertigkeitsprüfung ist es denkbar, dass die Bank eine Bewertung der Bonität anhand von vorher vereinbarten Bewertungskriterien abgibt. Als Bewertungskriterien bieten sich die Bonitätsratings von Ratingagenturen an.64 Zur Unterstützung des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft bei der Vollwertigkeitsprüfung kann der Finanzübersicht ein Bonitätsrating der Konzernmutter beigefügt werden. Kommt dieser dabei ein Investment Grade Rating zu, also ein Rating von AAA, AA, A und BBB, stellt dies ein starkes Anzeichen für das Fehlen eines konkreten Ausfallrisikos und somit für die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs dar.65 Ein unter diesem Ratinglevel liegendes Speculative Grade Rating stellt hingegen ein gewichtiges Indiz für eine konkrete Ausfallwahrscheinlichkeit dar und spricht damit für die mangelnde Vollwertigkeit des Anspruchs.66 Die Indizwirkung des Bonitätsratings ersetzt zwar nicht die konkrete Vollwertigkeitsprüfung durch den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft, es gibt jedoch eine Orientierungshilfe und ihm kann bei einem kritischen Rating beziehungsweise erkennbarer Verschlechterung auch eine Warnfunktion zukommen. Demnach unter64 Klein, ZIP 2017, 258, 262. Siehe zu den einzelnen Ratingstufen ausführlich § 7 III.1.b) aa)(2)(a) am Ende. 65 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 86; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 123; vgl. auch Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 AktG, Rn. 143. 66 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 86; Vetter, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 123; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 AktG, Rn. 148.
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stützt ein Bonitätsrating den Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft bei der kapitalerhaltungsrechtlichen Vollwertigkeitsprüfung und erscheint daher sinnvoll. (4) Anknüpfung an Kennziffern von Financial Covenants Zur weiteren Unterstützung können darüber hinaus noch Meldepflichten des Kreditinstituts an die Cash Pool Teilnehmer vereinbart werden. Hierzu können bestimmte Kennziffern vertraglich festgelegt werden. Wenn diese unterschritten werden, müssen diese gemeldet werden. Dieser Pflicht würde eine Art Warnfunktion67 zukommen, welche die Geschäftsführer der Tochtergesellschaften zu besonderer Sorgfalt bei der Vollwertigkeitsprüfung anhalten würde. Für die Festlegung der Kennziffern bietet sich eine Orientierung an den klassischen Financial Covenants an, die Finanzinstitute in der Praxis nutzen, um Bankdarlehen abzusichern.68 Diese stellen Vertragsnebenabreden dar, in denen bestimmte Finanzkennzahlen, wie etwa der Cash Flow, das Eigenkapital, bestimmte Ertragskennzahlen (z. B. EBIT69/EBITDA70) und der Verschuldungsgrad festgelegt werden. Diese Kennzahlen stellen Mindestanforderungen an die Kapitalisierung der Gesellschaft, den Ertrag und die Liquidität der Gesellschaft dar. Über die Entwicklung der Kennzahlen hat der Darlehensnehmer das Kreditinstitut regelmäßig (z. B. vierteljährig) zu unterrichten und im Falle des Unterschreitens die Bank sofort zu informieren.71 Eine Heranziehung dieser Sicherungspraxis für das Überwachungssystem im Cash Pooling System bietet sich aufgrund der vergleichbaren Interessenlage an. Im Fall der hier relevanten Upstream Loans ist die Konzerntochter ebenfalls Darlehensgeber und somit in der gleichen Position gegenüber der Konzernmutter als Darlehensnehmerin, wie das Kreditinstitut bei der Vergabe eines Bankdarlehens an die Konzernmutter. Gerade die Meldepflichten sollen Negativentwicklungen frühzeitig aufzeigen (Instrument der Risikofrüherkennung und -vermeidung). Auch die darlehensgebenden Konzerntöchter haben ein Interesse daran, negative Entwicklungen bei der Bonität der Konzernmutter zu erkennen. Zuvorderst geht es dabei natürlich um die Bewertung der Vollwertigkeit und somit um die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der aufsteigenden Zahlungsströme. Darüber hinaus können in einem frühzeitigen Stadium der negativen Entwicklung noch Anpassungen und Optimierungen am Cash Pool System vorgenommen werden, um hierdurch die negative Entwicklung abzuwenden und das Cash Pooling somit langfristig (wieder) profitabel zu machen. Hieran dürften alle Teilnehmer ein Interesse haben, 67 Financial Covenants gelten in der Praxis der Sicherung von Bankdarlehen als Instrument der Risikofrüherkennung und -vermeidung, so dass diesen ebenfalls eine Warnfunktion zukommt, Merkel/Richrath, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 98 Rn. 174. 68 Klein, ZIP 2017, 258, 262. 69 Gewinn vor Zinsen und Steuern. 70 Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände. 71 Merkel/Richrath, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 98 Rn. 174.
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da hierdurch das Cash Pooling als zentrales Instrument der Konzerninnenfinanzierung gesichert wird. Bei der vertraglichen Einbindung von Financial Covenants in das Überwachungssystem des Cash Pools ist zunächst zu fragen, wen die Berichts- und Meldepflichten treffen. Wenn das Kreditinstitut, welches das Zielkonto der Konzernmutter führt, zugleich auch Bankdarlehen an die Konzernmutter ausgegeben hat, die mit Financial Covenants versehen sind, bietet es sich an, die Financial Covenants aus dem Bankdarlehensvertrag in das Überwachungssystem des Cash Pools einzubeziehen. Die Berichts- und Meldepflichten bestehen dann auch (zumindest mittelbar) gegenüber den Konzerntöchtern. Um die Informationsbeschaffung, -aufarbeitung und -weitergabe bei dem Kreditinstitut als konzernfremden Dritten zu bündeln, erscheint es jedoch sinnvoll, dass dieses die Berichte und Meldungen, die es aufgrund des Bankdarlehens von der Konzernmutter erhält, an die Konzerntöchter weiterleitet. Eng mit der Frage verknüpft, wer melde- und berichtspflichtig ist, ist die Frage, welche Kennzahlen in das Überwachungssystem einbezogen werden und wie diese konkret ausgestaltet werden sollen. Da der Einbeziehung der Financial Covenants lediglich eine Warnfunktion zukommt, ist es im Fall, dass das Kreditinstitut an die Konzernmutter einen Bankkredit gewährt hat, ohne weiteres denkbar, dass die Kennzahlen eins zu eins in das Überwachungssystem des Cash Pools einbezogen werden. Es ist allerdings auch denkbar, dass nur bestimmte Kennzahlen, wie etwa die Kapitalisierung in Form von Eigen- und Fremdkapital, in das Überwachungssystem implememntiert werden und die Kennzahlen, welche die Liquidität (Cash Flow) und den Ertrag (EBIT/EBITDA) betreffen, ausgenommen werden. Die Bestimmung der Vollwertigkeit knüpft als kapitalerhaltungsrechtliche Voraussetzung wesentlich an die Kapitalisierung der Gesellschaft an, so dass die Kennzahlen der Liquidität und des Ertrags für die Vollwertigkeitsprüfung nicht von entscheidender Bedeutung sind. Berücksichtigt man allerdings, dass die aufsteigenden Zahlungsströme im Cash Pool im Wesentlichen den Cash Flow (Liquiditätsüberschuss) des Gesamtkonzerns darstellen, wird deutlich, dass auch die Kennzahlen über die Liquidität in das Überwachungssystem einbezogen werden sollten. Die Kennzahlen über den Ertrag geben hingegen Auskünfte über den Gewinn und die Rentabilität des Unternehmens. Sie weisen somit allenfalls einen minimalen Bezug zur Kapitalisierung der Gesellschaft und somit zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit auf. Vergegenwärtigt man sich jedoch, dass auch im Cash Pool die frühzeitige Erkennung von negativen Entwicklungen von besonderer Bedeutung sein kann, um frühzeitig mit Gegenmaßnahmen zu reagieren, erscheint es durchaus sinnvoll, auch die Ertragskennzahlen in das Überwachungssystem des Cash Pools einzubeziehen. Eine Vollwertigkeitsprüfung des Geschäftsführers einer, in einen Cash Pool eingebundenen abhängigen Gesellschaft, die den kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen entspricht, erfordert eine umfassende Informationsgrundlage über die finanzielle Verfassung der Muttergesellschaft. Im Cash Pool müssen hierbei auch die
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finanziellen Verflechtungen mit den einzelnen Cash Pool Teilnehmern berücksichtigt werden. Da dem Geschäftsführer gegenüber der Konzernmutter kein originäres Informations- beziehungsweise Prüfungsrecht zusteht, muss dieser sicherstellen, dass diesem die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden. Dies kann zum einen durch die vertragliche Verankerung von Prüfungsrechten gegenüber der Konzernmutter und den anderen Cash Pool Teilnehmern erfolgen. Praktikabler und zeiteffizienter dürfte hingegen die Installation eines Informations- und Überwachungssystems durch entsprechende Regelungen in den Cash Pool Verträgen sein. Um die Neutralität des Überwachungssystems zu gewährleisten, bietet es sich an, die Informationsbeschaffung, -auswertung und -weiterleitung auf das Kreditinstitut zu übertragen, welches auch das Zielkonto und die Quellkonten der Cash Pool Teilnehmer führt. Hierdurch kann sich der Konzern auch die Erfahrungen und das Fachwissen des Kreditinstituts mit der Bonitätsbewertung bei Darlehen zunutze machen, indem neben der reinen Informationsweiterleitung auch eine Bonitätsbewertung durch das Kreditinstitut unter Anwendung von Bewertungskriterien von Ratingagenturen und Berichts- und Meldepflichten vereinbart werden, die sich an Kennziffern aus Financial Covenants orientieren. Die Installation eines solchen umfangreichen Informations- und Überwachungssystems entbindet den Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft zwar nicht von seiner Pflicht zur Vollwertigkeitsprüfung, sondern ermöglicht (Schaffung der Informationsgrundlage) und vereinfacht (Rating und Financial Covenants) sie enorm, so dass die Haftungsrisiken des Geschäftsführers deutlich sinken.
II. Vertragskonzern Die bereits festgestellten Argumente für die uneingeschränkte Übertragbarkeit der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an Einzeldarlehen auf das Cash Pooling72 lassen sich auch auf den Vertragskonzern übertragen. Für den Geschäftsführer einer abhängigen, in einen Cash Pool eingebundenen, Vertragskonzerngesellschaft bedeutet dies, dass dieser die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Upstream Loans am Maßstab des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG prüfen muss. Hierzu muss der Geschäftsführer lediglich prüfen, ob ein (wirksamer) Vertragskonzern im Leistungszeitpunkt vorliegt.73 Er ist hingegen nicht verpflichtet, die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs gegen die Konzernmutter zu prüfen.74 Es besteht somit kein kapitalerhaltungsrechtliches Erfordernis zur Informationsbeschaffung oder zur Installation eines Überwachungssystems bei einem Cash Pool. Da insbesondere einem Überwachungssystem jedoch auch eine Warnfunktion zukommt und dieses ermöglicht, negative Entwicklungen im Konzern und im Cash Pool zu 72 73 74
Siehe hierzu ausführlich § 13 I.1. Siehe hierzu bereits § 7 III.2.a)aa) f. Siehe hierzu ausführlich § 7 III.2.a)cc) ff.
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erkennen,75 erscheint es dennoch sinnvoll, entsprechende Informations- und Überwachungssysteme auch beim Cash Pooling im Vertragskonzern zu verankern. Hinsichtlich der kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken des Geschäftsführers im abhängigen Vertragskonzernunternehmens lässt sich abschließend festzuhalten, dass diesen auch bei der Beteiligung seiner Anstellungsgesellschaft an einem Cash Pool nur sehr geringe Haftungsrisiken treffen. Er kann sich auf die Prüfung beschränken, ob im Leistungszeitpunkt ein (wirksamer) Vertragskonzern vorliegt. Um die wirtschaftliche Entwicklung des Konzerns im Auge zu behalten und im Falle negativer Entwicklungen frühzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, erscheint es jedoch sinnvoll, auch im Vertragskonzern ein Informations- und Überwachungssystem im Cash Pool Vertrag zu verankern.
§ 14 GmbH als Darlehensnehmerin Im Rahmen eines Cash Pools wird die abhängige GmbH immer dann Darlehensnehmerin, wenn im Verrechnungszeitpunkt das Quellkonto einen negativen Saldo aufwies und die Muttergesellschaft diesen ausgeglichen hat.
I. Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts umfasst auch Cash Pool Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts durch § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG im Zuge des MoMiG war umfassend und bezieht sich somit auch auf das Cash Pooling. Die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen, also Rückzahlungen auf ein durch die Betreibergesellschaft (Konzernmutter) gewährtes Downstream Loan, ist ausdrücklich von der Stammkapitalerhaltung ausgenommen. Dem Darlehen kann daher kein eigenkapitalersetzender Charakter mehr zukommen und es kann folglich auch kein haftendes Eigenkapital mehr darstellen.76 Auch Forderungen aus Downstream Loans im Rahmen eines Cash Pools stellen somit unbedingtes Fremdkapital dar. Da die Befriedigung von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen nicht mehr in den Anwendungsbereich des Kapitalerhaltungsrecht fällt, stellt sich die Frage nach einer Modifizierung der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen beim Cash Pool nicht.
75
Siehe zur Warnfunktion von Kennziffern aus Financial Covenants § 13 I.3.c)bb)(4). Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, 42; siehe hierzu auch de Bra, in: Braun InsO, § 135 InsO, Rn. 7; Gehrlein, BB 2008, 846, 848 f. 76
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II. Keine Haftung für Darlehensrückzahlungen nach Kapitalerhaltungsrecht Da der Anwendungsbereich des Kapitalerhaltungsrechts bei Rückzahlungen auf Gesellschafterdarlehen weder bei Einzeldarlehen noch im Cash Pool eröffnet ist, besteht auch ein Gleichlauf hinsichtlich des Pflichtenkreises und der Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen und Vertragskonzern. 1. Faktischer Konzern Aufgrund der umfassenden Abkehr vom Eigenkapitalersatzrecht haften Geschäftsführer im Rahmen eines Cash Pools nicht (mehr) nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG für die Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen. Downstream Loans im Rahmen des Cash Pools stellen (nun) voll wirksame Verbindlichkeiten der Gesellschaft (Fremdkapital) dar, denen der Geschäftsführer bei Fälligkeit nachkommen muss, auch wenn durch die Zahlung das Stammkapital angetastet wird. Durch den Wegfall des Eigenkapitalbezugs unterliegen Gesellschafterdarlehen auch im Cash Pool nicht mehr den Kapitalerhaltungsvorschriften, so dass die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens keine den Bestimmungen des § 30 GmbHG zuwider laufende Leistung im Sinne der Haftungsnorm des § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG mehr darstellen kann. Die Geschäftsführer haften daher nicht nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG bei Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen im Rahmen eines Cash Pools. 2. Vertragskonzern Auch im Vertragskonzern treffen den Geschäftsführer keine Haftungsrisiken bei Darlehensrückzahlungen im Cash Pool. § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG gilt auch für den Vertragskonzern. Das Eigenkapitalersatzrecht gilt daher auch nicht (mehr) bei einer vertraglichen Konzernierung. Downstream Loans im Rahmen des Cash Pools stellen somit auch im Vertragskonzern unbedingtes Fremdkapital dar, denen bei Fälligkeit nachgekommen werden muss. Die Darlehensrückgewähr kann daher keine kapitalerhaltungsrechtswidrige Leistung im Sinne des § 30 GmbHG (mehr) darstellen. Die Rückgewähr durch den Geschäftsführer begründet daher auch keine kapitalerhaltungsrechtliche Pflichtwidrigkeit (mehr), so dass den Geschäftsführer auch keine Haftungsrisiken (mehr) treffen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rückgewähr auf einer Weisung der Konzernmutter beruht oder außerhalb von Weisungen vorgenommen wurde. Den Geschäftsführer trifft daher weder ein Haftungsrisiko nach § 310 Abs. 1 AktG (analog) noch ein Haftungsrisiko nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG.
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§ 15 Untersuchungsergebnisse zur Geschäftsführung im Cash Pool System I. GmbH als Darlehensgeberin 1. Faktischer Konzern Auch die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von aufsteigenden Darlehen in einem Cash Pool richtet sich im faktischen Konzern nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Die besonderen Risiken, die das Cash Pooling mit sich bringt, rechtfertigen keine Anpassung der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Darlehensvergabe. Hierfür spricht zum einen die rechtliche Einordnung der Cash Pool Finanzströme als Darlehen, so dass diese tatbestandlich in den Anwendungsbereich des § 30 GmbHG fallen. Der weite Anwendungsbereich des § 30 GmbHG, der alle Fälle der Leistungsgewährung zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern erfassen soll, spricht zum anderen für einen umfassenden Regelungscharakter der Norm. Darüber hinaus knüpft die Norm an die abstrakte Gefahr der Leistungsgewähr mit einem Gesellschafter an und differenziert nicht nach dem Grad der Gefahr für die Gläubiger. Dies spricht ebenfalls gegen die Begründung einer Sonderbehandlung des Cash Pools aufgrund besonderer Risiken. Des Weiteren ist auch mit einer großen Anzahl von Einzeldarlehen ein ähnlicher Gefährlichkeitsgrad für die Gesellschaftsgläubiger erreichbar, bei dem eine kapitalerhaltungsrechtliche Sonderbehandlung ebenfalls nicht zur Debatte steht. Zuletzt spricht auch der Wille des Gesetzgebers gegen eine Anpassung des Kapitalerhaltungsrechts bei Cash Pool Zahlungen, da dieser im Regierungsentwurf ausdrücklich erklärt, dass die Ergänzungen zu § 30 GmbHG auch für Cash Pool Zahlungen gelten sollen. Im Cash Pool erfolgt der Mittelfluss automatisiert anhand vorher bestimmter Kriterien. Im Vergleich zum Einzeldarlehen stellt dies für den Geschäftsführer erhöhte Anforderungen an seine kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfungspflichten. Aufgrund der Automatisierung und der hohen Anzahl der Darlehensgewährung erscheint die einzelne Darlehensvergabe nicht als strategische Entscheidung, sondern vielmehr als Folge der vorweggenommenen strategischen Entscheidung zur Begründung des Cash Pools. Dies birgt das Risiko in sich, dass der Geschäftsführer hinsichtlich der kapitalerhaltungsrechtlichen Relevanz für die Darlehensvergabe desensibilisiert wird. Darüber hinaus erschweren die finanziellen Verflechtungen der Konzernmutter mit ihren Tochtergesellschaften im Rahmen des Cash Poolings die Prüfung der Vollwertigkeit für den Geschäftsführer. Aufgrund der automatisierten Darlehensvergabe ist der Grad der Verflechtung regelmäßig deutlich höher als bei Einzeldarlehen und verändert sich darüber hinaus auch noch werktäglich. Dem Geschäftsführer steht bei seiner Vollwertigkeitsprüfung jedoch kein (umfassendes) gesetzliches Prüfungsrecht für die Vollwertigkeitsprüfung zu. Er kann sich insbesondere nicht auf die Auskunfts- und Einsichtsrechte des GmbH-Rechts stützen, da
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diese lediglich Informationsrechte für die Gesellschafter der GmbH normieren. Der GmbH (vertreten durch ihren Geschäftsführer) gewähren diese jedoch keine entsprechenden Rechte gegenüber ihren Gesellschaftern. Umfassende Prüfungsrechte des Geschäftsführers müssen daher vertraglich begründet und ausgestaltet werden. Hierzu bieten sich entsprechende Regelungen in den Cash Pool Verträgen an.77 Ein weitreichendes Prüfungsrecht, das dem Geschäftsführer umfassende Einsichtsrechte in die Bücher der Konzernmutter und der restlichen Tochtergesellschaften gewährt, erscheint in der Praxis jedoch nur schwer durchsetzbar und für den Geschäftsführer auch wenig praktikabel. Ein umfassendes Prüfungsrecht führt dazu, dass sich die beteiligten Gesellschaften ständig den Prüfungsbegehren der jeweiligen Geschäftsführer ausgesetzt sehen würden. Darüber hinaus könnten die Geschäftsführer durch ein umfassendes Prüfungsrecht auch Kenntnisse über die anderen Gesellschaften erlangen, die über die, für die Bestimmung der Vollwertigkeit erforderlichen Informationen hinausgehen. Die Konzernmutter könnte jedoch ein Interesse haben, diese Informationserlangung zu verhindern. Darüber hinaus müsste der Geschäftsführer werktäglich die finanziellen Veränderungen detailliert prüfen und die Vollwertigkeit jedesmal neu bewerten. Dies dürfte mit steigender Anzahl der Teilnehmer am Cash Pool die zeitlichen Ressourcen des Geschäftsführers unverhältnismäßig belasten.78 Den Problemen bei der Vollwertigkeitsprüfung sollte vielmehr mit der Installation eines wirksamen Überwachungssystems begegnet werden. Hierzu sollten die entsprechenden Regelungen in das Vertragswerk des Cash Pools aufgenommen werden. Inhaltlich muss das Überwachungssystem gewährleisten, dass es dem Geschäftsführer eine vergleichbare Informationsgrundlage für die Vollwertigkeitsprüfung gewährleistet, wie sie sich dieser durch eine „eigenhändige“ Prüfung mit einem umfassendem Prüfungsrecht beschaffen könnte, ohne dabei seine zeitlichen Ressourcen übermäßig zu beanspruchen.79 Hierzu bietet es sich an, die Informationsbeschaffung, -auswertung und -weiterleitung auf Dritte zu übertragen. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, ist es ratsam, nicht die Konzernmutter, sondern konzernexterne Dritte hiermit zu betrauen. Sinnvoll erscheint hierfür das Kreditinstitut, bei dem der Cash Pool betrieben wird und welches die Quellkonten und das Zielkonto führt. Durch die Führung der Konten hat die Bank automatisch den Überblick über die Gesamtheit der Zahlungsströme, so dass die Voraussetzungen der Informationsbeschaffung und ihre Auswertung lediglich als vertragliche Pflicht im Cash Pool Vertrag niedergelegt werden müssen. Darüber hinaus könnten Geheimhaltungsinteressen der Konzernmutter gewahrt werden, in dem der Konkretisierungsgrad der Weitergabe bestimmter Informationen an die Tochtergesellschaften geregelt wird. Auch gelangt das Kreditinstitut nicht in Interessenkonflikte, da es vertragliche Beziehungen mit allen am Cash Pool betei77 78 79
Siehe § 13 I.1. Siehe § 13 I.3.a). Siehe § 13 I.3.b).
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ligten Gesellschaften unterhält. Hieraus erwachsen dem Kreditinstitut gegenüber allen Teilnehmern des Cash Pools Treuepflichten. Darüber hinaus lassen sich die einzelnen Pflichten gegenüber der Konzernmutter und den anderen Konzerngesellschaften vertraglich genau regeln, so dass auch insoweit die Neutralität des Kreditinstituts geschaffen werden kann.80 Das Überwachungssystem muss dabei inhaltlich so ausgestaltet sein, dass es die Grundlage für die kapitalerhaltungsrechtliche Prüfung schafft. Hierzu ist es erforderlich, die Zahlungsströme innerhalb des Cash Pools zu beobachten und die finanzielle Gesamtsituation der Konzernmutter zu bewerten. Da die einzelnen Zahlungsströme sowieso über das Kreditinstitut erfolgen, ist es diesem ein Leichtes, die erforderlichen Informationen zusammenzutragen, „abzurechnen“ und an die beteiligten Gesellschaften weiterzuführen. Wenn es notwendig erscheint, ist es auch ohne weiteres möglich, die Quellen der einzelnen Zahlungsströme zu anonymisieren, so dass die einzelnen Tochtergesellschaften untereinander keine konkreten Informationen erhalten und lediglich die Konzernmutter eine vollständige Übersicht bekommt. Dies ermöglicht, dass der Geschäftsführer werktäglich von dem Kreditinstitut eine Finanzübersicht erhält, in dem die einzelnen Zahlungsströme (Liste aller Upstream und/oder Downstream Loans) und der Gesamtsaldo des Zielkontos bei der Konzernmutter (Gesamtsituation des Cash Pools) aufgelistet sind. Auf dieser Informationsgrundlage ist der Geschäftsführer in der Lage die kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit zu prüfen.81 Optional kann darüber hinaus vereinbart werden, dass die Bank zusätzlich zu der Finanzübersicht eine Bewertung der Bonität der Konzernmutter anhand von vorher vereinbarten Bewertungskriterien vornimmt. Hierfür bieten sich die Bonitätsratings von Ratingagenturen an. Ein Investment Grade Rating stellt dabei ein starkes Anzeichen für das Fehlen eines konkreten Ausfallrisikos und somit für die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs dar. Ein darunterliegendes Speculative Grade Rating stellt hingegen ein gewichtiges Indiz für eine konkrete Ausfallwahrscheinlichkeit dar und spricht damit für die mangelnde Vollwertigkeit des Anspruchs.82 Zur weiteren Unterstützung können darüber hinaus noch Meldepflichten des Kreditinstituts an die Cash Pool Teilnehmer vereinbart werden. Diese orientieren sich an festgelegten Kennziffern, die das Kreditinstitut im Falle ihres Unterschreitens verpflichten, dies den Teilnehmern zu melden. Den Meldepflichten käme ebenfalls eine Warnfunktion zu. Für die Festlegung der Kennziffern bieten sich klassische Financial Covenants an, die Finanzinstitute in der Praxis nutzen, um Bankdarlehen abzusichern. Bei den vorliegend relevanten Upstream Loans ist die Konzerntochter ebenfalls Darlehensgeber und somit in der gleichen Position gegenüber der Konzernmutter als Darlehensnehmerin, wie das Kreditinstitut bei der Vergabe eines 80 81 82
Siehe § 13 I.3.c)bb)(1). Siehe § 13 I.3.c)bb)(2). Siehe § 13 I.3.c)bb)(3).
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Bankdarlehens an die Konzernmutter, so dass eine vergleichbare Interessenlage besteht. Über die Entwicklung der Kennzahlen hat die Konzernmutter regelmäßig zu berichten. Um die Informationsbeschaffung, -aufarbeitung und -weitergabe bei dem Kreditinstitut als konzernfremden Dritten zu bündeln, erscheint es sinnvoll, dass es die Berichte und Meldungen von der Konzernmutter erhält und an die Konzerntöchter weiterleitet. Als Finanzkennzahlen kommen etwa der Cash Flow, das Eigenkapital, die Ertragskennzahlen (z. B. EBIT/EBITDA) und der Verschuldungsgrad in Betracht.83 2. Vertragskonzern Die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an das Einzeldarlehen sind auch im Vertragskonzern uneingeschränkt auf das Cash Pooling zu übertragen. Hierfür lassen sich die gleichen Argumente wie für den faktischen Konzern heranziehen. Für die Zulässigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer daher zu prüfen, ob ein (wirksamer) Vertragskonzern im Leistungszeitpunkt vorliegt. Die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs fällt hingegen nicht in seinen Aufgabenbereich, so dass ihn diesbezüglich keine Verpflichtung trifft, die Bonität der Konzernmutter zu prüfen. Bei einem Cash Pool im Vertragskonzern besteht somit kein kapitalerhaltungsrechtliches Erfordernis zur Informationsbeschaffung oder zur Installation eines Überwachungssystems. Um jedoch die Warnfunktion eines Überwachungssystems nutzen zu können, um negative Entwicklungen im Konzern und im Cash Pool zu erkennen und frühzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, bieten sich Informations- und Überwachungssysteme auch im Vertragskonzern an.84 3. Haftungsrisiken des Geschäftsführers Im Cash Pool erfolgt der Mittelfluss automatisiert anhand vorher bestimmter Kriterien und nicht nach punktuell bestimmtem Bedarf, wie es regelmäßig beim Einzeldarlehen der Fall ist. Im Vergleich zum Einzeldarlehen treffen den Geschäftsführer im Cash Pool somit erhöhte Anforderungen an seine kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfungspflichten, die zugleich auch seine Haftungsrisiken erheblich steigern. Beim Einzeldarlehen ist dem Geschäftsführer der Anlass der Vergabe häufig erkennbar und er wird dabei regelmäßig zumindest in grobem Umfang in die strategische Entscheidung eingebunden sein, so dass diesem die kapitalerhaltungsrechtliche Prüfungssituation sehr präsent ist. Im Cash Pool erfolgt die Darlehensvergabe jedoch automatisiert im werktäglichen Rythmus. Die Vergabe der einzelnen Darlehen erscheint somit nicht als einzelne strategische Entscheidung. Stattdessen basieren lediglich die Begründung des 83 84
Siehe § 13 I.3.c)bb)(4). Siehe § 13 II.
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Cash Pools und seine genaue Ausgestaltung auf einer strategischen Entscheidung, so dass die einzelnen Finanzströme lediglich als automatische Folge der ursprünglichen strategischen Entscheidung erscheinen. Die kapitalerhaltungsrechtliche Relevanz ist dem Geschäftsführer daher nicht so präsent wie bei der Vergabe eines Einzeldarlehens. Die Prüfungspflichten des Geschäftsführers werden darüber hinaus noch durch die hohe Anzahl der einzelnen Zahlungen im Cash Pool erschwert. Auch die konzernweite finanzielle Verflechtung der Konzernmutter mit ihren Tochtergesellschaften erschwert für den Geschäftsführer die Prüfung der Vollwertigkeit in materieller Hinsicht. Zwar müssen die Verflechtungen auch beim Einzeldarlehen berücksichtigt werden, da diese entscheidenden Einfluss darauf haben, ob die Darlehensrückgewährforderung vollwertig ist, jedoch ist beim Cash Pooling der Grad der Verflechtung aufgrund der automatisierten Darlehensvergabe zwischen der Konzernmutter und allen Tochtergesellschaften jedoch regelmäßig deutlich höher und er verändert sich darüber hinaus auch noch werktäglich. Die Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von aufsteigenden Darlehen im Cash Pool ist daher deutlich fehleranfälliger als bei der Vergabe eines Einzeldarlehens. Dies erhöht die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erheblich.85 Im Vertragskonzern treffen den Geschäftsführer im Rahmen der Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von Upstream Loans im Cash Pool hingegen nur sehr geringe Haftungsrisiken. Er hat lediglich zu prüfen, ob im Leistungszeitpunkt ein (wirksamer) Vertragskonzern vorliegt und trägt somit lediglich die Risiken, die aus den Unsicherheiten über die Voraussetzungen der Begründung eines Vertragskonzerns entstehen. Eine Vollwertigkeitsprüfung ist hingegen nicht erforderlich, so dass ihn hieraus auch keine Haftungsrisiken treffen.86
II. GmbH als Darlehensnehmer 1. Faktischer Konzern Die Abkehr vom Eigenkapitalersatzrecht erfolgte umfassend und gilt auch für Darlehen, die der Gesellschaft im Rahmen eines Cash Pools von ihrer Konzernmutter im faktischen Konzern gewährt werden. Downstream Loans im Rahmen des Cash Pools stellen daher voll wirksame Verbindlichkeiten der Gesellschaft (Fremdkapital) dar, denen der Geschäftsführer bei Fälligkeit nachkommen muss, auch wenn durch die Zahlung das Stammkapital angetastet wird. Mangels Eigenkapitalcharakters des Darlehens unterliegt dieses auch im Cash Pool nicht mehr den Kapitalerhaltungsvorschriften. Die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens kann somit auch im Cash Pool keine kapitalerhaltungs85 86
Siehe § 13 I.2. Siehe § 13 II. am Ende.
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rechtswidrige Leistung im Sinne des § 30 GmbHG darstellen, so dass die Geschäftsführer keine Haftungsrisiken nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG (mehr) treffen.87 2. Vertragskonzern Die Abkehr vom Eigenkapitalersatzrecht gilt auch im Vertragskonzern. Downstream Loans im Rahmen eines Cash Pools kann somit kein eigenkapitalersetzender Charakter mehr zukommen, so dass die Darlehensrückgewähr auch keine kapitalerhaltungsrechtswidrige Leistung (mehr) darstellt. Unabhängig davon, ob die Rückgewähr auf einer Weisung beruht oder eigenmächtig vom Geschäftsführer veranlasst wurde, stellt sie somit keinen Verstoß gegen Kapitalerhaltungsrecht dar. Die Darlehensrückgewähr im Cash Pool stellt somit weder eine Pflichtverletzung im Sinne von § 310 Abs. 1 AktG (analog) noch eine Pflichtverletzung im Sinne von § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG dar, so dass eine Haftung des Geschäftsführers ausscheidet.88
III. Fazit Für die abhängige Gesellschaft als Darlehengeberin hat die vorliegende Untersuchung gezeigt, dass die besonderen Risiken des Cash Poolings für die Gläubiger der beteiligten Gesellschaften keine Verschärfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen im Vergleich zum konzerninternen Einzeldarlehen rechtfertigen. Dies gilt sowohl für die Anforderungen im faktischen Konzern als auch im Vertragskonzern. Im faktischen Konzern trifft den Geschäftsführer die Pflicht, die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG zu prüfen. Mangels originären Prüfungsrechts ist dafür erforderlich, dass Prüfungsrechte für den Geschäftsführer der abhängigen GmbH vertraglich begründet werden. In der Praxis erscheint es jedoch regelmäßig nicht praktikabel, jedem Geschäftsführer umfassende Prüfungsrechte hinsichtlich aller beteiligten Gesellschaften zu gewähren und der hiermit verbundene Prüfungsaufwand für den einzelnen Geschäftsführer würde darüber hinaus auch dessen zeitlichen Rahmen sprengen. Die Installation eines Überwachungssystems, welches in den Cash Pool Verträgen verankert wird, ist daher ratsam. Auch wenn der Umfang des Cash Poolings zu Beginn noch keinen großen Umfang einzunehmen vermag und die vertragliche Gewährung von Prüfungsrechten praktikabel erscheinen mag, ist zu berücksichtigen, dass sich sowohl die Anzahl der beteiligten Gesellschaften, die Anzahl der Zahlungsströme im Cash Pool und deren jeweilige Umfänge schnell erhöhen können. Sie erreichen dann leicht ein Ausmaß, bei dem die umfassenden Prüfungsrechte des Geschäftsführers eventuell nicht mehr 87 88
Siehe § 14 II.1. Siehe § 14 II.2.
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gewollt sind. In jedem Fall besteht jedoch das Risiko, dass die Prüfung des Geschäftsführers auf der Grundlage seiner vertraglichen Rechte nicht mehr praktikabel ist, da diese einen Umfang einnehmen würde, der die zeitlichen Ressourcen des Geschäftsführers sprengt. Auch wenn es möglich ist, ein Überwachungssystem nachträglich durch entsprechende Vertragsänderungen einzuführen, ist hiervon dennoch abzuraten, da sich dieses Verfahren leicht verzögern kann und die Geschäftsführer letztlich die hieraus erwachsenen Risiken tragen, wenn sie ihren kapitalerhaltungsrechtlichen Pflichten nicht nachkommen können. Um Interessenskonflikte zu vermeiden, sollte im Rahmen des Überwachungssystems die Informationsbeschaffung, -auswertung und -weiterleitung auf konzernexterne Dritte übertragen werden. Hierzu drängt sich geradezu das Kreditinstitut auf, welches auch das Zielkonto der Konzernmutter und die Quellkonten der Konzerntöchter führt. Da die einzelnen Zahlungsströme über das Kreditinstitut vollzogen werden, ist dieses vertraglich zu verpflichten, diese für die Geschäftsführer aufzuarbeiten, gegebenenfalls zu anonymisieren und in einer Übersicht zusammenzufassen. Darüber hinaus ist bei der vertraglichen Gestaltung des Überwachungssystems noch zu empfehlen, dem Kreditinstitut weitere Aufgaben aufzuerlegen, mit denen es die Geschäftsführer bei ihrer Vollwertigkeitsprüfung unterstützt. Hierzu bietet sich ein Bonitätsrating an, welches das Kreditinstitut auf der Basis von Bewertungskriterien von Ratingagenturen erstellt und den Geschäftsführern zur Verfügung stellt. Dieses gibt den Geschäftsführern eine erste Orientierung und ermöglicht es ihnen zudem, Entwicklungen der Bonität der Konzernmutter ohne großen Aufwand zu erkennen und bei negativen Entwicklungen frühzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen, mit denen eine zukünftige Unvollwertigkeit verhindert werden kann. Eine ähnliche Warnfunktion kann auch durch die vertragliche Anknüpfung an Kennziffern von Financial Covenants erreicht werden. Über die Entwicklungen der Kennziffern hat die Konzernmutter regelmäßig zu berichten und im Falle ihres Unterschreitens dieses unverzüglich zu melden. Auch hierdurch wird der Geschäftsführer über negative Entwicklungen der Bonität der Konzernmutter frühzeitig in Kenntnis gesetzt. Um den gesteigerten Anforderungen an die Vollwertigkeitsprüfung von aufsteigenden Darlehen beim Cash Pool im faktischen Konzern Rechnung zu tragen und die Haftungsrisiken der Geschäftsführer zu minimieren, erscheint es daher häufig unerlässlich, ein Überwachungssystem in den Cash Pool Verträgen zu verankern. Im Vertragskonzern ist die Installation eines Überwachungssystems zur Minimierung von Haftungsrisiken für den Geschäftsführerr hingegen nicht erforderlich. Für die Zulässigkeit aufsteigender Darlehen im Cash Pool hat der Geschäftsführer nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG lediglich zu prüfen, ob ein (wirksamer) Vertragskonzern im Leistungszeitpunkt vorliegt. Mangels Vollwertigkeitserfordernisses ist ein Überwachungssystem nicht erforderlich. Dennoch kann die Installation eines Überwachungssystems nützlich sein, da hierdurch frühzeitig negative Entwicklun-
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gen im Konzern und im Cash Pool erkannt werden können, so dass Gegenmaßnahmen ergriffen werden können. Bei absteigenden Darlehen im Rahmen eines Cash Pools treffen die Geschäftsführer weder im faktischen Konzern noch im Vertragskonzern kapitalerhaltungsrechtliche Haftungsrisiken. Aufgrund der Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts können Rückzahlungen sowohl im faktischen Konzern als auch im Vertragskonzern nicht mehr kapitalerhaltungsrechtswidrig im Sinne des § 30 GmbHG sein, so dass auch eine Haftung des Geschäftsführers ausscheidet. Im faktischen Konzern trifft den Geschäftsführer daher kein Haftungsrisiko nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG. Im Vertragskonzern trifft den Geschäftsführer unabhängig davon, ob die Rückgewähr auf einer Weisung beruht oder eigenmächtig vom Geschäftsführer veranlasst wurde kein Haftungsrisiko nach § 310 Abs. 1 AktG (analog) beziehungsweise nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG.
§ 16 Schlussbetrachtung Gegenstand der vorliegenden Arbeit waren die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen, die das MoMiG an konzerninterne Darlehen stellt und welche Pflichten und Haftungsrisiken hieraus für die Geschäftsführer der abhängigen GmbH im faktischen Konzern und im Vertragskonzern erwachsen. Darüber hinaus wurde noch im Rahmen eines Exkurses auf die Übertragbarkeit der festgestellten Ergebnisse auf das Cash Pooling eingegangen. Hierbei standen ebenfalls die kapitalerhaltungsrechtlichen Pflichten und Haftungsrisiken im Mittelpunkt, die den Geschäftsführer im faktischen Konzern und im Vertragskonzern bei der Darlehensvergabe beziehungsweise der Darlehensrückgewähr im Cash Pool treffen. Im ersten Teil erfolgte hierzu eine grundlegende Aufarbeitung der ökonomischen und rechtlichen Hintergründe der Stellung der GmbH im Konzern, der rechtlichen Stellung des Geschäftsführers im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen sowie der Bedeutung konzerninterner Darlehen für die Konzerninnenfinanzierung. Im Anschluss wurden die kapitalerhaltungsrechtlichen Auswirkungen des MoMiG auf die Vergabe aufsteigender konzerninterner Darlehen im faktischen Konzern und im Vertragskonzern untersucht. Hierbei wurden die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Darlehensvergabe und ihre Auswirkungen auf die Pflichten und Haftungsrisiken des Geschäftsführers vor und nach dem MoMiG verglichen und bewertet, wobei jeweils zwischen der Geschäftsführung im faktischen Konzern und im Vertragskonzern unterschieden wurde. Im dritten Teil wurden die kapitalerhaltungsrechtlichen Auswirkungen des MoMiG auf die Vergabe absteigender konzerninterner Darlehen im faktischen Konzern und im Vertragskonzern untersucht. Hierbei wurden die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Darlehensrückgewähr und ihre Auswir-
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kungen auf die Pflichten und Haftungsrisiken des Geschäftsführers vor und nach dem MoMiG verglichen und bewertet. Auch hierbei wurde jeweils zwischen der Geschäftsführung im faktischen Konzern und im Vertragskonzern unterschieden. Im Wege eines Exkurses wurde im vierten Teil geprüft, ob die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen des konzerninternen Einzeldarlehens uneingeschränkt auf die Darlehensvergabe im Cash Pool übertragen werden können oder die besondere Strukturierung eine Verschärfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen erfordert. Abschließend werden nun die in Bezug auf die vorgenannten Untersuchungspunkte erarbeiteten Ergebnisse thesenartig zusammengefasst.
I. Ökonomische und rechtliche Grundlagen der Geschäftsführung im abhängigen GmbH-Konzernunternehmen im Rahmen konzerninterner Darlehen 1. Die GmbH eignet sich aufgrund ihrer flexiblen Organisationsverfassung und ihres hierarchischen Kompetenzgefüges besonders gut für die Einbindung in einen Konzern.89 2. Die Schranken des Einflusses des herrschenden Gesellschafters richten sich im GmbH-Vertragskonzern überwiegend nach den aktienrechtlichen Vorschriften.90 3. Im faktischen Konzern treten an die Stelle des Aktienrechts hingegen allgemeine Prinzipien des Gesellschaftsrechts, insbesondere der Grundsatz der mitgliedschaftlichen Treuepflicht und das Benachteiligungsverbot.91 4. Der Geschäftsführer bleibt trotz der Einbindung seiner Anstellungsgesellschaft als abhängige Gesellschaft in einen Konzernverbund weiter Organ „seiner“ Gesellschaft. Er ist dieser gegenüber zur Leitung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes verpflichtet. Dieser Sorgfaltsmaßstab stellt sowohl einen Verschuldensmaßstab als auch eine Pflichtenquelle dar. 5. Den Geschäftsführer trifft insbesondere die Legalitätspflicht, wonach dieser rechtmäßig handeln muss. Dies erfordert, dass der Geschäftsführer die Rechtslage sorgfältig prüft. Bei einer umstrittenen Rechtslage hat er darüber hinaus die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen, um einem Pflichtwidrigkeitsvorwurf von vornherin entgegenzutreten. 6. Verletzt der Geschäftsführer schuldhaft seine kapitalerhaltungsrechtlichen Pflichten, haftet er im faktischen Konzern der Gesellschaft gegenüber nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG. 89 90 91
Siehe hierzu § 2 I.2. ff. Siehe hierzu § 2 III.2. ff. Siehe hierzu § 2 III.3. ff.
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7. Im Vertragskonzern hat der Geschäftsführer die Rechtmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit einer Weisung zu prüfen. Verletzt der Geschäftsführer der abhängigen GmbH seine Prüfungspflicht und führt eine Weisung aus, haftet er gegenüber seiner Anstellungsgesellschaft analog § 310 AktG.92 8. Außerhalb von (nachteiligen) Weisungen verbleibt es für den Geschäftsführer beim „klassischen“ Haftungssystem, das auf den Geschäftsführer einer nicht vertraglich konzerneingebundenen Gesellschaft zugeschnitten ist. Den Geschäftsführer trifft dabei die kapitalerhaltungsrechtliche Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG.93 9. Konzerninterne Darlehen sind ein wesentliches Instrument der Konzerninnenfinanzierung. Insbesondere im Vergleich zur Eigenkapitalfinanzierung erscheinen konzerninterne Darlehen für die Gesellschafter sehr attraktiv, da Darlehensverträge frei gestaltet werden können, keiner Form unterliegen und der Gesellschafter neben einer Verzinsung die Darlehenssumme auch zurück bekommt.
II. Kapitalerhaltungsrechtliche Auswirkungen des MoMiG auf die Vergabe aufsteigender konzerninterner Darlehen 1. Rechtslage vor dem MoMiG im faktischen Konzern 1. In seinem November-Urteil lehnte der BGH die bis dahin herrschende bilanzielle Betrachtungsweise im faktischen Konzern ab und schloss sich einer Minderansicht in der Literatur an, wonach die Leistung kapitalerhaltungsrechtlich unzulässig sei, wenn mit ihr eine hinausgeschobene Rückzahlungspflicht einhergehe. Hiernach war die Darlehensvergabe kapitalerhaltungsrechtlich unzulässig, wenn die Auszahlung der Darlehensvaluta (auch) aus dem Stammkapital erfolgte.94 2. Für den Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft bedeutete diese Einschränkung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit eine Verringerung seiner Pflichten und seines Haftungsrisikos. Der Geschäftsführer musste lediglich prüfen, ob die Auszahlung das Stammkapital berührte oder eine bestehende Unterbilanz vertiefte. Die Werthaltigkeits- und Drittvergleichsprüfung entfiel hingegen.95
92 Drygala, in: Oppenländer/Tröllitzsch GmbH-Geschäftsführung, § 43, Rn. 39; Leuering/ Goertz, in: Hölters AktG, § 310 AktG, Rn. 4; Liebscher, in: Münch. Komm. GmbHG, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 842 ff.; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13, Rn. 100; vgl. auch Sina, AG 1991, 1, 9. 93 Vgl. für die AG, Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 310 AktG, Rn. 1. 94 Siehe hierzu § 6 I.2. ff. 95 Siehe hierzu § 6 I.4. ff.
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2. Rechtslage vor dem MoMiG im Vertragskonzern 1. Eine Ansicht in der Literatur und der BGH nahmen im GmbH-Vertragskonzern die Suspendierung der Kapitalerhaltung an. Die Voraussetzungen für die Suspendierung stellte dabei die wirksame Begründung eines Vertragskonzerns dar, dass dieser im Zeitpunkt der Leistung noch fortbestand und dass die Leistung auf einer Weisung der Konzernmutter beruhte. Darüber hinaus erforderte die Suspendierung nach der überwiegenden Ansicht in der Literatur, dass der Verlustausgleichsanspruch gegen die Konzernmutter vollwertig war.96 2. Die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung galt nach herrschender Ansicht jedoch nicht für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs. 3. Der Geschäftsführer musste im Vertragskonzern im Rahmen einer Weisung prüfen, ob der Vertragskonzern wirksam gegründet worden ist. Die Voraussetzungen der Konzerngründung waren jedoch umstritten. Der Geschäftsführer profitierte jedoch von der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, die die Wirksamkeit eines mangelhaften Unternehmensvertrags fingierte und hierdurch auch bezüglich der Darlehensgewähr die pflichtgemäße Prüfung des Geschäftsführers bewirkte. 4. Darüber hinaus musste der Geschäftsführer prüfen, ob der Vertragskonzern im Leistungszeitpunkt noch fortbestand und ob der Verlustausgleichsanspruch vollwertig war. Bei mangelnder Vollwertigkeit lebte die Kapitalbindung des § 30 GmbHG a.F. wieder auf und bildete den Maßstab für die Zulässigkeit der Darlehensvergabe. 5. Bei Pflichtverletzungen haftete der Geschäftsführer nach § 310 AktG (analog). 6. Außerhalb von Weisungen bestand die Suspendierung der Kapitalbindung nicht. Die kapitalerhaltungsrechtliche Prüfung war somit identisch mit der im faktischen Konzern, so dass der Geschäftsführer ebenfalls vom November-Urteil des BGH profitierte. 7. Der Geschäftsführer haftete daher nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG, wenn die Darlehensgewähr eine Unterbilanz auslöste oder vertiefte. 8. Das Verbot der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs galt hingegen sowohl bei Weisungen der Konzernmutter als auch außerhalb von Weisungen. Der Geschäftsführer haftete somit ohne Einschränkung, wenn er den Ausgleichsbetrag darlehensweise zurückgewährte.97
96 97
Siehe hierzu § 6 II.1.b) ff. Siehe hierzu § 6 II.1.b)cc) am Ende.
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3. Rechtslage im faktischen Konzern nach Inkrafttreten des MoMiG 1. Nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist die Darlehensgewähr im faktischen Konzern kapitalerhaltungsrechtlich zulässig, wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist. 2. Nach dem Deckungsgebot ist es erforderlich, dass sich die Leistung und der Darlehensrückgewähranspruch wertmäßig entsprechen. Die Verzinsung fällt dagegen nicht in den Anwendungsbereich des Deckungsgebots.98 3. Da jedoch eine Ansicht in der Literatur die Verzinsung des Darlehens in den Anwendungsbereich des Deckungsgebots einbeziehen will, sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Um einem Pflichtwidrigkeitsvorwurf vorzubeugen, hat er die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten sorgfältig abzuwägen. Die besseren Argumente sprechen für den begrenzten Anwendungsbereich, so dass der Geschäftsführer die Verzinsung nicht an einem hypothetischen Vergleichswert prüfen muss, was seine Haftungsrisiken verringert.99 4. Die Prüfung der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs erfolgt nach der handelsrechtlichen Zugangs- und Folgebewertung von Forderungen nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB beziehungsweise nach § 253 Abs. 4 S. 2 HGB. 5. Der Geschäftsführer hat somit die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung gegen die Konzernmutter am Maßstab einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zu prüfen. Hieraus folgt ein gewisser Beurteilungsspielraum, der Angriffsflächen für Haftungsprozesse gegen den Geschäftsführer schafft und daher nicht unerhebliche Haftungsrisiken in sich birgt. 6. Bei der Beurteilung kann er sich jedoch auf die Privilegierung der Business Judgement Rule berufen. Hierzu ist es ratsam, durch die Einholung eines oder mehrer Wirtschaftsprüfungsgutachten sicherzustellen, dass die Bewertung im zugelassenen Handlungsspielraum liegt. Soll hierauf aus Zeit- oder Kostengründen verzichtet werden, ist es ratsam, den Geschäftsführer durch einen Comfort Letter abzusichern. 7. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Vollwertigkeitsprüfung ist der des Erfüllungsgeschäfts. Die Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes basiert dabei sowohl auf der höchstrichterlichen Rechtsprechung als auch auf einer umfassenden Abwägung,100 so dass der Geschäftsführer die Vollwertigkeit im Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehensvaluta zu prüfen hat.101 8. Dies bedeutet für den Geschäftsführer praktische Erleichterungen. Er kann ohne Haftungsrisiken zunächst die Darlehensverpflichtung eingehen und abwarten, wie sich die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung im Zeitpunkt des Erfül98
Siehe hierzu § 7 III.1.a) ff. Siehe hierzu § 7 III.1.a)dd) ff. 100 Siehe hierzu § 7 III.1.b)bb)(2). 101 Siehe hierzu § 7 III.1.b)bb)(3)(d). 99
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lungsgeschäfts zeigt. Bei Vollwertigkeit kann er das Darlehen vertragsgemäß auszahlen, während er bei negativer Realisierbarkeit die Darlehensgewähr verweigern muss.102 9. Die kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit erfordert nicht, dass der Darlehensrückgewähranspruch vollumfänglich vollwertig ist. Reicht der verbleibende vollwertige Teil der Forderung aus um das Stammkapital zu decken, ist die Darlehensvergabe kapitalerhaltungsrechtlich zulässig.103 10. Da eine Ansicht in der Literatur jedoch das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ für erforderlich hält, sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Bei der erforderlichen Abwägung sprechen die besseren Argumente gegen das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“, so dass der Geschäftsführer den vollwertigen Teil der Forderung bestimmen und in einem zweiten Schritt prüfen muss, ob dieser zur Stammkapitaldeckung ausreicht. 11. Hieraus erwachsen dem Geschäftsführer erhebliche Haftungsrisiken. Die genaue Bewertung beziehungsweise Bezifferung des Wertverlustes enthält wertende Elemente, bei denen der Geschäftsführer gewisse Spielräume hat. Diese bieten leicht Angriffspunkte gegen das Ergebnis der Vollwertigkeitsprüfung des Geschäftsführers, so dass für diesen hieraus Haftungsrisiken erwachsen.104 12. Das Prinzip des Drittvergleichs gilt nicht für die Vollwertigkeitsprüfung. Dieses gilt lediglich bei § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG, von dessen kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen die Darlehensvergabe bei Vollwertigkeit jedoch privilegiert wird.105 13. Da eine Ansicht in der Literatur jedoch das Prinzip des Drittvergleichs anwendet, sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Bei der erforderlichen Abwägung sprechen die besseren Argumente gegen das Prinzip des Drittvergleichs, so dass sich der Geschäftsführer auf die Prüfung der Realisierbarkeit der Rückgewährforderung beschränken kann und nicht die einzelnen Vertragsbedingungen anhand eines vergleichbaren hypothetischen Rechtsgeschäfts mit Dritten at arms length bestimmen muss. 14. Der Geschäftsführer muss daher weder eine marktangemesene Verzinsung noch eine übliche Besicherung bestimmen. Hypothetische Annahmen beinhalten Wertungselemente und Spielräume, die leicht Angriffsflächen für Haftungsprozesse gegen den Geschäftsführer bieten. Ihr Wegfall minimiert die Haftungsrisiken des Geschäftsführers deutlich.106
102 103 104 105 106
Siehe hierzu § 7 III.1.b)bb)(3)(e). Siehe hierzu § 7 III.1.b)cc)(2) ff. Siehe hierzu § 7 III.1.b)cc)(2). Siehe hierzu § 7 III.1.b)dd)(1) ff. Siehe hierzu § 7 III.1.b)dd)(2)(e).
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15. Aufgrund der alleinigen Maßgeblichkeit der Realisierbarkeit spielt auch die finanzielle Verfassung der abhängigen Gesellschaft für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit keine Rolle, solange die Rückgewährforderung vollumfänglich vollwertig erscheint.107 16. In diesem Fall ist die Darlehensgewähr auch bei einer Unterbilanz der Gesellschaft zulässig und dem Geschäftsführer erwachsen hieraus keine Haftungsrisiken.108 17. Nachträgliche Wertverluste, die sich negativ auf die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung auswirken, haben keinen Einfluss auf die ursprüngliche kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit der Darlahensvalutierung.109 18. Kommt es jedoch nach der Auskehr der Darlehensvaluta zu einem Stehenlassen oder einer Verlängerung des Darlehens, stellt dies eine (neue) Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 GmbHG dar, die der Geschäftsführer wiederum an den kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen der Vollwertigkeit messen muss.110 19. Den Geschäftsführer treffen keine Haftungsrisiken, wenn sich die Vollwertigkeit nachträglich negativ verändert, wenn die Vollwertigkeitsprüfung des Geschäftsführers im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts pflichtgemäß erfolgte.111 20. Im Falle des Stehenlassens des Darlehens oder der Verlängerung des Darlehens hat der Geschäftsführer jedoch erneut die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit zu prüfen. Hierbei treffen ihn die gleichen Haftungsrisiken wie bei einer erstmaligen Darlehensgewährung.112 4. Rechtslage im Vertragskonzern nach Inkrafttreten des MoMiG 1. Die kapitalerhaltungsrechtliche Privilegierung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG erfordert das Bestehen eines wirksamen Vertragskonzerns im Zeitpunkt der Leistung. 2. Zunächst hat der Geschäftsführer zu prüfen, ob ein Vertragskonzern wirksam begründet worden ist. Dies ist auch nach dem MoMiG umstritten. Der Geschäftsführer profitiert jedoch weiterhin von der Wirksamkeitsfiktion aufgrund der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft.113 3. Abschließend muss der Geschäftsführer lediglich prüfen, ob der wirksam gegründete Vertragskonzern im Zeitpunkt der Leistung noch fortbesteht, mithin ob 107 108 109 110 111 112 113
Siehe hierzu § 7 III.1.b)ee)(3)(a). Siehe hierzu § 7 III.1.b)ee)(3)(b). Siehe hierzu § 7 III.1.b)ff)(1)(a). Siehe hierzu § 7 III.1.b)ff)(2)(a) und § 7 III.1.b)ff)(2)(c). Siehe hierzu § 7 III.1.b)ff)(1)(b). Siehe hierzu § 7 III.1.b)ff)(2)(b) und § 7 III.1.b)ff)(2)(d). Siehe hierzu § 7 III.2.a)aa).
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der Vertragskonzern nicht beendet worden ist. Dies stellt ihn nicht vor große Herausforderungen, so dass ihn hieraus auch keine ernsthaften Haftungsrisiken treffen.114 4. Die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs stellt keine Voraussetzungen für die Suspendierung der Kapitalbindung mehr dar.115 5. Da eine Ansicht in der Literatur jedoch weiterhin die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs fordert, sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Bei der erforderlichen Abwägung sprechen die besseren Argumente gegen das Vollwertigkeitserfordernis, so dass sich der Geschäftsführer auf die Prüfung der Wirksamkeit des Vertragskonzerns im Leistungszeitpunkt beschränken kann.116 6. Die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs ist nicht per se verboten. Dies ist nur der Fall, wenn sie gegen das Stundungsverbot des Verlustausgleichs verstößt, was zu bejahen ist, wenn der Darlehensrückgewähranspruch nicht vollwertig im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG ist und die Darlehensvergabe daher ausschließlich in den Anwendungsbereich des Konzernprivilegs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG fällt. 7. Zulässig ist das Darlehen bei Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs, da es dann als Ausreichung eines neuen, von dem Verlustausgleich unabhängigen Darlehens zu werten ist. 8. Da eine Ansicht in der Literatur jedoch weiterhin von einem absoluten Rückgewährverbot ausgeht, sieht sich der Geschäftsführer mit einer umstrittenen Rechtslage konfrontiert. Bei der erforderlichen Abwägung sprechen die besseren Argumente für die partielle Zulässigkeit der darlehensweisen Rückgewähr bei Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs, so dass der Geschäftsführer die Vollwertigkeit des Darlehensrückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG prüfen muss. 9. Ihn treffen somit der gleiche Pflichtenkreis und die gleichen Haftungsrisiken wie bei der Darlehensvergabe im faktischen Konzern. 5. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern 1. Das MoMiG hat die Haftungsrisiken des Geschäftsführers gegenüber der Rechtslage nach dem November-Urteil deutlich verschärft. Nach dem NovemberUrteil reduzierte sich die Prüfung des Geschäftsführers darauf, ob die Auszahlung
114 115 116
Siehe hierzu § 7 III.2.a)bb). Siehe hierzu § 7 III.2.a)cc)(3) ff. Siehe hierzu § 7 III.2.a)cc)(4)(e) ff.
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eine Unterbilanz auslöste oder vertiefte, was auch die Haftungsrisiken erheblich senkte. 2. Aufgrund der Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise muss der Geschäftsführer nun die Privilegierung von aufsteigenden Darlehen nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG prüfen. Der Geschäftsführer muss somit eine Vollwertigkeitsprüfung vornehmen, bei der insbesondere der Prüfungsmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung Beurteilungsspielräume und Prognoseelemente beinhaltet, aus denen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer erwachsen können.117 3. Im Vergleich mit der Rechtslage vor dem November-Urteil hat es der Gesetzgeber versäumt, bestehende Unsicherheiten mit der Neuregelung zu klären und hat darüber hinaus weitere Unklarheiten geschaffen, welche die Haftungsrisiken des Geschäftsführers weiter erhöhen. 4. Die umstrittenen Rechtsfragen machen eine sorgfältige Abwägung der unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten erforderlich. Dies bindet zeitliche Ressourcen des Geschäftsführers und kann die Einholung kostspieligen Expertenrats notwendig machen. 5. Zur weiteren Absicherung des Geschäftsführers bieten sich Comfort Letters an. Diese sollten konkret auf die jeweiligen Unsicherheiten ausgelegt sein und die hier vertretenen Voraussetzungen der Vollwertigkeitsprüfung zugrunde legen. Kommt der Geschäftsführer nach diesem Maßstab zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der Darlehensvergabe, beinhaltet der Comfort Letter eine Freistellungszusage der Gesellschafter für den Fall, dass der Geschäftsführer wegen der Ausführung der Weisung persönlich in Anspruch genommen wird.118 6. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern 1. Die Regelung des Konzernprivilegs in § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG hat den Anwendungsbereich der Privilegierung gegenüber der Rechtslage vor dem MoMiG erweitert und zugleich den Prüfungsumfang des Geschäftsführers verringert. 2. Vor dem MoMiG lebte die Kapitalbindung bei rechtswidrigen Weisungen und außerhalb von Weisungen (wieder) auf, so dass der Gesellschafter die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit an § 30 GmbHG a.F. prüfen musste. 3. Die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern deckten sich insoweit mit denen des Geschäftsführers im faktischen Konzern, so dass dieser im Vertragskonzern ebenfalls von den Erleichterungen des November-Urteils des BGH profitierte.
117 118
Siehe hierzu § 7 IV.1.a). Siehe hierzu § 7 IV.1.b) am Ende.
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4. Außerhalb des Anwendungsbereichs des November-Urteils hatte der Geschäftsführer zu prüfen, ob ein wirksamer Vertragskonzern vorlag, die Leistung auf einer (rechtmäßigen) Weisung beruhte und der Verlustausgleichsanspruch gegen die Konzernmutter vollwertig war. 5. Hinsichtlich der Prüfung der wirksamen Vertragskonzerngründung profitierte der Geschäftsführer von der Wirksamkeitsfiktion aufgrund der entsprechenden Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, die auch die Prüfung des Geschäftsführers hinsichtlich der Darlehensgewähr pflichtgemäß erscheinen ließ, so dass diesen diesbezüglich keine wesentlichen Haftungsrisiken trafen. 6. Dem Geschäftsführer erwuchsen jedoch Haftungsrisiken aus den Spielräumen, die die Bewertungs- und Prognoseelemente im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung mit sich brachten. 7. Nach dem MoMiG lebt die Kapitalbindung weder bei rechtswidrigen Weisungen noch außerhalb von Weisungen wieder auf. Der Prüfungsumfang des Geschäftsführers beschränkt sich vielmehr ledich darauf, ob der Vertragskonzern im Leistungszeitpunkt wirksam ist. 8. Hierbei profitiert der Geschäftsführer weiterhin von der Wirksamkeitsfiktion aufgrund der entsprechenden Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft. Die Neuregelung hat insoweit keine Veränderungen gebracht.119 9. Hinsichtlich des Vollwertigkeitserfordernisses hat der Geschäftsführer eine sorgfältige Abwägung zu treffen. Da dieser hiernach jedoch nicht mehr die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs prüfen muss, entfallen die hiermit einhergehenden Haftungsrisiken. Hierdurch hat die Neuregelung die Anforderungen an die Prüfung erheblich gesenkt, so dass auch die Haftungsrisiken des Geschäftsführers spürbar verringert wurden.120 10. Für den Sonderfall der darlehensweisen Rückgewähr des Verlustausgleichs muss der Geschäftsführer nach dem MoMiG die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG prüfen, was zu einer Erweiterung des Pflichtenkreises und zu einer Verschärfung der Haftungsrisiken des Geschäftsführers führt. 11. Bis zum MoMiG war die darlehensweise Rückgewähr des Verlustausgleichs verboten. Die Erweiterung des Pflichtenkreises um die Vollwertigkeitsprüfung erhöht die Haftungsrisiken des Geschäftsführers enorm.121
119 120 121
Siehe § 7 IV.2.a). Siehe § 7 IV.2.b). Siehe § 7 IV.2.c).
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III. Kapitalerhaltungsrechtliche Auswirkungen des MoMiG auf die Rückgewähr absteigender konzerninterner Darlehen 1. Rechtslage im faktischen Konzern vor Inkrafttreten des MoMiG 1. Vor dem MoMiG galt das vom BGH entwickelte Eigenkapitalersatzrecht. Hiernach konnte einem Darlehen eigenkapitalersetzender Charakter zukommen, wenn der Gesellschafter seiner Gesellschaft in einer Krise, anstelle von Eigenkapital, ein Darlehen gewährte. 2. Aufgrund des eigenkapitalersetzenden Charakters fanden die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG a.F. analoge Anwendung auf die Darlehen. Diese durften daher gem. § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. (analog) vom Geschäftsführer nicht an die betreffenden Gesellschafter zurückgezahlt werden.122 3. Mit den Novellenregeln aus dem Jahr 1980 wollte der Gesetzgeber die Rechtsprechung zum Eigenkapitalersatzrecht in den §§ 32a und b GmbHG gesetzlich verankern.123 4. Da das Schutzniveau der Novellenregeln hinter denen der Rechtsprechungsregeln des BGH zurückblieb, wendete der BGH die Rechtsprechungsregeln neben den Novellenregeln an, um das bestehende Schutzniveau aufrechtzuerhalten.124 2. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern 1. Der Geschäftsführer hatte vor der Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens zu prüfen, ob diesem Eigenkapitalersatzcharakter zukam und die Auszahlung gegen Kapitalerhaltungsrecht verstoßen würde. Er haftete nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG, wenn die Rückzahlung kapitalerhaltungsrechtswidrig war. 2. Im Laufe der Zeit entwickelte sich jedoch eine unüberschaubare Rechtsprechung, die neben den Novellenregeln weiter beachtet werden musste und die eine rechtssichere Klassifizierung für den Geschäftsführer kaum möglich machte. Hieraus erwuchsen dem Geschäftsführer hohe Haftungsrisiken.125 3. Rechtslage im Vertragskonzern 1. Nach herrschender Ansicht in der Literatur und dem BGH galt das Eigenkapitalersatzrecht auch im Vertragskonzern.
122 123 124 125
Siehe hierzu § 9 I.3. ff. Siehe hierzu § 9 I.4. ff. Siehe hierzu § 9 I.5. ff. Siehe § 9 II.1. ff.
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2. Auch im Vertragskonzern kam es somit zu einem Nebeneinander der Novellenund der Rechtsprechungsregeln.126 4. Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern 1. Aufgrund der Fortgeltung des Eigenkapitalersatzrechts im Vertragskonzern hatte der Geschäftsführer zu prüfen, ob dem Gesellschafterdarlehen im Einzelfall Eigenkapitalersatzcharakter zukam.127 2. Der Geschäftsführer haftete gegenüber der Gesellschaft, wenn Gesellschafterdarlehen trotz Verstoßes gegen das Eigenkapitalersatzrecht zurückgewährt wurden. Im Rahmen von Weisungen haftete er dabei analog § 310 Abs. 1 AktG. Außerhalb von Weisungen haftete er nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG.128 5. Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG 1. Mit dem MoMiG hat der Gesetzgeber das Eigenkapitalersatzrecht vollständig abgeschafft und durch eine, vom Konzernierungsgrad unabhängige, insolvenzrechtliche Neugestaltung des Gläubigerschutzes ersetzt. 2. § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG ordnet nun an, dass die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen von der Stammkapitalerhaltung ausgenommen ist. Gesellschafterdarlehen kann somit kein eigenkapitalersetzender Charakter mehr zukommen, so dass diese auch kein haftendes Eigenkapital mehr darstellen können. Stattdessen stellen Gesellschafterdarlehen unbedingtes Fremdkapital dar. 3. Der Geschäftsführer hat somit nicht mehr zu prüfen, ob und wann dem Gesellschafterdarlehen Eigenkapitalersatzcharakter zukommt.129 6. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im faktischen Konzern 1. Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts hat die Haftungsrisiken des Geschäftsführers für die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen erheblich verringert. Gesellschafterdarlehen stellen nun unbedingtes Fremdkapital dar und Rückzahlungen können keine kapitalerhaltungsrechtswidrige Leistungen mehr darstellen. Den Geschäftsführer treffen daher keine kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken nach § 43 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GmbHG mehr.
126 127 128 129
Siehe § 9 II.2. ff. Siehe hierzu § 9 II.2.c)aa) ff. Siehe § 9 II.2.c) ff. Siehe hierzu § 10 I.1.
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2. Der Geschäftsführer muss den Rückgewährforderungen vielmehr bei Fälligkeit nachkommen. Er haftet lediglich dann, wenn er der Forderung bei Fälligkeit nicht nachkommt. 3. Dies verringert sowohl die Pflichten als auch die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vergleich zur Rechtslage vor dem MoMiG erheblich. Fortan entfällt die Pflicht zur komplizierten Klassifizierung und Differenzierung zwischen Fremdkapital und eigenkapitalersetzendem Kapital. Das MoMiG hat die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer einer abhängigen GmbH im faktischen Konzern für Darlehensrückzahlungen deutlich verringert.130 7. Auswirkungen des MoMiG auf die Haftungsrisiken des Geschäftsführers im Vertragskonzern 1. Das MoMiG hat auch die Haftungsrisiken des Geschäftsführers für die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen im Vertragskonzern erheblich verringert. 2. § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG gilt auch für den Vertragskonzern, so dass Gesellschafterdarlehen der Konzernmutter kein eigenkapitalersetzender Charakter mehr zukommen kann. Darlehensrückzahlungen können daher auch keine kapitalerhaltungsrechtswidrigen Leistungen mehr darstellen. 3. Den Geschäftsführer treffen somit keine kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken mehr. Der Geschäftsführer muss den Rückgewährforderungen vielmehr bei Fälligkeit nachkommen. 4. Er hat somit auch im Vertragskonzern nicht mehr die Pflicht zur komplizierten Klassifizierung und Differenzierung zwischen Fremdkapital und eigenkapitalersetzendem Kapital, so dass ihn hieraus auch keine Haftungsrisiken mehr treffen. Das MoMiG hat die kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer einer abhängigen GmbH im Vertragskonzern für Darlehensrückzahlungen somit deutlich verringert.131
IV. Kapitalerhaltungsrechtliche Anforderungen des MoMiG an auf- und absteigende Darlehen im Rahmen des Cash Poolings 1. GmbH als Darlehensgeberin im faktischen Konzern 1. Die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von aufsteigenden Darlehen in einem Cash Pool richtet sich im faktischen Konzern nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG. Die Norm umfasst alle Fälle der Leistungsgewährung zwischen der
130 131
Siehe hierzu § 10 II.1. Siehe hierzu § 10 II.2.
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Gesellschaft und ihren Gesellschaftern, so dass auch aufsteigende Darlehen im Cash Pool hierunter fallen. 2. Die besonderen Risiken, die aus der Zentrierung der liquiden Mittel beim Cash Pooling resultieren, rechtfertigen keine Anpassung des Kapitalerhaltungsrechts. 3. Der automatisierte Mittelfluss und die große Anzahl der Finanzströme im Cash Pool erhöhen die Anforderungen an die kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfungspflichten des Geschäftsführers. Mit dem Cash Pool gehen regelmäßig komplizierte finanzielle Verflechtungen der Konzernmutter mit ihren Tochtergesellschaften einher, was die Prüfung der Vollwertigkeit für den Geschäftsführer erschwert. Darüber hinaus verändert sich die finanzielle Verflechtung werktäglich.132 4. Für die Vollwertigkeitsprüfung steht dem Geschäftsführer kein (umfassendes) gesetzliches Prüfungsrecht gegenüber den Cash Pool Teilnehmern zu, so dass Prüfungsrechte vertraglich begründet und ausgestaltet werden müssen. Die entsprechenden Regelungen sollten in die Cash Pool Verträge aufgenommen werden.133 5. Hierbei erscheint ein weitreichendes Prüfungsrecht, das dem Geschäftsführer umfassende Einsichtsrechte in die Bücher der Konzernmutter und der restlichen Tochtergesellschaften gewährt, in der Praxis nur schwer durchsetzbar und für den Geschäftsführer darüber hinaus auch wenig praktikabel.134 6. Statt eines umfassenden Prüfungsrechts sollte vielmehr ein wirksames Überwachungssystem installiert werden, das dem Geschäftsführer eine vergleichbare Informationsgrundlage für die Vollwertigkeitsprüfung gewährleistet, wie sie sich dieser durch eine „eigenhändige“ Prüfung bei umfassendem Prüfungsrecht beschaffen könnte, ohne dabei seine zeitlichen Ressourcen übermäßig zu beanspruchen. 7. Hierzu sollte die Informationsbeschaffung, -auswertung und -weiterleitung auf Dritte übertragen werden. Hierdurch werden Interessenkonflikte bei der Konzernmutter vermieden. Es bietet sich an, das Kreditinstitut, bei dem der Cash Pool betrieben wird und welches die Quellkonten und das Zielkonto führt, mit dieser Funktion zu betrauen. 8. Damit das Überwachungssystem den kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an die Prüfungspflicht entspricht, ist es erforderlich, dass die Zahlungsströme innerhalb des Cash Pools beobachtet werden und die finanzielle Gesamtsituation der Konzernmutter bewertet wird. 9. Dies wird ermöglicht, indem der Geschäftsführer werktäglich von dem Kreditinstitut eine Finanzübersicht erhält, in dem die einzelnen Zahlungsströme und der Gesamtsaldo des Zielkontos bei der Konzernmutter aufgelistet sind. Diese Infor-
132 133 134
Siehe hierzu § 13 I.2. Siehe hierzu § 13 I.3.a). Siehe hierzu § 13 I.3.b).
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mationsgrundlage kann der Geschäftsführer bei seiner Vollwertigkeitsprüfung dann zugrunde legen.135 10. Zur weiteren Unterstützung des Geschäftsführers kann darüber hinaus noch vereinbart werden, dass die Bank eine Bewertung der Bonität der Konzernmutter anhand von vorher vereinbarten Bewertungskriterien vornimmt. Als Kriterien kommen insbesondere die Bonitätsratings von Ratingagenturen in Frage.136 11. Darüber hinaus können zur Unterstützung des Geschäftsführers auch Meldepflichten vereinbart werden. Diese können an vereinbarte Kennziffern geknüpft werden, die das Kreditinstitut im Falle ihres Unterschreitens verpflichten, dies den Teilnehmern zu melden. Als Kennziffern bieten sich klassische Financial Covenants an, die Finanzinstitute in der Praxis nutzen, um Bankdarlehen abzusichern. Als Finanzkennzahlen kommen etwa der Cash Flow, das Eigenkapital, die Ertragskennzahlen (z. B. EBIT/EBITDA) und der Verschuldungsgrad in Betracht.137 2. GmbH als Darlehensgeberin im Vertragskonzern 1. Die kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen an das Einzeldarlehen sind auch im Vertragskonzern uneingeschränkt auf die Darlehensvergabe im Cash Pool übertragbar. Hierfür lassen sich die gleichen Argumente wie beim faktischen Konzern heranziehen. 2. Für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Upstream Loans hat der Geschäftsführer daher nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GmbHG zu prüfen, ob ein (wirksamer) Vertragskonzern im Leistungszeitpunkt vorliegt. Da er keine Vollwertigkeitsprüfung vornehmen muss, ist es kapitalerhaltungsrechtlich nicht erforderlich, ein Überwachungssystem beim Cash Pool im Vertragskonzern zu installieren.138 3. Haftungsrisiken des Geschäftsführers 1. Aufgrund der Automatisierung der Darlehensvergabe und der hohen Anzahl von Finanzströmen im Cash Pool treffen den Geschäftsführer im faktischen Konzern erhöhte Anforderungen an seine kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfungspflichten, die zugleich auch seine Haftungsrisiken erheblich steigern. 2. Darüber hinaus erschweren die finanziellen Verflechtungen der Konzernmutter mit ihren Tochtergesellschaften die Prüfung der Vollwertigkeit in materieller Hinsicht, da der Grad der Verflechtung aufgrund der automatisierten Darlehensvergabe
135 136 137 138
Siehe hierzu § 13 I.3.c)bb)(1) f. Siehe hierzu § 13 I.3.c)bb)(3). Siehe hierzu § 13 I.3.c)bb)(4). Siehe hierzu § 13 II.
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regelmäßig deutlich höher ist als bei konzerninternen Einzeldarlehen und er sich darüber hinaus auch noch werktäglich verändert. 3. Diese Faktoren machen die Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von aufsteigenden Darlehen im Cash Pool deutlich fehleranfälliger, als bei der Vergabe eines Einzeldarlehens, was die Haftungsrisiken des Geschäftsführers bei der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GmbHG erheblich erhöht.139 4. Im Vertragskonzern muss der Geschäftsführer lediglich die Wirksamkeit des Vertragskonzerns prüfen, wobei ihm hierbei die Wirksamkeitsfiktion aufgrund der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zugute kommt. 5. Im Gegensatz zum faktischen Konzern hat der Geschäftsführer die Bonität der Konzernmutter kapitalerhaltungsrechtlich nicht zu prüfen, was seine Haftungsrisiken erheblich reduziert und die Einrichtung eines Überwachungssystems jedenfalls hinsichtlich der kapitalerhaltungsrechtlichen Haftungsrisiken nicht erforderlich macht.140 4. GmbH als Darlehensnehmerin im faktischen Konzern 1. Das Eigenkapitalersatzrecht wurde vollumfänglich abgeschafft. Es gilt somit auch nicht mehr für die Darlehensvergabe innerhalb eines Cash Pools im faktischen Konzern. Mangels Eigenkapitalbezugs absteigendender Darlehens, unterliegen diese auch im Cash Pool nicht mehr den Kapitalerhaltungsvorschriften.141 2. Downstream Loans im Cash Pool stellen daher voll wirksame Verbindlichkeiten der Gesellschaft (Fremdkapital) gegenüber ihrem Gesellschafter dar, denen der Geschäftsführer bei Fälligkeit nachkommen muss, auch wenn durch die Zahlung das Stammkapital angetastet wird.142 5. GmbH als Darlehensnehmerin im Vertragskonzern 1. Die Abkehr vom Eigenkapitalersatzrecht gilt auch für absteigende Darlehen im Cash Pool eines Vertragskonzerns. Ihnen kommt daher kein eigenkapitalersetzender Charakter mehr zu. Darlehensrückzahlungen können daher keine kapitalerhaltungsrechtswidrigen Leistungen mehr darstellen. 2. Auch im Vertragskonzern stellen Downstream Loans wirksame Verbindlichkeiten der Gesellschaft (Fremdkapital) gegenüber ihrem Gesellschafter dar, denen der Geschäftsführer bei Fälligkeit nachkommen muss.143 139 140 141 142 143
Siehe hierzu § 13 I.2. Siehe hierzu § 13 II. Siehe hierzu § 14 I. Siehe hierzu § 14 II.1. Siehe hierzu § 14 II.2.
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6. Haftungsrisiken des Geschäftsführers 1. Mangels Eigenkapitalbezugs des Gesellschafterdarlehens muss der Geschäftsführer die Darlehensrückgewähr nach dem MoMiG nicht mehr am Kapitalerhaltungsrecht prüfen. Er muss vielmehr das Darlehen bei Fälligkeit zurückzahlen. 2. Kommt der Geschäftsführer der Rückgewährforderung bei Fälligkeit nach, begründet dies somit keine Pflichtverletzung im Sinne von § 43 Abs. 3 S. 3 Var. 1 GmbHG. 3. Den Geschäftsführer trifft somit auch im Cash Pool nicht mehr die Pflicht zur komplizierten Klassifizierung und Differenzierung zwischen Fremdkapital und eigenkapitalersetzendem Kapital, so dass ihm hieraus auch keine Haftungsrisiken mehr erwachsen.144 4. Gleiches gilt für den Geschäftsführer im Vertragskonzern. Die Rückgewähr bei Fälligkeit stellt somit weder eine Pflichtverletzung im Sinne von § 310 Abs. 1 AktG (analog) noch eine Pflichtverletzung im Sinne von § 43 Abs. 3 S. 3 Var. 1 GmbHG dar. 5. Es entfällt ebenfalls die komplizierte Klassifizierung und Differenzierung zwischen Fremdkapital und eigenkapitalersetzendem Kapital, so dass hieraus auch keine Haftungsrisiken mehr erwachsen.145
144 145
Siehe hierzu § 14 II.1. Siehe hierzu § 14 II.2.
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Stichwortverzeichnis abgeschriebener Wert 210, 213, 218 f., 265, 267 Abhängigkeitsbericht 66, 71 Abschreibung von Rückstellungen 181 Abschreibungswahlrecht 173 f., 182 Abzinsungspflicht 158, 243 Alles-oder-Nichts-Prinzip 210 – 220, 222, 265, 314, 316, 410 allgemeine Bilanzierungsgrundsätze 170, 243 Anspruch auf Sicherheitsleistung 65 at arms lenghts 227, 231, 237 Ausleihungen an verbundene Unternehmen 172 außerplanmäßige Abschreibungen 182 bilanzielle Erfolgsneutralität 274 bilanzneutraler Aktivtausch 124, 130 Bremer Vulkan-Entscheidung 57 Buchwert 156, 168, 177, 234, 250 Business Judgement Rule 81 – 83, 185 – 187, 223 f., 249, 265, 301, 409 Cash Flow 112, 116, 120, 393 f., 401, 419 Cash Management 52, 94, 115 causa societatis 226 Deckenputz-Entscheidung 34, 333 Dominoeffekt 371, 383 Downstream Loans 111, 238, 392, 396 f., 400, 402 f., 420 Dreiecksfälle 333 f., 338 f., 360, 364, 367 duales Gläubigerschutzsystem 343, 365 EBIT 393 f., 401, 419 EBITDA 393 f., 401, 419 eigenkapitalersetzender Charakter 112, 334, 336, 345, 356 f., 362 f., 367, 369, 396, 403, 415 – 417, 420 Evidenzkontrolle 99
Existenzgefährdung 96, 277 existenzvernichtender Eingriff
57
Financial Covenants 393 – 396, 400, 404, 419 Finanzierungsfolgenverantwortung 359 Finanzierungsfreiheit 330, 359 Freistellungszusage 110, 186, 302, 323, 413 Gebot der Rechtssicherheit 279 Gewinnrücklagen 64, 273 Grammatikalische Auslegung 190, 211, 228 Grundsatz der Ressortverantwortung 80 Grundsätze des fehlerhaften Unternehmensvertrags 135, 269 Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftspolitik 95 Haftungsfreistellung 110 Historische Auslegung 196, 215, 230 hypothetischer Drittvergleich 70 hypothetisches Drittgeschäft 148 Insolvenzantragspflicht 76, 108 Intercompany Loan 110 Interessengleichlauf 59 Interessenkonflikt 62, 391 Investment Grade Rating 184, 392, 400 ITT-Entscheidung 67 f. Jahresfehlbetrag
64, 268, 273, 277 f., 353
Kleinbeteiligtenprivileg 339, 358, 360, 368 Klumpenrisiko 383 Kontokorrentabrede 378, 380 Konzernprivileg 141, 268 f., 271 f., 274, 276 – 279, 282 – 284, 294, 306, 308, 317, 319, 321, 324 – 326, 328 Konzernrechnungslegung 45 f., 63
444
Stichwortverzeichnis
konzernrechtliche Arbeitnehmermitbestimmung 63 konzernspezifische Mitbestimmungsregelungen 63 konzernspezifische Verbindung 165, 169, 264 Krise der Gesellschaft 335, 337 – 339, 346 f., 359, 363 f. kurzfristige Forderungen 172 Liquiditätsbündelung 38, 142, 371 f., 375, 382 Lufttaxi-Entscheidung 332, 336 Maßstab des Stichtagsprinzips 173 Mehrstimmrechte 47, 50 Mezzanine Finanzierung 118 mittelbare Personalkompetenz 105 MPS-Urteil 37, 146 – 151, 153 – 155, 169 f., 172, 184, 188 f., 204, 271, 301, 327, 388, 390 naher Zukunftswert 173, 178 Niederstwertprinzip 173, 176, 182 Novellenregeln 34, 37, 329, 337 f., 340 – 346, 350, 352, 358 f., 363 – 365, 415 November-Urteil 34, 36, 123, 126 – 131, 136 f., 143 – 147, 150, 153 f., 167, 225, 298 – 300, 303 f., 307, 309 – 312, 321 f., 324 f., 327, 386, 407 f., 412 f. obligatorischer Aufsichtsrats
66, 71
Partikularinteressen 59 f. Prinzip der angemessenen Gegenleistung 70 Prinzip der Haftungsbeschränkung 359, 367 Prinzip des Drittvergleichs 37, 124, 131, 225, 227 f., 230, 236 f., 241, 244, 249 f., 266, 299, 309, 314, 327, 410 Prinzipien des Gesellschaftsrechts 62 f., 66, 406 punktuelle Einzelbetrachtung 273, 275 Quellkonten 404, 418
374, 378 f., 391, 395, 399,
rechtsformspezifische Besonderheiten 64, 132
42,
Rechtsprechungsregeln 37, 330, 332, 337 f., 340 – 344, 352, 357, 359, 365, 415 f. Rechtsträger 43, 45, 59 Risikostreuung 383 Rückstellungen 117, 173, 180 f. Sanierungsprivileg 339, 358, 360, 364 Satzungsautonomie 41, 47, 50 Satzungsstrenge 41 Schrankenfunktion 68, 72 Shareholder Value 82 Sidestream Loans 111 Sonderinteressen 58, 60, 67, 82 Sorgfaltspflicht im engeren Sinne 74 f. Speculative Grade Rating 184, 392, 400 Stakeholder 40, 82 Staumauerfunktion der Kapitalerhaltungsregeln 133 Stehenlassen einer Forderung 259 stille Reserven 234 f. Stundungsverbot des Verlustausgleichsanspruchs 141, 286 Systematische Auslegung 193, 212, 228 TBB-Entscheidung 57 Teleologische Auslegung
197, 216, 232
übergeordneter Konzernzweck 90 Überwachungssystem 390 f., 393 – 396, 399 f., 404, 418 f. unnötiger Nachteil 95 Unternehmenseigenschaft 42 f., 45 Unternehmensgegenstand 79, 93, 109 Upstream Loans 110, 130, 384, 388, 393, 395, 400, 402, 419 Verhaltenshaftung 57 Verkehrswert 156, 159, 168, 234, 250 Vermögensgegenstände des Anlagevermögens 172 Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens 172, 181 verobjektivierter Prüfungsmaßstab 355 verselbstständigte Vermögensmasse 46 Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers 66 Weisungskompetenz 89 f.
Stichwortverzeichnis Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung 65 wirtschaftliche Einheit 51, 73, 119 zeitraumbezogene Gesamtbetrachtung Zentralkonto 372 f.
275
445
Zielkonto 372 – 375, 377 – 380, 384, 391, 394 f., 399, 404, 418 zukünftige Wertschwankungen 173 Zustandshaftung 57 zweckentfremdete Weisungen 97